Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren [3 ed.] 9783504384319

Das Werk enthält eine umfassende Darstellung des einstweiligen Rechtsschutzes im Arbeitsrecht. Nach einer allgemeinen Ei

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Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren [3 ed.]
 9783504384319

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Musterverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Teil: Allgemeiner Teil – Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes
A. Einführung
I. Funktion und Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes in der arbeitsgerichtlichen Praxis – Chancen und Risiken
II. Abgrenzung Arrest – einstweilige Verfügung
III. Abgrenzung vorläufiger Rechtsschutz – Hauptsacheverfahren, Rechtskraft
IV. Gemeinsame Verfahrensgrundsätze im Eilverfahren
V. Schutzschrift
B. Materiell-rechtliche Voraussetzungen des Arrests
I. Grundzüge
II. Der Arrest im Beschlussverfahren
III. Arrestfähigkeit noch nicht fälliger Ansprüche (§ 916 Abs. 2 ZPO)
IV. Der Arrestgrund bei dinglichem Arrest (§ 917 ZPO
V. Der Arrestgrund beim persönlichen Arrest
C. Das Arrestverfahren
I. Erkenntnisverfahren
II. Vollziehung des Arrests
D. Das Verfügungsverfahren
I. Die verschiedenen Arten der einstweiligen Verfügung
II. Materiell-rechtliche und prozessuale Grundlagen der einstweiligen Verfügung
III. Der Streitwert im Eilverfahren
IV. Erledigung/Kosten
E. Rechtsmittel und Rechtsbehelfe
I. Überblick
II. Die Rechtsmittel und Rechtsbehelfe im Einzelnen
F. Vollstreckungsverfahren
I. Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO)
II. Räumung von Wohnraum (§ 940a ZPO)
G. Schadensersatzpflicht bei Aufhebung der einstweiligen Verfügung (§ 945 ZPO)
I. Grundzüge
II. Tatbestandsvoraussetzungen
III. Verfahren
H. Der vorläufige Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht
I. Allgemeines
II. Anwendbare Verfahrensvorschriften
III. Beteiligte am Beschlussverfahren
IV. Betriebsratsbeschluss
V. Anträge
VI. Anhörungstermin
VII. Verfahrensbeendigung
VIII. Zustellung
IX. Rechtsbehelfe und Rechtsmittel
X. Kosten – Gebühren
XI. Gegenstandswert
XII. Vollstreckung
XIII. Schadensersatz
2. Teil: Besonderer Teil – Die einzelnen Regelungsgegenstände im Arbeitsrecht
I. Die einstweilige Verfügung im Individualarbeitsrecht 1
I. Dienstleistungsanspruch des Arbeitgebers
II. Anspruch auf Unterlassung von Konkurrenztätigkeit während der Dauer des Arbeitsverhältnisses
III. Anspruch auf Unterlassung von Wettbewerb nach Vertragsende
IV. Direktionsrecht
V. Versetzung
VI. Beschäftigungsanspruch während des Arbeitsverhältnisses
VII. Weiterbeschäftigungsanspruch
VIII. Der betriebsverfassungsrechtliche und personalvertretungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch
IX. Reduzierung der Arbeitszeit durch einstweilige Verfügung
X. Urlaubsanspruch
XI. Entgeltzahlung
XII. Herausgabe von Firmeneigentum
XIII. Anspruch auf Herausgabe von Arbeitspapieren
XIV. Anspruch auf Zeugniserteilung
XV. Konkurrentenschutzklage
XVI. Sonstige Individualansprüche
J. Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf
I. Grundzüge
II. Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes
III. Parteien
IV. Verfahren
V. Rechtsschutzziele
VI. Rechtliche Grundvoraussetzungen bei der Untersagung von Streiks
VII. Befugnisse des Gerichts im Arbeitskampfrecht allgemein
VIII. Befugnisse des Gerichts im Eilverfahren
IX. Fallgruppen: Regelanwendung oder Regelbildung?
X. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
XI. Eilentscheidungen gegen einzelne Streikmaßnahmen
XII. Notdienste
XIII. Einstweilige Verfügung gegen Aussperrungsmaßnahmen
XIV. Videoüberwachung
XV. Schutzschrift
XVI. Zustellung und Vollziehung
XVII. Streitwert
K. Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht
I. Grundzüge
II. Gewerkschaftliches Zutrittsrecht zum Betrieb
III. Amtsausübung eines Betriebsratsmitgliedes
IV. Schulungsveranstaltungen
V. Betriebsversammlungen
VI. Einstweilige Verfügung des Wahlvorstandes
VII. Eingriffe in die laufende Betriebsratswahl
VIII. Aufsichtsratswahlen
IX. Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates
X. Parteipolitische Betätigung im Betrieb
XI. Gewerkschaftliche Unterlassungsansprüche gegen betriebliche Bündnisse für Arbeit
XII. Streitigkeiten betriebsverfassungsrechtlicher Organe untereinander
XIII. Sonstige Streitigkeiten
L. Einstweilige Verfügung im Personalvertretungsrecht
I. Grundzüge
II. Einstweilige Verfügung in Beteiligungsangelegenheiten – Feststellungs- und Verpflichtungsantrag
M. Streitwerttabelle
Stichwortverzeichnis

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Michael H. Korinth

Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren

WMTP GmbH gedruckt am 26.03.2015 19:06:46 Werk: KRA3

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S. 570 von 570

Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren von

Michael H. Korinth Richter am Arbeitsgericht Berlin

3. Auflage

2015

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-42637-8 © 2015 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche­ rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungs­ beständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Friedrich Pustet, Regensburg Printed in Germany

WMTP GmbH gedruckt am 27.03.2015 17:44:08 Werk: KRA3

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S. 5 von 54 Druckdaten

Vorwort Der einstweilige Rechtsschutz hat im Arbeitsrecht eine nicht unerhebliche Bedeutung, die keineswegs hinter der im allgemeinen Zivilrecht zurückbleibt. So erfordert z.B. die lange Dauer von Zahlungsklagen häufig eine schnelle Interimslösung, da der Arbeitnehmer auf die Erträge seiner Arbeit angewiesen ist. Das Insolvenzrisiko und die zunehmende Internationalisierung der Wirtschaft führen dazu, dass auch der Arrest im Arbeitsrecht immer öfter eine Rolle spielen kann. Immer mehr Lebenssachverhalte erfordern eine schnelle gerichtliche Lösung, die vom regulären Erkenntnisverfahren schon strukturell nicht immer im notwendigen Umfang erbracht werden kann. Neben den herkömmlichen Anwendungsbereichen, wie etwa dem Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Gewährung von Urlaub oder die Herausgabe von Arbeitspapieren, rücken angesichts der Dauer von Kündigungsschutzprozessen die vielfältigen Formen des Weiterbeschäftigungsanspruches in den Vordergrund. In diesem Zusammenhang stellt die einstweilige Verfügung, insbesondere beim betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch, ein wesentliches Instrument der Rechtsverfolgung dar, mit dem verhindert werden kann, dass dem Arbeitnehmer ohne zwingenden Grund die Möglichkeit genommen wird, an seinem bisherigen Arbeitsplatz tätig zu sein. Bei der Konkurrentenklage werden im Arbeitsrecht die gleichen Grundsätze angewandt werden wie beim Beamtenrecht. Dies bedeutet, dass jeder Bewerber um ein Amt im öffentlichen Dienst vorläufigen Rechtsschutz begehren muss, will er die endgültige Besetzung der Stelle mit einem Konkurrenten verhindern und seinen Anspruch auf ein faires Bewerbungsverfahren sichern. Ebenfalls von erheblicher praktischer Bedeutung – und in der allgemeinen Kommentarliteratur oft vernachlässigt – ist der vorläufige Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht. Hier geht es oft um Fragen, die für den gesamten Betrieb von existentieller Bedeutung sind. Da auch Beschlussverfahren bereits in erster Instanz mehrere Monate dauern und die vollständige Ausschöpfung des Rechtsweges Jahre in Anspruch nehmen kann, ist der vorläufige Rechtsschutz in diesem Bereich häufig von ganz erheblicher Bedeutung. Es kommt hinzu, dass im Gegensatz zum Urteilsverfahren nur aus rechtskräftigen Beschlüssen die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann (sofern sie nicht ausnahmsweise vermögensrechtliche Streitigkeiten betreffen, § 85 Abs. 1 ArbGG), während einstweilige Verfügungen auch im Beschlussverfahren sofort vollstreckbar sind. Häufig ersetzt dabei das Verfügungsverfahren das Hauptsacheverfahren, da die Entscheidung meist erst nach dem Anhörungstermin erfolgt. Im Anhörungstermin werden die Sach- und Rechtslage bereits ausführlich besprochen, und der Streit wird in vielen Fällen einer abschließenden Lösung im Wege des Vergleiches zugeführt. Das Verfügungsverfahren erspart somit häufig ein langwieriges Beschlussverfahren und hat eine schnelle Befriedungswirkung. Umso mehr kommt V

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Vorwort

es auf eine sachgerechte Vorbereitung des Verfügungsverfahrens an. Die grundsätzliche Anerkennung eines allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruches des Betriebsrates durch das Bundesarbeitsgericht eröffnet vielfältige Anwendungsbereiche für diese Verfahrensart. Insbesondere ist auf die einstweilige Verfügung auf Unterlassung von Kündigungen vor dem Abschluss von Verhandlungen über einen Interessenausgleich hinzuweisen. Traditionell hat der vorläufige Rechtsschutz im Recht des Arbeitskampfes eine überragende Bedeutung, die angesichts der Tarifauseinandersetzungen im Verkehrsbereich auch vor dem Hintergrund der Bestrebungen nach Wiederherstellung der Tarifeinheit noch gestiegen ist. Bei der Beantwortung der Frage, ob Streikmaßnahmen zulässig sind, ist einzig die zeitnahe Entscheidung geeignet. Entscheidungen im Hauptsacheverfahren, die Jahre später ergehen, können zwar durch das Aufstellen von Rechtsgrundsätzen Bedeutung erlangen, jedoch nicht mehr auf das unmittelbare Geschehen einwirken. Dabei unterscheidet sich das arbeitsgerichtliche Verfahren trotz der allgemein in § 62 ArbGG erfolgten Verweisung auf das 8. Buch der ZPO von den Prinzipien des allgemeinen Zivilprozessrechts. Man denke hier nur an die Beteiligung der ehrenamtlichen Richter, den Untersuchungsgrundsatz im Beschlussverfahren und die dort fehlende Schadensersatzpflicht gemäß § 945 ZPO. Von besonderer Bedeutung ist auch die Frage, inwieweit der im Arbeitsprozessrecht häufiger als im Zivilprozessrecht anzutreffende Feststellungsantrag seinen Platz im Recht des einstweiligen Rechtsschutzes haben kann. Diese Besonderheiten des vorläufigen Rechtsschutzes im Arbeitsrecht machen eine spezielle Darstellung der Rechtsgrundlagen notwendig, zumal bei den Beteiligten häufig eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit festzustellen ist. Das Werk wendet sich an alle rechtsberatenden Berufe und die Arbeitsgerichtsbarkeit. Der Praxisbezogenheit dient vor allem, dass zu besonders wichtigen arbeitsrechtlichen Problemen, wie etwa dem Weiterbeschäftigungsanspruch, nicht nur die prozedurale Durchsetzung erläutert wird, sondern auch die materiell-rechtlichen Grundlagen. Soweit dies im Einzelfall aus Platzgründen nicht möglich ist, erfolgen präzise Verweisungen auf weiterführende Literatur. So wird die Problemlösung umfassend in einem Werk dargestellt, ohne dass in größerem Umfang weitere Literatur herangezogen werden muss. Des Weiteren ist die Darstellung der Rechtslage durch Mustertexte ergänzt worden, die eine schnelle Umsetzung auch in elektronischer Form ermöglichen. Übrigens: Dieses Werk kommt ohne einen einzigen Anglizismus aus! Es ist also auch im Arbeitsrecht noch möglich, die maßgeblichen Rechtsgrundlagen vollständig und ohne Sprachpanscherei in deutscher Sprache zu beschreiben. Ich hoffe, dass dies anderen Mut macht, auf diese völlig überflüssige Verwässerung der Sprache zu verzichten. VI

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Vorwort

Mein Dank gilt vor allem meiner Lebensgefährtin Gisela Sprau, die es auch nach 33 Jahren der Zusammengehörigkeit geduldig erträgt, dass an vielen Abenden nur mein rauchender Kopf zu bemerken war (das Pfeiferauchen habe ich mir schon nach der ersten Auflage abgewöhnt!). Großen Dank schulde ich auch der Lektorin der zweiten Auflage, Frau Gisela Weichert, die die Umstellung von der Kommentarform zum Handbuch begleitet hat. Ohne ihre freundliche Mitwirkung wäre das Buch nie so entstanden. Gleiches gilt für Frau Dr. Julia Beck, die manch berechtigtes Fragezeichen an verschiedene Stellen des Entwurfs für die dritte Auflage gesetzt und so die Verbreitung unausgegorenen Gedankenguts verhindert hat. Dankbar bin ich auch für die vielen Gespräche im Kollegenkreis, die mir manch Anregung gebracht haben. Für die nächste Auflage hoffe ich auf noch mehr Anregungen, die mir gerne unter [email protected] übermittelt werden können. Berlin, im Januar 2015

Michael H. Korinth

VII

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Inhaltsübersicht Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . Inhaltsverzeichnis . . . . Musterverzeichnis . . . . Literaturverzeichnis . . . Abkürzungsverzeichnis

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. V . XII . XXVIII . XXXIII . XLIX

1. Teil Allgemeiner Teil – Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes Rz. Seite

1

1

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1 11

1 4

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22 33 43

7 11 13

B. Materiell-rechtliche Voraussetzungen des Arrests . . . . . .

1

15

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1 17

15 19

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19 26 72

20 22 33

C. Das Arrestverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

36

I. Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vollziehung des Arrests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 45

36 51

D. Das Verfügungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

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I. Die verschiedenen Arten der einstweiligen Verfügung . . .

1

84

A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Funktion und Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes in der arbeitsgerichtlichen Praxis – Chancen und Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Abgrenzung Arrest – einstweilige Verfügung . . . . . . . III. Abgrenzung vorläufiger Rechtsschutz – Hauptsacheverfahren, Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gemeinsame Verfahrensgrundsätze im Eilverfahren . V. Schutzschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I. Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Arrest im Beschlussverfahren . . . . . . . . . . . . . . III. Arrestfähigkeit noch nicht fälliger Ansprüche (§ 916 Abs. 2 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Der Arrestgrund bei dinglichem Arrest (§ 917 ZPO) . V. Der Arrestgrund beim persönlichen Arrest . . . . . . .

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Inhaltsbersicht Rz. Seite

II. Materiell-rechtliche und prozessuale Grundlagen der einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Streitwert im Eilverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Erledigung/Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4 63 69

85 102 103

E. Rechtsmittel und Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

106

I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rechtsmittel und Rechtsbehelfe im Einzelnen . . . .

1 14

106 110

F. Vollstreckungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

145

I. Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . II. Räumung von Wohnraum (§ 940a ZPO) . . . . . . . . . . . . .

1 53

145 163

G. Schadensersatzpflicht bei Aufhebung der einstweiligen Verfügung (§ 945 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

165

I. Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 6 25

165 166 171

H. Der vorläufige Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

172

1 3 8 14 17 20 22 27 29 35 37 38 48

172 173 175 177 178 180 181 182 183 184 185 186 189

I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X. XI. XII. XIII.

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendbare Verfahrensvorschriften Beteiligte am Beschlussverfahren . . . Betriebsratsbeschluss . . . . . . . . . . . . Anträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhörungstermin . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrensbeendigung . . . . . . . . . . . Zustellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsbehelfe und Rechtsmittel . . . Kosten – Gebühren . . . . . . . . . . . . . . Gegenstandswert . . . . . . . . . . . . . . . Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsbersicht

2. Teil Besonderer Teil – Die einzelnen Regelungsgegenstände im Arbeitsrecht Rz. Seite

I. Die einstweilige Verfügung im Individualarbeitsrecht I. Dienstleistungsanspruch des Arbeitgebers . . . . . . . . . . II. Anspruch auf Unterlassung von Konkurrenztätigkeit während der Dauer des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . III. Anspruch auf Unterlassung von Wettbewerb nach Vertragsende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Direktionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Versetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Beschäftigungsanspruch während des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Weiterbeschäftigungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Der betriebsverfassungsrechtliche und personalvertretungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch . . . . . . IX. Reduzierung der Arbeitszeit durch einstweilige Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Urlaubsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI. Entgeltzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII. Herausgabe von Firmeneigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII. Anspruch auf Herausgabe von Arbeitspapieren . . . . . . XIV. Anspruch auf Zeugniserteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV. Konkurrentenschutzklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVI. Sonstige Individualansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

193

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1a

193

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6

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27 44 54

207 220 229

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235 258

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149

277

. 210 . 218 . 232 . 253 . 266 . 275 . 286 . 321b

309 317 325 334 343 348 355 375

1

384

1 2 4 8 12

385 385 387 389 390

13

391

24 25 28 31

394 394 396 400

J. Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf . . . . . . . . I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X. X

Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes . . . . . . . . . Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsschutzziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtliche Grundvoraussetzungen bei der Untersagung von Streiks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Befugnisse des Gerichts im Arbeitskampfrecht allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Befugnisse des Gerichts im Eilverfahren . . . . . . . . . . . . Fallgruppen: Regelanwendung oder Regelbildung? . . . . . Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsbersicht Rz. Seite

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401 402

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38 41a 42 44 45

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K. Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1 2 15 32 47 72 86 102

419 419 426 439 448 462 475 484

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541 542

L. Einstweilige Verfügung im Personalvertretungsrecht

1

547

I. Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einstweilige Verfügung in Beteiligungsangelegenheiten – Feststellungs- und Verpflichtungsantrag . . . . . . . . . .

1

547

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M. Streitwerttabelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

555

XI. Eilentscheidungen gegen einzelne Streikmaßnahmen XII. Notdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII. Einstweilige Verfügung gegen Aussperrungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIV. Videoüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV. Schutzschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVI. Zustellung und Vollziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVII. Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X. XI. XII. XIII.

Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewerkschaftliches Zutrittsrecht zum Betrieb . . . . . Amtsausübung eines Betriebsratsmitgliedes . . . . . . . Schulungsveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebsversammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung des Wahlvorstandes . . . . . . . Eingriffe in die laufende Betriebsratswahl . . . . . . . . . Aufsichtsratswahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Parteipolitische Betätigung im Betrieb . . . . . . . . . . . Gewerkschaftliche Unterlassungsansprüche gegen betriebliche Bündnisse für Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . Streitigkeiten betriebsverfassungsrechtlicher Organe untereinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561

XI

S. 11 von 54

WMTP GmbH gedruckt am 27.03.2015 17:44:23 Werk: KRA3

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Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . Musterverzeichnis . . . . Literaturverzeichnis . . . Abkürzungsverzeichnis

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. V . VIII . XXVIII . XXXIII . XLIX

1. Teil Allgemeiner Teil – Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes Rz. Seite

A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1

I. Funktion und Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes in der arbeitsgerichtlichen Praxis – Chancen und Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1

II. Abgrenzung Arrest – einstweilige Verfügung . . . . . . . . . .

11

4

III. Abgrenzung vorläufiger Rechtsschutz – Hauptsacheverfahren, Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

7

IV. Gemeinsame Verfahrensgrundsätze im Eilverfahren . . . .

33

11

V. Schutzschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43 43 44

13 13 14

B. Materiell-rechtliche Voraussetzungen des Arrests . . . . . .

1

15

. . . .

1 3 5 14

15 15 16 18

II. Der Arrest im Beschlussverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

19

19 19 21 25

20 20 21 21

I. 1. 2. 3.

Grundzüge . . . . . . . . . . . . . Zu sicherndes Urteil . . . . . Arrestanspruch . . . . . . . . . . Umfang der Darlegungslast

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III. Arrestfähigkeit noch nicht fälliger Ansprüche (§ 916 Abs. 2 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Betagte Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedingte Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Künftige Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII

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26 26 28 29 31 44 47

22 22 23 23 24 27 27

..

48

28

..

56

29

..

71

33

V. Der Arrestgrund beim persönlichen Arrest . . . . . . . . . . .

72

33

C. Das Arrestverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

36

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 6 7 8 8 13 15 15 19 22 24 25 26 28 34 35 36 37 37 39 40

36 36 37 38 38 38 39 40 40 41 42 42 43 43 43 44 45 45 45 45 46 46

II. Vollziehung des Arrests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendbare Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45 45 53

51 51 53

IV. 1. 2. 3.

Der Arrestgrund bei dinglichem Arrest (§ 917 ZPO) . . . Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dogmatische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die einzelnen Voraussetzungen des Arrestgrundes . . . a) Verhalten des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verhalten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Objektive Umstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Umstände, die die Arrestgefahr ausschließen oder mindern können . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Der Arrestgrund der Auslandszwangsvollstreckung (§ 917 Abs. 2 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Verhältnis von § 917 ZPO zur einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I. Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mindestinhalt des Arrestgesuches . . . . . . . . . a) Bezeichnung der Parteien . . . . . . . . . . . . . b) Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gegenstand der Glaubhaftmachung . . . . . b) Grad der Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . c) Glaubhaftmachung des Arrestanspruches . d) Glaubhaftmachung des Arrestgrundes . . . e) Verteilung der „Beweislast“ . . . . . . . . . . . f) Mittel der Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . 4. Wirkung des Arrestantrages . . . . . . . . . . . . . . 5. Änderung des Arrestantrages . . . . . . . . . . . . . 6. Übergang in das Hauptsacheverfahren . . . . . . 7. Übergang in das Verfügungsverfahren . . . . . . 8. Rücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Nicht anwendbare Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vollziehung in bewegliches Vermögen und Forderungen (§ 930 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Sachpfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Durchsuchungsanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wirkung des Mobiliararrestes, Rechtsbehelfe . . . . . . 7. Forderungspfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Verwertung nach Vorliegen eines Hauptsachetitels . . . . a) Obsiegen des Gläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterliegen des Gläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Sonderfall 1: Arrestvollziehung in ein eingetragenes Schiff (931 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vollziehung der Pfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Arrestpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Sonderfall 2: Arrestvollziehung in Luftfahrzeuge . . . . . . 11. Sonderfall 3: Arresthypothek (§ 932 ZPO) . . . . . . . . . . . a) Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Höchstbetragshypothek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vollziehungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Umschreibung nach § 866 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Erwerb durch den Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Sonderfall 4: Persönlicher Arrest (§ 933 ZPO) . . . . . . . . . a) Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anordnung von Haft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschränkungen der persönlichen Freiheit ohne Inhaftierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vollziehung des persönlichen Arrestes . . . . . . . . . . . e) Rechtsbehelfe beim persönlichen Arrest . . . . . . . . . . 13. Aufhebung der Arrestvollziehung nach Hinterlegung (§ 934 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verfahren zur Aufhebung der Vollziehung . . . . . . . . . d) Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIV

. .

60 61

54 54

. . . . . . . . . . .

62 64 64 69 70 74 74 77 78 78 80

55 55 55 56 57 58 58 58 59 59 59

. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82 82 85 85 87 90 92 95 95 101 102 103 105 108 111 113 117 117 122

60 60 61 61 62 62 63 64 64 65 66 66 66 67 67 68 69 69 71

. . .

126 127 128

71 72 72

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132 132 136 137 141

74 74 75 75 76

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14. Vollziehungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vollstreckungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorläufige Vollstreckbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einstellung der Zwangsvollstreckung und Aufhebung der Vollziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

148 148 150

82 82 83

151

83

D. Das Verfügungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

84

I. 1. 2. 3.

. . . .

. . . .

1 1 2 3

84 84 84 85

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4 4 8 11 11 14 16 19 27 28 30 31 38 40 42 44 45 46 50 53 61

85 85 87 88 88 89 90 90 92 93 93 94 95 95 96 97 98 98 99 99 102

III. Der Streitwert im Eilverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

102

IV. Erledigung/Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

103

E. Rechtsmittel und Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

106

I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

106

II. Die Rechtsmittel und Rechtsbehelfe im Einzelnen . . . . . 1. Sofortige Beschwerde gegen Zurückweisung des Antrags 2. Widerspruch gegen den Beschluss (§ 924 ZPO) . . . . . . . . .

13a 13a 14

110 110 111

Die verschiedenen Arten der einstweiligen Verfügung . Sicherungsverfügung gem. § 935 ZPO . . . . . . . . . . . . . Regelungsverfügung gem. § 940 ZPO . . . . . . . . . . . . . . Leistungsverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Materiell-rechtliche und prozessuale Grundlagen der einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gegenstand der Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . b) Umfang der Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . . . . c) Mittel der Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bindung an Anträge (§ 938 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . e) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gericht der Hauptsache . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Hauptsacheverfahren noch nicht anhängig (2) Hauptsacheverfahren bereits anhängig . . . (3) Verweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Notzuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Sachzusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Entscheidung ohne mündliche Verhandlung . . . . . g) Entscheidung nach mündlicher Verhandlung . . . . h) Verweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Form der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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19 a) Widerspruchsberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 b) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 c) Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 d) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 34 f) Verfahren nach Widerspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung . . . 35 3. Anordnung der Klageerhebung (§ 926 ZPO) . . . . . . . . . . . 36 36 a) Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfahren und Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 48 c) Entscheidung über die Anordnung der Klageerhebung 54 d) Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 e) Erhebung der Hauptsacheklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Nichterhebung der Hauptsacheklage . . . . . . . . . . . . . . 69b g) Anwaltsgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69c 4. Antrag auf Aufhebung wegen veränderter Umstände 77 (§ 927 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 88 b) Aufhebungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Aufhebungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 d) Wirkungen der Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 e) Kosten und Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 f) Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 g) Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121b

112 112 113 113 114 115 116 116 116 118 120 121 122 125 125

1

145

F. Vollstreckungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

1 1 3 15 16 17 18

145 145 146 149 150 151 151

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

23 29 38 42 43 48

152 154 158 160 160 161

II. Räumung von Wohnraum (§ 940a ZPO) . . . . . . . . . . . . . .

53

163

8. 9. 10. 11. 12.

XVI

Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO) . . . . . . . . . . Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fristbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht: Vollziehungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterbrechung des Fristablaufs . . . . . . . . . . . . . . Fristende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vollziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten der Vollziehung der einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vollziehung durch Zustellung im Parteibetrieb . . Fristversäumung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vollziehung vor Zustellung . . . . . . . . . . . . . . . . . Zustellungsfrist (§ 929 Abs. 3 ZPO) . . . . . . . . . . . Aufhebung gegen Sicherheitsleistung (§ 939 ZPO)

131 131 134 137 139 140 141 142

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G. Schadensersatzpflicht bei Aufhebung der einstweiligen Verfügung (§ 945 ZPO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

165

I. Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

165

.

6

166

. . . .

7 10 10 11

166 167 167 167

.

12

168

. . . .

13 14 16 24

168 168 169 171

III. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

171

H. Der vorläufige Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

172

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

172

II. Anwendbare Verfahrensvorschriften . . . . . . . . . . . . . . .

3

173

III. Beteiligte am Beschlussverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . .

8

175

IV. Betriebsratsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14

177

V. Anträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

178

VI. Anhörungstermin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

180

VII. Verfahrensbeendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

181

VIII. Zustellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

182

IX. Rechtsbehelfe und Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

183

X. Kosten – Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

184

XI. Gegenstandswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

185

XII. Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

186

XIII. Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

189

II. Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Von Anfang an ungerechtfertigte Anordnung der Eilmaßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bindung an Vorentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entscheidung in der Hauptsache . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidung des Arrestgerichts . . . . . . . . . . . . . . 3. Aufhebung der Eilentscheidung gem. § 926 Abs. 2 oder § 942 Abs. 3 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Aufhebung wegen Nichteinhaltung der Vollziehungsfrist gem. § 929 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Gläubiger des Schadensersatzanspruches . . . . . . . . . . 6. Umfang und Inhalt des Schadensersatzanspruchs . . . . 7. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

2. Teil Besonderer Teil – Die einzelnen Regelungsgegenstände im Arbeitsrecht Rz. Seite

I. Die einstweilige Verfügung im Individualarbeitsrecht . . . I. 1. 2. 3.

Dienstleistungsanspruch des Arbeitgebers . Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einklagbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mittelbarer Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

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. . . .

II. Anspruch auf Unterlassung von Konkurrenztätigkeit während der Dauer des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . 1. Grundsätze – zeitliche Ausdehnung des Wettbewerbsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Streitige Arbeitgeberkündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Streitige Arbeitnehmerkündigung . . . . . . . . . . . . . . . 4. Inhaltliche Reichweite des Wettbewerbsverbots . . . . 5. Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Antrag/Tenor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Auskunftsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

193

. . . .

1a 1a 2 4

193 193 193 195

...

6

195

. . . . . . . . .

6 9 11 12 19 21 22 23 24

195 197 197 198 201 202 202 203 203

. . .

27 27 27

207 207 207

. . . . . . .

28 32 33 34 36 36 39 41

208 211 211 212 215 215 216 217

. . . . .

44 44 48 50 51

220 220 221 222 226

. . . .

. . . . . . . . .

. . . .

. . . . . . . . .

III. Anspruch auf Unterlassung von Wettbewerb nach Vertragsende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fehlen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes . . a) Grundsätzliche Freiheit der Erwerbstätigkeit . . . . . . b) Vereinbarung über Stillschweigen und Kundenschutzklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zuständigkeit/Antrag/Tenor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bestehen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes a) Grundsätze – Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . b) Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. 1. 2. 3. 4.

Direktionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundsatz – Einschränkungen . . . . . . . . . . . . . . Verteidigungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers Verfügungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XVIII

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5. Antrag/Tenor/Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52 53

228 229

V. 1. 2. 3. 4. 5. 6.

. . . . .

54 54 55 56 57 58 59

229 229 230 231 232 233 233

.... .... ....

61 61 63

235 235 235

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

66 69 70 70 74 77 79 85

236 238 238 238 239 241 241 244

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

87 90 91 92 94 96 98 103 104

244 246 247 247 248 250 250 252 254

VII. Weiterbeschäftigungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch . . . . . . . a) Rechtslage vor dem Urteil erster Instanz . . . . . . . b) Rechtslage nach einem klageabweisenden Urteil erster Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtslage nach dem klagestattgebenden Urteil erster Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

108 108 109 111

258 258 258 259

...

117

261

... ...

119 121

261 262

Versetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundsätze – individualrechtlicher Versetzungsbegriff Betriebsverfassungsrechtliche Dimension . . . . . . . . . . Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag/Tenor/Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . Hauptsacheverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VI. Beschäftigungsanspruch während des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abgrenzung vom Weiterbeschäftigungsanspruch . . 2. Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beschäftigungspflicht bei Betriebsübergang und bei Auszubildenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Besonderheiten im gekündigten Arbeitsverhältnis . 5. Vertraglicher Ausschluss der Weiterbeschäftigung . a) Individualvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Formularvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Betriebsbedingt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Personen- und verhaltensbedingt . . . . . . . . cc) Führungskräfte – Außenwirkung der Beschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Bühnenkünstler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Betriebsratsamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Allgemeine Interessenabwägung . . . . . . . . . d) Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Hilfsantrag auf Entschädigung . . . . . . . . . . . . . . f) Antrag/Tenor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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d) e) f) g) h) i)

bb) Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Annahmeverzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtslage nach dem klageabweisenden Urteil zweiter Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtslage bei erneuter Kündigung . . . . . . . . . Besonderheiten bei Tendenzbetrieben . . . . . . . Antrag/Tenor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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VIII. Der betriebsverfassungsrechtliche und personalvertretungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch . . . . . 1. Unterschiede zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ordentliche Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes, rechtzeitige Klageerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Weiterbeschäftigungsverlangen . . . . . . . . . . . . . . . d) Ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrats . . e) Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Besonderheiten bei Tendenzbetrieben . . . . . . . . . . 3. Verteidigungsmöglichkeiten des Arbeitgebers . . . . . . . a) Einwände gegen den Anspruch . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einstweilige Verfügung auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fehlende Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Unzumutbare wirtschaftliche Belastungen . . . dd) Offensichtliche Unbegründetheit des Widerspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vollziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Reduzierung der Arbeitszeit durch einstweilige Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sachliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . b) Prozedere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XX

. . . . . .

. . . . . .

128 130 131

265 266 266

. 134 . 139 . 139a . 140 . 141 . 144

267 268 268 269 269 272

.

149

277

. . .

149 155 155

277 280 280

. 158 . 161 . 162 . 168 . 170 . 177a . 178 . 178

281 281 282 285 286 289 291 291

. .

180 180

292 292

. .

190 192

297 297

. . . . .

195 196 197 198 203

299 300 300 300 302

. . . . . .

210 210 210 212 216 217

309 310 310 315 316 317

.... .... ....

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X. 1. 2. 3. 4. 5.

Urlaubsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag/Tenor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsschutz bei Widerruf der Urlaubsgewährung Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

218 218 219 227 228 230

317 317 318 320 322 323

. . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . .

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. . . . . . . . . . . .

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232 232 233 235 235 236 237 239 241 247 250 251

325 325 325 326 326 326 327 328 328 330 331 331

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

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. 253 . 253 . 254 . 254 . 256 . 257 . 260 . 262 . 263a

334 334 335 335 336 337 338 339 339

XIII. 1. 2. 3. 4. 5.

Anspruch auf Herausgabe von Arbeitspapieren Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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266 266 269 270 271 272

343 343 344 344 344 345

XIV. 1. 2. 3.

Anspruch auf Zeugniserteilung Verfügungsanspruch . . . . . . . . Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . Antrag/Tenor . . . . . . . . . . . . . .

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275 275 278 281

348 348 350 351

XI. 1. 2. 3.

Entgeltzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundsatz – Verhältnis zum Arrest . . . . . . . Verhältnis zur Hauptsacheklage . . . . . . . . . Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anspruch nach erfolgter Arbeitsleistung b) Annahmeverzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Aufrechnung des Arbeitgebers . . . . . . . . e) Höhe des Verfügungsanspruchs . . . . . . . 4. Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vollziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XII. Herausgabe von Firmeneigentum 1. Arbeitsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dienstwagen . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . b) Betriebsratsmitglied . . . . . . . . c) Rechtslage nach Kündigung . . d) Inhalt des Anspruchs . . . . . . . e) Verfügungsgrund . . . . . . . . . . f) Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . .

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282 284

352 352

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286 286 290 296 298 299 300 303 304 305 306 309

355 355 358 360 361 361 362 364 364 365 365 366

.... .... ....

310 311 317

366 367 369

. 321b . 322 . 323 . 324 . 325 . 326 . 327 . 328 . 329 . 330 . 331 . 332 . 333 . 334 . 335 . 336 . 337 . 338 . 339

375 375 376 376 376 377 378 378 378 378 378 379 380 380 380 381 381 382 382

4. Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.

Konkurrentenschutzklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundsätze – Rechtsschutzziel . . . . . . . . . . . . . . . Pflichten des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorläufiger Besetzungsstopp . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formelle Fehler im Besetzungsverfahren . . . . . . . . Inhaltlich fehlerhafte Auswahlentscheidung . . . . . Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag/Tenor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenverfügung und mündliche Verhandlung . Aktenbeiziehung und Beteiligung des zunächst erfolgreichen Konkurrenten . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Weiteres Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Streitwert/Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XVI. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. XXII

. . . . . . . . . . . .

Sonstige Individualansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurzarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nebentätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transferliste Fußballbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterlassung von Tatsachenbehauptungen . . . . . . . Zugang zu Betriebsräumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rauchverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Löschung von Dateien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Öffnen von Post . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freistellung für Gewerkschaftssitzung . . . . . . . . . . Schikane am Arbeitsplatz und Einhaltung des AGG Hausverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Soziale Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebliches Eingliederungsmanagement . . . . . . . . Untersagung von Kündigungen . . . . . . . . . . . . . . . . Verlängerung der Elternzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung . . . . . . Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung

. . . . . . . . . . . .

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19. Auskunftserteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20. Öffentliche Äußerungen von Arbeitnehmern . . . . . . .

340 341

382 383

J. Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf . . . . . . .

1

384

I. Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

385

II. Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes . . . . . . . .

2

385

III. Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Antragsteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Antragsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4 4 5

387 387 388

IV. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mündliche Verhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8 8 11

389 389 389

V. Rechtsschutzziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12

390

VI. Rechtliche Grundvoraussetzungen bei der Untersagung von Streiks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgrund und Interessenabwägung . . . . . . . . .

13 15 16

391 391 392

VII. Befugnisse des Gerichts im Arbeitskampfrecht allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

394

VIII. Befugnisse des Gerichts im Eilverfahren . . . . . . . . . . .

25

394

IX. Fallgruppen: Regelanwendung oder Regelbildung? . . . . 1. Klare Zugehörigkeit zur Gruppe der Regelanwendung 2. Problematische Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28 29 30

396 396 399

X. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

400

XI. Eilentscheidungen gegen einzelne Streikmaßnahmen

32

401

XII. Notdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

402

XIII. Einstweilige Verfügung gegen Aussperrungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38 38 41

404 404 406

XIV. Videoüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41a

406

XV. Schutzschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

406

XVI. Zustellung und Vollziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

407

XVII. Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

408

XXIII

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Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

K. Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

1

419

I. Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

419

. . . .

. . . .

1a 1a 9 13

419 419 422 423

III. Amtsausübung eines Betriebsratsmitgliedes . . . . . . . . 1. Amtsausübung des gekündigten Betriebsratsmitgliedes 2. Untersagung der Amtsausübung wegen grober Amtspflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Untersagung vor Ausschluss aus dem Betriebsrat . . b) Eigenmächtiges Handeln des Arbeitgebers . . . . . . . c) Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorläufiger Rechtsschutz zur Ermöglichung der Betriebsratstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

.

15 15

426 426

. . . .

19 19 22 24a

430 430 431 432

.

28

436

. . . . . .

32 32 33 42 43 44a

439 439 439 442 443 444

...... ......

47 47

448 449

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

51 55 55 56 60 61 64 68

450 451 451 452 453 454 455 456

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

72 72 76 79

462 462 464 465

VII. Eingriffe in die laufende Betriebsratswahl . . . . . . . . . . . 1. Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86 86

475 475

II. 1. 2. 3.

IV. 1. 2. 3. 4. 5.

Gewerkschaftliches Zutrittsrecht zum Betrieb Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag/Tenor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Schulungsveranstaltungen . . . . . . . . Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag des Betriebsratsmitgliedes . . . Kostenvorschuss . . . . . . . . . . . . . . . . Untersagungsantrag des Arbeitgebers Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . .

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. . . . . .

V. Betriebsversammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Arten der Betriebsversammlung . . . . . . . . . . . . . 2. Funktion der Betriebsversammlung, Teilnahmeberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einzelne Streitpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hausrecht und Ort der Betriebsversammlung b) Untersagung der Betriebsversammlung . . . . . c) Verlegung der Betriebsversammlung . . . . . . . d) Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Initiative des Betriebsrats . . . . . . . . . . . . . . . 4. Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. 1. 2. 3.

XXIV

Einstweilige Verfügung des Wahlvorstandes . Auskunftserteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zugang zum Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. 3. 4. 5. VIII. 1. 2. 3.

Antragsberechtigung, Antragsgegner . . . Verfügungsanspruch, Rechtsschutzziele Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gegenstandswert . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

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. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

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. . . .

. . . .

. . . .

87 88 97 98

475 476 479 480

Aufsichtsratswahlen Grundzüge . . . . . . . . Antragsberechtigung Beteiligte . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

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. . . .

. . . .

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. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

102 102 105 107

484 484 486 486

. . . .

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. . . .

IX. Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Soziale Angelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 a) Allgemeiner betriebsverfassungsrechtlicher Unterlassungsanspruch als Verfügungsanspruch . . . . . . . . 110 b) Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 3. Personelle Angelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 a) Allgemeine personelle Angelegenheiten . . . . . . . . . . 119 b) Personelle Einzelmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . 119a aa) Durchsetzbarkeit der BR-Rechte auf der Basis der BAG-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122a bb) Durchsetzbarkeit auf der Grundlage der hier vertretenen Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 c) Antrag/Tenor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 d) Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126a 4. Wirtschaftliche Angelegenheiten – Betriebsänderungen 127 a) Begriff der Betriebsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 b) Pflichten des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 c) Folgen von Pflichtverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . 137 aa) Nachteilsausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 bb) Einstweilige Verfügung auf Unterrichtung . . . . . 139 cc) Einstweilige Verfügung auf Erzwingung von Sozialplan und Interessenausgleich . . . . . . . . . . 141 dd) Einstweilige Verfügung auf Erfüllung des Interessenausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 ee) Einstweilige Verfügung auf Unterlassung einer Betriebsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (1) Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (2) Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 (3) Antrag/Tenor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 (4) Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 ff) Unterlassungsanspruch gem. § 23 BetrVG . . . . . 159 gg) Hinzuziehung eines Sachverständigen . . . . . . . . 160

487 487 488 488 489 493 493 493 498 499 500 500 501 501 503 504 504 504 505 506 507 507 510 511 513 514 515

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5. Einstweilige Verfügungen zur Durchsetzung von Betriebsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verfügungsansprüche und Verfügungsgrund . . . b) Antrag/Tenor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Einstweilige Verfügungen im Zusammenhang mit Sprüchen der Einigungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . .

.... .... ....

169 169 172

530 530 531

....

174

533

X. 1. 2. 3.

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. 177 . 177 . 177b . 178

536 536 536 537

XI. Gewerkschaftliche Unterlassungsansprüche gegen betriebliche Bündnisse für Arbeit . . . . . . . . . . . . . 1. Verfügungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfahrensart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

180 180 181 182 183

539 539 540 540 541

XII. Streitigkeiten betriebsverfassungsrechtlicher Organe untereinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

185

541

188 188 191 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202

542 542 543 543 544 544 544 545 545 545 545 546 546

L. Einstweilige Verfügung im Personalvertretungsrecht

1

547

I. Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

547

II. Einstweilige Verfügung in Beteiligungsangelegenheiten – Feststellungs- und Verpflichtungsantrag . . . . . 1. Unterlassungs- und Verpflichtungsantrag . . . . . . . . . . . 2. Feststellende einstweilige Verfügungen . . . . . . . . . . . . .

7 7 9

549 549 551

XIII. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.

XXVI

Parteipolitische Betätigung im Betrieb Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag/Tenor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfügungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . .

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. . . .

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. . . .

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. . . .

Sonstige Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterlassung von Äußerungen . . . . . . . . . . . . . Einsichtsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bekanntgabe der Betriebsratskosten . . . . . . . . . Kurzarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeitsbefreiung für Arbeitnehmer . . . . . . . . . . Beteiligungsrechte bei Kündigungen . . . . . . . . . Umbaumaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feststellende Verfügung, Betriebsteilübergang . . Vergütungszahlungen an Betriebsratsmitglieder Betriebsratssitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweilige Verfügung auf Beraterhonorare . . . Tarifwidrige Betriebsvereinbarung . . . . . . . . . . .

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3. Einstweilige Verfügung auf Einleitung oder Fortführung des Beteiligungsverfahrens . . . . . . . . . . . . 4. Sonstige Fälle vorläufigen Rechtsschutzes . . . . . . . . . . 5. Einstweilige Verfügung in der Kirche gem. § 52 Abs. 1 KAGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M. Streitwerttabelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 12

552 553

19

554

1

555

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561

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Muster 1: Muster 2: Muster 3: Muster 4: Muster 5: Muster 6: Muster 7: Muster 8: Muster 9:

Muster 10: Muster 11: Muster 12: Muster 13: Muster 14: Muster 15: Muster 16: Muster 17: Muster 18: Muster 19: Muster 20: Muster 21: Muster 22: Muster 23: Muster 24: Muster 25:

XXVIII

Antrag auf Erlass des dinglichen Arrestes verbunden mit Forderungspfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag auf Erlass eines persönlichen Arrestes . . . . . . . Schutzschrift gegen zu erwartenden Arrestantrag . . . . Antrag auf Versteigerung aufgrund Arrestes gepfändeter Sachen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arrestpfändung in ein eingetragenes Schiff . . . . . . . . . Antrag auf Eintragung einer Arresthypothek . . . . . . . . Antrag auf Verhängung des persönlichen Arrestes . . . . Widerspruch gegen Arrestbefehl und Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Arrestbefehl gem. § 924 Abs. 3, § 707 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antrag auf Bestätigung eines erlassenen Arrestbefehls Antrag auf Aufhebung des Arrestvollzugs . . . . . . . . . . Anregung auf Aufhebung des Arrestvollzugs . . . . . . . . Antrag auf Anordnung der Klageerhebung . . . . . . . . . . Widerspruch und vorsorglicher Antrag auf Anordnung der Klagerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anordnung der Klageerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erinnerung gegen Fristsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erinnerung gegen Ablehnung der Fristsetzung . . . . . . . Antrag auf Aufhebung des Arrestbefehls/der einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Urteil auf Aufhebung des Arrestbefehls/der einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestätigung des Arrestbefehls/der einstweiligen Verfügung durch Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erledigungserklärung nach Erhebung der Hauptsacheklage innerhalb der gesetzten Frist . . . . . . . . . . . . . . . . Aufhebungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sofortiges Anerkenntnis nach Aufhebungsantrag . . . . Aufhebungsurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Widerspruch gegen einstweilige Verfügung . . . . . . . . .

47 49 50 60 63 69 73 78

79 80 80 81 125 126 127 127 128 128 129 130 130 142 142 143 190

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Muster 26: Einstweilige Verfügung auf Unterlassung von Wettbewerb während der Dauer des Arbeitsverhältnisses . . . . Muster 27: Schutzschrift betreffend Unterlassung von Wettbewerb während der Dauer des Arbeitsverhältnisses . . . . Muster 28: Untersagung der Verwendung von Geschäftsgeheimnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 29: Antrag auf Unterlassung der Beschäftigung ehemaliger Arbeitnehmer durch Konkurrenten . . . . . . . . . . . . Muster 30: Untersagung von Wettbewerb bei nachvertraglichem Wettbewerbsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 31: Schutzschrift gegen einstweilige Verfügung auf Wettbewerbsenthaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 32: Unterlassungsantrag auf Zuweisung des Büros als Arbeitsort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 33: Unterlassungsantrag Bereitschaftsdienste . . . . . . . . . . Muster 34: Einstweilige Verfügung gegen Versetzung . . . . . . . . . . Muster 35: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Beschäftigung während der Kündigungsfrist . . . . . . . . Muster 36: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Nichtübertragung bestimmter Aufgaben . . . . . . . . . . . Muster 37: Einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung nach Obsiegen im Kündigungsschutzprozess erster Instanz Muster 38: Einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung bei offensichtlich unwirksamer Kündigung . . . . . . . . . . . . Muster 39: Einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung gem. § 102 Abs. 5 BetrVG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 40: Erwiderungsschriftsatz des Arbeitgebers beim Antrag nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 41: Schutzschrift bei erwartetem Antrag auf einstweilige Verfügung des Arbeitnehmers gem. § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 42: Antrag auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 43: Einstweilige Verfügung auf Duldung des Fernbleibens von der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 44: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Entgeltzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 45: Einstweilige Verfügung auf Herausgabe von Arbeitsmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 46: Einstweilige Verfügung auf Herausgabe eines Fahrzeuges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

204 206 212 214 218 219 228 228 233 255 256 273 275 303 305

306 308 323 331 339 341 XXIX

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Muster 47: Antrag auf einstweilige Verfügung auf Herausgabe der Arbeitspapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 48: Einstweilige Verfügung auf Herausgabe der Arbeitspapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 49: Einstweilige Verfügung auf Zeugniserteilung. . . . . . . Muster 50: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf vorläufigen Besetzungsstopp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 51: Schutzschrift gegen Antrag auf vorläufigen Besetzungsstopp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 52: Einstweilige Verfügung auf vorläufigen Besetzungsstopp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 53: Antrag auf Verurteilung zur Neubescheidung im Hauptsacheverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 54: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Untersagung eines Arbeitskampfes . . . . . . . . . . . . . . Muster 55: Einstweilige Verfügung auf Unterlassung der Urabstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 56: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Untersagung von Warnstreiks . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 57: Schutzschrift der Gewerkschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 58: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen einzelne Streikmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . Muster 59: Unterlassung von Notdiensteinteilungen Unterlassung von Notdiensteinteilungen durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 60: Antrag auf einstweilige Verfügung zur Durchsetzung des Zutrittsrechts eines Gewerkschaftsbeauftragten Muster 61: Einstweilige Verfügung auf Zutritt eines Betriebsratsmitgliedes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 62: Antrag des Arbeitgebers auf vorläufige Untersagung der Ausübung der Betriebsratstätigkeit . . . . . . . . . . . Muster 63: Einstweilige Verfügung auf Wiedereinräumung des Besitzes am Betriebsratsbüro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 64: Antrag auf Ermächtigung zur Teilnahme an Schulungsveranstaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 65: Antrag auf Kostenvorschuss des Betriebsrats für Schulungsveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 66: Einstweilige Verfügung auf Duldung der Teilnahme eines Gewerkschaftsvertreters an der Betriebsversammlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Muster 67: Einstweilige Verfügung auf Untersagung einer Betriebsversammlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 68: Antrag auf Kostenvorschuss des Betriebsrats für die Anmietung eines Raumes für eine Betriebsversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 69: Einstweilige Verfügung auf Auskunftserteilung über Arbeitnehmerdaten für die Wählerliste . . . . . . . . . . . . Muster 70: Antrag eines Mitglieds des Wahlvorstands auf Zutritt zum Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 71: Antrag eines Wahlbewerbers auf Zutritt zum Betrieb Muster 72: Antrag des Wahlvorstandes gegen den Arbeitgeber auf Unterlassen von Behinderungen der Betriebsratswahl Muster 73: Antrag auf Abbruch der Betriebsratswahl. . . . . . . . . . . Muster 74: Antrag auf Korrektur der Betriebsratswahl. . . . . . . . . . Muster 75: Unterlassung von Versetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 76: Antrag auf einstweilige Verfügung gegen Anordnung von Mehrarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 77: Antrag auf Unterlassung der Verwendung von Personalfragebögen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 78: Antrag auf Untersagung der Anordnung der Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits am ersten Tage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 79: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Information und Überlassung eines Gutachtens Muster 80: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung betriebsbedingter Kündigungen . . . . . . . Muster 81: Einstweilige Verfügung auf Unterlassung einer Ausgliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 82: Einstweilige Verfügung auf Unterlassung von Kündigungen von Mietverträgen im Rahmen von Betriebsänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 83: Einstweilige Verfügung auf Unterlassung der Verwendung personeller Auswahlrichtlinien . . . . . . . . Muster 84: Antrag auf einstweilige Verfügung wegen Hinzuziehung eines Sachverständigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 85: Einstweilige Verfügung auf Untersagung der Durchführung eines Einigungsstellenspruches . . . . . . . . . . . Muster 86: Antrag des Betriebsrats auf Unterlassung der Zusendung parteipolitischen Materials an die Arbeitnehmer

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Muster 87: Antrag des Personalrates gegen die Dienststelle unter Beteiligung des einzustellenden Arbeitnehmers. . . . . . Muster 88: Freistellung eines Mitglieds des Personalrats bis zur Entscheidung in der Hauptsache . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster 89: Freistellung des rechtswidrig übergangenen Personalratsmitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. Abs. AcP a.F. AG AiB allg. M. Alt. Anm. AnwBl AP ArbG ArbGG ArbRB AR-Blattei arg ARSt Art. AuA AuR AVAG Az. BAG BAGE BayObLG BAT BB Bd. Beil. BerzGG betr. BetrVG BFH BGB BGH BGHZ BIStSozArbR BPersG

anderer Ansicht am angeführten Ort Absatz Archiv für civilistische Praxis (Band und Seite) alte Fassung Amtsgericht Arbeitsrecht im Betrieb (Jahr und Seite) allgemeine Meinung Alternative Anmerkung Anwaltsblatt Arbeitsrechtliche Praxis, Nachschlagewerk des BAG (Gesetz, § und Nr. der Entscheidung) Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz Der Arbeits-Rechts-Berater (Jahr und Seite) Arbeitsrecht Blattei Argument Arbeitsrecht in Stichworten (Jahr und Seite) Artikel Arbeit und Arbeitsrecht (Jahr und Seite) Arbeit und Recht (Jahr und Seite) Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge in Zivilsachen Aktenzeichen Bundesarbeitsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BAG (Band und Seite) Bauerisches Oberstes Landesgericht Bundesangestelltentarifvertrag Betriebsberater (Jahr und Seite) Band Beilage Bundeserziehungsgeldgesetz betreffend Betriebsverfassungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (Band und Seite) Blätter für Steuer-, Sozial- und Arbeitsrecht (Jahr und Seite) Bundespersonalvertretungsgesetz XLIX

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Abkrzungsverzeichnis

BRAGO BSchO BUrlG BVerfG BVerfGE

bzw.

Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung Bühnenschiedsordnung Bundesurlaubsgesetz Bundesverfassungsgericht Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts (Band und Seite) Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg (Jahr und Seite) beziehungsweise

DB ders. DGVZ Diss. DöD DRiZ DVBl

Der Betrieb (Jahr und Seite) derselbe Deutsche Gerichtsvollzieherzeitung (Jahr und Seite) Dissertation Der öffentliche Dienst (Jahr und Seite) Deutsche Richterzeitung (Jahr und Seite) Deutsches Verwaltungsblatt (Jahr und Seite)

EuGH EuGHE EuGVÜ

Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Entscheidungen des EuGH (Band und Seite) EuG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Jahr und Seite) Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Jahr und Seite) Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht (Gesetz, §, Nr.)

BWNotZ

EuZW EWS EzA FA FamRZ FGG FGO FS

Fachanwalt (Jahr und Seite) Familienrechtszeitung (Jahr und Seite) Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit Finanzgerichtsordnung Festschrift

GBO GewO GG GKG GrS GRUR

Grundbuchordnung Gewerbeordnung Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Gerichtskostengesetz Großer Senat Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Jahr und Seite) Gerichtsverfassungsgesetz Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher

GVG GVGA

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Abkrzungsverzeichnis

HambVBl. HessVGRspr. h.M. HmbJVBl HRPrÜbk i.d.F. i.d.R. InVO IPRax

Hamburgisches Verwaltungsblatt (Jahr und Seite) Rechtsprechung der hessischen Verwaltungsgerichte (Jahr und Seite) herrschende Meinung Hamburgisches Justiz- und Verwaltungsblatt (Jahr und Seite) Haager Übereinkommen über den Zivilprozess

i.V.m. i.Ü.

in der Fassung in der Regel Insolvenz und Vollstreckung (Jahr und Seite) Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Jahr und Seite) in Verbindung mit in Übereinstimmung

JAV Jura JurBüro JuS JR JZ

Jungend- und Auszubildendenvertretung Juristische Ausbildung (Jahr und Seite) Juristisches Büro (Jahr und Seite) Juristische Schulung (Jahr und Seite) Juristische Rundschau (Jahr und Seite) Juristenzeitung (Jahr und Seite)

KG KO KostO KSchG KTS KV KWG

Kammergericht Konkursordnung Kostenordnung Kündigungsschutzgesetz Zeitschrift für Insolvenzrecht (Jahr und Seite) Kostenverzeichnis gemäß Anlage zu § 11 GKG (Nr.) Kreditwesengesetz

LAG LAGE

LuftfzRG

Landesarbeitsgericht Sammlung der Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte (Gesetz, §, Nr.) Landgericht Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des BGH (Gesetz, § Nr.) Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen

MDR MitbestG m.w.N.

Monatsschrift für Deutsches Recht (Jahr und Seite) Mitbestimmungsgesetz mit weiteren Nachweisen

n.F. NJW NJW-RR

neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift (Jahr und Seite) Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport (Jahr und Seite)

LG LM

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n.v. NVwZ NWVBl NZA NZA-RR o.g. OLG OLGZ

nicht veröffentlicht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Jahr und Seite) Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (Jahr und Seite) Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (Jahr und Seite) Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht-Rechtsprechungsreport (Jahr und Seite)

OVG

oben genannt Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen (Jahr und Seite; ab 1965) Oberverwaltungsgericht

PersR PersV PostpersRG

Der Personalrat (Jahr und Seite) Die Personalvertretung (Jahr und Seite) Postpersonalrechtsgesetz

RdA RG RGBl. RiA RIW Rpfleger RPflG RzK

Recht der Arbeit (Jahr und Seite) Reichsgericht Reichsgesetzblatt Recht im Amt (Jahr und Seite) Recht der internationalen Wirtschaft (Jahr und Seite) Der Deutsche Rechtspfleger (Jahr und Seite) Rechtspflegergesetz Rechtsprechung zum Kündigungsschutzrecht (Gesetz, §, Nr.)

s. SAE SchlHA SGG StPO

siehe Sammlung arbeitsgerichtlicher Entscheidungen (Gesetz, §, Nr.) Schleswig-Holsteinische Anzeigen (Jahr und Seite) Sozialgerichtsgesetz Strafprozessordnung

VersR VGH VglO VwGO

Versicherungsrecht (Jahr und Seite) Verwaltungsgerichtshof Vergleichsordnung Verwaltungsgerichtsordnung

WM WO WRP WuM

Wertpapiermitteilungen (Jahr und Seite) Wahlordnung Wettbewerb in Recht und Praxis (Jahr und Seite) Wohnungswirtschaft und Mietrecht (Jahr und Seite)

ZBR ZfA

Zeitschrift für Beamtenrecht (Jahr und Seite) Zeitschrift für Arbeitsrecht (Jahr und Seite)

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Abkrzungsverzeichnis

ZfPR ZIP ZPO ZTR ZVG zz. ZZP

Zeitschrift für Personalrecht (Jahr und Seite) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Jahr und Seite) Zivilprozessordnung Zeitschrift für Tarif-, Arbeits- und Sozialrecht des öffentlichen Dienstes (Jahr und Seite) Zwangsversteigerungsgesetz zurzeit Zeitschrift für den Zivilprozess (Jahr und Seite)

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1. Teil Allgemeiner Teil – Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes A. Einführung I. Funktion und Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes in der arbeitsgerichtlichen Praxis – Chancen und Risiken Im arbeitsgerichtlichen Verfahren gelten die Vorschriften des 8. Buches 1 der ZPO über Arrest und einstweilige Verfügung gem. § 62 Abs. 2 ArbGG unmittelbar und nicht nur in entsprechender Anwendung. Die Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes ist untrennbar mit der des gerichtlichen Rechtsschutzes insgesamt verbunden1. In der Rechtsprechung haben sich arbeitsrechtliche Spezifika herausgebildet, die zu beachten sind. Zur Terminologie: Häufig wird vom „einstweiligen Verfügungsverfah- 2 ren“ gesprochen2. Dies ist unzutreffend, denn nicht das Verfahren ist einstweilig, sondern nur die Verfügung3. Arrest und einstweilige Verfügung sind zur Sicherung des Hauptsacheverfahrens und somit des Anspruches des Gläubigers oder zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes zulässig (§ 940 ZPO). Daher bildet der Sicherungsanspruch des Gläubigers auch den Streitgegenstand4. Dabei handelt es sich um – im 8. Buch der ZPO falsch platzierte5 – summarische Verfahren, die wie das Hauptsacheverfahren in Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren untergliedert sind. Der Gesetzgeber muss besondere Instrumente des schnellen Rechtsschutzes zur Verfügung stellen, um den Justizgewährleistungsanspruch der Bürger zu erfüllen. Auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren, das im besonderen Maße auf eine schnelle Durchführung angelegt und vom Beschleunigungsgrundsatz geprägt ist, nimmt die Durchführung des Verfahrens von der Klageerhebung bis zu einem kraft Gesetzes (§ 62 Abs. 1 ArbGG) vorläufig vollstreckbaren Urteil erster Instanz bisweilen einen so langen Zeitraum ein, dass eine Zwangsvollstreckung keinen Nutzen mehr verspricht. Darüber hinaus kann der Gläubiger während des Verfahrens Handlungen vornehmen, die die Zwangsvollstreckung vereiteln oder erschweren.

1 Walker in Schuschke/Walker, vor §§ 916–945 Rz. 1. 2 Sogar das BAG verwendet diesen Terminus, s. nur Urt. v. 20.11.2012 – 1 AZR 611/11, Rz. 88. 3 Corts, NZA 1998, 357, hat hier zutreffend die Parallele zum „vierköpfigen Familienvater“ gezogen. 4 LAG Berlin-Brandenburg v. 12.8.2008 – 16 SaGa 1366/08. 5 Walker in Schuschke/Walker, vor §§ 916–945 Rz. 1.

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A Rz. 3

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Der vorläufige Rechtsschutz hat die Aufgabe, den Gläubiger vor den Gefahren, die eine lange Prozessdauer1 mit sich bringt, oder vor einem arglistigen Verhalten des Schuldners zu schützen. Dabei bewegt sich der Richter aber in einem Spannungsfeld, da ein zu starker Gläubigerschutz im Eilverfahren dazu verleiten könnte, die im Einzelfall geringeren Voraussetzungen zur Erlangung eines vollstreckbaren Titels in einer vom Gesetzeszweck nicht gedeckten Weise auszunutzen. In diesem Zusammenhang ist zum einen zu beachten, dass mit einer Entscheidung im Eilverfahren manchmal die Hauptsache vorweggenommen werden muss, um einen effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen. Ohne eine solche Vorwegnahme der Hauptsache wäre ein vorläufiger Rechtsschutz aber oft gar nicht möglich. Daher ist diese Möglichkeit in der Praxis anerkannt. Sie muss aber auf die wirklich notwendigen Fälle beschränkt bleiben. Dies erfordert eine sehr sorgfältige Abwägung seitens des Gerichts2.

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Zum anderen sind die eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Gerichts zu beachten. Statt des Vollbeweises lässt das Gesetz im Eilverfahren die bloße Glaubhaftmachung genügen. Diese wird häufig mit einer eidesstattlichen Versicherung bewirkt, deren Erkenntniswert nur sehr begrenzt ist, zumal sie häufig von der antragstellenden Partei abgegeben wird. Aber auch die eidesstattliche Versicherung Dritter ist von deutlich geringerem Wert als etwa die Zeugenaussage. So kann die Glaubwürdigkeit nicht aufgrund eines persönlichen Eindrucks geprüft werden, und die Aussagen können nicht aufgrund gezielter Fragen ergänzt werden.

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Auch wenn das Gericht oft in sehr kurzer Zeit rechtlich schwierige Fragen entscheiden und bisweilen die Hauptsache vorwegnehmen muss, darf es sich dabei nicht von dem Gedanken leiten lassen, dass im Hauptsacheverfahren gründliche Aufklärung erfolgen werde, und sich damit auf eine bloß überschlägige Klärung der maßgeblichen Rechtsfragen zurückziehen. Dies gilt übrigens auch dann, wenn keine Vorwegnahme der Hauptsache erfolgt. Es darf nicht verkannt werden, dass eine bestimmte vorläufige Maßnahme auch dann nachhaltige Folgen hat, wenn sie später aufgehoben wird (man denke nur an die Beeinträchtigung der Kreditwürdigkeit durch die Verhängung eines Arrestes). Diesen Gefahren versucht die Gefährdungshaftung des § 945 ZPO entgegenzutreten. Der Antragsteller muss sich also sehr wohl überlegen, ob der schnelle Erfolg im Verfügungsverfahren nicht durch spätere Schadensersatzleistungen teuer erkauft werden muss. Dies gilt insbesondere für die Beweislage, wenn das einzige Mittel der Glaubhaftmachung die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers ist. Die negativen Auswirkungen einer Eilentscheidung lassen sich jedoch nicht immer in Geld messen, so dass auch § 945 ZPO kein Ruhekissen für den Richter darstellen kann. 1 Der Schutz des § 9 Abs. 2 Satz 2 ArbGG vor überlangen Verfahren gilt auch im Eilverfahren, Germelmann, JbArbR 2011, Bd. 49, S. 41, 43, 47. 2 S. Schäder/Raab, Der Verfügungsgrund bei einstweiligen Verfügungen im Individualarbeitsrecht, ArbRB 2010, 320; Scholz in Ostrowicz/Künzl/Scholz, S. 577, Rz. 832.

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Funktion und Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes

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Rz. 9

A

Die Parteien müssen sich aber darüber im Klaren sein, dass gerade im 6 Eilverfahren auch dem sorgfältig abwägenden Richter aufgrund des Zeitdrucks eher Fehler unterlaufen können als im Hauptsacheverfahren. Die gesetzlichen Grundlagen des Eilverfahrens sind sehr weit gefasst und 6a geben nur den groben Orientierungsrahmen. Maßgeblich ist die Rechtsprechung, die allerdings zu einzelnen Themen wie etwa dem Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei Betriebsänderungen sehr unterschiedlich ausfallen kann. Das BAG hat hier keine Zuständigkeit und kann nicht rechtsvereinheitlichend wirken. So ist die Rechtsprechung zwar auch hier „Motor des Arbeitsrechts“1, treibt aber, um im Bilde zu bleiben, manchmal mehrere Getriebe an, die in unterschiedliche Richtung wirken. Daher wünscht man sich gelegentlich eine steuernde Funktion des Gesetzgebers. In taktischer Hinsicht ist zu beachten, dass alle Überlegungen zur De- 7 finition des Rechtsschutzziels ihren Ausgangspunkt in der Zwangsvollstreckung haben müssen2. Der einstweilige Rechtsschutz kann nur effektiv sein, wenn man die schnell tenorierte Regelung auch schnell durchsetzen kann, und zwar so, dass dem Begehren des Antragstellers in optimaler Weise Rechnung getragen wird. Man muss sich also sehr genau überlegen, welche Maßnahmen in möglichst kurzer Zeit im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden können und danach das Rechtsschutzziel im Eilverfahren definieren. Das Arrestverfahren ist in der arbeitsgerichtlichen Praxis derzeit eher 8 von untergeordneter Bedeutung3. Noch werden sehr selten derartige Anträge an die Gerichte für Arbeitssachen herangetragen. Dies sollte aber nicht dazu führen, die potentielle Bedeutung für die Rechtspraxis zu unterschätzen. Die zunehmende Internationalisierung des Wirtschaftslebens könnte dazu führen, dass auch der Arrest künftig im Arbeitsrecht eine größere Bedeutung haben wird. Die Gewährung internationalen Rechtsschutzes hält nämlich mit den wirtschaftlichen Entwicklungen kaum Schritt. So kann es für den Arbeitnehmer wichtig werden, Ansprüche gegen einen ausländischen Arbeitgeber, der in Deutschland agiert, mittels des Arrestes zu sichern, etwa wenn zu besorgen ist, dass der Arbeitgeber seine inländischen Aktivitäten aufgibt. Umgekehrt kann ein Arbeitgeber das Bedürfnis haben, z.B. Rückzahlungs- oder Schadensersatzansprüche gegen einen ausländischen Arbeitnehmer, der nur vorübergehend in Deutschland arbeitet und dessen Rückkehr in sein Heimatland bevorsteht, in dieser Weise zu sichern. Die Vollstreckung deutscher Arrestbefehle im Ausland richtet sich nach 9 den Gesetzen des Landes, in dem vollstreckt werden soll. Dabei kann bei entsprechender Mitgliedschaft die EuGVVO und das Luganer Überein1 Schunder, NZA Heft 1/2011, III. 2 S. Bull/Puls, S. 151 f. 3 GMP/Germelmann, § 62 Rz. 89.

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A Rz. 10

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kommen zur Anwendung gelangen. Dies setzt jedoch voraus, dass der Arrestbefehl mit Entscheidungsgründen versehen ist, was erforderlichenfalls nachzuholen ist. Darüber hinaus muss die Arrestanordnung gem. § 33 AVAG mit einer Vollstreckungsklausel versehen sein. Ausländische Arrestbefehle, die nicht durch kontradiktorisches Urteil ergangen sind, können in Deutschland nicht vollstreckt werden, auch nicht, wenn der entsprechende Staat dem EuGVÜ beigetreten ist1. Ansonsten kommt eine Vollstreckung in Deutschland nur bei Anwendbarkeit des EuGVÜ in Betracht. 10

Die einstweilige Verfügung hat demgegenüber eine ungleich größere Bedeutung. Dies gilt zum einen im Bereich des Individualarbeitsrechts. Hier hat beispielsweise die einstweilige Verfügung auf Herausgabe der Arbeitspapiere eine Bedeutung, die die des Hauptsacheverfahrens erreicht, wenn nicht übertrifft. Wegen der relativ geringen Anspruchsvoraussetzungen wird die Herausgabepflicht in immer größerem Umfang im Wege einstweiligen Rechtsschutzes tituliert, oft ohne mündliche Verhandlung. Auch im Bereich der Urlaubsgewährung ist die Bedeutung einstweiligen Rechtsschutzes der des Hauptsacheverfahrens ähnlich. Hinzuweisen ist auch auf die zunehmende Bedeutung von Eilentscheidungen im Bereich der Konkurrentenklage. Im kollektiven Arbeitsrecht hat das Recht der einstweiligen Verfügung durch die Anerkennung eines allgemeinen Unterlassungsanspruchs des Betriebsrates enorm an Bedeutung gewonnen. Das Gewicht dieser Verfahrensart im Arbeitskampfrecht ist von jeher sehr groß. Insgesamt ergingen 4138 Eilentscheidungen im Jahre 20122.

II. Abgrenzung Arrest – einstweilige Verfügung 11

Zwei Abgrenzungen gilt es zu treffen: Das Arrestverfahren muss vom Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgegrenzt werden und diese beiden Arten vorläufigen Rechtsschutzes bedürfen einer Abgrenzung zum Hauptsacheverfahren (vgl. dazu unter A Rz. 22).

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Die Strukturen des Arrestverfahrens und des Verfahrens zur Erlangung einer einstweiligen Verfügung sind weitgehend identisch. Beide haben zur Voraussetzung, dass ein Anspruch glaubhaft gemacht wird (Arrestanspruch oder Verfügungsanspruch), dessen Erfüllung ohne die einstweilige Maßnahme vereitelt oder wesentlich erschwert würde (Arrest- oder Verfügungsgrund). Die Beweisführungspflicht ist dabei generell durch die Verpflichtung, die entscheidungserheblichen Tatsachen lediglich glaubhaft zu machen, ersetzt worden (§ 920 Abs. 2, § 294 Abs. 1 ZPO). Der damit verbundene geringere Grad der Überzeugung des Gerichts von der

1 BGH NJW-RR 2007, 1573; EuGH v. 21.5.1980 – 125/79; Zöller/Vollkommer, vor § 916 Rz. 2. 2 Grotmann-Höfling, AuR 2013, 478, 479.

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Abgrenzung Arrest – einstweilige Verfgung

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Rz. 15

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Richtigkeit der behaupteten Tatsachen ist dem Umstand geschuldet, dass die Entscheidung schnell ergehen muss. Der Arrest findet seine Grundlage in § 916 ZPO, während das Recht der 13 einstweiligen Verfügung in der ZPO an zwei verschiedenen Stellen geregelt ist, nämlich in § 935 und in § 940 ZPO. Dabei wird in § 935 ZPO die sog. Sicherungsverfügung und in § 940 die sog. Regelungsverfügung angesprochen. Die Bedeutung dieser Zweiteilung und ihre Konsequenzen ist unklar, die Grenzziehung sehr schwierig. Die Praxis behandelt de facto beide Vorschriften als einheitliche, generalklauselartige Anspruchsgrundlage1. Soweit Unterscheidungen vorgenommen werden können, haben sie weder einen Einfluss auf das Ergebnis des Verfahrens noch auf den modus procedendi. So muss der Antragsteller nicht angeben, auf welche Vorschrift er seinen Antrag stützt, und das Gericht ist nicht daran gehindert, statt einer beantragten Sicherungsverfügung eine Regelungsverfügung zu erlassen. Wurde der Antrag auf Erlass einer Sicherungsverfügung rechtskräftig abgewiesen, kann der Antragsteller nicht ein erneutes Gesuch in gleicher Sache anbringen, mit dem nun der Erlass einer Regelungsverfügung begehrt wird2. In beiden Fällen geht es um die schnelle Gefahrenabwehr zur Sicherung von Rechtspositionen, die nur jeweils graduell unterschiedlich ausgestaltet ist3. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass das Gesetz einerseits von einstweiligen Verfügungen bezogen auf „den Streitgegenstand“ spricht und andererseits von einer solchen „in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis“. Dabei ist aber zu beachten, dass aus diesem Rechtsverhältnis auch zumindest potentielle Ansprüche für den Antragsteller resultieren müssen. Das streitige Rechtsverhältnis i.S.v. § 940 ZPO stellt entweder eine Vorstufe oder eine Bündelung von Ansprüchen dar4. Auch findet eine Interessenabwägung in allen Unterfällen der einstweiligen Verfügung statt (vgl. D Rz. 3). Unterschiedlich sind jedoch die Ziele, die mit beiden Formen vorläufigen 14 Rechtsschutzes erreicht werden sollen: Der Arrest dient der Sicherung der künftigen Zwangsvollstreckung we- 15 gen einer Geldforderung oder eines Anspruches, der in eine solche übergehen kann. Mit der einstweiligen Verfügung wird ein anderes Ziel verfolgt: Es soll entweder der Anspruch auf eine gegenständliche Leistung, also ein Individualleistungsanspruch gesichert (Sicherungsverfügung, § 935 ZPO) oder die einstweilige Regelung eines Zustandes hinsichtlich eines streitigen Rechtsverhältnisses erreicht werden (Regelungsverfügung, § 940 ZPO).

1 Schulze, S. 86. 2 Grunsky in Stein/Jonas, vor § 935 Rz. 30, dort auch zur Unnötigkeit einer exakten Abgrenzung. 3 Vgl. AK/Damm, Rz. 8 ff. 4 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 940 Rz. 4.

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A Rz. 16

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Arrest und einstweilige Verfügung sind daher verfahrensrechtliche Instrumentarien zum Erreichen unterschiedlicher Ziele. Sie schließen einander aus1. Will etwa der Arbeitnehmer nach einer vom ArbG für unwirksam erklärten Kündigung ohne Abwarten des Hauptsacheverfahrens Entgeltansprüche geltend machen, weil er auf die Zahlung wirtschaftlich angewiesen ist, muss er eine einstweilige Verfügung beantragen und keinen Arrest, auch wenn dessen Voraussetzungen gleichfalls erfüllt sind. Mit dem Arrest würde er sein Ziel nicht erreichen. Ist der bei Gericht anhängig gemachte Verfügungsantrag zulässig, kann der Arrestantrag nicht gleichfalls zulässig sein.

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Man muss aber sorgfältig den Streitgegenstand abgrenzen. Die einstweilige Verfügung auf Entgeltzahlung ist regelmäßig nur hinsichtlich eines Teiles der Vergütungsforderung möglich, soweit nämlich der Arbeitnehmer dringend zur Existenzsicherung auf die Zahlung angewiesen ist. Wenn nun bezüglich der gesamten Forderung auch die Voraussetzungen eines Arrestbefehls vorliegen, weil der Arbeitgeber Betriebs- und Privatvermögen ins Ausland verlagert (§ 917 Abs. 2 ZPO), dann bestehen keine Bedenken an der Zulässigkeit eines Arrestantrages für den Teil der Forderung, der nicht von der einstweiligen Verfügung erfasst ist. In einem solchen Fall können beide Formen einstweiligen Rechtsschutzes auch in einem Verfahren beantragt werden2.

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Überdies ist auch die hilfsweise Staffelung von Anträgen auf Befriedigungsverfügung und Arrest möglich. Wenn der Antragsteller in erster Linie eine Befriedigungsverfügung erwirken will, weil er dringend auf die Zahlung angewiesen ist, und er aber gleichzeitig einen Arrestgrund i.S.v. § 917 ZPO glaubhaft machen kann, ist eine solche hilfsweise Staffelung der Anträge sinnvoll; scheitert er mit dem Hauptantrag, an den die höheren Anforderungen zu stellen sind, so hat er immer noch Aussichten, den geringeren Anforderungen des Arrestes zu genügen.

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Geht es dem Antragsteller um die Sicherung eines Individualanspruches, der zwar momentan nicht in einer Geldforderung besteht, aber in eine solche übergehen kann, hat er ein Wahlrecht zwischen dem Arrest und der einstweiligen (Sicherungs-)Verfügung. Nach Auffassung von Walker3 ist auch die parallele Geltendmachung beider Sicherungsverfahren möglich, wenn der Antragsteller in erster Linie den Individualanspruch vollstrecken, aber den möglicherweise entstehenden Schadensersatzanspruch gleichwohl vorsorglich sichern will.

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Der Übergang vom Arrestverfahren zum Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellt eine Klageänderung dar. Zwar sind beide Verfahren in ihrer Ausgestaltung einander sehr ähnlich, jedoch ist das Klage-

1 Walker in Schuschke/Walker, vor §§ 916–945 Rz. 9. 2 Walker, Rz. 159. 3 Walker, Rz. 159 m.w.N.

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Abgrenzung vorlufiger Rechtsschutz – Hauptsacheverfahren

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Rz. 23

A

ziel jeweils ein anderes. Beide Maßnahmen bewirken einen einstweiligen Rechtsschutz, jedoch ist das Mittel des Arrestes einerseits und der einstweiligen Verfügung andererseits so unterschiedlich, dass trotz der prozeduralen Ähnlichkeiten eine Änderung des Klageziels mit der Folge einer Klageänderung anzunehmen ist, wenn von einem in das andere Verfahren gewechselt wird1. Die Klageänderung dürfte jedoch in aller Regel sachdienlich sein, da ein weiteres Verfahren vermieden wird. Dem entspricht, dass das Gericht an das erklärte Verfahrensziel gebun- 21 den ist. Es kann nicht statt einer beantragten einstweiligen Verfügung einen Arrest verfügen oder umgekehrt, wohl aber bei der einstweiligen Verfügung nach freiem Ermessen und ohne Bindung an den Antrag die Anordnung bestimmen, die zur Zweckerreichung erforderlich ist, § 938 Abs. 1 ZPO. Allerdings ist der Antrag im Eilverfahren so wie jeder andere Antrag der Auslegung zugänglich. Diese kann dazu führen, dass ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in einen Arrestantrag umzudeuten ist und umgekehrt, falls das Vorbringen des Antragstellers hierzu hinreichenden Anlass bietet2.

III. Abgrenzung vorläufiger Rechtsschutz – Hauptsacheverfahren, Rechtskraft Die Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes3 stellen einerseits ein Mi- 22 nus zum Hauptsacheverfahren insofern dar, als sie an eine Vollziehungsfrist gebunden sind und die Erzwingbarkeit des Hauptsacheverfahrens (§ 926 ZPO) die Vorläufigkeit sichert, andererseits aber ein Aliud, da Sicherungsmaßnahmen möglich sind, die im Hauptsacheverfahren nicht bestehen (Verhaftung), und dem Gericht beim vorläufigen Rechtsschutz teilweise größere Entscheidungsspielräume zustehen als im Hauptsacheverfahren (§ 938 ZPO, freies Ermessen einerseits und § 308 ZPO mit seiner strengen Bindung an die Anträge andererseits). Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes ist grundsätzlich die „Sicherung der Durchsetzbarkeit“ eines subjektiven Rechts4. Wie im Hauptsacheverfahren gelten die Grundsätze der Rechtshängig- 23 keit5. Allerdings können die Wirkungen der Rechtshängigkeit nicht im Verhältnis zwischen dem auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Verfahren und dem Hauptsacheverfahren eintreten. Vielmehr kann auch bei einem anhängigen Hauptsacheverfahren ohne weiteres etwa ein Arrest1 OLG Düsseldorf v. 9.11.1990 – 3 UF 98/90; a.A. Zöller/Vollkommer, vor § 916 Rz. 3 m.w.N. 2 Zöller/Vollkommer, vor § 916 Rz. 3. 3 Die Unterscheidung zwischen vorläufigem und einstweiligem Rechtsschutz sei im Rahmen eines Praktiker-Handbuches nicht vertieft, s. hierzu die Ausführungen von Drescher in MünchKomm/ZPO, vor §§ 916 ff. Rz. 6 ff. 4 Grunsky, JuS 1976, 277. 5 LAG Hamm v. 31.5.2000 – 18a Sa 858/00.

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A Rz. 24

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antrag gestellt werden, da Hauptsacheverfahren und Eilverfahren unterschiedlichen Zielen dienen. Umgekehrt gilt dies erst recht, denn der einstweilige Rechtsschutz dient ja gerade der Sicherung des Hauptsacheverfahrens, so dass dieses selbstverständlich eingeleitet werden kann, wenn ein Arrestverfahren bereits anhängig ist. 24

Die Wirkungen der Rechtshängigkeit treten jedoch entsprechend § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO gegenüber einem zweiten Antrag auf dieselbe Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes ein. So ist ein zweiter Arrestantrag unzulässig, wenn und solange bereits ein Antrag mit demselben Ziel anhängig ist. Werden sogleich bei mehreren Gerichten Eilanträge gestellt, sind zunächst alle unzulässig1. Walker schlägt vor, dass man vom Antragsteller die eidesstattliche Versicherung verlangt, dass er bei keinem anderen Gericht ein identisches Gesuch angebracht habe2. Allerdings kann ein Antrag auf Verhängung des persönlichen Arrestes unproblematisch gestellt werden, auch wenn bereits der dingliche Arrest Gegenstand eines anhängigen Eilverfahrens ist3. Die Rechtshängigkeitswirkungen treten nicht erst mit der Zustellung des Antrages ein, sondern bereits mit der Einreichung bei Gericht4. Dieser Unterschied zum Recht des Hauptsacheverfahrens rechtfertigt sich daraus, dass eine Zustellung an den Gegner vor der Entscheidung nicht notwendigerweise erfolgen muss.

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Die Entscheidung im Arrestprozess wie im Verfügungsverfahren ist auch der formellen5 wie materiellen Rechtskraft6 zugänglich. Dies gilt allerdings nicht für die durch Beschluss ergangene Eilentscheidung, da gegen diese unbefristet Widerspruch eingelegt werden kann, so dass keine formelle Rechtskraft eintreten kann7. Die Eilentscheidung verliert ihre Rechtskraftwirkung nicht schon dadurch, dass sich die Umstände nach ihrem Erlass geändert haben, sondern geänderte Umstände sind im Verfahren nach den §§ 927, 936 ZPO geltend zu machen. Ist z.B. dem Arbeitgeber durch eine noch nicht aufgehobene Eilentscheidung aufgegeben worden, einem Mitglied des Betriebsrats Zutritt zum Betrieb zu gewähren, steht deren Rechtskraft dem Erlass einer erneuten Verfügung auch dann entgegen, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsratsmitglied zwischenzeitlich gekündigt und das Betriebsratsmitglied die Kündigung gerichtlich angegriffen hat8. Gleiches gilt, solange der Arbeitnehmer einen bereits vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung im Verfügungsverfahren erwirkten Beschäftigungstitel gegen dessen Aufhebung wegen Versäumung der Vollziehungsfrist verteidigt. Dann steht dessen 1 2 3 4 5 6

Walker, S. 113, Rz. 156. Walker, S. 113, Rz. 156. Grunsky in Stein/Jonas, § 916 Rz. 11. Zöller/Vollkommer, vor § 916 Rz. 5. Grunsky in Stein/Jonas, § 916 Rz. 12. LAG Berlin-Brandenburg v. 18.3.2010 – 25 TaBVGa 2608/09, auch für das Beschlussverfahren; s. im Einzelnen Grunsky in Stein/Jonas, § 916 Rz. 13 ff. 7 Ebmeier/Schöne, S. 67, Rz. 117. 8 LAG Berlin-Brandenburg v. 18.3.2010 – 25 TaBVGa 2608/09.

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Abgrenzung vorlufiger Rechtsschutz – Hauptsacheverfahren

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Rz. 26

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Rechtskraft dem Erlass einer erneuten Beschäftigungsverfügung entgegen. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das zweitinstanzliche Beschäftigungsurteil seine Rechtskraft durch Versäumung der einmonatigen Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO) verloren hat1. Hierbei ist allerdings wiederum der vom Hauptsacheverfahren abwei- 26 chende Verfahrensgegenstand zu beachten. Die Rechtskraft kann sich nicht auf den zu sichernden Hauptsacheanspruch beziehen. Dessen Glaubhaftmachung bildet vielmehr nur die Voraussetzung dafür, dass der Arrest oder die einstweilige Verfügung ergehen können. Der Anspruch selbst ist nicht Verfahrensgegenstand. Die Entscheidung über den vorläufigen Rechtsschutz bezieht sich nur auf die Frage, ob der Antragsteller die begehrte Sicherung für den glaubhaft zu machenden Anspruch verlangen kann. Die Zurückweisung eines solchen Antrages mit der Begründung, es bestünde kein zu sichernder Anspruch (fehlender Arrest- oder Verfügungsanspruch) bindet das Gericht also nicht für das Hauptsacheverfahren. Auch bei einer positiven Entscheidung über das Gesuch, die ja die Glaubhaftmachung des Anspruches voraussetzt, kann das Gericht im Hauptsacheverfahren durchaus zu dem Ergebnis gelangen, dass der Anspruch nicht besteht und umgekehrt2. Die in eine andere Richtung gehende Entscheidung des BAG3 ist abzulehnen. Danach soll eine Bindungswirkung oder Tatbestandswirkung einer Eilentscheidung für das Hauptsacheverfahren eintreten. Konkret wurde ein Streik nicht für rechtswidrig erklärt, weil das ArbG im Eilverfahren den Erlass einer einstweiligen Verfügung aus materiell-rechtlichen Gründen abgelehnt hatte. Dies kann m.E. schon wegen der o.g. unterschiedlichen Streitgegenstände nicht richtig sein4. Es wäre auch inhaltlich nicht sachgerecht. Das Hauptsacheverfahren bietet gegenüber dem Eilverfahren eine weitaus größere Richtigkeitsgewähr. Es liegt auf der Hand, dass ein Verfahren, gerade wenn diesem rechtlich schwierige Fragen zugrunde liegen, in einem sich über drei Instanzen hinziehenden Hauptsacheverfahren mit viel größerer Wahrscheinlichkeit zu einem sachgerechten Ergebnis führt als eine Eilentscheidung der ersten Instanz, auch wenn diese rechtskräftig geworden ist. Nicht ohne Grund sollen nach der h.M. etwa im Bereich des Streikrechts die Instanzgerichte im Eilverfahren weder von der Rechtsprechung des BAG abweichen noch völlig neue Rechtskontruktionen errichten, sondern aus Gründen der Rechtssicherheit das anwenden und auf dem aufbauen, was gesicherte Rechtsprechung ist (s. dazu i.E. unter J 25). Diese Notwendigkeit würde ins Gegenteil verkehrt, wenn das BAG aus Gründen der Rechtssicherheit bei seiner Entscheidung die Grundsätze zugrunde legt, die ein ArbG in einem Eilverfahren aufgestellt hat. 1 2 3 4

LAG Berlin-Brandenburg v. 15.1.2010 – 6 Ta 2697/09. LAG Köln v. 17.9.2009 – 4 SaGa 10/09. BAG v. 20.12.2012 – 1 AZR 611/11. So auch Busemann, ZTR 2014, 447 mit ausführlicher und zutreffender Begründung.

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A Rz. 27

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Die Rechtskraftwirkungen treten nur hinsichtlich der Frage ein, ob die begehrte Sicherung des Anspruches nochmals verlangt werden kann, wenn sie einmal rechtskräftig abgelehnt worden ist. Dies schließt es aus, ein abgewiesenes Gesuch mit identischer Begründung zu wiederholen. Hier steht dem Antragsgegner der Einwand der „res iudicata“, der rechtskräftig entschiedenen Sache zu. Bereits nach allgemeinen Rechtskraftgrundsätzen gilt dies allerdings nicht, wenn sich die tatsächlichen Gegebenheiten nach der Ablehnung geändert haben. Ist der Antrag beispielsweise zurückgewiesen worden, weil ein Verfügungsgrund nicht vorlag, der Anspruch also nicht gefährdet war, dann kann ein erneuter Antrag darauf gestützt werden, dass dieser nun vorliegt. Der Rechtskrafteinwand steht dem nicht entgegen. Ist die abweisende Entscheidung noch nicht rechtskräftig, ist ein erneutes Gesuch unzulässig, denn der Verfügungskläger kann die neuen Tatsachen oder Mittel der Glaubhaftmachung in das Berufungsverfahren einfließen lassen1.

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Darüber hinaus sind aber auch die Besonderheiten des vorläufigen Rechtsschutzes zu beachten. Diese gebieten es, einen neuen Antrag auf Erlass einer abgelehnten Maßnahme zuzulassen, wenn der Antragsteller neue Mittel der Glaubhaftmachung beibringt. Dies kann allerdings nicht uneingeschränkt gelten.

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Der Gläubiger darf nicht die Möglichkeit erhalten, die Mittel der Glaubhaftmachung nach seinem Ermessen auf verschiedene Anträge zu verteilen. Ein weiteres Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird daher nur dann zulässig sein, wenn der Antragsteller die neuen Mittel der Glaubhaftmachung nicht schon in dem vorangegangenen Verfahren hätte geltend machen können2. Dies gilt auch dann, wenn der Antrag zurückgenommen worden ist.

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Ein neuer Antrag nach Ablauf der Vollziehungsfrist ist zulässig, jedenfalls steht dem nicht der Rechtskrafteinwand entgegen3.

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Die rechtskräftige Eilentscheidung entfaltet eine Bindungswirkung im Zusammenhang mit der Schadensersatzpflicht gem. § 945 ZPO4.

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Ein Wechsel vom Arrestverfahren oder dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in das Hauptsacheverfahren und umgekehrt ist nicht zulässig5.

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Walker, S. 118, Rz. 163. So zutreffend Grunsky in Stein/Jonas, vor § 916 Rz. 16. Walker, S. 118, Rz. 164. BGH v. 1.4.1993 – I ZR 70/91. OLG Karlsruhe v. 29.12.1976 – 6 U 213/76.

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Gemeinsame Verfahrensgrundstze im Eilverfahren

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Rz. 37

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IV. Gemeinsame Verfahrensgrundsätze im Eilverfahren Das Verfahren zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes und das 33 Hauptsacheverfahren weisen in erheblichem Umfang Gemeinsamkeiten auf. So sind beide aufgeteilt in ein Erkenntnis- und ein Vollstreckungsverfahren. Die unglückliche Platzierung der Regelungen über den einstweiligen Rechtsschutz im 8. Buch der ZPO, das sich an sich mit dem Vollstreckungsverfahren befasst, ändert hieran nichts. Die §§ 916 bis 927 ZPO befassen sich mit der Erlangung des Titels einschließlich der Aufhebungsmöglichkeiten, während sich die §§ 928 bis 934 ZPO mit der realen Umsetzung des Titels zur Herbeiführung der mit dem Verfahren bezweckten Sicherung befassen. Die Besonderheiten des vorläufigen Rechtsschutzes dürfen auch nicht 34 den Blick dafür verstellen, dass im Übrigen die Vorschriften über das Hauptsacheverfahren volle Anwendung finden. So muss der Antrag den notwendigen Grad an Bestimmtheit aufweisen, wobei die hier einschlägige Vorschrift des § 920 ZPO ebenso wie § 253 ZPO eine Mussvorschrift ist. Im Antrag muss also der zu sichernde Anspruch hinreichend genau bezeichnet sein und das erstrebte Sicherungsmittel (einstweilige Verfügung oder Arrest) angegeben werden. In geeigneten Fällen kann der Antrag jedoch auch ausgelegt werden. Besonderheiten bestehen allerdings insofern, als das Gericht gem. § 938 Abs. 1 ZPO in der Wahl der Sicherungsmittel frei ist, so dass der Antrag insofern keiner näheren Bestimmung bedarf. Auch im Arrestprozess ist zwischen Zulässigkeit und Begründetheit zu 35 unterscheiden. Es gelten die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen, wie Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit und Prozessführungsbefugnis der Parteien1. Anwendbar sind die Vorschriften über die Prozessstandschaft und die 36 Streitgenossenschaft. Ein Antrag kann zurückgenommen werden, was nicht der Zustimmung 37 des Schuldners bedarf. Ein Anerkenntnis kann erfolgen, das Verfahren kann durch einen Vergleich beendet werden. Auch die Erklärung der Erledigung der Hauptsache kann erfolgen. Dabei ist Hauptsache der Erledigungserklärung nicht der materielle Anspruch, sondern das Begehren auf einstweilige Regelung und Sicherung. Dabei kann die einseitige Erledigungserklärung der Hauptsache auch im Berufungsverfahren erfolgen. Prüfungsmaßstab ist in diesem Fall die Frage, ob die zunächst zulässige und begründete Klage nachträglich gegenstandslos geworden ist2. Wird ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, ist ohne Rücksicht auf die Entscheidungsform (Urteil oder Beschluss) ein

1 Walker in Schuschke/Walker, vor §§ 916–945 Rz. 16 ff. 2 LAG Berlin-Brandenburg v. 3.6.2009 – 10 SaGa 1/09.

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A Rz. 38

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Einfhrung

Rechtsmittel zulässig, das nur eingelegt wird, um die Hauptsache für erledigt zu erklären1. Das Gericht ist an ein Geständnis gebunden, und auch die Vorschriften über die Säumnis finden Anwendung. 38

Die Darlegungslast ist genauso verteilt wie im Hauptsacheverfahren. Dies gilt auch für die Beweislast, die jedoch zur „Glaubhaftmachungslast“ abgemildert ist.

39

Auch der Beibringungsgrundsatz gilt uneingeschränkt, sofern das ArbG nicht im Beschlussverfahren entscheidet. Die Möglichkeiten des Gerichts, in der Entscheidung etwas freier zu verfahren als bei der strengen Bindung an die gestellten Anträge im Hauptsacheverfahren, führen, mit Ausnahme der Beweiserhebung, nicht zu einer Änderung der Grundsätze, nach denen die Erkenntnisse zu gewinnen sind.

40

Bestimmte zivilprozessuale Maßnahmen sind mit dem Eilcharakter des vorläufigen Rechtsschutzes nicht vereinbar. Hierzu zählt grundsätzlich die Aussetzung des Verfahrens gem. §§ 148 ff. ZPO2. Auch eine Vorlage an den EuGH dürfte angesichts der Eilbedürftigkeit des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zulässig sein3. Gleiches gilt grundsätzlich für die Vertagung der Verhandlung, die dem Eilcharakter entgegensteht. Eine Ausnahme kann hier nur dann gelten, wenn das Vorbringen von Tatsachen oder die Benennung von Mitteln der Glaubhaftmachung bis zur mündlichen Verhandlung zurückgehalten werden, um dem Gegner die Verteidigung zu erschweren. Der neue Termin muss jedoch innerhalb eines Zeitraumes anberaumt werden, der dem Beschleunigungsbedürfnis hinreichend Rechnung trägt. Eine Aussetzung gem. Art. 100 Abs. 1 GG ist hingegen zulässig4. Die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ist sogar geboten, wenn die beantragte vorläufige Zustandsregelung die endgültige Entscheidung weitgehend vorwegnimmt und damit etwas gewähren würde, auf das ein im Hauptsacheverfahren durchsetzbarer Anspruch nach Auffassung des angerufenen Gerichts wegen Verfassungswidrigkeit der zugrunde zu legenden Norm nicht besteht5. Wird die Hauptsache nicht vorweggenommen, kann das Gericht vorläufigen Rechtsschutz ohne Vorlage gewähren und dabei die von ihm angenommene Verfassungswidrigkeit der Vorschrift der Entscheidung zugrundelegen6. Die Vorschriften über die Unterbrechung des Verfahrens durch Tod einer Partei (§ 239 ZPO) und Insolvenzantrag (§ 240 ZPO) sind anwendbar7.

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Vossler, MDR 2009, 667. Zöller/Vollkommer, vor § 916 Rz. 7; LAG Hess. v. 22.7.2004 – 9 SaGa 593/04. Zöller/Vollkommer, vor § 916 Rz. 8. BVerfG v. 8.2.1983 – 1 BvL 20/81. BVerfG v. 5.10.1977 – 2 BvL 10/75. BVerfG v. 24.6.1992 – 1 BvR 1028/91. Gehrlein in MünchKomm/ZPO, § 240 Rz. 4.

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Schutzschrift

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Rz. 43

A

Die Gewährung von Prozesskostenhilfe erfolgt nach den gleichen Grund- 41 sätzen wie im Hauptsacheverfahren1. Gleiches muss daher auch für die Beiordnung gem. § 11a ArbGG gelten, der einen Sonderfall im Bereich des Prozesskostenhilferechts darstellt. Es gilt auch die Hinweispflicht des § 11a Abs. 1 Satz 2 ArbGG. Angesichts des Eilerfordernisses des Verfahrens steht es im Ermessen des Vorsitzenden, wann er die Belehrung erteilt. Unter Umständen kann dies dazu führen, dass sie nicht vor der Entscheidung über den Antrag erfolgt. Auch im Eilverfahren der Arbeitsgerichtsbarkeit muss die unterlegene 42 Prozesspartei nicht die Anwaltskosten des Gegners tragen (§ 12a Abs. 1 ArbGG)2. Es kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn ein Arbeitnehmer, nachdem 42a die Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtskräftig festgestellt worden ist, ständig neue Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in fotokopierter Form stellt, mit dem der frühere Arbeitgeber zur Entgeltzahlung verpflichtet werden soll. Wenn ein solcher Antrag einmal zurückgewiesen worden ist, braucht das Gericht die Wiederholungen nur noch zu den Akten zu nehmen und nicht mehr zu bearbeiten3.

V. Schutzschrift Literatur: Christoffer, Die Schutzschrift im arbeitsgerichtlichen Eilverfahren, Diss. Gießen, 2006; Ehler, Schutzschrift zur Abwehr einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung der Betriebsänderung, BB 2000, 978; Leupold, Die Schutzschrift zur Abwehr einstweiliger Verfügungen gegen Streiks, RdA 1983, 164; Marly, Akteneinsicht in arbeitsgerichtliche Schutzschriften vor Anhängigkeit des Verfahrens, BB 1989, 770; May, Die Schutzschrift im Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren, 1983; Teplitzky, Schutzschrift, Glaubhaftmachung und „besondere“ Dringlichkeit bei § 937 Abs. 2 ZPO, WRP 1980, 373; Walker, Verfahrensrechtliche Streitfragen im arbeitsgerichtlichen Eilverfahren, FS für Heinze, 2005, 1009; Wehlau, Die Schutzschrift-Funktion, Gestaltung und prozesstaktische Erwägungen, WRP 2012, 392; Willikonsky, Akteneinsicht in arbeitsgerichtliche Schutzschriften, BB 1987, 2013.

1. Grundzüge Bei der Schutzschrift handelt es sich um einen Schriftsatz, der vorsorg- 43 lich gefertigt wird, da ein Antrag auf Arrest oder einstweilige Verfügung befürchtet wird, und der an das Gericht oder die Gerichte gerichtet ist, bei denen eine Antragstellung möglich erscheint. Damit soll dem Gericht der eigene Sachvortrag und die eigene Rechtsansicht unterbreitet werden, damit es diese auch bei Verzicht auf eine mündliche Verhandlung berücksichtigt. Die Zulässigkeit und Berücksichtigungsfähigkeit ei1 Zöller/Vollkommer, § 114 Rz. 2. 2 GMP/Germelmann, § 12a Rz. 5; LAG Hamm v. 24.4.1980 – 8 Ta 40/80. 3 LAG Hess. v. 29.10.1992 – 9 Ta 390/92, n.v.

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A Rz. 44

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Einfhrung

ner solchen Schutzschrift sind ganz überwiegend anerkannt. Sie stellt ein Instrument dar, um dem Grundrecht auf rechtliches Gehör Geltung zu verschaffen. Der mögliche Antragsgegner kann im Rahmen der Schutzschrift Ausführungen sowohl zum fehlenden Arrestanspruch als auch zum Verfügungsgrund machen. Auch kann darin darauf hingewirkt werden, dass eine Entscheidung nicht ohne mündliche Verhandlung ergeht. Gleiches gilt für die einstweilige Verfügung. Die Bedeutung der Schutzschrift hängt u.a. davon ab, wie genau der mögliche Antragsgegner über das beabsichtigte Vorbringen der Gegenseite informiert ist und wie präzise demzufolge das Verteidigungsvorbringen sein kann. Keinesfalls ist sie ein vollwertiger Ersatz für eine mündliche Verhandlung oder eine schriftsätzliche Erwiderung auf das Vorbringen des Antragsgegners. Sie kann nur dazu dienen, die notwendigen Einschränkungen der Gewährung rechtlichen Gehörs auf das unabdingbare Maß zu beschränken. Im Arbeitsrecht sind Schutzschriften insbesondere im Arbeitskampfrecht verbreitet. So wird häufig eine Schutzschrift von der Gewerkschaft eingereicht, die einen Streik angekündigt hat und mit einem dagegen gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung rechnet. Die Schutzschrift dürfte heute gewohnheitsrechtlich anerkannt sein1. 2. Einsichtsrecht 44

Ein Einsichtsrecht des potentiellen Antragstellers oder des Prozessbevollmächtigten in eine bei Gericht hinterlegte Schutzschrift besteht nicht. Für die Zeit vor Einreichung des Eilantrages ergibt sich dies schon daraus, dass noch gar kein Verfahren anhängig ist. Der Antragsteller kann auch nach Anbringung des Antrages keinen Einblick in die Schutzschrift nehmen. Dies widerspräche dem Gebot eines rechtsstaatlich fairen Verfahrens. Der potentielle Antragsgegner kann in der Schutzschrift nur zu dem Stellung nehmen, was nach seinen Erkenntnissen voraussichtlich vom Antragsteller vorgetragen wird. Er ist also in seinen Verteidigungsmöglichkeiten beschränkt. Dieser Vorteil würde sich ohne sachliche Rechtfertigung deutlich verstärken, wenn der Antragsteller durch Einsichtnahme die Schwachstellen der Schutzschrift ausfindig machte, um gezielt in diese Lücke zu stoßen. Das gem. § 299 Abs. 1 ZPO grundsätzlich bestehende Einsichtsrecht ist daher teleologisch zu reduzieren2.

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Der Anspruch eines Dritten auf Akteneinsicht ist vor dem VG als allgemeine Leistungsklage zu verfolgen. Dieser muss ein rechtliches Interesse daran haben, was ein auf Rechtsnormen beruhendes Rechtsverhältnis voraussetzt. Dabei ist grundsätzlich das Geheimhaltungsinteresse der Parteien zu beachten3. 1 ErfK/Koch, § 62 ArbGG Rz. 18; Walker, FS für Heinze, S. 1009, 1019; ablehnend GMP/Germelmann, § 62 Rz. 115. 2 Str.; wie hier Willikonski, BB 1987, 2013, dort auch zum Rechtsschutz gegen verweigerte Einsicht; a.A. Marly, BB 1989, 770. 3 VG Frankfurt v. 11.1.2011 – 8 K 2602/10.F.

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B. Materiell-rechtliche Voraussetzungen des Arrests Literatur: Baur, Arrest und einstweilige Verfügung in ihrem heutigen Anwendungsbereich, BB 1964, 607; K. Blomeyer, Arrest und einstweilige Verfügung, ZZP 1965, 52; Bülow, Zur prozessrechtlichen Stellung des Antragsgegners im Beschlussverfahren von Arrest und einstweiliger Verfügung, ZZP 1985, 274; Evers, Sicherung anwaltlicher Honorarforderungen durch Arrest?, NJW 2002, 3136; Savaete, Der Arrest im arbeitsgerichtlichen Verfahren, AuR 1965, 197; Straube, Der Zugriff des Arbeitgebers auf Schmiergeld, DB 2008, 1744; Teplitzky, Arrest und einstweilige Verfügung, JuS 1980, 882; 1981, 122, 352, 435; Teplitzky, Streitfragen bei Arrest und einstweiliger Verfügung, DRiZ 1982, 41; Weinert, Vollstreckungsbegleitender einstweiliger Rechtsschutz, 2007.

I. Grundzüge Streitgegenstand des Arrestverfahrens ist nicht die zu sichernde Forde- 1 rung, sondern deren Sicherung mit den im Gesetz beschriebenen Mitteln des Arrestes („Sicherung der Durchsetzbarkeit“ des subjektiven Rechts1). Der Gläubiger soll vor den Gefahren geschützt werden, die aus einer langen Verfahrensdauer und möglichen vollstreckungsvereitelnden Handlungen des Schuldners entstehen. Diese Zielsetzung ist sowohl beim persönlichen als auch beim dinglichen Arrest zu beachten. § 916 Abs. 1 ZPO enthält diese Zielvorgabe und regelt, wegen welcher 2 Ansprüche das Sicherungsinstrument des Arrestes angewandt werden kann. § 916 Abs. 2 ZPO stellt klar, dass die Verhängung des Arrestes nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass die Forderung bedingt oder betagt ist. Als Ausnahme hiervon wird der Fall genannt, dass die Forderung wegen der entfernten Möglichkeit des Bedingungseintritts keinen gegenwärtigen Vermögenswert hat. 1. Zu sicherndes Urteil Ein Arrest findet nach § 917 Abs. 1 ZPO statt, wenn zu besorgen ist, dass 3 ohne ihn die Vollstreckung „des Urteils“ vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Diese Formulierung ist ungenau und missverständlich. Das zu sichernde – inländische oder ausländische – Urteil muss noch nicht vorhanden sein. Es geht in der Regel um die Sicherung eines noch zu titulierenden Arrestanspruches. Der Schuldner kann aber nach § 926 ZPO auf den Erlass einer Hauptsacheentscheidung drängen. Die zu sichernde Entscheidung muss entgegen dem Wortlaut auch nicht 4 in einem Urteil bestehen. Vielmehr bezweckt der Arrest die Sicherung der künftigen Zwangsvollstreckung aus jedwedem Titel, der in einem Hauptsacheverfahren erwirkt werden kann. Dabei kann es sich auch um 1 Grunsky, JuS 1976, 277.

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B Rz. 5

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Materiell-rechtliche Voraussetzungen des Arrests

Vollstreckungsbescheide, vollstreckbare Urkunden sowie sonstige Titel wie etwa Kostenfestsetzungsbeschlüsse handeln1. Ein Arrest ist auch zur Sicherung von Schiedssprüchen möglich, die im Bereich des Arbeitsrechts im Wesentlichen nur noch im Rahmen der Bühnenschiedsgerichtsbarkeit von Bedeutung sind. 2. Arrestanspruch 5

Der Arrestantrag muss sich auf eine bestimmte Forderung beziehen, welche den Arrestanspruch darstellt2. Dieser muss sowohl dem Grund wie der Höhe nach konkret bezeichnet werden. Während des Verfahrens kann der Arrestanspruch auch nicht ausgetauscht werden3. Hat also ein Arbeitnehmer etwa einen Arrestantrag wegen rückständigen Arbeitsentgeltes gestellt und erfolgt zwischenzeitlich eine entsprechende Zahlung des Arbeitgebers, kann der Arrestantrag nicht etwa zur Sicherung eines Sozialplananspruchs aufrechterhalten werden. Es bedarf dann eines neuen Antrages. Dieser kann im Widerspruchsverfahren, auch in der zweiten Instanz gestellt werden, wenn die Voraussetzungen für eine Klageänderung gem. § 263 ZPO vorliegen4. Ändert sich hingegen nicht der Arrestanspruch als Lebenssachverhalt, sondern lediglich die vom Antragsteller für sich reklamierte Anspruchsgrundlage, kann ohne weiteres auf die geänderte Anspruchsgrundlage zurückgegriffen werden5.

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Bei dem mittels Arrest zu sichernden Anspruch muss es sich um eine Geldforderung handeln, oder die andersartige Forderung muss, etwa bei Unmöglichkeit der Erfüllung, in eine solche übergehen können. Eine Geldforderung in diesem Sinne liegt stets dann vor, wenn der Schuldner eine bestimmte Summe Geldes zu leisten hat. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob das Bestehen der Geldforderung von einer Gegenleistung abhängig ist und ob diese erbracht worden ist6. Gleiches gilt für das Bestehen einer Einrede. Eine Ausnahme gilt hier nur bei der dauernden (peremtorischen) Einrede, wie etwa der Verjährung. Wenn die dauernde Einrede bereits erhoben ist, kann der Arrest nicht verhängt werden, weil die Forderung nicht (mehr) durchsetzbar ist. Ist sie noch nicht erhoben worden, steht sie dem Arrest nicht entgegen. Jedoch kann der Schuldner sie auch noch im Widerspruchsverfahren nach § 924 ZPO oder der Aufhebungsklage nach § 927 ZPO geltend machen. Der Arrestbefehl ist dann aufzuheben.

1 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 8. 2 Es kann also keine „offene Eilentscheidung“ geben, Grunsky in Stein/Jonas, § 916 Rz. 4. 3 OLG Frankfurt v. 15.9.1987 – 5 U 84/87; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 916 Rz. 4. 4 OLG Frankfurt v. 15.9.1987 – 5 U 84/87. 5 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 916 Rz. 4. 6 Walker in Schuschke/Walker, § 916 Rz. 2.

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Grundzge

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Rz. 11 B

Der Geldforderung gleich stehen Ansprüche auf Duldung der Zwangs- 7 vollstreckung und die Haftung für einen Anspruch1. Dies ergibt sich daraus, dass die Duldung der Zwangsvollstreckung gerade wegen einer Geldforderung erfolgen muss und Haftungsansprüche wie Geldforderungen zu vollstrecken sind. Auch nicht vermögensrechtliche Ansprüche, die sich in einen Geld- 8 anspruch umwandeln können, fallen unter § 916 Abs. 1 ZPO. Dabei wird allgemein ein weiter Maßstab angelegt2. Auch absolute Rechte, wie das Persönlichkeitsrecht, können darunter fallen, sofern ihre Verletzung zu einem auf Geldzahlung gerichteten Anspruch führt. Die Zulässigkeit des Arrestes ist insoweit nicht von dem Bestehen eines Unterlassungsanspruches abhängig. Diese weite Auslegung kann in Einzelfällen dazu führen, dass dem Gläu- 9 biger de facto ein Wahlrecht zusteht, ob er den nicht auf eine Geldforderung gerichteten Individualanspruch (der aber in eine solche übergehen kann) durch eine einstweilige Verfügung oder die durch eine Verletzung des Individualanspruches möglicherweise entstehende Geldforderung durch einen Arrest sichern lässt3. Aus dem Gesuch muss jedoch deutlich hervorgehen, welche Form einstweiligen Rechtsschutzes begehrt wird. Angesichts der aufgezeigten Wahlmöglichkeit und des Umstandes, dass auch eine etwa auf Entgeltzahlung gerichtete Befriedigungsverfügung möglich ist, muss der Antragsteller sein Rechtsschutzziel klar definieren. Er muss klarstellen, ob er einen Arrest gem. § 916 Abs. 1 ZPO zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung oder eine einstweilige Verfügung in der Form der Sicherungsverfügung in Bezug auf den Streitgegenstand gem. § 935 ZPO zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen eines nicht auf Geldzahlung gerichteten Anspruchs bzw. eine Befriedigungsverfügung gem. § 940 ZPO zur einstweiligen Befriedigung anstrebt. Diese Angabe gehört zum Bestimmtheitserfordernis. Der Antrag kann jedoch bei Vorliegen hinreichender Anhaltspunkte auch in die eine oder andere Richtung ausgelegt werden. Nach Auffassung von Walker 4 ist es möglich, parallel beide Sicherungs- 10 verfahren geltend zu machen, wenn der Antragsteller in erster Linie den Individualanspruch vollstrecken, aber den möglicherweise entstehenden Schadensersatzanspruch gleichwohl vorsorglich sichern will. Der zu sichernde Anspruch muss grundsätzlich vollstreckbar sein, da an- 11 sonsten keine zu sichernde Zwangsvollstreckung möglich ist. Abs. 2 enthält insofern eine Sonderregelung für bedingte und betagte Ansprüche.

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Grunsky in Stein/Jonas, § 916 Rz. 12. Vgl. Zöller/Vollkommer, § 916 Rz. 4. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 916 Rz. 4. Walker, S. 115 Rz. 159 m.w.N.

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B Rz. 12 12

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Materiell-rechtliche Voraussetzungen des Arrests

Speziell im Arbeitsrecht sind beispielsweise folgende Forderungen durch Arrest zu sichern: a) Ansprüche des Arbeitnehmers auf – Entgeltzahlung; – Abfindung, auch sofern diese auf einem Sozialplan beruht; – Schadensersatzansprüche. b) Ansprüche des Arbeitgebers auf – Rückzahlung überzahlten Entgeltes; – Schadensersatz; – Vertragsstrafe. c) Ansprüche des Betriebsrates auf – Erstattung von Kosten, auch soweit sie von einzelnen Betriebsratsmitgliedern aufgewandt worden sind.

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Auch zur Sicherung von Sozialplanansprüchen kann ein dinglicher Arrest über das Vermögen des Arbeitgebers angeordnet werden. In dessen Vollzug können zugleich Forderungen des Arbeitgebers gepfändet werden. Einem solchen Arrest steht nicht entgegen, dass der Einigungsstellenspruch, mit dem der Sozialplan festgesetzt wurde, vom Arbeitgeber angegriffen wurde1. 3. Umfang der Darlegungslast

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Der Sachvortrag des Antragstellers muss derart substantiiert sein, dass dem Arrestgericht eine Schlüssigkeitsprüfung möglich ist. Es reicht somit nicht aus, lediglich das Bestehen eines zu sichernden Anspruches zu behaupten. Der Arrest hat eine sichernde und dienende Funktion. Ob ein entsprechender Antrag begründet ist, kann somit nicht abstrakt, sondern nur in Abhängigkeit von der zu sichernden Forderung entschieden werden. Erst nach schlüssiger Darlegung des Arrestanspruches kann auch beurteilt werden, welche Tatsachen glaubhaft zu machen sind (s. zum Umfang der Glaubhaftmachung C Rz. 15 ff.). Umstritten ist die Frage, wieweit die Schlüssigkeitsprüfung des Gerichts zu gehen hat und wie hoch dementsprechend die Anforderungen an die Substantiierung anzusetzen sind. Meines Erachtens ist hier grundsätzlich derselbe Maßstab anzulegen wie im Klageverfahren2. Eine bloß „summarische Prüfung“ der Schlüssigkeit3 ist trotz der Eilbedürftigkeit nicht angebracht. Aller1 ArbG Stuttgart v. 13.3.1984 – 13 Ga 1/84 A; ArbG Hamburg v. 17.1.1991 – 22 Ga 1/91, n.v.: Sicherung von noch nicht im Hauptsacheverfahren anhängigen Sozialplanansprüchen von 14 Arbeitnehmern i.H.v. 1,4 Mio. Euro aus einem soeben beschlossenen Sozialplan. 2 S. auch MünchKomm/Drescher § 920 Rz. 10 m.w.N. 3 In diese Richtung wohl Grunsky in Stein/Jonas, § 940 Rz. 3.

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Der Arrest im Beschlussverfahren

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Rz. 17 B

dings ist in rein praktischer Hinsicht zu beachten, dass eine unter großem Zeitdruck ergangene Entscheidung nicht mit der gleichen Sorgfalt ergeht wie ein Urteil im Hauptsacheverfahren. Daher müssen die Parteien des Arrestverfahrens damit rechnen, dass das Gericht im Widerspruchsverfahren und auch im Hauptsacheverfahren die entscheidungserheblichen Rechtsfragen anders beantwortet als noch im Arrestbeschluss. Eine Bindung des Gerichts an eine einmal im Eilverfahren vertretene Rechtsauffassung kann nicht eintreten; es kann auch kein Vertrauensschutz bestehen. Wird die Anwendbarkeit ausländischen Rechts vorgetragen, so gehört die 15 Darlegung dieser Regeln nicht unbedingt zur Schlüssigkeit, da das Gericht gem. § 293 ZPO dieses von Amts wegen ermitteln muss. Da sich die Ermittlungspflicht im Arrestverfahren jedoch auf die präsenten Erkenntnisquellen beschränkt1, empfiehlt sich für den Antragsteller unabhängig von der Frage, wieweit eine trotz des Amtsermittlungsgrundsatzes bestehende Mitwirkungspflicht besteht, stets die umfängliche Darlegung der maßgeblichen ausländischen Normen (zum Umfang der Glaubhaftmachung s. C Rz. 17 ff.). So werden Fehlentscheidungen vermieden, die auf einer Unkenntnis der ausländischen Rechtsquellen beruhen. Auch die Frage, ob und ggf. inwieweit das Nichtbestehen von Einwen- 16 dungen vom Antragsteller vorzutragen ist, betrifft nicht erst die Glaubhaftmachung, sondern bereits die Schlüssigkeitsprüfung. Hier gilt grundsätzlich die Verteilung der Darlegungslast (zur Glaubhaftmachung s. C Rz. 15 ff.) wie im Hauptsacheverfahren. Es ist aber den Besonderheiten des Arrestverfahrens Rechnung zu tragen. Dies geschieht zum einen dadurch, dass zur Schlüssigkeit auch das Nichtvorliegen solcher Einwendungen gehört, für deren Bestehen sich aus dem anspruchsbegründenden Sachvortrag Anhaltspunkte ergeben. Noch stärker ist die Darlegungslast des Antragstellers in den Fällen, in denen ohne mündliche Verhandlung entschieden wird und dem Antragsteller auch sonst keine Möglichkeit der Stellungnahme eingeräumt worden ist und keine Schutzschrift vorliegt. Hier muss den Interessen des Schuldners dadurch Rechnung getragen werden, dass das Nichtbestehen von nahe liegenden Einwendungen zur Schlüssigkeit gehört. Auf theoretisch mögliche, aber abseitige Einwendungen bezieht sich die Darlegungslast nicht.

II. Der Arrest im Beschlussverfahren Der Arrest ist auch im Bereich des Beschlussverfahrens zulässig, und 17 zwar grundsätzlich sowohl als dinglicher als auch als persönlicher Ar-

1 Vgl. Zöller/Vollkommer, § 920 Rz. 10.

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B Rz. 18

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Materiell-rechtliche Voraussetzungen des Arrests

rest1. Der Arrestantrag unterliegt hier wie das Hauptsacheverfahren dem Untersuchungsgrundsatz2. 18

Heinze3 hält auch einen Antrag des Betriebsrates zur Sicherung von auf Geld gerichteten Ansprüchen der Arbeitnehmer aus dem Sozialplan für möglich, wobei der Betriebsrat als bevollmächtigter Vertreter und Prozessstandschafter der Belegschaft agieren soll. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Betriebsrat kann nur eigene Ansprüche oder allenfalls Ansprüche einzelner Betriebsratsmitglieder gerichtlich geltend machen. Dies gilt für das Hauptsacheverfahren ebenso wie für das Arrestverfahren. Bei Geldansprüchen aus einem Sozialplan handelt es sich stets um Ansprüche der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber, auch wenn der Betriebsrat diese ausgehandelt hat. Es liegt außerhalb der Kompetenz des Betriebsrates, derartige Individualansprüche der Arbeitnehmer gerichtlich – in welcher Form auch immer – geltend zu machen.

III. Arrestfähigkeit noch nicht fälliger Ansprüche (§ 916 Abs. 2 ZPO) 1. Betagte Ansprüche 19

Nicht nur bereits fällige, sondern auch betagte Geldansprüche können den Arrest begründen. Unter betagten Ansprüchen versteht man solche, die zwar bereits bestehen, deren Fälligkeit aber erst zu einem späteren Zeitpunkt eintritt. Dabei kann die Fälligkeit sowohl nach dem Kalender bestimmt sein als auch durch Kündigung herbeigeführt werden. Die kalendermäßige Fixierung kann insbesondere für künftiges Arbeitsentgelt von Bedeutung sein. So wird etwa der Anspruch auf das vertraglich geschuldete 13. Monatsgehalt pro rata temporis erworben, ist jedoch erst zu dem definierten Zeitpunkt fällig. Der betagte Anspruch unterscheidet sich von dem bedingten Anspruch dadurch, dass er bereits besteht, nur noch nicht fällig ist, während der bedingte Anspruch vor Eintritt der Bedingung noch gar nicht existent ist.

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Hinsichtlich eines betagten Anspruches ist der Arrest selbst dann zulässig, wenn bereits ein vollstreckbarer Titel vorliegt. Ein entsprechendes Schutzbedürfnis besteht hier ausnahmsweise, da gem. § 751 Abs. 1 ZPO mit der Zwangsvollstreckung nur begonnen werden darf, wenn der Kalendertag abgelaufen ist4.

1 Walker, S. 500, Rz. 764. 2 So noch Heinze in MünchKomm/ZPO, in der 2. Aufl., § 920 Rz. 22, jetzt nicht mehr thematisiert. 3 Heinze, RdA 1986, 273, 294. 4 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 916 Rz. 8.

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Arrestfhigkeit noch nicht flliger Ansprche (§ 916 Abs. 2 ZPO)

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Rz. 25 B

2. Bedingte Ansprüche Bedingte Ansprüche, deren Entstehung also von einem zukünftigen, un- 21 gewissen Ereignis abhängig ist (§ 158 Abs. 1 BGB), können grundsätzlich auch durch Arrest gesichert werden. Dies gilt für die auflösende wie für die aufschiebende Bedingung. Nach § 916 Abs. 2 ZPO besteht diese Möglichkeit jedoch dann nicht, 22 wenn der bedingte Anspruch wegen der lediglich entfernten Möglichkeit des Bedingungseintritts keinen gegenwärtigen Vermögenswert hat. Die Vorschrift ist nach dem Regel-Ausnahme-Prinzip aufgebaut. Bezüg- 23 lich bedingter Ansprüche ist grundsätzlich ein Arrest möglich, es sei denn, der Anspruch hat keinen Vermögenswert. Dies hat zur Folge, dass der Schuldner dies vortragen muss und insofern auch zur Glaubhaftmachung verpflichtet ist1. Das Fehlen eines Vermögenswertes des bedingten Anspruches kann sich jedoch auch schon aus dem Vorbringen des Gläubigers ergeben und ist dann zu beachten. Die Feststellung, ob die bedingte Forderung einen Vermögenswert hat, 24 ist in der Praxis häufig sehr schwer zu treffen. 3. Künftige Ansprüche Ebenso schwierig ist oft die Unterscheidung zwischen bedingten und 25 künftigen Ansprüchen2. Künftige Ansprüche finden in § 916 ZPO keine Erwähnung. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Arrest hier überhaupt nicht möglich wäre. Vielmehr ist nach allgemeiner Meinung auch hinsichtlich künftiger Ansprüche ein Arrest zulässig3. Unterschiedliche Auffassungen bestehen nur hinsichtlich der Voraussetzungen, die an den zu sichernden künftigen Anspruch zu stellen sind. Dabei ist unbestritten, dass dieser bereits klagbar sein muss. Ansonsten würde die Vorschrift des § 926 ZPO, die dem Schuldner die Möglichkeit eröffnet, den Gläubiger zur Erhebung der Hauptsacheklage zu bewegen, leer laufen. In Betracht kommt hier zunächst die Klage auf zukünftige, noch nicht fällige Leistungen gem. § 257 ZPO und wegen der Besorgnis der Nichterfüllung gem. § 258 ZPO4. Nach h.M. reicht auch schon die Möglichkeit einer Feststellungsklage5. Das lässt eine Mindermeinung nicht ausreichen und verlangt das Hinzukommen eines „schutzwerten Interesses“ an der Sicherung des Anspruches bereits zu einem so frühen Zeitpunkt6. Dieser Ansicht ist zu folgen. Dies ergibt sich daraus, dass § 916 Abs. 2 ZPO 1 Grunsky in Stein/Jonas, § 916 Rz. 8. 2 Grunsky in Stein/Jonas, § 916 Rz. 6, 9; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 916 Rz. 15. 3 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 916 Rz. 1; Grunsky in Stein/Jonas, § 916 Rz. 9 jeweils m.w.N. 4 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 916 Rz. 15. 5 Walker, S. 151 Rz. 217 m.w.N. 6 Zöller/Vollkommer, § 916 Rz. 8; Grunsky in Stein/Jonas, § 916 Rz. 10.

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B Rz. 26

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Materiell-rechtliche Voraussetzungen des Arrests

schon den Arrest wegen eines bedingten Anspruches nicht ohne Einschränkungen zulässt. Wenn man über den Wortlaut der Vorschrift hinaus auch hinsichtlich künftiger Ansprüche den Arrest zulässt, muss man der grundsätzlich restriktiven Haltung des Gesetzes Rechnung tragen und insoweit besondere Darlegungen verlangen.

IV. Der Arrestgrund bei dinglichem Arrest (§ 917 ZPO) Literatur: Auslandsarrest (§ 197 Abs. 2 ZPO) bei Vollstreckung in einem EuGVÜ-Staat?, IPRax 1991, 166; Buciek, Gläubigerkonkurrenz als Arrestgrund, NJW 1987, 1063; Ehricke, Zum Arrestgrund der Auslandsvollstreckung in § 917 Abs. 2 ZPO, NJW 1991, 2189; Ehricke, Nochmals: Zum Arrestgrund der Auslandsvollstreckung in § 917 Abs. 2 ZPO, NJW 1992, 603; Ehricke, Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts auf § 917 Abs. 2 ZPO, IPRax 1993, 380; Fischer, Straftaten und Vertragsverletzungen als Arrestgrund nach § 917 Abs. 1 ZPO, MDR 1995, 988; Foerste, Vollstreckungsvorsprung durch einstweiligen Rechtsschutz, ZZP 1993, 43; Geiger, Der Arrestgrund der Auslandsvollstreckung (§ 917 Abs. 2 ZPO) und das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot (Art. 6 EG-Vertrag), IPRax 1994, 415; Giesecke, Neue Entwicklungen zum Arrestgrund der Auslandsvollstreckung im Europarecht, EWS 1994, 149; Grunsky, Konkurrenz anderer Gläubiger als Arrestgrund, NJW 1976, 553; Grunsky, Zum Arrestgrund des § 917 Abs. 2 bei der Vollstreckung ausländischer Urteile, IPRax 1983, 210; Hoefler, Die drohende Konkurrenz anderer Gläubiger als Arrestgrund, Diss., Erlangen 1991; Mankowski, Der Arrestgrund der Auslandsvollstreckung und das Europäische Gemeinschaftsrecht, NJW 1995, 306; Mankowski, Zum Arrestgrund der Auslandsvollstreckung in § 917 Abs. 2 ZPO, RIW 1991, 181; Mankowski/Ehricke, Zum Arrestgrund der Auslandsvollstreckung in § 917 Abs. 2 ZPO, NJW 1992, 599, 603; Mathäser, Die Dogmatik des Arrestgrundes, JuS 1995, 442; Mennicke, Zum Arrestgrund der Auslandsvollstreckung aus Vertragsstaaten des EuGVÜ, EWS 1997, 117; Ress, Der Arrestgrund der Auslandsvollstreckung nach § 917 Abs. 2 ZPO und das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot, JuS 1995, 957; Schack, Rechtsangleichung mit der Brechstange des EuGH?, ZZP 1995, 47; Schümann, Kein Arrestgrund der Auslandsvollstreckung im Bereich des EuGVÜ?, IPRax 1992, 302; Thümmel, Der Arrestgrund der Auslandsvollstreckung im Fadenkreuz des Europäischen Rechts, EuZW 1994, 242; Thümmel, Einstweiliger Rechtsschutz im Auslandsrechtsverkehr, NJW 1996, 1930; Thümmel, Inlandsvermögen – Achillesferse des Arrestgrundes der Auslandsvollstreckung?, FS für Rothoeft, 1994, S. 97; Wolf, Die faktische Grundrechtsbeeinträchtigung als Systematisierungsmethode der Begleitfreiheiten nach dem EG-Vertrag, JZ 1994, 1151.

1. Grundzüge 26

In Ergänzung zu § 916 ZPO, der sich mit den Voraussetzungen des Arrestanspruches befasst, legt § 917 ZPO die Anforderungen an den Arrestgrund beim dinglichen Arrest fest (zum Arrestgrund beim persönlichen Arrest verhält sich § 918 ZPO). Allein der Arrestanspruch rechtfertigt noch keine Maßnahmen vorläufigen Rechtsschutzes, auch wenn er unstreitig ist1. Erst der Arrestgrund schafft die Legitimation, vorläufigen 1 Allgemeine Auffassung, s. nur Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 1.

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Der Arrestgrund bei dinglichem Arrest (§ 917 ZPO)

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Rz. 29 B

Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu dürfen und nicht das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens abwarten zu müssen. Der Antragsteller muss die Tatsachen vortragen, die eine Gefährdung des 27 Anspruches bei Abwarten auf den Abschluss des Hauptsacheverfahrens wahrscheinlich machen. Die vorgetragenen Tatsachen müssen also zunächst eine Gefährdung des Arrestanspruches überhaupt möglich erscheinen lassen. Als hinreichenden Arrestgrund vermutet § 917 Abs. 2 ZPO den Umstand, dass das Urteil im Ausland vollstreckt werden müsste. Es ist nicht notwendig, gleichzeitig mit dem Antrag auf Erlass einer 27a einstweiligen Verfügung das Hauptsacheverfahren anzustrengen. Dies muss der Antragsteller erst auf einen Beschluss gem. § 926 Abs. 1 ZPO tun1. 2. Dogmatische Einordnung Die Einordnung des Arrestgrundes als Zulässigkeits- oder Begründet- 28 heitsvoraussetzung ist umstritten. Nach Auffassung der Literatur handelt es sich dabei um eine besondere Ausformung des Rechtsschutzbedürfnisses. Ob daneben noch ein weiteres Rechtsschutzinteresse verlangt werden kann oder ob dieses im Arrestgrund aufgeht, ist in der Literatur umstritten, für die Praxis aber unerheblich2. Meines Erachtens handelt es sich hier um eine Begründetheitsvoraussetzung. Zwar scheint der Wortlaut der Vorschrift eher auf eine Voraussetzung hinzudeuten, die die Zulässigkeit dieser besonderen Verfahrensart betrifft. Jedoch sind diese Dringlichkeitsvoraussetzungen nicht verfahrensrechtlicher, sondern materiell-rechtlicher Art. Der Antrag ist somit als unbegründet abzuweisen. 3. Die einzelnen Voraussetzungen des Arrestgrundes Der Arrestgrund ist in § 917 ZPO recht vage umschrieben. Dort wird le- 29 diglich geregelt, dass der Arrest zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen stattfindet, und zwar wegen einer Geldforderung oder eines Anspruchs, der in eine solche übergehen kann. Weder der Maßstab, nach dem die Gefährdung der Vollstreckung zu messen ist, noch die erfassten Verhaltensweisen des Schuldners, noch Art und Intensität der Gefahr sind dem Gesetz zu entnehmen. Generell ist erforderlich, dass eine Verschlechterung der Vermögenslage des Schuldners zu befürchten ist3. Mit diesem Erfordernis allein sind jedoch noch keine konkreten Parameter für die Feststellung der

1 LAG Rh-Pf. 24.9.2009 – 10 SaGa 9/09. 2 Walker, S. 144 f. Rz. 208; vgl. weiter zum Streitstand Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 10. 3 H.M., s. nur Grunsky in Stein/Jonas, § 917 Rz. 4 f. m.w.N.

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B Rz. 30

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Materiell-rechtliche Voraussetzungen des Arrests

Arrestgefahr gewonnen1. Anhand typischer Gefährdungslagen müssen die näheren Kriterien ermittelt werden. 30

Das Vorliegen eines Arrestgrundes ist nach objektiven Maßstäben festzustellen. Weder die persönlichen Befürchtungen des Gläubigers noch die Interessen des Schuldners sind hier heranzuziehen, sondern es ist der sachliche Maßstab eines ruhigen, verständigen und gewissenhaft prüfenden Dritten entscheidend2. a) Verhalten des Schuldners

31

Der „klassische“ Arrestgrund besteht in unlauteren Handlungen des Schuldners, mit denen versucht werden soll, das Vermögen oder Teile hiervon einer späteren Zwangsvollstreckung zu entziehen, indem sie beiseite geschafft, durch Scheingeschäfte veräußert, mit Pfandrechten belastet oder verschleudert werden. Darin erschöpft sich jedoch der Bereich des Arrestgrundes nicht. Insbesondere wird kein doloses Verhalten des Schuldners vorausgesetzt, noch nicht einmal Vorsatz3. Auch ein Verstoß gegen Rechtspflichten, seien sie auch nur durch Vertrag begründet, ist nicht notwendig – und auch nicht notwendigerweise ausreichend (s. unter B Rz. 38).

32

Ein rechtmäßiges Verhalten des Schuldners kann daher ebenso den Arrest begründen. Dies folgt daraus, dass das Ziel des Arrestes in der Sicherung der Zwangsvollstreckung besteht und diese durch vielfältige, auch rechtmäßige und vertragskonforme Handlungen des Schuldners gefährdet werden kann. So stellt der Umzug in das Ausland weder einen Verstoß gegen Gesetze dar, noch wird gegen eine dem Gläubiger gegenüber bestehende vertragliche Verpflichtung verstoßen – gleichwohl kann eine Vollstreckungsgefährdung vorliegen, die den Arrest zu begründen geeignet ist.

33

Die Gefährdungshandlungen des Gläubigers können zunächst in jedweden Verfügungen über das Vermögen oder Teile hiervon bestehen, die zu einer Verschlechterung der Vermögenslage führen. Darunter fallen Verfügungen, denen keine adäquate Gegenleistung gegenübersteht, also der Verkauf unter Wert, das Verschenken sowie allgemein das Führen eines verschwenderischen Lebenswandels. Dabei ist allerdings zu beachten, dass es nicht auf die Höhe von Luxusausgaben, sondern auf die Höhe des verbleibenden Vermögens in Relation zur Forderung ankommt. Reicht das restliche Vermögen zur Befriedigung des Gläubigers unproblematisch aus, kommt ein Arrest nicht in Betracht. Jedoch kann ein Verkauf von Vermögensbestandteilen zu ihrem realen Wert („Versilbern“) die Zugriffsmöglichkeiten des Vollstreckungsgläubigers erschweren, da die Zu1 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 4. 2 Vgl. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 917 Rz. 6; BFH v. 4.7.1978 – VII R 21/78. 3 Zöller/Vollkommer, § 917 Rz. 5.

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Der Arrestgrund bei dinglichem Arrest (§ 917 ZPO)

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Rz. 38 B

griffsmöglichkeiten auf Geld u.U. schlechter sind als die auf die vorher vorhandenen Sachwerte, insbesondere Immobilien. In diesem Zusammenhang hat das LAG Berlin-Brandenburg entschieden, dass nicht jede Vermögensumschichtung zu einer Verschlechterung der Vermögenslage führe. Eine solche Vermögensumschichtung liegt hiernach nicht vor, wenn die Arbeitgeberin beabsichtigt, ein Erbbaurecht an einem Grundstück in eine von ihr beherrschte Beteiligungsgesellschaft einzubringen und auf Grund der Verschuldung der Beteiligungsgesellschaft nicht von Gewinnen der Beteiligungsgesellschaft auszugehen ist1. Auch das Verbringen von Vermögensbestandteilen ins Ausland und die 34 Vorbereitung des Umzuges des Schuldners dorthin2 sind anerkannte Gefährdungstatbestände, ebenso wie ein unsteter Wohnsitz. Ebenso können Handlungen, die dem Gläubiger die Übersicht über die Vermögenslage erschweren sollen, also die Verdunkelung der Vermögenslage des Schuldners, ausreichend für die Anordnung des Arrestes sein3. Unter Umständen ist auch schon die Ankündigung des Schuldners, sein 35 Vermögen einer eventuellen Vollstreckung zu entziehen, ausreichend, jedoch wird man hier eine gewisse Ernsthaftigkeit der Drohung verlangen müssen4. Ob die bloße Versuchung zur Verschiebung von Vermögensbestandteilen ausreicht, ist indes zweifelhaft5. Auch die Mitgliedschaft des Schuldners in einer Sekte, die bekannter- 36 maßen hohe Vermögenszuwendungen von ihren Mitgliedern erwartet, kann die Arrestgefahr begründen6. Das Verhalten des Schuldners muss jedoch eine zeitliche Nähe zum Ar- 37 restantrag aufweisen, die auf eine aktuell noch bestehende Gefährdung schließen lässt7. Der vollstreckungsgefährdende Umstand muss unmittelbar bevorstehen8. Ein bloß vertragswidriges Verhalten des Schuldners ist jedoch für sich ge- 38 nommen nicht ausreichend9. Dies gilt nach allgemeiner Auffassung jedenfalls für eine fahrlässige Vertragsverletzung sowie den reinen Verzug10. Auch die Nichterfüllung trotz ausdrücklicher Zusage der Zahlung 1 2 3 4 5

6 7 8 9 10

LAG Berlin-Brandenburg v. 16.7.2010 – 23 Ta 1301/10. KG v. 27.3.1985 – 18 UF 6755/84. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 917 Rz. 8. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 15. So aber LG München v. 7.7.1982 – 7 U 2909/82 – zum Arrest gegen die inländische Tochtergesellschaft eines ausländischen Unternehmens, das in Zahlungsschwierigkeiten geraten war; kritisch Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 15. Vgl. OLG München v. 13.1.1981 – 17 U 3742/80 – zur Testamentsanfechtung. BGH v. 11.3.1975 – VI ZR 231/72. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 7. BGH v. 11.3.1975 – VI ZR 231/72. Vgl. Grunsky in Stein/Jonas, § 917 Rz. 8.

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B Rz. 39

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Materiell-rechtliche Voraussetzungen des Arrests

gehört hierzu. Allerdings kann die Nichteinlösung eines erfüllungshalber hingegebenen Schecks durchaus eine andere Betrachtungsweise rechtfertigen1. Die von Grunsky2 vorgenommene Differenzierung nach vorsätzlichen oder fahrlässigen Vertragsverletzungen erscheint jedoch nicht unbedingt zur Abgrenzung geeignet. Nicht jede vorsätzliche Vertragsverletzung begründet die Annahme einer späteren Vollstreckungsvereitelung oder -gefährdung. Hier ist vielmehr auf Art und Inhalt der Vertragsverletzung abzustellen, aus denen sich dann im Einzelfall eine Gefährdung ergeben kann3. Auf das Verfolgen unlauterer Absichten kommt es ebenso wenig an wie darauf, ob der Schuldner rechtswidrig und/oder schuldhaft handelt4. 39

Die gleichen Rechtsgedanken müssen für Straftaten des Schuldners gelten. Nicht jede Straftat rechtfertigt die Verhängung eines Arrestes. Es ist jeweils zu prüfen, inwieweit hierdurch eine Vollstreckungsgefährdung eintritt5. Bei einer gegen das Vermögen des Gläubigers gerichteten Straftat ist dies in aller Regel der Fall6. Einer gesonderten Feststellung einer Wiederholungsgefahr bedarf es nicht7.

40

Allein der Umstand, dass der Schuldner in Strafhaft genommen wurde, reicht für die Verhängung eines Arrestes nicht aus8. Es können jedoch andere Umstände hinzutreten, die im Zusammenhang mit der Inhaftierung einen Arrestgrund bilden. Es kommt dabei stets auf die Umstände des Einzelfalls an.

41

Auch das prozessuale Verhalten des Schuldners in einem bereits anhängigen Hauptsacheverfahren kann genügen, etwa wenn er dort einen erwiesenermaßen unwahren Sachvortrag unterbreitet9. In Einzelfällen kann auch eine besonders evidente und nachhaltige Prozessverschleppung, etwa mittels eines offensichtlich unwahren Sachvortrages im Hauptsacheverfahren den Gefährdungstatbestand erfüllen10.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

26

A.A. KG v. 18.4.1978 – 4 W 1578/78. Grunsky in Stein/Jonas, § 917 Rz. 8. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 917 Rz. 9. LAG Köln v. 14.1.2011 – 7 SaGa 24/09. OLG Saarbrücken v. 22.7.2013 – 4 W 26/13; LG Konstanz v. 17.5.2013 – 2 O 112/13; LAG Baden-Württemberg v. 23.3.2011 – 13 SaGa 2/10. Differenzierend Drescher in MünchKomm/ZPO, § 917 Rz. 10; zurückhaltend OLG Köln v. 16.8.1985 – 13 W 35/85. A.A. OLG Düsseldorf v. 9.6.1986 – 4 U 69/86; ebenso OLG Koblenz v. 28.9.2001 – 5 W 665/01, Straftat und „unbekannt verzogen“ reichen nicht für Arrestgrund. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 11; OLG Köln v. 16.8.1985 – 13 W 35/85. Grunsky in Stein/Jonas, § 917 Rz. 9. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 917 Rz. 9; a.A. Grunsky in Stein/Jonas, § 917 Rz. 9.

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Der Arrestgrund bei dinglichem Arrest (§ 917 ZPO)

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Rz. 47 B

Ein Arrestgrund kann auch vorliegen, wenn der Schuldner als Geschäfts- 42 führer mit großer Entschlossenheit den Zugriff der Gläubiger auf das Firmenvermögen verwehrt hat und zu befürchten ist, dass er den Zugriff auf sein Privatvermögen ebenso zu verhindern trachten wird1. Die unverändert schlechte Vermögenslage des Schuldners stellt für sich 43 noch keinen Arrestgrund dar. Wenn sie zum Zeitpunkt des Arrestantrages bereits schlecht war und sich dies etwa in unregelmäßigen Zahlungen des Arbeitsentgeltes geäußert hat, so ist keine Gefährdung der Zwangsvollstreckung zu besorgen, der mit dem Mittel des Arrestes zu begegnen wäre2. Der Arrest soll den Gläubiger vor zukünftigen Verschlechterungen des Vollstreckungszugriffs vom Zeitpunkt des Arrestantrages bis zur Zwangsvollstreckung schützen. Es müssen hier konkrete Anhaltspunkte dafür vorgetragen werden, dass der Schuldner seine Vermögenslage zum Anlass nimmt, auch noch die letzten Aktivposten seines Vermögens einem Gläubigerzugriff zu entziehen3. b) Verhalten Dritter Da der Arrestgrund unabhängig vom Verschulden des Schuldners zu 44 beurteilen ist, kommt auch das Verhalten Dritter in Betracht. Hierzu gehört etwa der Boykott des Schuldners, aber auch ein Streik gegen diesen. Maßgeblich ist jedoch stets, ob durch diese Maßnahme konkret eine vollstreckungserschwerende Verschlechterung der Vermögenslage des Schuldners droht. Die bloße Gläubigerkonkurrenz stellt für sich allein keinen Arrestgrund 45 dar4. Die Vorschriften der §§ 917, 928, 930 bis 932, 934 Abs. 1 ZPO gelten 46 gem. § 111o Abs. 2 StPO entsprechend, wenn eine Vermögensstrafe vor der Verhängung steht. Die drohende Verhängung einer Vermögensstrafe, die wesentliche Teile des Schuldnervermögens erfassen würde, könnte auch ein Arrestgrund sein. Allerdings würde man hier auch eine Gläubigerkonkurrenz mit dem Staat annehmen, die keinen Arrestgrund darstellen würde. c) Objektive Umstände Auch objektive Umstände können die Arrestgefahr begründen, wenn ein 47 Vermögensverfall des Schuldners droht. Dazu gehören Naturkatastro1 OLG Frankfurt v. 22.12.1983 – 6 U 137/83; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, § 917 Rz. 8, Stichwort Geschäftsführung. 2 Walker, S. 161, Rz. 234 mit Nachweisen zur älteren Rechtsprechung. 3 Vgl. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 917 Rz. 5; OLG Hamburg v. 19.5.1983 – 6 U 109/81; OLG Köln v. 20.9.1983 – 4 UF 231/83. 4 BGH v. 19.10.1995 – IX ZR 82/94; Scholz in Ostrowicz/Künzl/Scholz S. 569, Rz. 819.

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B Rz. 48

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Materiell-rechtliche Voraussetzungen des Arrests

phen wie Sturm und Überschwemmung ebenso wie Feuer und der Ausbruch von Seuchen. Auch Krankheiten des Schuldners, die ihn an einem weiteren Betreiben seiner Geschäfte nachhaltig hindern, zählen hierzu1. d) Umstände, die die Arrestgefahr ausschließen oder mindern können 48

Zur Verhängung des Arrestes ist es nicht erforderlich, dass der Arrestvollzug hinreichende Aussichten auf Erfolg bietet2.

49

Ein Arrestgrund liegt nicht vor, wenn der Gläubiger anderweitig, also unabhängig von den Handlungen des Schuldners bezüglich der Objekte, in die auch vollstreckt werden könnte, gesichert ist. Dabei sind jedoch nur solche Sicherheiten beachtlich, die dem Gläubiger eine ähnliche Position verschaffen wie der begehrte Arrest. Dies können auch im Ausland gelegene Sicherheiten sein, wenn sie in ihrer Verwertbarkeit der Sicherheit durch einen Arrest gleichkommen3. Maßgeblich ist dabei allein der wirtschaftliche Wert der anderweitigen Sicherheit und nicht deren formales Bestehen4. Dabei kann es sich insbesondere um dingliche Sicherheiten handeln. Besitzlose Pfandrechte beseitigen die Arrestgefahr nicht. Auch die bloß schuldrechtliche Mithaftung eines Bürgen lässt den Arrestgrund nicht entfallen. Eine Bankbürgschaft dürfte jedoch in aller Regel ein taugliches Sicherungsmittel sein5.

50

Ein Arrestgrund fehlt auch, wenn bereits ein vollstreckbarer Titel vorhanden ist. Die Problematik, ob auch ein nur gegen Sicherheitsleistung vollstreckbares Urteil den Arrestgrund entfallen lässt, hat im Arbeitsrecht wegen § 62 Abs. 1 ArbGG eine geringe Bedeutung.

51

Weiter ist ein Sicherungsbedürfnis für den Fall denkbar, dass der Titel hinsichtlich eines Individualanspruches erwirkt wurde, der in eine Geldforderung übergehen kann. Hier ist eine Sicherungszwangsvollstreckung gem. § 720a ZPO nämlich nicht möglich6.

52

Deckt der Titel nur einen Teil des zu sichernden Anspruches ab, besteht weiterhin ein Arrestgrund. Dies gilt auch dann, wenn der Titel erst noch für vollstreckbar erklärt (vgl. § 722 Abs. 1 ZPO für ausländische Titel, § 1041 Abs. 1 ZPO für Schiedssprüche) oder mit einer Vollstreckungsklausel versehen werden muss (Art. 34 Abs. 1 EuGVVO).

1 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 917 Rz. 11. 2 Grunsky in Stein/Jonas, § 917 Rz. 12; Drescher in MünchKomm/ZPO, § 917 Rz. 4. 3 BGH v. 21.3.1972 – VI ZB 110/71; Zöller/Vollkommer, § 917 Rz. 11; Grunsky in Stein/Jonas, § 917 Rz. 24. 4 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 917 Rz. 16 m.w.N. 5 Grunsky in Stein/Jonas, § 917 Rz. 22; zweifelnd jedoch OLG Köln v. 27.11.1974 – 16 U 124/74. 6 Walker, S. 161 Rz. 233.

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Der Arrestgrund bei dinglichem Arrest (§ 917 ZPO)

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Rz. 56 B

Ein Sicherungsbedürfnis besteht trotz eines Titels, wenn sich dieser auf 53 erst künftig fällig werdende Ansprüche bezieht, da in diesen Fällen keine aktuelle Vollstreckungsmöglichkeit gegeben ist. Ein Arrestgrund kann auch dann fehlen, wenn dem Schuldner sonstige 54 Verfügungsbeschränkungen auferlegt worden sind, wie etwa einem Kreditinstitut gemäß § 46 KWG1. Der Umstand, dass sich der Gläubiger bewusst auf einen unsicheren 55 Schuldner eingelassen hat, hat keine Auswirkungen auf den Arrestgrund. Ebenso wenig wie es auf ein Verschulden des Schuldners an der drohenden Vermögensverschlechterung ankommt, kann ein Mitverschulden des Gläubigers den Arrestgrund entfallen lassen. Es kommt allein auf die objektive Gefährdungslage an2. Anders ist es zu beurteilen, wenn der Gläubiger selbst die Eilbedürftigkeit widerlegt. So wurde ein Arrestantrag mit der Begründung zurückgewiesen, der Gläubiger habe nicht nur die zweimonatige Berufungsbegründungsfrist voll ausgeschöpft3, sondern auch sich auch erst im Rahmen dieser Berufungsbegründung bemüht, Rechtsschutz gegen die im Urteil erfolge Aufhebung des Pfändungsbeschlusses zu erlangen und die Hauptsache terminlos gestellt4. e) Der Arrestgrund der Auslandszwangsvollstreckung (§ 917 Abs. 2 ZPO) Ein Arrestgrund liegt gemäß dieser Vorschrift vor, wenn „das Urteil im 56 Ausland vollstreckt werden müsste“5. Die Notwendigkeit einer Auslandsvollstreckung ist ein Sonderfall des Arrestgrundes, bei dem der Gesetzgeber eine unwiderlegbare Vermutung für das Bestehen eines Arrestgrundes aufgestellt hat. Ausreichend ist daher die abstrakte Gefährdung der Vollstreckung, die Darlegung weiterer möglicher konkreter Durchsetzungsschwierigkeiten ist nicht notwendig. Der Gesetzgeber ist offenbar davon ausgegangen, dass die Vollstreckung im Ausland regelmäßig eine den Arrest rechtfertigende Erschwerung der Zwangsvollstreckung zur Folge hat und daher kein weiterer konkreter Arrestgrund gegeben sein muss. Die generell-abstrakte Annahme einer Vollstreckungsgefährdung ist regelmäßig auch tatsächlich gegeben, da die Auslandsvollstre-

1 Zöller/Vollkommer, § 917 Rz. 14. 2 Grunsky in Stein/Jonas, § 917 Rz. 5. 3 Str., vgl. einerseits LAG Rheinland-Pfalz v. 27.9.2012 – 10 SaGa 8/12; ebenso für einen „dringlichkeitsschädlichen Terminsverlegungsantrag“ OLG Hamm v. 15.3.2011 – I-4 U 200/10 und andererseits vor allem Humberg, ArbuR 2013, 299 mit ausf. Begründung; OLG Franfurt v. 27.9.2012 – 6 W 94/12 für eine zweiwöchige Beschwerdefrist; LAG Berlin-Brandenburg v. 14.3.2012 – 15 SaGa 2383/11 nur bezogen auf die Konkurrentenklage; LAG Hamm v. 6.11.2007 – 14 SaGa 39/07; Natter/Gross/Pfeiffer, ArbGG, § 66 Rz. 10. 4 LAG Berlin-Brandenburg v. 14.12.2007 – 6 SaGa 1940/07. 5 Zur Frage der Verbürgung der Gegenseitigkeit s. Zöller/Vollkommer, § 917 Rz. 16.

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B Rz. 57

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ckung trotz multilateraler Abkommen immer noch mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden ist. Überdies führt das Verfahren, etwa die Erteilung der Vollstreckungsklausel, häufig zu einer Warnung des Schuldners vor der Zwangsvollstreckung, wodurch die Effektivität gemindert wird. 57

Die Vollstreckung eines Urteils im Ausland liegt immer dann vor, wenn zur Zwangsvollstreckung ausländische Vollstreckungsorgane eingeschaltet werden müssen, seien es ausländische Gerichte oder Vollzugsorgane. Somit ist der Anwendungsbereich des § 917 Abs. 2 Satz 1 ZPO bei einer Vollstreckung in bewegliches Vermögen oder in Immobilien stets eröffnet. Streitig ist die Behandlung von Forderungen und Vermögensrechten eines im Ausland sitzenden Drittschuldners. Einerseits wird die Auffassung vertreten, dass es sich nicht um eine Auslandsvollstreckung handele, wenn ein deutscher Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gem. § 829 ZPO ergehen kann und somit die Zuständigkeit eines deutschen Vollstreckungsgerichts (§ 828 ZPO) gegeben ist1. Dagegen vertritt Thümmel2 die Auffassung, dass hier gleichwohl eine Auslandsvollstreckung vorliege, da ohne die Mitwirkung ausländischer Vollstreckungsorgane eine wirksame Pfändung und Überweisung der Forderung nicht erreicht werden könne, die zwischen Gläubiger und ausländischem Drittschuldner wirksam sei. Meines Erachtens gebietet der Zweck dieser Vorschrift, hier von einer Auslandsvollstreckung auszugehen, da die typische Gefährdungserhöhung durch Einschaltung ausländischer Behörden (Zeitverzögerung, Vorwarnung des Schuldners) eintreten kann. Eine rein formale, auf die Zuständigkeit des deutschen Vollstreckungsgerichts abstellende Betrachtungsweise wird Sinn und Zweck der Vorschrift nicht gerecht3.

58

Die Gefährdungstatbestände von § 917 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO können nebeneinander bestehen4.

59

Der Begriff des Urteils ist in § 917 Abs. 2 ZPO zunächst genauso weit wie in Abs. 1 auszulegen. Hierzu gehören also alle Titel, aus denen die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann, mithin auch Kostenfestsetzungsbeschlüsse, Schiedssprüche etc. Wie Thümmel5 zu Recht bemerkt, gibt es keinen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Auslegung des Begriffes in den beiden Absätzen der Vorschrift.

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Zusätzlich stellt sich hier die Frage, ob auch ausländische Titel einer Sicherung durch Arrest gemäß dieser Vorschrift zugänglich sind. Hier wird vielfach die Auffassung vertreten, dass nur ein inländischer Titel in Be-

1 OLG Frankfurt v. 11.11.1975 – 5 U 204/75. 2 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 37. 3 Zum Spezialproblem der Arrestierung des Akkreditiv-Auszahlungsanspruches s. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 38. 4 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 18. 5 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 20.

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Der Arrestgrund bei dinglichem Arrest (§ 917 ZPO)

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Rz. 64 B

tracht kommt1. Demnach käme ein Arrest wegen des Arrestgrundes der Auslandsvollstreckung (der Arrest hinsichtlich eines ausländischen Urteils wegen der Arrestgründe des § 917 Abs. 1 ZPO ist unstreitig möglich) nur in Betracht, wenn in der Hauptsache ein deutscher Gerichtsstand gegeben oder ein deutsches Schiedsgericht zuständig wäre. Die hierfür vorgebrachte Begründung, § 917 Abs. 2 ZPO diene dazu, die Autorität deutscher Urteile zu wahren, überzeugt hingegen nicht. Sie ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus seinem Sinn und Zweck. Dieser besteht einzig darin, den Gläubiger vor den Schwierigkeiten zu schützen, die typischerweise mit einer Auslandsvollstreckung verbunden sind. Diese bestehen aber unabhängig von der Herkunft des Titels2. Daher kann grundsätzlich jeder ausländische Titel, dessen Vollstreckbarkeit in Deutschland glaubhaft gemacht wird, einen Arrest gem. § 917 Abs. 2 ZPO rechtfertigen. Im europäischen Bereich ist dies nach Art. 33 ff. EuGVVO der Fall. Diese 61 „Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen“ v. 22.12.20003 ist zu beachten. Diese bestimmt in Art. 31: „Die in dem Recht eines Mitgliedsstaats vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind, können bei den Gerichten dieses Staates auch dann beantragt werden, wenn für die Entscheidung in der Hauptsache das Gericht eines anderen Mitgliedsstaates aufgrund dieser Verordnung zuständig ist.“ Die Schwierigkeiten der Auslandsvollstreckung können aber auch im eu- 62 ropäischen Rahmen bei der Prüfung des allgemeinen Arrestgrundes von § 917 Abs. 1 ZPO eine Rolle spielen4. Auf die Staatsangehörigkeit der Beteiligten kommt es für die Anwendbar- 63 keit von § 917 Abs. 2 ZPO nicht an. Auch ein ausländischer Gläubiger kann sich hierauf berufen, selbst wenn er im Ausland seinen Wohnsitz hat. Ein Arrest ist auch gegen einen Schuldner mit deutscher Staatsangehörigkeit zu erlassen, wenn er im Ausland Vermögen hat, in das vollstreckt werden müsste, wenn der Arrest nicht erlassen würde5. Der Gefährdungstatbestand kann auch dann vorliegen, wenn beide Beteiligten Ausländer sind6. Der Wohnsitz spielt generell für die Frage der Anwendbarkeit der Vor- 64 schrift keine Rolle. Er kann aber im Rahmen der Bestimmung des zu1 OLG München v. 2.12.1987 – 21 U 5425/87; OLG Hamburg v. 11.12.1989 – 6 W 109/89. 2 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 917 Rz. 13; Grunsky in Stein/Jonas, § 917 Rz. 17; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 25. 3 ABl L 12/01 S. 1, abgedruckt bei Thomas/Putzo, S. 1879 ff. 4 Grunsky in Stein/Jonas, § 917 Rz. 15. 5 LG Frankfurt/M. v. 2.12.1975 – 3/8 O 186/75. 6 Grunsky in Stein/Jonas, § 917 Rz. 16.

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B Rz. 65

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Materiell-rechtliche Voraussetzungen des Arrests

ständigen Arrestgerichtes bedeutsam werden1. Zu beachten ist ferner, dass ein Wohnsitz im Ausland die Vermutung begründet, dass eine Auslandsvollstreckung notwendig werden wird. Diese Vermutung ist allerdings widerlegbar. Allein durch die ausländische Staatsangehörigkeit wird kein Vermutungstatbestand geschaffen2. Eine solche Vermutung kann allerdings nicht zu Lasten eines Schuldners mit inländischem Wohnsitz wirken. Hier muss der Gläubiger Anhaltspunkte dafür vortragen, dass der Schuldner Vermögen ins Ausland verschieben will, womit auch der Anwendungsbereich des § 917 Abs. 1 ZPO eröffnet wird. Es handelt sich hier um einen Schnittbereich beider Absätze: Die Vermögensverschiebung führt zu einer nach Abs. 1 maßgeblichen Vollstreckungserschwerung, die auch den Tatbestand des § 917 Abs. 2 ZPO erfüllt. 65

Durch das SeehandelsrechtsRRG von 2013 wird den Schiffsgläubigern der Arrestzugriff auf das Schiff erleichtert3.

66

Die Verhängung des Arrestes setzt nicht voraus, dass im Inland der Vollstreckung zugängliche Vermögensbestandteile vorhanden sind. Die Erfolgsaussichten der Arrestvollstreckung dürfen ebenso wenig wie bei § 917 Abs. 1 ZPO zum Maßstab für die Rechtmäßigkeit der Verhängung des Arrestes werden4.

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Der Arrest gem. § 917 Abs. 2 ZPO wird auch grundsätzlich nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Schuldner im Inland zugriffsfähiges Vermögen besitzt. Im Gegenteil: Zweck der Regelung ist es gerade, den Zugriff auf das vorhandene Inlandsvermögen zu sichern5. Der Arrestgrund kann aber fehlen, wenn das Inlandsvermögen einen solchen Umfang hat, dass es zur Befriedigung des Gläubigers ohne weiteres ausreicht, sofern nicht die Gefahr besteht, dass das Inlandsvermögen trotz seiner Größe ins Ausland transferiert wird6. Nach Auffassung des BGH reicht es zur Verneinung der Arrestgefahr aus, dass dem Gläubiger ausreichende inländische Sicherheiten zur Verfügung stehen7. Dabei dürfte es auf die Art der potentiellen Zugriffsobjekte ankommen, insbesondere auf die Möglichkeit, sie schnell ins Ausland zu übertragen. So dürfte das Vorhandensein ausreichenden inländischen Grundbesitzes die Arrestgefahr entfallen lassen, nicht hingegen ein Vermögen in Geld oder Wertpapieren. Hier entfällt die Arrestgefahr m.E. nur in Ausnahmefällen, wie dem Vorhandensein

1 2 3 4 5

Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 27. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 34. Zöller/Vollkommer, § 917 Rz. 18 f. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 30 m.w.N. Grunsky in Stein/Jonas, § 917 Rz. 19 mit Nachweisen zur älteren Rechtsprechung. 6 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 32. 7 BGH v. 21.3.1972 – VI ZB 110/71.

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Der Arrestgrund beim persçnlichen Arrest

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Rz. 72 B

von Verfügungsbeschränkungen beim Schuldner oder dessen besonderen Interessen an einem Verbleib der Vermögenswerte im Inland1. In diesem Zusammenhang hat sich die Rechtsprechung mehrfach mit 68 den sog. Reederei-Fällen befasst, in denen fraglich war, ob der Umstand, dass der Schuldner, eine ausländische Reederei, regelmäßig deutsche Häfen anläuft, die Arrestgefahr entfallen lässt. Dies wurde meist bejaht, da ein ständig wiederkehrendes Inlandsvermögen vorhanden war2. Es ist hier auch zu beachten, dass der maßgebliche Zeitpunkt der Beur- 69 teilung nicht der des Arrestantrages ist, sondern der der durchzuführenden Zwangsvollstreckung nach Erwirkung eines Titels3. Die maßgebliche Fragestellung lautet also, ob die Gefahr besteht, dass der Schuldner während der Dauer des Hauptsacheverfahrens inländische Vermögensteile ins Ausland schafft, so dass eine Auslandsvollstreckung notwendig würde. Wird der Arrest verhängt, so umfasst er auch das im Ausland befindliche 70 Vermögen4. Der Gläubiger kann also auch hierauf zugreifen, muss aber dabei in aller Regel im Ausland ein Verfahren nach dortigem Recht einleiten, von dem der Schuldner Kenntnis erlangt. Dadurch geht der Überraschungseffekt verloren, und die Vollstreckung wird weniger erfolgversprechend. f) Verhältnis von § 917 ZPO zur einstweiligen Verfügung Die Vorschriften der §§ 935, 940 ZPO stellen Spezialregelungen für den 71 Bereich der einstweiligen Verfügung dar und sind daher in diesem Bereich vorrangig anzuwenden. Der Rechtsgedanke des § 917 ZPO kann aber auch auf § 935 ZPO angewandt werden, insbesondere der des § 917 Abs. 2 ZPO5. Dieser Auffassung ist zuzustimmen, da bei der Vollstreckung einer einstweiligen Verfügung im Ausland die gleichen Schwierigkeiten bestehen wie bei der Arrestvollstreckung.

V. Der Arrestgrund beim persönlichen Arrest Der persönliche Arrest ist das schärfste Mittel der Sicherung einer Forde- 72 rung. Er stellt daher gegenüber dem im Regelfall zu verhängenden dinglichen Arrest die zu begründende Ausnahme dar6 und darf nur dann zur Anwendung gelangen, wenn zur Überzeugung des Gerichts feststeht, 1 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 36. 2 OLG Hamburg v. 12.2.1981 – 6 U 150/80; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 34 jeweils m.w.N. 3 So in der 2. Aufl. Heinze in MünchKomm/ZPO, § 917 Rz. 12. 4 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 917 Rz. 31. 5 Walker in Schuschke/Walker, § 917 Rz. 9; Grunsky in Stein/Jonas, § 936 Rz. 2. 6 Vgl. zur Subsidiarität OLG München v. 19.10.1987 – 5 W 2977/87.

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B Rz. 73

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Materiell-rechtliche Voraussetzungen des Arrests

dass andere Sicherungsmittel für den Gläubiger in der konkreten Situation nicht ausreichend sind. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf C Rz. 117 ff. verwiesen. 73

Übersicht: Arrestgrund Arrestgrund – Muss zum Arrestanspruch hinzukommen; – ist Begründetheitsvoraussetzung (streitig); – Glaubhaftmachung bei Sicherheitsleistung nicht erforderlich; – Funktion: Sicherung der Zwangsvollstreckung aus einem künftigen „Urteil“ (Urteil = jedwede vollstreckungsfähige Entscheidung, auch Kostenfestsetzungsbeschlüsse, Schiedssprüche etc.). Gefährdungstatbestände – Objektive Maßstäbe bei der Festlegung; – Vermögensverschlechterung muss unmittelbar bevorstehen; – Verhalten des Schuldners; – „klassischer“ Arrestgrund: doloses Verhalten, Beiseiteschaffen von Vermögen, Verdunkelung, Verschleuderung, häufiger Aufenthaltswechsel. Schuldner muss aber nicht vorsätzlich oder rechtswidrig handeln, auch Vertragsverstoss ist nicht nötig, objektive Gefährdung reicht. – Kein Arrestgrund: unverändert schlechte Vermögenslage; – Verhalten Dritter kann Arrestgefahr ebenfalls begründen, etwa bei Boykott, Streik, nicht aber Gläubigerkonkurrenz (h.M.). – Objektive Umstände (Naturkatastrophen, Feuer, Krankheit des Schuldners können Arrestgrund bilden). Ausschluss der Arrestgefahr – Anderweitige, gleichwertige Sicherheiten, auch im Ausland; maßgeblich ist wirtschaftlicher Wert; – vollstreckbare Titel über die gesamte Forderung, auch wenn Gläubiger eine notwendige Sicherheitsleistung nicht möglich ist (Sicherungsvollstreckung gem. § 720a ZPO möglich); aber: Arrestgrund gegeben bei Titel über erst später fällige Forderung – Insolvenzverfahren: lässt erwirkten Arrest unberührt, bei Vorhandensein von Verfügungsbeschränkungen aber kein Arrestgrund für danach beantragten Arrest, kein Ausschluss bei fehlender Erfolgsaussicht des Arrestvollzuges oder wenn sich der Gläubiger von vornherein auf einen unsicheren Schuldner eingelassen hat. Auslandsvollstreckung (Abs. 2) – Unwiderlegbare Vermutung der wesentlichen Vollstreckungserschwerung; – liegt vor, wenn ausländische Vollstreckungsorgane eingeschaltet werden müssen, streitig bei ausländischem Drittschuldner; – auch ausländische Titel arrestfähig (streitig); – Abs. 2 unanwendbar, wenn Vollstreckung in EuGVVO-Mitgliedsstaat nötig;

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Der Arrestgrund beim persçnlichen Arrest

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Rz. 73 B

– Staatsangehörigkeit unerheblich; – ausländischer Wohnsitz begründet Vermutung der Notwendigkeit einer Auslandsvollstreckung; – Inlandsvermögen wird weder vorausgesetzt, noch schadet es; Ausnahme: Inlandsvermögen reicht zur Deckung aus und kann nicht ohne weiteres ins Ausland verbracht werden; – Arrest umfasst auch Auslandsvermögen.

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C. Das Arrestverfahren Literatur: Clemenz, Das Arrestverfahren im Arbeitsrecht, NZA 2007, 64; Maurer, Verjährungshemmung durch vorläufigen Rechtsschutz, GRUR 2003, 208; Straube, Der Zugriff des Arbeitgebers auf Schmiergeld, DB 2008, 1744; Schwerdtner, Zur Dogmatik des Arrestprozesses, NJW 1970, 222.

I. Erkenntnisverfahren 1

Das Arrestverfahren wird durch einen Antrag, in § 920 ZPO „Gesuch“ genannt, eingeleitet. Die darin aufgeführten Erfordernisse ergänzen die einer Klageschrift (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO)1. Entgegen dem insoweit missverständlichen Wortlaut handelt es sich nicht um eine Sollvorschrift. Die darin aufgestellten Erfordernisse bezeichnen vielmehr den Mindestinhalt eines Arrestantrages2. Das Gericht ist allerdings entsprechend § 139 ZPO verpflichtet, den Antragsteller auf behebbare Mängel seines Antrages hinzuweisen, sofern dem Antrag nach einer entsprechenden Korrektur stattgegeben werden kann. Diese Verpflichtung ist von besonderer Bedeutung, wenn auf eine mündliche Verhandlung verzichtet wird. Das Gericht muss aber nicht auf behebbare Mängel aufmerksam machen, wenn der Antrag ohnehin aus anderen, nicht änderbaren Gründen der Abweisung unterliegen muss. 1. Zuständigkeit

2

Für die Verhängung des Arrestes sind im Zivilverfahren grundsätzlich sowohl das Gericht der Hauptsache als auch das AG, in dessen Bezirk der mit Arrest zu belegende Gegenstand oder die in ihrer persönlichen Freiheit zu beschränkende Person sich befindet, zuständig. Dabei handelt es sich zum einen um eine wahlweise Zuständigkeit, zum anderen um eine ausschließliche Zuständigkeit i.S.v. § 802 ZPO3. Sofern der Gläubiger sein Wahlrecht nach § 35 ZPO ausgeübt hat, ist das angerufene Gericht als Arrestgericht für die entsprechenden Maßnahmen zuständig. Es bleibt auch für das Widerspruchs- und Aufhebungsverfahren gem. §§ 925 bis 927 ZPO zuständig. Eine Ausnahme besteht nur für § 927 Abs. 2 ZPO, der die Aufhebung des Arrestes wegen veränderter Umstände in die Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache verweist, sofern diese bereits anhängig ist. Die Zuständigkeit besteht auch fort für die Pfändung von Forderungen und anderen Rechten sowie für die Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel.

1 Vgl. OLG Frankfurt v. 14.1.1992 – 5 U 190/91. 2 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 920 Rz. 1 m.w.N. 3 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 919 Rz. 2; vgl. OLG Frankfurt v. 10.11.1987 – 1 UFH 22/87.

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Erkenntnisverfahren

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Rz. 6 C

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren besteht seit der Änderung des GVG 3 und des ArbGG durch das 4. VwGO-Änderungsgesetz mit Wirkung zum 1.1.1991 die Wahlzuständigkeit des AG gem. § 919 ZPO und dessen Notzuständigkeit gem. § 942 ZPO nicht mehr. Das Verhältnis zwischen Arbeitsgerichtsbarkeit und Zivilgerichtsbarkeit ist nicht mehr eine Frage der sachlichen Zuständigkeit, sondern der Rechtswegzuständigkeit, mit der zwingenden Konsequenz, dass die Wahlzuständigkeit des AG für arbeitsrechtliche Streitigkeiten bei § 919 ZPO und die Notzuständigkeit bei § 942 ZPO nicht mehr bestehen1. Die Änderung von GVG und ArbGG zwingt zu der Annahme, dass Arbeitsgerichtsbarkeit und Zivilgerichtsbarkeit nun zwei unterschiedliche Rechtswege darstellen2. Dies führt ebenso zwingend zu der Annahme, dass die Wahl- oder Notzuständigkeit für arbeitsrechtliche Streitigkeiten entfallen ist. Die §§ 919, 942 ZPO sagen nichts über die Rechtswegzuständigkeit aus, sondern nur über die örtliche Zuständigkeit. Überdies ist § 17a Abs. 2 GVG (Verweisung von Amts wegen) als Spezialnorm gegenüber § 62 Abs. 2 ArbGG anzusehen. Um gleichwohl einen effektiven vorläufigen Rechtsschutz auch im Ar- 4 beitsrecht zu gewährleisten, sollte man entsprechend einem Vorschlag von Walker3 die §§ 919, 942 ZPO in diesem Bereich dahin auslegen, dass unter Beseitigung der Wahlzuständigkeit statt der Notzuständigkeit des AG der belegenen Sache die des ArbG der belegenen Sache tritt. Dies wahrt die Rechtswegzuständigkeit und damit den gesetzlichen Richter, ohne dass der Beschleunigungszweck in rechtserheblicher Weise beeinträchtigt wird. Zwar wird das ArbG der Hauptsache vielfach identisch sein mit dem ArbG der belegenen Sache; in den Fällen, in denen der Rechtsstreit bereits beim LAG anhängig ist, führt dies jedoch oft zu einer merklichen Beschleunigung, da die LAG häufig örtlich weit entfernt vom zuständigen ArbG liegen. Die ArbG müssten dann allerdings auch einen entsprechenden Notdienst einrichten, um eine den Intentionen der §§ 919, 942 ZPO entsprechende Rechtsschutzgewährung zu bieten. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zuständigkeit ist der der 5 Antragstellung. Wird das Zugriffsobjekt nach Antragstellung aus dem Zuständigkeitsbereich des angegangenen ArbG entfernt, bleibt dessen Zuständigkeit bestehen4. 2. Mindestinhalt des Arrestgesuches Das Arrestgesuch muss enthalten: Die Bezeichnung der Parteien sowie 6 den Antrag mit der Angabe der Form des vorläufigen Rechtsschutzes, die 1 Walker in Schuschke/Walker, § 942 Rz. 18; GMP/Germelmann, § 62 Rz. 81; a.A. LG Fulda v. 18.8.1995 – 1 S 90/95; Grunsky in Stein/Jonas, § 919 Rz. 17; Schäfer, Rz. 53; Düwell/Lipke/Dreher, ArbGG, § 62 Rz. 49. 2 So auch BAG v. 26.3.1992 – 2 AZR 443/91 – und v. 1.7.1992 – 5 AS 4/92. 3 Walker in Schuschke/Walker, § 942 Rz. 18. 4 Dreher in MünchKomm/ZPO, § 919 Rz. 11.

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C Rz. 7

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Das Arrestverfahren

begehrt wird (Arrest oder einstweilige Verfügung) und den zugrunde liegenden Anspruch nach Grund und Höhe. a) Bezeichnung der Parteien 7

Neben der präzisen Bezeichnung des Antragstellers einschließlich etwaiger Vertretungsverhältnisse und der ladungsfähigen Anschrift1 muss der Antragsgegner in derselben Weise bezeichnet werden. Dies bereitet in der Regel keine Probleme. In Einzelfällen, etwa bei Werksbesetzungen und dabei entstehenden Schadensersatzansprüchen, kann u.U. auf die Rechtsprechung der Zivilgerichte zu Räumungsverfügungen gegenüber Hausbesetzern zurückgegriffen werden, die teilweise eine Räumungsverfügung gegen die unbekannten Besetzer eines bestimmten Hauses zulässt2. Dabei ist Voraussetzung einer hinreichenden Identifizierung der mit Arrest zu belegenden Personen, dass eine klare Abgrenzung vorgenommen werden kann und der Vollzug vorgenommen wird, bevor Veränderungen eintreten. Die Problematik wird sich allerdings im Arrestverfahren weit weniger stellen als im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. b) Antrag aa) Inhalt

8

Die Voraussetzungen eines hinreichend bestimmten Antrages i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind im Verhältnis zur Klageschrift relativ gering. Es muss aus dem Antrag hervorgehen, welche Form vorläufigen Rechtsschutzes begehrt wird, also ob Arrest oder einstweilige Verfügung. Erforderlichenfalls ist dies auch durch Auslegung zu ermitteln. Ist der Antrag auch keiner Auslegung zugänglich und äußert sich der Antragsteller auf eine gem. § 139 ZPO erforderliche Anfrage des Gerichts nicht, muss der Antrag als unzulässig abgewiesen werden. Eine Differenzierung in persönlichen und dinglichen Arrest ist grundsätzlich ebenfalls erforderlich. Sofern keine weiteren Angaben erfolgen, wird der Antrag aber als auf den dinglichen Arrest gerichtet ausgelegt. Nur wenn ein persönlicher Arrest gewollt ist, muss dies aus dem Antrag hinreichend deutlich werden. Unter Umständen kann sich ein solcher Wille des Antragstellers bereits daraus ergeben, dass er die Erfüllung der Voraussetzungen des persönlichen Arrestes umfänglich darlegt, aber eine ausdrückliche entsprechende Antragstellung unterlässt3. Auf einen solchen Antrag hin kann jedenfalls nicht ohne weiteres (nur) ein dinglicher Arrest erlassen werden. Wegen der Überraschungswirkung auch und gerade des persönlichen Arrestes 1 Vgl. hierzu OLG Frankfurt v. 14.1.1992 – 5 U 190/91. 2 Vgl. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 920 Rz. 1, 2; LG Kassel v. 9.7.1990 – 2 T 81/90; Walker in Schuschke/Walker, § 920 Rz. 13; differenzierend LG Krefeld v. 30.7.1981 – 5 O 303/81; a.A. OLG Köln v. 18.8.1981 – 3 W 24/81; s. weiter Raeschke-Kessler, NJW 1981, 663; Lisker, NJW 1982, 1136. 3 Vgl. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 920 Rz. 6.

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Erkenntnisverfahren

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Rz. 13 C

ist zumindest vorher beim Antragsteller nachzufragen, worauf der Arrestantrag gerichtet ist (arg § 139 ZPO). Zur Art des Personalarrestes braucht sich der Antragsteller jedoch nicht zu äußern, da diese in das Ermessen des Gerichts gestellt ist. Es ist ihm jedoch unbenommen, diesbezügliche Anregungen zu geben. Der Antrag auf dinglichen Arrest braucht nicht den Arrestgegenstand zu 9 bezeichnen, in dem der Arrest vollzogen werden soll. Der Arrest ist nicht auf bestimmte Vermögensgegenstände beschränkt, sondern umfasst grundsätzlich das gesamte Vermögen des Schuldners. Hiervon ist auch das Auslandsvermögen betroffen (vgl. B Rz. 70). Eine Beschränkung der Arrestgegenstände im Antrag führt aber nicht zu 10 seiner Unzulässigkeit. Das Gericht ist an eine solche Beschränkung jedoch nicht gebunden. Es kann also gleichwohl den Arrest in das gesamte Vermögen des Schuldners anordnen. Der Gläubiger hat allerdings die Möglichkeit, die von ihm gewünschte Beschränkung des Arrestes im Rahmen des Arrestvollzuges durchzusetzen1. Hier sind sowohl Arrestgericht als auch Gerichtsvollzieher gebunden. Auch wenn die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts mit der Belegen- 11 heit des Arrestgegenstandes begründet wird (§ 919 Alt. 1 ZPO), bedarf es nicht seiner Bezeichnung im Antrag. Ausreichend, aber auch notwendig ist die Benennung in der Antragsbegründung. Die Vollstreckung eines solchen Arrestbefehls kann aber nicht nur in die die Zuständigkeit begründenden Arrestgegenstände erfolgen, sondern in das gesamte Vermögen (s. C Rz. 62 ff.). Der Anspruch muss unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes 12 geltend gemacht werden. Fehlt diese Angabe, ist das Gesuch als unzulässig zurückzuweisen, da dieser Mangel nicht gem. § 921 ZPO heilbar ist2. Allerdings muss das Gericht zunächst auf das Versäumnis hinweisen und Gelegenheit zur Nachbesserung geben. bb) Form Gemäß § 920 Abs. 3 ZPO kann der Antrag sowohl schriftlich als auch zu 13 Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Hierbei besteht im arbeitsgerichtlichen Verfahren auch dann kein Anwaltszwang, wenn die Hauptsache bereits beim LAG anhängig ist und der Arrestantrag im Rahmen dieses Verfahrens gestellt wird. Wird auf eine Beschwerde gegen den Arrestbefehl Widerspruch eingelegt, besteht aber für die mündliche Verhandlung wieder Anwaltszwang3.

1 Walker, S. 109, Rz. 150. 2 Vgl. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 920 Rz. 5. 3 Zöller/Vollkommer, § 920 Rz. 7.

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C Rz. 14 14

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Das Arrestverfahren

Ebenfalls ohne Anwaltszwang kann der Antrag auf Pfändung von Forderungen und anderen Rechten bereits zusammen mit dem Arrestantrag gestellt werden. Hierbei ist insbesondere in gebührenrechtlicher Hinsicht zu beachten, dass es sich rechtlich um zwei verschiedene Anträge handelt, und zwar auf Anordnung des Arrestes einerseits und dessen Vollziehung andererseits1. 3. Glaubhaftmachung a) Gegenstand der Glaubhaftmachung

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Gemäß § 920 Abs. 2 ZPO sind der Anspruch und der Arrestgrund glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die Tatsachen, die der Begründung von Anspruch und Grund dienen. Ausgenommen hiervon sind die Tatsachen, die keines Beweises und daher auch keiner Glaubhaftmachung bedürfen, nämlich offenkundige, gesetzlich vermutete und dem Gericht durch eigene Sachkunde bekannte Tatsachen2. Grundsätzlich gilt dies auch für unstreitige Tatsachen. Jedoch ist hier wiederum zu beachten, dass das Arrestverfahren möglicherweise einseitig bleibt. Eine Tatsache kann aber erst unstreitig werden, wenn der Gegner Gelegenheit zur Erwiderung gehabt hat. Daher empfiehlt sich die Glaubhaftmachung auch solcher Tatsachen, die voraussichtlich nicht bestritten werden.

16

Aus dem Umstand, dass die Glaubhaftmachung eine Privilegierung des Antragstellers gegenüber dem Vollbeweis darstellt, folgt, dass auch die Prozessvoraussetzungen nur glaubhaft gemacht und nicht bewiesen werden müssen. Etwas anderes ließe sich auch nicht mit dem Charakter des Eilverfahrens vereinbaren3.

17

Grundsätzlich keiner Glaubhaftmachung bedarf der Inhalt ausländischen Rechts, da es an einer entsprechenden Darlegungslast fehlt. Vielmehr ist dies von Amts wegen seitens des Gerichts zu ermitteln (zu den Einzelheiten s.o. B Rz. 15).

18

Bringt der Gläubiger eine Sicherheitsleistung gem. § 921 Abs. Satz 1 ZPO, vermindern sich die Anforderungen an die Glaubhaftmachung. Auf eine Glaubhaftmachung des Arrestgrundes kann sogar ganz verzichtet werden, wenn der Arrestanspruch hinreichend glaubhaft gemacht und Sicherheit angeboten worden ist. Es ist aber zu beachten, dass nur auf das Erfordernis der Glaubhaftmachung verzichtet werden kann, nicht hingegen darauf, dass der Antragsteller den Arrestgrund hinreichend substantiiert darlegt4.

1 2 3 4

Grunsky in Stein/Jonas, § 920 Rz. 17. Wieczorek/Schütze/Thümmel, Rz. 8. Allg. M., s. nur Wieczorek/Schütze/Thümmel, Rz. 11. Grunsky in Stein/Jonas, § 917 Rz. 3.

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Erkenntnisverfahren

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Rz. 21 C

b) Grad der Glaubhaftmachung Das Gesetz trifft keine Aussagen über den Grad der Überzeugung, den 19 die Glaubhaftmachung dem Gericht vermitteln muss. § 294 ZPO als die einzige Vorschrift, die sich mit dem Thema befasst, nennt lediglich die Mittel der Glaubhaftmachung (dazu unten C Rz. 26). Es ist aber eindeutig, dass die Glaubhaftmachung dem Gericht einen geringeren Grad von Gewissheit zu vermitteln hat als der Beweis, bei dem die maßgeblichen Tatsachen zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) feststehen müssen1. Dieser Rest von Zweifeln darf bei der Glaubhaftmachung größer sein als beim Beweis. Vielfach wird davon gesprochen, dass die „überwiegende Wahrscheinlichkeit“2 ausreiche, ohne dass diese Formel einen Erkenntnisgewinn brächte. Eine generalisierende, für alle Fälle gültige Formel dürfte auch nicht zu gewinnen sein. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalles für die Frage maßgeblich, ob die Überzeugung des Gerichts ausreichend ist, um den Arrestbefehl zu erlassen. Dabei ist zu beachten, dass im Arrestverfahren eine Abwägung zwischen dem Sicherungsinteresse des Gläubigers und dem Interesse des Schuldners, von einem möglicherweise unberechtigten und in den wirtschaftlichen Konsequenzen harten Arrest verschont zu bleiben, stattzufinden hat. Der Überzeugungsgrad kann also nicht generell-abstrakt definiert werden, sondern ist abhängig von der Frage, wie stark die Gläubigerinteressen durch eine Verweigerung des Arrestes und wie stark die Schuldnerinteressen durch die Verhängung des Arrestes beeinträchtigt werden. Diese Art der Interessenabwägung ist auch in § 921 Abs. ZPO angelegt, der das Verhängen des Arrestes auch ohne Glaubhaftmachung zulässt, sofern Sicherheit geleistet wird. § 921 ZPO lässt auch bei erfolgter Glaubhaftmachung die Sicherheitsleistung zu. Hier kann das Gericht sich also mit einem geringeren Grad von Wahrscheinlichkeit begnügen, wenn sichergestellt ist, dass ein dem Schuldner durch einen unberechtigten Arrest entstehender Schaden ersetzt wird3. Die Möglichkeit der Anordnung einer Sicherheitsleistung gem. § 921 20 ZPO ist stets in die Interessenabwägung mit einzubeziehen. Hierauf sollte ggf. schon im Antragsschriftsatz hingewiesen werden. Dabei ist die herkömmliche Ansicht, an die Glaubhaftmachung des Ar- 21 restgrundes seien weniger strenge Anforderungen zu stellen als an die des Arrestanspruches4, nicht überzeugend. In beiden Fällen ist die Gefährdung der beiderseitigen Parteiinteressen maßgeblich5. Dennoch ist 1 „Ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit“, BGH v. 14.1.1993 – IX ZR 238/91; „ein so hoher Grad von Gewissheit, dass er den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen“, BGH v. 14.12.1993 – VI ZR 221/92. 2 BGH v. 5.5.1976 – IV ZB 49/75; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 920 Rz. 14 m.w.N. 3 Vgl. Zöller/Vollkommer, § 921 Rz. 2 m.w.N. 4 Grunsky in Stein/Jonas, § 920 Rz. 8. 5 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 920 Rz. 17.

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C Rz. 22

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Das Arrestverfahren

bei der Glaubhaftmachung zwischen der des Arrestanspruches und der des Arrestgrundes zu differenzieren. c) Glaubhaftmachung des Arrestanspruches 22

Hierzu kann auf die Akten des Hauptsacheverfahrens verwiesen werden, sofern dieses bereits anhängig ist. Dabei können nicht nur die in diesen Akten befindlichen Schriftsätze und Dokumente herangezogen werden, sondern auch ein den Anspruch feststellendes Urteil, selbst wenn es noch nicht rechtskräftig ist. Auch ein ausländisches Urteil ist zur Glaubhaftmachung geeignet, selbst wenn seine Anerkennung gem. § 328 ZPO ausgeschlossen ist1. Wenn die Hauptsacheklage – noch nicht rechtskräftig – abgewiesen wurde, so bedarf es einer besonders intensiven, an den Vollbeweis heranreichenden Glaubhaftmachung, um eine entsprechende Überzeugungsbildung des Gerichts herbeizuführen2. Eine rechtskräftige Abweisung der Hauptsacheklage steht dem Erlass des Arrestbefehls zwingend entgegen3.

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Der an die Glaubhaftmachung des Antragstellers anzulegende Maßstab wird u.U. auch durch die seitens des Antragsgegners erfolgte Glaubhaftmachung beeinflusst. Je stärker diese ist, desto strengere Anforderungen sind an die Glaubhaftmachung des Gläubigers zu stellen, ähnlich wie bei der Substantiiertheit des Bestreitens i.S.v. § 138 ZPO. Erbringt der Schuldner den Vollbeweis für seine Einwendungen, muss auch der Gläubiger diesen antreten4. d) Glaubhaftmachung des Arrestgrundes

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Der Antragsteller muss die Tatsachen glaubhaft machen, die eine Gefährdung des Anspruches bei Abwarten auf den Abschluss des Hauptsacheverfahrens wahrscheinlich machen. Die vorgetragenen Tatsachen müssen also zunächst eine Gefährdung des Arrestanspruches überhaupt möglich erscheinen lassen. Je geringer die Wahrscheinlichkeit des Bestehens des Anspruches ist, umso höher muss die Glaubhaftmachung hinsichtlich seiner Gefährdung sein5. Es ist nicht gerechtfertigt, die Anforderungen an den Arrestgrund geringer anzusetzen als beim Arrestanspruch6. Als hinreichenden Arrestgrund vermutet § 917 Abs. 2 Satz 1 ZPO den Umstand, dass das Urteil im Ausland vollstreckt werden müsste und Satz 2 die Vollstreckung in ein Schiff.

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Grunsky in Stein/Jonas, § 920 Rz. 8. OLG Köln v. 25.3.1981 – 2 U 3/81. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 920 Rz. 16. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 920 Rz. 14. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 920 ZPO Rz. 6. A.A. Grunsky in Stein/Jonas, § 920 Rz. 8.

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Erkenntnisverfahren

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Rz. 28 C

e) Verteilung der „Beweislast“ Die Verteilung der Verpflichtung, Tatsachenbehauptungen glaubhaft zu 25 machen, richtet sich grundsätzlich nach der Darlegungslast und ist jedenfalls dann nicht anders als im Hauptsacheverfahren zu beurteilen, wenn der Schuldner Gelegenheit hatte, zum Arrestantrag Stellung zu nehmen (s. oben C Rz. 22). Ansonsten muss der Antragsteller auch das Nichtvorliegen möglicher, nicht völlig fern liegender Einwendungen glaubhaft machen1. f) Mittel der Glaubhaftmachung Das in der Praxis bedeutsamste Mittel der Glaubhaftmachung ist die Ver- 26 sicherung an Eides statt. Diese kann auch per Telefax abgegeben werden2. Ob der eidesstattlichen Versicherung der Partei selbst ein grundsätzlich geringerer Überzeugungswert innewohnt als der eines Dritten, ist streitig3. Letztlich kommt es auch insofern immer auf den Einzelfall an. Auch der Dritte kann ein Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens haben, das zu erkennen das Gericht nicht vermag. Allerdings kann die eidesstattliche Versicherung der Partei dann nicht ausreichend sein, wenn die Gegenseite den Vollbeweis antritt. Der Vollbeweis ist auch im Arrestverfahren zulässig, jedoch muss er mit 27 präsenten Beweismitteln i.S.v. § 294 Abs. 2 ZPO geführt werden. Urkunden müssen im Original vorgelegt, Zeugen gestellt und Sachverständigengutachten eingereicht werden. Der Umstand, dass der Sachverständige dann nicht vom Gericht, sondern von der jeweiligen Partei ausgewählt und beauftragt wurde, begründet kein Ablehnungsgesuch4. Auch die sog. „anwaltliche Versicherung“ ist ein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung. 4. Wirkung des Arrestantrages Die Rechtshängigkeit des Gesuches tritt schon mit der Einreichung bei 28 Gericht ein und nicht, wie bei Klageschriften, erst mit der Zustellung5. Dies ergibt sich zwingend daraus, dass das Arrestverfahren einseitig bleiben kann und sogar die Vollstreckung vor der Zustellung des Antrages möglich ist. Um die in § 261 Abs. 3 ZPO festgelegten Wirkungen der Rechtshängigkeit eintreten zu lassen, sind daher andere Voraussetzungen an die Rechtshängigkeit zu stellen.

1 Vgl. im Einzelnen Walker in Schuschke/Walker, § 920 Rz. 22. 2 BayObLG v. 23.2.1995 – 5St RR 79/94 – zur bejahten Strafbarkeit einer per Fax übermittelten eidesstattlichen Versicherung. 3 Wieczorek/Schütze/Thümmel, Rz. 15 m.w.N. 4 OLG Nürnberg v. 14.12.1977 – 3 W 112/77. 5 Allg. M., s. nur Drescher in MünchKomm/ZPO, § 920 Rz. 8 m.w.N.

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C Rz. 29 29

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Das Arrestverfahren

Im Einzelnen bewirkt daher schon die Anbringung des Arrestgesuches Folgendes: – Die Einrede der Rechtshängigkeit wird gegenüber Arrestanträgen, die bei anderen Gerichten angebracht wurden, begründet. – Die einmal begründete Zuständigkeit des Arrestgerichts wird nicht mehr berührt, wenn Veränderungen eintreten. Solche Veränderung kann beispielsweise das Entfernen der die Zuständigkeit gem. § 919 Alt. 1 ZPO begründenden Arrestgegenstände aus dem Zuständigkeitsbereich sein (§ 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO).

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Die Anbringung des Arrestgesuches führt aber nicht dazu, dass auch die Hauptsache anhängig oder gar rechtshängig wäre.

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Es tritt jedoch eine Hemmung der Verjährung hinsichtlich des Arrestanspruches ein (§ 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB). Nach früherem Recht war hierzu die Erhebung der Hauptsacheklage notwendig oder der Antrag auf Vornahme von Vollstreckungshandlungen aus dem erlassenen Arrestbefehl1. Die Hemmung tritt mit der Zustellung des Antrags ein. § 167 ZPO (Rückwirkung bei demnächst erfolgender Zustellung) findet Anwendung2. Wenn es wegen §§ 922, 937 Abs. 2 ZPO nicht zur Zustellung des Antrags kommt, tritt die Hemmungswirkung ab dessen Einreichung bei Gericht ein, wenn der Beschluss innerhalb eines Monats nach Verlautbarung an den Schuldner zugestellt wird3.

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Nach dieser Änderung der Rechtslage dürfte der Arrestantrag auch die zweite Stufe einer tariflichen oder vertraglichen Ausschlussfrist wahren, denn dies gebietet die Einheit der Rechtsordnung. Für die erste Stufe reicht dies nach wie vor nicht aus. Die Geltendmachung ist somit nur erfolgt, wenn der Arrestantrag innerhalb der Frist der ersten Stufe zugestellt worden ist.

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Beraterhinweis: Nach wie vor ist es also ratsam, ein separates Geltendmachungsschreiben nachweisbar innerhalb der Frist der ersten Stufe zuzustellen. 5. Änderung des Arrestantrages

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Eine Änderung des Arrestgesuches ist nur unter den Voraussetzungen der §§ 263, 264 ZPO möglich4.

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Zur alten Rechtslage BGH v. 18.1.1985 – V ZR 233/83. Zöller/Vollkommer, vor § 916 Rz. 5a. S. hierzu im Einzelnen Maurer, GRUR 2003, 208. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 920 Rz. 9.

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Rz. 37 C

6. Übergang in das Hauptsacheverfahren Ein Übergang vom Arrestverfahren in das Hauptsacheverfahren ist nicht 35 möglich, auch nicht unter den Voraussetzungen der §§ 263, 264 ZPO. Das Arrestverfahren ist eine gänzlich andere Verfahrensart, die überdies ein ganz anderes Rechtsschutzziel, nämlich die Sicherung und nicht die Befriedigung hat1. 7. Übergang in das Verfügungsverfahren Ein Übergang vom Arrest- zum Verfügungsverfahren ist jederzeit zuläs- 36 sig. Es müssen jedoch die Voraussetzungen vorliegen, unter denen eine Klageänderung zulässig wäre2. Diese ist in aller Regel sachdienlich, weil ein neues Verfahren vermieden wird. 8. Rücknahme a) Zulässigkeit Die Rücknahme des Arrestantrages ist jederzeit zulässig, auch ohne Zu- 37 stimmung des Schuldners3. Selbst nach einer mündlichen Verhandlung bedarf es der Zustimmung entgegen § 269 Abs. 1 ZPO nicht. Dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren und hat seine Begründung darin, dass der Gläubiger ohnehin im Arrestverfahren im Gegensatz zum Hauptsacheverfahren wegen der fehlenden materiellen Rechtskraftwirkung des Arrestbefehls keine abschließende Klärung hinsichtlich der dem Arrestantrag zugrunde liegenden Forderung herbeiführen kann. Auch hinsichtlich des Arrestes selbst ist es nicht notwendig, den Gläubiger vor einer gegen seinen Willen erfolgenden Rücknahme zu schützen, da er den Antrag nach Abweisung jedenfalls wiederholen kann, wenn neue Tatsachen hinzutreten oder ihm bekannt werden. Eine bedingte Rücknahme des Antrags für den Fall der Anordnung einer mündlichen Verhandlung ist m.E. zulässig, da es sich um eine innerprozessuale Bedingung handelt4. Man kann auch den Antrag persönlich zum Gericht bringen und ihn zurücknehmen, wenn ihm nicht sogleich entsprochen wird. Beraterhinweis: Der Arrestantrag kann den Antragsgegner warnen und veranlassen, die Vermögensverschiebungen vor einem Termin zur mündlichen Verhandlung vorzunehmen. Wenn diese Besorgnis besteht, sollte man erwägen, schon in der Antragsschrift die Rücknahme des Antrages für den Fall zu erklären, dass eine mündliche Verhandlung anberaumt wird. Dies ist als innerprozessuale Bedingung auch zulässig5. 1 2 3 4 5

H.M., s. nur Zöller/Vollkommer, § 920 Rz. 14 m.w.N. A.A. Zöller/Vollkommer, § 920 Rz. 14 „stets zulässig“. Allg. M., s. nur Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 920 Rz. 8 m.w.N. So auch Walker, S. 202, Rz. 299 ff. m.w.N. auch der Gegenauffassung. Walker, S. 202, Rz. 299 ff.

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C Rz. 38 38

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Das Arrestverfahren

Für die Rücknahme besteht Anwaltszwang, wenn der Antrag beim LAG angebracht und bereits ein Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt oder Widerspruch eingelegt worden war. b) Rechtsfolgen

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Die Rechtsfolgen der Rücknahme eines Arrestgesuches entsprechen denen bei einer Klagerücknahme und ergeben sich aus § 269 Abs. 3 ZPO. Ein bereits ergangener Arrestbefehl wird unwirksam, ohne dass es einer formellen Aufhebung bedarf1. Diese Rechtsfolge ist auf Antrag des Schuldners auch auszusprechen (§ 269 Abs. 3 ZPO analog). Dem Antragsteller sind die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger, ohne dass ihm der Arrestantrag zugestellt worden wäre, nur zufällig davon erfahren und daraufhin Kosten für die Verteidigung gehabt hat. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten für eine Schutzschrift wird hingegen verneint, da es an der Kausalität fehlt2. Entsprechendes gilt für die Erledigung der Hauptsache im Arrestverfahren. 9. Rechtsmittel

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Da die Rechtsmittel bei Arrest und einstweiliger Verfügung identisch sind (§ 936 ZPO), wird hier nur eine Übersicht gegeben und wegen der Einzelheiten auf die Ausführungen zum Verfügungsverfahren (E Rz. 1 ff.) verwiesen.

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Übersicht: Rechtsbehelfe und Rechtsmittel Arrest Entscheidung ohne mündliche Verhandlung 1. Zurückweisung des Arrestgesuchs Sofortige Beschwerde gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, es sei denn, LAG ist als Berufungsgericht der Hauptsache zuständig; – Entscheidungsmöglichkeiten des ArbG: a) Abhilfe, d.h. Erlass des Arrestbefehls, § 572 Abs. 1 ZPO; b) Vorlage an das Berufungsgericht binnen einer Woche. – Entscheidungsmöglichkeiten des LAG: a) Stattgabe, d.h. Erlass des Arrestbefehls ohne mündliche Verhandlung; dagegen Widerspruch des Schuldners gem. § 924 ZPO; b) Zurückweisung; keine weiteren Rechtsmittel, es sei denn, Beschwerdeführer macht neuen selbständigen Beschwerdegrund geltend; c) Anordnung der mündlichen Verhandlung; Entscheidung durch Urteil, das einem Berufungsurteil gleichsteht, keine weitere Rechtsmittelinstanz; d) In Ausnahmefällen Zurückverweisung an ArbG.

1 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 920 Rz. 8. 2 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 920 Rz. 8.

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Erkenntnisverfahren

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Rz. 42 C

2. Erlass des Arrestbefehls Widerspruch gem. § 924 ZPO bei dem Gericht, das den Arrestbefehl erlassen hat, es sei denn, er wurde erst vom Berufungsgericht aufgrund von Berufung oder Beschwerde erlassen, dann Widerspruch beim ArbG: kein Suspensiv- oder Devolutiveffekt; – Entscheidung nach: obligatorischer mündlicher Verhandlung durch Endurteil. Berufung möglich, wenn die allgemeinen Voraussetzungen des § 64 ArbGG vorliegen, also entweder Beschwer über 600 t oder Zulassung der Berufung im Urteil. Aufhebungsantrag wegen Nichterhebung der Klage innerhalb einer gem. § 926 ZPO gesetzten Frist oder wegen veränderter Umstände gem. § 927 ZPO; Entscheidung jeweils durch Endurteil, dagegen unter den og. Voraussetzungen Berufung möglich; Begründung kann auch in der Nichteinhaltung der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO liegen; Antrag auf Aufhebung der Vollziehung gem. § 928 ZPO, wenn Lösungssumme hinterlegt wurde oder Arrestgläubiger den nötigen Kostenvorschuss nicht leistet. Gemäß § 934 ZPO Entscheidung nach freigestellter mündlicher Verhandlung durch Beschluss, gegen den sofortige Beschwerde möglich ist. Die Aufhebung der Vollziehung lässt den Arrestbeschluss selbst unberührt, so dass dieser Grundlage anderer Vollziehungsmaßnahmen sein kann. Entscheidung nach mündlicher Verhandlung 1. Endurteil gegen das bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen Berufung möglich ist. 2. Versäumnisurteil dagegen Einspruch; Revision nicht möglich (§ 545 Abs. 2 ZPO), auch keine Nichtzulassungsbeschwerde

Muster 1 Antrag auf Erlass des dinglichen Arrestes verbunden mit Forderungspfndung

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An das ArbG In Sachen (volles Rubrum) wird beantragt, wegen der Dringlichkeit ohne mndliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein 1. zur Sicherung der Zwangsvollstreckung den dinglichen Arrest in das bewegliche und das unbewegliche Vermçgen des Schuldners wegen eines Betrages i.H.v. … Euro und eines entsprechenden Kostenansatzes anzuordnen, 2. auszusprechen, dass die Vollstreckung des Arrestes durch Hinterlegung seitens des Antragsgegners i.H.v. … Euro gehemmt wird,

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C Rz. 42

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Das Arrestverfahren

3. in Vollziehung des Arrestes die Forderung des Antragsgegners … nebst … Zinsen gegen … bis zum Hçchstbetrag von … Euro zu pfnden. Erforderlichenfalls: Es wird dringend ersucht, keine mndliche Verhandlung anzuberaumen, da der Antragsgegner hierdurch gewarnt wrde und voraussichtlich versuchen wird, die Vermçgensverschiebungen noch vor diesem Termin durchzufhren (nher ausfhren). Daher erklre ich fr den Fall, dass das Gericht einen Termin zur mndlichen Verhandlung anberaumt, die Rcknahme des Antrages. Begrndung Der Antragsteller wurde am … von dem Antragsgegner als … eingestellt. Er ist verheiratet und hat … unterhaltsberechtigte Kinder. Nach dem schriftlich abgeschlossenen Arbeitsvertrag hat der Antragsteller Anspruch auf monatliche Vergtung i.H.v. … Euro brutto. Glaubhaftmachung: Arbeitsvertrag, als Anlage K1 in Ablichtung beigefgt. Der Antragsgegner hat die Vergtung fr den Monat … nicht gezahlt, obwohl sie am … fllig geworden ist. Zum Arrestgrund: Der Antragsgegner versucht, Vermçgensgegenstnde der Zwangsvollstreckung zu entziehen. (Arrestgrund eingehend darstellen.) Arrestforderung und Arrestgrund werden glaubhaft gemacht durch eidesstattliche Versicherung smtlicher in diesem Antrag enthaltenen tatschlichen Behauptungen durch den Antragsteller. Weiter erfolgt die Glaubhaftmachung durch (weitere Glaubhaftmachung durch Urkunden etc., eidesstattliche Versicherungen anderer etc.). (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Die fr den Fall der Anberaumung eines Termins erklrte Antragsrcknahme ist zulssig, weil es sich um eine innerprozessuale Bedingung handelt (Walker, Einstweilige Rechtsschutz im Zivilprozess, S. 202, Rz. 299 ff.; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, C Rz. 37). Unterschrift

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Erkenntnisverfahren

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Rz. 43 C

Muster 2 Antrag auf Erlass eines persçnlichen Arrestes

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An das ArbG In Sachen (volles Rubrum) wird beantragt, zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen der dem Antragsteller gegen den Antragsgegner zustehenden Forderung i.H.v. … Euro sowie eines Kostenanschlages i.H.v. … Euro den dinglichen Arrest in das bewegliche und unbewegliche Vermçgen des Antragsgegners sowie den persçnlichen Sicherheitsarrest anzuordnen. Begrndung Der Antragsgegner ist libanesischer Staatsbrger und war vom … bis … fr den Antragsteller als Lagerarbeiter ttig. Aus dem Arbeitsverhltnis schuldet der Antragsgegner dem Antragsteller noch 5000 b Schadensersatz. (Darlegung des Grundes der Schadensersatzforderung) Der Antragsgegner beabsichtigt, binnen des nchsten Monats in seine Heimat zurckzukehren. Er hat einen Lastwagen erworben und will diesen mit in den Libanon nehmen, um ein Fuhrunternehmen zu erçffnen. In diesem Fall wre jedwede Zwangsvollstreckung unmçglich. Der persçnliche Arrest ist gem. § 918 ZPO notwendig, um die so gefhrdete Zwangsvollstreckung zu sichern. Der Antragsgegner besitzt ein gewisses Vermçgen, das zumindest fr die Deckung eines Teiles der Arrestforderung ausreicht. Jedoch ist dem Antragsteller nicht genau bekannt, wo sich dieses Vermçgen befindet und aus welchen Gegenstnden oder Forderungen es besteht. Der dingliche Arrest allein ist daher nicht ausreichend, um die Gefhrdung der Zwangsvollstreckung zu beseitigen. (Darlegung der Umstnde, die fr das Vorhandensein eines nicht genau zu definierenden Vermçgens sprechen.) Der Arrestgrund ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 917 Abs. 2 ZPO. Dort wird die notwendig werdende Auslandsvollstreckung als ausreichender Arrestgrund genannt. Dies muss entsprechend auch fr den persçnlichen Arrest gelten, wenn, wie hier, der dingliche Arrest nicht geeignet ist, die Vollstreckungsgefhrdung auszuschließen. Der persçnliche Arrest kann auch gegenber dem Antragsgegner als sich in Deutschland aufhaltenden Auslnder verhngt werden. Dem steht nach allgemeiner Auffassung nicht das Haager bereinkommen ber den Zivilprozess vom 1.3.1954 entgegen, da hiervon Auslnder wie Deutsche betroffen sein kçnnen und daher keine Diskriminierung von Auslndern vorliegt. Dinglicher und persçnlicher Arrest kçnnen auch, wie hier beantragt, nebeneinander angeordnet werden. Wenn der Glubiger vom Vorhandensein be-

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C Rz. 44

KRA3_Inhalt.3d

Das Arrestverfahren

stimmter Vermçgensgegenstnde Kenntnis hat, deren Verbleib aber nicht kennt, muss nicht erst ein dinglicher Arrest beantragt werden, nach dessen vergeblicher Vollstreckung der persçnliche Arrest zulssig wre, sondern Letzterer kann sofort beantragt werden. (Glaubhaftmachung des Sachvortrages) Unterschrift

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Muster 3 Schutzschrift gegen zu erwartenden Arrestantrag An das ArbG Schutzschrift In Sachen der … GmbH – mçgliche Antragstellerin – gegen den Lagerarbeiter … – mçglicher Antragsgegner – Verfahrensbevollmchtigter: … wegen mçglichen Antrags auf persçnlichen und dinglichen Arrest Im Namen und in Vollmacht des Antragsgegners wird beantragt, den mçglichen Antrag der Antragstellerin auf Verhngung des persçnlichen und/oder dinglichen Arrestes zurckzuweisen. Begrndung Der Antragsgegner ist libanesischer Staatsbrger und war vom … bis … fr den Antragsteller als Lagerarbeiter ttig. Die mçgliche Antragstellerin berhmt sich im Schreiben vom … einer Schadensersatzforderung aus dem Arbeitsverhltnis i.H.v. 5000 b. Glaubhaftmachung: Schreiben vom …, als Anlage B1 in Ablichtung beigefgt. Diese Forderung besteht aber in Wahrheit nicht. (Darlegung des Nichtbestehens der Schadensersatzforderung) Der mçgliche Antragsgegner beabsichtigt, binnen des nchsten Monats in seine Heimat zurckzukehren. Daher hat die mçgliche Antragstellerin bereits angedroht, gegen ihn nicht nur den dinglichen, sondern auch den persçnlichen Arrest zu beantragen. Abgesehen davon, dass gar keine Arrestforderung besteht, kann der persçnliche Arrest schon deshalb nicht verhngt werden, weil der Antragsteller kein pfndbares Vermçgen besitzt.

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Vollziehung des Arrests

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Rz. 45 C

(Darlegung der Vermçgensverhltnisse) Da der persçnliche Arrest der Sicherung der Zwangsvollstreckung dient, kann er nicht verhngt werden, wenn pfndbares Vermçgen nicht vorhanden ist. Die insofern unterschiedliche Behandlung des dinglichen und persçnlichen Arrestes rechtfertigt sich aus den unterschiedlichen Folgen beider Arrestarten. Der gegen einen vermçgenslosen Schuldner verhngte dingliche Arrest geht lediglich ins Leere, whrend der persçnliche Arrest schwerwiegende, nicht durch seinen Zweck zu rechtfertigende Folgen hat (Wieczorek/Schtze/Thmmel, § 920 Rz. 5 m.w.N.). Auf keinen Fall kann der persçnliche Arrest verhngt werden, um den mçglichen Antragsgegner zur Aufnahme einer Erwerbsttigkeit im Inland zu zwingen, aus deren Vergtung dann die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann. (Glaubhaftmachung des Tatsachenvorbringens) Daher ist der mçgliche Arrestantrag ohne mndliche Verhandlung zurckzuweisen. Hilfsweise wird beantragt, nicht ohne mndliche Verhandlung zu entscheiden. Unterschrift

II. Vollziehung des Arrests Literatur: Addicks, Welche Anforderungen gibt es bei der Zustellung und Vollziehung von einstweiligen Verfügungen?, MDR 1994, 225; Bittmann, Arrestvollziehung und richterliche Durchsuchungsanordnung, NJW 1982, 2421; Borck, Über die Vollziehung von Unterlassungsverfügungen, WRP 1977, 556; Castendieck, Die Amtszustellung als Vollziehung von Urteilsverfügungen mit Unterlassungsgebot, WRP 1979, 527; Foerste, Vollstreckungsvorsprung durch einstweiligen Rechtsschutz, ZZP 1993, 143; Herdegen, Arrestvollziehung und richterliche Durchsuchungsanordnung, NJW 1982, 368; Nies, Die Durchsetzung von Herausgabeansprüchen aus Eilentscheidungen, MDR 1994, 887; Schmidt-von Rhein, Die Vollziehung der auf Unterlassung gerichteten einstweiligen Verfügungen, NJW 1976, 792; Schneider, Die „Vollziehung“ von Arrest und einstweiliger Verfügung, JurBüro 1966, 732; Ulrich, Die Befolgung und Vollziehung einstweiliger Unterlassungsverfügungen sowie der Schadensersatzanspruch gem. § 945 ZPO, WRP 1991, 361; Weber, Die Vollziehung einstweiliger Verfügungen auf Unterlassung, DB 1981, 877.

1. Grundsätze Der Begriff der Arrestvollziehung bedeutet nichts weiter als die Zwangs- 45 vollstreckung aus dem Arrestbefehl1. Die besondere Wortwahl bedeutet insbesondere nicht, dass es zwischen Arrestvollziehung und Arrestvoll1 Vgl. BGH v. 22.10.1992 – IX ZR 36/92 – unter II 1c der Entscheidungsgründe speziell zum Unterlassungsanspruch.

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C Rz. 46

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Das Arrestverfahren

streckung einen Unterschied gäbe1. Zu beachten ist allerdings die unterschiedliche Zielstellung der Arrestvollziehung und der Vollstreckung aus einem Leistungstitel; Erstere dient nur der Sicherung, Letztere hat die Befriedigung des Gläubigers zum Ziel. 46

Um einen Arrestvollzug annehmen zu können, bedarf es jedenfalls eines eigenen Tätigwerdens des Gläubigers zur Vollziehung von durch Urteil ergangenen Unterlassungsverfügungen (s. unten F Rz. 28). Nur dadurch kann er das mit Arrest und einstweiliger Verfügung bezweckte Sicherungsziel erreichen2. Ein rein passives Verhalten kann niemals unter den Begriff der Vollziehung fallen und daher auch keine Schadensersatzpflicht i.S.v. § 945 ZPO auslösen3. Die einzelnen Vollziehungsakte ergeben sich aus den §§ 929 bis 934 ZPO. Eine Vollziehung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist unzulässig (§ 89 Abs. 1 InsO).

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Es muss also zumindest der Antrag auf Pfändung von beweglichen, im Gewahrsam des Schuldners befindlichen Sachen oder einer ausreichend umschriebenen Forderung gestellt sein4. Eine ggf. als Bedingung der Vollziehung angeordnete Sicherheit muss vom Gläubiger erbracht worden sein. Der Erlass des Pfändungsbeschlusses vor Fristablauf5 oder gar die Drittschuldnerzustellung ist nicht notwendig6. Die Vorpfändung nach § 845 ZPO genügt, soweit innerhalb der Frist des § 845 Abs. 2 die Pfändung, einschließlich der Zustellung beim Drittschuldner, bewirkt wird7. Bei der Arresthypothek ist bereits nach der gesetzlichen Anordnung des § 932 Abs. 3 ZPO die Antragstellung beim Grundbuchamt ausreichend.

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Wenn eine Vollstreckungsmaßnahme fristgemäß beantragt worden war, jedoch nicht zur Befriedigung führte, ist der Arrestbefehl nicht geeignet, weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach Ablauf der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO zu rechtfertigen8.

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Die Zustellung an den Schuldner muss zwar nicht vor Beginn der Vollziehung, aber innerhalb einer Woche danach und innerhalb der Vollziehungsfrist erfolgen (§ 929 Abs. 3 ZPO). Sie bildet hier jedoch keinen Akt der Vollziehung, sondern stellt eine allgemeine Voraussetzung der Zwangsvollstreckung dar9. 1 Zöller/Vollkommer, § 928 Rz. 2; a.A. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, vor § 916 Rz. 19. 2 OLG Koblenz v. 2.10.1979 – 9 U 347/79; OLG Hamburg v. 5.1.1988 – 2 UF 107/87. 3 Zöller/Vollkommer, § 928 Rz. 2. 4 BGH v. 9.7.1987 – IX ZR 165/86. 5 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 12; a.A. OLG Frankfurt v. 11.12.1979 – 3 UF 265/79. 6 Prütting/Gehrlein/Fischer, ZPO, § 929 Rz. 9; a.A. OLG Köln v. 10.7.1985 – 26 UF 83/85. 7 AG Berlin-Charlottenburg v. 26.3.1987 – 161 F 737/87. 8 BGH v. 25.10.1990 – IX ZR 211/89; Thomas/Putzo, § 929 Rz. 4. 9 § 750 ZPO, vgl. BGH v. 13.4.1989 – IX ZR 148/88.

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Vollziehung des Arrests

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Rz. 55 C

Wurde die Vollziehung von einer Sicherheitsleistung durch den Gläubi- 50 ger abhängig gemacht, muss diese ebenfalls innerhalb der Vollziehungsfrist erbracht werden1. Nach Fristablauf können keine neuen Vollstreckungsakte mehr durchgeführt werden, selbst wenn die Vollziehungsfrist zunächst gewahrt worden war. Somit ist die Einhaltung der Vollziehungsfrist nicht nur zum Erhalt des Arrestes erforderlich, sondern beschränkt auch die Zwangsvollstreckung aus dem Arrest in zeitlicher Hinsicht. Zur Fristwahrung ist vom Gläubiger die Einleitung der Vollstreckung zu 51 bewirken. Diese muss nicht innerhalb der Monatsfrist beendet sein, da der Gläubiger hierauf in der Regel keinen bestimmenden Einfluss hat2. Es ist auch nicht erforderlich, dass innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO bereits bestimmte Vollstreckungsakte vollzogen wurden3. Vielmehr genügt es, dass der Gläubiger fristgemäß einen entsprechenden Antrag beim zuständigen Vollstreckungsorgan gestellt hat und der antragsgemäßen Durchführung des Vollstreckungsaktes keine in seiner Sphäre liegenden Hindernisse im Wege stehen. Darüber hinaus muss die Vollstreckungsmaßnahme ohne vom Gläubiger zu verantwortende Verzögerungen auch tatsächlich zur Durchführung gelangen4. Die vor und nach Fristablauf durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen 52 müssen aber eine sachliche und zeitliche Einheit bilden5. 2. Anwendbare Vorschriften § 928 ZPO bestimmt, dass die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung 53 entsprechend anzuwenden sind, sofern nichts Abweichendes bestimmt ist. Für das Arrestverfahren sind insbesondere folgende Vorschriften der ZPO 54 anwendbar: Die §§ 811 ff. und 829 ff., hierbei insbesondere § 829 Abs. 3, die §§ 850 ff. 55 über die Beschränkung der Pfändbarkeit und die allgemeinen Regeln des Völkerrechts hinsichtlich der Immunität6, § 845 (Vorpfändung), § 764 (Vollstreckungsgericht), § 766 (Erinnerung gegen Art und Weise der Zwangsvollstreckung), § 771 (Drittwiderspruchsklage), §§ 775, 776 (Einstellung und Aufhebung der Vollzugsmaßregeln), § 788 (Kosten), § 793 (sofortige Beschwerde), § 805 (Klage auf vorzugsweise Befriedigung) und die §§ 8077 und 883. 1 2 3 4 5 6 7

OLG München v. 18.2.1988 – 19 U 6445/87. H.M.; vgl. BGH v. 25.10.1990 – IX ZR 211/89. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 11. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 11. OLG Düsseldorf v. 17.9.1982 – 16 U 119/82. OLG Frankfurt v. 11.5.1981 – 20 W 422/80. Eidesstattliche Versicherung, vgl. OLG Düsseldorf v. 3.9.1980 – 3 W 237/80.

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C Rz. 56

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Das Arrestverfahren

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§ 928 ZPO, der die Anwendung der Regeln über die Zwangsvollstreckung anordnet, ist über § 936 ZPO auch auf einstweilige Verfügungen anwendbar und gilt insgesamt auch im Bereich des Arbeitsrechts1.

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Abweichende Vorschriften im Arrestverfahren enthält insbesondere § 929 ZPO; gem. Abs. 1 bedarf es keiner Vollstreckungsklausel, die Vollziehung muss innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen (Abs. 2), kann aber schon vor der Zustellung des Arrestbefehls beginnen (Abs. 3).

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Die Verwertung ist bei beweglichen Sachen gem. § 930 Abs. 3 ZPO nur ausnahmsweise zulässig, in der Regel ist nur die Pfändung möglich (§ 930 Abs. 1 ZPO). Entsprechend ist bei Forderungen und sonstigen Vermögensrechten nur die Pfändung und nicht auch die Überweisung zulässig. Zuständig ist hier gem. § 930 Abs. 1 Satz 3 ZPO das Arrestgericht.

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Besondere Regelungen über die Vollziehung des Arrestes in Grundstücke und Schiffe enthalten die §§ 931 f. ZPO. Gemäß § 932 ZPO ist bei Grundstücken nur die Eintragung einer Sicherungshypothek für die Summe gem. § 923 ZPO als Höchstbetrag zulässig. Der Vollzug des persönlichen Arrestes ist in § 933 ZPO geregelt. § 934 ZPO enthält die Regelung der Aufhebung der Arrestvollziehung. 3. Nicht anwendbare Vorschriften

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Nicht anwendbar sind gemäß dem Sicherungszweck des Arrestes § 815 ZPO, der die Ablieferung des gepfändeten Geldes vorsieht und somit zu einer Befriedigung und nicht nur zu einer Sicherung des Gläubigers führt (zur Annahme bei der Befriedigungsverfügung s. unten D Rz. 3), die Vorschriften über die Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO), da das Verfahren nach § 927 ZPO hier spezieller ist, und § 836 Abs. 2 ZPO betreffend die Folgen eines unrechtmäßigen Überweisungsbeschlusses2. 4. Rechtsbehelfe

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Gläubiger und Schuldner können Verstöße gegen ihrem Schutze dienende Verfahrensregeln mit der Erinnerung nach § 766 ZPO geltend machen und ansonsten die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) erheben3. Dies geht auch dann, wenn der Gegenstand an einen Sequester oder den Gläubiger herauszugeben ist. Weiter besteht die Möglichkeit der Klage auf vorzugsweise Befriedigung (§ 805 ZPO), weil sich das Arrestpfandrecht in ein Vollstreckungspfandrecht umwandeln kann4. Die Pfändungsfreigrenzen finden Anwendung5.

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Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 928 Rz. 4. BGH v. 17.12.1992 – IX ZR 226/91. Schuschke in Schuschke/Walker, § 928 Rz. 20. Grunsky in Stein/Jonas, § 928 Rz. 4. Grunsky in Stein/Jonas, § 928 Rz. 5.

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Vollziehung des Arrests

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Rz. 66 C

5. Vollziehung in bewegliches Vermögen und Forderungen (§ 930 ZPO) Die Vollziehung erfolgt durch Pfändung, wobei die allgemeinen Regeln 62 (§§ 808 ff. ZPO) zur Anwendung gelangen. Es kommt aber nicht zur Verwertung, da der Sicherungszweck des Arrestes nicht so weit reicht. Daher findet – abgesehen von dem Sonderfall des § 930 Abs. 3 ZPO – keine Versteigerung statt. Gepfändetes Geld (Abs. 2) sowie ein nach Abs. 3 erzielter Erlös sind zu hinterlegen und nicht an den Gläubiger abzuliefern. Eine Überweisung gepfändeter Forderungen findet nicht statt. Im Übrigen kommen die allgemeinen Bestimmungen der §§ 803 ff. ZPO 63 zur Anwendung, wenn sie nicht die Verwertung betreffen und soweit diese Vorschrift keine abweichenden Regelungen enthält. Die Beschränkung der Vollziehung auf die Pfändung unter Ausschluss der Verwertung bezieht sich nur auf den Arrest und nicht auf die einstweilige Verfügung. Das ergibt sich aus den unterschiedlichen Zwecken: Leistungsverfügungen (Geldleistung, Herausgabe) zielen im Regelfalle nicht nur auf die Sicherung, sondern auf die vorläufige Befriedigung des Gläubigers, so dass die §§ 803 ff. ZPO in vollem Umfang, einschließlich der Bestimmung zur Ablieferung des Erlöses (§ 815 Abs. 1 ZPO), zur Anwendung gelangen. Aus dem Inhalt der einstweiligen Verfügung selbst können sich jedoch Beschränkungen ergeben, etwa bei der Anordnung der Sequestrierung, bei der die herauszugebenden Gegenstände beim Sequester verbleiben. 6. Sachpfändung a) Zuständigkeit Die Zuständigkeit für die Vollziehung des Arrestes in bewegliches Ver- 64 mögen des Schuldners, also für die Pfändung, liegt gem. § 808 ZPO bei dem im Auftrage des Gläubigers tätig werdenden Gerichtsvollzieher. Dabei sind die Pfändungsbeschränkungen der §§ 811 ff. ZPO zu beach- 65 ten. Gepfändete Gegenstände verbleiben in der Regel beim Schuldner, es sei denn, die spätere Befriedigung des Gläubigers wäre dadurch gefährdet. Äußerlich ist die Pfändung durch das Anbringen von Pfandsiegeln deutlich zu machen (§ 808 Abs. 2 ZPO). Gepfändetes Geld oder ein etwaiger Versteigerungserlös nach Abs. 3 oder der im Verteilungsverfahren nach §§ 872 ff. ZPO auf den Gläubiger entfallende Betrag werden vom Gerichtsvollzieher entgegen § 815 Abs. 1 ZPO nicht an den Gläubiger abgeliefert, sondern gem. Abs. 2 zugunsten von Gläubiger und Schuldner hinterlegt. Bei Erfolglosigkeit der Pfändung kann der Gläubiger nach den §§ 807, 883 ZPO die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch den Schuldner betreiben. Auch im deutschen Schiffsregister nicht eingetragene Seeschiffe gehören 66 zum beweglichen Vermögen, unabhängig davon, ob sie in einem auslän-

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C Rz. 67

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Das Arrestverfahren

dischen Schiffsregister eingetragen sind1. Die Sonderregelung des § 931 ZPO bezieht sich allein auf im Inland eingetragene Schiffe (s. im Einzelnen C Rz. 82). 67

Eine Sonderregelung für die Zuständigkeit enthält § 930 Abs. 1 Satz 3 ZPO. Danach ist abweichend von § 828 ZPO das Arrestgericht als Vollstreckungsgericht für den Erlass des Pfändungsbeschlusses nach § 829 Abs. 1 ZPO zuständig. Arrestbefehl und Pfändungsbeschluss können hier also in einer Urkunde zusammengefasst sein. Dadurch verlieren sie allerdings nicht ihre rechtliche Selbständigkeit, insbesondere was ihre Anfechtbarkeit anbetrifft. Die Verbindung ist sowohl bei einem Arrestbeschluss als auch bei einem Arresturteil möglich, jedoch nicht in den Fällen, in denen erst das Beschwerdegericht den Arrestbefehl erlässt. Dies ergibt sich daraus, dass das erstinstanzliche Arrestgericht stets für die Pfändung zuständig ist. Dem Schuldner würde sonst unnötigerweise eine Rechtsbehelfsinstanz genommen. Ansonsten richtet sich die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Arrestgesuches, nicht gleichzeitig gegen den Nichterlass des Pfändungsbeschlusses.

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Eine Verbindung von Pfändungsbeschluss und Arrestbefehl kann dann nicht erfolgen, wenn die Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht wird, weil eine bedingte Pfändung nicht zulässig ist. Funktionell zuständig ist grundsätzlich der Rechtspfleger (§ 20 Nr. 16 RPflG). Nur wenn Arrestbefehl und Pfändungsbeschluss miteinander verbunden sind, entscheidet der Richter. Die Zuständigkeit des Arrestgerichtes erstreckt sich auch auf die Aufhebung der Pfändung nach §§ 775 f. und § 934 ZPO sowie auf Entscheidungen über die Erinnerung des Schuldners nach § 766 ZPO. Bei der Erinnerung (§ 20 Nr. 17 RPflG) und im Falle des § 934 Abs. 2 ZPO ist der Richter funktionell zuständig, bei § 934 Abs. 1 ZPO der Rechtspfleger (§ 20 Nr. 15 RPflG). Für den Pfändungsantrag sowie ein sich eventuell anschließendes Erinnerungsverfahren herrscht auch beim LAG kein Anwaltszwang. b) Durchsuchungsanordnung

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Ist eine Wohnungsdurchsuchung erforderlich (§ 758 ZPO), so bedarf es auch im Falle des Arrestes grundsätzlich einer richterlichen Durchsuchungsanordnung (Art. 13 Abs. 3 GG), es sei denn, Gefahr ist im Verzuge2. Obwohl das Arrestverfahren ein Eilverfahren ist, kann das Vorliegen eines Arrestgrundes nicht generell mit „Gefahr im Verzuge“ gleichgesetzt werden. Bei § 917 Abs. 2 ZPO ist dies offenkundig, jedoch muss auch der von § 917 Abs. 1 ZPO geforderte Gefährdungsgrad nicht notwendigerweise so intensiv sein, dass eine richterliche Durchsuchungsanordnung nicht mehr zu erwirken wäre. Das Vorliegen eines Arrestgrundes indiziert zwar, dass Gefahr im Verzuge ist, jedoch bedarf es im 1 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 930 Rz. 4. 2 BVerfG v. 3.4.1979 – 1 BvR 994/76.

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Vollziehung des Arrests

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Rz. 73 C

Einzelfall einer grundrechtsorientierten Abwägung1. Eine vorherige Anhörung des Schuldners ist allerdings weder notwendig noch zweckmäßig, da ansonsten der Überraschungseffekt gefährdet wäre2. Es ist unerheblich, ob der Arrest auf einem Urteil oder einem Beschluss beruht3. c) Wirkung des Mobiliararrestes, Rechtsbehelfe Der Gläubiger erwirbt durch die Pfändung nach § 930 Abs. 1 ZPO ein Ar- 70 restpfandrecht mit den Wirkungen des § 804 ZPO. Insbesondere tritt eine Verstrickung ein. Es geht durch spätere Pfändungen begründeten Pfandrechten dem Range nach auch dann vor (§ 804 Abs. 3 ZPO), wenn es sich dabei nicht um Arrestpfändungen handelt, sondern um Pfändungen aus endgültigen Vollstreckungstiteln4. Der Gläubiger erwirbt hierbei keine weiteren Rechte. Er kann weder die Versteigerung betreiben noch Erlösabführung verlangen (Ausnahme: § 930 Abs. 3 ZPO), da er hierzu einen geeigneten Hauptsachetitel benötigt. Dem Schuldner kann daher auch die Privilegierung des § 223 Abs. 1 BGB (Pfandverwertung trotz Verjährung der gesicherten Forderung) nicht zugute kommen. Der Erlös ist zu hinterlegen.

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§ 930 Abs. 3 ZPO ermöglicht eine Teilverwertung. Der Gläubiger kann 72 die Versteigerung der gepfändeten Sache sowie die Hinterlegung des Erlöses beantragen. Der Erlös wird jedoch noch nicht an ihn ausgekehrt. Zuständig für die Anordnung der Versteigerung ist das Vollstreckungsgericht (§ 764 ZPO), nicht das Arrestgericht. Funktionell zuständig ist der Rechtspfleger (§ 20 Nr. 17 RPflG). Der entsprechende Antrag kann vom Schuldner und/oder dem Gläubiger gestellt werden, nicht hingegen vom Gerichtsvollzieher. Es müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein; entweder muss die Gefahr einer beträchtlichen Wertverringerung bestehen, etwa bei Wertpapieren, oder es müssen unverhältnismäßig hohe Aufbewahrungskosten drohen, etwa eine teure Garage für einen alten Pkw5. Weiter setzt die Anordnung voraus, dass die betroffene Sache bereits vom Gerichtsvollzieher in Besitz genommen wurde. Das Gericht entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ohne dass es einer mündlichen Verhandlung bedürfte6. Gegen die Anordnung oder deren Unterlassung steht dem Schuldner bzw. 73 Gläubiger die befristete Rechtspflegererinnerung (§ 11 Abs. 1 RPflG) zu. Die Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO ist je-

1 Str.; wie hier Schuschke in Schuschke/Walker, § 930 Rz. 2; a.A. Zöller/Vollkommer, § 930 Rz. 2, jeweils m.w.N. 2 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 930 Rz. 5 m.w.N. 3 Vgl. Walker in Schuschke/Walker, § 758a Rz. 17. 4 BGH v. 9.6.1976 – VIII ZR 19/75; a.A. Schlosser, ZZP 1997, 121, 130 ff. 5 LG Möchengladbach DGVZ 2003, 141. 6 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 930 Rz. 9.

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C Rz. 74

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Das Arrestverfahren

doch angesichts des Vorrangs von § 927 ZPO nicht möglich. Betroffene Dritte können nach § 771 ZPO vorgehen. 7. Forderungspfändung a) Verfahren 74

Die Vollziehung des Arrestes in Forderungen und sonstige Rechte, die nicht unter die Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen fallen, erfolgt ebenfalls durch Pfändung.

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Die Überweisung der Forderung ist wegen eines Überschreitens des Sicherungszwecks des Arrestes nicht zulässig. Wird trotzdem ein Überweisungsbeschluss erlassen, so ist dieser nichtig. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn sie zur Arrestpfändung unbedingt notwendig ist, etwa beim Anspruch auf Herausgabe eines Hypothekenbriefes. Eine solche Überweisung stellt einen Teilakt der Pfändung dar1. Die §§ 829 bis 834, 840, 843, 845 bis 848, 850 bis 863 ZPO gelangen zur Anwendung. Der Gläubiger hat den Pfändungsbeschluss dem Drittschuldner durch den Gerichtsvollzieher zustellen zu lassen. Wenn der Schuldner seinen Wohnsitz im Ausland hat, so erfolgt die Zustellung durch Aufgabe zur Post (§ 829 Abs. 2 ZPO). Die Zustellung an Drittschuldner und Schuldner kann auch durch Vermittlung der Geschäftsstelle erfolgen (§ 829 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Es empfiehlt sich, dies bereits in dem Pfändungsantrag anzuregen.

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Wenn der Gläubiger den streitigen Betrag hinterlegt, setzt sich das Pfändungspfandrecht an dem Anspruch auf Auszahlung gegen die Hinterlegungsstelle fort. Ist die Forderung in einem Sparbuch oder einer Schuldurkunde verbrieft, so kann der Gläubiger die Herausgabe des Sparbuches oder der Urkunde an den Gerichtsvollzieher verlangen2. b) Wirkungen

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Der Gläubiger erwirbt ein Pfändungspfandrecht an der Forderung mit der Folge, dass der Schuldner nicht mehr über die Forderung verfügen darf (§ 829 Abs. 1 ZPO). Der Drittschuldner darf dann nicht mehr an den Schuldner, sondern nur noch gemeinschaftlich an ihn und den Gläubiger zahlen. Die Beschlagnahmewirkung tritt mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses beim Drittschuldner ein. Eine Überweisung der Forderung findet nicht statt. Eine Herausgabe muss an den Gerichtsvollzieher erfolgen (§ 847 ZPO), was auch so zu titulieren ist. Auch bei einem Sparbuch ist die Herausgabe an den Gerichtsvollzieher zu verfügen (§§ 836 Abs. 3, 847 ZPO analog), um Verfügungen des Schuldners zu vermeiden.

1 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 930 Rz. 6. 2 Schuschke in Schuschke/Walker, § 930 Rz. 9.

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Vollziehung des Arrests

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Rz. 80 C

8. Verwertung nach Vorliegen eines Hauptsachetitels a) Obsiegen des Gläubigers Wenn der Gläubiger im Hauptsacheverfahren obsiegt und damit einen 78 zumindest vorläufig vollstreckbaren Titel erwirbt, erstarkt das zunächst lediglich der Sicherung des Gläubigers dienende Arrestpfandrecht zu einem Vollstreckungspfandrecht. Dem Gläubiger stehen somit Ansprüche auf Versteigerung der Pfandsachen (§ 814 ZPO), auf Ablieferung des Erlöses (§ 815 Abs. 1 ZPO) und auf Überweisung gepfändeter Forderungen (§ 835 ZPO) zu. Dies gilt jedoch nur in dem Umfang, in dem der Hauptsachetitel den Arrestanspruch betrifft und ihn ausschöpft. Wenn der Arrest wegen eines Anspruches, der in eine Geldforderung übergehen kann, erlassen wurde (§ 916 Abs. 1 Alt. 2 ZPO), etwa eines Duldungs- oder Freistellungsanspruches, und der Hauptsachetitel dem Gläubiger letztlich die Geldforderung zuspricht, so entsteht aus dem Arrestpfandrecht das Vollstreckungspfandrecht, obwohl die unmittelbare Identität von Arrestanspruch und Hauptsacheanspruch fehlt. Die andernfalls eintretende deutliche Einschränkung der Funktion des § 916 Abs. 1 Alt. 2 ZPO ist nicht gerechtfertigt. Die Vollstreckungsreife des Hauptsachetitels ist dann gegeben, wenn die vollstreckbare Ausfertigung erteilt und zugestellt worden ist. Der Erbringung einer Sicherheit bedarf es im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht (§ 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), jedoch ggf. der Gegenleistung (§ 756 ZPO). Es ist nach allgemeiner Auffassung nicht erforderlich, eine erneute Pfändung auf Grundlage des Hauptsachetitels vorzunehmen1. Das Vollstreckungspfandrecht behält den Rang des ursprünglichen Arrestpfandes, und zwar auch gegenüber zwischenzeitlich erfolgten Pfändungen aus endgültigen Titeln, wenn die Pfändung ununterbrochen bestand. In den Fällen einer zwischenzeitlichen Aufhebung der Pfändung, z.B. nach Aufhebung des Arrestes im Widerspruchsverfahren, lebt sie auch nach Bestätigung des Arrestes in der Berufungsinstanz nicht wieder auf. Zuständig für die Überweisung gepfändeter Forderungen ist das Vollstre- 79 ckungsgericht (§ 828 ZPO), nicht das Arrestgericht. b) Unterliegen des Gläubigers Infolge der Abweisung der Hauptsacheklage erlischt das Arrestpfandrecht 80 nicht automatisch. Der Schuldner hat jedoch die Möglichkeit, die Aufhebung des Arrestes nach § 927 ZPO zu betreiben. Nach Aufhebung des Arrestes ist auch noch die Aufhebung der konkreten Vollstreckungsmaßnahme, d.h. der Pfändung, nach den §§ 775, 776 ZPO notwendig. Dies kann bereits vor Eintritt der Rechtskraft des nach § 927 ZPO erlangten Urteils erfolgen. Zuständig ist hierfür das Arrestgericht.

1 S. nur Drescher in MünchKomm/ZPO, § 930 Rz. 10.

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C Rz. 81

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Das Arrestverfahren

Muster 4 Antrag auf Versteigerung aufgrund Arrestes gepfndeter Sachen An das ArbG Eilt sehr! Bitte sofort vorlegen! In der Zwangsvollstreckungssache XY zeige ich unter Vorlage der Vollmacht an, dass ich den Glubiger vertrete, und beantrage in seinem Namen und Auftrag: den Verkauf von 220 gepfndeten Aktien der Deutschen Telekom AG anzuordnen. Begrndung In Vollziehung des Arrestbefehls des … vom … hat der Gerichtsvollzieher … laut beigefgtem Pfndungsprotokoll vom … am … 220 Aktien der Deutschen Telekom gepfndet. Diesen droht nach allgemeiner Auffassung in Bçrsenkreisen (nher darzulegen) ein erheblicher und unmittelbar bevorstehender Kursverlust. Daher ist es zur Sicherung der spteren Zwangsvollstreckung unbedingt notwendig, sie umgehend zu verußern. Den erlçsten Betrag bitte ich zu hinterlegen. Unterschrift

9. Sonderfall 1: Arrestvollziehung in ein eingetragenes Schiff (931 ZPO) Literatur: Kerameus, FS für Nage, 1987, S. 133; Looks, Neue Aspekte bei der Arrestierung eines ausländischen Seeschiffes, TranspR 2006, 133; Noack, Arrestierung eingetragener deutscher und in Deutschland eintragungspflichtiger Seeschiffe, JurBüro 1982, 166; Spieß, Der Wegfall des Arrrestgrundes bei Schiffen, RdTW 2013, 301.

a) Grundzüge 82

Gemäß § 917 Abs. 3 Satz 1 ZPO, eingefügt 2013, bedarf es eines Arrestgrundes nicht, wenn der Arrest nur zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in ein Schiff stattfindet. § 931 ZPO regelt nun die Vollziehung des Arrestes in ein Schiff. Obwohl eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke nach § 864 ZPO für die Zwangsvollstreckung zum unbeweglichen Vermögen gehören, werden sie aus praktischen Gründen für die Arrestvollstreckung – und nur dort – als bewegliche Sachen behandelt. Der Arrestvollzug erfolgt somit durch Pfändung gem. §§ 808 f. ZPO. Deren Eintragung in das Schiffs- bzw. Schiffsbauregister ist gem. § 931 Abs. 3 ZPO 60

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Vollziehung des Arrests

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Rz. 86 C

erst im Anschluss an die vollzogene Pfändung vorgesehen. Die Vorschrift gilt nur für eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke. Nicht eingetragene und ausländische Schiffe werden vollständig wie sonstiges bewegliches Vermögen behandelt. Die Pfändung erfolgt dort allein nach den §§ 808 f. ZPO1. Bei ausländischen Schiffen ist die Arrestmöglichkeit in Schiffe unter der 83 Flagge eines Vertragsstaates allerdings gemäß dem Brüsseler Übereinkommen vom 10.5.19522 auf die Sicherung sog. Seeforderungen beschränkt3. § 931 ZPO gilt grundsätzlich nicht für einstweilige Verfügungen. Jedoch 84 sind nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung Abs. 3. Halbs. 1 sowie Abs. 4 entsprechend anwendbar, wenn im Wege der einstweiligen Verfügung die Sequestrierung eines eingetragenen Schiffes angeordnet werden soll4. b) Verfahren aa) Anordnung Die Pfändung setzt gem. § 931 Abs. 3 ZPO eine entsprechende Anord- 85 nung des Arrestgerichts voraus. Dieses kann sowohl in dem Arrestbefehl wie auch nachträglich selbständig erlassen. Soweit die Anordnung nicht schon im Arrestbefehl enthalten ist, ist sie gem. § 20 Nr. 16 RPflG vom Rechtspfleger vorzunehmen. Die nachträgliche Anordnung kann nicht mehr erfolgen, wenn die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO bereits verstrichen ist5. Gleichzeitig mit der Anordnung hat nach § 931 Abs. 3 ZPO das Gericht das Registergericht um die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Arrestpfandrechts zu ersuchen. Wird die Arrestvollziehung wegen Aufhebung des Arrestbefehls, Ablaufs der Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO) oder deswegen unstatthaft, weil sich das Schiff auf der Reise befindet und nicht in einem Hafen liegt (§ 482 HGB; s.u. C Rz. 86), so erlischt die Vormerkung. Sie ist dann im Wege der Registerberichtigung von Amts wegen zu löschen6. Die Anordnung wird dem Gläubiger in Ausfertigung erteilt; eine Vollstreckungsklausel ist nicht notwendig. Die gerichtliche Anordnung muss vom Gläubiger dem Gerichtsvollzieher vorgelegt werden. Die Pfändung kann dann nicht wirksam erfolgen, wenn das Schiff zur 86 Zeit des Pfändungsvollzugs „segelfertig“ ist (§ 482 HGB). Dies setzt die rechtliche und tatsächliche Bereitschaft zum Ablegen voraus. Über die 1 2 3 4

LG Hamburg v. 10.2.1978 – 29 T 2/78; Walker, Rz. 751. BGBl. II 1972, 653. Vgl. hierzu Kerameus, S. 133 ff. Schuschke in Schuschke/Walker, § 931 Rz. 5; a.A. Zöller/Vollkommer, § 931 Rz. 3. 5 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 931 Rz. 3. 6 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 931 Rz. 2.

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C Rz. 87

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Das Arrestverfahren

Frage, ob das Schiff segelfertig ist oder nicht, entscheidet der Gerichtsvollzieher1. Gegen die Pfändung eines segelfertigen Schiffs kann gem. § 766 ZPO vom Schuldner Erinnerung eingelegt werden. bb) Vollziehung der Pfändung 87

Die Pfändung wird durch den Gerichtsvollzieher vollzogen (§ 931 Abs. 4 ZPO). Es reicht aus, dass der Pfändungsantrag innerhalb der Monatsfrist gestellt worden ist.

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Die Pfändung ist regelmäßig dadurch ersichtlich zu machen, dass dem Schiff oder Schiffsbauwerk eine mit Schloss und Siegel versehene Kette angelegt wird (§ 134 Nr. 2 GVGA). Bei Gefahr im Verzug veranlasst der Gerichtsvollzieher sofort nach der Pfändung die zur Bewachung und Verwahrung des gepfändeten Schiffs oder Schiffsbauwerkes erforderlichen Maßregeln. Ansonsten erfolgt dies erst, wenn die voraussichtlich hierfür entstehenden Kosten gesichert sind. Zur Vollstreckung und zur Bewachung des Schiffs oder Schiffsbauwerkes ist die Hafenbehörde um Unterstützung zu ersuchen, soweit es erforderlich und zweckmäßig erscheint (§ 134 Nr. 3 GVGA). Die Aufhebung der Pfändung und Freigabe des Schiffs kann der Schuldner jederzeit durch Hinterlegung der Lösungssumme (§ 923 ZPO) erreichen.

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Abweichend von § 865 Abs. 2 Satz 2 ZPO wird die Pfändung durch eine vorangegangene Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsversteigerung gem. § 870a Abs. 1 ZPO i.V.m. §§ 162, 166, 20, 22 ZVG nicht ausgeschlossen. Vielmehr soll in diesem Fall nach § 931 Abs. 5 ZPO eine Beschlagnahme erfolgen, die i.S.v. § 826 ZPO als erste Pfändung gilt. Die Abschrift des Pfändungsprotokolls ist in diesem Fall dem Vollstreckungsgericht einzureichen (§ 931 Abs. 5 Halbs. 2 ZPO). cc) Arrestpfandrecht

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Erst mit der Pfändung und nicht bereits mit der Zustellung der Pfändungsanordnung nach § 931 Abs. 3 ZPO erwirbt der Gläubiger nach § 930 Abs. 1 ZPO ein Arrestpfandrecht an dem Schiff. Der Rang bestimmt sich nach § 804 ZPO. Dieses Pfandrecht entsteht abweichend von dem Grundsatz des § 8 Abs. 2 i.V.m. § 3 SchiffsRG vom 15.11.1940 schon vor der Eintragung im Schiffs- bzw. Schiffsbauregister. Daher würde es gutgläubigen Dritten gegenüber wegen des öffentlichen Glaubens des Schiffsregisters gem. § 16 SchiffsRG unwirksam sein. Deshalb kann der Gläubiger nach § 931 Abs. 6 ZPO die Berichtigung des Registers durch Eintragung des Pfandrechts verlangen. Die Eintragung muss den nach § 923 ZPO im Arrestbefehl festgestellten Betrag als Höchstbetrag angeben. Inhalt und Rang des Pfandrechts bestimmen sich nach den für die Schiffshypothek geltenden Grundsätzen. 1 Vgl. Noack, JurBüro 1982, 166 f.

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Vollziehung des Arrests

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Rz. 94 C

Muster 5 Arrestpfndung in ein eingetragenes Schiff

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An das AG Ich zeige an, Herrn … anwaltlich zu vertreten, und bersende in der Anlage den Arrestbefehl des ArbG … vom … (Az.: …) mit der Pfndungsanordnung fr das Motorschiff „MS Heidi“ (SchiffsregNr. …) und beantrage, die Pfndung vorzunehmen. Das Schiff befindet sich zurzeit im Hafen … Kai 23, Liegeplatz 98. Als Kostenvorschuss fge ich in der Anlage einen Verrechnungsscheck ber … Euro bei. Ich bitte, nach erfolgter Pfndung dem Arrestschuldner den in der Anlage hierzu beigefgten Arrestbefehl mit Pfndungsanordnung sofort zuzustellen. Auf die Frist des § 929 Abs. 3 ZPO weise ich hin. Unterschrift

10. Sonderfall 2: Arrestvollziehung in Luftfahrzeuge Literatur: Heinz, Die Sicherungsbeschlagnahme von Luftfahrzeugen, Diss. Frankfurt/M., 1988.

Nicht eingetragene inländische Luftfahrzeuge werden wie sonstige be- 92 wegliche Sachen behandelt. Für sie gelten also die Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung in das Mobiliarvermögen. Eingetragene inländische Luftfahrzeuge werden durch den Gerichtsvoll- 93 zieher gepfändet. Dieser nimmt das Luftfahrzeug in Bewachung und Verwahrung. Es wird gem. § 99 LuftfzRG ein Registerpfandrecht eingetragen1. In diesem Zusammenhang ist das Gesetz über die Unzulässigkeit der Sicherungsbeschlagnahme von Luftfahrzeugen (vom 17.3.1935, geändert durch Art. 57 des Gesetzes vom 19.4.2006, BGBl. I, 866) zu beachten. Hinsichtlich der Wahrung der Frist ist die Stellung des entsprechenden Antrags auf Eintragung des Registerpfandrechts maßgebend (§ 932 Abs. 2 und 3 ZPO). Bei eingetragenen ausländischen Luftfahrzeugen ist die Vollstreckung 94 durch Eintragung eines Registerpfandrechts gem. § 106 Abs. 2 LuftfzRG ausgeschlossen2. Eine Vollziehung durch Bewachung oder Verwahrung durch den Gerichtsvollzieher ist aufgrund des Gesetzes über die Unzuläs1 Zur Sperrwirkung vgl. § 7 LuftfzRG. 2 S. i.E. Grunsky in Stein/Jonas, § 928 Rz. 8.

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C Rz. 95

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Das Arrestverfahren

sigkeit der Sicherungsbeschlagnahme von Luftfahrzeugen jedoch in den meisten Fällen ebenfalls ausgeschlossen. Voraussetzung der Beschränkung der Sicherungsbeschlagnahme ist gem. § 5 LuftfzRG die Verbürgung der Gegenseitigkeit. 11. Sonderfall 3: Arresthypothek (§ 932 ZPO) Literatur: Blumers, Arrest und Arresthypothek nach der Abgabenordnung 1977, BB 1997, 190; Haegele, Die Zwangs- und Arresthypothek, BWNotZ 1972, 107; Helwich, Immobliarvollstreckung in der Praxis, Teil 5: Die Arresthypothek, JurBüro 2009, 290; Morvilius, Die Zwangshypothek und die Arresthypothek, FPR 2013, 382; Nicklisch, Wesen und Wirkung der Arresthypothek, AcP 1969, 124; Stender, Die Zwangs- und Arresthypothek, JurBüro 1973, 13; Stöber, Löschungsvormerkung und gesetzlich vorgemerkter Löschungsanspruch, Rpfleger 1977, 399 und 425; Streuer, Die Grundbucheintragung als Voraussetzung der Rechtsänderung, Rpfleger 1988, 513; Wittmann, Die Löschung und Neueintragung der Arresthypothek bei Versäumnis der Zustellfrist nach § 929 III ZPO, MDR 1979, 549.

a) Grundzüge 95

Die Arresthypothek ist zwar dem Grunde nach ein vollwertiges Sicherungspfandrecht, jedoch in ihrer Vollziehungsmöglichkeit beschränkt. Wegen ihrer vorrangigen Sicherungsfunktion kann sie allein durch die Eintragung einer Sicherungshypothek vollstreckt werden. Weder eine Zwangsverwaltung noch eine Zwangsversteigerung sind zulässig. Auch eine Hinterlegung der laufenden Grundstückserträge ist nicht möglich1. Aus dem Charakter als Sicherungshypothek folgt weiter, dass die Forderung auch ohne die Hypothek übertragen und gepfändet werden kann (§ 1190 Abs. 4 BGB). Die Hypothek wird jedoch bei der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung nicht als durch die Feststellung des Betrages bedingtes Recht behandelt (§§ 14, 146 ZVG)2.

96

Trotz der Sicherungsfunktion der Arresthypothek geht die inzwischen h.M. davon aus, dass sie auch eine Verwertungsfunktion hat, da ansonsten bei einem Eigentümerwechsel für den Gläubiger keine Möglichkeit der Verwertung bestünde3.

97

Der Arrestgläubiger bedarf zur Verwertung jedoch eines besonderen Duldungstitels, was seine vorzeitige Befriedigung bereits im Arrestverfahren ausschließt. Aus der Arresthypothek kann aber auf Duldung der Zwangsvollstreckung geklagt werden4.

1 2 3 4

Grunsky in Stein/Jonas, § 932 Rz. 1. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 932 Rz. 10. Vgl. Grunsky in Stein/Jonas, § 932 Rz. 1 m.w.N. BGH v. 15.4.1997 – IX ZR 112/96; OLG Celle v. 26.8.1983 – 4 U 32/82; Zöller/ Vollkommer, § 932 Rz. 1 m.w.N.

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Vollziehung des Arrests

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Rz. 101 C

Der Arrestgläubiger hat gem. § 932 Abs. 1 Satz 2 ZPO keinen Anspruch 98 auf Löschung einer vorrangigen oder gleichrangigen Hypothek gem. §§ 1179a und 1179b BGB und ist damit schlechter gestellt als der Inhaber einer Zwangshypothek1. Zuständig für die Eintragung ist das Grundbuchamt, in dessen Bezirk das 99 betroffene Grundstück liegt. Dieses wird dabei sowohl als Vollstreckungsorgan als auch als Organ der freiwilligen Gerichtsbarkeit tätig. Dementsprechend hat es sowohl die vollstreckungsrechtlichen als auch die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen der Eintragung von Amts wegen zu prüfen2. Eine Anwendbarkeit von § 932 ZPO im Verfahren auf Erlass einer einst- 100 weiligen Verfügung ist grundsätzlich nicht gegeben3. Eine auf Geldleistung, also etwa auf Arbeitsentgelt, gerichtete einstweilige Verfügung ermöglicht es dem Gläubiger abweichend von § 932 Abs. 1 ZPO bereits eine Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung des Grundstücks zu betreiben. Für den Rang ist dabei § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG maßgeblich. Eine bloße Arresthypothek würde dem Rechtsschutzinteresse des Gläubigers nicht gerecht4. b) Höchstbetragshypothek Die Arresthypothek wird als Höchstbetragshypothek i.S.v. § 1190 BGB 101 eingetragen, da der Betrag der Forderung noch ungewiss ist. Dabei ist unter Höchstbetrag die Summe zu verstehen, durch deren Hinterlegung der Schuldner die Vollziehung des Arrestes hemmen oder die Aufhebung des Arrestbefehls erreichen kann. Dieser Betrag ist im Arrestbefehl als Lösungssumme i.S.v. § 923 ZPO festzustellen. Wenn der Arrestbefehl nur zu einem Teilbetrag vollzogen werden soll, kann ein anderer Betrag eingetragen werden, der dann den Höchstbetrag darstellt. Zinsen und Kosten werden nicht gesondert ausgewiesen, sondern gem. § 1190 Abs. 2 BGB in den Höchstbetrag eingerechnet. Sind die Zinsen gleichwohl gesondert genannt, so ist die Eintragung nur hinsichtlich dieser unwirksam. Ist ein fehlerhafter Betrag eingetragen, ist die Eintragung unrichtig, nicht unzulässig (§ 53 GBO)5. Die Arresthypothek entsteht mit ihrer Eintragung und wirkt nicht zurück auf den Zeitpunkt der Antragstellung.

1 Vgl. Grunsky in Stein/Jonas, § 932 Rz. 5, der die Regelung für verfassungswidrig hält; a.A. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 932 Rz. 3. 2 Vgl. OLG Düsseldorf v. 8.3.1978 – 3 W 53/78; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 932 Rz. 4 m.w.N. 3 Zöller/Vollkommer, § 932 Rz. 9 mit weiteren Hinweisen. 4 Schuschke in Walker/Schuschke, § 932 Rz. 19. 5 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 932 Rz. 3.

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C Rz. 102

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Das Arrestverfahren

c) Verfahren 102

Der Modus Procedendi der Eintragung richtet sich nach den Bestimmungen über die Zwangshypothek (§ 866 Abs. 3, §§ 867 f. ZPO). Es müssen sowohl die grundbuchrechtlichen als auch die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Weiter muss der Höchstbetrag die Summe von 750 t übersteigen (§ 866 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Wenn die Sicherungshypothek auf mehrere Grundstücke verteilt werden soll, ist der Betrag auf die einzelnen Grundstücke zu verteilen (§ 867 Abs. 2 ZPO). Die einzelnen Teilbeträge müssen jeweils den genannten Mindestbetrag von 750 t übersteigen1. d) Antrag

103

Die Eintragung der Arresthypothek ist vom Arrestgläubiger beim Grundbuchamt zu beantragen. Dabei gelten die gleichen Eintragungsvoraussetzungen wie bei § 867 ZPO2. Er kann schriftlich oder zu Protokoll gestellt werden, da er nicht der Form des § 29 GBO bedarf. Eine Ausfertigung des Arrestbefehls muss beigefügt werden. Eines Nachweises der Vertretungsmacht bedarf es nicht, wenn der Verfahrensbevollmächtigte des Gläubigers im Rubrum des Arrestbefehls aufgeführt worden ist. Der Antrag bedarf nur in den Ausnahmefällen des § 929 Abs. 1 ZPO einer Vollstreckungsklausel.

104

Das Grundstück, auf dem die Sicherungshypothek einzutragen ist, muss genau bezeichnet werden. Eigentümer des Grundstücks und der im Arrestbefehl bezeichnete Schuldner müssen identisch sein. e) Vollziehungsfrist

105

Das Grundbuchamt ist gehalten, die Einhaltung der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO als Zulässigkeitsvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen. Diese ist nur gewahrt, wenn der Antrag auf Eintragung der Arresthypothek fristgerecht bei dem Grundbuchamt (§ 13 GBO) eingegangen ist. Der Eingang beim AG ist nicht fristwahrend3. Zur Fristwahrung müssen sämtliche Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen. Die Eintragung selbst kann später erfolgen4.

106

Die Vollziehung des Arrestbefehls ist gem. § 929 Abs. 3 Satz 1 ZPO auch schon vor seiner Zustellung zulässig. Sie steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass innerhalb einer Woche nach Vollziehung (Eingang des Antrages) und innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO zugestellt wird. Die Einhaltung dieser Frist wird vom Grundbuchamt nicht von Amts wegen 1 Zöller/Vollkommer, § 867 Rz. 15. 2 S. hierzu Zöller/Vollkommer, § 932 Rz. 8. 3 LG Lübeck v. 1.6.1994 – 7 T 239/94; OLG Düsseldorf v. 7.5.1993 – 3 Wx 138/93. 4 Schuschke in Schuschke/Walker, § 932 Rz. 6.

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Vollziehung des Arrests

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Rz. 111 C

überprüft1. Es wird auch nicht ohne entsprechendes Gesuch ein Widerspruch eingetragen2. Wenn die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO noch läuft, kann der Gläubiger seinen Antrag auf Eintragung der Arresthypothek wiederholen, sofern er die Frist des § 929 Abs. 3 Satz 2 ZPO versäumt hat. Ist eine frühere Eintragung vorhanden, so ist sie zu löschen und die neue mit neuem Rang einzutragen, sofern die übrigen Voraussetzungen für die Eintragung vorliegen. Bei der Vollziehung des dinglichen Arrestes mittels Eintragung einer Ar- 107 resthypothek kann sich der Gläubiger zwei zusätzliche Ausfertigungen des Arrestbefehls ausstellen lassen, um einen dem Schuldner zuzustellen und zugleich mit dem anderen die Eintragung der Arresthypothek zu beantragen. So entgeht er der drohenden Fristversäumnis und kürzt zugleich das gesamte Vollziehungsverfahren ab. f) Eintragung Hinsichtlich der Eintragung der Arresthypothek gelten, wie oben ausge- 108 führt (C Rz. 102), die Vorschriften über die Eintragung einer Zwangshypothek (§§ 866 Abs. 3, 867 f. ZPO). Voraussetzung der Eintragung ist die Vorlage eines Arrestbefehls, die Angabe des Höchstbetrages sowie die bestimmte Bezeichnung von Grundstück, Gläubiger und Schuldner. Der Antrag wird zurückgewiesen, wenn etwaige Mängel nicht vor dem Ablauf der Vollziehungsfrist beseitigt wurden3. Die Eintragung einer Arresthypothek für GmbHs in Gründung ist nicht 109 zulässig, wenn die Vorgesellschaft durch rechtskräftige Ablehnung der Eintragung der GmbH im Handelsregister aufgelöst wurde und nun zu liquidieren ist. Bestehen grundbuchrechtliche Mängel des Antrags, die im Wege der Zwischenverfügung gem. § 18 GBO beanstandet werden können, wird der Rang durch die Antragstellung gewahrt. Das Grundbuchamt hat in diesen Fällen von Amts wegen eine Vormerkung einzutragen4. Bei Vorliegen aller Voraussetzungen ist die Arresthypothek als Höchst- 110 betragssicherungshypothek einzutragen, die mit der Eintragung entsteht. g) Umschreibung nach § 866 ZPO Die Erlangung eines vollstreckbaren Titels durch den Gläubiger im 111 Hauptsacheverfahren verändert die Rechtslage hinsichtlich der Arrest-

1 Ganz h.M., s Schuschke in Schuschke/Walker, § 932 Rz. 6 m.w.N. 2 Vgl. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 932 Rz. 6; a.A. Hartmann in Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, § 932 Rz. 7. 3 S. zur Heilung vor Zurückweisung Schuschke in Walker/Schuschke, Rz. 6 zu § 932. 4 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 932 Rz. 4.

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C Rz. 112

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Das Arrestverfahren

hypothek nicht. Es erfolgt also nicht automatisch eine Umwandlung in eine Sicherungshypothek nach § 866 ZPO1. Die Rechtslage ist insofern anders als bei den für die Arrestvollziehung in bewegliches Vermögen geltenden Vorschriften. Bei der Arresthypothek muss der Arrestgläubiger beim Grundbuchamt deren Umwandlung in eine Sicherungshypothek gem. §§ 1184, 1190 BGB und § 866 ZPO beantragen. Der Zweck der Arresthypothek liegt allein darin, den Rang der Eintragung zu wahren. Erst die Sicherungshypothek eröffnet die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung. 112

Es ist streitig, ob der Gläubiger die Umschreibung bei einem bloß vorläufig vollstreckbaren Titel der Hauptsache verlangen kann oder ob er hier nur die Möglichkeit hat, eine Vormerkung eintragen zu lassen2. Meines Erachtens sprechen die besseren Argumente für die zuerst genannte Variante. h) Erwerb durch den Eigentümer

113

In § 932 Abs. 2 ZPO wird auf § 868 ZPO Bezug genommen. Nach dieser Vorschrift erwirbt der Eigentümer des Grundstücks die Hypothek in den Fällen, in denen die zu vollstreckende Entscheidung aufgehoben wird. Gleiches gilt, wenn die Zwangsvollstreckung eingestellt oder wenn sie für unzulässig erklärt wird. Die Rechtsfolgen des § 868 ZPO treten auch ein, wenn der Arrestbefehl aufgehoben wird.

114

Dabei ist unerheblich, aus welchem Grund die Aufhebung erfolgt ist, ob durch Berufung, auf einen Widerspruch hin oder gem. § 929 Abs. 2 ZPO wegen nicht fristgemäßer Klageerhebung in der Hauptsache. Auch die Aufhebung wegen veränderter Umstände (§ 927 ZPO) fällt hierunter.

115

Aus § 868 Abs. 2 ZPO ergibt sich, dass eine Rechtskraft der Aufhebungsentscheidung nicht erforderlich ist. Der Eigentümer erwirbt die Hypothek, wenn durch Gerichtsentscheidung die einstweilige Einstellung der Vollstreckung und zugleich die Aufhebung der erfolgten Vollstreckungsmaßregeln angeordnet wird oder wenn die zur Abwendung der Vollstreckung nachgelassene Sicherheitsleistung oder Hinterlegung erfolgt. In der Praxis wird dies in den Fällen bedeutsam, in denen die in § 923 ZPO festgestellte Geldsumme hinterlegt wird. Der Erwerb erfolgt dann bereits mit der Hinterlegung und nicht erst mit der nach § 934 Abs. 1 ZPO ergehenden Anordnung des Vollstreckungsgerichts3.

1 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 932 Rz. 12. 2 Für die erste Möglichkeit: Grunsky in Stein/Jonas, § 932 Rz. 14; für die zweite Möglichkeit: Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 932 Rz. 4. 3 Grunsky in Stein/Jonas § 932 Rz. 16.

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Vollziehung des Arrests

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Rz. 117 C

Muster 6 Antrag auf Eintragung einer Arresthypothek

116

An das AG – Grundbuchamt – In der Vollstreckungssache XY zeige ich die Vertretung des Glubigers an und bersende anliegend den Arrestbefehl des …gerichts vom … (Az.: …) nebst Zustellungsurkunde und beantrage fr den Glubiger wegen des in dem Arrestbefehl festgesetzten Betrages eine Sicherungshypothek (Arresthypothek) bis zum Hçchstbetrag von 25 000 b auf dem im Grundbuch von … Band …, Blatt …, lfd. Nr …, Flur …, Flurstck … eingetragenen Grundstck des Schuldners einzutragen. Begrndung Das …gericht hat auf Antrag des Glubigers … am … den als beglaubigte Ablichtung in der Anlage beigefgten Arrestbefehl erlassen. Dieser Arrestbefehl wurde dem Schuldner gemß der als beglaubigte Ablichtung beigefgten Postzustellungsurkunde durch den Gerichtsvollzieher … im Parteibetrieb am … zugestellt. Unterschrift

12. Sonderfall 4: Persönlicher Arrest (§ 933 ZPO) Literatur: Paul, Die Berechnung der Höchstdauer der Erzwingungshaft bei mehreren Haftbefehlen wegen Nichtabgabe der eidesstattlichen Versicherung, Rpfleger 2013, 250; Ritter, Zum persönlichen Sicherheitsarrest nach §§ 918, 933 ZPO, ZZP 1988, 126; Schmittmann/Sommer, Kostenrechtliche Behandlung von Haftkosten bei Vollzug von zivilrechtlichen Erzwingungshaftbefehlen (hier: § 901 ZPO), DGVZ 2012, 41; Schuschke, Der Vollzug des persönlichen Sicherungsarrestes, DGVZ 1999, 130; Winter, Vollzug der Zivilhaft, 1987.

a) Grundzüge Der persönliche Arrest ist das schärfste Mittel der Sicherung einer Forde- 117 rung. Er stellt daher gegenüber dem im Regelfall zu verhängenden dinglichen Arrest die zu begründende Ausnahme dar1 und darf nur dann zur Anwendung gelangen, wenn zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass andere Sicherungsmittel für den Gläubiger in der konkreten Situation nicht ausreichend sind. Es muss vorgetragen werden, warum der ding1 Vgl. zur Subsidiarität OLG München v. 19.10.1987 – 5 W 2977/87.

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C Rz. 118

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Das Arrestverfahren

liche Arrest nicht ausreichen soll und warum der Personalarrest geeignet ist, die Durchführung des Hauptsacheverfahrens zu sichern. Dabei ist stets zu beachten, dass der persönliche Arrest nicht nur in der Anordnung der Haft, sondern auch in sonstigen Beschränkungen der persönlichen Freiheit bestehen kann. Den weniger einschneidenden Maßnahmen ist grundsätzlich der Vorzug zu gewähren. Nur wenn die Inhaftierung das einzig erfolgversprechende Mittel der Sicherung ist, darf sie verfügt werden. Insbesondere ist darauf zu achten, dass der persönliche Arrest, gleich in welcher Form, nicht als Druckmittel, also als eine Art „Beugehaft“ missbraucht werden darf. 118

Das Ziel des persönlichen Sicherheitsarrestes ist dasselbe wie beim dinglichen Arrest. Es soll verhindert werden, dass der Schuldner die Vollstreckung vereitelt oder erschwert, indem er pfändbare Vermögensgegenstände beiseite schafft. Nur das Sicherungsmittel ist ein anderes, den Gläubiger wesentlich stärker belastendes. Er darf daher, wie oben dargelegt, nur verhängt werden, wenn die erforderliche Sicherung des Gläubigers nicht durch die Anordnung eines dinglichen Arrestes erreicht werden kann1. Der persönliche Sicherheitsarrest kann etwa gerechtfertigt sein, wenn der Schuldner keine oder unzureichende Angaben über den Verbleib wesentlichen (inländischen) Vermögens macht2.

119

Das Gericht bestimmt nach freiem Ermessen, in welcher Form es den persönlichen Arrest verhängt. Diese Form ist auch bereits konkret in den Beschluss aufzunehmen, da es sich um eine Frage des Inhalts des Arrestbefehls handelt und nicht um dessen Vollstreckung3. Die Beschlussformel, nach der gegen den Gläubiger „der persönliche Arrest verhängt wird“, ist daher unvollständig und einer Vollstreckung nicht zugänglich (s. Muster 7, C Rz. 131). Erforderlichenfalls muss der Arrestbeschluss ergänzt werden. Auf die konkrete Beschlussfassung kann der Gläubiger wegen der Ermessensfreiheit des Gerichts nur in Form von Anregungen Einfluss nehmen4.

120

Der persönliche Arrest ist auch gegenüber einem Ausländer zulässig, der sich im Inland aufhält (§ 26 HRPrÜbk).

121

§ 933 ZPO ist im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht anwendbar, da dort freiheitsbeschränkende Maßnahmen gegen den Schuldner nicht vorgesehen sind5.

1 2 3 4

OLG München v. 19.10.1987 – 5 W 2977/87. OLG Karlsruhe v. 7.5.1996 – 2 UF 59/96. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 933 Rz. 1. Schuschke in Schuschke/Walker, § 933 Rz. 1; vgl. zur fehlenden Beschwer bei der Verhängung einer abweichenden Form unten C Rz. 129. 5 Zöller/Vollkommer, § 733 Rz. 2.

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Vollziehung des Arrests

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Rz. 126 C

b) Anordnung von Haft Die Anordnung von Haft stellt die Ultima Ratio der Sicherungsmaßnah- 122 men dar und kann daher nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen. Vorher ist eingehend zu prüfen, ob der Zweck nicht auch mit anderen freiheitsbeschränkenden Maßnahmen erreicht werden kann (s.u. C Rz. 126). Ist die Haft notwendig, muss das Gericht einen Haftbefehl erlassen, der als gesonderter Beschluss ergehen kann, aber nicht muss1. Ergeht der Haftbefehl gesondert, so ist auch dort die Lösungssumme (§ 923 ZPO) aufzunehmen. So wird sichergestellt, dass der Schuldner jedenfalls bei der Verhaftung die Höhe der Lösungssumme erfährt. § 933 Satz 1 ZPO lautet seit dem 1.1.2013: „Die Vollziehung des persönlichen Sicherheitsarrestes richtet sich, wenn sie durch Haft erfolgt, nach den Vorschriften der §§ 802g, 802h und 802j Abs. 1 und 2 und, wenn sie durch sonstige Beschränkung der persönlichen Freiheit erfolgt, nach den vom Arrestgericht zu treffenden besonderen Anordnungen, für welche die Beschränkungen der Haft maßgebend sind.“ Hierdurch ergeben sich keine sachlichen Änderungen gegenüber der vorigen Fassung. Die Vollstreckung des Haftbefehls erfolgt nach Maßgabe der §§ 802g, 123 802h und 802j Abs. 1 und 2 ZPO und ist somit auf die Dauer von sechs Monaten beschränkt. Die Haft wird nur dann durch die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung beendet, wenn deren Abgabe Zweck der Inhaftierung war. Ansonsten hätte es der Schuldner in der Hand, durch Abgabe einer falschen eidesstattlichen Erklärung die Freiheit wiederzuerlangen, um dann weitere Vermögensverschiebungen vorzunehmen und sich ggf. ins Ausland abzusetzen. Eine Zusammenrechnung der Sicherungs- und Vollstreckungshaft erfolgt hinsichtlich der Höchstdauer nicht2. Auch mehrere Haftbefehle werden nicht zusammengerechnet3. Die Hinterlegung der Lösungssumme (§ 923 ZPO) wendet den weiteren 124 Vollzug sämtlicher Maßnahmen ab. Die Beschränkung der freiheitsbeschränkenden Maßnahmen auf die Dau- 125 er von sechs Monaten gilt auch für die unter C Rz. 122 dargestellten sonstigen Maßnahmen. c) Beschränkungen der persönlichen Freiheit ohne Inhaftierung Als weniger einschneidende Maßnahmen der Freiheitsbeschränkung 126 kommen zunächst die Verhängung von Hausarrest oder das Verbot, einen bestimmten Ort bzw. Bezirk zu verlassen, in Betracht4. Die Beschlagnah-

1 2 3 4

Grunsky in Stein/Jonas, § 933 Rz. 1. Grunsky in Stein/Jonas, § 933 Rz. 1. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 933 Rz. 2. Schuschke in Schuschke/Walker, § 933 Rz. 2; skeptisch zur praktischen Durchführbarkeit Gottwald, Einstweiliger Rechtsschutz, § 933 Rz. 4.

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C Rz. 127

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Das Arrestverfahren

me von Ausweispapieren1 kann in Einzelfällen ein taugliches Mittel darstellen, die Entfernung des Schuldners von einem bestimmten Ort mit hinreichender Aussicht auf Erfolg auszuschließen2. Besteht die begründete Besorgnis, dass der Schuldner plant, sich in ein Land außerhalb des Schengener Abkommens abzusetzen, kann er dieses Vorhaben ohne Ausweispapiere nicht umsetzen. Er könnte aber vom Inland aus Vermögensverschiebungen vornehmen, so dass die Inhaftierung in Einzelfällen möglich erscheint. Ein besonders effektives Mittel stellt die Auferlegung einer täglichen Meldepflicht beim zuständigen Polizeirevier dar. Diese ist vom Gerichtsvollzieher zu kontrollieren. d) Vollziehung des persönlichen Arrestes 127

Die Vollziehung des persönlichen Arrestes nach den Anordnungen des Gerichts ist Aufgabe des Gerichtsvollziehers. Die Verhaftung nimmt auf Antrag des Gläubigers der Gerichtsvollzieher vor (§ 909 ZPO), ebenso wie die weiteren freiheitsbeschränkenden Maßnahmen. Es obliegt ihm auch, bei einer angeordneten Beschlagnahme der Ausweispapiere diese dem Schuldner wegzunehmen. e) Rechtsbehelfe beim persönlichen Arrest

128

Sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner können die Art und Weise der Vollziehung des persönlichen Arrestes durch den Gerichtsvollzieher mit der Erinnerung nach § 766 ZPO angreifen. Hierüber entscheidet weder das Arrestgericht noch die Strafvollstreckungskammer3, sondern entsprechend § 764 ZPO das Vollstreckungsgericht4. Dies ist auch bei einem arbeitsgerichtlichen Titel das zuständige AG. Dabei ist zu beachten, dass die konkrete Form des persönlichen Arrestes keine Frage der Art und Weise der Vollziehung ist, sondern eine inhaltliche Gestaltung der gerichtlichen Entscheidung (s.o. C Rz. 119). Hierüber zu entscheiden obliegt somit dem Arrestgericht (s.u. C Rz. 129).

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Der Gläubiger kann gegen die Ablehnung des persönlichen Arrestes Beschwerde beim Arrestgericht (der Arbeitsgerichtsbarkeit) nach § 567 ZPO einlegen, hat jedoch ansonsten keine Möglichkeit, etwa die konkrete Anordnung im Arrestbefehl mit der Begründung anzugreifen, sie sei nicht einschneidend genug und verfehle daher den Sicherungszweck. In solchen Fällen fehlt es an einer Beschwer, da dem Antrag auf Erlass des persönlichen Arrestes stattgegeben wurde. Der Umstand, dass das Ge-

1 Vgl. zur Zulässigkeit Grunsky in Stein/Jonas, § 933 Rz. 1 m.w.N., für Unzulässigkeit Zöller/Vollkommer, § 933 Rz. 1; Schuschke in Schuschke/Walker, § 933 Rz. 2. 2 Kritisch Gottwald, Einstweiliger Rechtsschutz, § 933 Rz. 4. 3 LG Hamburg v. 26.3.1982 – (38) Vollz 36 u. 45/82. 4 Schuschke in Schuschke/Walker, § 933 Rz. 6.

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Vollziehung des Arrests

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Rz. 131 C

richt einer bestimmten Anregung im Arrestantrag nicht gefolgt ist, stellt de jure kein Teilunterliegen dar1. Der Schuldner kann mit der Begründung, die freiheitsbeschränkende 130 Maßnahme sei unverhältnismäßig, Widerspruch (§ 924 ZPO) oder Berufung (§ 511 ZPO) einlegen. Die Art des Rechtsmittels richtet sich danach, ob der Arrestbefehl als Beschluss oder als Urteil ergangen ist. Muster 7 Antrag auf Verhngung des persçnlichen Arrestes

131

An das ArbG Antrag auf Verhngung des persçnlichen Arrestes nach § 933 ZPO In der Vollstreckungssache XY zeige ich an, dass ich den Glubiger vertrete. Ich beantrage, wegen der Dringlichkeit der Sache ohne mndliche Verhandlung, hilfsweise nach mndlicher Verhandlung, gegen den Schuldner den persçnlichen Arrest zu verhngen. Es wird dringend ersucht, keine mndliche Verhandlung anzuberaumen, da der Antragsgegner hierdurch gewarnt wrde und voraussichtlich versuchen wird, die Vermçgensverschiebungen noch vor diesem Termin durchzufhren und sich dem persçnlichen Arrest zu entziehen. (nher ausfhren). Ich erklre fr den Fall, dass das Gericht einen Termin zur mndlichen Verhandlung anberaumt, die Rcknahme des Antrages. Gleichzeitig rege ich an, den persçnlichen Arrest in der Form der Inhaftierung des Schuldners zu verhngen. Begrndung Zum Arrestanspruch: Der Glubiger hat gegen den Schuldner eine Zahlungsforderung i.H.v. … Euro (nhere Darlegung und Glaubhaftmachung). Diese wurde mit Klage vom … bei dem erkennenden Gericht anhngig gemacht (Az.: …, beglaubigte Ablichtung anbei). Ein Termin zur Gteverhandlung wurde noch nicht angesetzt. Zum Arrestgrund: Der Schuldner ist Staatsbrger von Weißrussland. Er hat im Inland umfangreiche geschftliche Aktivitten entwickelt, die zu den genannten Forderungen fhrten. Seit einiger Zeit verlagert er die Erlçse aus diesen Geschften nach Weißrussland, mit dem kein Rechtshilfeabkommen besteht. Eine Vollstreckung aus einem erst in einigen Monaten zu erwartenden arbeitsgerichtlichen Urteil wird daher mit hoher Wahrscheinlichkeit fruchtlos bleiben, zumal der Schuldner beabsichtigt, Deutschland zu verlassen und sich wieder dauerhaft in seine Heimat zu begeben (nhere Darle1 Gottwald, Einstweiliger Rechtsschutz, § 933 Rz. 9.

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C Rz. 132

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Das Arrestverfahren

gung und Glaubhaftmachung). Ein dinglicher Arrest ist nicht mçglich, da die Vollstreckungsobjekte, insbesondere die Bankkonten, nicht nher spezifiziert werden kçnnen und der Schuldner sich weigert, nhere Angaben zu machen. Daher ist der persçnliche Arrest notwendig, um die Vollstreckung zu sichern. Dieser ist auch in der Form der Inhaftierung notwendig. Zwar kçnnte der Schuldner auch durch die Wegnahme der Ausweispapiere oder durch tgliche Meldeauflagen daran gehindert werden, Deutschland zu verlassen, dies wrde ihn jedoch nicht daran hindern, weiterhin Vermçgenswerte nach Weißrussland zu verlagern. Dies kann nur durch die Inhaftierung wirksam geschehen. Die Anberaumung einer mndlichen Verhandlung wrde den Schuldner warnen und ihn mçglicherweise veranlassen, nunmehr das Beiseiteschaffen von Vermçgen zu beschleunigen. Es wird daher dringend angeregt, ohne mndliche Verhandlung zu entscheiden. Die Antragsrcknahme fr den Fall der Anberaumung einer mndlichen Verhandlung ist als innerprozessuale Bedingung zulssig (Walker, Einstweilige Rechtsschutz im Zivilprozess, S. 202, Rz. 299 ff.; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, C Rz. 37). Unterschrift

13. Aufhebung der Arrestvollziehung nach Hinterlegung (§ 934 ZPO) a) Grundzüge 132

§ 934 ZPO regelt lediglich die Aufhebung des Arrestvollzuges, wie sich aus der Formulierung „der vollzogene Arrest“ ergibt. Für die Aufhebung des Arrestes selbst finden sich die Regelungen in den §§ 924 bis 927 ZPO. Zwei Gründe sind alternativ für die Aufhebung der Vollziehung vorgesehen: die Hinterlegung des in dem Arrestbefehl festgestellten Geldbetrages (= Lösungssumme nach § 923 Abs. 1 ZPO) und der mangelnde Kostenvorschuss des Gläubigers, falls die Fortdauer der Vollziehung des Arrestes besondere Aufwendungen erfordert (§ 934 Abs. 2 ZPO).

133

Die Aufhebung der Arrestvollziehung lässt den Arrestbefehl unberührt und macht die Vollziehung wegen dessen Kosten nicht unzulässig1.

134

Der Schuldner muss angesichts der nur beschränkten Wirkung dieser Vorschrift und der Bindung der Lösungssumme stets prüfen, ob nicht die Aufhebungsvoraussetzungen der §§ 924 bis 927 ZPO vorliegen, schon um die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach § 945 ZPO vorzubereiten.

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§ 934 Abs. 1 ZPO ist nicht auf einstweilige Verfügungen anwendbar. Hierfür enthält § 939 ZPO eine Sondervorschrift, die eine Aufhebung nur unter besonderen Umständen vorsieht. § 934 Abs. 2 bis 4 ZPO ist jedoch 1 Vgl. Zöller/Vollkommer, § 934 Rz. 1.

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Vollziehung des Arrests

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Rz. 139 C

wegen der Verweisung des § 936 ZPO auch auf einstweilige Verfügungen anwendbar1. b) Zuständigkeit Für die Aufhebung der Arrestvollziehung ist ausschließlich (§ 802 ZPO) 136 das Vollstreckungsgericht zuständig, also das AG, in dessen Bezirk die aufzuhebenden Vollstreckungshandlungen stattgefunden haben (§ 764 ZPO). Dies gilt auch bei einer Vollstreckung aus einem Arrestbefehl der Gerichte für Arbeitssachen. Nur für die Aufhebung der Forderungspfändung bleibt das Arrestgericht gem. § 930 Abs. 1 Satz 3 ZPO zuständig2. Hinsichtlich der funktionellen Zuständigkeit bestimmt § 934 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 20 Nr. 15 RPflG den Rechtspfleger und Abs. 2 den Richter als zuständiges Organ. c) Verfahren zur Aufhebung der Vollziehung Nach Hinterlegung der Lösungssumme gem. § 923 ZPO muss der 137 Schuldner beim Vollstreckungsgericht einen Antrag auf Aufhebung der Vollziehung (§ 923 Halbs. 2 ZPO) stellen. Der Antrag kann zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden und unterliegt auch beim LAG nicht dem Anwaltszwang. Der Nachweis der Hinterlegung ist beizufügen. Bei der Arresthypothek ist keine weitere Handlung des Schuldners notwendig, da diese nach Hinterlegung der Lösungssumme in eine Eigentümergrundschuld umgewandelt wurde. Die Berichtigung des Grundbuchs erfolgt jedoch erst, wenn der Schuldner den Nachweis der Hinterlegung und den Aufhebungsbeschluss beim Grundbuchamt vorlegt. Dem Gläubiger steht kein Antragsrecht zu, da er jederzeit den Verzicht erklären kann3. Das Aufhebungsverfahren nach § 934 Abs. 2 ZPO kann auch von Amts 138 wegen eingeleitet werden, wobei Gläubiger oder Schuldner die entsprechende Anregung an das Gericht herantragen können, ohne ein Antragsrecht zu haben. Für den Schuldner empfiehlt sich eine solche Anregung bei Vorliegen der Voraussetzungen, da er so die Freigabe der mit Arrest belegten Gegenstände erreichen kann, ohne die Lösungssumme hinterlegen zu müssen. Ein Antragsrecht steht auch dem Gerichtsvollzieher nicht zu. Der Gläu- 139 biger ist vor der Entscheidung nach Abs. 2 zunächst zur beabsichtigten Aufhebung anzuhören, damit er ggf. noch den erforderlichen Kostenvorschuss anweisen kann.

1 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 934 Rz. 3. 2 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 934 Rz. 5 m.w.N. 3 Grunsky in Stein/Jonas, § 934 Rz. 4.

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C Rz. 140 140

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Das Arrestverfahren

Die Entscheidung des Gerichts erfolgt bei freigestellter mündlicher Verhandlung (Abs. 3) stets durch Beschluss. Der Beschluss ist dem Gläubiger nach § 329 Abs. 3 ZPO von Amts wegen zuzustellen. Wenn keine mündliche Verhandlung stattfindet, besteht auch beim LAG kein Anwaltszwang. Die Entscheidung über die Aufhebung der Vollziehung enthält keinen Ausspruch über die Kosten, da diese zu den Kosten der Zwangsvollstreckung i.S.v. § 788 ZPO zählen1. d) Rechtsbehelfe

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Gegen die Aufhebung der Vollziehung durch den Rechtspfleger kann der Gläubiger die sofortige Beschwerde gem. § 793 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 RPflG einlegen. Die Aufhebung durch den Richter ist mit der sofortigen Beschwerde nach § 793 ZPO angreifbar2. Bei einer Ablehnung des Antrages auf Aufhebung nach § 934 Abs. 1 ZPO durch den Rechtspfleger ist ebenfalls die sofortige Beschwerde möglich. Erfolgt die Aufhebung des Arrestvollzuges durch den Richter, ist hiergegen die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegeben. Ob dem Schuldner das Recht der sofortigen Beschwerde zusteht, wenn der Richter seine Anregung, die Vollziehung nach § 934 Abs. 2 ZPO aufzuheben, ablehnt, ist in der Literatur umstritten. Nach der wohl herrschenden, aber nicht mit einer Begründung versehenen Auffassung hat er ein Beschwerderecht3. Nach der Gegenauffassung steht ihm kein Rechtsmittel zu, da er mangels Antragsrechts nicht beschwert ist4.

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Prüfliste: Arrest Antragsteller – Zuständigkeit des anzurufenden ArbG prüfen. – Rubrum sorgfältig abfassen; vor allem beim Passivrubrum können Fehler erhebliche Folgen haben (bestenfalls zeitraubende Nachfragen des Gerichts, schlimmstenfalls Unmöglichkeit der Zustellung). – Begehren klar formulieren (dinglicher/persönlicher Arrest oder einstweilige Verfügung). Der Tenor des Arrestantrags muss hinreichend bestimmt sein, insbesondere die zu sichernde Forderung enthalten. – Antrag auf Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im Zweifel in die Antragsschrift aufnehmen und diesbezüglich gezielt zur besonderen Dringlichkeit vortragen (etwa dass das Unterbleiben der Anhörung des Antragsgegners vor Erlass der Eilentscheidung zwingend nötig ist, um nicht den Sicherungserfolg zu vereiteln, etwa weil der Gegner dadurch veranlasst werden könnte, beschleunigt Vermögen zu verschieben; vgl. zur Zulässigkeit der bedingten Rücknahme C Rz. 37). Auch dieser Vortrag muss glaubhaft gemacht werden. 1 Schuschke in Schuschke/Walker, § 934 Rz. 4. 2 Schuschke in Schuschke/Walker, § 934 Rz. 5. 3 Grunsky in Stein/Jonas, § 934 Rz. 6; Zöller/Vollkommer, § 934 Rz. 3; Drescher in MünchKomm/ZPO, § 934 Rz. 3; a.A. Schuschke in Schuschke/Walker, § 934 Rz. 5. 4 Schuschke in Schuschke/Walker, § 934 Rz. 5; Gottwald, Einstweiliger Rechtsschutz, § 934 Rz. 5.

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Rz. 142 C

– Vorsorglich die größtmögliche Verkürzung der gesetzlichen Ladungsfristen gem. § 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 226, 217 ZPO beantragen. Einhaltung einer Einlassungsfrist im Eilverfahren ohnehin nicht erforderlich. – Antrag auf Ausfertigung der abgekürzten Entscheidung zur Eilvollziehung. – Antragsschrift klar aufgliedern. Dabei ist sinnvollerweise zunächst der Arrestanspruch (die zu sichernde Forderung) und dann der Arrestgrund (aus dem heraus die Entscheidung im Eilverfahren begehrt wird) darzulegen. Schließlich ist die besondere Dringlichkeit zu begründen, derentwegen eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung begehrt wird. – Größte Sorgfalt auf die Glaubhaftmachung auch des Vortrags zu den Prozessvoraussetzungen verwenden. Dabei beachten, dass eidesstattliche Versicherungen, in denen nur auf die Antragsschrift Bezug genommen wird, dem angerufenen Gericht nicht selten als zweifelhaft und weniger glaubwürdig erscheinen, weil der Eindruck entsteht, der Antragsteller flüchte aus Furcht vor strafrechtlichen Konsequenzen in eine nur pauschale Versicherung, um sich später auf Missverständnisse seines Anwalts beim in Bezug genommenen Vortrag in der Antragsschrift berufen zu können. Hier sollte wenigstens der Kern des maßgeblichen Sachvortrags in die eidesstattliche Versicherung aufgenommen werden und allenfalls zur Abrundung eine Bezugnahme auf die Antragsschrift erfolgen. Dabei ist sorgfältig zu beachten, dass auch nur das in die eidesstattliche Versicherung aufgenommen werden darf, was Gegenstand eigener Wahrnehmung des Versichernden ist (Parallele zur Zeugenaussage). – Vorsorglich nahe liegende Gegnereinreden abhandeln. – Vollziehung: Zustellung der erwirkten Eilentscheidung im Parteibetrieb vorsorglich auch bei einem Arresturteil veranlassen, damit der Arrest nicht nach Ablauf der Vollziehungsfrist zur Kostenlast des Antragstellers aufgehoben werden muss (§ 929 Abs. 2 ZPO). – Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB; – ob zweistufige Ausschlussfristen dadurch gewahrt werden, ist noch nicht entschieden, daher sicherheitshalber rechtzeitig das Hauptsacheverfahren einleiten (Wechsel vom Verfügungsverfahren in das Hauptsacheverfahren unzulässig!). Antragsgegner – Wenn ein Eilverfahren droht: Schutzschrift beim zuständigen ArbG deponieren. Prüfen, ob nicht mehrere Gerichte zuständig sein können, etwa wegen der Belegenheit der zu arrestierenden Gegenstände. Möglichst bei den Geschäftsstellen aller in Betracht kommenden Kammern deponieren. Dabei insbesondere darlegen, dass keine besondere Dringlichkeit vorliegt, so dass Anhörung in mündlicher Verhandlung zwingend geboten ist. – Nach Ergehen des Eilbeschlusses ohne mündliche Verhandlung: Verteidigungsmöglichkeiten im Widerspruchsverfahren prüfen. Widerspruch ist dann nicht sinnvoll, wenn in mündlicher Verhandlung keine präsenten oder im Verhältnis zur Antragstellerseite nur die wahrscheinlich schwächeren Beweismittel aufgeboten werden können. Möglichkeit des reinen Kostenwiderspruchs prüfen, wenn keine Veranlassung zur Verfahrenseinleitung gegeben war. – Im Widerspruchsverfahren alles an Gegengründen tatsächlicher und rechtlicher Art einbringen, was möglich ist. Auch hier auf sorgfältige eigene Glaubhaftmachung achten. Besonderes Augenmerk auf den Vortrag des Antragstellers zum Arrestgrund richten. – Stets daran denken, dass durch gut geführte Rechtsverteidigung das Hauptsacheverfahren obsolet gemacht werden kann.

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C Rz. 143

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Das Arrestverfahren

– Prüfen, ob Vollziehungsschutzantrag analog §§ 707, 924 Abs. 3, 936 ZPO sinnvoll ist. – Wenn kein Widerspruchsverfahren durchgeführt werden soll: Antrag gem. § 926 ZPO auf Anordnung an den Antragsteller, binnen gerichtlich bestimmter Frist Klage zur Hauptsache zu erheben. Vorteile: Antragsteller gerät unter Zeitdruck. Erhebt er nämlich die Hauptsacheklage nicht fristgemäß, wird der Arrest in mündlicher Verhandlung auf Gesuch des Antragsgegners durch Endurteil aufgehoben (§ 926 Abs. 2 ZPO) und der Antragsgegner erhält selbst mehr Zeit zur Vorbereitung seiner Rechtsverteidigung und zur Stellung von vielleicht augenblicklich im Ausland befindlichen Zeugen. Nachteil: Bis dahin kann die Eilentscheidung vollzogen werden. – In geeigneten Fällen Aufhebungsantrag wegen versäumter fristgerechter Vollziehung (§§ 929, 927 ZPO) stellen; dasselbe gilt unter dem Gesichtspunkt veränderter Umstände. Allerdings können mit dem letztgenannten Antrag keine für den Antragsteller positiven Kostenfolgen erzielt werden. – An die Möglichkeit der außergerichtlichen Bereinigung denken! Der Hinweis auf die Kosten des Hauptsacheverfahrens und auf mögliche Schadensersatzansprüche gem. § 945 ZPO kann die Einigung erleichtern. Ein Teilerfolg kann in diesem Zusammenhang wenigstens die Kostenbeteiligung des Antragstellers sein.

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Muster 8 Widerspruch gegen Arrestbefehl und Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung An das ArbG In Sachen X Y Az.: … wird gegen den Arrestbeschluss des ArbG … vom … Widerspruch eingelegt und beantragt, 1. den Arrestbeschluss aufzuheben und den Antrag zurckzuweisen, 2. die Zwangsvollstreckung aus dem Arrest vom … ohne Sicherheitsleistung einzustellen. Hilfsweise wird beantragt, die Einstellung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. … Euro einzustellen. Begrndung Zum Widerspruch: (Substantiierte Darlegung, dass die zu sichernde Forderung nicht besteht oder erloschen ist. Weiter kann dargelegt werden, dass ein Arrestgrund nicht besteht oder die Glaubhaftmachung unrichtig ist.) Zur Einstellung der Zwangsvollstreckung: Gemß § 924 Abs. 3 Satz 1 ZPO wird durch den Widerspruch die Vollstreckbarkeit nicht gehemmt. Eine Zwangsvollstreckung aus dem zu Unrecht ergangenen Arrestbefehl ist aus folgenden Grnden nicht hinnehmbar: (Beschreibung der Folgen der weiteren Vollziehung)

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Vollziehung des Arrests

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Rz. 144 C

Da § 924 Abs. 3 Satz 2 ZPO ausdrcklich anordnet, dass § 707 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht anwendbar ist, bedarf es keiner Darlegung und Glaubhaftmachung, dass der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist. Nur hilfsweise wird daher der Antrag gestellt, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung einzustellen. Die Bestimmung des § 924 Abs. 3 ZPO findet auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren Anwendung. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung ist nicht an die weiteren Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gebunden (Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorlufiger Rechtsschutz, § 924 Rz. 22; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil C Rz. 151). Der Sachvortrag wird wie folgt glaubhaft gemacht: (Darlegung der Mittel der Glaubhaftmachung) Unterschrift

Muster 9

Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung 144 aus einem Arrestbefehl gem. § 924 Abs. 3, § 707 ZPO

An das ArbG In Sachen X Y Az.: … wird beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Arrest vom … ohne Sicherheitsleistung einzustellen. Hilfsweise wird beantragt, die Einstellung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. … Euro einzustellen. Begrndung Das ArbG hat einen Beschluss erlassen, wonach … (Beschreibung des Inhaltes des Arrestes). Hiergegen ist mit Schriftsatz vom … Widerspruch eingelegt worden. Gemß § 924 Abs. 3 Satz 1 ZPO wird dadurch die Vollstreckbarkeit aber nicht gehemmt. Das Gericht hat erst fr den … Termin zur mndlichen Verhandlung anberaumt. Die Hinnahme der Zwangsvollstreckung ist fr den Antragsgegner auch nur bis zu diesem Termin aus folgenden Grnden nicht hinnehmbar: (Beschreibung der Folgen der weiteren Vollziehung) Da § 924 Abs. 3 Satz 2 ZPO ausdrcklich anordnet, dass § 707 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht anwendbar ist, bedarf es keiner Darlegung und Glaubhaftmachung, dass der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist. Nur hilfsweise wird daher der Antrag gestellt, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung einzustellen. Die Bestimmung des § 924 Abs. 3 ZPO findet auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren Anwendung. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung ist nicht an die weiteren Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gebunden (Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorlu-

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C Rz. 145

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Das Arrestverfahren

figer Rechtsschutz, § 924 Rz. 22; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil C Rz. 151). Unterschrift

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Muster 10 Antrag auf Besttigung eines erlassenen Arrestbefehls An das ArbG In Sachen X Y Az.: … wird beantragt, den Arrestbefehl des ArbG vom … zu besttigen. Begrndung Der Antrag auf Aufhebung des Arrestbefehls ist bereits nach dem eigenen Vorbringen des Schuldners nicht gerechtfertigt (nhere Darlegung). und/oder Das Vorbringen im Schriftsatz vom … wird nach Maßgabe folgender Ausfhrungen bestritten (nhere Darlegung). Die Voraussetzungen fr den Erlass des Arrestbefehls sind daher nach wie vor gegeben, so dass um antragsgemße Entscheidung gebeten wird. Die Kosten sind gem. § 91 ZPO dem Schuldner aufzuerlegen. Unterschrift

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Muster 11 Antrag auf Aufhebung des Arrestvollzugs An das AG – Vollstreckungsgericht – Eilt sehr! Bitte sofort vorlegen! In der Vollstreckungssache XY zeige ich die Vertretung des Schuldners an und beantrage in seinem Namen und mit seinem Auftrag,

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Rz. 147 C

den vom Glubiger durch Pfndung der folgenden Gegenstnde (przise Beschreibung) des Schuldners betriebenen Vollzug des Arrestbefehls des (Landes-)ArbG … vom … gem. § 934 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Begrndung Der Glubiger hat bei dem (Landes-)ArbG … einen Arrestbefehl am … erwirkt. In Vollziehung dieses Arrestbefehls hat er durch den Gerichtsvollzieher … in … die im Antrag bezeichneten und im Eigentum des Schuldners stehenden Gegenstnde pfnden lassen. Eine Ablichtung des Arrestbefehls sowie des Pfndungsprotokolls sind beigefgt. Der Schuldner hat nunmehr die im Arrestbefehl bezeichnete Lçsungssumme von … Euro bei dem AG in … hinterlegt. Insoweit wird auf den beigefgten Hinterlegungsschein Bezug genommen. Der Vollzug des Arrestbefehls ist aufzuheben. Unterschrift

Muster 12 Anregung auf Aufhebung des Arrestvollzugs

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An das AG – Vollstreckungsgericht – Eilt sehr! Bitte sofort vorlegen! In der Vollstreckungssache XY zeige ich die Vertretung des Schuldners an und gebe in seinem Namen und mit seinem Auftrag die Anregung, den vom Glubiger durch Pfndung der folgenden Gegenstnde (przise Beschreibung) des Schuldners betriebenen Vollzug des Arrestbefehls des (Landes-)ArbG … vom … gem. § 934 Abs. 2 ZPO aufzuheben. Begrndung Der Glubiger hat bei dem (Landes-)ArbG … einen Arrestbefehl am … erwirkt. In Vollziehung dieses Arrestbefehls hat er durch den Gerichtsvollzieher … in … die im Antrag bezeichneten und im Eigentum des Schuldners stehenden Gegenstnde pfnden lassen. Eine Ablichtung des Arrestbefehls sowie des Pfndungsprotokolls sind beigefgt. Die unter Ziffer … bis … genannten Gegenstnde wurden im Auftrag des Gerichtsvollziehers bei der Spedition … eingelagert. Fr die hierdurch entstehenden Lagerkosten i.H.v. … Euro kalendertglich hat der Schuldner lediglich bis zum … einen Kostenvorschuss gezahlt. Da der Glubiger offenbar

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C Rz. 148

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Das Arrestverfahren

nicht willens oder in der Lage ist, die notwendigen Lagerkosten weiter zu bestreiten, rege ich dringend an, den Arrest hinsichtlich der eingelagerten Gegenstnde zur Vermeidung von Folgeproblemen aufzuheben. Unterschrift

14. Vollziehungsklausel a) Vollstreckungsklausel 148

Arrestbefehle bedürfen grundsätzlich gem. § 929 Abs. 1 ZPO keiner Vollstreckungsklausel. Dies gilt gem. § 936 ZPO auch für einstweilige Verfügungen, unabhängig davon, ob die Eilentscheidung durch Urteil oder Beschluss erfolgt ist. Eine einfache Ausfertigung des Titels ist somit für die Vollziehung ausreichend, ohne dass es einer vollstreckbaren Ausfertigung bedarf1. Es handelt sich hier um eine Sonderregelung, die dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes entsprechend die Vollziehung erleichtern und beschleunigen soll. Der Gläubiger muss in diesen Fällen kein Klauselerteilungsverfahren (§§ 724, 725 ZPO) betreiben. Es ist somit leichter möglich, gleichzeitig an verschiedenen Orten zu vollziehen. Dies trägt den Erfordernissen der Praxis Rechnung, in der eine solche Vollziehung an mehreren Orten häufiger notwendig wird als bei Hauptsacheverfahren. Die erforderlichen weiteren Ausfertigungen können ohne die Beschränkungen des § 733 ZPO erteilt werden. Wenn das Gericht jedoch irrtümlich trotzdem eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit getroffen hat, die etwa die Möglichkeit der Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung eröffnet (§§ 709, 711 ZPO), so sind die Vollstreckungsorgane hieran gebunden2.

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Allerdings ist die Vollstreckungsklausel auch beim vorläufigen Rechtsschutz in den Fällen erforderlich, in denen die Vollziehung für oder gegen dritte, im Titel nicht genannte Personen, erfolgen soll. In den Fällen der Rechtsnachfolge auf Seiten des Gläubigers oder Schuldners bedarf es einer titelübertragenden Vollstreckungsklausel nach §§ 727 ff. ZPO, wobei es keine Rolle spielt, ob die Änderung vor oder nach Erlass des Arrestbefehls eingetreten ist3. Ferner ist die Erteilung einer Vollstreckungsklausel gem. § 33 AVAG im Rahmen der Anwendbarkeit zwischenstaatlicher Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge (z.B. EuGVVO oder Lugano-Übereinkommen) dann vorgesehen, wenn der Gläubiger eine Vollziehung im Ausland beabsichtigt und die Anerkennung nach dem jeweiligen Vertrag möglich ist4. Die Klausel muss auch dann erteilt wer-

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Allg. Auffassung, s. nur Zöller/Vollkommer, § 929 Rz. 1. OLG Karlsruhe v. 17.2.1983 – 2 UF 66/82; Grunsky in Stein/Jonas, § 929 Rz. 1. Grunsky in Stein/Jonas, § 929 Rz. 1. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 1.

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Vollziehung des Arrests

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Rz. 151 C

den, wenn der Arrest durch Beschluss ohne vorherige Anhörung der Gegenseite ergangen ist. Dies ist nicht bereits bei der Klauselerteilung zu prüfen1. b) Vorläufige Vollstreckbarkeit Arrestbefehle und einstweilige Verfügungen sind ab Verkündung des Ur- 150 teils bzw. Erlass des Beschlusses ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Einer entsprechenden Erklärung hierzu im Titel bedarf es nicht. Auch hier trägt der Gesetzgeber dem Eilcharakter des Verfahrens Rechnung. Diese Regelung ist auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren von Bedeutung, da § 62 Abs. 1 ArbGG im Bereich des vorläufigen Rechtsschutzes nicht gilt2. c) Einstellung der Zwangsvollstreckung und Aufhebung der Vollziehung Die besonderen Rechtsbehelfe des Eilverfahrens (§§ 924 ff. ZPO) sowie 151 die Berufung (oder der Einspruch nach § 338 ZPO) haben keinen Suspensiveffekt und lassen die Vollstreckbarkeit von Arrestbefehl und einstweiliger Verfügung unberührt. Das Arrestgericht hat aber im Falle des Widerspruches (§ 924 Abs. 3 Satz 2 ZPO), des Aufhebungsantrages nach § 927 ZPO (analog § 924 Abs. 3 Satz 2, § 707 ZPO) sowie der Berufung und des Einspruches gegen ein Versäumnisurteil (§§ 707, 719 ZPO) die Möglichkeit, die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen. Die besonderen Voraussetzungen der Einstellung der Zwangsvollstreckung in § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gelten in diesem Zusammenhang nicht3. Weitere Vollziehungsmaßnahmen sind dann nicht mehr möglich; bereits durchgeführte werden nach § 775 Nr. 1, § 776 ZPO aufgehoben. Dies gilt auch, wenn der Schuldner von seiner Abwendungsbefugnis nach §§ 923, 934 ZPO Gebrauch macht, wenn er Sicherheit leistet, der Arrestbefehl ihm (fehlerhaft) die Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung gestattet oder wenn der Arrest zwar aufgehoben wurde, das entsprechende Urteil aber noch nicht rechtskräftig ist. In diesen Fällen wird der Ablauf der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO unterbrochen, sobald die weitere Vollziehung nicht mehr möglich ist. Eine Aufhebung des Arrestbefehls wegen Fristversäumnis ist dann ausgeschlossen.

1 Grunsky in Stein/Jonas, § 929 Rz. 1. 2 GMP/Germelmann, § 62 Rz. 7. 3 Str.: wie hier Walker in Schuschke/Walker, § 924 Rz. 22, mit ausführlicher und zutreffender Begründung und m.w.N.; a.A. LAG Hamm v. 10.6.1988 – 8 Ta 254/88; Zöller/Vollkommer, § 924 Rz. 14.

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D. Das Verfügungsverfahren I. Die verschiedenen Arten der einstweiligen Verfügung 1. Sicherungsverfügung gem. § 935 ZPO 1

Zweck dieser Unterform der einstweiligen Verfügung ist die Sicherung eines Anspruches des Gläubigers, der nicht auf Geldleistung gerichtet ist. Mit diesem Sicherungsinstrument kann beispielsweise der Anspruch eines Arbeitgebers gegen einen früheren Arbeitnehmer auf die Herausgabe firmeneigener Gegenstände gesichert werden, die verkauft zu werden drohen und/oder die der Arbeitgeber für den Nachfolger benötigt. Hier kommt einerseits die Herausgabe an den Gerichtsvollzieher als Sequester in Betracht, mit der zwar der drohende Verkauf verhindert werden kann, nicht aber die Nutzungsmöglichkeit eröffnet wird. Andererseits ist es auch denkbar, dass der Arbeitnehmer schon mit der einstweiligen Verfügung verpflichtet wird, den Gegenstand an den Antragsteller herauszugeben. In diesem Fall entwickelt sich die Sicherungsverfügung zur Leistungsverfügung, die zur vollständigen Befriedigung führt. 2. Regelungsverfügung gem. § 940 ZPO

2

Weit häufiger ist im Arbeitsrecht die Regelungsverfügung, mit der ein bestehender Zustand erhalten oder gestaltet werden soll, um somit eine vorläufige Sicherung des Rechtsfriedens zu erreichen. Dazu gehört etwa die Untersagung der Wettbewerbstätigkeit eines Arbeitnehmers während der Dauer des Arbeitsverhältnisses oder die Verurteilung des Arbeitgebers zu einer Beschäftigung des Arbeitnehmers bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Häufig entfaltet auch die Regelungsverfügung eine Befriedigungswirkung. Solange die einstweilige Verfügung in Kraft ist, führt sie in den o.g. Beispielsfällen notwendigerweise zu einer Befriedigung des jeweiligen Antragstellers. Auch die Regelungsverfügung setzt einen Verfügungsanspruch voraus1, kann also nicht abstrakt und losgelöst von individuellen Ansprüchen Rechtsfrieden schaffen. Allerdings ist es manchmal schwierig, gerade auf dem Gebiet des Betriebsverfassungsrechts, den Verfügungsanspruch exakt zu definieren. Feststellende einstweilige Verfügungen sind unzulässig2. Sie stellen nur eine Art vorläufiges Rechtsgutachten des Gerichts dar, an das weder das

1 H.M., s. nur Grunsky in Stein/Jonas, § 940 Rz. 2. 2 LAG Rh.-Pf. v. 14.11.2012 – 8 TaBVGa 1/12 und v. 18.11.1996 – 9 Sa 725/96; LAG Hamm v. 24.2.2012 – 10 TaBVGa 1/12; LAG Köln v. 24.11.2010 – 5 Ta 361/10; ArbG Mannheim v. 27.9.2008 – 8 BVGa 2/08 und GMP/Matthes/Spinner, § 85 Rz. 29 für das Beschlussverfahren; ArbG Düsseldorf v. 8.9.2004 – 10 BVGa 23/04 für die Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat; Scholz in Ostrowicz/Künzl/Scholz, S. 573, Rz. 826; zu einer von der Rechtsprechung angenommenen Ausnahme s. I Rz. 325.

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Materiell-rechtliche und prozessuale Grundlagen

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Rz. 4

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Gericht noch sonst jemand gebunden ist. Daher kann für eine solche kein Rechtsschutzbedürfnis bestehen. 3. Leistungsverfügung Dieser Unterfall wird nicht direkt im Gesetz erwähnt, sondern wurde 3 von der Rechtsprechung entwickelt. Die Leistungsverfügung ist vielfach erforderlich, damit überhaupt effektiver Rechtsschutz gewährleistet ist. So kann der Arbeitnehmer, der existentiell auf die Entgeltzahlung angewiesen ist, nicht auf das langwierige Hauptsacheverfahren verwiesen werden. Dabei ist eine Vorwegnahme der Hauptsache nicht grundsätzlich ausgeschlossen, denn das Versagen einer einstweiligen Verfügung kann einen ebenso endgültigen Zustand zu Ungunsten des Verfügungsklägers schaffen wie der Erlass derselben zu Lasten des Verfügungsbeklagten1. Die Leistungsverfügung ist aber auch auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken, um die Vorwegnahme der Hauptsache so gering wie möglich zu halten. Der Arbeitnehmer kann daher mittels einer einstweiligen Verfügung regelmäßig nur einen Teil seines Entgeltanspruches durchsetzen, soweit dieser nämlich zur Beseitigung der Notlage erforderlich ist. Es ist stets eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der einerseits die Nachteile berücksichtigt werden, die dem Antragsgegner bei Erlass der Eilanordnung entstehen (etwa die Unmöglichkeit der Durchsetzung von Rückzahlungsansprüchen im Fall der Klageabweisung im Hauptsacheverfahren), und andererseits die Gefährdung der Interessen des Antragstellers bei einer Zurückweisung des Gesuches. Diese Interessenabwägung ist aber keine Besonderheit der Leistungsverfügung, sondern findet bei allen Unterfällen der einstweiligen Verfügung statt.

II. Materiell-rechtliche und prozessuale Grundlagen der einstweiligen Verfügung 1. Verfügungsanspruch Voraussetzung für eine einstweilige Verfügung ist zunächst die Glaub- 4 haftmachung eines Verfügungsanspruches. Dabei handelt es sich um das individuelle Recht, dessen Durchsetzung mittels der Eilentscheidung gesichert werden soll. Ein solcher Anspruch ist auch bei der Regelungsverfügung notwendig. Er muss grundsätzlich auf einen Titel hinsichtlich einer Individualleistung gerichtet sein, der nach den §§ 883 bis 898 ZPO zu vollstrecken ist, da für eine Geldforderung der Arrest das richtige verfahrensrechtliche Instrument darstellt. Nur im Fall der Leistungs- oder Befriedigungsverfügung ist der Anspruch auf eine Geldleistung gerichtet (etwa Entgeltzahlungen). Auch bedingte oder betagte Ansprüche sind einer Sicherung mittels einstweiliger Verfügung zugänglich. Dies gilt

1 LAG Berlin v. 31.8.2000 – 10 Sa 1728/00.

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D Rz. 5

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Das Verfgungsverfahren

grundsätzlich auch für künftige Ansprüche, jedoch muss hier zumindest eine Feststellungsklage bereits möglich sein. 5

Der Sachvortrag des Antragstellers muss derart substantiiert sein, dass dem Gericht eine Schlüssigkeitsprüfung möglich ist. Die einstweilige Verfügung hat eine sichernde und dienende Funktion. Ob ein entsprechender Antrag begründet ist, kann somit nicht abstrakt, sondern nur in Abhängigkeit vom Verfügungsanspruch entschieden werden. Erst nach schlüssiger Darlegung des Verfügungsanspruches kann auch beurteilt werden, welche Tatsachen glaubhaft zu machen sind1 (s. zum Umfang der Glaubhaftmachung D Rz. 14 ff.) und welche Möglichkeiten der Sicherung gem. § 938 ZPO in Betracht kommen. Umstritten ist die Frage, wieweit die Schlüssigkeitsprüfung des Gerichts zu gehen hat und wie hoch dementsprechend die Anforderungen an die Substantiierung anzusetzen sind. Meines Erachtens ist hier grundsätzlich derselbe Maßstab anzulegen wie im Klageverfahren2. Eine bloß „summarische Prüfung“ der Schlüssigkeit3 ist auch angesichts der Eilbedürftigkeit nicht angebracht. Allerdings ist in rein praktischer Hinsicht zu beachten, dass eine unter großem Zeitdruck ergangene Entscheidung nicht mit der gleichen Sorgfalt ergeht wie ein Urteil im Hauptsacheverfahren. Daher müssen die Parteien des Verfügungsverfahrens damit rechnen, dass das Gericht im Widerspruchsverfahren und auch im Hauptsacheverfahren die entscheidungserheblichen Rechtsfragen anders beantwortet als noch im Eilverfahren. Eine Bindung des Gerichts an eine einmal im Eilverfahren vertretene Rechtsauffassung kann nicht eintreten, es kann auch kein Vertrauensschutz bestehen.

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Wird die Anwendbarkeit ausländischen Rechts vorgetragen, so gehört die Darlegung dieser Regeln nicht unbedingt zur Schlüssigkeit, da das Gericht gem. § 293 ZPO dieses von Amts wegen ermitteln muss. Da sich die Ermittlungspflicht im Eilverfahren jedoch auf die präsenten Erkenntnisquellen beschränkt4, empfiehlt sich für den Antragsteller unabhängig von der Frage, wieweit eine trotz des Amtsermittlungsgrundsatzes bestehende Mitwirkungspflicht besteht, stets die umfängliche Darlegung der maßgeblichen ausländischen Normen. So werden Fehlentscheidungen vermieden, die auf einer Unkenntnis der ausländischen Rechtsquellen beruhen.

7

Auch die Frage, ob und ggf. inwieweit das Nichtbestehen von Einwendungen vom Antragsteller vorzutragen ist, betrifft nicht erst die Glaubhaftmachung, sondern bereits die Schlüssigkeitsprüfung. Hier gilt grundsätzlich die Verteilung der Darlegungslast (zur Glaubhaftmachung s. D Rz. 14 ff.) wie im Hauptsacheverfahren. Es ist aber den Besonderheiten des Verfügungsverfahrens Rechnung zu tragen. Dies geschieht zum einen 1 2 3 4

Grunsky in Stein/Jonas, § 916 Rz. 4. So auch Drescher in MünchKomm/ZPO, § 940 Rz. 8. In diese Richtung wohl Grunsky in Stein/Jonas, § 940 Rz. 3. Thomas/Putzo, § 293 Rz. 7.

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dadurch, dass zur Schlüssigkeit auch das Nichtvorliegen solcher Einwendungen gehört, für deren Bestehen sich aus dem anspruchsbegründenden Sachvortrag Anhaltspunkte ergeben. Noch stärker ist die Darlegungslast des Antragstellers in den Fällen, in denen ohne mündliche Verhandlung entschieden wird und dem Antragsteller auch sonst keine Möglichkeit der Stellungnahme eingeräumt worden war und keine Schutzschrift vorliegt. Hier muss den Interessen des Schuldners dadurch Rechnung getragen werden, dass das Nichtbestehen von nahe liegenden Einwendungen zur Schlüssigkeit gehört. Auf theoretisch mögliche, aber abseitige Einwendungen bezieht sich die Darlegungslast nicht1. 2. Verfügungsgrund Hierbei handelt es sich um die Umstände, derentwegen gerade das Eilver- 8 fahren angestrengt wird, weil die Rechtsverwirklichung im Hauptsacheverfahren gefährdet erscheint. Auch hier sind die Tatsachen im Einzelnen substantiiert darzulegen und glaubhaft zu machen. Wie beim Arrestgrund (s. dazu B Rz. 28) handelt es sich dogmatisch um 9 eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit, da die Dringlichkeitsvoraussetzungen nicht verfahrensrechtlicher, sondern materiellrechtlicher Art sind. Eine durch treuwidriges Zuwarten herbeigeführte Eilbedürftigkeit steht 10 dem Verfügungsgrund nur dann entgegen, wenn die Chance bestand, rechtzeitig eine abschließende Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu erlangen2. Daher kann der Verfügungsgrund durch langes Zuwarten widerlegt werden. Dies gilt jedoch nicht, solange der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber Verhandlungen über eine gütliche Beilegung des Streits führt. Erst wenn diese gescheitert sind, hat der Arbeitnehmer den Anspruch alsbald geltend zu machen3. Für die Durchführung des Berufungsverfahrens wird vertreten, dass der Verfügungskläger das Bestehen eines Verfügungsgrundes dadurch selbst widerlegen kann, dass er nach einem klageabweisenden Urteil erster Instanz die Rechtsmittelfrist für die Berufungseinlegung und die Berufungsbegründungsfrist voll ausschöpft4. Dies soll jedenfalls für den Fall gelten, dass nach abweisendem erstinstanzlichen Urteil der Verfügungskläger nicht nur Berufungsfrist und Berufungsbegründungsfrist voll ausschöpft, sondern sich auch noch die Berufungsbegründungsfrist nicht unerheblich verlängern lässt und diese 1 Vgl. Grunsky in Stein/Jonas, § 920 Rz. 10 f. für den Fall, dass solche Anhaltspunkte ersichtlich sind. 2 LAG Hess. v. 22.10.1998 – 15 Ta 577/98. 3 Hess. LAG 10.5.2010 – 16 SaGa 341/10. 4 LAG München v. 12.10.2006 – 4 Sa 677/06; LAG Nürnberg v. 17.8.2004 – 6 Sa 439/04; LAG Hamm v. 10.2.2006 – 7 Sa 2307/05; LAG Düsseldorf v. 1.6.2005 – 12 Sa 352/05; LAG Köln v. 30.4.1993 – 13 Sa 127/93; vgl. weiter LAG Nürnberg v. 18.9.2007 – 4 Sa 586/07; LAG Hessen v. 28.6.2010 – 16 SaGa 811/10 und v. 5.7.2006 – 2 SaGa 632/06, LAG Rh.-Pf. v. 25.5.2007 – 6 TaBVGa 6/07.

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D Rz. 10a

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Das Verfgungsverfahren

Verlängerung in vollem Umfang ausschöpft1. Dagegen wird eingewandt, dass dies eine Beschneidung verfahrensmäßiger Rechte ohne gesetzliche Grundlage darstelle2. Ein erneuter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung soll zulässig sein, wenn die bereits erlassene Verfügung nicht innerhalb der Vollziehungsfrist des § 929 ZPO vollzogen worden ist3. Es ist aber nicht notwendig, gleichzeitig mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung das Hauptsacheverfahren anzustrengen. Dies muss der Antragsteller erst auf einen Beschluss gem. § 926 Abs. 1 ZPO tun4. 10a

Je zweifelhafter der Verfügungsanspruch ist, desto stärker sind die Anforderungen an den Verfügungsgrund. Umgekehrt sinken die Anforderungen an den Verfügungsgrund in dem Maße, in dem der Verfügungsanspruch eindeutig gegeben ist5. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes wirkt sich in doppelter Hinsicht aus: Weder soll ein unzweifelhaft gegebener Anspruch durch Zeitablauf untergraben werden, noch soll die Gegenseite verpflichtet werden einen nicht gegeben Anspruch zu erfüllen6. Es bedarf jedoch immer einer Rechtfertigung des Eilverfahrens, die über das eindeutige Bestehen des Verfügungsanspruchs hinausgeht. 3. Glaubhaftmachung a) Gegenstand der Glaubhaftmachung

11

Die Glaubhaftmachung bezieht sich wie beim Arrest auf die Tatsachen, die der Begründung von Anspruch und Grund dienen. Ausgenommen hiervon sind die Tatsachen, die keines Beweises und daher auch keiner Glaubhaftmachung bedürfen, nämlich offenkundige, gesetzlich vermutete und dem Gericht durch eigene Sachkunde bekannte Tatsachen7. Grundsätzlich gilt dies auch für unstreitige Tatsachen. Jedoch ist hier wiederum zu beachten, dass das Verfügungsverfahren möglicherweise einseitig bleibt. Eine Tatsache kann aber erst unstreitig werden, wenn 1 LAG Rh.-Pf. v. 27.9.2012 – 10 SaGa 8/12; ebenso für einen „dringlichkeitsschädlichen“ Terminsverlegungsantrag OLG Hamm v. 15.3.2011 – I-4 U 200/10. 2 S. vor allem Humberg, ArbuR 2013, 299 mit ausf. Begründung; OLG Frankfurt v. 27.9.2012 – 6 W 94/12 für eine zweiwöchige Beschwerdefrist; LAG Berlin-Brandenburg v. 14.3.2012 – 15 SaGa 2383/11 nur bezogen auf die Konkurrentenklage; LAG Hamm v. 6.11.2007 – 14 SaGa 39/07; Natter/Gross/Pfeiffer, § 66 Rz. 10. 3 LAG Hamm v. 10.6.1998 – 14 Sa 883/98, n.v. 4 LAG Rh.-Pf. v. 24.9.2009 – 10 SaGa 9/09. 5 LAG Köln v. 28.2.2014 – 4 Ta 28/14, das sogar meint, dass „bei eindeutiger Rechtslage auf zusätzliche Anforderungen an einen Verfügungsgrund verzichtet werden“ könne; LAG Köln v. 13.5.2005 – 4 Sa 400/05 – keine einstweilige Verfügung bei einer „in hohem Maße zweifelhaftgen Rechtslage; LAG Berlin-Brandenburg v. 3.3.2011 – 4 SaGa 432/11 und v. 28.1.2014 – 9 Ta 2233/13 und v. 12.12.2007 – 22 SaGa 2264/07; Hess. LAG v. 3.7.2012 – 15 SaGa 243/12; für das Beschlussverfahren Hess. LAG v. 7.8.2008 – 9 TaBVGa 188/08. 6 LAG Berlin-Brandenburg v. 3.3.2011 – 4 SaGa 432/11. 7 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 921 Rz. 11.

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Rz. 14

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der Gegner Gelegenheit zur Erwiderung gehabt hat. Daher empfiehlt sich die Glaubhaftmachung auch solcher Tatsachen, die voraussichtlich nicht bestritten werden, gerade angesichts einer Entscheidung, die das völlige Fehlen von Mitteln der Glaubhaftmachung als Rechtfertigung für eine Abweisung des Antrages ohne mündliche Verhandlung genommen hat1. Auch die Prozessvoraussetzungen müssen nur glaubhaft gemacht und 12 nicht bewiesen werden. Etwas anderes ließe sich nicht mit dem Charakter des Eilverfahrens vereinbaren. Grundsätzlich keiner Glaubhaftmachung bedarf der Inhalt ausländischen 13 Rechts, da es an einer entsprechenden Darlegungslast fehlt. Vielmehr ist dies von Amts wegen durch das Gericht zu ermitteln. b) Umfang der Glaubhaftmachung Das Gesetz trifft keine Aussagen über den Grad der Überzeugung, den 14 die Glaubhaftmachung dem Gericht vermitteln muss. § 294 ZPO als einzige Vorschrift, die sich mit dem Thema befasst, nennt lediglich die Mittel der Glaubhaftmachung (dazu unten D Rz. 16). Es ist aber eindeutig, dass die Glaubhaftmachung dem Gericht einen geringeren Grad von Gewissheit zu vermitteln hat als der Beweis, bei dem die maßgeblichen Tatsachen zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) feststehen müssen („ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit“2, „ein so hoher Grad von Gewissheit, dass er den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen“3). Dieser Rest von Zweifeln darf bei der Glaubhaftmachung größer sein als beim Beweis. Vielfach wird davon gesprochen, dass die „überwiegende Wahrscheinlichkeit“4 ausreiche, ohne dass diese Formel einen Erkenntnisgewinn brächte. Eine generalisierende, für alle Fälle gültige Formel dürfte auch nicht zu gewinnen sein. Vielmehr sind die Umstände des Einzelfalles für die Frage maßgeblich, ob die Überzeugung des Gerichts ausreichend ist, um den Arrestbefehl zu erlassen. Dabei ist zu beachten, dass im Verfügungsverfahren eine Abwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers an einer Sicherung seines Anspruches und dem Interesse des Antragsgegners stattzufinden hat, von Folgen einer möglicherweise unberechtigten einstweiligen Verfügung verschont zu bleiben. Der Überzeugungsgrad kann also nicht generellabstrakt definiert werden, sondern ist abhängig von der Frage, wie stark die Antragstellerinteressen durch eine Verweigerung der Eilentscheidung und wie stark die Antragsgegnerinteressen durch den Erlass der einstweiligen Verfügung beeinträchtigt werden.

1 2 3 4

ArbG Berlin v. 18.2.2008 – 58 Ga 2920/08. BGH v. 14.1.1993 – IX ZR 238/91. BGH v. 14.12.1993 – VI ZR 221/92. BGH v. 5.5.1976 – IV ZB 49/75; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 921 Rz. 14 m.w.N.

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D Rz. 15 15

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Das Verfgungsverfahren

Die Verteilung der Verpflichtung, Tatsachenbehauptungen glaubhaft zu machen, richtet sich grundsätzlich nach der Darlegungslast und ist jedenfalls dann nicht anders als im Hauptsacheverfahren zu beurteilen. c) Mittel der Glaubhaftmachung

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Das in der Praxis bedeutsamste Mittel der Glaubhaftmachung ist die Versicherung an Eides statt. Diese kann auch per Telefax abgegeben werden. Ob der eidesstattlichen Versicherung der Partei selbst ein grundsätzlich geringerer Überzeugungswert innewohnt als der eines Dritten, kann nicht generell gesagt werden, sondern es kommt immer auf den Einzelfall an. Allein der Umstand, dass eine eidesstattliche Versicherung von einem Mitarbeiter der Arbeitgeberin stammt, stellt die Glaubwürdigkeit des Erklärenden nicht in Frage1. Auch der Dritte kann ein Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens haben, das zu erkennen das Gericht nicht vermag. Allerdings kann die eidesstattliche Versicherung der Partei dann nicht ausreichend sein, wenn die Gegenseite den Vollbeweis antritt.

17

Es reicht nicht aus, wenn sich die eidesstattliche Versicherung darin erschöpft, der Versichernde habe bestimmte Schriftstücke gelesen und versichere in Kenntnis der Bedeutung einer solchen Erklärung die Richtigkeit des darin enthaltenen Inhaltes an Eides statt. Vielmehr muss darin eine eigene Sachverhaltsdarstellung enthalten sein2. Bei der Prüfung, ob die Sachverhaltsdarstellung ausreicht, muss man immer die Parallele zur schriftlichen Zeugenaussage ziehen. Um deutlich zu machen, dass der Versichernde die Bedeutung seiner Erklärung erkennt, kann man den Wortlaut von § 156 StGB der eidesstattlichen Versicherung voranstellen.

18

Der Vollbeweis ist auch im Eilverfahren zulässig, jedoch muss er mit präsenten Beweismitteln i.S.v. § 294 Abs. 2 ZPO geführt werden. Urkunden müssen im Original vorgelegt, Zeugen gestellt und Sachverständigengutachten eingereicht werden. Der Umstand, dass der Sachverständige dann nicht vom Gericht, sondern von der jeweiligen Partei ausgewählt und beauftragt wurde, begründet kein Ablehnungsgesuch. Auch die sog. „anwaltliche Versicherung“ ist ein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung. d) Bindung an Anträge (§ 938 ZPO)

19

Zwar kann eine einstweilige Verfügung nur aufgrund eines Antrages ergehen3, jedoch ist dieser gem. § 938 Abs. 1 ZPO für das Gericht nur in beschränktem Maße bindend. Dem Antrag kommt somit nicht immer die große Bedeutung wie im Hauptsacheverfahren zu. Der Antragsteller muss allerdings sein Rechtsschutzziel benennen. Einzig bei der Leis1 LAG Berlin-Brandenburg v. 30.3.2011 – 4 SaGa 638/11. 2 BGH v. 13.1.1988 – IV ZB 13/87. 3 Vgl. LAG Hamm v. 31.5.2000 – 18a Sa 585/00 – Bestimmtheitserfordernis gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gilt auch im Verfügungsverfahren.

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Rz. 23

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tungsverfügung ist er gehalten, den Antrag mit ebensolcher Präzision zu stellen wie im Hauptsacheverfahren. Im Einzelnen gilt Folgendes: Das Gericht hat gem. § 938 Abs. 1 ZPO nach freiem Ermessen zu ent- 20 scheiden, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind. Voraussetzung ist zunächst, dass der glaubhaft gemachte Anspruch überhaupt gesichert werden muss, also ein Verfügungsgrund vorliegt. Sodann muss untersucht werden, ob eine solche Sicherung überhaupt effektiv erfolgen kann, und wenn ja, welche Maßnahmen hierfür geeignet sind. Wenn mehrere Maßnahmen in Betracht kommen, obliegt die Bestim- 21 mung dem Gericht, wobei es abzuwägen hat zwischen dem Sicherungsinteresse des Antragstellers und dem Interesse des Antragsgegners, durch die ja nur vorläufige Maßnahme nicht mehr als unbedingt notwendig in seinen Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt zu werden. Unabhängig von der Entscheidungsfreiheit des Gerichts muss der An- 22 tragsteller zunächst klarstellen, welches Rechtsschutzziel er anstrebt. Dazu gehört in erster Linie die Unterscheidung zwischen Arrest und einstweiliger Verfügung. Zwar unterliegt ein Eilantrag auch der Auslegung, jedoch sollte der Antrag schon im Hinblick auf die knappe Zeit so gefasst sein, dass für zeitraubende Rückfragen des Gerichts keine Notwendigkeit entsteht. Die Besonderheit des § 938 Abs. 1 gegenüber § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO besteht darin, dass der Antragsteller die Mittel, die zur Sicherung verwandt werden sollen, nicht ausdrücklich in der Antragsschrift benennen muss. In praxi wird allerdings eine präzise Antragstellung zu empfehlen sein, da der Antragsteller die Verhältnisse am besten kennt und von daher vielfach besser einschätzen kann, welche Sicherungsmaßnahme am besten geeignet ist. Das Gericht ist jedoch nicht vollkommen frei in der Wahl der Siche- 23 rungsmittel. So ist § 308 ZPO auch im Verfügungsverfahren zu beachten, d.h., das Gericht darf nicht über den Antrag hinausgehen. Dies ist in den Fällen eindeutig bestimmbar, in denen der Antrag etwa zeitlich oder mengenmäßig begrenzt ist. Beantragt der Betriebsrat z.B. eine einstweilige Verfügung, mit der dem Arbeitgeber der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen für drei Monate untersagt werden soll, so darf das Gericht dies beispielsweise für zwei, nicht aber für vier Monate tun. Häufig wird sich eine vom Gericht intendierte Maßnahme jedoch nicht als ein Minus, sondern als ein Aliud zu der beantragten darstellen. Bei einer strengen Bindung an den Antrag wäre eine solche Tenorierung nicht möglich. Der Gesetzgeber wollte aber offenkundig im Verfügungsverfahren eine gewisse Lockerung der Bindung an den Antrag erreichen1. Problematisch ist jedoch, wie weit dies im Einzelfall gehen kann.

1 Zöller/Vollkommer, § 938 Rz. 2.

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D Rz. 24

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Das Verfgungsverfahren

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Hier ist m.E. der Auffassung zu folgen, die Maßnahmen zulässt, die in die gleiche Richtung wie die vom Antragsteller beantragten gehen, ohne ihren inhaltlich vollkommen zu entsprechen. Das Gericht darf also nicht etwas völlig anderes zusprechen. Hat etwa der Betriebsrat die zeitlich befristete Untersagung betriebsbedingter Kündigungen verlangt, darf das Gericht nicht per einstweiliger Verfügung eine Einigungsstelle einsetzen (was ohnehin nicht zulässig ist). Wohl aber darf es, wenn die Gewährung von Urlaub beantragt wurde, eine Gestattungsverfügung erlassen, die es dem Arbeitnehmer erlaubt, in dem begehrten Zeitraum der Arbeit fernzubleiben, ohne dass weitere Festlegungen getroffen würden1.

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Ist der Richter bei der Regelungsverfügung relativ frei2, so gilt für die Befriedigungs- und Leistungsverfügung eine engere Bindung an den gem. § 253 ZPO zu stellenden bestimmten Antrag3. Bei Geldleistungsverfügungen etwa auf Zahlung von Arbeitsentgelt muss die geforderte Summe genau bezeichnet werden4. Bei einer Unterlassungsverfügung ist die zu unterlassende Handlung ebenfalls konkret zu beschreiben, so dass der Titel Grundlage der Zwangsvollstreckung sein kann. Allerdings muss nicht jede denkbare Pflichtverletzung in allen Einzelheiten im Antrag aufgeführt sein. So reicht es auch, etwa einen Antrag auf Unterlassung einer Betriebsblockade zu stellen und hierfür einige Beispiele zu nennen, wie diese in der Vergangenheit konkret vorgenommen wurde.

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Unzulässig sind etwa Maßnahmen, mit denen eine entgegengesetzte einstweilige Verfügung beseitigt oder unterlaufen werden soll5. Auch darf durch die einstweilige Verfügung nicht in Rechte Dritter eingegriffen werden. Dritten dürfen auch keine Handlungspflichten auferlegt werden6. Es dürfen auch keine Maßnahmen angeordnet werden, die nicht vollzogen werden dürfen, wie etwa die Haft bei § 883 ZPO. Schließlich darf dem Antragsteller mit der einstweiligen Verfügung materiell nicht mehr zugesprochen werden, als er im Hauptsacheverfahren erlangen könnte (vgl. zu dieser Problematik beim Unterlassungsanspruch bei Betriebsänderungen K Rz. 147). e) Zuständigkeit

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Für die Rechtswegabgrenzung gelten die normalen Abgrenzungskriterien der §§ 2 ff. ArbGG. Im Einzelnen ist Folgendes zu beachten:

1 A.A. Corts, NZA 1998, 357; vgl. weiter Drescher in MünchKomm/ZPO, § 938 Rz. 2 bis 9 m.w.N., auch zu den dogmatischen Grundlagen. 2 Zöller/Vollkommer, § 938 Rz. 2. 3 LAG München v. 18.9.2002 – 5 Sa 619/02 – meint sogar, § 938 ZPO gelte bei der Befriedigungsverfügung gar nicht. 4 Gottwald, Einstweiliger Rechtsschutz, § 938 Rz. 3 m.w.N. 5 Thomas/Putzo, § 938 Rz. 4 m.w.N. 6 Vgl. Thomas/Putzo, § 935 Rz. 2.

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Rz. 30

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aa) Gericht der Hauptsache Das Verfügungsverfahren ist grundsätzlich nur an dem ArbG anhängig 28 zu machen, das auch für die Hauptsache zuständig ist. § 937 Abs. 1 ZPO soll die Verbindung zwischen dem Verfügungsverfahren und dem Hauptsacheverfahren sicherstellen, indem grundsätzlich die Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache auch für das Verfügungsverfahren bestimmt wird. § 937 Abs. 1 ZPO ersetzt § 919 ZPO, der die Zuständigkeit im Arrestverfahren regelt. In § 937 Abs. 2 ZPO wird deutlich, dass die Entscheidung nach mündlicher Verhandlung für den Gesetzgeber der Regelfall ist und nur in dringenden Fällen darauf verzichtet werden kann. Für das arbeitsgerichtliche Verfahren gibt es hier Besonderheiten (§ 62 Abs. 2 ArbGG; s. D Rz. 47 f.). Entsprechend dem Sicherungszweck des Verfügungsverfahrens nennt das 29 Gesetz zuerst das Gericht der Hauptsache als zuständiges Gericht. Somit ist das Gericht zuständig, bei dem der durch die Eilentscheidung zu sichernde Anspruch im ordentlichen Hauptsacheverfahren anhängig ist oder anhängig zu machen wäre1, wobei eine Identität der Parteien in Hauptsache- und Verfügungsverfahren bestehen muss. Es kommt jeweils auf den konkreten Anspruch an. So ist etwa für einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung nicht das Gericht maßgeblich, bei dem der Kündigungsschutzprozess anhängig ist, wenn dort der Weiterbeschäftigungsanspruch nicht anhängig ist. Somit kann der Arbeitnehmer hier ein anderes, auch zuständiges (§ 35 ZPO) Gericht anrufen, etwa das des Erfüllungsortes. Hat er jedoch im Kündigungsschutzverfahren bereits einen uneigentlichen Hilfsantrag angekündigt, mit dem er den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch durchsetzen will, muss er eine einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung dort beantragen. Im Rahmen der Zuständigkeitsbestimmung beim Verfügungsverfahren ist zu prüfen, ob das Hauptsacheverfahren bereits anhängig ist oder noch nicht. Eine den Rechtsweg bejahende Entscheidung im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung führt zu einer Selbstbindung des Gerichts entsprechend § 17a Abs. 1 GVG für das nachfolgende Hauptsacheverfahren unter denselben Parteien über dasselbe Rechtsverhältnis2. (1) Hauptsacheverfahren noch nicht anhängig Das Hauptsacheverfahren muss noch nicht anhängig sein, um eine Zu- 30 ständigkeitsbestimmung nach § 937 Abs. 1 ZPO vornehmen zu können. Zur Bestimmung des Gerichtes der Eilsache ist dann auf die fiktive Zuständigkeit bei Erhebung der Hauptsacheklage abzustellen. Dabei kann der Antragsteller zwischen mehreren Möglichkeiten für in der Hauptsache zuständige Gerichte auch im Rahmen des Verfügungsantrages wählen (§ 35 ZPO). 1 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 937 Rz. 3. 2 OLG Dresden v. 11.11.2011 – 4 W 1075/11.

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D Rz. 31

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Das Verfgungsverfahren

(2) Hauptsacheverfahren bereits anhängig 31

Ist die Hauptsache zum Zeitpunkt des Einganges des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits anhängig, so hat der Antragsteller kein Wahlrecht mehr zwischen mehreren Gerichten, die für die Hauptsache zuständig sein könnten. Vielmehr ist das im Hauptsacheverfahren angerufene Gericht ausschließlich zuständig i.S.v. § 802 ZPO1.

32

Das Gericht der Hauptsache hat zunächst auch keine weitere Prüfung seiner Zuständigkeit vorzunehmen. Eine Prüfung, ob es auch für die Hauptsache zuständig ist, findet im Rahmen von § 937 Abs. 1 ZPO nicht statt. Etwas anderes gilt nur für die Rechtswegzuständigkeit2. Für den Bereich des arbeitsgerichtlichen Verfahrens bedeutet dies, dass bei anhängigem Hauptsacheverfahren keine Prüfung der örtlichen Zuständigkeit vorgenommen wird. Im Rahmen der erweiterten Zuständigkeit des § 2 Abs. 3 ArbGG kann jeder Anspruch, der von dieser Vorschrift erfasst ist, im Verfügungsverfahren beim ArbG gesichert werden.

33

Die Zuständigkeit des ArbG als Gericht erster Instanz bleibt so lange nach Verkündung des Urteils erhalten, bis Berufung eingelegt oder das Urteil rechtskräftig wird. Während der Anhängigkeit beim LAG ist dieses auch das für die einstweilige Verfügung zuständige Gericht (vgl. § 943 Abs. 1 ZPO). Das ArbG wird wieder zuständig, wenn die Revision beim BAG eingelegt worden ist, da dieses keinen einstweiligen Rechtsschutz gewährt3. Gleiches gilt für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde, da der Rechtsstreit dadurch dem BAG zugefallen und der Devolutiveffekt eingetreten ist4. Das LAG kann seiner eigenen Entscheidung, die Revision nicht zuzulassen, nicht abhelfen und ist somit nicht mehr Gericht der Hauptsache.

34

Aus der Zuständigkeit des ArbG ergibt sich aber nicht, dass auch die gleiche Kammer zuständig ist, die im Hauptsacheverfahren die Entscheidung getroffen hatte. Der Begriff des Gerichtes der Hauptsache bezieht sich nicht auf den konkreten Spruchkörper, sondern auf das Gericht als solches. Die interne Zuständigkeit ergibt sich dann aus dem Geschäftsverteilungsplan5.

35

Bei in erster Instanz ergangenen Grund- oder Zwischenurteilen gem. §§ 304, 280 Abs. 2 ZPO, gegen die Berufung eingelegt worden ist, stellen im Zivilprozess sowohl das Gericht, das entschieden hat, als auch das Berufungsgericht das Gericht der Hauptsache i.S.v. § 919 ZPO dar6.

1 2 3 4 5 6

OLG Hamm v. 27.2.2012 – I-8 U 261/11, 8 U 261/11. BAG v. 24.5.2000 – 5 AZB 66/99; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 937 Rz. 4. BAG v. 20.7.1995 – 2 AZR 465/95, n.v. GMP/Müller-Glöge, § 72a Rz. 2. Vgl. GMP/Germelmann, § 62 Rz. 86 ff. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 919 Rz. 8; a.A. Grunsky in Stein/Jonas, § 919 Rz. 6: 1. Instanz weiter zuständig.

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Rz. 40

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Im Arbeitsgerichtsverfahren ist zu beachten, dass gem. § 61 Abs. 3 ArbGG 36 ein über den Grund des Anspruchs vorab entschiedenes Zwischenurteil wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen ist. Es kann daher nicht selbständig mit Rechtsmitteln angefochten werden und nur mit dem Endurteil zusammen rechtskräftig werden1. Bei Teilurteilen, die mit der Berufung angegriffen worden sind, ist maß- 37 geblich, welcher Teil betroffen ist. (3) Verweisungen Wird das Hauptsacheverfahren wirksam an ein anderes Gericht verwie- 38 sen, so entfällt auch die Zuständigkeit als Verfügungsgericht. Solange die Wirksamkeit der Verweisung noch nicht feststeht, ist das Gericht, an das verwiesen werden soll, noch nicht als Hauptsachegericht zuständig. Die Zuständigkeit liegt dann entweder beim verweisenden Gericht oder, sofern sofortige Beschwerde gegen die Rechtswegverweisung eingelegt wurde, beim LAG. Auch bei einer wirksamen Verweisung wird eine bereits erlassene einstweilige Verfügung jedoch nicht unwirksam2. Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs kann entgegen dem 39 Grundsatz des § 17a Abs. 5 GVG auch noch im Beschwerdeverfahren überprüft werden, wenn in der Beschlussphase eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes bis zur erstinstanzlichen Entscheidung der Antragsgegner nicht beteiligt war, da er unter diesen Umständen in erster Instanz keine Gelegenheit zu einer die Zulässigkeit des Rechtswegs betreffenden Rüge gem. § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG hatte, auch, wenn dem erstinstanzlichen Gericht eine Schutzschrift des Antragsgegners vorliegt und das Gericht diese dem Antragsteller zur Kenntnis bringt, solange eine Anhörung des Antraggegners zu dem konkret gestellten Antrag unterbleibt. In diesem Fall stellt die Anhörung des Antragsgegners im Beschwerderechtszug für diesen die erste Gelegenheit dar, die Rüge der Unzulässigkeit des Rechtswegs anzubringen, über die nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG durch das Beschwerdegericht zu entscheiden ist3. bb) Notzuständigkeit Im arbeitsgerichtlichen Verfahren besteht seit der Änderung des GVG 40 und des ArbGG durch das 4. VwGO-Änderungsgesetz mit Wirkung zum 1.1.1991 die Wahlzuständigkeit des AG gem. § 919 ZPO und dessen Notzuständigkeit gem. § 942 ZPO nicht mehr. Das Verhältnis zwischen Arbeitsgerichtsbarkeit und Zivilgerichtsbarkeit ist nicht mehr eine Frage

1 GMP/Germelmann, § 61 Rz. 43. 2 Vgl. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 919 Rz. 3 zum Parallelproblem beim Arrest. 3 OLG Frankfurt v. 28.3.2007 – 3 W 20/07.

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Das Verfgungsverfahren

der sachlichen Zuständigkeit, sondern der Rechtswegzuständigkeit, mit der zwingenden Konsequenz, dass die Wahlzuständigkeit des AG für arbeitsrechtliche Streitigkeiten bei § 919 ZPO und die Notzuständigkeit bei § 942 ZPO nicht mehr bestehen1. Die Änderung von GVG und ArbGG zwingt zu der Annahme, dass Arbeitsgerichtsbarkeit und Zivilgerichtsbarkeit nun zwei unterschiedliche Rechtswege darstellen2. Dies führt ebenso zwingend zu der Annahme, dass die Wahl- oder Notzuständigkeit für arbeitsrechtliche Streitigkeiten entfallen ist. Die §§ 919, 942 ZPO sagen nichts über die Rechtswegzuständigkeit aus, sondern nur über die örtliche Zuständigkeit. Überdies ist § 17a Abs. 2 GVG als Spezialnorm gegenüber § 62 Abs. 2 ArbGG anzusehen. 41

Um gleichwohl einen effektiven vorläufigen Rechtsschutz auch im Arbeitsrecht zu gewährleisten, sollte man entsprechend einem Vorschlag von Walker3 die §§ 919, 942 ZPO in diesem Bereich dahin auslegen, dass unter Beseitigung der Wahlzuständigkeit statt der Notzuständigkeit des AG der belegenen Sache die des ArbG der belegenen Sache tritt. Dies wahrt die Rechtswegzuständigkeit und damit den gesetzlichen Richter, ohne dass der Beschleunigungszweck in rechtserheblicher Weise beeinträchtigt wird. Zwar wird das ArbG der Hauptsache vielfach identisch sein mit dem ArbG der belegenen Sache; in den Fällen, in denen der Rechtsstreit bereits beim LAG anhängig ist, führt dies jedoch oft zu einer merklichen Beschleunigung, da die LAG häufig örtlich weit entfernt vom zuständigen ArbG liegen. Die ArbG müssten dann allerdings auch einen entsprechenden Notdienst einrichten, um eine den Intentionen der §§ 919, 942 ZPO entsprechende Rechtsschutzgewährung zu bieten. cc) Schiedsgericht

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Die Frage, ob ein vereinbartes Schiedsgericht auch für die Verhängung eines Arrestes und den Erlass einer einstweiligen Verfügung zuständig ist, wird unterschiedlich beantwortet. Die wohl noch herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung4 lehnt eine Zuständigkeit von Schiedsgerichten für Maßnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes ab, während eine stärker werdende Mindermeinung dies für zulässig hält, sofern die Parteien dies vereinbart haben oder wenn sich mit hinreichender Deutlichkeit ein entsprechender Wille aus der Schiedsabrede ergibt. Für das arbeitsgerichtliche Verfahren bedarf dies keiner abschließenden Entscheidung. Hier kommt lediglich das Bühnenschiedsgericht gem. § 101 Abs. 2 ArbGG in Betracht, da die anderen dort für zulässig erklärten Schiedsgerichte nicht mehr bestehen. Die Bühnenschiedsordnung (BSchO) i.d.F. 1 Walker in Schuschke/Walker, § 942 Rz. 18; a.A. LG Fulda v. 18.8.1995 – 1 S 90/95; Thomas/Putzo, § 919 Rz. 8, Grunsky in Stein/Jonas, § 919 Rz. 17; Schäfer, Rz. 53. 2 So auch BAG v. 26.3.1992 – 2 AZR 443/91 – und v. 1.7.1992 – 5 AS 4/92. 3 Walker in Schuschke/Walker, § 942 Rz. 18. 4 Vgl. die Nachweise bei Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 919 Rz. 17.

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Materiell-rechtliche und prozessuale Grundlagen

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Rz. 44

D

vom 1.1.20091 sieht eine solche Zuständigkeit nicht vor, ebenso wenig wie die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit für Opernchöre und die inzwischen außer Kraft getretene Bühnenschiedsgerichtsordnung IG Medien. Die Tarifvertragsparteien haben aber die Notwendigkeit schnellen Rechtsschutzes durchaus erkannt und in § 18 Nr. 2 BSchO bestimmt, dass Streitigkeiten über die Verpflichtung zur Darstellung einer Bühnenrolle durch die Partei und Streitigkeiten über die Einwilligung zu einer Nebenbeschäftigung vom Obmann auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen sind. „Erforderlichenfalls ist hier ein besonderer Termin anzuberaumen.“ Der letzte Satz zeigt, dass in diesen Fällen der Eilbedürftigkeit durch die Tarifvertragsparteien Rechnung getragen wurde, ohne dass eine spezielle Verfahrensordnung hierfür geschaffen oder integriert wurde. Die in § 39 BSchO bestimmte subsidiäre Geltung der ZPO ändert hieran nichts. Somit ist kein Wille der Tarifvertragsparteien ersichtlich, die Schiedsgerichtsbarkeit auch auf den Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes zu erstrecken. Dies gilt auch für die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit für Opernchöre, obwohl diese eine Verpflichtung zur besonders schnellen Terminierung in bestimmten Fällen nicht kennt. In den Jahrzehnten der Geltung dieser Tarifverträge hat sich eine allgemeine Überzeugung gebildet, dass die Schiedsgerichtsbarkeit hier nicht zuständig ist2. Somit kann selbst bei Zugrundelegung der Mindermeinung im Bereich der Bühnenschiedsgerichtsbarkeit nicht von einem Ausschluss staatlicher Gerichte für den einstweiligen Rechtsschutz ausgegangen werden. Für Eilverfahren ist das ArbG daher auch zuständig, wenn eine Schiedsvereinbarung getroffen wurde. Gleiches gilt für eine Schlichtungsvereinbarung nach § 111 ArbGG3. Kommt man im Einzelfall somit zu dem Ergebnis, dass das Schiedsge- 43 richt trotz bestehender Schiedsvereinbarung nicht für die Anordnung der Eilmaßnahme zuständig ist, so ist Gericht der Hauptsache dasjenige, das für die Vollstreckbarkeitserklärung eines Schiedsspruches zuständig wäre4. dd) Geschäftsführer Die ordentlichen Gerichte sind sowohl zuständig für einen Antrag auf Er- 44 lass einer einstweiligen Verfügung eines abberufenen GmbH-Geschäftsführers, gerichtet auf Weiterbeschäftigung, als auch für Hilfsanträge auf Beschäftigung in einer geschäftsführerähnlichen Position oder in der Position eines Betriebsleiters.

1 Abgedruckt in: Bühnen- und Musikrecht, Loseblatt, herausgegeben vom Deutschen Bühnenverein unter I E 3. 2 Vgl. Germelmann, NZA 1994, 12 ff. mit näherer Begründung. 3 Gift/Baur, S. 1462, Rz. 46. 4 GMP/Prütting, § 111 Rz. 63.

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D Rz. 45

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Das Verfgungsverfahren

ee) Sachzusammenhang 45

Die weite Auslegung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeitsnorm des § 2 ArbGG gebietet es, bei einem entsprechenden Sachzusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, etwa der behaupteten Entwendung von Geschäftsunterlagen durch einen Arbeitnehmer, die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen zu bejahen. Dies gilt auch, soweit gleichzeitig Dritte in Anspruch genommen werden1. f) Entscheidung ohne mündliche Verhandlung

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Nach allgemeinem Zivilprozessrecht kann eine Entscheidung ohne vorherige mündliche Verhandlung ergehen, wenn ein „dringender“ Fall i.S.v. § 937 Abs. 2 ZPO vorliegt. Ob der Fall dringend ist, kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Jedenfalls muss eine gesteigerte Dringlichkeit vorliegen, denn einfache Dringlichkeit ist ohnehin schon beim Verfügungsgrund erforderlich. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung muss zu einer Gefährdung des zu sichernden Anspruchs führen, die durch einen sofortigen Erlass der einstweiligen Verfügung nicht oder nicht in dieser Weise eintreten würde.

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Im Arbeitsrecht wird § 937 Abs. 2 ZPO durch die besondere Regelung des § 62 Abs. 2 ArbGG verdrängt. Dieser spricht davon, dass die „Entscheidung in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen“ kann. Somit ist im Arbeitsgerichtsverfahren – und zwar auch im Beschlussverfahren2 – eine mündliche Verhandlung grundsätzlich auch bei einer Zurückweisung des Antrages geboten3. Diese Regelung soll die Beteiligung der ehrenamtlichen Richter an der Entscheidungsfindung auch im Eilverfahren so weit wie möglich sicherstellen4. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein verletzt bei Fehlen eines dringenden Falles den verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters und kann das Gebot rechtlichen Gehörs verkürzen5. Natürlich steht aber auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren der effektive Rechtsschutz im Vordergrund. Es sind nur die Anforderungen für das Absehen von einer mündlichen Verhandlung verschärft worden.

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Die Anberaumung einer Güteverhandlung verbietet sich allerdings wegen der Eilbedürftigkeit der Sache6. 1 OLG Zweibrücken v. 28.4.1997 – 2 W 7/97. 2 LAG Nürnberg v. 27.4.1998 – 5 Ta 42/98. 3 LAG Sachsen v. 8.4.1997 – 1 Ta 89/97 – mit der wegen § 68 ArbGG abzulehnenden Zurückverweisung an ArbG, wenn dieses ohne mündliche Verhandlung entschieden hat; LAG Köln v. 13.8.1996 – 11 Ta 173/96. 4 Vgl. GMP/Germelmann, § 62 Rz. 83. 5 LAG Schl.-Holst. v. 26.5.2011 – 1 Ta 76 c/11 mit der abzulehnenden Konsequenz einer Zurückverweisung, s. dazu unter E 13a. 6 Schwab/Weth/Korinth, § 54 Rz. 3.

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Materiell-rechtliche und prozessuale Grundlagen

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Rz. 53

D

Die Entscheidung über die einstweilige Verfügung im Urteilsverfahren 49 ergeht sowohl beim ArbG als auch beim LAG gem. § 53 ArbGG durch den Vorsitzenden allein, wenn sie ohne mündliche Verhandlung getroffen wird. Im Beschlussverfahren entscheidet grundsätzlich die Kammer auch außerhalb der mündlichen Verhandlung1. g) Entscheidung nach mündlicher Verhandlung Wird eine mündliche Verhandlung anberaumt, so kann die Ladungsfrist 50 des § 217 ZPO (drei Tage) gem. § 226 Abs. 1 ZPO abgekürzt werden. Auch braucht die Einlassungsfrist von zwei Wochen (§ 274 Abs. 3 ZPO) nicht eingehalten zu werden. Die Anberaumung einer Güteverhandlung ist wegen der Eilbedürftigkeit 51 nicht notwendig2. Ein gesonderter Rechtsbehelf gegen die Anordnung der mündlichen Ver- 52 handlung oder den Verzicht hierauf steht den Parteien nicht zu. Bisweilen wurde jedoch die Sache an das ArbG zurückverwiesen, sogar an eine andere Kammer3, wenn dieses den Antrag nach Auffassung des LAG zu Unrecht ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen hat4. Dem steht jedoch § 68 ArbGG entgegen, der eine Zurückweisung wegen Verfahrensmängeln ausschließt5. Der mit § 68 ArbGG verfolgte Zweck der Konzentrierung und Beschleunigung bedarf im Verfügungsverfahren der besonderen Beachtung. h) Verweisung Die Vorschriften der §§ 17, 17a GVG, § 48 ArbGG über die Rechtsweg- 53 verweisung haben grundsätzlich auch im Eilverfahren Gültigkeit6. Die Beschleunigungsbedürftigkeit führt nicht dazu, von einer Zuständigkeitsprüfung gem. § 2 ArbGG Abstand zu nehmen7. Wie im Hauptsacheverfahren erfolgt sie von Amts wegen. Allerdings muss eine dem Zweck des vorläufigen Rechtsschutzes entsprechende Anpassung bei der Anwendung der Vorschriften vorgenommen werden. So ist die vorherige Anhörung des Antragsgegners im Gegensatz zum Hauptsacheverfahren (§ 17a Abs. 2 GVG) entbehrlich. Dies ergibt sich daraus, dass auch die Entscheidung über den Eilantrag selbst ohne diese Anhörung ergehen kann. Es wäre widersinnig und dem Zweck des vorläufigen Rechtsschutzes widersprechend, wenn man die Entscheidung über eine Vorfrage erst 1 BAG v. 28.8.1991 – 7 ABR 72/09 = EzA BetrVG 1972 § 113 Nr. 21 m. zust. Anm. Schilken, zu den Ausnahmen s. H Rz. 21. 2 Schwab/Weth/Korinth, § 54 Rz. 3. 3 LAG Sachsen v. 8.4.1997 – 1 Ta 89/97. 4 LAG Rh.-Pf. v. 28.12.1995 – 9 Ta 271/95. 5 Vgl. GMP/Germelmann, § 68 Rz. 3. 6 BAG v. 29.10.2001 – 5 AZB 44/00. 7 BAG v. 24.5.2000 – 5 AZB 66/99; GMP/Germelmann, § 48 Rz. 19.

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D Rz. 54

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Das Verfgungsverfahren

nach Anhörung treffen, dem Antrag jedoch in der Sache selbst ohne eine solche Anhörung entsprechen könnte1. 54

Der Antragsteller sollte jedoch vor einer beabsichtigten Verweisung angehört werden, notfalls telefonisch. Ist dies nicht in angemessener Zeit möglich, kann die Verweisung auch ohne sie erfolgen.

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Die Verweisung kann auch ohne mündliche Verhandlung ergehen. Fraglich ist, ob von dem Erfordernis der Entscheidung durch die Kammer nach dem an sich eindeutigen Wortlaut des § 48 Abs. 1 Satz 2 ArbGG („ergeht … stets durch die Kammer“) in Fällen extremer Eilbedürftigkeit abgewichen werden kann. Hier kann es im Einzelfall zu einem Wertungswiderspruch zwischen dem Gesetzeswortlaut und dem Justizgewährungsanspruch kommen, der effektiven, d.h. im Eilverfahren ausreichend schnellen Rechtsschutz, verlangt. Meines Erachtens muss hier das Verfassungsgebot effektiven Rechtsschutzes den Vorrang haben vor formalen Regeln, die die Besonderheiten des Eilverfahrens nicht ausreichend berücksichtigen. Daher kann im Eilverfahren ausnahmsweise auch ein Verweisungsbeschluss durch den Vorsitzenden allein erfolgen, wenn die Beiziehung der ehrenamtlichen Richter zu einer nicht vertretbaren Verfahrensverzögerung führen würde. Rechtstechnisch kann dies durch eine verfassungskonforme Auslegung geschehen, oder man nimmt eine Überlagerung von § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG durch § 53 ArbGG an, der die Entscheidungskompetenz des Vorsitzenden außerhalb der mündlichen Verhandlung begründet2.

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Ist das ArbG nicht zuständig, muss der Richter die Sache an das Gericht der zuständigen Gerichtsbarkeit verweisen. Auch im Arrestprozess ist eine Verweisung an Gerichte möglich, die nach einer Prozessordnung arbeiten, die den Arrest nicht kennt, wie etwa die VwGO, die FGO oder das SGG3.

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Hält das ArbG seine Zuständigkeit für gegeben, bedarf es m.E. keiner gesonderten Vorabentscheidung durch Beschluss, da dieser aus den o.g. Gründen dem Eilcharakter des Verfahrens entgegensteht.

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Es erscheint zweifelhaft, ob auch die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde für den Antragsteller, dessen Gesuch verwiesen wurde, der Eilbedürftigkeit in einer Weise entgegensteht, die die Nichtanwendung von § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG rechtfertigt. Zwar ist offenkundig, dass es hier zu einer Verzögerung kommen kann. Die Eilbedürftigkeit geht jedoch vom Antragsteller aus, so dass es diesem unbenommen sein dürfte, hier die Verzögerung durch Wahrnehmung seines gesetzlich normierten

1 GMP/Germelmann, § 48 Rz. 19; Zwanziger, DB 1991, 2239, 2240. 2 GMP/Germelmann, § 48 Rz. 20 „fortbestehende Alleinentscheidungskompetenz des Vorsitzenden aus § 944 ZPO“; a.A. LAG Hess. v. 11.9.1991 – 13 Ta 241/91. 3 Grunsky in Stein/Jonas, vor § 918 Rz. 28.

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Rz. 60

D

Rechts herbeizuführen1. Allerdings muss der Eilbedürftigkeit insofern Rechnung getragen werden, dass das ArbG den Antragsteller unverzüglich darauf hinweist, dass eine Übersendung der Akte an das andere Gericht erst dann ohne Entscheidung der Beschwerdeinstanz möglich ist, wenn dieser zuvor auf die Einlegung der sofortigen Beschwerde verzichtet hat. Bei einer vorherigen Übermittlung wäre die Sache nämlich noch gar nicht bei dem judex ad quem anhängig (§ 17b Abs. 1 Satz 1 GVG), so dass dieser auch nicht entscheiden dürfte. Der Antragsteller muss somit in die Lage versetzt werden zu entscheiden, ob ihm die Überprüfung des Verweisungsbeschlusses wichtiger ist als die schnelle Entscheidung in der Sache selbst durch ein anderes Gericht. Schließlich steht es dem Antragsteller auch frei, den Antrag beim ArbG zurückzunehmen und bei dem Gericht neu anzubringen, an das verwiesen werden sollte. Das LAG kann auch im Eilverfahren die weitere sofortige Beschwerde 59 zulassen, so dass das BAG abschließend über die Rechtswegzuständigkeit entscheidet2. Übersicht: Verweisung im Eilverfahren

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Vorabentscheidung bei bejahter Zuständigkeit – entbehrlich. Entscheidung bei Verweisung – nach mündlicher Verhandlung – durch die Kammer. – ohne mündliche Verhandlung – wenn möglich, durch die Kammer, sonst durch Vorsitzenden allein. – Anhörung – des Gegners. – entbehrlich des Antragstellers. – ohne erheblichen Zeitverzug durchzuführen, ansonsten Entscheidung ohne Anhörung. – Rechtsmittel – sofortige Beschwerde, aber vorherige Mitteilung, dass Akten nicht abgegeben werden, bevor entweder eine Entscheidung der Beschwerdeinstanz oder Rechtsmittelverzicht vorliegt. Die oben dargestellten Grundsätze der Verweisung gelten auch für das Beschlussverfahren (§ 80 Abs. 3 ArbGG). Hier dürfte allerdings eine Rechtswegunzuständigkeit der ArbG kaum vorkommen.

1 Vgl. Walker in Schuschke/Walker, vor §§ 916–945 Rz. 18. 2 BAG v. 24.5.2000 – 5 AZR 66/99 und v. 29.10.2001 – 5 AZB 44/00.

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D Rz. 61

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Das Verfgungsverfahren

i) Form der Entscheidung 61

Die Form der Entscheidung hängt davon ab, ob eine mündliche Verhandlung anberaumt wird oder nicht. Wird ohne mündliche Verhandlung entschieden, ergeht ein Beschluss, nach einer mündlichen Verhandlung ein Urteil. Dies gilt auch dann, wenn das LAG nach mündlicher Verhandlung über eine sofortige Beschwerde gegen einen ohne mündliche Verhandlung ergangenen Beschluss des ArbG entscheidet.

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Beide Entscheidungsformen stellen vorläufig vollstreckungsfähige Titel dar. Dies gilt auch für einen Beschluss nach einem Anhörungstermin im Beschlussverfahren. Damit geht die Wirkung des einstweiligen Rechtsschutzes über die des Hauptsache-(Beschluss-)Verfahrens hinaus, in dem nur Beschlüsse in vermögensrechtlichen Angelegenheiten ohne Rechtskraft vorläufig vollstreckbar sind.

III. Der Streitwert im Eilverfahren 63

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren besteht gem. § 11 Satz 1 GKG keine Pflicht zur Zahlung eines Kostenvorschusses. Dies gilt auch für das Eilverfahren.

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Für den Gebührenstreitwert ist das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers am Ausgang des Verfahrens maßgeblich (§ 3 ZPO, § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG). Auf das Abwehrinteresse des Gegners kommt es nicht an. Dabei ist die Sicherungsfunktion des Eilverfahrens zu beachten, die es in der Regel angezeigt erscheinen lässt, den Wert des Streitgegenstandes geringer anzusetzen als für das Hauptsacheverfahren – meist mit der Hälfte oder zwei Dritteln davon. In Einzelfällen kann der Streitwert jedoch auch den des Hauptsacheverfahrens erreichen, wenn etwa wie bei einer einstweiligen Verfügung auf Zahlung von Arbeitsentgelt mit der Eilentscheidung zugleich eine Befriedigung des Antragstellers erreicht wird. Ein Wertabzug dann nicht gerechtfertigt, wenn bereits der Erlass der einstweiligen Verfügung die Streitigkeit beendet und den geltend gemachten Anspruch sichert1. Der Wert der Hauptsache darf allerdings nie überschritten werden.

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Hinsichtlich der einzelnen im arbeitsgerichtlichen Verfahren möglichen Anträge erfolgen Ausführungen zum Streitwert bei den entsprechenden Kommentierungen (s. auch Streitwerttabelle im Anhang).

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Bei mehreren Anträgen gilt Folgendes:

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Liegt ein Antrag sowohl auf persönlichen wie auf dinglichen Arrest vor, so ist ein einheitlicher Streitwert festzusetzen, da es sich um dieselbe

1 LAG Rh.-Pf. v. 22.4.2009 – 1 Ta 74/09.

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Erledigung/Kosten

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Rz. 72

D

Angelegenheit handelt. Ein Antrag sowohl auf Erlass eines Arrestes als auch einer einstweiligen Verfügung erfordert eine isolierte Betrachtung der Anträge, d.h., die Streitwerte müssen gesondert für beide Verfahren ermittelt und nach § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG addiert werden. Wird einer der beiden Anträge nur hilfsweise gestellt, finden die Grundsätze des § 19 Abs. 1 Satz 2, § 3 GKG entsprechende Anwendung, so dass in einem solchen Fall nur der höhere Streitwert maßgebend ist, sofern über beide Anträge entschieden wird und es um denselben Gegenstand geht (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG); ansonsten findet eine Zusammenrechnung statt (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG1). Bei einer Verbindung von Eilantrag und Hauptsacheverfahren erfolgt kei- 68 ne Zusammenrechnung, da es sich nicht um eine einheitliche Verfahrensart handelt. Es ist eine getrennte Gebührenrechnung durchzuführen2.

IV. Erledigung/Kosten Beim ArbG entsteht eine 0,4-Gebühr (Nr. 8310 KV), die sich auf 2,0 erhö- 69 hen kann, wenn durch Urteil entschieden wird oder ein Beschluss gem. § 91a ZPO bzw. § 269 ZPO ergeht (Nr. 8311 KV). Die Erhöhung tritt nicht ein bei Anerkenntnis- oder Verzichtsurteilen und bei solchen Urteilen, die gem. § 313a ZPO nicht begründet sind. Wird der Antrag aufgrund eines Umstandes zurückgenommen, der bereits vor dessen Einreichung vorlag, liegt kein erledigendes Ereignis vor (zur Erledigung s. A Rz. 37). Ob die Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO auch auf den Wegfall des Klageanlasses in der Zeit vor Einreichung der Klage oder des Eilantrages angewandt werden kann, ist umstritten3. Beim Berufungsverfahren gibt es keine Abweichungen vom Hauptsache- 70 verfahren (Nr. 8320–8323 KV). Im Beschwerdeverfahren entsteht eine 1,2-Gebühr, die sich bei Rücknah- 71 me der Beschwerde auf 0,8 ermäßigt (Nr. 8330, 8331 KV). Bei Beendigung des Verfahrens durch gerichtlichen Vergleich entfallen 72 die Gebühren.

1 S. im Einzelnen Meyer, GKG, § 45 Rz. 17 ff. 2 Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Darstellung bei Gerold/Schmidt/von Eicken/Müller-Rabe, RVG, S. 1504 ff. verwiesen. 3 Dafür OLG Jena v. 3.6.2011 – 4 W 238/11, KG NJW-RR 2009, 1411; OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 213; dagegen LAG Berlin-Brandenburg v. 6.3.2014 – 6 Ta 333/14 jedenfalls für den Fall, dass der Antragsteller vor Antragstellung Kenntnis vom Wegfall des Anlasses hatte, OLG Brandenburg v. 13.9.2011 – 6 W 73/11.

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D Rz. 73 73

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Das Verfgungsverfahren

Übersicht: Einstweilige Verfügung Antragsteller – Zuständigkeit des anzurufenden ArbG prüfen. – Rubrum sorgfältig abfassen: Vor allem beim Passivrubrum können Fehler erhebliche Folgen haben (bestenfalls zeitraubende Nachfragen des Gerichts, schlimmstenfalls Unmöglichkeit der Zustellung). – Begehren klar formulieren (Arrest oder einstweilige Verfügung). Der Tenor des Verfügungsantrags muss hinreichend bestimmt sein, auch wenn das Gericht einen Spielraum bei der Anordnung der zu treffenden Maßnahme hat (§ 938 Abs. 1 ZPO). – Vorsorglich in der Antragsschrift auf die Befugnis des Gerichts hinweisen, dass die Anordnung nach eigenem Ermessen ohne Bindung an die Antragstellung erfolgen kann. – Verfügungsantrag möglichst auf Unterlassungspflicht i.S.d. § 890 ZPO formulieren, damit Ordnungsgeldandrohung zulässigerweise in den Tenor aufgenommen werden kann. Im Zweifel auch bei Antrag auf positives Tun Androhung einer Zwangsmaßnahme beantragen. – Bei Antrag auf Geldleistungsverfügung Arbeitsentgelt „netto“ geltend machen. – Antrag auf Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im Zweifel in die Antragsschrift aufnehmen und diesbezüglich gezielt zur besonderen Dringlichkeit vortragen (etwa dass das Unterbleiben der Anhörung des Antragsgegners vor Erlass der Eilentscheidung zwingend nötig ist, um nicht den Sicherungserfolg zu vereiteln, etwa weil der Gegner Unterlagen zu zerstören droht). Auch dieser Vortrag muss glaubhaft gemacht werden. – Vorsorglich die größtmögliche Verkürzung der gesetzlichen Ladungsfristen gem. § 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 226, 217 ZPO beantragen. Einhaltung einer Einlassungsfrist im Eilverfahren ohnehin nicht erforderlich. – Antrag auf Ausfertigung der abgekürzten Entscheidung zur Eilvollziehung; – Antragsschrift klar aufgliedern. Dabei ist sinnvollerweise zunächst der Verfügungsanspruch (das zu sichernde Recht) und dann der Verfügungsgrund (aus dem heraus die Entscheidung im Eilverfahren begehrt wird) darzulegen. Schließlich ist die besondere Dringlichkeit zu begründen, derentwegen eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung begehrt wird. – Größte Sorgfalt auf die Glaubhaftmachung auch des Vortrags zu den Prozessvoraussetzungen verwenden. Dabei beachten, dass eidesstattliche Versicherungen, in denen nur auf die Antragsschrift Bezug genommen wird, dem angerufenen Gericht nicht selten als zweifelhaft und weniger glaubwürdig erscheinen, weil der Eindruck entsteht, der Antragsteller flüchte aus Furcht vor strafrechtlichen Konsequenzen in eine nur pauschale Versicherung, um sich später auf Missverständnisse seines Anwalts beim in Bezug genommenen Vortrag in der Antragsschrift berufen zu können. Hier sollte wenigstens der Kern des maßgeblichen Sachvortrags in die eidesstattliche Versicherung aufgenommen werden und allenfalls zur Abrundung eine Bezugnahme auf die Antragsschrift erfolgen. Dabei ist sorgfältig zu beachten, dass auch nur das in die eidesstattliche Versicherung aufgenommen werden darf, was Gegenstand eigener Wahrnehmung des Versichernden ist (Parallele zur Zeugenaussage). – Vorsorglich nahe liegende Gegnereinreden abhandeln.

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Erledigung/Kosten

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Rz. 73

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– Vollziehung: Zustellung der erwirkten Eilentscheidung im Parteibetrieb vorsorglich auch bei einem Verfügungsurteil veranlassen, damit die Verfügung nicht nach Ablauf der Vollziehungsfrist zur Kostenlast des Antragstellers aufgehoben werden muss (§ 929 Abs. 2 ZPO). – Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB; – ob zweistufige Ausschlussfristen dadurch gewahrt werden, ist noch nicht entschieden, daher sicherheitshalber rechtzeitig das Hauptsacheverfahren einleiten (Wechsel vom Verfügungsverfahren in das Hauptsacheverfahren unzulässig!). Antragsgegner – Wenn ein Eilverfahren droht: Schutzschrift beim zuständigen ArbG deponieren (prüfen, ob nicht mehrere Gerichte zuständig sein können). Möglichst bei den Geschäftsstellen aller in Betracht kommenden Kammern deponieren. Dabei insbesondere darlegen, dass keine besondere Dringlichkeit vorliegt, so dass Anhörung in mündlicher Verhandlung zwingend geboten ist. – Nach Ergehen des Eilbeschlusses ohne mündliche Verhandlung: Verteidigungsmöglichkeiten im Widerspruchsverfahren prüfen. Widerspruch ist dann nicht sinnvoll, wenn in mündlicher Verhandlung keine präsenten oder im Verhältnis zur Antragstellerseite nur die wahrscheinlich schwächeren Beweismittel aufgeboten werden können. Möglichkeit des reinen Kostenwiderspruchs prüfen, wenn keine Veranlassung zur Verfahrenseinleitung gegeben war. – Im Widerspruchsverfahren alles an Gegengründen tatsächlicher und rechtlicher Art einbringen, was möglich ist. Auch hier auf sorgfältige eigene Glaubhaftmachung achten. Besonderes Augenmerk auf den Vortrag des Antragstellers zum Verfügungsgrund richten. – Stets daran denken, dass durch gut geführte Rechtsverteidigung das Hauptsacheverfahren obsolet gemacht werden kann. – Prüfen, ob Vollziehungsschutzantrag analog §§ 707, 924 Abs. 3, 936 ZPO sinnvoll ist. – Wenn kein Widerspruchsverfahren durchgeführt werden soll, Antrag gem. § 926 ZPO auf Anordnung an den Antragsteller, binnen gerichtlich bestimmter Frist Klage zur Hauptsache zu erheben. Vorteile: Antragsteller gerät unter Zeitdruck. Erhebt er nämlich die Hauptsacheklage nicht fristgemäß, wird die einstweilige Verfügung in mündlicher Verhandlung auf Gesuch des Antragsgegners durch Endurteil aufgehoben (§ 926 Abs. 2 ZPO) und der Antragsgegner erhält selbst mehr Zeit zur Vorbereitung seiner Rechtsverteidigung und zur Stellung von vielleicht augenblicklich im Ausland befindlichen Zeugen. Nachteil: Bis dahin kann die Eilentscheidung vollzogen werden. – Gelegentlich bedeutsam: Auch im Eilverfahren kommt im Sinne einer Art Widerklage ein zulässiger Eil-Gegenantrag in Betracht. Dieser muss jedoch alle gesetzlichen Anforderungen an einen Eilantrag erfüllen. – In geeigneten Fällen Aufhebungsantrag wegen versäumter fristgerechter Vollziehung (§§ 929, 927 ZPO) stellen; dasselbe gilt unter dem Gesichtspunkt veränderter Umstände. Allerdings können mit dem letztgenannten Antrag keine für den Antragsteller positiven Kostenfolgen erzielt werden. – An die Möglichkeit der außergerichtlichen Bereinigung denken! Der Hinweis auf die Kosten des Hauptsacheverfahrens und auf mögliche Schadensersatzansprüche gem. § 945 ZPO kann die Einigung erleichtern. Ein Teilerfolg kann in diesem Zusammenhang wenigstens die Kostenbeteiligung des Antragstellers sein.

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E. Rechtsmittel und Rechtsbehelfe I. Überblick 1

Die Rechtsmittel bei Arrest und einstweiliger Verfügung folgen der Entscheidungsform: So hat der Antragsteller gegen den zurückweisenden Beschluss die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde, gegen das den Antrag zurückweisende Urteil die der Berufung, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen des § 64 ArbGG (Beschwer über 600 t oder Zulassung der Berufung) vorliegen. Dies gilt auch dann, wenn das Urteil den Arrest ablehnt, der zuvor im Beschluss ausgesprochen worden war. Für die Berufung gelten grundsätzlich die normalen Fristen, sowohl für die Absetzung (§ 60 Abs. 4 Satz 3 ArbGG) als auch für Berufung und Berufungsbegründung. Allerdings kann es die Eilbedürftigkeit sinnvoll erscheinen lassen, dass der Vorsitzende die Dreiwochenfrist zur Urteilsbegründung nicht ausschöpft. Die vollständige Nutzung der Frist zur Berufung und deren Begründung kann nach einer nicht unumstrittenen Auffassung Zweifel am Verfügungsgrund begründen (s. hierzu D Rz. 10). Gegen einen zurückweisenden Beschluss des LAG ist hingegen kein Rechtsmittel gegeben. Das ArbG kann der Beschwerde abhelfen und die Eilentscheidung erlassen. Anderenfalls muss es die Sache binnen einer Woche dem LAG vorlegen. Dieses kann die Eilentscheidung erlassen, wogegen der Antragsgegner beim ArbG Widerspruch einlegen kann. Das LAG kann auch nach mündlicher Verhandlung durch unanfechtbares Urteil entscheiden. Es kann wegen § 68 ArbGG die Sache nicht zur mündlichen Verhandlung an das ArbG zurückverweisen. § 68 ArbGG gilt seinem Rechtsgedanken nach auch im Verfahren der Beschwerde. Sinn und Zweck ist es, Verzögerungen des Verfahrens zu vermeiden, die dadurch eintreten, dass die Sache wegen Verfahrensfehlern an die erste Instanz zurückverwiesen wird, denn im Arbeitsgerichtsverfahren besteht mehr als in anderen Verfahren die Notwendigkeit einer schnellen Entscheidung. Dies gilt auch, wenn Gegenstand des Rechtsmittels ein Beschluss ist und der Rechtsbehelf daher die sofortige Beschwerde. Besonders deutlich wird dies im Eilverfahren. Es wäre widersinnig, im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren auch außerhalb von Bestandsschutzverfahren die Zurückweisung auszuschließen, aber ausgerechnet nicht in dem Verfahren, in dem es am schnellsten gehen muss, nämlich dem auf Erlass einer einstweiligen Verfügung1.

2

Der Antragsgegner kann gegen den ohne mündliche Verhandlung ergehenden stattgebenden Beschluss Widerspruch einlegen, und zwar grundsätzlich bei dem Gericht, das die Eilentscheidung erlassen hat. Hat das LAG sie nach einem Rechtsmittel erlassen, ist der Widerspruch beim 1 A.A. LAG Schl.-Holst. v. 26.5.2011 – 1 Ta 76 c/11 m.w.N., wonach § 68 im Beschwerdeverfahren überhaupt nicht gilt; LAG Sachsen v. 8.4.1997 – 1 Ta 89/97; LAG Köln v. 13.8.1996 – 11 Ta 173/96.

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berblick

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Rz. 7

E

ArbG einzulegen. Erging die Entscheidung vom AG der belegenen Sache gem. § 942 ZPO, beschränkt sich dessen weitere Zuständigkeit auf die Aufhebung der Verfügung nach Ablauf der Frist des § 940 ZPO. Es tritt kein Suspensiv- oder Devolutiveffekt auf. Im Übrigen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Gegen ein nach der sodann anzuberaumenden mündlichen Verhandlung ergangenes Urteil ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 ArbGG die Berufung zulässig. Die Revision gegen ein zweitinstanzliches Urteil im Verfahren auf Gewäh- 3 rung einstweiligen Rechtsschutzes ist stets ausgeschlossen (§ 545 ZPO), woraus zwingend die Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde folgt. Dem Antragsgegner stehen gegen den Beschluss, mit dem die einstwei- 4 lige Verfügung erlassen worden ist, mehrere Rechtsbehelfe zu, die sich in Voraussetzungen und Wirkungen teilweise voneinander unterscheiden. Welchen Rechtsbehelf er nutzen will, steht im freien Ermessen des Schuldners. Der Widerspruch gem. § 924 Abs. 1 führt zu einer mündlichen Verhand- 5 lung, an deren Ende durch Endurteil entschieden wird (§ 925 Abs. 1 ZPO). Die Aufhebung des Arrestes erfolgt dann ex tunc, der Antragsteller trägt in diesem Fall die gesamten Kosten. Zur Begründung kann geltend gemacht werden, der Arrest sei von Anfang an nicht gerechtfertigt gewesen. Der Schuldner kann sich aber auch im Widerspruchsverfahren auf veränderte Umstände berufen. Gegen Versäumnisurteile ist wie im Hauptsacheverfahren der Einspruch 6 zulässig. Der Antrag auf Aufhebung wegen veränderter Umstände gem. § 927 ZPO 7 führt gleichfalls zu einer Aufhebung durch Endurteil, aber lediglich mit Ex-nunc-Wirkung. Das Aufhebungsverfahren ist vom Verfügungsverfahren getrennt. Die Kosten des Aufhebungsverfahrens trägt dann der Antragsteller, die des Arrestverfahrens verbleiben beim Schuldner. Solange noch kein rechtskräftiges Verfügungsurteil vorliegt, wird der Widerspruch daher zweckmäßiger sein. Während des laufenden Widerspruchsund Berufungsverfahrens ist ein Antrag gem. § 927 ZPO ohnehin unzulässig, da dort auch nachträglich eingetretene Umstände Berücksichtigung finden. Nach einem rechtskräftigen Urteil kommt der Antrag nach § 927 ZPO in Betracht, und zwar auch bezüglich der Umstände, die im Widerspruchs- und Berufungsverfahren schon vorlagen, seinerzeit aber nicht bekannt waren1. In diesem Rahmen können darüber hinaus, aber nicht ausschließlich, Gründe geltend gemacht werden, die die Eilentscheidung als von vornherein fehlerhaft erscheinen lassen2. 1 OLG Düsseldorf v. 1.12.1992 – 20 U 140/92; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 924 Rz. 14; Grunsky in Stein/Jonas, § 927 Rz. 3. 2 Grunsky in Stein/Jonas, § 927 Rz. 3.

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E Rz. 8

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

8

Der Schuldner kann sich auch auf die nicht fristgerechte Vollziehung gem. § 929 ZPO stützen1. Jedoch besteht für den Gläubiger in diesem Fall die Möglichkeit, erneut eine Eilmaßnahme zu beantragen, auch wenn über das Rechtsmittel noch nicht entschieden worden ist2. Dieser ist dann an das ArbG als Gericht der Hauptsache zu richten. Das LAG kann einen solchen Antrag weder als Einwendung gegen die Aufhebung prüfen, noch kann der Neuerlass im Wege der Anschlussberufung beantragt werden3.

9

Wenn der Schuldner zuerst den Antrag nach § 927 ZPO gestellt und dann Widerspruch eingelegt hat, fehlt dem Widerspruch nicht das Rechtsschutzbedürfnis, da er wegen der Ex-tunc-Wirkung den weitergehenden Rechtsbehelf darstellt4. Allerdings wird dann der ursprüngliche Antrag unzulässig, da ihm aus den o.g. Gründen das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Dieses muss nämlich nicht nur bei der Antragstellung, sondern auch zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

10

Kumulativ kommt weiter der Antrag auf Anordnung der Erhebung der Hauptsacheklage und Aufhebung des Arrestes nach fruchtlosem Fristablauf gem. § 926 Abs. 2 ZPO in Betracht. Diese Möglichkeit besteht immer, da § 926 ZPO primär auf eine Fortsetzung des Verfahrens ausgerichtet ist, während die anderen Rechtsbehelfe allein die Aufhebung des Arrestbeschlusses zum Ziel haben5. Die Aufhebung des Arrestes erfolgt durch Endurteil, das mit der Berufung angegriffen werden kann (§ 926 Abs. 2 ZPO).

11

Die Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO kann der Schuldner grundsätzlich nicht erheben6. Nur für die Geldleistungsverfügung wird etwas anderes vertreten7.

12

Gegen die Art und Weise der Vollstreckung ist die Vollstreckungserinnerung gem. § 766 ZPO zulässig.

12a

Mit der Klauselgegenklage (§ 768 ZPO) kann nur die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung eines Titels angegriffen werden. Der titulierte Anspruch selbst bleibt unberührt. Wird eine Berufung mit einer nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstandenen materiellen Einwendung begründet und anschließend diese Einwendung auch im Rahmen einer Klage nach § 768 ZPO vorgetragen, fehlt der Klage das Rechtsschutzbedürfnis8. 1 2 3 4 5 6 7

LG Düsseldorf v. 13.8.2008 – 12 O 512/07. Gottwald, Einstweiliger Rechtsschutz, § 929 Rz. 31. H.M., s. LAG Hamburg v. 28.3.1995 – 3 TaBV 3/95. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 924 Rz. 14. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 924 Rz. 14. OLG Karlsruhe v. 15.2.1979 – 6 W 116/78 m.w.N. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 936 Rz. 17; einschränkend Schäfer, Rz. 42. 8 Hanseatisches OLG v. 24.8.2009 – 5 W 183/08.

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berblick

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Rz. 13

E

Übersicht: Rechtsbehelfe einstweilige Verfügung

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Entscheidung ohne mündliche Verhandlung 1. Zurückweisung des Antrags sofortige Beschwerde gem. §§ 567 ff. ZPO, es sei denn, LAG ist als Berufungsgericht der Hauptsache zuständig – Entscheidungsmöglichkeiten des ArbG: a) Abhilfe, d.h. Erlass der einstweiligen Verfügung; b) Vorlage an das Berufungsgericht binnen einer Woche. – Entscheidungsmöglichkeiten des LAG: a) Stattgabe, d.h. Erlass der einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden alleine; dagegen Widerspruch des Antragsgegners gem. § 924 ZPO, und zwar beim ArbG; b) Zurückweisung: keine weiteren Rechtsmittel, es sei denn, Beschwerdeführer macht neuen selbständigen Beschwerdegrund geltend; c) Anordnung der mündlichen Verhandlung; Entscheidung durch Urteil, das einem Berufungsurteil gleichsteht, keine weitere Rechtsmittelinstanz; d) Zurückverweisung an ArbG (str.) 2. Erlass der einstweiligen Verfügung Widerspruch gem. § 924 ZPO bei dem Gericht, das die einstweilige Verfügung erlassen hat, es sei denn, sie wurde erst vom Berufungsgericht aufgrund von Berufung oder Beschwerde erlassen, dann Widerspruch beim ArbG. Besonderheit: Hat das AG als Gericht der belegenen Sache gem. § 942 ZPO die einstweilige Verfügung erlassen, ist es nicht für den Widerspruch, sondern nur für die Aufhebung der Verfügung nach fruchtlosem Ablauf der in § 940 ZPO genannten Frist zuständig. Im Übrigen hat das Gericht der Hauptsache zu entscheiden; kein Suspensiv- oder Devolutiveffekt. – Entscheidung nach: obligatorischer mündlicher Verhandlung durch Endurteil. Berufung möglich, wenn die allgemeinen Voraussetzungen des § 64 ArbGG vorliegen, also entweder Beschwer über 600 t oder Zulassung der Berufung im Urteil. Aufhebungsantrag wegen Nichterhebung der Klage innerhalb einer gem. § 926 ZPO gesetzten Frist oder wegen veränderter Umstände gem. § 927 ZPO; Entscheidung jeweils durch Endurteil, dagegen unter den og. Voraussetzungen Berufung möglich; Begründung kann auch in der Nichteinhaltung der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO liegen. Antrag auf Aufhebung der Vollziehung, nur unter den engen Voraussetzungen des § 939 ZPO, da § 934 ZPO nicht auf die einstweilige Verfügung anwendbar ist. Vollstreckungsabwehrklage; nach einer umstrittenen Auffassung ist sie gegen die Vollstreckung einer Leistungsverfügung, insbesondere wenn sie auf Geldzahlung gerichtet ist, zulässig1.

1 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 936 Rz. 17; einschränkend Schäfer, Rz. 42.

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E Rz. 13a

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

Entscheidung nach mündlicher Verhandlung 1. Endurteil gegen das bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen Berufung möglich ist; 2. Versäumnisurteil dagegen Einspruch; Revision nicht möglich (§ 545 Abs. 2 ZPO).

II. Die Rechtsmittel und Rechtsbehelfe im Einzelnen 1. Sofortige Beschwerde gegen Zurückweisung des Antrags 13a

Gegen die Zurückweisung des Antrages ohne mündliche Verhandlung ist die sofortige Beschwerde gem. § 567 ZPO möglich. Das ArbG kann der Beschwerde abhelfen. Tut es das nicht, muss ein entsprechender Nichtabhilfevermerk gefertigt und die Akte an das LAG weitergeleitet werden. Dieses entscheidet entweder ebenfalls ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss des Vorsitzenden allein oder nach mündlicher Verhandlung durch Urteil. Die Entscheidung durch Urteil ist zwingend immer dann notwendig, wenn der Entscheidungsfindung des LAG eine mündliche Verhandlung vorausging. Die Art des Rechtsmittels ist unerheblich, so dass durch ein zweitinstanzliches Urteil auch ein Beschluss des ArbG geändert oder bestätigt werden kann1. Hat also das ArbG ohne mündliche Verhandlung einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen und beraumt das LAG auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin eine mündliche Verhandlung an, ist unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter durch Urteil zu entscheiden. § 78 Satz 3 ArbGG findet keine Anwendung2. Das LAG Schleswig-Holstein hat entschieden, dass wenn das ArbG trotz eines fehlenden dringenden Falles ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein entscheidet und der unterliegende Antragsteller dagegen sofortige Beschwerde einlegt, das Beschwerdegericht nach § 68 ArbGG nicht gehindert sei, wegen des erheblichen Verfahrensfehlers die Sache an das ArbG zurückzuverweisen3. Diese Entscheidung ist abzulehnen. § 68 ArbGG soll die Schnelligkeit des Verfahrens fördern. Dieser bereits im Hauptsacheverfahren allgemein geltende Beschleunigungsgrundsatz gilt im Eilverfahren natürlich in besonderem Maße. Dem widerspräche es diametral, in derartigen Fällen eine Zurückverweisung zuzulassen. Wenn der Antragsteller nach einem zurückweisenden Beschluss den Antrag zurücknimmt, hat er kein Rechtsschutzbedürfnis für den Ausspruch, dass dieser Beschluss wirkungslos ist4. 1 GMP/Germelmann § 62 Rz. 87. 2 LAG Baden-Württemberg v. 9.8.2012 – 18 SaGa 2/12. 3 LAG Schl.-Holst. v. 26.5.2011 – 1 Ta 76 c/11; Scholz in Ostrowicz/Künzl/Scholz, S. 576. 4 LAG Berlin-Brandenburg v. 15.5.2014 – 20 Ta 810/14.

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Die Rechtsmittel und Rechtsbehelfe im Einzelnen

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Rz. 17

E

2. Widerspruch gegen den Beschluss (§ 924 ZPO) Der Widerspruch ist das bedeutsamste rechtliche Instrument, das die 14 Rechtsordnung dem Schuldner gegen Eilentscheidungen zur Verfügung stellt. Er ist nur gegen Entscheidungen möglich, die in der Form eines Beschlusses ergangen sind. Über § 936 ZPO ist der Widerspruch auch der zulässige Rechtsbehelf gegen Beschlüsse, mit denen eine einstweilige Verfügung erlassen wurde. Gegen ein den Arrest aussprechendes oder die einstweilige Verfügung erlassendes Urteil kann nur mit der Berufung vorgegangen werden. Durch den Widerspruch wird das rechtsstaatlich unvollkommene, ohne 15 Anhörung des Antragsgegners begonnene Verfahren in die Bahnen eines zweiseitigen Verfahrens überführt, in dem der Gegenseite im Rahmen einer mündlichen Verhandlung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Über die Rechtmäßigkeit des Arrestes ist dann gem. § 925 ZPO durch Urteil zu befinden. Dabei handelt es sich nicht um ein Rechtsmittel, sondern um einen 16 Rechtsbehelf. Dieser ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass er keinen Devolutiveffekt hat, sondern dass grundsätzlich das Gericht über den Widerspruch befindet, das den Arrest verhängt hat. Wie § 924 Abs. 3 Satz 1 ZPO noch einmal ausdrücklich hervorhebt, tritt auch kein Suspensiveffekt ein. Vielmehr kann die Vollstreckung aus dem Arrestbeschluss ungeachtet eines eingelegten Widerspruches begonnen oder fortgesetzt werden. Verfahrensgegenstand ist allein die Eilentscheidung. In der Tenorierung 17 wird daher der Widerspruch nicht erwähnt, sondern die Eilentscheidung wird entweder bestätigt, geändert oder aufgehoben. Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist die letzte mündliche Tatsachenverhandlung. Dabei ist zu beachten, dass es nicht darum geht, ob der Arrest seinerzeit zu Recht erlassen worden ist, sondern nur um die Frage, ob er am Schluss der mündlichen Tatsachenverhandlung zu ergehen hat oder nicht. Somit sind Änderungen, die nach Erlass des Beschlusses eingetreten sind, auf jeden Fall zu berücksichtigen1. Dies gilt auch beim Erfüllungseinwand betreffend die Hauptforderung, da das Entstehen oder die Fälligkeit der Hauptforderung erst nach dem Arrestbeschluss eingetreten sein kann. Inhaltlich kann die Prüfung des Arrestbeschlusses daher identisch sein mit einer Prüfung des Antrages wegen veränderter Umstände gem. § 927 Abs. 1 ZPO (s. zum Verhältnis der Rechtsbehelfe zueinander E Rz. 1 ff.). Der Widerspruch richtet sich auch nicht gegen die Art seiner Vollziehung, sondern gegen die Anordnung selbst. Zur Abwendung der bloßen Vollziehung steht das Mittel der Aufhebung der Arrestvollziehung nach Sicherheitsleistung gem. §§ 934, 923 ZPO und bei der einstweiligen Verfügung die Aufhebung gegen Sicher-

1 Allg. M., s. nur Walker, S. 343, Rz. 527.

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E Rz. 18

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

heitsleistung gem. § 939 ZPO zur Verfügung. Die Art und Weise der Vollziehung kann mit der Erinnerung gem. § 766 ZPO angegriffen werden1. 18

Die Nichteinhaltung der Vollziehungsfrist kann nicht mit dem Widerspruch, sondern nur mit dem Antrag auf Aufhebung wegen veränderter Umstände gem. § 927 ZPO verbunden werden2. a) Widerspruchsberechtigte

19

Zum Widerspruch gegen einen Arrestbeschluss berechtigt sind der Antragsgegner, seine Rechtsnachfolger und ggf. auch der über das Vermögen des Antragsgegners eingesetzte Insolvenzverwalter. Dabei ist zu beachten, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Aufhebung oder Bestätigung des Arrestes nicht entgegensteht3. Dem Antragsteller steht nicht das Recht des Widerspruches, sondern das der sofortigen Beschwerde zu, wenn seinem Antrag nicht oder nicht vollständig stattgegeben wurde. Dies gilt jedoch nicht, wenn das LAG als Berufungsgericht der Hauptsache oder Beschwerdegericht entschieden hat. In diesem Fall ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 72 Abs. 4, § 78 Abs. 2 ArbGG)4. Auch Dritte sind nicht zum Widerspruch berechtigt, selbst wenn sie ein wirtschaftliches Interesse an der Aufhebung des Arrestes haben, etwa weil sie die Lösungssumme i.S.v. § 923 ZPO für den Schuldner hinterlegt haben. Soweit Dritte durch die Arrestvollziehung betroffen sind, können sie Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO erheben oder Erinnerung gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung gem. § 766 ZPO einlegen5. b) Zuständigkeit

20

§ 924 ZPO trifft keine Bestimmung darüber, welches Gericht für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig ist. Nach allgemeiner Auffassung liegt die Zuständigkeit bei dem Gericht, das den Arrest erlassen hat. Begründet wird dies mit dem Zusammenwirken der §§ 919, 924, 925 ZPO6. Hat jedoch das Gericht erster Instanz das Arrestgesuch abgelehnt und wurde der Arrestbeschluss erst auf Beschwerde des Gläubigers vom LAG durch Beschluss erlassen, ist nach absolut h.M. das erstinstanzliche Gericht für die Verhandlung zuständig7. Dies wird von der h.M. damit begründet, dass dem Schuldner sonst ohne rechtfertigenden Grund eine Instanz genommen würde. Die Konsequenz, dass das ArbG damit über 1 2 3 4 5 6 7

Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 924 Rz. 2 m.w.N. OLG Frankfurt v. 17.12.1980 – 17 U 187/80. BGH v. 15.1.1962 – VIII ZR 189/60. Schäfer, Rz. 59. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 924 Rz. 7. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 924 Rz. 3. LAG Hamburg v. 28.3.1995 – 3 TaBV 3/95; OLG Düsseldorf v. 15.12.1983 – 10 U 159/83; OLG Hamm v. 26.2.1987 – 4 U 7/87; Schäfer, Rz. 39; Zöller/Vollkommer, § 924 Rz. 6; a.A. Walker, S. 341 ff.; LAG Schl.-Holst. v. 25.11.1999 – 4 Sa 584/99.

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Die Rechtsmittel und Rechtsbehelfe im Einzelnen

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Rz. 24

E

die Rechtmäßigkeit einer vom LAG getroffenen Entscheidung befinden kann, wird allgemein hingenommen und teilweise damit gerechtfertigt, dass nicht über die Rechtmäßigkeit des einmal verhängten Arrestes befunden werde, sondern darüber, ob dieser aktuell zu erlassen ist1. Dabei ist zu beachten, dass das Gericht erster Instanz nicht an die Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts gebunden ist. Wenn der Arrest durch ein nicht zuständiges Gericht erlassen wurde, ist 21 das Verfahren ohne Aufhebung des Arrestbefehls an das zuständige Gericht zu verweisen2. Zuständig ist das Gericht der Hauptsache3. c) Frist Der Widerspruch unterliegt keiner Frist. Er kann grundsätzlich so lange 22 eingelegt werden, wie der Arrestbeschluss existiert. Auch die vorherige Zustellung an den Schuldner ist keine Voraussetzung für einen wirksamen Widerspruch. Des Weiteren hindern der Ablauf der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO, die Erledigung oder ein rechtskräftiges Urteil in der Hauptsache und die Sicherheitsleistung gem. § 923 ZPO den Widerspruch nicht. Einzig die Verwirkung kann den Widerspruch unzulässig machen. Hier- 23 bei sind allerdings besonders strenge Anforderungen zu stellen. Während der Dauer des Hauptsacheverfahrens kann – auch bei einem sehr langen Prozess – eine Verwirkung regelmäßig nicht eintreten, da die Rechtslage so lange noch nicht endgültig geklärt ist. Als Ausnahme ist die erneute Einlegung des Widerspruches nach vorheriger Rücknahme möglich (s. unten E Rz. 33). Im Übrigen muss zu dem Zeitmoment noch ein Umstandsmoment treten. Der Schuldner muss einen Vertrauenstatbestand gesetzt haben, aufgrund dessen der Gläubiger sich auf das Unterlassen des Widerspruches einstellen durfte, und Letzterer muss in diesem Vertrauen aufgrund besonderer Umstände schutzwürdig erscheinen4. Auf die Einlegung des Widerspruches kann auch wirksam verzichtet werden. d) Form Der Widerspruch kann ohne einen Rechtsanwalt eingelegt werden, wenn 24 das ArbG Arrestgericht ist. Folgt man der oben skizzierten herrschenden Meinung (E Rz. 20), wonach das ArbG auch dann über den Widerspruch zu befinden hat, wenn das LAG den Arrestbeschluss erlassen hat, so ist 1 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 924 Rz. 3; vgl. weiter OLG Hamm v. 9.8.1979 – 4 U 147/79 – betr. einen von zwei Streitgenossen. 2 OLG Hamm v. 20.12.1988 – 4 U 244/88; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 924 Rz. 4; a.A. LG Arnsberg v. 22.10.1992 – 8 O 48/92, Verweisung erst nach Aufhebung. 3 Zöller/Vollkommer, § 924 Rz. 6 m.w.N. 4 OLG Schl.-Holst. v. 2.3.1979 – 6 W 29/78; OLG Saarbrücken v. 30.6.1989 – 4 U 2/89.

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E Rz. 25

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

der Widerspruch im arbeitsgerichtlichen Verfahren stets ohne Anwalt möglich, und zwar auch zu Protokoll der Geschäftsstelle. Aus der Erklärung muss deutlich hervorgehen, dass eine Entscheidung des ArbG über die Rechtmäßigkeit des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung begehrt wird. Die Verwendung des Wortes Widerspruch ist dabei nicht zwingend notwendig1. e) Inhalt 25

Der Widerspruch ist gem. § 924 Abs. 2 Satz 1 ZPO zu begründen. Das bedeutet nach allgemeiner Meinung2 nicht, dass die Begründung wie bei einem Rechtsmittel Wirksamkeitsvoraussetzung des Widerspruches wäre. Es handelt sich um eine bloße Ordnungsvorschrift, die nicht ausschließt, dass Widerspruchsgründe jederzeit nachgeschoben werden können. Diese können nur unter den engen Voraussetzungen des § 296 ZPO zurückgewiesen werden. Das Gericht darf auch die Terminierung nicht von der Begründung des Widerspruches abhängig machen.

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Der Widerspruch kann sich, wenn etwa bei einer einstweiligen Verfügung mehrere Unterlassungsansprüche durch Beschluss tituliert worden sind, auch gegen einen abgrenzbaren Teil der Entscheidung richten3. Hier hat der Antragsgegner in aller Regel die Möglichkeit, den Teilwiderspruch zu erweitern und somit letztlich die gesamte einstweilige Verfügung anzugreifen. Aus dem Einwendungscharakter des Widerspruches folgt, dass die Erweiterung nicht als Klageänderung anzusehen ist4. Die Unzulässigkeit der Erweiterung des Widerspruches kann sich aber dann ergeben, wenn aus der Einlegung lediglich eines begrenzten Widerspruches der Verzicht auf den Vollwiderspruch abgeleitet werden kann.

27

Der Widerspruch kann auch auf die Höhe der Lösungssumme beschränkt werden.

28

Der Arrest-(Verfügungs-)Kläger kann seinen Antrag entsprechend §§ 263 f., 514 ZPO erweitern5.

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Der Widerspruch gegen den Arrest oder die einstweilige Verfügung kann auch lediglich auf die Kosten des Verfahrens beschränkt werden (Kostenwiderspruch). Dem steht auch nicht § 99 Abs. 1 ZPO entgegen, da es sich um kein den Devolutiveffekt auslösendes Rechtsmittel handelt. Die Beschränkung muss aus der Widerspruchsschrift oder der zu Protokoll der Geschäftsstelle gegebenen Erklärung eindeutig hervorgehen. Die Beschränkung hat nur den Effekt, die Kostentragungspflicht auf den An1 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 924 Rz. 13. 2 S. nur Grunsky in Stein/Jonas, § 924 Rz. 21 m.w.N. 3 Teilwiderspruch, vgl. hierzu bezogen auf das Wettbewerbsrecht Dunkl/Moeller/ Baur/Feldmeier/Baur, Teil H, Rz. 356. 4 Grunsky in Stein/Jonas, § 924 Rz. 2. 5 Grunsky in Stein/Jonas, § 924 Rz. 21 m.w.N.

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Die Rechtsmittel und Rechtsbehelfe im Einzelnen

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Rz. 34

E

tragsteller zu übertragen. Dies ergibt in der Regel nur bei einer einstweiligen Verfügung einen Sinn und ist im Bereich des Wettbewerbsrechts entwickelt worden. Die Funktion des Kostenwiderspruches ähnelt der des sofortigen Anerkenntnisses im Hauptsacheverfahren1. Daher kann der Schuldner der Kostenlast auch nicht dadurch entgehen, dass er zunächst unbeschränkt Widerspruch einlegt und diesen mit der bloßen Ankündigung verbindet, den Widerspruch später, etwa in der mündlichen Verhandlung, zu beschränken2. Die Beschränkung des Widerspruches auf die Kosten ist regelmäßig als 30 ein Verzicht auf die Einlegung eines weitergehenden Widerspruches aufzufassen. Es kann somit nicht nachträglich die Erweiterung zum Vollwiderspruch erfolgen3. Über die Kosten wird durch Urteil entschieden, gegen das gem. § 99 31 Abs. 2 ZPO die sofortige Beschwerde zulässig ist4. Der Widerspruch kann bis zur formellen Rechtskraft des Urteils im Ver- 32 fügungsverfahren jederzeit ohne Einwilligung des Gläubigers zurückgenommen werden. Ein bereits erlassenes Urteil wird mit der Rücknahme des Widerspruches automatisch hinfällig5. Eine Wiederholung des Widerspruches ist nach Rücknahme ebenso wie 33 bei Rechtsmitteln grundsätzlich möglich. Aus den Gesamtumständen ist jedoch zu ermitteln, ob in der Rücknahme nicht gleichzeitig ein Verzicht zu sehen ist. Ein solcher ist unter den Voraussetzungen, die für den Rechtsmittelverzicht gelten, zulässig6. Weiter ist die Rücknahme und erneute Einlegung des Widerspruches auch unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung zu prüfen. Wenn das Zeitmoment erfüllt ist, kann in der einmal erfolgten Rücknahme des Widerspruches auch das Umstandsmoment gesehen werden, das den erneuten Widerspruch als verwirkt erscheinen lässt. f) Verfahren nach Widerspruch Nach Eingang des Widerspruches bestimmt das Gericht von Amts wegen 34 einen Termin zur mündlichen Verhandlung (§ 924 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Hierzu werden die Parteien unter Wahrung der Ladungsfrist des § 217 ZPO geladen. Für die weitere Durchführung des Verfahrens gelten die normalen Grundsätze der notwendigen mündlichen Verhandlung. Die Entscheidung erfolgt durch Urteil, dem grundsätzlich die Sach- und Rechts1 Siehe zu anwaltlichen Abschlussschreiben N. Schneider, NJW-Spezial 2008, 315. 2 Zöller/Vollkommer, § 924 Rz. 5 m.w.N. 3 So auch OLG Hamm v. 25.9.1990 – 4 U 199/90. 4 Allg. M., s. nur Zöller/Vollkommer, § 924 Rz. 11. 5 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 924 Rz. 8. 6 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 924 Rz. 9 m.w.N.

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E Rz. 35

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

lage bei Schluss der mündlichen Verhandlung zugrunde zu legen ist. Ist der Widerspruch begründet, ist die Eilentscheidung aufzuheben (Muster 19, E Rz. 75), anderenfalls ist sie zu bestätigen (Muster 20, E Rz. 75a). Hiergegen ist jeweils bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen die Berufung möglich. Die ursprünglich durch Beschluss ergangene einstweilige Verfügung wird mit Verkündung des aufhebenden Urteils außer Kraft gesetzt, nicht erst mit dessen Rechtskraft, da arbeitsgerichtliche Urteil sofort vorläufig vollstreckbar sind. g) Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung 35

Die Regelung des § 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, wonach arbeitsgerichtliche Urteile vorläufig vollstreckbar sind (zur Frage der Geltung der Sätze 2 bis 4 s. F Rz. 50), gilt nicht im Bereich des vorläufigen Rechtsschutzes, da jede Eilentscheidung ohnehin vorläufig vollstreckbar ist1. § 924 Abs. 3 Abs. 3 ZPO findet daher grundsätzlich auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren Anwendung. Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung ist aber nicht möglich, denn wenn die Voraussetzungen hierfür gegeben sind, liegt kein Arrest- oder Verfügungsgrund vor, so dass die Eilentscheidung aufzuheben ist2. 3. Anordnung der Klageerhebung (§ 926 ZPO) Literatur: Laukemann, Effektiver einstweiliger Rechtsschutz an der Schnittstelle zwischen Schiedsverfahren und staatlicher Justiz, ZZP 2013, 175; Schneider, E., Antrag auf Prozesskostenhilfe statt Klageerhebung nach § 926 Abs. 2 ZPO, MDR 1982, 721; Schneider, N., Gegenläufige Kostenentscheidungen im Arrest- und Verfügungsverfahren, NJW-Spezial 2013, 411; Stürner, Zur Rechtskraftfähigkeit von Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, ZZP 2012, 3; Teplitzky, Arrest und einstweilige Verfügung, JuS 1980, 435; Teplitzky, Streitfragen bei Arrest und einstweiliger Verfügung, DRiZ 1982, 41.

a) Grundzüge 36

Durch § 926 ZPO wird die Einstweiligkeit des Arrestes und der einstweiligen Verfügung gesichert. Der einstweilige Rechtsschutz darf nicht zweckwidrig vom Gläubiger zu einem de facto endgültigen Verfahren instrumentalisiert werden. Diese Gefahr besteht insbesondere angesichts des Umstandes, dass hier im Gegensatz zum Hauptsacheverfahren die bloße Glaubhaftmachung ausreicht und so der an einer Klärung im ordentlichen Verfahren nicht immer interessierte Gläubiger auf unabsehbare Zeit einen für den Schuldner nachteiligen Rechtszustand aufrechterhalten könnte – gerade bei einer einstweiligen Verfügung. Vor diesen Nachteilen schützt ihn der Widerspruch nicht, denn auch hier reicht lediglich die Glaubhaftmachung aus. § 926 ZPO gibt dem Schuldner ein 1 GMP/Germelmann, § 62 Rz. 7. 2 GMP/Germelmann, § 62 Rz. 6.

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Rz. 39

E

einfach zu handhabendes und effektives Mittel, die zeitliche Ausdehnung des einstweiligen Rechtsschutzes zu begrenzen. Er dient damit auch der Gewährleistung rechtsstaatlicher Verfahrensgarantien im Eilverfahren; da der Schuldner vielfach vom Arrest oder der einstweiligen Verfügung überrascht wird, hat er ein anzuerkennendes Interesse daran, dass die Maßnahme nur so lange aufrechterhalten wird, wie der Zweck des Eilverfahrens dies gebietet1. § 926 ZPO gilt sowohl für den Arrest als auch für die einstweilige Ver- 37 fügung. Im Arbeitsrecht ist allerdings eine Einschränkung zu machen: Wurde der Arbeitgeber durch einstweilige Verfügung gem. § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG von der Pflicht befreit, den Arbeitnehmer vorläufig weiterzubeschäftigen (betriebsverfassungsrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch), ist die Anordnung der Klageerhebung im Hauptsacheverfahren (§ 926 ZPO) nicht möglich. Dies folgt daraus, dass der Gesetzgeber bei der Entbindungsverfügung kein Hauptsacheverfahren vorgesehen hat, sondern das Eilverfahren als die alleinige Rechtsschutzmöglichkeit definiert hat. § 926 ZPO gilt auch im Beschlussverfahren. Die fehlende Einleitung des Hauptsacheverfahrens kann im Eilverfahren nicht geltend gemacht werden, wenn nicht der prozessuale Weg über § 926 ZPO beschritten wird2. Das Aufhebungsverfahren steht neben anderen prozessualen Möglichkei- 38 ten des Schuldners. Er kann auch eine negative Feststellungsklage erheben (s. I Rz. 181 zu § 102 Abs. 5 BetrVG)3. Hierfür dürfte so lange ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen, wie die Hauptsacheklage nicht erhoben worden ist. Der Gläubiger hat es aber in der Hand, durch Erhebung der Hauptsacheklage das Rechtsschutzbedürfnis zu beseitigen4. Die Durchführung der Feststellungsklage ist jedoch umständlicher als das Verfahren nach § 926 ZPO. In praxi kommt als Alternative zum Aufhebungsverfahren einerseits der 39 Widerspruch bzw. die Berufung, andererseits der Antrag auf Aufhebung wegen veränderter Umstände gem. § 927 ZPO in Betracht. Dabei ist zu beachten, dass § 926 ZPO in seinen Wirkungen über §§ 924, 927 ZPO hinausgeht, da er auf die Fortsetzung des Verfahrens in der Hauptsache gerichtet ist5. Das Anordnungsverfahren kommt deshalb auch dann noch in Betracht, wenn bereits nach §§ 924, 927 ZPO vorgegangen wurde. Weiter spricht für die Durchführung des Verfahrens nach § 926 Abs. 2 ZPO, dass hier auch über die Kosten des Anordnungsverfahrens entschieden wird (weil die Entscheidung ex tunc ergeht), während bei § 927 ZPO nur über die Kosten befunden wird, die in diesem Verfahren entstehen. Die 1 2 3 4 5

Vgl. BGH v. 4.4.1977 – VIII ZR 217/75. LAG Rh.-Pf. v. 24.9.2009 – 10 SaGa 9/09. Vgl. BGH v. 16.6.1978 – V ZR 73/77 – und v. 13.12.1984 – I ZR 197/83. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 926 Rz. 1, Fn. 1. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 926 Rz. 2.

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E Rz. 40

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

Versäumung der Frist von § 926 ZPO kann auch in einem Widerspruchsoder Berufungsverfahren geltend gemacht werden, ohne dass ein gesondertes Aufhebungsverfahren eingeleitet werden muss1. 40

Im Verfahren gem. § 926 ZPO ist es nicht möglich, Schadensersatzansprüche i.S.v. § 945 ZPO geltend zu machen2. b) Verfahren und Zulässigkeit

41

Es handelt sich um ein zweistufiges Verfahren, das mit dem Antrag auf Fristsetzung eingeleitet wird. Zuständig hierfür ist das erstinstanzliche Arrestgericht. Dies gilt auch dann, wenn die Eilanordnung durch die Berufungsinstanz erfolgt ist3 oder sich das Widerspruchsverfahren noch in der Berufungsinstanz befindet. Gemäß § 20 Nr. 14 RPflG ist für die Entscheidung über die Anordnung der Klageerhebung der Rechtspfleger zuständig. Eine durch den Richter gesetzte Frist ist aber gleichfalls wirksam4. Wird der Antrag nach § 926 Abs. 1 ZPO vorsorglich schon mit dem Antrag auf Zurückweisung des Arrestantrages gestellt, ist der Richter auch hierfür zuständig5. Bei einer Richtervorlage gem. §§ 5, 6 RPflG ist im Arbeitsgerichtsverfahren der Vorsitzende allein zuständig, da es sich um eine Entscheidung außerhalb der mündlichen Verhandlung handelt (§ 53 Abs. 1 ArbGG). Der Antrag muss schriftlich oder zu Protokoll der Rechtsantragstelle erklärt werden, wobei kein Anwaltszwang besteht. Er ist an keine Frist gebunden, kann aber nach allgemeinen Grundsätzen verwirkt sein. Auf den Antrag kann auch wirksam verzichtet werden, wobei in einem nur auf die Kosten bezogenen Widerspruch ein solcher Verzicht zu sehen sein kann6.

42

Der Antrag setzt grundsätzlich das Bestehen eines Arrestbefehls oder einer einstweiligen Verfügung voraus, wobei die Form der Entscheidung (Urteil oder Beschluss) unerheblich ist. Wenn keine Eilanordnung mehr vorhanden ist, besteht auch kein Rechtsschutzbedürfnis7. Der Antrag kann aber schon vorsorglich zusammen mit dem Antrag auf Zurückweisung des Arrestantrages gestellt werden8. Es besteht auch kein Feststel-

1 2 3 4 5 6 7

8

LG Freiburg v. 21.4.1987 – 9 S 288/86. Zöller/Vollkommer, § 926 Rz. 3. H.M., s. nur Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 926 Rz. 5 m.w.N. Grunsky in Stein/Jonas, § 926 Rz. 5; die dort vertretene Auffassung, dass beim LG die vollbesetzte Kammer entscheiden müsse, lässt sich wegen § 53 ArbGG nicht auf das arbeitsgerichtliche Verfahren übertragen. Walker in Schuschke/Walker, § 926 Rz. 4a. Zöller/Vollkommer, § 926 Rz. 4; OLG Stuttgart v. 23.11.1979 – 2 W 32/79; auf den Einzelfall abstellend OLG Hamm, MDR 1991, 358. Vgl. BGH v. 28.5.1973 – II ZR 135/71 für den Fall, dass der Antrag auf einstweilige Verfügung durch rechtskräftiges Urteil für erledigt erklärt worden ist; ebenso OLG Düsseldorf v. 23.10.1970 – 2 U 101/70 auch für den Fall der beiderseitigen Erledigungserklärung der Parteien. Walker in Schuschke/Walker, § 926 Rz. 4a.

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Rz. 47

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lungsinteresse daran, dass die einstweilige Verfügung ursprünglich begründet war1. Der Antrag nach § 926 ZPO kann bereits vorsorglich für den Fall gestellt 43 werden, dass eine Eilanordnung ergeht. In diesem Fall obliegt die Fristsetzung gem. § 6 RPflG dem Richter2, der sie auch bereits im Arrestbefehl selbst vornehmen kann3. Für die Antragsbefugnis unerheblich ist die Frage, ob die Eilentscheidung 44 formell rechtskräftig oder ob sie bereits vollzogen ist. Auch die Abwendung der Arrestvollziehung gem. §§ 923, 934 ZPO oder Aussetzung gem. § 939 ZPO steht dem Antrag nicht entgegen, da die Eilentscheidung noch existent ist, wenn sie auch nicht vollzogen werden kann4. Maßgeblich zu beachten ist hier der Zweck des § 926, der darin besteht, dem Schuldner eine endgültige Klärung der Hauptsache zu ermöglichen. Es ist auch unerheblich, ob das Gericht der Auffassung ist, dass die Maß- 45 nahme vorläufigen Rechtsschutzes zu Recht angeordnet worden war. Die Antragstellung setzt grundsätzlich nicht voraus, dass die zu erheben- 46 de Klage Aussichten auf Erfolg hat5. Allerdings werden in Literatur und Rechtsprechung vielfach für bestimmte Fälle der Aussichtslosigkeit Ausnahmen gemacht, bei denen das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses angenommen wird. So soll das Rechtsschutzbedürfnis entfallen, wenn etwa die für den Unterlassungsanspruch notwendige Wiederholungsgefahr nicht mehr besteht und der Gläubiger den Schuldner vor jeder künftigen Inanspruchnahme aus der einstweiligen Verfügung sichergestellt hat6, wobei die letztgenannte Voraussetzung nicht immer verlangt wird, wenn die zeitlich begrenzte Geltungsdauer des Arrestes weggefallen ist7 oder wenn der zu sichernde Anspruch inzwischen verjährt ist8. Das Rechtsschutzbedürfnis soll auch bei zwischenzeitlicher Erfüllung wegfallen, wenn diese nicht nur zur Abwehr der Zwangsvollstreckung erfolgte9. M.E. ist hier dem einschränkenden Ansatz10 zu folgen. Grundsätzlich 47 liegt es im Risikobereich des Gläubigers, ob er mit der Hauptsacheklage obsiegt oder nicht. Die offenkundige Aussichtslosigkeit der Hauptsacheklage kann somit für sich genommen das fehlende Rechtsschutzbedürfnis nicht begründen, sondern sie spricht viel eher dafür, dass die Eilent1 2 3 4 5 6 7 8 9

BGH v. 28.5.1973 – II ZR 135/71. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 926 Rz. 7. Gottwald, Einstweiliger Rechtsschutz, § 926 Rz. 5. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 926 Rz. 7. Allg. M., s. nur Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 926 Rz. 8. BGH v. 27.11.1973 – VI ZR 171/72; OLG Karlsruhe v. 22.7.1987 – 6 U 76/87. Vgl. LG Hamburg v. 11.7.1991 – 302 O 83/91. Vgl. Zöller/Vollkommer, § 926 Rz. 12. OLG München v. 29.10.2012 – 5 W 1648/12; Zöller/Vollkommer, § 926 Rz. 12; Drescher in MünchKomm/ZPO, § 926 Rz. 7. 10 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 926 Rz. 7.

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E Rz. 47a

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

scheidung von vornherein objektiv falsch war. Es kann also im Wesentlichen nur dann von einem nicht bestehenden Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag nach § 926 ZPO gesprochen werden, wenn der Schuldner durch sein Verhalten nach der Eilentscheidung die Aussichtslosigkeit der Klage herbeigeführt hat. Ausgenommen hiervon dürfte die Erfüllung sein, die die Klage aussichtslos erscheinen lässt. Hier dürfte der Widerspruch oder der Antrag nach § 929 ZPO der richtige Rechtsbehelf sein1. Diese Frage dürfte aber kaum von praktischer Relevanz werden, da das mit dem Eilverfahren erfüllte Sicherungsbedürfnis entfällt, wenn der Hauptsacheanspruch nicht (mehr) durchsetzbar ist. Eine Aufhebung der Eilentscheidung ist dann jedenfalls über § 927 ZPO zu erreichen. Die Rechtsfolge einer Nichterfüllung der Aufforderung zur Klageerhebung besteht nun aber gleichfalls in der Aufhebung des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung. Das bloße Kosteninteresse der Verfügungsbeklagten rechtfertigt in aller Regel nicht die Fristsetzung zur Hauptsachenklage2. 47a

Auf das Recht zur Stellung des Antrages nach § 926 Abs. 1 ZPO kann auch wirksam verzichtet werden. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn die Parteien in einer Abschlusserklärung das Ergebnis des Eilverfahrens als bindend akzeptieren3. c) Entscheidung über die Anordnung der Klageerhebung

48

Die Entscheidung, mit der die Klageerhebung angeordnet wird, ergeht durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung. Eine vorherige Anhörung des Gläubigers ist nicht notwendig, wird jedoch vielfach für sinnvoll erachtet, da der Gläubiger ggf. mitteilen kann, ob die Hauptsache schon anhängig gemacht worden ist. Ein Interesse an einer überraschenden Entscheidung kann der Schuldner hier nicht haben4.

49

Die Länge der für die Klageerhebung zu setzenden Frist steht im Ermessen des Rechtspflegers, darf aber entsprechend § 276 Abs. 1 Satz 2, § 277 Abs. 3 ZPO zwei Wochen nicht unterschreiten. Hierbei ist zwar einerseits auf Besonderheiten des Falles, etwa eine schwierige Sach- und Rechtslage, Rücksicht zu nehmen, andererseits darf aber nicht verkannt werden, dass der Gläubiger das Verfahren in Gang gesetzt hat und mit einem Antrag nach § 926 jederzeit rechnen musste. Eine allzu großzügige Fristsetzung verbietet sich daher. Eine Frist von einem Monat dürfte regelmäßig nicht zu überschreiten sein5.

50

Eine über die Fristbestimmung hinausgehende Bestimmung des Gerichts, bei dem die Hauptsacheklage zu erheben ist, wird nicht vorgenommen.

1 2 3 4 5

KG v. 8.4.2008 – 12 W 16/08. OLG Frankfurt v. 18.9.2007 – 5 W 27/07. Walker in Schuschke/Walker, § 926 Rz. 5. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 926 Rz. 9. Vgl. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 926 Rz. 10.

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Im Verfahren nach § 926 ZPO kommt keine Einstellung der Zwangsvoll- 51 streckung entsprechend § 707 ZPO in Betracht, da der Rechtspfleger keine Prüfung der Berechtigung des Anspruches vornimmt und sich dieses Verfahren daher wesentlich vom Widerspruch gem. § 924 Abs. 3 Satz 2 ZPO unterscheidet1. Der Beschluss, mit dem die Klageerhebung angeordnet wird, muss dem 52 Gläubiger von Amts wegen zugestellt werden (§ 329 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dem Schuldner wird sie lediglich formlos mitgeteilt. Die Frist für die Klageerhebung beginnt mit Zustellung an den Gläubiger und wird nach § 222 ZPO berechnet. Ein ablehnender Beschluss wird nur dem Schuldner formlos mitgeteilt, dem Gläubiger hingegen nicht2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist bei Versäumung der Frist 53 nicht möglich. d) Rechtsbehelfe Der Gläubiger hat die Möglichkeit, gegen den anordnenden Beschluss 54 des Rechtspflegers binnen zwei Wochen die sofortige Erinnerung gem. § 11 RPflG einzulegen3. Hiermit kann er auch eine zu kurze Klageerhebungsfrist angreifen. Über die befristete Erinnerung oder die zu kurze Klageerhebungsfrist entscheidet das Gericht, dem der Rechtspfleger angehört, außerhalb der mündlichen Verhandlung durch den Vorsitzenden allein (§ 53 ArbGG). Der Gläubiger kann auch Fristverlängerung beantragen, gegen deren Verweigerung gem. § 225 Abs. 3 ZPO kein Rechtsbehelf statthaft ist. Für die Praxis ist es daher ratsam, auch dann die Erinnerung einzulegen, wenn lediglich die Länge der Frist beanstandet wird. Gegen die Entscheidung des Richters ist für den Gläubiger kein Rechts- 55 behelf gegeben, da die §§ 567, 793 ZPO keine Anwendung finden: Es liegt keine Entscheidung vor, mit der ein Verfahrensgesuch zurückgewiesen wird, und die Entscheidung hat nicht die Vollziehung eines Arrestes zum Gegenstand4. Auch wenn das Gericht fehlerhafterweise aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden hat, besteht kein Beschwerderecht5. Der Gläubiger kann aber auch im Aufhebungsverfahren gem. § 926 Abs. 2 56 ZPO geltend machen, dass die Fristsetzung nicht hätte erfolgen dürfen6.

1 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 926 Rz. 10; a.A. die h.M., s. Grunsky in Stein/ Jonas, § 926 Rz. 17 unter Hinweis auf die Interessenlage, die jedoch eine entsprechende gesetzliche Möglichkeit nicht ersetzen kann; ebenso Zöller/Vollkommer, § 926 Rz. 28. 2 Zöller/Vollkommer, § 926 Rz. 17. 3 Zöller/Vollkommer, § 926 Rz. 19. 4 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 926 Rz. 10. 5 Grunsky in Stein/Jonas, § 926 Rz. 10. 6 Zöller/Vollkommer, § 926 Rz. 20.

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E Rz. 57 57

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

Der Schuldner kann gegen den zurückweisenden Beschluss oder die Gewährung einer zu langen Klageerhebungsfrist ebenfalls sofortige Erinnerung gem. § 11 RPflG erheben1. Wenn der Richter den Beschluss erlassen hat, ist die sofortige Beschwerde gem. § 567 ZPO möglich2. e) Erhebung der Hauptsacheklage

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Der Kläger muss die Hauptsacheklage rechtzeitig erheben. Auch eine Klageerhebung durch den Rechtsnachfolger oder Prozessstandschafter reicht aus. Umgekehrt kann der Rechtsinhaber die Hauptsacheklage erheben, wenn der Prozessstandschafter die Eilentscheidung erwirkt hat. Entsprechendes gilt für die Beklagtenseite3. Es muss also nicht notwendigerweise Identität zwischen den Parteien des Eilverfahrens und des Hauptsacheverfahrens bestehen. Maßgeblich ist stets, ob die Entscheidung im Hauptsacheverfahren die Parteien des Eilverfahrens bindet. Nur so kann dem Zweck des § 926 ZPO Rechnung getragen werden, dem Schuldner eine abschließende Klärung der dem summarischen Verfahren zugrunde liegenden Ansprüche zu erreichen.

59

Die Hauptsacheklage ist jedenfalls dann rechtzeitig erhoben, wenn sie innerhalb der Frist eingereicht und zugestellt worden ist. Ausreichend ist auch, wenn sie nur innerhalb der Frist eingereicht wurde und die Zustellung demnächst i.S.v. § 167 ZPO erfolgt4. Dabei muss der Gläubiger nach allgemeinen Grundsätzen alles getan haben, um die rasche Zustellung zu ermöglichen. Dies ist von ihm auch glaubhaft zu machen.

60

Nach Fristablauf kann er immer noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung über den Aufhebungsantrag die Klageerhebung nachholen, denn erfolgt die Klageerhebung zwar außerhalb der gesetzten Klageerhebungsfrist, aber noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz, so ist sie als rechtzeitig erhoben anzusehen5. Der Schuldner kann dann den Aufhebungsantrag zurücknehmen oder auch für erledigt erklären. In letzterem Fall hat der Gläubiger die Kosten des Aufhebungsverfahrens zu tragen6. Dies wird in einer gesondert für das Aufhebungsverfahren ergehenden Kostenentscheidung ausgesprochen7.

1 OLG Stuttgart v. 30.6.2008 – 8 W 217/08; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, § 926 Rz. 9. 2 Grunsky in Stein/Jonas, § 926 Rz. 10; Zöller/Vollkommer, § 926 Rz. 21; a.A. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 926 Rz. 10, kein Rechtsbehelf. 3 Grunsky in Stein/Jonas, § 926 Rz. 15. 4 H.M., KG v. 23.10.2009 – 8U 121/09; OLG Hamburg v. 20.4.1978 – 3 U 36/78 m.w.N.; Zöller/Vollkommer, § 926 Rz. 32. 5 OLG Frankfurt v. 29.1.1987 – 6 U 33/86; Zöller/Vollkommer, § 926 Rz. 33. 6 OLG Frankfurt v. 29.1.1987 – 6 U 33/86 und v. 11.5.1981 – 6 W 20/81. 7 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 926 Rz. 17.

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Die Rechtsmittel und Rechtsbehelfe im Einzelnen

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Rz. 66

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Nach verbreiteter Auffassung ist auch die Einreichung eines Prozesskos- 61 tenhilfegesuches ausreichend1. Meines Erachtens ist dieser von Grunsky2 sehr ausführlich begründeten Auffassung zuzustimmen. Dabei ist aber zu beachten, dass mit ihm der Entwurf einer Klageschrift eingereicht werden muss, der die maßgeblichen Voraussetzungen erfüllt (s. dazu unter E Rz. 67). Darüber hinaus muss die Hauptsache nach einer PKHEntscheidung auch weiterverfolgt werden3. Die Erhebung der Hauptsacheklage bei einem unzuständigen Gericht 62 wahrt ebenfalls die Klagefrist4. Auch die Klageerhebung im Ausland reicht aus, wenn ein dortiges Urteil 63 hier anerkennungsfähig ist5. Die Frage, ob die Klage dort wirksam erhoben worden ist, muss nach der dortigen Prozessordnung beantwortet werden. Bei mehreren zuständigen Gerichten kann der Gläubiger wählen; er muss insbesondere nicht das Gericht angehen, das die Eilentscheidung getroffen hat6. Die Einleitung eines Mahnverfahrens steht der Klageerhebung gleich. Je- 64 doch ist hier darauf zu achten, dass der durch den Antrag umschriebene Anspruch mit dem durch die Eilentscheidung gesicherten identisch ist. Mit einer Prozessaufrechnung kann jedoch der Pflicht zur Klageerhebung 65 nicht Genüge getan werden, da diese keine Rechtshängigkeit begründet7. Die Klage muss einen Anspruch zum Gegenstand haben, der mit dem 66 Arrestanspruch im prozessualen Sinne identisch ist8. Nur so kann der Zweck von § 926 erreicht werden. Eine entsprechende Feststellungsklage reicht nur dann aus, wenn ein Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO vorliegt. Ansonsten ist sie unzulässig und eine unzulässige Klage hindert nicht die Aufhebung nach § 926 Abs. 2 ZPO9. Eine darüber hinausgehende Klage ist unschädlich, sofern sie den mit der Eilentscheidung gesicherten Anspruch mit umfasst. Wenn die Hauptsacheklage nicht all das umfasst, was durch die Eilentscheidung gesichert worden ist, dann muss sie insoweit aufgehoben werden, wie sich die Hauptsacheklage hierauf nicht erstreckt.

1 OLG Frankfurt v. 28.10.1988 – 14 W 115/88; Grunsky in Stein/Jonas, § 926 Rz. 11; a.A. OLG Düsseldorf v. 30.3.1987 – 10 UF 4787; OLG Hamm v. 12.12.1988 – 5 U 212/88; offengelassen bei OLG Frankfurt v. 24.8.2010 – 11 U26/10. 2 Grunsky in Stein/Jonas, § 926 Rz. 11. 3 OLG Frankfurt v. 24.8.2010 – 11 U26/10. 4 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 926 Rz. 18 m.w.N. 5 Vgl. OLG Frankfurt v. 21.10.1980 – 5 W 24/80. 6 Grunsky in Stein/Jonas, § 926 Rz. 11. 7 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 926 Rz. 21. 8 OLG Brandenburg v. 10.9.2012 – 7 U 125/12. 9 Walker in Schuschke/Walker, § 926 Rz. 16.

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Die bloße Klageerhebung ist jedoch nicht immer ausreichend. Um dem Regelungszweck zu genügen, muss der Gläubiger auch alles tun, um eine Sachentscheidung über den gesicherten Anspruch herbeizuführen. Wird die Klage also durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen, wahrt sie die Klageerhebungsfrist nicht. In den wenigsten Fällen wird jedoch zwischen der Anordnung der Klageerhebung und der mündlichen Verhandlung über die Aufhebung der Eilentscheidung so viel Zeit vergehen, dass über die inzwischen erhobene Hauptsacheklage entschieden worden wäre. Von entscheidender Bedeutung für die Praxis ist daher, ob dem Gericht eine Prüfungskompetenz über die Zulässigkeit der Hauptsacheklage zukommt1. Von Sinn und Zweck des § 926 ZPO her muss m.E. eine solche Prüfungskompetenz bestehen. Ansonsten hätte es der Gläubiger de facto in der Hand, eine bewusst unzulässige Klage zu erheben, nur damit der Antrag nach § 926 ZPO zurückgewiesen wird. Erst nach deren Abweisung oder Rücknahme, also in aller Regel nach der Entscheidung über den Aufhebungsantrag, könnte nach der von Thümmel2 vertretenen Auffassung eine Berücksichtigung erfolgen. Der Schuldner wäre also dann gehalten, erneut einen Aufhebungsantrag zu stellen. Die Eilentscheidung bliebe somit über einen langen, vom Anordnungsgrund nicht mehr gedeckten Zeitraum aufrechterhalten. Solange jedoch die Möglichkeit besteht, dass die erhobene Klage zu einem Sachurteil führt, ist der Antrag zurückzuweisen.

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Der Antragsteller muss das Hauptsacheverfahren auch tatsächlich betreiben. Ein von ihm verursachter faktischer Prozessstillstand führt dazu, dass die erhobene Klage dem Aufhebungsbegehren nicht entgegensteht3.

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Die Parteirollen sind vertauscht; der Antragsgegner bzw. Verfügungsbeklagte des Verfügungsverfahrens ist in der Rolle des Angreifers. Dies ist vor allem bei Säumnislagen von Bedeutung. Die Vorschriften über die Säumnis und zur Entscheidung nach Lage der Akten finden hier Anwendung4. Konsequenz aus den vertauschten Parteirollen ist, dass der Antrag gem. § 330 ZPO abgewiesen wird, wenn der Antragsgegner bzw. Verfügungsbeklagte zum Verhandlungstermin nicht erscheint. Bei einem Nichterscheinen des Antragstellers bzw. Verfügungsklägers des Verfügungsverfahrens gilt die Behauptung der veränderten Umstände gem. § 331 ZPO als zugestanden. Das Gericht kann grundsätzlich auch nach Lage der Akten entscheiden, was mangels einer vorangegangenen mündlichen Verhandlung eher selten möglich sein dürfte.

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Wird die Hauptsacheklage erhoben, muss das Anordnungsverfahren für erledigt erklärt werden. Die Kosten hat der zu tragen, der die Hauptsache-

1 Str., verneinend Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 926 Rz. 20; bejahend Grunsky in Stein/Jonas, § 926 Rz. 14, jeweils ohne Begründung. 2 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 926 Rz. 20. 3 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 926 Rz. 20. 4 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 926 Rz. 21.

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klage zu erheben hatte1. Dies ist in einer gesonderten Kostenentscheidung für das Anordnungsverfahren auszusprechen. f) Nichterhebung der Hauptsacheklage Wird die Hauptsacheklage nicht erhoben, ist auf Antrag die Aufhebung 69b des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung auszusprechen (§ 926 Abs. 2 ZPO). Der Gläubiger wird so behandelt, als habe er das Hauptsacheverfahren verloren. Dies gilt auch für die Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO. Das Verfahren auf Fristsetzung zur Klagerhebung nach § 926 Abs. 1 ZPO und das Aufhebungsverfahren nach § 926 Abs. 2 ZPO stellen keine Verfahrenseinheit dar. Beide Verfahren sind daher kostenrechtlich getrennt zu behandeln2. Beim Aufhebungsverfahren bedarf es einer mündlichen Verhandlung. g) Anwaltsgebühren Das Aufhebungsverfahren bildet mit dem Anordnungsverfahren eine Ein- 69c heit, so dass die jeweiligen Gebühren nur einmal entstehen (§ 16 Nr. 5 RVG). Muster 13 Antrag auf Anordnung der Klageerhebung

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An das ArbG Antrag auf Anordnung der Klageerhebung gem. § 926 ZPO In Sachen (Kurzrubrum, Az.) wird fr den Schuldner der Antrag gestellt, dem Glubiger gem. § 926 Abs. 1 ZPO aufzugeben, binnen einer Frist, die einen Monat nicht berschreiten sollte, beim Gericht der Hauptsache Klage zu erheben. Zur Begrndung ist auszufhren, dass der Glubiger mit Antrag vom … den Erlass einer einstweiligen Verfgung/eines Arrestes gegen den Schuldner beantragt hat. Diese Eilentscheidung wurde am … erlassen. Der Glubiger hat bislang keine Hauptsacheklage erhoben. Es ist daher gem. § 926 Abs. 1 ZPO hierzu aufzufordern. Unterschrift Anlage: Eidesstattliche Versicherung, Ablichtung der Eilentscheidung

1 OLG Frankfurt v. 11.5.1981 – 6 W 20/81. 2 OLG Celle v. 20.10.2008 – 13 W 108/08.

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

(Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.)

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Muster 14 Widerspruch und vorsorglicher Antrag auf Anordnung der Klagerhebung An das ArbG Antrag auf Anordnung der Klageerhebung gem. § 926 ZPO In Sachen (Kurzrubrum, Az.) gegen die einstweilige Verfgung vom … Widerspruch eingelegt. Gleichzeitig wird fr den Schuldner der Antrag gestellt, dem Glubiger gem. § 926 Abs. 1 ZPO aufzugeben, binnen einer Frist, die einen Monat nicht berschreiten sollte, beim Gericht der Hauptsache Klage zu erheben. Zur Begrndung ist auszufhren, dass der Glubiger mit Antrag vom … den Erlass einer einstweiligen Verfgung/eines Arrestes gegen den Schuldner beantragt hat. Diese Eilentscheidung wurde am … erlassen. Der Glubiger hat bislang keine Hauptsacheklage erhoben. Es ist daher gem. § 926 Abs. 1 ZPO hierzu aufzufordern. Dieser Antrag ist auch zusammen mit dem Widerspruch zulssig (Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, E Rz. 42; Walker in Schuschke/Walker, § 926 Rz. 4a). Unterschrift

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Die Rechtsmittel und Rechtsbehelfe im Einzelnen

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Muster 15 Anordnung der Klageerhebung

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ArbG … Beschluss In Sachen (volles Rubrum, Az.) hat der Glubiger bis zum … beim Gericht der Hauptsache Klage zu erheben. Nach fruchtlosem Fristablauf kann auf Antrag die einstweilige Verfgung/ der Arrest vom …, Aktenzeichen …, durch Endurteil aufgehoben werden. Begrndung Der Glubiger hat am … einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung/eines Arrestes gegen den Schuldner beantragt. Diese Eilentscheidung wurde am … erlassen. Der Schuldner hat dargelegt und glaubhaft gemacht, dass der Glubiger bislang keine Hauptsacheklage erhoben hat. Es ist daher gem. § 926 Abs. 1 ZPO hierzu aufzufordern. Rechtspfleger

Muster 16 Erinnerung gegen Fristsetzung

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An das ArbG In Sachen (Kurzrubrum, Az.) lege ich gegen den Beschluss vom …, mit dem dem Glubiger die Erhebung der Hauptsacheklage bis zum … aufgegeben wurde, Erinnerung gemß § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG ein. Begrndung – Die Anordnung htte nicht ergehen drfen, weil … (Begrndung, etwa bereits erfolgte Klageerhebung etc.) oder – Die zur Klageerhebung gesetzte Frist ist zu kurz bemessen, weil … (Begrndung, schwierige Sach- und Rechtslage etc.) Unterschrift Anlagen: Ggf. Mittel der Glaubhaftmachung betreffend die Klageerhebung

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

Muster 17 Erinnerung gegen Ablehnung der Fristsetzung An das ArbG In Sachen (Kurzrubrum, Az.) lege ich gegen den Beschluss vom …, mit dem der Antrag, dem Glubiger die Erhebung der Hauptsacheklage aufzugeben, abgelehnt wurde, Erinnerung gemß § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG ein. Begrndung Die Anordnung htte ergehen mssen. Zwar hat der Glubiger inzwischen Klage erhoben. Diese ist jedoch nicht geeignet, zu einer endgltigen und rechtskrftigen Klrung des Anspruches zu fhren, der der Eilentscheidung zugrunde liegt, weil – die Klage nicht denselben Streitgegenstand betrifft oder – die Klage unzulssig ist (Hinweis auf die eigene Prfungskompetenz des Gerichts) oder – der Glubiger das Verfahren nicht betreibt. Unterschrift Anlage: Mittel der Glaubhaftmachung

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Muster 18 Antrag auf Aufhebung des Arrestbefehls/der einstweiligen Verfgung An das ArbG In Sachen (Kurzrubrum, Az.) beantrage ich fr den Schuldner die Anberaumung eines Termins zur mndlichen Verhandlung, in dem ich beantragen werde, die einstweilige Verfgung/den Arrest vom … durch Endurteil aufzuheben. Begrndung Der Glubiger hat die og. Eilentscheidung gegen den Antragsgegner erwirkt. Durch Beschluss des angerufenen Gerichts vom … war ihm aufgege-

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Die Rechtsmittel und Rechtsbehelfe im Einzelnen

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Rz. 75

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ben worden, bis zum … die Hauptsacheklage zu erheben. Dies ist bis heute nicht geschehen, weil … (alternativ: dies ist zwar mit Klage vom … geschehen, jedoch ist diese Klage nicht ausreichend, weil – die Klage nicht denselben Streitgegenstand betrifft oder – die Klage unzulssig ist (Hinweis auf die eigene Prfungskompetenz des Gerichts) oder – der Glubiger das Verfahren nicht betreibt. Daher ist die Eilentscheidung durch Endurteil aufzuheben. Unterschrift Anlage: Mittel der Glaubhaftmachung

Muster 19 Urteil auf Aufhebung des Arrestbefehls/der einstweiligen Verfgung ArbG … Urteil In dem Verfgungsverfahren/Arrestverfahren (volles Rubrum) hat das ArbG … auf die mndliche Verhandlung vom … durch RiArbG … und die ehrenamtlichen Richter … erkannt: I. Die einstweilige Verfgung/der Arrest des ArbG … vom … wird aufgehoben. Der Antrag auf Verhngung des Arrestes/Erlass einer einstweiligen Verfgung wird zurckgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens werden dem Verfgungsklger auferlegt. III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf … festgesetzt. (Tatbestand) Entscheidungsgrnde, bezglich der Kosten: Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, § 46 Abs. 2 ArbGG. Die Kosten waren fr das Eilverfahren insgesamt dem Glubiger unabhngig davon aufzuerlegen, ob die Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes ursprnglich gerechtfertigt war (LG Kçln v. 9.7.1985 – 81 O 44/82). (Rechtsmittelbelehrung – Berufung)

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

Muster 20 Besttigung des Arrestbefehls/der einstweiligen Verfgung durch Urteil ArbG … Urteil In dem Verfgungsverfahren/Arrestverfahren (volles Rubrum) hat das ArbG … auf die mndliche Verhandlung vom … durch RiArbG … und die ehrenamtlichen Richter … erkannt: I. Die einstweilige Verfgung/der Arrest des ArbG … vom … wird besttigt. II. Die Kosten des Verfahrens werden dem Verfgungsbeklagten auferlegt. III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf … festgesetzt. (Tatbestand) Entscheidungsgrnde: Auch nach dem Widerspruchsvorbringen erweist sich der Antrag als zulssig und begrndet, weshalb die Eilentscheidung durch Urteil zu besttigen war (nhere Begrndung). (Rechtsmittelbelehrung – Berufung)

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Muster 21 Erledigungserklrung nach Erhebung der Hauptsacheklage innerhalb der gesetzten Frist An das ArbG In Sachen (Kurzrubrum, Az.) erklre ich das Anordnungsverfahren fr erledigt und beantrage, dem Glubiger die Kosten des Verfgungsverfahrens aufzuerlegen. Begrndung Dem Glubiger wurde durch Beschluss vom … aufgegeben, bis zum … die Hauptsacheklage zu erheben. Er ist dem fristgemß nachgekommen. Damit ist der Antrag erledigt. Ihm sind somit die Kosten aufzuerlegen (OLG Frankfurt v. 11.5.1981 – 6 W 20/81), was in einer gesondert fr das Aufhebungsver-

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Rz. 79

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fahren ergehenden Kostenentscheidung auszusprechen ist (Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, E Rz. 69a). Unterschrift Anlage: Mittel der Glaubhaftmachung

4. Antrag auf Aufhebung wegen veränderter Umstände (§ 927 ZPO) Literatur: Hees, Erstattung der Kosten des Eilverfahrens nach Obsiegen in der Hauptsache, MDR 1994, 438; Mädrich, Das Verhältnis der Rechtsbehelfe des Antragsgegners im einstweiligen Verfügungsverfahren, 1980; Schlüter, Die Erfüllung der Forderung als Erledigungsgrund im Arrestverfahren, ZZP 1980, 447; Teplitzky, Arrest und einstweilige Verfügung, JuS 1980, 435; Teplitzky, Streitfragen bei Arrest und einstweiliger Verfügung, DRiZ 1982, 41; Vollkommer, Erstattung der Kosten des Verfügungsverfahrens nach Klageabweisung in der Hauptsache, WM 1994, 51.

a) Grundzüge Gegenstand des Aufhebungsverfahrens nach § 927 ZPO ist die Recht- 77 mäßigkeit der Fortdauer des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung (§ 936 ZPO), nicht hingegen die Frage, ob die Anordnung der Eilmaßnahme seinerzeit zu Recht erfolgt ist1. Die Folge davon ist, dass sich auf eine Entscheidung gem. § 927 ZPO keine Schadensersatzansprüche gem. § 945 ZPO stützen lassen. Die Zielsetzung des § 927 ZPO unterscheidet sich somit vom Widerspruchsverfahren des § 924 ZPO, das gerade auf die Überprüfung der ursprünglichen Rechtmäßigkeit ausgerichtet ist, und vom Aufhebungsverfahren des § 926 ZPO, das die Überprüfung der Eilentscheidung im ordentlichen Hauptsacheverfahren sichern soll2. Der Sache nach handelt es sich um eine Art Nachverfahren, das angesichts seiner beschränkten Wirkung nur sinnvoll ist, wenn die Arrest- oder Verfügungsentscheidung bereits in formelle Rechtskraft erwachsen ist und daher nicht mit anderen Rechtsmitteln angegriffen werden kann. Zu prüfen ist daher, ob nach Erlass oder Bestätigung der Eilmaßnahme 78 Umstände eingetreten sind, aufgrund deren sie jetzt aufzuheben ist. Insofern durchbricht § 927 ZPO den in § 318 ZPO festgelegten Grundsatz, nach dem das Gericht seine eigene Entscheidung nicht revidieren darf3. In Einzelfällen ist jedoch auch eine Prüfung angezeigt, ob die Eilentschei- 79 dung ursprünglich zu Recht ergangen ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die später eingetretenen Umstände Rückwirkungen auf die ur1 Allg. M., s. nur Thomas/Putzo, § 927 Rz. 1; Drescher in MünchKomm/ZPO, § 927 Rz. 1; OLG München v. 27.2.1985 – 14 U 762/85. 2 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 927 Rz. 1. 3 OLG München v. 27.2.1985 – 14 U 762/85.

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

sprüngliche Anordnung haben, also etwa bei einer Änderung der Rechtslage aufgrund neuer gesetzlicher Vorschriften oder der Nichtigkeitserklärung einer maßgeblichen Vorschrift durch das BVerfG1. Auch wenn sich die Beweislage durch nachträglich eingetretene Umstände ändert, kommt das Verfahren nach § 927 ZPO in Betracht2, und zwar auch dann, wenn es sich um Umstände handelt, die zwar zum Zeitpunkt des Erlasses der Eilentscheidung schon vorlagen, dem Schuldner jedoch unbekannt waren. Auch eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung rechtfertigt nach allgemeiner Ansicht den Antrag3. Hingegen ist eine bloß geänderte Rechtsansicht des Arrestgerichts oder des Schuldners nicht ausreichend4. 80

Die Abgrenzung zu § 926 ZPO ist wie folgt vorzunehmen: Zwar gehen beide Rechtsbehelfe in die gleiche Richtung. Sie unterscheiden sich jedoch nicht unerheblich in den Rechtsfolgen. Eine Aufhebung nach § 926 ZPO löst die Schadensersatzpflicht des § 945 ZPO aus, die Aufhebung nach § 927 ZPO nicht5. Überdies sind andere Zuständigkeiten gegeben; während bei § 926 ZPO stets das Arrestgericht zuständig ist, begründet § 927 Abs. 2 ZPO bei Anhängigkeit der Hauptsache die Zuständigkeit des Hauptsachegerichts6.

81

Der Rechtsbehelf ist gegen jede Form der Eilentscheidung zulässig. Es ist unerheblich, ob der Arrest oder die einstweilige Verfügung durch Urteil oder Beschluss ergangen ist7. Der Schuldner hat ein Wahlrecht hinsichtlich des Rechtsbehelfs, von dem er sich die für ihn günstigsten Konsequenzen verspricht8. Deshalb kann er den Antrag auch dann stellen, wenn Widerspruch oder Berufung noch zulässig wären. Auch die Rechtskraft eines durch Urteil bestätigten Arrestes steht dem Antrag nicht entgegen9. Solange der Widerspruch zulässig ist, kommt eine Umdeutung des Antrages nach § 927 ZPO in einen Widerspruch in Betracht10. Dies ist eine Frage des Einzelfalles.

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Ist ein Antrag nach § 927 ZPO gestellt worden, so steht dies der Einlegung des Widerspruches oder der Berufung nicht entgegen, da es sich dabei jeweils um weitergehende Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe handelt11. Wenn allerdings Widerspruch oder Berufung schon eingelegt wor1 S. hierzu KG v. 7.9.1984 – 5 W 4348/84. 2 OLG Koblenz v. 18.4.1985 – 6 U 156/84; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 927 Rz. 2 m.w.N. 3 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 927 Rz. 4 m.w.N. 4 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 927 Rz. 4 m.w.N. 5 Vgl. Walker, S. 361, Rz. 560. 6 Walker, S. 361, Rz. 560. 7 H.M., s. nur Drescher in MünchKomm/ZPO, § 927 Rz. 2 m.w.N. 8 H.M., s. Walker, S. 356, Rz. 549. 9 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 927 Rz. 2. 10 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 927 Rz. 3; OLG Köln v. 6.5.1987 – 6 U 53/87. 11 OLG Düsseldorf v. 15.7.1987 – 2 U 77/87; Drescher in MünchKomm/ZPO, § 927 Rz. 3.

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Rz. 87

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den sind, fehlt dem Antrag nach § 927 ZPO das Rechtsschutzbedürfnis, da auch in diesen Verfahren nachträglich eingetretene Umstände Berücksichtigung finden1. Allgemein ist das Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen, wenn dem Schuld- 83 ner keinerlei Nachteile mehr aus der angegriffenen Eilentscheidung drohen2. Dies ist in der Rechtsprechung etwa dann bejaht worden, wenn der Schuldner die Leistung bereits erbracht hat, der Gläubiger auf seine Rechte aus dem Titel verzichtet und diesen ausgehändigt hat3. Auch eine privatrechtliche Aufhebungsvereinbarung bezüglich des Arrestes soll das Rechtsschutzbedürfnis entfallen lassen4. Eine Beschränkung des Antrages auf die Kostenentscheidung der Anord- 84 nung ist in aller Regel unzulässig, da die Kostentragungspflicht für Anordnungs- und Aufhebungsverfahren getrennt festgestellt wird5. Nach Auffassung des BGH ist jedoch ein Rechtsschutzbedürfnis vorhanden, wenn die Aufhebung im Interesse der Abänderung der Kostenentscheidung betrieben wird und der Gläubiger nicht bereit ist, den Kostenerstattungsanspruch des Schuldners anzuerkennen6. Meines Erachtens sollte bezüglich des Rechtsschutzbedürfnisses ein rela- 85 tiv großzügiger Maßstab angelegt werden. Der Gläubiger hat nämlich einen Titel, den er auch noch nach Wegfall seiner Voraussetzungen zum Schaden des Schuldners einsetzen kann. So schützt die Erfüllung beispielsweise nicht per se vor der weiteren Vollziehung des Arrestes. In diesen Fällen lässt sich eine befriedigende Lösung vielmehr über das sofortige Anerkenntnis unter analoger Anwendung von § 93 ZPO erreichen. Nur in den Fällen, in denen tatsächlich auch der böswillige Gläubiger keinen Schaden anrichten kann, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Dies dürfte aber erst bei einer Herausgabe des Titels der Fall sein. Die Vorschrift geht der Vollstreckungsabwehrklage des § 767 ZPO und 86 der Abänderungsklage des § 323 ZPO als Spezialregelung vor. Ein unwesentlicher Anwendungsbereich für § 767 ZPO bleibt in den Fällen, in denen die Tilgung rückständiger Leistungen geltend gemacht wird7. Zu beachten ist ferner, dass § 927 ZPO nur die Aufhebung des Arrest- 87 befehls als solchen ermöglicht. Etwa aufgrund der Eilentscheidung einge1 Allg. M., s. nur OLG Düsseldorf v. 15.7.1987 – 2 U 77/87; OLG Hamm v. 25.11.1994 – 5 UF 228/94; Baur, S. 817 m.w.N.; Zöller/Vollkommer, § 927 Rz. 2, meint, dass die Rechtshängigkeit oder Rechtskraft dem entgegensteht. 2 Vgl. OLG Frankfurt v. 2.1.1990 – 22 W 57/89. 3 OLG Frankfurt v. 17.12.1980 – 17 U 187/80; a.A. OLG München v. 4.4.1986 – 21 U 5833/85. 4 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 927 Rz. 11. 5 OLG München v. 4.4.1986 – 21 U 5833/85; vgl. auch OLG Hamm, NJW-RR 1990, 1214. 6 BGH v. 1.4.1993 – I ZR 70/91; OLG Frankfurt v. 21.9.2010 – 10 U 183/10. 7 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 927 Rz. 3.

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E Rz. 88

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

leitete Maßnahmen der Zwangsvollstreckung bleiben hiervon unberührt und müssen nach § 776 ZPO angegriffen werden1. b) Aufhebungsvoraussetzungen 88

Die nachträglichen Veränderungen (s. hierzu E Rz. 79) können sowohl den Arrest-/Verfügungsanspruch als auch den Arrest-/Verfügungsgrund betreffen.

89

Hinsichtlich des Arrest-/Verfügungsanspruches kann eine nachträgliche Veränderung etwa dadurch eingetreten sein, dass die zu sichernde Forderung erloschen ist oder die anspruchsbegründende Norm durch das BVerfG für nichtig erklärt worden ist2.

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Bei der Verjährung ist zu beachten, dass diese entgegen der früheren Rechtslage3 jetzt gem. § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB durch die Zustellung eines Antrages auf Erlass eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung gehemmt wird. Dies gilt auch, wenn der Antrag nur eingereicht, aber nicht zugestellt wird, sofern die Eilentscheidung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird. Die Hemmungswirkung ist allerdings beschränkt auf die konkret mit dem Arrest gesicherte Forderung4.

91

Ob durch den Arrestantrag auch die zweite Stufe einer zweistufigen Ausschlussfrist gewahrt wird, ist noch nicht entschieden worden. M.E. gebietet der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung dies. Der Gesetzgeber hat bewusst die Wirkung des Eilverfahrens erhöht, damit der Antragsteller nicht allein zur Verjährungshemmung auch in den Fällen Klage erheben muss5, in denen die Eilentscheidung eine eigentlich den Rechtsstreit beendende Wirkung hat. Dieser Rechtsgedanke ist auch auf die Ausschlussfrist anzuwenden.

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Beraterhinweis: Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung ist jedoch nach wie vor dringend zur rechtzeitigen Erhebung der Hauptsacheklage zu raten. Dabei ist zu beachten, dass ein Wechsel vom Eilverfahren in das Hauptsacheverfahren nicht möglich ist.

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Weiter sind Erfüllung und Stundung des Arrestanspruches zu beachten6.

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Auch der Fortgang des Hauptsacheverfahrens kann die Aufhebung wegen veränderter Umstände rechtfertigen. Das OLG Hamm vertritt die Auffas1 Vgl. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 927 Rz. 18; s. weiter Wieczorek/Schütze/ Thümmel, § 927 Rz. 14, wonach bereits vollzogene Arreste bestehen bleiben, sofern keine Anfechtungstatbestände erfüllt sind. 2 BGH v. 21.4.1988 – I ZR 129/87; KG v. 7.9.1984 – 5 W 4348/84. 3 S. hierzu im Einzelnen Erman/Schmidt-Ränsch, BGB, 10. Aufl., § 204 Rz. 23 ff. 4 Erman/Schmidt-Ränsch, BGB, § 204 Rz. 24. 5 Erman/Schmidt-Ränsch, BGB, § 204 Rz. 23. 6 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 927 Rz. 8.

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sung, dass die Abweisung der Hauptsacheklage durch ein vorläufig vollstreckbares Berufungsurteil kein Umstand sei, der die Aufhebung der einstweiligen Verfügung, die zur Sicherung des Anspruchs erlassen ist, rechtfertigen kann, es sei denn, die Prüfung des vorläufig vollstreckbaren Berufungsurteils ergebe, dass es rechtlich zutreffend begründet und mit einem Erfolg des dagegen eingelegten Rechtsmittels nicht zu rechnen ist1. Dagegen könnte eingewandt werden, dass das Hauptsacheverfahren gegenüber dem Eilverfahren deutlich mehr Erkenntnismöglichkeiten bietet und daher ein solches Urteil eine größere Richtigkeitsgewähr bietet als eine Eilentscheidung. Ist die Aufhebung etwa durch Sachurteil rechtskräftig abgewiesen worden, steht die Nichtexistenz eines Arrestanspruches fest2. Beraterhinweis: Für die Praxis ist hierbei zu beachten, dass die Eilanord- 95 nung nicht durch die rechtskräftige Abweisung der Hauptsacheklage automatisch entfällt, sondern es stets eines Antrages bedarf. Ähnliches gilt für die noch nicht rechtskräftige Abweisung der Haupt- 96 sacheklage als unbegründet. Hier kann ein Rechtsmittel zwar Erfolg haben, jedoch spricht die Erfolglosigkeit der Geltendmachung in einem ordentlichen Verfahren sehr stark gegen das Bestehen eines Arrest- oder Verfügungsanspruches3. Überdies ist das Gericht, das gerade die Hauptsacheklage abgewiesen hat, für das Aufhebungsverfahren zuständig, so dass es wohl kaum zur Annahme einer überwiegenden Erfolgsaussicht des Rechtsmittels kommen dürfte4. Wurde die Klage als unzulässig abgewiesen, so hat das Arrestgericht zu 97 prüfen, ob der Gläubiger innerhalb einer – ggf. noch zu bestimmenden – Frist in der Lage sein wird, die Zulässigkeitshindernisse im Rahmen einer neuen Klage zu beseitigen5. Auch eine in einer anderen Sache ergangene höchstrichterliche Entschei- 98 dung kann ausschließen, dass ein Verfügungsanspruch (noch) glaubhaft ist, wenn danach ein Obsiegen des Gläubigers im Hauptsacheverfahren unwahrscheinlich wird6. Eine Aussetzung des Aufhebungsverfahrens gem. § 148 ZPO bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache verbietet sich m.E. schon deshalb, weil grundsätzlich das Eilverfahren gegenüber dem Hauptsacheverfahren den zeitlichen Vorrang hat. Wenn zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über den Aufhebungsantrag nach Auffassung des Gerichts keine hinreichenden veränderten Umstände vorliegen, dann muss der Antrag abgewiesen werden. Bei einem rechts-

1 2 3 4 5 6

OLG Hamm v. 27.2.2012 – I-8 U 261/11, 8 U 261/11. Grunsky in Stein/Jonas, § 927 Rz. 6. Vgl. BGH v. 12.12.1975 – IV ARZ 9/75. Walker, S. 355, Rz. 548. Zöller/Vollkommer, § 927 Rz. 5. KG v. 24.1.1989 – 5 U 3165/87; Zöller/Vollkommer, § 927 Rz. 4.

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E Rz. 99

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

kräftigen Sachurteil in der Hauptsache kann ein solcher Antrag dann erneut gestellt werden1. 99

Schließlich kann der Arrestanspruch durch einen im Rahmen des Hauptsacheverfahrens geschlossenen Vergleich ganz oder teilweise wegfallen.

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Stützt der Gläubiger seinen Anspruch auf mehrere Anspruchsgrundlagen, so begründet nur deren vollständiger Wegfall den Antrag nach § 927 ZPO2.

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Anders ist ein Wechsel der Anspruchsgrundlage zu beurteilen. Wenn anstelle des nachträglich weggefallenen Arrest- oder Verfügungsanspruchs ein anderer getreten ist, so ist die Eilentscheidung auch dann aufzuheben, wenn der neue Anspruch wirtschaftlich identisch ist. Beispielsweise kann sich der durch eine einstweilige Verfügung gesicherte Anspruch in einen Schadensersatzanspruch umgewandelt haben, zu dessen Sicherung ein Arrest zu beantragen ist. Die ursprüngliche Eilentscheidung ist hier aufzuheben3.

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Die nachträgliche Veränderung der Umstände kann sich auch im Bereich des Arrestgrundes ergeben haben. Denkbar ist hier, dass die Vollstreckungsgefährdung entfallen ist oder dass in den Fällen des § 917 Abs. 2 ZPO nunmehr eine Vollstreckung im Inland möglich ist. Der Grund für die Verhängung des persönlichen Arrestes gem. § 918 ZPO kann dadurch entfallen sein, dass der Schuldner die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat.

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Auch beim Arrestgrund kann der weitere Gang des Hauptsacheverfahrens von maßgeblicher Bedeutung sein. Jedenfalls besteht für den Gläubiger kein Grund mehr für die vorläufige Sicherung seines Anspruches durch Arrest, wenn er einen rechtskräftigen und nicht nur vorläufig vollstreckbaren Titel im Hauptsacheverfahren erlangt hat, der den gesamten durch den Arrest gesicherten Anspruch umfasst4. Allerdings muss sichergestellt sein, dass der Rang eines etwa mit dem Arrest erwirkten Pfandrechts erhalten bleibt5. Das aufgrund der Arrestvollziehung erlangte Pfandrecht behält seinen Rang für die Zwangsvollstreckung aus dem Titel der Hauptsache6. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren sind die Urteile erster Instanz jedoch kraft Gesetzes ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar (§ 62 Abs. 2 ArbGG). Daher ist der Gläubiger auch bei einem nicht rechtskräftigen Urteil erster Instanz bezüglich der Vollstre1 Vgl. Grunsky in Stein/Jonas, § 927 Rz. 6; a.A. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 927 Rz. 12; OLG Düsseldorf v. 16.5.1984 – 2 W 26/84. 2 OLG Saarbrücken v. 3.3.1971 – 1 U 170/69. 3 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 927 Rz. 5. 4 OLG Hamm v. 12.11.1987 – 4 U 131/87; die Eilentscheidung bleibt jedoch für die Zeit vor Eintritt der Rechtskraft Vollstreckungstitel. 5 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 927 Rz. 10 und 12. 6 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 927 Rz. 5; Zöller/Vollkommer, § 927 Rz. 6; Grunsky in Stein/Jonas, § 927 Rz. 8a.

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Die Rechtsmittel und Rechtsbehelfe im Einzelnen

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Rz. 107

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ckungsmöglichkeiten im Wesentlichen so gestellt wie bei einer bereits rechtskräftigen Entscheidung. Eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung bedarf es daher hier nicht. Etwas anderes kann nur in den Fällen gelten, in denen die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil ausgeschlossen oder auf Antrag aufgehoben worden ist. Dies sind jedoch Ausnahmefälle. In aller Regel stellt das arbeitsgerichtliche Urteil daher einen veränderten Umstand i.S.v. § 927 Abs. 1 ZPO dar, sofern nicht etwa durch den Arrest erworbene Rangrechte verloren gehen. Die Klageabweisung im Hauptsacheverfahren gewinnt nicht beim Ar- 104 restgrund, sondern beim Arrestanspruch Bedeutung1. Das Gesetz selbst definiert das „Erbieten zur Sicherheitsleistung“ als ei- 105 nen relevanten veränderten Umstand. Dies allein reicht jedoch nach allgemeiner Auffassung nur dann aus, wenn der Gläubiger eine festgesetzte Sicherheit grundlos ablehnt. Ansonsten ist nicht das Erbieten, sondern nur die vollzogene Sicherheitsleistung geeignet, einen Aufhebungsgrund darzustellen2. Der Schuldner muss glaubhaft machen, dass er die Sicherheit erfolglos angeboten hat. Das Gericht kann den Arrest auch unter der aufschiebenden Bedingung der Sicherheitsleistung aufheben3. Der Antrag kann auch darauf gestützt werden, dass der Gläubiger die 106 Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO nicht eingehalten hat. Dies führt regelmäßig kraft gesetzlicher, unwiderleglicher Vermutung zu der Annahme eines veränderten Umstandes i.S.v. § 927 ZPO.4. Uneinigkeit besteht jedoch darüber, ob es sich hierbei um einen Aufhebungsgrund ex tunc5 oder ex nunc6 handelt. c) Das Aufhebungsverfahren Das Aufhebungsverfahren wird nur auf Antrag eingeleitet. Eine Auf- 107 hebung des Arrestes wegen veränderter Umstände kommt auch dann nicht von Amts wegen in Betracht, wenn das Arrestgericht als Gericht der Hauptsache die Hauptsacheklage rechtskräftig abweist7. Der Aufhebungsantrag kann aber in der mündlichen Verhandlung des Hauptsacheverfahrens gestellt werden. Das Gericht wird dann in die Lage ver-

1 A.A. offenbar Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 927 Rz. 12, der dies unter dem Arrestgrund abhandelt. 2 Zöller/Vollkommer, § 927 Rz. 8. 3 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 927 Rz. 13. 4 Allg. M., s. nur OLG Hamm v. 30.3.2011 – I-3 U 49/11, 3 U 49/11; LAG Hess. v. 20.2.1990 – 5 TaBVGa 171/89; OLG Düsseldorf v. 2.5.1985 – 6 U 35/85; OLG Hamm v. 15.3.1990 – 4 U 230/89; OLG Frankfurt v. 17.12.1980 – 17 U 187/80; Grunsky in Stein/Jonas, § 929 Rz. 17; Zöller/Vollkommer, § 927 Rz. 6 m.w.N. 5 OLG Köln v. 24.6.1983 – 6 U 252/82. 6 So OLG München v. 4.4.1986 – 21 U 5833/85. 7 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 927 Rz. 9.

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E Rz. 108

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

setzt, mit der Abweisung der Hauptsacheklage auch gleich den Arrest aufzuheben1. 108

Das Gericht ist an den Umfang des Antrages gebunden, darf die Eilentscheidung also nicht vollständig aufheben, wenn lediglich Teilaufhebung beantragt wurde. Antragsberechtigt sind neben dem Schuldner sein Prozessstandschafter und sein Rechtsnachfolger, nicht hingegen der Gläubiger oder Dritte.

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Ob auf das Antragsrecht nach § 927 ZPO verzichtet werden kann, ist umstritten, weil Art und Umfang der Veränderungen, die später einen solchen Antrag rechtfertigen könnten, oft nicht absehbar sind. Diese Frage ist vorwiegend für den Bereich des Wettbewerbsprozesses von Bedeutung2, so dass sie hier nicht zu vertiefen ist. Grundsätzlich ist m.E. die Auffassung von Drescher vom Ansatz her durchaus gerechtfertigt, wonach ein Verzicht nur insoweit für zulässig gehalten wird, als der Schuldner zur Zeit der Abgabe der Verzichtserklärung die veränderten Umstände zumindest grundsätzlich vorhersehen konnte.

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Zuständig für das Aufhebungsverfahren ist nach der ausdrücklichen Anordnung des § 927 Abs. 2 ZPO das Gericht der Hauptsache, wenn diese bereits anhängig ist, und zwar unabhängig davon, welches Gericht den Arrest verhängt hat3. Das LAG ist so lange zuständig, bis Revision eingelegt worden ist4.

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Bei der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts ist streitig, ob dieses auch den Arrest aufheben darf, den etwa das ArbG angeordnet hat5.

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Ist die Hauptsache noch nicht oder nicht mehr anhängig, entscheidet das Gericht, das den Arrest angeordnet hat, und zwar stets in erster Instanz. Auch wenn also das LAG den Arrest verhängt hat, ist das ArbG für das Aufhebungsverfahren zuständig6. Wird die Hauptsache erst anhängig gemacht, nachdem bereits der Antrag nach § 927 ZPO gestellt worden ist, bleibt die Zuständigkeit des Arrestgerichts erhalten7.

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Wie bei § 926 ZPO sind die Parteirollen vertauscht; der Schuldner ist in der Rolle des Angreifers, daher hat er auch die veränderten Umstände glaubhaft zu machen. Dies ist vor allem bei Säumnislagen von Bedeutung. Die Vorschriften über die Säumnis und zur Entscheidung nach Lage

1 Walker, S. 353, Rz. 545. 2 S. zum Meinungsstand Drescher in MünchKomm/ZPO, § 927 Rz. 13 mit ausführlichen Nachweisen. 3 OLG Hamm v. 26.2.1987 – 4 U 7/87. 4 Vgl. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 927 Rz. 9. 5 Verneinend Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 927 Rz. 9; Zöller/Vollkommer, § 927 Rz. 10; a.A. Grunsky in Stein/Jonas, § 927 Rz. 12. 6 Vgl. OLG Hamm v. 26.2.1987 – 4 U 7/87; Grunsky in Stein/Jonas, § 927 Rz. 13. 7 Grunsky in Stein/Jonas, § 927 Rz. 13.

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Die Rechtsmittel und Rechtsbehelfe im Einzelnen

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Rz. 116

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der Akten finden hier Anwendung1. Konsequenz aus den vertauschten Parteirollen ist, dass der Antrag gem. § 330 ZPO abgewiesen wird, wenn der Schuldner zum Verhandlungstermin nicht erscheint. Bei einem Nichterscheinen des Gläubigers gilt die Behauptung der veränderten Umstände gem. § 331 ZPO als zugestanden. Das Gericht kann grundsätzlich auch nach Lage der Akten entscheiden, was mangels einer vorangegangenen mündlichen Verhandlung eher selten möglich sein dürfte. Das Gericht muss von Amts wegen einen Termin zur mündlichen Ver- 114 handlung anberaumen. Es entscheidet auf die mündliche Verhandlung durch Endurteil, und zwar auch dann, wenn die angegriffene Eilentscheidung durch Beschluss ergangen ist. Folgende Entscheidungsformen sind möglich:

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– Abweisung des Antrages, – Aufhebung der Eilentscheidung, – Teilaufhebung, wenn die veränderten Umstände nicht den gesamten Arrest, sondern nur einen Teil betreffen: Auch ist in entsprechender Anwendung von § 924 Abs. 3 ZPO eine einstweilige Einstellung der Vollstreckung möglich2. d) Wirkungen der Aufhebung Die Aufhebungsentscheidung wirkt nur für die Zukunft. Die weitere 116 Zwangsvollstreckung aus dem Arrest oder der einstweiligen Verfügung wird unzulässig. Streitig ist, ob bereits erfolgte Vollstreckungsmaßnahmen schon mit Erlass oder erst mit Rechtskraft des Aufhebungsurteils aufgehoben werden können. Dabei ist zu beachten, dass das Aufhebungsurteil ein Gestaltungsurteil darstellt3. Ferner ist der Sicherungszweck des Arrestes zu berücksichtigen. Aus diesen Parametern ergibt sich, dass die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen grundsätzlich erst nach Eintritt der Rechtskraft des Aufhebungsurteils möglich ist. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn mit dem Antrag nach § 927 ZPO gleichzeitig Gründe geltend gemacht worden sind, die den Arrest als von Anfang an unbegründet erscheinen lassen und das Aufhebungsurteil auch hierauf beruht4.

1 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 926 Rz. 21. 2 Heinze in MünchKomm/ZPO in der 2. Aufl., § 927 Rz. 17. 3 Allg. M., s. nur Zöller/Vollkommer, § 927 Rz. 14; Grunsky in Stein/Jonas, § 927 Rz. 18. 4 Zöller/Vollkommer, § 927 Rz. 14; a.A. wohl Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 927 Rz. 16 – sofortige Aufhebung möglich, aber Möglichkeit der Wiederherstellung der Vollstreckbarkeit durch das Berufungsgericht entsprechend §§ 707, 719 ZPO; anders der Ansatz von Walker, S. 358, Rz. 553, der vor Rechtskraft nur dann eine Aufhebung zulassen will, wenn das Aufhebungsverfahren nach Arrestbeschluss anstelle des Widerspruchsverfahrens betrieben wird.

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E Rz. 117

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

e) Kosten und Rechtsbehelfe 117

Das Urteil muss einen Kostenausspruch enthalten. In diesem wird jedoch grundsätzlich nur über die Kosten des Aufhebungsverfahrens entschieden. Die in der Arrestanordnung enthaltene Kostenentscheidung bleibt hiervon unberührt, weil in dem Urteil keine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Arrestverfahrens allgemein ergeht1. Bei einer Aufhebung der Eilentscheidung hat somit in der Regel der Schuldner die Kosten des Anordnungsverfahrens und der Gläubiger die des Aufhebungsverfahrens zu tragen. Es gilt eine Ausnahme für den Fall, dass die Aufhebungsentscheidung auf Gründen beruht, aus denen sich ergibt, dass die Eilentscheidung von Anfang an unwirksam war. Hier ist im Rahmen einer einheitlichen Kostenentscheidung anzuordnen, dass der Gläubiger die Kosten von Anordnungs- und Aufhebungsverfahren zu tragen hat2. Dies gilt auch für Aufhebungen nach § 926 ZPO und wegen Versäumung der Vollziehungsfrist3.

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Auch kostenrechtlich sind Anordnungs- und Aufhebungsverfahren nicht in jedem Fall getrennt zu sehen. Dies gilt nach verbreiteter Auffassung auch dann, wenn die Aufhebung auf der Versäumung der Vollziehungsfrist beruht4, da der Gläubiger damit zu erkennen gebe, dass seinem Antrag von vornherein die notwendige Dringlichkeit gefehlt habe. Ähnlich wird die Aufhebung der Eilentscheidung aufgrund einer Abweisung der Hauptsacheklage als von vornherein unbegründet angesehen5 und wohl auch die Aufhebung wegen der Nichtigkeitserklärung einer tragenden Vorschrift durch das BVerfG6. Anders ist hingegen die Änderung einer höchstrichterlichen Rechtsprechung zu beurteilen, auf der die angegriffene Eilentscheidung beruhte. Hier bleibt es bei der Zweiteilung der Kosten für das Anordnungs- und Aufhebungsverfahren7.

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Der Gläubiger kann entsprechend § 93 ZPO der Kostenlast entgehen, indem er rechtzeitig, d.h. sogleich nach Zustellung des Antrages im Aufhebungsverfahren, auf seine Rechte aus dem streitgegenständlichen Titel verzichtet. Er muss sofort auf die Rechte aus dem angeordneten Arrest verzichten und darf keinen Anlass zu einer Antragstellung nach § 927 ZPO gegeben hat. Ohne vorherige Aufforderung zum Verzicht durch den 1 H.M., s. nur OLG Karlsruhe v. 6.4.1988 – 13 U 229/87; OLG Frankfurt v. 17.12.1980 – 17 U 187/80; vgl. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 927 Rz. 17; a.A. OLG Hamburg v. 23.11.1978 – 3 U 145/78. 2 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 927 Rz. 17; vgl. BGH v. 21.4.1988 – I ZR 129/86; OLG Karlsruhe v. 25.2.1981 – 6 U 161/80. 3 Grunsky in Stein/Jonas, § 927 Rz. 16. 4 OLG Hamm v. 18.5.1984 – 4 W 66/84; a.A. OLG Karlsruhe v. 25.2.1981 – 6 U 161/80; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 927 Rz. 17. 5 OLG Hamburg v. 23.11.1978 – 3 U 145/78.; OLG Celle v. 10.1.1991 – 13 U 18590; KG v. 24.1.1989 – 5 U 3165/87. 6 LAG Berlin v. 8.5.2012 – 15 O 60/04; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 927 Rz. 17. 7 KG v. 24.1.1989 – 5 U 3165/87.

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Die Rechtsmittel und Rechtsbehelfe im Einzelnen

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Rz. 121a

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Arrestschuldner gibt der Arrestgläubiger in der Regel keine Veranlassung zu einer solchen Antragstellung1. Einer Zusage der Erstattung der Kosten des Anordnungsverfahrens bedarf es jedoch nicht, da im Aufhebungsverfahren gerade nicht die ursprüngliche Rechtmäßigkeit im Streit ist2. Das Endurteil muss im Arbeitsgerichtsverfahren auch eine Entscheidung 120 über den Wert des Streitgegenstandes enthalten (§ 61 ArbGG). f) Rechtsmittel Literatur: Dötsch, Besonderheiten der Berufung bei Arrest und einstweiliger Verfügung, MDR 2010, 1429; Löwisch, Abänderbarkeit von Entscheidungen über einstweilige Verfügungen in Arbeitskampfsachen, FS für Dieter Leipold, 2009, S. 196.

Als Rechtsmittel steht die Berufung zur Verfügung, bei echten Versäum- 121 nisurteilen der Einspruch gem. § 338 ZPO. Eine Revision ist ausgeschlossen. Bei einer bloßen Kostenentscheidung nach Erledigung ist in entsprechender Anwendung von § 99 Abs. 2 ZPO die sofortige Beschwerde und nicht die Berufung statthaft3. Nach rechtskräftiger Abweisung des Verfügungsanspruchs im Haupt- 121a sacheverfahren kann das Aufhebungsverfahren nach § 927 ZPO mit dem alleinigen Rechtsschutzziel betrieben werden, die Kostenentscheidung des Anordnungsverfahrens zu korrigieren. Die zu korrigierende Kostenentscheidung umfasst alle im Anordnungsverfahren titulierten Kosten – einschließlich der Kosten eines Rechtsmittels – und ist nicht auf eine Erstattung der eigenen außergerichtlichen Kosten des im Anordnungsverfahren unterlegenen Verfügungsbeklagten beschränkt. Allerdings sind materiell-rechtliche Wertungen zu beachten. Der Verfügungsbeklagte muss die Kosten eines im Anordnungsverfahren erfolglos gebliebenen Rechtsmittels nur dann tragen, wenn dem Rechtsmittel aus der evidenten Sicht einer vernünftigen Prozesspartei von vornherein kein Erfolg beschieden sein konnte und der Verfügungskläger die Anordnung nicht durch ein doloses Verhalten erstritten hat4. Wird dem Rechtsmittel durch Aufhebung einer als Urteil ergangenen einstweiligen Verfügung die Grundlage entzogen, ist auch eine einseitige Erledigungserklärung wirksam5.

1 Vgl. OLG Nürnberg v. 22.3.2011 – 14 W 508/11. 2 A.A. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 927 Rz. 17; s. zur Rechtslage bei Verzicht auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung mit Ausnahme des Kostenausspruchs OLG Köln v. 8.2.1985 – 6 U 213/84. 3 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 927 Rz. 18; OLG Hamburg v. 23.11.1978 – 3 U 145/78. 4 OLG Saarbrücken v. 7.4.2009 – 4 U 306/08 – 94, 4 U 306/08. 5 OLG München v. 21.3.2012 – 3 U 4255/11.

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E Rz. 121b

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

g) Streitwert 121b

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Das maßgebliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Eilentscheidung richtete sich ebenso wie im Anordnungsverfahren grundsätzlich nach dem Wert des Hauptanspruchs. Da die Arrestanordnung im Verfahren nach § 927 ZPO für die Zukunft aufgehoben werden soll, ist bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen, wenn zwischen Arrestanordnung und Aufhebungsantrag eine Verringerung des zu bewertenden Interesses eingetreten ist1. Muster 22 Aufhebungsantrag An das ArbG In Sachen (Kurzrubrum, Az.) beantrage ich fr den Schuldner, 1. den Arrestbefehl/die einstweilige Verfgung des ArbG … vom … gem. § 927 ZPO aufzuheben und 2. die Vollziehung des Arrestbefehls/der einstweiligen Verfgung bis zur Entscheidung im Aufhebungsverfahren einstweilig auszusetzen. Zur Begrndung ist auszufhren, dass sich die fr den Erlass der Eilentscheidung maßgeblichen Umstnde seither verndert haben. (Darlegung der Aufhebungsgrnde, Glaubhaftmachung) Die Eilentscheidung kann daher keinen Bestand haben. Zur Vermeidung weiterer Nachteile aus dem Vollzug der Eilentscheidung ist die einstweilige Aussetzung der Vollziehung geboten (erforderlichenfalls nher darlegen). Unterschrift

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Muster 23 Sofortiges Anerkenntnis nach Aufhebungsantrag An das ArbG In Sachen (Kurzrubrum, Az.) wird fr den Glubiger auf den Aufhebungsantrag vom … das

1 OLG Saarbrücken v. 4.3.2010 – 5 W 12/10-6, 5 W 12/10.

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Die Rechtsmittel und Rechtsbehelfe im Einzelnen

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Rz. 124

E

sofortige Anerkenntnis erklrt. Der Titel wird beiliegend entwertet mit der Bitte um Weiterleitung an den Schuldner beigefgt. Ihm wurde bereits mit Schreiben vom … mitgeteilt, dass auf die Rechte aus dem Titel verzichtet wird. Daher sind sowohl die Kosten des Anordnungs- wie auch des Aufhebungsverfahrens dem Schuldner aufzuerlegen. Unterschrift

Muster 24 Aufhebungsurteil

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ArbG … Urteil In dem Verfgungsverfahren/Arrestverfahren (volles Rubrum) hat das ArbG … auf die mndliche Verhandlung vom … durch RiArbG … sowie die ehrenamtlichen Richter … erkannt: I. Die einstweilige Verfgung/der Arrest des ArbG … vom … wird aufgehoben. II. Die Kosten des (1) Aufhebungsverfahrens/oder: (2) des gesamten Arrestverfahrens einschließlich des Aufhebungsverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt. III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf … Euro festgesetzt. (Tatbestand) Entscheidungsgrnde bezglich der Kosten: (1) Vorliegend war nur ber die Kosten des Aufhebungsverfahrens zu entscheiden. Die in der Arrestanordnung enthaltene Kostenentscheidung bleibt hiervon unberhrt, weil in dem hier vorliegenden Urteil keine Entscheidung ber die Rechtmßigkeit des Arrestverfahrens allgemein ergeht (allg. M., s. nur OLG Karlsruhe, NJW-RR 1988, 1470; OLG Frankfurt, WRP 1992, 248; vgl. Wieczorek/Schtze/Thmmel, § 927 Rz. 17; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, E Rz. 117). Bei einer Aufhebung der Eilentscheidung hat somit der Schuldner die Kosten des Anordnungsverfahrens und der Glubiger die des Aufhebungsverfahrens zu tragen. oder (2) Vorliegend war nicht – wie sonst bei Aufhebungsverfahren gem. § 927 ZPO – lediglich ber die Kosten des Aufhebungsverfahrens zu entscheiden, sondern ber die gesamten Verfahrenskosten. Fr den Fall, dass die Aufhebungsentscheidung auf Grnden beruht, aus denen sich wie hier ergibt, dass die Eilentscheidung von Anfang an unwirksam war, gilt eine Ausnahme.

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Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

Hier ist im Rahmen einer einheitlichen Kostenentscheidung anzuordnen, dass der Glubiger die Kosten von Anordnungs- und Aufhebungsverfahren zu tragen hat (Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, E Rz. 118; Wieczorek/Schtze/Thmmel, § 927 Rz. 17; vgl. BGH, NJW 1989, 106 f.; OLG Karlsruhe, WRP 1981, 285 f.; OLG Koblenz, GRUR 1989, 75). Die inhaltliche Durchbrechung der Trennung von Anordnungs- und Aufhebungsverfahren setzt sich kostenrechtlich fort. (alternativ:) Dies gilt auch dann, wenn die Aufhebung auf der Versumung der Vollziehungsfrist beruht (OLG Kçln, WRP 1982, 288; OLG Hamm, GRUR 1985, 84; OLG Mnchen, GRUR 1985, 161; a.A. OLG Karlsruhe, WRP 1981, 285; Wieczorek/Schtze/Thmmel, § 927 Rz. 17), da der Glubiger damit zu erkennen gibt, dass seinem Antrag von vornherein die notwendige Dringlichkeit gefehlt hat. (alternativ:) Dies gilt auch bei einer Aufhebung der Eilentscheidung aufgrund einer Abweisung der Hauptsacheklage als von vornherein unbegrndet (OLG Hamburg, WRP 1979, 141 f.; OLG Celle, WRP 1991, 586; KG, WRP 1990, 332 f.). Unterschrift

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F. Vollstreckungsverfahren I. Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO) Literatur: Addicks, Welche Anforderungen gibt es bei der Zustellung und Vollziehung von einstweiligen Verfügungen? MDR 1994, 225; Borck, Die Vollziehung und Vollstreckung von Unterlassungstiteln, WRP 1993, 374; Borck, Vollziehung, Zustellung oder Zwangsvollstreckung?, MDR 1983, 180; Castendieck, Die Amtszustellung als Vollziehung von Urteilsverfügungen mit Unterlassungsgebot, WRP 1979, 527; Finger, Die Arrestpfändung trotz Fristablaufs nach § 929 Abs. 2 ZPO, NJW 1971, 1242; Gerecke, Zur Ersatzzustellung einer einstweiligen Verfügung in den Geschäftsräumen einer GmbH nach § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, JurBüro 2011, 508; Grunsky, Die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO nach Durchführung eines Widerspruchsoder Berufungsverfahrens, ZZP 1991, 1; Hegmanns, Die funktionelle Zuständigkeit der Berufungsgerichte zum Erlass von Arrest und einstweiliger Verfügung bei versäumter Vollziehungsfrist, WRP 1984, 120; Knieper, Die Vollziehung von Unterlassungsverfügungen, WRP 1997, 815; Loritz, Rechtsnachfolge und Umschreibung der Vollstreckungsklausel in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, ZZP 1993, 3; Melullis, Zur Bestimmung des Zustellungsempfängers bei Beschlussverfügungen, WRP 1982, 249; Pastor, Die Vollziehung von Urteilsverfügungen (§ 929 ZPO) und deren Amtszustellung nach § 317 ZPO, WRP 1978, 639; Pohlmann, Die Wahrung der Vollziehungsfrist des § 929 II ZPO bei Arrest und einstweiliger Verfügung, KTS 1994, 49; Pohlmann, Wann ist ein Titel i.S. § 929 II ZPO und § 945 ZPO vollzogen? WM 1994, 1227; Rehard, Die Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO – Freie Hand für die bewusst späte Vollziehungszustellung?, WRP 2011, 1041; Schaffer, Die Gefahren des § 929 Abs. 2 ZPO, NJW 1972, 1176; Schmidt-von Rhein, Die Vollziehung der auf Unterlassung gerichteten einstweiligen Verfügungen, NJW 1976, 792; Schmidt-von Rhein, Zustellung der auf Unterlassung gerichteten einstweiligen Verfügungen, DGVZ 1978, 134; Schneider, Problemfälle aus der Prozesspraxis. Die Wahrung der Arrestvollziehungsfrist, MDR 1985, 112; Schütze, Zur Zustellung nach § 176 ZPO im einstweiligen Verfügungsverfahren, BB 1978, 589; Ulrich, Die Befolgung und Vollziehung einstweiliger Unterlassungsverfügungen sowie der Schadensersatzanspruch gem. § 945 ZPO, WRP 1991, 361; Weber, Die Vollziehung einstweiliger Verfügungen auf Unterlassung, DB 1981, 877; Wedemeyer, Vermeidbare Klippen des Wettbewerbsrechts, NJW 1979, 293; Wenzel, Risiken des schnellen Rechtsschutzes, NZA 1984, 112; Wittmann, Löschung und Neueintragung der Arresthypothek bei Versäumung der Zustellungsfrist nach § 929 III ZPO, MDR 1979, 549; Wüstenberg, Zur Vollziehung aus Unterlassungsverfügungsurteilen, WRP 2010, 1237.

1. Grundzüge Die einmonatige Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO stellt eine ge- 1 genüber dem allgemeinen Zwangsvollstreckungsrecht zusätzliche Voraussetzung für die Vollziehung von Arresten und einstweiligen Verfügungen dar. Dies gilt für alle Eilentscheidungen, also auch etwa für Anerkenntnisurteile1. Damit soll die Erwirkung von Arresten und einstweiligen Verfügungen „auf Vorrat“ verhindert werden, um den Schuldner vor einer Vollziehung nach längerer Zeit und unter möglicherweise ver1 Schuschke in Schuschke/Walker, § 929 Rz. 18.

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F Rz. 2

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Vollstreckungsverfahren

änderten Umständen zu schützen. Dieser soll innerhalb kurzer Zeit Klarheit darüber gewinnen, ob der Gläubiger von dem im Wege einstweiligen Rechtsschutzes erwirkten Titel Gebrauch macht. Diese Regelung entspricht Sinn und Zweck des Eilverfahrens und trägt auch dem Umstand Rechnung, dass der Gläubiger hier in einem vereinfachten Verfahren einen vollstreckbaren Titel erwirken kann. Verfassungsrechtlich ist sie wegen des wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG) nicht zu beanstanden1. Der Gläubiger ist dadurch gezwungen, Vollstreckungsmaßnahmen innerhalb eines Monates ab Verkündung des Urteils oder der Zustellung des Beschlusses vorzunehmen. Nach Ablauf der Frist ist die Vollziehung unstatthaft. 2

Eine Verlängerung oder Verkürzung der Vollziehungsfrist durch das Gericht kommt nicht in Betracht, da es an einer besonderen Bestimmung i.S.v. § 224 Abs. 2 ZPO fehlt. Die Frist kann durch Parteivereinbarung verkürzt (§ 224 Abs. 1 Satz 1 ZPO), aber nicht verlängert werden. Auch eine Wiedereinsetzung ist nicht möglich2. Die Vollziehung ist auch unverzichtbar. Es bedarf ihrer bei einem Weiterbeschäftigungstitel auch dann, wenn der Arbeitgeber erklärt hat, den Arbeitnehmer vorerst beschäftigen zu wollen3. 2. Fristbeginn

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Bei Anordnung des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung durch Beschluss beginnt der Lauf der Monatsfrist mit deren Zustellung an den Gläubiger4. Der Fristenlauf wird in diesem Falle nur durch Zustellung einer Ausfertigung in Gang gesetzt; eine beglaubigte Abschrift genügt nicht5. Es reicht jedoch auch die formlose Aushändigung von dessen Ausfertigung, die häufig an Gerichtsstelle erfolgt6. Nicht ausreichend ist jedoch eine telefonische oder durch Akteneinsicht gewonnene Kenntnisnahme. Die Frist beginnt bei fehlender Zustellung an den Gläubiger spätestens an dem Tag zu laufen, an dem der Gläubiger die Ausfertigung dem Gerichtsvollzieher zur Zustellung an den Schuldner übermittelt hat7. Offenbare Unrichtigkeiten des Titels i.S.v. § 319 ZPO haben auf den Fristbeginn dagegen keine Auswirkungen, auch wenn die Vollziehung dadurch beeinträchtigt ist. Ein späterer Berichtigungsbeschluss führt nicht dazu, dass die Frist erneut in Lauf gesetzt wird. Die Vollziehung ist auch nicht wirksam, wenn statt der Urteilsausfertigung nur eine

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BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 27.4.1988 – 1 BvR 549/87. Zöller/Vollkommer, § 929 Rz. 3. LAG Berlin-Brandenburg v. 1.4.2011 – 8 SaGa 561/11. LG Kassel v. 2.6.1993 – 3 T 188/93. OLG Koblenz v. 13.11.1980 – 6 U 735/80. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 5; Zöller/Vollkommer, § 929 Rz. 5. Zöller/Vollkommer, § 929 Rz. 5.

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Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO)

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Rz. 6 F

Ablichtung des Protokolls der mündlichen Verhandlung zugestellt wird, das die Urteilsformel enthält1. Beim Urteil ist allein die Verkündung maßgeblich und nicht das Datum, 4 an dem der Gläubiger eine Ausfertigung des Urteils erhält2. Daher muss sich der Gläubiger selbst um die rechtzeitige Erteilung der Ausfertigung bemühen, die er schließlich für eine fristgerechte Vollziehung benötigt, sofern die Parteizustellung nötig ist. Der Lauf der Frist wird nicht durch eine etwaige Säumnis des Gerichtes 5 gehemmt. Wenn die Vollziehung der Eilentscheidung von der Erbringung einer Sicherheitsleistung durch den Gläubiger abhängig gemacht worden ist, so hindert dies nicht den Lauf der Frist. Der Gläubiger muss die Sicherheit in diesem Fall so rechtzeitig stellen, dass er noch innerhalb der Monatsfrist vollziehen kann. In den Fällen, in denen der Arrest oder die einstweilige Verfügung nach 6 Widerspruch ganz oder teilweise bestätigt, nach vorheriger Aufhebung im Widerspruchsverfahren auf Berufung wiederhergestellt oder ein Aufhebungsantrag nach den §§ 926, 927 ZPO abgewiesen wird, stellt sich die in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortete Frage, ob dadurch die Frist des § 929 Abs. 2 ZPO erneut in Lauf gesetzt wird. Dies ist unter zwei Aspekten von Bedeutung: Zum einen stellt sich die Frage, ob dem Gläubiger noch eine weitere Gelegenheit zur Durchführung von Vollziehungsmaßnahmen gegeben werden soll, zum anderen, ob er nach Erlass einer weiteren, bestätigenden Entscheidung zwingend gehalten ist, eine erneute Vollziehung zu bewirken, um nicht mit dem – nunmehr zweiten – Fristablauf seine Rechte zu verlieren. Die wohl herrschende Auffassung3 geht – zumindest für den Fall der Bestätigung nach Widerspruch – grundsätzlich davon aus, dass keine neue Frist läuft. Ausnahmen soll es nach dieser Meinung dann geben, wenn die Entscheidung wesentliche Änderungen enthält4. Ein Berufungsurteil, bei dem es sich lediglich um ein Minus gegenüber der ansonsten bestätigten erstinstanzlichen Entscheidung handelt, muss nicht erneut vollzogen werden5. Zu den Änderungen gehört auch die Anordnung der Sicherheitsleistung6. 1 OLG Hamm v. 26.2.1987 – 4 U 34/87, 460; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 5. 2 LAG Berlin-Brandenburg v. 28.7.2010 – 23 SaGa 2064/10; LAG Bremen v. 13.8.1982 – 4 Ta 44/82; Zöller/Vollkommer, § 929 Rz. 6. 3 OLG Frankfurt v. 18.12.1990 – 6 U 204/90; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 7 m.w.N.; a.A. Zöller/Vollkommer, § 929 Rz. 7; Drescher in MünchKomm/ ZPO, § 929 Rz. 4; Grunsky in Stein/Jonas, § 929 Rz. 4. 4 OLG Schleswig v. 29.4.1986 – 1 W 159/86; OLG Köln v. 18.12.1985 – 6 U 144/85; OLG Hamm v. 20.10.1999 – 12 U 107/99; Drescher in MünchKomm/ZPO, § 929 Rz. 2 m.w.N. 5 OLG Köln v. 17.1.2002 – 6 W 114/01; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 7. 6 OLG Hamm v. 21.6.1993 – 5 U 32/91; OLG Frankfurt v. 28.2.1980 – 6 U 122/79; Zöller/Vollkommer, § 929 Rz. 7.

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F Rz. 7

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Vollstreckungsverfahren

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Hiergegen wird vorgebracht, der Gläubiger solle nicht das Risiko einer Vollziehung vor der Klärung der Rechtslage tragen müssen, zumal im Widerspruchsverfahren auch Änderungen der tatsächlichen Umstände berücksichtigt werden müssten1. Der zuletzt genannten Auffassung ist m.E. zu folgen.

8

Ungeachtet der Kontroverse sollte der Verfahrensbevollmächtigte des Gläubigers vorsorglich erwägen, schon zur Vermeidung eines Haftungsrisikos, nach jeder Folgeentscheidung die Vollziehungsfrist erneut zu beachten. Allerdings ist dabei auch immer die drohende Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO in das Kalkül mit einzubeziehen.

9 Zu beachten ist jedoch, dass Widerspruch und Berufung den Lauf der

durch den ursprünglichen Arrestbefehl in Gang gesetzten Vollziehungsfrist nicht hemmen. 10

Wird der Arrest nur gegen Sicherheitsleistung bestätigt, hat der Neubeginn der Vollziehungsfrist zur Folge, dass der Schuldner die Aufhebung des Arrestes erst dann bewirken kann, wenn der Gläubiger innerhalb eines Monats die Sicherheitsleistung nicht erbracht und damit die Vollstreckung nicht vollzogen hat. Dabei ist jedoch zu beachten, dass allein das Leisten der Sicherheit noch keinen Vollstreckungsakt darstellt, sondern nur die Voraussetzung hierfür schafft. Somit muss auch die durch die Sicherheitsleistung erst möglich gewordene Vollziehung innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO erfolgen2.

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Diese Fragen spielen im arbeitsgerichtlichen Verfahren wegen § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG eine geringe oder gar keine Rolle, jedenfalls wenn man der Auffassung folgt, dass dort keine Einstellung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung möglich ist3.

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Im umgekehrten Fall, in dem also der Arrest zunächst nur gegen Sicherheitsleistung verhängt und der Arrestbefehl im Berufungsverfahren ohne Sicherheitsleistung aufrechterhalten wurde, läuft von der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts an eine neue Vollziehungsfrist. Dies setzt allerdings voraus, dass das Rechtsmittel vor Ablauf der Vollziehungsfrist eingelegt worden ist4. War die Vollziehung des Arrestes gem. § 924 Abs. 3 Satz 2 ZPO vorläufig eingestellt worden, so beginnt mit Außerkrafttreten der einstweiligen Einstellung erneut die Vollziehungsfrist.

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Bei einer Abänderung des Arrestbefehls im Rechtsbehelfsverfahren ist zu beachten, dass der Gläubiger eine erneute Vollziehung bewirken muss; 1 OLG Zweibrücken v. 27.8.2002 – 5 WF 60/02; OLG Frankfurt v. 16.4.1985 – 20 W 397/84; Zöller/Vollkommer, § 929 Rz. 7; Schuschke in Schuschke/Walker, § 929 Rz. 13a; Grunsky in Stein/Jonas, § 929 Rz. 4 m.w.N.; Drescher in MünchKomm/ZPO, § 929 Rz. 5. 2 Grunsky in Stein/Jonas, § 929 Rz. 5. 3 GMP/Germelmann, § 62 Rz. 35 m.w.N. 4 Grunsky in Stein/Jonas, § 929 Rz. 7 m.w.N.; Zöller/Vollkommer, § 929 Rz. 7.

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Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO)

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Rz. 15 F

eine auf der Basis des ursprünglichen Arrestbefehls erfolgte Vollstreckung wirkt somit nicht fort1. Gleiches gilt, wenn der Arrest zunächst durch Beschluss angeordnet, auf den Widerspruch aufgehoben und dann im Berufungsverfahren wiederhergestellt worden ist2. Auch wenn der Gläubiger bereits auf der Basis des ursprünglichen Arrestbefehls vollzogen hatte, muss er dies nach Erlass des Berufungsurteils erneut tun, um die Frist zu wahren3. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Unterlassungsverfügung mit einer abweichenden Tenorierung bestätigt wurde, die nur eine Beschränkung oder Konkretisierung vornimmt. Eine erneute Vollziehung der bestätigenden Entscheidung nur dann erforderlich, wenn die zuvor ergangene einstweilige Verfügung inhaltlich erweitert oder verändert wird4. Sind in der einstweiligen Verfügung zwei Verbote tenoriert worden, von 13a denen eines aufgehoben wird, ist eine erneute Vollziehung der verbleibenden einstweiligen Verfügung nicht erforderlich, wenn die beiden Verbote völlig unterschiedliche Gegenstände und Handlungsweisen betreffen5. Wird die Eilentscheidung bestätigt, kann der Gläubiger erneute Vollstre- 13b ckungsmaßnahmen ergreifen innerhalb eines Monats nach Zustellung einleiten. Der Schuldner ist hier nicht schutzwürdig, denn er hat durch seinen Rechtsbehelf oder das Rechtsmittel die erneute Entscheidung herbeigeführt und muss mit ihrer Vollziehung rechnen6. Entsprechendes gilt in den Fällen, in denen zunächst einem Aufhebungs- 14 antrag gem. § 926 Abs. 2, § 927 ZPO stattgegeben wurde, in der Berufungsinstanz jedoch eine Bestätigung des Arrestes erfolgte. 3. Übersicht: Vollziehungsfrist – Arrestbefehl/einstweilige Verfügung wird nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens durch Urteil bestätigt. War der Arrest schon vollzogen worden, wirkt dies fort, erneute Vollziehung nicht erforderlich (str.). Wenn er noch nicht vollzogen worden war, läuft die Vollziehungsfrist weiter und wird nicht durch den Widerspruch gehemmt. Mit Erlass des den Arrest bestätigenden Urteils beginnt neue Vollziehungsfrist zu laufen (str.); unstreitig beginnt in jedem Fall eine neue Frist, wenn das Urteil

1 Grunsky in Stein/Jonas, § 929 Rz. 6. 2 OLG Celle v. 24.7.1986 – 5 U 139/86; Drescher in MünchKomm/ZPO, § 929 Rz. 6 m.w.N. 3 Grunsky in Stein/Jonas, § 929 Rz. 6. 4 OLG Frankfurt v. 10.10.2013 – 6 U 181/13; LG Berlin v. 8.5.2013 – 97 O 149/12; s. aber OLG München v. 23.6.2010 – 20 U 2462/10: „Eine Veränderung des Inhalts der Verfügung kann schon dann vorliegen, wenn ein zunächst allgemein gefasstes Verbot nur konkretisiert, neu gefasst oder erweitert wird“. 5 LG Berlin v. 8.5.2013 – 97 O 149/12. 6 Str.; wie hier Schuschke in Schuschke/Walker, § 929 Rz. 14 m.w.N. zum Streitstand.

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F Rz. 16

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Vollstreckungsverfahren

inhaltliche Änderungen, insbesondere Erweiterungen enthält. Hier muss der Gläubiger auch neue Vollziehungshandlungen vornehmen, die bisherigen wirken nicht fort. Arrestbefehl/einstweilige Verfügung wird zunächst auf den Widerspruch hin aufgehoben, dann aber durch das Berufungsgericht bestätigt. Mit der das Aufhebungsurteil beseitigenden Entscheidung beginnt eine neue Vollziehungsfrist; eine erneute Vollziehung ist auch dann nötig, wenn schon vorher Vollziehungsakte erfolgten. Erneute Zustellung der ursprünglichen Entscheidung entbehrlich. – Aufhebungsantrag gem. § 927 ZPO Neue Vollziehungsfrist beginnt mit der Abweisung des Aufhebungsantrages (str.). – Im Zivilprozess: Arrest wird zunächst gegen Sicherheitsleistung angeordnet, auf den Widerspruch oder die Berufung jedoch ohne Sicherheitsleistung aufrechterhalten. Von der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts an läuft eine neue Vollziehungsfrist; Voraussetzung ist jedoch, dass das Rechtsmittel vor Ablauf der Vollziehungsfrist eingelegt worden ist. Arrest wird zunächst unbedingt angeordnet und dann im Widerspruchs- oder Berufungsverfahren von Sicherheitsleistung abhängig gemacht. Vollziehungsfrist beginnt erneut (OLG Frankfurt, OLGZ 1980, 259, str.), Sicherheitsleistung stellt jedoch noch keinen Vollziehungsakt dar. Arrest wird zunächst durch Beschluss angeordnet, dann auf den Widerspruch hin aufgehoben und schließlich durch das Berufungsgericht bestätigt. Neue Vollziehungsfrist beginnt, Gläubiger muss auch erneut vollziehen, die nach dem ursprünglichen Arrest vorgenommenen Vollziehungshandlungen wirken nicht fort. – Vollziehung wurde einstweilen eingestellt. Mit dem Außerkrafttreten der einstweiligen Einstellung läuft neue Vollziehungsfrist. – In Zweifelsfällen immer daran denken, vorsorglich erneut vollziehen, dabei aber die Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO im Auge behalten!

4. Unterbrechung des Fristablaufs 16

Eine Unterbrechung des Fristablaufs wird durch sämtliche Maßnahmen des Gerichts, der Vollstreckungsorgane oder des Schuldners erreicht, die zu einer Einstellung der Zwangsvollstreckung oder Aufhebung der Vollziehung führen. Dazu gehören die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 924 Abs. 3 Satz 2, §§ 707 oder 719 und die Abwendung der Vollziehung nach §§ 923, 934 ZPO sowie Maßnahmen des Schuldners zur Abwendung der Vollziehung, wie die Herausgabe an den Sequester, die Erfüllung des Hauptsacheanspruches etc. Die Fristunterbrechung tritt bei der Unterlassungsverfügung ein, wenn der Schuldner eine dem Tenor der Verfügung entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt. Wenn der unterbrechende Tatbestand wegfällt, beginnt die volle Monatsfrist erneut zu laufen, weil früher vorgenommene Vollziehungsmaßnahmen u.U. inzwischen aufgehoben sind und vom Gläubiger erneut in die

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Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO)

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Rz. 21 F

Wege geleitet werden müssen. Hierzu muss ihm die volle Frist zur Verfügung stehen1. 5. Fristende Die Monatsfrist endet, da zur Fristberechnung die §§ 187 ff. BGB zur An- 17 wendung kommen (§ 222 Abs. 1 ZPO), mit Ablauf desjenigen Tages des nächsten Monats, der nach seiner Zahl dem Tag des vorangegangenen Monats entspricht, an dem der Arrestbefehl verkündet (Urteil) oder zugestellt (Beschluss) wurde (§ 188 Abs. 2 BGB). Wenn dieser Tag in dem Folgemonat nicht vorhanden ist, so tritt das Fristende am letzten Tag des Folgemonates ein (§ 188 Abs. 3 BGB). Fällt das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, so endet sie am nächsten Werktag (§ 222 Abs. 2 ZPO). 6. Vollziehung Die Frist des § 929 Abs. 2 ZPO wird gewahrt durch „Vollziehung“ der 18 Eilentscheidung. Unter Vollziehung ist die spezielle Form der Zwangsvollstreckung im Eilverfahren zu verstehen2. Es genügt für die Wahrung der Vollziehungsfrist daher jede Vollstreckungsmaßnahme aus dem Arrestbefehl oder der einstweiligen Verfügung, womit der Gläubiger deutlich macht, dass er von dem Titel Gebrauch machen will. Dies gilt auch für eine fehlerhafte, aber nicht unwirksame Pfändung3. Problematisch ist die Wirkung bei einem unzulässigen Zwangsvollstreckungsantrag. Die Zustellung an den Schuldner muss zwar nicht vor Beginn der Voll- 19 ziehung, aber innerhalb einer Woche danach und innerhalb der Vollziehungsfrist erfolgen (§ 929 Abs. 3 ZPO). Sie bildet hier jedoch keinen Akt der Vollziehung, sondern stellt eine allgemeine Voraussetzung der Zwangsvollstreckung dar (§ 750 ZPO)4. Wurde die Vollziehung von einer Sicherheitsleistung durch den Gläubi- 20 ger abhängig gemacht, muss diese ebenfalls innerhalb der Vollziehungsfrist erbracht werden5. Zur Fristwahrung ist vom Gläubiger die Einleitung der Vollstreckung zu 21 bewirken. Diese muss nicht innerhalb der Monatsfrist beendet sein, da der Gläubiger hierauf in der Regel keinen bestimmenden Einfluss hat6. Es ist auch nicht erforderlich, dass innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2

1 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 8. 2 Vgl. BGH v. 22.10.1992 – IX ZR 36/92 unter II 1c der Entscheidungsgründe speziell zum Unterlassungsanspruch. 3 Zöller/Vollkommer, § 929 Rz. 11. 4 Vgl. BGH v. 13.4.1989 – IX ZR 148/88. 5 OLG München v. 18.2.1988 – 19 U 6445/87. 6 H.M.; vgl. BGH v. 25.10.1990 – IX ZR 211/89.

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F Rz. 22

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Vollstreckungsverfahren

ZPO bereits bestimmte Vollstreckungsakte vollzogen wurden1. Vielmehr genügt es, dass der Gläubiger fristgemäß einen entsprechenden Antrag beim zuständigen Vollstreckungsorgan gestellt hat und der antragsgemäßen Durchführung des Vollstreckungsaktes keine in seiner Sphäre liegenden Hindernisse im Wege stehen. Darüber hinaus muss die Vollstreckungsmaßnahme ohne vom Gläubiger zu verantwortende Verzögerungen auch tatsächlich zur Durchführung gelangen2. Die vor und nach Fristablauf durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen müssen aber eine sachliche und zeitliche Einheit bilden3. 22

Nach Fristablauf können keine neuen Vollstreckungsakte mehr durchgeführt werden, selbst wenn die Vollziehungsfrist zunächst gewahrt worden war. Die Einleitung neuer Vollstreckungsmaßnahmen ist nach Fristablauf nicht mehr möglich4. Somit ist die Einhaltung der Vollziehungsfrist nicht nur zum Erhalt des Arrestes erforderlich, sondern beschränkt auch die Zwangsvollstreckung aus dem Arrest in zeitlicher Hinsicht. 7. Besonderheiten der Vollziehung der einstweiligen Verfügung

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Beim Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung richten sich die Vollstreckungsmaßnahmen und damit die anwendbaren Vorschriften nach dem Inhalt der jeweiligen Verfügung.

24

Bei Leistungsverfügungen ist stets der Eingang des Antrages beim Vollstreckungsorgan als Beginn der Vollziehung zu werten. § 815 ZPO ist entgegen der Regel, nach der der Vollzug der Eilanordnung nicht zur Befriedigung des Gläubigers führen darf, im Bereich der Leistungsverfügung anwendbar, sofern es um Geldleistungen geht5. Bei anderen Leistungen, wie etwa die Vornahme von Handlungen oder die Herausgabe von Gegenständen, sind die §§ 883 ff. ZPO anwendbar. Wenn die Sequestration von Gegenständen angeordnet worden ist, bleiben diese beim Sequester. Hat die einstweilige Verfügung die Abgabe einer Willenserklärung zum Inhalt, so bedarf es lediglich der Zustellung als Vollziehungsakt6. Bei Eintragungen im Grundbuch ist der Eingang des entsprechenden Antrages beim Grundbuchamt maßgeblich7.

25

Hinsichtlich der Leistungsverfügung auf eine einmalige Leistung finden die oben zum Arrest dargestellten Grundsätze Anwendung. Wenn die einstweilige Verfügung auf wiederkehrende Leistungen wie wiederkehrende Entgeltzahlungen gerichtet ist, bedarf es mehrfacher Vollziehungs1 2 3 4 5 6 7

Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 11. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 11. OLG Düsseldorf v. 17.9.1982 – 16 U 119/82. BGH v. 25.10.1990 – IX ZR 211/89. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 928 Rz. 7. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 928 Rz. 7 m.w.N. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 932 Rz. 6.

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Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO)

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Rz. 28 F

akte. Bei dem Titel handelt es sich de jure um eine Summe von Einzelverfügungen, die jeweils für sich vollzogen werden müssen. Somit läuft die Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO für die erste Rate ab Verkündung des Urteils bzw. ab Zustellung des Beschlusses, für die folgenden Raten jeweils ab deren Fälligkeit1. Wenn der Titel auf die Vornahme vertretbarer oder unvertretbarer Hand- 26 lungen gerichtet ist, genügt die Antragstellung gem. §§ 887, 888 ZPO2. Die Zustellung stellt bei Befriedigungsverfügungen keine Vollziehung dar, sondern lediglich die Erfüllung der allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzung des § 750 Abs. 1 ZPO, die durch Abs. 3 dieser Bestimmung modifiziert worden ist3. Die fristgerechte Zustellung einer einstweiligen Verfügung auf Weiterbe- 27 schäftigung ist entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer bereits weiterbeschäftigt wird4. Die Unterlassungsverfügung folgt besonderen Regeln. Ein an sich ausrei- 28 chender Antrag nach § 890 Abs. 1 ZPO5 kann erst gestellt werden, wenn eine Zuwiderhandlung durch den Schuldner erfolgte. Aus diesem Grund ist nach h.M.6 die Zustellung der einstweiligen Verfügung, welche die Androhung von Ordnungsgeld (§ 890 Abs. 2 ZPO) an den Schuldner enthält, als erster Schritt der Vollstreckung anzusehen, wenn dies innerhalb der Vollziehungsfrist geschieht. Diese Ausnahme ist allerdings nur auf die Unterlassungsverfügung anzuwenden, nicht für andere Arten von einstweiligen Verfügungen. In allen anderen Fällen müssen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen innerhalb der Vollziehungsfrist eingeleitet worden sein7. Eine Unterlassungsverfügung, die keine Ordnungsgeld-Androhung enthält, ist kein zur Vollziehung geeignetes Mittel8. Ebenfalls nicht 1 OLG Köln v. 6.11.1984 – 4 UF 193/84; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 13 m.w.N. 2 OLG Hamm v. 7.1.1993 – 14 W 194/92; vgl. weiter OLG Zweibrücken v. 30.5.1983 – 3 W 35/83, das einschränkend verlangt, dass der Antrag dem Schuldner innerhalb der Frist zugeleitet sein muss. 3 OLG Hamm v. 7.1.1993 – 14 W 194/92. 4 LAG Hamm v. 9.3.1995 – 12 Sa 2036/94. 5 Vgl. BGH v. 13.4.1989 – IX ZR 148/88; LAG Berlin v. 12.11.1997 – 6 Ta 16/97. 6 BGH v. 22.10.1992 – IX ZR 36/92 u.v. 13.4.1989 – IX ZR 148/88; LAG Berlin-Brandenburg v. 21.1.2014 – 16 SaGa 1557/13, dort offengelassen, ob Ordnungsmittelandrohung im Titel notwendig; LAG Berlin v. 12.11.1997 – 6 Ta 16/97, in denen zur Unterlassungsverfügung mit Ordnungsgeldandrohung ausgeführt wird, dass sich die Vollziehung bereits aus einem fehlenden Vollziehungsverzicht ergebe; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 928 Rz. 7 m.w.N. 7 OLG Hamm v. 7.1.1993 – 14 W 194/92. 8 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 14; vgl. LAG Hamm v. 7.8.1987 – 8 Sa 1369/86, das eine Unterlassungsverfügung bzgl. eines Arbeitskampfes nicht für vollstreckungsfähig i.S.v. § 929 ZPO hält und deshalb die Aufhebung der Vollziehung wegen Fristversäumnis ablehnt; s. weiter LAG Hamburg v. 28.3.1995 – 3 TaBV 3/95 – für den Fall, dass ein Ordnungsgeld vom Betriebsrat beantragt, vom ArbG aber nicht angedroht worden war – kein Verzicht auf Abs. 2 –, sowie weiter

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F Rz. 29

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Vollstreckungsverfahren

ausreichend ist die Verkündung des Verfügungsurteiles. Zwar entfaltet das Unterlassungsgebot ab diesem Zeitpunkt ebenso rechtliche Wirksamkeit wie der Beschluss ab Zustellung beim Schuldner. Ein Vollziehungselement, das der BGH fordert1, ist hierbei jedoch nicht vorhanden. 8. Vollziehung durch Zustellung im Parteibetrieb 29

Die rechtliche Behandlung der Zustellung als Vollziehungsakt bei Unterlassungsverfügungen ist streitig. Bei der Beschlussverfügung erfolgt die Zustellung einerseits, um dem Schuldner überhaupt die Kenntnis zu vermitteln, und andererseits zum Zwecke der Vollziehung im Parteibetrieb (§ 922 Abs. 2 ZPO).

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Die Urteilsverfügung wird hingegen gem. § 317 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zugestellt. In Literatur und Rechtsprechung ist lebhaft umstritten, ob dies ausreichend ist oder ob es einer weiteren Parteizustellung bedarf. Nach der tradierten Auffassung, die wohl noch die h.M. darstellt, ist neben der Amtszustellung noch eine Zustellung im Parteibetrieb notwendig, da andernfalls nicht erkennbar werde, ob der Gläubiger von der Verfügung Gebrauch machen wolle2. Dies soll auch im Beschlussverfahren gelten3. Die im Vordringen befindliche Gegenansicht betont demgegenüber, dass eine zweite Zustellung durch die Partei selbst eine überflüssige Förmelei darstelle. Auch sei der Gläubiger beim Unterlassungsgebot bereits ab Verkündung dem Risiko von Schadensersatzansprüchen nach § 945 ZPO ausgesetzt, da das Urteil ab diesem Zeitpunkt wirke; einer Vollstreckungsmaßnahme bedürfe es hierzu nicht. Beim Arrest und der Leistungsverfügung dagegen komme ein solcher Schadensersatzanspruch erst nach Vornahme konkreter Vollstreckungsmaßnahmen in Betracht4.

1 2

3 4

LAG Berlin v. 12.11.1997 – 6 Ta 15 und 16/97, n.v., in denen zur Unterlassungsverfügung mit Ordnungsgeldandrohung ausgeführt wird, dass sich die Vollziehung bereits aus einem fehlenden Vollziehungsverzicht ergebe; offengelassen in LAG Berlin Brandenburg v. 21.1.2014 – 16 SaGa 1557/13. BGH v. 22.10.1992 – IX ZR 36/92. LAG Berlin Brandenburg v. 21.1.2014 – 16 SaGa 1557/13; OLG Frankfurt v. 9.7.2013 – 6 U 120/13, „Vollziehung einer Unterlassungsverfügung setzt regelmäßig die Zustellung im Parteibetrieb voraus“; OLG München v. 23.6.2010 – 20 U 2462/10; OLG Düsseldorf v. 10.2.2010 – I-15 U 276/09, 15 U 276/09; OLG Brandenburg v. 19.2.2009 – 5 U 157/08; BGH v. 22.10.1992 – IX ZR 36/92; OLG Köln v. 13.12.2002 – 6 U 156/02 u.v. 14.9.1979 – 6 U 174/79; KG, v. 1.9.1979 – 5 U 3909/78; LAG Rh.-Pf. v. 27.8.1998 – 4 Ta 147/98; OLG Hamm v. 9.11.1993 – 13 UF 270/93 u.v. 2.3.1978 – 4 U 317/77; OLG Brandenburg v. 30.4.1996 – 10 UF 11/96; LAG Berlin v. 18.8.1987 – 3 TaBV 4/87; OLG Koblenz v. 29.7.1980 – 6 U 591/80; Schuschke in Schuschke/Walker, § 929 Rz. 25; Wieczorek/Schütze/ Thümmel, § 929 Rz. 15; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 936 Rz. 9 m.w.N. LAG Berlin-Brandenburg v. 24.2.2011 – 7 Ta 2696/10. LAG München v. 6.11.2007 – 6 Sa 892/07; OLG Hamburg v. 15.1.1986 – 4 U 208/85; OLG Stuttgart v. 24.10.1980 – 2 U 134/80; LAG Hamm v. 7.8.1987 – 8 Sa 1369/86; Thomas/Putzo, § 936 Rz. 7; Walker, S. 262 f., Rz. 394 m.w.N.; Weber, DB 1981, 877 f.

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Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO)

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Rz. 33a F

Dieser Auffassung ist der Vorzug zu geben. Es stellt in der Tat eine nicht 31 zu rechtfertigende Förmelei dar, wollte man neben der ohnehin erforderlichen Amtszustellung noch fordern, dass der Gläubiger eine erneute Zustellung im Parteibetrieb vornimmt. Maßgeblich ist der von Walker1 herangezogene Gedanke, dass der Gläubiger bei der Urteilsverfügung schon dann dem Schadensersatzanspruch gem. § 945 ZPO ausgesetzt ist, auch wenn keine Parteizustellung erfolgt2. Es wäre inkonsequent, die Parteizustellung gleichwohl als notwendigen Vollziehungsakt anzusehen. Beraterhinweis: Aus Gründen anwaltlicher Vorsicht empfiehlt es sich je- 32 doch, trotz der hier vertretenen Auffassung sicherheitshalber eine Parteizustellung vorzunehmen. Bei fehlender Parteizustellung müssen innerhalb der Vollziehungsfrist andere Vollstreckungsmaßnahmen begonnen werden3. Zu beachten ist weiter, dass auch auf der Basis der h.M. Ausnahmen von 33 dem Zustellungserfordernis im Parteibetrieb gemacht werden. So soll die Amtszustellung reichen – bei Leistungsverfügungen4; – bei Unterlassungsverfügungen5; – bei Unterlassungsverfügungen mit Androhung gem. § 890 ZPO6 und – in Fällen, in denen der Gläubiger innerhalb der Vollziehungsfrist mit Vollstreckungsmaßnahmen begonnen oder einen entsprechenden Antrag gestellt hat7. Von der Frage, ob eine Parteizustellung nötig ist, muss die Frage getrennt 33a werden, ob sie zur Vollziehung i.S.v. § 929 Abs. 2 ZPO ausreicht. Dies ist bei Urteilsverfügung mit Ordnungsmittelandrohung der Fall wenn innerhalb der Vollziehungsfrist eine einfache Abschrift des Urteils im Parteibetrieb von Anwalt zu Anwalt gegen Empfangsbekenntnis zugestellt 1 Walker, S. 262 f., Rz. 394 m.w.N. 2 So auch LAG Berlin v. 12.11.1997 – 6 Ta 16/97 – für die Unterlassungsverfügung mit Strafandrohung, wenn die Gläubiger keinen vorläufigen Vollziehungsverzicht erklärt. 3 A.A. für die durch Urteil ergangene Unterlassungsverfügung mit Androhung von Zwangsmitteln LAG Berlin v. 12.11.1997 – 6 Ta 16/97 – mit der Begründung, die Vollziehung ergebe sich bereits aus dem Fehlen eines vorläufigen Vollziehungsverzichts. 4 OLG Koblenz v. 27.12.1990 – 11 UF 97590; OLG Oldenburg v. 12.4.1989 – 3 UF 9/89. 5 OLG Oldenburg v. 12.3.1992 – 1 U 195/91; LAG Hamm v. 7.8.1987 – 8 Sa 1369/86; a.A. OLG Frankfurt v. 9.7.2013 – 6 U 120/13; OLG Hamburg v. 6.6.1996 – 3 U 9/96; OLG Köln v. 20.1.1995 – 6 U 157/94. 6 OLG Stuttgart v. 29.11.1996 – 2 U 182/96; LAG Berlin v. 12.11.1997 – 6 Ta 16/97; LAG Nürnberg v. 31.7.2001 – 6 Sa 408/01 – a.A. OLG Schleswig v. 16.10.1996 – 4 U 79/96; Schuschke/Walker, § 929 Rz. 27 f. 7 LAG Rh.-Pf. v. 27.8.1998 – 4 Ta 147/98 – bei Antrag des Betriebsratsmitgliedes auf Zwangsmittel zur Durchsetzung des Zugangsrechts.

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F Rz. 33b

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Vollstreckungsverfahren

worden ist, nachdem dem Beklagten schon zu diesem Zeitpunkt die von Amts wegen zugestellte Ausfertigung des Urteils vorlag. In der vom Kläger veranlassten Zustellung einer einfachen Abschrift des Verfügungsurteils kommt dann ein ausreichender Vollzugswille i.S.v. § 929 Abs. 2 ZPO zum Ausdruck1. Bei Unterlassungs- und Duldungsgeboten kann die Parteizustellung also ausreichen. Wenn der Titel aber auf Geldleistung lautet wie bei einstweiligen Verfügungen auf den Notunterhalt2 müssen diesbezügliche Vollstreckungshandlungen beantragt werden wie etwa ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Bei Regelungsverfügungen ist dies streitig. 33b

Unabhängig davon ist streitig, ob die Amtszustellung bei der durch Urteil ergangenen Eilentscheidung eine notwendige Voraussetzung der Zwangsvollstreckung darstellt oder ob auch diese, ebenso wie die durch Beschluss ergangene Eilentscheidung, im Parteibetrieb zugestellt werden kann mit der Konsequenz, dass mit der Zwangsvollstreckung schon vor der Bewirkung der Amtszustellung begonnen werden kann. Hierzu wird die Auffassung vertreten, dass § 50 Abs. 1 ArbGG die Vorschrift des § 750 Abs. 1 Satz 2 ZPO verdränge3, so dass die Zwangsvollstreckung nicht vor der Amtszustellung beginnen könne. Dies halte ich im Bereich des Eilverfahrens nicht für sachgerecht. Hier soll ein möglichst effektiver Rechtsschutz gewährt werden. Mit diesem Ziel ist es nicht vereinbar, dass der erfolgreiche Verfügungs- oder Arrestkläger warten muss, bis die Amtszustellung erfolgt und nachgewiesen ist. Auf die Schnelligkeit dieses Verfahrens hat er keinen Einfluss. Verzögerungen können nicht nur im Gerichtsbetrieb auftreten, sondern auch bei der Übermittlung der Postzustellungsurkunde an das Gericht. Daher findet m.E. § 750 Abs. 1 Satz 2 ZPO Anwendung. Die Zwangsvollstreckung kann also beginnen, sobald die Parteizustellung bewirkt und nachgewiesen ist.4

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Gegenstand der Zustellung ist eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift der Verfügung. In der Regel wird die beglaubigte Abschrift zugestellt, was ausreicht. Der Ausfertigungsvermerk muss auf der zu übergebenden beglaubigten Abschrift erkennbar sein. Das Fehlen führt nach verbreiteter Auffassung jedoch nicht notwendigerweise zur Unwirksamkeit. Vielmehr wird der Mangel in entsprechender Anwendung von § 189 ZPO jedenfalls dann als geheilt angesehen, wenn die Zustellung durch den Schuldner auf der Ausfertigung selbst als ordnungsgemäß quittiert wurde oder wenn die Authentizität der beglaubigten Abschrift auf andere Weise sichergestellt ist, etwa wenn die Ausfertigung von Amts wegen ordnungsgemäß zugestellt wird5. Sinn und Zweck des Ausfertigungsver1 OLG München v. 6.2.2013 – 15 U 2848/12. 2 Schuschke in Schuschke/Walker, § 929 Rz. 34 m.w.N. 3 GMP/Germelmann, § 50 Rz. 8; HWK/Ziemann, § 50 ArbGG Rz. 2; Hess. LAG v. 29.8.1985 – 3 Ta 188/85. 4 Hess. LAG v. 13.7.1987 – 1 Ta 151/87. 5 Str., wie hier OLG Hamm v. 21.12.1978 – 4 U 242/78 – u.v. 12.4.1988 – 4 U 303/87; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 16 m.w.N.; a.A. OLG Karlsruhe

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Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO)

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Rz. 35 F

merkes ist es lediglich, dem Antragsgegner zweifelsfrei Klarheit darüber zu verschaffen, dass das übergebene Schriftstück auch wirklich mit der erlassenen einstweiligen Verfügung übereinstimmt. Wenn dies auf andere Weise garantiert ist, kommt es auf den fehlenden Ausfertigungsvermerk nicht mehr maßgeblich an. Eine Mehrzahl von Schriftstücken wird nicht dadurch zur beglaubigten Abschrift, wenn sich der Beglaubigungsvermerk des Gerichtsvollziehers nur auf der Rückseite eines Blattes befindet1. Bei der Beschlussverfügung muss auch die Antragsschrift nebst Anlagen mit zugestellt werden2. Dies kann nur dann unterbleiben, wenn der Tenor der einstweiligen Verfügung aus sich heraus verständlich und Inhalt wie Umfang des Verbotes unzweideutig erkennbar sind3. Zur ordnungsgemäßen Zustellung einer einstweiligen Verfügung ist es ausnahmsweise nicht erforderlich, die im Tenor erwähnten Anlagen mit zuzustellen, wenn diese der gerichtlichen Ausfertigung nicht beigefügt waren und die Anlagen keine Auswirkungen auf die Verständlichkeit des Tenors haben4. Wenn aber die Wirksamkeit im Verfügungstenor von der gleichzeitigen Zustellung von Anlagen abhängig gemacht wird und die Anlagen nicht in anwaltlich beglaubigter Form mit zugestellt werden, liegt keine wirksame Zustellung vor5. Bei der Urteilsverfügung kann die notwendige Klarheit regelmäßig den Urteilsgründen entnommen werden. Die Zustellung einer Ablichtung des Sitzungsprotokolls reicht auf keinen Fall, auch wenn sie beglaubigt ist, denn es handelt sich hier nicht um eine Abschrift der Eilentscheidung selbst6. Bei der Möglichkeit der Heilung von Zustellungsmängeln muss zwischen der Beschluss- und der Urteilsverfügung differenziert werden. Bei einem Beschluss dient die Zustellung im Parteibetrieb nicht nur der Vollstreckung, sondern sie wird überhaupt erst mit der Zustellung wirksam (§ 922 Abs. 2 ZPO), während die Urteilsverfügung mit der Verkündung wirksam wird und die Parteizustellung lediglich der Wahrung der Vollstreckungsfrist dient. Wenn also die Heilung von Zustellungsmängeln bei der Beschlussverfügung erst nach Ablauf der Vollziehungsfrist erfolgt, kann sie nicht mehr wirksam werden. Bei der Urteilsverfügung ist das anders7. Adressat der Zustellung ist grundsätzlich der Schuldner. Bei Bestellung 35 eines Prozessbevollmächtigten und Kenntnis des Gläubigers hiervon (die Beweislast für die Kenntnis von der Bestellung liegt beim Antragsgeg-

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v. 1.6.1989 – 4 U 34/89; differenzierend OLG Koblenz v. 16.5.1991 – 6 U 1697/90: keine strengen Anforderungen, wenn bereits Amtszustellung erfolgt, anders, wenn lediglich Parteizustellung. OLG Karlsruhe v. 8.1.1992 – 6 U 187/91. OLG Düsseldorf v. 10.2.2010 – I-15 U 276/09, 15 U 276/09. OLG Frankfurt v. 10.12.1980 – 17 U 195/80; OLG Düsseldorf v. 29.9.1983 – 2 U 79/83. OLG Jena v. 4.3.2013 – 2 W 502/12. LG Köln v. 9.6.2011 – 31 O 133/11. LAG Berlin v. 12.11.1997 – 6 Ta 16/97. Schuschke in Schuschke/Walker, § 929 Rz. 31 m.w.N.

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F Rz. 36

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Vollstreckungsverfahren

ner1) muss gem. § 172 ZPO an diesen zugestellt werden. Eine Heilung des infolge Zustellung an die Partei selbst vorliegenden Mangels ist nach §§ 189 oder 295 ZPO möglich2. Auch wenn der Prozessbevollmächtigte lediglich in einer Schutzschrift genannt worden wurde ist die Verfügung an ihn zuzustellen3. Wenn bereits ein Hauptsacheverfahren anhängig ist, kann eine Zustellung sowohl an den in diesem Verfahren bestellten Prozessbevollmächtigten als auch an den Schuldner erfolgen4. 36

Die Zustellung ist bewirkt, wenn der Adressat den Empfang zu einem bestimmten Zeitpunkt bestätigt, wobei es keiner bestimmten Form bzgl. des Empfangsbekenntnisses bedarf5. Eine Zustellung des Titels im Parteibetrieb an den Antragsgegner persönlich genügt nicht. Es kann jedoch eine Heilung des Zustellungsmangels insoweit erfolgen, als dass der dem Antragsgegner persönlich zugestellte Beschluss in dem Zeitpunkt als zugestellt fingiert wird, in dem er dem Prozessbevollmächtigten binnen Monatsfrist zugegangen ist6. Bei einer zu bewirkenden Auslandszustellung gilt die Frist als gewahrt, wenn innerhalb dieser der Antrag auf Auslandszustellung bei Gericht eingereicht wird und die tatsächliche Zustellung „demnächst“ i.S.v. § 167 ZPO erfolgt. Meldet sich jedoch während des laufenden Auslandszustellungsverfahrens für den Antragsgegner ein Prozessbevollmächtigter, gilt die Vollziehungsfrist nur als gewahrt, wenn der Antragsteller unverzüglich nach Kenntnis dieses Umstands dem Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners die einstweilige Verfügung im Parteibetrieb zustellt7.

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Beraterhinweis: Aus anwaltlicher Sicht empfiehlt sich im Zweifel die Zustellung sowohl an den Schuldner als auch an den möglichen Prozessbevollmächtigten, da die Zustellung an den Schuldner statt an seinen Prozessbevollmächtigten einen nicht heilbaren Mangel darstellt8 und somit möglicherweise ein Regress droht. 9. Fristversäumung

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Nach Ablauf der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO können vom Gläubiger keine neuen Vollziehungsakte mehr vorgenommen werden. Bei ausreichendem sachlichem und zeitlichem Zusammenhang (vgl. dazu F Rz. 21 f.) können 1 OLG Hamm v. 28.5.2009 – 4 U 60/09. 2 OLG Jena v. 19.1.2011 – 2 W 17/11; LG Erfurt v. 11.11.2010 – 3 O 1062/10; Zöller/ Vollkommer, § 172 Rz. 23. 3 Bejahend OLG Karlsruhe v. 10.9.1986 – 6 U 65/86; vgl. OLG Jena v. 19.2.2011 – 2 W 17/11; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 17 m.w.N. 4 OLG Frankfurt v. 1.9.1983 – 16 U 202/83. 5 OLG Hamm v. 12.1.2010 – 4 U 193/09, dort auch zur Weigerung der Entgegennahme mit Empfangswillen. 6 LG Erfurt v. 11.11.2010 – 3 O 1062/10. 7 OLG Frankfurt v. 9.7.2013 – 6 U 120/13; s. weiter zur Zustellung im EU-Ausland KG v. 3.12.2008 – 5 W 199/08. 8 OLG Hamm v. 25.6.1975 – 3 U 67/75.

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Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO)

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Rz. 41 F

die bereits begonnenen Akte jedoch fortgesetzt und beendet werden. Wenn der Gläubiger nicht innerhalb der Frist vollzogen hatte, ist der Arrest wirkungslos und unterliegt auf Antrag des Schuldners der Aufhebung nach § 927 Abs. 1 ZPO1. Wenn der Schuldner statt eines solchen Antrages Widerspruch einlegt, ist der Arrestantrag durch Urteil zurückzuweisen. Falls bereits ein Arresturteil vorliegt, kann der Schuldner die Aufhebung 39 wegen Fristversäumung auch mit der Berufung verfolgen. Die Beschwer liegt darin, dass weiterhin ein wirksamer Titel existiert2. Die Frage, ob der Gläubiger in diesem Falle sogleich in der Berufungsinstanz den Arrest erneut beantragen kann, wird unterschiedlich beantwortet3. Gegen die Zulässigkeit spricht der Umstand, dass dem Schuldner eine Instanz genommen wird. Dafür spricht die Eilbedürftigkeit des Verfahrens, aufgrund derer man nicht zwingend notwendige instanzielle Umwege vermeiden sollte. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Gläubiger durch das Verstreichenlassen der Vollziehungsfrist selbst den Umstand geschaffen hat, der zu der Zeitverzögerung führte. Von daher ist es nicht gerechtfertigt, dem Schuldner eine Instanz zu nehmen, so dass der herrschenden Meinung zu folgen ist. Der Schuldner kann also nicht sogleich in der Berufungsinstanz einen neuen Arrest beantragen4. Die Einlegung der Anschlussberufung mit dem Ziel, den Arrest neu zu erlassen, ist unzulässig5. Nach beiden Ansichten kann der Gläubiger aber beim erstinstanzlichen 40 Arrestgericht einen neuen Arrestbefehl erwirken, vorausgesetzt, Arrestanspruch und Arrestgrund sind nach wie vor gegeben. Dies wird er vor allem dann tun, wenn ihm nach Ablauf der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO weiteres vollstreckungsfähiges Vermögen des Schuldners bekannt wird. Der erste Arrestbefehl steht – auch wenn er nicht aufgehoben wird – dem neuen Antrag nicht entgegen. Nach Fristablauf durchgeführte Vollstreckungsmaßnahmen sind unwirk- 41 sam. Ihnen liegt ein gegenstandsloser Titel zugrunde. Auch kann durch eine Vollstreckung in dieser Situation kein Pfandrecht wirksam erwor-

1 OLG Hamm v. 12.1.2010 – 4 U 193/09; OLG Schleswig v. 17.12.1971 – 6 U 53/71; OLG Köln v. 24.6.1983 – 6 U 252/82 u.v. 10.10.1979 – 16 U 69/79. 2 OLG Schleswig v. 17.12.1971 – 6 U 53/71; OLG Düsseldorf v. 12.2.1987 – 2 U 253/86. 3 Für die Zulässigkeit LG Wuppertal v. 2.5.1991 – 9 S 171/91; Drescher in MünchKomm/ZPO, § 929 Rz. 13; Grunsky in Stein/Jonas, § 929 Rz. 18; Zöller/Vollkommer, § 929 Rz. 23; dagegen: die wohl h.M., OLG Frankfurt v. 28.5.1986 – 17 U 17/86; Schuschke/Walker, § 929 Rz. 40 m.w.N.; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 18 m.w.N. 4 LAG Köln v. 10.6.2009 – 3 SaGa 9/09; a.A. Zöller/Vollkommer, § 929 Rz. 23. 5 OLG Frankfurt v. 4.11.1982 – 6 U 99/82; OLG Koblenz v. 29.7.1980 – 6 U 591/80; OLG Zweibrücken v. 15.12.1978 – 1 U 82/78.; Zöller/Vollkommer, § 929 Rz. 23; a.A. OLG Düsseldorf v. 18.1.1984 – 15 U 158/83.

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F Rz. 42

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Vollstreckungsverfahren

ben werden1. Aufgrund der bei formal ordnungsgemäßer Pfändung eintretenden öffentlich-rechtlichen Verstrickung bedarf es dennoch der Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen, die der Schuldner mit der Erinnerung gem. § 766 ZPO bewirken kann2. Ist die Urteilsverfügung mangels Vollziehung aufzuheben, so hat der Verfügungsgläubiger grundsätzlich die Kosten des Aufhebungs- und des Anordnungsverfahrens zu tragen. Das gilt auch, wenn der Verfügungsschuldner nach Ablauf der Vollziehungsfrist den Verfügungsanspruch erfüllt3. 10. Vollziehung vor Zustellung 42

Von dem Grundsatz, dass Maßnahmen der Zwangsvollstreckung erst nach bzw. spätestens mit Zustellung des Titels an den Schuldner zulässig sind (§ 750 Abs. 1 ZPO), macht § 929 Abs. 3 ZPO zugunsten des Gläubigers eine Ausnahme. Danach darf der Arrest bereits vor Zustellung vollzogen werden. Die Zustellung muss jedoch innerhalb einer Woche nach Vollziehung und vor Ablauf der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO nachgeholt werden. Grundsätzlich kann sowohl im Parteibetrieb als auch im Amtsbetrieb zugestellt werden (§ 750 Abs. 1 Satz 2 ZPO), da es sich bei der hier angesprochenen Zustellung nicht um einen Teil der Vollziehung handelt. Für den durch Beschluss verhängten Arrest kommt aber lediglich die Parteizustellung in Betracht (§ 922 Abs. 2 ZPO), wohingegen beim Urteilsarrest die fristgerechte Amtszustellung ausreichend ist. Dies hat aber nichts mit der Frage der Notwendigkeit einer zusätzlichen Zustellung im Parteibetrieb beim Urteilsarrest zu tun, denn das ist ein Problem der Vollziehung. 11. Zustellungsfrist (§ 929 Abs. 3 ZPO)

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Die Wochenfrist beginnt mit dem ersten Vollzugsakt zu laufen. Da hierfür die Gläubigerhandlungen maßgeblich sind, besteht dieser Vollzugsakt mit Eingang des ersten Vollstreckungsantrages bei dem zuständigen Vollstreckungsorgan4.

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Frühester Fristbeginn ist der Beginn der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO. Dies ist beispielsweise in den Fällen von Bedeutung, in denen schon mit Anbringung des Arrestantrages auch eine Vollziehungsmaßnahme, wie etwa der Erlass eines Pfändungsbeschlusses, beantragt wird. Hier beginnt die Wochenfrist nicht mit dem Eingang des Antrages bei Gericht, sondern bei Urteilen mit der Verkündung des Arrestbefehles und bei Beschlüssen mit der Zustellung beim Gläubiger. Die Berechnung der Frist erfolgt gem. §§ 187 ff. BGB.

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BGH v. 25.10.1990 – IX ZR 211/89. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 19 m.w.N. OLG Frankfurt v. 4.9.2007 – 11 U 51/06. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 23.

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Vollziehungsfrist (§ 929 Abs. 2 ZPO)

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Rz. 49 F

Die Frist des § 929 Abs. 3 ZPO dieser Bestimmung kann auch vor Ablauf 45 einer Woche enden, wenn die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO vorher abläuft. Auf die Einhaltung der Zustellungsfrist kann der Schuldner nicht verzichten1. Die Frist wird gewahrt, wenn die Zustellung, sei es durch Parteizustel- 46 lung oder durch Amtszustellung, innerhalb der Frist erfolgt. Im Falle öffentlicher Zustellung oder Zustellung im Ausland ist die 47 rechtzeitige Anbringung des Zustellungsersuchens ausreichend, sofern i.S.v. § 167 ZPO „demnächst“ zugestellt wird. Hierfür ist das Arrestgericht zuständig. § 189 ZPO ist entsprechend anwendbar. Bei Fristversäumnis ist die bereits erfolgte Vollziehung gem. § 929 Abs. 3 Satz 2 ZPO wirkungslos. Allerdings entfallen die durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen nicht automatisch, sondern der Schuldner muss die Erinnerung nach § 766 ZPO einlegen und Aufhebung beantragen2. Eine erneute Vollziehung ist möglich. Wenn die Vollziehungsfrist noch nicht abgelaufen ist, kann der Gläubiger erneut vollziehen. Auch hierbei ist § 929 Abs. 3 ZPO anwendbar3. 12. Aufhebung gegen Sicherheitsleistung (§ 939 ZPO) Anders als im Arrestverfahren, wo der Schuldner durch Hinterlegung der 48 Lösungssumme die Aufhebung erreichen kann (§§ 923, 934 Abs. 1 ZPO), erlaubt § 939 ZPO dies bei der einstweiligen Verfügung nur in besonderen Ausnahmefällen. Dies ergibt sich notwendigerweise daraus, dass der mittels der einstweiligen Verfügung zu sichernde Individualanspruch einer Sicherung durch Hinterlegung eines Geldbetrages nicht zugänglich ist. Es ist auch zu beachten, dass der Anspruch als solcher zu sichern ist und nicht etwa ein aus seiner Verletzung resultierender Schadensersatzanspruch4. Diese Erwägungen sind auch auf die Geldleistungsverfügung anwendbar. Diese ergeht nicht, um die Durchsetzung der Forderung zu sichern (dafür wäre der Arrest einschlägig), sondern weil der Gläubiger ohne die sofortige Zahlung in eine existentielle Notlage geriete. Durch das bloße Leisten einer Sicherheit lässt sich der Eintritt dieser Notlage aber gerade nicht verhindern. Für den Bereich der einstweiligen Verfügung verdrängt § 939 ZPO die 49 §§ 923 und 934 Abs. 1 ZPO. Soweit in den §§ 925 Abs. 2, 927 ZPO vorgesehen ist, dass der Arrest im Widerspruchsverfahren von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden oder im Aufhebungsverfahren

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OLG Frankfurt v. 7.9.1981 – 20 W 469/81. BGH v. 9.2.1989 – IX ZR 17/88. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 929 Rz. 23. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 939 Rz. 2.

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F Rz. 50

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Vollstreckungsverfahren

wegen des Erbietens einer solchen aufgehoben werden kann, geht § 939 ZPO mit seinen engen Voraussetzungen auch hier vor1. 50

Besondere Umstände im Sinne dieser Vorschrift sind dann gegeben, wenn der Zweck der einstweiligen Verfügung vollständig auch durch die Sicherheitsleistung erfüllt werden kann2. Wie bereits dargelegt, genügt die bloße Sicherung von Schadensersatzforderungen nicht, sondern das Erfüllungsinteresse muss durch die Sicherheitsleistung in gleicher Weise wie durch die einstweilige Verfügung gesichert werden können. Dergleichen ist im Bereich des Arbeitsrechts schwerlich vorstellbar, wenngleich die Vorschrift grundsätzlich auch hier, sogar im Beschlussverfahren, anwendbar ist3. Ergänzend ist hier auch die Regelung des § 62 Abs. 1 ArbGG zu beachten, wonach die Einstellung der Zwangsvollstreckung nur unter der Voraussetzung bewilligt werden kann, dass die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil brächte. Diese Vorschrift ist auch auf einstweilige Verfügungen anwendbar. Zwar ist § 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG für die Eilentscheidung nicht nötig, da solche Entscheidungen immer vorläufig vollstreckbar sind (s. § 929 Abs. 1 ZPO4). Die Anwendbarkeit der übrigen Sätze des § 62 Abs. 1 ArbGG kann jedoch nicht mit dem Argument verneint werden, dass sie nur bei gerichtlichen Entscheidung gölten, die nach umfassender rechtlicher und tatsächlicher Prüfung ergangen sei, nicht hingegen bei einer mit erhöhten Fehlentscheidungsrisiken behafteten Eilentscheidung5. Eine solche Einschränkung sieht das Gesetz nicht vor. Man würde den Gläubiger damit im Eilverfahren schlechter stellen als im Hauptsacheverfahren. § 62 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 ArbGG finden auch auf die Eilentscheidungen Anwendung, die nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss ergangen sind6. Der praktische Anwendungsbereich ist aber denkbar klein. Die nicht zu ersetzenden Nachteile i.S.v. § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG müssen bereits bei der Interessenabwägung Berücksichtigung finden, die vor Erlass der einstweiligen Verfügung zu erfolgen hat.

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Die Aufhebung der einstweiligen Verfügung für den Fall der Sicherheitsleistung kann bereits bei ihrem Erlass gestattet werden, jedoch auch später im Widerspruchs-, Berufungs- oder Aufhebungsverfahren7. Zuständig ist dann das Gericht, das die Verfügung erlassen hat. Wenn die Hauptsache bereits anhängig ist, liegt die Zuständigkeit beim Gericht der Hauptsache.

1 A.A. wohl LAG Berlin v. 28.4.1986 – 9 Ta 5/86, bezogen auf die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Prozessvergleich. 2 Gottwald, Einstweiliger Rechtsschutz, § 939 Rz. 2 m.w.N. 3 Walker in Schuschke/Walker, § 939 Rz. 5. 4 GMP/Germelmann, § 62 Rz. 7. 5 So aber Schuschke in Schuschke/Walker, § 939 Rz. 5. 6 LAG Hamm v. 10.6.1988 – 8 Ta 254/88. 7 Gottwald, Einstweiliger Rechtsschutz, § 939 Rz. 5 m.w.N.

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Rumung von Wohnraum (§ 940a ZPO)

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Rz. 55 F

Im Tenor der Entscheidung wird die Aufhebung der einstweiligen Verfü- 52 gung gestattet, ohne dass die Sicherheit hier bereits geleistet sein müsste. Die Verfügung tritt mit der Sicherheitsleistung außer Kraft und bleibt ansonsten erhalten. Bereits getroffene Maßnahmen bedürfen der besonderen Aufhebung1.

II. Räumung von Wohnraum (§ 940a ZPO) § 940a ZPO trägt der existentiellen Bedeutung des Wohnraums Rech- 53 nung und verbietet grundsätzlich, d.h. mit der Ausnahme der verbotenen Eigenmacht und der Gefahr für Leib und Leben, einstweilige Verfügungen zur Räumung desselben. Im Bereich des Arbeitsrechts kommt sie nur bei Werks- oder Dienstwohnungen zum Tragen. Hinsichtlich der Zuständigkeit für die Räumungsklage ist zu differenzie- 54 ren: Handelt es sich um eine Werkmietwohnung, besteht neben dem Arbeitsverhältnis ein selbständiger Mietvertrag. Deswegen besteht keine Veranlassung, von der durch § 29a ZPO begründeten Zuständigkeit des AG abzuweichen, so dass die Gerichte für Arbeitssachen nicht zuständig sind2. Wenn es sich hingegen um eine Werkdienstwohnung handelt, so ist die Überlassung des Wohnraums Bestandteil des Arbeitsvertrages. Dies hat nach der sog. Übergewichtstheorie3 zur Folge, dass § 29a ZPO nicht für Werkdienstwohnungen gilt. Steht die Kündigung einer Werkdienstwohnung in unmittelbarem rechtlichem Zusammenhang mit einer Kündigungsschutzklage, so ist dafür der Rechtsweg zu den ArbG gegeben, denn § 2 Abs. 3 ArbGG erfordert nicht, dass die Haupt- und die Zusammenhangsklage im Wege der subjektiven Klagehäufung (§§ 59 ff. ZPO) in einem Rechtsstreit erhoben werden4. Zum Verfügungsgrund muss der Antragsteller vortragen und glaubhaft 55 machen, dass ihm vom Antragsgegner mittels verbotener Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB) der Besitz an dem Wohnraum entzogen worden ist. Die bloße Besitzstörung reicht nicht aus. Die Kündigung des Arbeitsvertrages und/oder des Mietvertrages5 berechtigt den Arbeitgeber nur, den Anspruch auf Räumung im Hauptsacheverfahren geltend zu machen, nicht hingegen vorläufigen Rechtsschutz zu beanspruchen, auch wenn

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Gottwald, Einstweiliger Rechtsschutz, § 939 Rz. 6. Patzina in MünchKomm/ZPO, § 29a Rz. 17. Vgl. hierzu Patzina in MünchKomm/ZPO, § 29a Rz. 18 m.w.N. LAG Nürnberg v. 16.5.1994 – 6 Ta 44/94, n.v.; vgl. weiter zu der Zuständigkeit bei Streitigkeiten über die Höhe des Mietzinses LAG Hess. v. 29.12.1997 – 16 Ta 568/97: AG; ebenso LAG Baden-Württemberg v. 25.7.1997 – 11 Ta 5/97; zur bejahten Zuständigkeit der ArbG für Ansprüche wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen s. LAG Berlin v. 14.9.1993 – 6 Ta 14/93. 5 Vgl. zur Mitbestimmung des Betriebsrates MünchArbR/Matthes, Bd. 3, § 340 Rz. 30 ff.

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F Rz. 56

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Vollstreckungsverfahren

er die Wohnung dringend für einen anderen Arbeitnehmer benötigt. In § 940a ZPO ist hierfür keine Ausnahmeregelung enthalten. 56

Im Antrag wie im Rubrum ist der Antragsgegner genau zu bezeichnen. Ebenso ist der Wohnraum, dessen Räumung konkret begehrt wird, im Antrag wie im Tenor so genau zu beschreiben, dass er identifizierbar ist, beispielsweise „die Wohnung in der X-Straße 23, 2. Stock links, bestehend aus 2 Räumen, Küche, Bad und Flur sowie Nebengelass“.

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G. Schadensersatzpflicht bei Aufhebung der einstweiligen Verfügung (§ 945 ZPO) I. Grundzüge § 945 ZPO begründet eine Risikohaftung, die weder Rechtswidrigkeit 1 noch Verschulden zur Voraussetzung hat1. Die Vorschrift trägt dem summarischen Charakter des Eilverfahrens Rechnung, der eine über das im Hauptsacheverfahren übliche Maß hinausgehende Fehleranfälligkeit begründet. Dieses Risiko soll nicht derjenige tragen müssen, der mit der Eilmaßnahme überzogen worden ist, sondern derjenige, der sie veranlasst hat. Damit kommt auch zum Ausdruck, dass das Eilverfahren gegenüber dem Hauptsacheverfahren nur eine sichernde und dienende Funktion hat und hinter den Ergebnissen des Hauptsacheverfahrens zurücktreten muss. Bei der durch Urteil ergangenen Unterlassungsverfügung mit Androhung 2 von Zwangsmaßnahmen ist der Antragsteller schon mit der Zustellung der Entscheidung von Amts wegen der Gefahr des Schadensersatzanspruchs ausgesetzt, es sei denn, er erklärt einen vorläufigen Vollstreckungsverzicht2. Eine entsprechende Anwendung von § 945 ZPO kommt nicht in Be- 3 tracht, wenn der Antrag auf Arrest oder einstweilige Verfügung zu Unrecht zurückgewiesen worden ist oder wenn die einstweilige Verfügung nicht zugestellt werden konnte3. Die Vorschrift ist im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren uneinge- 4 schränkt anwendbar. Eine Ausnahme besteht nur bei der einstweiligen Verfügung des Arbeitgebers auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht gem. § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG. Dieses Verfahren ist vom Gesetzgeber so ausgestaltet worden, dass es das Hauptsacheverfahren ersetzt. Da somit kein weiteres Verfahren stattfindet, kann auch keine Schadensersatzpflicht eintreten, die eine Entscheidung in einem dem Verfügungsverfahren nachgelagerten, nicht mehr durch die Eilbedürftigkeit gekennzeichneten Verfahren verlangt. Dem entspricht nicht das Rechtsmittel im Verfügungsverfahren4. Im Beschlussverfahren bestimmt § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG, dass § 945 5 ZPO keine Anwendung findet. Dieser Ausschluss gilt umfassend, also nicht nur, wenn der vermögenslose Betriebsrat die Eilentscheidung veranlasst hat. Auch in Angelegenheiten des Personalvertretungsgesetzes,

1 2 3 4

Drescher in MünchKomm/ZPO, § 945 Rz. 2 m.w.N. LAG Berlin v. 12.11.1997 – 6 Ta 16/97. BGH v. 19.10.1994 – I ZR 187/92; Thomas/Putzo, § 945 Rz. 6. Richardi/Thüsing, § 102 Rz. 257; a.A. KR/Etzel, § 102 BetrVG Rz. 223a.

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G Rz. 6

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Schadensersatzpflicht bei Aufhebung der einstweiligen Verfgung

des Sprecherausschussgesetzes und des Mitbestimmungsgesetzes gilt § 945 ZPO nicht1.

II. Tatbestandsvoraussetzungen 6

Die Vorschrift enthält mehrere alternativ anzuwendende Tatbestandsvoraussetzungen für das Entstehen eines Schadensersatzanspruches, die voneinander zu trennen sind und im Folgenden erläutert werden. 1. Von Anfang an ungerechtfertigte Anordnung der Eilmaßnahme

7

Ohne dass es auf die Ursache hierfür ankäme, ist eine Eilanordnung von Anfang an unwirksam i.S.v. § 945 ZPO, wenn ihre Voraussetzungen zum Zeitpunkt des Erlasses objektiv nicht vorlagen2. Dabei ist zu beachten, dass nur das rein objektive Vorliegen der Tatsachen maßgeblich ist und nicht, wie sich die Sach- und Rechtslage aufgrund des beiderseitigen Sachvortrages damals dem erkennenden Gericht dargestellt hat. Auch im Schadensersatzprozess kann daher ein neuer Sachvortrag erfolgen, und es können neue Beweismittel eingebracht werden3. Nicht ausreichend ist jedoch der spätere Eintritt von Umständen, die nunmehr die Eilmaßnahme als ungerechtfertigt erscheinen lassen. Nach verbreiteter Auffassung4 soll dies allerdings nicht gelten, wenn die anspruchsbegründende Norm später vom BVerfG für verfassungswidrig erklärt wird oder sonst eine Änderung der Rechtsprechung eintritt.

8

Die Beweislast dafür, dass die Eilmaßnahme von Anfang an gerechtfertigt war, trägt der Beklagte im Schadensersatzprozess, der die Eilentscheidung herbeigeführt hat5.

9

Die Gründe, aus denen heraus sich die einstweilige Verfügung oder der Arrest als von Anfang an ungerechtfertigt herausstellt, können unterschiedlich sein: – Lag kein Verfügungs- oder Arrestanspruch vor, so ist die Eilmaßnahme entgegen der wahren Rechtslage entstanden. Dabei ist auch unerheblich, ob etwa zum Zeitpunkt des Erlasses eine anders lautende ständige Rechtsprechung existierte. Auch wenn sich der Antragsgegner nachträglich auf den Einwand der Verjährung beruft oder ein Gestaltungsrecht ausübt, das den Verfügungs- oder Arrestanspruch zu Fall bringt, ist § 945 ZPO anwendbar, sofern die Voraussetzungen zur Aus1 2 3 4

Drescher in MünchKomm/ZPO, § 945 Rz. 34. BGH v. 28.11.1991 – I ZR 297/89. BGH v. 28.11.1991 – I ZR 297/89. OLG Düsseldorf v. 5.3.1987 – 2 U 268/86; für den Fall, dass das Hauptsacheverfahren noch nicht beendet war, KG v. 14.10.1986 – 5 U 4035/85; Wieczorek/ Schütze/Thümmel, § 945 Rz. 14. 5 BGH v. 28.11.1991 – I ZR 297/89.

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Tatbestandsvoraussetzungen

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Rz. 11

G

übung dieser Rechte schon bei Erlass der Eilanordnung bestanden haben1. – Nach der h.M. ist auch dann ein Schadensersatzanspruch gem. § 945 ZPO gegeben, wenn zwar ein Verfügungsanspruch, aber kein Verfügungsgrund vorlag2. Bei der Einschätzung, ob zu besorgen ist, dass ohne die Eilmaßnahme ein Rechtsverlust droht, ist ein subjektives Element nicht auszuschließen. Das Bestehen dieser Besorgnis wird im Schadensersatzprozess vom Standpunkt des objektiven Beobachters geprüft3. – Kein Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO ist gegeben, wenn das Gericht die Eilmaßnahme unter Verkennung des Vorliegens einer Sachurteilsvoraussetzung erlassen hat4. – Auch wenn lediglich die Glaubhaftmachung fehlte, kommt § 945 ZPO nicht zur Anwendung5. 2. Bindung an Vorentscheidungen a) Entscheidung in der Hauptsache Das Gericht ist im Schadensersatzprozess an ein rechtskräftiges Urteil in 10 der Hauptsache gebunden, soweit dieses über den Arrest- oder Verfügungsanspruch befunden hat6. Das folgt aus der materiellen Rechtskraft dieses Urteils und lässt sich nicht auf den Verfügungsgrund übertragen, über den im Hauptsacheverfahren gar nicht entschieden wird. Es darf also im Schadensersatzprozess keine eigenständige Prüfung über das Bestehen eines Anordnungsgrundes vorgenommen werden. Dies gilt auch dann, wenn die das Urteil in der Hauptsache tragende Norm nach rechtskräftigem Abschluss für verfassungswidrig erklärt wurde. Die Bindungswirkung entfällt jedoch, wenn lediglich ein Prozessurteil ergangen ist7. Gleiches gilt für ein Verzichtsurteil, das keine Gründe enthält8. b) Entscheidung des Arrestgerichts Eine Bindung an die rechtskräftige Entscheidung im Eilverfahren besteht 11 nach der inzwischen wohl h.M. nicht. Dies folgt bereits aus der dienenden Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes, die es ausschließt, dass dort getroffene Entscheidungen der mit einer weit höheren Richtigkeits-

1 2 3 4 5 6

Gottwald, Einstweiliger Rechtsschutz, § 945 Rz. 7; Walker, Rz. 443 f. Zöller/Vollkommer, § 945 Rz. 8; a.A. Walker in Schuschke/Walker, § 945 Rz. 9. Zöller/Vollkommer, § 945 Rz. 8. OLG Karlsruhe v. 9.11.1983 – 6 U 252/82. BGH v. 28.11.1991 – I ZR 297/89. Allg. M., BGH v. 28.11.1991 – I ZR 297/89; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 945 Rz. 16 m.w.N. 7 Gottwald, Einstweiliger Rechtsschutz, § 945 Rz. 12. 8 OLG München v. 22.6.1995 – 6 U 5624/94.

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G Rz. 12

KRA3_Inhalt.3d

Schadensersatzpflicht bei Aufhebung der einstweiligen Verfgung

gewähr getroffenen Entscheidung in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren vorgehen1. 3. Aufhebung der Eilentscheidung gem. § 926 Abs. 2 oder § 942 Abs. 3 ZPO 12

Die zweite Möglichkeit der Begründung eines Schadensersatzanspruches gem. § 945 ZPO besteht darin, dass die Eilentscheidung gem. § 926 Abs. 2 oder § 942 Abs. 3 ZPO aufgehoben worden ist. Hier ist der Ausgangspunkt nicht die materielle Rechtslage, sondern allein der Formalakt der Aufhebung. Dementsprechend ist das Gericht des Schadensersatzanspruches an die Entscheidung im Eilverfahren gebunden, weil das Gesetz es ausnahmsweise so angeordnet hat2. Somit kann ein Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO auch dann bestehen, wenn im Hauptsacheverfahren rechtskräftig das Bestehen des Arrest- oder Verfügungsanspruches festgestellt wurde3. Dies ist auch folgerichtig, denn der Gläubiger hatte es in der Hand, durch die rechtzeitige Erhebung der Hauptsacheklage bzw. den Antrag auf Ladung im Rechtfertigungsverfahren dieses Ergebnis zu vermeiden. Das Gesetz knüpft die Sanktion ausschließlich an dieses Versäumnis des Gläubigers ohne Rücksicht auf die materielle Rechtslage. In Betracht kommt aber eine Aufrechnung mit materiell-rechtlichen Ansprüchen. 4. Aufhebung wegen Nichteinhaltung der Vollziehungsfrist gem. § 929 Abs. 2 ZPO

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Der Fall, dass die Eilentscheidung gem. § 927 ZPO aufgehoben wird, weil der Gläubiger die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO nicht eingehalten hat, wird in § 945 ZPO nicht erwähnt. Nach der h.M. scheidet auch eine entsprechende Anwendung aus4. 5. Gläubiger des Schadensersatzanspruches

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Grundsätzlich kann derjenige im eigenen Namen den Schadensersatzanspruch geltend machen, der mit der Eilmaßnahme überzogen worden ist. Unter den Voraussetzungen der §§ 844 Abs. 2, 845 BGB können auch 1 Zöller/Vollkommer, § 945 Fn. 9; Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 945 Rz. 17; Drescher in MünchKomm/ZPO, § 945 Rz. 27 ff.; mit ausführlicher Begründung bei Grunsky in Stein/Jonas, § 945 Rz. 32; Walker, Rz. 464; vgl. aber OLG Frankfurt v. 7.5.2009 – 6 U 185/07, Einwand zulässig, dass das ausgesprochene Verbot aus anderen als den die einstweilige Verfügung tragenden Gründen gerechtfertigt gewesen sei. 2 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 945 Rz. 30. 3 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 945 Rz. 30; a.A. Schuschke in Schuschke/Walker, § 945 Rz. 21, der auf die materielle Rechtslage abstellt und die Vermutung des § 626 ZPO durch das Hauptsacheverfahren für widerlegbar hält. 4 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 945 Rz. 31; Walker, Rz. 469 m.w.N.; a.A. Grunsky in Stein/Jonas, § 945 Rz. 34.

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Tatbestandsvoraussetzungen

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Rz. 18

G

Dritte einen Schadensersatzanspruch geltend machen, wenn die Arrestvollziehung zu einem Gesundheitsschaden des Schuldners geführt hat1. Wird bei der Vollziehung der Eilmaßnahme in das Eigentum eines Drit- 15 ten eingegriffen, so kann er den Schaden nicht gem. § 945 ZPO geltend machen, da diese Vollstreckungsgefahr nicht spezifisch für den Vollzug von Eilentscheidungen ist2. Dem geschädigten Dritten bleibt es aber unbenommen, seinen Anspruch mit den Grundsätzen des allgemeinen Deliktsrechts zu begründen3. 6. Umfang und Inhalt des Schadensersatzanspruchs Von dieser Vorschrift umfasst ist grundsätzlich nur der aus der Vollzie- 16 hung der Eilentscheidung adäquat kausal entstandene Schaden und nicht bereits der, der durch die bloße Anordnung der Maßnahme entstanden ist, wie etwa die Verfahrenskosten4. Dieser kann aber nach allgemeinem Deliktsrecht erstattungsfähig sein. Allerdings ist bereits die Einleitung der Vollziehungsmaßnahme ausreichend, sie muss nicht beendet worden sein5. Der bloße Antrag auf die Durchführung von Vollziehungsmaßnahmen reicht hier, anders als bei § 929 Abs. 2 ZPO, nicht aus6. Bei Unterlassungsverfügungen reicht bereits die Zustellung im Partei- 17 betrieb zur Begründung von Schadensersatzansprüchen aus7. Dies gilt auch bei der Urteilszustellung von Amts wegen, wenn darin bereits die Androhung von Zwangsmitteln enthalten ist8, nicht hingegen, wenn diese fehlen9. Zum Schaden bei Befriedigungsverfügungen gehören nicht nur Sicher- 18 heitsleistungen, sondern auch Erfüllungshandlungen, die der Schuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung vornimmt. Dies wird teilweise auch angenommen, wenn der Schuldner bei Sicherungsanordnungen etwa die Sache an den Sequester herausgibt10. Nicht ersatzfähig ist jedoch der Schaden, der durch die Erfüllung eintritt, um den befürchteten Eilantrag abzuwenden. Auch wenn im Eilverfahren ein Vergleich abgeschlossen wurde, kommt § 945 ZPO nicht zur Anwendung, wenn sich später herausstellt, dass der Eilantrag unbegründet war11. 1 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 945 Rz. 15. 2 BGH v. 25.11.1993 – IX ZR 33/92; Grunsky in Stein/Jonas, § 945 Rz. 13; a.A. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 945 Rz. 15. 3 Gottwald, Einstweiliger Rechtsschutz, § 945 Rz. 20. 4 Drescher in MünchKomm/ZPO, § 945 Rz. 10; a.A. Grunsky in Stein/Jonas, § 945 Rz. 6. 5 BGH v. 13.4.1989 – IX 148/88. 6 Walker, Rz. 31. 7 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 945 Rz. 21. 8 BGH v. 22.1.2009 – I ZB 115/07; LAG Berlin v. 12.11.1997 – 6 Ta 16/97. 9 BGH v. 22.10.1992 – IX ZR 36/92. 10 Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 945 Rz. 20. 11 Grunsky in Stein/Jonas, § 945 Rz. 3.

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G Rz. 19

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Schadensersatzpflicht bei Aufhebung der einstweiligen Verfgung

19

Ein gegen den Schuldner gem. § 890 ZPO festgesetztes Ordnungsgeld gehört nicht zum ersatzfähigen Schaden, da dies die kausale Folge nicht der Verbotsverfügung, sondern des Verstoßes hiergegen darstellt1.

19a

Wenn sich eine erlassene einstweilige Verfügung als teils gerechtfertigt, aber auch teils unbegründet erweist, kann der Schuldner nur Ersatz der Nachteile verlangen, die ihm erwachsen sind, weil er die einstweilige Verfügung – auch – in ihrem rechtswidrigen Teil befolgt hat2.

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Die Durchsetzung eines betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruchs führt nicht zu einem Schadensersatzanspruch, da § 102 Abs. 5 BetrVG das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens anordnet3. Hat der Arbeitnehmer jedoch einen allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch durch eine einstweilige Verfügung durchgesetzt, kommt § 945 ZPO zur Anwendung. Problematisch dürfte hierbei allerdings die Ermittlung der Schadenshöhe sein, da der Arbeitgeber die Arbeitsleistung erhalten hat.

21

Problematisch ist die Frage, ob auch die einstweilige Verfügung, mit der der Arbeitgeber von der betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungspflicht entbunden wird, den Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO auslöst. Dagegen spricht einerseits, dass die Regelung des § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG sich darin erschöpft, über den Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers während des Kündigungsschutzprozesses zu befinden4. Andererseits bedeutet diese Beschränkung des Gesetzgebers auch nicht zwingend, dass eine Überprüfung der Eilentscheidung ausgeschlossen ist. Wenn sie schon nicht in einem Hauptsacheverfahren stattfinden kann, ist damit noch nichts über eine mögliche Schadensersatzpflicht ausgesagt5. Ein Schadensersatzanspruch scheidet aber m.E. bereits deswegen aus, weil gem. § 945 ZPO nur der Vollziehungsschaden, nicht aber der Anordnungsschaden ersetzt werden muss. Die Befreiung von der Weiterbeschäftigungspflicht bedarf nicht nur keiner Vollziehung, sie ist einer solchen gar nicht zugänglich. Vielmehr handelt es sich um eine Gestaltungsverfügung, die die Rechtslage mit ihrem Ausspruch verändert.

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Für die Höhe des Schadens ist der Kläger darlegungs- und beweispflichtig6. In geeigneten Fällen kommt auch eine Schätzung gem. § 287 ZPO in Betracht. 1 2 3 4

Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 945 Rz. 22. OLG Naumburg v. 23.9.2008 – 9 U 41/08. Drescher in MünchKomm/ZPO, § 945 Rz. 35. So BAG v. 31.8.1978 – 3 AZR 987/77, ohne dies abschließend zu entscheiden, kritisch hierzu Grunsky in der Anmerkung zu diesem Urteil in AP BetrVG § 102 Nr. 1 Weiterbeschäftigung. 5 So Grunsky in der Anmerkung zu BAG AP BetrVG § 102 Nr. 1 Weiterbeschäftigung. 6 S. im Einzelnen Zöller/Vollkommer, § 945 Rz. 14.

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Verfahren

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Rz. 27

G

Ein Mitverschulden ist grundsätzlich zu berücksichtigen. Dies kann da- 23 rin liegen, dass der Gläubiger zur Einleitung des Eilverfahrens und zur Vollziehung der Maßnahme Anlass gegeben hat, in dem er in vorwerfbarer Weise den Anschein einer Arrestgefahr oder eines Verfügungsgrundes hervorgerufen hat. Hier sind allerdings sehr strenge Anforderungen zu stellen1. Auch kommt ein Verstoß gegen die Pflicht, auf das Entstehen eines ungewöhnlich hohen Schadens hinzuweisen, in Betracht2. 7. Verjährung Der Anspruch nach § 945 ZPO verjährt gem. § 199 Abs. 3 BGB in zehn 24 Jahren3. Die Frist beginnt mit dem Ablauf des Jahres (§ 199 Abs. 1 BGB), in dem der Eilantrag rechtskräftig abgewiesen oder aufgehoben4 wurde oder das Hauptsacheverfahren rechtskräftig abgeschlossen wurde5.

III. Verfahren Der Schadensersatzanspruch ist im Bereich des Arbeitsrechts im Urteils- 25 verfahren geltend zu machen. Dabei ist für die Rechtswegzuständigkeit unerheblich, welches Gericht die Eilmaßnahme erlassen hat. Entscheidend ist, ob der Schadensersatzanspruch in den Zuständigkeitskatalog der §§ 2, 3 ArbGG fällt6, was wiederum davon abhängt, welchen Charakter der durch das Eilverfahren zu sichernde Anspruch hat. Schadensersatzansprüche können auch durch Aufrechnung oder die Er- 26 hebung einer Widerklage im Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden7, grundsätzlich nicht hingegen im Eilverfahren selbst; nur bei Geldleistungsverfügungen könnte man die Entscheidung über den der Höhe nach unstreitigen Rückgewähranspruch auch im Widerspruchsverfahren für zulässig halten8. Der Schadensersatzanspruch kann seinerseits durch Arrest und einstweilige Verfügung gesichert werden9. Berühmt sich der Antragsgegner eines Schadensersatzanspruches, ohne 27 ihn rechtshängig zu machen, kommt für den Antragsteller die negative Feststellungsklage in Betracht10.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Grunsky in Stein/Jonas, § 945 Rz. 9. Wieczorek/Schütze/Thümmel, § 945 Rz. 23 m.w.N. Thomas/Putzo, § 945 Rz. 16. Vgl. BGH v. 26.3.1992 – IX 108/91. BGH v. 12.11.1992 – IX ZR 8/92. Grunsky in Stein/Jonas, § 945 Rz. 9. Gottwald, Einstweiliger Rechtsschutz, § 945 Rz. 34. So Zöller/Vollkommer, § 945 Rz. 7. Zöller/Vollkommer, § 945 Rz. 7. BGH v. 7.7.1994 – I ZR 63/92.

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H. Der vorläufige Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht I. Allgemeines 1

Gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung auch im Beschlussverfahren zulässig. Dies gilt auch in personalvertretungsrechtlichen Streitigkeiten vor dem VG (s. dazu im Einzelnen L Rz. 7). Das BetrVG findet gem. § 24 Abs. 2 Satz 1 PostPersRG auch Anwendung auf die bei der Deutschen Post AG beschäftigten Beamten1. Dabei ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gem. § 87 BetrVG für die dort beschäftigten Beamten nicht eingeschränkt, sofern für diese keine abschließende gesetzliche Regelung besteht2. Im Beschlussverfahren kommt auch die Verhängung eines Arrestes in Betracht. Zwar wird dies im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt, jedoch hat die Vorschrift nur eine klarstellende Funktion, da die Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung im Beschlussverfahren früher streitig war3. Es sind keine Umstände ersichtlich, aus denen heraus die Verhängung eines Arrestes im Beschlussverfahren nicht zulässig wäre4. Somit können durch Arrest, der gemäß den Regelungen der §§ 916 ff. ZPO zu behandeln ist, im Beschlussverfahren geltend zu machende Geldforderungen gesichert werden, z.B. die Kostenerstattungsansprüche betriebsverfassungsrechtlicher Organe oder ihrer Mitglieder gegen den Arbeitgeber5.

2

Grundsätzlich richtet sich die Behandlung von Arrest und einstweiliger Verfügung im Beschlussverfahren nach den bereits zitierten Vorschriften des Achten Buches der ZPO. Auch hier bedarf es eines Verfügungsanspruches und eines Verfügungsgrundes, die Eilentscheidung ist nur zur Abwendung wesentlicher Nachteile zulässig. Dabei ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Es kommt insoweit darauf an, ob die glaubhaft gemachten Gesamtumstände es in Abwägung der beiderseitigen Belange zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich erscheinen lassen, eine sofortige Regelung zu treffen. Bei dieser Abwägung können die Anforderungen an den Verfügungsgrund umso geringer sein, desto schwerer und offenkundiger die bestehende Rechtsverletzung sich darstellt6. Bei einer schwierigen und ungeklärten Rechtsfrage ist Zurückhaltung geboten, auf ungeklärter Rechtsgrundlage im Eilverfahren

1 ArbG Hannover v. 22.6.1995 – 11 BVGa 2/95. 2 Vgl. GMP/Matthes/Spinner, § 85 Rz. 29 unter Hinweis auf die einschränkende Entscheidung des BVerwG v. 27.7.1990 – 6 PB 12/89; allgemein zum vorläufigen Rechtsschutz im Personalvertretungsrecht s. L Rz. 7 ff. 3 Vgl. Walker, Rz. 763. 4 Allg. M., s. nur GMP/Matthes/Spinner, § 85 Rz. 28. 5 Hauck in Hauck/Helml, ArbGG, § 85 Rz. 8 m.w.N. 6 LAG Köln v. 20.5.2009 – 8 TaBVGa 3/09; s. weiter LAG Hamm v. 21.5.2008 – 10 TaBVGa 5/08.

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Anwendbare Verfahrensvorschriften

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Rz. 3

H

die Hauptsache vorwegzunehmen1. Ein Verfügungsgrund besteht nicht, wenn es dem Betriebsrat selbst in zumutbarer Weise möglich ist, bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Gefahr des Eintritts gravierender Nachteile oder ähnlich erheblicher Folgen zu verringern, wenn nicht sogar abzuwenden2. Der Verfügungsgrund kann durch den Antragsteller selbst widerlegt werden, wenn der Betriebsrat nach Eintritt der Gefährdungslage mit dem Antrag einen Monat oder länger zuwartet oder das Verfahren nicht zügig betreibt3. § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG normiert ansonsten gewisse Modifikationen. Vom Verfahren her gelten die Vorschriften des ArbGG über das Beschlussverfahren (§§ 80 ff.). Diese enthalten teilweise gravierende Abweichungen zum Urteilsverfahren.

II. Anwendbare Verfahrensvorschriften Gemäß § 2a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 ArbGG ist das arbeitsgerichtliche 3 Beschlussverfahren für Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz die einschlägige Verfahrensart. Hierzu gehören jedenfalls Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, die ihren Ursprung im Betriebsverfassungsrecht haben. Weiter ist das Beschlussverfahren durchzuführen in Angelegenheiten aus dem Sprecherausschussgesetz (§ 2a Abs. 1 Nr. 2 ArbGG), den in § 2a Abs. 1 Nr. 3 ArbGG genannten Angelegenheiten aus dem Mitbestimmungsrecht sowie dann, wenn über Tariffähigkeit oder die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung zu entscheiden ist (§ 2a Abs. 1 Nr. 4). Das Gericht entscheidet von Amts wegen, ob die gewählte Verfahrensart zulässig ist. Hält das Gericht das Urteilsverfahren für einschlägig, so muss es den Rechtsstreit in dieses Verfahren verweisen. Dies gilt auch im Eilverfahren. Die Eilbedürftigkeit rechtfertigt es nicht, in einer falschen Verfahrensart zu entscheiden. Es gelten somit die Grundzüge, die bereits zur Rechtswegverweisung dargelegt worden sind (D Rz. 53). Gemäß § 80 Abs. 2 ArbGG gelten für das Beschlussverfahren bestimmte Vorschriften des arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahrens. Jedoch erfolgt keine allgemeine Verweisung auf die Vorschriften der ZPO. Allerdings baut das Beschlussverfahren insgesamt auf den Regelungen auf, die die ZPO für das Urteilsverfahren enthält. Dabei ist zu beachten, dass die besonderen prozessualen Regelungen der §§ 80 ff. ArbGG lückenhaft sind und wesentliche Fragen ungeregelt lassen. Diese sind daher durch einen Rückgriff auf die ZPO zu schließen4. Daraus folgt auch die Anwendbarkeit von § 926 ZPO. Der Arbeitgeber kann daher im Ver-

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Hess. LAG v. 7.8.2008 – 9 TaBVGa 188/08. LAG Rh.-Pf. v. 19.8.2008 – 3 TaBVGa 1/08. ArbG Mannheim v. 29.7.2008 – 8 BVGa 2/08. GMP/Matthes/Spinner, § 80 Rz. 42; zum Verhältnis von Urteils- und Beschlussverfahren vgl. Schlochauer in: Die Arbeitsgerichtsbarkeit, Festschrift zum 100-jährigen Bestehen des Arbeitsgerichtsverbandes, 1994, 373, 383 ff.

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H Rz. 4

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Der vorlufige Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

fügungsverfahren nicht einwenden, dass der Betriebsrat das Hauptsacheverfahren nicht eingeleitet hat, wenn kein Antrag nach § 926 ZPO gestellt wurde, ihm dessen Einleitung binnen einer bestimmten Frist aufzuerlegen1. 4

Zu den wesentlichen Besonderheiten des Beschlussverfahrens gehört der nach § 83 Abs. 1 ArbGG anwendbare Amtsermittlungsgrundsatz, der auch im Eilverfahren gilt. Das Gericht ist daher grundsätzlich selbst dafür verantwortlich, dass seine Entscheidung auf einem zutreffenden und vollständigen Sachverhalt beruht. Das Gericht ist auch im Beschlussverfahren insoweit an die Anträge der Beteiligten gebunden, als es um das Rechtsschutzziel geht. Die konkrete Maßnahme kann das Gericht gem. § 938 ZPO nach eigenem Ermessen bestimmen. Daher ist auch eine Regelungsverfügung auf Unterlassung einer bestimmten Maßnahme zulässig, wenn kein materiell-rechtlicher Unterlassungsanspruch besteht2. Macht somit der Betriebsrat Unterlassungsansprüche geltend, die auf eine bestimmte Vorschrift gestützt sind, so ist es dem Gericht verwehrt, von sich aus Ermittlungen darüber anzustellen, ob nicht vielleicht andere Mitbestimmungsrechte gleichfalls verletzt sein könnten. Geht es dem Betriebsrat vom Rechtsschutzziel her um die Durchsetzung des Beratungsanspruchs gem. §§ 111 f. BetrVG, kann aber auch die vorläufige Untersagung der Betriebsänderung tenoriert werden3. Auch entbindet der Untersuchungsgrundsatz die Parteien nicht von der Pflicht, einen umfassenden Sachvortrag zu unterbreiten. Dieser muss so präzise sein, dass die Gegenseite sich hiermit sachlich auseinander setzen kann. Somit besteht auch im arbeitsrechtlichen Beschlussverfahren eine Darlegungslast4. Das Gericht kann also negative Schlüsse für einen Beteiligten ziehen, wenn er die notwendige Mitwirkungshandlung verweigert. Allerdings ist es bei einem lückenhaften Sachvortrag mehr als im Urteilsverfahren gehalten, auf eine Vervollständigung desselben zu drängen.

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Wesentlich ist, dass das Gericht im Beschlussverfahren an Geständnisse nicht gebunden ist und dass das Nichtbestreiten einer Behauptung nicht dazu führt, dass die behauptete Tatsache unstreitig und somit der Entscheidung zugrunde zu legen ist. § 138 Abs. 3 ZPO kann im Beschlussverfahren keine Geltung beanspruchen. Es bedarf jedoch in der Regel keiner Beweisaufnahme, wenn der Sachverhalt von den Beteiligten übereinstimmend vorgetragen worden ist oder das substantiierte Vorbringen eines Beteiligten von dem anderen nicht bestritten wird und sich keine Zweifel an seiner Richtigkeit aufdrängen5. Das Nichterscheinen eines Beteiligten im Anhörungstermin gilt nicht als Zugeständnis des gegneri-

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LAG Rh.-Pf. v. 24.9.2009 – 10 SaGa 9/09. Str.; wie hier ErfK/Koch, § 85 ArbGG Rz. 4; zu den Einzelheiten s. K Rz. 147. Str.; s. hierzu im Einzelnen K Rz. 147. Vgl. BAG v. 26.7.1989 – 7 ABR 64/88. Vgl. BAG v. 10.12.1992 – 2 ABR 32/92.

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Beteiligte am Beschlussverfahren

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schen Sachvortrages entsprechend § 331 Abs. 1 ZPO1. Im Beschlussverfahren kann auch keine Säumnisentscheidung ergehen. Vielmehr hat das Gericht auch in diesem Fall den Sachverhalt entsprechend dem Amtsermittlungsgrundsatz aufzuklären, und zwar erforderlichenfalls auch zugunsten des Säumigen. Die einzige prozessuale Konsequenz der Säumnis ist gem. § 83 Abs. 4 Satz 2 ArbGG, dass der Pflicht zur Anhörung genügt ist. Der nicht erschienene Beteiligte bringt sich somit lediglich um die Gelegenheit, seine Sicht der Dinge im Rahmen eines Anhörungstermins darzustellen. Eine Zurückweisung wegen verspäteten Sachvortrages kommt unter den Voraussetzungen des § 83 Abs. 1a Satz 2 ArbGG in Betracht. Diese Vorschrift setzt allerdings nicht den Amtsermittlungsgrundsatz außer Kraft. Es kann daher nur solches Vorbringen zurückgewiesen werden, von dem das Gericht nicht vorher durch andere Erkenntnisquellen erfahren haben könnte2. Das Gericht darf im Beschlussverfahren von Amts wegen Beweise erhe- 6 ben, ohne dass es eines diesbezüglichen Beweisantrages bedarf3. Dies bedeutet jedoch nicht im Umkehrschluss, dass das Gericht Beweisangebote übergehen dürfte. Vielmehr muss es auch im Beschlussverfahren angebotene Beweise erheben, wenn die Wahrheit einer entscheidungserheblichen Tatsache nicht feststeht4. Es muss allerdings sowohl das Beweisthema als auch das Beweismittel bezeichnet sein5. Es gibt wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes keine Darlegungslast, 7 wohl aber eine Feststellungslast, nach der entschieden wird, zu wessen Lasten die Unaufklärbarkeit bestimmter Sachverhalte geht. Diese hängt von den jeweiligen Anspruchs- oder Rechtsgrundlagen ab6.

III. Beteiligte am Beschlussverfahren Im Beschlussverfahren spricht man nicht von Parteien, sondern von Be- 8 teiligten. Dabei deckt sich die Beteiligungsfähigkeit im Wesentlichen mit der Parteifähigkeit im Urteilsverfahren7. § 10 BetrVG erweitert die Beteiligtenfähigkeit jedoch um die dort genannten Personen, Stellen, Vereinigungen und Behörden. Die Sachentscheidungsvoraussetzung der Beteiligtenfähigkeit besagt je- 9 doch noch nichts darüber, ob eine bestimmte Person oder Institution an dem konkreten Beschlussverfahren zu beteiligen ist. Hier besteht die Be1 GMP/Matthes/Spinner, § 83 Rz. 92. 2 Vgl. ErfK/Koch, § 83 ArbGG Rz. 3. 3 Vgl. LAG München 26.8.1992 – 5 TaBV 43/92: Gericht muss selbst untersuchen, ob beweisbedürftige entscheidungserhebliche Tatsachen vorliegen. 4 BAG v. 25.9.1986 – 6 ABR 68/84; GMP/Matthes/Spinner, § 83 Rz. 101 f. 5 BAG v. 25.3.1992 – 7 ABR 65/90. 6 ErfK/Koch, § 83 ArbGG Rz. 5. 7 GMP/Matthes/Schlewing, § 10 Rz. 1.

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sonderheit, dass das Gericht von Amts wegen zu ermitteln hat, wer Beteiligter des Verfahrens ist1. Es ist also nicht an die Angaben des Antragstellers gebunden. Die übrigen Beteiligten sind von Amts wegen am Verfahren zu beteiligen. Der Antrag muss ihnen zugestellt, ihnen muss rechtliches Gehör gewährt und sie müssen zum Termin geladen werden. Die gerichtliche Entscheidung ist ihnen zuzustellen2. Durch diese Entscheidungsbefugnis des Gerichts kann die Anzahl der Beteiligten nicht nur erweitert, sondern auch vermindert werden. Hat der Antragsteller fehlerhaft Personen oder Institutionen als Beteiligte benannt, die nach materiellem Recht nicht zu beteiligen sind, so scheiden diese ohne förmliche Entscheidung tatsächlich aus dem Verfahren aus3. Zulässig ist auch ein Zwischenbeschluss gem. § 303 ZPO. 10

Die Frage, wer neben dem notwendigerweise immer beteiligten Antragsteller übriger Beteiligter i.S.v. § 83 Abs. 3 ArbGG ist, muss nach materiellem Recht beantwortet werden. Es kommt darauf an, welche Personen oder Institutionen durch die beantragte Entscheidung unmittelbar in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung betroffen sind4.

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Dabei ist zu beachten, dass bloße rechtliche Interessen oder individualrechtliche Positionen nicht ausreichen5. Die Beteiligtenstellung kann sich im Laufe des Verfahrens ändern und ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachten, auch in der Rechtsmittelinstanz6. Zu beteiligen ist jedoch stets der Arbeitgeber7. Dies gilt auch bei Streitigkeiten betriebsverfassungsrechtlicher Organe untereinander, da jedenfalls eine mittelbare Betroffenheit des Arbeitgebers vorliegt8.

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Dem Antragsteller muss eine Antragsbefugnis zustehen, welche der Prozessführungsbefugnis im Zivilprozess entspricht. Er muss geltend machen, eine eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition zu besitzen. Dabei ist es ausreichend, wenn er behauptet, Träger dieses Rechts zu sein, und dies nach dem Inhalt der maßgeblichen Norm des BetrVG zumindest möglich ist. Ob die Rechtsposition tatsächlich besteht, ist erst im Rahmen der Prüfung der Begründetheit zu erörtern. Besondere Sorgfalt bei der Prüfung der Antragsbefugnis ist dann erforderlich, wenn mit dem Antrag auf die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung eingewirkt werden soll, wie etwa durch die Bestellung eines Wahlvorstandes oder die Auflösung des Betriebsrates nach § 23 Abs. 1 BetrVG. Diese muss sich unmittelbar aus dem materiellen Recht ergeben.

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BAG v. 26.11.1968 – 1 ABR 7/68; GMP/Matthes/Spinner, § 83 Rz. 17. Vgl. GMP/Matthes/Spinner, § 83 Rz. 18 ff. m.w.N. Vgl. BAG v. 31.5.1983 – 1 ABR 57/80. BAG v. 13.3.1984 – 1 ABR 49/82 und v. 29.8.1985 – 6 ABR 63/82. GMP/Matthes/Spinner, § 83 Rz. 13. BAG v. 28.9.1988 – 1 ABR 37/87 und v. 18.10.1988 – 1 ABR 31/87 Z. BAG v. 19.2.1975 – 1 ABR 55/73. Weth in Schwab/Weth, § 83 Rz. 60; a.A. GMP/Matthes/Spinner, § 83 Rz. 38.

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Betriebsratsbeschluss

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Im Beschlussverfahren ist auch eine Prozessstandschaft möglich (etwa 13 gem. § 23 Abs. 3 BetrVG für eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft). Auch eine gewillkürte Prozessstandschaft kann zulässig sein, wenn etwa der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat vom Betriebsrat ermächtigt wurde, für ihn eine bestimmte Angelegenheit zu regeln1. Allerdings darf der Betriebsrat nicht individualrechtliche Ansprüche einzelner Arbeitnehmer als Prozessstandschafter geltend machen, und zwar auch dann nicht, wenn sie auf einer Betriebsvereinbarung wie etwa einem Sozialplan beruhen2.

IV. Betriebsratsbeschluss Bei der gerichtlichen Geltendmachung derartiger Ansprüche sind formale 14 Hürden zu nehmen. Fehlt die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats, ist der Antrag als unzulässig abzuweisen3, es sei denn, der Betriebsrat genehmigt die vorgenommene Einleitung des Verfahrens, was bis zu einer diesbezüglichen Prozessentscheidung – auch in der Rechtsmittelinstanz – noch erfolgen kann4. Dies stellt auch den Anspruch auf Freistellung von den Anwaltskosten in Frage5. Nach der neueren Rechtsprechung des BAG reicht es zur Heilung eines Verfahrensmangels i.S.v. § 29 BetrVG aus, dass alle Betriebsratsmitglieder einschließlich erforderlicher Ersatzmitglieder rechtzeitig zur Sitzung geladen worden sind und die beschlussfähig Erschienenen in dieser Sitzung eine Ergänzung oder Erstellung der Tagesordnung beschließen. Nach Auffassung des 7. Senats spricht vieles dafür, dass nicht jeder Verstoß gegen die formellen Anforderungen einer Betriebsratssitzung die Unwirksamkeit der darin gefassten Beschlüsse zur Folge hat, sondern dass nur schwerwiegende, von der Rechtsordnung nicht hinnehmbare Fehler dazu führen6. Prozessual führt dies dazu, dass der Arbeitgeber meist eine solche Beschlussfassung bestreitet. Hier dürfte auch ein Bestreiten des Arbeitgebers mit Nichtwissen zulässig sein, denn die Einzelheiten der Beschlussfassung sind regelmäßig nicht Gegenstand der eigenen Wahrnehmung des Arbeitgebers oder seines Personalverantwortlichen. Selbst wenn dem Arbeitgeber z.B. eine Ablichtung des Protokolls der Betriebsratssitzung übermittelt wird, bleibt das Bestreiten mit Nichtwissen zulässig, denn er hat weiterhin nicht aus eigener Wahrnehmung Kenntnisse über den Verfahrensablauf im Einzelnen. Dies betrifft zum einen die Vorbereitung der Sitzung, ins1 Vgl. BAG v. 6.4.1976 – 1 ABR 27/74. 2 BAG v. 17.10.1989 – 1 ABR 75/88. 3 Ständige Rechtsprechung des BAG, s. nur Beschlüsse vom 1.10.1991 – 1 ABR 81/90; v. 29.4.2004 – 1 ABR 30/02 unter II.1a) aa) der Gründe. 4 BAG v. 16.11.2005 – 7 ABR 12/05. 5 LAG Rh.-Pf. v. 18.3.2004 – 4 TaBV 2003/03 und 2007/03; s. LAG Köln v. 14.7.1995 – 4 TaBV 40/95 zur Eilkompetenz des BR-Vorsitzenden, einen Rechtsanwalt zu beauftragen. 6 BAG v. 22.1.2014 – 7 AS 6/13.

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besondere die Frage, welche Betriebsratsmitglieder heranzuziehen waren und wie diese geladen wurden, und zum anderen den Ablauf der Sitzung im Einzelnen. Der Umstand, dass im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren der Untersuchungsgrundsatz gilt, entlastet den Betriebsrat nicht von seiner prozessualen Verpflichtung, die in seinem Einflussbereich liegenden Verfahrensabläufe so substantiiert darzustellen, dass sie einer Beweiserhebung zugänglich sind1. Die Betriebsratsseite hat also, ggf. nach einer entsprechenden Auflage des Gerichts, darzulegen, dass die Mitglieder des Betriebsrats gem. § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung geladen worden sind2 und sich der Betriebsrat aufgrund einer ordnungsgemäßen Ladung als Gremium mit der Sache befasst und durch Abstimmung eine einheitliche Willensbildung herbeigeführt hat3. Dies muss so rechtzeitig erfolgen, dass das Gericht den Sachvortrag und die Mittel der Glaubhaftmachung der Entscheidungsfindung noch ohne Verzögerung des Verfahrens zugrunde legen kann. Ansonsten ist der Antrag als unzulässig abzuweisen4. 15

Wesentlich dabei ist zum einen, dass die Einladung einen entsprechenden, hinreichend klar formulierten Tagesordnungspunkt ausweist und der in der Sitzung gefasste Beschluss so formuliert ist, dass er den im Beschlussverfahren gestellten Antrag umfasst. Aus dem Beschluss muss also hervorgehen, dass der Arbeitgeber auf gerichtlichem Wege zur Beachtung und Durchführung der Betriebsvereinbarung gezwungen werden soll5.

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Dabei kann sich der Betriebsrat zunächst darauf beschränken, den äußeren Geschehensablauf darzustellen. Erst wenn die Arbeitgeberseite bestimmte Punkte im Einzelnen bestreitet, etwa die Berechtigung eines Ersatzmitgliedes, an der Sitzung teilzunehmen, muss ergänzend hierzu vorgetragen werden.

V. Anträge 17

Auch im Beschlussverfahren muss ein bestimmter Antrag gestellt werden, um die begehrte Leistung genau abzugrenzen. Gerade im Eilverfahren ist besonders auf eine präzise Antragstellung zu achten, da häufig keine Gelegenheit zur Nachbesserung vorhanden sein wird und ein unzulänglich formulierter Antrag entweder unzulässig ist oder aber bei der nachfolgenden Zwangsvollstreckung zu vermeidbaren Problemen führt6.

1 Arg. § 83 Abs. 1 Satz 2 ArbGG; der Betriebsrat trägt hier die sog. objektive Beweislast, vgl. Hauck in Hauck/Helml, ArbGG, § 83 Rz. 6. 2 BAG, Beschlüsse vom 28.4.1988 – 6 AZR 405/86; v. 1.10.1991 – 1 ABR 81/90 unter B I 2 der Gründe. 3 BAG v. 14.2.1996 – 7 ABR 25/95 unter B II 4 der Gründe. 4 ArbG Berlin v. 21.5.2008 – 51 BVGa 7683/08. 5 Vgl. BAG v. 29.4.2004 – 1 ABR 30/02 unter II.1a) bb) der Gründe. 6 Vgl. im Einzelnen Herbst/Bertelsmann, Rz. 387.

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Antrge

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Rz. 17c

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Der Antragsgegner kann seinerseits auch einen „Widerantrag“ in das Verfahren einbringen1. Eine Antragsänderung ist unter den Voraussetzungen des § 263 ZPO möglich2. In Anträgen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG muss der Streitgegenstand so 17a genau bezeichnet werden, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden kann. Dem Unterlassungsantrag muss entnommen werden können, worauf sich das erstrebte Verbot zeitlich genau erstrecken bzw. wann es konkret ausgelöst werden soll3. Das BAG hat einen Antrag für unzulässig gehalten, mit dem der Arbeitgeberin untersagt werden sollte, „die „Anwendung“ von Vertragsklauseln zu untersagen, nach deren Inhalt die von den Arbeitnehmern geleisteten Mehrarbeitsstunden mit dem vereinbarten Jahresgehalt pauschal abgegolten sind“. Hier sei nicht erkennbar, wie sich der Arbeitgeber verhalten muss, wenn Arbeitnehmer eine Arbeitsleistung erbringen, die entweder über ihre vertraglich vereinbarte oder über die im Betrieb geltende regelmäßige Arbeitszeit hinausgeht4. Auch im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gilt grundsätzlich 17b die Rechtsprechung des BAG, wonach Globalanträge der Abweisung unterliegen, wenn Fallgestaltungen denkbar sind, in denen kein Anspruch besteht5. Der Antrag ist zwar zulässig, aber insgesamt unbegründet, auch wenn er bei einer nur auf einen Teil beschränkten Antragstellung in diesem Umfang begründet wäre. Dabei ist aber zu beachten, dass auch Globalanträge der Auslegung zugänglich6. Wenn sie sich auf klar voneinander abgrenzbare Sachverhalte beziehen, halte ich eine strikte Anwendung der Unbegründetheit solcher Anträge für nicht sachgerecht. Vielmehr ist eine Teilstattgabe in solchen Fällen sachgerecht7. Es leuchtet mir nicht ein, warum dies hier anders sein soll als in sonstigen arbeitsgerichtlichen Verfahren, bei denen die Klage nur zum Teil begründet ist. Zumindest trifft das Gericht eine Hinweispflicht, wenn es von einem insgesamt unbegründeten Globalantrag ausgeht, damit möglicherweise eine Einschränkung oder Staffelung der Anträge in Haupt- und Hilfsanträge erfolgen kann. Feststellende einstweilige Verfügungen sind auch im Beschlussverfahren 17c unzulässig8. Ihre Beantragung stellt eine offensichtlich aussichtslose 1 Herbst/Bertelsmann, Rz. 195 m.w.N. 2 S. Herbst/Bertelsmann, Rz. 196 ff. 3 LAG Rh.-Pf. v. 14.12.2007 – 6 TaBV 49/07; s. auch BAG v. 11.12.2007 – 1 ABR 73/06, wonach die Verwendung des Rechtsbegriffs Versetzung zur genauen Kennzeichnung der erfassten Handlungen ungenügend sein kann. 4 BAG v. 14.9.2010 – 1 ABR 32/09. 5 So noch in der Entscheidung BAG v. 20.11.2012 – 1 AZR 611/11. 6 BAG v. 15.9.2009 – 9 AZR 757/08. 7 In diese Richtung auch Busemann, ZTR 2014, 447, 449. 8 ArbG Mannheim v. 27.9.2008 – 8 BVGa 2/08; GMP/Matthes/Spinner, § 85 ArbGG Rz. 29.

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Rechtsverfolgung dar, bei der kein Erstattungsanspruch gem. § 40 Abs. 1 BetrVG besteht1. 18

Der Antrag im Rahmen des Verfügungsverfahrens sollte die Androhung von Zwangsmitteln enthalten, um entsprechend der Eilbedürftigkeit die einstweilige Verfügung sofort ohne Verzögerung durch ansonsten notwendige Verfahrensschritte durchzusetzen. Ebenso dient die Beantragung der Erteilung einer Kurzausfertigung des Beschlusses der Beschleunigung.

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In den einzelnen Kapiteln des besonderen Teils sind spezielle Hinweise zu der dort sinnvollen Antragsfassung enthalten.

VI. Anhörungstermin 20

Die Entscheidung über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Beschlussverfahren ergeht regelmäßig nur nach einer mündlichen Verhandlung, die im Beschlussverfahren „Anhörungstermin“ genannt wird. Jedoch ist auch der Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne vorherige Anhörung zulässig. Dabei ist zu beachten, dass auch eine Zurückweisung unter den besonderen Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Satz 2 ArbGG ohne vorherige Anhörung erfolgen kann2.

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Jedoch muss auch außerhalb der mündlichen Verhandlung grundsätzlich die Entscheidung durch die vollbesetzte Kammer ergehen3. Dies kann zu einem Zielkonflikt führen, wenn die Beteiligung der ehrenamtlichen Richter nicht innerhalb der notwendigen Zeitspanne ermöglicht werden kann. In diesen Fällen bleibt häufig die Wahl zwischen der Versagung effektiven Rechtsschutzes (weil etwa die streitgegenständliche Betriebsversammlung zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die vollbesetzte Kammer bereits stattgefunden hat) und der Nichtbeteiligung der ehrenamtlichen Richter. Meines Erachtens gebietet Art. 19 Abs. 4 GG zwingend, dass in diesen Fällen die Entscheidung auch durch den Vorsitzenden allein ergehen kann und muss. Allerdings ist die Alleinentscheidungsbefugnis auf die Fälle beschränkt, in denen der mit der Beteiligung der ehrenamtlichen Richter verbundene Zeitaufwand zu einer Verweigerung effektiven Rechtsschutzes führen würde und auf Seiten des Antragstellers alles getan wurde, um möglichst frühzeitig gerichtlichen Rechtsschutz zu erreichen4. Ist der Antrag ohne mündliche Verhandlung durch die vollbesetzte Kammer des ArbG zurückgewiesen worden, muss die Abhilfeentscheidung ebenfalls durch die Kammer er-

1 LAG Niedersachsen v. 29.1.2007 – 6 TaBV 66/05. 2 LAG Nürnberg v. 7.4.1998 – 5 Ta 42/98; vgl. weiter LAG Sachsen v. 8.4.1997 – 1 Ta 89/97 und LAG Köln v. 13.8.1996 – 11 Ta 173/96. 3 BAG v. 28.8.1991 – 7 ABR 72/90. 4 Vgl. Schäfer, Rz. 175.

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Verfahrensbeendigung

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folgen. Auch wenn hierüber durch den Vorsitzenden allein entschieden wurde, kann hiergegen die sofortige Beschwerde eingelegt werden. Die ordnungsgemäße Durchführung des Abhilfeverfahrens ist nicht Voraussetzung für das Beschwerdeverfahren. Daher kann das LAG auch nach einem fehlerhaften oder unzulässigen Abhilfeverfahren in der Sache selbst entscheiden, insbesondere, wenn dies wegen der Eilbedürftigkeit der Sache geboten ist1.

VII. Verfahrensbeendigung Eine Beendigung des Verfahrens kann auch durch Rücknahme erfolgen, 22 die nicht der Zustimmung der übrigen Beteiligten bedarf (§ 81 Abs. 2 ArbGG). Ist jedoch eine Entscheidung bereits verkündet worden, so gilt § 269 Abs. 1 ZPO. Nach Antragsrücknahme ist das Verfahren von Amts wegen durch Beschluss einzustellen (§ 81 Abs. 2 Satz 2 ArbGG). Auch ein Vergleich kann im Beschlussverfahren geschlossen werden, so- 23 weit die Beteiligten über den Vergleichsgegenstand verfügen können. Dies setzt die Zustimmung sämtlicher Beteiligter voraus. Eines Einstellungsbeschlusses bedarf es hier nicht. Weiter kann das Verfahren durch eine Erledigungserklärung der Beteilig- 24 ten beendet werden, wobei das Gericht gem. § 83a Abs. 3 ArbGG nach einer Erledigungserklärung des Antragstellers die übrigen Beteiligten aufzufordern hat, binnen einer Frist von mindestens zwei Wochen zu erklären, ob sie dem zustimmen. Wenn innerhalb der Frist keine Äußerung erfolgt, gilt die Zustimmung als erteilt und das Verfahren ist einzustellen (§ 83a Abs. 2 Satz 2 ArbGG). Bei einem Widerspruch eines der Beteiligten muss das Gericht im Beschluss die Erledigung des Verfahrens feststellen und das Verfahren einstellen, wenn es sich nach Rechtshängigkeit tatsächlich erledigt hat2. Dabei ist nicht maßgeblich, ob der Antrag ursprünglich zulässig und begründet war. Eine streitige Entscheidung ergeht immer durch Beschluss. Es ist uner- 25 heblich, ob zuvor ein Anhörungstermin stattgefunden hat oder nicht. Dabei ist der Begriff des Beschlusses jedoch mehrdeutig: Zum einen kann der instanzbeendende Beschluss nach der Durchführung eines Anhörungstermins gemeint sein, zum anderen der außerhalb der mündlichen Verhandlung ergangene Beschluss, der die Instanz nicht notwendigerweise beendet. Wegen des jeweils unterschiedlichen Inhalts desselben Rechtsbegriffs ist eine sorgfältige Differenzierung notwendig.

1 LAG Sachsen-Anhalt v. 28.7.2011 – 6 TaBVGBa 2/11 in einer Entscheidung durch den Vorsitzenden alleine. 2 BAG v. 28.4.1990 – 1 ABR 79/89.

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Der instanzbeendende Beschluss ergeht immer durch die Kammer, auch wenn außerhalb mündlicher Verhandlung entschieden wurde. Nur wenn eine dringend notwendige Entscheidung sonst nicht ergehen könnte, kann der Vorsitzende allein entscheiden, um effektiven Rechtsschutz zu gewähren.

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Einer rechtskräftigen einstweiligen Verfügung kommt auch im Beschlussverfahren materielle Rechtskraftwirkung i.S.d. § 322 Abs. 1 ZPO zu. Die Rechtskraftwirkung bezieht sich auf den Anspruch auf Sicherung oder Regelung nach den §§ 935, 940 ZPO. Sie verliert ihre Rechtskraftwirkung nicht schon dadurch, dass sich die Umstände nach ihrem Erlass geändert haben. Geänderte Umstände sind im Verfahren nach den §§ 927, 936 ZPO geltend zu machen1.

VIII. Zustellung 27

Gemäß § 85 Abs. 2 Satz ArbGG sind „erforderliche Entscheidungen von Amts wegen“ zuzustellen. Dieser eindeutige Gesetzeswortlaut spricht m.E. gegen die Notwendigkeit einer Zustellung von ohne mündliche Verhandlung ergangenen Entscheidungen im Parteibetrieb. Davon zu trennen ist die Frage, ob ein Titel im Parteibetrieb wirksam zugestellt werden kann, etwa, um die Zustellung zu beschleunigen. Dies ist angesichts dieser Sonderregelung für das Beschlussverfahren streitig2. Der zurückweisende Beschluss kann dem Antragsgegner aber nur im Parteibetrieb zugestellt werden, da der Rechtsgedanke des § 922 Abs. 2 ZPO – Schutz des ohne mündliche Verhandlung unterlegenen Antragstellers – auch im Beschlussverfahren gilt. In der Zustellung einer Unterlassungsverfügung liegt auch die notwendige3 Vollziehung i.S.v. § 929 Abs. 2 ZPO4. Unabhängig davon ist eine Vollziehung der Unterlassungsverfügung überflüssig, wenn diese bereits die Androhung von Ordnungsmitteln enthält5. Derartige Parteizustellungen stellen einen reinen Formalismus dar, da der Ersatz des Vollziehungsschadens gem. § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG ausgeschlossen ist und somit der sonst für die Notwendigkeit der Parteizustellung genannte Grund nicht besteht. Es erscheint auch nicht notwendig, den Aufwand der Parteizustellung zu betreiben, nur um die Ernsthaftigkeit und Eilbedürftigkeit des Begehrens zu belegen.

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Beraterhinweis: Da die Rechtslage umstritten ist, empfiehlt sich die Parteizustellung aus Gründen anwaltlicher Vorsorge auch in den o.g. Fällen.

1 LAG Berlin-Brandenburg v. 18.3.2010 – 25 TaBVGa 2608/09. 2 Dafür Walker in Schwab/Weth, § 85 Rz. 40 m.w.N., dagegen LAG Hessen v. 29.8.1985 – 3 Ta 188/85; GMP/Germelmann, § 50 Rz. 10. 3 ArbG Berlin v. 25.11.2010 – 55 BVGa 18092/10. 4 LAG Hamm v. 7.8.1987 – 8 Sa 1369/86; a.A. LAG Berlin v. 18.8.1987 – 3 TaBV 4/87. 5 LAG Berlin v. 12.11.1997 – 6 Ta 15/97, n.v.

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Rechtsbehelfe und Rechtsmittel

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IX. Rechtsbehelfe und Rechtsmittel Wenn dem Verfügungsantrag ohne Anhörung der Beteiligten stattgege- 29 ben wurde, ist der Widerspruch der zulässige Rechtsbehelf (§§ 936, 924 ZPO)1. Sodann ist ein Anhörungstermin anzuberaumen, in dem durch einen erneuten Beschluss über die Rechtmäßigkeit der erlassenen einstweiligen Verfügung befunden wird. Dabei handelt es sich um eine die Instanz beendende und dem Urteil gleichstehende Entscheidung, die mit der befristeten Beschwerde gem. § 87 Abs. 1 ArbGG angegriffen werden kann. Bei einer Stattgabe ohne mündliche Verhandlung hat derjenige, der zu 30 Unrecht nicht beteiligt wurde, die Möglichkeit des Widerspruchs. Über diese ist zunächst zu entscheiden, auch wenn die angehörten Beteiligten schon Beschwerde eingelegt haben2. Nach einer Zurückweisung des Verfügungsantrages ohne einen Anhö- 31 rungstermin kann der Beschluss mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden. Das ArbG kann dieser Beschwerde abhelfen, ansonsten muss es die Sache dem LAG vorlegen. Dieses kann ebenfalls ohne eine mündliche Anhörung entscheiden, und zwar nach h.M. durch den Vorsitzenden allein3. Die Alleinentscheidungsbefugnis erscheint nicht unmittelbar einleuchtend, denn der Wortlaut des § 85 Abs. 2 ArbGG differenziert nicht zwischen ArbG und LAG4. Gibt das LAG dem Antrag ohne Anhörung statt, so kann der Unterlegene gem. § 924 ZPO Widerspruch einlegen, der zur Anhörung vor dem ArbG führt5. Der nach einem Anhörungstermin ergehende Beschluss (dem Urteil 32 gleichstehend) kann mit der befristeten Beschwerde gem. § 87 Abs. 1 ArbGG (der Berufung gleichstehend) beim LAG angegriffen werden. Dabei muss die Berufungssumme des § 64 ArbGG nicht erreicht sein. Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat, die Beschwerdebegründungsfrist zwei Monate ab Zustellung der angegriffenen Entscheidung (§ 87 i.V.m. § 66 Abs. 1 ArbGG). Diese Frist darf auch im Verfügungsverfahren nicht abgekürzt werden, wohl aber die Beschwerdeerwiderungsfrist6. Eine ein-

1 GMP/Matthes/Spinner, § 85 Rz. 49; LAG Hess. v. 30.4.1992 – 12 TaBVGa 38/92; a.A. OVG Nordrhein-Westfalen v. 18.2.1994 – 1 B 3366/93.PVL für das personalvertretungsrechtliche Verfahren. 2 S. allgem. zu den Rechtsfolgen fehlerhafter Beteiligung GMP/Matthes/Spinner, § 83 Rz. 26 ff. 3 LAG Köln v. 1.9.1995 – 13 Ta 223/95; LAG Schl.-Holst. v. 26.6.1992 – 4 TaBV 31/91, AiB 1991, 391 m. abl. Anm. Grimberg; LAG Nürnberg v. 1.4.1999 – 6 Ta 6/99; Herbst/Bertelsmann/Reiter, Rz. 561 unter Bezugnahme auf LAG Hamburg v. 17.12.1996 – 2 Ta 26/96, n.v. 4 Grimberg, AiB 1991, 391. 5 GMP/Matthes, § 85 Rz. 48; Baur in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, Teil B, Rz. 287. 6 GMP/Germelmann, § 66 Rz. 23.

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Der vorlufige Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

malige Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist ist zwar auch im Verfügungsverfahren nicht gesetzlich ausgeschlossen. Da es sich um ein Eilverfahren handelt, kommt sie nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht. 33

Vor dem LAG herrscht im Beschlussverfahren kein Anwaltszwang, da hier der Untersuchungsgrundsatz gilt. Nur die Beschwerdeschrift muss gem. § 89 Abs. 1 ArbGG durch einen Rechtsanwalt oder einen gem. § 11 Abs. 2 ArbGG Vertretungsbefugten unterschrieben sein.

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Die Entscheidung des LAG erfolgt auch durch Beschluss, gegen den ein weiteres Rechtsmittel nicht statthaft ist (§§ 92 Abs. 1 Satz 3, 90 Abs. 3 ArbGG). Ebenso ist die Nichtzulassungsbeschwerde unstatthaft, weshalb es auch keines Ausspruchs der Zulassung oder Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Tenor bedarf1. Grundsätzlich stehen auch im Beschlussverfahren die Rechtsbehelfe der §§ 926, 927 ZPO zur Verfügung. Ist dem Verfügungsgesuch stattgegeben worden, so kann der Unterlegene somit beantragen, dem Antragsteller eine Frist zur Einleitung des Hauptsachebeschlussverfahrens zu setzen. Dies wird problematisch, wenn die einstweilige Verfügung eine Regelung betrifft, welche gem. §§ 87, 111 ff. BetrVG dem Beteiligungsrecht des Betriebsrates unterliegt, so dass ein Einigungsstellenverfahren durchzuführen ist. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass bereits der Erlass einer einstweiligen Verfügung daran scheitert, dass kein im Beschlussverfahren geltend zu machender betriebsverfassungsrechtlicher Anspruch gesichert werde2. Auch wäre möglich, dass dem Betriebsrat aufgegeben wird, die im Verfügungsverfahren geltend gemachten Unterlassungsansprüche nunmehr zum Gegenstand eines Hauptsacheverfahrens zu machen. Dies brächte aber hinsichtlich des eigentlichen Kernproblems der Betriebspartner keine Weiterführung, da immer noch nicht materiell über Bestehen und Ausübung des Mitbestimmungsrechtes gestritten wird. Dies kann nur in einem Einigungsstellenverfahren geschehen, das nun wiederum kein Gerichtsverfahren darstellt3. Somit dürfte § 926 Abs. 1 ZPO in den genannten Fällen keine Anwendung finden. Dies steht aber nicht zwingend dem Erlass einer einstweiligen Verfügung entgegen, da der Unterlassungsanspruch Gegenstand des Verfügungsverfahrens ist und nicht der dahinter stehende, in der Einigungsstelle zu regelnde Streit.

X. Kosten – Gebühren 35

Das Beschlussverfahren ist gem. § 2 Abs. 2 GKG gerichtskostenfrei, so dass es einer Kostenentscheidung nicht bedarf. Dies gilt auch für das

1 BAG v. 16.12.2004 – 9 AZR 969/04. 2 Heinze, RdA 1990, 262, 279. 3 GMP/Matthes/Spinner, § 85 Rz. 46; Olderog, NZA 1985, 753, 760.

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Gegenstandswert

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Rz. 37

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Streitwertbeschwerdeverfahren1. Auch die im Urteil gem. § 61 Abs. 1 ArbGG erforderliche Streitwertfestsetzung erfolgt im Beschlussverfahren nicht. Hierfür besteht auch kein Bedürfnis, da das Rechtsmittel nicht von dem Wert der Beschwer abhängig ist. Häufig wird jedoch ein Streitwertfestsetzungsbeschluss beantragt, um die Gebühren der Verfahrensbevollmächtigten bestimmen zu können. Dieser Beschluss ist aber nicht zu verwechseln mit dem urteilsersetzenden und instanzbeendenden Beschluss, mit dem der eigentliche Antrag im Verfügungsverfahren beschieden wird. Die außergerichtlichen Kosten auch des Betriebsrates hat der Arbeitgeber 36 als notwendige Betriebsratskosten i.S.v. § 40 Abs. 1 BetrVG zu tragen, es sei denn, die Inanspruchnahme des Gerichts war rechtsmissbräuchlich oder erkennbar unnötig2. Der Arbeitgeber hat auch grundsätzlich die Kosten der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für die Durchführung eines Verfügungsverfahrens zu tragen. Verletzt der Arbeitgeber im Vorfeld seine Informationspflichten nach §§ 80 Abs. 2 Satz 1, 90 Abs. 1, 92 Abs. 1 BetrVG, ist die Entscheidung des Betriebsrates nur auf Rechtsmissbrauch zu überprüfen3.

XI. Gegenstandswert Bei der Festsetzung des Gegenstandswertes bei nicht vermögensrecht- 37 lichen Streitigkeiten ist der Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 RVG von 5000 t zu beachten. Nach Lage des Falles kann ein niedrigerer oder höherer Wert angemessen sein, der jedoch 500 000 t nicht übersteigen darf. Die Gegenstandswertfestsetzung in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten kann nicht schematisch nach der Betriebs- bzw. Betriebsratsgröße festgesetzt werden. Vielmehr ist die Bedeutung und der Umfang der einzelnen Streitigkeit angemessen bei Ausübung des Ermessens zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere, wenn eine Streitfrage nicht oder nicht mehr die gesamte Belegschaft betrifft4. Bei der Wertfestsetzung ist somit stets der Einzelfall maßgeblich. Zu berücksichtigen ist die Bedeutung der Sache für die Betriebspartner, der rechtliche Schwierigkeitsgrad und der damit verbundene Arbeitsaufwand der Verfahrensbevollmächtigten. Der Ansatz eines geringeren Gegenstandswertes kann gerechtfertigt sein, wenn ein Verfahrensbevollmächtigter eine Vielzahl gleich gelagerter Parallelverfahren vertritt und sich somit der Arbeitsaufwand reduziert. Bei der Frage, ob ein Abschlag beim Streitwert zu ma-

1 LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 16.11.2000 – 1 Ta 67/00. 2 Vgl. BAG v. 19.4.1989 – 7 ABR 6/88, auch zur bejahten Erstattungsfähigkeit der einem einzelnen Betriebsratsmitglied wegen eines Ausschlussverfahrens entstandenen Kosten, s. weiter Schäfer, Rz. 165. 3 LAG Berlin-Brandenburg v. 16.4.1010 – 10 TaBV 2577/09. 4 LAG Köln v. 12.6.2006 – 2 Ta 221/06.

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chen ist, da es sich nur um ein Eilverfahren handelt, zu prüfen, ob eine de facto endgültige Regelung angestrebt wird oder nur eine vorläufige Sicherung erfolgen soll1.

XII. Vollstreckung 38

Die Zwangsvollstreckung ist im Beschlussverfahren, anders als im Urteilsverfahren (§ 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), nur aus rechtskräftigen Entscheidungen möglich. Eine Ausnahme gilt nur für vermögensrechtliche Streitigkeiten, also im Wesentlichen Streitigkeiten über die Kosten der Betriebsratstätigkeit, Sachmittel etc., wobei die vorläufige Vollstreckbarkeit gesondert ausgesprochen werden muss. Eine einstweilige Verfügung ist hingegen sofort vollziehbar. Daran ändert auch die aufschiebende Wirkung einer nach § 87 ArbGG dagegen eingelegten Beschwerde nichts2. Das bedeutet, dass der Antragsteller im Verfügungsverfahren zunächst mehr bekommt, als er bei einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren erster Instanz erhielte. Daher sind die Anforderungen an den Verfügungsgrund einerseits gesteigert, denn der Gesetzgeber wollte im Beschlussverfahren die Zwangsvollstreckung grundsätzlich erst dann zulassen, wenn die Rechtslage endgültig geklärt ist. Andererseits ist aber zu beachten, dass der Zeitraum, der bis zur Erlangung einer vollstreckungsfähigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren benötigt wird, länger ist als bei einer vorläufigen Vollstreckbarkeit des erstinstanzlichen Urteils. Diese Umstände sind jeweils gegeneinander abzuwägen.

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Die Vollstreckung richtet sich nach den Vorschriften des Achten Buches der ZPO, insbesondere nach den §§ 887 bis 890 ZPO, da es sich meist um Titel auf Vornahme oder Unterlassung von Handlungen handelt. Der Herausgabeanspruch wird gem. § 883 ZPO, der Zahlungsanspruch nach §§ 803 ff. ZPO bzw. §§ 828 ff. ZPO und die Verpflichtung zur Abgabe einer Willenserklärung gem. § 894 ZPO vollstreckt. Weiter bestimmt § 85 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, dass in den dort aufgeführten Fällen (§ 23 Abs. 3, § 98 Abs. 5, §§ 101 und 104 BetrVG) die Festsetzung von Ordnungs- oder Zwangshaft nicht zulässig ist. Die Entscheidung über den Antrag auf Festsetzung eines Zwangs- oder Ordnungsgeldes ist im Zwangsvollstreckungsverfahren gem. §§ 888, 890 ZPO zu treffen und ergeht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss des Vorsitzenden (§ 891 ZPO,

1 Vgl. Baur in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, Teil B, Rz. 295; s. weiter LAG Hamm v. 15.4.1993 – 8 TaBV 183/92, Hälfte des Gegenstandswertes des Hauptsacheverfahrens bei Streit um Mitbestimmungsrechte sowie LAG Schl.-Holst. v. 13.3.1997 – 4 Ta 115/96, n.v.; 11/2 facher Hilfswert für Verfahren auf Verbot von Aufhebungsverträgen, aber Abschlag von 1/3 wegen der Vorläufigkeit der Regelung. 2 LAG Berlin v. 12.11.2003 – 3 Ta 2142/03.

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Vollstreckung

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Rz. 41b

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§ 53 Abs. 1 ArbGG). Die Ordnungsmittel können schon im Titel angedroht werden1. Nur der Antragsteller und der Antragsgegner des Beschlussverfahrens 40 sind auch Parteien des Vollstreckungsverfahrens. Die weiteren Beteiligten des Beschlussverfahrens haben nicht die Befugnis, die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Vollstreckungsschuldner ist derjenige, der durch den Beschluss verpflichtet wurde. Bei der Zwangsvollstreckung ist zu beachten, dass die Allgemeinvorschriften der Zwangsvollstreckung vielfach durch spezielle Normen verdrängt werden, so etwa im Fall des § 98 Abs. 5 BetrVG (Durchführung betrieblicher Bildungsmaßnahmen), bei § 101 BetrVG (Zwangsgeld bei personellen Einzelmaßnahmen) und bei § 104 BetrVG (Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer). Ansonsten ist zu beachten, dass Anträge auf Unterlassungsverfügungen 41 im Beschlussverfahren bereits im Erkenntnisverfahren mit der Androhung von Zwangsmitteln versehen werden können. Dabei wird der Seite, die zu einem Unterlassen verpflichtet worden ist, gem. § 890 Abs. 1 und 2 ZPO ein Ordnungsgeld angedroht. Dieses darf 10 000 t nicht überschreiten; die Androhung von Ordnungshaft ist unzulässig, weil § 23 Abs. 3 BetrVG als spezialgesetzliche Vorschrift zu beachten ist2. Das Ordnungsgeld wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung festgesetzt. Die Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO ist bei nachträglich entstandenen Einwendungen möglich, etwa bei der Auflösung des Betriebes oder Veränderungen des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes3. Wichtig! In der Rechtsprechung wird nach wie vor die Auffassung vertre- 41a ten, dass auch die Unterlassungsverfügung nach § 929 Abs. 2 ZPO vollzogen werden muss und auch im Beschlussverfahren die Amtszustellung nicht die Vollziehung ersetzt4. Ich halte zwar eine Parteizustellung für eine bloße Förmelei. In der Praxis ist sie aber dringend zu empfehlen. Auch im Beschlussverfahren ist m.E. eine Zwangsvollstreckung schon 41b zulässig, wenn der verkündete Beschluss, der ja nach § 50 Abs. 1 ArbGG von Amts wegen zugestellt werden muss, vorab im Parteibetrieb zugestellt wird. Bereits dann kann mit der Zwangsvollstreckung begonnen werden (str. s. i.E. unter F Rz. 33b).

1 GMP/Matthes/Spinner, § 85 Rz. 27; LAG Hess. v. 3.6.1988 – 12 TaBV 154/87; s. weiter LAG Hess. v. 26.3.1992 – 12 TaBVGa 18/92 – Festsetzung von Zwangsgeld bereits mit der Fristsetzung, Höchstbetrag 10 000 t. 2 BAG v. 29.4.2004 – 1 ABR 30/02 unter V der Gründe; s. zur Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen des Betriebsrats Wortmann, ArbRB 2013, 129. 3 Wortmann, ArbRB 2013, 129. 4 LAG Berlin-Brandenburg v. 24.2.2011 – 7 Ta 2696/10; ArbG Berlin v. 25.11.2010 – 55 BVGa 18092/10.

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H Rz. 42

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Auch der an sich nicht rechtsfähige Betriebsrat kann Vollstreckungsschuldner sein1. Die Zwangsvollstreckung ist ohne weiteres möglich bei Gegenständen im Besitz des Betriebsrats und bei der Rückzahlung geleisteter Vorschüsse des Arbeitgebers2. Wird der Betriebsrat verpflichtet, einen bestimmten Beschluss zu fassen, gilt dieser gem. § 894 ZPO mit Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung als gefasst. Bei Duldungsund Unterlassungstiteln entsteht eine Verpflichtung der einzelnen Mitglieder des Betriebsrats, die auch gegen diese vollstreckt werden kann. Somit verwirkt das Betriebsratsmitglied, das schuldhaft der Gerichtsentscheidung zuwiderhandelt, in eigener Person das Ordnungsgeld oder die Ordnungshaft. Die Sanktion kann dann ohne weiteres gegen das konkrete Betriebsratsmitglied festgesetzt werden, auch wenn die Androhung sich gegen das Kollegialorgan richtet3. Kommt somit nach dem Tenor der einstweiligen Verfügung das Handeln konkreter Personen in Betracht, kann der Arbeitgeber die Vollstreckungsklausel gegen den Betriebsratsvorsitzenden oder andere zu definierende Mitglieder entsprechend § 731 ZPO beantragen4.

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Es wird auch als möglich angesehen, bereits den Antrag gegen die einzelnen Mitglieder des Betriebsrates zu richten, der gegen diesen als natürliche Person vollstreckt werden kann5.

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Zuständig für diesen Antrag ist das Prozessgericht, das nach Anhörung des jeweiligen Mitgliedes ohne mündliche Verhandlung entscheidet. Dabei kann das Betriebsratsmitglied einwenden, dass es zur Zeit der Zuwiderhandlung nicht Mitglied des Betriebsrates war oder schuldlos gehandelt hat6.

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Vollstreckungsgericht ist auch beim Beschlussverfahren das AG (§ 764 ZPO). Maßgeblich sind dabei auch im Beschlussverfahren vor dem ArbG die Verfahrensvorschriften der ZPO und nicht die des Beschlussverfahrens, es sei denn, dass die Vorschriften des Zwangsvollstreckungsrechtes eine Klage vor dem Prozessgericht vorschreiben7. Es ist daher immer zu prüfen, ob für einzelne Maßnahmen der Zwangsvollstreckung das Prozessgericht (ArbG) oder das Vollstreckungsgericht (AG) zuständig ist.

1 A.A. LAG Hamburg v. 19.10.1976 – 1 TaBV 6/75, Antrag nur gegen einzelne Betriebsratsmitglieder. 2 ErfK/Koch, § 85 ArbGG Rz. 2. 3 GMP/Matthes/Spinner, § 85 Rz. 20. 4 Wenn der Titel gegen den Betriebsrat als solchen gerichtet ist, GMP/Matthes/ Spinner, § 85 Rz. 19; LAG Hamburg v. 3.9.1987 – 1 TaBV 4/87; LAG Berlin v. 26.3.1984 – 9 TaBV 4/84; a.A. Baur in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier, Teil B, Rz. 290, S. 355. 5 GMP/Matthes/Spinner, § 85 Rz. 19; a.A. LAG Hamburg v. 3.9.1987 – 1 TaBV 4/87. 6 GMP/Matthes/Spinner, § 85 Rz. 21. 7 Etwa in §§ 731, 767, 771 ZPO; vgl. GMP/Matthes/Spinner, § 85 Rz. 24 f.

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Schadensersatz

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Die Kostenfreiheit des Beschlussverfahrens gem. § 2 Abs. 2 GKG bezieht 46 sich auch auf die Zwangsvollstreckung, selbst wenn sie vom AG vorgenommen wird1. Auch die Gerichtsvollzieher dürfen Gebührenvorschüsse nicht erheben. Besondere Regeln der Zwangsvollstreckung enthalten § 23 Abs. 3 Satz 2 47 und 3, § 98 Abs. 5 Satz 2 und 3, § 101 Satz 2 und § 104 Satz 2 BetrVG2.

XIII. Schadensersatz Gemäß § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG besteht als Ausnahme zu § 945 ZPO 48 im Beschlussverfahren kein Schadensersatzanspruch. Diese Ausnahme rechtfertigt sich aus der Vermögenslosigkeit des Betriebsrats3. Über den Wortlaut hinaus werden auch Angelegenheiten des Personalvertretungsrechts, des Sprecherausschussgesetzes und des Mitbestimmungsgesetzes erfasst4. Übersicht: Rechtsbehelfe Beschlussverfahren

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Stattgebender (urteilsersetzender) Beschluss des ArbG nach Anhörungstermin: – Beschwerde zum LAG gem. § 87 ArbGG, Frist 1 Monat, Begründungsfrist zwei Monate; wurden weitere Beteiligte nicht angehört, haben sie das Recht, Widerspruch beim ArbG gem. §§ 924, 925 ZPO einzulegen; über diesen ist vor der Entscheidung über die Beschwerde der angehörten Beteiligten zu entscheiden. Stattgebender Beschluss des ArbG ohne Anhörungstermin: – Zeitlich unbefristeter Widerspruch gem. §§ 924, 925 ZPO an das ArbG, das darüber nach durchgeführtem Anhörungstermin entscheidet, dagegen Beschwerde an das LAG. Abweisender (urteilsersetzender) Beschluss des ArbG nach Anhörungstermin: – Beschwerde zum LAG, Frist 1 Monat, Begründungsfrist zwei Monate Abweisender Beschluss des ArbG ohne Anhörungstermin: – Sofortige Beschwerde gem. § 567 ZPO an das ArbG, das der Beschwerde gem. § 572 ZPO abhelfen kann; geschieht dies nicht, muss die Sache dem LAG vorgelegt werden, das ebenfalls ohne mündliche Anhörung entscheiden kann. Erlässt das LAG auf die Beschwerde die einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung, ist der Widerspruch möglich, über den das ArbG zu entscheiden hat. Entscheidung des LAG als Rechtsmittelgericht; kein Rechtsmittel, Anhörungsrüge möglich. Entscheidung des LAG (als zuständigem Gericht der Hauptsache) nach Anhörungstermin durch (urteilsersetzenden) Beschluss: – Keine Rechtsmittel, Anhörungsrüge möglich. 1 GMP/Matthes/Spinner, § 85 Rz. 25. 2 Vgl. hierzu im Einzelnen GMP/Matthes/Spinner, § 85 Rz. 27. 3 Vgl. insofern auch BAG v. 29.9.2004 – 1 ABR 30/03 zur Unwirksamkeit eines Vertragsstrafeversprechens zugunsten des Betriebsrats. 4 GMP/Matthes/Spinner, § 85 Rz. 50.

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Der vorlufige Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Entscheidung des LAG (als zuständigem Gericht der Hauptsache) ohne Anhörungstermin: – Widerspruch gem. §§ 924, 925 ZPO an das LAG, das nach durchgeführtem Anhörungstermin entscheidet, dagegen kein Rechtsmittel. Rechtsbehelf des § 926 ZPO (Anordnung der Klageerhebung) grundsätzlich möglich, aber problematisch, wenn über die Hauptsache im Einigungsstellenverfahren entschieden wird (s. H Rz. 34). Aufhebung wegen veränderter Umstände gem. § 927 ZPO möglich.

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Muster 25 Widerspruch gegen einstweilige Verfgung An das ArbG In dem Beschlussverfahren mit den Beteiligten … – Antragsteller und Beteiligter zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: … gegen … – Antragsgegner und Beteiligter zu 2) – Verfahrensbevollmchtigter: … und den weiteren Beteiligten … lege ich im Namen und mit Auftrag des Beteiligten zu 2) gegen die vom … mit Az.: … erlassene einstweilige Verfgung Widerspruch ein. Ich beantrage, 1. die einstweilige Verfgung des … aufzuheben und 2. die Vollstreckung aus der einstweiligen Verfgung einzustellen. Begrndung Die Entscheidung ber den Erlass der einstweiligen Verfgung ist ohne Anhçrung des Beteiligten zu 2) ergangen. Die einstweilige Verfgung htte jedoch aus folgenden Grnden nicht erlassen werden drfen: (Nhere Darlegung der Widerspruchsgrnde und Glaubhaftmachung; bei der eidesstattlichen Versicherung ist darauf zu achten, dass diese sich nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt. Sie kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer

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vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“). Der Antrag zu 2. ist begrndet, weil dem Beteiligten zu 2) durch den Vollzug der angegriffenen einstweiligen Verfgung unersetzliche Nachteile entstehen (nher darlegen und glaubhaft machen). Unterschrift Anlage: Ablichtung der angegriffenen einstweiligen Verfgung

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2. Teil Besonderer Teil – Die einzelnen Regelungsgegenstände im Arbeitsrecht I. Die einstweilige Verfügung im Individualarbeitsrecht Die einstweilige Verfügung hat eine dienende Funktion, denn sie soll 1 die Durchsetzung individualvertraglicher Ansprüche sichern. Diesem Schutzzweck entsprechend sind daher grundsätzlich sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis einer Sicherung durch einstweilige Verfügung zugänglich. Nachfolgend werden für das Arbeitsrecht typische Fallkonstellationen dargestellt.

I. Dienstleistungsanspruch des Arbeitgebers 1. Verfügungsanspruch Der Arbeitgeber hat gem. § 611 BGB einen Anspruch auf die Leistung der 1a versprochenen Dienste, also auf eine Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer. Diesen Anspruch kann der Arbeitnehmer nur erfüllen, indem er die Arbeitsleistung höchstpersönlich erbringt. Das gilt grundsätzlich nicht nur für qualifizierte, sondern auch für einfache Tätigkeiten. Eine Ausnahme kommt nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber zu erkennen gegeben hat, dass es ihm gleichgültig ist, wer die Arbeitsleistung erbringt und somit im Einzelfall eine individualvertragliche Abänderung der Pflicht zur höchstpersönlichen Arbeitsleistung erfolgt ist. 2. Einklagbarkeit Der Anspruch auf Erfüllung der Arbeitsleistung ist grundsätzlich ein- 2 klagbar. Praktisch bedeutsam wird dies meist in den Fällen, in denen ein Arbeitnehmer eine nach Ansicht des Arbeitgebers unwirksame fristlose Kündigung oder eine fristgemäße Kündigung mit einer unzutreffenden Kündigungsfrist ausgesprochen hat und sodann der Arbeit fernbleibt. Eine entsprechende Hauptsacheklage des Arbeitgebers wird in den meisten Fällen kein erfolgversprechendes Mittel der Rechtsverfolgung darstellen, weil bis zum Abschluss des Verfahrens in erster Instanz in der Regel ein längerer Zeitraum als die noch verbleibende Kündigungsfrist vergeht. Überdies ist ein Anspruch auf Leistung von unvertretbaren Diensten gem. § 888 Abs. 2 ZPO nicht vollstreckbar. Dies gilt für alle Arbeitsleistungen, da gem. § 613 Satz 1 BGB die Dienste im Zweifel, d.h. ohne eine andere vertragliche Abrede, in Person zu leisten sind. Daher ist eine Differenzierung nach einer auch durch Dritte zu erbringenden Leistung ein-

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

facher Art und den nicht vertretbaren Diensten höherer Art1 nicht angebracht2. Außerdem käme eine einstweilige Verfügung auch bei vertretbaren Handlungen nicht in Betracht. Die Vollstreckung hieraus könnte nur gem. § 887 ZPO durchgeführt werden, also mittels einer Ersatzvornahme. Der Anspruch gegen den Arbeitnehmer würde sich in diesem Fall auf eine Schadensersatzleistung beschränken. Eine solche kann jedoch nicht mittels einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden3. Auch eine Fristsetzung gem. § 61 Abs. 2 ArbGG verbunden mit der Festsetzung einer Entschädigung für den Fall der nicht fristgerechten Leistung scheidet aus, denn der Entschädigungsanspruch ersetzt den Vollstreckungsanspruch und kann daher nicht zur Entstehung gelangen, wenn ein Vollstreckungsanspruch wie hier nicht vorhanden ist4. 3

Trotz dieser fehlenden Vollstreckungsmöglichkeit wird die Verurteilung des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung im Hauptsacheverfahren nach verbreiteter Ansicht für zulässig gehalten5. Dies findet seine Rechtfertigung darin, dass mit einem solchen der Rechtskraft fähigen Urteil zwischen den Parteien bindend festgestellt wird, dass ein Dienstleistungsanspruch des Arbeitgebers bestand und nicht erfüllt worden ist. Dieser Gedankengang lässt sich jedoch nicht auf die einstweilige Verfügung übertragen. Eine Entscheidung im Eilverfahren ist hier nicht geeignet, eine Sicherung von Rechten im Hauptsacheverfahren herbeizuführen. Ein Zwang auf die Erbringung der Arbeitsleistung kann auf den Arbeitnehmer wegen § 888 Abs. 2 ZPO nicht ausgeübt werden. Die Rechtsauffassung des Gerichts zum Verfügungsanspruch im Eilverfahren ist im Gegensatz zum Hauptsacheverfahren nur vorläufiger Natur und entfaltet keinerlei Bindungswirkung. Insofern ist die Rechtslage ähnlich wie bei einer auf Feststellung gerichteten einstweiligen Verfügung. In beiden Fällen stellt die Eilentscheidung letztlich nur eine Art vorläufiges Rechtsgutachten dar und dient in keiner Weise der Sicherung oder Durchsetzung eines Anspruches. Daher scheidet eine entsprechende einstweilige Verfügung m.E. grundsätzlich aus6. Dem steht auch nicht das Argument entgegen, dass es einer Vollstreckung möglicherweise gar nicht bedarf, wenn der Verfügung Folge geleistet wird. Eine solche Erwartung oder Hoffnung begründet kein Rechtsschutzbedürfnis und keinen Verfügungsgrund. Ein solcher kann allenfalls dann bestehen, wenn der Antragsgegner, hier also der Arbeitnehmer, von vornherein erklärt, sich einer

1 Vgl. differenzierend Klevemann/Braun, Einstweiliger Rechtsschutz, § 12 Rz. 19 ff.; Schuschke in Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, vor § 935 Rz. 144; GMP/Germelmann, § 62 Rz. 107. 2 Herbert/Oberrath, NZA 2004, 121, 124 f. 3 Klevemann/Braun, Einstweiliger Rechtsschutz, § 12 Rz. 23. 4 Schäfer, Rz. 91; a.A. Herbert/Oberrath, NZA 2004, 121, 124 f. 5 Klevemann/Braun, Einstweiliger Rechtsschutz, § 12 Rz. 24. 6 LAG Hamburg v. 18.7.2002 – 3 Sa 18/02; Schuschke in Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, vor § 935 Rz. 144.

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Anspruch auf Unterlassung von Konkurrenzttigkeit

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rechtskräftigen einstweiligen Verfügung zu beugen1. In allen anderen Fällen fehlt es am Verfügungsgrund2. 3. Mittelbarer Druck Der Arbeitgeber kann seinen Dienstleistungsanspruch auch nicht da- 4 durch mittelbar sichern, dass er seinem Arbeitnehmer per einstweiliger Verfügung die Aufnahme einer Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber untersagen lässt. Dies würde eine Umgehung des Zwangsvollstreckungsverbots des § 888 Abs. 2 ZPO darstellen3. Darüber hinaus ist die Treuepflicht des Arbeitnehmers nur eine unselbständige Nebenpflicht, die nicht selbständig durchgesetzt werden kann4. Weiter wäre ein so weitgehender Unterlassungsanspruch nicht mit Art. 12 GG vereinbar5. Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitnehmer einem bisherigen Arbeitgeber in dem neuen Beschäftigungsverhältnis Konkurrenz macht6. Der bisherige Arbeitgeber kann auch grundsätzlich nicht mittels einer 5 einstweiligen Verfügung gegen den neuen Dienstherrn seines Arbeitnehmers vorgehen und ihm dessen Beschäftigung untersagen lassen. Hier gilt etwas anderes nur, wenn die Beschäftigung des vertragsbrüchigen Arbeitnehmers eine sittenwidrige Wettbewerbshandlung i.S.v. § 1 UWG darstellt. Dann kommt ein befristetes Beschäftigungsverbot in Betracht7.

II. Anspruch auf Unterlassung von Konkurrenztätigkeit während der Dauer des Arbeitsverhältnisses 1. Grundsätze – zeitliche Ausdehnung des Wettbewerbsverbots Der Arbeitnehmer und auch der Auszubildende8 hat sich während der 6 Dauer des Arbeitsverhältnisses jeglichen Wettbewerbs gegenüber seinem Arbeitgeber zu enthalten9. Dies ergibt sich für ohne Beschränkung kauf1 Vgl. Vogg, NJW 1993, 1357 für den Fall der feststellenden einstweiligen Verfügung; a.A. Klevemann/Braun, § 12 Rz. 24. 2 Str., wie hier Schwab/Weth/Walker, § 62 Rz. 133; LAG Hess. v. 19.10.1989 – 3 SaGa 1120/89; a.A. ArbG Frankfurt/M. v. 22.8.1994 – 8 Ga 193/94; a.A. Klevemann/ Braun, § 12 Rz. 24. 3 Schwab/Weth/Walker, § 62 Rz. 133. 4 Heinze, RdA 1986, 273, 280. 5 LAG Köln v. 8.12.1995 – 13 Sa 1153/95. 6 Vgl. LAG Rheinland-Pfalz v. 17.12.2009 – 5 SaGa 13/09 für den Fall des vereinbarten vertraglichen oder nachvertraglichen Wettbewerbsverbots; LAG Köln v. 8.12.1995 – 13 Sa 1153/95; Korinth, ArbRB 2013, 61. 7 Thüringisches OLG v. 13.11.1996 – 2 U 902/96; vgl. weiter LAG Köln v. 9.7.1992 – 10 Sa 224/92 zu den erleichterten Voraussetzungen bei Verletzung des § 25 UWG und LAG Köln v. 8.12.1995 – 13 Sa 1153/95, Beschränkung auf solche Tätigkeiten, die dem Arbeitgeber schädlich werden können. 8 BAG v. 20.9.2006 – 10 AZR 439/05. 9 St. Rspr., s. nur BAG v. 30.5.1978 – 2 AZR 598/76.

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

männische Angestellte aus § 60 HGB, der einen allgemeinen Rechtsgedanken enthält1. Es bedarf also keiner ausdrücklichen einzelvertraglichen Regelung2. Dieses Verbot gilt bis zum rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses, also auch, wenn der Arbeitnehmer für die Zeit der Kündigungsfrist oder für einen sonstigen Zeitraum von der Arbeitsleistung entbunden worden ist3. Die Beschränkung des Verfügungsanspruches auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses ist auch im Tenor der Entscheidung durch die Angabe eines Enddatums auszudrücken. Eine weitere Wettbewerbsenthaltung kann nur verlangt werden, wenn die Voraussetzungen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes vorliegen (s. dazu unter I Rz. 36 ff.). 7

Das Wettbewerbsverbot gilt auch während der Dauer der Elternzeit4 und für den Zeitraum einer erzwungenen Weiterbeschäftigung, selbst wenn diese auf dem allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch beruht, der im Gegensatz zum betriebsverfassungsrechtlichen Anspruch nicht zu einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses führt5. Der Arbeitnehmer ist auch während der Dauer der Kündigungsfrist an das Wettbewerbsverbot gebunden. Ob das Wettbewerbsverbot in diesem Zeitraum dieselbe Reichweite hat wie im ungekündigten Arbeitsverhältnis ist vom BAG offengelassen worden6 und wird in der Instanzrechtsprechung bezweifelt7.

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Der Arbeitgeber kann die Unterlassung unlauteren Wettbewerbs verlangen8 oder gem. § 61 Abs. 1 HGB wählen zwischen Schadensersatz9 und einem auf Handlungsgehilfen beschränkten10 Eintrittsrecht11 mit der Möglichkeit der Gewinnabschöpfung aus dem verbotenen Geschäft. Er kann auch eine Stufenklage erheben, wenn diese auf Auskunft über Tatsachen gerichtet ist, die einen Schadensersatzanspruch zu begründen geeignet sind. Die Richtigkeit dieser Auskunft ist erforderlichenfalls mit einer eidesstattlichen Versicherung zu versichern (§ 260 Abs. 2 BGB analog)12. 1 LAG Baden-Württemberg v. 18.10.2006 – 13 Sa 69/05; s. allgemein zum Wettbewerb innerhalb und außerhalb des Arbeitsverhältnisses Kittner, BB 2011, 1013. 2 LAG Hamm v. 1.12.2011 – 15 Sa 972/11; LAG Rheinland-Pfalz v. 21.1.2006 – 11 Sa 476/05. 3 BAG v. 30.5.1978 – 2 AZR 598/76; LAG Köln v. 8.12.1995 – 13 Sa 1153/95; HWK/Diller, § 60 HGB Rz. 6. 4 LAG Düsseldorf v. 2.7.1999 – 14 Sa 487/99. 5 ErfK/Oetker, § 60 HGB Rz. 3. 6 BAG v. 28.1.2010 – 2 AZR 1008/08, Rz. 24. 7 Hessisches LAG v. 20.3.2013 – 6 Sa 617/12. 8 LAG Rh.-Pf. v. 17.12.2009 – 5 SaGa 13/09, Arbeitgeber muss sich nicht mit der Erklärung zufriedengeben, der Arbeitnehmer werde keine Interna preisgeben. 9 BAG v. 26.9.2012 – 10 AZR 370/10, s. dort zu den eingeschränkten Möglichkeiten der Schadensschätzung, grundlegend BGH v. 8.5.2012 – VI ZR 37/11. 10 LAG Berlin v. 17.2.1970 – 4 (5) Sa 115/67. 11 BAG v. 16.6.1976 – 3 AZR 73/75. 12 LAG Berlin-Brandenburg. v. 16.8.2012 – 5 Sa 668/12, auch, wenn es sich um die Namen von Krankenversicherten handelt.

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Anspruch auf Unterlassung von Konkurrenzttigkeit

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Rz. 11 I

2. Streitige Arbeitgeberkündigung Hat der Arbeitgeber eine Kündigung ausgesprochen, die vom Arbeitneh- 9 mer angegriffen worden ist, so kann für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist (oder bei der fristlosen Kündigung ab Zugang) ein wirksames Wettbewerbsverbot nur dann entstehen, wenn die Voraussetzungen der §§ 74 ff. HGB vorliegen1 (str.). Der Arbeitgeber geht aufgrund der von ihm für wirksam gehaltenen Kündigung davon aus, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Ablauf der Kündigungsfrist sein Ende gefunden hat, und kann daher folgerichtig nur dann eine Unterlassung von Wettbewerb verlangen, wenn er die Zahlung einer Karenzentschädigung zugesichert hat und die übrigen Voraussetzungen vorliegen. Allein das Anerbieten einer Karenzentschädigung2 reicht nicht aus, da somit die sonstigen Voraussetzungen eines wirksamen Wettbewerbsverbots umgangen würden. Der anderen Auffassung des BAG3 ist nicht zu folgen. Der Arbeitnehmer, 10 der die Kündigung des Arbeitgebers gleichzeitig angreift und ihm trotz des nach seiner Auffassung fortbestehenden Arbeitsverhältnisses Konkurrenz macht, verhält sich entgegen der Auffassung des (für Kündigungen zuständigen) 2. Senats nicht widersprüchlich, sondern begegnet lediglich der Situation, die der Arbeitgeber durch seine in ihrer Wirksamkeit streitige Kündigung geschaffen hat. Nach der grundsätzlichen Risikoverteilung, wie sie auch in § 615 BGB zum Ausdruck kommt, trägt der Arbeitgeber sämtliche Risiken, die sich aus der Unwirksamkeit seiner Kündigung ergeben. Mit dieser Risikoverteilung wäre es nicht zu vereinbaren, wenn der Arbeitgeber sich einerseits auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses berufen könnte, wenn es etwa um den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch geht (der ja grundsätzlich erst nach einem Urteil erster Instanz möglich ist), aber andererseits rechtliche Vorteile beanspruchen könnte, die den weiteren Bestand des Arbeitsverhältnisses voraussetzen. 3. Streitige Arbeitnehmerkündigung Auch die Wirksamkeit einer vom Arbeitnehmer ausgesprochenen Kündi- 11 gung des Arbeitsverhältnisses kann zweifelhaft sein. Zwar steht dem Arbeitnehmer grundsätzlich ein freies Kündigungsrecht zu, jedoch kann sich der Arbeitgeber zur Begründung der Unwirksamkeit etwa auf die 1 Schäfer, Rz. 109; vgl. weiter LAG Hess. v. 21.6.1990 – 9 Sa 1437/89 für den Fall, dass der Arbeitgeber fristlos und der Arbeitnehmer fristgemäß gekündigt hat; Leuchten, NZA 2011, 391 will jeweils prüfen, ob die Aufrechterhaltung eines Wettbewerbsverbots während des Kündigungsschutzprozesses überhaupt dem berechtigten geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers dient. 2 So LAG Köln v. 4.7.1995 – 9 Sa 484/95; Hoß, DB 1997, 1818. 3 BAG v. 25.4.1991 – 2 AZR 624/90 mit ausführlicher Abhandlung der Literaturauffassungen, bestätigt im Beschluss des BAG v. 13.12.2007 – 2 AZR 196/06; dem folgend KR/Fischermeier, § 626 Rz. 462; a.A. Korinth, ArbRB 2013, 61; Scholz in Ostrowicz/Künzl/Scholz, S. 594.

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I Rz. 12

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Nichteinhaltung einer bestimmten Form für die Kündigung berufen. Darüber hinaus kann streitig sein, ob der Arbeitnehmer zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung berechtigt war. Auch die arbeitnehmerseitige außerordentliche Kündigung bedarf eines wichtigen Grundes i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB1. Weiter kann die Länge der Kündigungsfrist zwischen den Arbeitsvertragsparteien streitig sein. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber Wettbewerbsenthaltung fordern, wenn er den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses darlegt und glaubhaft macht. Im Falle einer vom Arbeitnehmer erklärten außerordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber somit glaubhaft machen, dass diese sich im Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als unwirksam herausstellen wird2. Die Darlegungslast des Arbeitgebers ist jedoch notwendigerweise auf die Erkenntnisse beschränkt, die er zum Zeitpunkt der Antragstellung hat. Gibt der Arbeitnehmer keinerlei Begründung für seine fristlose Kündigung, reicht die Darlegung, dass kein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB vorliegt. Der Arbeitgeber ist hier nicht etwa gehalten, sämtliche möglichen Kündigungsgründe zu widerlegen. Liegt eine Begründung vor, muss er sich jedoch im Einzelnen damit auseinander setzen. Der Umfang der rechtlichen Prüfung ist dabei nicht geringer als im Hauptsacheverfahren3. 4. Inhaltliche Reichweite des Wettbewerbsverbots 12

Nicht vom Wettbewerbsverbot erfasst sind Vorbereitungshandlungen, die die weitere berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses einleiten sollen4. Dabei ist die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Wettbewerbshandlungen schwierig5. Maßgeblich ist, ob durch das Verhalten des Arbeitnehmers schon unmittelbar in die Geschäfts- oder Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers eingegriffen wird. Immer dann, wenn die Vorbereitungsmaßnahmen schon selbst als Teil der werbenden Tätigkeit aufzufassen sind, sind sie einer verbotenen Konkurrenztätigkeit zuzurechnen6. Nicht ausreichend für die Annahme einer Wettbewerbshandlung ist das bloße Gründen eines eigenen Unter1 BAG v. 12.3.2009 – 2 AZR 894/07 und v. 4.12.1997 – 2 AZR 799/96. 2 LAG Hamm v. 7.4.1983 – 8 Ta 41/83; Schäfer, Rz. 111; a.A. LAG Hamm v. 4.9.2012 – 14 SaGa 9/12, dort auch zu den wichtigen Gründen, die der Arbeitgeber setzten kann: LAG Köln v. 14.11.1989 – 11 Sa 930/90: Arbeitnehmer ist darlegungs- und beweispflichtig für Wirksamkeit seiner Kündigung; volle rechtliche Prüfung. 3 LAG Hamm v. 4.9.2012 – 14 SaGa 9/12. 4 St. Rspr. des BAG, Urteile v. 16.1.2013 – 10 AZR 560/11; v. 28.1.2010 – 2 AZR 1008/08 und v. 26.6.2008 – 2 AZR 190/07; s. allgemein zum Wettbewerb innerhalb und außerhalb des Arbeitsverhältnisses Kittner, BB 2011, 1013. 5 S. hierzu LAG Köln v. 25.2.2004 – 4 Sa 1311/03 und LAG Sachsen v. 23.1.2001 – 1 Sa 570/00 – zur Vorbereitungshandlung zur Errichtung eines eigenen Steuerberatungsbüros. 6 BAG v. 28.1.2010 – 2 AZR 1008/08; LAG Berlin-Brandenburg v. 12.2.2014 – 20 Sa 1426/13.

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Anspruch auf Unterlassung von Konkurrenzttigkeit

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Rz. 13 I

nehmens durch Schaffen der formalen und organisatorischen Voraussetzungen, wenn der Geschäftsbetrieb noch nicht aufgenommen worden ist und der Gegenstand des Unternehmens noch nicht erkennen lässt, ob eine Konkurrenzsituation eintreten kann oder nicht1. Der Erwerb einer Handelsgesellschaft und die Veranlassung der Eintragung in das Handelsregister reichen ebenso wenig aus wie die Umfirmierung, da die Gesellschaft hierdurch noch nicht werbend nach außen hin auftritt2. Das BAG sieht es jedoch bereits als eine unzulässige Wettbewerbshandlung an, wenn der Arbeitnehmer Kontakte zu Kunden seines Arbeitgebers im Hinblick auf seine künftige Tätigkeit knüpft und bei ihnen gewissermaßen „vorfühlt“, ob nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Zusammenarbeit möglich ist3. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Die hiergegen von Schäfer 4 geäußerten Bedenken überzeugen nicht. Der Umstand, dass der Arbeitnehmer bei einer so weiten Fassung des Wettbewerbsverbotes bestimmte Vorteile seiner bisherigen Tätigkeit nicht voll ausschöpfen kann, rechtfertigt keine Verletzung der zu seinem Arbeitgeber bestehenden Treuepflicht. Dabei ist zu beachten, dass der Arbeitgeber während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses ein rechtlich zu schützendes Vertrauen in die Loyalität seines Arbeitnehmers haben muss. Durch diese Einschränkungen wird der Arbeitnehmer auch nicht hinsichtlich seiner künftigen Tätigkeit chancenlos gestellt. Es ist ihm vielmehr, wenn auch mit Zeitverzögerung, möglich, seine bisherigen Kontakte zu nutzen. Es ist streitig, ob der Versuch der Abwerbung von Arbeitnehmern für ei- 13 ne spätere Konkurrenztätigkeit per se rechtswidrig ist5 oder ob ein zusätzliches Element der Sittenwidrigkeit hinzukommen muss6. Verhält der Arbeitnehmer sich rechtswidrig, kann er durch eine einstweilige Verfügung an der Fortsetzung seines Tuns gehindert werden7. Der Arbeitgeber kann die Pflichten jedoch nicht ohne weiteres in einem Aufhe1 KR/Fischermeier, § 626 Rz. 461. 2 BAG v. 26.6.2008 – 2 AZR 190/07; vgl. weiter LAG Berlin-Brandenburg v. 11.10.2012 – 5 Sa 1167/12 bezogen auf Vertragsstrafe und LAG Berlin-Brandenburg v. 25.2.2014 – 3 Sa 1825/13 – Abschluss eines Gesellschaftsvertrages zur Gründung einer GmbH, die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister, die bloße Gewerbeanmeldung, die Einrichtung einer Netz-Präsenz und der Antrag auf Erteilung einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis stellen als solche zulässige Vorbereitungshandlungen dar. 3 BAG v. 26.1.1995 – 2 AZR 355/94; ErfK/Oetker, § 60 HGB Rz. 8; vgl. weiter LAG Sachsen v. 23.1.2001 – 1 Sa 570/00 zur Vorbereitungshandlung zur Errichtung eines eigenen Steuerberatungsbüros; a.A. Scholz in Ostrowicz/Künzl/ Scholz, S. 594. 4 Schäfer, S. 84 Rz. 112. 5 So die h.M., BAG v. 11.11.1980 – 6 AZR 292/78; LAG Baden-Württemberg v. 21.2.2002 – 6 Sa 83/01; LAG Schl.-Holst. v. 6.7.1989 – 4 Sa 601/88; MünchArbR/ Blomeyer, § 52 Rz. 115 ff.; Schmiedl, BB 2003, 1120, 1122 m.w.N. 6 S. LAG Rh.-Pf. v. 7.2.1992 – 6 Sa 528/91 – und LAG Hamburg v. 21.12.1999 – 2 Sa 62/99. 7 Schmiedl, BB 2003, 1120, 1123.

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I Rz. 14

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

bungsvertrag derart erweitern, dass dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer für die Dauer von sechs Monaten nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses untersagt wird, selbst oder mit Hilfe Dritter Mitarbeiter seiner früheren Arbeitgeberin für eigene Zwecke abzuwerben. Dies kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot analog § 74 HGB darstellen, wenn der ausgeschiedene Arbeitnehmer durch diese Regelung in seinen beruflichen Möglichkeiten mehr als nur unerheblich eingeschränkt wird, auch wenn die Parteien gleichzeitig eine früher vereinbarte Kundenschutzklausel aufheben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die frühere Arbeitgeberin mit hochqualifizierten Arbeitnehmern Dienstleistungen für und bei Kunden erbringt und die persönliche Leistungserbringung durch die betreffenden Arbeitnehmer regelmäßig essentieller Bestandteil der Vertragsbeziehungen mit den Kunden ist1. 14

Der Verfügungsanspruch ist auch sonst hinsichtlich der verbotenen Tätigkeiten beschränkt.

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Von dem Wettbewerbsverbot ist nicht jedwede Tätigkeit des Arbeitnehmers für ein anderes Unternehmen umfasst. Vielmehr muss die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers auch bei der Bestimmung der Reichweite des Wettbewerbsverbots beachtet werden. Es müssen alle Umstände in eine Gesamtwürdigung einbezogen werden um festzustellen, ob die anderweitige Tätigkeit zu einer Beeinträchtigung oder gar Gefährdung der Arbeitnehmerinteressen führt. Bloße Hilfstätigkeiten ohne Wettbewerbsbezug werden davon wohl nicht umfasst2. Dementsprechend kann der Tenor auch nur dahin gehen, dem Arbeitnehmer eine konkrete Wettbewerbstätigkeit zu untersagen und nicht generell eine anderweitige Arbeitstätigkeit3. Dies gilt insbesondere bei gewerblichen Arbeitnehmern. Auch eine Vertragsklausel, die sämtliche Tätigkeiten für andere Arbeitgeber ausschließt, ist nicht wirksam, da sie die Berufsfreiheit unzulässig einschränkt4. Der Arbeitnehmer muss in dem Marktsegment seines Arbeitgebers tätig sein, um das Wettbewerbsverbot zu verletzen. Dies ist bereits dann der Fall, wenn ein in einem Unternehmen der Automobilindustrie beschäftigter Arbeitnehmer sich an einem Handel mit sog. Jahreswagen beteiligt5. Firmen stehen im Wettbewerb, wenn sie sich an einen übereinstimmenden Kundenkreis wenden und ein erfolgreicher Geschäftsabschluss eines Wettbewerbers zu Lasten seines Konkurrenten geht. Es ist nicht nötig, dass sich das Geschäft der Konkurrenten auf das 1 ArbG Berlin v. 4.3.2005 – 9 Ca 144/05. 2 BAG v. 24.3.2010 – 10 AZR 66/09; LAG Düsseldorf v. 4.9.2013 – 4 TaBV 15/13, wenn der Arbeitnehmer nicht in bewusster Schädigungsabsicht gehandelt hat; einschränkend aber Hessisches LAG v. 24.8.2012 – 9 Sa 80/12 für den Bereich der Steuerberater; klarer Verstoß aber beim Betreiben eine „Bausachverständigenbüros“, wenn der Arbeitgeber selbst Sachverständiger ist, LAG Berlin-Brandenburg v. 20.6.2014 – 9 Sa 562/14. 3 BAG v. 3.5.1983 – 3 AZR 62/81. 4 LAG Nürnberg v. 25.7.1996 – 8 (5) 206/95. 5 BAG v. 15.3.1990 – 2 AZR 484/89.

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Rz. 19 I

gleiche Produkt bezieht, sondern es reicht für die Annahme einer Wettbewerbssituation aus, dass der konkrete Bedarf des Kunden befriedigt und damit das vom Wettbewerber angebotene Produkt verdrängt oder ersetzt wird1. Dabei ist dem Arbeitnehmer nicht nur eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse untersagt, sondern es ist ihm gleichfalls nicht gestattet, einem Arbeitskollegen bei dessen konkurrierender Tätigkeit zu helfen oder einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen2. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die Grundsätze zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nicht uneingeschränkt anwendbar sind. Danach muss eine nicht unerhebliche Übereinstimmung des Fertigungsprogramms des konkurrierenden Unternehmens vorliegen. Dies gilt nicht für das hier behandelte Wettbewerbsverbot, da der Arbeitgeber es nicht dulden muss, dass sein Arbeitnehmer ihm während des Arbeitsverhältnisses auch nur teilweise Konkurrenz macht3. Mit der Tätigkeit für ein anderes Unternehmen unterstützt der Arbeit- 16 nehmer typischerweise das Konkurrenzunternehmen, und zwar regelmäßig unter Ausnutzung der beim bisherigen Arbeitgeber gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen. Somit ist kaum ein Fall denkbar, in dem der Arbeitnehmer für ein Konkurrenzunternehmen tätig wird, ohne damit zumindest mittelbar mit seinem bisherigen Arbeitgeber in Wettbewerb zu treten. Die bloße Kapitaleinlage bei einem Konkurrenten verletzt das Wettbe- 17 werbsverbot nicht4. Auch die Gründung einer Konkurrenz-GmbH während des Arbeitsverhältnisses ist nicht per se wettbewerbswidrig, wenn diese erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses und Beendigung des Wettbewerbsverbots werbend tätig wird5. Der Arbeitnehmer verletzt aber seine arbeitsvertraglichen Pflichten, 18 wenn er Kunden des Arbeitgebers seine Tätigkeit anbietet6, insbesondere wenn er dabei die Tätigkeiten anbietet, die üblicherweise von seinem Arbeitgeber durchgeführt werden. 5. Verfügungsgrund Wenn nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen ein Verfügungs- 19 anspruch gegeben ist, indiziert dies das Vorliegen eines Verfügungsgrun1 2 3 4

LAG Hamm v. 19.3.2001 – 16 Sa 322/01. BAG v. 21.11.1996 – 2 AZR 852/95. LAG Köln v. 8.12.1995 – 13 Sa 1153/95. ErfK/Oetker, § 60 HGB Rz. 8; a.A. LAG Köln v. 29.4.1994 – 13 Sa 1029/94 unter Berufung auf BAG v. 25.4.1991 – 2 AZR 524/90; vgl. weiter LAG Hess. v. 28.4.1998 – 9 Sa 2007/97, das jede Tätigkeit im Marktbereich des Arbeitgebers verbietet. 5 LAG Berlin-Brandenburg v. 11.10.2012 – 5 Sa 1167/12. 6 LAG Hess. v. 25.3.2004 – 14 Sa 2043/03.

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

des, sofern eine Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr besteht (s. I Rz. 32). Aus einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot folgt die Wiederholungsgefahr1. Die Dringlichkeit kann aber durch langes Zuwarten widerlegt werden2. Das Hauptsacheverfahren ist regelmäßig allein wegen seiner Zeitdauer nicht geeignet, dem Arbeitgeber hier effektiven Rechtsschutz zu gewähren, so dass zur Sicherung effektiven Rechtsschutzes eine Eilentscheidung notwendig ist. 20

Im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes muss dabei in Kauf genommen werden, dass für den Zeitraum der Untersagungsverfügung die Hauptsache endgültig vorweggenommen wird3. 6. Antrag/Tenor

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Bei der Fassung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist angesichts des begrenzten Verfügungsanspruches größte Sorgfalt geboten. Der Antrag darf nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis nicht mehr klar umrissen sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist. Inhalt und Umfang eines beantragten Unterlassungsgebots müssen eindeutig feststehen, so dass der Gegner sein Verhalten im Hinblick auf die gem. § 890 Abs. 1 ZPO drohenden Ordnungsmittel nach dem gerichtlichen Unterlassungsurteil richten kann4. Ein Antrag, „jegliche Art von Wettbewerbstätigkeit zu Lasten der Antragstellerin zu unterlassen“ wäre m.E. zu unbestimmt, da die Frage, ob eine bestimmte Tätigkeit einen unzulässigen Wettbewerb darstellt, erst im Vollstreckungsverfahren geklärt werden könnte5. Die Androhung von Ordnungsmaßnahmen kann bereits im Tenor der Unterlassungsverfügung enthalten sein und sollte daher mit dem Verfügungsantrag begehrt werden (s. hierzu Muster 27, I Rz. 26). 7. Auskunftsanspruch

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Für den Arbeitgeber stellt sich bisweilen das Problem, dass er zwar von einer weiteren Tätigkeit seines Arbeitnehmers weiß, jedoch nicht beur1 LAG Nds. v. 8.12.2005 – 7 Sa 1871/05. 2 LAG Düsseldorf v. 19.9.2012 – 12 SaGa 17/12 bei einem Zuwarten von acht Wochen; vgl. aber Hess. LAG v. 10.5.2010 – 16 SaGa 341/10, das in anderem Zusammenhang das Zuwarten für unschädlich hält, solange Vergleichsverhandlungen laufen. 3 LAG Köln v. 14.11.1989 – 11 Sa 930/89 unter 4. der Entscheidungsgründe; LAG Nürnberg v. 31.7.2001 – 6 Ga 408/01 unter 3. der Entscheidungsgründe; ArbG Düsseldorf v. 21.1.2000 – 1 Ga 99/99 z. Verfügungsgrund bei unwirksamer außerordentlicher Arbeitnehmerkündigung und Ankündigung, zur Konkurrenz wechseln zu wollen. 4 BAG v. 3.12.2008 – 5 AZR 469/07. 5 So aber der Vorschlag bei Klevemann/Braun, § 12 Rz. 42.

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teilen kann, ob diese für ein Konkurrenzunternehmen erfolgt. Es ist streitig, ob ein Auskunftsanspruch, so er denn besteht1, überhaupt mit einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann2. Ein diesbezüglicher Verfügungsanspruch ergibt sich meines Erachtens aus der Loyalitätspflicht des Arbeitnehmers, die es ihm gebietet, dem Arbeitgeber notwendige Auskünfte betreffend das Arbeitsverhältnis zu erteilen, wenn ihm dies ohne weiteres möglich ist3. Hieran hat der Arbeitgeber auch ein berechtigtes Interesse, da er nur so beurteilen kann, ob eine Konkurrenzsituation vorliegt oder nicht. Ein Auskunftsanspruch ist jedoch unbegründet, insoweit er auf Auskünfte von Tatsachen gerichtet ist, die einen Schadensersatzanspruch nicht begründen können4. Dies gilt auch, wenn die begehrten Tatsacheninformationen keine sonstigen Rechtsansprüche zu begründen geeignet sind. An den Verfügungsgrund sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Dabei ist einerseits zu beachten, dass mit der Verpflichtung zur Auskunftserteilung die Hauptsache in diesem Punkt weggenommen wird. Andererseits besteht das eigentliche Rechtsschutzziel des Arbeitgebers in der Untersagung von Wettbewerbshandlungen. Diese „Hauptsache hinter der Hauptsache“ bedarf auch einer Sicherung. Dabei muss aber ein begründeter Anlass für das Auskunftsersuchen vorliegen, und es muss eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür vorliegen, dass der Arbeitnehmer für ein Konkurrenzunternehmen tätig ist. Dies ist von ihm substantiiert darzulegen und glaubhaft zu machen5. 8. Zuständigkeit Für Wettbewerbsverstöße sind die Gerichte für Arbeitssachen gem. §§ 2 23 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d, 3 ArbGG ausschließlich zuständig6. Dies gilt auch für den Vorwurf eines Arbeitgebers gegen seinen gekündigten Arbeitnehmer, dieser habe über ihn gegenüber Kollegen noch während der Laufzeit des Arbeitsverhältnisses zwecks Abwerbung anschwärzende und geschäftsschädigende Behauptungen aufgestellt7. 9. Streitwert Der Streitwert für einen Antrag auf Verbot der Konkurrenztätigkeit hat 24 sich am wirtschaftlichen Interesse des die Unterlassung begehrenden Ar-

1 Dafür LAG Baden-Württemberg v. 21.2.2002 – 6 Sa 83/01 und LAG Köln v. 17.1.2002 – 5 Sa 1141/01, das es ausreichen lässt, wenn der Arbeitgeber die Wahrscheinlichkeit seines Anspruchs darlegt. 2 Grundsätzlich verneinend Zöller/Vollkommer, § 940 Rz. 8 „Auskunft“ m.w.N. 3 Vgl. LAG Berlin v. 16.9.1998 – 15 Sa 68/98, n.v. 4 LAG Berlin-Brandenburg v. 16.8.2012 – 5 Sa 668/12. 5 LAG Nürnberg v. 23.4.1996 – 6 Sa 287/96. 6 KG v. 7.12.2004 – 5 W 154/04 und v. 3.3.1998 – 5 W 1129/98. 7 OLG Düsseldorf v. 19.7.2002 – 20 W 55/02.

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beitgebers zu orientieren. Maßgeblich ist insbesondere die befürchtete Umsatz- oder Gewinneinbuße. Dabei sind jedoch Abschläge zu machen, wenn der Arbeitgeber einer Schadensersatzklage angekündigt oder erhoben hat. Auch die Möglichkeit des Arbeitnehmers, sich durch Eigenkündigung vom Arbeitsverhältnis zu lösen, begrenzt den Streitwert1. Lediglich in den Fällen, in denen keine konkreten Anhaltspunkte für das wirtschaftliche Interesse vorliegen, kann die Höhe der vereinbarten oder mindestens zu vereinbarenden Karenzentschädigung einen Anhaltspunkt darstellen. 25

Muster 26 Einstweilige Verfgung auf Unterlassung von Wettbewerb whrend der Dauer des Arbeitsverhltnisses An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung der … GmbH … – Antragstellerin – Prozessbevollmchtigter: … gegen … – Antragsgegner – beantrage ich im Namen und im Auftrag der Antragstellerin wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Verhandlung den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht festzusetzenden Zwangsgeldes – ersatzweise Zwangshaft – untersagt, bis zum … fr die … GmbH … ttig zu werden. oder bis zum … einer selbstndigen Ttigkeit nachzugehen, die Folgendes zum Inhalt hat (przise Beschreibung der zu unterlassenden Ttigkeit). Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen.

1 LAG Thüringen v. 8.9.1998 – 8 Ta 89/98; a.A. LAG Hamm v. 23.12.1980 – 8 Ta 148/80 – Höhe der Karenzentschädigung.

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Anspruch auf Unterlassung von Konkurrenzttigkeit

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Rz. 25 I

Begrndung Der Antragsgegner wurde mit Arbeitsvertrag vom … bei der Antragstellerin als Leiter der Forschungsabteilung eingestellt. Die Kndigungsfrist wurde einzelvertraglich mit sechs Monaten zum Halbjahresschluss vereinbart. Das monatliche Bruttogehalt betrug 9800 b. Glaubhaftmachung: Vorlage des schriftlichen Arbeitsvertrages, als Anlage K1 in Ablichtung anbei. Der Antragsgegner hat mit Schreiben vom … das Arbeitsverhltnis fristlos gekndigt. Glaubhaftmachung: Vorlage des Schreibens, als Anlage K2 in Ablichtung anbei. Unmittelbar nach dieser fristlosen Kndigung hat der Antragsgegner eine Beschftigung als Leiter der Forschungsabteilung der … GmbH … aufgenommen. Diese steht in direktem Wettbewerb zur Antragstellerin. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Geschftsfhrers der Antragstellerin, als Anlage K3 anbei. (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) alternativ: Der Antragsgegner hat am … eine selbstndige Ttigkeit aufgenommen, mit der er in Wettbewerb zur Antragstellerin getreten ist. Die fristlose Kndigung des Antragsgegners ist unwirksam. Dieser hatte in einem Gesprch mit dem Geschftsfhrer eine Woche vor seiner fristlosen Kndigung eine erhebliche Aufstockung seines Gehaltes gefordert und fr den Fall der Weigerung seinen sofortigen bertritt zur Konkurrenz angedroht. Dieses Ansinnen wurde vom Geschftsfhrer abgelehnt. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Geschftsfhrers. Aus dieser Ablehnung resultiert jedoch kein Recht zur fristlosen Kndigung des Antragsgegners. Selbst wenn er bei der Konkurrenz das von ihm begehrte Gehalt erhlt, ist es ihm zuzumuten, die einzelvertraglich vereinbarte Kndigungsfrist einzuhalten. Das Arbeitsverhltnis besteht somit bis zum … fort. Whrend dieser Zeit hat sich der Antragsgegner aufgrund der ihm obliegenden Treuepflicht des Wettbewerbs zu enthalten. Der Verfgungsgrund liegt darin, dass ein vorlufig vollstreckbarer Titel erster Instanz im Hauptsacheverfahren erst nach etwa einem halben Jahr vorlie-

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I Rz. 26

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

gen wrde und der Antragsgegner in der Zeit der Antragstellerin vertragswidrig Konkurrenz machen kçnnte. Zur Sicherung effektiven Rechtsschutzes ist daher eine Eilmaßnahme geboten. Unterschrift

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Muster 27 Schutzschrift betreffend Unterlassung von Wettbewerb whrend der Dauer des Arbeitsverhltnisses An das ArbG Schutzschrift In Sachen der … GmbH … – mçgliche Antragstellerin – gegen … – mçglicher Antragsgegner – wegen Abwehr einer einstweiligen Verfgung wird beantragt, den zu erwartenden Antrag der Antragstellerin, dem Antragsgegner bis zum … eine Ttigkeit bei der X-GmbH zu untersagen, zurckzuweisen, hilfsweise, ber den Antrag nur nach mndlicher Verhandlung zu entscheiden. Begrndung Der Antragsgegner ist seit dem … bei der Antragstellerin als Leiter der Forschungsabteilung beschftigt. Im Arbeitsvertrag wurde eine Kndigungsfrist von sechs Monaten zum Halbjahresschluss vereinbart. Der Antragsgegner hat das Arbeitsverhltnis mit Schreiben vom … fristlos gekndigt und sodann eine Ttigkeit bei der X-GmbH aufgenommen, die in einem Konkurrenzverhltnis zur Antragstellerin steht. Die Antragstellerin wird voraussichtlich versuchen, dem Antragsgegner diese Ttigkeit mittels einer einstweiligen Verfgung zu untersagen. Ein solcher Antrag wre unbegrndet, da die fristlose Kndigung des Antragsgegners wirksam ist. Die Antragstellerin befindet sich in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Dies hatte zur Folge, dass das vertraglich vereinbarte Entgelt von 9800 b brutto in den vergangenen Jahren nur schleppend, teilweise gar nicht gezahlt wurde (nhere Darstellung der Flligkeitstermine, der Zahlungsdaten und der Angabe der nicht gezahlten Vergtungen).

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Anspruch auf Unterlassung von Wettbewerb nach Vertragsende

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Rz. 27 I

Glaubhaftmachung: Vorlage der Bankauszge, in Ablichtung als Anlage B1 anbei; eidesstattliche Versicherung des Antragsgegners. (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Der Antragsgegner hat mehrfach auf eine pnktliche Zahlung seines Entgeltes gedrungen und die Antragstellerin abgemahnt (nhere Darlegung des Schriftwechsels). Zuletzt wurde mit Schreiben vom … mit dem Ausspruch der fristlosen Kndigung gedroht, wenn die ausstehenden Gehaltsforderungen nicht bis zum … erfllt werden. Dieser Aufforderung ist die Antragstellerseite nicht nachgekommen, so dass die darauf gesttzte fristlose Kndigung gerechtfertigt war. Glaubhaftmachung: Vorlage der Schreiben, in Ablichtung als Anlagen B2 ff. anbei. Zwischen den Parteien wurde auch kein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, so dass der Antragsgegner nach dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhltnisses aufgrund seiner Berufsfreiheit auch eine Ttigkeit fr ein Konkurrenzunternehmen auszuben berechtigt ist. Sollte das Gericht den vorstehenden Sachvortrag als nicht ausreichend erachten, so wird fr den Fall, dass ein Verfgungsantrag eingeht, um einen entsprechenden richterlichen Hinweis gem. § 139 ZPO gebeten. Auf keinen Fall sollte ohne mndliche Verhandlung entschieden werden, da die Ausbung der Ttigkeit fr den Antragsgegner von erheblicher Bedeutung ist (ggf. nher ausfhren). Unterschrift

III. Anspruch auf Unterlassung von Wettbewerb nach Vertragsende 1. Fehlen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes a) Grundsätzliche Freiheit der Erwerbstätigkeit Mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses endet grundsätzlich auch die 27 Pflicht des Arbeitnehmers zur Wettbewerbsenthaltung. Der Arbeitgeber kann sich vor einer nachvertraglichen Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers nur durch die Vereinbarung eines bezahlten und auf höchstens 207

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I Rz. 28

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

zwei Jahre befristeten Wettbewerbsverbots gem. §§ 74 ff. HGB schützen (vgl. dazu unter I Rz. 37). Liegt dies nicht vor, kann der Arbeitnehmer wie jeder sonstige Konkurrent am Markt auftreten. Dabei kann er auch sein im bisherigen Arbeitsverhältnis erworbenes Erfahrungswissen einschließlich der Kenntnisse von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen einsetzen und in den Kundenkreis des bisherigen Arbeitgebers eindringen1. Auch das Abwerben fremder Mitarbeiter und Kunden als Teil des freien Wettbewerbs ist grundsätzlich erlaubt2 (zu den Grenzen s. I Rz. 31), ebenso wie sich der ausgeschiedene Arbeitnehmer an Patienten an einer Klinik wenden kann, um sie für eine Behandlung in einer Konkurrenzeinrichtung zu gewinnen3. Für Streitigkeiten aus einem solchen Wettbewerbsverbot sind die Gerichte für Arbeitssachen auch dann zuständig, wenn der Arbeitnehmer bereits ausgeschieden ist, sofern der Anspruch im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht4. b) Vereinbarung über Stillschweigen und Kundenschutzklauseln 28

Vor einem solchen Wettbewerbsverhalten kann sich der Arbeitgeber auch nicht dadurch schützen, dass er im Arbeitsvertrag oder eventuell in einem Aufhebungsvertrag vereinbart, dass der Arbeitnehmer über einen ganzen Geschäftsbereich oder generell über das beim bisherigen Arbeitgeber erworbene Fachwissen Stillschweigen bewahrt. Wenn dem Arbeitnehmer jede berufliche Verwertung seiner beim bisherigen Arbeitgeber erworbenen Kenntnisse verwehrt wird, ist die Grenze zum entschädigungspflichtigen Wettbewerbsverbot überschritten5. Allerdings können die Arbeitsvertragsparteien im Einzelfall vereinbaren, dass der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein bestimmtes Betriebsgeheimnis des bisherigen Arbeitgebers auf Dauer nicht für eine eigene berufliche Tätigkeit nutzt6. Die Grenze ist hier im Einzelfall schwierig zu ziehen7. So kann etwa die Tätigkeit eines Arbeitnehmers in der Entwicklung eines einzigen Patentes bestanden haben. Wenn er vertraglich verpflichtet wird, hierüber Stillschweigen zu bewahren und es nicht für eine eigene berufliche Tätigkeit einzusetzen, so ist dies gleich1 LAG Berlin-Brandenburg v. 28.1.2014 – 7 Sa 1521/13; BAG v. 15.6.1993 – 9 AZR 558/91; HWK/Diller, § 74 HGB Rz. 5; zu den Grenzen s. I Rz. 31. 2 BAG v. 26.9.2012 – 10 AZR 370/10; LAG Berlin-Brandenburg v. 12.2.2014 – 20 Sa 1426/13, Wettbewerbswidrigkeit des Einbrechens in fremde Vertragsbeziehungen nur bei Hinzutreten besonderer Unlauterkeitsmerkmale. 3 LAG Köln v. 18.1.2012 – 9 Ta 407/11. 4 LAG Berlin-Brandenburg v. 28.1.2014 – 7 Sa 1521/13; KG v. 3.3.1998 – 5 W 1129/98. 5 S. zur Unwirksamkeit der sog. verdeckten Mandantenschutzklausel BAG v. 11.12.2013 – 10 AZR 286/13; BAG v. 15.6.1993 – 9 AZR 558/91. 6 BAG v. 16.3.1982 – 3 AZR 83/79 und v. BAG v. 15.6.1993 – 9 AZR 558/91. 7 HWK/Diller, § 74 HGB Rz. 55 ff. zu den Einzelheiten; s. zur vergleichenden Darstellung der deutschen und der US-amerikanischen Rechtslage Sander, GRURInt. 2013, 217.

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Anspruch auf Unterlassung von Wettbewerb nach Vertragsende

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Rz. 30 I

bedeutend mit der völligen Unverwertbarkeit seiner bisherigen Berufserfahrung im weiteren Erwerbsleben. Hier kann die Nichtverwertung des Erfahrungswissens meines Erachtens nur durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gesichert werden. Allein aus der Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers an sich folgt noch kein generelles Verbot, Kunden des ehemaligen Arbeitgebers zu umwerben1. Bei den sog. Kundenschutzklauseln muss im Einzelfall unterschieden 29 werden, ob die Grenze zum entschädigungspflichtigen Wettbewerbsverbot überschritten ist. Diese Klauseln verbieten dem Arbeitnehmer, binnen einer bestimmten Frist nach Ende des Arbeitsvertrages für Kunden des Arbeitgebers tätig zu sein. Im Zusammenhang mit ähnlichen Klauseln bei Steuerberatern hat das BAG zwischen den beschränkten und den allgemeinen Mandantenschutzklauseln differenziert. Die zuerst Genannten verbieten dem Angestellten lediglich, sich aktiv um Mandanten seines bisherigen Arbeitgebers zu bemühen, und sind entschädigungslos zulässig2. Das LAG Frankfurt/M. leitet eine Verpflichtung, sich jedenfalls während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht um die Mandanten des Arbeitgebers zu bemühen, aus der Treuepflicht ab, hält aber die nachvertragliche Betreuung für zulässig, sofern diese ohne vorherige Werbung um den Mandanten geschieht3. Für allgemeine Klauseln, die generell die Betreuung früherer Mandanten verbieten, gelten die §§ 74 ff. HGB entsprechend, da sie die Erwerbstätigkeit ähnlich wie ein Wettbewerbsverbot beschränken4. Diese Grundsätze gelten in einer für den Arbeitgeber verschärften Form auch in der freien Wirtschaft5. Im Einzelfall kann auch eine projektspezifische Kundenschutzklausel sittenwidrig und damit gem. § 138 BGB unwirksam sein, zumal wenn sie dem Arbeitnehmer vor jedem beabsichtigten Projekt abverlangt wird6. Zunächst ist aber in diesen Fällen zu prüfen, ob die Klausel dem Be- 30 stimmtheitserfordernis genügt. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Angestellte sich verpflichtet, im Falle seines Ausscheidens für einen bestimmten Zeitraum „weder im eigenen Namen noch im Namen Dritter direkt bei einem der Auftraggeber oder Interessenten des Arbeitgebers tätig zu werden“. Der Begriff des „Interessenten“ ist hier so unbestimmt, dass für den Arbeitnehmer die Grenzen des Verbots nicht eindeutig be-

1 BAG v. 15.12.1987 – 3 AZR 474/86. 2 BAG v. 7.8.2002 – 10 AZR 586/01; Meier, NZA 2013, 253 hält dies nach Inkrafttreten der Schuldrechtsreform für nicht mehr vertretbar, zu den Einzelheiten s. dort. 3 LAG Frankfurt/M. v. 25.4.1990 – 2/10 Sa 100/88, n.v. 4 BAG v. 25.9.1980 – 3 AZR 638/78; vgl. OLG Düsseldorf v. 21.10.2003 – 20 U 139/02: Schadensersatz ohne Kundenschutzklausel nur, wenn Mandanten in unlauterer Weise abgeworben wurden. 5 BAG v. 15.12.1987 – 3 AZR 474/86 – unter BI 2c der Entscheidungsgründe. 6 OLG Stuttgart v. 1.8.2001 – 20 U 55/01; LG Frankfurt/M. v. 13.1.1992 – 2/21 O 311/91 unter Hinweis auf BGH v. 29.10.1990 – II ZR 241/90.

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I Rz. 31

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

stimmbar sind. Auch eine geltungserhaltende Reduktion solcher Klauseln ist nicht möglich1. 31

Die Grenzen der Verwertbarkeit von im Arbeitsverhältnis erworbenem Wissen ergeben sich aus den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz vor unlauterem Wettbewerb, § 1 UWG, §§ 823, 826 BGB2. Dem Arbeitnehmer kann untersagt werden, rechtswidrig beschaffte oder beim Ausscheiden zurückgehaltene Listen oder sonstige Informationsträger zu verwenden, in denen Betriebsgeheimnisse des Arbeitgebers verkörpert sind3. Dabei kann eine Liste mit Kundendaten unabhängig davon ein Geschäftsgeheimnis i.S.v. § 17 Abs. 1 UWG darstellen, ob ihr ein bestimmter Vermögenswert zukommt. Ein ausgeschiedener Mitarbeiter, der ein Geschäftsgeheimnis seines früheren Arbeitgebers schriftlichen Unterlagen entnimmt, die er während des früheren Dienstverhältnisses zusammengestellt und im Rahmen seiner früheren Tätigkeit befugtermaßen bei seinen privaten Unterlagen – etwa in einem privaten Adressbuch oder auf einem privaten PC – aufbewahrt hat, verschafft sich damit dieses Geschäftsgeheimnis unbefugt i.S.v. § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG4. Hierfür ist der Arbeitgeber in vollem Umfange darlegungs- und beweispflichtig. Dabei besteht kein Anscheinsbeweis dafür, dass ein Arbeitnehmer unbefugt erlangte Betriebsgeheimnisse auch verwertet oder weitergibt5. Der Arbeitgeber ist auch für eine Wiederholungsgefahr darlegungs- und beweispflichtig. Neben der Unterlassung der Verwertung kommt eine einstweilige Verfügung auf Herausgabe rechtswidrig erlangter Unterlagen in Betracht6. Die grundsätzlich erlaubte Abwerbung von Mitarbeitern ist dann unzulässig, wenn wettbewerbsrechtlich unlautere Begleitumstände hinzukommen, insbesondere unlautere Mittel eingesetzt oder unlautere Zwecke verfolgt werden. Die kann der Fall sein, wenn „verwerfliche Zwecke“ verfolgt oder „verwerfliche Mittel und Methoden“ angewandt werden7. Dies kommt dann in Betracht, wenn der ehemalige Arbeitnehmer mithilfe von Arbeitnehmern, die noch im Arbeitsverhältnis zu dem bisherigen Arbeitgeber stehen und unter Ausnutzung von dessen sächlicher und personeller Betriebsmittel Führungspersonal abwirbt8 bzw. die Adressaten seiner Werbeanstrengungen zum Vertragsbruch anstiftet9. 1 ArbG Berlin v. 21.4.1999 – 79 Ga 10113/99, n.v. 2 S. dazu ausführlich Müller-Bidinger/Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG, 3. Aufl. 2013, § 4 Nr. 10 UWG. 3 BAG v. 15.12.1987 – 3 AZR 474/86. 4 BGH v. 27.4.2006 – I ZR 126/03. 5 BAG v. 15.12.1987 – 3 AZR 474/86. 6 Schuschke in Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, vor § 935 Rz. 132. 7 BGH v. 11.1.2007 – I ZR 96/04. 8 BGH v. 11.1.2007 – I ZR 96/04, Rz. 14, dem folgend BAG v. 26.9.2012 – 10 AZR 370/10; s. weiter BGH v. 4.3.2004 – I ZR 221/01 zur Wettbewerbswidrigkeit beim Personalberater und BGH v. 9.2.2006 – I ZR 73/02; Götting/Hetmank, WRP 2013, 421. 9 ArbG Berlin v. 16.11.2012 – 28 Ca 14858/12 unter Hinweis auf BGH v. 24.4.1994 – I ZR 74/92.

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Anspruch auf Unterlassung von Wettbewerb nach Vertragsende

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Rz. 33a I

c) Verfügungsgrund Für den Verfügungsgrund ist eine Wiederholungsgefahr erforderlich. Der 32 Arbeitgeber hat darüber hinaus darzulegen, dass eine seine Interessen nachhaltig schädigende Wettbewerbshandlung durch die Verwertung der rechtswidrig mitgenommenen Unterlagen droht. Dem ist das Interesse des Arbeitnehmers an einer ungehinderten Berufsausübung i.S.v. Art. 12 GG gegenüberzustellen. Dabei ist auch zu beachten, dass für die Dauer der einstweiligen Verfügung die Hauptsache vorweggenommen wird. Es bedarf im Rahmen der Interessenabwägung einer gesonderten Prüfung, ob dies angesichts der konkreten Sachlage gerechtfertigt ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass dem Arbeitgeber ein konkreter Schadensnachweis für den Fall der Fortsetzung der wettbewerbswidrigen Handlung kaum möglich sein wird1. d) Zuständigkeit/Antrag/Tenor Auch Verstöße gegen das UWG, die der Arbeitnehmer nach Beendigung 33 des Arbeitsverhältnisses zu Lasten seines früheren Arbeitgebers begeht, können die Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d ArbGG begründen. Die unerlaubte Handlung muss aber in einem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen. Der erforderliche Zusammenhang ist gegeben, wenn die unerlaubte Handlung in einer inneren Beziehung zu dem Arbeitsverhältnis steht und in den ihm eigentümlichen Reibungs- und Berührungspunkten wurzelt2. Begehrt der frühere Arbeitgeber von einem Konkurrenten die Unterlassung der Beschäftigung rechtswidrig abgeworbener Arbeitnehmer, sind die Gerichte für Zivilsachen zuständig. Bei der Antragsfassung ist darauf zu achten, dass dem Arbeitnehmer 33a nicht jedwede Wettbewerbshandlung verboten ist, sondern nur die Verwertung von rechtswidrig angeeigneten Betriebsgeheimnissen. Dem ist durch eine entsprechend präzise Antragstellung Rechnung zu tragen (vgl. Muster 28, I Rz. 35). Auch hier ist darauf zu achten, dass die inhaltliche Reichweite der Unterlassungsverpflichtung nicht in das Zwangsvollstreckungsverfahren delegiert werden darf3. Welche Anforderungen dabei an die Konkretisierung des Streitgegenstandes im Unterlassungsantrag zu stellen sind, ist auch abhängig von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalls4.

1 S. zu den sehr beschränkten Möglichkeiten der Schadensschätzung BAG v. 26.9.2012 – 10 AZR 370/10; BGH v. 8.5.2012 – VI ZR 37/11 und v. 22.11.2007 – I ZR 183/04. 2 LAG Hamm v. 4.12.2006 – 2 Ta 804/06. 3 Grundsätzlich BAG v. 3.12.2008 – 5 AZR 469/07; instruktiv LAG Köln v. 18.1.2012 – 9 Ta 407/11. 4 LAG Köln v. 18.1.2012 – 9 Ta 407/11 unter Hinweis auf BGH v. 4.7.2002 – I ZR 38/00 und LAG Sachsen-Anhalt v. 10.7.2009 – 9 Sa 167/08.

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I Rz. 34

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

e) Streitwert 34

Der Streitwert für einen Antrag auf Verbot der Konkurrenztätigkeit hat sich am wirtschaftlichen Interesse des die Unterlassung begehrenden Arbeitgebers zu orientieren. Maßgeblich ist insbesondere die befürchtete Umsatz- oder Gewinneinbuße. Dabei sind jedoch Abschläge zu machen, wenn der Arbeitgeber einer Schadensersatzklage angekündigt oder erhoben hat1. Lediglich in den Fällen, in denen keine konkreten Anhaltspunkte für das wirtschaftliche Interesse vorliegen, kann die Höhe der vereinbarten oder mindestens zu vereinbarenden Karenzentschädigung einen Anhaltspunkt darstellen.

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Muster 28 Untersagung der Verwendung von Geschftsgeheimnissen An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung In Sachen … GmbH … – Antragstellerin – gegen … – Antragsgegner – beantrage ich im Namen und im Auftrag der Antragstellerin wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Verhandlung den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Dem Antragsgegner wird zwecks Vermeidung eines fr jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250 000 b, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, aufgegeben, es zu unterlassen, 1. im geschftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken unter Verwendung der Kundenliste der Antragstellerin – beigefgt als Anlage … – an deren Kunden heranzutreten und eigene Produkte anzubieten; 2. im geschftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken die Umsatzstatistiken der Antragstellerin – Anlage … – zu verwenden, insbesondere sie an Dritte weiterzugeben.

1 LAG Thüringen v. 8.9.1998 – 8 Ta 89/98; a.A. LAG Hamm v. 23.12.1980 – 8 Ta 148/80 – Höhe der Karenzentschädigung.

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Anspruch auf Unterlassung von Wettbewerb nach Vertragsende

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Rz. 35 I

Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsgegner war bis zu seinem Ausscheiden am … Produktionsleiter der Antragstellerin. Glaubhaftmachung: Vorlage des Arbeitsvertrages, in Ablichtung als Anlage K1 anbei. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nicht vereinbart worden. Nach Ausscheiden des Antragsgegners wurde bekannt, dass dieser Speichermedien mit der Kundendatei und den Umsatzstatistiken der Antragstellerin an sich genommen hat. Nachdem er ein eigenes Unternehmen gegrndet hat, mit dem er der Antragstellerin Konkurrenz macht, ist er unter Verwendung dieser Unterlagen an Kunden der Antragstellerin herangetreten und hat versucht, diese fr sich zu werben. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung der Kunden X und Y der Antragstellerin, in Ablichtung als Anlage K2 und 3 anbei. (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Diesen hatte er die Umsatzstatistiken der Klgerin prsentiert, um deren wirtschaftliche Schwierigkeiten zu dokumentieren und sie so fr sich zu gewinnen. Dieses Verhalten ist wettbewerbswidrig i.S.v. § 1 UWG, §§ 823, 826 BGB. Die Mitnahme der Unterlagen war rechtswidrig, ebenso ihre Verwendung. Zwar darf der frhere Arbeitnehmer seinem bisherigen Arbeitgeber mangels eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots Konkurrenz machen, jedoch muss er dabei die allgemeinen Bestimmungen zum Schutz vor unlauterem Wettbewerb einhalten. Dies ist vorliegend nicht geschehen. Daher hat die Antragstellerin einen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung dieser Daten (vgl. BAG v. 15.12.1987 – 3 AZR 474/86). Der Verfgungsgrund ergibt sich daraus, dass das wettbewerbswidrige Verhalten des Antragsgegners geeignet ist, Kunden von der Antragstellerin abzuwerben. Diese kann nicht bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache abwarten, da bis dahin bereits mçglicherweise ein irreparabler Schaden entstanden ist. Unterschrift

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I Rz. 35a

35a

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Muster 29 Antrag auf Unterlassung der Beschftigung ehemaliger Arbeitnehmer durch Konkurrenten An das LG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung der … GmbH gegen die … GmbH wegen unlauteren Wettbewerbs Im Namen und mit Vollmacht der Antragstellerin beantragen wir – der Dringlichkeit wegen ohne mndliche Verhandlung – den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Der Antragsgegnerin wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250 000 b, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Geschftsfhrer …, untersagt, im geschftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs 1. Mitarbeiter der Antragstellerin abzuwerben oder abwerben zu lassen, sie insbesondere zu dem Zweck, sie abzuwerben zu kontaktieren oder kontaktieren zu lassen; 2. fr eine vom Gericht festzusetzende angemessene Dauer, mindestens jedoch fr die Dauer von drei Monaten, beginnend mit dem Datum der Entscheidung ber diesen Antrag, die folgend benannten ehemaligen Mitarbeiter der Antragstellerin … bei sich oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen mit Ttigkeiten im Bereich des Betriebes einer Groß- und Einzelhandels fr … zu beschftigen1. Begrndung (Hier muss die wettbewerbswidrige Abwerbung der ehemaligen Arbeitnehmer dargelegt und glaubhaft gemacht werden. Es ist zu beachten, dass ein Unternehmer nicht bereits deshalb unlauter handelt, der durch Beschftigung eines bei einem Mitbewerber angestellten Mitarbeiters, dem wegen eines Wettbewerbsverbots eine Ttigkeit fr Konkurrenten nicht gestattet ist, den Vertragsbruch des Mitarbeiters lediglich ausnutzt, ohne ihn zu dem Vertragsbruch zu verleiten, weil er das Wettbewerbsverbot kennt oder kennen muss2.)

1 S. LG Berlin v. 14.3.2011 – 52 O 58/11, das eine einstweilige Verfügung mit diesem Tenor bei einem Streitwert von 250 000 t erlassen hat. 2 BGH v. 11.1.2007 – I ZR 96/04.

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Anspruch auf Unterlassung von Wettbewerb nach Vertragsende

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Rz. 37 I

2. Bestehen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes Literatur: Fröhlich, „Kostenlose“ Lösung vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot – Die Voraussetzungen des § 75 Abs. 1 HGB analog, ArbRB 2014, 244; Hunold, Aktuelle Rechtsprechung zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot, NZA-RR 2013, 174; Korinth, Konkurrenz aus dem eigenen Haus, ArbRB 2013, 61; Korinth, Wettbewerbsverbote: Handlungsmöglichkeiten bei Streit über die Wirksamkeit der Kündigung, ArbRB 2004, 29.

a) Grundsätze – Verfügungsanspruch Die Parteien des Arbeitsvertrages1 können ein nachvertragliches Wettbe- 36 werbsverbot vereinbaren. Dieses muss den Anforderungen der §§ 74 ff. HGB entsprechen, die nicht nur für Handlungsgehilfen gelten, sondern auch für sämtliche anderen Arbeitnehmer2. Für Streitigkeiten aus einem solchen Wettbewerbsverbot sind die Gerichte für Arbeitssachen auch dann zuständig, wenn der Arbeitnehmer bereits ausgeschieden ist, sofern der Anspruch im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht3. Dies gilt auch für Wettbewerbshandlungen in Form von planmäßigen und systematischen Abwerbungen von Mitarbeitern und Kunden durch eine von einem ehemaligen Arbeitnehmer gegründete GmbH4. Gemäß § 74 Abs. 1 HGB bedarf die Wettbewerbsvereinbarung der Schrift- 37 form, und es ist eine über die vollständige Vereinbarung aufgenommene Urkunde mit der Unterschrift des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Das Wettbewerbsverbot ist für den Arbeitnehmer nur verbindlich, wenn sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer sog. Karenzentschädigung verpflichtet hat. Damit verpflichtet sich der Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer für die Dauer der ihm auferlegten Wettbewerbsenthaltung mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen Vergütung zu zahlen (§ 74 Abs. 2 HGB). Für die Wirksamkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes ist weiter erforderlich, dass es dem Schutz der berechtigten geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers dient und den Arbeitnehmer nicht unbillig in seinem beruflichen Fortkommen beschwert (§ 74a Abs. 1 HGB). Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber lediglich eine Stärkung der Konkurrenz verhindern will, ohne dass die Gefahr der Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen oder des Eindringens in 1 Auch bei einer arbeitnehmerähnlichen Person kann das Wettbewerbsverbot nicht entschädigungslos vereinbart werden, LAG Köln v. 2.6.1999 – 2 Sa 138/99; BAG v. 21.1.1997 – 9 AZR 778/95; ebenso kann beim Vorvertrag kein unbegrenztes Wettbewerbsverbot vereinbart werden, BAG v. 14.7.2010 – 10 AZR 291/09; zu den Auswirkungen eines Betriebsüberganges auf das Wettbewerbsverbot s. Gaul/Ludwig, NZA 2013, 489. 2 BAG v. 13.9.1969 – 3 AZR 138/68; vgl. allgemein Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 6. Aufl. 2012, sowie die instruktive Kommentierung von Diller zu § 74 HGB im HWK. 3 KG v. 3.3.1998 – 5 W 1129/98. 4 KG v. 7.12.2004 – 5 W 154/04.

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I Rz. 38

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

den Kundenkreis zu befürchten wäre1. Mit dem Wettbewerbsverbot darf auch nicht allein der Zweck verfolgt werden, einen Arbeitsplatzwechsel des Arbeitnehmers zu erschweren2; selbst wenn zwischen zwei Unternehmen ein Konkurrenzverhältnis besteht, ist dem Arbeitnehmer bei einem tätigkeitsbezogenen Wettbewerbsverbot eine Tätigkeit für das Konkurrenzunternehmen nicht schlechthin untersagt, hierfür bedarf es eines unternehmensbezogenen Verbots3. Allerdings hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, dass sein Arbeitnehmer nicht zu einem Konzernunternehmen wechselt, für das dieser eine Verkaufstätigkeit entfaltet, selbst wenn er selbst nicht am Markt tätig ist4. Gering verdienende Arbeitnehmer i.S.v. § 74a Abs. 2 HGB können ebenso wenig wie Minderjährige ein wirksames Wettbewerbsverbot abschließen. Die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung ist bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot auch in Formulararbeitsverträgen zulässig5. 38

Wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wegen eines vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers aus wichtigem Grunde kündigt, kann er sich in entsprechender Anwendung des § 75 Abs. 1 HGB von einer nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarung binnen eines Monats nach der Kündigung durch eine schriftliche Erklärung lösen. Eine solche Lösungserklärung muss der Arbeitgeber aber auch abgeben, allein das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen reicht nicht aus6. Hat er dies getan, kann eine erneute Lösungserklärung nach dem Ausspruch einer Wiederholungskündigung entbehrlich sein7. Das Wettbewerbsverbot kann auch einvernehmlich aufgelöst werden8. b) Verfügungsgrund

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Für den Verfügungsgrund ist erforderlich, dass die Gefahr einer erstmaligen Begehung von Wettbewerbshandlungen oder eine Wiederholungs1 BAG v. 1.8.1995 – 9 AZR 884/93; LAG Niedersachsen v. 16.7.2009 – 4 SaGa 697/09, wonach dies eine rechtshindernde, vom Arbeitnehmer auch im Eilverfahren vorzubringende Einrede ist; Hunold, NZA-RR 2013, 174. 2 LAG Hess. v. 10.2.1997 – 10 SaGa 2269/96. 3 Zu Einzelfällen unzulässiger Bedingungen und der Abgrenzung von tätigkeitsund unternehmensbezogenem Tätigkeitsverbot s. HWK/Diller, § 74 HGB Rz. 40. 4 LAG Berlin v. 17.4.1998 – 6 Sa 4/98. 5 BAG v. 13.7.2005 – 10 AZR 523/04 – für den Fall, dass es erst nach zweijährigem Bestand des Arbeitsverhältnisses wirksam werden soll, dort auch zur Frage der überraschenden Klausel. Zu den Einzelheiten des Wettbewerbsverbots wird auf die instruktiven Darlegungen bei Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, § 55, und die hervorragende Kommentierung der §§ 74 ff. HGB durch Diller im HWK verwiesen. 6 LAG Berlin v. 15.8.1997 – 6 Sa 82 und 91/97; s. die Gesamtdarstellung bei Fröhlich, ArbRB 2014, 244. 7 BAG v. 19.5.1998 – 9 AZR 327/96. 8 Zur Schadensersatzpflicht einer Gebietsleiterin gegenüber dem Arbeitgeber wegen rechtswidriger einvernehmlicher Aufhebung s. LAG Rh-Pf. v. 3.7.2009 – 6 Sa 90/09.

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Anspruch auf Unterlassung von Wettbewerb nach Vertragsende

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Rz. 41 I

gefahr besteht. Dies ist vom Arbeitgeber substantiiert darzulegen und glaubhaft zu machen. Wenn das Wettbewerbsverbot unstreitig wirksam ist und die befürchteten Handlungen des früheren Arbeitnehmers ebenso unstreitig einen Verstoß hiergegen darstellen würden, bedarf es im Regelfall keiner weiteren Interessenabwägung. Eine solche findet bereits bei der Prüfung der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbotes statt. Nur wenn im Einzelfall eine lediglich geringfügige Beeinträchtigung der Arbeitgeberinteressen zu befürchten ist, kann dies zur Abweisung eines Verfügungsantrags trotz Vorliegens des Verfügungsanspruchs führen1. Ist die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen eines wirksamen Wettbewerbsverbotes und/oder der Befürchtung von Verstößen hiergegen jedoch streitig, so muss eine Interessenabwägung stattfinden, in der die Vorund Nachteile des Erlasses der Eilentscheidung und seiner Ablehnung für die Parteien gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist auch zu beachten, dass das Gericht gem. § 938 nach freiem Ermessen bestimmen kann, welche Mittel der Sicherung notwendig sind. Dies kann dazu führen, dass nicht die Tätigkeit insgesamt untersagt wird, sondern nur bestimmte Teile derselben2. Unerheblich ist dagegen, dass die Hauptsache für den Zeitraum bis zu ei- 40 ner Hauptsacheentscheidung vorweggenommen wird. Dies muss im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes in Kauf genommen werden3. Für das Hauptsacheverfahren ist zu beachten, dass eine Wiederholungsgefahr auch dann nicht entfällt, wenn die Wettbewerbstätigkeit unter dem Eindruck wiederholt verhängter Ordnungsgelder in fünfstelliger Höhe eingestellt worden ist4. c) Streitwert Der Streitwert für einen Antrag auf Verbot der Konkurrenztätigkeit hat 41 sich am wirtschaftlichen Interesse des die Unterlassung begehrenden Arbeitgebers zu orientieren. Maßgeblich ist insbesondere die befürchtete Umsatz- oder Gewinneinbuße. Dabei sind jedoch Abschläge zu machen, wenn der Arbeitgeber einer Schadensersatzklage angekündigt oder erhoben hat.5. Lediglich in den Fällen, in denen keine konkreten Anhaltspunkte für das wirtschaftliche Interesse vorliegen, kann die Höhe der vereinbarten oder mindestens zu vereinbarenden Karenzentschädigung einen Anhaltspunkt darstellen.

1 Vgl. LAG Hamm v. 19.2.2008 – 14 SaGa 5/08, „spürbarer Wettbewerbsverstoß“ notwendig. 2 Heinze in MünchKomm/ZPO in der 2. Aufl., § 935 Rz. 41. 3 LAG Köln v. 14.11.1989 – 11 Sa 930/89; einschränkend Schäfer, Rz. 115 f. 4 LAG Berlin v. 17.4.1998 – 6 Sa 4/98, n.v. 5 LAG Thüringen v. 8.9.1998 – 8 Ta 89/98; LAG Nürnberg v. 25.6.1999 – 2 Ta 56/99; a.A. LAG Hamm v. 23.12.1980 – 8 Ta 148/80 – Höhe der Karenzentschädigung.

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I Rz. 42

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Muster 30 Untersagung von Wettbewerb bei nachvertraglichem Wettbewerbsverbot An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung In Sachen … GmbH … – Antragstellerin – Verfahrensbevollmchtigter: … gegen … – Antragsgegner – beantrage ich im Namen und im Auftrag der Antragstellerin wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Verhandlung den Erlass der nachfolgenden einstweiligen Verfgung: Dem Antragsgegner wird zur Vermeidung eines fr jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250 000 b, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt, bis zum … fr ein Unternehmen ttig zu werden, das … herstellt und/oder vertreibt, insbesondere wird ihm untersagt, bei der X-GmbH ttig zu sein. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsgegner war bis zum … bei der Antragstellerin zu einem monatlichen Bruttoentgelt von … Euro als Leiter der Produktionsabteilung ttig. Zwischen den Parteien wurde ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot fr die Dauer von … vereinbart. Wegen des nheren Inhaltes der Vereinbarung und zur Glaubhaftmachung wird auf die schriftliche Verabredung, als Anlage K1 in Ablichtung beigefgt, verwiesen. Nach Beendigung des Arbeitsverhltnisses hat der Antragsgegner einen Arbeitsvertrag mit der … GmbH … abgeschlossen, die mit der Antragstellerin im Wettbewerb steht, da sie in ihrem Geschftsbereich ttig ist (nhere Darlegung des Geschftsbereiches). Der Antragsgegner nimmt dort im Wesentlichen dieselben Aufgaben wahr, die er frher bei der Antragstellerin wahrgenommen hat.

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Anspruch auf Unterlassung von Wettbewerb nach Vertragsende

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Rz. 43 I

Durch dieses Verhalten verletzt der Antragsgegner das vertraglich wirksam vereinbarte Wettbewerbsverbot. Dadurch sind der Antragstellerin bereits erhebliche Nachteile entstanden. Der Antragsgegner verfgt ber umfassende Kenntnisse der Produktionsablufe der Antragstellerin, weswegen das Wettbewerbsverbot gerade abgeschlossen wurde. Die Verwendung dieser Kenntnisse im Rahmen der Konkurrenzttigkeit ist geeignet, der Antragstellerin auch weiterhin erheblichen Schaden zuzufgen (nhere Darlegung). Die Ttigkeit des Antragsgegners ist der Antragstellerin am … bekannt geworden. Sie hat sofort darauf reagiert, indem sie den Antragsgegner unter Hinweis auf das vereinbarte Wettbewerbsverbot und die laufend gezahlte Karenzentschdigung aufforderte, die Konkurrenzttigkeit sofort zu unterlassen. Glaubhaftmachung: Ablichtung des Schreibens, als Anlage K2 beigefgt, sowie vom Antragsgegner unterzeichneter Rckschein. Hierauf hat der Antragsgegner nicht reagiert. Die Antragstellerin hat mit gleicher Post das Hauptsacheverfahren eingeleitet. Dessen Ausgang abzuwarten ist ihr jedoch nicht zumutbar, da aufgrund des Verhaltens des Antragsgegners bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache irreparable Nachteile drohen, die eine vorlufige Regelung dringend notwendig erscheinen lassen. Es gibt auch keine bercksichtigungsfhigen Interessen des Antragsgegners, wie sich auch daraus zeigt, dass er auf die Aufforderung, den Wettbewerb zu unterlassen, in keiner Weise reagiert hat. Unterschrift

Muster 31 Schutzschrift gegen einstweilige Verfgung auf Wettbewerbsenthaltung

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An das ArbG … Schutzschrift In dem mçglichen Rechtsstreit … ./. … vertreten wir den mçglichen Antragsgegner. Fr den Fall des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfgung beantragen wir, den Antrag zurckzuweisen, hilfsweise eine Entscheidung nur nach mndlicher Verhandlung zu erlassen. Begrndung Der mçgliche Antragsgegner war bis zum … bei der mçglichen Antragstellerin als Leiter der Produktionsabteilung zu einem monatlichen Bruttoentgelt von … Euro ttig. Zwischen den Parteien wurde ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot fr die Dauer von … vereinbart. Dieses enthlt jedoch

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I Rz. 44

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

keine ausreichende Zusage auf Zahlung einer Karenzentschdigung und ist deshalb unwirksam (ggf. nher ausfhren.) Nach Beendigung des Arbeitsverhltnisses hat der mçgliche Antragsgegner einen Arbeitsvertrag mit der … GmbH … abgeschlossen, die mit der mçglichen Antragstellerin im Wettbewerb steht, da sie in ihrem Geschftsbereich ttig ist. Mit Anwaltschreiben vom … wurde der mçgliche Antragsgegner unter Hinweis auf das Wettbewerbsverbot aufgefordert, die Ttigkeit sofort einzustellen. Nunmehr wurde ihm – erstmalig – das Angebot auf Zahlung der Karenzentschdigung gemacht und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung angedroht, falls er auf das Angebot nicht eingehe. Dieses Angebot kommt jedoch zu spt, so dass das Wettbewerbsverbot unverbindlich ist. Dies wurde der Gegenseite auch mit Schreiben vom … mitgeteilt. Unterschrift

IV. Direktionsrecht 1. Grundsatz – Einschränkungen 44

Aus der Natur des Arbeitsverhältnisses und aus § 106 GewO folgt, dass der Arbeitgeber Ort, Zeit und Umstände der Arbeitsleistung bestimmen kann1 und im Einzelfall sogar muss, etwa wenn der bisherige Arbeitsplatz weggefallen ist und die Beschäftigung nur durch Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes erfüllt werden kann2. Ist etwa der Arbeitsort im Arbeitsvertrag nicht vereinbart, kann der Arbeitgeber diesen in den nachfolgend genannten Grenzen festlegen3. Dieses Direktionsrecht findet verschiedene Einschränkungen. Zunächst kann der Arbeitsvertrag eine Stellenbezeichnung oder -beschreibung enthalten, die das Direktionsrecht des Arbeitgebers auf die dort genannten Tätigkeiten beschränkt. Aber auch wenn dort keine Festlegungen getroffen sind, ist das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht schrankenlos. Zum einen können Inhalt und Grenzen des Direktionsrechtes in Tarifverträgen festgelegt werden. Grundsätzlich findet das Direktionsrecht des Arbeitgebers seine Grenze in den Tätigkeiten, die der Vergütungsgruppe entsprechen, in die der Arbeitnehmer eingruppiert ist4.

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Weitere Grenzen ergeben sich aus § 106 Satz 1 GewO, wonach die Leistungsbestimmung nur nach billigem Ermessen erfolgen kann5. Dies eröffnet die Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle der Ausübung des 1 2 3 4

BAG v. 19.5.2010 – 5 AZR 162/09. HWK/Lembke, § 106 GewO Rz. 5. BAG v. 28.8.2013 – 10 AZR 569/12. HWK/Lembke, § 106 GewO Rz. 18; einschränkend LAG Berlin-Brandenburg v. 7.8.2007 – 23 SaGa 1749/07 für eine Einarbeitungszeit; vgl. weiter BAG v. 12.4.1973 – 2 AZR 291/72 für den öffentlichen Dienst. 5 Hierzu grundsätzlich Ruberg, Schikanöse Weisungen, 1. Aufl. 2004.

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Direktionsrecht

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Rz. 48 I

Direktionsrechts1. § 106 Satz 3 GewO bestimmt darüber hinaus, dass der Arbeitgeber bei der Ausübung des Ermessens auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen hat. Weiter kann der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz das Direktionsrecht beschränken. Eine betriebliche Übung kann nicht zur Einschränkung des Weisungsrechts führen2. In Einzelfällen kann aber eine Konkretisierung der Leistungspflicht auf bestimmte Tätigkeiten eintreten, wenn beim Arbeitnehmer ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist, er werde auch weiterhin nicht mit anderen als den bisher ausgeübten Tätigkeiten betraut werden. Die Rechtsprechung ist hier sehr zurückhaltend. Es reicht insbesondere nicht aus, dass der Arbeitnehmer jahrelang in einer bestimmten Weise eingesetzt worden ist, sondern es müssen besondere Umstände hinzutreten3. Auch die aus § 242 BGB abzuleitende Fürsorgepflicht kann eine Grenze 46 des Weisungsrechts darstellen, etwa im Zusammenwirken mit § 618 BGB, wenn der Arbeitnehmer zur Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen nicht mehr in der Lage ist und die Zuweisung einer seinem Leistungsvermögen angepassten Tätigkeit verlangt4. Eine Arbeitsanweisung, die einer von Arbeitnehmer getroffenen Gewissensentscheidung zuwiderläuft, kann gleichfalls unwirksam sein. Dabei wirkt das Grundrecht der Gewissensfreiheit inhaltlich auf die durch § 315 BGB, § 106 GewO geforderte Billigkeitskontrolle5. Bei der Ausübung des Direktionsrechts steht dem Arbeitgeber jedoch 47 grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum zu. Der Arbeitgeber überschreitet die Grenze billigen Ermessens, wenn er versucht, damit zu Lasten seines Arbeitnehmers allein seine Interessen durchzusetzen6. Das Ergebnis einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle kann darin bestehen, dass das Gericht die Unwirksamkeit und daraus folgend die Unverbindlichkeit einer vom Arbeitgeber einseitig getroffenen Leistungsbestimmung feststellt. 2. Verteidigungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers Der Arbeitnehmer hat zunächst die Möglichkeit, eine von ihm als un- 48 wirksam angesehene Anordnung einfach nicht zu befolgen. Er riskiert al1 S. hierzu im Einzelnen HWK/Lembke, § 106 GewO Rz. 115 ff. 2 HWK/Lembke, § 106 GewO Rz. 60. 3 BAG v. 28.8.2013 – 10 AZR 569/12 für den Arbeitsort bei einer Flugbegleiterin; LAG Hess. v. 13.6.1995 – 9 Sa 2054/94; LAG Schl.-Holst. v. 3.12.1992 – 4 Sa 311/92; LAG Rh.-Pf. v. 5.7.1996 – 10 Sa 165/96; LAG Hess. v. 12.12.2002 – 5 Sa 688/02. 4 Vgl. BAG v. 24.5.1989 – 2 AZR 285/88. 5 Vgl. BAG v. 24.2.2011 – 2 AZR 636/09; BAG v. 22.5.2003 – 2 AZR 426/02; v. 24.5.1989, v. 24.5.1989 – 2 AZR 285/88; v. 20.12.1984 – 2 AZR 436/83; LAG Düsseldorf v. 7.8.1992 – 9 Sa 794/92. 6 BAG v. 19.5.1992 – 1 AZR 417/91.

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I Rz. 49

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

lerdings die Erteilung von Abmahnungen und sogar den Ausspruch einer Kündigung, die rechtswirksam sein kann, wenn sich die Einschätzung des Arbeitnehmers als falsch herausstellt. Dies ist nicht gleichzusetzen mit dem allgemeinen Risiko, im Rechtsverkehr etwas Falsches zu tun1. Der 5. Senat des BAG hat sogar entschieden, dass eine unbillige Weisung nicht nichtig, sondern nur unverbindlich i.S.v. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB ist. Deshalb dürfe sich der Arbeitnehmer über eine unbillige Ausübung des Direktionsrechts – sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam ist – nicht hinwegsetzen, sondern müsse entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Gerichte für Arbeitssachen anrufen2. M.E. ist diese im Ergebnis wie in der Begründung singuläre Entscheidung nicht sachgerecht, wie Boemke3 ausführlich und zutreffend begründet hat. Das Urteil zeigt jedoch, wie groß das Risiko des Arbeitnehmers ist, trotz der Unwirksamkeit einer Arbeitgeberweisung negative Konsequenzen einer schlichten Verweigerung tragen zu müssen und führt damit die Notwendigkeit des einstweiligen Rechtsschutzes vor Augen. 49

Um dies zu vermeiden, kann der Arbeitnehmer der Weisung zunächst Folge leisten, ihre Rechtmäßigkeit jedoch mit einer Feststellungsklage überprüfen lassen. Damit wird eine abschließende Klärung herbeigeführt, die jedoch nur im Hauptsacheverfahren erfolgen kann4 und daher Zeit braucht.

49a

Der Arbeitnehmer kann sich einem vertragsgemäßen Verlangen des Arbeitgebers nicht dadurch vorläufig entziehen, dass er ein gerichtliches Verfahren zur Klärung der Rechtmäßigkeit der Weisung einleitet5. 3. Verfügungsansprüche

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Grundsätzlich ist einstweiliger Rechtsschutz in zwei Formen denkbar: – Zum einen kann dem Arbeitnehmer ein Anspruch zustehen, mit bestimmten Tätigkeiten nicht beschäftigt zu werden, etwa solchen, die seiner Gewissensentscheidung zuwiderlaufen oder vom Arbeitsvertragsinhalt nicht gedeckt sind. Es ist streitig, ob der Anspruch, mit arbeitsvertragsgemäßen Tätigkeiten beschäftigt zu werden, gleichsam spiegelbildlich den Unterlassungsanspruch hinsichtlich anderer Tätigkeiten umfasst6. Meines Erachtens besteht ein solcher Unterlas1 So aber ArbG Berlin v. 28.1.1998 – 60 Ga 2631/98, n.v. 2 BAG v. 22.2.2012 – 5 AZR 249/11, Rz. 24; s. zu diesem Thema Preis, NZA 2015, 1, und Kühn, NZA 2015, 10. 3 Boemke, jurisPR-Arbeit 30/2012 Anm. 1. 4 Zur bejahten Zumutbarkeit ArbG Freiburg v. 12.1.2012 – 3 Ga 1/12; LAG München v. 1.12.2004 – 5 Sa 913/04; LAG Berlin-Brandenburg v. 13.5.2014 – 7 Sa 351/14 – keine Verwirkung durch Abschluss einer Änderungsvereinbarung „unter Vorbehalt“. 5 BAG v. 29.8.2013 – 2 AZR 273/12. 6 Dafür LAG Hessen v. 15.2.2011 – 13 SaGa 1934/10, Rz. 48; LAG Thüringen v. 10.4.2001 – 5 Sa 403/2000 unter III 3b dd der Entscheidungsgründe; dagegen

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Direktionsrecht

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sungsanspruch, denn er ergänzt notwendigerweise den Beschäftigungsanspruch. Zwar ist der Hinweis von Dunkl1 berechtigt, dass in der Begründung der Entscheidung, dem Arbeitgeber aufzugeben, den Arbeitnehmer mit anderen als der streitgegenständlichen Tätigkeit zu beschäftigen, auch die Rechtswidrigkeit der Anordnung begründet werden muss. Dies ersetzt aber das plakativ im Tenor ausgesprochene Verbot nur unvollkommen. Überdies ist die positive Pflicht zu einer bestimmten Beschäftigung nur über § 888 ZPO zu vollstrecken, was Zeit kostet. Das im Tenor ausgesprochene Verbot der Zuweisung der streitgegenständlichen Tätigkeit eröffnet die Möglichkeit des Arbeitnehmers, die Ausübung der Tätigkeit zu verweigern, was ansonsten angesichts des o.g. Prognoserisikos des Arbeitnehmers nicht sachgerecht erscheint. Daher erscheint es zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes in bestimmten Fällen notwendig, den Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung mit einem Anspruch zu flankieren, dem Arbeitnehmer keine vertragswidrigen Weisungen zu erteilen. Angesichts der Herleitung des Beschäftigungsanspruchs aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht erscheint es aber angebracht, den Anspruch auf die Fälle zu beschränken, in denen sich die rechtswidrige Weisung zugleich als ein konkreter Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt (s. zum Verfügungsgrund unter I Rz. 52)2. Ist eine solche Weisung bereits erteilt worden, kommt ein Beseitigungsanspruch entsprechend § 1004 BGB in Betracht. Der Antrag und Tenor müssten dann dahin lauten, dass dem Arbeitgeber aufgegeben wird, die konkret bezeichneten Arbeiten nicht dem Arbeitnehmer zu übertragen. Eine solche Unterlassungsverfügung wäre gem. § 890 ZPO zu vollstrecken. Dessen bedarf es jedoch nicht, da der Arbeitnehmer aufgrund einer entsprechenden gerichtlichen Entscheidung sich schlicht weigern kann, die Anordnung auszuführen3. Hierauf dürfte der Arbeitgeber, selbst wenn er im Hauptsacheverfahren obsiegen würde, keine Kündigung stützen können, da der Arbeitnehmer auf die Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung vertrauen durfte. – Zum anderen kann der Arbeitgeber aber auch dazu verpflichtet werden, dem Arbeitnehmer bestimmte, im Antrag zu benennende Tätigkeiten zuzuweisen. Die Vollstreckung dieser unvertretbaren Handlung würde gem. § 888 ZPO durch Androhung und erforderlichenfalls Festsetzung von Zwangsgeld i.H.v. bis zu 250 000 t durch die Anordnung von Zwangshaft bis zu sechs Monaten erfolgen (§§ 888, 904 ff. ZPO). LAG Berlin-Brandenburg v. 28.11.2013 – 14 SaGa 1349/13; LAG Berlin v. 12.8.2006 – 16 SaGA 1366/08; LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 29.6.2006 – 1 Sa 51/06; LAG München v. 1.12.2004 – 5 Sa 913/04; LAG Düsseldorf v. 28.2.1995 – 6 Sa 1986/94; Dunkl, FS Buchner, S. 197, 204. 1 Dunkl, FS Buchner, S. 197, 204. 2 LAG Hessen v. 15.2.2011 – 13 SaGa 1934/10 Rz. 48. 3 Vgl. BAG v. 8.10.1962 – 2 AZR 550/61 und v. 24.10.1979 – 4 AZR 1078/77.

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Hinsichtlich des Verfügungsgrundes habe ich hier bislang die Auffassung vertreten, dass durch die gerichtliche Entscheidung das grundsätzlich bestehende Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht über Gebühr eingeschränkt werden dürfe, etwa weil der Arbeitnehmer, der längere Zeit nur mit einer bestimmten Tätigkeit betraut wurde, in aller Regel keinen Anspruch darauf hat, dass dies auch in Zukunft so bleibt1. Dabei bleibt es auch materiell-rechtlich. Damit ist jedoch nicht die Frage beantwortet, wie der Arbeitnehmer zu beschäftigen ist, solange der Arbeitgeber noch nicht anderweitig von seinem Direktionsrecht Gebraucht gemacht hat. Hierzu hat der 10. Senat des BAG inzwischen ausgeführt, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung in seiner bisherigen Tätigkeit am bisherigen Ort hat, wenn sich eine vom Arbeitgeber vorgenommene Versetzung als unwirksam erweist. Solange dieser nicht rechtswirksam von seinem Weisungsrecht erneut Gebrauch gemacht oder eine wirksame Freistellung von der Arbeit ausgesprochen habe, bleibe es bei der bisher zugewiesenen Arbeitsaufgabe am bisherigen Ort, und der Arbeitnehmer habe einen dementsprechenden Beschäftigungsanspruch2. Diese zur Versetzung ergangene Entscheidung lässt sich auf jede andere Ausübung des Direktionsrechts übertragen. Das bedeutet, dass grundsätzlich ein Verfügungsanspruch besteht, mit der Tätigkeit beschäftigt zu werden, die vor der unwirksamen Weisung ausgeübt worden war. In diese Richtung geht auch ein Urteil des 5. Senats des BAG: „Mit der Ausübung des Direktionsrechts wird die vertraglich geschuldete Tätigkeit näher bestimmt und ist ab diesem Zeitpunkt bis zur – wirksamen – Neuausübung des Direktionsrechts die konkret geschuldete Leistung3. „Die Entscheidung des 3. Senats des BAG vom 15.4.2009 scheint vordergründig in eine andere Richtung zu gehen, da dort betont wird, dass „der Titel aus materiell-rechtlichen Gründen nicht so genau sein, dass er auf eine ganz bestimmte im Einzelnen beschriebene Tätigkeit oder Stelle zugeschnitten ist“4. Inhaltlich ist die Differenz aber gar nicht so groß. Vielmehr betonen die Entscheidungen, dass sich das vertragsgemäße Direktionsrecht nicht auf die bisher ausgeübte Tätigkeit beschränkt, sondern nur hinsichtlich der für rechtswidrig befundenen Weisung unwirksam ausgeübt worden ist. Hierzu führt der 10. Senat aus: „Wird der Arbeitgeber nach einer Versetzung zur tatsächlichen Beschäftigung zu den vorherigen Bedingungen verurteilt, ist damit die Vorfrage der Wirksamkeit der Versetzung beant1 LAG Hess. v. 13.6.1995 – 9 Sa 2054/94; LAG Schl.-Holst. v. 3.12.1992 – 4 Sa 311/92; LAG Rh.-Pf. v. 5.7.1996 – 10 Sa 165/96; LAG Hess. v. 12.12.2002 – 5 Sa 688/02. 2 BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, Rz. 15; LAG Berlin-Brandenburg v. 4.2.2014 – 3 Sa 1725/14; vgl. LAG Köln v. 9.1.2007 – 9 Sa 1099/06, wonach es zur wirksamen Ausübung des Direktionsrechts gehöre, dass hinreichend bestimmt ist, welche Aufgaben künftig wahrgenommen werden sollen. 3 BAG v. 19.5.2010 – 5 AZR 162/09, Rz. 16; anders für den Fall, dass es die früher innegehabt Stelle nicht mehr gibt LAG München v. 18.8.2011 – 2 Sa 62/10. 4 BAG v. 15.4.2009 – 3 AZB 93/08, Rz. 19.

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wortet. Eine Entscheidung darüber, ob und ggf. in welchem Umfang der Arbeitgeber zukünftig von seinem Weisungsrecht rechtswirksam Gebrauch machen kann, ist hingegen nicht getroffen … Will ein Arbeitnehmer eine weitergehende Entscheidung zum Umfang des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts erreichen, so muss er bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 256 ZPO von der Möglichkeit eines gesonderten Feststellungsantrags Gebrauch machen.1 „Der Unterschied liegt also nur darin, dass der Arbeitnehmer auf der Basis der Entscheidung des 10. Senats die Beschäftigung zu den bisherigen Bedingungen tituliert bekommt, wohingegen der 3. Senat wohl nur einen Tenor zulässt, der das Weisungsrecht so umschreibt, dass auch andere zulässige Möglichkeiten der Konkretisierung der Arbeitspflicht umfasst werden. Aus Gründen der Rechtsklarheit ist m.E. dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, zunächst die Beschäftigung zu den bisherigen Bedingungen titulieren zu lassen2. Dies ist für das Erkenntnisverfahren auch einfacher zu handhaben, denn es vermeidet den – möglicherweise überflüssigen – Streit darüber, wie weit das Direktionsrecht außerhalb der streitgegenständlichen Weisung geht. In der Rechtsprechung wird dies sogar unabhängig von einem vertraglichen Anspruch auf die bisherige Beschäftigung so gesehen, solange der Arbeitgeber nicht in rechtmäßiger Weise von seinem Direktionsrecht Gebrauch gemacht hat3. Einwendungen gegen den Beschäftigungsanspruch, z.B. die Zuweisung einer anderen Tätigkeit durch eine erneute, diesmal rechtmäßige Ausübung des Direktionsrechts kann der Arbeitgeber im laufenden Verfahren bis zur letzten mündlichen Verhandlung, erforderlichenfalls im Berufungsverfahren geltend machen4. Dabei muss er nicht zuvor den Titel durch eine Vollstreckungsgegenklage beseitigen5. Sollte der Arbeitnehmer aber aus dem bereits vorliegenden Titel vollstrecken, müsste der Arbeitgeber nach §§ 767, 769 ZPO Vollstreckungsgegenklage erheben, wenn er das Weisungsrecht in einer anderen Weise als bisher ausüben möchte6. Der Streit wird dann aber sinnvollerweise auf die nunmehr konkret gewollte Tätigkeit beschränkt und geht nicht über die abstrakte Umschreibung des Inhaltes des Weisungsrechts. Solange der Arbeitgeber das Direktionsrecht nicht in eine andere Richtung zulässigerweise ausübt, bleibt es bei dem zuletzt erteilten Arbeitsauftrag7.

1 BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, Rz. 16. 2 LAG Berlin-Brandenburg v. 26.1.2012 – 5 SaGa 2344/11; ArbG Berlin v. 8.7.2011 – 28 Ca 5129/11; LAG Hamm v. 15.7.2008 – 14 Sa 1957/07. 3 LAG Berlin-Brandenburg v. 15.10.2013 – 3 Sa 669/13. 4 LAG Hamm v. 15.7.2008 – 14 Sa 1957/07. 5 LAG Berlin-Brandenburg v. 23.3.2012 – 22 Sa 1689/11. 6 A.A. LAG Berlin-Brandenburg v. 23.3.2012 – 22 Sa 1689/11: „Der Titel ist bereits auf die derzeitige Rechts- und damit Weisungslage beschränkt, ohne dass dies im Titel selbst ausdrücklich formuliert werden müsste.“ Der auf eine konkrete Tätigkeit bezogenen Verurteilung wohne keine „Ewigkeitsgarantie“ inne. 7 LAG Berlin-Brandenburg v. 23.3.2012 – 22 Sa 1689/11.

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I Rz. 51

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Im Übrigen ist auch hier darauf hinzuweisen, dass das Gericht gem. § 938 Abs. 1 ZPO nach freiem Ermessen bestimmen kann, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes im Einzelfall erforderlich sind. Dies eröffnet Gestaltungsmöglichkeiten bei der Festlegung der vorläufig zu leistenden Tätigkeit. Bei der Untersagungsverfügung hingegen wird dem Arbeitgeber nur die Erteilung einer ganz konkreten, von ihm für sich als zulässig reklamierten Anweisung untersagt. Er kann also nach Erlass der Verfügung das ganze sonstige Spektrum seines Direktionsrechts ausnutzen. Allerdings muss der Arbeitnehmer sich erneut um Rechtsschutz bemühen, wenn er auch die weiteren Anweisungen für rechtswidrig hält1. – Nicht möglich erscheint dagegen der Antrag, eine bestimmte Weisung zu widerrufen, z.B. die Einteilung in eine Nachtschicht aufzuheben. Dies würde eine der Abgabe einer Willenserklärung zumindest gleichzusetzende Handlung bedeuten, so dass gem. § 894 Abs. 1 Satz ZPO die Erklärung mit der Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt. Dies ist im Eilverfahren nicht praktikabel, zumal eine ohne mündliche Verhandlung ergangene einstweilige Verfügung ohne zeitliche Begrenzung mit dem Widerspruch angegriffen werden kann. 4. Verfügungsgrund 51

Der Verfügungsgrund setzt voraus, dass die einstweilige Verfügung zur Abwehr wesentlicher Nachteile erforderlich ist. Für den Arbeitnehmer besteht dieser Nachteil in der Regel darin, dass eine Unsicherheit über die Wirksamkeit der Anweisung besteht. Befolgt er sie nicht, so läuft er Gefahr, nach einer entsprechenden Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung zu erhalten. Deren Wirksamkeit wird dann davon abhängen, ob das Gericht im Kündigungsschutzverfahren zu der Auffassung gelangt, dass die Anweisung zu Recht ergangen ist. Die einstweilige Verfügung wird in diesem Zusammenhang bisweilen als wirksames Mittel erachtet, um dem Arbeitnehmer diese Prognoseunsicherheit zu nehmen. Regelmäßig wird es dem Arbeitnehmer jedoch nicht unzumutbar sein2, der Anweisung zunächst Folge zu leisten und deren Rechtmäßigkeit sodann im Hauptsacheverfahren überprüfen zu lassen3. Er kann sich aber auch unter Inkaufnahme der o.g. Risiken bis hin zur fristlosen Kündi-

1 Für die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung bei einer offensichtlich vertragswidrigen Weisung, zwei Tage pro Woche in London zu arbeiten Hess. LAG v. 15.2.2011 – 13 SaGa 1934/11; grundsätzlich kritisch zu einer solchen Untersagungsverfügung LAG Berlin-Brandenburg v. 12.8.2008 – 16 SaGa 1366/08. 2 LAG Köln v. 14.8.2013 – 7 Ta 243/13; LAG Berlin-Brandenburg v. 23.5.2008 – 22 SaGa 338/08; LAG Hessen v. 19.8.2002 – 16 SaGa 1118/02. 3 LAG Hessen v. 15.2.2011 – 13 SaGa 1934/10 Rz. 49; LAG Hamm v. 5.2.2008 – 11 SaGa 4/08; Sächs. LAG v. 26.10.2005 – 2 Sa 641/05 auch für den Fall, dass der Arbeitgeber arbeitsrechtliche Konsequenzen androht; Dunkl, FS Buchner, S. 196, 207 f.

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Direktionsrecht

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Rz. 51 I

gung1 weigern, der Anweisung Folge zu leisten. U.U. kann er auch befugt sein, die Arbeitsleistung vollständig einzustellen. Zu seiner Absicherung kann er dabei aber keine einstweilige Verfügung „auf Entbindung von der Arbeitsleistung“ erwirken, da eine solche lediglich eine gutachterliche Stellungnahme zur Berechtigung der Arbeitsverweigerung darstellte. Abweichungen hiervon werden nur in bestimmten, vom Arbeitnehmer darzulegenden2 und glaubhaft zu machenden Ausnahmefällen angenommen, in denen der Arbeitnehmer ein gesteigertes Abwehrinteresse hat3, wenn die Weisung etwa offensichtlich unwirksam ist4, sich der Arbeitnehmer erheblichen Gesundheitsgefahren aussetzen würde5, die Tätigkeiten sein berufliches Ansehen irreparabel schädigen oder ihn in schwere Gewissenskonflikte bringen würden6. In diesen Bereich fallen auch die vulgo meist mit einem Pseudo-Anglizismus bezeichneten fortgesetzten Maßnahmen des Psychoterrors am Arbeitsplatz7. Die Zuweisung einer bestimmten Tätigkeit kann dann mittels einer einstweiligen Verfügung begehrt werden, wenn sie für einen bestimmten Zeitraum unabdingbar notwendig ist. So kann etwa ein Berufsfußballspieler seinen Anspruch auf Teilnahme am Training durchsetzen, wenn er glaubhaft macht, dass auch durch die zeitweilige Nichtteilnahme seine Chancen auf dem Markt erheblich sinken würden8. Ähnliches kann im Einzelfall etwa für Berufsmusiker gelten. Maßgeblich ist jedoch immer, ob die sofortige Beschäftigung in einem bestimmten Bereich notwendig ist, um gravierenden beruflichen Nachteilen zu entgehen. Dies wurde bei dem von einem Fernsehmoderator geltend gemachten Anspruch auf Moderation einer bestimmten Sendung verneint9. Jedoch kann die Verweigerung eines grundlegenden Arbeitsmittels unzulässig sein. Insbesondere der Zugang zu Netzwerken stellt gerade bei Arbeitnehmern in leitender Position die Grundlage der Bürotätigkeit dar10. Die Anforderungen an den Verfügungsgrund sind umso geringer, je schwerer und offensichtlicher die drohende Rechtsverletzung ist11.

1 BAG v. 29.8.2013 – 2 AZR 273/12. 2 LAG Hamm v. 5.2.2008 – 11 SaGa 4/08; LAG Hess. v. 19.8.2002 – 16 Sa Ga 1118/02. 3 LAG Hamm v. 5.2.2008 – 11 SaGa 4/08. 4 LAG Hamm v. 5.2.2008 – 11 SaGa 4/08, Rz. 53. 5 ArbG Cottbus v. 22.7.2008 – 6 Ga 9/08. 6 LAG Rheinland-Pfalz v. 9.2.2011 – 7 Ta 4/11, Rz. 35; LAG Hamm v. 5.2.2008 – 11 SaGa 4/08; in dieselbe Richtung mit großer Zurückhaltung LAG Berlin-Brandenburg v. 12.8.2008 – 16 SaGa 1366/08. 7 LAG Thüringen v. 10.4.2001 – 5 Sa 403/2000. 8 ArbG Solingen v. 16.1.1996 – 2 Ga 1/96; s. aber ArbG Berlin v. 18.2.2014 – 38 Ga 2145/14 – kein Anspruch auf Teilnahme am Training der Lizenzmannschaft. 9 LAG Rh.-Pf. v. 13.4.1989 – 5 Sa 1031/88; LAG Ba-Wü. v. 14.9.1988 – 12 Sa 120/87; s. auch LAG Köln v. 24.11.1998 – 13 Sa 940/98, wonach der Ansehensverlust in der Regel kein ausreichender Verfügungsgrund ist. 10 ArbG Berlin v. 26.1.2006 – 71 Ca 24785/05. 11 LAG Köln v. 13.5.2005 – 4 Sa 400/05 zum umgekehrten Fall der schwierigen und ungeklärten Rechtslage und v. 24.11.1998 – 13 Sa 940/98.

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I Rz. 52

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

5. Antrag/Tenor/Zwangsvollstreckung 52

Da der Arbeitnehmer grundsätzlich bei einer unwirksamen Weisung den Anspruch auf Beschäftigung in seiner bisherigen Tätigkeit und an dem bisherigen Arbeitsort hat1, ist dies auch entsprechend konkret zu beantragen und zu tenorieren. Daneben kommt eine ebenfalls konkret zu fassende Untersagungsverfügung in Betracht. Es ist stets zu prüfen, ob der Verfügungsgrund für den gesamten beantragten Zeitraum vorliegt. Er muss nicht notwendigerweise bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorhanden sein. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des Einzelfalles. Der Verfügungsgrund kann jedoch stets nur bis zu dem Zeitpunkt bestehen, zu dem eine erstinstanzliche Entscheidung im Hauptsacheverfahren herbeizuführen ist. Dies ist auch in der Tenorierung auszusprechen.

52a

Die Zwangsvollstreckung erfolgt gem. § 888 ZPO durch Festsetzung von Zwangsgeld. Dies kann jedoch nicht erfolgen, solange der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist (s. zur Zwangsvollstreckung i.E. unter I Rz. 103)2.

52b

Muster 32 Unterlassungsantrag auf Zuweisung des Bros als Arbeitsort Die Verfgungsbeklagte wird verurteilt, bis zu einer Entscheidung erster Instanz im Hauptsacheverfahren 1. es zu unterlassen, der Verfgungsklgerin ab dem … regelmßig an zwei Werktagen in der Woche das Bro in … als regelmßigen Beschftigungsort zuzuweisen; 2. sie vereinbarungsgemß als … regelmßig an ihrem Heimarbeitsplatz und im Bro in B als regelmßigen Arbeitsort zu beschftigen3.

52c

Muster 33 Unterlassungsantrag Bereitschaftsdienste Der Verfgungsbeklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, dem Verfgungsklger gegenber Bereitschaftsdienste anzuordnen, wenn nicht whrend des gleichen Zeitraums in der Klinik ein anderer Arzt fr die rztliche Grundversorgung der Patienten der Abteilung fr Neurologie zur Verfgung steht4.

1 LAG Berlin-Brandenburg v. 26.1.2012 – 5 SaGa 2344/11. 2 LAG Berlin-Brandenburg v. 8.7.2014 – 16 Ta 920/14. 3 Vgl. LAG Hessen v. 15.2.2011 – 13 SaGa 1934/10, das allerdings die Einschränkung bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht enthält. 4 Vom BAG v. 16.10.2013 – 10 AZR 9/13 im Hauptsacheverfahren als hinreichend bestimmt angesehen.

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Versetzung

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Rz. 54 I

6. Streitwert Der Streitwert ist grundsätzlich auf die Höhe einer Monatsvergütung des 53 Arbeitnehmers festzusetzen. Dies entspricht der zutreffenden Rechtsprechung zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag1.

V. Versetzung 1. Grundsätze – individualrechtlicher Versetzungsbegriff Der Arbeitgeber kann sein Direktionsrecht auch dahin gehend ausüben, 54 dass er den Arbeitnehmer versetzt. Dabei ist eine Versetzung im arbeitsrechtlichen Sinne definiert als eine einseitige Veränderung des Aufgabenbereiches des Arbeitnehmers nach Art, Ort oder Umfang der Tätigkeit, die über die normale Schwankungsbreite der vom Arbeitnehmer konkret ausgeübten Tätigkeit hinausgeht. Dies gilt auch dann, wenn Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag nicht abschließend festgelegt sind, sondern dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen2. Bei einer Versetzung handelt es sich um eine einheitliche Maßnahme, die nicht in den Entzug der bisherigen Tätigkeit und die Zuweisung einer neuen Tätigkeit aufgespalten werden kann. Bei Versetzungen, die mit einem dauerhaften Ortswechsel verbunden sind, sind im Rahmen einer Billigkeitsprüfung insbesondere soziale Belange zu prüfen, wie etwa der Familienstand, das Vorhandensein und die Anzahl schulpflichtiger Kinder, die Berufstätigkeit des Ehepartners, die Ortsbindung durch selbst genutztes Grundeigentum, die Dauer der Tätigkeit etc.3. Dabei kann das Direktionsrecht durch Auswahlrichtlinien eingeschränkt sein. Eine Umsetzung ist auch dann mit § 106 Satz 1 GewO vereinbar, wenn der Arbeitnehmer, der zu einem Konkurrenzunternehmen wechseln will, auf einem neu geschaffenen Arbeitsplatz beschäftigt wird, um Geschäftskontakte im alten Arbeitsbereich zu unterbinden und die weitere Tätigkeit zu kontrollieren4. Für die rechtlichen Möglichkeiten des Arbeitnehmers, sich gegen eine solche Versetzung zu wehren, gelten im Wesentlichen die gleichen Grundsätze wie oben beim „Direktionsrecht“ (I Rz. 48) dargestellt5. Der Arbeitnehmer kann im Hauptsacheverfahren die Unwirksamkeit der Versetzung durch ein Feststellungsurteil i.S.v. § 256 ZPO feststellen lassen und darüber hinaus mit einer Leistungsklage seinen Be-

1 LAG Berlin v. 18.11.2003 – 17 Ta 6115/03 (Kost); LAG München v. 28.2.1990 – 10 (9) Ta 85/89; LAG Nürnberg v. 3.1.1989 – 8 Ta 134/88; so auch der Streitwertkatalog der LAG Nr. 23; a.A. (2 Monatsentgelte) z.B. LAG Hamm v. 6.5.1982 – 8 Ta 102/82; s. weiter LAG Köln v. 3.3.2004 – 7 Sa 297/03 – 110 % eines Monatsentgelts jedenfalls nicht zu niedrig. 2 BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09. 3 LAG Berlin v. 14.12.1998 – 9 Sa 95/98, n.v. 4 LAG Nds. v. 12.10.1998 – 13 Sa 103/98 dort auch zur fehlenden Befugnis, den Arbeitnehmer in einem solchen Fall fristlos zu kündigen. 5 Vgl. weiter LAG Köln v. 26.8.1992 – 2 Sa 624/92, n.v.

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I Rz. 55

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

schäftigungsanspruch verfolgen. Verbindet er beide Klagen, handelt es sich bei der Feststellungsklage regelmäßig um eine Zwischenfeststellungsklage i.S.v. § 256 Abs. 2 ZPO1. Im Eilverfahren kann nur der Beschäftigungsanspruch verfolgt werden, wobei die Frage der Wirksamkeit der Versetzung eine rechtliche Vorfrage darstellt. Inhaltlich ist zu beachten, dass der Arbeitgeber auch bei der Versetzung auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz das persönliche Ansehen und die Möglichkeiten der Persönlichkeitsentfaltung des Arbeitnehmers berücksichtigen muss2. 2. Betriebsverfassungsrechtliche Dimension 55

Der Begriff der Versetzung hat jedoch auch noch eine betriebsverfassungsrechtliche Dimension. In § 95 Abs. 3 BetrVG wird er so definiert, dass die voraussichtlich einen Monat überschreitende oder mit einer erheblichen Änderung der Arbeitsumstände verbundene Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches umfasst ist. Dabei liegt die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches nur vor, wenn dem Arbeitnehmer ein neuer Tätigkeitsbereich übertragen wird und sich dadurch das Gesamtbild seiner Tätigkeit ändert. Die neu zugewiesene Tätigkeit muss sich von der früher ausgeübten in einer Weise unterscheiden, dass sie vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters als eine andere angesehen werden kann3. Eine solche Versetzung unterliegt gem. § 99 Abs. 1 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrates. Dieser ist unter Mitteilung der Einzelheiten über die geplante Maßnahme zu unterrichten und hat bei Bestehen der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Gründe das Recht, die Zustimmung binnen einer Woche zu verweigern. Bei Fristversäumung gilt die Zustimmung gem. § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt. Erklärt der Arbeitgeber die Versetzung unter Missachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates, so ist diese für den Arbeitnehmer unverbindlich4. Somit hat der Arbeitnehmer in den Fällen einer nach dem Betriebsverfassungsrecht unwirksamen Versetzung grundsätzlich einen Verfügungsanspruch darauf, weiter mit der bisherigen Tätigkeit betraut zu werden (s.o. I Rz. 50 ff.)5. Dem Arbeitgeber bleibt es aber unbenommen, ihm mitbestimmungsfrei eine andere Tätigkeit zuzuweisen, für die keine Versetzung notwendig ist. Die Versetzung eines Betriebsratsmitgliedes mit der Folge des Amtsverlustes ist unwirksam, wenn die notwendige Zustimmung gem. § 103 BetrVG nicht vorliegt. In einem solchen Fall kann sich nicht nur der be-

1 BAG v. 12.12.2006 – 9 AZR 747/06. 2 LAG München v. 18.9.2002 – 5 Sa 619/92. 3 BAG v. 23.11.1993 – 1 ABR 38/93; s. weiter BAG v. 29.9.2004 – 5 AZR 559/03 zur Mitbestimmung beim Schichtwechsel. 4 Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung, vgl. BAG v. 29.8.1992 – 1 AZR 326/90. 5 Anders für den Fall, dass es die früher innegehabt Stelle nicht mehr gibt LAG München v. 18.8.2011 – 2 Sa 62/10.

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Versetzung

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Rz. 56 I

troffene Arbeitnehmer auf die Unwirksamkeit berufen1, sondern der Betriebsrat kann grundsätzlich entsprechend § 101 BetrVG die Aufhebung der Versetzung durch einstweilige Verfügung verlangen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Versetzung nicht mit einer Betriebsteilschließung einhergeht2. 3. Verfügungsgrund Der einstweilige Rechtsschutz gegen Versetzungen scheitert in der Regel 56 jedoch am fehlenden Verfügungsgrund. Meist wird es dem Arbeitnehmer zumutbar sein, zunächst der Versetzung Folge zu leisten und deren Rechtmäßigkeit dann im Hauptsacheverfahren überprüfen zu lassen3. Ausnahmen hiervon sind von der Rechtsprechung angenommen worden, wenn dem Arbeitnehmer durch die Befolgung der Versetzungsanordnung erhebliche Nachteile drohen4, für deren Vorliegen er darlegungs- und beweispflichtig ist5. Diese liegen aber nicht bereits darin, dass eine Beschäftigung mit geringerwertigen Aufgaben bei einem Obsiegen im Hauptsacheverfahren nicht mehr rückgängig gemacht werden kann6, wohl aber bei einer mit einem erheblichen Imageverlust einhergehende „Strafversetzung“ oder einer gegen die Gewissensentscheidung des Arbeitnehmers verstoßenden Versetzungsanordnung. Eine weitere Ausnahme wurde angenommen, wenn die Versetzung offenkundig unwirksam ist7. Im Wesentlichen gelten hierbei die oben zum Direktionsrecht dargestellten Grundsätze (I Rz. 51)8. Insbesondere ist auch hier zu beachten, dass der Arbeitnehmer sich schlicht weigern kann, der Anordnung Folge zu leisten. Die damit verbundenen Risiken kann ihm das Eilverfahren nur in Ausnahmefällen abnehmen. So ist für den Fall einer Flugbegleiterin, der vom Betriebsarzt eine Beschränkung hinsichtlich der Begleitung von Langstreckenflügen auferlegt worden ist, entschieden worden, dass eine 1 HWK/Ricken, § 103 BetrVG Rz. 31, einstweilige Verfügung auf Rückgängigmachung der Versetzung. 2 LAG Nürnberg v. 31.1.2014 – 8 TaBVGa 1/14 und v. 11.10.2010 – 7 TaBVGa 7/10. 3 LAG Rh.-Pf. v. 20.4.2011 – 7 SaGa 5/11; vgl. weiter LAG München v. 1.12.2004 – 5 Sa 913/04. 4 LAG Berlin-Brandenburg v. 28.1.2014 – 9 Ta 2233/13 und 17.3.2011 – 5 SaGa 10/11 – „gesteigertes Abwehrinteresse des Arbeitnehmers“ notwendig; ArbG Freiburg v. 12.1.2012 – 3 Ga 1/12 m. Anm. Müller, NZA-RR 2012, 212; LAG Düsseldorf v. 25.1.1993 – 19 Sa 1650/92. 5 LAG Köln v. 19.12.2007 – 9 Ta 350/07 mit strengen Anforderungen an die Gründe der Gesundheit und der notwendigen Kinderbetreuung; LAG Hess. v. 19.8.2002 – 16 Ga 1118/02 und v. 23.1.1995 – 16 SaGa 2127/94. 6 LAG Köln v. 26.8.1992 – 2 Sa 624/92. 7 LAG Berlin-Brandenburg v. 28.1.2014 – 9 Ta 2233/13 und v. 17.3.2011 – 5 SaGa 10/11; LAG Rheinland-Pfalz v. 24.9.2009 – 10 SaGa 9/09; LAG Köln v. 14.8.2009 – 9 Ta 264/09; LAG Hamm v. 5.2.2008 – 11 SaGa 4/08; LAG Sachs. v. 8.3.1996 – 3 Sa 77/96, das hier die Grundsätze des Beschäftigungsanspruchs anwendet; Schäder/Raab, ArbRB 2010, 320, 323. 8 Vgl. Schäfer, Rz. 133.

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I Rz. 57

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

einstweilige Verfügung auf Beachtung dieser Maßnahme ergehen kann, wenn der Arbeitgeber ankündigt, sich daran nicht halten zu wollen1. 4. Antrag/Tenor/Zwangsvollstreckung 57

Ist die Versetzung bereits ausgesprochen worden, kann dem Arbeitgeber nicht mehr deren Unterlassung aufgegeben werden2. Die Tenorierung geht in diesen Fällen, sofern man überhaupt die Möglichkeit einer Unterlassungsverfügung anerkennt, dahin, dass dem Arbeitgeber untersagt wird, den Arbeitnehmer in einer im Antrag näher bezeichneten Weise zu beschäftigen (beispielsweise in einer weit entfernten Filiale). Möglich ist auch eine Leistungsverfügung, mit der dem Arbeitgeber aufgegeben wird, den Arbeitnehmer in der bisherigen oder einer bestimmten, näher zu bezeichnenden Weise zu beschäftigen. Nach der neueren Rechtsprechung des 10. Senats des BAG hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung in seiner bisherigen Tätigkeit am bisherigen Ort, wenn sich eine vom Arbeitgeber vorgenommene Versetzung als unwirksam erweist. Solange dieser nicht rechtswirksam von seinem Weisungsrecht erneut Gebrauch gemacht oder eine wirksame Freistellung von der Arbeit ausgesprochen habe, bleibt es bei der bisher zugewiesenen Arbeitsaufgabe am bisherigen Ort und der Arbeitnehmer hat einen dementsprechenden Beschäftigungsanspruch3 (s. dazu eingehend I Rz. 50 ff.).

57a

Der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes kann mittels einstweiliger Verfügung erreichen, dass er an seiner bisherigen Dienststelle beschäftigt wird, bis der Personalrat der aufnehmenden Dienststelle seiner Versetzung zugestimmt hat4. Er hat aber keinen Anspruch darauf, dass er innerhalb dieser Dienststelle mit unveränderten Aufgaben betraut wird. Vielmehr kann der Arbeitgeber von seinem Weisungsrecht innerhalb der Dienststelle Gebrauch machen (s. im Einzelnen I Rz. 64).

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Bestand über den Ort der Arbeitsleistung und die Frage eines Versetzungsrechts an eine andere Betriebsstätte im Erkenntnisverfahren kein Streit, so ist die Wirksamkeit der Versetzung nicht inzident im Zwangsvollstreckungsverfahren zu überprüfen5.

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Die Zwangsvollstreckung erfolgt gem. § 888 ZPO durch Festsetzung von Zwangsgeld. Diese kann jedoch nicht erfolgen, solange der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist6. 1 LAG Köln v. 14.8.2013 – 7 Ta 243/13. 2 LAG München v. 18.9.2002 – 5 Sa 619/92. 3 BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, Rz. 15; LAG Berlin-Brandenburg v. 4.2.2014 – 3 Sa 1725/14; vgl. LAG Köln v. 9.1.2007 – 9 Sa 1099/06, wonach es zur wirksamen Ausübung des Direktionsrechts gehöre, dass hinreichend bestimmt ist, welche Aufgaben künftig wahrgenommen werden sollen. 4 LAG Hamm v. 13.7.1995 – 17 Sa 101/95. 5 LAG Schleswig-Holstein v. 6.9.2012 – 1 Ta 142/12. 6 LAG Berlin-Brandenburg v. 8.7.2014 – 16 Ta 920/14.

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Versetzung

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5. Hauptsacheverfahren Im Hauptsacheverfahren kann der Arbeitnehmer auf Feststellung klagen, 58 dass die Versetzung unwirksam ist. Eine vorläufige Weiterbeschäftigung nach den Grundsätzen des Großen Senats für Beendigungskündigungen1 kommt nicht in Betracht. Hier ist vielmehr eine Parallele zur Änderungskündigung zu sehen, bei der ein vorläufiger Weiterbeschäftigungsanspruch nicht besteht (s. hierzu I Rz. 131). 6. Streitwert Beim Streitwert ist zu beachten, dass es sich um eine vermögensrecht- 59 liche Streitigkeit handelt2. In der Regel dürfte eine Festsetzung auf einen Monatsverdienst angemessen sein3, ebenso wie beim allgemeinen Beschäftigungsanspruch4. Muster 34 Einstweilige Verfgung gegen Versetzung

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An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung des … – Antragsteller – Prozessbevollmchtigter: … gegen … GmbH … – Antragsgegnerin – Ich beantrage im Namen und im Auftrag der Antragstellerin den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Die Verfgungsbeklagte wird verurteilt, bis zu einer Entscheidung erster Instanz im Hauptsacheverfahren

1 2 3 4

BAG v. 27.2.1985 – GS 1/84. BAG NZA 1990, 202. LAG Nürnberg v. 27.12.1994 – 8 Ta 150/94. LAG Berlin v. 18.11.2003 – 17 Ta 6115/03 (Kost); LAG München v. 28.2.1990 – 10 (9) Ta 85/89; LAG Nürnberg v. 3.1.1989 – 8 Ta 134/88; a.A. (2 Monatsentgelte) z.B. LAG Hamm v. 6.5.1982 – 8 Ta 102/82; s. weiter LAG Köln v. 3.3.2004 – 7 Sa 297/03: 110 % eines Monatsentgelts jedenfalls nicht zu niedrig.

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

1. es zu unterlassen, der Verfgungsklgerin ab dem … regelmßig an zwei Werktagen in der Woche das Bro in … als regelmßigen Beschftigungsort zuzuweisen; 2. sie vereinbarungsgemß als … regelmßig an ihrem Heimarbeitsplatz und im Bro in B als regelmßigen Arbeitsort zu beschftigen1. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller ist seit dem … als … bei der Antragsgegnerin zu einem monatlichen Bruttoentgelt von … Euro beschftigt. Glaubhaftmachung: Vorlage des schriftlichen Arbeitsvertrages, als Anlage K 1 in Ablichtung anbei. Darin ist kein bestimmter Arbeitsort festgelegt worden. Mit Schreiben vom … wurde der Antragsteller in die Filiale … versetzt. Um dorthin zu gelangen, braucht der Antragsteller je Strecke 11/ 2 Stunden statt bisher 20 Minuten. Die Versetzung ist offensichtlich unwirksam, denn der Antragsgegner hat keinen hinreichenden Grund, den Antragsteller dorthin zu versetzen. Es handelt sich vielmehr um eine reine „Strafversetzung“, fr die der Antragsteller keinen Anlass gegeben hat (nher ausfhren). Die Maßnahme verstçßt daher offenkundig gegen billiges Ermessen i.S.v. § 106 Satz 1 GewO. Es besteht auch ein Verfgungsgrund, denn es ist dem Antragsteller nicht zuzumuten, der Versetzungsanordnung auch nur bis zum Abschluss des bereits eingeleiteten Hauptsacheverfahrens zu folgen. Vielmehr wrde dies zu einer irreparablen Rufschdigung fhren (nher ausfhren). Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Beschftigung in seiner bisherigen Ttigkeit am bisherigen Ort hat, wenn sich eine vom Arbeitgeber vorgenommene Versetzung als unwirksam erweist. Bei einer Versetzung handelt es sich um eine einheitliche Maßnahme, die nicht in den Entzug der bisherigen Ttigkeit und die Zuweisung einer neuen Ttigkeit aufgespalten werden kçnne. Dies gilt auch dann, wenn Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag nicht abschließend festgelegt sind, sondern dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen. Solange dieser nicht rechtswirksam von seinem Weisungsrecht erneut Gebrauch gemacht oder eine wirksame Freistellung von der Arbeit ausgesprochen hat, bleibt es bei der bisher zugewiesenen Arbeitsaufgabe am bisherigen Ort und der Arbeitnehmer habe einen dementsprechenden Beschftigungsanspruch (BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, Rz. 15; LAG Berlin-Brandenburg v. 4.2.2014 – 3 Sa 1725/14; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil I Rz. 57). Unterschrift

1 Vgl. LAG Hessen v. 15.2.2011 – 13 SaGa 1934/10, das allerdings die Einschränkung bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht enthält.

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Beschftigungsanspruch whrend des Arbeitsverhltnisses

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Rz. 64 I

VI. Beschäftigungsanspruch während des Arbeitsverhältnisses 1. Abgrenzung vom Weiterbeschäftigungsanspruch Die Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht unter Fortzah- 61 lung der Bezüge kann in verschiedenen Situationen vorkommen: So kann der Arbeitgeber eine Veranlassung sehen, den Arbeitnehmer aufgrund bestimmter Vorkommnisse im Betrieb zunächst zu suspendieren, damit die Vorfälle geklärt werden können. Die Nichtzuweisung von Arbeit kann in Einzelfällen auch aus reiner Schikane geschehen. Am häufigsten ist jedoch der Fall, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach einer erfolgten fristgemäßen Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Arbeitsleistung freistellt. Terminologisch muss man zwischen dem Beschäftigungsanspruch und 62 dem Weiterbeschäftigungsanspruch unterscheiden. Von einem Beschäftigungsanspruch spricht man dann, wenn das Arbeitsverhältnis unstreitig fortbesteht oder – in Ausnahmefällen – das diesbezügliche Bestreiten des Arbeitgebers offensichtlich unbegründet ist1. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch, und zwar in der Form des allgemeinen wie des betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruchs, kommt für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist in Betracht oder in sonstigen Fällen, in denen der Arbeitgeber den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bestreitet. 2. Grundsätze Der Arbeitnehmer hat im unbestritten bestehenden Arbeitsverhältnis 63 grundsätzlich einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung2. Rechtsgrundlage des Beschäftigungsanspruches sind die §§ 611, 613 BGB i.V.m. § 242 BGB. Dieser wird ausgefüllt durch die Wertentscheidung der Art. 1, 2 und 12 GG. Danach ist die tatsächliche Beschäftigung im Arbeitsleben neben der reinen Vergütungszahlung ein wesentliches Element bei der sozialen Wertschätzung des Arbeitnehmers. Eine Freistellung auch im Rahmen eines tarifvertraglich angelegten unfreiwilligen Vorruhestandes greift gravierend in das Grundrecht des Arbeitnehmers aus Art. 12 GG ein3. Voraussetzung für den Beschäftigungsanspruch ist das Bestehen eines Ar- 64 beitsvertrages. Der Anspruch auf Abschluss eines solchen reicht nicht aus4. Bei einem rechtskräftigen Urteil, das die Willenserklärung des Ar1 LAG Hamburg v. 3.9.1994 – 3 Sa 72/94. 2 St. Rspr. des BAG, s. nur Beschluss des Großen Senats des BAG v. 27.2.1985 – GS 1/84; LAG Baden-Württemberg v. 11.9.2013 – 13 Sa 31/13; Überblick über die Grundzüge bei Stück, AuA 2005, 704. 3 BAG v. 27.2.2002 – 9 AZR 562/00 unter B II 4a der Entscheidungsgründe zum TV Ruhestand beim Südwestrundfunk. 4 BAG v. 28.9.1983 – 5 AZR 255/81; LAG Schl.-Holst. v. 25.3.1985 – 5 Sa 65/85.

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I Rz. 65

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beitgebers ersetzt, ist dies m.E. jedoch anders, da aufgrund dieser Entscheidung das Bestehen eines Arbeitsvertrages feststeht1. Die Beschäftigungspflicht besteht auch dann, wenn der Arbeitsvertrag zwar abgeschlossen, aber noch nicht in Vollzug gesetzt wurde. Hat der Betriebsrat jedoch seine gem. § 99 BetrVG notwendige Zustimmung zur Einstellung nicht erteilt, besteht ein Beschäftigungshindernis2. Dieses kann der Arbeitgeber grundsätzlich dem Beschäftigungsanspruch entgegenhalten, auch wenn er das Zustimmungsersetzungsverfahren nicht einleitet. Etwas anderes kann gelten, wenn die Zustimmungsverweigerung offensichtlich unbegründet ist oder gar auf einem kollusiven Zusammenwirken zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat beruht. 65

Der Anspruch ist auf eine vertragsgemäße Beschäftigung gerichtet. Die Zuweisung anderer Tätigkeiten stellt keine Erfüllung des Beschäftigungsanspruchs dar. Darüber hinaus steht dem Arbeitnehmer ein Anspruch zu, mit bestimmten Tätigkeiten nicht beschäftigt zu werden, etwa solchen, die seiner Gewissensentscheidung zuwiderlaufen oder vom Arbeitsvertragsinhalt nicht gedeckt sind. Ein solcher Unterlassungsanspruch ergänzt notwendigerweise den Beschäftigungsanspruch3 (zu den Einzelheiten und Grenzen s. I Rz. 50). 3. Beschäftigungspflicht bei Betriebsübergang und bei Auszubildenden

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Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn ein Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB behauptet wird4. Aufhebungsverträge, verbunden mit einer Verpflichtung des Betriebserwerbers zur Neueinstellung, stellen eine Umgehung des § 613a BGB dar und sind unwirksam, wenn sie lediglich die Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bei gleichzeitigem Erhalt des Arbeitsplatzes bezwecken (Arbeitnehmer erhält sofort ein Angebot zur Weiterarbeit beim Betriebserwerber, dieser will nur den „sozialen Besitzstand“ nicht wahren). Ist der Aufhebungsvertrag hingegen auf das endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb gerichtet, liegt keine Nichtigkeit vor5. Solange hier die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages nicht wegen Anfechtung, Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder aus einem anderen Grunde beseitigt worden ist, besteht kein Fortsetzungsanspruch gegen den Betriebsübernehmer. Mithin kann auch kein Verfügungsanspruch im Eilverfahren bestehen. Hat der Arbeit1 A.A. zum Arbeitnehmerüberlassungsrecht LAG Köln v. 3.7.1992 – 13 Sa 130/92. 2 Herbert/Oberrath, NZA 2001, 121, 128. 3 Dafür LAG Hessen v. 15.2.2011 – 13 SaGa 1934/10 Rz. 48; LAG Thüringen v. 10.4.2001 – 5 Sa 403/2000 unter III 3b dd der Entscheidungsgründe; dagegen LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 29.6.2006 – 1 Sa 51/06; LAG München v. 1.12.2004 – 5 Sa 913/04; LAG Düsseldorf v. 28.2.1995 – 6 Sa 1986/94; Dunkl, FS Buchner, s. 197, 204. 4 LAG Hamburg v. 3.9.1994 – 3 Sa 72/94. 5 BAG v. 18.8.2011 – 8 AZR 312/10; LAG Köln v. 7.3.2012 – 9 Sa 1310/11; kritisch zum „Erfurter Roulette“ Willemsen, NZA 2013, 242.

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Rz. 68a I

nehmer hingegen im Kündigungsschutzverfahren gegen den Betriebsveräußerer obsiegt und hatte er mangels Kenntnis vom Betriebsübergang keine Möglichkeit, den Beschäftigungsanspruch zeitgleich im Hauptsacheverfahren durchzusetzen, besteht gegen den Erwerber ein Verfügungsanspruch- und -grund auf Weiterbeschäftigung1. Ein Beschäftigungsanspruch gegen den Betriebsveräußerer besteht grund- 67 sätzlich auch dann, wenn der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen hat. Ausnahmen bestehen nur dann, wenn eine Beschäftigung unmöglich ist oder in den engen Ausnahmefällen der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit2. Dabei ist nicht auf den Beschäftigungsbetrieb abzustellen, sondern auf das Unternehmen. Dies ergibt sich aus der Wertung des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG, wonach die Kündigung auch dann unwirksam ist, wenn der Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb desselben Unternehmens beschäftigt werden kann. Der Beschäftigungsanspruch steht im inneren Zusammenhang mit dem Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses. Daher müssen die Wertungen des Kündigungsrechts auch auf diesen Bereich übertragen werden3. Umgekehrt hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Beschäftigung bei einem anderen Unternehmen desselben Konzerns, wenn der Betrieb geschlossen wird, in dem er bislang beschäftigt war4. Ein Beschäftigungsanspruch gegen den Betriebserwerber besteht bei ei- 68 nem unstreitig erfolgten Betriebsübergang. Er ist auch dann gegeben, wenn es zu einem zunächst nicht beabsichtigten Betriebsübergang erst während des Laufs der Kündigungsfrist der vom Veräußerer ausgesprochenen Kündigung kommt. Auf deren Wirksamkeit kommt es für den Beschäftigungsanspruch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht an5. Ein Beschäftigungsanspruch aufgrund einer tarifvertraglichen Übernah- 68a meverpflichtung eines Auszubildenden nach Abschluss der Ausbildung kann vor einer erstinstanzlichen Entscheidung im Hauptverfahren mit einer einstweiligen Verfügung nur durchgesetzt werden, wenn der Vertragseingehungsanspruch des ehemaligen Auszubildenden offensichtlich begründet ist6. Bei einer Kündigung eines Auszubildenden hält das ArbG Kiel eine einstweilige Verfügung schon dann für möglich, wenn die im 1 LAG Hamm v. 9.6.2006 – 19 Sa 881/06. 2 ArbG Berlin v. 7.6.2005 – 84 Ga 10842/05; s. zu den Einzelheiten I Rz. 80. 3 ArbG Berlin v. 7.6.2005 – 84 Ga 10842/05; s. hierzu auch BAG v. 27.2.2002 – 9 AZR 562/00 unter B II 4b der Entscheidungsgründe, worin der Eingriff der Tarifparteien in Art. 12 Abs. 1 GG für gerechtfertigt angesehen wurde, weil Wertentscheidungen des KSchG berücksichtigt wurden. 4 Ruhl/Kassebohm, NZA 1995, 497, 500; vgl. BAG v. 14.10.1982 – 2 AZR 568/80, SAE 1984, 139 u. v. 22.5.1986 – 2 AZR 612/85, SAE 1987, 129 zu den kündigungsrechtlichen Wertungen. 5 LAG Köln v. 3.8.2001 – 11 Sa 215/01; s. weiter LAG Hamm v. 9.6.2006 – 19 Sa 881/06. 6 LAG Köln v. 23.11.2009 – 4 Ta 350/09.

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I Rz. 69

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

dritten Lehrjahr erfolgte Kündigung nicht offensichtlich, sondern nur überwiegend wahrscheinlich unwirksam ist1. 4. Besonderheiten im gekündigten Arbeitsverhältnis 69

Der Beschäftigungsanspruch besteht grundsätzlich auch nach Ausspruch einer Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist2. Dem kann ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers entgegenstehen (s. dazu unter Interessenabwägung, I Rz. 77). Der Arbeitgeber hat auch grundsätzlich die Möglichkeit, den Urlaub einseitig in der Kündigungsfrist gewähren. Der Arbeitnehmer hat kein Recht, die Annahme dieses Urlaubs zu verweigern, um einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung gem. § 7 Abs. 4 BUrlG zu erwerben3. Eine Ausnahme kann nur dann gelten, wenn der Urlaub bereits vor der Kündigung für einen Zeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist gewährt worden ist. Wenn der Arbeitnehmer im Vertrauen darauf bereits Dispositionen getroffen hat, kann er die Annahme des Urlaubs verweigern4. Wenn der Arbeitgeber ohne weitere Angaben lediglich die Freistellung vornimmt, muss er Urlaubsabgeltung leisten, auch wenn die Freistellung unwiderruflich erfolgt ist. Eine solche Freistellung ist keine Erfüllungshandlung i.S.v. § 7 Abs. 1 BUrlG5. Eine konkludente Ruhensvereinbarung, welche die arbeitsvertraglichen Hauptpflichten, also auch die Beschäftigungspflicht suspendiert, kommt nur dann in Betracht, wenn beide Parteien übereinstimmend vom Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses ausgehen. Fehlt es hieran, ist es grundsätzlich nicht treuwidrig, wenn sich der Arbeitnehmer auf seinen Beschäftigungsanspruch beruft, auch wenn zwischenzeitlich ein Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber bestanden hat6. 5. Vertraglicher Ausschluss der Weiterbeschäftigung a) Individualvereinbarung

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In einem individuell ausgehandelten Arbeitsvertrag kann wirksam vereinbart werden, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer während der Dauer der Kündigungsfrist unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeitsleistung freistellen kann7. Der Arbeitgeber hat dann ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht i.S.v. § 315 BGB, das er nach billigem Ermessen ausüben kann. Trotz einer generellen Wirksamkeit der Freistellungsklau1 ArbG Kiel v. 20.12.2009 – 1 Ga 34a/09. 2 BAG v. 19.8.1976 – 3 AZR 173/75 u. v. 26.5.1977 – 2 AZR 632/76; Hessisches LAG v. 20.3.2013 – 18 SaGa 175/13. 3 LAG Köln v. 16.3.2000 – 10/11 Sa 1280/99; zu den Einzelheiten s. Reinecke, AuR 2013, 19. 4 HWK/Schinz, § 7 BUrlG Rz. 36. 5 HWK/Schinz, § 7 BUrlG Rz. 6. 6 LAG Baden-Württemberg v. 11.9.2013 – 13 Sa 31/13. 7 LAG Köln v. 20.8.1998 – 6 Sa 241/98; Sächs. LAG v. 12.6.2003 – 2 Sa 715/02 für leitende Angestellte, ErfK/Preis, § 611 BGB Rz. 568.

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Rz. 74 I

sel kann die konkrete Ausübung daher unwirksam sein1. Die vertragliche Vereinbarung kann auch vorsehen, dass dies unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche erfolgt2. Die Vereinbarung einer Suspendierungsmöglichkeit ohne Entgeltfortzah- 71 lung ist jedoch m.E. auch in individuell ausgehandelten Verträgen unwirksam. Dies käme von den Rechtsfolgen her einer fristlosen außerordentlichen Kündigung gleich. Eine solche Klausel wäre daher eine Umgehung zwingenden Gesetzesrechts (§ 626 Abs. 1 BGB). Unzulässig ist es auch, eine Art außerordentlicher Kündigung zweiter Klasse auszusprechen, bei der lediglich eine gesteigerte soziale Rechtfertigung i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG, nicht hingegen die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vorliegen. Ist der Tatbestand von § 626 Abs. 1 BGB erfüllt, kann der Arbeitgeber die ordentliche Kündigung verbunden mit einer Suspendierung unter Fortzahlung der Bezüge erklären3. Nur in extremen Ausnahmefällen kann es an einem ordnungsgemäßen Angebot der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer fehlen, wenn dieser etwa die Arbeit unter Beschimpfungen und Drohungen anbietet4. Meist geht es aber hier nur um die Zeit bis zum Zugang der fristlosen Kündigung. Zulässig ist ein gerichtlicher Vergleich, nach dem für einen bestimmten 72 Zeitraum (z.B. die Kündigungsfrist bei Umwandlung der außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung) aus tatsächlichen Gründen kein Annahmeverzug des Arbeitgebers und daher kein Entgeltanspruch des Arbeitnehmers bestand. Einstweilen frei.

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b) Formularvertrag Eine formularvertragliche Klausel, die dem Arbeitgeber ohne weitere Vo- 74 raussetzungen ein Freistellungsrecht gibt, ist nach allgemeiner Auffassung jedenfalls im ungekündigten Arbeitsverhältnis unwirksam5. Davon zu trennen ist die Frage der Wirksamkeit einer auf den konkreten Fall der Kündigung bezogenen Freistellungsvereinbarung, die seitens des Arbeitnehmers auch entsprechend § 151 BGB abgeschlossen werden kann6. 1 2 3 4 5

Beckmann, NZA 2004, 1131, 1132. HWK/Thüsing, § 611 BGB Rz. 175. Vgl. ErfK/Preis, § 611 BGB Rz. 567. Krause, NZA-Beilage 1/2005, 51, 56; ErfK/Preis, § 611 BGB Rz. 567. Hess. LAG v. 20.3.2013 – 17 SaGa 175/13 und v. 14.3.2011 – 16 Sa 1677/10: LAG München v. 7.5.2004 – 5 Sa 297/03, das allerdings eine m.E. unzulässige geltungserhaltende Reduktion vornimmt; im Wesentlichen auch HWK/Thüsing, § 611 BGB Rz. 176; vgl. Ünsal, AuA 2013, 272 mit konkreten Vorschlägen für Freistellungsvereinbarungen. 6 S. hierzu ausführlich Meyer, NZA 2011, 1249; Hessisches LAG v. 20.3.2013 – 18 SaGa 175/13 auch für die Kündigungsfrist, wenn es heißt: „Dies gilt insbesondere für die Dauer der Kündigungsfrist im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses“.

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I Rz. 74

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Seit Inkrafttreten der Schuldrechtsreform ist streitig1, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Parteien schon im Arbeitsvertrag wirksam vereinbaren können, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Arbeitsleistung freistellen kann2. M.E. ist eine Formularklausel, die die Freistellungsbefugnis nur von dem Ausspruch einer ordentlichen Kündigung abhängig macht, unwirksam, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken einer Regelung i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht zu vereinbaren ist3. Zwar gibt es keine gesetzliche Fixierung der Beschäftigungspflicht, aber der Anspruch wird von der Rechtsprechung hergeleitet aus §§ 611 Abs. 1, 613 BGB i.V.m. § 242 BGB, wobei dieser ausgefüllt wird durch die Wertentscheidungen der Art. 1 und 2 GG4. Daher gibt es ein Leitbild i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Hiervon kann nur bei Bestehen eines berechtigten Interesses abgewichen werden, das in der Vertragsklausel selbst genannt werden muss. Der Arbeitgeber muss also die berechtigten Interessen (unten I Rz. 77 ff.) in der Freistellungsklausel aufnehmen. Dabei reicht es aber nicht aus, die Kündigung als berechtigenden Umstand aufzuführen5. Da er bei deren Vorliegen den Arbeitnehmer aber ohnehin ausnahmsweise freistellen kann, dürfte eine solche Klausel keine entscheidende Bedeutung mehr haben6. Eine geltungserhaltende Reduktion kommt nicht in Betracht. Insbesondere kann die Freistellungsbefugnis nicht während der Dauer des Verfügungsverfahrens dadurch in die Zulässigkeit „hineinwachsen“, dass der dann noch verbleibende Zeitraum bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu kurz ist, um ein Beschäftigungsinteresse zu begründen7. Die Kürze der Kündigungsfrist kann m.E. ohnehin nur in Ausnahmefällen der einstweiligen Verfügung entgegenstehen, jedoch bestimmt nicht in den Fällen, in denen der Arbeitgeber durch sein rechtswidriges Verhalten de facto erreicht hat, dass der Arbeitnehmer für eine erhebliche Zeit der Kündigungsfrist nicht beschäftigt worden ist.

1 S. die Nachweise bei ErfK/Preis, § 611 BGB Rz. 570. 2 Bejahend zur alten Rechtslage LAG Hamburg v. 10.6.1994 – 6 Sa 42/94; ebenso für Freistellungsklausel unter Anrechnung auf Urlaub LAG Köln v. 20.2.2006 – 14 (10) 1394/05. 3 LAG Hamburg v. 24.7.2013 – 5 SaGa 1/13; Hess. LAG v. 20.3.2013 – 17 SaGa 175/13; LAG BW v. 5.1.2007 – 7 Sa 93/06; ArbG Karlsruhe v. 11.11.2010 – 6 Ga 4/10; ErfK/Preis, § 611 BGB Rz. 570; Meyer, NZA 2011, 1149, 1253; a.A. HWK/ Thüsing, § 611 BGB Rz. 177. 4 ArbG Stuttgart v. 18.3.2005 – 26 Ga 4/05. 5 LAG Hamburg v. 24.7.2013 – 5 SaGa 1/13 unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung. 6 S. auch ArbG Berlin v. 4.2.2005 – 9 Ga 1155/05, wo eine solche Formularklausel auch dann für unwirksam gehalten wird, wenn sie nur gegenüber Führungskräften und außertariflichen Mitarbeitern verwandt wird; ArbG Frankfurt/M v. 19.11.2003 – 2 GA 251/03; a.A. ArbG Stralsund v. 11.8.2004 – 3 Ga 7/04; a.A. Krause, NZA-Beilage 1/2005, 51, 63, der eine gewisse Typisierung für zulässig hält. 7 So aber LAG München v. 7.5.2004 – 5 Sa 297/03.

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Beschftigungsanspruch whrend des Arbeitsverhltnisses

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Rz. 79 I

Auch bei einer wirksamen Freistellungsklausel unterliegt die konkrete 75 Freistellung einer Überprüfung auf die Einhaltung billigen Ermessens i.S.v. § 315 BGB1. Der Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht gem. § 99 BetrVG bei 76 Freistellungen, da es sich nicht um Versetzungen i.S.v. § 99 BetrVG handelt2. c) Interessenabwägung Grundsätzlich besteht somit ein Verfügungsanspruch, es sei denn, über- 77 wiegende und schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers stehen dem im Rahmen einer Interessenabwägung entgegen3. Der Arbeitgeber hat sein Interesse an der Nichtbeschäftigung im Sinne einer Einwendung vorzubringen und ist für deren Bestehen darlegungs- und beweispflichtig4. In einer abschließenden Interessenabwägung müssen die wechselseitig vorgebrachten Argumente abgewogen werden. Bei einem non liquet ist der Verfügungsanspruch gegeben. Es muss ein über das Beendigungsinteresse hinausgehender5 sachlicher 78 Grund vorliegen, nicht hingegen ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 BGB6. Die arbeitgeberseitigen Interessen an der Nichtbeschäftigung können vielfältiger Natur sein. aa) Betriebsbedingt Der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers kann durch organisatorische Maß- 79 nahmen weggefallen sein7. Hier entfällt der Beschäftigungsanspruch aber nur dann, wenn es dem Arbeitgeber auch nicht möglich ist, dem Arbeitnehmer durch Direktionsrecht einen anderen Arbeitsplatz zuzuwei1 S. LAG Berlin-Brandenburg v. 7.11.2013 – 10 Sa 1529/13 – Gefahr des Wechsels eines Reisenden zu einem Konkurrenzunternehmen ist ausreichender sachlicher Grund; LAG Hamm v. 3.2.2004 – 19 Sa 120/04, wobei jedoch m.E. die Frage der allgemeinen Zulässigkeit der Klausel mit der Ausübung billigen Ermessens im Einzelfall unzulässigerweise vermengt wird. 2 BAG v. 28.3.2000 – 1 ABR 17/99; Sibben, NZA 1998, 1266. 3 Vgl. BAG v. 19.8.1976 – 3 AZR 173/75; LAG Berlin v. 9.1.1997 – 14 Ta 19/96, n.v.; ArbG Leipzig v. 8.8.1996 – 18 Ga 37/96, BB 1997, 366 m. Anm. Keßler; Scholz in Ostrowicz/Künzl/Scholz, S. 582, sieht hingegen angesichts der nahenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur in besonderen Fällen wesentliche Interessen des Arbeitnehmers berühret. 4 LAG München v. 7.5.2003 – 5 Sa 344/03 u. v. 19.8.1992 – 5 Ta 185/92, NZA-RR 1993, 1130; a.A. LAG Hamm v. 18.2.1998 – 3 Sa 297/98, NZA 1998, 422; s. zu den dogmatischen Einzelheiten Krause, NZA-Beilage 1/2005, 51, 52. 5 Krause, NZA-Beilage 1/2005, 51, 53. 6 Reinhard/Kliemt, NZA 2005, 545, 547; a.A. (wichtiger Grund) LAG Köln v. 21.3.2001 – 6 Ta 46/01. 7 Vgl. BAG v. 13.6.1990 – 5 AZR 350/89; LAG Hamm v. 15.1.1991 – 7 Ta 28/91 und LAG Köln v. 24.10.1995 – 13 (5) Ta 245/95.

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

sen1. Der Unternehmerentscheidung kommt hier nicht dieselbe Bedeutung zu wie beim Kündigungsentschluss, denn es geht um die Einschränkung vertraglicher Rechte innerhalb eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses2. Es ist nicht ausreichend, dass der Arbeitgeber die Tätigkeiten schon einem anderen Arbeitnehmer übertragen hat3. Setzt die Leistung eine bestimmte Grundlage voraus, wie etwa die Betriebsstätte des Arbeitgebers oder den Arbeitsplatz im Betrieb des Arbeitgebers, ist mit dessen Wegfall die Beschäftigung objektiv unmöglich geworden4. Im Einzelfall kann die Berufung darauf aber rechtmissbräuchlich sein. Insbesondere ist der Rechtsgedanke von § 162 BGB zu beachten. Wenn also bestimmte unternehmerische Entscheidungen nur zur Vereitelung des Beschäftigungsanspruchs getroffen und formell umgesetzt werden, kann sich der Arbeitgeber nicht darauf berufen. Dies gilt erst recht etwa für den behaupteten Wegfall einer Führungsposition.5. 80

Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit kann es beim Beschäftigungsanspruch anders als beim Weiterbeschäftigungsanspruch kaum geben. Insbesondere ist sie nicht bereits dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber ohne sein Verschulden an einem wirtschaftlich sinnvollen Einsatz des Arbeitnehmers gehindert ist. Die Entgeltfortzahlungspflicht besteht ohnehin grundsätzlich bis zum rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses fort. In aller Regel hat der Arbeitgeber aber die wirtschaftlichen Belastungen durch die Entgeltzahlung auch bei einer Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu tragen. Darin liegt der entscheidende Unterschied zu der Wertung des § 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG, wonach sich der Arbeitgeber von der betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungspflicht entbinden lassen kann, wenn die Weiterbeschäftigung zu unzumutbaren wirtschaftlichen Belastungen führte6. In diesem Fall verursacht die Weiterbeschäftigung erst die Pflicht zur Entgeltzahlung und löst somit die möglicherweise unzumutbaren wirtschaftlichen Belastungen aus. Somit kommt eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber zur Ermöglichung der Beschäftigung unzumutbare Aufwendungen tätigen müsste, also z.B. aufwendige technische Einrichtungen installieren müsste, um den Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigen7.

1 2 3 4

ArbG Berlin v. 7.6.2005 – 84 Ga 10842/05. ArbG Berlin v. 25.1.2006 – 40 Ca 22605/05. LAG München v. 19.8.1992 – 5 Ta 182/92; Krause, NZA-Beilage 1/2005, 51, 55. LAG Hamm v. 2.3.2012 – 10 Sa 1086/11 unter Hinweis auf BAG v. 27.2.2002 – 9 AZR 562/00; ArbG Berlin v. 29.8.2011 – 19 Ca 4426/11, Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf eine Zementierung der Arbeitsorganisation auf unbestimmte Zeit. 5 LAG Hamm v. 5.5.1983 – 8 Sa 255/83; LAG Köln v. 23.8.2001 – 7 (13) Ta 190/01 – für die Auflösung eines Amtes. 6 AA Ruhl/Kassebohm, NZA 1995, 497, 501. 7 ArbG Berlin v. 7.6.2005 – 84 Ga 10842/05; vgl. weiter LAG München v. 1.8.2005 – 4 Ta 250/05.

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Rz. 83 I

Die Beschäftigungspflicht entfällt bei Betriebseinstellung vor Ablauf der 81 Kündigungsfrist1, sofern nicht eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einem anderen Betrieb desselben Unternehmens besteht2. Der Arbeitnehmer hat also keinen Anspruch darauf, dass der Betrieb nur zur Erfüllung seines Beschäftigungsanspruchs bis zum Ablauf der Kündigungsfrist aufrechterhalten wird. Der Insolvenzverwalter kann nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit 82 nach § 209 InsO aus insolvenzspezifischen Gründen berechtigt sein, Teile der Belegschaft, für die der Beschäftigungsbedarf entfallen ist, ohne Vergütungsanspruch von der Arbeitsleistung freizustellen3. Der Gesetzgeber setzt das Bestehen eines Freistellungsrechts in §§ 55 Abs. 2, 209 Abs. 2 InsO voraus4. Dabei muss er billiges Ermessen i.S.v. § 315 BGB walten lassen. Die Freistellung ist jedoch unbillig und damit unwirksam, wenn der Insolvenzverwalter nicht unverzüglich Maßnahmen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergreift5. Bei dem billigen Ermessen können auch soziale Gesichtspunkte wie Al- 83 ter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und besondere finanzielle Interessen der Betroffenen von Bedeutung sein. In diesen Fällen kann eine einstweilige Verfügung auf Beschäftigung nur ergehen, wenn die Auswahlentscheidung des Insolvenzverwalters willkürlich ist und besondere Beschäftigungsinteressen dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile für die Betroffenen gebieten6. Die insolvenzrechtliche Freistellung eines Betriebsratsmitgliedes kann nicht damit begründet werden, er habe im Wesentlichen Betriebsratstätigkeiten ausgeübt und kaum Arbeitsleistung erbracht7. Meines Erachtens besteht in diesen Fällen kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, da es sich nicht um eine vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit handelt, sondern um die völlige Freistellung eines Teils der Arbeitnehmer8.

1 LAG Hamm v. 18.9.2003 – 17 Sa 1275/03; s. hierzu bezogen auf die Schließung der Staatlichen Schauspielbühnen Berlins die Entscheidung des Bezirks-Bühnenschiedsgerichts Berlin v. 19.1.1994 – 78/93, zustimmend zitiert von Ruhl/Kassebohm, NZA 1995, 497, 502. 2 S. hierzu ArbG Berlin v. 7.6.2005 – 84 Ga 10842/05. 3 LAG Nürnberg v. 30.8.2005 – 6 Sa 273/05; umfassend LAG Hamm v. 27.9.2000 – 2 Sa 1178/00, jeweils für das Verfügungsverfahren; BAG v. 4.6.2003 – 10 AZR 586/02; kritisch hierzu LAG Hess. v. 6.6.2002 – 11 Sa 505/01 – bezogen auf die Sozialauswahl, LAG Düsseldorf v. v. 4.12.2002 – 6 Sa 1411/02 – zur konkreten Billigkeit und ArbG Berlin v. 18.6.1996 – 9 Ga 17108/96. 4 LAG Hamm v. 12.2.2001 – 4 Ta 277/00 und v. 27.9.2000 – 2 Sa 1178/00; Moderegger, ArbRB 2004, 188 mit dem Hinweis, dass dadurch die Vergütungspflicht bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht entfällt. 5 LAG Nürnberg v. 30.8.2005 – 6 Sa 273/05 – unter 2b) der Entscheidungsgründe. 6 LAG Hamm v. 27.9.2000 – 2 Sa 1178/00. 7 LAG Nürnberg v. 30.8.2005 – 6 Sa 273/05 unter 2c) der Entscheidungsgründe. 8 Vgl. BAG v. 28.3.2000 – 1 ABR 17/99 – zum fehlenden Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gem. § 99 BetrVG bei der Freistellung einzelner Arbeitnehmer.

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I Rz. 84 84

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Bei einer unwirksamen insolvenzbedingten Freistellung besteht auch ein Verfügungsgrund, der ausnahmsweise in den finanziellen Folgen der Freistellung liegt1. Der Verfügungsgrund besteht aber nur, wenn ansonsten eine wirtschaftliche Notlage einträte2. bb) Personen- und verhaltensbedingt

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Ansteckende Krankheiten können ein Recht zur Freistellung begründen.

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Kann der Arbeitgeber eine Gefährdung der Wahrung von Betriebsgeheimnissen durch den Arbeitnehmer glaubhaft machen, spricht dies gegen eine Beschäftigungspflicht. Auch die Gefährdung des Betriebsfriedens durch den Arbeitnehmer kann den Ausschluss der Weiterbeschäftigungspflicht begründen, jedoch muss der Arbeitgeber hier eingehend vortragen, worin diese bestehen soll und warum er dem nicht mit zumutbarem Aufwand entgegentreten kann. Weiter ist es denkbar, dass das Vertrauensverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien derartig zerrüttet ist, dass es dem Arbeitgeber nicht zumutbar ist, den Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu beschäftigen. Dies kann die Freistellung m.E. aber nur in Ausnahmefällen rechtfertigen. Der Arbeitgeber muss dabei substantiiert vortragen, welche Tatsachen zum Vertrauensverlust geführt haben sollen. Dabei kann auch die Stellung des Arbeitnehmers eine gewichtige Rolle spielen (s.u. I Rz. 87 zu den leitenden Angestellten). Eine Freistellung ist grundsätzlich auch gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer in der Kündigungsfrist versucht, andere Arbeitnehmer für eine spätere Konkurrenztätigkeit zu werben3. Dies gilt auch dann, wenn dabei keine sittenwidrigen Methoden angewandt werden und/oder der Versuch erfolglos bleibt. Weiter kann die Ankündigung des Arbeitnehmers, sich für die von ihm als ungerechtfertigt empfundene Kündigung zu „revanchieren“, dessen Weiterbeschäftigung unzumutbar machen, wenn der Arbeitgeber daraufhin befürchten muss, dass der Arbeitnehmer während der Dauer der Kündigungsfrist schädigende Handlungen vornimmt, wie etwa eine Manipulation am EDV-System. cc) Führungskräfte – Außenwirkung der Beschäftigung

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Es besteht kein Automatismus, dass Führungskräfte, auch wenn sie unter § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG fallen, generell keinen Beschäftigungsanspruch während der Kündigungsfrist hätten4. Dies folgt auch nicht im Wege des Erst-recht-Schlusses daraus, dass das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG das Arbeitsverhältnis auflösen muss, auch wenn hierfür keine Begründung vorgetragen wird. Dies hat keine Auswirkungen auf die Rechte dieser Arbeitnehmergruppe wäh1 2 3 4

LAG Nürnberg v. 30.8.2005 – 6 Sa 273/05 unter 2d) der Entscheidungsgründe. LAG Hamm v. 26.10.2005 – 2 Sa 1682/05. Schmiedl, BB 2003, 1120, 1123. Beckmann, NZA 2004, 1131, 1134 f.

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Rz. 88 I

rend der Dauer des Arbeitsverhältnisses. Vielmehr sind auch hier die Umstände des Einzelfalls abzuwägen1. So ist etwa die Beschäftigung eines leitenden Arbeitnehmers, der über die Befugnis zur Einstellung und Entlassung von Personal verfügt, an ein größeres Vertrauensverhältnis gebunden als das eines einfachen Angestellten. Auch wenn ein Arbeitnehmer in exponierter Stellung ohne nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach Ablauf der Kündigungsfrist zur Konkurrenz wechseln möchte, kann die Beschäftigung u.U. unzumutbar sein, insbesondere bei einer langen Kündigungsfrist2. Gleiches wurde für eine Büroleiterin entschieden, mit der der Arbeitgeber täglich eng zusammengearbeitet hat3. Der Arbeitgeber muss aber mildere Mittel als die vollständige Freistellung vorziehen, wenn diese ausreichen, um seine Interessen zu wahren. Sieht der Arbeitsvertrag verschiedene Einsatzmöglichkeiten vor und besteht die Gefahr der Weitergabe aktueller Firmeninterna nur bei einer dieser Tätigkeiten, muss der Arbeitgeber ihm andere vertragsgemäße Tätigkeiten zuweisen und kann ihn nicht vollkommen freistellen. Umgekehrt muss der Arbeitnehmer hinnehmen, dass er mit bestimmten Tätigkeiten nicht mehr betraut wird und u.U. bestimmte Kompetenzen nicht mehr hat. Voraussetzung ist aber stets, dass auch die ihm nunmehr übertragene Tätigkeit vom Arbeitsvertrag umfasst ist. Eine Beschäftigung als GmbH-Geschäftsführer ist wegen der gem. § 38 GmbHG jederzeitigen Möglichkeit der Abberufung nicht durchsetzbar4. Liegt ein Arbeitsvertrag zugrunde, kann eine Beschäftigung „als Angestellter“ begehrt werden. Dabei sollten die Einzelheiten der begehrten Beschäftigung im Antrag möglichst präzise wiedergegeben werden5. Eine andere Frage ist, ob der abberufene Geschäftsführer verpflichtet ist, nach der Abberufung unterhalb der Geschäftsführerebene tätig zu werden. Dies ist m.E. nur dann der Fall, wenn eine entsprechende vertragliche Vereinbarung getroffen wurde6. Diese kann entweder in einem Arbeitsvertrag liegen, dessen Aufleben nach dem Ende der Geschäftsführertätigkeit vereinbart wurde oder in einer Bestimmung des Geschäftsführervertrages. Zu beachten ist auch die potentielle Außenwirkung der Weiterbeschäfti- 88 gung des Arbeitnehmers. So kann dem Arbeitgeber die weitere Beschäftigung unzumutbar werden, wenn die Kündigung etwa aufgrund massiver Kundenbeschwerden erfolgte, die ihrerseits mit einem Abbruch der Geschäftsbeziehungen für den Fall der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers gedroht haben. Auch in Berufen, in denen es entscheidend auf die Zuverlässigkeit der Arbeitnehmer ankommt (Ärzte, Pflegepersonal etc.) kann ein überwiegendes Nichtbeschäftigungsinteresse des Arbeitgebers 1 Krause, NZA-Beilage 1/2005, 51, 53. 2 LAG Hamm v. 3.11.1993 – 15 Sa 1592/93; HWK/Thüsing, § 611 BGB Rz. 173; Reinhard/Kliemt, NZA 2005, 545, 547. 3 LAG Köln v. 13.5.2005 – 4 Sa 400/05. 4 BGH v. 11.10.2010 – II ZR 266/08; Lunk/Rodenbusch, NZA 2011, 497, s. eingehend zu möglichen vertraglichen Regelungen Ebert, ArbRB 2011, 155. 5 Beckmann, NZA 2004, 1131, 1135. 6 Lunk/Rodenbusch, NZA 2011, 497, 498.

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I Rz. 89

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

bestehen, wenn aufgrund vorangegangener Umstände Zweifel an der Zuverlässigkeit des Arbeitnehmers auftreten. 89

Keine hinreichenden Gründe sind hingegen; – die vom Arbeitgeber behauptete Nichterreichung von Zielvorgaben1; – die Behauptung, die Tätigkeit des Arbeitnehmers entspreche nicht den aktuellen Anforderungen des Marktes2; – die allgemeine, nicht durch konkrete Anhaltspunkte belegte Befürchtung, der Arbeitnehmer werde zur Konkurrenz gehen3; – die unternehmerische Entscheidung zur Freistellung; eine Parallele zu einer die Kündigung rechtfertigenden unternehmerischen Entscheidung kommt nicht in Betracht, da ansonsten der grundrechtlich geschützte Beschäftigungsanspruch ausgehöhlt würde4. dd) Bühnenkünstler

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Für den künstlerischen Bereich bestehen tarifvertragliche Regelungen5. So bestimmt § 6 Abs. 1 des Normalvertrages (NV) Solo6, dass das Mitglied angemessen zu beschäftigen ist. Die Beschäftigung muss sich im Rahmen des Kunstfachs bzw. des vertraglich vereinbarten Rollengebiets halten. Der Auftritt in zwei Rollen des Kunstfachs mit Premieren wird als angemessen angesehen. Ein Anspruch auf eine bestimmte Rolle besteht jedoch nur bei einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung7. Zur angemessenen Beschäftigung i.S.d. NV Solo gehört auch die Teilnahme an Proben und die Übertragung sog. Ansehrollen. Gemäß § 11 Abs. 2a NV Solo kann sich der Arbeitgeber nicht vertraglich das Recht vorbehalten, durch einseitige Erklärungen das Mitglied unter Kürzung oder Wegfall der vertraglichen Vergütung zu beurlauben. Ähnliche Regelungen finden sich in § 4 Abs. 5, § 2 Abs. 2b NV Tanz und § 4 Abs. 4, § 2 Abs. 3b NV Chor. Allerdings kann der Arbeitgeber in Einzelfällen berechtigt sein, die Arbeitspflicht vorübergehend zu suspendieren, wenn der hinreichende Verdacht einer Pflichtverletzung besteht. Schließlich kommt bei einer Kündigung wegen Versagens der künstlerischen Leistungen eines Berufsmusikers gem. § 42 Abs. 1b des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) ein Ausschluss des Beschäftigungsanspruches während der sozialen Auslauffrist in Betracht. Dabei ist auf der einen Seite zu beachten, dass ein Berufsmusiker ein starkes Interesse an der tatsächlichen

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LAG Köln v. 20.3.2001 – 6 Ta 46/01. ArbG Frankfurt/M. v. 8.10.1998 – 2 Ga 214/98. LAG Nürnberg v. 12.3.1982 – 6 Sa 10/82. LAG München v. 7.5.2003 – 5 Sa 344/03. Ruhl/Kassebohm, NZA 1995, 497. NV Solo, abgedruckt in: Loseblattsammlung Bühnen- und Musikrecht unter IA2. 7 § 6 Abs. 3 NV Solo.

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Beschftigungsanspruch whrend des Arbeitsverhltnisses

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Rz. 92 I

Beschäftigung hat, da es für ihn darum geht, seine beruflichen Fertigkeiten gerade im Zusammenspiel zu erhalten. Auf der anderen Seite ist jedoch das arbeitgeberseitige Interesse schützenswert, bei Auftritten vor Publikum eine einwandfreie und den künstlerischen Ansprüchen genügende Orchesterleistung präsentieren zu können. Wenn die künstlerische Gesamtwirkung des Orchesters durch erhebliche Leistungsmängel eines einzelnen Mitgliedes gestört wird, kommt eine Suspendierung für die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist in Betracht1. ee) Betriebsratsamt Eine besondere Bedeutung kommt dem Betriebsratsamt des Arbeitneh- 91 mers zu. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung zur Kündigung eines seiner Mitglieder, muss der Arbeitgeber gem. § 103 BetrVG bei den Gerichten für Arbeitssachen die Ersetzung der Zustimmung beantragen. Bis hierüber rechtskräftig entschieden ist, hat das betroffene Betriebsratsmitglied grundsätzlich einen Beschäftigungsanspruch (zu dem davon unabhängigen Anspruch auf Amtsausübung s. K Rz. 15). Dieser entfällt nur dann, wenn der Beschäftigung überwiegende und schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen, die eine Verhinderung der Beschäftigung geradezu gebieten. Dies wurde von der Rechtsprechung angenommen bei dem objektiven Bestehen erheblicher Gefahren für den Betrieb oder dort beschäftigte Personen oder eines durch objektive Tatsachen gesicherten dringenden Verdachts einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen schweren Arbeitsvertragsverletzung2. Eine Störung des Betriebsfriedens kommt m.E. jedoch nur dann in Betracht, wenn sie erheblich ist3. Auch dann kommt eine einstweilige Verfügung auf Zustimmung gem. § 103 BetrVG nicht in Betracht4. ff) Allgemeine Interessenabwägung Diese Interessen des Arbeitgebers sind dann in einer Gesamtschau gegen 92 ein möglicherweise bestehendes besonderes Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers abzuwägen. Der Arbeitnehmer kann aufgrund seiner besonderen beruflichen Situation ein gesteigertes Interesse an der Beschäftigung haben, wie z.B. das „Im-Geschäft-Bleiben“ im Verkaufsbereich, den Erhalt bestimmter technischer oder handwerklicher Fähigkeiten etc.

1 LAG Berlin v. 9.1.1997 – 14 Ta 19/96, n.v. 2 LAG Köln v. 25.11.2011 – 13 SaGa 44/11 und v. 2.8.2005 – 1 Sa 952/05 unter 2a cc der Entscheidungsgründe; LAG Hamm v. 21.9.2004 – 12 SaGa 1212/04 und v. 12.12.2001 – 10 Sa 1741/01; 311; LAG Sachsen v. 14.4.2000 – 3 Sa 298/00; LAG Sachsen v. 14.4.2000 – 3 Sa 298/00 – lässt es hingegen ausreichen, dass den Kündigungsgründen „einiges Gewicht“ zukommt. 3 LAG Hamm v. 12.12.2001 – 10 Sa 1741/01 – lässt bereits eine einfache Störung ausreichen und nennt weiterhin betriebliche Ablaufstörungen; zur fortbestehenden Wählbarkeit eines Arbeitnehmers s. BAG v. 10.11.2004 – 7 ABR 12/04. 4 DKK/Kittner/Bachner, § 103 Rz. 46.

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I Rz. 93

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

In diesem Zusammenhang ist streitig, ob Bewerbungen aus einem aktiven Arbeitsverhältnis erfolgversprechender sind als solche, die während einer Freistellung erfolgen1. 93

Ein Berufsfußballspieler kann seinen Anspruch auf Teilnahme am Training durchsetzen, wenn er glaubhaft macht, dass auch durch die zeitweilige Nichtteilnahme seine Chancen auf dem Markt erheblich sinken würden2. d) Verfügungsgrund

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Es ist streitig, ob der Verfügungsgrund in diesen Fällen bereits dadurch vorgegeben ist, dass der Verfügungsanspruch besteht und durch Zeitablauf vereitelt wird, wenn dem Arbeitgeber die Beschäftigung nicht per einstweiliger Verfügung aufgegeben wird3, oder ob der Arbeitnehmer auch vortragen und glaubhaft machen muss, dass er wegen einer Notlage auf die sofortige Erfüllung des Beschäftigungsanspruches dringend angewiesen ist, etwa um seine beruflichen Chancen zu erhalten4. Dabei ist m.E. zu beachten, dass das Beschäftigungsinteresse, wie der Große Senat des BAG definiert hat, ein ideelles ist, das aus dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers abgeleitet wird. Etwaige Gegeninteressen des Arbeitgebers sind bereits in die Interessenabwägung beim Verfügungsanspruch einzubeziehen5. Besteht der Verfügungsanspruch, so bleibt für die Verneinung des Verfügungsgrundes kein Raum mehr, da das beim Anspruchsgrund als vorrangig befundene ideelle Interesse des Arbeitnehmers an der Beschäftigung ansonsten durch Zeitablauf nicht mehr realisierbar wäre. Dem kann m.E. nicht entgegengehalten werden, dass mit jedem Tag der Beschäftigung die Hauptsache vorweggenommen würde und es deshalb 1 Dafür ArbG Stuttgart v. 18.3.2005 – 26 Ga 4/05, dagegen LAG Köln v. 13.5.2005 – 4 Sa 400/05. 2 ArbG Solingen v. 16.1.1996 – 2 Ga 1/96; s. in diesem Zusammenhang zum Rechtsweg LAG Köln v. 22.4.2002 – 8 (13) Ta 8/02. 3 So LAG Berlin-Brandenburg v. 17.3.2011 – 5 SaGa 10/11 nur für den Fall des Beschäftigungsanspruchs im nicht beendeten Arbeitsverhältnis: LAG Hess. v. 3.3.2005 – 9 SaGa 2286/04 und v. 19.8.2002 – 16 Sa Ga 1118/02; LAG München v. 7.5.2003 – 5 Sa 344/03 und v. 19.8.1992 – 5 Ta 185/92; Walker, Rz. 686; ArbG Stuttgart v. 18.3.2005 – 26 Ga 4/05. 4 So LAG Hamburg v. 24.7.2013 – 5 SaGa 1/13; LAG Berlin-Brandenburg v. 19.9.2012 – 23 SaGa 1447/12 und v. 16.3.2011 – 4 SaGa 2600/10; LAG BW v. 29.3.2011 – 15 SaGa 1/11; LAG Düsseldorf v. 1.6.2005 – 12 Sa 352/05; LAG Berlin-Brandenburg v. 16.3.2011 – 4 SaGa 2600/10 und v. 12.1.2011 – 3 Ta 7/11; LAG Köln v. 13.5.2005 – 4 Sa 400/05; LAG Berlin v. 4.10.2005 – 12 Sa 1267/05; LAG Nürnberg v. 18.9.2007 – 4 Sa 586/07 und v. 26.6.2003 – 6 Sa 181/03; LAG Hamm v. 18.2.1998 – 3 Sa 297/98; LAG Köln v. 31.7.1985 – 7 Sa 555/85; LAG Hamburg v. 8.9.1982 – 5 Sa 112/82; für die Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen nach Änderungskündigung; LAG Hess. v. 23.3.1987 – 1 SaGa 316/87; LAG Hess. v. 23.3.1987 – 1 SaGa 316/87; ArbG Stralsund v. 11.8.2004 – 3 Ga 7/04; GMP/Germelmann, § 62 Rz. 105. 5 LAG München v. 7.5.2003 – 5 Sa 344/03.

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Beschftigungsanspruch whrend des Arbeitsverhltnisses

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Rz. 95 I

einer besonders strengen Prüfung des Verfügungsgrundes bedürfe1. Spiegelbildlich tritt nämlich mit jedem Tag der Nichtbeschäftigung ein unwiederbringlicher Verlust des Rechtes auf Beschäftigung ein. Genau dies zu verhindern dient der einstweilige Rechtsschutz. Da, wie bereits ausgeführt, die Interessen des Arbeitgebers bereits beim Verfügungsanspruch berücksichtigt werden, erleidet dieser auch keine ungerechtfertigte Einschränkung seiner Rechte. Einer besonderen Dringlichkeitssituation bedarf es nicht, da die einstweilige Verfügung gerade den Zweck hat, den endgültigen Rechtsverlust durch die lange Dauer des Hauptsacheverfahrens zu vermeiden2. Dies gilt insbesondere in Ausbildungsverhältnissen3. Weiter ist auch hier zu beachten, dass die Anforderungen an den Verfügungsgrund umso geringer sind, je schwerer und offensichtlicher die drohende oder bestehende Rechtsverletzung ist4. Etwas anderes kann gelten, wenn der Arbeitgeber nicht die Beschäftigung insgesamt ablehnt, sondern nur zu den vom Arbeitnehmer gewünschten Bedingungen. Hier muss der Arbeitnehmer eingehend vortragen, warum die Beschäftigung mit einer anderen als der zuvor innegehabten Beschäftigung sein ideelles Interesse in einer Weise berührt, die eine Regelungsverfügung notwendig macht5 (zum Verfügungsgrund für den Antrag auf Nichtzuweisung bestimmter Tätigkeiten s. unter Direktionsrecht, I Rz. 51). In der Praxis sollte der Arbeitnehmervertreter stets vorsorglich substanti- 95 ierte Argumente für ein besonderes Weiterbeschäftigungsinteresse vortragen. Dies kann z.B. darin liegen, dass die Arbeitnehmerin bei dem Versuch, ihre Arbeit nach Ende der Elternzeit wieder aufzunehmen, unter Erteilung eines Hausverbotes vom Arbeitsplatz verwiesen und dies dann in der Belegschaft bekannt gemacht wird6.

1 So aber LAG Hamburg v. 24.7.2013 – 5 SaGa 1/13. 2 In diesem Sinne auch ErfK/Kania, § 102 BetrVG Rz. 36; Schwab/Weth/Walker, § 62 Rz. 149; HK-ArbR/Boemke, § 611 BGB Rz. 399; Düwell/Lipke/Dreher, § 62 Rz. 434; Natter/Gross/Pfitzer, § 62 Rz. 66; Schäfer, Rz. 68; vgl. weiter LAG Hamm v. 6.11.2007 – 14 SaGa 39/07 Hess. LAG v. 23.3.2004 – 15 SaGa 401/04; darin auch zum Problem der Nichtbeschäftigung wegen gesundheitlicher Probleme des Arbeitnehmers und der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers; Hess. LAG v. 3.7.2012 – 15 SaGa 243/12 – je eindeutiger der Verfügungsanspruch, desto geringere Anforderungen an den Verfügungsgrund; LAG Berlin-Brandenburg v. 25.3.2010 – 2 Ta 387/10; LAG Berlin v. 16.9.2004 – 10 Sa 1763/04; LAG Sachs. v. 8.3.1996 – 3 Sa 77/96; LAG München v. 17.8.1994 – 5 Sa 679/94; ArbG Berlin v. 29.9.2006 – 28 Ga 16538/06 und v. 18.9.2009 – 28 Ga 15428/09, dort mit umfangreicher Begründung anhand der Schutzpflichtenlehre bzgl. der Grundrechte und v. 2.12.2011 – 28 Ga 16199/11. 3 ArbG Kiel v. 30.12.2009 – 1 Ga 34 a/09 – einstweilige Verfügung ohne Einschaltung des Schlichtungsausschusses; ArbG Köln v. 1.2.2005 – 14 (12) Ga 13/05. 4 LAG Köln v. 13.5.2004 – 4 Sa 400/05; LAG München v. 7.5.2003 – 5 Sa 344/03; LAG Köln v. 24.11.1998 – 13 Sa 940/98; Moderegger, ArbRB 2004, 188. 5 LAG Hess. v. 19.8.2002 – 16 SaGa 1118/02 und v. 23.1.1995 – 16 GaSa 2127/94; s. weiter unter „Versetzung“ I Rz. 56. 6 ArbG Berlin v. 25.1.2013 – 28 Ga 178/13.

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I Rz. 95a 95a

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Ein Zuwarten mit dem Antrag auf gerichtlichen Rechtsschutz kann die behauptete Dringlichkeit widerlegen. Dies gilt jedoch nicht, solange Vergleichsverhandlungen laufen1. e) Hilfsantrag auf Entschädigung

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Anstelle der Zwangsvollstreckung kann der Arbeitnehmer auch einen unechten Hilfsantrag gem. § 61 Abs. 2 ArbGG stellen, den Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung zu für den Fall zu verurteilen, dass er der Weiterbeschäftigungspflicht nicht binnen einer bestimmten Frist nachkommt. Die Zwangsvollstreckung ist dann ausgeschlossen. Wenn hingegen rechtskräftig über einen Antrag des Gläubigers zur Zwangsvollstreckung aus § 888 ZPO positiv entschieden worden ist, kann dieser einen Antrag auf Zahlung einer Entschädigung gem. § 61 Abs. 2 ArbGG nicht mehr weiterverfolgen2.

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Wird ein unechter Hilfsantrag auf Zahlung einer Entschädigung gem. § 61 Abs. 2 ArbGG bereits vor Erlass einer einstweiligen Verfügung angekündigt, kann er Zweifel am Verfügungsgrund wecken, denn die Zahlung der Entschädigung ist nicht eilbedürftig. f) Antrag/Tenor

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Bei der Fassung des Antrages und der Tenorierung sind auch hier Einschränkungen zu beachten. Zum einen ist der Anspruch ggf. zeitlich zu beschränken, nämlich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder einer vereinbarten Befristung. Er kann auch nur für die Zukunft geltend gemacht werden3. Darüber hinaus ist er auch inhaltlich zu konkretisieren. Es besteht grundsätzlich ein Anspruch darauf, bis zu einer neuen Ausübung des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber mit der Tätigkeit beschäftigt zu werden, die vorher ausgeübt wurde (s.o. Rz. 50 ff.). Der Arbeitnehmer muss aber die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beschäftigung so präzise umschreiben, dass keine Unklarheiten entstehen und ein hierauf bezogenes Urteil vollstreckbar wäre4. Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung der Weiterbeschäftigung dürfen nicht aus dem Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Schuldner einer festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber, worin diese besteht5. 1 Hess. LAG v. 10.5.2010 – 16 SaGa 341/10. 2 LAG Berlin v. 12.3.1999 – 2 Sa 3/98, NZA-RR 2000, 43; s. im Einzelnen hierzu Böhm, ArbRB 2006, 93 und Laber, ArbRB 2004, 290. 3 LAG Baden-Württemberg v. 11.9.2013 – 13 Sa 31/13. 4 BAG v. 22.10.2008 – 4 AZR 735/07; LAG Berlin-Brandenburg v. 2.7.2014 – 10 Ta 1276/14, volles Direktionsrecht des Arbeitgebers, wenn keine Einschränkungen im Tenor genannt wurden; LAG Baden-Württemberg v. 20.4.2009 – 4 Sa 4/09; LAG München v. 8.9.2011 – 3 SaGa 21/11. 5 LAG Köln v. 25.9.2013 – 11 Ta 162/13.

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Beschftigungsanspruch whrend des Arbeitsverhltnisses

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Rz. 99 I

Die bloße Verurteilung des Arbeitgebers, „den Arbeitnehmer bis zum … zu beschäftigen“, dürfte zu vollstreckungsrechtlichen Schwierigkeiten führen1. Auch der Antrag, den Verfügungskläger „zu seinen arbeitsvertraglichen Bedingungen weiterzubeschäftigen“, wurde von der Rechtsprechung als zu unbestimmt angesehen2. Eine Verurteilung zur Beschäftigung „zu unveränderten Bedingungen“ ist nur dann ausreichend, wenn diese Bedingungen zwischen den Parteien unstreitig sind und ihren Niederschlag wenigstens im Tatbestand oder in den Entscheidungsgründen der Eilentscheidung gefunden haben3. Da man aber stets auch mit einer Säumnislage rechnen muss und um auch in anderen Fällen einen Streit über Art und Umfang der vorzunehmenden Beschäftigung zu vermeiden, ist unbedingt zu empfehlen, wenigstens eine ungefähre Umschreibung der Beschäftigung anzugeben (etwa „als Maschinenführer, CNC-Programmierer, Leiter der Ausbildungsabteilung“ etc.). Dabei kann auf die Formulierung im Arbeitsvertrag zurückgegriffen werden. Ist diese unergiebig, so können die Merkmale der Tarifgruppe, in die der Arbeitnehmer eingruppiert ist, herangezogen werden (etwa „… den Antragsgegner zu verurteilen, den Antragsteller bis zum … als Maschinenführer mit Arbeitsaufgaben entsprechend der Lohngruppe … des Tarifvertrages … zu beschäftigen“). Erforderlichenfalls ist anhand des Urteils oder aus sonstigen im Erkenntnisverfahren vorgelegten Urkunden durch Auslegung zu ermitteln, ob diese Kennzeichnung des Beschäftigungsinhalts so konkret genug ist, um nach § 888 ZPO vollstreckungsfähig zu sein. Dies ist dann problematisch, wenn die konkreten Inhalte einer auf den ersten Blick eindeutigen Bezeichnung zwischen den Parteien streitig sind, insbesondere die mit der Funktion verbundenen Kompetenzen. So ist z.B. allein die Bezeichnung „Lagerleitung“ aus sich heraus nicht notwendigerweise eindeutig und bestimmt genug, wenn die Parteien im Vollstreckungsverfahren kontroverse Ansichten äußern, ob die gegenwärtige Beschäftigung des Gläubigers bereits den potentiellen Inhalt der Lagerleitung umfasst oder ob das noch nicht der Fall ist4. Bestand über den Ort der Arbeitsleistung und die Frage eines Versetzungsrechts an eine andere Betriebsstätte im Erkenntnisverfahren kein Streit, so ist die Wirksamkeit der Versetzung nicht inzident im Zwangsvollstreckungsverfahren zu überprüfen5. Im Antrag können auch mehrere konkrete Tätigkeiten alternativ auf- 99 geführt werden6. Dies gilt auch, wenn die Zuweisung auf eine behindertengerechte Beschäftigung gem. § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX begehrt wird7. 1 Vgl. LAG Köln v. 24.10.1995 – 13 (5) Ta 245/95; und Growe, NZA 1996, 567. 2 LAG München v. 14.2.2006 – 10 Ta 493/05. 3 LAG Schleswig-Holstein v. 6.9.2012 – 1 Ta 142/12; LAG München v. 1.8.2005 – 4 Ta 250/05; LAG BW v. 8.5.2000 – 5 Sa 14/00; Nägele, ArbRB 2002, 253, 255. 4 LAG Rh.-Pf. v. 3.2.2005 – 2 Ta 23/05. 5 LAG Schleswig-Holstein v. 6.9.2012 – 1 Ta 142/12. 6 BAG v. 10.5.2005 – 9 AZR 230/04. 7 BAG v. 10.5.2005 – 9 AZR 230/04.

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I Rz. 100

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

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Wenn der Arbeitgeber verurteilt worden ist, den Arbeitnehmer zu den bestehenden vertraglichen Bedingungen zu beschäftigen, schließt dies eine Versetzung im Rahmen des Direktionsrechts nicht aus. Der Betriebsrat hat auch kein Recht zur Zustimmungsverweigerung gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, wenn im Kündigungsschutzverfahren gar nicht über den konkreten Inhalt der Weiterbeschäftigungspflicht gestritten wurde. Die Versetzung verstößt dann weder gegen eine gerichtliche Entscheidung noch stellt sie einen Nachteil i.S.v. § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG dar1.

101

Die Androhung eines Zwangsgeldes bereits im Titel („bei Meidung eines Zwangsgeldes …“ ist nach einer Auffassung in der Rechtsprechung unzulässig, weil dadurch Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren in einer hier unzulässigen Weise vermengt werden2.

102

Bei einem Verfahren auf Unterlassung bestimmter Weisungen müssten Antrag und Tenor dahin lauten, dass dem Arbeitgeber aufgegeben wird, die konkret bezeichneten Arbeiten nicht dem Arbeitnehmer zu übertragen. Eine solche Unterlassungsverfügung wäre gem. § 890 ZPO zu vollstrecken. Dessen bedarf es jedoch nicht, da der Arbeitnehmer aufgrund einer entsprechenden gerichtlichen Entscheidung sich schlicht weigern kann, die Anordnung auszuführen. Hierauf dürfte der Arbeitgeber, selbst wenn er im Hauptsacheverfahren obsiegen würde, keine Kündigung stützen können, da der Arbeitnehmer auf die Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung vertrauen durfte. g) Vollstreckung

103

Die Vollstreckung des Titels auf eine unvertretbare Handlung erfolgt gem. § 888 ZPO. Das Gericht hat einen einheitlichen Betrag festzusetzen und keine Summe für jeden Tag der Nichtbeschäftigung3. Dabei kann der Arbeitgeber einwenden, dass die weitere Beschäftigung nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung unmöglich geworden ist, was aber voraussetzt, dass der Arbeitsplatz endgültig weggefallen ist4. Die Beweislast hierfür trägt der Arbeitgeber5. Diese Grundsätze gelten auch, wenn ein Amt aufgelöst und mit einem anderen zusammengefasst wurde, sofern dies nicht missbräuchlich erfolgte, um gerade den Titel zu unterlaufen6. Es können aber im Zwangsvollstreckungsverfahren gegen die Zwangsvollstreckung keine zur Unmöglichkeit führenden Gründe angeführt werden, die bereits Gegenstand des Erkenntnisverfahrens bis zum Erlass 1 2 3 4

BAG v. 26.10.2004 – 1 ABR 45/03. LAG Hess. 10.5.1010 – 16 SaGa 341/10 und v. 26.11.1993 – 9 SaGa 539/93. LAG Köln v. 24.10.1995 – 13 (5) Ta 245/95. LAG Hamm v. 15.2.1991 – 7 Ta 28/91; vgl. weiter LAG Köln v. 24.10.1995 – 13 (5) Ta 245/95 u. LAG München v. 1.8.2005 – 4 Ta 250/05. 5 LAG Schl.-Holst. v. 2.6.2005 – 2 Ta 133/05, danach kann er sich auch nur dann darauf berufen, wenn Arbeitsplätze als Reaktion auf äußere Zwänge oder vorrangige unternehmerische Gesichtspunkte weggefallen sind. 6 LAG Köln v. 23.8.2001 – 7 (13) Ta 190/01.

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Beschftigungsanspruch whrend des Arbeitsverhltnisses

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Rz. 103a I

des Titels waren1. Der Arbeitgeber kann nicht mit Erfolg den Ausschluss der Zwangsvollstreckung aus der erstinstanzlichen Entscheidung beantragen und dabei glaubhaft machen, dass die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil i.S.v. § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG bringen würde. Zwar kann die Weiterbeschäftigung unzumutbar sein, wenn andere Arbeitnehmer oder Kunden Druck auf den Arbeitgeber für den Fall der weiteren Beschäftigung ausüben2. Dies ist aber bereits bei der Entscheidung über das Bestehen eines Beschäftigungsanspruchs zu prüfen. Weiter ist hier zu beachten, dass der Arbeitgeber im Fall des rechtskräftigen Prozessverlustes im Bestandsschutzverfahren dem Druck wird standhalten müssen. Es kann also nur darum gehen, ob ihm durch die Beschäftigung während der Dauer der Kündigungsfrist bzw. der Dauer des Verfahrens ein nicht ersetzbarer Nachteil entsteht. Hinsichtlich des Beschäftigungsanspruchs kann auch während des Insolvenzverfahrens die Zwangsvollstreckung betrieben werden, wobei der Insolvenzverwalter in Anspruch genommen werden muss3. Die Zwangsvollstreckung kann nicht erfolgen, solange der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist4. Ob die durch den Vollstreckungstitel festgelegten Pflichten erfüllt wor- 103a den sind, kann grundsätzlich nur anhand des Tenors beurteilt werden. In der Zwangsvollstreckung kann nicht geklärt werden, zu welchen Arbeitsbedingungen eine Beschäftigung zu erfolgen hat, wenn diese Bedingungen nicht ausdrücklich tituliert sind5. Der Vollstreckungstitel selbst muss nur beinhalten, zu welcher Art Beschäftigung der Arbeitgeber verpflichtet ist, damit er vor unberechtigten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geschützt wird. Der Arbeitgeber ist solange keinen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt, als er den Arbeitnehmer in der Art beschäftigt, wie es sich aus dem Titel ergibt. Streitigkeiten darüber, ob im Einzelfall das Weisungsrecht nach § 106 GewO ordnungsgemäß ausgeübt wurde, gehören nicht ins Vollstreckungsverfahren und sind gegebenenfalls in einem gesonderten Erkenntnisverfahren zu klären6. Im Zwangsvollstreckungsverfahren ist die Nichterfüllung der geschuldeten Handlung eine notwendige Tatbestandsvoraussetzung7. Der Arbeitgeber kann sich im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über die sofortige Beschwerde auf die Erfül-

1 BAG v. 15.4.2009 – 3 AZB 93/08. 2 Nägele, ArbRB 2002, 253, 256. 3 S. dazu näher unter I Rz. 82 zum Weiterbeschäftigungsanspruch, vgl. Gaumann/ Liebermann, NZA 2005, 908. 4 LAG Berlin-Brandenburg v. 8.7.2014 – 16 Ta 920/14 und v. 8.4.2014 – 7 Sa 2075/13. 5 LAG Berlin-Brandenburg v. 2.7.2014 – 10 Ta 1276/14; vgl. weiter LAG Köln v. 25.9.2013 – 11 Ta 162/13; LAG Rheinland-Pfalz v. 2.4.2013 – 2 Ta 38/13; LAG Schleswig-Holstein v. 6.9.2012 – 1 Ta 142/12. 6 BAG v. 15.4.2009 – 3 AZB 93/08 m.w.N. 7 LAG Köln v. 31.10.2013 – 11 Ta 252/13.

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I Rz. 103b

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

lung der titulierten Verpflichtung berufen; denn mit ihrer Vornahme entfällt die Notwendigkeit der Zwangsvollstreckung1. 103b

Die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO muss auch dann gewahrt werden, wenn der Arbeitgeber erklärt hat, den Arbeitnehmer vorläufig beschäftigen zu wollen2. h) Streitwert

104

Der Streitwert ist identisch mit dem beim allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch (unten I Rz. 144).

105

Übersicht Verfügungsanspruch auf Beschäftigung – grundsätzlich gegeben, auch während der Kündigungsfrist; – Arbeitgeber kann aber grundsätzlich den Urlaub einseitig in die Kündigungsfrist legen; – Arbeitgeber muss vortragen und glaubhaft machen, dass das Nichtbeschäftigungsinteresse im Einzelfall größer ist (personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt, Besonderheiten im Insolvenzverfahren); – Formularklauseln spielen hierbei keine entscheidende Rolle mehr; – bei Betriebsübergang kommt sowohl ein Beschäftigungsanspruch gegen den Erwerber als auch – nach erfolgtem Widerspruch – gegen den Veräußerer in Betracht; – bei Betriebsratsmitgliedern kommt eine Suspendierung während des Zustimmungsersetzungsverfahrens nur in Betracht, wenn diese geradezu geboten erscheint; – die vom Arbeitgeber vorgebrachten Gründe können im Einzelfall durch ein besonderes Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers kompensiert werden. Verfügungsgrund – nach wie vor streitig, ob ein besonderes Beschäftigungsinteresse bestehen muss oder ob, so die hier vertretene Auffassung, die durch Zeitablauf eintretende Unmöglichkeit ausreicht: – in der Praxis vorsorglich besonderes Beschäftigungsinteresse vortragen; – Vorsicht beim vorsorglichen Antrag auf Entschädigung gem. § 61 Abs. 2 ArbGG; er kann zu Zweifeln am Verfügungsgrund führen. Antrag und Tenorierung – müssen vollstreckbaren, also hinreichend präzisen Inhalt haben; – keine Androhung von Zwangsmitteln. Vollstreckung – nicht vertretbare Handlung, Vollstreckung gem. § 888 ZPO durch Zwangsgeld und Zwangshaft; 1 LAG Berlin-Brandenburg v. 2.7.2014 – 10 Ta 1276/14; Hessisches LAG v. 27.9.2013 – 12 Ta 314/13; BGH v. 5.11.2004 – IXa ZB 32/04. 2 LAG Berlin-Brandenburg v. 1.4.2011 – 8 SaGa 561/11.

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Beschftigungsanspruch whrend des Arbeitsverhltnisses

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Rz. 106 I

– einheitlicher Betrag ist festzusetzen, nicht pro Tag der Nichtbeschäftigung; – Hilfsantrag auf Entschädigung gem. § 61 Abs. 2 ArbGG nicht mehr zulässig, wenn Zwangsmittel bereits rechtskräftig verhängt worden sind.

Muster 35 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung auf Beschftigung whrend der Kndigungsfrist

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Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung des … – Antragsteller – Prozessbevollmchtigter: … gegen … GmbH … – Antragsgegnerin – Ich beantrage im Namen und im Auftrag des Antragstellers den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Antragsteller bis zum … (Ablauf der Kndigungsfrist) als Vertriebsassistenten zu beschftigen. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller ist seit dem … als Vertriebsassistent bei der Antragsgegnerin zu einem monatlichen Bruttoentgelt von … Euro beschftigt. Glaubhaftmachung: Vorlage des schriftlichen Arbeitsvertrages, als Anlage K1 in Ablichtung anbei. Mit Schreiben vom … hat die Antragsgegnerin das Arbeitsverhltnis ordentlich zum … gekndigt und den Antragsteller gleichzeitig unter Anrechnung von Urlaubsansprchen bis zum Ende des Arbeitsverhltnisses von der Arbeitsleistung freigestellt. Glaubhaftmachung: Vorlage des Kndigungsschreibens, als Anlage K2 in Ablichtung anbei. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf vertragsgemße Beschftigung auch whrend der Dauer des Arbeitsverhltnisses. Der Antragsgegner hat auch kein berechtigtes Interesse daran, dass diese Beschftigung ausnahmsweise unterbleibt (ggf. nhere Darlegung, sofern Einwendungen bereits bekannt sind). Es besteht auch ein Verfgungsgrund, denn mit jedem Tag der Nichtbeschftigung wird der Anspruch des Antragstellers vereitelt. Eine da-

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I Rz. 107

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

rber hinausgehenden Verfgungsgrundes bedarf es nach hiesiger Auffassung angesichts der Herleitung des Beschftigungsanspruchs aus dem allgemeinen Persçnlichkeitsrecht des Arbeitnehmers nicht (LAG Hamm v. 6.11.2007 – 14 SaGa 39/07; Hess. LAG v. 23.3.2004 – 15 SaGa 401/04; LAG Berlin-Brandenburg v. 25.3.2010 – 2 Ta 387/10; LAG Berlin v. 16.9.2004 – 10 Sa 1763/04; LAG Sachs. v. 8.3.1996 – 3 Sa 77/96; LAG Mnchen v. 17.8.1994 -5 Sa 679/94; ArbG Berlin v. 29.9.2006 – 28 Ga 16538/06; Schwab/Weth/Walker, § 62 Rz. 149; HK-ArbR/Boemke, § 611 BGB Rz. 399; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil I Rz. 94; Natter/Gross/ Pfitzer, ArbGG, § 62 Rz. 66). Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass der Antragsteller aus folgenden Grnden dringend auf die Beschftigung whrend der Kndigungsfrist angewiesen ist … (nher darlegen). Inhaltlich ist der Beschftigungsanspruch auf die zuletzt ausgebte Ttigkeit konkretisiert. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Beschftigung in seiner bisherigen Ttigkeit am bisherigen Ort hat, wenn sich eine vom Arbeitgeber vorgenommene Versetzung als unwirksam erweist. Bei einer Versetzung handelt es sich um eine einheitliche Maßnahme, die nicht in den Entzug der bisherigen Ttigkeit und die Zuweisung einer neuen Ttigkeit aufgespalten werden kçnne. Dies gilt auch dann, wenn Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag nicht abschließend festgelegt sind, sondern dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen. Solange dieser nicht rechtswirksam von seinem Weisungsrecht erneut Gebrauch gemacht oder eine wirksame Freistellung von der Arbeit ausgesprochen habe, bleibe es bei der bisher zugewiesenen Arbeitsaufgabe am bisherigen Ort und der Arbeitnehmer habe einen dementsprechenden Beschftigungsanspruch (BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09 Rz. 15; LAG Berlin-Brandenburg v. 4.2.2014 – 3 Sa 1725/14; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil I Rz. 50 ff.). Unterschrift

107

Muster 36 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung auf Nichtbertragung bestimmter Aufgaben Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung der … – Antragstellerin – Prozessbevollmchtigter: … gegen … GmbH … – Antragsgegnerin – Ich beantrage im Namen und im Auftrag der Antragstellerin den

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Beschftigungsanspruch whrend des Arbeitsverhltnisses

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Rz. 107 I

Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, 1. es zu unterlassen, der Antragstellerin die Aufgaben einer Pflegehelferin zuzuweisen; 2. ihr eine andere Ttigkeit zu bertragen. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Die Antragstellerin ist seit dem … bei der Antragsgegnerin zu einem monatlichen Bruttoentgelt von … Euro beschftigt. Im Arbeitsvertrag wurde eine Beschftigung als Stationsleiterin vereinbart. Gleichzeitig wurde der Antragsgegnerin das Recht eingerumt, ihr eine andere zumutbare Ttigkeit zu bertragen. Glaubhaftmachung: Vorlage des schriftlichen Arbeitsvertrages, als Anlage K1 in Ablichtung anbei. Mit Schreiben vom … gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Weisung, ab sofort nicht mehr in dieser Funktion, sondern als Pflegehelferin zu arbeiten. Dies ist nicht von der im Arbeitsvertrag umschriebenen Ttigkeit der Antragstellerin umfasst. Es handelt sich auch nicht um eine zumutbare Ttigkeit (unter Darlegung der genauen Inhalte der geschuldeten wie der bertragenen Ttigkeiten nher ausfhren). Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Unterlassung dieser Weisung. Ein solcher Unterlassungsanspruch ergnzt notwendigerweise den Beschftigungsanspruch (LAG Hessen v. 15.2.2011 – 13 SaGa 1934/10, Rz. 48; LAG Thringen v. 10.4.2001 – 5 Sa 403/2000 unter III 3b dd der Entscheidungsgrnde; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil I Rz. 65). Die Mçglichkeit des Arbeitnehmers, die Ausbung der Ttigkeit zu verweigern, steht dem Anspruch nicht entgegen. Angesichts des Prognoserisikos des Arbeitnehmers hinsichtlich der Rechtswirksamkeit einer vom Arbeitgeber bei einer schlichten Verweigerung der Anweisung ausgesprochenen Kndigung erscheint es sachgerecht, den Anspruch auf vertragsgemße Beschftigung mit einem Anspruch zu flankieren, dem Arbeitnehmer keine vertragswidrigen Weisungen zu erteilen. Damit korrespondiert der Anspruch, der Antragstellerin eine andere Ttigkeit zuzuweisen. Eine nhere Konkretisierung kann diesseits nicht erfolgen, ohne das Direktionsrecht, das nach dem Arbeitsvertrag auch in andere Richtungen ausgebt werden kann, bermßig einzuschrnken. Der Antragstellerin ist auch nicht zuzumuten, der Weisung zunchst Folge zu leisten und das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens abzuwarten, weil die Ausbung der ihr angesonnenen Ttigkeit zu einem erheblichen innerbetrieblichen Ansehensverlust der Antragstellerin fhren wrde (nher darlegen). Daher besteht auch ein Verfgungsgrund. Unterschrift

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I Rz. 108

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

VII. Weiterbeschäftigungsanspruch Literatur: Gaumann/Liebermann, Die zwangsweise Durchsetzung des Weiterbeschäftigungsanspruchs im Insolvenzverfahren des Arbeitgebers, NZA 2005, 908; Fröhlich, Einstweilige Verfügung zur Durchsetzung von Beschäftigungsansprüchen, ArbRB 2007, 89; Karlsfeld, Weiterbeschäftigung im Kündigungsschutzprozess – ein Bumerang, ArbRB 2003, 283; Korinth, Weiterbeschäftigungsanspruch in Tendenzbetrieben, ArbRB 2003, 350; Korinth, Der Weiterbeschäftigungsanspruch als prozesstaktisches Mittel, Prozessrecht aktiv 2002, 39; Laber/Ueckert/Klöckner, Widerspruch und doch kein Bestandsschutz?, ArbRB 2004, 218; Leydecker/Heider/Fröhlich, Die Vollstreckung des Weiterbeschäftigungsanspruchs, BB 2009, 2703; Marek, Aktuelle Probleme der Antragstellung beim Urlaubs- und Weiterbeschäftigungsanspruch, AA 2012, 83; Reidel, Die einstweilige Verfügung auf (Weiter-)Beschäftigung – eine vom Aussterben bedrohte Rechtsschutzform?, NZA 2000, 454; Schar, Freistellungsvereinbarung im Aufhebungs-/Abwicklungsvertrag, ArbRB 2003, 215; Strehlein, Freistellungsklauseln, Diss. Augsburg 2007; Weber/Weber, Zur Dogmatik eines allgemeinen Beschäftigungsanspruchs im Arbeitsverhältnis, RdA 2007, 344.

1. Grundzüge 108

Mit dem Begriff des Weiterbeschäftigungsanspruches wird das Recht des Arbeitnehmers bezeichnet, in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt zu werden, dessen Bestand vom Arbeitgeber bestritten wird. Entwickelt wurde der Weiterbeschäftigungsanspruch zum Kündigungsrecht. Die dazu entwickelten Grundsätze gelten jedoch auch, wenn der Bestand des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen streitig ist, etwa wegen der Erklärung einer Anfechtung oder des Auslaufens einer Befristung1. Man unterscheidet zwischen dem allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch, der vom Großen Senat des BAG entwickelt wurde (unten I Rz. 109) und dem betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch, der seine Grundlage in § 102 Abs. 5 BetrVG findet (unten I Rz. 149). 2. Allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch

109

Seit der Entscheidung des Großen Senats des BAG vom 27.2.19852 ist der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch in die Rechtspraxis eingegangen und hat sich verfestigt. Die hiergegen geäußerten Bedenken, wonach für eine derartige Rechtsfortbildung keine Grundlage bestünde, sind für die Praxis heute ohne Bedeutung. Im Eilverfahren kann regelmäßig nur der Weiterbeschäftigungsanspruch als solcher durchgesetzt werden. Die damit bei erfolgreicher Durchsetzung verbundenen Vergütungsansprüche sind regelmäßig im Hauptsacheverfahren durchzusetzen, wenn nicht im Einzelfall die Voraussetzungen für den sog. Notunterhalt vorliegen (s. dazu unter I Rz. 235). Die vielfach verwandte Formulierung im Antrag, der Arbeitgeber möge verurteilt werden, den Arbeitnehmer „als … zu einem

1 BAG v. 13.6.1985 – 2 AZR 410/84. 2 BAG v. 27.2.1985 – GS 1/84.

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Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 112 I

monatlichen Bruttoentgelt von … t“ weiterzubeschäftigen, kann daher nicht Inhalt des Tenors sein1. Für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist ist die Rechtslage somit dif- 110 ferenziert zu betrachten, je nachdem, ob bereits ein Urteil erster Instanz vorliegt oder nicht. a) Rechtslage vor dem Urteil erster Instanz Die Interessenabwägung zwischen dem Beschäftigungsinteresse des Ar- 111 beitnehmers und dem Nichtbeschäftigungsinteresse des Arbeitgebers geht bis zu einem für den Arbeitnehmer günstigen Urteil erster Instanz grundsätzlich zu dessen Lasten, da die Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers „jedenfalls in der Regel zunächst“ mit dem Zugang der Kündigung bzw. Ablauf der Kündigungsfrist endet2. Da die Rechtslage in aller Regel zunächst völlig unklar ist, muss grundsätzlich dem Nichtbeschäftigungsinteresse des Arbeitgebers der Vorrang eingeräumt werden. Dies kann anders zu beurteilen sein, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist, d.h., wenn ihre Unwirksamkeit ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zutage liegt3. Hierunter fallen Kündigungen, die unstreitig ohne eine vorherige Beteiligung des bestehenden Betriebsrates gem. § 102 BetrVG erfolgt sind. Macht der Arbeitgeber in solchen Fällen die Nichtigkeit der Betriebsratswahl geltend, muss er darlegen und glaubhaft machen, dass in einem so hohen Maß gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl verstoßen worden ist, dass auch der Anschein einer Wahl nicht mehr vorliegt4. Eine offensichtliche Unwirksamkeit liegt auch dann vor, wenn die Kündigung ohne die nach Sonderschutzvorschriften wie z.B. MuSchG notwendige Zustimmung ausgesprochen worden ist oder wegen gewerkschaftlicher Betätigung ausgesprochen wurde5. Auch die Missachtung des Schriftformerfordernisses fällt hierunter. Es besteht jedoch kein Automatismus dahin gehend, dass eine offensicht- 112 lich unwirksame Kündigung stets einen Weiterbeschäftigungsanspruch nach sich zieht. Vielmehr sind genau wie beim Beschäftigungsanspruch in dem unstreitig weiter bestehenden Arbeitsverhältnis schutzwürdige Arbeitgeberinteressen zu beachten (vgl. hierzu I Rz. 79 ff.). Dies kann aber nur dann gelten, wenn die Kündigung nur aus formalen, im Rahmen einer Folgekündigung behebbaren Gründen unwirksam ist und der Arbeitgeber unverzüglich bemüht ist, eine erneute wirksame Kündigung 1 LAG Berlin-Brandenburg v. 9.11.2010 – 7 Sa 515/10; LAG Sachsen v. 22.1.2007 – 4 Ta 282/06 (3). 2 BAG v. 27.2.1985 – GS 1/84: vgl. zur Rechtslage beim Ausbildungsverhältnis eines Auszubildenden, der Mitglied der Jugendvertretung ist BAG v. 29.11.1989 – 7 ABR 67/88. 3 BAG v. 19.12.1985 – 2 AZR 190/85. 4 LAG Köln v. 13.5.1993 – 5 Sa 271/93. 5 ArbG Berlin v. 7.4.2010 – 29 Ga 5197/10.

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I Rz. 113

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

auszusprechen. Tut er dies nicht, so besteht das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit fort, und es kann dem Arbeitnehmer nicht zugemutet werden, ebenfalls auf unbestimmte Zeit seines Beschäftigungsanspruches verlustig zu gehen. 113

Für den Verfügungsgrund gelten die Grundsätze zum Beschäftigungsanspruch in dem unstreitig fortbestehenden Arbeitsverhältnis (I Rz. 94). So bedarf es insbesondere keiner gesonderten Glaubhaftmachung eines besonderen und gesteigerten Beschäftigungsinteresses. Vielmehr kommt auch hier die sichernde Funktion des Eilverfahrens zum Tragen, die einen endgültigen Rechtsverlust durch Zeitablauf ausschließen soll.

114

Ausnahmsweise kommt auch ein Weiterbeschäftigungsanspruch vor einer Entscheidung erster Instanz in Betracht, wenn die Kündigung zwar nicht offensichtlich unwirksam ist, der Arbeitnehmer aber ein überragendes Weiterbeschäftigungsinteresse, etwa zur Sicherung seiner beruflichen Qualifikation, glaubhaft macht und der Arbeitgeber keine besonderen Gründe für sein Nichtbeschäftigungsinteresse darlegt1. Dabei rechtfertigt das bloße wirtschaftliche Interesse des Arbeitnehmers an der Fortzahlung der Vergütung keine einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung2. Der allgemeine Beschäftigungsanspruch wurde vom BAG wegen des ideellen Interesses des Arbeitnehmers an seiner Weiterbeschäftigung entwickelt und nicht als Instrument, um Vergütungsansprüche zu begründen. Bei einer Unwirksamkeit der Kündigung gerät der Arbeitgeber ohnehin in Annahmeverzug. Der Arbeitnehmer hat keine Obliegenheit, eine einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung zu beantragen3. In den Fällen einer existentiellen Notlage kann der Arbeitnehmer bei offensichtlicher Unwirksamkeit der Kündigung vielmehr eine einstweilige Verfügung auf Entgeltzahlung beantragen4 (s. hierzu I Rz. 232 ff.). Die hinreichende Erfolgsaussicht der Klage einer schwangeren Arbeitnehmerin auf allgemeine Weiterbeschäftigung kann nicht allein wegen der bloß theoretischen Möglichkeit eines Beschäftigungsverbotes zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife verneint werden5.

115

Die Darlegungslast obliegt in all diesen Fällen dem Arbeitnehmer. Es besteht ein Regel-Ausnahme-Verhältnis: Vor einem für den Arbeitnehmer positiven Urteil erster Instanz besteht regelmäßig kein Beschäftigungsanspruch, weswegen der Arbeitnehmer einen Ausnahmefall darlegen und glaubhaft machen muss.

116

Der Weiterbeschäftigungsanspruch kann in diesen Fällen durch eine einstweilige Verfügung jedoch nur bis zu einem Urteil erster Instanz tituliert werden, da der Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt nicht mehr auf 1 2 3 4 5

Vgl. LAG Köln v. 26.11.1985 – 1 Sa 975/85. LAG Köln v. 10.9.2004 – 4 Ta 298/04; a.A. Schäfer, Rz. 313. LAG Schleswig-Holstein v. 10.1.2006 – 2 Sa 307/05. LAG Sachsen v. 22.1.2007 – 4 Ta 282/06 (3). LAG Berlin-Brandenburg v. 4.12.2013 – 23 Ta 1954/13.

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Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 120 I

das Eilverfahren angewiesen ist, sondern seinen Weiterbeschäftigungsanspruch im Kündigungsschutzverfahren durchsetzen kann (vgl. dazu unten I Rz. 119). b) Rechtslage nach einem klageabweisenden Urteil erster Instanz Unterliegt der Arbeitnehmer mit seinem Kündigungsschutzprozess in ers- 117 ter Instanz, so besteht kein Weiterbeschäftigungsanspruch. Die Rechtslage ist dann im Hauptsacheverfahren einer Klärung durch das ArbG zugeführt worden. Dieses Hauptsacheverfahren bietet eine größere Richtigkeitsgewähr als ein Eilverfahren. Daher besteht bereits kein Verfügungsanspruch. Auch ein Verfügungsgrund ist nicht gegeben, da das Eilverfahren den Zweck hat, den Antragsteller vor Nachteilen zu schützen, die durch die Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens bedingt sind. Der Auffassung, dass höchst ausnahmsweise eine Eilentscheidung dann in Betracht kommen soll, wenn das klageabweisende Urteil „deutlich fehlerhaft“ ist1, ist nicht zu folgen, da es nicht die Aufgabe des Eilverfahrens sein kann, eine erstinstanzliche Hauptsacheentscheidung zu bewerten und in einem Teilbereich zu korrigieren. Etwas anderes kommt allenfalls in den Fällen in Betracht, in denen nach 118 Verkündung des erstinstanzlichen Urteils Umstände bekannt werden, die den Schluss zulassen, dass der Arbeitgeber im Kündigungsschutzverfahren bewusst unwahr vorgetragen und sich das positive Urteil somit erschlichen hat. c) Rechtslage nach dem klagestattgebenden Urteil erster Instanz Obsiegt der Arbeitnehmer in erster Instanz mit seinem Kündigungs- 119 schutzantrag, so fällt die Interessenabwägung hinsichtlich des Beschäftigungsanspruches nun regelmäßig zu seinen Gunsten aus. Aufgrund der Richtigkeitsgewähr des erstinstanzlichen Urteils besteht zu diesem Zeitpunkt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Kündigung unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Es obliegt nun dem Arbeitgeber, seinerseits Gründe geltend zu machen, die einer Weiterbeschäftigung gleichwohl entgegenstehen. Dies ist etwa in Fällen denkbar, in denen die Kündigung wegen des Verdachts des Geheimnisverrats erfolgt. Auch hier kann auf die Ausführungen zu den Einwendungen des Arbeitgebers gegen den Beschäftigungsanspruch bei einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis verwiesen werden (I Rz. 79 ff.). Im Kündigungsschutzverfahren wird insbesondere von Arbeitgeberseite 120 selten mit der hinreichenden Präzision zum Weiterbeschäftigungsanspruch vorgetragen. Die dagegen gerichteten Argumente werden häufig zu spät im Zwangsvollstreckungsverfahren vorgebracht. Ein eingehender Sachvortrag des Arbeitgebers speziell zu diesem Antrag und eine entspre1 Dütz, NZA 1986, 214.

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I Rz. 120a

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

chende Replik des Arbeitnehmers ermöglichen dem Gericht eine umfassende Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen. 120a

Die Pflicht zur Weiterbeschäftigung entfällt bereits dann, wenn das klagestattgebende Urteil in zweiter Instanz geändert und die Klage abgewiesen wurde, auch wenn die Revision zugelassen wurde1. Für eine einstweilige Verfügung wäre hier ohnehin kein Raum, da die Entscheidungen bereits im Hauptsacheverfahren ergangen sind. aa) Einwendungen

121

Der Arbeitgeber kann einwenden, dass die weitere Beschäftigung unmöglich geworden ist, was aber voraussetzt, dass der Arbeitsplatz endgültig weggefallen ist2. Der Weiterbeschäftigungsanspruch besteht auch dann, wenn der Kündigungsschutzklage ausschließlich wegen einer fehlerhaften Sozialauswahl stattgegeben wurde. Der Arbeitgeber muss dann bis zu einem Erfolg in der Berufungsinstanz oder der wirksamen Kündigung eines anderen Arbeitnehmers mehr Arbeitnehmer beschäftigen als geplant. Durch die vorläufige Weiterbeschäftigung wird kein anderer Arbeitnehmer verdrängt3. Die Behauptung, es sei dem Arbeitgeber wirtschaftlich unmöglich, den Arbeitnehmer für die Zeit der vorläufigen Weiterbeschäftigung zu vergüten, greift nicht durch4.

122

Es besteht für den Arbeitgeber keine Möglichkeit, sich in entsprechender Anwendung von § 102 Abs. 5 BetrVG von der allgemeinen Weiterbeschäftigungspflicht entbinden zu lassen. Dies findet im Gesetz keine Grundlage. § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG regelt nur die Entbindung vom betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch. Diese Vorschrift ist nicht analog auf den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch anzuwenden. Dieser setzt nämlich regelmäßig voraus, dass im Kündigungsschutzverfahren in erster Instanz die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt worden ist. Im Gegensatz zum betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch, der auch mittels einstweiliger Verfügung durchgesetzt werden kann, findet also zunächst ein Hauptsacheverfahren statt, in dem nicht nur die Wirksamkeit der Kündigung überprüft wird, sondern auch die Begründetheit des Weiterbeschäftigungsverlangens. Der Arbeitgeber hat somit die Möglichkeit, im Hauptsacheverfahren Tatsachen vorzutragen und erforderlichenfalls zu beweisen, die sein Nichtbeschäftigungsinteresse während der Dauer des 1 LAG Berlin-Brandenburg v. 25.5.2010 – 11 Sa 887/10 und v. 3.4.2013 – 26 Ta 2174/12 – mit Verkündung tritt die vorläufige Vollstreckbarkeit der arbeitsgerichtlichen Entscheidung außer Kraft. 2 LAG Hamm v. 15.2.1991 – 7 Ta 28/91; vgl. weiter zu dieser Einwendung im Zwangsvollstreckungsverfahren LAG Schl.-Holst. v. 2.6.2005 – 2 Ta 133/05 – sowie I Rz. 81. 3 LAG München v. 1.8.2005 – 4 Ta 250/05; LAG Berlin v. 18.8.2004, 9 Ta 1725/04, n.v.; a.A. noch die Vorinstanz ArbG Berlin v. 30.6.2004 – 28 Ca 31252/03. 4 LAG Berlin-Brandenburg v. 20.4.2012 – 8 Ta 630/12.

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Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 125 I

Kündigungsschutzverfahrens auch dann als überwiegend erscheinen lassen, wenn in erster Instanz die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt wird. Auch die Grundsätze des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs 123 lassen ein dem Kündigungsschutzverfahren nachgelagertes Eilverfahren auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht nicht zu. Selbst wenn man meint, die Unzumutbarkeit der auch nur vorläufigen Weiterbeschäftigung ergebe sich unmittelbar aus den vorgetragenen Kündigungsgründen, kann das erstinstanzliche Urteil nicht mittels einstweiliger Verfügung teilweise korrigiert werden. Das arbeitsgerichtliche Urteil kann nur im Rechtsmittelverfahren und nicht im Eilverfahren geändert werden. Das Verfügungsverfahren dient lediglich der Sicherung des Hauptsacheverfahrens, d.h., es soll verhindern, dass ein Urteil für die Klägerseite wertlos ist, weil es zu spät kommt, um das zu sichernde Recht wirksam durchsetzen zu können. Eine einstweilige Verfügung kann nur dann ergehen, wenn die antragstellende Partei nicht in der Lage ist, ausreichenden Rechtsschutz durch das Hauptsacheverfahren zu erlangen. Die dienende Funktion des Verfügungsverfahrens gegenüber dem Hauptsacheverfahren verbietet schon strukturell eine Korrektur von Ergebnissen des Hauptsacheverfahrens. Dieses bietet die besseren Erkenntnismöglichkeiten als das von einer schnellen Entscheidungsfindung ohne Beweisaufnahme geprägte Eilverfahren. Wenn eine Partei mit dem erstinstanzlichen Ergebnis des Hauptsacheverfahrens nicht zufrieden ist, kann sie also eine auch nur zeitweise Korrektur nicht über das Verfügungsverfahren, sondern nur im Rechtsmittelzug erreichen. Der vom Großen Senat des BAG entwickelte allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch hat die Grundlage in der Erkenntnis, dass die Wirksamkeit der Kündigung in erster Instanz umfassend, erforderlichenfalls auch durch eine Beweisaufnahme, geprüft wird. Wenn diese Prüfung negativ ausfällt, soll das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers grundsätzlich Vorrang vor dem Nichtbeschäftigungsinteresse des Arbeitgebers haben. Die Erkenntnismöglichkeiten des Hauptsacheverfahrens bilden somit die Grundlage des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs. Deshalb kann man einen im Kündigungsschutzverfahren tenorierten Weiterbeschäftigungsanspruch nicht in einem hinsichtlich der Erkenntnismöglichkeiten unterlegenen Eilverfahren korrigieren. Der zur Weiterbeschäftigung verurteilte Arbeitgeber kann sich auch 124 nicht unter Berufung auf eine vertraglich vereinbarte Freistellungsklausel der Weiterbeschäftigung entziehen1. Ein vom Arbeitgeber gestellter Auflösungsantrag führt nach Auffassung 125 des 8. Senats des BAG zu einer Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, die derjenigen entspricht, die vor Verkündung des erstinstanzlichen Urteils bestanden hat und begründet das schutzwürdi1 Vgl. LAG Berlin v. 13.10.2003 – 6 Ta 1968/03.

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I Rz. 126

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

ge Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Klägers1. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen, da der Auflösungsantrag im Gegensatz zur Kündigung keine einseitige, rechtsgestaltende Willenserklärung darstellt2. Maßgeblich sind vielmehr die Gründe, die vom Arbeitgeber für den Auflösungsantrag vorgebracht werden. Diese können dann im Einzelfall ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung begründen. Auf der Basis der BAG-Rechtsprechung wird vertreten, dass der Arbeitgeber eine Vollstreckungsgegenklage und Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung (§§ 767, 769 ZPO) stellen könne, wenn der Auflösungsantrag nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung über den Weiterbeschäftigungsantrag gestellt wird3. 126

Eine einstweilige Verfügung kommt m.E. auch nicht in Betracht, wenn der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzverfahren erster Instanz ein Urteil erstritten hat, das die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt und im nächsten Schritt das ArbG auf einen entsprechenden Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst hat. Auch hier hätte ein Weiterbeschäftigungsantrag bereits in einem Hauptsacheverfahren statt des Auflösungsantrages gestellt werden können. Überdies zeigt die Antragstellung, dass es dem Arbeitnehmer nicht in erster Linie um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und dem daraus folgenden Weiterbeschäftigungsanspruch geht, sondern um die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung. Gleiches gilt, wenn das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitgebers gem. §§ 9, 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG aufgelöst worden ist und der Arbeitnehmer sich mit der Berufung hiergegen wendet. Auch hier ist bereits in einem Hauptsacheverfahren über den Bestand des Arbeitsverhältnisses entschieden worden, und zwar mit dem Ergebnis, dass dieses nicht (mehr) fortbesteht. Diese Entscheidung kann nicht in einem Eilverfahren korrigiert werden, und zwar unabhängig davon, ob dort der Weiterbeschäftigungsantrag gestellt (und abgewiesen) wurde oder nicht.

127

Hat das ArbG den uneigentlichen Hilfsantrag geprüft und abgewiesen, so hat es damit auch festgestellt, dass der Verfügungsanspruch auf Weiterbeschäftigung nicht besteht. Aus den oben genannten Gründen kann das Eilverfahren insofern nicht zu einer Überprüfung der im Hauptsacheverfahren ergangenen Entscheidung führen. Etwas anderes mag nur in den oben genannten Fällen der Täuschung des Gerichts im Hauptsacheverfahren durch den Arbeitgeber gelten (s. I Rz. 118). Obsiegt der Arbeitnehmer im Hauptsacheverfahren auch mit dem uneigentlichen Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung, so kann er aus diesem Titel die Zwangsvollstre1 BAG v. 16.11.1995 – 8 AZR 864/93 unter E der Entscheidungsgründe; dem folgend Müller, BB 2004, 1849; Meyer, Kündigung im Arbeitsrecht, 2011, S. 250 f.; zur Streitwerterhöhung durch den Auflösungsantrag s. Korinth, ArbRB 2009, 250. 2 ArbG Frankfurt/M. v. 4.11.2002 – 2 Ca 9367/02. 3 Müller, BB 2004, 1849, 181 f.

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Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 129 I

ckung betreiben und bedarf keines weiteren Titels im Eilverfahren. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer bereits vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung einen Beschäftigungstitel im Verfügungsverfahren erwirkt hat, über dessen Aufhebung noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist1. bb) Verfügungsgrund Regelmäßig wird beim allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch je- 128 doch kein Verfügungsgrund bestehen. Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, gleichzeitig mit dem Kündigungsschutzantrag einen uneigentlichen Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung für den Fall zu stellen, dass er mit dem Kündigungsschutzantrag obsiegt. Nutzt er dieses ihm zustehende prozessuale Mittel nicht, so widerlegt er damit die Eilbedürftigkeit seines Anliegens2. In Ausnahmefällen kann gleichwohl ein Verfügungsgrund bestehen, 129 wenn der Arbeitnehmer bei Einreichen der Kündigungsschutzklage aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gehindert war, gleichzeitig seinen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend zu machen. Dies kann dann der Fall sein, wenn er etwa zu diesem Zeitpunkt längerfristig arbeitsunfähig erkrankt3 oder seinerzeit die Weiterbeschäftigung aufgrund betrieblicher Umstände unmöglich war. Ist das Hindernis jedoch eine so geraume Zeit vor der Kammerverhandlung erster Instanz weggefallen, dass es dem Arbeitnehmer noch möglich gewesen wäre, seine Klage zu erweitern, fehlt der Verfügungsgrund im Eilverfahren. Auch in dieser Situation können finanzielle Gründe des Arbeitnehmers keinen Verfügungsgrund darstellen4, wie man auch generell den durch das Persönlichkeitsrecht begründeten Beschäftigungsanspruch strikt vom Zahlungsanspruch trennen muss5. Der Arbeitnehmer kann also nicht seine Weiterbeschäftigung vor dem Urteil erster Instanz mit dem Argument erreichen, er sei auf das Arbeitsentgelt angewiesen, weil er z.B. keine Lohnersatzleistungen erhalte. Nur im Fall der offensichtlich unwirksamen Kündigung kommt schon zu diesem Zeitpunkt eine einstweilige Verfügung auf Beschäftigung ebenso wie auf Zahlung des Notunterhalts (unten I Rz. 235) in Betracht.

1 LAG Berlin-Brandenburg v. 15.1.2010 – 6 Ta 2697/09. 2 Allg. M., s. LAG Köln v. 18.8.2000 – 12 Ta 189/00; LAG Hamm v. 11.2.1986 – 11 Sa 1656/85; Reinhard/Kliemt, NZA 2005, 545, 548; a.A. wohl LAG Hess. v. 3.3.2005 – 9 SaGa 2286/06. 3 LAG Hess. v. 21.9.2004 – 11 GaSa 1212/04; s. aber LAG Berlin-Brandenburg v. 15.7.2014 – 16 Sa 283/14, Arbeitnehmer kann Beschäftigungsklage auf künftige Leistung auch bei aktueller Arbeitsunfähigkeit erheben, wenn Arbeitgeber Nichtbereitschaft zur Beschäftigung erkennen lässt. 4 LAG Köln v. 10.9.2004 – 4 Ta 298/04 und v. 6.8.1996 – 11 Ta 151/96. 5 LAG Berlin-Brandenburg v. 9.11.2010 – 17 Sa 515/10; LAG Sachsen v. 22.1.2007 – 4 Ta 282/06 (3).

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I Rz. 130

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

cc) Annahmeverzug 130

Erfüllt der Arbeitgeber den titulierten Weiterbeschäftigungsanspruch nicht und wird die Kündigungsschutzklage rechtskräftig abgewiesen, kommt er nicht in Annahmeverzug gem. § 615 BGB, da kein erfüllbares Arbeitsverhältnis bestand1. Nach einer Literaturauffassung sind aber Schadensersatzansprüche möglich2. dd) Änderungskündigung

131

Ein Weiterbeschäftigungsanspruch zu unveränderten Bedingungen besteht jedoch nicht bei obsiegendem Urteil erster Instanz in den Fällen der Änderungskündigung, sofern der Arbeitnehmer die Änderung der Arbeitsbedingungen unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung angenommen hat. Diese Mitwirkungshandlung unterscheidet den Sachverhalt von der einseitigen Beendigungskündigung. Der Arbeitnehmer hat es in der Hand, aus dem Streit über die Änderung von Arbeitsbedingungen einen solchen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu machen und so seine vorläufige Weiterbeschäftigung durchzusetzen. Unterlässt es dies, ist es ihm zuzumuten, zunächst eine rechtskräftige Entscheidung abzuwarten und dann erforderlichenfalls weitere rechtliche Schritte einzuleiten3. Auch bei einer außerordentlichen Änderungskündigung besteht bis zum Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens einzelvertraglich kein Anspruch auf Beschäftigung zu den bisherigen Bedingungen, wenn der Arbeitnehmer die Änderung unter Vorbehalt angenommen hat4. Wenn der Arbeitnehmer eine Änderungskündigung nicht unter Vorbehalt annimmt, ist nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg entscheidend, „ob die Änderungskündigung offensichtlich unwirksam ist oder ob besondere schutzwürdige Belange des Arbeitnehmers eine Weiterbeschäftigung gebieten“5. M.E. sind diese Einschränkungen nicht geboten, denn wenn keine Annahme unter Vorbehalt erklärt wird, streiten die Parteien um eine Beendigungskündigung. Der Arbeitnehmer trägt somit das Risiko des Arbeitsplatzverlustes wie in jedem sonstigen Kündigungsschutzverfahren. Der einzige Nachteil, der ihm zuzumuten ist, liegt darin, dass die Kündigung am Maßstab des Änderungsangebotes zu messen ist und er nicht den Vorrang der Änderungskündigung einwenden kann. Der Weiterbeschäftigungsanspruch ist aber davon unberührt. 1 Vgl. Henssler in MünchKomm/BGB, § 615 BGB Rz. 15. 2 ErfK/Preis, § 615 BGB Rz. 10. 3 Vgl. BAG v. 28.3.1985 – 2 AZR 548/83; LAG Berlin-Brandenburg v. 19.9.2012 – 23 SaGa 1447/12 und v. 17.3.2011 – 5 SaGa 10/11; LAG Nürnberg v. 6.8.2012 – 2 Sa 643/11. 4 LAG Berlin-Brandenburg v. 19.9.2012 – 23 SaGa 1447/12; Hess. LAG v. 19.6.2012 – 15 SaGa 242/12 für den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch; LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 3.9.2008 – 2 Sa 15/08; LAG Nürnberg v. 13.3.2001 – 6 Sa 768/00; a.A. ArbG HH v. 17.9.2009 – 17 Ca 179/09. 5 LAG Berlin-Brandenburg v. 17.3.2011 – 5 SaGa 10/11.

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Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 138 I

Nur in Ausnahmefällen wurde dem Arbeitnehmer bereits vor Rechts- 132 kraft des Urteils über die Änderungskündigung ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung zuerkannt. Dies setzt voraus, dass das LAG die Änderungskündigung für unwirksam befunden und die Revision gegen das Berufungsurteil nicht zugelassen hat1. In allen Fällen ist der Verfügungsanspruch auf die Zeit bis zum rechts- 133 kräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu beschränken. d) Rechtslage nach dem klageabweisenden Urteil zweiter Instanz Ändert das LAG das klagestattgebende Urteil des ArbG und kommt zu ei- 134 ner Klageabweisung, so besteht grundsätzlich weder in prozessualer noch in materiell-rechtlicher Hinsicht ein Weiterbeschäftigungsanspruch. Ein das Urteil erster Instanz änderndes Urteil des Berufungsgerichts hat eine kassatorische Wirkung und ersetzt es durch eine eigene Entscheidung2. Es kann somit nicht mehr Grundlage eines Weiterbeschäftigungsanspruches sein, auch wenn es etwa in dessen Tenor heißt, dass der Arbeitnehmer „bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens“ weiterbeschäftigt werden muss. Auch materiell-rechtlich besteht ein solcher Weiterbeschäftigungsan- 135 spruch grundsätzlich nicht, da durch das Urteil zweiter Instanz die Unsicherheit über das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses zunächst zu Lasten des Arbeitnehmers geklärt worden ist3. Auch in diesen Fällen mag ein Ausnahmefall gegeben sein, wenn sich 136 nach dem Urteil zweiter Instanz herausstellt, dass dieses durch Täuschungshandlungen des Arbeitgebers erschlichen worden ist. Stets ist jedoch Voraussetzung, dass das Kündigungsschutzverfahren noch 137 nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Steht die Wirksamkeit der Kündigung rechtskräftig fest, kann unter keinem Aspekt ein Weiterbeschäftigungsanspruch bestehen. Hat das LAG die Revision zugelassen und ist diese eingelegt worden, so 138 liegt die Kompetenz für eine Eilentscheidung über einen Weiterbeschäftigungsanspruch wieder beim ArbG4. Das BAG ist als Revisionsgericht für Eilentscheidungen nicht zuständig und das LAG ist gem. § 318 ZPO an seine eigene Entscheidung gebunden und nicht befugt, diese zu ändern.

1 LAG Köln v. 30.5.1989 – 4 Sa 230/89. 2 LAG Berlin, v. 19.12.1995 – 3 Sa 106/95, n.v. 3 BAG v. 30.1.1986 – 2 AZR 489/83, n.v.; LAG Berlin, v. 19.12.1995 – 3 Sa 106/95, n.v. 4 BAG v. 2.7.1995 – 2 AZR 465/95, n.v.

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I Rz. 139

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

e) Rechtslage bei erneuter Kündigung 139

Erklärt der Arbeitgeber nach rechtskräftigem Verlust des Kündigungsschutzprozesses eine erneute Kündigung, so gelten von neuem die bereits dargestellten Grundsätze. Dies ist im Übrigen auch während der Dauer des Kündigungsschutzverfahrens zu beachten. Hat der Arbeitgeber also vor dem Urteil erster Instanz eine weitere Kündigung ausgesprochen, über deren Rechtswirksamkeit in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden ist, so muss dies bei der Prüfung des Weiterbeschäftigungsanspruches im ersten Kündigungsschutzprozess beachtet werden. Dabei gelten wiederum die dargestellten Grundsätze, d.h., eine Verurteilung zur Weiterbeschäftigung kommt nur dann in Betracht, wenn die zweite Kündigung offensichtlich unwirksam ist, etwa weil sie nur mit dem Ziel ausgesprochen wurde, die Titulierung des Weiterbeschäftigungsanspruches in erster Instanz zu verhindern1. Auch wenn die neue Kündigung sich auf dieselben Gründe bezieht, die bereits für nicht ausreichend befunden worden waren, entfällt der Weiterbeschäftigungsanspruch nicht. Der Arbeitgeber muss einen neuen Lebenssachverhalt vortragen, der es möglich erscheinen lässt, dass die Folgekündigung eine andere rechtliche Beurteilung erfährt2. Auch wenn ein überragendes Weiterbeschäftigungsinteresse besteht, kann der Weiterbeschäftigungsanspruch trotz einer neuen Kündigung fortbestehen. Es gibt also keinen Automatismus: Neue Kündigung = vorläufiger Wegfall des Weiterbeschäftigungsanspruchs. Macht der Arbeitgeber geltend, dass der erstinstanzlich ausgeurteilte Weiterbeschäftigungsanspruch durch eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz ausgesprochene Folgekündigung entfallen ist, so kann dies im Verfahren auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG in entsprechender Anwendung des § 769 ZPO vom Berufungsgericht berücksichtigt werden. Der Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage hinsichtlich des Weiterbeschäftigungstitels, verbunden mit einem Antrag nach § 769 ZPO, bedarf es nach Auffassung des LAG Baden-Württemberg nicht3. f) Besonderheiten bei Tendenzbetrieben

139a

Tendenzträgern in Tendenzbetrieben steht kein betriebsverfassungsrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch zu (s. I Rz. 177a). Diese Einschränkung gilt jedoch nicht für den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch, der keine betriebsverfassungsrechtliche Grundlage hat und daher auch nicht von § 118 Abs. 1 BetrVG tangiert werden kann. Auch wertungsmäßig bestehen erhebliche Unterschiede. Der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch setzt voraus, dass das ArbG die Kündigung für 1 LAG Berlin-Brandenburg v. 19.12.2011 – 15 Sa 1264/11; kritisch zu dieser Rechtsauffassung in Bezug auf § 102 Abs. 5 BetrVG Brinkmeier, AuR 2005, 46. 2 LAG Berlin-Brandenburg v. 12.1.2010 – 12 Sa 1943/09. 3 LAG Baden-Württemberg v. 30.6.2010 – 19 Sa 22/10.

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Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 141 I

unwirksam befunden hat. Aufgrund der Richtigkeitsvermutung, die zunächst für diese Entscheidung spricht, ist die Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber grundsätzlich zumutbar. Es kann allerdings bei Tendenzbetrieben vorkommen, dass ausnahmsweise das Nichtbeschäftigungsinteresse des Arbeitgebers trotz des Obsiegens des Arbeitnehmers in erster Instanz überwiegt. Dies sind aber Fragen des Einzelfalls, die keinen generellen Ausschluss von Tendenzträgern vom allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch rechtfertigen1. Bei der Kündigung von Tendenzträgern in Tendenzbetrieben wird sich somit das Hauptaugenmerk auf den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch richten. Das Gericht erster Instanz muss dann im Einzelfall entscheiden, ob das Nichtbeschäftigungsinteresse des Arbeitgebers im Tendenzbetrieb entgegen der Regel dem Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers vorgeht. Es ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass bei einer evident unwirksamen Kündigung auch der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch schon vor einer Entscheidung des ArbG im Kündigungsschutzverfahren durch eine einstweilige Verfügung durchgesetzt werden kann. g) Antrag/Tenor Wie bei dem Antrag auf Beschäftigung muss der Verfügungsantrag auf 140 Weiterbeschäftigung bezüglich Art und Zeitdauer der begehrten Handlung hinreichend bestimmt sein. Insofern wird auf die Ausführungen zum Beschäftigungsanspruch verwiesen (oben I Rz. 98)2. In zeitlicher Hinsicht ist der Weiterbeschäftigungsanspruch auf die Dauer des Kündigungsschutzprozesses zu begrenzen. Steht nach rechtskräftigem Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens fest, dass die Kündigung wirksam war und das Arbeitsverhältnis beendet hat, besteht keinerlei Beschäftigungsanspruch mehr. Obsiegt der Arbeitnehmer rechtskräftig im Kündigungsschutzverfahren, so kann er wiederum den Beschäftigungsanspruch geltend machen, da nunmehr der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses feststeht. Dieser Anspruch kann grundsätzlich auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Im Rahmen des nur dem Persönlichkeitsschutz dienenden Weiterbeschäftigungsanspruchs besteht kein Anspruch auf Tenorierung einer bestimmten während der Weiterbeschäftigung zustehenden Vergütungshöhe3. h) Zwangsvollstreckung Der Anspruch auf Weiterbeschäftigung ist gem. § 888 Abs. 1 ZPO zu 141 vollstrecken4. Diese Vorschrift sieht im Gegensatz zu § 890 Abs. 2 ZPO eine Androhung von Ordnungsmitteln im Erkenntnisverfahren nicht vor, 1 2 3 4

LAG Berlin-Brandenburg v. 12.1.2010 – 12 Sa 1943/09. Vgl. weiter Growe, NZA 1996, 567. LAG Berlin-Brandenburg v. 9.11.2010 – 7 Sa 515/10. LAG Berlin-Brandenburg v. 17.2.2010 – 5 Ta 2336/09; Zöller/Stöber, § 888 Rz. 16.

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I Rz. 142

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

sondern schließt sie in Abs. 2 ausdrücklich aus. Dies kann daher auch nicht tituliert werden1. 142

Hinsichtlich der Einwände im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage wird auf I Rz. 80, I Rz. 125 verwiesen. Ist der Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung verurteilt worden, kann er sich nicht auf die Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung berufen, wenn das Arbeitsverhältnis auf ein Schwesterunternehmen übergegangen sein soll, das durch eine gemeinsame und einheitlich Personalleitung gesteuert werden2.

142a

Da auch in der Zwangsvollstreckung das Gebot effektiven Rechtsschutzes gilt, sind bei der Auslegung eines Urteils die in Bezug genommenen Unterlagen mit zu berücksichtigen. Dabei reicht es für die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus, dass aus dem Titel die Art der ausgeurteilten Beschäftigung ersichtlich ist. Dies ist bereits dann der Fall, wenn die Verurteilung zur Beschäftigung „als Angestellter“ erfolgt ist und sich aus dem Titel ergibt, mit welchen Tätigkeiten der Arbeitnehmer befasst war3. Auch ein Weiterbeschäftigungstitel „zu den bisherigen Bedingungen“ ist vollstreckbar, wenn sich aus Tatbestand und Entscheidungsgründen die inhaltliche Bestimmtheit ermitteln lässt4. Wegen der notwendigen inhaltlichen Bestimmtheit wird auf die Ausführungen zu den Anträgen und Tenorierungen verwiesen. Es gehört im Lichte des allgemeinen Rücksichtnahmegebots (§ 241 Abs. 2 BGB) zum Pflichtenkreis des Arbeitgebers auch im Vollstreckungsverfahren, dem Anspruchsteller objektiv vermeidbare Belastungen möglichst zu ersparen. Daraus kann folgen, dass bei einem bundesweiten Filialbetrieb eine möglichst wohnortnahe Beschäftigung zugewiesen wird5.

142b

Die Zwangsvollstreckung aus einem Weiterbeschäftigungstitel „bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag“ kann bis zur formellen Rechtskraft des Titels betrieben werden, d.h. solange, wie die Frist für die Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 72a Abs. 2 ArbGG noch nicht abgelaufen ist. Dies gilt auch dann, wenn diese mangels Beschwer gar nicht zulässig wäre. Es kommt in diesem Zusammenhang nur auf die Statthaftigkeit des Rechtsmittels an6.

1 LAG Frankfurt v. 26.11.1993 – 9 SaGa539/93, n.v.; s. allgemein zur Vollstreckung von Weiterbeschäftigungstiteln Leydecker/Heider/Fröhlich, BB 2009, 2703. 2 LAG Köln v. 28.3.2006 – 14 (8) Ta 104/06; s. aber LAG Berlin-Brandenburg v. 9.11.2010 – 7 Sa 515/10; „Der Arbeitgeber ist – schon gar nicht im Rahmen des vorläufigen Weiterbeschäftigungsanspruchs während des Kündigungsschutzprozesses – nicht verpflichtet, seine unternehmerische Entscheidung zur Änderung der Leitungsposition rückgängig zu machen.“ 3 BAG v. 15.4.2009 – 3 AZB 93/08; LAG Berlin-Brandenburg v. 17.2.2010 – 5 Ta 2336/09. 4 LAG Schl.-Holst. v. 6.9.2012 – 1 Ta 142/12; LAG Baden-Württemberg v. 5.1.2007 – 7 Sa 93/06; LAG München v. 1.8.2005 – 4 Ta 250/05. 5 ArbG Berlin v. 4.8.2011 – 28 Ca 923/11. 6 LAG Baden-Württemberg v. 2.11.2007 – 2 Ta 7/07.

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Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 143 I

Ein arbeitgeberseitiger Antrag im Berufungsverfahren auf vorläufige Ein- 142c stellung der Zwangsvollstreckung aus dem Weiterbeschäftigungstitel setzt voraus, dass die Drohung eines unersetzlichen Nachteils erst nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils beweisbar wurde. Ein solcher Nachteil droht, wenn der Arbeitnehmer während der Dauer des Kündigungsschutzverfahrens bei einem Konkurrenzunternehmen am Sitz des Arbeitgebers dieselbe Tätigkeit ausübt1. Zwangsmittel können auch dann verhängt werden, wenn der Arbeitgeber nach Erlass des Weiterbeschäftigungsurteils vorträgt, der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers sei weggefallen bzw. der Arbeitnehmer sei nach Ausspruch einer weiteren Kündigung nachträglich freigestellt worden. Solche nachträglich entstandenen Einwendungen gegen den durch das erstinstanzliche Urteil festgestellten Anspruch kann der Arbeitgeber nur mit der Berufung oder im Wege der Vollstreckungsklage gem. § 767 ZPO geltend machen2 Für die Festsetzung einer Entschädigung gem. § 61 Abs. 2 ArbGG fehlt im summarischen Verfahren der Verfügungsgrund. Der Arbeitgeber kann einwenden, dass die weitere Beschäftigung nach 143 Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung (Gründe, die bereits Gegenstand des Erkenntnisverfahrens waren sind unbeachtlich3) unmöglich geworden ist, was aber voraussetzt, dass der Arbeitsplatz endgültig weggefallen ist4. Es ist nicht ausreichend, dass der Arbeitgeber die Tätigkeiten schon einem anderen Arbeitnehmer übertragen hat5. Auch sonstige Unternehmerentscheidungen wie etwa der Wegfall einer Führungsposition können rechtsmissbräuchlich sein, wenn sie mit der Intention erfolgen, den Weiterbeschäftigungsanspruch zu untergraben6. Auch die Folgekündigung (s. zu den materiell-rechtlichen Folgen unter I Rz. 139) führt nicht automatisch zu Einschränkungen der Vollstreckbarkeit. Die Vollstreckung aus dem Titel bleibt vielmehr solange statthaft, wie der Titel selbst existiert und seine Vollstreckungsfähigkeit nicht z.B. durch eine Vollstreckungsgegenklage mit einer einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung eingeschränkt ist7.

1 LAG Berlin-Brandenburg v. 8.4.2010 – 13 Sa 282/10; s. dazu die Anm. von Borck/ Heffler, AuA 2010, 730, die für diesen Zeitraum einen Annahmeverzug des Arbeitgebers verneinen. 2 LAG Berlin-Brandenburg v. 9.11.2010 – 7 Sa 515/10; LAG Rh.-Pf. v. 13.6.2008 – 7 Ta 112/08 und v. 27.11.2007 – 10 Ta 263/07. 3 BAG v. 15.4.2009 – 3 AZB 93/08; LAG Berlin-Brandenburg v. 17.2.2010 – 5 Ta 2336/09. 4 LAG Hamm v. 15.2.1991 – 7 Ta 28/91. 5 LAG München v. 19.8.1992 – 5 Ta 182/92; Krause, NZA-Beilage 1/2005, 51, 55; ArbG Berlin v. 25.1.2006 – 40 Ca 22605/05. 6 LAG Hamm v. 5.5.1983 – 8 Sa 255/83; LAG Köln v. 23.8.2001 – 7 (13) Ta 190/01 für die Auflösung eines Amtes. 7 LAG Berlin-Brandenburg v. 17.2.2010 – 5 Ta 2336/09.

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I Rz. 144

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

i) Streitwert 144

Eine dem § 42 Abs. 3 GKG vergleichbare Bestimmung für den Streitwert bei der Geltendmachung von Weiterbeschäftigungsansprüchen fehlt. Aus der gesetzlichen Regelung für die Bestandsschutzstreitigkeiten lässt sich jedoch ableiten, dass der Streitwert jedenfalls deutlich geringer sein muss als die dort genannte Höchstgrenze von einem Vierteljahresentgelt. Der Ansatz von einem Monatsgehalt erscheint als angemessen. Um diesen Betrag ist auch der Streitwert im Kündigungsschutzverfahren zu erhöhen, wenn dem uneigentlichen Hilfsantrag stattgegeben würde1. Eine Erhöhung dieses Wertes kommt nach Auffassung des LAG Berlin in Betracht, wenn ein besonderes Interesse an der begehrten Beschäftigung besteht2. Ein Abschlag für die Vorläufigkeit des Verfahrens ist nicht angebracht, weil faktisch eine endgültige Regelung getroffen wird3.

145

Übersicht: Allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch – Vor Urteil erster Instanz: Nur wenn Kündigung offensichtlich unwirksam und/ oder überragendes Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers besteht. – Nach für Arbeitnehmer positivem Urteil des ArbG im Kündigungsschutzverfahren: Es besteht grundsätzlich Weiterbeschäftigungsanspruch, es sei denn, der Arbeitgeber macht Ausnahmegründe geltend; meist aber kein Verfügungsgrund. Der Anspruch ist zunächst nur auf die Beschäftigung gerichtet und nicht auf Zahlung4. Eine einstweilige Verfügung auch auf Zahlung ist nur nach den Grundsätzen über den Notunterhalt möglich (s. unter Rz. 235). – Kein Weiterbeschäftigungsanspruch nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das ArbG. – Nach für Arbeitnehmer negativem Urteil des ArbG im Kündigungsschutzverfahren: Es besteht kein Weiterbeschäftigungsanspruch. – Bei Änderungskündigung besteht ebenfalls kein Anspruch. – Der Anspruch ist stets auf die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens beschränkt. – Bei Wiederholungskündigung besteht nur dann ein Weiterbeschäftigungsanspruch, wenn diese offenkundig unwirksam ist. – Bei Änderung des klagestattgebenden Urteils in zweiter Instanz besteht kein Anspruch. – Nach rechtskräftigem Obsiegen des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzverfahren besteht wieder Beschäftigungsanspruch, da das Arbeitsverhältnis fortbesteht.

1 GMP/Germelmann, § 12 Rz. 117; LAG Berlin v. 19.9.2003 – 17 Ta 6084/03 (Kost) nennt ein Drittel des Wertes der Bestandsschutzstreitigkeit, höchstens einen Monatsverdienst, LAG Nürnberg v. 24.8.1999 – 6 Ta 166/99 einen Monatsverdienst; ebenso der Streitwertkatalog der LAG in Nr. 23. 2 LAG Berlin v. 18.11.2003 – 17 Ta 6116/03 (Kost). 3 LAG Rheinland-Pfalz v. 22.4.2009 – 1 Ta 72/09. 4 LAG Sachsen v. 22.1.2007 – 4 Ta 282/06 (3).

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Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 146 I

Muster 37 Einstweilige Verfgung auf Weiterbeschftigung nach Obsiegen im Kndigungsschutzprozess erster Instanz

146

An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung des … – Antragsteller – Prozessbevollmchtigter: … gegen … GmbH … – Antragsgegnerin – Ich beantrage im Namen und im Auftrag des Antragstellers den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Antragsteller bis zum rechtskrftigen Abschluss des vor dem ArbG … zum Aktenzeichen … Ca …/… anhngigen Kndigungsschutzverfahrens als Vertriebsassistenten zu beschftigen. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller ist seit dem … als Vertriebsassistent bei der Antragsgegnerin zu einem monatlichen Bruttoentgelt von … Euro beschftigt. Glaubhaftmachung: Vorlage des schriftlichen Arbeitsvertrages, als Anlage K1 in Ablichtung anbei. Mit Schreiben vom … hat die Antragsgegnerin das Arbeitsverhltnis ordentlich zum … gekndigt und den Antragsteller gleichzeitig unter Anrechnung von Urlaubsansprchen bis zum Ende des Arbeitsverhltnisses von der Arbeitsleistung freigestellt. Glaubhaftmachung: Vorlage des Kndigungsschreibens, als Anlage K2 in Ablichtung anbei, sowie Beiziehung der Akten des og. Kndigungsschutzverfahrens. Mit Urteil vom … wurde der Kndigungsschutzklage in erster Instanz stattgegeben. Glaubhaftmachung: Ablichtung des Urteils, als Anlage K3 in Anlage anbei, sowie Beiziehung der Akten des og. Kndigungsschutzverfahrens.

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I Rz. 146

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Hiergegen hat die Antragsgegnerin Berufung eingelegt. Glaubhaftmachung: Ablichtung der Berufungsschrift, als Anlage K4 in Anlage anbei, sowie Beiziehung der Akten des og. Kndigungsschutzverfahrens. Nach den Grundstzen des Großen Senats des BAG vom 27.2.1985 (NZA 1985, 702) ist daher ein Weiterbeschftigungsanspruch bis zum rechtskrftigen Abschluss des Kndigungsschutzverfahrens gegeben, da auch keine schutzwrdigen Belange der Antragsgegnerin entgegenstehen. Der Verfgungsgrund ergibt sich daraus, dass ein Hauptsacheverfahren schon aufgrund seiner Lnge nicht geeignet ist, dem Anspruch zur Durchsetzung zu verhelfen. Aus der ideellen Natur des Beschftigungsanspruches als Ausfluss des allgemeinen Persçnlichkeitsrechts ergibt sich, dass es keiner weiteren Begrndung fr den Verfgungsgrund bedarf (LAG Hamm v. 6.11.2007 – 14 SaGa 39/07; Hess. LAG v. 23.3.2004 – 15 SaGa 401/04; LAG Berlin-Brandenburg v. 25.3.2010 -2 Ta 387/10; LAG Berlin v. 16.9.2004 – 10 Sa 1763/04; LAG Sachs. v. 8.3.1996 – 3 Sa 77/96; LAG Mnchen v. 17.8.1994 – 5 Sa 679/94; ArbG Berlin v. 29.9.2006 – 28 Ga 16538/06; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil I Rz. 94; Schwab/ Weth/Walker, § 62 Rz. 149; HK-ArbR/Boemke, § 611 BGB Rz. 399; Natter/ Gross/Pfitzer, ArbGG, § 62 Rz. 66). Dies gilt sowohl fr ein selbstndiges Hauptsacheverfahren zur Durchsetzung des Weiterbeschftigungsanspruches als auch fr die Geltendmachung im Kndigungsschutzverfahren in der Berufungsinstanz. berdies liegt hier ein besonderes Beschftigungsinteresse vor (nher darlegen). Dem Bestehen eines Verfgungsgrundes steht auch die Durchfhrung des Kndigungsschutzverfahrens bis zu einem Urteil erster Instanz nicht entgegen. Die Geltendmachung des Weiterbeschftigungsanspruches als uneigentlicher Hilfsantrag im Kndigungsschutzverfahrens war hier ausnahmsweise nicht mçglich, da die Weiterbeschftigung bis zum … aus den nachfolgend aufgefhrten Grnden (etwa objektive Unmçglichkeit der Beschftigung, lngere Erkrankung des Arbeitnehmers, nher ausfhren) nicht mçglich war. Dieser Hinderungsgrund ist erst zum … weggefallen. Inhaltlich ist der Anspruch auf die bisherige Beschftigung gerichtet. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Beschftigung in seiner bisherigen Ttigkeit am bisherigen Ort, wenn sich eine vom Arbeitgeber vorgenommene Versetzung als unwirksam erweist. Bei einer Versetzung handelt es sich um eine einheitliche Maßnahme, die nicht in den Entzug der bisherigen Ttigkeit und die Zuweisung einer neuen Ttigkeit aufgespalten werden kçnne. Dies gilt auch dann, wenn Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag nicht abschließend festgelegt sind, sondern dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen. Solange dieser nicht rechtswirksam von seinem Weisungsrecht erneut Gebrauch gemacht oder eine wirksame Freistellung von der Arbeit ausgesprochen habe, bleibt es bei der bisher zugewiesenen Arbeitsaufgabe am bisherigen Ort und der Arbeitnehmer hat einen dementsprechenden Beschftigungsanspruch (BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, Rz. 15; LAG Berlin-Brandenburg v. 4.2.2014 – 3 Sa 1725/14; Ko-

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Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 148 I

rinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil I Rz. 50 ff.). Unterschrift

Anmerkung: Das ArbG ist auch dann für den einstweiligen Rechtsschutz 147 zuständig, wenn das Kündigungsschutzverfahren schon in zweiter Instanz anhängig ist1. Muster 38 Einstweilige Verfgung auf Weiterbeschftigung bei offensichtlich unwirksamer Kndigung

148

An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung des … – Antragsteller – Verfahrensbevollmchtigter: … gegen … GmbH … – Antragsgegnerin – Ich beantrage im Namen und im Auftrag des Antragstellers den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Antragsteller bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung in dem vor dem ArbG … zum Aktenzeichen … Ca …/… anhngigen Kndigungsschutzverfahren als Vertriebsassistenten zu beschftigen. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller ist seit dem … als Vertriebsassistent bei der Antragsgegnerin zu einem monatlichen Bruttoentgelt von … Euro beschftigt. Glaubhaftmachung: Vorlage des schriftlichen Arbeitsvertrages als Anlage K1 in Ablichtung anbei. Mit Schreiben vom … hat die Antragsgegnerin das Arbeitsverhltnis ordentlich zum … gekndigt. 1 LAG Baden-Württemberg v. 18.3.1988 – 2 SHa 1/88.

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I Rz. 148

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Glaubhaftmachung: Vorlage des Kndigungsschreibens, als Anlage K2 in Ablichtung anbei. Hiergegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom …, bei Gericht eingegangen am …, Kndigungsschutzklage erhoben. Fr den Fall des Obsiegens mit dem Kndigungsschutzantrag wurde ein Weiterbeschftigungsantrag angekndigt. Glaubhaftmachung: Beiziehung der Akten des og. Kndigungsschutzverfahrens. Der Antragsteller kann jedoch schon vor einem Urteil erster Instanz die Weiterbeschftigung verlangen, da die Kndigung offensichtlich unwirksam ist. Dies ergibt sich aus Folgendem: (Alternativ: – Verstoß gegen SGB IX, weil Integrationsamt nicht zugestimmt hat; – Verstoß gegen Mutterschutzgesetz; – Verstoß gegen § 102 BetrVG, da Betriebsrat nicht oder in einer offenkundig fehlerhaften Weise angehçrt wurde. Jeweils substantiiert darlegen.) Eines darber hinausgehenden Interesses an der Weiterbeschftigung bedarf es grundstzlich nicht. Vielmehr stellt sich die Rechtslage bei einer offensichtlich unwirksamen Kndigung genauso dar wie nach einem obsiegenden Urteil erster Instanz. Da der Arbeitgeber kein besonderes Interesse an der Nichtbeschftigung hat, besteht ein Verfgungsanspruch. Der Verfgungsgrund ergibt sich daraus, dass ein Kndigungsschutzverfahren schon aufgrund seiner Lnge nicht geeignet ist, dem Anspruch zur rechtzeitigen Durchsetzung zu verhelfen. Aus der ideellen Natur des Beschftigungsanspruches als Ausfluss des allgemeinen Persçnlichkeitsrechts ergibt sich, dass es keiner weiteren Begrndung fr den Verfgungsgrund bedarf (LAG Hamm v. 6.11.2007 – 14 SaGa 39/07; Hess. LAG v. 23.3.2004 – 15 SaGa 401/04; LAG Berlin-Brandenburg v. 25.3.2010 – 2 Ta 387/10; LAG Berlin v. 16.9.2004 – 10 Sa 1763/04; LAG Sachs. v. 8.3.1996 – 3 Sa 77/96; LAG Mnchen v. 17.8.1994 – 5 Sa 679/94; ArbG Berlin v. 29.9.2006 – 28 Ga 16538/06; Schwab/ Weth/Walker, § 62 Rz. 149; HK-ArbR/Boemke, § 611 BGB Rz. 399; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil I Rz. 94; Natter/Gross/Pfitzer, ArbGG, § 62 Rz. 66). Inhaltlich ist der Anspruch auf die bisherige Beschftigung gerichtet. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Beschftigung in seiner bisherigen Ttigkeit am bisherigen Ort, wenn sich eine vom Arbeitgeber vorgenommene Versetzung als unwirksam erweist. Bei einer Versetzung handelt es sich um eine einheitliche Maßnahme, die nicht in den Entzug der bisherigen Ttigkeit und die Zuweisung einer neuen Ttigkeit aufgespalten werden kçnne. Dies gilt auch dann, wenn Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag nicht abschließend festgelegt sind, sondern dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen. Solange dieser nicht rechtswirksam von seinem Weisungsrecht erneut Gebrauch gemacht oder eine wirksame Freistellung von der Arbeit ausgesprochen habe, bleibt es bei der bisher zugewiese-

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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 149a I

nen Arbeitsaufgabe am bisherigen Ort und der Arbeitnehmer hat einen dementsprechenden Beschftigungsanspruch (BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, Rz. 15; LAG Berlin-Brandenburg v. 4.2.2014 – 3 Sa 1725/14; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil I Rz. 57). Unterschrift

VIII. Der betriebsverfassungsrechtliche und personalvertretungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch 1. Unterschiede zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch gem. 149 § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG unterscheidet sich sowohl von den Tatbestandsvoraussetzungen als auch von den Rechtsfolgen grundsätzlich vom allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch. Gleiches gilt für den personalvertretungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch im öffentlichen Dienst gem. § 79 Abs. 2 BPersVG und den entsprechenden Vorschriften der Länder, soweit sie existieren (sofern im Folgenden vom betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch gesprochen wird, ist davon auch der personalvertretungsrechtliche umfasst). Ein Weiterbeschäftigungsanspruch wird auch begründet und ist mittels 149a einer einstweiligen Verfügung durchsetzbar, wenn ein Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) gem. § 78a BetrVG, § 9 Abs. 2 BPersVG oder einer entsprechenden landesrechtlichen Bestimmung die Weiterbeschäftigung verlangt1. Dadurch wird ein grundsätzlich unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis begründet2, das den entsprechenden Anspruch beinhaltet (zu der umstrittenen Möglichkeit der Entbindung des Arbeitgebers hiervon unten I Rz. 187). Für Anträge ehemaliger Ersatzmitglieder der JAV öffentlicher Arbeitgeber auf Beschäftigung unter Berufung auf § 9 BPersVG sind die Gerichte für Arbeitssachen vom Rechtsweg her im Urteilsverfahren zuständig. Bei einem Streit um das Vorliegen der Voraussetzungen eines Übernahmeanspruches nach § 9 BPersVG richtet sich nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses der Beschäftigungsanspruch eines Mitglieds der JAV nach den kündigungsschutzrechtlichen Grundsätzen des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruches entsprechend. Ein allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch besteht bei Streit um das Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 BPersVG dann, wenn ent-

1 KR/Weigand, § 78a Rz. 31; dies gilt aber nicht für Volontäre, BAG v. 1.12.2004 – 7 AZR 129/04; zum notwendigen Weiterbeschäftigungsverlangen innerhalb der Dreimonatsfrist des § 9 Abs. 2 BPersVG s. VGH München v. 19.11.2012 – 18 P 11.1960. 2 Fitting, § 78a BetrVG Rz. 30.

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I Rz. 150

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

weder diese offensichtlich gegeben sind oder eine stattgebende erstinstanzliche verwaltungsgerichtliche Entscheidung vorliegt. Auf die Erfolgsaussichten eines Antrages nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BPersVG kommt es nach Auffassung des ArbG Berlin nicht an. Eine nicht rechtskräftige erstinstanzliche verwaltungsgerichtliche Entscheidung, die das Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses nach § 9 BPersVG feststellt, steht einem allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch nicht entgegen, wenn sie auf der restriktiven, dem BAG widersprechenden Rechtsprechung des BVerwG für den Fall kurzzeitig vorübergehend nachgerückter Ersatzmitglieder beruht. Dies gilt nach Auffassung des ArbG Berlin solange, wie das BAG und das BVerwG ihre Rechtsprechung nicht harmonisieren. Der Schutz des § 9 BPersVG gilt nach dessen Rechtsprechung auch für ein nur einmalig kurzzeitig vorübergehend nachgerücktes Ersatzmitglied, sogar dann, wenn der Vorsitzende der JAV ein vorübergehend nachgerücktes Ersatzmitglied in nicht rechtsmissbräuchlicher Weise nur einmalig mit der Teilnahme an ganztägigen Vorstellungsgesprächen von Bewerbern auf Ausbildungsplätze beauftragt hat1. 150

Die Anspruchsgrundlagen für den Weiterbeschäftigungsanspruch müssen daher strikt getrennt werden. Dementsprechend stellt die Auswechselung des Klagegrundes eines Weiterbeschäftigungsantrags vom sog. allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch in erster Instanz zum Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG in zweiter Instanz eine Klageänderung dar2. Auf der einen Seite ist der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch an geringere Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft: So hat er nicht zur Voraussetzung, dass bereits ein obsiegendes Urteil erster Instanz im Kündigungsschutzverfahren vorliegt, sondern knüpft unmittelbar an das Ende der Kündigungsfrist an. Er bietet somit hinsichtlich der fortdauernden Integration des Arbeitnehmers in den Betrieb deutliche Vorteile. Andererseits kommt er nur bei einer ordentlichen Kündigung in Betracht. Das Arbeitsverhältnis muss Bestandsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz genießen und die Kündigungsschutzklage muss rechtzeitig erhoben worden sein. Weiter setzt er voraus, dass überhaupt ein Betriebsrat existiert und dass dieser auch in einem für den Arbeitnehmer günstigen Sinne tätig geworden ist, nämlich gegen die Kündigung Widerspruch eingelegt hat. An diesen Widerspruch sind hinsichtlich der Frist und der Begründung bestimmte Bedingungen geknüpft, deren Erfüllung durch den Betriebsrat der Arbeitnehmer selbst nicht beeinflussen kann.

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Darüber hinaus eröffnet § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG dem Arbeitgeber auch noch die Möglichkeit, sich unter bestimmten Bedingungen von der Weiterbeschäftigungspflicht entbinden zu lassen.

1 ArbG Berlin v. 28.7.2010 – 56 Ga 9494/10. 2 LAG Köln v. 14.5.2004 – 4 Sa 829/04.

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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 154 I

Mithin ist der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsan- 152 spruch in erheblichem Umfange von Umständen abhängig, die der Einflusssphäre des Arbeitnehmers entzogen sind. Auch von den Rechtsfolgen her ergeben sich gravierende Unterschiede. 153 Während die nach den Grundsätzen des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruches erzwungene Weiterbeschäftigung keinerlei Einfluss auf den rechtlichen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses hat, besteht im Falle des § 102 Abs. 5 BetrVG das Arbeitsverhältnis für die Weiterbeschäftigung fort, allerdings auflösend bedingt durch den rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens1. Dieser Unterschied ist keineswegs nur theoretischer Natur. Zwar kann der Arbeitnehmer in beiden Fällen grundsätzlich die Vergütung nur verlangen, wenn er von dem Weiterbeschäftigungstitel Gebrauch gemacht hat2. Unterschiede ergeben sich hingegen in den Bereichen, in denen der Arbeitnehmer im fortbestehenden Arbeitsverhältnis Vergütung ohne Arbeitsleistung beanspruchen kann, etwa im Fall der Arbeitsunfähigkeit3 oder bei § 616 Satz 1 BGB. Eine Vergütung für diese Zeiten steht dem Arbeitnehmer nur beim betriebsverfassungsrechtlichen, nicht hingegen beim allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch zu. Von daher ist eine sorgfältige Bestimmung der Anspruchsgrundlage bei der erzwungenen Weiterbeschäftigung notwendig. Erfüllt der Arbeitgeber den titulierten allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch nicht, muss der Arbeitnehmer die Zwangsvollstreckung betreiben. Ansprüche aus Annahmeverzug sind hier ausgeschlossen, denn das Beschäftigungsurteil begründet nur eine Rechtspflicht des Arbeitgebers zur Beschäftigung, nicht jedoch eine Pflicht des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung4. Etwas anderes gilt infolge des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses beim betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch (s. I Rz. 175). Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch kann 154 nicht vorab im Arbeitsvertrag abbedungen werden. Auch eine Betriebsvereinbarung kann diesen individualrechtlichen Anspruch des Arbeitnehmers nicht beschränken5.

1 Ganz h.M., s. nur KR/Etzel, § 102 Rz. 215 f. m. ausführlicher Darlegung der rechtsdogmatischen Grundlagen; kritisch LAG Hess. v. 18.10.2005 – 13 Sa 332/05. 2 Wobei das Nichtbetreiben der Zwangsvollstreckung kein böswilliges Unterlassen ist, BAG v. 22.2.2000 – 9 AZR 194/99. 3 BAG v. 7.3.1996 – 2 AZR 432/95. 4 BAG v. 24.1.1991 – 2 AZR 402/98 unter B I 2b der Entscheidungsgründe; MünchArbR/Boewer, § 78 Rz. 14. 5 LAG Hamburg v. 22.10.2008 – 5 SaGa 5/08; DKK/Kittner/Bachner, § 102 Rz. 246.

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I Rz. 155

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

2. Tatbestandsvoraussetzungen a) Ordentliche Kündigung 155

Zur Begründung seines betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruches muss der Arbeitnehmer zunächst glaubhaft machen, dass ihm eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers zugegangen ist. Streitig ist, ob es ausreicht, dass diese lediglich hilfsweise als eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen worden ist1. Dies ist zu verneinen. Der Gesetzgeber hat die außerordentliche Kündigung im Geltungsbereich des § 102 Abs. 5 BetrVG ausgenommen, weil er sie für so gewichtig hielt, dass die erzwungene Weiterbeschäftigung in diesen Fällen für den Arbeitgeber unzumutbar ist2. Die Verbundkündigung stellt zunächst eine außerordentliche Kündigung dar, zu der hilfsweise die ordentliche Kündigung hinzukommt. Grundsätzlich besteht also keine Weiterbeschäftigungspflicht gem. § 102 Abs. 5 BetrVG3. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift bei einer Verbundkündigung kommt nur in den folgenden Ausnahmefällen in Betracht: Wenn der Arbeitgeber nicht mehr an der außerordentlichen Kündigung festhält bzw. wenn deren Unwirksamkeit durch rechtskräftiges Teilurteil festgestellt wird, sie offensichtlich unwirksam ist4 oder sie bei einem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer an die Stelle einer ordentlichen Kündigung tritt. Hier wäre es ein Wertungswiderspruch, wenn man dem durch die Unkündbarkeit besonders geschützten Arbeitnehmer den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch nehmen würde5. Gleiches gilt für Mitglieder des Wahlvorstandes, des Betriebsrats oder der JAV, die nur außerordentlich kündbar sind6.

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Bei der Umdeutung der außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung kommt der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch in Betracht7. Dies gilt bereits dann, wenn die Umdeutungslage vorliegt8 und nicht erst ab dem Zeitpunkt, an dem der Arbeitgeber seine Umdeutungsabsicht kundgetan hat9. Wenn dem Arbeitgeber die jederzeitige Möglichkeit der Umdeutung eingeräumt wird, muss er auch die negativen Folgen dieser Gestaltungsmöglichkeit tragen, zumal die Umdeutung ja nur bei einer entsprechenden Anhörung des Betriebsrats besteht. Der Arbeitgeber muss die Umdeutung also vorbereiten, so dass ihn der Weiterbeschäftigungsanspruch auch nicht überraschen kann.

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So DKK/Kittner/Bachner, § 102 Rz. 249; a.A. KR/Etzel, § 102 Rz. 198. KR/Etzel, § 102 Rz. 198. LAG Rh.-Pf. v. 8.6.2011 – 8 SaGa 7/10. KR/Etzel, § 102 Rz. 198. KR/Etzel, § 102 Rz. 198a. Reidel, NZA 2000, 454, 456. KR/Etzel, § 102 Rz. 198; Schaub, NJW 1981, 1810. So DKK/Kittner/Bachner, § 102 Rz. 250. So aber offenbar früher KR/Etzel § 102 Rz. 198.

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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 161 I

Bei einer Änderungskündigung kann der Arbeitnehmer einen auf § 102 157 Abs. 5 BetrVG gestützten Weiterbeschäftigungsanspruch nur dann geltend machen, wenn er diese nicht unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung angenommen hat und es sich somit im Rechtssinne um eine Beendigungskündigung handelt. In den anderen Fällen sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 102 Abs. 5 BetrVG deswegen nicht erfüllt, weil dort vorausgesetzt wird, dass der Arbeitnehmer „Klage auf Feststellung erhoben hat, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist“1. b) Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes, rechtzeitige Klageerhebung Auf das Arbeitsverhältnis muss das Kündigungsschutzgesetz Anwen- 158 dung finden. Im Unternehmen des Arbeitgebers müssen also mehr als zehn Arbeitnehmer (in bestimmten Altfällen reichen mehr als fünf) i.S.v. § 23 Abs. 1 KSchG beschäftigt sein und die Wartezeit von sechs Monaten (§ 1 Abs. 1 KSchG) muss erfüllt sein. Die Klageerhebungsfrist des § 4 KSchG muss durch die Erhebung einer 159 Kündigungsschutzklage gewahrt sein. Wurde wegen Fristversäumnis ein Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage gem. § 5 KSchG gestellt, so kommt der Erlass einer einstweiligen Verfügung erst in Betracht, wenn die nachträgliche Zulassung durch rechtskräftigen Beschluss erfolgt ist. Erst dann steht fest, dass die Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG nicht eingetreten ist2. Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch ist nur 160 dann begründet, wenn der Kläger gerade die Sozialwidrigkeit der Kündigung geltend macht. Führt er ausschließlich sonstige Unwirksamkeitsgründe i.S.v. § 13 Abs. 3 KSchG ein, so kann er die Weiterbeschäftigung jedenfalls nicht nach § 102 Abs. 5 BetrVG verlangen, solange er nicht von er Möglichkeit des § 6 KSchG Gebrauch macht3. c) Weiterbeschäftigungsverlangen Der Arbeitnehmer muss deutlich erkennbar die Weiterbeschäftigung un- 161 ter Bezugnahme auf § 102 Abs. 5 BetrVG fordern. Das bloße Angebot der Arbeitskraft, um den Annahmeverzug gem. § 615 BGB herbeizuführen, reicht nicht aus, ebenso wenig die Geltendmachung des allgemeinen

1 Hess. LAG v. 19.6.2012 – 15 SaGa 242/12; KR/Etzel, § 102 Rz. 199c ff.; s. dort auch zu den auf §§ 99, 100 BetrVG gestützten Möglichkeiten einer vorläufigen Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Arbeitsbedingungen. 2 KR/Etzel, § 102 Rz. 207; Richardi/Thüsing, § 102 Rz. 217; a.A. Fitting, § 102 BetrVG Rz. 109. Weiterbeschäftigung jedenfalls bis zur Entscheidung über den Antrag. 3 DKK/Kittner/Bachner, § 102 Rz. 257.

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I Rz. 162

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Weiterbeschäftigungsanspruchs1. Die Weiterbeschäftigung muss innerhalb einer angemessenen Frist verlangt werden. Ausreichend ist es, wenn das Verlangen am ersten Arbeitstag nach Ablauf der Kündigungsfrist an den Arbeitgeber gerichtet wird2. d) Ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrats 162

Weiter muss der Betriebsrat der ordentlichen Kündigung fristgemäß widersprochen haben. Der Arbeitnehmer muss im Rahmen seiner Erkenntnisquellen substantiiert vortragen, dass ein ordnungsgemäß getroffener Betriebsratsbeschluss vorliegt. Der Arbeitgeber muss sich darauf ebenfalls substantiiert einlassen, wobei die Grundsätze zum Bestreiten der Betriebsratsanhörung durch den Arbeitnehmer analog heranzuziehen sind3. Der Widerspruch ist nicht nur bei betriebsbedingten, sondern auch bei personen- und verhaltensbedingten Kündigungen statthaft4. Die Frist zu dem Widerspruch beträgt eine Woche und beginnt mit dem Abschluss des Anhörungsverfahrens gem. § 102 Abs. 1 BetrVG. Der Widerspruch ist schriftlich einzulegen. Die elektronische Form ist ausgeschlossen5. Er ist ordnungsgemäß zu begründen, wobei er nur auf die in § 102 Abs. 3 BetrVG genannten Gründe gestützt werden kann. Der Betriebsrat muss also darlegen, dass nach seiner Auffassung der Arbeitgeber entweder bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat oder die Kündigung gegen eine Richtlinie gem. § 95 BetrVG verstößt oder der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann oder die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

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Der Betriebsrat muss sich auf einen der genannten Widerspruchsgründe berufen, und seine Begründung muss es nicht als völlig ausgeschlossen erscheinen lassen, dass dieser Grund tatsächlich gegeben ist6. Jedoch reicht die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlautes nicht aus. Eine Schlüssigkeitsprüfung findet allerdings auch nicht statt7. Keine ausrei1 LAG München v. 17.12.2003 – 5 Sa 1118/03. 2 BAG v. 11.5.2000 – 2 AZR 54/99. 3 LAG Berlin v. 16.9.2004 – 10 Sa 1763/04; LAG Nürnberg v. 17.8.2004 – 6 Sa 439/04, gesteigerte Darlegungspflicht des Arbeitnehmers, wenn der BetriebsratsVorsitzende auskunftsbereit ist. 4 BAG v. 22.7.1982 – 2 AZR 30/81; Reidel, NZA 2000, 454, 458 mit eingehender Darstellung. 5 ArbG Frankfurt/M v. 16.3.2004 – 4 Ga 43/04. 6 LAG München v. 10.2.1994 – 5 Sa 969/93. 7 LAG Köln v. 24.11.2005 – 6 Sa 1172/05, sachliche Begründetheit des hinreichend konkret formulierten Widerspruchs keine Anspruchsvoraussetzung.

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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 163 I

chende Begründung stellt es dar, wenn der Betriebsrat die Auffassung vertritt, der Arbeitnehmer könne seine Tätigkeit an seinem bisherigen Arbeitsplatz fortsetzen1. Ebenso wenig reicht es aus, wenn der Betriebsrat nur allgemein auf eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens verweist; dem Betriebsrat ist vielmehr ein Mindestmaß an konkreter Argumentation abzuverlangen. Der Arbeitsplatz, auf dem der zu kündigende Arbeitnehmer eingesetzt werden kann, ist in bestimmbarer Weise anzugeben2. Auch der bloße Hinweis auf Personalengpässe bei Arbeiten, die von einem Subunternehmer ausgeführt werden, reicht nicht aus3. Macht der Betriebsrat mit seinem Widerspruch nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG geltend, der Arbeitgeber habe zu Unrecht Arbeitnehmer nicht in die soziale Auswahl einbezogen, müssen diese Arbeitnehmer vom Betriebsrat entweder konkret benannt oder anhand abstrakter Merkmale bestimmbar sein4. Die Darlegung des Betriebsrats muss sich am Vortrag des Arbeitgebers orientieren. Hat der Arbeitgeber seine Auswahlüberlegungen dezidiert – etwa anhand eines Punkteschemas – mitgeteilt, so gebietet die Konkretisierungspflicht des § 102 Abs. 3 Satz 1 BetrVG eine konkrete Stellungnahme, warum die Auswahlüberlegungen des Arbeitgebers nicht ausreichend sein sollen5. Ein ordnungsgemäßer Widerspruch liegt auch nicht vor, wenn der Betriebsrat geltend macht, erfahrungsgemäß sei bei einer Massenentlassung damit zu rechnen, dass durch intensive Vermittlungsbemühungen und freiwillige Abfindungsaktionen freie Arbeitsplätze entstünden, auf welchen gegebenenfalls einige der zur Entlassung vorgesehenen Arbeitnehmer eingesetzt werden könnten6. Auch die Begründung, der zur Kündigung anstehende Arbeitnehmer könne an einem 1 BAG v. 12.9.1985 – 2 AZR 324/84; s. weiter Hess. LAG v. 15.2.2013 – 14 SaGa 1700/12, Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf anderem Arbeitsplatz, die eine Vertragsänderung erfordert, nur wirksam, wenn Zustimmung des Arbeitnehmers vorliegt. 2 BAG v. 17.6.1999 – 2 AZR 608/98 LAG Köln v. 23.3.2011 – 4 Ta 58/11; s. weiter LAG Hamburg v. 19.5.2010 – 6 SaGa 9/10, Widerspruch auch bei verhaltensbedingter Kündigung möglich, der Betriebsrat muss aber darlegen, dass das Fehlverhalten sich an dem anderen Arbeitsplatz nicht wiederholen wird. 3 BAG v. 11.5.2000 – 2 AZR 54/99. 4 BAG v. 9.7.2003 – 5 AZR 305/02; LAG Köln v. 23.3.2011 – 4 Ta 58/11; vgl. aber LAG Hamm v. 10.5.2004 – 8 Sa 580/04, das nicht beanstandet, wenn der Betriebsrat, ohne weniger schutzwürdige Arbeitnehmer aufzuzeigen, auf eine tarifliche Regelung zum Schutz älterer Arbeitnehmer verweist, welche für den geschützten Personenkreis eine betriebsbedingte Kündigung nur unter der einschränkenden Voraussetzung zulässt, dass „einem sozial schwächeren Arbeitnehmer der Arbeitsplatz unter Beachtung des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG erhalten werden muss“; LAG Hamburg v. 25.5.2010 – 1 SaGa 3/10, Hinweis auf eine abgegrenzte Arbeitnehmergruppe reicht, es muss kein konkreter Arbeitnehmer benannt werden; LAG Hamburg v. 12.6.2008 – 9 Ga 14/08, Behauptung reicht, dass sich die Sozialauswahl müsse sich auf den gesamten Betrieb und nicht nur auf eine Filiale erstrecken. 5 LAG Schl.-Holst. v. 22.11.1999 – 4 Sa 514/99. 6 LAG Hamm v. 14.6.2004 – 8 Sa 956/04.

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I Rz. 164

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Arbeitsplatz beschäftigt werden, den derzeit ein Leiharbeitnehmer innehabe, wurde bisher ohne weitere Darlegungen nicht als ausreichend angesehen1. 164

Der Betriebsrat muss somit einen „Zweier-Schritt“2 einhalten: Er muss zum einen auf einen der Widerspruchsgründe des § 102 Abs. 3 Nr. 1–5 BetrVG abstrakt Bezug nehmen und zum zweiten Tatsachen im Widerspruchsschreiben vorbringen, die es als möglich erscheinen lassen, dass einer dieser Gründe vorliegt. Wie konkret dann die Begründung sein muss, hängt von dem einzelnen Widerspruchsgrund ab.

165

Nach einer Richterbefragung der Universität Halle/Wittenberg 2003/ 20043 war nur in 21 % der Fälle der Widerspruch des Betriebsrats wirksam. In mehr als der Hälfte der Fälle war der Widerspruch nur formelhaft oder auf Gründe außerhalb von § 102 Abs. 3 BetrVG bezogen erfolgt.

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Ein wirksamer Widerspruch des Betriebsrates setzt einen ordnungsgemäß zustande gekommenen Beschluss voraus4. Der Arbeitnehmer muss vortragen, inwieweit ein ordnungsgemäß getroffener Betriebsratsbeschluss vorliegt. Der Arbeitgeber muss dann substantiell – in analoger Anwendung der Grundsätze zum Bestreiten der Betriebsratsanhörung durch den Arbeitnehmer5 – und im Einzelnen bestreiten, wobei er sich (nur) bei Umständen außerhalb seiner Wahrnehmung auf Nichtwissen beziehen kann. Ein pauschales Bestreiten reicht nicht aus6.

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Der Beschluss kann nach zutreffender Auffassung nur so lange zurückgenommen werden, wie die Kündigung dem Arbeitnehmer nicht zugegangen ist und der Arbeitnehmer vom Widerspruch keine Kenntnis erlangt hat. Hat der Beschluss in diesem Sinne Außenwirkung erlangt, beseitigt seine Rücknahme den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers nicht. Dies folgt aus einem Vertrauensschutz des Arbeitnehmers, der grundsätzlich die Beschlussfassung des Betriebsrates nicht beeinflussen kann, sich aber für seine Rechtsverteidigung auf die Wirksamkeit einmal gefasster Beschlüsse verlassen können muss7.

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LAG Nürnberg v. 24.6.2003 – 6 Sa 181/03. Reidel, NZA 2000, 455, 459. REGAM-Studie, abrufbar unter http://www.kueprax.de. KR/Etzel, § 102 Rz. 203. BAG v. 16.3.2000 – 2 AZR 75/99. LAG Berlin v. 16.9.2004 – 10 Sa 1763/04, in diese Richtung auch LAG Nürnberg v. 17.8.2004 – 6 Sa 439/04; s. dazu eingehend Laber/Ueckert/Klöckner, ArbRB 2004, 218, die eine Vermutung für eine ordnungsgemäße Beschlussfassung annehmen entgegen LAG Nürnberg v. 27.10.1992 – 6 Sa 496/92 und ArbG Bonn v. 3.7.2003 – 3 Ga 31/03. 7 So auch KR/Etzel, § 102 Rz. 139 f.

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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 169 I

e) Verfügungsgrund Ob der Arbeitnehmer neben dem Verfügungsanspruch noch einen Ver- 168 fügungsgrund für die begehrte Eilmaßnahme glaubhaft machen muss, ist streitig. Einerseits wird in Literatur und Rechtsprechung davon ausgegangen, dass dies nicht notwendig ist, weil sich das für § 935 ZPO notwendige Sicherungsinteresse aus der Rechtsnatur des Anspruchs ergebe1. Andererseits wird vertreten, dass der Weiterbeschäftigungsanspruch nur mit einer ordentlichen Klage durchgesetzt werden könne und für die einstweilige Verfügung die besonderen Voraussetzungen der §§ 935, 940 ZPO vorliegen müssten2. Meines Erachtens ist ein Verfügungsgrund erforderlich, da der Gesetz- 169 geber anders als bei der Entbindung des Arbeitgebers von der Weiterbeschäftigungspflicht den Weg der einstweiligen Verfügung nicht im Gesetz angelegt hat. Von daher besteht keine Veranlassung, von dem grundsätzlichen Erfordernis eines Verfügungsgrundes abzuweichen. Dieser Verfügungsgrund wird aber regelmäßig gegeben sein, wenn der Verfügungsanspruch vorliegt. Dies folgt, wie in allen anderen Fällen des Beschäftigungsanspruches, aus der Sicherungsfunktion des vorläufigen Rechtsschutzes, die vermeiden will, dass eine Partei dadurch unwiderrufliche Nachteile erleidet, dass sie das langwierige Hauptsacheverfahren durchführen muss. Somit liegt ein Verfügungsgrund regelmäßig schon dann vor, wenn durch Zeitablauf zu befürchten ist, dass der Weiterbeschäftigungsanspruch bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren vereitelt wird. Ein entsprechender, glaubhaft gemachter Sachvortrag reicht somit für die Annahme eines Verfügungsgrundes aus3. Ein Verfügungsgrund kann jedoch zweifelhaft sein, wenn der Kammertermin für das Kündigungsschutzverfahren vor Ablauf der Kündigungsfrist liegt und der Arbeitnehmer somit seine Ansprüche im Hauptsacheverfahren realisieren kann. Dies ist bei längeren Kündigungsfristen durchaus möglich. Der Verfügungsgrund kann auch vom Arbeitnehmer selbst widerlegt werden, wenn er mit der gerichtlichen Geltendmachung zu lange wartet4 oder das Verfahren nicht mit dem nötigen Nachdruck betreibt, indem er 1 LAG Berlin-Brandenburg v. 25.3.2010 – 2 Ta 387/10 und v. 16.9.2004 – 10 Sa 1763/04; ArbG Berlin v. 12.2.2010 28 Ca 1932/10; LAG Hamburg v. 12.6.2008 – 9 Sa 14/08; LAG München v. 17.8.1994 – 5 Sa 679/94; LAG Hamm v. 24.1.1994 – 19 Sa 2029/03; LAG Hamburg v. 25.1.1992 – 3 Sa 113/93; LAG Köln v. 2.8.1984 – 5 Ta 133/84; LAG Berlin v. 16.9.2004 – 10 Sa 1763/04; Schäfer, Rz. 80; KR/Etzel, § 102 Rz. 222 m.w.N. 2 LAG Berlin-Brandenburg v. 30.3.2011 – 4 SaGa 432/11; LAG Köln v. 10.3.2010 – 3 SaGa 26/09; LAG Nürnberg v. 24.6.2003 – 6 Sa 181/03; LAG Köln v. 18.1.1984 – 7 Sa 1156/83; LAG Baden-Württemberg v. 30.8.1993 – 15 Sa 35/93; Reinhard/ Kliemt, NZA 2005, 545, 548. 3 LAG Köln v. 26.11.2012 – 5 SaGa 14/12 m. zust. Anm. Boemke, jurisPR-ArbR 14/2013 Anm. 5; Hess. LAG v. 3.7.2012 – 15 SaGa 243/12. 4 LAG München v. 17.12.2003 – 5 Sa 1118/03; s. aber LAG Hamm v. 21.9.2004 – 11 SaGa 1212/04 – Verfügungsgrund wird durch Warten so lange nicht widerlegt, wie Arbeitsunfähigkeit besteht.

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I Rz. 170

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

z.B. um Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bitten lässt1. Im Einzelfall kann sogar verlangt werden, dass der Arbeitnehmer im Verfügungsverfahren glaubhaft macht, er sei gesundheitlich in der Lage, die Tätigkeit auszuführen2. Ein Zuwarten mit dem Antrag auf gerichtlichen Rechtsschutz kann die behauptete Dringlichkeit widerlegen. Dies gilt jedoch nicht, solange Vergleichsverhandlungen laufen3. f) Rechtsfolgen 170

Die Rechtsfolge der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen von § 102 Abs. 5 BetrVG ist die Verpflichtung des Arbeitgebers zur tatsächlichen Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu den bisherigen Bedingungen. Dabei ist zu beachten, dass die Rechtsgrundlage für den Beschäftigungsanspruch nach wie vor der Arbeitsvertrag ist. Das Arbeitsverhältnis ist dabei auflösend bedingt durch die rechtskräftige Abweisung der Kündigungsschutzklage4. Dies führt dazu, dass der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch keinen anderen Inhalt haben kann als der Beschäftigungsanspruch im ungekündigten Arbeitsverhältnis (zum Inhalt des Beschäftigungsanspruches sowie Antrag und Tenor s.o. I Rz. 98)5. Insbesondere kann der gekündigte Arbeitnehmer nicht besser gestellt werden als die übrigen ungekündigten Arbeitnehmer. Von daher bleibt das Direktionsrecht des Arbeitgebers durch die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung unberührt. Die Beschäftigung „zu unveränderten Arbeitsbedingungen“ führt also nicht notwendigerweise dazu, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf hat, mit exakt denselben Tätigkeiten beschäftigt zu werden wie vor Ausspruch der Kündigung. Vielmehr ist der Arbeitgeber befugt, im Rahmen seines Direktionsrechtes auch andere Tätigkeiten zuzuweisen. Auf der anderen Seite entfällt die Beschäftigungspflicht ebenso wie beim Beschäftigungsanspruch, wenn die Beschäftigung, etwa wegen einer Betriebsstilllegung, tatsächlich unmöglich ist6. Problematisch ist es, wenn dem Arbeitnehmer gekündigt wurde, weil er nach Meinung des Arbeitgebers eine bestimmte Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, der Betriebsrat aber der Kündigung mit der Begründung widerspricht, er könne auf einem anderen Arbeitsplatz beschäftigt werden. Hier vertritt das ArbG Hanau die Auffassung, dass der Arbeitnehmer auch glaubhaft machen müsse, dass er zu dieser Arbeitsleistung gesundheitlich in der Lage sei. Ansonsten

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Str. s. unter D Rz. 10. ArbG Hanau v. 19.11.1998 – 2 Ga 6/97, AiB 1999, 108 m. abl. Anm. Müller. Hess. LAG v. 10.5.2010 – 16 SaGa 341/10. S. KR/Etzel, § 102 Rz. 215 f. m. ausführlicher Darlegung der rechtsdogmatischen Grundlagen; kritisch LAG Hess. v. 18.10.2005 – 13 Sa 332/05. 5 LAG Baden-Württemberg v. 13.2.2004 – 5 Sa 57/04. 6 LAG Düsseldorf v. 24.4.2013 – 4 SaGa 6/13, das auch das Argument nicht gelten lässt, der Arbeitgeber bräuchte dem Arbeitnehmer unabhängig von den Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage nur das Arbeitsentgelt weiterzuzahlen, ohne ihn zu beschäftigten; Willemsen/Hohenstatt, DB 1995, 216 f.

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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 172 I

werde der Arbeitgeber zu etwas Unmöglichem verurteilt1. Ist der Arbeitnehmer tatsächlich nicht mehr in der Lage, die bisherige Tätigkeit auszuüben, so stellt sich die Frage, ob er nicht einen Weiterbeschäftigungsanspruch zu geänderten Arbeitsbedingungen hat2. Auch im Arbeitskampf ist der Arbeitnehmer, der einen betriebsverfas- 171 sungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch erstritten hat, nicht gegenüber den ungekündigten Arbeitnehmern privilegiert, sondern wird rechtlich genauso behandelt wie diese. Problematisch ist das Schicksal des betriebsverfassungsrechtlichen Wei- 172 terbeschäftigungsanspruchs bei einer nachfolgenden Kündigung. Wenn der Betriebsrat auch dieser ordnungsgemäß widerspricht und die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind, bleibt der Weiterbeschäftigungsanspruch erhalten3. Umgekehrt muss der Arbeitgeber für den Fall, dass bereits eine Befreiung vorliegt und er vorsorglich noch einmal kündigt, nicht automatisch eine weitere Befreiung von der Weiterbeschäftigungspflicht hinsichtlich der neuen Kündigung beantragen. Vielmehr wirkt die einstweilige Verfügung fort, jedenfalls wenn es sich um eine Kündigung handelt, die auf den im Wesentlichen gleich gebliebenen Kündigungsgründen beruht4. Für den Fall, dass der Betriebsrat der zweiten Kündigung nicht widerspricht oder es sich um eine außerordentliche Kündigung handelt, geht die überwiegende Meinung dahin, dass damit automatisch der Weiterbeschäftigungsanspruch entfalle5, und zwar bei der ordentlichen Kündigung mit Ablauf der Kündigungsfrist und bei der außerordentlichen mit deren Zugang. Wenn der Betriebsrat beiden Kündigungen widersprochen hat und der Arbeitgeber hinsichtlich der ersten Kündigung vom Weiterbeschäftigungsanspruch entbunden worden ist, soll der Anspruch erst dann bestehen, wenn die Unwirksamkeit der ersten Kündigung rechtskräftig festgestellt worden ist6. Demgegenüber vertritt Brinkmeier7 die Auffassung, dass der Weiterbeschäftigungsanspruch nur durch Eigenkündigung des Arbeitnehmers oder Aufhebungsvertrag bzw. eine gerichtliche Entscheidung, nicht aber durch eine wie auch immer geartete einseitige Willenserklärung des Arbeitgebers beendet werden könne. Meines Erachtens ist der h.M. zu folgen. Brinkmeier legt der Entscheidung des BAG vom 7.3.19968 eine Bedeutung bei, die sie in die-

1 ArbG Hanau v. 19.11.1998 – 2 Ga 6/98, AiB 1999, 108, mit krit. Anm. Müller, der darin eine unzulässige Beweislastumkehr sieht. 2 Verneinend Müller, AiB 1999, 108. 3 Richardi/Thüsing, § 102 Rz. 237. 4 BAG v. 19.9.2003 – 2 AZR 403/02; Krause, NZA-Beilage 1/2005, 51, 57. 5 LAG Düsseldorf v. 19.8.1977 – 16 Sa 472/77; LAG Berlin v. 3.5.1978 – 6 Ta 1/78; vgl. weiter LAG Hamburg v. 21.6.2002 – 3 Sa 98/01; Richardi/Thüsing, § 102 Rz. 236. 6 LAG Hamburg v. 21.6.2002 – 3 Sa 98/01. 7 Brinkmeier, AuR 2005, 46. 8 BAG v. 7.3.1996 – 2 AZR 432/95.

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I Rz. 173

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

sem Zusammenhang nicht hat. Zwar wird in der Entscheidung von einem gesetzlichen Anspruch gesprochen, den der Arbeitgeber nicht durch einseitige Entscheidung beseitigen könne. Thema der Entscheidung war aber die Frage, ob die einstweilige Verfügung den Vergütungsanspruch rückwirkend beseitigt. Dies wurde mit der og. Begründung verneint, ohne dass sich aus diesem Diktum etwas für die Problematik der Wiederholungskündigung ableiten ließe. Nur bei der offensichtlich unwirksamen Wiederholungskündigung bleibt der Weiterbeschäftigungsanspruch bestehen. Dies kann im Verfügungsverfahren auf Weiterbeschäftigung geklärt werden, aber auch im Hauptsacheverfahren auf Vergütungszahlung1. 173

Wenn die Parteien das Arbeitsverhältnis nach Ausspruch einer weiteren ordentlichen Kündigung fortsetzen, geschieht dies auch dann aufgrund einzelvertraglicher Abrede, wenn in Bezug auf die vorherige ordentliche Kündigung ein Weiterbeschäftigungsverhältnis gem. § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG begründet worden ist. Dieses endet nämlich mit dem Entlassungstermin der weiteren Kündigung. Soll das Arbeitsverhältnis nur bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits fortgesetzt werden, bedarf eine solche Abrede der Schriftform gem. § 14 Abs. 4 TzBfG2.

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In zeitlicher Hinsicht ist der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch auf die rechtskräftige Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren beschränkt. Er besteht also auch dann fort, wenn der Arbeitnehmer in erster Instanz unterliegt. Eine Weiterbeschäftigungspflicht besteht nicht, wenn der Arbeitnehmer die Kündigungsschutzklage zurücknimmt oder einen Auflösungsvertrag mit dem Arbeitgeber schließt. Beantragt der Arbeitnehmer die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG, so gibt er damit sein Desinteresse an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Kündigungstermin hinaus zu erkennen. In diesen Fällen besteht kein Anspruch auf eine vorläufige Weiterbeschäftigung3. Soweit Bachner4 die Auffassung vertritt, dass ein Weiterbeschäftigungsanspruch auch in diesen Fällen bestehe, weil nicht sicher sei, ob das ArbG dem Auflösungsantrag stattgebe, ist dem nicht zu folgen. Maßgeblich ist das Interesse des Arbeitnehmers im Hauptsacheverfahren. Dies gilt im Falle des Auflösungsvertrages gerade nicht für eine Weiterbeschäftigung. Daher besteht auch kein schützenswertes Interesse an einer nur vorläufigen Weiterbeschäftigung.

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Erfüllt der Arbeitgeber den Weiterbeschäftigungsanspruch trotz Titulierung nicht, so schuldet er selbst dann Annahmeverzugsentgelt, wenn die

1 Richardi/Thüsing, § 102 Rz. 236. 2 LAG Nürnberg v. 25.6.2004 – 9 Sa 151/04; vgl. BAG v. 22.10.2003 – 7 AZR 113/03. 3 KR/Etzel, § 102 Rz. 206 m.w.N. 4 In DKK/Kittner/Bachner, § 102 Rz. 256.

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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 177a I

Kündigungsschutzklage rechtskräftig abgewiesen wird1. Allerdings muss erkennbar sein, dass die Verurteilung gerade auf der Rechtsgrundlage des § 102 Abs. 5 BetrVG beruht. Kann dies nicht festgestellt werden (wobei Tatbestand und Entscheidungsgründe zur Auslegung herangezogen werden können), gerät der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug2. Der Annahmeverzug endet beim betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch erst mit einer einstweiligen Verfügung, durch die der Arbeitgeber von der Weiterbeschäftigungspflicht befreit wird3, oder mit der rechtskräftigen Abweisung der Kündigungsschutzklage. Dabei lässt der 2. Senat ausdrücklich offen, ob diese Wirkung bereits mit Erlass oder erst ab Rechtskraft der gestaltenden Verfügung eintritt. Da das Arbeitsverhältnis durch einen wirksamen Widerspruch des Betriebsrates fortbesteht, reicht auch die mit § 102 Abs. 5 BetrVG gestützte Aufforderung des Arbeitnehmers, ihn weiterzubeschäftigen, aus, um den Verzug auszulösen. Der Widerspruch als solcher ist jedoch nicht geeignet, diese Folgen herbeizuführen, ebenso wenig wie ein nicht ausdrücklich auf die betriebsverfassungsrechtliche Grundlage gestütztes Weiterbeschäftigungsverlangen4. Der Arbeitnehmer ist bei Betriebsratswahlen während der Dauer des ti- 176 tulierten Weiterbeschäftigungsanspruches nach wie vor aktiv und passiv5 wahlberechtigt und auch persönliche Arbeitnehmerschutzrechte nach dem MuSchG, dem SGB IX oder nach § 15 KSchG noch erwerben. Diese schützen ihn aber nur vor einer erneuten Kündigung und nicht vor einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Eintrittes der auflösenden Bedingung bei der rechtskräftigen Abweisung des Kündigungsschutzverfahrens. Die Zeit der Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG ist als Zeit 177 der Betriebszugehörigkeit zu werten. Dies kann für Sonderleistungen und die betriebliche Altersversorgung von Bedeutung sein6. g) Besonderheiten bei Tendenzbetrieben Wendet man die Grundsätze des BAG zum Tendenzschutz auf den be- 177a triebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch an, so ergibt 1 BAG v. 12.9.1985 – 2 AZR 324/84; DKK/Kittner/Bachner, § 102 Rz. 275; s. aber LAG Hess. v. 18.10.2005 – 13 Sa 332/05 – kritisch zu der Konstruktion des auflösend bedingt fortbestehenden Arbeitsverhältnisses. 2 BAG v. 12.9.1985 – 2 AZR 324/84 unter B II 3b der Entscheidungsgründe; LAG BW v. 17.6.1998 – 9 Sa 106/96. 3 BAG v. 7.3.1996 – 2 AZR 432/95. 4 LAG Baden-Württemberg v. 17.6.1998 – 9 Sa 106/96 unter 3d der Entscheidungsgründe. 5 Dies auch unabhängig von der Weiterbeschäftigung, solange die Kündigungsschutzklage nicht rechtskräftig abgewiesen wurde, BAG v. 10.11.2004 – 7 ABR 12/04. 6 Krause, NZA-Beilage 1/2005, 51, 57.

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I Rz. 177a

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

sich dessen grundsätzlicher Ausschluss bezüglich eines Tendenzträgers in einem Tendenzbetrieb1. Gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG finden auf Unternehmen und Betriebe, die unmittelbar und überwiegend Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung dienen, die unter dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG stehen, die Vorschriften des BetrVG keine Anwendung, soweit deren Eigenart dem entgegensteht. Bezogen auf das Erfordernis zur Zustimmung zur Einstellung eines Zeitungsredakteurs gem. § 99 BetrVG hat das BAG entschieden, dass allein der Umstand, dass das Unternehmen ein Tendenzbetrieb und der Redakteur Tendenzträger ist, nicht ausreiche, um das Beteiligungsrecht auszuschließen. Vielmehr müsse es sich um eine tendenzbezogene Maßnahme handeln. Die Pressefreiheit des Verlegers und seine Freiheit, die Tendenz seiner Zeitschrift festzulegen, solle vor einer Beeinträchtigung durch betriebliche Mitbestimmungsrechte geschützt werden. Bei der Verweigerung der Zustimmung zur Einstellung sah das BAG diesen Schutzzweck als verletzt an und verneinte das Mitbestimmungsrecht2. Hieraus folgt, dass das BAG eine ernsthafte Beeinträchtigung der Tendenzverwirklichung des Arbeitgebers dann annimmt, wenn durch den Betriebsrat eine fremdbestimmte, auch personenbezogene Inhaltsbestimmung hinsichtlich der tendenziösen Ausrichtung des Betriebes oder Unternehmens erfolgen kann. Auch das BVerfG hält Beteiligungsrechte des Betriebsrats für ausgeschlossen, wenn es sich um eine tendenzbezogene Maßnahme handelt und die geistig-ideelle Zielsetzung des Unternehmens durch die Beteiligung des Betriebsrats verhindert oder ernstlich beeinträchtigt werden kann3. Bezogen auf die Versetzung eines Tendenzträgers hat das BAG entschieden, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat nur zu informieren habe, nicht aber dessen Zustimmung einholen müsse. Dies gelte unabhängig davon, ob der Betriebsrat tendenzneutrale oder tendenzbezogene Verweigerungsgründe geltend mache4. Die Interessenlage ist bei der Weiterbeschäftigung nicht anders zu beurteilen als bei der Einstellung oder der Versetzung. Der Arbeitgeber wäre ansonsten gezwungen, gegen seinen Willen einen Tendenzträger in einer bestimmten, für die geistig-ideelle Ausrichtung des Betriebes bedeutsamen Position weiterzubeschäftigen. Dies ist ihm aber nur dann zuzumuten, wenn die Kündigung unwirksam ist. Der betriebsverfassungsrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch ist aber gerade durch die Besonderheit geprägt, dass der Arbeitnehmer so lange zu beschäftigen ist, bis die Wirksamkeit der Kündigung rechtskräftig feststeht. Diese Rechtslage besteht selbst dann, wenn der Arbeitgeber zur Begründung der Kün1 LAG Hamburg v. 17.7.1974 – 4 Sa 45/74. 2 BAG v. 8.5.1990 – 1 ABR 33/89; vgl. aber LAG Hamburg v. 22.10.2008 – 5 SaGa 5/08, Schlussredakteur ist im Gegensatz zum Textredakteur kein Tendenzträger. 3 BVerfG v. 15.12.1999 – 1BvR 505/95 und v. 6.11.1979 – 1 BvR 81/76. 4 BAG v. 27.7.1993 – 1 ABR 8/93.

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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 178 I

digung keine tendenzbezogenen Gründe geltend macht, sondern z.B. eine rein betriebsbedingte Motivation1. Entscheidend ist die auf den konkreten Arbeitnehmer bezogene Kündigungsentscheidung, wenn sich der Arbeitgeber z.B. anlässlich der Personalreduzierung mit der tendenzbezogenen Frage befasst hat, wie er auf der Basis eines zahlenmäßig reduzierten Tendenzträgerpersonals weiterhin ein attraktives Erscheinungsbild auf dem Markt abgeben kann2. Der Betriebsrat ist dadurch nicht rechtlos gestellt; er ist vor der Kündigung zu hören und kann ihr aus den in § 102 Abs. 3 genannten Gründen widersprechen. Lediglich der darauf folgende Anspruch des Arbeitnehmers würde dem Tendenzschutz zuwiderlaufen. Auch der Arbeitnehmer ist nicht ohne Schutz, denn bei offensichtlich unwirksamen Kündigungen kann das ArbG auch eine einstweilige Verfügung über den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch erlassen. Ein Antrag des Arbeitgebers auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht bei § 102 Abs. 5 BetrVG ist m.E. unnötig, da eine solche Pflicht, von der man entbunden werden könnte, gerade nicht besteht3. Diese Einschränkungen gelten jedoch nicht für den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch (s. dazu unter I Rz. 139a). 3. Verteidigungsmöglichkeiten des Arbeitgebers a) Einwände gegen den Anspruch Der Arbeitgeber kann sich gegen den geltend gemachten betriebsverfas- 178 sungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch nur mit Gründen wehren, die der Entstehung dieses Anspruches entgegenstehen. So kann er einwenden, dass es sich nicht um eine ordentliche Kündigung handelt, der Betriebsrat der Kündigung nicht ordnungsgemäß oder fristgemäß widersprochen hat oder die Kündigungsschutzklage durch den Arbeitnehmer nicht rechtzeitig erhoben worden ist. Darüber hinaus kann er einwenden, dass die weitere Beschäftigung unmöglich ist4, was aber voraussetzt, dass der Arbeitsplatz endgültig weggefallen ist5. Die Weiterbeschäftigung ist nicht unmöglich, wenn der Arbeitgeber in der Lage ist, durch einfache organisatorische Maßnahmen die noch vorhandenen Tätigkeiten zu einem ursprünglich vorhandenen, dann aber wegrationali1 A.A. Grund, Der Weiterbeschäftigungsanspruch des Tendenzträgers in Weberling u.a., Im Zweifel für die Pressefreiheit, Festschrift 2007, S. 181 ff. (Anspruch nur bei einer ausschließlich tendenzbedingten Kündigung ausgeschlossen). 2 So mit überzeugender Begründung ArbG Berlin v. 11.4.2003 – 74 Ga 4400/03; vgl. ausführlich Grund, Der Weiterbeschäftigungsanspruch des Tendenzträgers in Weberling u.a., Im Zweifel für die Pressefreiheit, Festschrift 2007, S. 181 ff. 3 Vgl. BAG v. 11.5.2000 – 2 AZR 54/99; dort wurde ausgeführt, dass trotz einer fehlenden Entbindungsverfügung kein Annahmeverzugsanspruch besteht, wenn der Widerspruch nicht ordnungsgemäß begründet war; zu den prozessualen Konsequenzen s. DKK/Kittner/Bachner, § 102 Rz. 277. 4 BAG v. 27.2.2002 – 9 AZR 562/00; LAG Hamm v. 2.3.2012 – 10 Sa 1086/11; LAG Berlin-Brandenburg v. 25.3.2010 – 2 Ta 387/10. 5 LAG München v. 8.9.2011 – 3 SaGa 21/11.

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I Rz. 179

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

sierten Arbeitsplatz zusammenzufassen1. Auch der Wegfall des konkreten bisherigen Arbeitsplatzes reicht nicht aus, wenn mehrere gleichartige Arbeitsplätze vorhanden sind2. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Betriebsrat den Widerspruch damit begründet hat, dass dem Arbeitnehmer ein im Betrieb noch vorhandener Arbeitsplatz hätte angeboten werden müssen3. Eine nach Rechtskraft der Entscheidung eingetretene Unmöglichkeit kann der Arbeitgeber auch noch im Zwangsvollstreckungsverfahren geltend machen4. Dabei ist zu beachten, dass er nicht verpflichtet ist, zur Erfüllung der ansonsten unmöglichen Weiterbeschäftigung einen Arbeitsplatz freizukündigen5. 179

Die Gründe, die gem. § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG zu einer Entbindung von der Pflicht der Weiterbeschäftigung führen können (s. dazu unter I Rz. 190 ff.), kann er jedoch dem Anspruch nicht einredeweise entgegenhalten. Der Gesetzgeber hat hierfür speziell das Verfahren vorgesehen, wonach der Arbeitgeber seinerseits den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen muss. Diesem Willen des Gesetzgebers ist in der Praxis auch Rechnung zu tragen6. Der Arbeitgeber kann jedoch den Antrag auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht als Gegenantrag in das Eilverfahren einbringen, das der Arbeitnehmer angestrengt hat7. Dies geht jedoch nicht mehr im Berufungsverfahren, da es sich um zwei verschiedene Rechtsansprüche handelt und für den in der Rechtsmittelinstanz gestellten Antrag des Arbeitgebers das ArbG als Eingangsgericht zuständig ist8. b) Einstweilige Verfügung auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht aa) Grundzüge

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Der Arbeitgeber kann sich durch einstweilige Verfügung gem. § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG von seiner Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung entbinden lassen (zur prozessualen Situation s.o. I Rz. 178 f.; zur Schadensersatzpflicht s. G Rz. 20). Über den Antrag ist im Urteilsverfahren

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LAG Hamburg v. 22.10.2008 – 5 SaGa 5/08. LAG München v. 8.9.2011 – 3 SaGa 21/11. LAG Berlin-Brandenburg v. 25.3.2010 – 2 Ta 387/10. LAG Rh.-Pf. v. 13.6.2008 – 7 Ta 112/08, Arbeitgeber kann Einwendungen gegen das Urteil nur in der Berufung oder der Vollstreckungsgegenklage erheben; LAG Hamm v. 15.2.1991 – 7 Ta 28/91; vgl. weiter instruktiv zum Spannungsfeld zwischen freier Unternehmerentscheidung und Weiterbeschäftigungspflicht LAG Köln v. 26.10.1998 – 10 Ta 153/98. LAG Köln v. 24.10.1995 – 13 (5) Ta 245/95. H.M., s. nur KR/Etzel, § 102 Rz. 222a m. Rechtsprechungsnachweisen; LAG Schl.-Holst. v. 5.3.1996 – 1 Ta 16/96. Hess. LAG v. 15.2.2013 – 14 SaGa 1700/12. LAG Düsseldorf v. 30.8.1977 – 8 Sa 505/77; KR/Etzel, § 102 Rz. 222b; DKK/Kittner/Bachner, § 102 Rz. 282.

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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 181 I

zu entscheiden1. Dabei sind die dort angeführten Gründe für die Entbindung abschließend und nicht erweiterungsfähig2. Das Gericht hat auch bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein Ermessen3. Streitig ist, ob ein Entbindungsantrag auch dann in Betracht kommt, 181 wenn kein ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrats vorliegt. Gegen die Zulässigkeit eines Entbindungsantrages spricht Folgendes: Man kann nur von einer Pflicht entbunden werden, die tatsächlich auch besteht. Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, sich mit dem Argument zu verteidigen, dass der Widerspruch nicht ordnungsgemäß eingelegt worden sei.4. Auch ein Annahmeverzugsanspruch besteht nicht, wenn kein ordnungsgemäßer Widerspruch vorliegt, so dass der Arbeitgeber auch unter diesem Aspekt nicht gezwungen ist, aktiv zu werden5. Der Arbeitgeber muss auch nicht aktiv werden, um seiner Beschäftigungspflicht zu entgehen. Vielmehr muss der Arbeitnehmer eine einstweilige Verfügung beantragen, um seine Beschäftigung zu erzwingen. Hiergegen kann sich die Arbeitgeberseite dann sowohl mit dem Argument des nicht ordnungsgemäßen Widerspruchs als auch mit einem hilfsweise gestellten Antrag auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht wehren. Dann kann es auch nicht zu dem von Kittner/Bachner6 befürchteten Instanzverlust für den Arbeitnehmer kommen, wenn der Entbindungsantrag mangels ordnungsgemäßen Widerspruchs zurückgewiesen wurde und der Arbeitnehmer kein Rechtsmittel einlegen kann, da er formal nicht beschwert worden ist. Der Arbeitgeber kann auch nicht eine einstweilige Verfügung beantragen, die im Hauptantrag das Ziel der Feststellung verfolgt, dass eine Weiterbeschäftigungspflicht nicht besteht, und im Hilfsantrag das Entbindungsverlangen7. Es besteht kein Anlass, hier von der Grundregel abzuweichen, wonach feststellende einstweilige Verfügungen unzulässig sind. Berühmt sich der Arbeitnehmer des Weiterbeschäftigungsanspruches, ohne ihn rechtshängig zu machen, kommt auch eine negative Feststellungsklage in Betracht.

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Richardi/Thüsing, § 102 Rz. 249. LAG München v. 24.4.2007 – 6 Sa 115/07; DKK/Kittner/Bachner, § 102 Rz. 276. Schäfer, Rz. 86. Gegen die Möglichkeit der Entbindung bei nicht ordnungsgemäßem Widerspruch LAG Hess. v. 2.11.1984 – 13 Ta 309/84; Reidel, NZA 2000, 5554, 458; a.A. LAG Düsseldorf v. 24.4.2013 – 4 SaGa 6/13 jedenfalls dann, wenn der Weiterbeschäftigungsanspruch nicht ausgeschlossen werden kann; Hessisches LAG v. 15.2.2013 – 14 aGa 1700/12; LAG Schleswig-Holstein v. 19.5.2010 – 6 SaGa 9/10; LAG Köln v. 8.1.2010 – 4 SaGa 22/09 aus Gründen der Rechtssicherheit; LAG Nürnberg v. 5.9.2006 – 6 Sa 458/06; LAG München v. 17.12.2003 – 5 Sa 1077/03, das auch dann einen Entbindungsantrag für zulässig hält, wenn der Arbeitnehmer ausnahmsweise zwar keinen Anspruch auf Beschäftigung, wohl aber auf Arbeitsentgelt hat; Walker, Rz. 694; DKK/Kittner/Bachner, § 102 Rz. 277. 5 BAG v. 11.5.2000 – 2 AZR 54/99 – unter II 5 der Entscheidungsgründe. 6 DKK/Kittner/Bachner, § 102 Rz. 277. 7 Schäfer, Rz. 318.

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I Rz. 182

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Auf der anderen Seite wird von Schäfer1 eine Parallele zu der Interessenlage beim Entbindungsantrag gezogen2. Wichtigstes Argument ist aber die Rechtssicherheit. Auch wenn der Antrag auf Entbindung in demselben Verfahren verhandelt wird wie der Antrag auf Beschäftigung, kann es Konstellationen geben, in denen beide Anträge zurückgewiesen werden, gleichwohl aber ein Annahmeverzugsrisiko für den Arbeitgeber besteht. Dies kann dann eintreten, wenn zwar kein Entbindungsgrund vorliegt, aber die Weiterbeschäftigung unmöglich ist. Daher erschöpft sich das Rechtsschutzbedürfnis nach dieser Auffassung nicht in der Zurückweisung des Beschäftigungsantrages. Daher sei ein Entbindungsantrag auch dann zulässig, wenn zuvor nicht festgestellt wurde, dass eine Weiterbeschäftigungspflicht besteht. Allein die Geltendmachung des nicht offensichtlich unbegründeten Weiterbeschäftigungsanspruches begründe ein Rechtsschutzinteresse3. 182

Entgegen der in der Vorauflage vertretenen Ansicht meine ich, von diesen Argumenten überzeugt, dass auch in diesen Fällen ein Entbindungsantrag in Betracht kommt. Zwar erleidet der Arbeitgeber in Bezug auf die Beschäftigungspflicht als solche keinen Rechtsverlust4. Rechtsfolge von § 102 Abs. 5 BetrVG ist aber nicht nur der Beschäftigungsanspruch, sondern auch der Anspruch auf Annahmeverzugsentgelt. Hier würde eine Rechtsschutzlücke entstehen, wenn man dem Arbeitgeber das Risiko aufbürdete, Jahre später im Hauptsacheverfahren bescheinigt zu bekommen, dass er sich im Annahmeverzug befunden habe, nachdem man den zeitnah gestellten Eilantrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses abgewiesen hatte. Die dogmatischen Bedenken gegen die Entbindung von einem Anspruch, dessen Bestehen nicht feststeht, sollen daher zurücktreten hinter das Gebot effektiven Rechtsschutzes. Für eine Entbindungsentscheidung „auf Vorrat“ ist allerdings kein Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Daher halte ich einen Entbindungsantrag für unzulässig, wenn nur der Widerspruch des Betriebsrates vorliegt und die Kündigungsschutzklage zugestellt wurde, jedoch kein Weiterbeschäftigungsverlangen vom Arbeitnehmer gestellt wurde.

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Umgekehrt darf der Arbeitgeber aber auch nicht übermäßig lange mit seinem Antrag warten. Zwar bedarf es keines gesonderten Verfügungsgrundes, weil das Gesetz die einstweilige Verfügung ohne weitere Voraussetzungen vorsieht5. Jedoch kann das Rechtsschutzbedürfnis des Arbeitgebers verwirken. Dies ist z.B. dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer den Weiterbeschäftigungsanspruch im Kündigungsschutzverfahren und nicht im Verfügungsverfahren verfolgt. Stellt der Arbeitgeber erst nach 1 2 3 4

Schäfer, Rz. 318. Hess. LAG v. 15.2.2013 – 14 SaGa 1700/12. S. insb. LAG Düsseldorf v. 24.4.2013 – 4 SaGa 6/13. Reinhard/Kliemt, NZA 2005, 545, 549; a.A. wohl auch Walker, Rz. 694, dessen Argumentation sich wohl auch auf diese Konstellation bezieht. 5 LAG Schleswig-Holstein v. 19.5.2010 – 6 SaGa 9/10.

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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 187 I

einem Obsiegen des Arbeitnehmers in diesem Hauptsacheverfahren den Antrag nach § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG, ist dieser zurückzuweisen1. Für den Fall, dass zunächst eine Entbindungsverfügung ergeht und nach- 184 folgend im Hauptsacheverfahren der Weiterbeschäftigungsanspruch tituliert wird, vertritt Fischer2 die Auffassung, dass die Entbindungsverfügung ihre Wirkung verliere, weil das arbeitsgerichtliche Urteil vorläufig vollstreckbar sei. Dies erscheint nicht zweifelsfrei, denn auch die einstweilige Verfügung ist vorläufig vollstreckbar. Die nachfolgende Entscheidung verdrängt auch nicht die vorher ergangene, denn der Weiterbeschäftigungsanspruch und die Entbindung stellen nicht denselben Streitgegenstand dar. Vorsorglich kann jedoch eine erneute Entbindungsverfügung beantragt werden. Wenn das Gericht im Hauptsacheverfahren zwar der Kündigungsschutz- 185 klage stattgibt, aber den Anspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG verneint, kann es gleichwohl den allgemeinen Beschäftigungsanspruch titulieren. Dessen Durchsetzung steht eine Entbindungsverfügung nicht entgegen, denn diese bezieht sich nur auf den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch3. Das Gericht hat aber die Gründe, die zur Entbindungsverfügung geführt haben, im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob nicht ausnahmsweise das Arbeitgeberinteresse an der Nichtbeschäftigung trotz vorläufigen Obsiegens im Kündigungsschutzverfahren überwiegt. Wurde der Arbeitgeber durch einstweilige Verfügung gem. § 102 Abs. 5 186 Satz 2 BetrVG von der Pflicht befreit, den Arbeitnehmer vorläufig weiterzubeschäftigen, ist die Anordnung der Klageerhebung im Hauptsacheverfahren (§ 926 ZPO) nicht möglich. Dies folgt daraus, dass der Gesetzgeber bei der Entbindungsverfügung kein Hauptsacheverfahren vorgesehen hat, sondern das Eilverfahren als die alleinige Rechtsschutzmöglichkeit definiert hat. Es ist streitig, ob der Arbeitgeber sich durch eine einstweilige Verfügung 187 auch von der Pflicht zur Beschäftigung eines Mitgliedes der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) entbinden lassen kann, die dieser gem. § 78a BetrVG, § 9 Abs. 2 BPersVG oder einer entsprechenden landesrechtlichen Bestimmung verlangt4. Kittner/Bachner5 weisen darauf hin, dass der Gesetzgeber, anders als bei § 102 Abs. 5 BetrVG, keine entsprechende Möglichkeit vorgesehen hat, obwohl die Vorschrift später eingefügt worden ist6. Demgegenüber wird argumentiert, dass kein gesetzli1 2 3 4

Fischer, FA 1999, 310, 312. Fischer, FA 1999, 310, 313. A.A. KR/Etzel § 102 Rz. 223d. Der Weiterbeschäftigungsanspruch besteht nicht nach Beendigung eines Volontariatsvertrages, BAG v. 1.12.2004 – 7 AZR 129/04. 5 DKK/Kittner/Bachner, § 78a Rz. 46. 6 So auch Dannenberg, Anm. zu LAG Nds., AiB 1999, 43.

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I Rz. 188

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

ches Verbot wie bei § 940a ZPO vorliege und daher das Gericht auch diese Sicherungsmaßnahme verhängen könne1. Überdies kann dem entgegengehalten werden, dass der Gesetzgeber hier das Weiterbeschäftigungsverlangen nur als Voraussetzung normiert, um die Rechtsfolge der Fiktion eines Arbeitsverhältnisses auszulösen. Bei § 102 Abs. 5 BetrVG besteht die dort ausdrücklich genannte Rechtsfolge in der Pflicht zur tatsächlichen Weiterbeschäftigung, woraus das Bestehen eines auflösend bedingten Arbeitsverhältnisses gefolgert wird. Wenn also der Gesetzgeber hier gar nicht die Rechtsfolge der tatsächlichen Weiterbeschäftigung, sondern nur das Entstehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses anordnet, dann würde dies möglicherweise auch das Fehlen einer Vorschrift über die Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht erklären. Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses wäre nämlich die Anwendung der Grundsätze des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs, so dass es einer diesbezüglichen Vorschrift nicht bedürfte. Dabei wäre jedoch zu beachten, dass das JAV-Mitglied durch die fehlende Integration in den Betrieb erheblich in der Möglichkeit der Amtsausübung eingeschränkt wird2. Daher dürfte das Regel-Ausnahme-Verhältnis in diesem Fall umzukehren sein. Das JAV-Mitglied würde somit auch schon vor einer gerichtlichen Entscheidung im Hauptsacheverfahren einen Weiterbeschäftigungsanspruch erwerben, wenn die Voraussetzungen des § 78a BetrVG gegeben sind, es sei denn, der Arbeitgeber trägt substantiiert vor, dass das Arbeitsverhältnis nach den Grundsätzen von § 78a Abs. 4 BetrVG nicht begründet worden sei oder aufzulösen wäre. Diese Lösung hätte den Vorteil, dass es eines im Gesetz hier nicht vorgesehenen Entbindungsverfahrens nicht bedürfte und die Interessen von Arbeitgeber und JAV-Mitglied im Einzelfall gegeneinander abgewogen werden könnten. Im Ergebnis werden diejenigen, die eine Entbindungsmöglichkeit per einstweiliger Verfügung bejahen3, vielfach zu demselben Ergebnis kommen4. 188

Die Entscheidung sowohl über den Weiterbeschäftigungsanspruch wie über den Entbindungsantrag ist im Urteilsverfahren zu treffen. Dabei kann auf die mündliche Verhandlung verzichtet werden. Der Vorsitzende entscheidet dann allein. Zuständig ist das ArbG, auch wenn der Kündigungsschutzrechtsstreit bereits beim LAG anhängig ist5.

1 LAG Köln v. 31.3.2005 – 5 Ta 52/05; so im Ergebnis auch Fitting, § 78a BetrVG Rz. 45 m.w.N.; ErfK/Kania, § 78a BetrVG Rz. 12. 2 KR/Weigand, § 78a Rz. 31. 3 LAG Köln v. 31.3.2005 – 5 Ta 52/05, das meint, die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung reiche nicht aus; so im Ergebnis auch Fitting, § 78a BetrVG Rz. 45 m.w.N.; GK-BetrVG/Kreutz, § 78a Rz. 129; ErfK/Kania, § 78a BetrVG Rz. 12. 4 Vgl. KR/Weigand, Rz. 53 sowie zu den Gründen für § 78a Abs. 4 LAG Nds. v. 25.5.1998 – 11 Sa 695/98 – und BAG v. 12.11.1997 – 7 ABR 63/96. 5 LAG Baden-Württemberg v. 18.3.1988 – 2 SHa 1/88.

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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschftigungsanspruch

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Einer Vollziehung der durch Urteil erlassenen einstweiligen Verfügung 189 bedarf es nicht, da diese rechtsgestaltend wirkt1. Auch eine weitere Zustellung des Verfügungsurteils im Parteibetrieb ist entbehrlich2. Wird die Entbindungsverfügung durch das LAG aufgehoben, endet die Entbindung vom Zeitpunkt der Entscheidung des LAG an. Für die Zwischenzeit bleibt der Arbeitgeber wirksam von der Weiterbeschäftigung entbunden3. bb) Fehlende Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage Ein Grund für die Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht kann 190 darin liegen, dass die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint (§ 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BetrVG). Hier werden die gleichen Grundsätze angewandt wie bei der Prüfung des Anspruches auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gem. § 114 ZPO. Eine summarische Prüfung der Kündigungsschutzklage muss zum Ergebnis führen, dass die Klage offensichtlich oder doch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben wird4. Die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung dürfte nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen, wenn „eine verständige Partei ihr Recht nicht in gleicher Weise verfolgen würde“5. Dabei ist zu beachten, dass der Arbeitgeber für die Gründe, aus denen he- 191 raus die Kündigungsschutzklage keinen Erfolg verspricht, in vollem Umfange darlegungspflichtig ist. Seine Darlegungspflicht entspricht daher im Wesentlichen der im Kündigungsschutzverfahren, geht aber, weil die offenkundige Aussichtslosigkeit verlangt wird, noch etwas darüber hinaus. Die entsprechenden Tatsachenbehauptungen sind glaubhaft zu machen. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die Kündigungsschutzklage in erster Instanz bereits abgewiesen worden ist. Hier muss der Arbeitnehmer darlegen, warum die Klage trotzdem hinreichende Aussicht auf Erfolg hat6. cc) Unzumutbare wirtschaftliche Belastungen Eine Entbindung kommt weiter in Betracht, wenn die Weiterbeschäfti- 192 gung zu unzumutbaren wirtschaftlichen Belastungen des Arbeitgebers führen würde (§ 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG). Dabei ist zu beachten, dass der Arbeitgeber ohnehin das Annahmeverzugslohnrisiko gem. § 615 BGB trägt. Von daher wird die wirtschaftliche Belastung nur in Ausnahmefällen eine Entbindung von der Weiterbeschäftigung rechtfertigen. 1 2 3 4

LAG Hamm v. 12.12.1986 – 16 Sa 1271/86. KR/Etzel, § 102 Rz. 235a. LAG Rh.-Pf. v. 10.7.2007 – 3 SaGa 9/07. Vgl. LAG Düsseldorf v. 23.5.1975 – 8 Sa 152/75; ArbG Stuttgart v. 5.4.1994 – 6 Ga 26/96. 5 KR/Etzel, § 102 Rz. 224. 6 ArbG Passau v. 18.2.1992 – 4 Ga 2/92; KR/Etzel, § 102 Rz. 225.

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I Rz. 192

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Diese muss gerade wegen der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers so erheblich sein, dass Auswirkungen auf die Liquidität oder Wettbewerbsfähigkeit des Arbeitgebers zu erwarten sind, wobei teilweise sogar eine Existenzgefährdung des Arbeitgebers durch die Weiterbeschäftigung verlangt wird1. Dabei muss der Arbeitgeber konkrete Tatsachen vortragen und eine präzise Prognose vorlegen2. Streitig ist, ob nur auf die Belastung durch die Weiterbeschäftigung des konkret klagenden Arbeitnehmers abzustellen ist3 oder ob zu berücksichtigen ist, dass mehrere gekündigte Arbeitnehmer ihren betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend gemacht haben4. Meines Erachtens ist eine Gesamtbetrachtung geboten, da der Gesetzgeber diese Regelung im kollektiven Arbeitsrecht angesiedelt hat und der Schaden, der durch den Entbindungsgrund der § 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG vermieden werden soll, auch bei der addierten Belastung durch die erzwungene Weiterbeschäftigung mehrerer Arbeitnehmer droht. Gerade wenn man für die § 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG eine Existenzgefährdung des Betriebes als Tatbestandsvoraussetzung annimmt, erscheint es nicht sachgerecht, hier auf die Belastungen durch die einzelne Weiterbeschäftigung abzustellen und außer Acht zu lassen, dass durch die Addition mehrerer solcher Ansprüche die Existenz des Betriebes und damit die Arbeitsplätze der nicht gekündigten Arbeitnehmer gefährdet werden. Die Gefahr, dass der Arbeitgeber eine Vielzahl betriebsbedingter Kündigungen nur deshalb ausspricht, um sich mit dem Argument der unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch wehren zu können, erscheint nicht sehr praxisnah5. Bei derartigen Massenwidersprüchen ist regelmäßig jedenfalls dann eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit i.S.v. § 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG anzunehmen, wenn eine tatsächliche Beschäftigung nicht möglich ist, die einstweilige Fortsetzung der Arbeitsverhältnisse aufgrund der Widersprüche des Betriebsrates für den Arbeitgeber deshalb wirtschaftlich sinnlos ist und ausschließlich zu Belastungen in Form der fortbestehenden Entgeltzahlungsverpflichtung führt und die Arbeitgeberin zusätzlich die Kosten eines Sozialplanes zu tragen hat, weil die Kündigungen im Rahmen einer sozialplanpflichtigen Betriebsänderung erfolgt waren6. Der Arbeitgeber kann auch die Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht verlangen, wenn ihm bei Massenentlassungen zwar die Beschäftigung aller gekündigten Arbeitnehmer unzumutbar ist, nicht jedoch die

1 LAG Hamburg v. 16.5.2001 – 4 Sa 33/01; DKK/Kittner/Bachner, § 102 BetrVG Rz. 291. 2 LAG Hamburg v. 16.5.2001 – 4 Sa 33/01. 3 So LAG München v. 17.12.2003 – 5 Sa 1077/03. 4 So KR/Etzel, § 102 Rz. 227. 5 So aber DKK/Kittner/Bachner, § 102 BetrVG Rz. 292; wie hier KR/Etzel, § 102 Rz. 227. 6 LAG Hamburg v. 2.11.2001 – 3 Sa 81/01; s. weiter LAG Hamburg v. 6.6.2001 – 2 Sa 37/01 – kein Anspruch, wenn Beschäftigung wirtschaftlich sinnlos; a.A. LAG Hamburg v. 10.5.1993 – 4 Sa 20/93.

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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 195 I

Beschäftigung eines Teils der gekündigten. Etzel1 verlangt hier die Vornahme einer Sozialauswahl, der indes, wie Willemsen/Hohenstatt zutreffend bemerken2, tatsächliche Schwierigkeiten entgegenstehen. Allerdings ist der Arbeitgeber nicht völlig frei in seiner Auswahlentscheidung, sondern muss billiges Ermessen walten lassen3. Wenn die Beschäftigung des Arbeitnehmers aus tatsächlichen Gründen 193 (etwa Abteilungsschließung verbunden mit der Unmöglichkeit einer anderweitigen Weiterbeschäftigung) ausgeschlossen ist, führt dies nicht zu einer Entbindung vom Weiterbeschäftigungsanspruch, da diese Schwierigkeiten nicht wirtschaftlicher Natur sind. Es wird auch vertreten, dass eine Verurteilung des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung selbst dann zu erfolgen habe, wenn bereits im Erkenntnisverfahren feststehe, dass die Beschäftigung unmöglich sei4. Allerdings ist auch hier zu beachten, dass die Weiterbeschäftigungspflicht gem. § 102 Abs. 5 BetrVG nicht weiter geht als die Beschäftigungspflicht im ungekündigten Arbeitsverhältnis. Von daher kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in derartigen Fällen unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeitsleistung freistellen. Prozessual kann der Arbeitgeber die Unmöglichkeit jedenfalls im Rahmen der Zwangsvollstreckung geltend machen5. Der Arbeitgeber muss die Tatsachen, die die Weiterbeschäftigung des Ar- 194 beitnehmers als wirtschaftlich unzumutbar erscheinen lassen, substantiiert vortragen. Der Grad der Substantiierungspflicht ist insofern nicht gegenüber dem Kündigungsschutzprozess gemindert. Darüber hinaus sind diese Tatsachen auch glaubhaft zu machen. dd) Offensichtliche Unbegründetheit des Widerspruchs Eine Entbindung vom Weiterbeschäftigungsanspruch kommt auch dann 195 in Betracht, wenn der Widerspruch des Betriebsrates gegen die Kündigung offensichtlich unbegründet ist (§ 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BetrVG). Dies ist dann der Fall, wenn sich die Grundlosigkeit des Widerspruchs bei unbefangener Beurteilung geradezu aufdrängt6. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der der Erhebung des Widerspruchs. Dabei kann der Arbeitgeber einerseits vortragen, dass die Tatsachen unzutreffend sind, von denen der Betriebsrat bei der Begründung seines Widerspruches ausgeht, wenn etwa Auswahlrichtlinien, auf die der Betriebsrat sich beruft, gar nicht existieren7. Andererseits kann sich das arbeitgeberseitige Vorbringen darauf beziehen, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß widersprochen hat, indem er etwa die Widerspruchsgründe nicht ausreichend 1 2 3 4 5 6 7

KR/Etzel, § 102 Rz. 227. Willemsen/Hohenstatt, DB 1995, 220 ff., so auch Rieble, BB 2003, 848. Rieble, BB 2003, 848. LAG Hamburg v. 10.5.1993 – 4 Sa 20/93. LAG Hamburg v. 10.5.1993 – 4 Sa 20/93. LAG Nürnberg v. 5.9.2006 – 6 Sa 458/06; KR/Etzel, § 102 Rz. 230. LAG Berlin v. 5.9.2003 – 13 Sa 1629/03; KR/Etzel, § 102 Rz. 231.

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I Rz. 196

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

konkretisiert hat oder die vorgebrachten Tatsachen nicht geeignet sind, das Vorliegen eines Widerspruchsgrundes auch nur als möglich erscheinen zu lassen, wie etwa die Rüge einer fehlerhaften Sozialauswahl bei einer verhaltensbedingten Kündigung1. Streitig ist, ob die Behauptung des Arbeitgebers, es handele sich bei dem gekündigten Arbeitnehmer um einen leitenden Angestellten, auf dessen Arbeitsverhältnis § 102 BetrVG gar keine Anwendung findet, im Entbindungsverfahren zu klären ist oder ausschließlich in dem vom Arbeitnehmer angestrengten Verfügungsverfahren2. Dieselbe Problematik stellt sich beim nicht fristgerechten Widerspruch (s. zu diesem Spannungsfeld I Rz. 181 f.). c) Verfügungsgrund 196

Der besonderen Darlegung eines Verfügungsgrundes für die Geltendmachung der Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht bedarf es nicht, da das Gesetz selbst die Eilbedürftigkeit voraussetzt, indem es den Arbeitgeber auf das Eilverfahren verweist3. Es können jedoch Umstände vorliegen, die zur Annahme der Verwirkung führen, wenn etwa der Arbeitnehmer längere Zeit zunächst weiterbeschäftigt wurde und der Arbeitgeber ohne Hinzutreten neuer Umstände den Entbindungsantrag stellt. Hierfür ist jedoch der Arbeitnehmer darlegungspflichtig. Er muss die entsprechenden Tatsachenbehauptungen auch glaubhaft machen. Eine Verzögerung der Antragstellung ist jedoch unschädlich, solange Vergleichsverhandlungen laufen4. d) Vollziehung

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Die Entbindungsverfügung hat unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung, so dass es einer Vollziehung nicht bedarf5. e) Rechtsfolgen

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Bei einer Stattgabe wird der Arbeitgeber mit Wirkung für die Zukunft von der Weiterbeschäftigungspflicht entbunden. Einer besonderen Vollziehung oder Zustellung im Parteibetrieb bedarf es nicht6. Die Entbindungswirkung tritt mit der Verkündung der Eilentscheidung ein und nicht erst mit deren Rechtskraft7. Die Folge der Aufhebung einer Entbindungsentscheidung durch das LAG ist lediglich die fehlende Durchsetz1 Vgl. KR/Etzel, § 102 Rz. 232. 2 Gegen eine Berücksichtigung im Entbindungsverfahren LAG Hess. v. 2.11.1984 – 13 Ta 309/84; a.A. LAG Hamm v. 31.1.1979 – 8 Sa 1578/78; KR/Etzel, § 102 Rz. 232. 3 Allgemeine Ansicht, s. nur Hess. LAG v. 15.2.2013 – 14 SaGa 1700/12 m.w.N.; LAG Nürnberg v. 5.9.2006 – 6 Sa 458/06. 4 Hess. LAG v. 10.5.2010 – 16 SaGa 341/10. 5 LAG Hamm v. 12.12.1986 – 16 Sa 1271/86; KR/Etzel, § 102 BetrVG Rz. 235a. 6 LAG Nürnberg v. 5.9.2006 – 6 Sa 458/06; KR/Etzel, § 102 BetrVG Rz. 235a. 7 KR/Etzel, § 102 BetrVG Rz. 223a.

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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 202 I

barkeit des Weiterbeschäftigungsanspruchs im Zwischenzeitraum. Ein Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO besteht nicht, da das Verfahren gem. § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG vom Gesetzgeber so ausgestaltet worden ist, dass es das Hauptsacheverfahren ersetzt1. Bis zur Entbindungsentscheidung entstandene Vergütungsansprüche wer- 199 den jedoch durch die Entscheidung nicht berührt2. Dies gilt natürlich auch für Ansprüche auf Annahmeverzugsentgelt bezüglich des folgenden Zeitraums für den Fall, dass die Kündigung rechtskräftig für unwirksam erklärt wird3. Bei einer Abweisung bleibt der Anspruch bestehen. Der Arbeitgeber kann 200 nach rechtskräftiger Abweisung des Antrages diesen jederzeit wiederholen. Dabei darf er den neuen Antrag jedoch nur auf Tatsachen stützen, die nach der abweisenden Entscheidung entstanden sind oder in dem früheren Verfahren nicht haben vorgebracht werden können. Die Abweisung der Kündigungsschutzklage in erster Instanz ist für sich genommen jedoch keine solche neue Tatsache, aufgrund deren der Arbeitgeber seinen Antrag wiederholen könnte4. Das liegt daran, dass der Arbeitgeber bereits vor seinem ersten Antrag auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht all die Tatsachen hat vortragen können, die letztlich zur Abweisung der Kündigungsschutzklage geführt haben. Allein der Umstand, dass das Gericht in der Hauptsache zu einem anderen Ergebnis gekommen ist als im Verfügungsverfahren, stellt aber keine neue Tatsache in diesem Sinne dar. Umgekehrt ist der Fall denkbar, dass der Arbeitgeber rechtskräftig von 201 der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung entbunden worden ist, der Arbeitnehmer dann aber im Kündigungsschutzprozess erster Instanz obsiegt. Grundsätzlich besteht dann ein allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch. Die Entbindungsentscheidung steht dem nicht notwendigerweise entgegen5. Zwar kann auch bei einer für den Arbeitnehmer günstigen Entscheidung erster Instanz das Nichtbeschäftigungsinteresse des Arbeitgebers ausnahmsweise überwiegen. Dies dürfte jedoch nur im Fall des § 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG der Fall sein, nicht in den anderen Fällen, die speziell auf den betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch zugeschnitten sind. Für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung besteht jedoch 202 kein Verfügungsgrund, da der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzverfahren den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch mittels eines uneigentlichen Hilfsantrages geltend machen kann6. Die Rechtskraft der 1 2 3 4 5 6

Richardi/Thüsing, § 102 Rz. 257; a.A. KR/Etzel, § 102 BetrVG Rz. 223a. BAG v. 7.3.1996 – 2 AZR 432/95. Richardi/Thüsing, § 102 Rz. 256. LAG Köln v. 19.5.1983 – 3 Sa 268/83. Fischer, FA 1999, 310, 313. LAG Köln v. 18.8.2000 – 12 Ta 189/00.

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I Rz. 203

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Entbindungsentscheidung steht einer solchen Tenorierung im Hauptsacheverfahren nicht entgegen. Der Arbeitgeber wird dadurch nur von dem betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch entbunden, der zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch ein Aliud darstellt, da er in den Tatbestandsvoraussetzungen wie in den Rechtsfolgen vollkommen unterschiedlich ist. f) Streitwert 203

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Der Streitwert ist in derselben Höhe festzusetzen wie der beim Eilverfahren auf Weiterbeschäftigung1 (s. I Rz. 144). Ein Abschlag wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung kommt auch deswegen nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber hier das Eilverfahren quasi als ein die Hauptsache ersetzendes Verfahren ausgestaltet hat. Wird der Weiterbeschäftigungsanspruch sowohl auf die Grundsätze des großen Senats als auch auf § 102 Abs. 5 BetrVG gestützt, ist der Streitwert jedenfalls dann einheitlich auf ein Monatsentgelt festzusetzen, wenn die Kündigungsfrist schon abgelaufen ist2. Macht der Arbeitgeber seinen Anspruch auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht als Widerantrag in dem vom Arbeitnehmer angestrengten Eilverfahren geltend, so findet eine Streitwertaddition statt. Dies ergibt sich daraus, dass es sich um unterschiedliche Streitgegenstände handelt und der Arbeitgeber die Voraussetzungen von § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG nicht im Wege der Einrede geltend machen kann. Prüfliste: Betriebsverfassungsrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch – Unterliegt das Arbeitsverhältnis dem KSchG? – Hat Arbeitgeber ordentlich gekündigt? – Besteht ein Betriebsrat und hat er der Kündigung fristgerecht und ordnungsgemäß widersprochen? – Ist die Kündigungsschutzklage rechtzeitig erhoben worden? – Wurde Weiterbeschäftigungsanspruch gem. § 102 Abs. 5 BetrVG geltend gemacht? – Verfügungsgrund regelmäßig gegeben. – Einwände des Arbeitgebers sind nur gegen das Bestehen des Anspruches möglich, Entbindungsgründe müssen gesondert geltend gemacht werden! Rechtsfolgen: Fortbestand des Arbeitsverhältnisses auflösend bedingt durch den rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens. Antrag auf Entbindung durch den Arbeitgeber kann in demselben Verfahren erfolgen, jedoch nicht mehr in 2. Instanz. Begründung nur mit den im Gesetz genannten Gründen, Darlegungs- und Beweislast liegt beim Arbeitgeber. Besonderer Verfügungsgrund ist nicht erforderlich. Die Wiederholung des Antrages mit neuen Tatsachen ist möglich. 1 LAG Hamburg v. 6.6.2012 – 4 Ta 12/12 – eine Monatsvergütung. 2 LAG Hamburg v. 6.6.2012 – 4 Ta 12/12.

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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 205 I

Muster 39 Einstweilige Verfgung auf Weiterbeschftigung gem. § 102 Abs. 5 BetrVG

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An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung des … – Antragsteller – Verfahrensbevollmchtigter: … gegen … GmbH … – Antragsgegnerin – Ich beantrage im Namen und im Auftrag des Antragstellers wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Verhandlung den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Antragsteller bis zum rechtskrftigen Abschluss des zwischen den Parteien zum Aktenzeichen … Ca …/… beim ArbG … anhngigen Kndigungsschutzverfahren als CNC-Programmierer nach Maßgabe des Arbeitsvertrages vom … weiterzubeschftigen. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller ist seit dem … bei der Antragsgegnerin als CNC-Programmierer zu einem monatlichen Bruttoentgelt von … Euro beschftigt. Das Arbeitsverhltnis unterliegt dem Kndigungsschutzgesetz, da der Antragsteller lnger als sechs Monate im Betrieb der Antragsgegnerin beschftigt ist und diese mehr als zehn Arbeitnehmer i.S.v. § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG beschftigt. Glaubhaftmachung: Vorlage des Arbeitsvertrages, als Anlage K1 in Ablichtung anbei. Das Arbeitsverhltnis wurde seitens der Antragsgegnerin ordentlich und unter Einhaltung der Kndigungsfrist mit Schreiben vom … zum … gekndigt. Glaubhaftmachung: Vorlage des Kndigungsschreibens, als Anlage K2 in Ablichtung anbei. Hiergegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom …, beim ArbG … eingegangen am …, Kndigungsschutzklage erhoben.

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I Rz. 205

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Glaubhaftmachung: Vorlage der Klageschrift, als Anlage K3 in Ablichtung anbei, sowie Beiziehung der Akten zum Aktenzeichen … Ca …/… des ArbG … Der Betriebsrat wurde mit Schreiben vom …, dort eingegangen am …, zu der beabsichtigten Kndigung angehçrt und hat ihr mit Schreiben vom …, bei der Antragsgegnerin eingegangen am …, widersprochen. Wegen der Widerspruchsgrnde wird auf das genannte Schreiben verwiesen. Glaubhaftmachung: Ablichtung der genannten Schreiben, als Anlage K3 und K4 in Ablichtung anbei. Daraufhin hat der Antragsteller mit Schreiben vom … seine Weiterbeschftigung unter Hinweis auf § 102 Abs. 5 BetrVG verlangt. Glaubhaftmachung: Vorlage des Schreibens, als Anlage K5 in Ablichtung anbei. Dieser Aufforderung ist die Antragsgegnerin nicht nachgekommen. Sie beschftigt den Antragsteller seit dem Ablauf der Kndigungsfrist am … nicht mehr. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers; als Anlage K6 anbei. (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) (Alternativ: Die Antragsgegnerin hat die Weiterbeschftigung mit Schreiben vom … abgelehnt. Glaubhaftmachung: Vorlage des Schreibens, als Anlage K… in Ablichtung anbei.) Ein Verfgungsanspruch ist gem. § 102 Abs. 5 BetrVG gegeben, da die dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen erfllt sind. (Gegebenenfalls Eingehen auf die Grnde, aus denen die Antragsgegnerin die Weiterbeschftigung verweigert.) Der Verfgungsgrund ergibt sich daraus, dass ein Hauptsacheverfahren schon aufgrund seiner Lnge nicht geeignet ist, dem Anspruch zur Durchsetzung zu verhelfen. Aus der ideellen Natur des Beschftigungsanspruches als Ausfluss des allgemeinen Persçnlichkeitsrechts ergibt sich, dass es keiner weiteren Begrndung fr den Verfgungsgrund bedarf (LAG Hamm v. 6.11.2007 – 14 SaGa 39/07; Hess. LAG v. 23.3.2004 – 15 SaGa 401/04; LAG Berlin-Brandenburg v. 25.3.2010 – 2 Ta 387/10; LAG Berlin v. 16.9.2004 – 10

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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 206 I

Sa 1763/04; LAG Sachs. v. 8.3.1996 – 3 Sa 77/96; LAG Mnchen v. 17.8.1994 – 5 Sa 679/94; ArbG Berlin v. 29.9.2006 – 28 Ga 16538/06; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil I Rz. 94; Schwab/ Weth/Walker, § 62 Rz. 149; HK-ArbR/Boemke, § 611 BGB Rz. 399; Natter/ Gross/Pfitzer, ArbGG, § 62 Rz. 66). Sollte das Gericht zum Verfgungsanspruch und/oder Verfgungsgrund weiteren Sachvortrag fr notwendig halten oder Bedenken an der Fassung des Antrages haben, wird um einen entsprechenden richterlichen Hinweis gem. § 139 ZPO gebeten. Inhaltlich ist der Anspruch auf die bisherige Beschftigung gerichtet. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Beschftigung in seiner bisherigen Ttigkeit am bisherigen Ort hat, wenn sich eine vom Arbeitgeber vorgenommene Versetzung als unwirksam erweist. Bei einer Versetzung handelt es sich um eine einheitliche Maßnahme, die nicht in den Entzug der bisherigen Ttigkeit und die Zuweisung einer neuen Ttigkeit aufgespalten werden kçnne. Dies gilt auch dann, wenn Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag nicht abschließend festgelegt sind, sondern dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen. Solange dieser nicht rechtswirksam von seinem Weisungsrecht erneut Gebrauch gemacht oder eine wirksame Freistellung von der Arbeit ausgesprochen habe, bleibt es bei der bisher zugewiesenen Arbeitsaufgabe am bisherigen Ort und der Arbeitnehmer hat einen dementsprechenden Beschftigungsanspruch (BAG v. 25.8.2010 – 10 AZR 275/09, Rz. 15; LAG Berlin-Brandenburg v. 4.2.2014 – 3 Sa 1725/14; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil I Rz. 50 ff.). Unterschrift

Muster 40 Erwiderungsschriftsatz des Arbeitgebers beim Antrag nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG An das ArbG Az.: … In Sachen XY zeige ich an, den Antragsgegner zu vertreten, und beantrage, den Antrag zurckzuweisen, hilfsweise, den Antragsgegner von der Verpflichtung zur Weiterbeschftigung zu entbinden. Darber hinaus beantrage ich vorsorglich, nicht ohne mndliche Verhandlung zu entscheiden.

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I Rz. 207

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Der Antrag ist unbegrndet. Der Widerspruch des Betriebsrates gegen die im Antrag genannte Kndigung ist nicht ordnungsgemß erhoben worden. Dies ergibt sich aus Folgendem: (Alternativ oder kumulativ: – Widerspruch wurde nicht fristgerecht eingelegt. – Arbeitsverhltnis ist nicht bestandsgeschtzt nach KSchG. – Es ist keine ordentliche, sondern eine außerordentlich Kndigung erfolgt. – Betriebsrat hat keinen der abschließenden Grnde des § 102 Abs. 5 BetrVG geltend gemacht. – Betriebsratsbeschluss ist nicht ordnungsgemß zustande gekommen. – Kndigungsschutzklage wurde nicht rechtzeitig erhoben. Jeweils substantiiert darlegen). Fr den Fall, dass das Gericht gleichwohl zu dem Ergebnis kommt, dass der Widerspruch ordnungsgemß eingelegt worden ist, muss jedenfalls dem hilfsweise gestellten Gegenantrag auf Entbindung von der Weiterbeschftigungspflicht entsprochen werden. Dieser ist zulssig, da es sich um eine innerprozessuale Bedingung handelt, deren Eintritt an eine Entscheidung des Gerichts gebunden ist. Er ist auch begrndet, weil … Unterschrift

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Muster 41 Schutzschrift bei erwartetem Antrag auf einstweilige Verfgung des Arbeitnehmers gem. § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG An das ArbG In Sachen des … – mçglicher Antragsteller – gegen die … GmbH … – mçgliche Antragsgegnerin – Verfahrensbevollmchtigter: … zeige ich an, die mçgliche Antragsgegnerin zu vertreten, und beantrage, den mçglichen Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Verfgung auf Weiterbeschftigung gem. § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG zurckzuweisen, hilfsweise nicht ohne mndliche Verhandlung zu entscheiden.

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Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschftigungsanspruch

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Rz. 207 I

Begrndung Der mçgliche Antragsteller war bei der mçglichen Antragsgegnerin bis zum … als … beschftigt. Diese hat das Arbeitsverhltnis ordentlich und unter Einhaltung der Kndigungsfrist zum … gekndigt. Zuvor war der Betriebsrat mit Schreiben vom …, beim Betriebsrat eingegangen am …, ber die beabsichtigte Kndigung informiert und zur Abgabe einer Stellungnahme gem. § 102 Abs. 2 BetrVG aufgefordert worden. Glaubhaftmachung: Vorlage des Anhçrungsschreibens, als Anlage B1 in Ablichtung anbei. Der Betriebsrat hat mit Schreiben vom …, bei der mçglichen Antragsgegnerin eingegangen am …, Widerspruch eingelegt. Glaubhaftmachung: Vorlage des Schreibens, als Anlage B2 in Ablichtung anbei. Daraufhin hat der mçgliche Antragsteller die mçgliche Antragsgegnerin aufgefordert, ihn gem. § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG weiterzubeschftigen, und fr den Fall der Nichterfllung seiner Forderung den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung angedroht. Glaubhaftmachung: Vorlage des Schreibens vom …, als Anlage B3 in Ablichtung anbei. Der geltend gemachte Weiterbeschftigungsanspruch besteht nicht, weil (Alternativ oder kumulativ: – Widerspruch wurde nicht fristgerecht eingelegt. – Arbeitsverhltnis ist nicht bestandsgeschtzt nach KSchG. – Es wurde nicht ordentlich, sondern außerordentlich gekndigt. – Betriebsrat hat keinen der abschließenden Grnde des § 102 Abs. 5 BetrVG geltend gemacht. – Betriebsratsbeschluss ist nicht ordnungsgemß zustande gekommen. – Kndigungsschutzklage wurde nicht rechtzeitig erhoben. Jeweils substantiiert darlegen.) Fr den Fall, dass das Gericht doch von einem ordnungsgemß erhobenen Widerspruch ausgeht, wird um einen entsprechenden richterlichen Hinweis gem. § 139 ZPO gebeten. Es wird dann ein Gegenantrag auf Entbindung von der Weiterbeschftigungspflicht gem. § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG gestellt werden. (Alternativ: Entbindungsantrag gemß nachfolgendem Muster anfgen, dabei Schriftsatz mit den Worten einleiten: „Schutzschrift und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung“.) Unterschrift

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I Rz. 208

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Muster 42 Antrag auf Entbindung von der Weiterbeschftigungspflicht An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung In Sachen der … GmbH … – Antragstellerin – Prozessbevollmchtigter: … gegen … – Antragsgegner – Prozessbevollmchtigter: beantrage ich im Namen und mit Auftrag der Antragstellerin, wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Verhandlung den Erlass nachstehender einstweiliger Verfgung: Die Antragstellerin wird von der Verpflichtung zur Weiterbeschftigung des Antragsgegners entbunden. Begrndung Der Antragsgegner ist seit dem … bei der Antragstellerin als CNC-Programmierer zu einem monatlichen Bruttoentgelt von … Euro beschftigt. Glaubhaftmachung: Vorlage des Arbeitsvertrages, als Anlage K1 in Ablichtung anbei. Das Arbeitsverhltnis wurde seitens der Antragstellerin ordentlich und unter Einhaltung der Kndigungsfrist mit Schreiben vom … zum … gekndigt. Glaubhaftmachung: Vorlage des Kndigungsschreibens, als Anlage K2 in Ablichtung anbei. (Substantiierte Darlegung der Kndigungsgrnde.) Hiergegen hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom …, beim ArbG … eingegangen am …, Kndigungsschutzklage erhoben. Glaubhaftmachung: Vorlage der Klageschrift, als Anlage K3 in Ablichtung anbei, sowie Beiziehung der Akten zum Aktenzeichen … des ArbG … Der Verfahrensbevollmchtigte des Antragsgegners hat die Antragstellerin unter Hinweis auf § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG aufgefordert, den Antragsgegner unverzglich weiterzubeschftigen.

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Reduzierung der Arbeitszeit durch einstweilige Verfgung

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Rz. 209 I

Ein betriebsverfassungsrechtlicher Weiterbeschftigungsanspruch besteht nicht. Zwar sind derzeit keine Grnde ersichtlich, aus denen heraus der Widerspruch des Betriebsrates nicht ordnungsgemß erscheint. Es liegen jedoch die folgenden Grnde vor, aus denen heraus die Antragstellerin von der Weiterbeschftigungspflicht zu entbinden ist: (Alternativ oder kumulativ: – Fehlende Erfolgsaussichten oder Mutwilligkeit der Kndigungsschutzklage [s. I Rz. 190]; – unzumutbare wirtschaftliche Belastung durch die Weiterbeschftigung [s. I Rz. 192]; – offensichtliche Unbegrndetheit des Widerspruchs [s. I Rz. 195 ff.] Jeweils substantiiert nach Maßgabe der Erluterungen in den angegebenen Randnummern darlegen.) Eines besonderen Verfgungsgrundes bedarf es nicht, da § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG ausdrcklich die einstweilige Verfgung als einziges Mittel der Rechtsverteidigung des Arbeitgebers bei Vorliegen der Entbindungsgrnde nennt. Unterschrift

Anmerkung: Das ArbG ist auch dann zuständig, wenn der Kündigungs- 209 schutzrechtsstreit bereits beim LAG anhängig ist1.

IX. Reduzierung der Arbeitszeit durch einstweilige Verfügung Literatur: Berger-Delhey, „Eile mit Weile“ – Zur Durchsetzung des Teilzeitanspruchs, ZTR 2002, 371; Böhm, Richtige Antragsstellung bei Pflegezeit, ArbRB 2011, 320; Feldhoff, Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung – Zum Verhältnis der rechtlichen Grundlagen der §§ 8 TzBfG, 15 BErzGG und 15b BAT/11 TVöD im Kontext der aktuellen Rechtsprechung des BAG, ZTR 2006, 58; Gotthardt, Teilzeitanspruch und einstweiliger Rechtsschutz, NZA 2001, 1183; Kohte/Schulze-Doll, Voraussetzung der Durchsetzung eines Teilzeitbegehrens im Rahmen einer einstweiligen Verfügung, jurisPR-ArbR 46/2009, Rz. 5; Paschke, Zeitsouveränität durch Anpassung der Arbeitszeitlage an die persönlichen Bedürfnisse, AuR 2012, 11; Schunder, Materielle und prozessuale Fallstricke des Teilzeitanspruchs, FS Buchner 2009, 839; Tiedemann, Die gerichtliche Durchsetzung des Teilzeitanspruchs nach § 8 TzBfG mittels Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, ArbRB 2006, 284; Wenckebach, Teilzeitarbeit: Vorwärts immer, rückwärts nimmer, AuR 2013, 189; Zwanziger, Anspruch auf Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz, JbArbR 41, 103 (2004).

1 LAG Baden-Württemberg v. 18.3.1988 – 2 SHa 1/88.

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I Rz. 210

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

1. Verfügungsanspruch a) Sachliche Voraussetzungen 210

Die Grundvoraussetzungen des Anspruchs auf Reduzierung der Arbeitszeit sind folgende (§ 8 TzBfG): – Das Arbeitsverhältnis muss länger als sechs Monate bestanden haben; der Arbeitnehmer kann die Verringerung der Arbeitszeit grundsätzlich auch dann verlangen, wenn er schon teilzeitbeschäftigt ist1. – Der Arbeitgeber muss in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigten. Auszubildende werden dabei nicht mitgerechnet. Teilzeitbeschäftigte zählen jedoch, anders als beim Kündigungsschutzgesetz, voll mit. – Der Arbeitnehmer muss seinen Wunsch nach Verringerung der Arbeitszeit und die gewünschte Verteilung der Arbeit mindestens drei Monate vorher geltend machen. Dabei reicht die mündliche Geltendmachung. Erfolgt diese nicht rechtzeitig, so verschiebt sich der Beginn der Teilzeitarbeit nach hinten. – Es dürfen keine betrieblichen Gründe der Arbeitszeitverringerung entgegenstehen. In diesem Fall kann der Arbeitgeber die Zustimmung zur Teilzeitarbeit verweigern. Dabei ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der Arbeitgeber die Ablehnung erklärt2. Es handelt sich jedoch um eine Prognoseentscheidung. Wegen der Ankündigungsfrist von drei Monaten muss der Arbeitgeber nicht entscheiden, ob die betrieblichen Gründe heute dagegen stehen, sondern ob sie in drei Monaten zu erwarten sind. Ähnlich wie bei betriebsbedingten Kündigungen müssen bei der Ablehnung greifbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Arbeitszeitreduzierung zum gewünschten Zeitpunkt betriebliche Belange entgegenstehen werden. Neben dem Anspruch nach § 8 TzBfG kommt auch eine Reduzierung der Arbeitszeit während der Elternzeit (§ 15 BEEG) als Anspruchsgrundlage in Betracht.

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Der Gesetzgeber hat nicht definiert, welches Gewicht die betrieblichen Gründe haben müssen. In der bisherigen Rechtsprechung wurden folgende Verweigerungsgründe anerkannt: – Das Interesse des Arbeitgebers, die Kinder einer Kindergartengruppe durchgehend nur von einer Angestellten betreuen zu lassen. Die Arbeitnehmerin war im Geltungsbereich des BAT als Erzieherin mit einem Teilzeitvertrag beschäftigt. Sie begehrte eine weitere Reduzierung der Arbeitszeit. Das BAG lehnte dies ab, da der Arbeitgeber ein pädagogisches Konzept vorgelegt habe, das ein bestimmtes Arbeitszeitmodell zur Folge habe. Dieses begründe „dringende betriebliche Belange“ 1 BAG v. 13.11.2012 – 9 AZR 259/11. 2 BAG v. 18.2.2003 – 9 AZR 356/02.

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Reduzierung der Arbeitszeit durch einstweilige Verfgung

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Rz. 211 I

i.S.v. § 15b BAT und erst recht die in § 8 Abs. 4 TzBfG genannten betrieblichen Gründe1. – Das Kindesinteresse an einer täglichen kontinuierlichen Betreuung durch dasselbe Personal in einem heilpädagogischen Kindergarten. Hier wurden der Leiterin mit Erfolg betriebliche Ablehnungsgründe entgegengehalten2. – Ein Gesamtkonzept des Arbeitgebers, in dem er nachvollziehbar darlegt, warum entweder insgesamt oder in bestimmten Bereichen keine Teilzeitkräfte beschäftigt werden können. Betriebliche Gründe liegen in diesem Zusammenhang vor, wenn das Teilzeitverlangen nicht in Übereinstimmung mit Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers gebracht werden kann und das betriebliche Organisationskonzept sowie die zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung wesentlich beeinträchtigt3. Dieses Konzept können die Gerichte für Arbeitssachen nicht auf seine Zweckmäßigkeit überprüfen, denn damit würden sie in den Kernbereich der unternehmerischen Organisationskompetenz eingreifen. Sofern das Konzept von plausiblen wirtschaftlichen bzw. unternehmenspolitischen Gründen getragen ist, muss es grundsätzlich der Entscheidungsfindung zugrunde gelegt werden. So kann das Organisationskonzept des Arbeitgebers zur Aufrechterhaltung der ganztägigen Erreichbarkeit für die Kunden darin bestehen, dass neben der Abdeckung des Grundbedarfs durch die Vollzeitkräfte ein variabler Personaleinsatz der Teilzeitkräfte erfolgt, um die Schwankungen im Anrufverhalten der Kunden zu berücksichtigen. Dies kann dem Wunsch des Arbeitnehmers entgegenstehen, nur vormittags beschäftigt zu werden4. Das Konzept darf jedoch nicht offenkundig willkürlich sein5. Die Gerichte können aber überprüfen, ob das Konzept auch tatsächlich die konkret begehrte Teilzeitbeschäftigung ausschließt. Sie können ebenfalls überprüfen, ob der Arbeitgeber das Konzept auch vollständig umsetzt. Wenn er sich in Teilbereichen seiner eigenen Organisationsentscheidung zuwider verhält, kann er diese nicht dem Teilzeitbegehren entgegenhalten. Je näher das Konzept an die Entscheidung, keine Teilzeitbeschäftigung zuzulassen, heranrückt, desto höher sind die Anforderungen an die Darlegungen des Arbeitgebers6. – Die Verpflichtung einer Leiharbeitsfirma, bei einem Kunden nur Arbeitnehmer mit einer bestimmten Mindeststundenzahl einzusetzen, steht dem Teilzeitbegehren nicht zwingend entgegen. Der Arbeitgeber muss jedenfalls die Möglichkeit eines Ringtausches von Arbeitnehmern prüfen7. 1 2 3 4 5 6 7

BAG v. 18.3.2003 – 9 AZR 126/02. BAG v. 19.8.2003 – 9 AZR 542/02. BAG v. 30.9.2003 – 9 AZR 665/02. LAG Rh.-Pf. v. 11.10.2012 – 10 Sa 302/12. LAG Köln v. 9.4.2003 – 3 Sa 975/02. LAG Köln v. 3.2.2006 – 11 (13) Sa 1246/05. BAG v. 13.11.2012 – 9 AZR 259/11.

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I Rz. 211

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

– Die Notwendigkeit eines kontinuierlichen Einsatzes desselben Arbeitnehmers über mehrere Tage. Ist etwa bei einer Revision einer komplizierten technischen Anlage ein Bauteil zunächst zu zerlegen und später wieder zusammenzusetzen, so liegt es zweifellos im Rahmen einer zweckmäßigen und sachgerechten Arbeitsorganisation, dass ein und derselbe Arbeitnehmer diese Tätigkeit ganzheitlich erledigt, weil etwa das Zusammensetzen zerlegter Bauteile ohne Kenntnis des früheren Zustandes Fehlermöglichkeiten in sich birgt oder zu Verzögerungen führt1. – Die Notwendigkeit intensiver bzw. häufiger Übergabegespräche2. Entsprechendes gilt für Team- oder Gruppenarbeit. Die Übergabegespräche müssen aber einen für den Arbeitgeber unzumutbaren Umfang haben. Allein der Umstand, dass sie stattfinden müssen, reicht nicht aus, weil dies ein vielfach mit der Teilzeitarbeit einhergehendes Phänomen ist3. Man wird hier aber immer zu beachten haben, dass der Arbeitgeber stets mit einer krankheits- oder urlaubsbedingten Abwesenheit des Arbeitnehmers rechnen muss. Allein der pauschal vorgetragene Wunsch nach einer intensiven Kundenbetreuung reicht daher nicht aus. Vielmehr muss der Arbeitgeber darlegen, warum der Arbeitnehmer bei Krankheit oder Urlaub ersetzbar ist, aber Gründe bestehen, die der Teilzeit entgegenstehen. Dabei kann es darauf ankommen, dass eine vorübergehende Überbrückung möglich ist, nicht aber der dauernde Wechsel des Mitarbeiters, der den jeweiligen Kunden betreut. – Betriebsvereinbarungen über die Lage der Arbeitszeit können den Arbeitgeber zur Verweigerung berechtigen, wenn der Arbeitszeitwunsch dagegen verstoßen würde4. Dies gilt sowohl bezüglich des Umfangs als auch bezüglich der Verteilung der Arbeitszeit. Zumeist wird es jedoch ein Problem der Verteilung der Arbeitszeit sein. Eine Ausnahme gilt allerdings, wenn im Einzelfall die Interessen anderer Mitarbeiter weder durch Arbeitsverdichtung noch durch Mehrarbeit oder andere Auswirkungen berührt werden5. – Der Arbeitgeber kann weiter einwenden, dass er auf dem Arbeitsmarkt keinen adäquaten Ersatzarbeitnehmer findet. Hierbei muss er aber genau vortragen, mit welcher Qualifikation der Arbeitnehmer gesucht wird und ob nicht auch ein Arbeitnehmer ohne die spezielle Ausbildung des zu ersetzenden Arbeitnehmers ausreicht6. – Der Arbeitnehmer kann weder verlangen, dass zum Ausgleich seiner verminderten Arbeitszeit eine Vollzeitkraft neu eingestellt und gleich1 2 3 4 5 6

LAG Hamm v. 6.5.2002 – 8 Sa 641/02. LAG Köln v. 4.12.2001 – 9 Sa 726/01. ArbG Mönchengladbach v. 30.5.2001 – 5 Ca 1157/01. BAG v. 18.2.2003 – 9 AZR 164/02; LAG Berlin v. 18.1.2002 – 19 Sa 1928/01. BAG v. 16.3.2004 – 9 AZR 323/03. BAG v. 14.10.2003 – 9 AZR 12/03.

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Reduzierung der Arbeitszeit durch einstweilige Verfgung

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Rz. 211 I

zeitig die Überstunden anderer Arbeitnehmer abgesenkt werden. Er kann auch nicht verlangen, dass die fehlende Zeit durch die vermehrte Leistung von Überstunden anderer Arbeitnehmer kompensiert wird1. – Teilzeitbegehren anderer Mitarbeiter: Dabei lässt sich jedoch keine starre Regelung aufstellen, dass der Arbeitgeber ab einer bestimmten Anzahl von Teilzeitwünschen zur Ablehnung befugt wäre. Insbesondere kann nicht die 5 %-Grenze für die Altersteilzeit (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 AltersteilzeitG) analog herangezogen werden. Zu einem betrieblichen Interesse an der Ablehnung kann es kommen, wenn andere Arbeitnehmer in demselben Tätigkeitsbereich ihre Arbeitszeit ähnlich reduzieren wollen und es durch die Lage der Arbeitszeit dann zu Besetzungslücken käme. Gegenüber welchem Mitarbeiter er dies tut, muss er nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) entscheiden2. Dabei kommt es u.a. auf die Motive für die gewünschte Lage der Arbeitszeit an. Äußern sich die Arbeitnehmer nicht zu ihren Motiven für die gewünschte Arbeitszeitverkürzung, kann der Arbeitgeber andere Kriterien wie z.B. die Dauer der Betriebszugehörigkeit heranziehen. Er muss aber keine Sozialauswahl im strengen Sinne durchführen. Sind keine konkreten Anhaltspunkte für die Vorzugswürdigkeit eines bestimmten Arbeitnehmers vorhanden, ist er in seiner Entscheidung frei. – Kostenbelastung: Diese muss unverhältnismäßig hoch sein, um einen Ablehnungsgrund abzugeben. Das ist dann der Fall, wenn die wirtschaftlichen Auswirkungen für den Arbeitgeber nicht mehr tragbar sind3. Dies können z.B. lange Einarbeitungszeiten der neu einzustellenden Mitarbeiter sein oder die Kosten für die Einrichtung des zweiten Arbeitsplatzes. Hierbei kann es sich sowohl um die Kosten für technische Apparaturen am Arbeitsplatz selber handeln als auch z.B. um Kraftfahrzeuge. Ebenso kommen übermäßig hohe Lohnkosten für Ersatzarbeitnehmer in Betracht. Dazu kann es kommen, wenn die fehlenden Arbeitsstunden durch Überstunden anderer Arbeitnehmer ausgeglichen werden müssen, für die wiederum hohe Zuschläge zu zahlen sind. Ähnliches kann sich im Bereich der Schichtarbeit ergeben. – Sicherheit im Betrieb: Der Arbeitgeber kann auch dann die Verringerung der Arbeitszeit ablehnen, wenn dies die Sicherheit im Betrieb wesentlich gefährden würde. Hier muss es gerade die Reduzierung der Arbeitszeit sein, die zu der Sicherheitsgefährdung führt, indem z.B. Unfallverhütungsvorschriften nicht mehr eingehalten werden können. Der Anwendungsbereich dieser Fallgestaltung dürfte aber nicht allzu groß sein. Am ehesten dürfte sich die Vorschrift in den Fällen auswirken, in denen z.B. eine Fachkraft für die Arbeitssicherheit seine Arbeitszeit reduzieren möchte und geeignete Kräfte zur Schließung der Lücke nicht zu finden sind. 1 BAG v. 9.12.2003 – 9 AZR 16/03. 2 Vgl. ArbG Stuttgart v. 23.11.2001 – 26 Ca 1324/01. 3 LAG Düsseldorf v. 19.4.2002 – 9 [12] Sa 11/02.

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I Rz. 211

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

– Schwellenwerte: Das Überschreiten von Schwellenwerten kann eine Rolle spielen bei der Größe des Betriebsrats, der Anzahl freizustellender Betriebsratsmitglieder oder der Frage, ob dem Betriebsrat größere Beteiligungsrechte zustehen. Nach Ansicht des Verfassers kann dies keinen Ablehnungsgrund darstellen. Diese Konsequenzen ergeben sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz und sind damit nur eine mittelbare Folge der Arbeitszeitreduzierung. Es sind aber nur solche Kosten zu berücksichtigen, die ihre direkte Ursache in der Arbeitszeitreduzierung haben. – Die „normalen“ Belastungen des Arbeitgebers, die typischerweise mit einer Verringerung der Arbeitszeit einhergehen, wie z.B. die größere Belastung des Personalbüros, sind hingegen nicht ausreichend. Ebenso wenig ist die Entscheidung einer Bank anzuerkennen, im Interesse der Kundennähe auf allen Arbeitsplätzen mit Kundenkontakt den Teilzeitbegehren nicht mehr stattzugeben1. – Die Tarifvertragsparteien können auch festlegen, welche Ablehnungsgründe in Betracht kommen. Diese Ablehnungsgründe können zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber auch dann vereinbart werden, wenn sie nicht tarifgebunden sind, aber grundsätzlich im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags liegen. Die Tarifpartner dürfen jedoch nur die gesetzlichen Regelungen konkretisieren und nicht zu Lasten der Arbeitnehmer davon abweichen. Eine Betriebsvereinbarung über diese Fragen ist nicht zulässig2. – § 8 TzBfG begründet nicht nur für die Verringerung der Arbeitszeit, sondern auch für ihre Verteilung bis zu den Grenzen des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) einen Anspruch auf Vertragsänderung. Der Arbeitnehmer kann deshalb nicht nur eine proportionale Verkürzung der Arbeitszeit an fünf Tagen von Montag bis Freitag verlangen. Er hat auch einen Anspruch darauf, in der Viertagewoche statt in der Fünftagewoche zu arbeiten. Aus dem Gesetz lässt aber kein Anspruch darauf herleiten, die durch die Verringerung der Arbeitszeit auf die Hälfte verbleibende Arbeitszeit in der Weise zu verteilen, dass im Wechsel ein Monat gearbeitet wird und ein Monat arbeitsfrei ist. Das LAG Köln hat aber eine Verteilung dahin für möglich gehalten, dass in einzelnen Monaten eine Freistellung erfolgt3. Zu den Besonderheiten im Luftverkehr gibt es aber eine differenzierende Entscheidung des Hessischen LAG4. Es kann aber rechtsmissbräuchlich sein, wenn er lediglich eine geringfügige Verkürzung der Arbeitszeit verlangt und es ihm lediglich um eine Veränderung der Verteilung der Arbeitszeit geht. Hierfür müssen aber besondere Umstände vorliegen5.

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LAG Köln v. 3.2.2006 – 11 (13) Sa 1246/05. Hess. LAG v. 25.3.2013 – 17 Sa 976/12. LAG Köln v. 10.10.2012 – 5 Sa 445/12. Hess. LAG v. 17.12.2012 – 17 Sa 613/12. BAG v. 11.6.2013 – 9 AZR 786/11.

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Reduzierung der Arbeitszeit durch einstweilige Verfgung

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Rz. 215 I

b) Prozedere Der Gesetzgeber hat ein bestimmtes Verfahren vorgeschrieben, das die 212 Arbeitsvertragsparteien einhalten müssen, wenn sie ihre Rechte wahren wollen. Der Arbeitnehmer muss drei Monate vor Beginn der Teilzeitarbeit sein 213 Begehren an den Arbeitgeber herantragen; dabei muss die Schriftform nicht gewahrt werden; ein zu kurzfristig gestelltes Begehren ist so auszulegen, dass der Arbeitnehmer die Arbeitszeit zum nächst zulässigen Termin reduzieren möchte1. Der Antrag ist ein Angebot auf eine Änderung des bestehenden Arbeitsvertrages. Er muss daher so formuliert sein, dass er vom Arbeitgeber durch ein schlichtes „Ja“ angenommen werden kann, d.h. der Inhalt des Angebots muss so bestimmt sein, dass keine Unklarheiten über den Inhalt des dann geänderten Vertrags bestehen2. Nur ein so formulierter Antrag ist geeignet, bei einem Schweigen des Arbeitgebers dessen Zustimmung zu fingieren. Der Arbeitgeber muss dieses Begehren mit dem Arbeitnehmer erörtern, 214 und zwar mit dem Ziel, eine Einigung über die Reduzierung der Arbeitszeit zu erreichen. Die Erörterung muss sich auch auf die Verteilung der Arbeitszeit beziehen. Einklagbar ist diese Verpflichtung jedoch nicht. Im Sinne einer guten Zusammenarbeit und die Aufrechterhaltung der Motivation des Arbeitnehmers wird aber ohnehin jeder verständige Arbeitgeber diese Erörterung vornehmen, so dass die Vorschrift eher einen Appellcharakter hat, zumal der Gesetzgeber keine Konsequenzen für den Fall vorgesehen hat, dass die Erörterung nicht stattfindet. Das BAG hat es auch abgelehnt, derartige Folgen ohne gesetzliche Grundlage zu entwickeln. Insbesondere gilt die Zustimmung nicht etwa als erteilt, wenn der Arbeitgeber den Wunsch ohne jede Verhandlung zurückweist3. Der Arbeitgeber verliert dadurch auch nicht etwa sämtliche Ablehnungsgründe. Der Arbeitgeber kann dabei der Verkürzung zustimmen und dann die Verteilung der Arbeitszeit vornehmen. Dies kann der Arbeitnehmer vermeiden, indem er den Wunsch nach Teilzeitarbeit ausdrücklich an die Bedingung knüpft, dass auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit erreicht wird. Hier kann der Arbeitgeber das Begehren nur insgesamt annehmen oder ablehnen4. Spätestens einen Monat vor dem beabsichtigten Beginn der Teilzeitbe- 215 schäftigung muss der Arbeitgeber seine Entscheidung schriftlich mitteilen, ansonsten gilt seine Zustimmung gem. § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG als erteilt.

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BAG v. 20.7.2004 – 9 AZR 626/03. BAG v. 15.11.2011 – 9 AZR 729/07. BAG v. 18.2.2003 – 9 AZR 356/02. BAG v. 18.2.2003 – 9 AZR 356/02.

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I Rz. 216

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

2. Verfügungsgrund 216

Grundsätzlich ist auch dieser Anspruch einer Regelung durch eine einstweilige Verfügung zugänglich1. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass es sich bei der Zustimmung des Arbeitgebers zur Verringerung der Arbeitszeit um eine Willenserklärung handelt2. Wie auch bei der Urlaubserteilung kann gleichwohl eine vorläufige Regelung getroffen werden, in deren Rahmen jedoch die Willenserklärung nicht ersetzt werden kann. Vielmehr ist der Antrag darauf zu richten, den Arbeitnehmer bis zu einer Entscheidung in der gleichzeitig oder zumindest zeitnah rechtshängig zu machenden Hauptsache nur mit einer reduzierten Arbeitszeit zu beschäftigen3. Dabei sind strenge Anforderungen an den Verfügungsgrund zu stellen. Dem Arbeitnehmer müssten bei Abwarten des Hauptsacheverfahrens wesentliche Nachteile entstehen. Nennt der Arbeitnehmer die notwendige Kinderbetreuung als Verfügungsgrund, muss er darlegen, dass er alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um die Betreuung sicherzustellen4. Auch muss der Anspruch auf Arbeitszeitreduzierung offensichtlich gegeben und entgegenstehende betriebliche Gründe erkennbar nicht vorhanden sein5. Allein der Umstand, dass dabei die Hauptsache für einen bestimmten Zeitraum vorweggenommen wird, steht dem Erlass der Verfügung nicht entgegen6. Es ist aber zu beachten, dass der Verfügungsgrund sich nicht auf den vollen Umfang der begehrten Arbeitszeitreduzierung und die vom Arbeitnehmer intendierte Verteilung der Arbeitszeit beziehen muss. Es kann durchaus sein, dass ein Teil der Arbeitszeitverringerung etwa zur Kinderbetreuung absolut notwendig, ein anderer hingegen nur wünschenswert ist. Die Eilentscheidung ist dann auf den notwendigen Teil zu beschränken. Auch der Teilzeitanspruch gem. § 15 BEEG kann durch einstweilige Verfügung gesichert werden. Maßgeblich ist der zu erwartende Ausgang des Hauptsacheverfahrens. Je wahrscheinlicher der Verfügungskläger in der

1 LAG Berlin-Brandenburg v. 14.3.2012 – 15 SaGa 2286/11; a.A. Berger-Delhey, ZTR 2002, 371. 2 So die rechtliche Kategorisierung des BAG v. 8.5.2007 – 9 AZR 1112/09. 3 ArbG Nürnberg v. 28.11.2003 – 14 Ga 114/03; zur Lage bei der Pflegezeit s. Böhm, ArbRB 2011, 320, Streitwert dort zwei Monatsentgelte, LAG Baden-Württemberg v. 14.9.2010 – 5 Ta 180/10. 4 LAG Hamburg v. 4.9.2006 – 4 Sa 41/06; LAG Köln v. 23.12.2005 – 9 Ta 937/05 („dringend und unumgänglich“); LAG Rh.-Pf. v. 12.4.2002 – 3 Sa 161/02; a.A. LAG Berlin v. 20.2.2002 – 4 Sa 2243/01 – „nicht nur in Notfällen“ und LAG Hamm v. 6.5.2002 – 8 Sa 641/02 – „Arbeitgeber kann nicht auf Fremdbetreuung durch eine Kindertagesstätte o.Ä. verwiesen werden, ähnlich LAG Nürnberg v. 21.9.2005 – 4 Sa 710/05; differenzierend Schwab/Weth/Walker, § 62 Rz. 159; s. weiter ArbG Dessau-Roßlau v. 15.4.2009 – 1 Ga 1/09 und die ausführliche Problemdarstellung bei Kothe/Schulze-Doll, jursPR-ArbR 46/2009, Rz. 5. 5 ArbG Bonn v. 10.4.2002 – 4 Ga 23/02. 6 ArbG Hamburg v. 13.9.2012 – 5 Ga 6/12; s. weiter Schunder, FS Buchner, 838, 846.

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Urlaubsanspruch

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Rz. 218 I

Hauptsache obsiegen wird, desto eher gehen seine Interessen denen des Arbeitgebers vor1. 3. Streitwert Nach Ansicht des LAG Berlin richtet sich der Streitwert nach den 217 Grundsätzen für die Änderungskündigung2, das LAG Schleswig-Holstein setzt den dreifachen Jahresbetrag der Entgeltreduzierung, begrenzt auf die Höchstgrenzen des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG an3.

X. Urlaubsanspruch Literatur: Corts, Einstweilige Verfügung auf Urlaubsgewährung, NZA 1998, 357; Fischer, Rechtswidrig verweigerte Urlaubsgewährung durch den Arbeitgeber – Handlungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers, FA 2003, 241; Marek, Aktuelle Probleme der Antragstellung beim Urlaubs- und Weiterbeschäftigungsanspruch, AA 2012, 83; Sasse, Kündigung wegen Selbstbeurlaubung, ArbRB 203, 342; Schulte, Urlaub durch einstweiligen Rechtsschutz, aber wie?, ArbRB 2005, 125.

1. Verfügungsanspruch Arbeitnehmer haben gem. § 1 BUrlG in jedem Kalenderjahr einen An- 218 spruch auf die Gewährung bezahlten Erholungsurlaubes4. Einzelvertragliche oder tarifvertragliche Bestimmungen erweitern diesen Anspruch häufig. Bei der zeitlichen Festlegung des Erholungsurlaubs ist zu beachten, dass grundsätzlich die Belange des Arbeitnehmers den Vorrang genießen, jedoch dem Arbeitgeber ein Leistungsverweigerungsrecht bezogen auf den konkreten Zeitraum zustehen kann, wenn betriebliche Gründe hierfür vorliegen5. Der Arbeitgeber muss mit der Festlegung des Urlaubs seine entsprechende Nebenleistungspflicht erfüllen6. Ein Recht des Arbeitnehmers zur Selbstbeurlaubung besteht grundsätzlich nicht, und zwar auch dann nicht, wenn das Urlaubsjahr demnächst abläuft, das Ende des Übertragungszeitraumes von drei Monaten bevorsteht oder das Arbeitsverhältnis gekündigt und nur noch die Dauer der Kündigungsfrist für eine Urlaubsgewährung verfügbar ist7. Dies wird vom BAG insbesondere mit dem bestehenden Rechtsschutzsystem begründet, das es dem Arbeitnehmer ermöglicht, erforderlichenfalls auch eine einstweilige Ver1 2 3 4

LAG Berlin-Brandenburg v. 12.12.2007 – 23 SaGa 2264/07. LAG Berlin v. 4.11.2001 – 7 Ta 6121/01 (Kost). LAG Schl.-Holst. v. 13.11.2001 – 3 Ta 161/01. Zu den Einzelheiten des Urlaubsanspruches s. die instruktiven Darstellung von HWK/Schinz, § 1 BUrlG Rz. 1 ff. 5 HWK/Schinz, § 7 BUrlG Rz. 20. 6 Vgl. BAG v. 18.12.1986 – 8 AZR 502/84. 7 BAG v. 16.3.2000 – 2 AZR 75/99; s. zur Entwicklung der Rechtsprechung Fischer, FA 2003, 241.

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I Rz. 219

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

fügung zu erwirken1. Ein Herausgabeanspruch bezüglich eines Mobiltelefons begründet kein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Urlaubsgewährung2. 2. Verfügungsgrund 219

Ein Streit über die Länge des noch verbleibenden Urlaubsanspruches ist im Hauptsacheverfahren zu klären, da es hier regelmäßig an einem Verfügungsgrund fehlt3. An den Verfügungsgrund sind strenge Anforderungen zu stellen4. So ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unzulässig, mit dem festgestellt werden soll, dass ein vom Arbeitgeber bestimmter Zeitraum nicht als Urlaub behandelt werden darf5. Weiter muss der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung einen bestimmten Termin für die Urlaubsgewährung bezeichnen, hinsichtlich dessen auch ein Verfügungsgrund gegeben sein muss. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Antrag, dem Antragsteller eine bestimmte Anzahl von Tagen als Urlaub zu gewähren, ist demzufolge nicht zulässig. Auch rechtfertigt das drohende Erlöschen des Urlaubsanspruches wegen des Ablaufs des Kalenderjahres bzw. der Übertragungsfrist per se keinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, da der Arbeitgeber bei unberechtigter Urlaubsverweigerung in Annahmeverzug gerät und dem Arbeitnehmer deswegen gem. § 280 Abs. 1, § 284 Abs. 1 und § 287 Satz 1 BGB ein Schadensersatzanspruch entsteht, der durch Naturalrestitution, d.h. also durch bezahlte Freistellung, zu erfüllen ist6. Es kann auch auf Feststellung geklagt werden, dass dem Arbeitnehmer aus einem bestimmten Kalenderjahr noch eine bestimmte Anzahl von Urlaubstagen zustehen7.

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Ein Verfügungsgrund ist dann gegeben, wenn der Urlaubswunsch des Arbeitnehmers so kurzfristig entsteht, dass die Durchführung des Hauptsacheverfahrens nicht mehr möglich ist8. Ist jedoch eine Reise bereits seit längerem geplant und hat der Arbeitnehmer seinen Urlaubsantrag so spät gestellt, dass nun ein Hauptsacheverfahren nicht mehr möglich ist, so hat er die Eilbedürftigkeit selbst verschuldet und kann sich nicht hierauf

1 S. zum Verfügungsverfahren LAG Hamm v. 9.6.2004 – 18 Sa 981/04 und v. 26.5.2005 – 18 Sa 964/04. 2 ArbG Limburg v. 24.10.2011 – 1 Ga 12/11. 3 S. hierzu LAG Berlin-Brandenburg v. 30.9.2011 – 6 Sa 1629/11, wonach der Arbeitnehmer nicht gehalten ist, Urlaub für einen bestimmten Zeitraum einzuklagen, sondern sich auf einen Feststellungsantrag beschränken kann. 4 LAG Rh.-Pf. v. 5.4.2007 – 9 SaGa 8/08. 5 LAG Rh.-Pf. v. 18.11.1996 – 9 Sa 725/96. 6 BAG v. 7.11.1985 – 6 AZR 169/94. 7 LAG Berlin-Brandenburg v. 30.9.2011 – 6 Sa 1629/11; a.A. noch BAG v. 17.11.1983 – 6 AZR 419/80, LAG Berlin-Brandenburg v. 21.7.2011 – 14 Sa 258/11. 8 Vgl. noch etwas großzügiger Hessisches LAG v. 7.5.2013 – 19 SaGa 461/13.

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Urlaubsanspruch

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Rz. 225 I

als Verfügungsgrund beziehen1. Eine Verneinung des Verfügungsgrundes mit diesem Argument setzt aber voraus, dass die Chance bestanden hat, zumindest eine erstinstanzliche Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu erhalten2. Eine einstweilige Verfügung kommt auch in Betracht bei tariflich oder einzelvertraglich für besondere familiäre Anlässe vorgesehenen Sonderbeurlaubungen (Umzug, Eheschließung, Taufe etc.), deren Zeitpunkt häufig erst kurzfristig bestimmt wird. Der Verfügungsgrund wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Ar- 221 beitnehmer es unterlassen hat, den Betriebsrat aufzufordern, sich entsprechend § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG für seine Urlaubswünsche einzusetzen3. Da ein Gerichtsverfahren häufig geeignet ist, das Arbeitsverhältnis nach- 222 haltig zu belasten, erscheint es sinnvoll, mit dem Arbeitnehmer zunächst Chancen und Möglichkeiten einer Einbeziehung des Betriebsrats zu erörtern und diese so weit wie möglich zu nutzen. Die vorstehend dargestellten Grundsätze des einstweiligen Rechtsschut- 223 zes zur Durchsetzung von Urlaubsansprüchen gelten entsprechend bei der Gewährung von Bildungsurlaub nach den Bildungsurlaubsgesetzen der Länder4. Ein Verfügungsgrund scheidet jedoch auch hier aus, wenn der Antragsteller die Eilbedürftigkeit durch Zuwarten selbst herbeigeführt hat5. Der Arbeitnehmer kann vor Beginn des Freistellungsblocks der Alters- 224 teilzeit eine einstweilige Verfügung auf Urlaubsgewährung beantragen, da er sonst noch nicht einmal einen Urlaubsabgeltungsanspruch erwirbt6. Hat der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gekündigt, bedarf der Arbeit- 225 nehmer vor der Tenorierung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs keiner einstweiligen Verfügung, um einen Urlaub anzutreten. Wenn die Arbeitskraft nicht angenommen wird, scheidet eine Urlaubsgewährung auf der Basis der Arbeitgeberauffassung, das Arbeitsverhältnis sei beendet, von vornherein aus. Gleiches gilt für einen tenorierten allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch. Auch hierdurch wird das Arbeitsverhältnis 1 Schäfer, Rz. 101. 2 LAG Hess. v. 22.10.1998 – 15 Ta 577/98; vgl. weiter LAG Hamm v. 12.6.2001 – 11 Sa 776/01, das keinen genauen hypothetischen Verlauf eines Hauptsacheverfahrens aufzeigt. 3 Fischer, FA 2003, 241, 242; a.A. wohl GMP/Germelmann, § 62 Rz. 102. 4 LAG Hess. v. 22.10.1998 – 15 Ta 577/98; LAG Hamm v. 25.9.1995 – 15 Sa 1731/95; LAG Hess. v. 29.9.1995 – 15 SaGa 1558/95; LAG Düsseldorf v. 16.6.1995 – 11 Sa 657/95. 5 LAG Hess. v. 29.9.1995 – 15 SaGa 1558/95; vgl. allgemein zum Anspruch auf Gewährung von Bildungsurlaub Böhm, ArbRB 2008, 341 ff. und 373 ff. 6 ArbG Stuttgart v. 12.4.2005 – 5 Ga 42/05 unter Hinweis auf BAG v. 15.3.2005 – 9 AZR 143/04.

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

nicht verlängert, sondern der Arbeitnehmer erhält lediglich die Möglichkeit, seine Weiterbeschäftigung tatsächlich durchzusetzen. Anders ist es beim betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch und bei dem Prozessrechtsarbeitsverhältnis, denn hier besteht jeweils ein Arbeitsvertrag mit einer Arbeitspflicht, von der sich der Arbeitnehmer nicht einseitig befreien kann. 226

Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, eine gegen § 8 BUrlG verstoßende Erwerbstätigkeit des Arbeitnehmers während des Erholungsurlaubs durch einstweilige Verfügung zu verhindern1. 3. Antrag/Tenor

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Herkömmlich hat der Antrag im Verfügungsverfahren das Ziel, den Arbeitgeber zu verurteilen, dem Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum Urlaub zu gewähren. Dabei wird die entsprechende Handlung des Arbeitgebers als Willenserklärung kategorisiert2, deren Vollstreckung in der Fiktionswirkung des § 894 Abs. 1 ZPO liegt. Problematisch ist dabei, dass diese Fiktion der Abgabe der Willenserklärung durch das Urteil erst mit seiner Rechtskraft eintritt. Selbst wenn man die Rechtskraft im Verfügungsverfahren ausreichen lässt, dürfte diese in der Regel nicht vor dem Urlaubsantritt eintreten, da der Arbeitgeber gegen eine ohne mündliche Verhandlung ergangene einstweilige Verfügung zeitlich unbefristet Widerspruch und gegen ein entsprechendes Urteil binnen der Berufungsfrist von einem Monat Berufung einlegen könnte. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Urlaubsgewährung mittels einer einstweiligen Verfügung eine Befriedigungswirkung entfaltet. Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist jedoch im Verfügungsverfahren so weit wie möglich zu vermeiden. Sie ist nur zulässig, wenn effektiver Rechtsschutz nicht auf andere Weise gewährt werden kann. Aus beiden Gründen erscheint eine einstweilige Verfügung auf Abgabe einer Willenserklärung als sehr problematisch3. Als Auswege aus dieser Situation empfiehlt Corts4, das Begehren nicht auf die Gewährung von Urlaub, sondern auf die Gestattung des Fernbleibens von der Arbeit zu richten. Damit würde eine Erfüllung des Urlaubsanspruchs und somit eine Vorwegnahme der Hauptsache vermieden und erreicht, dass der Arbeitnehmer seine an sich fortbestehende Arbeitspflicht nicht verletze. Auch bedürfte es keiner Vollstreckungs-

1 HWK/Schinz, § 8 BUrlG Rz. 16; ErfK/Gallner, § 8 BUrlG Rz. 4. 2 BAG v. 12.10.1961 – 5 AZR 294/60; zur bejahten Zulässigkeit der Klage auf Gewährung einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen s. BAG v. 18.3.2014 – 9 AZR 669/12; im Verfügungsverfahren muss aber ein bestimmter Urlaubszeitraum angegeben werden. 3 GMP/Germelmann, § 62 Rz. 101. 4 Corts, NZA 1998, 357; dem folgend Reinhard/Kliemt, NZA 2005, 545, 550, Scholz in Ostrowicz/Künzl/Scholz, S. 590 f. und LAG Berlin-Brandenburg v. 5.9.2007 – 23 SaGa 1749/97; a.A. LAG Berlin-Brandenburg v. 3.6.2009 – 10 SaGa 1/09.

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Urlaubsanspruch

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Rz. 227 I

akte, da zumindest die formlose Übergabe einer schriftlichen Ausfertigung als Vollziehung der gerichtlichen Gestattung ausreiche. Über den Vergütungsanspruch könne dann im Hauptsacheverfahren entschieden werden. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Die Meinung, wonach ausnahmsweise eine einstweilige Verfügung auf Abgabe einer Willenserklärung zulässig sei, deren Fiktionswirkung schon mit ihrem Erlass eintrete1 löst das Problem nicht, denn auch die Rechtskraft der Eilentscheidung dürfte in der Regel nicht vor Beginn des Urlaubes eintreten. Auch zur Vermeidung der Vorwegnahme der Hauptsache und damit der Entwertung des Hauptsacheverfahrens ist der Vorschlag nicht geeignet. Die Entscheidung des BAG vom 16.3.20002 steht dem entgegen der Auffassung von Fischer3 nicht entgegen, da sich das BAG nicht mit den Einzelheiten des Verfügungsverfahrens, für das es nicht zuständig ist, auseinander gesetzt hat. Im Übrigen ist zwar die möglicherweise eintretende Notwendigkeit zweier Gerichtsverfahren misslich. Dies gilt aber nicht nur für den Arbeitnehmer, sondern auch für den Arbeitgeber, der wohl nicht ohne einen für ihn dringenden Grund die Urlaubsvergütung verweigern wird, nachdem schon eine einstweilige Verfügung ergangen ist. Dies gilt umso mehr, als dass Fischer die Gefahr sieht, der Arbeitnehmer könne das gerichtlich erlaubte Fernbleiben von der Arbeit als eine Art unbezahlten Sonderurlaub auffassen und keine Klage auf Zahlung der Urlaubsvergütung erheben, sondern nun den noch nicht durch Erfüllung untergegangenen Anspruch auf Gewährung von Erholungsurlaub durchsetzen. In der Praxis dürfte der Streit daher auch durch eine Verfügung mit dem genannten Inhalt endgültig erledigt sein. Eine solche Tenorierung ist auch zulässig, wenn der Antragsteller beantragt, den Arbeitgeber zu verurteilen, ihm für einen bestimmten Zeitraum „Urlaub zu gewähren“. Der Gesetzgeber wollte in § 938 ZPO offenkundig im Verfügungsverfahren eine gewisse Lockerung der Bindung an den Antrag erreichen und nicht nur die Möglichkeit, auf einen konkreten Antrag zu verzichten. Hier ist m.E. der Auffassung zu folgen, die Maßnahmen zulässt, die in die gleiche Richtung wie die vom Antragsteller beantragte gehen, ohne ihr inhaltlich vollkommen zu entsprechen. Daher ist das Gericht befugt, in den o.g. Fällen eine Gestattungsverfügung zu erlassen, die es dem Arbeitnehmer erlaubt, in dem begehrten Zeitraum der Arbeit fernzubleiben, ohne dass weitere Festlegungen getroffen würden4. Hat der Arbeitnehmer den Urlaub aufgrund der einstweiligen Verfügung genommen und legt der Arbeitgeber erst dann Widerspruch ein, kann der Arbeitnehmer das Eilverfahren für erledigt erklären.

1 Schwab/Weth/Walker, § 62 Rz. 187 m.w.N. für das Parallelproblem beim Teilzeitverlangen. 2 BAG v. 16.3.2000 – 2 AZR 75/99. 3 Fischer, AuR 2003, 241, 243; im Ergebnis – Zulässigkeit der Verfügung auf Gewährung von Urlaub – auch LAG Rh.-Pf. v. 7.3.2002 – 7 Ta 226/02. 4 A.A. Corts, NZA 1998, 357.

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I Rz. 228

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

4. Rechtsschutz bei Widerruf der Urlaubsgewährung 228

Problematisch ist der Rechtsschutz des Arbeitnehmers bei einem einseitigen Widerruf des einmal vom Arbeitgeber gewährten Urlaubs. Ein solcher Widerruf ist nicht zulässig, und zwar auch dann nicht, wenn der Arbeitgeber feststellt, dass dringende betriebliche Gründe ihn berechtigen würden, den Urlaub nun zu verweigern1. Auch eine vertragliche Vereinbarung, mit der sich der Arbeitnehmer verpflichtet, einen Erholungsurlaub bei betrieblichen Erfordernissen auf Anforderung abzubrechen ist unwirksam2. Allenfalls kommt eine Wiederherstellung der Arbeitspflicht nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht3, was die unabdingbare Anwesenheit eines bestimmten Arbeitnehmers für einen bestimmten Zeitraum voraussetzt4. Es ist streitig, ob der Arbeitnehmer in dieser Konstellation einstweiligen Rechtsschutz erlangen kann. Corts5 lehnt dies mit der Begründung ab, dass der Urlaub wirksam gewährt und nicht wirksam widerrufen worden sei und dass eine einstweilige Verfügung auf die Erstellung eines vorläufigen Rechtsgutachtens hinausliefe6. Walker7 hält in dieser Situation eine einstweilige Verfügung für möglich. Schinz vertritt eine andere Auffassung, meint aber, dass es zur Vermeidung „nachfolgender Bestandsstreitigkeiten“ sinnvoll sei, in den Entscheidungsgründen die urlaubsrechtlichen Grundsätze kurz darzustellen8. Das ArbG Ulm9 nimmt einen Wegfall der Geschäftsgrundlage an, der jedoch nicht automatisch zur Wiederherstellung der Arbeitspflicht führe. Vielmehr bedürfe es einer einvernehmlichen Regelung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Stimme der Arbeitnehmer dem Verlangen nicht zu, müsse der Arbeitgeber dies durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzen lassen.

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Nach der juristischen Dogmatik stellt sich die Auffassung von Corts als überzeugend dar, jedoch erscheint es auch nicht unbedenklich, es dem Arbeitnehmer in dieser Situation zuzumuten, ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung zunächst riskieren zu müssen (die durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit hoher Wahrscheinlichkeit vermieden werden könnten), um hiernach dagegen vorzugehen. Die Verpflichtung der

1 BAG v. 20.6.2000 – 9 AZR 405/99, das ausdrücklich offen lässt, ob dies auch für „echte“ Notfälle gilt; LAG Hamm v. 11.12.2002 – 18 Sa 1475/02; HWK/Schinz, § 7 BUrlG Rz. 43; ArbG Ulm v. 24.6.2004 – 1 Ca 118/03. 2 BAG v. 20.6.2000 – 9 AZR 405/99; HWK/Schinz, § 7 BurlG Rz. 44. 3 ArbG Ulm v. 24.6.2004 – 1 Ca 118/03. 4 HWK/Schinz, § 7 BurlG Rz. 43. 5 Corts, NZA 1998, 357; dem folgend Reinhard/Kliemt, NZA 2005, 545, 550. 6 Ebenso HWK/Schinz, § 7 BurlG Rz. 68, „gutachterlich feststellende Verfügung“. 7 Walker, Rz. 671. 8 HWK/Schinz, § 7 BurlG Rz. 68; so auch LAG Berlin-Brandenburg v. 29.9.2010 – 14 SaGa 1990/10. 9 ArbG Ulm v. 24.6.2004 – 1 Ca 118/03.

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Urlaubsanspruch

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Rz. 231 I

Gerichte zur Gewährung effizienten Rechtsschutzes gebietet es daher, auch in dieser Situation eine einstweilige Verfügung auf Gestattung des Fernbleibens von der Arbeit zuzulassen, zumal gerade keine aktuell unstreitig gültige Urlaubsgewährung vorliegt. 5. Streitwert Der Streitwert ist auf die Höhe der Vergütung festzusetzen, die der Ar- 230 beitnehmer für den begehrten Urlaubszeitraum zu beanspruchen hat. Ein Abschlag wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung kommt angesichts der Befriedungswirkung nicht in Betracht. Das LAG Köln vertritt die Auffassung, dass nur 2/3 des Verdienstes angesetzt werden können, wenn der Antrag lediglich auf die Gestattung des Fernbleibens von der Arbeit gerichtet ist und sich der Antragsbegründung nicht entnehmen lässt, dass damit zugleich die diesbezüglichen Entgeltansprüche geklärt werden sollen1. Muster 43 Einstweilige Verfgung auf Duldung des Fernbleibens von der Arbeit An das ArbG In Sachen des … – Antragsteller – Prozessbevollmchtigter: … gegen … GmbH … – Antragsgegnerin – beantrage ich im Namen und mit Auftrag des Antragstellers, wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Verhandlung den Erlass nachstehender einstweiliger Verfgung: Dem Antragsteller wird gestattet, in der Zeit vom … bis … der Arbeit fernzubleiben.

1 LAG Köln v. 6.8.2007 – 11 Ta 210/07; LAG Rh.-Pf. v. 22.4.2009 – 1 Ta 74/09, halbes Bruttomonatsentgelt; für die Bewertung auf Bewilligung einer Freischicht s. LAG Köln v. 24.4.2007 – 4 Ta 86/07, nichtvermögensrechtliche Streitigkeit, halber Hilfswert.

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I Rz. 231

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Begrndung Der Antragsteller ist seit dem … bei der Antragsgegnerin beschftigt. Fr das laufende Kalenderjahr stehen ihm noch … Tage Erholungsurlaub zu. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Antragsteller hat das Arbeitsverhltnis zum … gekndigt. Es besteht somit nur noch einen Monat. Am … hat er die Gewhrung von Erholungsurlaub fr die im Antrag genannte Zeit gestellt. Diesen hat die Antragsgegnerin abgelehnt und dem Antragsteller ohne nhere Begrndung angeboten, ihm den zustehenden Resturlaub abzugelten. Glaubhaftmachung: Schreiben der Antragsgegnerin vom … Somit hat die Antragsgegnerin keine betrieblichen Grnde, die der Urlaubsgewhrung in diesem Zeitraum entgegenstehen. Wird der Urlaub nicht gewhrt, so entsteht lediglich ein Urlaubsabgeltungsanspruch, auf den sich der Antragsteller jedoch wegen des grundstzlichen Vorranges der Naturalgewhrung von Erholungsurlaub nicht verweisen lassen muss. Wegen des drohenden Zeitablaufs besteht auch ein Verfgungsgrund. Der vorliegende Antrag auf eine Gestattungsverfgung ist auch zulssig, da durch eine solche sowohl die Vorwegnahme der Hauptsache als auch Vollstreckungsprobleme vermieden werden. Die Urlaubsgewhrung des Arbeitgebers wird nmlich als Willenserklrung kategorisiert (BAG, AP BGB § 611 Nr. 83 Urlaubsrecht), deren Vollstreckung in der Fiktionswirkung des § 894 Abs. 1 ZPO liegt. Die Fiktion der Abgabe der Willenserklrung durch das Urteil tritt jedoch erst mit seiner Rechtskraft ein. Selbst wenn man die Rechtskraft im Verfgungsverfahren ausreichen lsst, drfte diese in der Regel nicht vor dem Urlaubsantritt eintreten, da der Arbeitgeber gegen eine ohne mndliche Verhandlung ergangene einstweilige Verfgung zeitlich unbefristet Widerspruch und gegen ein entsprechendes Urteil binnen der Berufungsfrist von einem Monat Berufung einlegen kçnnte. Darber hinaus ist zu beachten, dass die Urlaubsgewhrung mittels einer einstweiligen Verfgung eine Befriedigungswirkung entfaltet. Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist jedoch im Verfgungsverfahren so weit wie mçglich zu vermeiden. Sie ist nur zulssig, wenn effektiver Rechtsschutz nicht auf andere Weise gewhrt werden kann. Mit der Gestattung des Fernbleibens der Arbeit wird eine Erfllung des Urlaubsanspruchs und somit eine Vorwegnahme der Hauptsache vermieden und erreicht, dass der Arbeitnehmer seine an sich fortbestehende Arbeitspflicht nicht verletzt. Auch bedarf es keiner Vollstreckungsakte, da zumindest die formlose bergabe einer schriftlichen Ausfertigung als Vollziehung der gerichtlichen Gestattung ausreicht. ber den Vergtungsanspruch ist dann erforderlichenfalls im Hauptsacheverfahren zu entscheiden (Corts, NZA 1998, 357). (ggf. weitere Mittel der Glaubhaftmachung) Unterschrift

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Entgeltzahlung

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Rz. 233 I

XI. Entgeltzahlung Literatur: Keßler, Die auf Vergütungszahlung gerichtete einstweilige Verfügung, AuA 1996, 419; Korinth, Durchsetzung v. Vergütungsforderungen bei noch laufendem Kündigungsrechtsstreit, ArbRB 2004, 94; Reich, Die einstweilige Verfügung auf Lohnund Gehaltszahlung während des Rechtsstreits über den Bestand des Arbeitsverhältnisses, DB 1996, Beilage 10; Vossen, Die auf Zahlung der Arbeitsvergütung gerichtete einstweilige Verfügung, RdA 1991, 216.

1. Grundsatz – Verhältnis zum Arrest Zur vorläufigen Sicherung des Vergütungsanspruches steht dem Arbeit- 232 nehmer grundsätzlich nur der Arrest zur Verfügung, da es sich um einen reinen Geldanspruch handelt1. Mit dem Arrest erreicht der Arbeitnehmer jedoch nur die Sicherung seines Anspruches und keine vorläufige Befriedigung. Dies kann nur mittels einer Leistungsverfügung geschehen. Zur Behebung einer existentiellen Notlage kann der Arbeitnehmer daher auch eine einstweilige Verfügung beantragen, die auf die Zahlung von Arbeitsentgelt gerichtet ist. Dabei kann er jedoch regelmäßig nur einen Teil der Vergütung fordern. Hier kann es zu einem Nebeneinander von Arrest und einstweiliger Verfügung kommen. Hinsichtlich eines Teils der gesamten Entgeltforderung können die Voraussetzungen für den Erlass einer Befriedigungsverfügung vorliegen. Gleichzeitig kann aber eine Gefährdung der Gesamtforderung vorliegen, etwa wenn der Arbeitgeber Betriebs- und Privatvermögen ins Ausland verlagert (§ 917 Abs. 2 ZPO). Somit würde hinsichtlich des Gesamtanspruches ein Arrestbefehl beantragt werden können und hinsichtlich eines Teilanspruches ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Befriedigungsverfügung. Diese Formen einstweiligen Rechtsschutzes können auch in einem Verfahren beantragt werden2. Weiter ist auch die hilfsweise Staffelung von Anträgen auf Befriedigungswirkung und Arrest möglich. Wenn es dem Antragsteller in erster Linie auf eine Befriedigungsverfügung ankommt, er aber gleichzeitig die Voraussetzungen eines Arrestes glaubhaft macht, kann er hinsichtlich der gesamten Forderung einen Arrestbefehl beantragen und hinsichtlich einer Teilforderung eine einstweilige Verfügung auf Zahlung. Der Arrestantrag kann allerdings nur insoweit Erfolg haben, wie er über den Zahlungsantrag hinausgeht, denn bezogen auf eine Forderung können Arrest und einstweilige Verfügung nicht kumulativ ergehen. 2. Verhältnis zur Hauptsacheklage Das Verfügungsverfahren kann nur eine vorläufige und meist teilweise 233 Befriedigung bieten. Zur vollständigen Realisierung der Forderungen ist 1 Heinze, RdA 1986, 281. 2 Walker, S. 115, Rz. 159; vgl. LAG Sachsen-Anhalt v. 12.4.2010 – 6 SaGa 7/09 – wegen der Befriedigungswirkung der einstweiligen Verfügung hohe Anforderungen an Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund.

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I Rz. 234

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

es daher aus Arbeitnehmersicht sachgerecht, zugleich mit dem Verfügungsantrag Klage in der Hauptsache über den vollen ausstehenden Betrag zu erheben. Dies bereitet den Verfahrensbevollmächtigten nicht viel Mehraufwand, denn die Begründung des Verfügungsantrages enthält bereits als Teilmenge die Darlegung des Anspruchs. 234

Wenn das Gericht, wie meistens, nicht ohne mündliche Verhandlung über den Verfügungsantrag entscheiden möchte, empfiehlt sich die Anregung, die Güteverhandlung in dem zeitgleich eingeleiteten Hauptsacheverfahren zur gleichen Terminstunde anzusetzen, um möglicherweise ein Versäumnis- oder Anerkenntnisurteil über die gesamte Forderung zu erwirken. 3. Verfügungsanspruch a) Anspruch nach erfolgter Arbeitsleistung

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Der Arrest- und Verfügungsanspruch beruht bei einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis regelmäßig auf § 611 BGB. Der Arbeitnehmer muss also darlegen und glaubhaft machen, dass ein Arbeitsverhältnis besteht, aufgrund dessen der Arbeitgeber zur Zahlung der arbeitsvertraglichen Vergütung verpflichtet ist. Entsprechendes gilt für ein zugesagtes Ruhegeld1. Im fortbestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer auch darlegen, dass er die vertraglich geschuldeten Dienste erbracht hat, um den Anspruch aus § 611 BGB schlüssig darzulegen. Ein solcher Sachvortrag ist deswegen erforderlich, weil der Arbeitnehmer gem. § 614 BGB grundsätzlich vorleistungspflichtig ist und der Vergütungsanspruch erst nach der Bewirkung der Arbeitsleistung fällig ist. Einen etwa vertraglich vereinbarten Ausnahmetatbestand hat der Arbeitnehmer vorzutragen und glaubhaft zu machen. Das Bestehen des Entgeltanspruchs kann auch durch eine Lohnabrechnung verbunden mit einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht werden2. b) Annahmeverzug

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Hat der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung nicht erbracht, so kommt unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges ein Anspruch aus § 615 BGB in Betracht. Ein solcher kann während des ungekündigten Arbeitsverhältnisses entstehen, wenn der Arbeitgeber die ihm obliegenden Mitwirkungshandlungen (Zurverfügungstellung eines funktionsfähigen Arbeitsplatzes und Zuweisung von Arbeit) unterlässt. Auch die Zahlung von Vergütung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz fällt hierunter. Problematisch kann die Darlegung des Verfügungsanspruches bei einem gekündigten Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist sein, wenn über die Wirksamkeit der Kündigung noch nicht befunden worden ist. 1 Schäfer, Rz. 136. 2 LAG Köln v. 9.7.2007 – 5 Ta 188/07.

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Entgeltzahlung

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Rz. 237a I

Hier ist der Arbeitnehmer gehalten, darzulegen und glaubhaft zu machen, dass die Kündigung nicht nur mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ist1, sondern offenkundig unwirksam. Auch die Voraussetzungen des Annahmeverzugs müssen dargestellt werden, wobei es in der Regel ausreicht, Kündigungsschutzklage zu erheben2. Bestehen Zweifel an der Arbeitsfähigkeit, hat der Arbeitnehmer auch deren Bestehen zu beweisen3. Als Anspruchsgrundlage kommt auch § 615 BGB i.V.m. § 102 Abs. 5 BetrVG in Betracht, wenn der Betriebsrat der ordentlichen Kündigung ordnungsgemäß widersprochen hat (zu den einzelnen Voraussetzungen s.o. I Rz. 162 ff.). In diesem Fall wird das Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes bis zum Eintritt der auflösenden Bedingung der rechtskräftigen Abweisung der Kündigungsschutzklage fortgesetzt, so dass hieraus auch Vergütungsansprüche resultieren können4. Hat der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzverfahren erster Instanz einen allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch gegen den Arbeitgeber erstritten und weigert sich dieser, ihn zu erfüllen, so kommt mangels eines weiterbestehenden Arbeitsverhältnisses kein Annahmeverzugsanspruch i.S.v. § 615 BGB in Betracht, nach einer Literaturauffassung wohl aber Schadensersatzansprüche5. c) Sonstiges Auch das Betriebsratsmitglied kann mittels einstweiliger Verfügung den 237 Notunterhalt begehren, wenn es notwendige Betriebsratstätigkeit geleistet hat, deren Vergütung vom Arbeitgeber verweigert wird. Dabei muss zu Art und Umfang der Betriebsratstätigkeit eingehend vorgetragen und der Sachvortrag glaubhaft gemacht werden6. Es kann auch den Notbedarf im Eilverfahren geltend machen, wenn der Arbeitgeber die Entgeltzahlung nach der erstinstanzlich erfolgten, aber noch nicht rechtskräftigen Zustimmung zur Kündigung eingestellt hat, da dies eine Behinderung der Betriebsratstätigkeit darstellt. Allerdings muss auch in diesem Fall die Bedarfslage dargelegt und glaubhaft gemacht werden7. Gemäß § 11 Abs. 2 BUrlG ist das Urlaubsentgelt vor Antritt des Urlaubs 237a auszuzahlen. Hiervon kann nur durch Tarifvertrag zu Lasten des Arbeitnehmers abgewichen werden8. Gleichwohl wird diese Vorschrift in der betrieblichen Praxis meist missachtet. Eine einstweilige Verfügung auf

1 2 3 4 5 6 7 8

So LAG Köln v. 26.6.2002 – 8 Ta 221/02. LAG Köln v. 26.6.2002 – 8 Ta 221/02. LAG Hess. v. 9.7.1995 – 13 Ta 242/95. S. KR/Etzel, § 102 Rz. 215 f. m. ausführlicher Darlegung der rechtsdogmatischen Grundlagen. ErfK/Preis, § 615 Rz. 10. ArbG Frankfurt v. 16.1.2001 – 5 Ga 2/01. Hess. LAG v. 3.5.2007 – 7 TaBVGa 72/07, dort aber Zurückweisung, weil keine wirtschaftliche Notlage des Betriebsrats-Mitgliedes vorlag. ErfK/Gallner, § 11 BUrlG Rz. 27.

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I Rz. 238

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Zahlung dürfte aber nur in Ausnahmefällen nach den Grundsätzen des Notunterhaltes möglich sein. 238

Es kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn ein Arbeitnehmer, nachdem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtskräftig festgestellt worden ist, ständig neue Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in fotokopierter Form stellt, mit dem der frühere Arbeitgeber zur Entgeltzahlung verpflichtet werden soll. Wenn ein solcher Antrag einmal zurückgewiesen worden ist, braucht das Gericht die Wiederholungen nur noch zu den Akten zu nehmen und nicht mehr zu bearbeiten1. d) Aufrechnung des Arbeitgebers

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Nach Ausspruch einer Kündigung erklärt der Arbeitgeber bisweilen die Aufrechnung mit vermeintlichen Gegenforderungen, die aus einer etwa erfolgten Überzahlung oder aus Schadensersatzansprüchen resultieren können. Hat der Arbeitgeber diese Gegenforderungen im Verfügungsverfahren geltend gemacht, so muss der Arbeitnehmer dem so substantiiert entgegentreten wie die Ansprüche begründet worden sind. Die Rechtsverteidigung kann hierbei darin bestehen, dass er das Bestehen des Gegenanspruches bestreitet oder die Nichteinhaltung der Pfändungsfreigrenzen rügt. Bei Einhaltung der Pfändungsfreigrenzen kommt eine einstweilige Verfügung auf Entgeltzahlung jedoch regelmäßig nicht in Betracht, da der Arbeitnehmer so viel von seiner Vergütung ausbezahlt erhält, wie der Gesetzgeber zur Bestreitung seines unabweisbaren Lebensunterhaltes für erforderlich gehalten hat. Lediglich in Ausnahmefällen kann der Arbeitnehmer darlegen, dass er gleichwohl existentiell auf die Zahlung eines noch darüber hinausgehenden Betrages angewiesen ist, etwa bei hohen Abzahlungsverpflichtungen aus dem Bau eines Eigenheims2.

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Der Arbeitnehmer ist zunächst nur verpflichtet, die Entstehungsvoraussetzungen für seinen Vergütungsanspruch darzulegen und glaubhaft zu machen3. Da über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Entgeltzahlung regelmäßig nicht ohne mündliche Verhandlung entschieden werden wird, ist es jedoch im Sinne der Prozessförderung sachdienlich, bereits vom Arbeitgeber geltend gemachte Gegenansprüche in der Antragsbegründung aufzugreifen und ihnen entgegenzutreten. e) Höhe des Verfügungsanspruchs

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Der Arbeitgeber kann im Verfügungsverfahren nur zur Zahlung einer Nettosumme verpflichtet werden, da dem Arbeitnehmer allein diese und 1 LAG Hess. v. 29.10.1992 – 9 Ta 390/92, n.v. 2 Schäfer, Rz. 141. 3 S. LAG Köln v. 28.2.2014 – 4 Ta 28/14, keine Besonderheiten gegenüber dem Hauptsacheverfahren, jedenfalls nicht bei mündlicher Verhandlung.

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Entgeltzahlung

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Rz. 245 I

nicht Steuern und Sozialabgaben zufließen1. Über die Zahlung eines Bruttobetrages kann im Hauptsacheverfahren entschieden werden. Besteht über die Höhe des Arbeitsentgeltes Streit, kommt dem Arbeitnehmer eine Beweiserleichterung auch im Eilverfahren zugute, wenn der Arbeitgeber entgegen § 2 NachwG keinen schriftlichen Nachweis hierüber ausgehändigt hat. Es kann dann von der Richtigkeit des Arbeitnehmervortrages auszugehen sein2. Es besteht Einigkeit darüber, dass die Verurteilung im Eilverfahren regel- 242 mäßig nicht die volle Höhe der Vergütung umfasst. Ausnahmen hiervon sind denkbar, aber vom Arbeitnehmer substantiiert darzulegen. Streitig ist in der Literatur, welcher Satz ausreichend ist, um eine existentielle Notlage zu beseitigen. Häufig wird auf den pfändungsfreien Betrag abgestellt3, bisweilen eine konkrete Bedarfsberechnung gefordert4. Meines Erachtens ist wegen der Lohnersatzfunktion in der Regel die Höhe des Arbeitslosengeldes maßgeblich, während die Höhe des pfändungsfreien Betrages auch von einer Anreizfunktion für den Arbeitnehmer bestimmt ist5. Mittels einstweiliger Verfügung können regelmäßig nur Ansprüche durch- 243 gesetzt werden, deren Fälligkeit unmittelbar vor Antragstellung eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht. Sonstige rückständige Vergütung kann in aller Regel mittels einstweiliger Verfügung nicht durchgesetzt werden, da der Arbeitnehmer die durch den Zahlungsverzug des Arbeitgebers entstandene Notlage überbrückt und seinen Lebensbedarf anderweitig gedeckt hat6. Eine Verpflichtung zur Zahlung rückständigen Arbeitsentgeltes kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der Arbeitnehmer substantiiert darlegt und glaubhaft macht, dass auch das rückständige Arbeitsentgelt zur Behebung der Notlage erforderlich ist. Letztlich kann die Höhe des Betrags, der zur Behebung der Notlage erforderlich ist, nicht immer generell abstrakt festgestellt werden, sondern es können nur Regelfälle gebildet werden. Der Einzelfall kann jeweils eine andere Beurteilung nötig machen. Ob eine Notsituation vorliegt, ist nach den Verhältnissen zu beurteilen, 244 die zum Zeitpunkt der Antragstellung herrschten. Die Dauer des Verfügungsverfahrens kann nicht zu Lasten des Antragstellers gehen. Bei der Titulierung rückständiger Ansprüche ist auch zu beachten, dass 245 diese möglicherweise unstreitig oder die Einwendungen des Arbeitgebers 1 Reinhard/Kliemt, NZA 2005, 545, 552. 2 LAG Köln v. 18.1.2010 – 5 SaGa 23/09. 3 LAG Bremen v. 5.12.1997 – 4 Sa 258/97; GMP/Germelmann, § 62 Rz. 104; Scholz in Ostrowicz/Künzl/Scholz, S. 602. 4 Reinhard/Kliemt, NZA 2005, 545, 552. 5 Schwab/Weth/Walker, § 62 Rz. 132, hält grundsätzlich die konkrete Berechnung für vorzugswürdig, aber auch die hier vertretene Auffassung für möglich. 6 Vgl. Vossen, RdA 1991, 223 m.w.N.; Schäfer, Rz. 144.

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I Rz. 246

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

substanzlos sind, während der künftige Anspruch im Streite steht oder die diesbezügliche Rechtslage kompliziert ist. In einer solchen Situation ist auch die Befriedigung rückständiger Ansprüche geeignet, die Notlage zu beseitigen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer die Eilbedürftigkeit widerlegt, wenn eine vorherige Leistungsklage möglich gewesen wäre. Daher kann die Beurteilung nur für einen relativ kurzen Zeitraum von ein bis zwei Monaten erfolgen. 246

Die Dauer der Verurteilung ist regelmäßig beschränkt auf die eines potentiellen Hauptsacheverfahrens. Bei Ansprüchen nach Ablauf der Kündigungsfrist ist hier der Verkündungstermin des Urteils im Kündigungsschutzverfahren maßgeblich, da der Arbeitnehmer regelmäßig in der Lage ist, die Verurteilung zu Entgeltzahlungen im Wege der objektiven Klagehäufung in das Kündigungsschutzverfahren einzuführen. 4. Verfügungsgrund

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Der Verfügungsgrund besteht in einer existentiellen wirtschaftlichen Notlage des Arbeitnehmers, die typischerweise daraus resultiert, dass er auf die nun ausbleibenden regelmäßigen Entgeltzahlungen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes angewiesen ist. Dies ist jedoch nicht notwendigerweise der Fall, vielmehr können dem Arbeitnehmer auch Ersparnisse zur Verfügung stehen, die eine Notlage ausschließen. Der Arbeitnehmer kann nicht auf die Aufnahme eines Bankkredites verwiesen werden. Wurde ein solcher jedoch bereits eingeräumt, fehlt es an einer aktuellen Notlage, da die mit der Verfügung begehrte Zahlung nur dazu dienen würde, den Kredit zurückzuführen1. Ein Verfügungsgrund kann auch fehlen, wenn der Arbeitnehmer von seinen Verwandten Geld geliehen bekommt und der Bedarfsgemeinschaft monatlich fortlaufend Einnahmen zufließen2. Wegen des Subsidiaritätsgrundsatzes kann der Arbeitnehmer nicht darauf verwiesen werden, staatliche Unterstützung zu beantragen3. Erhält der Arbeitnehmer diese jedoch bereits, so muss er darlegen und glaubhaft machen, dass gleichwohl eine existentielle Notlage besteht, was den Ausnahmefall darstellen dürfte. Ein Verfügungsgrund besteht nicht, wenn der Arbeitnehmer über eine leicht realisierbare Forderung gegen einen Dritten verfügt und es unterlässt, diese durchzusetzen4.

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Zinsen können im Verfügungsverfahren nicht verlangt werden.

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Generell sind jedoch an die Voraussetzungen des Verfügungsgrundes strenge Anforderungen zu stellen, da die auf Befriedigung gerichtete Verfügung 1 Klevemann/Braun, § 12 Rz. 32; s. auch LAG Sachsen-Anhalt v. 12.4.2010 – 6 SaGa 7/09 – hohe Anforderungen an Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund. 2 LAG Hamm v. 29.10.2009 – 11 SaGa 28/09. 3 Klevemann/Braun, § 12 Rz. 31, der dem Arbeitnehmer ein Wahlrecht einräumt; differenzierend GMP/Germelmann, § 62 Rz. 104; a.A. LAG Köln v. 26.2.2002 – 8 Ta 221/02. 4 ArbG Frankfurt/M. v. 6.1.1999 – 2 Ga 267/98; GMP/Germelmann, § 62 Rz. 103.

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Entgeltzahlung

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den krassen Ausnahmefall darstellt1. Zu beachten ist dabei auch die Wechselwirkung zwischen Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund. Je eindeutiger der Verfügungsgrund gegeben ist, desto geringere Voraussetzungen sind an den Verfügungsanspruch zu stellen2. 5. Vollziehung Die Vollziehung der Geldleistungsverfügung erfolgt durch Pfändung. 250 Wenn die einstweilige Verfügung durch Urteil erlassen worden ist, bedarf es neben der Amtszustellung keiner weiteren Zustellung im Parteibetrieb (streitig, s. F Rz. 29 f.). Sind nach der Geldleistungsverfügung mehrere Teilbeträge zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig (jeweilige Monatsvergütung), so ist die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO für die Vollziehung des ersten Teilbetrages zu beachten. Wenn der Arbeitnehmer also die Vollstreckungsfrist hinsichtlich der ersten Teilleistung versäumt, wird diesbezüglich der Wegfall des Verfügungsgrundes unwiderlegbar vermutet3. Nach zutreffender Auffassung gilt dies auch für die folgenden, noch nicht fälligen Teilbeträge, da es sich um einen einheitlichen Titel handelt und nicht um eine für jede Teilleistung neu zu erlassende Verfügung4. Für die folgenden titulierten Teilleistungen bedarf es jedoch nicht der Einhaltung der Vollziehungsfrist, da das Gesetz nur die Verpflichtung zur erstmaligen Vollziehung kennt und auch die Interessenlage des Schuldners eine ergänzende Auslegung nicht gebietet5. 6. Streitwert Der Streitwert richtet sich nach der Höhe der geltend gemachten Forde- 251 rung, wobei ein Abschlag wegen der Befriedigungswirkung der einstweiligen Verfügung nicht vorzunehmen ist. Muster 44 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung auf Entgeltzahlung

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An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung In Sachen des … – Antragsteller – 1 2 3 4 5

LAG Hess. v. 9.7.1995 – 13 Ta 242/95; Scholz in Ostrowicz/Künzl/Scholz, S. 602. LAG Köln v. 28.2.2014 – 4 Ta 28/14. Walker, Rz. 587. Walker, Rz. 588; zu weiteren Nachweisen Walker, Rz. 692. Vgl. zur näheren Begründung Walker, Rz. 589.

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Prozessbevollmchtigter: … gegen … GmbH … – Antragsgegnerin – beantrage ich im Namen und mit Auftrag des Antragstellers, wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Verhandlung den Erlass nachstehender einstweiliger Verfgung: Die Antragsgegnerin wird verurteilt, bis zur erstinstanzlichen Entscheidung ber den zwischen den Parteien beim ArbG … unter dem Geschftszeichen … Ca …/… anhngigen Rechtsstreit als Abschlag auf die Entgeltansprche des Antragstellers zur Sicherung dessen Lebensunterhalts monatlich bis zum 3. eines jeden Monats, beginnend mit dem Monat …/… einen angemessenen Betrag, dessen Hçhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch mindestens … Euro netto betragen sollte, zu zahlen. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller macht im Wege des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Abschlagszahlungen auf die ihm erwachsenden Entgeltansprche aus dem zwischen ihm und der Antragsgegnerin nach dem Obsiegen des im Antrag genannten Rechtsstreits fortbestehenden Arbeitsverhltnisses geltend. Der Antragsteller ist … Jahre alt, verheiratet und hat unterhaltsberechtigte Kinder im Alter von … Jahren. Die Ehefrau des Antragstellers ist nicht berufsttig. Der Antragsteller wurde mit Arbeitsvertrag vom … von der Antragsgegnerin als … eingestellt. Auf der Basis einer wçchentlichen Arbeitszeit von zuletzt … Stunden erhielt er ein Arbeitsentgelt von monatlich … Euro brutto. Die Antragsgegnerin hat das Arbeitsverhltnis mit Schreiben vom … unter Einhaltung der Kndigungsfrist ordentlich zum … aus betriebsbedingten Grnden gekndigt. Hiergegen hat der Antragsteller mit Klageschrift vom … beim ArbG … fristgerecht Kndigungsschutzklage erhoben. Der Antragsteller macht in seiner Klage geltend, dass die betriebsbedingte Kndigung aus folgenden Grnden sozial ungerechtfertigt i.S.v. § 1 KSchG ist: (nher ausfhren) Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I oder II, weil …

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Glaubhaftmachung: 1. Arbeitsvertrag vom …, als Anlage K1 in Ablichtung anbei. 2. Kndigungsschreiben vom …, als Anlage K2 in Ablichtung anbei. 3. Protokoll der Gteverhandlung vor dem ArbG … vom …, als Anlage K3 in Ablichtung anbei. 4. Vergtungsabrechnung fr Monat …, als Anlage K4 in Ablichtung anbei. 5. Bescheid der Agentur fr Arbeit … vom …, als Anlage K5 in Ablichtung anbei. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung ist begrndet, weil der Antragsteller zur Deckung seines Lebensunterhalts monatlich fr sich und seine Familie einen angemessenen Betrag bençtigt. Die Hçhe des Betrags wird in das Ermessen des Gerichts gestellt. Als Mindestbetrag fr die Deckung des dringend notwendigen Unterhaltsbedarfs ist dem Antragsteller der Betrag zuzusprechen, den er erhalten wrde, wenn er die Voraussetzungen fr den Bezug von Arbeitslosengeld erfllen wrde, da dieses eine Lohnersatzleistung darstellt. Das Arbeitslosengeld wrde in diesem Fall unter Bercksichtigung der persçnlichen Verhltnisse des Antragstellers wçchentlich … Euro betragen. Umgerechnet auf einen Monat ergibt sich auf der Basis einer Durchschnittsleistung von 13 Wochen ein Betrag von … Euro. Diesen Betrag beansprucht der Antragsteller als Mindestbetrag. Der Verfgungsanspruch ergibt sich aus der Tatsache, dass der Antragsteller aus den o.g. Grnden den o.g. Kndigungsschutzprozess gewinnen wird, da die Kndigung offensichtlich unwirksam ist. Dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschftigung des Antragstellers bei der Antragsgegnerin entgegenstehen, bestehen nicht. Selbst wenn dringende betriebsbedingte Erfordernisse fr eine Kndigung vorlgen, ist die gegenber dem Antragsteller ausgesprochene Kndigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, weil die von der Antragsgegnerin vorgenommene Sozialauswahl fehlerhaft ist. Insofern wird auf die obigen Darstellungen verwiesen. Grnde in der Person des Antragstellers, die eine personen- oder verhaltensbedingte Kndigung rechtfertigen wrden, liegen ebenfalls nicht vor (erforderlichenfalls nher ausfhren). Da der Antragsteller mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit den Kndigungsschutzprozess gewinnen wird und damit das Arbeitsverhltnis mit der Antragsgegnerin ber das Ende der Kndigungsfrist hinaus fortbesteht, erwachsen ihm nach §§ 611, 615 BGB Entgeltansprche, die er jeweils bei Flligkeit einklagen wird. Mit einer der Kndigungsschutzklage stattgebenden Entscheidung des ArbG kann jedoch nach Auskunft des zustndigen Kammervorsitzenden nicht vor dem … gerechnet werden. Der Termin zur mndlichen Verhandlung vor der Kammer findet erst am … statt. Unterschrift

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

XII. Herausgabe von Firmeneigentum 1. Arbeitsmittel 253

Hinsichtlich der ihm überlassenen Arbeitsmittel wie etwa tragbarer Rechner, Mobiltelefon, Musterkoffer, Kundenlisten und Prospekte etc. ist der Arbeitnehmer nicht Besitzer, sondern lediglich Besitzdiener i.S.v. § 855 BGB, sofern ihm die Gegenstände nicht auch zur Privatnutzung übergeben wurden. Der Arbeitgeber hat somit einen Herausgabeanspruch gem. § 985 BGB. Der Arbeitnehmer schuldet die Herausgabe wie ein Beauftragter und muss alles, was er zur Ausführung der ihm übertragenen Arbeit erhalten und was er aus dem Arbeitsverhältnis erlangt hat, herausgeben. Dazu gehört all das, was ihm zum Zwecke der Durchführung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt worden ist. Aus dem Arbeitsverhältnis erlangt ist jeder Vorteil, den der Arbeitnehmer aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem Arbeitsverhältnis erhalten hat1. Leistet der Arbeitnehmer einem Herausgabeverlangen nicht Folge, so begeht er verbotene Eigenmacht. Dies gilt auch dann, wenn er den Zugriff des besitzenden Arbeitgebers behindert oder sonst weisungswidrig mit den Sachen in einer Art und Weise verfährt, die den Besitz des Besitzherrn beeinträchtigt2. Bei gemieteten Betriebsmitteln beruht der Herausgabenanspruch auf der analogen Anwendung der §§ 666, 667 BGB3. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer Gegenansprüche geltend macht. Der Arbeitgeber hat aber kein Zurückbehaltungsrecht bezüglich der Urlaubsgewährung, wenn der Arbeitnehmer ein Mobiltelefon nicht zurückgibt4. Eines besonderen Verfügungsgrundes bedarf es zur Abwehr verbotener Eigenmacht nicht5. In einer solchen Situation kann der Arbeitgeber mittels einstweiliger Verfügung nicht nur die Herausgabe der Arbeitsmittel an den Gerichtsvollzieher als Sequester, sondern an sich selbst verlangen. Der Verfügungsgrund ist hier bereits in der andauernden Vorenthaltung des Gegenstandes zu sehen, der ohne die Verfügung andauern würde6. Es ist jedoch bei der Antragsfassung darauf zu achten, dass die Gegenstände, deren Herausgabe begehrt wird, so präzise beschrieben werden, dass der Gerichtsvollzieher, der sie dem Arbeitnehmer im Wege der Zwangsvollstreckung wegnehmen soll, zweifelsfrei identifizieren kann (zur Notwendigkeit einer richterlichen Durchsu1 BAG v. 14.12.2011 – 10 AZR 283/10, dort auch zu Erfüllungshandlungen bei Geschäftspapieren und der Ausgleichsklausel; s. auch LAG Niedersachsen v. 21.10.2009 – 2 Sa 1438/08 zum fehlenden Herausgabeanspruch des Arbeitnehmers, wenn sich Unterlagen bei der Staatsanwaltschaft befinden. 2 Vgl. Kleveman/Braun, S. 273, Rz. 45. 3 Kleveman/Braun, S. 273, Rz. 45. 4 BAG v. 14.12.2011 – 10 AZR 283/10; ArbG Limburg v. 24.10.2011 – 1 Ga 12/11. 5 OLG Stuttgart v. 19.1.1996 – 2 U 164/95; LG Bremen v. 22.6.1989 – 9 T 385/89; Schmiedl, BB 2002, 992, 995. 6 Kleveman/Braun, S. 273, Rz. 47; a.A. LAG Hamm v. 30.10.1973 – 8 Ta 76/93 – Arbeitgeber muss Dringlichkeit des Herausgabebegehrens und Kündigungsgrund glaubhaft machen; ebenso ArbG Marburg v. 21.1.2000 – 2 Ga 1/00 für die Herausgabe von Arbeitnehmereigentum durch den Arbeitgeber.

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Herausgabe von Firmeneigentum

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chungsanordnung s. C Rz. 69). Dabei dürfen die Anforderungen jedoch nicht überspannt werden1. So muss nicht in jedem Fall eine Identifikationsnummer eines technischen Geräts angegeben werden, wenn die Beschreibung so präzise ist, dass eine Bestimmbarkeit mit hinreichender Sicherheit gegeben ist. Allein die Möglichkeit, dass es noch weitere Gegenstände geben könnte, auf die die Beschreibung zutrifft führt noch nicht zu einer mangelnden Bestimmtheit des Antrages. Bei Geschäftsunterlagen wird der Herausgabeanspruch nicht dadurch erfüllt, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Geschäftsunterlagen zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung aus einem arbeitsgerichtlichen Urteil zuleitet. Eine Ausgleichsklausel in einer in die Zukunft gerichteten Aufhebungsvereinbarung, nach der „mit der Erfüllung des Vertrages … alle wechselseitigen Ansprüche der vertragschließenden Parteien aus dem Dienstvertrag gegenseitig abgegolten“ sind, erfasst nicht den Herausgabeanspruch nach § 667 BGB2. 2. Dienstwagen Literatur: Bayreuther, Stellung und Entzug eines Dienstwagens samt dessen privater Nutzungsmöglichkeit, SAE 2011, 81; Fischer; Große Ausgleichsklausel im gerichtlichen Vergleich umfasst nicht Anspruch auf Rückgabe des Firmenwagens, jurisPRArbR 48/2012, Anm. 6; Herbert, Privatnutzung eines Dienstwagens während der Arbeitsunfähigkeit jurisPR-ArbR 39/2011 Anm. 2; Hunold, AGB-Kontrolle: Widerruf der Gestellung eines Dienstwagens, NZA 2010, 1276; Nägele, Der Dienstwagen, 2. Aufl. 2008; Peterhänsel, Widerruf der privaten Nutzung eines Dienstwagens, jurisPR-ArbR 30/2012 Anm. 3; Schmiedl, Die Sicherung des Herausgabeanspruchs am Dienstwagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mittels einstweilige Verfügung, BB 2002, 992.

a) Grundzüge Die Rechtslage ist grundsätzlich genauso wie bei sonstigem Firmen- 254 eigentum, wenn dem Arbeitnehmer ein gekauftes oder geleastes Dienstfahrzeug zur ausschließlich dienstlichen Nutzung überlassen wurde3. Auch hier besteht kein Zurückbehaltungsrecht bei Gegenforderungen des Arbeitnehmers, da der Arbeitnehmer lediglich Besitzdiener ist. Problematischer ist der Herausgabeanspruch bei einem Dienstfahrzeug, das auch privat genutzt werden darf. Die Möglichkeit der Privatnutzung stellt meist auch einen Bestandteil des Arbeitsentgeltes dar. Der Arbeitnehmer ist daher Besitzer des Fahrzeugs4. Im jeweiligen Arbeitsvertrag kann wirksam vereinbart werden, dass das Fahrzeug bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückzugeben und ein Zurückbehaltungsrecht hie1 So teilweise ArbG Marburg v. 21.1.2000 – 2 Ga 1/00. 2 BAG v. 14.12.2011 – 10 AZR 283/10; LAG Niedersachsen v. 21.10.2009 – 2 Sa 1438/08. 3 Schmiedl, BB 2002, 992, 994. 4 OLG Düsseldorf v. 12.2.1986 – 11 U 76/85; Palandt/Heinrichs, § 273 Rz. 15.

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ran ausgeschlossen ist. Ohne eine solche Vereinbarung kann ein Zurückbehaltungsrecht bestehen. 255

Die Vereinbarung eines Widerrufsrechts ist nach § 308 Nr. 4 BGB nur dann zumutbar, wenn es für den Widerruf einen sachlichen Grund gibt und dieser sachliche Grund bereits in der Änderungsklausel beschrieben ist. Das Widerrufsrecht muss wegen der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sein. Ohne einen sachlichen Grund für den Widerruf der Überlassung des Dienstwagens auch zur privaten Nutzung überwiegt das Interesse des Arbeitnehmers an der Unveränderlichkeit der vereinbarten Leistung gegenüber dem Interesse des Arbeitgebers an der Änderung der versprochenen Hauptleistungspflicht1. Nach diesen Maßgaben kann sich der Arbeitgeber In einem formularmäßigen Dienstwagenvertrag vorbehalten, die Überlassung des Dienstwagens zu widerrufen, wenn und solange der Pkw für dienstliche Zwecke seitens des Arbeitnehmers nicht benötigt werde, was insbesondere dann der Fall sei, wenn der Arbeitnehmer nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt werde. Die aber notwendige Ausübungskontrolle kann bei einer Gesamtbewertung der beiderseitigen Interessen dazu führen, dass der Arbeitgeber einen Dienstwagen nur unter Einräumung einer Auslauffrist zurückfordern darf. Im Einzelfall kann das Interesse des Arbeitnehmers, den von ihm versteuerten Vorteil auch real nutzen zu können, das abstrakte Interesse des Arbeitgebers am sofortigen Entzug des Dienstwagens überwiegen2. Die Überlassung ist als Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung ist nur so lange geschuldet, wie der Arbeitgeber überhaupt Arbeitsentgelt leisten muss, und sei es – wie im Fall von Krankheit – ohne Erhalt einer Gegenleistung.3. Etwas anderes kann aber arbeitsvertraglich vereinbart werden4. Der Wechsel vom Außendienst in den Innendienst rechtfertigt nicht den Herausgabeanspruch des Arbeitgebers, wenn der Wagen auch zur Privatnutzung überlassen worden war5. b) Betriebsratsmitglied

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Ein nach § 37 Abs. 2 BetrVG von der beruflichen Tätigkeit vollständig befreites Betriebsratsmitglied hat Anspruch auf Überlassung eines Firmenfahrzeugs zur privaten Nutzung, wenn ihm der Arbeitgeber vor der Freistellung zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben ein Firmenfahr1 BAG v. 13.4.2010 – 9 AZR 113/10. 2 BAG v. 21.3.2012 – 5 AZR 651/10, dort auch zu Entschädigungsansprüchen, s. weiter die Anmerkung von Peterhänsel, jurisPR-ArbR 39/2011, Anm. 2. 3 BAG v. 14.12.2010 – 9 AZR 631/09; s. auch Herbert, jurisPR-ArbR 29/2011, Anm. 2. 4 LAG Düsseldorf v. 28.10.2010 – 11 Sa 522/10; LAG Köln v. 29.10.2009 – 7 Sa 788/09 Rz. 20. 5 LAG Berlin-Brandenburg v. 19.2.2007 – 10 Sa 2171/06.

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Herausgabe von Firmeneigentum

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Rz. 258 I

zeug zur Verfügung gestellt hatte und er dieses aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung auch privat nutzen durfte1. Ein freigestelltes Betriebsratsmitglied hat aber keinen Anspruch auf die weitere Zurverfügungstellung eines Fahrzeuges, das er vorher ausschließlich für seine Tätigkeit als Kundendiensttechniker nutzen durfte2. c) Rechtslage nach Kündigung Dem Arbeitnehmer steht nach Ablauf der Kündigungsfrist kein Recht 257 zum Besitz an dem ihm überlassenen Fahrzeug zu. Grundlage dieses Besitzanspruches kann nur das Arbeitsverhältnis sein, dessen weiteren Bestand der Arbeitgeber gerade bestreitet3. Wendet man hier entsprechend die Grundsätze des Großen Senats des BAG zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch an, so hat der Arbeitgeber bis zu einem für den Arbeitnehmer günstigen Urteil erster Instanz ein Recht, die Kündigung zu vollziehen. Dies schließt den Weiterbeschäftigungsanspruch grundsätzlich ebenso aus wie die entsprechenden Besitzrechte4. Eine Ausnahme kann hier wie da nur gelten, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist5. Somit kann der Arbeitgeber mittels einstweiliger Verfügung die Herausgabe des Fahrzeuges verlangen, wobei als Verfügungsgrund bereits ausreicht, dass der Arbeitnehmer das Fahrzeug weiter benutzt6. Eine eigenmächtige Wegnahme des Fahrzeuges durch den Arbeitgeber könnte jedoch eine verbotene Eigenmacht i.S.v. § 858 BGB durch den Arbeitgeber darstellen7. Gegenüber dem Besitzeinräumungsrecht des Arbeitnehmers wegen verbotener Eigenmacht des Arbeitgebers stehen jedenfalls im Eilverfahren dem Arbeitgeber keine Herausgabeansprüche zu, die mit einem Widerantrag geltend gemacht werden könnte8. Es ist streitig, ob der Arbeitnehmer ein Zurückbehaltungsrecht an dem 258 Fahrzeug geltend machen kann, wenn er Gegenforderungen hat. Hier wird vertreten, dass der Arbeitnehmer Besitzer sei und das Recht zum Besitz der Bank entgegenhalten kann, an die das Eigentum an dem Fahrzeug abgetreten worden ist, solange noch Vergütungsansprüche zu sichern sind9. Meines Erachtens ist ein Zurückbehaltungsrecht jedoch aus1 BAG v. 23.6.2004 – 7 AZR 514/93. 2 BAG v. 25.2.2009 – 7 AZR 954/07; zur Teilkündigung eines solchen Gestellungsvertrages s. LAG Köln v. 28.6.2007 – 6 Sa 278/07. 3 LAG Hamm v. 12.4.2011 – 19 Sa 1966/10; ArbG Stuttgart v. 18.5.2010 – 16 Ga 50/10, keine einstweilige Verfügung auf Wieder-Herausgabe des Wagens an den Arbeitgeber; ArbG Hamburg v. 23.6.1995 – 13 Ga 8/95, n.v. 4 So auch LAG München v. 11.9.2002 – 9 Sa 315/02; ErfK/Preis, § 611 BGB Rz. 659; Schmiedl, BB 2002, 992, 995. 5 ArbG Wetzlar v. 1.8.1986 – 2 Ga 1/86. 6 Vgl. OLG Düsseldorf v. 7.12.1983 – 11 U 103/83. 7 LAG Düsseldorf v. 4.7.1975 – 11 Sa 689/75. 8 LAG Berlin-Brandenburg v. 20.5.2008 – 13 Ta 519/08. 9 LAG Köln v. 12.6.2007 – 9 SaGa 6/07; OLG Düsseldorf v. 12.2.1986 – 11 U 76/85.

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

geschlossen, weil das Fahrzeug trotz der Möglichkeit der Privatnutzung in erster Linie ein Arbeitsmittel bleibt1. Selbst wenn man ein Zurückbehaltungsrecht für möglich hält, könnte der Arbeitgeber in Höhe der behaupteten Gegenforderung Sicherheit leisten und so gem. § 273 Abs. 3 Satz 1 BGB die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts abwenden. Grundsätzlich ist die Sicherheit nicht nur anzubieten, sondern auch zu leisten2. Dem Sicherungszweck dürfte jedoch auch Genüge getan sein, wenn die Vollstreckung des Herausgabetitels vom Nachweis der Sicherungsleistung abhängig gemacht wird3. 259

Erfüllt der Insolvenzverwalter eine vor Insolvenzeröffnung eingegangene Zahlungsverpflichtung nicht, die Voraussetzung für die Rückgabe des Dienst-Pkw des Arbeitnehmers ist, besteht grundsätzlich kein Zurückbehaltungsrecht oder sonst wie geartetes Recht des Arbeitnehmers zum weiteren Besitz mehr, da im Insolvenzverfahren eine gleichmäßige Befriedung aller Gläubiger erfolgen soll. Der Insolvenzverwalter hat jedoch nach Treu und Glauben alle Voraussetzungen zu schaffen, dass das Recht des Arbeitnehmers auf Zahlung aus dem Vergleich im Insolvenzverfahren berücksichtigt wird, insbesondere durch die Anerkennung der Forderung zur Insolvenztabelle4. d) Inhalt des Anspruchs

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Der Verfügungsanspruch geht auf Herausgabe des Fahrzeugs. Mit den weiteren Möglichkeiten der Herausgaben an den Sequester oder der Nutzungsuntersagung5 wird dem Interesse des Arbeitgebers nur teilweise Rechnung getragen. Es kann sich jedoch eine gestaffelte Antragstellung empfehlen, wenn das Gericht erkennen lässt, dass es Zweifel am Bestehen des Herausgabeanspruchs hat. Hat der Arbeitnehmer den Dienstwagen zum Zeitpunkt eines Vergleichsschlusses im Kündigungsschutzverfahren noch nicht zurückgegeben, ist dieser Anspruch nicht durch eine allgemeine Ausgleichsklausel ausgeschlossen, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände hinzukommen6.

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Der Arbeitgeber schuldet Wertersatz, wenn er sich mit der Zurverfügungstellung des Dienstwagens im Verzug befand7.

1 2 3 4 5 6

Schmiedl, BB 2002, 992, 994. Erman/Artz, § 273 Rz. 31. Schmiedl, BB 2002, 992, 994. LAG Nds. v. 8.7.2005 – 16 Sa 331/05. S. hierzu Schmiedl, BB 2002, 992, 996. ArbG Trier v. 17.10.2012 – 4 Ca 487/12, s. dazu Fischer, jurisPR ArbR 48/2012, Anm. 6. 7 BAG v. 23.6.1994 – 8 AZR 537/02; s. weiter zu den Ansprüchen des Arbeitnehmers bei rechtswidriger Vorenthaltung H.-G. Meier, NZA 1999, 1083.

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e) Verfügungsgrund Hinsichtlich des Verfügungsgrundes bedarf es keines näheren Sachvortra- 262 ges des Arbeitgebers, für welchen konkreten Einsatz er das Fahrzeug benötigt. Insbesondere muss nicht dargelegt werden, für welche Person und für welche Tätigkeit der Wagen benötigt wird und warum hierfür keine anderen Autos zur Verfügung stehen1, da eine Interessenabwägung hier schon auf der Ebene des Verfügungsanspruchs stattfindet. Das LAG Köln sieht bei einem Streit um die Nutzungsrechte lediglich während der Dauer der Kündigungsfrist für beide Seiten keinen Verfügungsgrund2. Dem Antrag des Arbeitnehmers auf zur Zurverfügungstellung des Fahr- 263 zeuges nach Ablauf der Kündigungsfrist dürfte in der Regel ein Verfügungsgrund fehlen3. f) Streitwert Der Streit über den konkreten Typ des zu Verfügung zu stellenden 263a Dienstwagens wurde mit einem Viertel des gesetzlichen Hilfsstreitwertes bewertet4. Ansonsten könnte man die steuerrechtliche 1 %-Regel heranziehen und entsprechend § 42 Abs. 2 GKG das 36-fache davon ansetzen. Wird die Überlassung nur für einen kürzeren Zeitraum begehrt, ist dieser maßgeblich. Der Wert des Fahrzeuges kann nicht Grundlage der Streitwertfestsetzung sein, da es nicht um die Übereignung, sondern lediglich um die Nutzung geht. Muster 45 Einstweilige Verfgung auf Herausgabe von Arbeitsmitteln An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung der … GmbH … – Antragstellerin – Prozessbevollmchtigter: …

1 Schmiedl, BB 2002, 992, 995; a.A. LAG Köln v. 12.6.2007 – 9 SaGa 6/07, wenn sich der Arbeitgeber nur auf eine potentielle Wertminderung beruft; ArbG Marburg v. 21.1.2000 – 2 Ga 1/00 – für Ansprüche auf Herausgabe sonstiger Arbeitsmittel. 2 LAG Köln v. 21.3.2007 – 7 SaGa 3/07. 3 LAG Köln v. 5.11.2002 – 2 Ta 330/02, dort auch zum bejahten Rückforderungsrecht des Arbeitgebers aufgrund Vertragsklausel. 4 LAG Rh.-Pf. v. 1.6.2012 – 1 Ta 78/12; s. zur fehlenden Erfüllungshandlung bei Zurverfügungstellung eines Leichenwagens LAG Köln v. 19.11.2009 – 7 Sa 879/09.

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I Rz. 264

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

gegen … – Antragsgegner – beantrage ich im Namen und mit Auftrag der Antragstellerin, wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Verhandlung den Erlass nachstehender einstweiliger Verfgung: Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin folgende Arbeitsgerte herauszugeben: a) Frsmaschine Marke … Typ … Maschinen-Nr.: b) … Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsgegner war bei der Antragstellerin vom … bis zu seinem durch eine betriebsbedingte Kndigung veranlassten Ausscheiden zum … als … beschftigt. Ihm wurden aufgrund des Arbeitsvertrags vom … die im Antrag bezeichneten, im Eigentum der Antragstellerin stehenden Arbeitsgerte berlassen. Im Arbeitsvertrag ist vereinbart, dass die berlassenen Arbeitsgerte bei Ausscheiden am Ende des letzten Arbeitstages in ordnungsgemßem Zustand zurckzugeben sind. Am … wurde der Antragsgegner von Herrn …, im Unternehmen der Antragstellerin fr die Abwicklung gekndigter Arbeitsverhltnisse zustndig, aufgefordert, die im Antrag bezeichneten Arbeitsgerte zurckzugeben. Der Antragsgegner verweigerte die Herausgabe mit der Begrndung, ihm stnden noch Geldforderungen gegen die Antragstellerin zu. Der Antragsgegner meinte weiter, er werde die Herausgabe der Arbeitsgerte so lange verweigern, bis seine Geldforderungen von der Antragstellerin beglichen seien. Die Antragstellerin bençtigt die im Antrag genauer bezeichneten Arbeitsgerte dringend zur Aushndigung an ihre anderen Mitarbeiter, damit diese die laufenden Arbeiten fortfhren und Auftrge termingerecht erledigen kçnnen. Sofern eine Herausgabe der Arbeitsgerte nicht unverzglich erfolgt, ist die Antragstellerin gezwungen, gleichwertige Arbeitsgerte neu anzuschaffen. Hierdurch entstehen Kosten i.H.v. etwa … Euro. Glaubhaftmachung: 1. Arbeitsvertrag vom …, als Anlage K1 in Ablichtung anbei. 2. Kndigungsschreiben mit Besttigung des Antragsgegners vom …, als Anlage K2 in Ablichtung anbei.

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Herausgabe von Firmeneigentum

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Rz. 265 I

3. Eidesstattliche Versicherung des Herrn … vom …, als Anlage K3 in Ablichtung anbei. (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) 4. Angebot der … GmbH … ber die Wiederbeschaffungskosten von den im Antrag zu … des Antrags bezeichneten gleichwertigen Arbeitsgerten, als Anlage K4 in Ablichtung anbei. Der Verfgungsanspruch ergibt sich aus dem Eigentum der Antragstellerin an den genannten Gegenstnden. Es bestehen auch keinerlei Zurckbehaltungsrechte gegenber dem geltend gemachten Herausgabeanspruch. Der Verfgungsgrund ergibt sich aus dem Umstand, dass die Antragstellerin, wrde sie auf das Hauptsacheverfahren verwiesen, erhebliche Nachteile durch den Verlust der Nutzungsmçglichkeit und die damit zwingend notwendig werdende Wiederbeschaffung erleiden wrde (§ 940 ZPO). Unterschrift

Muster 46 Einstweilige Verfgung auf Herausgabe eines Fahrzeuges An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung der … GmbH … – Antragstellerin – Prozessbevollmchtigte: … gegen … – Antragsgegner – beantrage ich im Namen und mit Auftrag der Antragstellerin, wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Verhandlung den

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I Rz. 265

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Erlass nachstehender einstweiliger Verfgung: Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin den Pkw Marke VW- Golf-Variant, amtliches Kennzeichen …, Fahrgestell Nr. … herauszugeben. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsgegner war bei der Antragstellerin in der Zeit vom … bis … als Außendienstmitarbeiter beschftigt. Das Arbeitsverhltnis endete aufgrund einer ordentlichen Kndigung des Antragsgegners. Fr seine Ttigkeit wurde dem Antragsgegner der im Antrag bezeichnete Pkw zur Verfgung gestellt, den er nach den Festlegungen des schriftlichen Arbeitsvertrages auch fr Privatfahrten benutzen durfte. Diese Befugnis endete jedoch mit dem Ende des Arbeitsverhltnisses, ohne dass das Fahrzeug zurckgegeben worden wre. Der Antragsgegner ist hierzu mit Schreiben vom … aufgefordert worden. Glaubhaftmachung: 1. Vorlage des schriftlichen Arbeitsvertrages, als Anlage K1 in Ablichtung anbei. 2. Vorlage des Schreibens vom … sowie des Rckscheins; als Anlage K2 in Ablichtung anbei. 3. Eidesstattliche Versicherung des zustndigen Mitarbeiters … ber die Zurverfgungstellung des Wagens und die nicht erfolgte Rckgabe. (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Der Verfgungsanspruch ergibt sich aus dem Eigentum der Antragstellerin an dem im Antrag genannten Fahrzeug. Es bestehen auch keinerlei Zurckbehaltungsrechte gegenber dem geltend gemachten Herausgabeanspruch. Der Verfgungsgrund ergibt sich aus dem Umstand, dass die Antragstellerin den Pkw dringend fr den bereits eingestellten Nachfolger des Antragsgegners bençtigt. Die Herausgabe muss auch an die Antragstellerin erfolgen, da der Antragsgegner durch verbotene Eigenmacht den weiteren Besitz des Wagens erlangt hat und daher nicht schutzwrdig ist. Unterschrift

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Anspruch auf Herausgabe von Arbeitspapieren

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Rz. 267 I

XIII. Anspruch auf Herausgabe von Arbeitspapieren Literatur: Korinth, Herausgabe von Arbeitspapieren – Tipps für effektiven Rechtsschutz, ArbRB 2004, 62.

1. Zuständigkeit Die Gerichte für Arbeitssachen sind für Klagen auf Erteilung und Aus- 266 händigung einer Arbeitsbescheinigung zuständig, da die Pflicht zum Ausfüllen und zur Herausgabe eine arbeitsrechtliche Nebenpflicht darstellt1, wohingegen der Anspruch auf Berichtigung der Arbeitsbescheinigung vor dem Sozialgericht geltend zu machen ist2. Mithin kann sich der Verfügungsanspruch nur auf die Aushändigung formal ordnungsgemäß und vollständig ausgefüllter Arbeitspapiere beziehen. Dabei handelt es sich um eine Holschuld3. Diese unterschiedlichen Rechtswegzuständigkeiten führen zu einer 267 Zweigleisigkeit des Verfahrens; hat der Arbeitgeber gar keine Arbeitsbescheinigung erteilt, muss der Arbeitnehmer den Anspruch auf Ausfüllen und Herausgabe vor dem ArbG geltend machen. Nur hier kann also der vorläufige Rechtsschutz des ArbG greifen. Wenn dieser Anspruch erfüllt ist, aber die dort gemachten Angaben nicht den Vorstellungen des Arbeitnehmers entsprechen, muss er gegenüber dem Sozialversicherungsträger Ansprüche geltend machen, die auf den von ihm für richtig gehaltenen Daten, also z.B. einem höheren Arbeitsentgelt, basieren. Wenn der Antrag zurückgewiesen wird, weil in der Arbeitsbescheinigung etwas anderes niedergelegt ist, muss der Arbeitnehmer vor dem Sozialgericht klagen. Der Arbeitgeber ist hierbei nicht Partei, kommt aber als Zeuge in Betracht. Entsprechendes gilt auch für die Ausfüllung der Lohnsteuerbescheinigung4. Dies führt dazu, dass der Arbeitnehmer auch bei mutwillig falsch ausgefüllten Arbeitspapieren sehr lange vor möglicherweise drei Gerichten um seine Ansprüche kämpfen muss. Dabei ist die Möglichkeit, dass gegen den Arbeitgeber wegen der nicht oder nicht rechtzeitig erteilten Arbeitsbescheinigung ein Bußgeld von bis zu 2000 t festgesetzt werden kann (§ 404 Abs. 2 Nr. 19 SGB III), nur ein indirektes Druckmittel. Gleiches gilt für eine Strafanzeige wegen des Verdachts des Vorenthaltens oder der Veruntreuung von Arbeitsentgelt gem. § 266a StGB, wenn der Arbeitgeber z.B. vorsätzlich die Arbeitsbescheinigung falsch ausfüllt, um Sozialabgaben zu sparen. Auch die Befugnis der Finanzbehörden, gem. §§ 328 ff. AO eine ordnungsgemäße Lohnsteuerbescheinigung zu erzwingen, wirkt nur indirekt.

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BAG v. 30.8.2000 – 5 AZB 12/00. BAG v. 13.7.1988 – 5 AZ R 467/87. Vgl. BAG v. 8.3.1995 – 5 AZR 848/93. BAG v. 11.6.2003 – 5 AZB 1/03.

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I Rz. 268 268

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Für Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers aus einer Verletzung der o.g. Verpflichtungen sind die Gerichte für Arbeitssachen zuständig. 2. Verfügungsanspruch

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Der Arbeitnehmer hat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Herausgabe der ausgefüllten Arbeitspapiere, die er zur Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses oder zur Beanspruchung von Lohnersatzleistungen benötigt1. Hierzu zählen insbesondere der Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung, die Abmeldung zur Sozialversicherung und die Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III. Je nach Branche kommen noch weitere Arbeitspapiere in Betracht, wie etwa die Lohnnachweiskarte im Baugewerbe, ein nach lebensmittelrechtlichen Vorschriften erforderliches Attest oder bei ausländischen Arbeitnehmern die Arbeitserlaubnis. Dabei stehen dem Arbeitgeber keine Zurückbehaltungsrechte wegen etwaiger Gegenansprüche zu. Die Herausgabe der Arbeitspapiere kann auch dann nicht verweigert werden, wenn der Arbeitgeber der Auffassung ist, das Arbeitsverhältnis bestehe, etwa wegen der nicht eingehaltenen Kündigungsfrist, fort2. 3. Verfügungsgrund

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An den Verfügungsgrund sind keine hohen Anforderungen zu stellen, da der Arbeitnehmer die Papiere typischerweise bei der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses oder der Beantragung von Lohnersatzleistungen benötigt. Ein diesbezüglicher Sachvortrag ist daher ausreichend, ohne dass eine konkrete Bewerbungssituation dargelegt werden müsste3. Auch sonstige Gründe wie die Beantragung von Arbeitslosengeld oder die Abgabe der Steuererklärung sind ausreichend4. Eine mündliche Verhandlung ist in der Regel entbehrlich, da entgegenstehende Ansprüche des Arbeitgebers kaum möglich sind und der Erfüllungseinwand im Widerspruchsverfahren ausreichende Berücksichtigung finden kann. 4. Vollstreckung

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Die Herausgabe der Arbeitspapiere wird gem. § 883 ZPO vollstreckt, wohingegen deren Ausfüllung eine unvertretbare Handlung darstellt, die nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist. Ein Antrag gem. § 61 Abs. 2 ArbGG, für den Fall der nicht rechtzeitigen Vornahme der Handlung eine Entschädigung zu zahlen, schließt die Zwangsvollstreckung gem. § 888 ZPO aus. Mit einem Entschädigungsanspruch ist dem Arbeitnehmer jedoch

1 S. hierzu im Einzelnen Korinth, ArbRB 2004, 62. 2 Schäfer, Rz. 146. 3 A.A. LAG Berlin v. 3.12.2001 – 19 Ta 2126/01 sowie Reinhard/Kliemt, NZA 2005, 545, 553. 4 Schäder/Raab, ArbRB 2010, 320, 324.

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Anspruch auf Herausgabe von Arbeitspapieren

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Rz. 273 I

nicht gedient, so dass das Stellen eines solchen Antrages den Verfügungsgrund hinsichtlich des Hauptantrages in Frage stellt1. 5. Streitwert Der Streitwert für die Herausgabe von Arbeitspapieren ist regelmäßig auf 272 250 t festzusetzen. Ein höherer Wert kommt nur in Betracht, wenn dies aufgrund konkreter Angaben gerechtfertigt ist2. Maßgeblich sind auch die konkreten Umstände, etwa die Frage, ob überhaupt über den Anspruch gestritten wurde3. Liegt keine inhaltliche Streitigkeit vor, ist m.E. die Rechtsprechung des LAG Berlin-Brandenburg angemessen. Muster 47 Antrag auf einstweilige Verfgung auf Herausgabe der Arbeitspapiere

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An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung des … – Antragsteller – Prozessbevollmchtigter: … gegen die … GmbH … – Antragsgegnerin – beantrage ich im Namen und mit Auftrag des Antragstellers, wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Verhandlung den Erlass nachstehender einstweiliger Verfgung: Die Antragsgegnerin wird verurteilt, die folgenden auf den Namen des Antragstellers lautenden Arbeitspapiere ordnungsgemß ausgefllt herauszugeben: 1. Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung fr das Jahr …, 2. Abmeldung zur Sozialversicherung, 3. Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III.

1 Schäfer, Rz. 152. 2 LAG Berlin-Brandenburg v. 9.9.2011 – 17 Ta (Kost) 6085/11; im Streitwertkatalogs der LAG werden 10 % einer Monatsvergütung angesetzt (Ziff. 7.1). 3 Vgl. LAG Köln v. 12.11.1997 – 8 Ta 271/97.

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I Rz. 274

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller war in der Zeit vom … bis … bei der Antragsgegnerin beschftigt. Trotz des Endes des Arbeitsverhltnisses wurden ihm die im Antrag genannten Arbeitspapiere nicht ausgehndigt, obwohl sie mehrfach dazu aufgefordert worden war. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers, als Anlage K1 in Ablichtung anbei. (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Das Herausgabeverlangen ist als arbeitsrechtlicher Nebenanspruch begrndet, und zwar ohne Rcksicht darauf, ob das Arbeitsverhltnis zu Recht aufgelçst worden ist oder nicht. Es kann auch kein Zurckbehaltungsrecht der Antragsgegnerin bestehen, da dessen Ausbung dem auf die Verwertung seiner Arbeitskraft angewiesenen Antragsteller einen unverhltnismßig hohen Schaden zufgen wrde und daher treuwidrig wre. Der Verfgungsgrund liegt darin, dass der Antragsteller die Papiere dringend bençtigt, um sich um eine neue Arbeitsstelle zu bewerben oder Lohnersatzleistungen zu beanspruchen. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Antragstellers; als Anlage K1 in Ablichtung anbei. Unterschrift

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Muster 48 Einstweilige Verfgung auf Herausgabe der Arbeitspapiere ArbG Beschluss In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfgung des … – Antragsteller –

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Anspruch auf Herausgabe von Arbeitspapieren

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Rz. 274 I

Prozessbevollmchtigter: … gegen die … GmbH … – Antragsgegnerin – (wie Bl. … der Akten) wird im Wege der einstweiligen Verfgung der Dringlichkeit wegen ohne mndliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein gem. § 53 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 937 Abs. 2 und 938 ZPO, § 46 Abs. 2 ArbGG angeordnet: I. Die Antragsgegnerin hat die folgenden auf den Namen des Antragstellers lautenden Arbeitspapiere ordnungsgemß ausgefllt an den Antragsteller herauszugeben: 1. Lohnsteuerkarte und Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung fr das Jahr …, 2. Abmeldung zur Sozialversicherung, 3. Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III. (wie Bl. … der Akten). II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Begrndung Der Antragsteller hat vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass er in der Zeit vom … bis … bei der Antragsgegnerin beschftigt war und diese ihm trotz des Endes des Arbeitsverhltnisses die im Tenor zu 1. genannten Arbeitspapiere nicht ausgehndigt hat, obwohl die Antragsgegnerin mehrfach dazu aufgefordert worden war. Das Herausgabeverlangen ist als arbeitsrechtlicher Nebenanspruch begrndet, und zwar ohne Rcksicht darauf, ob das Arbeitsverhltnis berechtigt aufgelçst worden ist oder nicht. Es kann auch kein Zurckbehaltungsrecht der Antragsgegnerin bestehen, da dessen Ausbung dem auf die Verwertung seiner Arbeitskraft angewiesenen Antragsteller einen unverhltnismßig hohen Schaden zufgen wrde und daher treuwidrig wre. Der Verfgungsgrund liegt darin, dass der Antragsteller die Papiere dringend bençtigt, um sich um eine neue Arbeitsstelle zu bewerben oder Lohnersatzleistungen zu beanspruchen. ArbG …, Kammer …

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I Rz. 275

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

XIV. Anspruch auf Zeugniserteilung Literatur: Anton-Dyck/Böhm, Kostspieliges Arbeitszeugnis-Drohende Schadensersatzansprüche bei verspäteter Ausstellung, ArbRB 2013, 344; Korinth, Prozessuale Stolpersteine auf dem Weg zum Arbeitszeugnis, ArbRB 2004, 321; Korinth, Die Durchsetzung des Zeugnisanspruchs in der Praxis, ArbRB 2010, 318; Korinth, Neue Entwicklungen und Tendenzen im Zeugnisrecht, ArbRB 2013, 193; Moderegger, Zeugnisse, Sein oder Schein, ArbRB 2006, 240.

1. Verfügungsanspruch 275

Der Arbeitnehmer hat gem. § 109 Abs. 1 Satz 1 GewO bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses1. Dabei kann er entweder ein qualifiziertes, auf Führung und Leistung bezogenes oder ein einfaches Zeugnis fordern, das nur die Grunddaten des Beschäftigungsverhältnisses enthält. Dabei ist auch zu beachten, dass er keinen Anspruch mehr auf ein qualifiziertes Zeugnis hat, wenn er zunächst ein einfaches verlangt und erhalten hat2.

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Der Bestand dieses Anspruches wird arbeitgeberseitig selten bestritten. Nur in Ausnahmefällen, wie etwa einer besonders kurzen Dauer des Arbeitsverhältnisses, kommt es hierüber zum Streit. In der Regel kann der Arbeitgeber jedoch die Existenz eines Zeugniserteilungsanspruches nicht ernsthaft in Frage stellen, so dass die Nichterteilung auf Nachlässigkeit oder Schikane beruht. Inhaltlich geht der Streit meist um bestimmte Formulierungen oder Formalia des Zeugnisses. Bisweilen ist auch der Zeitpunkt streitig, zu dem der Anspruch entsteht bzw. fällig wird. In § 109 Abs. 1 Satz 1 GewO steht, der Arbeitnehmer habe „bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses“, also nicht erst nach der Beendigung, einen Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses3 (die Formulierungen „(Ab) Schlusszeugnis“, „Endzeugnis“ o.Ä., die als Gegensatz zum Zwischenzeugnis verwandt werden, sind nicht einheitlich und finden sich nicht im Gesetz). Ob er dies schon nach Zugang der Kündigung, aber vor Ablauf der Kündigungsfrist verlangen kann4 oder ob er bis dahin nur einen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis hat5, ist umstritten6. Meines Erachtens besteht der Anspruch grundsätzlich bereits bei Zugang der Kündi-

1 Zu den grundsätzlichen prozessualen Fragen s. Korinth, ArbRB 2004, 321. 2 LAG Sachs. v. 26.3.2003 – 2 Sa 875/02. 3 Vgl. Schliemann/Eisemann, § 630 Rz. 16, der den Anspruch „aus Anlass“ der Beendigung des Arbeitsverhältnisses annimmt. 4 Schliemann/Eisemann, § 630 Rz. 17, der es nur für den Ausnahmefall anders sieht, dass die Dauer der Kündigungsfrist länger ist als die davor liegende Beschäftigungszeit. 5 Vgl. ErfK/Müller-Glöge, § 109 GewO Rz. 8; solange das Zeugnis für inhaltliche Veränderungen noch offen sein muss, darf der Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis erteilen. 6 Für ein Wahlrecht des Arbeitnehmers LAG Hamm v. 1.12.1994 – 4 Sa 1540/94.

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Anspruch auf Zeugniserteilung

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Rz. 277 I

gung, bei Abschluss des Aufhebungsvertrages1 oder während der Dauer der fiktiven Kündigungsfrist bei Befristungen2. Nach allgemeiner Ansicht kann der Arbeitnehmer aber jedenfalls bei seinem tatsächlichen Ausscheiden aus dem Betrieb3 und nach Ablauf der Kündigungsfrist ein Endzeugnis fordern. In dem zuletzt genannten Fall setzt er sich zwar formal in Widerspruch zu seinem Vorbringen im Kündigungsschutzprozess, wonach das Arbeitsverhältnis gerade nicht beendet ist. Gleichwohl hält das BAG einen solchen Anspruch auch bei noch offenem Kündigungsschutzverfahren für gegeben4. Der Arbeitgeber kann einem solchen Anspruch auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, das Kündigungsschutzverfahren sei noch nicht beendet und daher stehe nicht fest, welche Art von Zeugnis geschuldet sei5. Der Anspruch auf ein Zwischenzeugnis ist nicht von dem in § 109 277 GewO normierten Zeugniserteilungsanpruch umfasst, da dort die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgesetzt wird. Es gibt auch keinen anderweitigen gesetzlichen Anspruch, jedoch vielfach tarifvertragliche Regelungen. Ansonsten wird der Anspruch aus einer gem. § 242 BGB bestehenden vertraglichen Nebenpflicht abgeleitet6. Voraussetzung ist aber nach herrschender, wenn auch nicht unumstrittener Meinung7, dass der Arbeitnehmer hierfür einen „triftigen Grund“8 hat. Hierzu zählen auch die Ankündigung und der Ausspruch einer Kündigung9. Grundsätzlich endet der Anspruch auf ein Zwischenzeugnis jedoch mit dem Ablauf der Kündigungsfrist, da er subsidiär gegenüber dem gesetzlichen Anspruch auf ein Abschlusszeugnis ist10. Er kann daher – vom Ausnahmefall der offensichtlich unwirksamen Kündigung abgesehen – nicht mehr in einem selbständigen Verfahren geltend gemacht werden, auch nicht mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhoben hat, über 1 2 3 4

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Erman/Belling, 630 BGB Rz. 6. Schliemann/Eisemann, § 630 Rz. 17. HWK/Gäntgen, § 109 GewO Rz. 10. BAG v. 27.2.1987 – 5 AZR 710/85; hinsichtlich derselben „Zwickmühle“ beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot soll nach Auffassung des 2. Senats aber ein widersprüchliches Verhalten vorliegen, Urt. v. 25.4.1992 – 2 AZR 624/90, s. hierzu eingehend Korinth, ArbRB 2004, 29. BAG v. 27.2.1987 – 5 AZR 710/85; HWK/Gäntgen, Rz. 12 zu § 109 GewO; zur Frage der Schadensersatzpflicht bei nicht rechtzeitig erteiltem Zeugnis s. Anton-Dyck/Böhm, ArbRB 2013, 344. HWK/Gäntgen, § 109 GewO Rz. 34, LAG Hess. v. 28.3.2003 – 12 SaGa 1744/02. BAG v. 21.1.1993 – 6 AZR 171/92 – und v. 1.10.1998 – 6 AZR 176/97, jeweils zu § 61 Abs. 2 BAT, LAG Hess. v. 28.3.2003 – 12 SaGa 1744/02, HWK/Gäntgen, § 109 GewO Rz. 34 mit einer Auflistung der möglichen Gründe; a.A. Küttner/ Poeche, Personalbuch 2013, § 470 Rz. 11, da der Arbeitnehmer mit der Angabe des Grundes u.U. das Arbeitsverhältnis gefährde. So die Formulierung in § 61 Abs. 2 BAT. HWK/Gäntgen, § 109 GewO Rz. 34. LAG Berlin-Brandenburg v. 8.1.2013 – 3 Sa 1270/12.

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I Rz. 278

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

die noch nicht abschließend entschieden worden ist. Man kann aber den Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses mit einem uneigentlichen Hilfsantrag im Kündigungsschutzverfahren geltend machen, wie dies beim allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch seit langem üblich ist. Wenn dem Bestandsschutzantrag stattgegeben wird, steht aufgrund der innerprozessualen Bindung (§ 318 ZPO) für das Gericht fest, dass die Kündigung unwirksam ist, so dass die Anspruchsvoraussetzungen für ein Zwischenzeugnis vorliegen1. Dabei ist unbedingt zu beachten, dass der Arbeitgeber zunächst aufgefordert werden muss, ein Zwischenzeugnis zu erteilen, bevor die Klage erhoben wird. Vorher besteht kein Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe, da eine solche Klage mutwillig i.S.v. § 114 ZPO ist. Der Anspruch muss also vorprozessual geltend gemacht worden sein, und es müssen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Arbeitgeber den Anspruch nicht erfüllen wird2. Der Arbeitgeber kann anderenfalls auch durch ein sofortiges Anerkenntnis die Kostentragungspflicht des Arbeitnehmers auslösen. Da es sich um eine Holschuld handelt, hat der Arbeitnehmer in der Regel die Verfahrenskosten zu tragen, wenn er das Zeugnis ohne vorherigen Abholversuch einklagt3. Der Arbeitnehmer muss allerdings selbst einschätzen, ob ein Zwischenzeugnis oder ein Abschlusszeugnis besser für seine Bewerbungschancen ist4. 2. Verfügungsgrund 278

Hat der Arbeitgeber überhaupt kein Zeugnis erteilt, steht dem Arbeitnehmer regelmäßig ein Verfügungsgrund zur Seite, so dass er den Anspruch auch mittels einer einstweiligen Verfügung durchsetzen kann. Meines Erachtens bedarf es dafür keiner besonderen Darlegungen zur Dringlichkeit, denn typischerweise ist der Arbeitnehmer nach einer Kündigung auf ein qualifiziertes Zeugnis angewiesen, um überhaupt erfolgversprechende Bewerbungen schreiben zu können. Nur im Einzelfall, etwa wegen eines möglichen zeitnahen Rentenbezugs, kann die Eilbedürftigkeit entfallen. Der Durchsetzbarkeit im Verfügungsverfahren steht auch nicht die Vorwegnahme der Hauptsache entgegen. Die Anforderungen an den Verfügungsgrund sind umso geringer, je eindeutiger der Verfügungsanspruch besteht. Da dem Zeugniserteilungsanspruch auch keine Zurückbehaltungsrechte entgegengehalten werden können5, ist der Verfügungsgrund regelmäßig gegeben6. 1 2 3 4

LAG Hess. v. 28.3.2003 – 12 SaGa 1744/02. LAG Berlin v. 19.6.2002 – 3 Ta 1034/02. LAG Berlin-Brandenburg v. 6.2.2013 – 10 Ta 31/13. Vgl. hierzu BAG v. 27.2.1987 – 5 AZR 710/85, wonach ein Zwischenzeugnis dem Bewerber nach Ablauf der Kündigungsfrist die Suche nach einer neuen Tätigkeit erschwert, da ein künftiger Arbeitgeber daraus zwangsläufig schließen müsse, dass noch Auseinandersetzungen wegen des alten Arbeitsverhältnisses bestehen. 5 Schliemann/Eisemann, § 630 Rz. 18. 6 LAG Köln v. 5.5.2003 – 12 Ta 133/03 m. Anm. Wolmerath im juris-Praxisreport; Schäder/Raab, ArbRB 2010, 320, 323; a.A. für sonstige Arbeitspapiere LAG Ber-

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Anspruch auf Zeugniserteilung

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Rz. 281 I

Bei dem Anspruch auf ein Zwischenzeugnis muss der Arbeitnehmer hin- 279 gegen darlegen und glaubhaft machen, dass er einen „triftigen Grund“ hat, dieses gerade zu diesem Zeitpunkt zu begehren. Wird ein formal ordnungsgemäßes Zeugnis erteilt, kann der Arbeitneh- 280 mer regelmäßig nicht mittels einstweiliger Verfügung eine bessere Beurteilung oder sonstige inhaltliche Änderung erzwingen. Die neuere Rechtsprechung lässt hierzu eng begrenzte Ausnahmen zu. Wenn das Zeugnis schon dem äußeren Anschein nach nicht den zu stellenden Anforderungen entspricht und/oder die Beschreibung der Tätigkeit derart unvollständig ist bzw. die Bewertung von Führung und Leistung so ungünstige oder gar unsachliche Formulierungen enthält, dass erfolgversprechende Bewerbungen dadurch ausgeschlossen erscheinen, soll die Berichtigung auch durch einstweilige Verfügung möglich sein. So wurde eine Verfügung erlassen, weil die im Zeugnis enthaltene Verhaltensbeurteilung offensichtlich lückenhaft war, da sie nur eine Bewertung des Verhaltens des Klägers gegenüber seinen Kollegen, nicht aber gegenüber Vorgesetzten und Kunden enthielt1. 3. Antrag/Tenor Der Antrag und der Tenor im Verfügungsverfahren gehen dahin, dem Ar- 281 beitgeber aufzugeben, dem Arbeitnehmer ein qualifiziertes oder einfaches Zeugnis zu erteilen. Bei dem Antrag auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses empfiehlt es sich, hinzuzufügen, dass sich dies auf Führung und Leistung zu erstrecken hat. Ob mit dem Antrag auch ein „wohlwollendes“ Zeugnis begehrt werden kann, wird wegen des Bestimmtheitserfordernisses von Teilen der Literatur als zweifelhaft angesehen2. Wenn der Arbeitnehmer ausnahmsweise im Verfügungsverfahren die Änderung eines bereits erteilten Zeugnisses begehrt, muss er im Antrag präzise umschreiben, welche Formulierungen im erteilten Zeugnis er durch welche anderen ersetzt haben möchte3. Dabei geht es genau genommen gar nicht um eine Korrektur, da ein neues Zeugnis mit einem veränderten Inhalt begehrt wird. Gleichwohl ist ein Klagantrag auf „Berichtigung des Zeugnisses vom …“ zulässig, da das Begehren durch Auslegung ermittelt werden kann4. Ein vollstreckbarer Titel fehlt z.B. bei der folgenden Formulierung; „D. Bekl. wird d. Kl. auf der Basis des Zwischenzeugnisses vom … ein Arbeitszeugnis erteilen“5. Die zu vollstreckende Handlung muss sich jedenfalls bei einem Versäumnisurteil oder einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung (die ja nicht

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lin v. 3.12.2001 – 19 Ta 2126/01, das die Glaubhaftmachung einer konkreten Bewerbungssituation verlangt. Hessisches LAG v. 17.2.2014 – 16 SaGa 61/14; s. weiter LAG Köln v. 5.5.2003 – 12 Ta 133/03. HWK/Gäntgen, § 109 GewO Rz. 49. BAG v. 14.3.2000 – 9 AZR 246/99; LAG Düsseldorf v. 11.6.2003 – 12 Sa 354/03. Vgl. HWK/Gäntgen, § 109 GewO Rz. 50. LAG Hess. v. 17.3.2003 – 16 Ta 82/03.

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I Rz. 282

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

begründet werden muss) aus dem Inhalt der Entscheidung ohne Rückgriff auf den sonstigen Inhalt der Prozessakten ergeben1. 4. Vollstreckung 282

Die Vollstreckung erfolgt gem. § 888 ZPO durch die Verhängung von Zwangsgeld bzw. Zwangshaft. Dabei ist zu beachten, dass es sich grundsätzlich um eine Holschuld handelt2. Der Arbeitgeber kann somit die Erfüllung schon dann behaupten, wenn er vorträgt, dass das fertig gestellte Zeugnis bereitliegt und vom Arbeitnehmer zu den Geschäftszeiten abgeholt werden kann, es sei denn, die Abholung ist für den Arbeitnehmer im Ausnahmefall mit unzumutbaren Schwierigkeiten verbunden. Behauptet der Arbeitgeber, dass ein Zeugnis bereits erteilt worden ist, und weigert er sich, dieses herauszugeben, so kann der Anspruch durch Wegnahme seitens des Gerichtsvollziehers gem. § 883 ZPO vollstreckt werden.

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Der Arbeitgeber kann nur dann erfolgreich den Erfüllungseinwand erheben, wenn die entsprechenden Tatsachen unstreitig sind3. Ansonsten ist er auf die Vollstreckungsgegenklage zu verweisen. Ist er lediglich zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses ohne nähere Bestimmung des Inhalts verurteilt worden, so wird im Vollstreckungsverfahren nur geprüft, ob das Zeugnis den formalen Anforderungen genügt. Ein bestimmter Inhalt kann im Rahmen der Zwangsvollstreckung nicht erzwungen werden, denn eine inhaltliche Prüfung des Zeugnisses findet im Zwangsvollstreckungsverfahren grundsätzlich nicht statt. Enthält das Zeugnis jedoch Äußerungen in polemischem, grob unsachlichem oder ironischem Stil, genügt es noch nicht einmal diesen formalen Anforderungen, so dass seine Erteilung der Zwangsvollstreckung nicht entgegensteht4. Die Prüfung obliegt hier dem Vollstreckungsgericht. 5. Streitwert

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Der Streit über die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses ist regelmäßig mit dem Betrag einer Monatsbruttovergütung zu bewerten5, und zwar auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis nur von kurzer Dauer war6.

1 LAG Köln v. 8.1.2003 – 6 Ta 386/02 – ablehnend für die Formulierung, das Zeugnis „entsprechend dem der Klageschrift beiliegenden Entwurf abzuändern und neu zu formulieren“. 2 BAG v. 8.3.1995 – 5 AZR 848/93; LAG Berlin-Brandenburg v. 6.2.2013 – 10 Ta 31/13. 3 LAG Hess. v. 17.3.2003 – 16 Ta 82/03. 4 LAG Schl.-Holst. v. 15.12.2003 – 1 Ta 232/03. 5 LAG Rh.-Pf. v. 12.6.2007 – 1 Ta 135/07; LAG Berlin v. 27.4.2001 – 17 Ta 6085/01 (Kost); HWK/Gäntgen, § 109 GewO Rz. 53, so auch der Streitwertkatalogs der LAG unter 24.2. 6 LAG Berlin v. 13.5.2002 – 17 Ta 6059/02 (Kost).

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Anspruch auf Zeugniserteilung

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Rz. 285 I

Gleiches gilt grundsätzlich für die Berichtigung1. Der Streit um ein Zwischenzeugnis wird mit einem halben Monatsentgelt bewertet2. Erteilt der Arbeitgeber ein Zeugnis, das nicht die Bewertung „sehr gut“ enthält und wird der Anwalt daraufhin mit der Geltendmachung des Berichtigungsanspruchs beauftragt, entstehen für die zweite Tätigkeit neue Gebühren3. Der Streit über ein einfaches Zeugnis wird mit einem Zehntel des monatlichen Bruttoentgelts bewertet4. Ein Abschlag für das Eilverfahren kommt m.E. nicht in Betracht, da mit der einstweiligen Verfügung der Streit über die Verpflichtung zur Erteilung eines Zeugnisses in der Regel endgültig beigelegt ist und es in einem Hauptsacheverfahren nur um die Formulierung desselben gehen dürfte. Wird der Zeugnisanspruch im Vergleich geregelt, ist ein Mehrwert nur anzusetzen, wenn damit Ansprüche geregelt werden, die zwischen den Parteien streitig oder ungewiss waren5. Wird hingegen eine bestimmte Zeugnisstufe festgelegt oder gar bestimmte Formulierungen, rechtfertigt dies die Annahme eines Mehrwerts von bis zu einem Monatsentgelt6. Wenn in einem Beendigungsvergleich die Erteilung eines Zwischenzeugnisses und eines inhaltlich identischen Endzeugnisses vereinbart wird, so ist für beide zusammen nur ein Gegenstandswert festzusetzen. Dies gilt auch, wenn sich die Zeugnisse durch typischerweise nur in einem Endzeugnis enthaltene floskelartige Wendungen voneinander unterscheiden wie insbesondere eine Beendigungs-, Dankes- oder Bedauernsformel7. Muster 49 Einstweilige Verfgung auf Zeugniserteilung

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An das ArbG In Sachen des … – Antragsteller – Prozessbevollmchtigter: gegen

1 S. aber ArbG München v. 25.3.2010 – 13 Ca 13280/09, das bei einer Vielzahl von Berichtungen zwei Monatsentgelte angesetzt hat. 2 LAG Berlin v. 11.9.2001 – 17 Ta 6127/01 (Kost); so auch der Streitwertkatalog der LAG unter 24.3. 3 LG Köln v. 11.1.2012 – 20 S 11/11. 4 S. den Entwurf des Streitwertkatalogs der LAG unter 24.1. 5 LAG Berlin-Brandenburg v. 31.12.2008 – 17 Ta (Kost) 6161/08. 6 LAG Schl.-Holst. v. 4.6.2009 – 6 Ta 106/09; LAG Köln v. 18.7.2007 – 9 Ta 164/07, auch für den Fall, dass „Inhalt und Struktur“ eines Zwischenzeugnisses auf das Endzeugnis übertragen werden sollen. 7 LAG Rh.-Pf. v. 21.10.2008 – 1 Ta 176/08; LAG Hamburg v. 11.1.2008 – 8 Ta 13/07; LAG Köln v. 18.7.2007 – 9 Ta 164/07.

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I Rz. 285

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

… GmbH … – Antragsgegnerin – beantrage ich im Namen und mit Auftrag des Antragstellers, wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Verhandlung den Erlass nachstehender einstweiliger Verfgung: Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dem Antragsteller ein wohlwollendes qualifiziertes, auf Fhrung und Leistung erstrecktes Zeugnis zu erteilen. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller war bei der Antragsgegnerin bis zu seinem aufgrund eigener Kndigung erfolgten Ausscheiden am … als kaufmnnischer Angestellter zu einem monatlichen Bruttoentgelt von … Euro beschftigt. Die Arbeitspapiere hat er – bis auf ein Zeugnis – ordnungsgemß ausgefllt erhalten. Auf die Frage nach einem Zeugnis erwiderte der Personalleiter, dass er ihm ein solches nicht erteilen werde. Der Antragsteller muss sich zur Sicherung seines Lebensunterhaltes um eine neue Stelle bewerben. Hierfr ist es unabdingbar, dass er ein qualifiziertes Zeugnis vorweisen kann. Ein diesbezglicher Anspruch ergibt sich aus § 109 Abs. 1 Satz 1 GewO. Die Weigerung der Antragsgegnerin entbehrt jeder rechtlichen Grundlage. Da es dem Antragsteller nicht angesonnen werden kann, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens erster Instanz auf erfolgversprechende Bemhungen am Arbeitsmarkt zu verzichten, besteht auch ein Verfgungsgrund. Zur Glaubhaftmachung wird auf die beigefgte eidesstattliche Versicherung des Antragstellers verwiesen. (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Unterschrift

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Konkurrentenschutzklage

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Rz. 286 I

XV. Konkurrentenschutzklage Literatur: Deinert, Frauenförderung beim Zugang zu Ämtern: Beamtenrechtlicher Konkurrententstreit als Möglichkeit des Rechtsschutzes für nichtberücksichtigte Bewerber?, RiA 1996, 5; Düwell, Der Zugang zum Amt für Arbeitnehmer, ZTR 2000, 245; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl. 1998; Graetz, Die arbeitsrechtliche Konkurrentenklage, DVP 2010, 416; Hauck-Scholz in Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, 2. Aufl.2014, Teil 2 V; Günther, Ende beamtenrechtlichen Konkurrentenstreits infolge Verwendung der Haushaltsmittel für einen Angestellten?, DöD 1990, 212; Krogull, Anspruch auf Beförderung? Freiheit und Bindung bei der Personalentwicklung, NZA-Beilage 2012 Nr. 4 S. 129; Kuhla, Beförderungskonkurrenzen von Beamten und Angestellten, FS für Peter Raue, 2006, S. 173; Laber, Arbeitsrechtliche Konkurrentenklage, ArbRB 2006, 221; Lansnicker/Schwirtzek, Die Konkurrentenklage im Arbeitsrecht, NJW 2003, 2481; Laubinger, Die Konkurrentenklage im öffentlichen Dienst – eine unendliche Geschichte (Teil 2), ZBR 2010, 332; Lechner, Problematik und Vorgehensweise bei beamtenrechtlichen und arbeitsrechtlichen Konkurrentenklage, Anmerkung, AnwZert ArbR 20/2010 Anm. 1; Rothländer, Das beamtenrechtliche Konkurrentenstreitverfahren, Der Personalrat 1996, 479; von Roetteken, Rechtsprechung des BVerfG zum Auswahlverfahren und zum Rechtsschutz bei der Vergabe öffentlicher Ämter, ZTR 2008, 522; von Roetteken Neuere Entwicklungen in der Rechtsprechung zur Konkurrentenklage, DRiZ 2008, 294; Schiek/Buhr/Fritsche u.a., Frauengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder, 1996; Schmitt; Sozialauswahl bei Konkurrenz um anderweitige Beschäftigung, Berlin-Verlag 2000; Schnellenbach, Zum vorläufigen Rechtsschutz bei der Einstellungs- und Beförderungsamtskonkurrenz, NVwZ 1990, 637; Schotten, Die Auswirkungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf den Zugang zum öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik Deutschland, 1993; Seitz, Die arbeitsrechtliche Konkurrentenklage unter besonderer Berücksichtigung beamtenrechtlicher Grundsätze, 1995; Thannheiser, Die Konkurrentenklage für Arbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes, PersR 1999, 47; Vogg, Grundgesetzliche Bindung bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen mit der öffentlichen Hand, AuR 1993, 287; Wittkowski, Die Konkurrentenklage im Beamtenrecht unter besonderer Berücksichtigung des vorläufigen Rechtsschutzes, NJW 1993, 817; Zimmerling, Arbeitsrechtliche Konkurrentenklage und Eingruppierungsklage im öffentlichen Dienst, 1. Aufl. 1999; Zimmerling, Rechtsprobleme der arbeitsrechtlichen Konkurrentenklage, ZTR 2000, 489; Zimmerling, Konkurrenz zwischen Angestellten und Beamten im Beförderungsgeschehen, RiA 2002, 165.

1. Grundsätze – Rechtsschutzziel Die Konkurrentenschutzklage ist ein spezielles Thema des Arbeitsrechts 286 im öffentlichen Dienst1, dessen einer Schwerpunkt die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes darstellt2. Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung glei1 S. grundlegend BVerfG v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02, v. 29.7.2003 – 2 BvR 311/03, v. 9.7.2007 – 2 BvR 206/07, jeweils zum Beamtenrecht; ArbG Magdeburg v. 20.11.2008 – 6 Ga 34/08 – keine Anwendung bei einer GmbH, selbst wenn sie vollständig von der öffentlichen Hand gehalten werden, so auch LAG SachsenAnhalt v. 29.7.2008 – 8 Sa 600/07; LAG Köln v. 23.4.2001 – 4 Ta 104/01. 2 Hauck-Scholz in Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, Teil 2 Rz. 131.

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I Rz. 286

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

chen Zugang zu jedem öffentlichen Amte, wozu auch Positionen gehören, die mittels eines Arbeitsvertrages besetzt werden. Dies gilt auch für der eigentlichen Stellenbesetzungsentscheidung vorgelagerte Auswahlprozesse1. Nicht davon erfasst sind privatrechtlich organisierte juristische Personen, auch wenn deren Gesellschaftsanteil vollständig in der Hand öffentlich-rechtlicher Körperschaften liegt2. Diese ein grundrechtsgleiches Recht begründende Vorschrift betrifft den gesamten öffentlichen Dienst und somit auch die Einstellung und Beförderung von Arbeitnehmern3, wobei sich für einzelne Bewerber daraus unmittelbare Rechte ergeben können. Eine Beschränkung des Bewerberkreises auf Beamte ist nur zulässig, wenn es sich um eine Funktionsstelle handelt, d.h., wenn sich der Aufgabenbereich der zu besetzenden Stelle auf hoheitliche Funktionen i.S.v. Art. 33 Abs. 4 GG bezieht4. Lediglich finanzielle, haushaltsrechtliche oder sonstige dienstliche Belange können nicht dazu führen, dass der öffentliche Arbeitgeber sich auf den Funktionsvorbehalt des Art 33 Abs. 4 GG berufen kann. Allein aus der haushaltsrechtlichen Zuweisung eines bestimmten Kontingents an Planstellen einer Besoldungsgruppe nach der BBesO bzw. einer Vergütungsgruppe nach TVöD lässt sich kein Rückschluss darauf ziehen, dass bestimmte Tätigkeiten die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe beinhalten5. Es darf auch nicht eine festgelegte Zahl von Beförderungsstellen aus haushaltsrechtlichen Gründen nur mit Beamten besetzt werden6. Umgekehrt ist der öffentliche Arbeitgeber aber rechtlich nicht daran gehindert, auch solche Funktionsstellen mit Arbeitnehmern zu besetzen7. Ein Anspruch auf Einstellung oder Beförderung steht dem Bewerber jedoch nur zu, wenn im Einzelfall sich jede andere Entscheidung als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft und somit die Berücksichtigung des konkreten Bewerbers die einzig rechtmäßige Entscheidung darstellen würde, weil er absolut und im Verhältnis zu den Mitbewerbern der in jeder Hinsicht am besten Geeignete ist8. Art. 33 Abs. 2 GG schützt somit im Wesentlichen ein faires Bewerbungsverfahren9. Dies setzt keine Ermessensreduktion bei der Auswahl voraus. Die Auswahl des verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigten Bewerbers muss nach der Rechtsprechung des BVerfG nur möglich sein10. Dies gilt auch, wenn im Fall 1 Hess. LAG v. 8.4.2011 – 3 SaGa 343/11. 2 LAG Köln v. 23.4.2001 – 4 Ta 104/01, das ausdrücklich offen ließ, ob dies auch für Beliehene gilt. 3 BAG v. 28.5.2002 – 9 AZR 751/00 u.v. 2.12.1997 – 9 AZR 445/96. 4 BAG v. 5.11.2002 – 9 AZR 451/01, v. 18.9.2001 – 9 AZR 410/00 u.v. 11.8.1998 – 9 AZR 155/97. 5 LAG Hamm v. 18.5.2001 – 5 Sa 1942/00. 6 BAG v. 5.11.2002 – 9 AZR 451/01. 7 BAG v. 11.8.1998 – 9 AZR 155/97. 8 St. Rspr. des BAG, s. Urteile BAG v. 12.10.2010 – 9 AZR 554/09; v. 20.3.2003 – 8 AZR 77/01, v. 2.12.1997 – 9 AZR 668/96 und v. 5.6.1996 – 1 AZR 590/92 (A). 9 BVerwG v. 21.8.2003 – 2 C 14.02; BVerfG v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02; BAG v. 2.12.1997 – 9 AZR 445/96. 10 BVerfG v. 13.1.2010 – 2 BvR 811/09.

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Konkurrentenschutzklage

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Rz. 287 I

der Beförderung mit der Stellenbesetzung keine höhere Vergütung verbunden ist1. Ein Verfügungsgrund dürfte allerdings nur dann gegeben sein, wenn die Stellenbesetzung nicht durch Ausübung des Direktionsrechtes rückgängig gemacht werden kann. Ist die Stelle dem erfolgreichen Mitbewerber rechtswirksam auf Dauer übertragen worden, ist für eine Neubescheidung kein Raum mehr2. Der Anspruch auf ein faires Bewerbungsverfahren ist ein Recht i.S.v. § 1004 BGB3. Ein faires Bewerbungsverfahren hat sich an den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG zu orientieren, um die sog. Bestenauslese durchzuführen4. Allerdings ist der öffentliche Arbeitgeber frei, zwischen Umsetzungen, Versetzungen oder Beförderungen zu wählen. Soweit Beförderungsbewerbungen zugelassen sind, hat eine Bestenauslese stattzufinden5. Mit der Konkurrentenschutzklage will der unterlegene Bewerber um ei- 287 nen Dienstposten erreichen, dass die vom Dienstherren angekündigte Stellenbesetzung mit dem ausgewählten Bewerber nicht erfolgt, dass ggf. ein neues Auswahlverfahren durchgeführt wird und ihm selbst die begehrte Stelle übertragen wird. Im Beamtenrecht ist die Konkurrentenschutzklage seit langem anerkannt6. Dort ist der vorläufige Rechtsschutz von überragender Bedeutung, da die Hauptsacheverfahren sich bei den VG über Jahre hinziehen und nach der erfolgten Ernennung eines Mitbewerbers haushaltsrechtlich und beamtenrechtlich keine zu besetzende Stelle mehr zur Verfügung steht. Der Anspruch des unterlegenen Bewerbers auf Beförderung ist mit der Besetzung der Stelle durch einen Mitbewerber im Beamtenrecht unmöglich geworden. Dies ist auch verfassungskonform7. Von daher würde ohne einen vorläufigen Stopp des Stellenbesetzungsverfahrens eine Rechtsschutzlücke entstehen, die die einstweilige Verfügung im beamtenrechtlichen Konkurrentenschutzverfahren schließt. Dies gilt auch, wenn sich ein Angestellter um eine Position bewirbt, die mit einem Beamten besetzt werden soll.

1 BAG v. 5.11.2002 – 9 AZR 451/01, v. 11.8.1998 – 9 AZR 155/97; a.A. BVerwG v. 26.1.1994 – 6 P 21.92, differenzierend VGH Hess. v. 23.4.1996 – 1 TG 298/96. 2 BAG v. 12.10.2010 – 9 AZR 554/09; LAG Rh.-Pf. v. 19.12.2007 – 8 Sa 566/07; ArbG Berlin v. 7.11.2000 – 60 Ga 30108/00; der Antrag ist dann unzulässig, Hauck-Scholz in Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, Teil 2 Rz. 61; zur Ausnahme s. Rz. 288. 3 BAG v. 5.11.2002 – 9 AZR 451/01 u. v. 22.6.1999 – 9 AZR 541/98; LAG Hamm v. 18.5.2001 – 5 Sa 1942/00. 4 Problematisch daher LAG Köln v. 6.9.2001 – 10 Sa 407/01, das bei einer Konkurrenz zwischen Versetzungs- und Beförderungsbewerbern ein personalwirtschaftlich bestimmtes Ermessen zugunsten des Versetzungsbewerbers ausreichen lässt. 5 BAG v. 23.1.2007 – 9 AZR 492/06. 6 Vgl. Wittkowski, NJW 1993, 817; Rothländer, PersR 1996, 479. 7 BVerfG v. 19.9.1989 – 2 BvR 1576/88; zu Schadensersatzansprüchen im Beamtenrecht s. BVerwG v. 25.8.1988 – 2 C 51/86; zu Ansprüchen aus Amtspflichtverletzung BGH v. 6.4.1995 – II ZR 184/94.

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I Rz. 288

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

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Die Konkurrentensituation im Arbeitsrecht ist grundsätzlich genauso zu behandeln wie im Beamtenrecht, da aufgrund der endgültigen Besetzung der Stelle mit einem Mitbewerber das fragliche Beförderungsamt nicht mehr dem Konkurrenten übertragen werden kann1. Auch im Arbeitsrecht des öffentlichen Dienstes setzt ein Einstellungs- oder Beförderungsanspruch das Vorhandensein einer besetzungsfähigen und haushaltsrechtlich abgesicherten Stelle voraus. Art. 33 Abs. 2 GG lässt keine Differenzierung zwischen der Gruppe der Beamten und der der Angestellten zu. Gesichert wird in beiden Fällen der Zugang zum Amt, was nach der endgültigen Besetzung nicht mehr zur Verfügung steht, auch wenn diese mit einem Angestellten erfolgt sei. Diese Rechtsprechung führt zu einer großen Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzes auch im Arbeitsrecht des öffentlichen Dienstes2. Wenn der Arbeitgeber allerdings auch die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unmöglich macht, kann ausnahmsweise die Neuausschreibung und ggf. das Freimachen der Stelle verlangt werden3. Daher empfiehlt Hauck-Scholz4 zu Recht, dass sich der ausgewählte Bewerber vom Arbeitgeber schriftlich bestätigen lässt, dass keine Konkurrentenklage erhoben wurde und dass ein Rückkehrrecht zur vorherigen Position besteht, wenn die Bewerbung keinen Arbeitgeberwechsel nötig macht.

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Das Rechtsschutzziel des Bewerbers um ein Amt im öffentlichen Dienst – gleich ob er neu in den öffentlichen Dienst eintreten möchte oder ein Beförderungsamt anstrebt – kann in drei Richtungen gehen: Endziel ist die Vergabe der begehrten Position an sich selbst. Um dieses Ziel zu sichern, bedarf es zweierlei: Zum einen muss der Bewerber Kenntnis von der Qualifikation seines Mitbewerbers haben, um nicht „ins Blaue hinein“ prozessieren zu müssen. Hier kommt die Geltendmachung eines Auskunftsanspruches in Betracht. Darüber hinaus, und das ist wichtiger, muss der Bewerber versuchen, die endgültige Besetzung der Stelle mit dem Mitbewerber zu verhindern, da ansonsten die sog. Rechtsschutzklappe fällt. Der unterlegene Bewerber hat aber auch ein Interesse an der Verhinderung der nur vorläufigen Besetzung der Stelle mit dem Konkurrenten, da dieser im Laufe des Bewerbungsverfahrens einen Erfahrungsvorsprung erwerben könnte, der seine Chancen zu erhöhen geeignet ist. 2. Pflichten des Arbeitgebers

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Um überhaupt einen effektiven Rechtsschutz zu erlangen, muss der unterlegene Bewerber daher eine auf einen Besetzungsstopp gerichtete 1 BAG v. 2.12.1997 – 9 AZR 445/96; Seitz, Arbeitsrechtl. Konkurrentenklage 63. 2 S. zur fehlenden Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers bei unterlassenem Eilverfahren LAG Nürnberg v. 9.3.2010 – 7 Sa 338/08 und LAG Brandenburg v. 3.11.2005 – 9 Sa 379/05. 3 LAG Nds. v. 8.11.2004 – 5 Sa 576/04; a.A. LAG Rh.-Pf. v. 19.12.2007 – 8 Sa 566/07. 4 Hauck-Scholz in Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, 2. Aufl., Rz. 133.

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Konkurrentenschutzklage

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Rz. 292 I

einstweilige Verfügung beantragen und dabei glaubhaft machen, dass er zu Unrecht übergangen worden ist. Dies setzt aber voraus, dass er rechtzeitig von der Auswahl eines anderen Bewerbers erfährt. Wendet man die beamtenrechtlichen Grundsätze auf das Arbeitsrecht an, so muss die Verwaltung verpflichtet sein, die abgelehnten Bewerber rechtzeitig, d.h. mindestens zwei Wochen vor der endgültigen Besetzung, von der Auswahlentscheidung zu unterrichten1. Der unterlegene Bewerber muss eine angemessene Überlegungsfrist haben, um sich über die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes klar zu werden2. Der öffentliche Arbeitgeber kann dem Anspruch des unterlegenen Mitbewerbers auf Besetzung der Stelle nicht entgegenhalten, er habe die Stelle endgültig einem Konkurrenten übertragen, wenn er hierdurch dessen einstweiligen Rechtsschutz vereitelt hat3. Auch nach der Anrufung des ArbG darf der öffentliche Arbeitgeber bis 291 zum rechtskräftigen Abschluss des Eilverfahrens keine vollendeten Tatsachen schaffen4. Weiter hat der unterlegene Bewerber einen Auskunftsanspruch gegen die 292 Behörde über den Namen und die Qualifikation des Mitbewerbers. Dieser ergibt sich aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG5 bzw. aus § 242 BGB6. Diese Mitteilungspflicht entsteht mit Abschluss des Auswahlverfahrens. Dem unterlegenen Bewerber ist hier binnen einer Frist von zwei bis vier Wochen mitzuteilen, aufgrund welcher Umstände die Wahl nicht auf ihn gefallen ist. Der Umfang der Mitteilung muss so ausgestaltet sein, dass er daraufhin in der Lage ist, seine Prozesschancen abzuschätzen. Erforderlichenfalls ist die Mitteilung auf Anforderung des Bewerbers zu substantiieren7. Unterlässt der Arbeitgeber dies, ist es dem unterlegenen Bewerber im Gerichtsverfahren nicht möglich, zu substantiieren, warum er zu Unrecht den Posten nicht übertragen bekommen hat. Prozessual ist daher der Arbeitgeber zunächst durch eine verfahrensleitende Verfügung gem. § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ArbGG anzuhalten, konkret zum Auswahlverfahren und zu den Auswahlgründen vorzutragen8. Ge-

1 BAG v. 12.10.2010 – 9 AZR 554/09, v. 20.3.2003 – 8 AZR 77/02, v. 28.5.2002 – 9 AZR 751/00 u.v. 22.6.1999 – 9 AZR 541/98; Schnellenbach, NVwZ 1990, 637 f. 2 BVerfG v. 19.9.1989 – 2 BvR 1576/88; BAG v. 20.3.2003 – 8 AZR 77/02; BGH v. 6.4.1995 – III ZR 183/94; zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes bis hin zum Freimachen der Stelle s. LAG Nds. v. 8.11.2004 – 5 Sa 576/04. 3 BAG v. 24.3.2009 – 9 AZR 277/08. 4 BAG v. 28.5.2002 – 9 AZR 751/00; Hess. VGH v. 31.3.1994 – 1 TG 479/94. 5 S. BAG v. 18.9.2007 – 9 AZR 672/07; Seitz, S. 66. 6 BAG v. 28.5.2002 – 9 AZR 751/00; LAG Thüringen v. 28.5.2002 – 8 Sa 232/96. 7 Seitz, S. 15 f.; zur Beweislastumkehr im Schadensersatzprozess bei unterlassener Dokumentation s. LAG Baden-Württemberg v. 3.7.2009 – 9 Sa 56/08. 8 LAG Thüringen v. 13.1.1997 – 8 Sa 232/96; Hauck-Scholz in Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, Teil 2 Rz. 145.

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I Rz. 293

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

schieht dies nicht, kann das Gericht § 138 Abs. 3 ZPO zu seinen Lasten anwenden1. 293

Bei der Durchsetzung dieser Pflichten des Arbeitgebers ist jedoch der Verfügungsgrund problematisch (zum Verfügungsgrund für den vorläufigen Besetzungsstopp s. I Rz. 304), u.a. deswegen, weil hinsichtlich des Auskunftsanspruches mit dem Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendigerweise die Hauptsache vorweggenommen wird. Dies ist zwar nicht in jedem Fall unzulässig, jedoch auf die Fälle zu beschränken, in denen es zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes unabdingbar ist. Dies kann deswegen zweifelhaft sein, weil der Bewerber in der Lage ist, mittels einer einstweiligen Verfügung auf einen vorläufigen Besetzungsstopp den Dienstherrn zu zwingen, die Kriterien seiner Auswahlentscheidung bekannt zu geben.

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Wenn das Gericht die Auswahlentscheidung als rechtsfehlerhaft ansieht und die Stelle noch nicht besetzt ist, muss eine erneute Auswahlentscheidung getroffen werden, bei der der Arbeitgeber an die Rechtsauffassung des Gerichts gebunden ist2.

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Prozessual könnte es für den Arbeitgeber sinnvoll sein, dem zunächst ausgewählten Bewerber den Streit zu verkünden. 3. Zuständigkeit

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Bewirbt sich ein Beamter auf eine Position, die sowohl für Beamte wie für Angestellte ausgeschrieben ist, so wird im Zweifel die Beförderung im Rahmen des Beamtenverhältnisses angestrebt. Daher ist hier das VG zuständig. Erstrebt er eine Angestelltenposition, so könnte einerseits für das Verfügungsverfahren ebenfalls das VG zuständig sein, da er aus einer Beamtenposition heraus klagt. Andererseits ließe sich die Zuständigkeit des ArbG hier jedoch damit begründen, dass er letztlich ein privatrechtliches Handeln, nämlich den Abschluss eines Arbeitsvertrages, anstrebt.

297

Für den Antrag eines Angestellten des öffentlichen Dienstes, der darauf abzielt, die Übertragung eines Beförderungspostens an den verbeamteten Konkurrenten zu unterbinden, ist der Weg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet3. Ein Einschreiten des BVerfG ist nicht erforderlich, wenn sich ohne dessen Anrufung ein anderer Weg zeigt, auf dem das erstrebte Ziel erreicht werden kann4 1 S. LAG Baden-Württemberg v. 3.7.2009 – 9 Sa 56/08 unter Berufung auf BVerwG v. 21.8.2003 – 2 C 14/02. 2 BAG v. 21.1.2003 – 9 AZR 72/02, v. 5.11.2002 – 9 AZR 451/01 und v. 2.12.1997 – 9 AZR 668/96. 3 OVG NW v. 27.4.2010 – 1 E 404/10; OVG Rh.-Pf. v. 10.12.1997 – 2 E 12965/97. 4 BVerfG v. 9.6.2004 – 2 BvQ 70/04; s. dazu Hauck-Scholz in Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, Teil 2 Rz. 185.

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Rz. 299 I

4. Vorläufiger Besetzungsstopp Der Antrag des unterlegenen Bewerbers im Eilverfahren muss zweck- 298 mäßigerweise dahin gehen, dem Arbeitgeber zu untersagen, eine endgültige Besetzung der präzise zu bezeichnenden Stelle bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorzunehmen1. In diesem Verfahren muss der unterlegene Arbeitnehmer dann entweder beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, das Auswahlverfahren zu wiederholen, oder er muss beantragen, den Arbeitgeber zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages zu den geänderten Arbeitsbedingungen gemäß den Konditionen der begehrten Stelle anzunehmen. In Betracht kommt auch die Verurteilung des Arbeitgebers zur Abgabe eines diesbezüglichen Angebotes, das der Arbeitnehmer schon im Vorhinein annehmen kann. 5. Verfügungsanspruch Hinsichtlich einer solchen Eilentscheidung liegt ein Verfügungsanspruch 299 vor, wenn die getroffene Auswahlentscheidung fehlerhaft ist. Zur Begründung kann sich der Arbeitnehmer darauf berufen, dass entweder das Auswahlverfahren Fehler aufweist oder dass der Ausgewählte geringer qualifiziert ist als er selbst. Zu beachten ist dabei, dass, wie oben ausgeführt, die einstweilige Verfügung das Ziel hat, ein faires Bewerbungsverfahren zu sichern. Von daher ist es nicht notwendig, dass der Antragsteller bereits einen Einstellungsanspruch glaubhaft macht, der voraussetzte, dass sich jede andere Entscheidung als fehlerhaft herausstellen würde. Er muss lediglich glaubhaft machen, dass sein Bewerbungsverfahrensanspruch durch die endgültige Besetzung der Stelle gefährdet ist2. Es ist daher ausreichend, wenn der Antragsteller geltend macht, der Arbeitgeber habe einen Gesichtspunkt nicht berücksichtigt, der möglicherweise zu einer anderen Auswahlentscheidung geführt hätte3. Von daher stellt sich auch nicht das Rangfolgenproblem, wenn mehr als zwei Bewerber sich beworben haben und der auf Einstellung Klagende nicht an die zweite Position, sondern auf eine darunter liegende gesetzt worden ist. Zur richterlichen Kontrolldichte im verwaltungsrechtlichen Eilverfahren hat das BVerfG entschieden, dass derselbe Maßstab wie im Hauptsacheverfahren anzulegen ist und die Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht über das hinausgehen dürfen, was für ein Obsiegen des unterlegenen Bewerbers im Hauptsacheverfahren gefordert werden könnte4.

1 Dies bedingt die effektive Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs, Hess. LAG v. 8.4.2011 – 3 SaGa 343/11. 2 BVerfG v. 24.9.2002 – BvR 857/02. 3 BVerfG v. 9.7.2002 – 2 BvQ 25/02; LAG Sachs. v. 31.3.2003 – 3 Sa 125/03. 4 BVerfG v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02.

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I Rz. 300

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

6. Formelle Fehler im Besetzungsverfahren 300

Bei dem zur Stellenbesetzung führenden Auswahlverfahren ist zunächst zu beachten, dass dem Arbeitgeber die Definition des Anforderungsprofils obliegt, das die Leistungskriterien für die Auswahl konkretisiert. Dabei kann ein öffentlicher Arbeitgeber aus sachlich vertretbaren Gründen festlegen, dass eine Stelle nur befristet besetzt werden soll. Wird ein Bewerber nicht berücksichtigt, der in seiner Person nicht die Möglichkeit bietet, mit ihm einen wirksamen befristeten Vertrag abzuschließen, verstößt dies nicht gegen Art. 33 Abs. 2 GG1. Die Ablehnung eines Bewerbers, weil eine Aufstockung der Teilzeitstelle nicht gewünscht ist, ist in aller Regel mit Art. 33 Abs. 2 GG nicht zu vereinbaren2. Das Anforderungsprofil muss jedoch nicht zur selben Zeit wie die Stellenausschreibung erstellt werden. Es muss jedoch dokumentiert sein, dass die Leistungskriterien zur Zeit der Auswahlentscheidung noch Gültigkeit haben. Dieses Anforderungsprofil muss dokumentiert sein und dem unterlegenen Bewerber zugänglich gemacht werden3. Will der Arbeitgeber später einzelnen Voraussetzungen keine Bedeutung mehr beimessen, muss er auch die Gründe hierfür dokumentieren4. Schon hier kann ein Verfahrensfehler vorliegen, wenn sich die Stellenbeschreibung in allgemeinen Floskeln erschöpft5 oder der Kreis der potentiellen Bewerber zu eng gezogen wird. Aus der Stellenbeschreibung muss sich ergeben, welche Anforderungen von allen Bewerbern zwingend erwartet werden und welche Kriterien zwar nicht notwendig für eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren sind, bei im Wesentlichen gleicher Eignung aber maßgeblich berücksichtigt werden6. Dabei ist es unzulässig, das Anforderungsprofil so zu gestalten, dass für die ausgeschriebene Stelle geeignete und befähigte Bewerber ausgeschlossen werden7. Bei der Beurteilung der formalen Qualifikationsanforderungen ist die einstellende Behörde im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens an Einstufungen gebunden, die Bewerbern aufgrund eines Bescheides mitgeteilt worden sind8.

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Weiterhin kommt ein Verstoß gegen eine bestehende Ausschreibungspflicht in Betracht9, die sich aus landesrechtlichen Regelungen und sonstigen Normen oder auch aus einer in der Vergangenheit gefestigten Ver1 LAG Berlin-Brandenburg v. 16.1.2013 – 15 SaGa 1738/12; LAG Hamm v. 9.10.2008 – 17 Sa 927/08; a.A. LAG Berlin v. 25.8.2006 – 6 Sa 592/06. 2 Hess. LAG v. 8.4.2011 – 3 SaGa 343/11. 3 LAG Nürnberg v. 6.12.2005 – 7 Sa 192/05. 4 LAG Nürnberg v. 6.12.2005 – 7 Sa 192/05. 5 Rothländer, PersR 1996, 479, 484. 6 BVerwG v. 20.6.2013 – BVerwG 2 VR 1.13. 7 LAG Thüringen v. 10.1.2012 – 1 SaGa 5/11; s. auch BAG v. 6.5.2014 – 9 AZR 724/12, Festlegung des Anforderungsprofils muss im Hinblick auf die Anforderungen der zu besetzenden Stelle sachlich nachvollziehbar sein, ebenso LAG Berlin-Brandenburg v. 14.3.2012 – 15 SaGa 2383/11. 8 LAG Köln v. 13.3.2006 – 14 (6) Sa 63/06. 9 Vgl. hierzu BVerwG v. 13.10.1978 – 6 P 6/78.

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Rz. 301 I

waltungsübung ergeben kann1. Es ist zulässig, dass ein Dienstherr eine Stelle nur intern für seine Beschäftigten ausschreibt, wenn hierfür sachliche Gründe vorliegen. Dies hängt davon ab, ob im Einzelfall aufgabenbezogene, personalwirtschaftliche oder haushaltsrechtliche Gründe vorliegen, die nach ihrem Gewicht geeignet sind, den Ausschluss externer Bewerber zu tragen2. Des Weiteren gehören spezialgesetzliche Beteiligungs- und Anhörungsrechte zu den Verfahrensvorschriften, deren Missachtung einen vorläufigen Besetzungsstopp rechtfertigt3. Ferner müssen der Auswahlentscheidung die aktuellen Personaldaten zugrunde liegen. Sowohl der Leistungsvergleich als auch die wesentlichen Auswahlerwägungen sind schriftlich niederzulegen, da nur so eine effektive Kontrolle durch die Gerichte gewährleistet ist4. Der Leistungsvergleich ist nicht notwendigerweise allein auf der Grundlage dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen, es sei denn, dies ergibt sich im Einzelfall aus Verfahrensvorschriften5. Ergibt die Bewertung zweier oder mehrerer Bewerbungen in einem Stellenbesetzungsverfahren, dass diese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung im Wesentlichen gleichwertig sind, kann der Dienstherr mit den Bewerbern ein Auswahlgespräch führen und dessen Ergebnis als weiteres sachbezogenes Kriterium (sog. Hilfskriterium) zur Entscheidung heranziehen6. Bei diesen Vorstellungsgesprächen müssen einheitliche Fragen gestellt werden, die nebst der Antwort zu protokollieren sind7. Der Leistungsvergleich zwischen den einzelnen Bewerbern muss nach einem einheitlichen Bewertungsmaßstab erfolgen, und zwar zeitnah zur Auswahlentscheidung. Die vorläufige, kommissarische Übertragung eines ausgeschriebenen Dienstpostens an einen Mitbewerber verletzt den unterlegenen Mitbewerber regelmäßig in seinem Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann8. Auch können unsachliche Erwägungen bei der Erstellung eines Zwischenzeugnisses anlässlich der Bewerbung um eine Beförderungsstelle im öffentlichen Dienst die Wiederholung der Auswahlentscheidung notwendig machen. Diese können auch darin liegen, dass ein Bewerber deswegen schlechter beurteilt wird, weil seine bisherige Stelle nach der Beförderung nicht wieder besetzt werden soll9. Der Justizgewährleistungsanspruch wird verletzt, wenn der öffentliche Arbeitgeber mit der endgültigen Stellenbesetzung gegen ein im Wege der 1 BVerwG v. 13.10.1978 – 6 P 6/78; Wittkowsky, NJW 1993, 817, 820. 2 BVerwG v. 27.9.2011 – 2 VR 3/11 und v. 15.12.2011 – 2 A 13/10, LAG Berlin-Brandenburg v. 25.1.2012 – 14 SaGa 1546/13. 3 Rothländer, PersR 1996, 479, 485. 4 BAG v. 21.1.2003 – 9 AZR 72/02; Hess. VGH v. 17.6.1996 – 1 TG 2183/97; s. weiter LAG Nürnberg v. 6.12.2005 – 7 Sa 192/05. 5 Vgl. BAG v. 21.1.2003 – 9 AZR 72/02. 6 OVG Sachs. v. 3.9.2004 – 3 BS 167/04. 7 Finkelnburg/Jank, Rz. 1149 m.w.N. der Rechtsprechung der VG. 8 LAG Berlin-Brandenburg v. 28.6.2012 – 25 SaGa 863/12. 9 LAG Schleswig-Holstein v. 16.8.2011 – 1 SaGa 8 a/11.

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I Rz. 302

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

einstweiligen Verfügung ergangenes Unterlassungsurteil verstößt. Das gilt nach Auffassung des BAG auch dann, wenn die Zwangsvollstreckung wegen fehlender Vollziehung innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO unstatthaft geworden ist1. 302

Diese Grundsätze sind für das Beamtenrecht entwickelt worden, lassen sich aber auch auf das Angestelltenrecht übertragen. Jedoch muss im Einzelfall geprüft werden, inwieweit bestimmte Parameter auf rein beamtenrechtlichen Grundlagen beruhen, die keine Entsprechung im sonstigen Dienstrecht haben. 7. Inhaltlich fehlerhafte Auswahlentscheidung

303

In materieller Hinsicht kann der Antrag damit begründet werden, dass der Auswahlentscheidung sachfremde Erwägungen zugrunde lagen. Dabei kann die nach Meinung des Antragstellers geringere Qualifikation des erfolgreichen Mitbewerbers herangezogen werden2. Diese ist für ihn jedoch nur dann substantiiert darstellbar, wenn der Arbeitgeber zuvor seiner Auskunftspflicht genügt hat. Der öffentliche Arbeitgeber ist spätestens im Verfügungsverfahren verpflichtet, dem unterlegenen Bewerber die einzelnen Kriterien mitzuteilen, die er seiner Auswahlentscheidung zugrunde gelegt hat und die ihm in Ausübung seines Beurteilungsermessens dazu bewogen haben, einen anderen Bewerber auszuwählen. Andernfalls ist der Sachvortrag des Arbeitnehmers im Hinblick auf die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung in analoger Anwendung der zu § 1 Abs. 3 KSchG von der Rechtsprechung des BAG entwickelten abgestuften Darlegungs- und Beweislast gem. § 138 Abs. 2 ZPO als unstreitig anzusehen3. 8. Verfügungsgrund

304

Der Verfügungsgrund liegt in der Rechtsprechung des BAG, wonach die sog. Rechtsschutzklappe fällt, wenn die endgültige Besetzung der Position vorgenommen worden ist4. Der unterlegene Bewerber hat Anspruch darauf, dass der öffentliche Arbeitgeber bis zum Abschluss des Verfahrens vorläufigen Rechtsschutzes jede Maßnahme unterlässt, die geeignet ist, vollendete Tatsachen zu schaffen5. Dies gilt auch bei nicht endgülti-

1 BAG v. 18.9.2007 – 9 AZR 672/06. 2 Vgl. BVerwG v. 20.6.2013 – BVerwG 2 VR 1.13 zu den nach Art. 33 Abs. 2 GG nötigen Anforderungen und zu Laufbahnbewerbern. 3 LAG Thüringen v. 13.1.1997 – 8 Sa 232/96. 4 BAG v. 28.5.2002 – 9 AZR 751/00. 5 BVerfG v. 9.7.2007 – 2 BvR 206/07; BAG v. 24.3.2009 – 9 AZR 277/08; für das Berufungsverfahren s. LAG Berlin-Brandenburg v. 14.3.2012 – 15 SaGa 2382/11 – Verfügungsgrund bleibt auch bei voller Ausschöpfung der Berufungsbegründungsfrist bestehen.

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Rz. 306 I

gen Besetzungen von Stellen etwa durch Abordnungen und Umsetzungen1. Problematisch ist der Verfügungsgrund, wenn der Bewerber noch keine konkreten Informationen über seine Bewerbung hat, wohl aber durch Tatsachen gestützte Vermutungen, dass er die Stelle nicht erhalten werde. Der Arbeitgeber kann hier einwenden, er habe noch keine abschließende Auswahlentscheidung getroffen oder müsse noch die Personalvertretung beteiligen. Hier empfiehlt Hauck-Scholz2 zu Recht, den Arbeitgeber unter Fristsetzung aufzufordern, die verfassungsrechtlich geschützte Benachrichtigungspflicht anzuerkennen. Macht er dies nicht, ist die Eilbedürftigkeit gegeben, denn der Bewerber muss jederzeit damit rechnen, dass sein Konkurrent die Stelle erhält. 9. Beweislast Darlegungs- und beweispflichtig ist zunächst der Bewerber um das kon- 305 krete Amt. Dieser ist jedoch häufig nicht in der Lage, alle entscheidungserheblichen Tatsachen selbst vorzutragen. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, dass in entsprechender Anwendung der abgestuften Darlegungs- und Beweislast bei § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG der Dienstherr aufgrund seiner Sachnähe verpflichtet ist, das Erforderliche zur Klärung des Sachverhaltes beizutragen3. Wegen der vergleichbaren Problemlage sind diese Grundsätze hier zu übertragen, was sich auch in der Verpflichtung des Dienstherrn zur Auskunftserteilung niederschlägt. 10. Antrag/Tenor Der Antrag im Verfügungsverfahren geht dahin, der verfügungsbeklagten 306 Behörde zu untersagen, die genau bezeichnete Stelle bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren endgültig zu besetzen. Im Einzelfall kann der Anspruch aber auch nur dahin gehen, dass der Behörde lediglich die Besetzung der Stelle mit einem bestimmten anderen Stellenbewerber untersagt wird, den der Verfügungskläger für weniger qualifiziert hält. Diese Beschränkung kommt dann in Betracht, wenn Verfahrensfehler bei der Auswahlentscheidung nicht ersichtlich sind und sich mehr als zwei Personen um die Stelle beworben haben. Wird zu deren Qualifikation nichts vorgetragen, so kann dem Dienstherrn nicht untersagt werden, eine Besetzung der Stelle mit einem der anderen Bewerber vorzunehmen. Lediglich im Verhältnis zu dem ausgewählten Bewerber kann der Antragsteller geltend machen, besser qualifiziert zu sein. Allerdings muss der Dienstherr in diesen Fällen erneut den unterlegenen Bewerbern mitteilen, dass nunmehr die Besetzung der Stelle mit 1 Für das Beamtenrecht BVerwG v. 11.5.2009 – 2 VR 1/09 und Hessischer VGH für die Konkurrenzsituation zwischen einem zunächst unterlegenen Beamten und einem Angestellten, für den eine tarifliche Probezeit bestanden hätte. 2 Hauck-Scholz in Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, Teil 2 Rz. 175 f. 3 Seitz, S. 81 f.

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I Rz. 307

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

einem anderen Bewerber beschlossen worden ist. Es steht dem Antragsteller dann frei, auch die Qualifikation des nunmehr ausgewählten Bewerbers in Zweifel zu ziehen und erneut einen Verfügungsantrag zu stellen. 307

Das Verbot der vorläufigen Stellenbesetzung bezieht sich auch dann auf alle zu besetzenden Planstellen, wenn nur ein unterlegener Bewerber einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erfolgreich gestellt hat und eine Vielzahl von Stellen zu besetzen ist1. Bewirbt sich ein Bewerber auf mehrere Stellen mit gleichem Anforderungsprofil, kann er sämtliche Stellen blockieren, auf die er sich beworben hat. Bei Bewerbungen um mehrere Stellen mit unterschiedlichem Anforderungsprofil geht es rechtlich um unterschiedliche parallele Auswahlentscheidungen zur Besetzung mehrerer unterschiedlicher Stellen2.

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Obsiegt der Antragsteller, so ist der Behörde im Tenor zu untersagen, die konkret bezeichnete Stelle bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu besetzen. Da es sich um eine Unterlassungsverfügung i.S.v. § 890 ZPO handelt, ist die Aufnahme der Androhung von Ordnungsmitteln in den Tenor zulässig. 11. Zwischenverfügung und mündliche Verhandlung

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Da es dem Arbeitgeber schon mit dem Einreichen des Eilantrages untersagt ist, vollendete Tatsachen zu schaffen3, kann der Vorsitzende ihn vorab auf diesen Umstand hinweisen. Wenn eine mündliche Verhandlung über den Eilantrag anberaumt wird, ist dieser Hinweis entweder fernmündlich oder mit der Ladung geboten. Reagiert der Arbeitgeber hierauf nicht oder zögerlich, kann eine gesteigerte Eilbedürftigkeit gegeben sein, die den Erlass einer einstweiligen Verfügung auch ohne mündliche Verhandlung rechtfertigt4. Im Allgemeinen ist jedoch über einen Antrag des Konkurrenten im Eilverfahren nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. 12. Aktenbeiziehung und Beteiligung des zunächst erfolgreichen Konkurrenten

310

In der Verwaltungsgerichtsbarkeit werden üblicherweise die Personalakten sowohl des Antragstellers als auch des erfolgreichen Bewerbers beigezogen. Letzteres ist nicht an dessen Zustimmung gebunden, da er mit einem Konkurrentenstreitverfahren rechnen muss. Dies ist auch im ar1 VGH Hess. v. 19.4.1995 – 1 TG 2801/94 mit der Begründung, der Bewerbungsverfahrensanspruch bestehe gegenüber jedem Ausgewählten und nicht nur in Bezug auf einen Mitkonkurrenten; a.A. Finkelnburg/Jank, Rz. 1153, die nur in Ausnahmefällen das gesamte Verfahren offen halten wollen. 2 Hauck-Scholz in Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, Teil 2 Rz. 165 f. 3 BAG v. 28.5.2002 – 9 AZR 751/00. 4 Hauck-Scholz in Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, Teil 2 Rz. 177.

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Rz. 312 I

beitsgerichtlichen Verfahren sinnvoll, und zwar sowohl im Eil- als auch im Hauptsacheverfahren1. Eine Beiladung des zunächst erfolgreichen Konkurrenten, die § 65 310a VwVfG für das Verwaltungsverfahren vorsieht, gibt es im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht. Der beklagte öffentliche Arbeitgeber kann ihm jedoch den Streit verkünden mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit beizutreten. Die Folgen der Streitverkündigung entsprechen denen der Nebenintervention, der zunächst erfolgreiche Bewerber kann also im Falle des späteren Prozesserfolges seines Konkurrenten nicht einwenden, der Prozess sei unrichtig entschieden worden (§§ 74, 68 ZPO). Wird der Antrag des zunächst unterlegenen Konkurrenten zurückgewiesen, ist der Arbeitgeber aber nicht gehindert, die Stelle gar nicht oder erst nach einem neuen Auswahlverfahren zu besetzen2. Der zunächst erfolgreiche Bewerber ist aber auf jeden Fall von der Konkurrentenklage zu unterrichten3. 13. Weiteres Verfahren Der im Eilverfahren erfolgreiche Bewerber muss in einer spätestens nach 311 der Anordnung der Klageerhebung gem. § 926 Abs. 1 ZPO zu erhebenden Hauptsacheklage nunmehr die Besetzung der begehrten Position mit ihm selbst anstreben4. Wenn der andere Bewerber entgegen der einstweiligen Verfügung befördert worden ist, kann der Bewerbungsverfahrensanspruch im Hauptsacheverfahren weiterverfolgt werden. Dies setzt nicht die Möglichkeit voraus, die bereits erfolgte Ernennung aufzuheben, da erforderlichenfalls Schadensersatz zu leisten und eine zusätzliche Planstelle zu schaffen ist5. Der externe Bewerber begehrt somit den erstmaligen Abschluss eines Arbeitsvertrages, der Bewerber um ein Beförderungsamt den eines Änderungsvertrages. Letztlich geht die Verurteilung somit auf Abgabe einer Willenserklärung durch den Dienstherrn, die gem. § 894 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken ist. Dabei kann der Antrag sowohl dahin gehen, den Dienstherrn zu verurteilen, dem Bewerber ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages/Änderungsvertrages zu unterbreiten, als auch dahin, das vom Bewerber bereits abgegebene Angebot anzunehmen. Gleichzeitig kann die tatsächliche Beschäftigung begehrt werden. Bei mehr als zwei Bewerbern und bei Verfahrensmängeln kann der An- 312 trag im Hauptsacheverfahren auch dahin gehend lauten, die Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts zu wiederholen. Der Antrag würde dann wie im Beamtenrecht dahin gehen, den Beklagten zu verurteilen, über die Bewerbung des Klägers um die konkret 1 2 3 4 5

Hauck-Scholz in Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, Teil 2 Rz. 147 ff. Hauck-Scholz in Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, Teil 2 Rz. 155. Zimmerling, RdA 2002, 165, 172; Kuhla, FS Raue, 173, 185. LAG Nürnberg v. 6.12.2005 – 7 Sa 192/05. BVerwG v. 21.8.2003 – 2 C 14.02.

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I Rz. 313

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bezeichnete Stelle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Der Anspruch auf Neubescheidung kann auch im Wege der Eventualklage geltend gemacht werden1. 313

Bei der Klage auf Übertragung einer Position ergeben sich Probleme, wenn bei mehr als zwei Bewerbern der Kläger nicht auf den zweiten Platz der Rangliste gesetzt wurde, die dazwischenliegenden Bewerber jedoch nicht geklagt haben. Hierbei stellt sich die Frage, ob der Kläger auch dann obsiegen kann, wenn er zwar vorträgt, dass er im Verhältnis zu dem ausgewählten Bewerber der Bessere sei, nicht aber, dass dies auch hinsichtlich der übrigen vor ihm auf der Rangliste befindlichen Bewerber der Fall ist. Diesbezüglich stellt Seitz2 auf die Rechtsprechung des BVerwG in den Numerus-clausus-Prozessen bei der Verteilung von Restkapazitäten der Hochschulen ab. Er hält diese Grundsätze für übertragbar auf die Einstellungsklage. Dies ist meiner Ansicht nach zutreffend und führt insbesondere nicht zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Bestenauslese. Diese bezieht sich nur auf die noch konkret die Position begehrenden Bewerber, d.h. nur auf die, die nach Ablehnung ihrer Bewerbung auf die Vergabe der Position an sie klagen.

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Wenn die begehrte Stelle endgültig anderweitig vergeben wurde, kann dem unterlegenen Bewerber ein Schadensersatzanspruch zustehen, jedoch nur dann, wenn bei einer fehlerfreien Entscheidung die Stelle gerade ihm hätte übertragen werden müssen3.

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Die Einstellungsbehörde ist aufgrund ihres Organisationsrechts befugt, ein Stellenbesetzungsverfahren für eine Beförderungsstelle aus sachlichen Gründen jederzeit zu beenden, ohne dass dadurch schützenswerte Rechte der Bewerber berührt würden4. Aus der ursprünglichen Bewerbung hergeleitete Ansprüche des klagenden Bewerbers entfallen mit der aus sachlichen Gründen erfolgten Aufhebung der Ausschreibung. Ein sachlicher Grund liegt vor, wenn die anfängliche behördliche Auswahlentscheidung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gerichtlich beanstandet worden und bei Neuausschreibung der Stelle mehr als ein Jahr seit der erstmaligen Ausschreibung verstrichen war, denn die durch Neuausschreibung der Stelle ermöglichte Bestenauslese auf aktualisierter Tatsachengrundlage und im aktualisierten Bewerberkreis entspricht der Zielsetzung des Art. 33 Abs. 2 GG5. Der sachlich begründete Abbruch erledigt den Konkurrentenrechtsstreit in der Hauptsache zwar nicht automatisch, aber der Kläger kann nicht mehr erfolgreich sein, weil seine subjektiven Rechte untergegangen sind6. 1 2 3 4

LAG Nürnberg v. 6.12.2005 – 7 Sa 192/05. Seitz, S. 74. BAG v. 20.3.2003 – 8 AZR 77/02 u. v. 2.12.1997 – 9 AZR 445/96. BAG v. 17.8.2010 – 9 AZR 347/09 und v. 24.3.2009 – 9 AZR 277/08; BVerwG v. 22.7.1999 – 2 C 14.98 u.v. 25.4.1996 – 2 C 21.95. 5 LAG Hamm v. 14.8.2003 – 11 Sa 1743/02. 6 S. BAG v. 17.8.2010 – 9 AZR 347/09.

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Rz. 319 I

Die Beweislast liegt beim abgelehnten Bewerber. Der Arbeitgeber muss 316 aber substantiiert bestreiten, wenn der Bewerber die für ihn wahrnehmbaren Umstände dargetan hat, die den Schluss auf ein fehlerhaftes Verfahren zulassen1. 14. Streitwert/Kosten Die Verwaltungsgerichte setzen für das Hauptsacheverfahren den Hilfs- 317 streitwert von 5000 t an. Bei einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wird ein Abschlag von 50 % gemacht. In der Arbeitsgerichtsbarkeit fällt dieser Abschlag wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung üblicherweise geringer aus, nämlich 1/3, so dass bei der auf einen vorläufigen Stellenbesetzungsstopp gerichteten einstweiligen Verfügung der Streitwert mit 3332 t anzusetzen wäre. Man könnte den Streitwert bei einer Klage auf erstmaligen Abschluss ei- 318 nes Arbeitsvertrages auch in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 3 GKG auf die Höhe des Betrages festsetzen, den der Bewerber in der begehrten Position als Entgelt für ein Vierteljahr verdienen würde. Begehrt der Kläger ein Beförderungsamt, so wäre auf die Differenzvergütung für diesen Zeitraum abzustellen. Wird der Antrag aufgrund eines Umstandes zurückgenommen, der bereits vor dessen Einreichung vorlag, liegt kein erledigendes Ereignis vor. Ob die Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO auch auf den Wegfall des Klageanlasses in der Zeit vor Einreichung der Klage oder des Eilantrages angewandt werden kann, ist umstritten2. Muster 50 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung auf vorlufigen Besetzungsstopp

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An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung In Sachen des … – Antragsteller – Prozessbevollmchtigter: … 1 LAG Nürnberg v. 6.12.2005 – 7 Sa 192/05. 2 Dafür OLG Jena v. 3.6.2011 – 4 W 238/11, KG NJW-RR 2009, 1411; OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 213; dagegen LAG Berlin-Brandenburg v. 6.3.2014 – 6 Ta 333/14 – jedenfalls für den Fall, dass der Antragsteller vor Antragstellung Kenntnis vom Wegfall des Anlasses hatte, OLG Brandenburg v. 13.9.2011 – 6 W 73/11.

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

gegen … (Anstellungskçrperschaft) – Antragsgegner – beantrage ich im Namen und mit Auftrag des Antragstellers, wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Verhandlung den Erlass nachstehender einstweiliger Verfgung: Dem Antragsgegner wird zur Vermeidung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Ordnungsgeldes untersagt, die mit der Kennzahl … im Amtsblatt von … Nr. … ausgeschriebene Stelle eines … vor rechtskrftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens (falls schon anhngig, Az. mitteilen) mit einem anderen Bewerber als dem Antragsteller zu besetzen. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller ist seit … bei dem Antragsgegner beschftigt. Er bt derzeit die Ttigkeit eines … aus und wird nach der Vergtungsgruppe … TVçD entgolten. Glaubhaftmachung: Vorlage des Anstellungsvertrages als Anlage K1, in Ablichtung anbei (ggf. auch Mitteilungen ber die bertragung einer hçherwertigen Ttigkeit). Im Amtsblatt von … Nr. … wurde die Stelle eines … ausgeschrieben. Hierauf bewarb sich der Antragsteller. Glaubhaftmachung: Ablichtung aus dem Amtsblatt und des Bewerbungsschreibens, als Anlagen K2 und K3 anbei. Der Antragsteller ist fr die begehrte Stelle auch laufbahnrechtlich hinreichend qualifiziert (nher darlegen). Mit Schreiben vom … wurde ihm jedoch mitgeteilt, dass seine Bewerbung nicht erfolgreich gewesen sei und man sich fr einen anderen Bewerber entschieden habe. Angaben ber die Person des erfolgreichen Mitbewerbers und die Grnde fr seine Bevorzugung wurden nicht gemacht. Glaubhaftmachung: Vorlage des Schreibens, als Anlage K4 in Ablichtung anbei. Mit Schreiben des Unterzeichnenden vom … wurde der Antragsgegner aufgefordert, Grnde fr seine Entscheidung zu benennen und von einer endgltigen Stellenbesetzung vorerst Abstand zu nehmen. Glaubhaftmachung: Vorlage des Schreibens vom …, in Ablichtung als Anlage K5 anbei.

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Konkurrentenschutzklage

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Rz. 320 I

Hierauf ist jedoch bis heute noch keine Reaktion erfolgt. Der Antrag ist zulssig und begrndet, weil der Antragsteller nur mit einer einstweiligen Verfgung seinen Bewerbungsverfahrensanspruch sichern kann. Er verfgt ber keine Informationen ber seinen erfolgreichen Mitbewerber und kann daher vorerst nur mit Nichtwissen bestreiten, dass dieser besser geeignet ist. Der Antragsgegner wird hiermit aufgefordert, die entsprechenden Informationen zu erteilen, damit ein ergnzender Sachvortrag erfolgen kann. Nach der Rechtsprechung des BAG setzt auch im Arbeitsrecht des çffentlichen Dienstes ein Einstellungs- oder Befçrderungsanspruch das Vorhandensein einer besetzungsfhigen und haushaltsrechtlich abgesicherten Stelle voraus. Gesichert werde in beiden Fllen der Zugang zum Amt, was nach der endgltigen Besetzung nicht mehr zur Verfgung stehe, auch wenn diese mit einem Angestellten erfolgt sei (Urteile vom 2.12.1997, NZA 1998, 884.) Daher bedarf es einer einstweiligen Verfgung, damit nicht mit der endgltigen Stellenbesetzung die „Rechtsschutzklappe“ fllt und der unterlegene Bewerber um seinen Bewerbungsverfahrensanspruch gebracht wird. Ziel des vorliegenden Verfgungsverfahrens ist es nicht, abschließend zu klren, ob der Verfgungsklger einen Anspruch auf die Besetzung der begehrten Stelle mit ihm hat, sondern es soll ihm lediglich ein Anspruch auf ein faires Bewerbungsverfahren gesichert werden. Dies kann bei dem derzeitigen Verfahrensstand und den rechtlichen Vorgaben des BAG nur durch einen vorlufigen Besetzungsstopp erreicht werden. Unterschrift

Muster 51 Schutzschrift gegen Antrag auf vorlufigen Besetzungsstopp

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An das ArbG Schutzschrift In Sachen des … – mçglicher Antragsteller – gegen … – mçglicher Antragsgegner – wegen Abwehr einer einstweiligen Verfgung wird beantragt, den zu erwartenden Antrag des Antragstellers, dem Antragsgegner zu untersagen, die mit der Kennzahl … im Amtsblatt von … Nr. … ausgeschriebe-

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I Rz. 321

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

ne Stelle eines … vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens mit einem anderen Bewerber als dem Antragsteller zu besetzen, abzuweisen, hilfsweise, ber den Antrag nur nach mndlicher Verhandlung zu entscheiden. Begrndung Der Antragsteller ist seit … bei dem Antragsgegner beschftigt. Er bt derzeit die Ttigkeit eines … aus und wird nach der Vergtungsgruppe … entgolten. Im Amtsblatt von … Nr. … wurde die Stelle eines … ausgeschrieben. Hierauf bewarb sich der Antragsteller. Seine Bewerbung fand jedoch keine Bercksichtigung, da er die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen in keiner Weise erfllt (nher darlegen). Mit Schreiben des anwaltlichen Interessenvertreters des mçglichen Antragstellers vom … wurde der mçgliche Antragsgegner aufgefordert, Grnde fr seine Entscheidung zu benennen und von einer endgltigen Stellenbesetzung vorerst Abstand zu nehmen. Aufgrund dieses Schreibens muss der mçgliche Antragsgegner einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung befrchten, mit dem ihm die endgltige Stellenbesetzung untersagt werden soll. Dieser Antrag wre unbegrndet. Zwar ist der unterlegene Mitbewerber gehalten, einen solchen Antrag zu stellen, wenn er verhindern will, dass die „Rechtsschutzklappe“ fllt. Ein zu sichernder Bewerbungsverfahrensanspruch kann jedoch nur dann gegeben sein, wenn der Bewerber aufgrund seiner Qualifikation wenigstens die theoretische Mçglichkeit hat, dass ihm die begehrte Stelle bertragen wird. Dies ist hier jedoch nicht der Fall (nher darlegen und glaubhaft machen). Ein Stellenbesetzungsstopp bis zur rechtskrftigen Entscheidung in der Hauptsache wrde jedoch fr die Behçrde einschneidende Konsequenzen haben. (Nher darlegen, etwa dass eine Haushaltssperre droht und die Stelle damit auf lngere Zeit nicht besetzt werden kçnnte, und glaubhaft machen). Von daher muss eine Interessenabwgung dazu fhren, dass der Antrag zurckzuweisen ist. Jedenfalls darf ber den zu erwartenden Antrag nicht ohne mndliche Verhandlung entschieden werden, damit diesseits Gelegenheit genommen werden kann, konkret auf die Antragsschrift einzugehen. Unterschrift

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Muster 52 Einstweilige Verfgung auf vorlufigen Besetzungsstopp ArbG Urteil In dem Verfgungsverfahren des … – Verfgungsklger – Verfahrensbevollmchtigter: …

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Konkurrentenschutzklage

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Rz. 321 I

gegen … – Verfgungsbeklagten – hat das ArbG … Kammer … durch den Richter am ArbG … als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter … und … auf die mndliche Verhandlung vom … fr Recht erkannt: I. Dem Verfgungsbeklagten wird zur Vermeidung eines Ordnungsgeldes von 10 000 b untersagt, die mit der Kennzahl … im Amtsblatt von … Nr. … ausgeschriebene Stelle eines … vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens mit einem anderen Bewerber als dem Verfgungsklger zu besetzen. II. Die Kosten des Verfahrens werden dem Verfgungsbeklagten auferlegt. III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf … Euro festgesetzt. Begrndung I. Die Parteien streiten im Verfgungsverfahren ber die Verpflichtung des Verfgungsbeklagten, eine Stellenbesetzung so lange nicht vorzunehmen, wie nicht im Hauptsacheverfahren geklrt ist, ob dem Verfgungsklger aufgrund seiner laufbahnrechtlichen Voraussetzungen die begehrte Stelle bertragen werden kann. Der Verfgungsklger ist seit … bei dem Verfgungsbeklagten beschftigt und bt derzeit die Ttigkeit eines … aus. Die Vergtung erfolgt nach der Vergtungsgruppe … . Im Amtsblatt von … Nr. … wurde die Stelle eines … ausgeschrieben, auf die sich der Verfgungsklger bewarb. Mit Schreiben vom … wurde ihm seitens des Verfgungsbeklagten mitgeteilt, dass seine Bewerbung nicht erfolgreich gewesen sei und man sich fr einen anderen Bewerber entschieden habe. Angaben ber die Person des erfolgreichen Mitbewerbers und die Grnde fr seine Bevorzugung wurden zunchst nicht gemacht. Nachdem der Verfgungsklger durch seinen Verfahrensbevollmchtigten den Verfgungsbeklagten vergeblich mit Schreiben vom … aufgefordert hatte, Grnde fr seine Entscheidung zu benennen und von einer endgltigen Stellenbesetzung vorerst Abstand zu nehmen, beantragte er mit der Antragsschrift vom …, bei Gericht eingegangen am …, den Erlass einer einstweiligen Verfgung. Der Verfgungsklger trgt vor und hat glaubhaft gemacht, dass er fr die begehrte Stelle laufbahnrechtlich hinreichend qualifiziert sei (ggf. nher ausfhren). Der Verfgungsklger beantragt, dem Verfgungsbeklagten zur Vermeidung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Ordnungsgeldes zu untersagen, die mit der Kennzahl … im Amtsblatt von … Nr. … ausgeschriebene Stelle eines … vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens mit einem anderen Bewerber als dem Verfgungsklger zu besetzen.

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I Rz. 321

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Der Verfgungsbeklagte beantragt, den Antrag zurckzuweisen. Er bestreitet, dass der Verfgungsklger die laufbahnrechtliche Qualifikation fr die begehrte Stelle habe (ggf. nher ausfhren), und behauptet, die Stelle nunmehr umgehend besetzen zu mssen. Wegen des weiteren Sachvortrages der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftstze nebst Anlagen, die Gegenstand der mndlichen Verhandlung waren, sowie auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. II. Der Antrag ist zulssig. Mit der Konkurrentenschutzklage will der unterlegene Bewerber auf einen Dienstposten erreichen, dass die vom Dienstherren angekndigte Stellenbesetzung mit dem ausgewhlten Bewerber nicht erfolgt, dass ggf. ein neues Auswahlverfahren durchgefhrt wird und ihm selbst die begehrte Stelle bertragen wird. Im Beamtenrecht ist die Konkurrentenschutzklage seit langem anerkannt (vgl. Wittkowski, Die Konkurrentenklage im Beamtenrecht unter besonderer Bercksichtigung des vorlufigen Rechtsschutzes, NJW 1993, 817; Rothlnder, Das beamtenrechtliche Konkurrentenstreitverfahren, Der Personalrat 1996, 479). Dort ist der vorlufige Rechtsschutz von berragender Bedeutung, da die Hauptsacheverfahren sich bei den VG ber Jahre hinziehen und nach der erfolgten Ernennung eines Mitbewerbers haushaltsrechtlich und beamtenrechtlich keine zu besetzende Stelle mehr zur Verfgung steht. Der Anspruch des unterlegenen Bewerbers auf Befçrderung ist mit der Besetzung der Stelle durch einen Mitbewerber im Beamtenrecht unmçglich geworden. Von daher wrde ohne einen vorlufigen Stopp des Stellenbesetzungsverfahrens eine Rechtsschutzlcke entstehen, die die einstweilige Verfgung im beamtenrechtlichen Konkurrentenschutzverfahren schließt. Dies gilt auch, wenn sich ein Angestellter um eine Position bewirbt, die mit einem Beamten besetzt werden soll. Im Bereich des Arbeitsrechts des çffentlichen Dienstes sind die gleichen Kriterien anzuwenden (BAG, Urt. v. 2.12.1997 – 9 AZR 445 und 668/96; Seitz, Die arbeitsrechtliche Konkurrentenklage unter besonderer Bercksichtigung beamtenrechtlicher Grundstze, 1995, 63). Auch im Arbeitsrecht des çffentlichen Dienstes setze ein Einstellungs- oder Befçrderungsanspruch das Vorhandensein einer besetzungsfhigen und haushaltsrechtlich abgesicherten Stelle voraus. Art. 33 Abs. 2 GG lsst keine Differenzierung zwischen der Gruppe der Beamten und der der Angestellten zu. Gesichert wird in beiden Fllen der Zugang zum Amt, was nach der endgltigen Besetzung nicht mehr zur Verfgung steht, auch wenn diese mit einem Angestellten erfolgt ist. Daher bedarf es einer einstweiligen Verfgung, damit nicht mit der endgltigen Stellenbesetzung die „Rechtsschutzklappe“ fllt und der unterlegene Bewerber um seinen Bewerbungsverfahrensanspruch gebracht wird. Ziel des Verfgungsverfahrens ist es nicht, abschließend zu klren, ob der Verfgungsklger einen Anspruch auf die Besetzung der begehrten Stelle mit ihm hat, sondern es soll ihm lediglich ein Anspruch auf ein faires Bewerbungsverfahren gesichert werden. Dazu ist es ausreichend, wenn er vortrgt und glaubhaft macht, dass im Auswahlverfahren Fehler passiert sind. Ein solcher Fehler im Bewerbungsverfahren liegt hier darin, dass er von vornherein nicht in den Kreis der Bewerber aufgenommen worden ist, da ihm nach Ansicht des Ver-

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Sonstige Individualansprche

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Rz. 322 I

fgungsbeklagten die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen fehlen. Das ist jedoch nicht der Fall (nher ausfhren). Dass keine Ausfhrungen zu den brigen Bewerbern erfolgt sind, geht zu Lasten des Verfgungsbeklagten. Weiter ist eine Interessenabwgung vorzunehmen, die vorliegend zu Lasten des Verfgungsbeklagten ausgeht (nher darlegen). Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO, § 46 Abs. 2 ArbGG. Der Wert des Streitgegenstandes war auf … Euro festzusetzen. (Rechtsmittelbelehrung) Unterschrift

Muster 53 Antrag auf Verurteilung zur Neubescheidung im Hauptsacheverfahren

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D. Bekl. wird verurteilt, die getroffene Auswahlentscheidung zur Besetzung der Stelle … unter Beachtung der Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG nach Eignung, Befhigung und fachlicher Leistung ermessensfehlerfrei unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu wiederholen und ber die Bewerbung d. Kl. entsprechend Art. 33 Abs. 2 GG nach Eignung, Befhigung und fachlicher Leistung zu entscheiden und es zu unterlassen, bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250 000 b, die streitbefangene Stelle mit einem Konkurrenten d. Kl. zu besetzen und/oder die Aufgaben des Dienstpostens an den Konkurrenten zu bertragen, bevor nicht eine erneute Auswahlentscheidung erfolgt ist und ein Zeitraum von zwei Wochen nach Mitteilung an d. Kl. ber das Auswahlergebnis vergangen ist1.

XVI. Sonstige Individualansprüche Sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis können grundsätzlich 321b durch eine einstweilige Verfügung gesichert werden. Die folgenden Fälle sind daher nicht abschließend, sondern geben nur die hierzu veröffentlichte Judikatur wieder. 1. Abmahnung Gegen eine drohende Abmahnung kann sich ein Arbeitnehmer nicht 322 mittels einstweiliger Verfügung wehren, da jedenfalls kein Verfügungsgrund hierfür vorliegt2. 1 BAG v. 5.11.2002 – 9 AZR 451/01; Hauck-Scholz in Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, Teil 2 Rz. 139. 2 LAG Köln v. 19.6.1996 – 2 Ta 99/96; Schuschke in Schuschke/Walker, vor § 935 Rz. 143.

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I Rz. 323

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

2. Kurzarbeit 323

Einem Antrag des Arbeitnehmers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Anordnung von Kurzarbeit fehlt das Rechtsschutzinteresse, da er seinen Entgeltanspruch behält, wenn sich im Hauptsacheverfahren die Unwirksamkeit dieser Anordnung herausstellt1. 3. Nebentätigkeit

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Das anerkannte Recht des Arbeitgebers, die Aufnahme einer sog. Nebentätigkeit von seiner Zustimmung abhängig zu machen, dient ausschließlich dazu, ihm die Möglichkeit zu geben zu überprüfen, ob ausnahmsweise vorrangige berechtigte Interesse des Arbeitgebers der Aufnahme der beabsichtigten Nebentätigkeit entgegenstehen. Ist letzteres nicht der Fall, folgt der Anspruch des Arbeitnehmers auf Erteilung der Nebentätigkeitsgenehmigung unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG. Keinesfalls steht die Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung im Ermessen des Arbeitgebers. Es ist nur vordergründig zutreffend, dass bei Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung der Antragsteller bereits eine umfassende Befriedigung seines Anspruches in der Sache erreichen würde. Abgesehen davon, dass die Wirkung der einstweiligen Verfügung ohnehin nur auf die Zeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu begrenzen wäre, ist auf der anderen Seite nämlich auch zu bedenken, dass der Antragsteller, gesetzt den Fall, dass er später in der Hauptsache obsiegt, für die Zeit bis zum Erlass der Entscheidung in der Hauptsache endgültig und unwiederbringlich daran gehindert würde, sein Recht, einer bestimmten Nebentätigkeit nachzugehen, auszuüben. In solchen Fällen hat eine Interessenabwägung stattzufinden, bei der die Nachteile, die dem Antragsteller erwachsen, wenn der von ihm geltend gemachte Anspruch objektiv zu Unrecht zurückgewiesen würde, denjenigen Nachteilen gegenüberzustellen sind, welche die Antragsgegnerin zu gewärtigen hätte, wenn sie den geltend gemachten Anspruch aufgrund einer stattgebenden Gerichtsentscheidung im einstweiligen Rechtsschutz eine gewisse Zeit lang objektiv zu Unrecht erfüllen müsste2. 4. Transferliste Fußballbund

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Ein Fußballspieler kann nicht mittels einstweiliger Verfügung erreichen, dass er von seinem Verein freigegeben wird und dieser seine Zustimmung zur Aufnahme des Spielers in die Transferlisten des Deutschen Fußballbundes e.V. erklärt3. Dies kommt nach Auffassung des LAG

1 LAG Hess. v. 3.4.1978 – 5 TaBV Ga 27/78 – für den Antrag des Betriebsrats; ebenso Ennemann/Griese, Rz. 622. 2 LAG Köln v. 2.12.2004 – 10 Ta 383/04 unter Verweis auf LAG Köln v. 12.5.2004 – 7 Sa 242/04. 3 LAG Hamm v. 10.6.1998 – 14 Sa 883/98; a.A. ArbG Leipzig v. 16.1.2009 – 2 Ga 2/08.

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Sonstige Individualansprche

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Rz. 326 I

Hamm deswegen nicht in Betracht, weil mit der einstweiligen Verfügung eine endgültige Befriedigung eintreten würde, dem Fußballspieler aber keine so schwerwiegenden Nachteile drohen, dass dies gerechtfertigt wäre. Die Optionsklausel in § 11 Abs. 4 des Lizenzspielervertrages sei auch nicht unwirksam1. Eine einstweilige Verfügung auf Feststellung kann nach Ansicht des LAG Berlin ausnahmsweise ergehen, wenn diese zur Sicherung der Rechtswahrnehmung z.B. eines Fußball-Lizenzspielers gegenüber dem Deutschen Fußballbund notwendig ist. Konkret wurde festgestellt, dass zwischen dem Spieler und dem Verein keine arbeitsvertraglichen Beziehungen mehr bestehen, und der Verein wurde verurteilt, gegenüber dem Deutschen Fußball-Bund die Zustimmung zur Aufnahme des Verfügungsklägers in die Transferliste des DFB zu erklären2. Diese Entscheidung hat sicherlich im Einzelfall zu einem sachgerechten Ergebnis geführt, ist aber nicht verallgemeinerbar. 5. Unterlassung von Tatsachenbehauptungen Der Anspruch auf Unterlassung wahrheitswidriger Tatsachenbehauptun- 326 gen kann durch eine einstweilige Regelung nach § 940 ZPO gesichert werden. Geht es bei den umstrittenen Äußerungen um Verlautbarungen einer Tarifvertragspartei im Zusammenhang mit Tarifverhandlungen, so ist zu berücksichtigen, dass Stellungnahmen dieser Art verkehrsüblich schlagwortartig und in überspitzter Form abgegeben werden3. In der Literatur wird vertreten, dass ein Arbeitnehmer durch einstweilige Verfügung die Unterlassung erreichen kann, auf den Arbeitgeber Druck in Richtung auf eine Kündigung auszuüben. Der den Druck Ausübende, also z.B. ein Kunde oder ein anderer Arbeitnehmer, müsse dann im Eilverfahren die Gründe für sein Verhalten offen legen. So könne der Ausspruch einer Druckkündigung u.U. verhindert werden4. Der Arbeitgeber dürfte nur in Ausnahmefällen durch einstweilige Verfügung darin gehindert werden können, negative Behauptungen über das Verhalten des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder bereits ausgesprochenen Kündigung aufzustellen. Unabhängigkeit von der Beweisbarkeit solcher Behauptungen, die sich erst im Kündigungsschutzprozess herausstellen wird, dürfte der Arbeitgeber erstmal aufgrund des Rechtsgedankens des § 193 StGB (Wahrnehmung berechtigter Interessen) nicht zu unterbinden sein5, schon gar nicht im Eilverfah-

1 A.A. insofern ArbG Hanau v. 25.9.1997 – 3 Ga 7/97; vgl. zum Eishockey BAG v. 20.11.1996 – 5 AZR 518/95. 2 LAG Berlin v. 31.8.2000 – 10 Sa 1728/00. 3 LAG Köln v. 9.11.1994 – 2 Sa 1128/94; vgl. LAG Köln v. 26.8.1994 – 4 Sa 601/94 zum Anspruch auf Unterlassung ehrverletzender Behauptungen im Prozess. 4 Schleusener, NZA 1999, 1078, 1082 f. 5 LAG Berlin-Brandenburg v. 21.9.2011 – 15 SaGa 2250/10 unter Hinweis auf BGH v. 16.11.2004 – VI ZR 298/03.

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I Rz. 327

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

ren. Gegen aus Sicht des Arbeitnehmers unwahre Vorwürfe kann er sich im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens wehren1. 6. Zugang zu Betriebsräumen 327

Der Arbeitgeber kann im Wege der einstweiligen Verfügung dem fristlos gekündigten Arbeitnehmer den Zugang zu den Betriebsräumen untersagen lassen2. Dies setzt allerdings ein Rechtsschutzbedürfnis voraus. Der Arbeitgeber muss vortragen, warum zu befürchten ist, dass der Arbeitnehmer ein verhängtes Hausverbot nicht beachtet. 7. Rauchverbot

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Gegen die Einführung eines Rauchverbots kann der Arbeitnehmer nicht im Verfügungsverfahren vorgehen3. 8. Löschung von Dateien

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Der Arbeitgeber kann nach Ende des Arbeitsverhältnisses verlangen, dass der Arbeitnehmer betriebsbezogene Dateien auf seinem privaten PC löscht. Bei Vorliegen einer Dringlichkeit kann er dies auch mittels einstweiliger Verfügung durchsetzen. Dies setzt aber voraus, dass er konkrete Anzeichen für einen unmittelbar bevorstehenden Missbrauch dieser Daten glaubhaft macht. 9. Öffnen von Post

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Der Arbeitnehmer hat keinen Verfügungsanspruch auf Unterlassung des Öffnens von Post, die an die Adresse des Arbeitgebers gerichtet ist und zusätzlich den Namen des Arbeitnehmers aufweist, sofern kein besonderer Vertraulichkeitsvermerk vorliegt4. 10. Freistellung für Gewerkschaftssitzung

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Nach Ansicht des LAG Bremen5 kann dem Arbeitgeber durch einstweilige Verfügung aufgegeben werden, einen Arbeitnehmer unbezahlt zur Teilnahme an der Sitzung des Ortsvorstandes einer Gewerkschaft freizustellen. Der Arbeitgeber müsse ihm entgegenstehende betriebliche Gründe mitteilen. 1 ArbG Berlin v. 15.8.2008 – 51 Ga 12659/08; s. zum Streitwert bei solchen Ansprüchen LAG Rh.-Pf. v. 10.9.2007 – 1 Ta 209/07 – neben dem nichtvermögensrechtlichen Teil (§ 23 Abs. 1 RVG) kommt auch ein eigener Wert für den vermögensrechtlicher Teil in Betracht, nur der höhere Anspruch ist maßgeblich. 2 ArbG Kempten v. 24.2.1994 – 1 Ga 34/94. 3 LAG Hess. v. 28.10.1998 – 2 SaGa 1824/98. 4 LAG Hamm v. 19.2.2003 – 14 Sa 1972/02. 5 LAG Bremen v. 4.4.2003 – 2 Ta 20/03.

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Sonstige Individualansprche

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Rz. 332 I

11. Schikane am Arbeitsplatz und Einhaltung des AGG Das systematische Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren von 332 Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte – häufig durch einen Pseudo-Anglizismus umschrieben – kann im Einzelfall Handlungsund Unterlassungspflichten des Arbeitgebers und auch anderer Arbeitnehmer begründen1. Diese können jedoch – ebenso wie Ansprüche des Arbeitnehmers gegen Versetzungen (s. dazu I Rz. 56) – nur in krassen Ausnahmefällen mittels einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. In der Regel ist der Arbeitnehmer gehalten, das Hauptsacheverfahren durchzuführen2. Nur wenn eine offenkundige fortgesetzte schwere Persönlichkeitsverletzung vorliegt, deren Fortdauer bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Hauptsacheverfahrens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erhebliche negative Auswirkungen auf die physische und/oder psychische Gesundheit des Arbeitnehmers hätte, kommt ein Verfügungsgrund in Betracht, wenn und soweit die einstweilige Verfügung geeignet ist, diese Folgen zu vermeiden. Gleiches gilt für die Einhaltung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Ein Unterlassungsanspruch gegen das Anfertigen photographischer Aufnahmen des krankgeschriebenen Arbeitnehmers besteht nach Auffassung des LAG Rheinland-Pfalz nicht in jedem Fall, da der Arbeitgeber ein billigenswertes Interesse an der Dokumentation der Arbeitstätigkeit einer krankgeschriebenen Arbeitnehmers habe3. Dem ist nicht uneingeschränkt zuzustimmen. Das heimliche Filmen eines Arbeitnehmers auch an einem öffentlichen Ort verletzt immer dessen Persönlichkeitsrecht. Dies kann nur in gravierenden Ausnahmefällen gerechtfertigt sein, wenn sich der Arbeitgeber in einer „notwehrähnlichen Situation“4 befindet, in der ihm keine anderen Beweismittel zur Verfügung stehen. Wird er etwa bei einer Arbeitstätigkeit von seinem Vorgesetzen oder einem Kollegen beobachtet, kommt dieser als Zeuge in Betracht und es besteht keine Notwendigkeit der filmischen Dokumentation5. Hier kann sich der Arbeitnehmer mittels einer einstweiligen Verfügung gegen weitere Aufnahmen wehren und auch das Löschen der bisherigen Daten verlangen. Dies gilt unabhängig von der Frage eines eventuellen Verwertungsverbotes im Kündigungsschutzverfahren. Der einstweilige Rechtsschutz hat die Aufgabe, den Arbeitnehmer vor einer aktuellen rechtswidrigen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts zu schützen. Im Kündigungsschutzverfahren geht es darum, ob die Verwertung rechtswidriger Aufnahmen eine eventuelle Verletzung des Persönlichkeitsrechts perpetuiert. 1 Allg. Auffassung, s. nur LAG Thüringen v. 10.6.2004 – 1 Sa 148/05; LAG BadenWürttemberg v. 27.7.2001 – 5 Sa 72/01. 2 Vgl. LAG Thüringen v. 10.6.2004 – 1 Sa 148/05 a.A. LAG Baden-Württemberg v. 27.7.2001 – 5 Sa 72/01; LAG Thüringen v. 10.4.2001 – 5 Sa 403/2000. 3 LAG Rh.-Pf. v. 10.7.2013 – 10 SaGa 3/13. 4 So die Wendung des BAG in anderem Zusammenhang, grundlegend in BAG v. 13.12.2007 – 2 AZR 537/06, bestätigt in BAG v. 20.6.2013 – 2 AZR 546/12. 5 So auch die krit. Anmerkung von Sixtus, jurisPR-ArbR 27/2014 Anm. 6.

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I Rz. 333

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

12. Hausverbot 333

Bei einem Verstoß gegen ein Hausverbot kann ein Unterlassungsanspruch nach § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB und im Übrigen auch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog bestehen. Das Betreten eines Grundstücks trotz erteiltem Hausverbotes ist eine verbotene Eigenmacht i.S.d. § 858 Abs. 1 Satz 1 BGB, die die Annahme der Wiederholungsgefahr begründet. Die bloße Erklärung in einer mündlichen Verhandlung zu Protokoll, das Hausverbot werde in Zukunft beachtet, schließt bei gleichzeitiger Weigerung, eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, eine Wiederholungsgefahr nicht aus1. 13. Soziale Netzwerke

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Dem Arbeitnehmer kann die Nutzung von Kontaktdaten in sog. sozialen Netzwerken durch einstweilige Verfügung untersagt werden. Der Arbeitgeber muss dazu glaubhaft machen, dass es sich bei den im Nutzerprofil des Arbeitnehmers gespeicherten und im Antrag genannten Daten um Kundendaten des Arbeitgebers im Sinne des Geschäftsgeheimnisbegriffs gem. § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG handelt. Dafür müssen die Kontaktaufnahmen zum sozialen Netzwerk, die zur Speicherung dieser Daten geführt haben, im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit erfolgt sein. Private Kontaktaufnahmen gehören nicht dazu2. 14. Betriebliches Eingliederungsmanagement

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Gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX ist der Arbeitgeber verpflichtet, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig ist. Dabei handelt es sich um einen individualrechtlichen Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers. Dieser ist jedoch wenig konkret ausgestaltet, sondern gleicht einem „Suchprozess“. Deswegen kann der Arbeitgeber weder im Hauptsacheverfahren noch im Eilverfahren verurteilt werden, „das BEM durchzuführen“. Meist wirkt die Verpflichtung indirekt, indem etwa der Arbeitgeber den Kündigungsschutzprozess verliert, weil er das BEM nicht ausreichend durchgeführt hat. Denkbar ist allerdings, dass sich im Einzelfall aus § 84 Abs. 2 SGB IX konkrete klagbare Pflichten des Arbeitgebers ergeben. Diese können dann grundsätzlich auch Gegenstand einer einstweiligen Verfügung sein. M.E. dürfte das Vorliegen eines Verfügungsgrundes eher selten sein. In Betracht kommt ein solcher allerdings bei der Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer überhaupt zu beschäftigten, etwa im Rahmen des sog. Hamburger Modells mit einer zunächst geringfügigen Arbeitsleistung. Auch hier bedarf es aber des besonders darzulegenden und glaubhaft zu machenden Interesses des Arbeitnehmers an einer Durchsetzung des Anspruchs. 1 LAG Berlin-Brandenburg v. 30.3.2011 – 4 SaGa 638/11. 2 ArbG Hamburg v. 24.1.2013 – 29 Ga 2/13.

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Sonstige Individualansprche

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Rz. 337 I

15. Untersagung von Kündigungen Hier ist nach den verschiedenen Antragstellern differenzieren;

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– die Gewerkschaft könnte wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in den Arbeitskampf vorgehen1; – auf Antrag des Betriebsrats kann der Ausspruch einer Beendigungskündigung gegenüber eines seiner Mitglieder im Wege einstweiliger Verfügung untersagt werden2. Hier ging es aber darum, dass sich der Arbeitgeber auf eine Betriebsteilstillegung i.S.v. § 15 Abs. 5 KSchG berufen hat. In einem solchen Fall bedarf es keiner Zustimmung des Betriebsrats, so dass eine Rechtsschutzlücke vorhanden ist. Dabei erscheint es in der Tat sinnvoll, dem Arbeitgeber die Kündigung zu untersagen, weil ansonsten die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des gewählten Betriebsrats und seine Zusammensetzung in der gewählten Form nicht gewährleistet ist; – der Betriebsrat kann auch bei Betriebsänderungen wegen einer Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte eine Untersagungsverfügung beantragen (s. i.E. K 147); – ein Rechtsschutzbedürfnis des einzelnen Arbeitnehmers käme es wohl ohnehin nur bei einer bevorstehenden Kündigung in Betracht, die offensichtlich unwirksam wäre. Angesichts des bestehenden Kündigungsschutzes über das KSchG oder die zivilrechtlichen Generalklauseln könnte man allenfalls mit der faktischen Wirkung von Kündigungen argumentieren und dabei auf die Studien verweisen, nach denen nur wenige Arbeitnehmer nach gewonnenem Kündigungsschutzverfahren an den Arbeitsplatz zurückkehren. Als Verfügungsanspruch käme die allgemeine Rücksichtnahmepflicht in Betracht oder bei verwerflichen Kündigungsgründen das Persönlichkeitsrecht. Die Gedanken hierzu sind allerdings noch nicht sehr weit entwickelt. Angesichts des bestehenden Kündigungsschutzes muss ein solches Vorgehen auch die absolute Ausnahme bleiben. 16. Verlängerung der Elternzeit Nach der Rechtsprechung des BAG3 hat der Arbeitgeber nach billigem 337 Ermessen zu entscheiden, ob er die zur Verlängerung der Elternzeit nach § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG erforderliche Zustimmung erteilt. Eine solche Verlängerung der Elternzeit lässt sich nicht mittels einer einstweiligen

1 S. einstweilige Verfügung des ArbG Berlin v. 14.10.2009 – 1 Ga 18360/09 – die Kündigung wurde daraufhin tatsächlich unterlassen; ArbG Berlin v. 7.4.2010 – 29 Ga 5197/10 – einstweilige Verfügung auf Weiterbeschäftigung, da Kündigung wegen der gewerkschaftlichen Betätigung eines Piloten, Kündigung daher offensichtlich unwirksam. 2 Hess. LAG v. 19.2.2008 – 4 TaBVGa 21/08. 3 BAG v. 18.10.2011 – 9 AZR 315/10.

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I Rz. 338

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Die einstweilige Verfgung im Individualarbeitsrecht

Verfügung durchsetzen. Die Zustimmung ist eine Willenserklärung und kann daher nicht durch eine Eilentscheidung ersetzt werden. Eine Notwendigkeit für eine vorläufige Regelung dürfte hier auch kaum vorstellbar sein1. 17. Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung 338

Die eidesstattliche Versicherung stellt das wichtigste Mittel der Glaubhaftmachung im Eilverfahren dar. Häufig erfährt der Arbeitgeber entscheidungsrelevante Sachverhalte von anderen Arbeitnehmern. Deren eidesstattliche Versicherung kann daher für den Ausgang eines Eilverfahrens von großer Bedeutung sein. Grundsätzlich besteht auch eine vertragliche Nebenpflicht des Arbeitnehmers zur Unterstützung seines Arbeitgebers. Der Arbeitgeber kann daher grundsätzlich die Abgabe eine wahrheitsgemäßen eidesstattlichen Versicherung verlangen, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse besteht, wenn etwa die Tatsache nicht Gegenstand seiner eigenen Wahrnehmung war, wohl aber der des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer kann sich aber ggf. auf ein Zeugnisverweigerungsrecht oder auf Zeugnisverweigerungsgründe aus persönlichen Gründen berufen. Kommen mehrere Arbeitnehmer für die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung in Betracht, muss der Arbeitgeber bei der Auswahl billiges Ermessen walten lassen2. Der Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist aber seinerseits nicht im Eilverfahren durchsetzbar. 18. Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung

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Gegen die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung kann sich der Schwerbehinderte nicht im Wege einstweiligen Rechtsschutzes wehren, indem er die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gem. § 80 Abs. 5 VwGO beantragt3. 19. Auskunftserteilung

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Für einen Auskunftsanspruch fehlt es an einem Verfügungsgrund. Dies wurde entschieden für den Fall, in dem ein Arbeitnehmer eine Auskunft zur Vorbereitung eines Entschädigungsanspruches nach dem AGG begehrte. Diese Fragen sind im Hauptsacheverfahren, also dem Entschädigungsverfahren zu klären4.

1 2 3 4

So auch Weller, AuA 2012, 340. Gehlhaar/Möller, NZA 2011, 385. VG Göttingen v. 18.12.2008 – 2B 236/08. ArbG Frankfurt/M. v. 19.11.2013 – 18 Ga 140/133.

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Sonstige Individualansprche

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Rz. 341 I

20. Öffentliche Äußerungen von Arbeitnehmern Berichtet ein Arbeitnehmer öffentlich über Missstände bei seinem Ar- 341 beitgeber, ohne zuvor eine innerbetriebliche Klärung versucht zu haben, so verstößt er zwar gegen Pflichten aus seinem Arbeitsvertrag und kann ggf. fristlos gekündigt werden. Damit geht aber nicht zwingend ein Anspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer auf Unterlassung derartiger Äußerungen einher. Diese können trotz des arbeitsvertraglichen Pflichtenverstoßes von dem Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sein1.

1 ArbG Berlin v. 2.9.2014 – 31 Ga 11742/14.

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J. Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf Literatur: Bauer/Krieger, „Firmentarifsozialplan“ als zulässiges Ziel eines Arbeitskampfes?, NZA 2004, 1019; Bayreuther, Der Arbeitskampf des Marburger Bundes, NZA 2006, 642; Binkert/Zachert, Rechtsprobleme beim „Streik auf der grünen Wiese“, NZA 1998, 337; Brox, Aussperrung oder einstweilige Verfügung bei rechtswidrigem Arbeitskampf?, JA 1982, 221; Buchner; Unternehmensbezogene Tarifverträge – tarif-, verbands- und arbeitskampfrechtlicher Spielraum, DB 2001, Beilage 9, S. 1; Däubler (Hrsg.), Arbeitskampfrecht, 3. Aufl. 2011, darin § 24 Einstweilige Verfügungen gegen Streiks und einzelne seiner Begleiterscheinungen von Bertzbach; Däubler, Das subjektive Recht auf Streik und sein Schutz, ArbuR 2011, 388; Dütz, Vorläufiger Rechtsschutz im Arbeitskampfrecht, BB 1980, 533; Faupel, Streikverbot durch einstweilige Verfügung, DB 1971, 816; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 8. Aufl. 2013; Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, 2. Aufl. 2014, darin Teil 15 Besonderheiten des Arbeitskampfs im öffentlichen Dienst von v. Tiling; Grunsky, Prozessuale Fragen des Arbeitskampfrechts, RdA 1986, 196; Hamacher, Antragslexikon Arbeitsrecht, 1. Aufl. 2010; Hanau/Thüsing, Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung (Teil I und Teil II), ZTR 2001, 1 und 49; Henkel, Arbeitskampfrecht, AuA 2014, 16; Hensche, Zur Zulässigkeit von Firmentarifverträgen mit verbandsangehörigen Unternehmen, RdA 1971, 9; Hilger, Einstweilige Verfügungen im Arbeitskampf, Der Arbeitgeber 1986, 51; Hoyer, Arbeitskampf nur auf dem Sofakissen?, AiB 1986, 243; v. Hoyningen-Huene, Die Rolle der Verbände bei Firmenarbeitskämpfen, ZfA 1980, 453; Korinth, Die einstweilige Verfügung gegen Streiks – Voraussetzungen, Parteien, Ziele und Anträge, ArbRB 2014, 221; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf, ArbRB 2008, 354; Korinth, Rechtsschutz bei Streik und Aussperrung, ArbRB 2006, 189; Krichel, Ist der Firmentarifvertrag mit einem verbandsangehörigen Arbeitgeber erstreikbar?, NZA 1986, 731; Krause, Die Konkretisierung der Grenzen von Streiks durch einstweilige Verfügung, JbArbR 45 (2008), 23; Kühling/Bertelsmann, Tarifautonomie und Unternehmerfreiheit – Arbeitskampf aus Anlass von Standortentscheidungen, NZA 2005, 1017; Kursawe/Pirpamer, Notdienste bei Streiks, AuA 2014, 276; Kursawe/ Pirpamer, Abwehr von Warnstreiks, AuA 2013, 214; Lambrich/Sander, Von streikenden Fluglotsen, Vorfeldmitarbeitern und Schleusenwärtern- wenn Gewerkschaften Dritte instrumentalisieren, NZA 2014, 337; Lelley/Sabin, Streik gegen Betriebsverlagerung – Untergang der autonomen unternehmerischen Entscheidung bei Standortwechsel ins Ausland, FA 2004, 357; Lieb, Erkämpfbarkeit von Firmentarifverträgen mit verbandsangehörigen Arbeitgebern, DB 1999, 2058; Luckscheiter, Der einstweilige Rechtsschutz gegen Streik, Konstanzer Schriften zur Rechtswissenschaft, Bd. 15, 1989; Marly, Akteneinsicht in arbeitsgerichtliche Schutzschriften vor Anhängigkeit des Verfahrens, BB 1989, 770; Nicolai, Erstreikbarkeit von tariflichen Sozialplänen, SAE 2004, 240; Oberberg/Schoof, Erstreikbarkeit eines Ergänzungstarifvertrags für den Betrieb eines verbandsangehörigen Arbeitgeber, AiB 2002, 169; Ostrowicz/Künzl/Scholz, Handbuch des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl. 2014, darin Kapitel 9.5 vorläufiger Rechtsschutz im Arbeitskampf von Scholz; Otto, Zur Abwehr rechtswidriger Arbeitskampfmaßnahmen durch die Verbände und zu den Rechtsgrundlagen der Abwehraussperrung, SAE 1991, 45; Reichold; Zulässigkeitsgrenzen eines Arbeitskampfes zur Standortsicherung, BB 2004, 2814; Rudkowski, Der Streik in der Daseinsvorsorge; Köln 2010; Reichold, Grundrechtssuspendierung durch einstweilige Verfügung, FA 2008, 98; Rieble (Hrsg.), Zukunft des Arbeitskampfes 2005; Rolfs/Clemens, Entwicklungen und Fehlentwicklungen im Arbeitskampfrecht, NZA 2004, 410; Schiefer/Worzalla, Unzulässige Streiks um Tarifsozialpläne, DB 2006, 46; Schleusener, Rechtmäßigkeit kampfweiser Durchsetzung von Firmentarifverträgen gegenüber verbands-

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Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes

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Rz. 2

J

angehörigen Arbeitgebern, NZA 1998, 239; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl. 2011; Schwab/Weth, ArbGG, 4. Aufl. 2015; Steinbrück, Einstweilige Verfügungen im Arbeitskampf, zivilprozessuale Aspekte, AuR 1987, 161; Treber, Einstweilige Verfügungen im Arbeitskampf- neuere Entwicklungen, SR 2013, 140; Walker, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf, ZfA 1995, 185; Walker, Der einstweilige Rechtsschutz im Zivilprozess und im arbeitsgerichtlichen Verfahren, 1993; Wendeling-Schröder; Betriebliche Ergänzungstarifverträge, NZA 1998, 624; Willemsen/Mehrens, Rechtswidriger Streik ohne Risiko? – Zum Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens, NZA 2013, 1400; Willikonsky, Akteneinsicht in arbeitsgerichtliche Schutzschriften, BB 1987, 2013; Sittard, Die Bedeutung der Daseinsvorsorge und des Grundsatzes der Tarifeinheit für das Arbeitskampfrecht am Beispiel des Bahnstreiks- zugleich Anmerkung zum Urteil des LAG Sachsen v. 2.11.2007 – 7 SaGa 19/07, ZTR 2008/178; Wolter; Standortsicherung, Beschäftigungssicherung, Unternehmensautonomie, Tarifautonomie, RdA 2002, 218; Zimmerling, Die „Zwischenverfügung“ und das Streikrecht, ZTR 2006, 365.

I. Grundzüge Die Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG umfasst auch das Recht zu 1 versuchen, gewerkschaftliche Forderungen mittels eines Arbeitskampfes durchzusetzen. Jedoch ist das Streikrecht nicht ohne rechtliche Grenzen, vielmehr sind der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, das Ultima-RatioPrinzip und die Reichweite einer tarifvertraglichen Friedenspflicht zu beachten1. Ebenso unterliegt die Aussperrung rechtlichen Grenzen.

II. Bedeutung des einstweiligen Rechtsschutzes „In einem Rechtsstaat, in dem das Selbsthilferecht ausgeschlossen ist, 2 gibt es keinen größeren Nachteil i.S.v. § 940 ZPO als den endgültigen Rechtsverlust“2. Genau dieser Rechtsverlust droht aber, wenn rechtswidrige Arbeitskampfmaßnahmen durchgeführt werden. Nachträgliche Rechtsschutzmöglichkeiten bieten nur einen unvollkommenen Schutz. So kann die Gewerkschaft vorbeugend auf Unterlassung bestimmter Streikformen verklagt werden3. Dies nutzt aber nur für die fernere Zukunft etwas, die konkret anstehende Maßnahme wird dadurch nicht verhindert. Die Drohung mit Schadensersatzansprüchen könnte geeignet sein, die Gewerkschaften von bestimmten Maßnahmen abzuhalten. Dies gilt aber nur sehr eingeschränkt, denn auch bei einer festgestellten Rechtswidrigkeit der Handlungen kann der Anspruch am fehlenden Ver-

1 Walker, Rz. 708 mit Rechtsprechungsnachweisen; zur Friedenspflicht des Marburger Bundes wegen nicht erfolgter Kündigung des BAT s. LAG Köln v. 12.12.2005 – 2 Ta 457/05 und Bayreuther, NZA 2006, 642; zur Gewerkschaft der Fluglotsen LAG Hess. v. 22.7.2004 – 9 SaGa 593/04. 2 LAG München v. 19.12.1979 – 9 Sa 1015/79, NJW 1980, 957, 58. 3 So etwa in der „Blitzpöbel“-Entscheidung des BAG v. 22.9.2009 – 1 AZR 972/08.

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J Rz. 3

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Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf

schulden scheitern. Das BAG meint dazu, dass es „einer Gewerkschaft nicht ohne weiteres zugemutet werden könne, wegen des damit verbundenen Risikos auf die Durchsetzung einer neuartigen tariflichen Regelung von vornherein zu verzichten, wenn über deren rechtliche Zulässigkeit noch keine höchstrichterlichen Entscheidungen vorliegen und in der Rechtswissenschaft unterschiedliche Auffassungen mit jeweils guten Gründen vertreten werden. In einem solchen Falle darf von dem äußersten Mittel des Streiks aber nur in maßvollem Rahmen und vor allem auch nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn für die Zulässigkeit der angestrebten tariflichen Regelung sehr beachtliche Gründe sprechen und des weiteren eine endgültige Klärung der Rechtslage anders nicht zu erreichen ist. Unter diesen Voraussetzungen kann der Gewerkschaft kein Schuldvorwurf gemacht werden, wenn der Streik später als rechtswidrig erkannt wird.“1 Bei Streikexzessen setzt ein Schadensersatzanspruch voraus, dass sich die Gewerkschaft bestimmte Handlungen ihrer Mitglieder bzw. Streikposten zurechnen lassen muss, was nicht notwendigerweise der Fall ist. Weiter ist häufig der Schuldner derartiger Ansprüche schwer zu ermitteln und auch der Schaden ist meist schwer zu substantiieren. Auch eine Schätzung gem. § 287 ZPO ist nicht immer möglich. Überdies ist es tarifpolitisch nicht sinnvoll, nach einem mühsam errungenen Kompromiss noch einen langen Schadensersatzprozess zu führen. Um hier nicht noch Öl ins Feuer zu gießen, wurden in der Vergangenheit auch nur kleinere Summen eingeklagt, so etwa 50 000 DM bei einer behaupteten Gesamtschadenshöhe von 6 Mio. DM2. Überdies kann auch der Verzicht auf Schadensersatzforderungen Gegenstand der Tarifverhandlungen sein. 3

Auch die Anfechtung des unter dem Eindruck eines rechtswidrigen Streiks abgeschlossenen Tarifvertrages ist keine befriedigende Lösung. Bis darüber rechtskräftig entschieden worden ist, müsse der Tarifvertrag wohl vollzogen werden, was bei einer erfolgreichen Anfechtung, wenn überhaupt, nur mühsam rückabgewickelt werden könnte. Überdies stünden die Tarifvertragsparteien dann wieder am Anfang der Verhandlungen. Nach einer Entscheidung des BAG3 soll eine Bindungswirkung oder Tatbestandswirkung einer Eilentscheidung für das Hauptsacheverfahren eintreten. Konkret wurde ein Streik nicht für rechtswidrig erklärt, weil das ArbG im Eilverfahren den Erlass einer einstweiligen Verfügung aus materiell-rechtlichen Gründen abgelehnt hatte. Dies kann m.E. schon wegen der o.g. unterschiedlichen Streitgegenstände nicht richtig sein4 (s. i.E. 1 BAG v. 19.6.2012 – 1 AZR 775/10 und v. 21.3.1978 – 1 AZR 11/76; Hess. LAG v. 27.6.2013 – 9 Sa 1387/12 – kein Schadensersatz, wenn Antrag auf einstweilige Verfügung in zwei Instanzen zurückgewiesen wurde; LAG Niedersachsen v. 3.6.2004 – 7 Sa 819/04. 2 BAG v. 10.12.2002 – 1 AZR 96/02. 3 BAG v. 20.12.2012 – 1 AZR 611/11. 4 So auch Busemann, ZTR 2014, 447 mit ausführlicher und zutreffender Begründung.

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Parteien

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Rz. 4

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A Rz. 26). Die Praxis muss sich aber auf diese Rechtsprechung einstellen. Das bedeutet, dass man im Eilverfahren immer auch ein mögliches späteres Hauptsacheverfahren im Blick haben muss.

III. Parteien 1. Antragsteller Antragsbefugt ist zunächst der konkrete von dem beabsichtigten Streik 4 betroffene Arbeitgeber, denn in dessen Recht auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb wird eingegriffen. Aber auch ein Arbeitgeberverband kann sich gegen seiner Ansicht nach rechtswidrige Streiks gerichtlich wehren. Es bedarf also keines Mandates des einzelnen Arbeitgebers an den Verband, sondern der Arbeitgeberverband kann aus eigenem Recht klagen, wenn der beabsichtigte Arbeitskampf seine grundrechtlich geschützte Position zu beeinträchtigen droht1. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch ein Drittbetroffener gegen Streiks vorgehen. So hat ein Binnenschifffahrtsunternehmen versucht, einen Streik von Schleusenwärtern zu verhindern. Das Gericht hielt einen Unterlassungsanspruch durchaus für denkbar. Dieser scheiterte aber daran, dass die Stoßrichtung des Streiks gerade nicht gegen dieses Unternehmen gerichtet war.2 Keine Aussicht auf Erfolg dürfte ein entsprechender Antrag eines Patienten der Charitè haben, wenn er den Streik verhindern will, dessentwegen seine geplante Operation verschoben wird3. Dementsprechend hat das LAG Hamm entschieden, dass allein der Ausfall der regulären Kinderbetreuung in der von den Eltern gewählten Tagesstätte durch Streikmaßnahmen der Gewerkschaft nicht als rechtlich relevanter Eingriff in das Elternrecht und die psychische Gesundheit der Kinder angesehen werden könne. Auch wenn die Bedeutung staatlicher Daseinsvorsorge in Form der Gewährleistung einer zuverlässigen Kinderbetreuung nicht in Abrede zu stellen sei, folge hieraus weder ein Streikverbot, noch kann hieraus mehr als die Aufrechterhaltung einer „Notfallversorgung“ hergeleitet werden, um nicht hinnehmbare Schäden Drittbetroffener zu vermeiden. Auch ein etwaiger Verstoß gegen die Friedenspflicht könne einen rechtswidrigen Eingriff in absolut geschützte Rechte und Grundrechtspositionen Dritter nicht begründen4.

1 BAG v. 24.4.2007 – 1 AZR 252/06; LAG Berlin-Brandenburg v. 14.8.2012 – 22 SaGa 1131/12; Walker, ZfA 1995, 185, 201 nimmt hier eine gewillkürte Prozessstandschaft an. 2 ArbG Wesel v. 23.8.2013 – 6 Ga 22/13; ArbG Herne v. 23.8.2013 – Schleuse von Datteln; ArbG Berlin v. 22.8.2013 – 58 Ga 12250/11; ArbG Frankfurt/M. v. 16.8.2012 – 12 Ca 8341/11; a.A. Lambrich/Sander, NZA 2014, 337, 342. 3 Walker in Schuschke/Walker, vor § 935 Rz. 152a. 4 LAG Hamm v. 29.10.2009 – 8 SaGa 22/09.

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J Rz. 5

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Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf

2. Antragsgegner 5

In Anspruch genommen werden kann die Gewerkschaft, die zum Streik aufgerufen hat. Dies kann sowohl der Bundesverband sein als auch eine ausnahmsweise rechtsfähige Untergliederung.1 Nach § 10 Satz 1 ArbGG sind die Gewerkschaften im arbeitsgerichtlichen Verfahren parteifähig. Dort ist die Gesamtorganisation und nicht die Unterorganisation gemeint. Es können allerdings auch Unterorganisationen einer Gewerkschaft parteifähig sein, wenn sie a) körperschaftlich organisiert sind und b) gegenüber dem Gesamtorganisation weitgehend selbständig tätig werden können und c) wenn sie handlungsfähig im Sinne eigener Tariffähigkeit sind2. Zu beachten ist, dass der Gewerkschaft das Verhalten ihrer Erfüllungsgehilfen zugerechnet wird, soweit es um die tarifliche Vertragshaftung geht3. Streikposten sind hingegen nur Verrichtungsgehilfen i.S.v. § 831 BGB4.

6

Betriebliche Streikführer, die etwa bei einer Betriebsblockade anwesend sind, schulden Unterlassung nicht nur, wenn sie selbst unerlaubte Handlungen begangen haben, sondern bereits dann, wenn sie die arbeitskampfwidrigen Handlungen der Streikenden oder Streikposten zur Kenntnis genommen haben, ohne dagegen einzuschreiten5. Es kann jedoch problematisch sein, diese namentlich zu erfassen, zumal sie ausgetauscht werden können. Die Austauschbarkeit steht auch einer Anwendung der Grundsätze entgegen, die von der Rechtsprechung zu den sog. Hausbesetzerfällen entwickelt wurden6. Auch gegen einzelne am Streik Beteiligte kommen Unterlassungsansprüche wegen rechtswidriger Eingriffe in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Betracht.

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Denkbar ist auch, einzelne Betriebsratsmitglieder7 sowie sonstige Arbeitnehmer auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen, wenn sie zu einem

1 Däubler/Bertzbach, Arbeitskampfrecht, § 24 Rz. 15; s. aber LAG Hessen v. 17.9.2008 – 9 SaGa 1443/08: keine Rechtsfähigkeit von Bezirksleitungen und Geschäftsstellen der IG Metall, ebenso ArbG Dresden v. 14.1.2004 – 1 Ca 3081/03 für lediglich räumlich verfasste Untergliederungen. 2 BAG v. 26.2.1964 – 5 AZR 66/64. 3 BAG v. 8.2.1957 – 1 AZR 169/55; s. weiter zur Inanspruchnahme Dritter Walker in Schuschke/Walker, vor § 935 Rz. 154. 4 BAG v. 21.6.1988 – 1 AZR 651/86. 5 Vgl. BAG v. 1.6.1988 – 1 AZR 651/86; zur Inanspruchnahme der örtlichen Streikleitung s. LAG Hamm v. 7.8.1987 – 8 Sa 1369/86, NZA 1987, 825 sowie LAG Köln v. 2.7.1984 – 9 Sa 602/84, DB 1984, 2095. 6 LG Kassel v. 7.7.1990 – 2 T 81/90; Walker in Schuschke/Walker, § 920 Rz. 13; differenzierend LG Krefeld v. 30.7.1981 – 5 O 303/81; ablehnend OLG Köln v. 18.8.1981 – 3 W 24/81, s. weiter Raeschke/Kessler, NJW 1981, 683; Lisken, NJW 1982, 1136. 7 LAG Berlin-Brandenburg v. 31.1.2012 – 7 TaBV 1733/11; nicht aber den Betriebsrat selbst, s. BAG v. 17.3.2010 – 7 ABR 95/08 und LAG Düsseldorf v. 14.12.2010 – 17 TaBV 12/10 – hier kommt nur der Auflösungsantrag nach § 23 Abs. 1 BetrVG

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Verfahren

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Rz. 11

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wilden, also nicht von einer Gewerkschaft geführten Streik aufrufen. Mittels einstweiliger Verfügung kann der Arbeitgeber aber nicht die einzelnen Arbeitnehmer verpflichten, ihre Arbeitsleistung wieder aufzunehmen, da ein solcher Titel gem. § 888 Abs. 3 ZPO nicht vollstreckbar wäre. Eine Untersagungsverfügung kann nur die Mitarbeiter des die einstweilige Verfügung beantragenden Arbeitgebers erfassen1.

IV. Verfahren 1. Zuständigkeit Vom Rechtsweg her zuständig sind die Gerichte für Arbeitssachen,2 die 8 im Urteilsverfahren entscheiden. Das bedeutet, dass hier auch uneingeschränkt der Beibringungsgrundsatz gilt. Dabei ist zu beachten, dass in der Hektik des Arbeitskampfgeschehens die Gefahr eines möglicherweise unvollständigen Sachvortrages ungleich größer ist als ein in einem sich über Monate oder Jahre hinziehenden Hauptsacheverfahren. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach allgemeinen Regeln, d.h. es 9 ist grundsätzlich am allgemeinen Gerichtsstand des in Anspruch Genommenen zu klagen. Daneben kommt der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) in Betracht, d.h. überall dort, wo der rechtswidrige Streik zu Schäden führt, kann nach der Gesetzeslage eine Zuständigkeit des dortigen ArbG gegeben sein. Um der rechtsmissbräuchlichen Anrufung von ArbG entgegenzutreten, 10 halte ich es, dem Vorschlag von Bertzbach3 folgend, für sachgerecht, den Rechtsstreit an das Gericht zu verweisen, in dessen Bezirk der Schwerpunkt des Streiks und dessen Auswirkungen liegt. Da die Entscheidung über die örtliche Zuständigkeit unanfechtbar ist, stehen dem Eilrichter – zuständig ist der Vorsitzende allein (§ 55 Abs. 1 Nr. 7 ArbGG)4 – alle Möglichkeiten offen5. 2. Mündliche Verhandlung Das Eilverfahren auf dem Gebiet des Arbeitskampfrechts bedarf in beson- 11 derem Maße der mündlichen Verhandlung. Gerade weil die schriftliche

1 2 3 4 5

in Betracht; s. BAG v. 15.10.2013 – 1 ABR 31/12 zur Unzulässigkeit der innerbetrieblichen elektronischen Verbreitung eines Streikaufrufs. ArbG Düsseldorf v. 19.11.2008 – 2 Ga 98/08. Keine Notzuständigkeit der AG, Däubler/Bertzbach, Arbeitskampfrecht, § 24 Rz. 14. Däubler/Bertzbach, Arbeitskampfrecht, § 24 Rz. 16. Siehe hierzu i.E. Schwab/Weth/Korinth, ArbGG, § 55 Rz. 29 ff. ArbG Kiel v. 15.3.2011 – 5 Ga 2a/11 nimmt den Unternehmenssitz als Gerichtsstand und meint, es komme nicht darauf an, von wo die Streikeinsätze einheitlich gesteuert werden.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf

Vorbereitung des Verfahrens durch die Parteien infolge des Zeitdrucks möglicherweise unvollkommen ausfällt, muss angesichts der Bedeutung der gegeneinander abzuwägenden Rechtsgüter eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden, wann immer dies möglich ist1. Nur in extremen Ausnahmefällen, in denen eine über das Maß des § 937 Abs. 2 ZPO hinausgehende Dringlichkeit gegeben ist, kann ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden werden2. Dabei ist die Ladungsfrist erforderlichenfalls abzukürzen. Ein derartiger Antrag dürfte konkludent im Begehren zu sehen sein und ist auch ohne mündliche Verhandlung zu bescheiden. Die Ladungsfrist von drei Tagen des § 217 ZPO kann gem. § 226 Abs. 1 ZPO nochmals abgekürzt werden. Erforderlichenfalls ist eine mündliche Verhandlung auch an einem Tag anzuberaumen, an dem die Kammer sonst keine Sitzung hätte, sofern dies möglich ist. Eine Schutzschrift, die zur Abwehr eines Antrages vorsorglich eingereicht wurde, ist wegen der Notwendigkeit der Gewährung rechtlichen Gehörs zu beachten (s. i.E. unter A V.)3.

V. Rechtsschutzziele 12

Dem Antragsteller kann es um unterschiedliche Ziele im Zusammenhang mit dem Arbeitskampf gehen. Es kommen in Betracht: – einstweilige Verfügungen, die die Einleitung eines Streiks untersagen sollen, – einstweilige Verfügungen, die die Fortführung eines bereits begonnenen Streiks untersagen sollen, – einstweilige Verfügungen auf Widerruf des Streikaufrufs4, – einstweilige Verfügungen, mit denen einzelne Verhaltensweisen erzwungen werden sollen etwa im Zusammenhang mit Notdiensten, – einstweilige Verfügungen, mit denen Handlungen untersagt werden sollen wie etwa Betriebsblockaden5.

1 Aus Arbeitgebersicht soll die mündliche Verhandlung möglicherweise zum Schlichtungsgespräch werden, Kursawe/Pirpamer, AuA 2013, 214, 216. 2 Däubler/Bertzbach, Arbeitskampfrecht, § 24 Rz. 17 f.; Faecks, NZA 1985, Beilage 3, 6 ff., 16. 3 Vgl. Däubler/Bertzbach, Arbeitskampfrecht, § 24 Rz. 37. 4 ArbG Kiel v. 18.5.2009 – ö.D. 4 Ga 23 b/09; ArbG Stuttgart v. 11.6.2013 – 7 Ga 31/13. 5 Däubler/Bertzbach, Arbeitskampfrecht, § 24 Rz. 33.

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Rechtliche Grundvoraussetzungen bei der Untersagung von Streiks

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VI. Rechtliche Grundvoraussetzungen bei der Untersagung von Streiks Zunächst gelten die üblichen Grundsätze des Verfügungsverfahrens im 13 Urteilsverfahren, also insbesondere der Beibringungsgrundsatz. Der Antrag auf einstweilige Verfügung im Arbeitskampf muss also einer materiell-rechtlichen Schlüssigkeitsprüfung unterzogen werden1. Dies umfasst die substantiierte Darlegung, dass die Arbeitskampfmaßnahme rechtswidrig ist. Sie muss nicht notwendigerweise auch strafbar sein, etwa als Nötigung2. Die Intensität der Schlüssigkeitsprüfung entspricht der des Hauptsacheverfahrens3. Auch in Eilverfahren im Arbeitskampf gilt die strikte Trennung von Ver- 14 fügungsanspruch und Verfügungsgrund. Versuche, einen eintopfartigen „materiell-rechtlichen und prozessualen Mischtatbestand“4 zu etablieren, haben sich nicht durchgesetzt5. Man kann also nicht losgelöst vom materiellen Recht nur danach fragen, welcher Partei das Risiko einer Fehlentscheidung eher zugemutet werden kann6. Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund stehen jedoch nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr sind die Anforderungen an den Verfügungsgrund umso geringer, je eindeutiger der Verfügungsanspruch besteht. 1. Verfügungsanspruch Verfügungsansprüche können bestehen als tarifvertragliche Ansprüche 15 auf Unterlassung und Einwirkung und deliktische Unterlassungsansprüche, die auf dem Schutz des Rechts auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§ 823 Abs. 1 BGB) gestützt werden können. Auch bei der Verletzung der tarifvertraglichen Friedenspflicht, die auch Schutzwirkung für einzelne tarifgebundene Arbeitgeber entfaltet, kommt ein Verfügungsgrund in Betracht. Ansprüche auf Unterlassung einzelner Arbeitskampfhandlungen wie etwa Betriebsbesetzungen können auf § 862 Abs. 1 BGB gegründet werden7. Eine Rechtfertigung von Arbeitskampfhandlungen kann sich aus Art. 9 Abs. 3 GG nur für rechtmäßige Streikhandlungen ergeben. Dabei ist zu beachten, dass ein Streik auch dann nicht rechtswidrig ist, wenn für einen Betrieb nach ihrer Satzung mehrere DGB-Gewerkschaften zuständig sind. Dies gilt jedenfalls solange, wie eine (Schieds-)Entscheidung nach § 16 DGB-Satzung nicht erfolgt ist. Auch der Umstand, dass das Schiedsgericht entgegen der DGB-Satzung 1 Däubler/Bertzbach, Arbeitskampfrecht, § 24 Rz. 11. 2 Scholz in Ostrowicz/Künzl/Scholz, Handbuch des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl. 2014, S. 636. 3 Vgl. Walker, ZfA 1995, 185, 196. 4 Isenhardt, FS Stahlhacke, 1995, S. 195, 204. 5 Reichold, FA 2008, 98, 99. 6 Krause, JbArbR 45 (2008) 23, 28 unter Ablehnung der Vorstellung Leipolds. 7 Däubler/Bertzbach, Arbeitskampfrecht, § 24 Rz. 20.

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von keiner der beiden Gewerkschaften angerufen wird, führt nicht zur Rechtswidrigkeit eines Arbeitskampfes1. 2. Verfügungsgrund und Interessenabwägung 16

Gemäß § 940 ZPO muss die Verfügung „zur Abwendung wesentlicher Nachteile“ notwendig sein. Der Verfügungsgrund setzt sich zusammen aus der Notwendigkeit der einstweiligen Verfügung und der Interessenabwägung. Teilweise wird vertreten, dass ein Verfügungsgrund nur gegeben sei, wenn der Streik eindeutig rechtswidrig und/oder die Existenz des Arbeitgebers gefährdet sei2. Andere meinen, die „einfache“ Rechtswidrigkeit genüge3. M.E. kann man diese Frage nicht generell-abstrakt, sondern nur im Zusammenhang mit der Interessenabwägung beantworten.

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Bei der Interessenabwägung ist zweierlei zu beachten: Zum einen greift eine einstweilige Verfügung auf Untersagung eines Streiks oder einzelner Streikmaßnahmen gravierend in das Arbeitskampfgeschehen ein. Eine einmal unterbrochene Streikmaßnahme kann nicht mit gleicher Wirkung zu einem anderen Zeitpunkt wieder aufgenommen werden, wenn etwa das Berufungsgericht zu einem anderen Ergebnis als das ArbG kommt. Der vorläufige Abbruch eines Streiks durch Erlass einer einstweiligen Verfügung hat daher de facto meist eine den Streik beendende Wirkung4. Auf der anderen Seite sind die o.g. Rechte des Arbeitgebers zu beachten, die es ihm ermöglichen müssen, sich bereits in der Streikphase gegen rechtswidrige Streikmaßnahmen zur Wehr zu setzen.

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In gleicher Weise muss es der Gewerkschaftsseite möglich sein, sich gegen die rechtswidrige Anwendung der grundsätzlich möglichen5 Aussperrung zur Wehr zu setzen (s. dazu i.E. unter Rz. 38).

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Bei der Abwägung der jeweils hohen Rechtsgüter der Parteien des Arbeitskampfes ist die Fehleranfälligkeit des Verfügungsverfahrens problematisch. Dieses bietet gegenüber dem Hauptsacheverfahren nur eine verminderte Richtigkeitsgewähr, die Wahrscheinlichkeit von Fehlentscheidungen ist größer.

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Wertet man diese Umstände vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund, so kann die bloße Wahrscheinlichkeit, dass der Arbeitgeber materiell im Recht ist, nicht ausreichen, um ohne weiteres den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zu erwirken6. Auf der anderen Seite ist es aber auch nicht notwendig, dass die Kampfmaßnahme offenkundig 1 LAG Hamburg v. 21.5.2014 – 5 SaGa 1/14. 2 LAG Köln v. 19.3.2007 – 12 Ta 41/07; Sächsisches LAG v. 2.11.2007 – 7 SaGa 19/07; Däubler/Bertzbach, Arbeitskampfrecht, § 24 Rz. 21. 3 Hessisches LAG v. 22.7.2004 – 9 SaGa 593/04. 4 Reichold, FA 2008, 98. 5 BVerfG v. 26.6.1991 – 1 BvR 779/85; BAG v. 11.8.1992 – 1 AZR 103/92. 6 Däubler/Bertzbach, Arbeitskampfrecht, § 24 Rz. 21.

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Rechtliche Grundvoraussetzungen bei der Untersagung von Streiks

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rechtswidrig1 ist und/oder zu existentiellen Schädigungen führt2. Die Lösung ist vielmehr anhand einer umfassenden und nicht schematischen Interessenabwägung zu finden. Dabei ist erneut auf die Beziehung zwischen dem Verfügungsanspruch und dem Verfügungsgrund hinzuweisen: Je eindeutiger sich die Rechtswidrigkeit des zu unterbindenden Handelns darstellt, desto eher muss der Antragsgegner das Unterlassungsgebot hinnehmen. Dabei wird von ihm auch nichts Unzumutbares verlangt, denn er soll nur veranlasst werden, die vom materiellen Recht gezogenen Grenzen seines Handelns einzuhalten. Je unsicherer hingegen die Rechtslage ist, desto intensiver muss die Interessenabwägung vorgenommen werden3. Dabei ist genau abzuwägen, welche Folgen für den Antragsgegner bei Erlass der einstweiligen Verfügung eintreten und welche für den Antragsteller bei der Abweisung des Antrages4. Dabei kann, dem Vorschlag von Reichold5 folgend, die Formel herangezogen werden, die das BVerfG beim Erlass einstweiliger Anordnungen gem. § 32 Abs. 1 BVerfGG verwendet, nämlich ein folgenorientiertes Abwägungsmodell. Es sind also die Folgen abzuwägen, die einträten, wenn die Eilentscheidung nicht erginge, das Hauptsacheverfahren aber Erfolg hätte gegenüber den Nachteilen, die einträten, wenn die Eilentscheidung erginge, die Hauptsachenklage aber abzuweisen wäre. Die überragende Bedeutung der Streikfreiheit gem. Art. 9 Abs. 3 GG ge- 21 bietet, dass bei einer Gleichwertigkeit der Nachteile, die die Partei bei einer Fehlentscheidung erleiden würde, ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Streikmaßnahmen zurückzuweisen ist, sofern nicht im Einzelfall andere, besondere Umstände hinzutreten. Dabei ist auch zu beachten, dass durch das Streikrecht die Kampfparität bezüglich der Arbeitnehmerforderung überhaupt erst hergestellt werden soll6. Das Streikrecht darf nicht mittels des vorläufigen Rechtsschutzes zu einem „Streikverbot mit Erlaubnisvorbehalt“ degenerieren7. Bei Auslegungsund Ermessensfragen ist die vom BVerfG im Lüth-Urteil8 begründete Wechselwirkungslehre zu berücksichtigen.

1 So aber LAG Köln v. 19.3.2007 – 12 Ta 41/07, Sächsisches LAG v. 2.11.2007 – 7 SaGa 19/07, wohl auch LAG Baden-Württemberg v. 31.3.2009 – 2 SaGa 1/09 und LAG Hessen v. 2.5.2003 – 9 SaGa 637/03; Däubler/Bertzbach, Arbeitskampfrecht, § 24 Rz. 21. 2 LAG Schl.-Holst. v. 10.12.1996 – 6 Sa 577/96. 3 Vgl. LAG Köln v. 14.6.1996 – 4 Sa 177/96 – erhöhte Anforderungen an den Verfügungsgrund. 4 Däubler/Bertzbach, Arbeitskampfrecht, § 24 Rz. 26. 5 Reichold, FA 2008, 98, 99. 6 S. zur rechtlichen Beurteilung des Boykottaufrufs LG Düsseldorf v. 14.6.2000 – 12 O 556/99 und ArbG Bremen v. 7.10.1999 – 9 Ga 79/99 – bezogen auf ausländische Reeder; s. zur umstrittenen Möglichkeit einer Zwischenverfügung ArbG Saarbrücken v. 2.5.2006 – 61 Ga 7/06 und Zimmerling, ZTR 2006, 365. 7 Däubler/Bertzbach, Arbeitskampfrecht, § 24 Rz. 6; Faupel, DB 1971, 868. 8 BVerfG v. 15.1.1958 – 1 BvR 400/51.

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Es ist auch zu beachten, dass die vollständige Untersagung des Streiks die am stärksten in das Grundrecht des Art. 9 Abs. 3 GG eingreifende Maßnahme ist. Gleiches gilt für den auch möglichen Anspruch auf Widerruf des Streikaufrufs1. Einstweilige Verfügungen, die nur einzelne Streikhandlungen untersagen, sind daher eher zulässig.

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Fraglich ist, ob überhaupt noch Raum für eine Interessenabwägung auf der Rechtsfolgenseite besteht, wenn die rechtliche Prüfung ergibt, dass die beabsichtigte Streikmaßnahme eindeutig rechtswidrig ist, die zu erwartenden Schäden aber – wie z.B. bei einem kurzzeitigen Warnstreik – wahrscheinlich gering sein werden oder ob hier die Untersagungsverfügung ergehen muss2. Hier kann der Arbeitgeber jedenfalls nicht auf die Möglichkeit der Abwehraussperrung verwiesen werden3.

VII. Befugnisse des Gerichts im Arbeitskampfrecht allgemein 24

BAG und BVerfG4 sehen die Gerichte auch bei fehlenden gesetzlichen Vorgaben (Art. 9 Abs. 3 GG stellt nur eine sehr rudimentäre Regelung dar) in der Pflicht, das materielle Recht mit den anerkannten Methoden der Rechtsfindung aus den allgemeinen Grundsätzen abzuleiten. Dies gelte auch dort, wo eine gesetzliche Regelung wegen einer verfassungsrechtlichen Schutzpflicht notwendig wäre. Nur so könnten die Gerichte die ihnen vom Grundgesetz auferlegte Pflicht erfüllen, jeden vor sie gebrachten Rechtsstreit sachgerecht zu entscheiden. Die Wesentlichkeitstheorie gelte bei Eingriffen in die grundrechtliche Freiheitssphäre durch den Staat, während es hier um das Verhältnis gleichgeordneter Grundrechtsträger gehe. Daher dürfen die Gerichte für Arbeitssachen das Arbeitskampfrecht nicht nur regeln, sie müssen es sogar. Dieser Befund ist ebenso richtig wie unbefriedigend.

VIII. Befugnisse des Gerichts im Eilverfahren 25

Der Eilrichter hat sich nach allgemeiner Auffassung5 grundsätzlich an den Rahmen der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu halten hat. Das Eilverfahren ist nicht der Ort, um Arbeitskampfrechtsgeschichte zu schreiben, obwohl die fehlende Zuständigkeit des BAG dazu verleiten könnte. Der Eilrichter kann also wegen des notwendigen Vertrauensschutzes das Streikverbot nicht auf eine Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung stützen6. Zulässig ist aber eine Sub1 ArbG Kiel v. 18.5.2009 – ö.D. 4 Ga 23 b/09. 2 So Walker, ZfA 1995, 185, 207; a.A. kein Verfügungsgrund bei lediglich irrelevantem Produktionsausfall ArbG Frankfurt v. 8.5.2002 – 10 Ga 58/02. 3 Vgl. Walker, Rz. 723. 4 BAG v. 24.4.2007 – 1 AZR 252/06; BVerfG v. 26.6.1991 – 1 BvR 779/85. 5 Krause, JbArbR 45 (2008) 23, 34; GMP/Germelmann, § 62 Rz. 114. 6 Krause, JbArbR 45 (2008) 23, 35.

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Befugnisse des Gerichts im Eilverfahren

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sumtion des konkreten Sachverhaltes unter die Rechtssätze des BAG. Daher kann auch eine einstweilige Verfügung ergehen, wenn der konkrete Sachverhalt noch nicht höchstrichterlich entschieden worden ist, und zwar auch dann, wenn sich die dabei auftretenden Rechtsfragen als kompliziert herausstellen1. Es ist also nicht notwendig, dass sich die Rechtswidrigkeit des Streiks in Kenntnis der Rechtsprechung schon auf den ersten Blick zeigt. M.E. sind angesichts der sich stark wandelnden Kampfmaßnahmen Situationen denkbar, in denen eine Arbeitskampfmaßnahme im Eilverfahren untersagt wird, die bislang noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung war2. Die Bildung neuer Regeln kann hier aber nur dann erfolgen, wenn die beabsichtige Streikmaßnahme nach Ansicht des Eilrichters grob in die geschützten Rechte des Antragsgegners eingriffe. Hier gilt m.E. genau derselbe Lösungsansatz wie im Streikrecht generell: Man kann nicht die Antwort auf Rechtsfragen verweigern, weil entweder der Gesetzgeber oder das BAG keine Regeln aufgestellt hat3. Es erscheint aber zweifelhaft, ob durch Eilentscheidungen z.B. ein System von Streikbeschränkungen im Bereich der Daseinsvorsorge etabliert werden kann4. Hier wird sich der Eilrichter sich auf die Maßnahmen beschränken müssen, die in der konkreten Situation unabdingbar erscheinen, um das öffentliche Leben aufrecht zu erhalten. Ähnlich urteilte das LAG Rheinland-Pfalz in einem Fall der Tarifkonkurrenz: Der Kernbereich des Instituts der Tarifvertragsfreiheit werde verletzt, wenn einer Gewerkschaft, der eine Tariffähigkeit zukommt, durch Vorverlagerung einer gerichtlichen Überprüfung eines Tarifvorrangs eines bereits existierenden Tarifvertrages innerhalb der Rechtmäßigkeitsprüfung eines angekündigten Streiks die formelle Kompetenz, überhaupt Tarifnormen zu setzen, genommen wird5. Schon gar nicht kann es ausreichen, wenn das Gericht „Zweifel an der Rechtmäßigkeit, insbesondere der Verhältnismäßigkeit der angekündigten Streikmaßnahmen“ hat.6 Auch die Frage der Tariffähigkeit einer sich als Gewerkschaft bezeich- 26 nenden Organisation muss somit in Einzelfällen im Eilverfahren entschieden werden. Bekanntlich muss eine Arbeitnehmervereinigung bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen, um tariffähig und damit eine Gewerkschaft i.S.d. § 2 Abs. 1 TVG zu sein. Darüber hinaus muss die Arbeitnehmervereinigung auch von ihrem organisatorischen Aufbau her in der Lage sein, die ihr gestellten Aufgaben zu erfüllen. Der Abschluss eines Tarifvertrages muss der Mitgliedschaft vermittelt und auch tatsächlich durchgeführt werden. Dies alles muss eine Arbeitnehmervereini1 Krause, JbArbR 45 (2008) 23, 36; LAG Köln v. 14.6.1996 – 4 Sa 177/96, Anforderungen an den Verfügungsgrund aber erhöht bei schwieriger Rechtslage. 2 A.A. Krause, JbArbR 45 (2008) 23, 37. 3 BAG v. 24.4.2007 – 1 ABR 252/06; Treber, SR 2013, 140, 142. 4 S. hierzu ausführlich Rudkowski, Der Streik in der Daseinsvorsorge, Köln 2010, rezensiert von Schliemann, RdA 2012, 14; v. Tiling in Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, Kap. 15 Rz. 26 ff. 5 LAG Rheinland-Pfalz v. 14.6.2007 – 11 Sa 208/07. 6 So aber ArbG Berlin v. 19.9.2007 – 35 Ga 15299/07.

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gung sicherstellen, um Tarifverträge abschließen zu können. Sie muss sich auch als satzungsgemäße Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt haben und willens sein, Tarifverträge abzuschließen. Sie muss frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein und das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Weiter ist Voraussetzung, dass die Arbeitnehmervereinigung ihre Aufgabe als Tarifpartnerin sinnvoll erfüllen kann. Dazu gehört einmal die Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler, zum anderen aber auch eine gewisse Leistungsfähigkeit der Organisation1. Zweifel hierüber sind grundsätzlich in einem gesonderten Verfahren nach § 97 ArbGG zu klären. 27

Das Eilverfahren kann aber nicht ausgesetzt werden, bis ein solches Verfahren durchgeführt worden ist2 und der Antrag kann auch mit der einfachen Begründung zurückgewiesen werden, die notwendige Feststellung sei in diesem gesonderten Verfahren noch nicht erfolgt. Die Tariffähigkeit als Vorfrage ist also auch im Verfügungsverfahren zu prüfen, selbst wenn ein Verfahren nach § 97 ArbGG anhängig ist3. Allerdings wird man hier für eine Verneinung der Tariffähigkeit verlangen müssen, dass diese offenkundig ist4. Auch bei der einstweiligen Verfügung auf Untersagung des Streiks ist das Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 ZPO zu beachten. Ein Antrag, eine Gewerkschaft zu verurteilen, Streikmaßnahmen zu unterlassen, wenn nicht mindestens 75 % der für die Bewegung in Betracht kommenden Gewerkschaftsmitglieder dem zugestimmt haben, ist unbestimmt5.

IX. Fallgruppen: Regelanwendung oder Regelbildung? 28

Wendet man die in der Literatur6 vertretene Auffassung, dem Eilrichter stehe nur die Kompetenz der Anwendung der höchstrichterlich geschaffenen Regeln, nicht aber die der Regelbildung zu, konkret an, ergeben sich folgende Fallgruppen: 1. Klare Zugehörigkeit zur Gruppe der Regelanwendung

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Grundsätzlich zulässig wären einstweilige Verfügungen in folgenden Fällen: 1 BAG v. 6.6.2000 – 1 ABR 10/99; LAG Rheinland-Pfalz v. 22.6.2004 – 11 Sa 2096/03; vgl. weiter LAG Hessen v. 22.7.2004 – 9 SaGa 593/04. 2 Treber, SR 2013, 140, 145; Krause, JbArbR 45 (2008) 23, 37. 3 LAG Rheinland-Pfalz v. 22.6.2004 – 11 Sa 2096/03. 4 LAG Berlin-Brandenburg v. 16.2.2010 – 19 SaGa 2480/09 für eine „Gewerkschaft“ mit 100 Mitgliedern. 5 ArbG Dresden v. 14.1.2004 – 1 Ca 3081/03. 6 Krause, JbArbR 45 (2008) 23, 36; Treber, SR 2013, 140, 145.

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Fallgruppen: Regelanwendung oder Regelbildung?

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– Friedenspflicht: Die Reichweite der Friedenspflicht aufgrund bereits bestehender Tarifverträge1 kann ohne das Aufstellen neuer Regeln im Eilverfahren bestimmt werden2, ebenso, ob der Wechsel des Arbeitgebers in eine OT-Mitgliedschaft zu einer Beendigung derselben führt3 oder ob ein Firmentarifvertrag erstreikt werden kann4. Lässt die Gewerkschaft eine Tarifforderung fallen, für die im Gegensatz zu den übrigen Forderungen noch eine Friedenspflicht besteht, ist m.E. für eine einstweilige Verfügung gegen den Streik kein Raum mehr5, da der maßgebliche Zeitpunkt für die rechtliche Prüfung der Schluss der mündlichen Verhandlung bzw. der Zeitpunkt der Entscheidung im schriftlichen Verfahren ist. – Rechtmäßige Tarifforderungen: Die Frage, welche gewerkschaftliche Forderungen legitime Arbeitskampfziele darstellen, ist vielfach entschieden worden (qualitative Besetzungsregelung6, Erweiterung der betrieblichen Mitbestimmung durch Tarifvertrag7, Altersteilzeit, Tarifsozialplan8), so dass die dabei gewonnenen Regeln nur angewandt werden müssen. Im Einzelfall können allerdings Probleme auftreten, die noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung waren, wie z.B. der Arbeitskampf gegen eine Standortverlagerung. Ob man hier die bisherigen Regeln „extrapolieren“ kann oder neue aufstellen muss, ist eine Frage des Einzelfalls9. – Unterstützungsstreik: Nach der Klärung der grundsätzlichen Zulässigkeit eines Unterstützungsstreiks10 sind die maßgeblichen Fragen geklärt, wie etwa die Unzulässigkeit eines Stellvertreterstreiks geklärt, so dass es jetzt nur noch um Fragen der Anwendung der vom BAG gebildeten Regeln gehen kann und nicht um die Aufstellung neuer Regeln. – Wilde Streiks, die nicht von der Gewerkschaft getragen werden, können im Eilverfahren untersagt werden11. Hier kann von der Gewerkschaft zwar kein Unterlassen verlangt werden, da sie den Streik ja gerade nicht mitträgt, wohl aber kommen Ansprüche der betroffenen Arbeitgeber oder des zuständigen Arbeitgeberverbandes dahin in Be-

1 BAG v. 10.12.2002 – 1 AZR 96/02, dort auch zur Frage des Streiks um einen Firmentarifvertrag gegen einen verbandangehörigen Arbeitgeber. 2 LAG Nürnberg v. 30.9.2010 – 5 Ta 135/10. 3 LAG Hessen v. 17.9.2008 – 9 SaGa 1442/08. 4 BAG v. 10.12.2002 – 1 AZR 96/02. 5 Treber, SR 2013, 140, 147; a.A. ArbG Frankfurt/M v. 29.2.2012 – 9 Ga 24/12. 6 Hessisches LAG v. 9.8.2011 – 9 Sa 1147/11. 7 ArbG Frankfurt/M. v. 30.9.2011 – 8 Ga 169/11. 8 BAG v. 24.7.2007 – 1 AZR 252/06; LAG Berlin-Brandenburg v. 14.8.2012 – 22 SaGa 1131/12. 9 Vgl. Treber, SR 2013, 140, 148; Kühling/Bertelsmann, NZA 2005, 1017, 1021. 10 BAG v. 19.6.2007 – 1 AZR 393/06. 11 Zum Problem, ob die Teilnahme hieran einen Kündigungsgrund darstellt, vgl. Lorenz, AiB 1998, 655.

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tracht, dass die Gewerkschaft ihren Einfluss zur Unterbindung der Kampfmaßnahmen geltend macht1. – Politische Streiks, durch die Druck etwa auf staatliche Organe ausgeübt werden soll, sind grundsätzlich rechtswidrig, da sie nicht den Abschluss eines Tarifvertrages zum Ziel haben. – Unzulässig ist auch der Demonstrationsstreik, mit dem gegen politische Entscheidungen oder ein bestimmtes Arbeitgeberverhalten protestiert werden soll. Auch dadurch wird nicht der Abschluss eines Tarifvertrages erstrebt2. Es ist jedoch zweifelhaft, ob bereits der bloße Aufruf zu einer Teilnahme an einer gewerkschaftlichen Demonstration ohne ausdrückliche Aufforderung zur Arbeitsniederlegung durch einstweilige Verfügung untersagt werden kann3. – Der befristete Warnstreik, mit dem die Entschlossenheit der Arbeitnehmer verdeutlicht werden soll, erforderlichenfalls in einen unbefristeten Streik zu treten, dient grundsätzlich der Durchsetzung legitimer Arbeitskampfziele. Auch hier ist jedoch das Ultima-Ratio-Prinzip zu beachten4. Soweit dieses Prinzip nicht beachtet wird, kommen grundsätzlich Unterlassungsansprüche in Betracht. Hier ist allerdings der Verfügungsgrund zweifelhaft, da meist ein wesentlicher Nachteil des Arbeitgebers infolge der Streikmaßnahme nicht gegeben sein wird5. Dieser Umstand darf jedoch nicht dazu führen, dass jedwede Form einstweiligen Rechtsschutzes gegen Warnstreiks unzulässig wäre. Maßgeblich sind stets die Umstände des Einzelfalles. – Streiks, durch die der Arbeitgeber veranlasst werden soll, das Kündigungsverfahren gegen ein Betriebsratsmitglied (§ 103 BetrVG) zurückzunehmen, sind unzulässig. In den o.g. Fällen kann sich der einzelne Arbeitgeber gegen die gesamte Durchführung des Streiks wenden und einen entsprechenden umfassenden Verfügungsantrag stellen6. – Scheitern der Verhandlungen: Die Tarifvertragsparteien können selbst frei darüber bestimmen, wann die Verhandlungen gescheitert sind. In diesem Rahmen kann eine Gewerkschaft auch während der Verhandlungen über einen Tarifvertrag zu Arbeitsniederlegungen aufrufen, ohne dass es einer ausdrücklichen Erklärung des Scheiterns der Tarifverhandlungen bedürfte. Für die Arbeitgeberseite muss lediglich er-

1 2 3 4

Vgl. Dütz, BB 1980, 535. Vgl. BAG v. 23.10.1984 – 1 AZR 126/81. Verneinend ArbG Osnabrück v. 5.6.1996 – 2 Ga 5/96. BAG v. 21.6.1988 – 1 AZR 651/86; vgl. weiter LAG Köln v. 29.10.1998 – 10 Sa 14/98 zur – verneinten – Pflicht zur Vorankündigung. 5 Däubler/Bertzbach, Arbeitskampfrecht, § 24 Rz. 25. 6 BAG v. 5.3.1985 – 1 AZR 468/83; LAG Rh.-Pf. v. 15.3.1986 – 1 Ta 50/86; einschränkend LAG Hamburg v. 24.3.1987 – 8 Sa 25/87 (Verletzung der Friedenspflicht allein reicht nicht für einstweilige Verfügung; zur Formulierung s. untenstehendes Muster 54 J Rz. 47); s. weiter Buchner, RdA 1987, 209, 217; Löwisch, RdA 1987, 219, 223.

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Fallgruppen: Regelanwendung oder Regelbildung?

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kennbar sein, dass der Vertragspartner die kampflosen Verständigungsmöglichkeiten für ausgeschöpft hält. Diese Mitteilung kann auch durch den Streikaufruf selbst erfolgen1. 2. Problematische Fälle – Tarifpluraler Betrieb: Nach der Aufgabe des Grundsatzes der Tarifein- 30 heit durch das BAG2 ist es den in einem Betrieb vertretenen Gewerkschaften jeweils unbenommen, Arbeitskämpfe zu führen. Die Reichweite dieser Befugnis soll nach einer Literaturmeinung3 jedoch nicht im Eilverfahren zu klären sein. – Gemeinwohlgefährdung in der Daseinsvorsorge: Hier haben Gerichte in Verfahren um die GdL-Streiks die bis dahin noch nicht in der höchstrichterlichen Rechtsprechung verankerte Arbeitskampfregel aufgestellt, dass einer übermäßigen Beeinträchtigung der Interessen Dritter nicht durch Notdienste, sondern durch ein vollständiges oder weitgehendes Streikverbot zu begegnen sei4. Das ArbG Düsseldorf5 hat die Rechtswidrigkeit des Streiks einer Spartengewerkschaft u.a. mit dem Verstoß gegen das Paritätsprinzip begründet und darauf das Verbot des Streiks gestützt. Dies wurde in der Literatur6 als eine im Eilverfahren unzulässige Rechtsfortbildung angesehen. Man könne eine für Sparten- bzw. Spezialistengewerkschaft existenziell wichtige Arbeitskampfregel nicht gleichsam en passant im Eilverfahren entwickeln. Dieselbe Frage könnte sich stellen, wenn der Gesetzgeber das vom BAG aufgegebene Prinzip der Tarifeinheit neu aufstellte, so dass die Tarifverträge der kleineren Gewerkschaften nicht wirksam würden7. Könnte die Frage, ob diese dennoch erstreikt werden können, im Eilverfahren entschieden werden oder müsste hier erst die höchstrichterliche Rechtsprechung in einem Hauptsacheverfahren abgewartet werden? Generell ist m.E. diese Frage nur schwerlich allein im Eilverfahren zu beantworten. Es gibt viele Ansatzpunkte, die Betroffenheit

1 LAG Sachs. v. 2.12.2003 – 17 Sa 458/03. 2 BAG v. 7.7.2010 – 4 AZR 549/08, s. dazu Henssler/Moll/Bepler/Greiner, Der Tarifvertrag, Teil 9 Rz. 95 ff. 3 Treber, SR 2013, 140, 150. 4 ArbG Nürnberg v. 8.8.2007 – 13 Ga 65/07; ArbG Chemnitz v. 5.10.2007 – 7 Ga 26/07; s. hierzu die Dissertation von Rudkowski, Der Streik in der Daseinsvorsorge; Köln 2010, rezensiert von Schliemann, RdA 2012, 14 und den Professorenentwurf v. Franzen/Thüsing/Waldhoff in Carl-Friedrich-von Weizsäcker-Stiftung (Hg.) Arbeitskampf in der Daseinsvorsorge 2012; v. Tiling in Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, Teil 15 Rz. 18 ff. 5 ArbG Düsseldorf v. 1.8.2007 – 11 Ga 74/07; s. weiter LAG Rheinland-Pfalz v. 23.2.2006 -11 Sa 841/05 – Unzulässigkeit eines Streiks auf Abschluss eines nicht zur Anwendung kommenden Tarifvertrags. 6 Krause, JbArbR 45 (2008) 23, 39 f. 7 S. dazu den gemeinsamen Entwurf von BDA und DGB, ZTR 2010, 352; s. dazu Däubler/Bertzbach, Arbeitskampfrecht, § 24 Rz. 47 ff.

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Unbeteiligter zu kompensieren, wie etwa durch das Postulieren einer Pflicht zur rechtzeitigen Ankündigung des Streiks, die Höchstdauer, der Mindestabstand zwischen zwei Streiks und vieles mehr1. Hier ein System der Rücksichtnahmepflichten gegenüber Drittbetroffenen zu schaffen ist nicht Aufgabe des Eilverfahrens. In Einzelfällen kann allerdings eine erhebliche Gemeinwohlgefährdung es notwendig machen, sich über solche Bedenken hinwegzusetzen.

X. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 31

Vielfach wird im Zusammenhang mit Streikverboten, insbesondere wenn sie den Bereich der Daseinsvorsorge betreffen, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bemüht2. Dieser darf jedoch nicht konturenlos mit Begriffen wie „unerträgliche Gemeinwohlbeeinträchtigung“ durch den Eilrichter angewandt werden, da sich damit letztlich jedes Ergebnis begründen, aber nicht ein bestimmtes Resultat logisch ableiten lässt. Vielmehr muss anhand der Kriterien Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit im Einzelfall begründet werden, warum der Streik insgesamt zu untersagen ist und nicht das mildere Mittel des Eingriffs in den Streikverlauf (Verbot der Betriebsblockade, Anordnung von Notdienst) ausreichend ist. Wird ein solches Mittel angeordnet, ist es nach den genannten Kriterien zu begründen. Krause3 nennt hier zu Recht als beispielhaft die Entscheidung des LAG Hamm4, das eine Mindestproduktion bei einem Blutspendedienst angeordnet hat, um auf der einen Seite die notwendige Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen5 und auf der anderen Seite zu gewährleisten, dass der Streik „weh tut“ und damit als Arbeitskampfmittel nicht entwertet wird. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durch einen Vergleich von Tarifzielen und Arbeitskampfmitteln kann nicht erfolgen, ohne dass die Gefahr der Tarifzensur entstünde6.

1 S. v. Tiling in Groeger, Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, Teil 15 Rz. 26 ff.; ablehnend ArbG Berlin v. 22.4.2013 – 59 Ga 5770/13 zum Lehrerstreik kurz vor den schriftlichen Abiturprüfungen; vgl. weiter LAG Berlin-Brandenburg v. 14.8.2012 – 22 SaGa 1131/12 zur abgelehnten Untersagung von Warnstreiks des Sicherheitspersonals bei Kernkraftwerken; ArbG Berlin v. 22.4.2013 – 59 Ga 5770/13, keine einstweilige Verfügung gegen Lehrerstreik kurz vor der schriftlichen Abiturprüfung. 2 S. nur ArbG Nürnberg v. 8.8.2007 – 13 Ga 65/07; ArbG Chemnitz v. 5.10.2007 – 7 Ga 26/07 zum GdL-Streik. 3 Krause, JbArbR 45 (2008) 23, 41. 4 LAG Hamm v. 16.1.2007 – 8 Sa 74/07. 5 S. auch LAG Berlin-Brandenburg v. 13.9.2013 – 13 Ta 1540/13 zum Streik bei Rettungswachen und LAG Berlin-Brandenburg v. 14.8.2012 – 22 SaGa 1131/12. 6 S. hierzu die warnenden Worte des BVerfG v. 26.6.1991 – 1 BvR 779/85; BAG v. 24.4.2007 – 1 AZR 252/06; LAG Berlin-Brandenburg v. 18.8.2012 – 22 SaGa 1131/12; LAG Niedersachsen v. 3.6.2004 – 7 Sa 819/04; s. weiter LAG Schl.Holst. v. 27.3.2003 – 5 Sa 137/03 zur Standortsicherung.

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Eilentscheidungen gegen einzelne Streikmaßnahmen

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XI. Eilentscheidungen gegen einzelne Streikmaßnahmen Selbst wenn der Streik an sich rechtmäßig ist, können einzelne Maßnah- 32 men im Rahmen dieses Streiks gegen die Grundsätze des Arbeitskampfrechts verstoßen. Hierzu gehören insbesondere Betriebsblockaden, mit denen jedweder Zugang zum Betrieb unmöglich gemacht wird. Diese sind nicht nur in Bezug auf den drohenden Verderb von Lebensmitteln, sondern generell als Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb rechtswidrig1. Insbesondere dürfen Anlieferer von Waren, Drittfirmen, durch die Streikenden nicht am Betreten der bestreikten Firma gehindert werden. Die Gewerkschaft hat auch insofern für einen ordnungsgemäßen Ablauf des Streiks zu sorgen2. Auch dürfen die Streikenden arbeitswillige Arbeitnehmer nicht mit Gewalt am Betreten des Betriebes hindern3. Das LAG Hamburg hat aber entschieden, dass es im Rahmen der Verhältnismäßigkeit rechtlich zulässig sein könne, den Zugang zu einem bestreikten Betrieb für Arbeitswillige und Dritte für einen angemessenen Zeitraum (im konkreten Fall waren es höchstens 15 Minuten) etwa durch Bildung von Menschenketten zu behindern4. Ebenso ist die Betriebsbesetzung, durch die verhindert werden soll, dass der Arbeitgeber die Produktion mit anderen Arbeitnehmern fortführt, nicht zulässig. Betriebsfremde Gewerkschaftsbeauftragte sind nicht berechtigt, das Gelände bestreikter Betriebe zu betreten, um streikunwillige Arbeitnehmer zur Teilnahme am Streik aufzufordern5. Ein Anspruch auf Unterlassung wahrheitswidriger Tatsachenbehauptun- 33 gen in Bezug auf Tarifvertragsparteien kann zwar durch eine einstweilige Verfügung gesichert werden, jedoch ist dabei zu berücksichtigen, dass Stellungnahmen dieser Art verkehrsüblich schlagwortartig und in überspitzter Form abgegeben werden und dass auch die beteiligten Verkehrskreise keine differenzierte Wiedergabe der im Laufe der Verhandlungen von den Beteiligten eingenommenen Positionen erwarten6. Nach Ansicht des Hessischen LAG haben Vorgesetzte während des Arbeitskampfes leichte Beleidigungen hinzunehmen7.

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LAG Schl.-Holst. v. 12.7.2002 – 4 Sa 241/02. LAG Schl.-Holst. v. 25.6.1986 – 7 (2) Sa 480/85. BAG v. 21.6.1988 – 1 AZR 651/86 und LAG Köln v. 2.7.1984 – 9 Sa 602/84. LAG Hamburg v. 6.2.2013 – 5 SaGa 1/12. ArbG Mönchengladbach v. 22.7.2002 – 2 Ga 21/02. LAG Köln v. 9.11.1994 – 2 Sa 1128/94; s. auch LG Bochum v. 21.4.2005 – 663/04 zur bejahten Zulässigkeit der Bezeichnung eines Streikaktivisten als „Scharfmacher“ und „radikaler Rädelsführer“ in der Presse. 7 LAG Hessen v. 24.10.2000 – 9 TaBV 19/00 („Arschkriecher“); zur bejahten Rechtswegzuständigkeit der ordentlichen Gerichte bei Klagen gegen Äußerungen von Gewerkschaftsfunktionären auf Gewerkschaftskundgebungen s. BGH v. 20.3.2000 – VI ZB 31/99 und OLG Stuttgart v. 28.10.1999 – 19 W 46/99; s. weiter OLG Jena v. 18.1.2000 – 4 W 800/99 – zur bejahten arbeitsgerichtlichen Rechtswegzuständigkeit bei Vorwürfen gegenüber einem Arbeitgeber.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf

Der Antrag des Arbeitgebers hat sich in diesen Fällen nicht gegen den Streik als solchen, sondern gegen die konkret zu bezeichnenden Kampfmaßnahmen zu richten. Dabei muss sich der Arbeitgeber entscheiden, gegen wen er vorgeht und welche Handlungen bzw. Unterlassungen er von welchem Antragsgegner verlangt. Hier ist ein Antrag, den Zugang zu einem Betrieb nicht zu behindern, ausreichend bestimmt, wenn vier Verhaltensbeispiele für die Behinderung aufgezeigt werden. Eine abschließende Aufzählung aller denkbaren Formen der Behinderung ist weder möglich noch erforderlich1. Trägt die Gewerkschaft die nach Auffassung der Arbeitgeber rechtswidrige Kampfmaßnahme mit, so kommt sie ebenso wie die konkret Handelnden als Antragsgegner eines Unterlassungsantrages in Betracht. Handelt es sich um Streikexzesse, so kann eine Unterlassung nur hinsichtlich der konkret Handelnden verlangt werden, jedoch kann die Gewerkschaft zu Einwirkungshandlungen verpflichtet werden.

XII. Notdienste 35

Das Thema „Notdienste“ kann in zwei Konstellationen auftreten: Zum einen kann der Arbeitgeber eine einstweilige Verfügung gegen die Gewerkschaft beantragen mit dem Ziel, Notdienste in einem bestimmten Umfang einzurichten. Zum anderen kann die Gewerkschaft gegen den Arbeitgeber oder Verband vorgehen, um ihm die einseitige Anordnung von Notdiensten und die Einteilung von Arbeitnehmern zu diesen zu untersagen.

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Die Notwendigkeit von Notstands- oder Erhaltungsarbeiten ist allgemein anerkannt2. Im Eilverfahren können streikbeschränkende Notbesetzungsregelungen nach freiem Ermessen des Gerichts getroffen werden3. Die Arbeitnehmer, die berechtigter Weise zu solchen Erhaltungs- bzw. Notstandsarbeiten eingeteilt werden, können nicht am Streik teilnehmen. Unter Erhaltungsarbeiten werden solche Arbeiten verstanden, die erforderlich sind, um das Unbrauchbarwerden der sächlichen Betriebsmittel zu verhindern. Diese Arbeiten dienen der Erhaltung der sächlichen Betriebsmittel in dem Zustand, in dem sie sich bei Beginn des Arbeitskampfes befanden, um nach Beendigung des Streiks die Fortsetzung des betrieblichen Geschehens zu gewährleisten. Notstandsarbeiten hingegen sind die Arbeiten, die die Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Diensten und Gütern während eines Arbeitskampfes sicherstellen sollen. Abgeleitet wird diese Verpflichtung aus der Allgemeinwohlbindung aller Arbeitskampfmaßnahmen. Welche Arbeiten in diesem Zusammenhang erforderlich sind, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse und auch der Streikdauer festzu1 LAG Schl.-Holst. v. 28.6.1993 – 5 Sa 346/93. 2 BAG v. 31.1.1995 – 1 AZR 142/94. 3 LAG Berlin-Brandenburg v. 12.4.2012 – 5 SaGa 450/12.

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Notdienste

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stellen. Unklar ist, wer Träger dieser Arbeiten ist1. Für den Bereich der Polizei wird vertreten, dass es die unbedingte rechtliche Pflicht beider Streikparteien sei, rechtzeitig vor der Durchführung von Streikmaßnahmen eine Notdienstvereinbarung abzuschließen, die gewährleistet, dass der aus Sicherheitsgründen durchzuführende Dienst unbedingt aufrechterhalten werde. Dabei sei zu beachten, dass einerseits der Dienstbetrieb im Hinblick auf die Sicherheitsanforderungen eingehalten werden können, dass aber andererseits ein Warnstreik in seinem Kern auch in diesen Bereichen stattfinden können müsse2. Kommt eine solche Vereinbarung nicht zustande, wird bei Vorliegen der Voraussetzungen letztlich der Arbeitgeber, insbesondere etwa im Falle von Notlagen, entsprechende Arbeiten einteilen können. Dies gilt aber nur bei einer strikten Beschränkung auf die genannten Arbeiten und darf nicht dazu missbraucht werden, den Betrieb so weit wie möglich aufrecht zu erhalten3. Das LAG Hamm vertritt die Auffassung, dass bei Fehlen einer Vereinbarung der Kampfparteien im Wege einer einstweiligen Verfügung streikbeschränkende Maßnahmen in Form einer gerichtlich angeordneten Notstandsregelung getroffen werden können, wenn durch Maßnahmen des Arbeitskampfs Gemeinwohlbelange ernsthaft gefährdet werden Dies wurde angenommen bei einer Beeinträchtigung der Notfallversorgung durch Streik beim Blutspendedienst4. Für Notdienste in Krankenhäusern hat das LAG Berlin-Brandenburg5 wie folgt entschieden: Es ist eine ausreichende medizinische und sonstige Versorgung der Patienten zu gewährleisten, wobei es nicht darauf ankommt, ob es sich lediglich um eintägige Warnstreiks oder um einen länger dauernden Erzwingungsstreik handelt. Akut Erkrankten darf ärztliche Hilfe auch im Arbeitskampf in keinem Falle vorenthalten werden. Dies folge schon aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsgüterschutz Dritter gem. Art. 1 und 2 GG6. Gleiches müsse für die notwendigen pflegerischen und unaufschiebbaren sonstigen therapeutischen Leistungen sowie Leistungen der Daseinsvorsorge und Hygiene gelten, auf die die Patienten zur Vermeidung von Gesundheitsschäden dringend angewiesen sind. Soweit es demgegenüber um Heil- und sonstige Maßnahmen gehe, welche nicht als dringlich anzusehen sind und dementsprechend ohne Gesundheitsgefahren auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden können, müssen diese nicht von einer Notdienstvereinbarung erfasst werden7. Da die gerichtliche Anordnung von Notdiensten in das durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Streikrecht der Gewerkschaften eingreift, bedarf es einer Rechtsgüter1 ArbG Berlin v. 6.5.2008 – 59 Ga 6988/08. 2 Instruktiv dazu der Fall des LAG Berlin-Brandenburg, in dem ein Vergleich im Bereich der Polizei auf Anregung des Gerichts v. 19.2.2008 – 19 Ta 335/08 nach diesen Hinweisen abgeschlossen wurde. 3 LAG Berlin-Brandenburg v. 24.10.2007 – 7 SaGa 2044/07. 4 LAG Hamm v. 16.1.2007 – 8 Sa 74/07. 5 LAG Berlin-Brandenburg v. 12.4.2012 – 5 SaGa 450/12. 6 Vgl. LAG Hamburg vom 23.3.2011 – 2 Sa 83/10. 7 Vgl. LAG Hamm vom 13.1.2011 – 8 Sa 788/10.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf

abwägung zwischen diesem Grundrecht und den durch den Arbeitskampf beeinträchtigten Rechtsgütern andererseits. Unter Beachtung des im Arbeitskampf als oberstes Gebot geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei eine praktische Konkordanz herzustellen. 37

Da der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zu Notdiensten einteilen kann, hat er in der Regel kein Rechtsschutzbedürfnis für einen Eilantrag. Ein Antrag, festzustellen, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, bis zur Entscheidung in der Hauptsache Notdienste festzulegen, ist unzulässig1. Vielmehr muss die Gewerkschaft im Eilverfahren gegen die Anordnung vorgehen, die sie für zu weitgehend hält. In Ausnahmefällen kann aber auch der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an einer Eilentscheidung haben, etwa bei einer bereits getroffenen Notdienstvereinbarung, die er vor dem Hintergrund der beim Streik gemachten Erfahrungen nicht mehr für ausreichend hält. Man sollte hier mit der Bejahung des Rechtsschutzbedürfnisses eher großzügig sein, um den Weg frei zu machen für eine gerichtliche Entscheidung in der Sache, denn sowohl die Streikkontrahenten als auch die auf die Notdienste Angewiesenen brauchen klare und schnelle Regelungen.

XIII. Einstweilige Verfügung gegen Aussperrungsmaßnahmen 1. Verfügungsanspruch 38

Auch die Gewerkschaften haben einen auf § 823 Abs. 1 BGB, Art. 9 GG gestützten Anspruch, vor rechtswidrigen Arbeitskampfmaßnahmen der Gegenseite geschützt zu werden2. Dabei ist zu beachten, dass Aussperrungen nach der Auffassung des BAG grundsätzlich ein legitimes Arbeitskampfmittel der Arbeitgeber sind3. Die Aussperrung besteht darin, dass der Arbeitgeber sämtlichen Beschäftigten, also auch den nicht streikenden, den Zugang zu ihren Arbeitsplätzen verwehrt und sich mit dieser Maßnahme von seiner Vergütungspflicht befreit. Regelmäßig handelt es sich um eine sog. suspendierende Aussperrung, d.h., die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses leben nach Ende der Aussperrung wieder auf4. Die lösende Aussperrung, die zu einer Beendigung der Arbeitsverhältnisse führt, wird überwiegend für unzulässig gehalten, da sie zur Erreichung der Arbeitskampfziele nicht notwendig ist. Die Aussperrungserklärung muss vom einzelnen Arbeitgeber ausgehen, kann jedoch vom Arbeitgeberverband initiiert werden. Bei einem Arbeitskampf um den Abschluss eines Verbandstarifvertrages ist auch nur die durch den 1 LAG Berlin-Brandenburg v. 16.5.2012 – 23 Ta 506/12. 2 BAG v. 10.6.1980 – 1 AZR 331/79; LAG Berlin-Brandenburg v. 13.4.2011 – 7 Ta 804/11 und v. 13.4.2011 – 7 Ta 804/11; s. zu Entgeltansprüchen bei der suspendierenden Betriebsstilllegung BAG v. 13.12.2011 – 1 AZR 495/10. 3 BAG v. 26.4.1988 – 1 AZR 399/86, dort auch zur Nichtigkeit des Aussperrungsverbots in der Hessischen Landesverfassung. 4 S. LAG Hamm v. 14.11.2001 – 18 Sa 530/01.

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Einstweilige Verfgung gegen Aussperrungsmaßnahmen

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Arbeitgeberverband veranlasste Aussperrung wirksam im Gegensatz zur sog. wilden Aussperrung durch den einzelnen Arbeitgeber1. Auch in Bezug auf die Aussperrung gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Dabei muss die Aussperrung, sowohl was die Anzahl der ausgesperrten Arbeitnehmer als auch was die räumliche und zeitliche Ausdehnung betrifft, im Verhältnis zu den Streikmaßnahmen der Gewerkschaft stehen. Im Einzelnen berechtigt ein Streikbeschluss, mit dem weniger als 25 % der Arbeitnehmer des Tarifgebietes zum Streik aufgerufen werden, zur Aussperrung von höchstens weiteren 25 % der Arbeitnehmer, bei 25 bis 50 % aufgerufener Arbeitnehmer sind es 50 % aller Arbeitnehmer, die ausgesperrt werden können. Ein darüber hinausgehendes Aussperrungsrecht besteht nicht2. In räumlicher Hinsicht ist das Aussperrungsrecht der Arbeitgeberseite auf das umkämpfte Tarifgebiet beschränkt3. Auch zeitlich muss die Aussperrung in einem angemessenen Verhältnis zum Streik stehen. So hat das BAG die an zwei Tagen vorgenommene Aussperrung für unwirksam erklärt, mit der auf einen halbstündigen Streik reagiert wurde4. Zweifelhaft ist die Zulässigkeit der sog. Angriffsaussperrung, mit der der 39 Arbeitgeber nicht auf Streikmaßnahmen der Gewerkschaft reagiert, sondern seinerseits initiativ wird. Die Unwirksamkeit von Aussperrungsmaßnahmen kann sich auch da- 40 raus ergeben, dass der Arbeitgeber den Kreis der Auszusperrenden nach unzulässigen Kriterien bestimmt. So darf er z.B. nicht gezielt nur Mitglieder der streikenden Gewerkschaft aussperren und nicht organisierte Arbeitnehmer an ihren Arbeitsplätzen lassen5. Beschäftigt eine Konzernobergesellschaft selbst keine Lokführer, reicht 40a der Hinweis auf das Bestehen eines Konzernverhältnisses nicht für die notwendige Darlegung aus, dass die Konzernmutter ihre Konzerntöchter anweist, Aussperrungen vorzunehmen. Nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg kann hier die Stattgabe eines „Globalantrags“, mit dem generell Aussperrungen untersagt werden sollen, nur dann in Betracht kommen, wenn unbedingt feststehe, dass Aussperrungsmaßnahmen grundsätzlich und schlechterdings von der Rechtsordnung missbilligt würden. Eine solche Feststellung kann aber unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BAG zur Aussperrung im Wege der einstweiligen Verfügung erkennbar nicht getroffen werden6.

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Vgl. LAG Hamm v. 21.8.1980 – 8 Sa 66/80. BAG v. 10.6.1980 – 1 AZR 168/79. BAG v. 10.6.1980 – 1 AZR 168/79. BAG v. 11.8.1992 – 1 AZR 103/92. BAG v. 10.6.1980 – 1 AZR 331/79. LAG Berlin-Brandenburg v. 13.4.2011 – 7 Ta 804/11, wo auch ein Verfügungsgrund verneint wurde.

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J Rz. 41

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Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf

2. Verfügungsgrund 41

Beim Verfügungsgrund ist zu beachten, dass die unwirksame Aussperrung zu einem Annahmeverzug des Arbeitgebers und entsprechenden Ansprüchen der Arbeitnehmer aus § 615 BGB führt. Die Gewerkschaft ist insofern belastet, als sie mit Streikgeldern in Vorlage treten muss. Dagegen wird sich die Gewerkschaft jedenfalls in den Fällen mittels einer einstweiligen Verfügung wehren können, in denen die damit verbundene finanzielle Belastung entscheidend zu einer Störung der Kampfparität führt, indem die Gewerkschaft finanziell so geschwächt wird, dass die weitere aktive Durchführung des Arbeitskampfes durch sie beeinträchtigt wird. Auch hier kommt es jedoch zu einer umfassenden Interessenabwägung, in der beim Verfügungsgrund zu beachten ist, wie eindeutig die Rechtslage hinsichtlich des Verfügungsanspruches ist.

XIV. Videoüberwachung 41a

Die Videoüberwachung von Streikenden ist ein verfassungswidriger Eingriff in das Streikrecht und wirkt sowohl gegenüber streikenden Arbeitnehmern (Eingriff in das Persönlichkeitsrecht) als auch gegenüber der den Streik führenden Gewerkschaft. Hiergegen kann die Gewerkschaft mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vorgehen1.

XV. Schutzschrift 42

Bei der Schutzschrift handelt es sich um einen Schriftsatz, der vorsorglich gefertigt wird, da ein Antrag auf Arrest oder einstweilige Verfügung befürchtet wird, und der an das Gericht oder die Gerichte gerichtet ist, bei denen eine Antragstellung möglich erscheint. Damit soll dem Gericht der eigene Sachvortrag und die eigene Rechtsansicht unterbreitet werden, damit es diese auch bei Verzicht auf eine mündliche Verhandlung berücksichtigt. Die Zulässigkeit und Berücksichtigungsfähigkeit einer solchen Schutzschrift sind ganz überwiegend anerkannt. Sie stellt ein Instrument dar, um dem Grundrecht auf rechtliches Gehör Geltung zu verschaffen. Der mögliche Antragsgegner kann im Rahmen der Schutzschrift Ausführungen sowohl zum fehlenden Arrestanspruch als auch zum Verfügungsgrund machen. Auch kann darin darauf hingewirkt werden, dass eine Entscheidung nicht ohne mündliche Verhandlung ergeht. Gleiches gilt für die einstweilige Verfügung. Die Bedeutung der Schutzschrift hängt u.a. davon ab, wie genau der mögliche Antragsgegner über das beabsichtigte Vorbringen der Gegenseite informiert ist und wie präzise demzufolge das Verteidigungsvorbringen sein kann. Keinesfalls ist sie ein vollwertiger Ersatz für eine mündliche Verhandlung oder eine 1 ArbG Oldenburg v. 8.2.2011 – 3 Ga 16/10 m. Anm. Garweg, AuR 2011, 261 im Rahmen einer Streitwertabsichtserklärung über 100 000 t.

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Zustellung und Vollziehung

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schriftsätzliche Erwiderung auf das Vorbringen des Antragsgegners. Sie kann nur dazu dienen, die notwendigen Einschränkungen der Gewährung rechtlichen Gehörs auf das unabdingbare Maß zu beschränken. Im Arbeitsrecht sind Schutzschriften insbesondere im Arbeitskampfrecht verbreitet. So wird häufig eine Schutzschrift von der Gewerkschaft eingereicht, die einen Streik angekündigt hat und mit einem dagegen gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung rechnet. Die Schutzschrift dürfte heute gewohnheitsrechtlich anerkannt sein1. Dabei ist zu beachten, dass sie die Gewährung rechtlichen Gehörs nur unvollkommen ersetzen können. Liegt eine Schutzschrift jedoch vor, so gebietet meines Erachtens Art. 103 Abs. 1 GG deren Berücksichtigung. Zwar ist im Eilverfahren die Entscheidung ohne Anhörung des Gegners grundsätzlich zulässig. Jedoch muss die Einschränkung des Grundrechtes auf Gewährung rechtlichen Gehörs auf das unbedingt Notwendige beschränkt werden. Da die Schutzschrift ohne Zeitverzögerung in die Entscheidungsfindung einfließen kann, ist somit deren Berücksichtigung von Verfassung wegen geboten. Ein Einsichtsrecht des potentiellen Antragstellers oder des Prozessbevoll- 43 mächtigten in eine bei Gericht hinterlegte Schutzschrift besteht nicht. Für die Zeit vor Einreichung des Eilantrages ergibt sich dies schon daraus, dass noch gar kein Verfahren anhängig ist. Der Antragsteller kann auch nach Anbringung des Antrages keinen Einblick in die Schutzschrift nehmen. Dies widerspräche dem Gebot eines rechtsstaatlich fairen Verfahrens. Der potentielle Antragsgegner kann in der Schutzschrift nur zu dem Stellung nehmen, was nach seinen Erkenntnissen voraussichtlich vom Antragsteller vorgetragen wird. Er ist also in seinen Verteidigungsmöglichkeiten beschränkt. Dieser Vorteil würde sich ohne sachliche Rechtfertigung deutlich verstärken, wenn der Antragsteller durch Einsichtnahme die Schwachstellen der Schutzschrift ausfindig machte, um gezielt in diese Lücke zu stoßen. Das gem. § 299 Abs. 1 ZPO grundsätzlich bestehende Einsichtsrecht ist daher teleologisch zu reduzieren.

XVI. Zustellung und Vollziehung Für die Vollziehung von einstweiligen Verfügungen im Arbeitskampf- 44 recht gelten keine besonderen Bedingungen. So ist insbesondere eine Zustellung im Parteibetrieb nach der hier vertretenen Auffassung nicht erforderlich, wenn die einstweilige Verfügung im Urteilsverfahren erlassen und das Urteil von Amts wegen zugestellt worden ist. Jedoch sollte vorsichtshalber eine solche Zustellung durchgeführt werden, um ein unnötiges Risiko gerade auf einem so bedeutsamen Rechtsgebiet zu vermeiden.

1 ErfK/Koch, § 62 ArbGG Rz. 18; Walker, FS für Heinze, S. 1009, 1019; ablehnend GMP/Germelmann, § 62 Rz. 115.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf

XVII. Streitwert 45

Für den Streitwert ist bei Ansprüchen, die von einer Koalition geltend gemacht werden, deren wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens maßgeblich. Bei Unterlassungsgesuchen von Einzelunternehmen kommt es auf deren wirtschaftliches Interesse an. Bei der Bewertung des Interesses, ob der Arbeitskampf insgesamt untersagt werden soll oder nur einzelne Maßnahmen. Weiter sind die potentiellen Schäden durch die angegriffenen Maßnahmen zu berücksichtigen wie auch Größe und Leistungsfähigkeit der Arbeitskampfparteien und die Auswirkungen der Entscheidung etwa in überregionaler Hinsicht. Eine Orientierung am angedrohten Zwangsgeld ist m.E. nicht sinnvoll, da dieses nur der Durchsetzung dient und keinen Anhaltspunkt für das wirtschaftliche Interesse bietet. Bei der Untersagung einer Videoüberwachung der Streikenden wurde ein Streitwert von 100 000 t angesetzt1.

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Ein Abschlag dafür, dass das Verfahren lediglich vorläufigen Charakter hat, kommt im Arbeitskampfrecht regelmäßig nicht in Betracht, da, wie bereits ausgeführt, eine einmal untersagte Arbeitskampfmaßnahme in der Regel nicht nachgeholt werden kann.

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Muster 54 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung zur Untersagung eines Arbeitskampfes An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung der Y-GmbH … – Antragstellerin – gegen die Gewerkschaft … – Antragsgegnerin – beantrage ich der Dringlichkeit wegen ohne mndliche Verhandlung, hilfsweise unter grçßtmçglicher Abkrzung der Ladungsfristen der Antragsgegnerin unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250 000 b fr jeden Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen, Arbeitskampfmaßnahmen in dem Betrieb und Unternehmen der Antragstellerin selbst durchfhren, zu bernehmen oder durchfhren zu lassen, insbe-

1 ArbG Oldenburg v. 8.2.2011 – 3 Ga 16/10, m. Anm. Garweg, AuR 2011, 261.

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Streitwert

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sondere die Arbeitnehmer dieser Betriebe zu Arbeitsniederlegungen aufzurufen oder aufrufen zu lassen; oder1 1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, ihre Mitglieder und sonstige Beschftigte, die als … (nhere Bezeichnung der Berufe) in diesen Berufen ttig sind, in den Kindertageseinrichtungen, der Kinder- und Jugendhilfe und der Familien- und Elternberatung bei der Antragstellerin zu einem Streik im Sozial- und Erziehungsdienst am … zur Durchsetzung eines Tarifvertrags zur betrieblichen Gesundheitsfçrderung fr die im Bereich Sozial- und Erziehungsdienst Beschftigten der Antragstellerin aufzurufen. 2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, ihren Streikaufruf vom … unverzglich, dass heißt heute bis 16:00 Uhr, durch Verçffentlichung auf der Startseite ihrer Internetseite www.v….de zu widerrufen. 3. Der Antragsgegnerin wird fr jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflichten gem. Ziff. 1 ein Ordnungsgeld i.H.v. 250 000 b angedroht. 4. Der Antragsgegnerin wird fr den Fall der Nichtvornahme der Handlungspflichten gem. Ziff. 2 ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, zu vollziehen an dem Vorsitzenden des Bundesvorstandes … sowie dem Mitglied des Bundesvorstandes …, angedroht. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Die Antragstellerin ist Mitglied des Unternehmerverbandes X. Dieser hat mit der Antragsgegnerin einen Manteltarifvertrag, einen Lohn- und Gehaltstarifvertrag sowie einen Urlaubstarifvertrag abgeschlossen. Die Tarifvertrge sind auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und bislang noch nicht gekndigt worden. Daher besteht eine relative Friedenspflicht, die einen Arbeitskampf untersagt, der die Aufhebung oder Abnderung eines gltigen Tarifvertrages zum Ziel hat. Gleichwohl hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Schreiben vom …, als Anlage K1 zur Glaubhaftmachung beigefgt, zur Aufnahme von Tarifverhandlungen ber einen Firmentarifvertrag aufgefordert. Gegenstand dieses Firmentarifvertrages soll die Ausdehnung des Entgeltfortzahlungszeitraumes ber die gesetzliche Frist hinaus sein. Nachdem die Antragstellerin das Ansinnen zurckgewiesen hatte, drohte die Antragsgegnerin mit der Durchfhrung von Streikmaßnahmen, zunchst in der Form des Warnstreiks. Diese sind unzulssig. Die Antragsgegnerin ist zunchst auf die Kndigung des Manteltarifvertrages zu verweisen. Dieser enthlt zwar hinsichtlich der Entgeltfortzahlung keine Regelung, jedoch ist die Entgeltfortzahlung typischer Bestandteil von Manteltarifvertrgen. Es kann dabei keine Rolle spielen, ob etwa die Geltung der gesetzlichen Vorschriften

1 ArbG Kiel v. 18.5.2009 – ö.D. 4 Ga 23 b/09.

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J Rz. 48

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Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf

ausdrcklich in einem Tarifvertrag angesprochen oder stillschweigend vorausgesetzt wird. Daher sind smtliche Streikmaßnahmen der Antragsgegnerin unzulssig. Glaubhaftmachung: Schreiben der Antragsgegnerin vom …, mit dem Streikmaßnahmen angedroht werden, Ausdruck des Streikaufrufs im Internet, Tarifvertrag. (nhere Substantiierung und Glaubhaftmachung des zu erwartenden Schadens) Unterschrift

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Muster 55 Einstweilige Verfgung auf Unterlassung der Urabstimmung An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung der Y-GmbH … – Antragstellerin – gegen die Gewerkschaft … – Antragsgegnerin – beantrage ich der Dringlichkeit wegen ohne mndliche Verhandlung, hilfsweise unter grçßtmçglicher Abkrzung der Ladungsfristen wie folgt zu erkennen: Die Antragsgegnerin wird unter Androhung von Ordnungsgeld bis zu 250 000 b fr jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise fr den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an … es zu unterlassen, eine Urabstimmung zur Vorbereitung eines Arbeitskampfes bei der Antragstellerin durchzufhren, sofern der Arbeitskampf das Ziel hat (genaue Bezeichnung der fr unzulssig erachteten Streikziels). (Begrndung entsprechend Beispiel 48)

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Streitwert

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Muster 56 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung zur Untersagung von Warnstreiks

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An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung des Arbeitgeberverbandes … – Antragstellerin – gegen die Gewerkschaft … – Antragsgegnerin – beantrage ich der Dringlichkeit wegen ohne mndliche Verhandlung, hilfsweise unter grçßtmçglicher Abkrzung der Ladungsfristen wie folgt zu erkennen: Die Beklagte wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes fr jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft gegen den gesetzlichen Vertreter der Beklagten, verurteilt es zu unterlassen, ihre Mitglieder zu Warnstreiks gegenber Mitgliedern des Klgers aufzurufen, deren Ziel die Durchsetzung der Forderung ist, a) auf betriebsbedingte Beendigungskndigungen zu verzichten, solange der Manteltarifvertrag fr das private Versicherungsgewerbe und das Rationalisierungsschutzabkommen fr das private Versicherungsgewerbe in Kraft sind; b) ein tarifliches Vorruhestandsabkommen mit unbedingtem individuellen Rechtsanspruch abzuschließen, solange das Altersteilzeitabkommen fr das private Versicherungsgewerbe und das Altersteilzeitabkommen fr den organisierenden Werbeaußendienst des privaten Versicherungsgewerbes in Kraft sind; c) Vereinbarungen von Instrumenten zur langfristigen Sicherung von Standorten der Mitgliedsunternehmen durchzufhren; d) unbedingte Rechtsansprche auf Altersteilzeit einzurumen, solange das Altersteilzeitabkommen fr das private Versicherungsgewerbe und das Altersteilzeitabkommen fr den organisierenden Werbeaußendienst des privaten Versicherungsgewerbes in Kraft sind; e) Gehaltssicherungsvereinbarungen auf Basis des § 7 Abs. 1 Rationalisierungsschutzabkommen mit der Maßgabe abzuschließen, dass eine entsprechende Besitzstandszulage unbefristet an knftigen Tariferhçhungen teilnimmt, solange das Rationalisierungsschutzabkommen fr das private Versicherungsgewerbe in Kraft ist;

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Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf

f) Arbeitszeitverkrzungen auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich zuzugestehen, solange der Manteltarifvertrag fr das private Versicherungsgewerbe in Kraft ist; g) Jahresurlaub von 35 Tagen zuzugestehen, solange der Manteltarifvertrag fr das private Versicherungsgewerbe in Kraft ist; h) Mehrarbeit nur in Form von Freizeit auszugleichen, solange der Manteltarifvertrag fr das private Versicherungsgewerbe in Kraft ist1.

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Muster 57 Schutzschrift der Gewerkschaft An das ArbG Schutzschrift In Sachen der Y-GmbH … – mçgliche Antragstellerin – Verfahrensbevollmchtigter: … gegen die Gewerkschaft … – mçgliche Antragsgegnerin – beantrage ich im Namen und im Auftrag der mçglichen Antragsgegnerin, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung hinsichtlich der Untersagung von Streikmaßnahmen zurckzuweisen, jedenfalls aber nicht ohne mndliche Verhandlung zu entscheiden. Begrndung Die mçgliche Antragstellerin ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes X, mit dem die mçgliche Antragsgegnerin einen Manteltarifvertrag, einen Lohnund Gehaltstarifvertrag und einen Urlaubstarifvertrag abgeschlossen hat. Die Tarifvertrge laufen auf unbestimmte Zeit und sind ungekndigt. Die mçgliche Antragsgegnerin hat die mçgliche Antragstellerin zur Aufnahme von Tarifverhandlungen ber einen Haustarifvertrag aufgefordert, in dem die Entgeltfortzahlung ber den gesetzlichen Zeitraum hinaus verlngert werden soll. Dies hat die mçgliche Antragstellerin abgelehnt und nach Ankndigung von Streikmaßnahmen die Beantragung einer einstweiligen Verfgung angekndigt. Die beabsichtigten Streikmaßnahmen von der mçglichen Antragsgegnerin sind zulssig. Das Verbandsmitglied ist lediglich durch die relative Friedens1 So tenoriert vom LAG Berlin-Brandenburg v. 28.9.2007 – 8 Sa 916/07.

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pflicht geschtzt, die in den schuldrechtlichen Vorschriften des bestehenden Verbandstarifvertrages enthalten ist und als Vertrag zugunsten Dritter auch die Mitglieder der Tarifpartei schtzt. Sie geht jedoch nicht weiter als die Friedenspflicht gegenber dem Verband und verbietet daher nur, einen bestehenden Verbandstarifvertrag inhaltlich dadurch in Frage zu stellen, dass nderungen oder Verbesserungen der dort geregelten Gegenstnde mit Mitteln des Arbeitskampfes erstrebt werden. Vorliegend geht es der mçglichen Antragsgegnerin um einen Regelungsgegenstand, der im bestehenden Manteltarifvertrag nicht enthalten ist. Dieser enthlt keinerlei Ausfhrungen zur Entgeltfortzahlung. Mithin bezieht sich die relative Friedenspflicht auch nicht auf diesen Regelungspunkt. Vielmehr kann die mçgliche Antragsgegnerin mit Streikmaßnahmen versuchen, im Sinne ihrer Mitglieder den Abschluss eines Firmentarifvertrages zu erzwingen. Unterschrift

Muster 58 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung gegen einzelne Streikmaßnahmen

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An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung der Y-GmbH … – Antragstellerin – gegen 1. Industriegewerkschaft Y – Antragsgegnerin zu 1. – 2. N.N., Vorstandsmitglied der Industriegewerkschaft Y, – Antragsgegner zu 2. – 3. N.N., Bezirksleiter der Industriegewerkschaft Y fr den Bezirk …, – Antragsgegner zu 3. – 4. N.N., çrtlicher Streikleiter der Industriegewerkschaft Y in …, – Antragsgegner zu 4. – 5. N.N., betrieblicher Streikleiter fr die Firma (Antragstellerin), – Antragsgegner zu 5. – Ich beantrage im Namen und mit Auftrag der Antragstellerin – wegen Dringlichkeit ohne mndliche Verhandlung, hilfsweise unter grçßtmçglicher Abkrzung der Ladungsfrist – den

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Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf

Erlass folgender einstweiliger Verfgung: Den Antragsgegnern wird unter Androhung eines fr jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250 000 b untersagt, den Zugang zu dem Werk der Antragstellerin (nhere Bezeichnung der Lage) und den Ausgang daraus zu behindern, insbesondere das Passieren von Arbeitnehmern, sonstigen Mitarbeitern, Lieferanten, Kunden und Besuchern durch kçrperliche Gewalt zu unterbinden oder zu behindern. Dabei haben die Antragsgegner es insbesondere zu unterlassen, den Eingang zur Firma durch dicht gestellte Streikpostenketten, Menschenansammlungen und/oder Fahrzeuge aller Art zu sperren und den Eingang durch Streikposten oder Streikende zu versperren, die sich vor Fahrzeuge stellen, setzen oder legen, welche den Firmeneingang passieren wollen, sowie die Mitglieder der og. Personenkreise am Betreten und/oder Verlassen des Betriebsgelndes der Antragstellerin durch physische Einwirkung zu hindern, Lieferanten, Kunden- und Besucherfahrzeuge nach dem Passieren des Werkstores anzuhalten und zu kontrollieren und Streikposten und Streikende so aufzustellen, dass nicht eine mindestens 4,5 m breite und von jeglichen Hindernissen freie Gasse vom Betriebseingang bis zur X-Straße gewhrleistet ist. Alternativ1: die Antragsgegnerin (Gewerkschaft) zu verpflichten, auf die bei der Baustelle der Antragstellerin E-Weg/F-Straße in B aufgestellten betriebsfremden Streikposten in geeigneter Weise einzuwirken, um diese davon abzuhalten, die Baustelle zu betreten und auf dem Gelnde der Baustelle Personen aufzufordern, die Arbeiten einzustellen. oder2 1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, den Zugang zu den Betriebssttten der Verfgungsklgerin in A (… Weg, … Straße und … Straße) und den Ausgang daraus zu behindern, insbesondere das Passieren von Arbeitnehmern, sonstigen Mitarbeitern, Lieferanten, Kunden und Besuchern durch kçrperliche Gewalt zu unterbinden oder zu behindern. Dabei haben die Verfgungsbeklagten es insbesondere zu unterlassen, den Eingang zu den Betriebssttten der Verfgungsklgerin in A (… Weg, … Straße und … Straße) durch dicht gestellte Streikpostenketten, Menschenansammlungen und/oder Fahrzeuge aller Art zu sperren und den Eingang durch Streikposten oder Streikende zu versperren, die sich vor Fahrzeuge stellen, setzen oder legen, welche den Eingang passieren wollen, sowie die Mitglieder der genannten Personenkreise am Betreten und/oder Verlassen des Betriebsgelndes der Verfgungsklgerin durch physische Einwirkung zu hindern, Lieferanten, Kunden- und Besucherfahrzeuge nach dem Passieren des Werkstores anzuhalten und zu kontrollieren und Streikposten und Streikende so aufzustellen, das nicht eine mindestens drei Meter breite und von jeglichen Hindernissen freie Gasse gewhrleistet ist, 2. der Antragsgegnerin wird fr jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflichten nach Ziff. 1 Ordnungsgeld bis zur Hçhe von 250 000 b ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

1 S. ArbG Mönchengladbach v. 22.7.2002 – 2 Ga 21/02. 2 LAG Hessen v. 17.9.2008 – 9 SaGa 1443/08.

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oder1 1. Streikende, Streikposten und von ihr von der Arbeitskampfmaßnahme nicht ausgeschlossene untersttzende Personen vor Eingngen, Ausgngen, Zu- und Ausfahrten von Mitgliedsunternehmen des Antragstellers, deren Filialen und sonstigen Betriebssttten so aufzustellen bzw. diese sich selbst so aufstellen zu lassen, dass nicht eine mindestens drei Meter breite Gasse whrend der gesamten Zeit der Arbeitskampfmaßnahme durchgehend im Luftraum und auf dem Erdboden frei von jeglichen Hindernissen (auch Personen) sichergestellt ist, 2. arbeitswillige Arbeitnehmer und Betriebsangehçrige, Lieferanten, Kunden und Besucher dieser Einrichtungen beim Passieren in diese und aus diesen Einrichtungen zu behindern, 3. Fahrzeuge, gleich welcher Art, bei der Ein- oder Ausfahrt aus oder zu diesen Einrichtungen zu behindern, 4. Tore mit der Aufschrift „Streikbrecher“ so vor dem Eingangsbereich aufzustellen, dass diese durch Mitarbeiter oder Kunden passiert werden mssen, 5. dazu aufzurufen, Mitgliedsunternehmen des Antragstellers, deren Filialen und sonstigen Betriebssttten „dichtzumachen“, 6. dazu aufzurufen, „Streikbruch zu verhindern“, 7. dazu aufzurufen, Mitgliedsunternehmen des Antragstellers, deren Filialen und sonstigen Betriebssttten zu „blockieren“, ohne explizit und in dem jeweiligen Aufruf darauf hinzuweisen, dass stets eine mindestens 3 Meter breite Gasse vor allen Zugngen freizuhalten ist, die whrend der gesamten Dauer der Arbeitskampfmaßnahmen von jeglichen Hindernissen so freizuhalten ist, dass der ungehinderte Zugang und die ungehinderte Zufahrt von Menschen und Fahrzeugen, gleich welcher Art, von und aus diesen Einrichtungen sichergestellt ist. 8. dazu aufzurufen, bei Mitgliedsunternehmen des Antragstellers mit dem Ziel anzurufen, das Telefon zu blockieren und die Mitarbeiter von der Arbeit abzuhalten. Außerdem wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Die Antragsgegnerin zu 1. hat durch den Antragsgegner zu 2. als Vorstandsmitglied und den Antragsgegner zu 3. als Bezirksleiter fr den Bezirk … nach vorheriger Urabstimmung ihre Mitglieder im Tarifgebiet … zum Streik aufgerufen. Sie hat fr den Sitz des Betriebes der Antragstellerin den Antragsgegner zu 4. zum çrtlichen und fr den Betrieb der Antragstellerin den Antragsgegner zu 5. zum betrieblichen Streikleiter bestellt.

1 ArbG Berlin v. 23.6.2008 – 2 Ga 9983/08.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf

Glaubhaftmachung: 1. Eidesstattliche Versicherung (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) 2. Bekanntmachungen der Gewerkschaft Seit …, … Uhr, wird der einzige Eingang zum Betriebsgelnde der Antragstellerin von einer Gruppe von … Personen blockiert. Fahrzeuge, die auf das Werksgelnde fahren wollen, werden nur durchgelassen, wenn die Fahrer sich mit einer Durchsuchung einverstanden erklren und dabei keine fr die Produktion wichtigen Werkstoffe gefunden werden. Fahrzeuge, die das Betriebsgelnde verlassen wollen, werden ebenfalls kontrolliert und nicht durchgelassen, wenn sie Fertigprodukte transportieren. Arbeitnehmer, die nicht am Streik teilnehmen wollen, werden durch physische Gewalt am Betreten des Betriebsgelndes gehindert (nhere Darlegung der Umstnde). Das Verhalten der Antragsgegner ist nicht mehr vom Streikrecht gedeckt. Insbesondere drfen arbeitswillige Arbeitnehmer am Betreten oder Verlassen des Betriebes nicht durch kçrperliche Gewalt gehindert werden, sondern es darf lediglich versucht werden, berzeugungsarbeit zu leisten (vgl. BAG, NZA 1988, 846). Die Antragsgegner sind smtlich passivlegitimiert. Die Antragsgegnerin zu 1. hat zwar nach außen hin die geschilderten Handlungen nicht initiiert. Sie hat jedoch auf eine Aufforderung, ihrer Einwirkungspflicht Genge zu tun, nicht reagiert. Glaubhaftmachung: Beglaubigte Ablichtung des Schreibens vom … und des Rckscheins sowie eidesstattliche Versicherung des Geschftsfhrers. Auch in der gesamten Zeit nach Zugang dieses Schreibens sind die geschilderten Handlungen fortgefhrt worden. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Geschftsfhrers. Somit ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin zu 1. diese Maßnahmen billigt und keine Veranlassung sieht, auf ihre Funktionre Einfluss zu nehmen. Die Antragsgegner zu 2. bis 5. waren zu folgenden Zeiten am Ort des Geschehens anwesend (genaue Darlegung, wann welche Person an welchem Ort anwesend war und was konkret zu diesem Zeitpunkt passiert ist) und sind nicht gegen die unzulssigen Streikmaßnahmen eingeschritten. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Geschftsfhrers (oder anderer Personen).

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Die geschilderten Maßnahmen sind eindeutig rechtswidrig und verletzen das Recht der Antragstellerin am ausgebten und eingerichteten Gewerbebetrieb. Die Produktion im Betrieb der Antragstellerin steht still. Daraus resultieren erhebliche wirtschaftliche Folgen fr die Antragstellerin (nhere Darlegung nebst Glaubhaftmachung). Daher ist auch ein Verfgungsgrund gegeben. Hierbei ist auch die Eindeutigkeit der Rechtslage zu beachten, die auch Auswirkungen auf den Verfgungsgrund hat. Unterschrift

Muster 59 Unterlassung von Notdiensteinteilungen Unterlassung von Notdiensteinteilungen durch den Arbeitgeber1 An das ArbG … Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Der Industriegewerkschaft X – Antragstellerin – gegen die Y GmbH beantrage ich der Dringlichkeit wegen ohne mndliche Verhandlung, hilfsweise unter grçßtmçglicher Abkrzung der Ladungsfristen wie folgt zu erkennen: Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, 1. es zu unterlassen, whrend der von der Antragstellerin fr den Zeitraum ab dem … mit Beginn der Nachtschicht ab … Uhr geplanten unbefristeten Streiks im Bereich des … streikbereite und streikwillige Arbeitnehmer des … abweichend von den Festlegungen zum streikbedingten Notdienst, wie sie aus den Protokollen zu den Notdienstvereinbarung vom … ersichtlich sind, fr Notdienste einzuteilen; 2. seine mit Formularschreiben bereits erteilten Anordnungen zur Leistung von Notdienstarbeiten unverzglich schriftlich gegenber jedem der davon betroffenen Arbeitnehmer zu widerrufen, mit Ausnahme der Notdienstbestellungen, die mit den Festlegungen zum streikbedingten Notdienst gemß den Protokollen zu den Notdienstverhandlungen vom … bereinstimmen. oder2 Der Antragsgegnerin wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes i.H.v. bis zu 250 000 b fr jeden Fall der Zuwiderhandlung aufgegeben, es zu unterlas-

1 ArbG Berlin v. 6.5.2008 – 59 Ga 6988/08. 2 LAG Berlin-Brandenburg v. 24.10.2007 – 7 SaGa 2044/07.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitskampf

sen, whrend des fr den Zeitraum v. …, … Uhr bis zum …, … Uhr geplanten Streiks streikbereite und streikwillige Arbeitnehmer des Fahrpersonals planmßig in dem in der ffentlichkeit verkndeten besonderen Fahrplan einzuteilen sowie dispositiv im Rahmen dieses Fahrplanes einzusetzen, sofern diese Dienste nicht der Krankenversorgung, der Befçrderung von Personen, die ansonsten keinerlei Mobilittsmçglichkeit haben oder der Beseitigung von Stçrungen im Bahnverkehr dienen. oder Der Antragsgegnerin werden Arbeitsniederlegungen im Bereich des Entnahmedienstes fr die Dauer des am … begonnenen Streiks (nher definieren) untersagt, soweit hierdurch arbeitstglich mehr als zwei der dienstplanmßig fr den Betrieb M2x vorgesehenen Blutspendensammeleinstze betroffen sind1.

1 Nachgebildet der Entscheidung des LAG Hamm v. 16.1.2007 – 8 Sa 74/07.

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K. Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht I. Grundzüge Wegen der Grundzüge des Beschlussverfahrens unter besonderer Berück- 1 sichtigung des Eilverfahrens wird auf die Ausführungen im allgemeinen Teil (H Rz. 1 ff.) verwiesen.

II. Gewerkschaftliches Zutrittsrecht zum Betrieb 1. Verfügungsanspruch Den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften steht gem. § 2 Abs. 2 BetrVG 1a das Recht zu, zur Wahrnehmung ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben Vertreter in die Betriebe zu entsenden. Dies ist deswegen notwendig, weil eine Vielzahl von Aufgaben, die den Gewerkschaften zugewiesen worden ist1, nur wahrgenommen werden kann, wenn die Gewerkschaftsbeauftragten Zutritt zum Betrieb haben. Dies sind z.B. Maßnahmen, die die Bildung betriebsverfassungsrechtlicher Gremien fördern2 oder die diese bei der Arbeit unterstützen, sowie Teilnahme- und Kontrollrechte (§§ 31, 43 Abs. 4, 46 und 71 BetrVG einerseits und §§ 19 Abs. 2, 23 Abs. 3, 19 Abs. 2 BetrVG andererseits). Weiter ist ein Recht auf Zugang gegeben, wenn die Gewerkschaft allgemeine Unterstützungsaufgaben wahrnimmt3. So kann etwa der Betriebsrat die Gewerkschaft im Rahmen des Gebots der Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG um Unterstützung bitten, was im Rahmen einer Betriebsratssitzung geschehen kann4. Die Mitgliederwerbung ist Teil der durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften5. Gewerkschaften ist grundsätzlich ein Zutrittsrecht zum Betrieb zu Werbezwecken einzuräumen. Diesem Recht können die verfassungsrechtlich geschützten Belange des Arbeitgebers, insbesondere dessen Interesse an einem störungsfreien Arbeitsablauf und der Wahrung des Betriebsfriedens entgegenstehen. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Insbesondere überschreitet das eigenmächtige und gewaltsame Eindringen einzelner Gewerkschaftsmitglieder in Betriebsräume gegen den Willen der sich darin aufhaltenden Beschäftigten die Grenzen zulässiger Betätigungsfreiheit6. Es besteht auch kein allgemeines, an keine weiteren Voraussetzungen geknüpftes Zutrittsrecht für Gewerkschaftsbeauftragte zum Betrieb. So besteht beispielsweise kein Zugangsrecht für einen Gewerkschafts-

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Vgl. die Aufzählung bei Fitting, § 2 BetrVG Rz. 65. ArbG Verden v. 7.10.2013 – 1 BVGa 1/13 zur Gewinnung von Wahlbewerbern. Vgl. BAG v. 26.6.1973 – 1 ABR 24/72; Fitting, § 2 BetrVG Rz. 66. Vgl. Herbst/Bertelsmann/Reiter, Rz. 713. BVerfG v. 4.11.1995 – 1 BvR 601/92; BAG v. 28.2.2006 – 1 AZR 460/04. LAG Niedersachsen v. 17.11.2008 – 11 SaGa 1433/08.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

beauftragten, um an Zeitmessungen teilzunehmen, die der Arbeitgeber an einzelnen Arbeits- oder Produktionsvorgängen vornimmt1. Eine Gewerkschaft ist auch dann im Betrieb vertreten, wenn der Arbeitgeber nach Bekanntwerden der Betriebsratswahlinitiative sämtlichen namentlich benannten Gewerkschaftsmitgliedern außerordentlich kündigt, jedenfalls insofern noch Kündigungsschutzverfahren über die Rechtswirksamkeit der Kündigungen anhängig sind2. Wenn eine nicht tariffähige Arbeitnehmerkoalition zu Zwecken der Mitgliederwerbung Zutritt zu den Vorräumen einer Betriebsversammlung begehrt, ist ein solcher Anspruch gegen den Arbeitgeber und nicht gegen den Betriebsrat zu richten. Das gilt unabhängig davon, ob die Betriebsversammlung im Betrieb oder außerhalb stattfindet3. 2

Die Gewerkschaft hat dem Arbeitgeber den Besuch ihres Beauftragten eine angemessene Zeit vorher anzuzeigen und dabei anzugeben, welche Person zu welchem Zweck den Betrieb aufsuchen möchte. Es muss dem Arbeitgeber Gelegenheit gegeben werden, etwaige Zutrittsverweigerungsgründe gem. § 2 Abs. 2 BetrVG zu prüfen4.

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Räumlich bezieht sich das Zutrittsrecht auf die Betriebsteile, die durch den jeweils betroffenen Fragenkomplex berührt werden5. Hier kann der Gewerkschaftsvertreter auch den Zutritt zu einem Arbeitnehmer am Arbeitsplatz verlangen, wenn dies im Einzelnen erforderlich ist. Dem Arbeitgeber steht grundsätzlich das Recht zur Teilnahme an einer solchen Besichtigung zu. Dies folgt aus seinem Hausrecht, das durch § 2 Abs. 2 BetrVG nur insofern eingeschränkt wird, als dass er Gewerkschaftsbeauftragten nicht ohne rechtfertigenden Grund den Zutritt verweigern darf. Für eine weitergehende Beschränkung des Hausrechtes besteht kein Anlass, es sei denn, der Arbeitgebervertreter versucht, den Gewerkschaftsbeauftragten bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben zu behindern6.

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Eine feste Grenze für die zeitliche Ausdehnung des Aufenthaltes im Betrieb gibt es nicht. Grundsätzlich wird die zulässige Aufenthaltsdauer durch den Zweck des Besuches bestimmt. Allerdings darf die Besuchsdauer weder rechtsmissbräuchlich verlängert werden, noch darf sie zur Unzeit erfolgen. Maßgeblich sind hier die Umstände des Einzelfalles.

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§ 2 Abs. 2 letzter Halbsatz BetrVG benennt die Gründe, aus denen der Arbeitgeber einem Gewerkschaftsbeauftragten den Zutritt zum Betrieb verweigern kann. Dies ist dann gerechtfertigt, wenn dem Zutritt unumgängliche Notwendigkeiten des Betriebsablaufes, zwingende Sicherheits1 2 3 4 5 6

LAG Hamm v. 21.7.1978 – 3 TaBV 65/78. ArbG Aachen v. 8.11.2012 – 9 BVGa 11/12. BAG v. 22.5.2012 – 1 ABR 11/11. Fitting, § 2 BetrVG Rz. 71. ArbG Verden v. 7.10.2013 – 1 BVGa 1/13. LAG Hamm v. 5.10.1972 – 8 TaBV 23/72.

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Gewerkschaftliches Zutrittsrecht zum Betrieb

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vorschriften oder der Schutz von Betriebsgeheimnissen entgegenstehen. Dabei ist zu beachten, dass die berechtigten Interessen des Arbeitgebers nicht immer dahin gehen, generell ein Zutrittsverbot zu verhängen, sondern dass etwa der Schutz von Betriebsgeheimnissen schon dann gegeben ist, wenn lediglich der Zutritt zu bestimmten Teilen des Betriebes versagt wird. Es ist also stets zu prüfen, ob nicht eine mildere Maßnahme als das völlige Zutrittsverbot ausreichend ist.1 Auch kann der Arbeitgeber dem Gewerkschaftsbeauftragten den Zutritt 6 zum Betrieb verweigern, wenn der angegebene Besuch in keinem Zusammenhang mit betriebsverfassungsrechtlichen Fragen steht2. Nicht im Gesetz geregelt, aber gleichwohl Gegenstand der gerichtlichen Spruchpraxis ist ein aus der Person des Gewerkschaftsbeauftragten resultierendes Zutrittsverweigerungsrecht. Grundsätzlich bestimmt die Gewerkschaft selbst, welche Person sie in den Betrieb entsendet. Dies können auch mehrere Beauftragte sein, wenn dies zur Wahrnehmung gewerkschaftlicher Aufgaben notwendig ist. Hinsichtlich der Person des Gewerkschaftssekretärs besteht grundsätzlich eine Auswahlfreiheit der Gewerkschaft3. Allerdings kann das Zugangsrecht eines bestimmten Gewerkschaftsbeauftragten zum Betrieb beschränkt werden, wenn er wiederholt seine Befugnisse eindeutig überschritten, den Betriebsfrieden nachhaltig gestört oder den Arbeitgeber, seinen Vertreter oder Arbeitnehmer des Betriebes grob beleidigt hat und dies erneut zu befürchten ist4. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist eröffnet, wenn 7 streitig ist, ob sich eine Koalition in bestimmter, von ihr in Anspruch genommener Weise als Koalition betätigen darf. Insbesondere betrifft der Streit das Betätigungsrecht, wenn er darum geführt wird, wie die Befugnisse der Gewerkschaften zur Werbung und Betreuung von Mitgliedern im Betrieb gegenüber den Rechten des Unternehmers aus seinem Eigentum und dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb abzugrenzen sind5. Im Rahmen dieser Zuständigkeit sind Streitigkeiten über Bestehen und Umfang des Zutrittsrechts gem. § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren auszutragen. Antragsbefugt ist dabei eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft, vertreten durch ihren Hauptvorstand oder Bundesvorstand. Auch die örtlichen oder bezirklichen Gliederungen der Gewerkschaft sind antragsbefugt, wenn eine entsprechende Ermächtigung durch die Satzung oder eine Vollmacht vorliegt6. Der Antrag ist gegen den Arbeitgeber zu richten. Der Gewerkschaftssekretär, dem das Hausverbot erteilt oder der Zutritt verweigert wurde, ist weiterer Beteiligter. 1 Fitting, § 2 BetrVG Rz. 76 ff. m.w.N.; Däubler, Gewerkschaftsrechte im Betrieb, Rz. 232. 2 Vgl. BAG v. 26.6.1973 – 1 ABR 24/72. 3 LAG Köln v. 8.1.2013 – 11 TaBVGa 9/12. 4 LAG Sachsen v. 27.3.2006 – 3 TaBV 6/06. 5 OLG Frankfurt v. 28.3.2007 – 3 W 20/07. 6 Herbst/Bertelsmann, Rz. 713.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Davon zu trennen ist der nicht ausdrücklich gesetzlich geregelte Anspruch der Gewerkschaft auf Zutritt zum Zwecke der Mitgliederwerbung, und zwar unabhängig davon, ob sie dort schon Mitglieder hat. Dieses Recht folgt aus Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG. Es ist jedoch nicht schrankenlos. Vielmehr sind die ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Belange des Arbeitgebers (Hausrecht, Eigentumsrecht, Recht auf störungsfreien Betriebsablauf) zu berücksichtigen, die dem gewerkschaftlichen Zutrittsrecht entgegenstehen können. Bei dieser Rechtsgüterabwägung sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich1 (zum diesbezüglichen Verfügungsgrund s. K Rz. 12). 2. Verfügungsgrund

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Beim Verfügungsgrund ist zu beachten, dass durch eine einstweilige Verfügung regelmäßig die Hauptsache vorweggenommen wird, da das Zutrittsbegehren meist an einen ganz konkreten Anlass gebunden ist. Wird dem Antrag stattgegeben, so tritt eine Befriedigungswirkung ein. Wird er hingegen abgewiesen, so ist der Zutritt des Gewerkschaftsbeauftragten zu dem konkreten Anlass jedenfalls nicht mehr möglich, es sei denn, es wird gerade aus diesem Grund eine bestimmte Maßnahme, wie etwa eine Betriebsversammlung, verschoben. Von daher ist eine sorgfältige Prüfung des Verfügungsgrundes notwendig. Verneint der Arbeitgeber generell ein Zutrittsrecht für Gewerkschaftsbeauftragte, so wird meist ein Verfügungsgrund gegeben sein, auch wenn kein besonderer Anlass für den Zutritt, wie etwa eine Betriebsversammlung oder eine Betriebsratssitzung, unmittelbar bevorsteht2. Auch die Wahrnehmung allgemein betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben duldet in der Regel keinen Aufschub3. Verweigert der Arbeitgeber jedoch lediglich einem bestimmten Gewerkschaftsbeauftragten den Zutritt, so ist im Rahmen des Verfügungsgrundes auch zu prüfen, ob die Entsendung gerade dieses Gewerkschaftsbeauftragten notwendig ist, um die Gewerkschaftsarbeit effizient durchzuführen. Dies kann im Einzelfall gegeben sein, wenn er etwa mit den Verhältnissen dieses Betriebes besonders gut vertraut ist und schon Verhandlungen mit dem Arbeitgeber in anderem Zusammenhang geführt hat. Dies ist aber von der Antragstellerseite substantiiert darzulegen. Nach Ansicht des LAG Köln ist zu beachten, dass dem Arbeitgeber keine nennenswerten Nachteile durch den Vollzug der einstweiligen Verfügung entstehen, der Gewerkschaft aber für einen erheblichen, sensiblen Zeitraum der Verlust ihres gesetzlich verankerten Zutrittsrechts in einem wesentlichen Teilbereich gewerkschaftlicher Betätigung im Rahmen der Betriebsverfassung droht4.

1 BAG v. 28.2.2006 – 1 AZR 460/04. 2 Vgl. ArbG Verden v. 7.10.2013 – 1 BVGa 1/13 zur Gewinnung von Wahlbewerbern. 3 ArbG Aachen v. 8.11.2012 – 9 BVGa 11/12; Walker, Rz. 809. 4 LAG Köln v. 8.1.2013 – 11 TaBVGa 9/12.

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Gewerkschaftliches Zutrittsrecht zum Betrieb

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Wegen der meist endgültigen Entscheidung durch den Erlass der einst- 10 weiligen Verfügung oder die Zurückweisung des Antrages ist regelmäßig eine mündliche Verhandlung geboten. Nur wenn dies aufgrund des Zeitdruckes ausgeschlossen ist, kann auch eine Entscheidung außerhalb der mündlichen Verhandlung und auch ohne Anhörung der Gegenseite ergehen1. Eine besondere Form einstweiligen Rechtsschutzes beim Streit um ge- 11 werkschaftliche Zutrittsrechte besteht bisweilen in einem Polizeieinsatz. Dieser kann von beiden Seiten veranlasst werden: So kann der Arbeitgeber zur Durchsetzung seines Hausrechtes die Polizei einschalten, wenn der Gewerkschaftsbeauftragte bereits im Betrieb ist. Der Betriebsrat seinerseits kann die Polizei rufen, um eine Straftat i.S.v. § 119 BetrVG zu verhindern, also etwa um den ordnungsgemäßen Verlauf einer Betriebsversammlung, in der ein Wahlvorstand gewählt werden soll, zu sichern2. Derartige Rechtsschutzmöglichkeiten des Betriebsrates dürften eher theoretischer Natur sein, da den herbeigerufenen Polizeibeamten wohl kaum innerhalb der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit die Grundlagen des betriebsverfassungsrechtlichen Behinderungsverbotes zu erläutern sein dürften. Bei dem gewerkschaftlichen Recht auf Zutritt zur Mitgliederwerbung 12 dürfte in aller Regel der Verfügungsgrund fehlen. 3. Antrag/Tenor Die einstweilige Verfügung auf Gestattung des Zutritts des Betriebsrats- 13 mitgliedes zum Betrieb ist eine Leistungsverfügung in der Form der Duldungsverfügung3. Bei der Antragsfassung ist Sorgfalt geboten. Anträge, mit denen die Duldung von Handlungen verlangt wird, müssen nach der Rechtsprechung des BAG4 die zu duldenden Handlungen so genau bezeichnen, dass der in Anspruch Genommene im Falle einer dem Antrag entsprechenden gerichtlichen Entscheidung eindeutig erkennen kann, was von ihm verlangt wird. Diese Prüfung darf grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Das BAG konzediert aber auch, dass bei Unterlassungs- und Duldungsanträgen bisweilen generalisierende Formulierungen unvermeidlich sind, weil andernfalls die Möglichkeit, gerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen, durch prozessuale Anforderungen unzumutbar erschwert, wenn nicht gar beseitigt würde.

1 Vgl. Schäfer, Rz. 189 f. 2 Vgl. Herbst/Bertelsmann, Rz. 711 unter Hinweis auf Zabel, AuR 1992, 335 f. 3 LAG München v. 26.8.1992 – 5 TaBV 43/92, dort auch zu den Voraussetzungen für den Verfügungsanspruch – Anspruch auf Ausschluss des Betriebsratsmitgliedes muss nicht offensichtlich sein. 4 BAG v. 28.2.2006 – 1 AZR 460/04.

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K Rz. 14

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Da das Zutrittsrecht der Gewerkschaft im Betriebsverfassungsgesetz geregelt ist, muss das Begehren über den bloßen Gesetzesinhalt hinaus konkretisiert werden, damit nicht ein nach der Rechtsprechung des BAG unzulässiger Globalantrag vorliegt. Daher sollte im Antrag der Name des beauftragten Gewerkschaftssekretärs, die Zeit des beabsichtigten Besuches und in groben Stichworten der Anlass des Besuches genannt werden. Auch sollte zur raschen Durchsetzung einer dem Antrag stattgebenden Entscheidung ein Ordnungsgeld für den Fall der Zuwiderhandlung beantragt werden (vgl. Muster 60, K Rz. 14). 14

Muster 60 Antrag auf einstweilige Verfgung zur Durchsetzung des Zutrittsrechts eines Gewerkschaftsbeauftragten An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten Gewerkschaft …, vertreten durch den Vorstand Antragstellerin und Beteiligte zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: … gegen die … GmbH … – Beteiligte zu 2) – und dem weiteren Beteiligten (konkret betroffener Gewerkschaftssekretr) … – Beteiligter zu 3) – zeige ich an, die Antragstellerin zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, im Wege der einstweiligen Verfgung: 1. Der Beteiligten zu 2) wird im Wege der einstweiligen Verfgung aufgegeben, den Zugang des Gewerkschaftssekretrs … der Gewerkschaft … zum Betrieb … (nhere Bezeichnung) whrend der betriebsblichen Arbeitszeiten zu dulden. 2. Fr jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nr. 1 wird der Beteiligten zu 2) ein Ordnungsgeld bis zu 10 000 b angedroht.

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Gewerkschaftliches Zutrittsrecht zum Betrieb

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Rz. 14 K

oder1 Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, nach vorheriger Anmeldung mit Ankndigungsfrist von zwei Tagen, bis zu einmal wçchentlich zu dulden, dass der Gewerkschaftssekretr … innerhalb der Pausenzeiten von 12:00 Uhr bis 13:00 Uhr die Betriebskantine nebst Zuwegen zum Zwecke der Akquisition von Kandidaten fr den Wahlvorstand und den zu whlenden Betriebsrat betritt. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, das gegenber dem Gewerkschaftssekretr … ausgesprochene Hausverbot aufzuheben. oder2 die Beklagte zu verurteilen, den Zutritt von betriebsfremden Beauftragten der Klgerin in den Betrieb B zu gestatten, damit diese Gewerkschaftsbeauftragten whrend der Mittagsçffnungszeiten der Kantine dort unter Vermeidung jeglicher Stçrung des Betriebsfriedens und der Betriebsablufe Mitgliederwerbung betreiben kçnnen durch berreichung von Broschren, Formularen und Flugblttern. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Die Antragstellerin ist eine im Betrieb der Beteiligten zu 2) vertretene Gewerkschaft. Ihr gehçrt mindestens ein Arbeitnehmer des Betriebs an, der nicht zu den leitenden Angestellten i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG zhlt. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des … (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Die Beteiligte zu 2) ist ein Unternehmen der …-Branche. Mit Schreiben vom … erklrte die Beteiligte zu 2) gegenber der Antragstellerin ein unbefristetes Hausverbot fr den Gewerkschaftssekretr … und untersagte ihm das Betreten des Betriebsgelndes whrend und außerhalb der betriebsblichen Arbeitszeit.

1 LAG Köln v. 8.1.2013 – 11 TaBVGa 9/12. 2 Vom BAG mit Urt. v. 28.2.2006 – 1 AZR 460/04 für zulässig, aber auslegungsbedürftig befunden.

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K Rz. 15

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

(Alternativ: Am … begehrte der im Rubrum bezeichnete Gewerkschaftssekretr Einlass in den genannten Betrieb, was ihm jedoch von … verweigert wurde.) Glaubhaftmachung: Vorlage des Schreibens vom …, in Ablichtung anbei; ggf. eidesstattliche Versicherung, falls Zutritt mndlich verweigert wurde. Die Antragstellerin ist antragsbefugt, da sie einen eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Anspruch geltend macht. Gemß § 83 Abs. 3 ArbGG sind in einem Beschlussverfahren auch diejenigen zu hçren, die nach dem BetrVG im einzelnen Fall beteiligt sind. Der betroffene im Rubrum genannte Gewerkschaftssekretr ist von der Entscheidung ber den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung unmittelbar betroffen und daher weiterer Beteiligter. Es besteht ein Verfgungsanspruch, da gem. § 2 Abs. 2 BetrVG die Antragstellerin das Recht hat, Beauftragte zur Wahrnehmung ihrer Rechte aus dem BetrVG in einen Betrieb zu entsenden. Im vorliegenden Fall geht es um die Rechte aus § … BetrVG (nher bezeichnen). Dem stehen schutzwrdige Rechte der Beteiligten zu 2) nicht entgegen. (Erforderlichenfalls nher ausfhren, falls der Arbeitgeber konkrete Grnde fr die Weigerung angefhrt hat.) Es besteht auch ein Verfgungsgrund, da allein durch die Dauer des Hauptsacheverfahrens im Zwischenzeitraum ein fr die Antragstellerin endgltiger und irreparabler Rechtsverlust eintreten wrde, was sachlich nicht gerechtfertigt wre. In dringenden Fllen wie dem vorliegenden kann auch eine einstweilige Verfgung ergehen, wenn dem Beauftragten der Antragstellerin der Zugang verweigert wird, selbst wenn das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens vorweggenommen wird. Unterschrift

III. Amtsausübung eines Betriebsratsmitgliedes 1. Amtsausübung des gekündigten Betriebsratsmitgliedes 15

Die Amtsführungsbefugnis eines Betriebsratsmitglieds während der Dauer des Kündigungsschutzverfahrens ist strikt zu trennen von der Frage der Weiterbeschäftigungspflicht, die allein auf der individualvertraglichen Ebene zu behandeln ist (s. hierzu I Rz. 91). Zwar besteht zwischen dem Bestehen des Arbeitsverhältnisses und der Mitgliedschaft im Betriebsrat eine Verknüpfung durch § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, wonach die Mitgliedschaft im Betriebsrat nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet. Die Grundsätze der Amtsführung des Betriebsrates und der Weiterbeschäftigungspflicht des Arbeitgebers dienen jedoch unterschiedlichen Zielen, so dass vom Bestehen eines Weiterbeschäftigungsanspru-

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Amtsausbung eines Betriebsratsmitgliedes

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Rz. 16 K

ches nicht zwingend auf einen Anspruch geschlossen werden kann, die Betriebsratsgeschäfte vorläufig weiterzuführen1 und umgekehrt2. Allerdings ist zu beachten, dass dem Interesse an einer funktionsfähigen Betriebsratsarbeit nicht allein durch ein – betriebsverfassungsrechtliches – Zugangsrecht des Betriebsratsmitgliedes Rechnung getragen wird. Ein nicht freigestelltes Betriebsratsmitglied, das sich im Betrieb nur für Betriebsratsangelegenheiten aufhalten darf, dort aber keine Arbeitsleistung mehr verrichtet, ist von Informationen und Erfahrungen abgeschnitten. Daher ist das Interesse eines Arbeitgebers an der Suspendierung eines Betriebsratsmitgliedes vor Ausspruch einer Kündigung gem. §§ 15 Abs. 1 KSchG, 103 BetrVG nur vorrangig, wenn zu Lasten des Arbeitnehmers der dringende Verdacht einer strafbaren Handlung bzw. einer sonstigen schweren Arbeitsvertragsverletzung besteht oder die Richtigkeit eines solchen Verdachts gar bestätigt wird3. Grundsätzlich hat auch das einzelne Betriebsratsmitglied einen materiel- 16 len Anspruch auf ungestörte Amtsausübung, der einen Anspruch auf Zutrittsgewährung zum Betrieb einschließt4. Auch der Zugang zu einzelnen Arbeitsplätzen ist zu gewährleisten, ohne dass es eines berechtigten Interesses im Einzelfall bedarf5. Durch eine fristlose Kündigung wird wegen § 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG die Mitgliedschaft des Gekündigten im Betriebsrat zweifelhaft. Nach überwiegender Auffassung führt dieser Zweifel dazu, dass das Betriebsratsmitglied bis zum rechtskräftigen Obsiegen im Kündigungsschutzverfahren als verhindert i.S.v. § 25 Abs. 1 BetrVG gilt6. Die Richtigkeit der h.M. folgt meiner Ansicht nach zwingend aus § 25 Abs. 1 BetrVG. Das Betriebsverfassungsgesetz hat hier eine besondere Vorschrift auch für die Fälle zeitweiliger Verhinderung eines Be1 Walker, Rz. 815; a.A. LAG Hamm v. 17.1.1996 – 3 TaBV 61/95; vgl. weiter LAG Schleswig-Holstein v. 21.10.2003 – 2 TaBV 19/03, das ein Beschlussverfahren für überflüssig und nicht erstattungsfähig ansieht, wenn der Arbeitnehmer einen Titel über den Weiterbeschäftigungsanspruch vollstrecken könnte. 2 LAG München v. 25.2.2010 – 3 SaGa 4/10, Betriebsratsmitglied benötigt zur Ausübung der Betriebsratstätigkeit nur den Zugang zum Betrieb, nicht aber die tatsächliche Beschäftigung. 3 LAG Hessen v. 11.6.2008 – 18 SaGa 553/08 und v. 19.2.2008 – 4 TaBVGa 21/08, Störung der Betriebsratstätigkeit; LAG Hamburg v. 27.2.2008 – 5 SaGa 1/08; s. zum Lohnanspruch trotz Hausverbots LAG München v. 19.2.2008 – 6 Sa 232/07. 4 Walker, Rz. 813. 5 ArbG Hamburg v. 6.5.1997 – 25 GaBV 4/97 – dort auch für die Betriebsteile bejaht, die nicht allgemein zugänglich sind. 6 S. nur LAG Hamm v. 25.6.2004 – 10 TaBV 61/04 m. zust. Anm. Bertzbach, jurisPR-ArbR 1/2005; LAG Köln v. 12.12.2001 – 8 TaBV 72/01, LAG Nürnberg v. 10.10.1985 – 5 TaBV 1/85; Weber, Handbuch zum Betriebsverfassungsrecht, Teil D Rz. 127; Ebmeier/Schöne, Rz. 459; a.A. ArbG Hamburg v. 16.6.1997 – 21 GaBV 1/97; ArbG Elmshorn v. 10.9.1996 – 1d BVGa 36/96; aber LAG Köln v. 27.7.2011 – 9 TaBVGa 2/11 unter Berufung auf LAG München v. 27.1.2011 – 3 TaBVGa 20/10, Amtsausübungsanspruch schon bei Obsiegen mit dem allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag in der I. Instanz.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

triebsratsmitgliedes geschaffen. Somit ist keine zwingende Notwendigkeit dafür vorhanden, dass das gekündigte Betriebsratsmitglied seine Amtsgeschäfte weiterführt. Die erzwungene Weiterbeschäftigung des Betriebsratsmitgliedes bei gleichzeitiger Nichtausübung des Betriebsratsamtes zu führt auch zu keiner Diskriminierung1. Dies ist vielmehr die zwingende Konsequenz einerseits aus der strikten Trennung der individualvertraglichen und betriebsverfassungsrechtlichen Ebene und andererseits aus der Unterschiedlichkeit zwischen den Voraussetzungen des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruches und des Amtsausübungsanspruches als Betriebsratsmitglied. Umgekehrt wurde entschieden, dass ein Betriebsratsmitglied, mit dem man sich auf einen Abfindungsvergleich nebst Freistellung von der Arbeitspflicht geeinigt hatte, für den Rest der Kündigungsfrist einen Anspruch auf ungehinderten und auch nicht durch Mitteilungspflichten eingeschränkten Zutritt zur Ausübung des Betriebsratsamts zum Betriebsgelände hat, wenn schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers an einer Begrenzung des Zutrittsrechts nicht geltend gemacht worden sind. Dieser kann auch durch einstweilige Verfügung durchgesetzt werden2. Prozessual ist Folgendes zu beachten: Ist dem Arbeitgeber durch eine noch nicht aufgehobene Eilentscheidung aufgegeben worden, einem Mitglied des Betriebsrats Zutritt zum Betrieb zu gewähren, steht deren Rechtskraft dem Erlass einer erneuten Verfügung auch dann entgegen, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsratsmitglied zwischenzeitlich gekündigt und das Betriebsratsmitglied die Kündigung gerichtlich angegriffen hat3. 17

Es muss aber dafür Sorge getragen werden, dass der Arbeitgeber nicht durch erkennbar unwirksame fristlose Kündigungen Einfluss auf die Zusammensetzung des Betriebsrates nehmen kann. Hier bietet § 103 BetrVG jedoch meist einen ausreichenden Schutz. Entweder muss der Betriebsrat der fristlosen Kündigung zustimmen oder das ArbG muss die fehlende Zustimmung ersetzen. Daher kann der Arbeitgeber nicht einseitig Einfluss auf die Zusammensetzung des Betriebsrates nehmen. Spricht er hingegen die außerordentliche Kündigung ohne Vorliegen dieser Voraussetzung aus, so ist die Kündigung offensichtlich unwirksam und dem Betriebsratsmitglied steht ein Anspruch auf ungestörte Amtsausübung zu, der das Zutrittsrecht umfasst4. Diesen Einspruch kann das gekündigte Betriebsratsmitglied auch mittels einer einstweiligen Verfü-

1 2 3 4

A.A. LAG Hamm v. 17.1.1996 – 3 TaBV 61/95. LAG München v. 18.11.2009 – 11 TaBVGa 16/09. LAG Berlin-Brandenburg v. 18.3.2010 – 25 TaBVGa 2608/09. LAG Hamm v. 25.6.2004 – 10 TaBV 61/04 m. zust. Anm. Bertzbach, jurisPR_ArbR 1/2005; Weber, Handbuch zum Betriebsverfassungsrecht, Teil D Rz. 127; Walker, Rz. 115; vgl. weiter die Rechtsprechungsnachweise bei Herbst/ Bertelsmann, Rz. 321.

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Amtsausbung eines Betriebsratsmitgliedes

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Rz. 18 K

gung durchsetzen. Der notwendige Verfügungsgrund liegt darin, dass der Betriebsrat ansonsten in der Zwischenzeit fehlerhaft besetzt wäre1. Noch weiter geht das Hessische LAG, das dem Arbeitgeber auf Antrag des Betriebsrats den Ausspruch einer Beendigungskündigung gegenüber eines seiner Mitglieder im Wege einstweiliger Verfügung untersagt hat2. Hier ging es aber darum, dass sich der Arbeitgeber auf eine Betriebsteilstilllegung i.S.v. § 15 Abs. 5 KSchG berufen hat. In einem solchen Fall bedarf es keiner Zustimmung des Betriebsrats, so dass eine Rechtsschutzlücke vorhanden ist. Dabei erscheint es in der Tat sinnvoll, dem Arbeitgeber die Kündigung zu untersagen, weil ansonsten die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des gewählten Betriebsrats und seine Zusammensetzung in der gewählten Form nicht gewährleistet ist. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber beim ArbG einen Antrag gestellt hat, 18 die fehlende Zustimmung des Betriebsrats zur fristlosen Kündigung zu ersetzen, oder die Anfechtung der Betriebsratswahl betreibt. Der Auffassung des LAG München, wonach es im Einzelfall untragbar sein kann, dem zur fristlosen Entlassung vorgesehenen Betriebsratsmitglied bis zum rechtskräftigen Abschluss des Zustimmungsersetzungsverfahrens uneingeschränkten Zutritt zum Betrieb zu gewähren kann nicht gefolgt werden3. Wenn nach Auffassung des Arbeitgebers so gravierende Verletzungen der Pflichten des Betriebsratsamtes vorliegen, kann er beim ArbG den Antrag auf eine vorläufige Untersagung der Amtsausübung stellen (s. i.E. K Rz. 19). Ansonsten gilt uneingeschränkt der Grundsatz, dass die Mitglieder des Betriebsrats gem. § 78 BetrVG bei der Ausübung ihrer Betriebsratstätigkeit nicht behindert werden dürfen. Da die Aufgaben des Betriebsrats regelmäßig im Betrieb zu erledigen sind, folgt aus dem Recht auf ungestörte Amtsausübung auch ein Recht auf Zutritt zum Betrieb. Dieses Recht ist auch nicht auf bestimmte Zeiten beschränkt. Vielmehr kann eine Tätigkeit des Betriebsrats zu jeder Zeit im Betrieb erforderlich werden; die Betriebsratsmitglieder müssen daher auch jederzeit die Möglichkeit haben, den Betrieb zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben zu betreten. Das Zugangsrecht ist ausschließlich an die Mitgliedschaft im Betriebsrat gebunden. Es wird weder von einer individualrechtlichen Freistellung von der Arbeit noch von der Absicht des Arbeitgebers berührt, das Arbeitsverhältnis des Betriebsratsmitgliedes zu beenden. Auch die gerichtliche Anfechtung der Betriebsratswahl hat auf den Bestand des Betriebsratsamt – und damit auf das Zutrittsrecht zum Betrieb – keine Auswirkungen, solange nicht die Betriebsratswahl rechtskräftig für unwirksam erklärt wurde4. Der notwendige Verfügungsgrund ist regelmäßig gegeben, da ansonsten eine ordnungsgemäße Wahrneh1 Vgl. Schuschke in Schuschke/Walker, vor § 935 Rz. 162. 2 Hess. LAG v. 19.2.2008 – 4 TaBVGa 21/08. 3 LAG München v. 19.3.2003 – 7 TaBV 65/02; so auch ArbG Hagen v. 13.2.2007 – 4 BVGa 2/07; s.u. K Rz. 19. 4 LAG Berlin-Brandenburg v. 2.9.2009 – 17 TaBVGa 1372/09; Hess. LAG v. 11.6.2008 – 18 SaGa 553/08.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

mung der Betriebsratstätigkeit bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsachebeschlussverfahren nicht möglich wäre. Wenn im Falle eines nicht nur vorübergehenden Absinkens der Belegschaftsstärke unter 200 Arbeitnehmer das einzige freigestellte Betriebsratsmitglied aufgefordert wird, seine Arbeitstätigkeit wieder aufzunehmen, besteht für einen auf Rücknahme der Arbeitszuweisung unter weiterer Freistellung gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kein Verfügungsgrund, wenn die zugewiesene Aufgabe weder unzumutbar, noch die Maßnahme offensichtlich rechtswidrig und die Wahrung der Rechte des Betriebsrates nicht gefährdet ist1. In einem Beschlussverfahren über das Zutrittsrecht des Betriebsratsvorsitzenden ist für den Streitwert regelmäßig der Hilfswert des § 23 Abs. 3 RVG zugrunde zu legen2. 2. Untersagung der Amtsausübung wegen grober Amtspflichtverletzung a) Untersagung vor Ausschluss aus dem Betriebsrat 19

Verstößt ein Betriebsratsmitglied grob gegen seine Amtspflichten, kann der Arbeitgeber beim ArbG seinen Ausschluss aus dem Betriebsrat verlangen (§ 23 Abs. 1 BetrVG). Ein solches Ausschlussurteil beendet das Betriebsratsamt gem. § 24 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG jedoch erst mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft. Diese tritt möglicherweise erst nach dem Ende der Wahlperiode ein, so dass das Ausschlussverfahren sinnentleert würde. Deswegen kann der Arbeitgeber schon vor der rechtskräftigen Entscheidung im Ausschlussverfahren die Unterlassung der weiteren Amtsausübung verlangen, wenn ihm wegen der Art der Amtspflichtverletzung jede weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem betreffenden Betriebsratsmitglied unzumutbar ist3. Dies dürfte nur in Ausnahmefällen gegeben sein. Entschieden wurde dies für den Fall eines wegen sexueller Belästigung ausgeschlossenen Betriebsratsmitgliedes, das nach Rücktritt des Betriebsrats und seiner Wiederwahl erneut amtierte. Hier wurde glaubhaft gemacht, dass Rücktritt und Neuwahl ein rechtsmissbräuchliches Umgehungsverhalten darstellten bzw. sich die Ausschließungsgründe sich weiterhin auswirken4. Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 23 Abs. 1 BetrVG, der Verfügungsgrund aus der Unzumutbarkeit einer weiteren Zusammenarbeit. Jedoch reicht der Verfügungsgrund nur für die Dauer des Ausschlussverfahrens. Geht dieses positiv für den Arbeitgeber aus, steht rechtskräftig fest, dass der Betreffende nicht mehr Mitglied des Betriebsrates ist. Der Arbeitgeber hat daher in der Regel kein Rechtsschutzinteresse mehr an einer Untersagung. Ist der Antrag 1 LAG Rheinland-Pfalz v. 14.5.2013 – 6 SaGa 2/13. 2 LAG Hamm v. 20.9.2006 – 10 Ta 474/06. 3 Walker, Rz. 811; kritisch zur Möglichkeit der Amtsübungsentziehung durch einstweilige Verfügung LAG Berlin-Brandenburg v. 5.6.2014 – 10 TaBVGa 146/14. 4 Hess. LAG v. 3.9.2009 – 9 TaBVGa 159/09.

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rechtskräftig abgewiesen worden, steht umgekehrt fest, dass der Betreffende einen Anspruch auf ungestörte Ausübung seines Betriebsratsamtes hat. Es kann also die Situation eintreten, dass der Arbeitgeber eine weitere 20 vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem zu kündigenden Betriebsratsmitglied auch nur für die Dauer des Zustimmungsersetzungsverfahrens für unzumutbar hält. In diesem Fall kann er einen Anspruch auf Unterlassung jeder weiteren Amtsausübung haben. Dabei ist aber zu beachten, dass allein die Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens dies nicht rechtfertigt. Vielmehr müssen die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 BetrVG hinzukommen. Bei dem Antrag des Arbeitgebers, einem Betriebsratsmitglied durch einst- 21 weilige Verfügung die Ausübung des Betriebsratsamtes zu verbieten, handelt es sich im Zweifel nicht um den Antrag auf eine Unterlassungsverfügung, sondern um den Antrag auf Entzug einer Amtsausübungsbefugnis durch Gestaltungsverfügung. b) Eigenmächtiges Handeln des Arbeitgebers Besteht kein Anspruch des Arbeitgebers auf vorläufige Untersagung der 22 Ausübung der Betriebsratstätigkeit, so hat das Betriebsratsmitglied auch ein Recht etwa auf Zugang zum Betrieb, um sein Amt ausüben zu können1. Will der Arbeitgeber einen Ausschließungsgrund gem. § 23 Abs. 1 BetrVG geltend machen, so muss er seinerseits initiativ werden und eine entsprechende einstweilige Verfügung auf ein Verbot der Amtsausübung beantragen. Dies gilt auch, wenn er fristlos kündigen möchte und das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 BetrVG eingeleitet hat. Als Behinderung der Betriebsratsarbeit ist es in aller Regel auch anzusehen, wenn der Arbeitgeber den Zutritt des Gremienmitgliedes von vorheriger Anmeldung abhängig macht2 oder die Vergütungszahlung für das Betriebsratsmitglied nach der erstinstanzlichen, noch nicht rechtskräftigen Zustimmung zur Kündigung einstellt3. Er ist regelmäßig nicht befugt, Fakten dadurch zu schaffen, dass er dem Betriebsratsmitglied den Zutritt zum Betrieb verweigert4. Verhält sich der Arbeitgeber jedoch in dieser Weise, so ist für einen Antrag des Betriebsratsmitgliedes auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auch ein Verfügungsgrund gegeben, denn ohne den vorläufigen Rechtsschutz wäre er zeitweilig faktisch verhindert, das Betriebsratsamt auszuüben, ohne dass hierfür ein rechtfertigender Grund in dem vorgesehenen Verfahren festgestellt worden wäre5. 1 LAG München v. 26.8.1992 – 5 TaBV 43/92; ArbG Berlin v. 2.8.2013 – 28 BVGa 10241/13. 2 ArbG Berlin v. 2.8.2013 – 28 BVGa 10241/13. 3 Hess. LAG v. 3.5.2007 – 7 TaBVGa 72/07, dort aber Zurückweisung, weil keine wirtschaftliche Notlage des Betriebsratsmitgliedes vorlag. 4 LAG München v. 26.8.1992 – 5 TaBV 43/92; Dütz, DB-Beilage 13, 1978, 17 f. 5 ArbG Berlin v. 2.8.2013 – 28 BVGa 10241/13.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Versetzt der Arbeitgeber ein Betriebsratsmitglied in eine andere betriebliche Einheit mit der Folge des Verlustes des Betriebsratsamtes, ohne dass die Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 Abs. 3 BetrVG vorliegt, kann der Betriebsrat grundsätzlich die Aufhebung dieser Versetzung entsprechend § 101 BetrVG auch mittels einer einstweiligen Verfügung verlangen, es sei denn, die Versetzung erfolgt im Zusammenhang mit der Schließung einer Betriebsabteilung gem. § 15 Abs. 4 und 5 KSchG1. 23

Der Arbeitgeber kann keine einstweilige Verfügung auf Untersagung der Amtstätigkeit erwirken kann, nur weil er die Betriebsratswahl angefochten hat bzw. für nichtig hält2.

24

Arbeitgeber und Betriebsratsmitglied können ihre Ansprüche auf Unterlassung der Amtsausübung einerseits und auf Zugang zum Betrieb andererseits auch wechselseitig in einem Verfahren verfolgen3. c) Streitwert

24a

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Der Antrag auf Untersagung der Amtsausübung ist mit dem Hilfsstreitwert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zu bewerten. Ein Abschlag wegen der Vorläufigkeit der Regelung ist nicht geboten4. Muster 61 Einstweilige Verfgung auf Zutritt eines Betriebsratsmitgliedes An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten Betriebsrat der … GmbH … Antragsteller und Beteiligte zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: … und der … GmbH … Beteiligte zu 2) –

1 LAG Nürnberg v. 31.1.2014 – 8 TaBVGa 1/14 und v. 11.10.2010 – 7 TaBVGa 7/10; LAG Berlin v. 22.12.2004 – 9 TaBV 2175/04. 2 ArbG Offenbach v. 6.2.1992 – 2 BVGa 2/92, AiB 1992, 232 m. Anm. Grimberg. 3 LAG München v. 26.8.1992 – 5 TaBV 43/92. 4 LAG Köln v. 24.9.2008 – 10 Ta 200/08.

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Amtsausbung eines Betriebsratsmitgliedes

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sowie dem weiteren Beteiligten (konkret betroffenes Betriebsratsmitglied) … Beteiligter zu 3) – zeige ich an, den Antragsteller zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: 1. Der Beteiligten zu 2) wird im Wege der einstweiligen Verfgung aufgegeben, den Zugang des Betriebsratsmitgliedes … zum gesamten Betriebsgelnde des Betriebes … (nhere Bezeichnung) whrend der betriebsblichen Arbeitszeiten zu dulden. 2. Fr jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nr. 1 wird der Beteiligten zu 2) ein Ordnungsgeld bis zu 10 000 b angedroht. oder1 Der Arbeitgeberin wird im Wege einstweiliger Verfgung aufgegeben, der Vorsitzenden des Betriebsrates (Frau …) ungehinderten Zugang zum Betriebsgelnde und zu ihren Rumlichkeiten zu ermçglichen, sowie ihr hierzu einen Schlssel auszuhndigen, der zum ffnen der Eingangstren bzw. zum Betriebsratsbro geeignet ist. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Die Beteiligten streiten um das Zutrittsrecht des im Rubrum genannten Betriebsratsmitgliedes zu dem dort bezeichneten Betrieb der Beteiligten zu 2) whrend der Arbeitszeit. Dem genannten Betriebsratsmitglied wurde am … der Zugang zum Betrieb verweigert. Begrndet wurde dies damit, dass ein Ausschlussverfahren gem. § 23 Abs. 1 BetrVG eingeleitet werden wrde und eine weitere Anwesenheit des Beteiligten nicht zumutbar sei. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des betroffenen Betriebsratsmitgliedes. (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben

1 ArbG Berlin v. 2.8.2013 – 28 BVGa 10241/13.

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bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Dieser Antrag wurde aber noch nicht gestellt. Das Verhalten der Beteiligten zu 2) ist rechtswidrig. Ein Verfgungsanspruch i.S.v. §§ 935, 940 ZPO, § 85 ArbGG ist gegeben. Ein Zutrittsrecht des Betriebsrats zum Betrieb ergibt sich aus Sinn und Zweck der dem Betriebsrat obliegenden Pflichten gem. § 80 BetrVG sowie aus dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Soweit der Betriebsrat seine Rechte und Pflichten aus § 80 BetrVG durchsetzen und erfllen will, kann er dies nur, wenn er unbehinderten Zugang zum Betrieb erhlt. Es besteht kein Anspruch des Arbeitgebers auf vorlufiger Untersagung der Ausbung der Betriebsratsttigkeit (ggf. nher ausfhren), so dass das Betriebsratsmitglied auch einen Anspruch auf Zugang zum Betrieb hat, um sein Amt ausben zu kçnnen (LAG Mnchen v. 26.8.1992 – 5 TaBV 43/92). Will der Arbeitgeber einen Ausschließungsgrund gem. § 23 Abs. 1 BetrVG geltend machen, so muss er seinerseits initiativ werden und eine entsprechende einstweilige Verfgung auf ein Verbot der Amtsausbung beantragen (Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil K Rz. 17). Er ist nicht befugt, Fakten dadurch zu schaffen, dass er dem Betriebsratsmitglied einen Zutritt zum Betrieb verweigert (LAG Mnchen, a.a.O.). Es liegt auch ein Verfgungsgrund nach § 935 ZPO, § 85 ArbGG vor. Durch die Nichtgewhrung des Zutritts zum Betrieb kann das Betriebsratsmitglied seine Rechte nicht verwirklichen. Die Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten fr die Vergangenheit ist jedoch durch Zeitablauf endgltig vereitelt, so dass eine Eilentscheidung geboten ist. Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … beschlossen, das vorliegende Verfahren einzuleiten und den Unterzeichner damit zu beauftragen. Glaubhaftmachung: Vorlage des Protokolls, in Ablichtung anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden, im Original anbei. Unterschrift

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Muster 62 Antrag des Arbeitgebers auf vorlufige Untersagung der Ausbung der Betriebsratsttigkeit An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten … GmbH … – Antragstellerin und Beteiligte zu 1) –

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Amtsausbung eines Betriebsratsmitgliedes

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Rz. 26 K

Verfahrensbevollmchtigter: … und … (konkret betroffenes Betriebsratsmitglied) – Beteiligter zu 2) – sowie dem weiteren Beteiligten Betriebsrat der … GmbH … – Beteiligter zu 3) – zeige ich an, die Antragstellerin zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfgung untersagt, sein Betriebsratsamt bis zum rechtskrftigen Abschluss des gegen ihn vor dem ArbG … zum Aktenzeichen … laufenden Ausschlussverfahrens auszuben1. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Beteiligte zu 2) ist Mitglied des bei der Antragstellerin bestehenden Betriebsrats. Er hat sich folgender schwerer Verletzungen seiner Amtspflicht schuldig gemacht: (Nhere Darlegung und Glaubhaftmachung. Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Wegen dieser Vorflle ist von der Antragstellerin ein Ausschlussverfahren gem. § 23 Abs. 1 BetrVG angestrengt worden, das vor dem ArbG … zum Az.: … anhngig ist. Anhçrungstermin wurde bestimmt auf den …

1 Vgl. aber Hess. LAG v. 3.9.2009 – 9 TaBVGa 159/09, das nur einen Ausschluss bis zur Verkündung der erstinstanzlichen Entscheidung verfügt hat.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Glaubhaftmachung: Beiziehung der genannten Akte, Antragsschrift sowie Ladung zum Anhçrungstermin als Anlage anbei. Zum Verfgungsanspruch ist auszufhren, dass das Ausschlussverfahren aus den genannten Grnden erfolgreich sein wird. Jedoch wirkt der Ausschluss erst mit Rechtskraft des Beschlusses. Der Antragstellerin ist jedoch wegen des Verhaltens des Beteiligten zu 2) jede weitere Zusammenarbeit vollkommen unzumutbar, zumal das Ausschlussverfahren sich voraussichtlich noch ber Monate hinziehen wird (s. Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil K Rz. 19; LAG Mnchen v. 19.3.2003 – 7 TaBV 65/02 zu der Parallelproblematik beim Zustimmungsersetzungsverfahren gem. § 103 BetrVG). Eine fristlose Kndigung, durch die der Beteiligte zu 2) fr die Betriebsratsarbeit als verhindert gelten wrde, scheitert daran, dass die Pflichtwidrigkeiten des Beteiligten zu 2) ausschließlich auf der Ebene der Betriebsratsttigkeit lagen und keine Verletzungen seiner arbeitsvertraglichen Pflichten beinhalteten. Da die Antragstellerin ihn nicht eigenmchtig an der Ausbung des Amtes hindern darf – etwa durch ein Hausverbot – bedarf es einer gerichtlichen Gestaltungsverfgung, um ihm die Betriebsratsttigkeit zu untersagen. Hierin liegt der Verfgungsgrund (vgl. Walker, Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilprozess, Rz. 811 m.w.N.). Der Verfgungsgrund ist begrenzt auf die Dauer des Ausschlussverfahrens, was im Antrag zum Ausdruck kommt. Unterschrift

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Anmerkung: Dieser Antrag kann auch als Gegenantrag zum Antrag des Betriebsrates gestellt werden. 3. Vorläufiger Rechtsschutz zur Ermöglichung der Betriebsratstätigkeit

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Der Anspruch des Betriebsrates gegen den Arbeitgeber auf Bereitstellung der erforderlichen Räume sowie der Sach- und Personalmittel entsprechend § 40 Abs. 2 BetrVG1 kann grundsätzlich auch im Eilverfahren geltend gemacht werden, ebenso wie die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers gem. § 40 Abs. 1 BetrVG. Beim Verfügungsgrund ist jedoch zu beachten, dass ein Eilbedürfnis nur dann gegeben sein dürfte, wenn etwa die Ausstattung mit Sachmitteln derart unzulänglich ist, dass eine sachgerechte Betriebsratstätigkeit unzumutbar erschwert wird. Der häufig anzutreffende Streit darüber, ob der Betriebsrat einen Anspruch auf Zurverfügungstellung ganz bestimmter Sachmittel hat, ist regelmäßig im Hauptsacheverfahren auszutragen2.

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Hinsichtlich des Betriebsratszimmers steht dem Betriebsrat ein Besitzrecht zu. Der Entzug desselben durch den Arbeitgeber stellt eine verbotene Eigenmacht dar, gegen die sich der Betriebsrat mit einer einstweiligen

1 Vgl. hierzu im einzelnen Hunold, NZA-RR 1999, 113. 2 Walker, Rz. 820.

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Amtsausbung eines Betriebsratsmitgliedes

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Rz. 31 K

Verfügung zur Wehr setzen kann1. Macht der Betriebsrat die Überlassung bestimmter Räumlichkeiten zur Erledigung der Betriebsratstätigkeiten geltend und verlangt der Arbeitgeber im gleichen Verfahren die Räumung der gleichen Räumlichkeiten, handelt es sich um identische Streitgegenstände; eine Erhöhung des Gegenstandswerts für die anwaltlichen Gebühren kommt nicht in Betracht2. Grundsätzlich hat der Betriebsrat auch das Hausrecht am Betriebsratsbüro, weshalb der Arbeitgeber verpflichtet ist, ihm einen Schlüssel hierzu auszuhändigen3. Dies berechtigt ihn aber nicht ohne weiteres, Journalisten dorthin einzuladen4. Einstweilige Verfügungen können auch geboten sein im Hinblick auf 30 Kostenvorschüsse, etwa für eine Reise des Betriebsratsvorsitzenden zur Sitzung des Gesamtbetriebsrates5, oder zur Ermöglichung der Tätigkeit eines Sachverständigen6. Umgekehrt hat der Arbeitgeber aber nicht die Möglichkeit, durch einst- 30a weilige Verfügung den Betriebsrat zu verpflichten, bei der Festlegung der zeitlichen Lage von Betriebsratssitzungen auf die betrieblichen Notwendigkeiten in der vom Arbeitgeber gewünschten Art und Weise Rücksicht zu nehmen7. Muster 63

Einstweilige Verfgung auf Wiedereinrumung des Besitzes 31 am Betriebsratsbro

An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten Betriebsrat der … GmbH … – Antragsteller und Beteiligter zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: … 1 LAG Nürnberg v. 1.4.1999 – 6 Ta 6/99; ArbG Berlin v. 6.5.1992 – 37 BVGa 32/92; ArbG Duisburg v. 24.12.1993 – 4 BVGa 14/93. 2 LAG Hamm v. 28.8.2007 – 10 Ta 353/07. 3 LAG Nürnberg v. 1.4.1999 – 6 Ta 6/99; Streitwert beim Streit über die Aushändigung von zwei weiteren Schlüsseln: halber Hilfswert gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, LAG Rheinland-Pfalz v. 13.3.2009 – 1 Ta 28/09. 4 BAG v. 18.9.1991 – 7 ABR 63/90. 5 ArbG Darmstadt v. 5.7.1988 – 2 BVGa 17/88 – zur Parallelproblematik bei Schulungsveranstaltungen s. K Rz. 42. 6 Vgl. zur Bestellung eines Sachverständigen K Rz. 160 unter weiter Herbst/Bertelsmann, Rz. 327 m. Rechtsprechungsnachweisen. Zum Verfügungsgrund bei Mobiltelefon s. LAG Baden-Württemberg v. 3.3.2006 – 5 TaBV 9/05. 7 LAG Berlin-Brandenburg v. 18.3.2010 – 2 TaBV 2694/09.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

und der … GmbH … – Beteiligte zu 2) – zeige ich an, den Antragsteller zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: 1. Der Beteiligten zu 2) wird im Wege der einstweiligen Verfgung aufgegeben, dem Antragsteller den Betriebsratsraum im ersten Stock des Verwaltungsgebudes, 3. Raum links vom Treppenaufgang 3 (Raum Nr. …), wieder zur Verfgung zu stellen und diesen Raum wieder mit folgendem Mobiliar auszustatten: (genaue Bezeichnung des Mobiliars) 2. Fr den Fall, dass die Beteiligte zu 2) der Verpflichtung aus dem Antrag zu 1. nicht nachkommt, wird ihr ein Zwangsgeld bis zu 10 000 b angedroht. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Der Antragsteller ist der Betriebsrat im Betrieb der Beteiligten zu 2). Er besteht aus … Mitgliedern. (Darstellung des Sachverhaltes, die Umstnde der Entziehung des Betriebsratszimmers sind substantiiert zu schildern.) Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden als Anlage anbei. (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Zum Verfgungsanspruch ist auszufhren, dass der Betriebsrat gem. § 861 Abs. 1 BGB einen Anspruch darauf hat, dass ihm das bisherige Betriebsratszimmer nicht durch verbotene Eigenmacht entzogen wird. Er war Besitzer dieses Raumes einschließlich des Inventars und wurde in diesem Besitz durch eine verbotene Eigenmacht des Arbeitgebers gestçrt. Der Betriebsrat hat das Hausrecht an seinem Betriebsratszimmer und kann daher dem Arbeitgeber den Zutritt versagen. Erst recht ist es dem Arbeitgeber verboten, ihm den Besitz hieran einseitig zu entziehen, zumal dem Betriebsrat kein gleich-

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Schulungsveranstaltungen

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Rz. 33 K

wertiger, zumutbarer Ersatzraum mit angemessener Ausstattung zur Verfgung gestellt wurde. Der Verfgungsgrund besteht darin, dass der Antragsteller dringend auf das Betriebsratszimmer angewiesen ist, etwa um seine regelmßigen Sprechstunden abzuhalten. Ein Abwarten des rechtskrftigen Ausganges eines Hauptsacheverfahrens ist ihm daher nicht zuzumuten (Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil K Rz. 28), zumal die Rechtslage eindeutig ist. Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … beschlossen, das vorliegende Verfahren einzuleiten und den Unterzeichner damit zu beauftragen. Glaubhaftmachung: Vorlage des Protokolls, in Ablichtung anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden, im Original anbei. Unterschrift

IV. Schulungsveranstaltungen 1. Grundsätze Betriebsratsmitglieder sind gem. § 37 Abs. 6 und 7 BetrVG zur Teilnahme 32 an Schulungsveranstaltungen unter Fortzahlung ihres Arbeitsentgelts freizustellen. Über die Notwendigkeit einer Schulungsveranstaltung bestehen häufig unterschiedliche Auffassungen. Dabei ist die Frage, ob das Arbeitsentgelt fortzuzahlen ist, im Urteilsverfahren zu klären, wobei dort regelmäßig nur das Hauptsacheverfahren in Betracht kommt. Im Vorfeld wird jedoch im Beschlussverfahren häufig seitens des Betriebsrates versucht, die Teilnahme seiner Mitglieder „abzusichern“, wohingegen der Arbeitgeber bisweilen versucht, die Teilnahme mittels einer einstweiligen Verfügung zu verhindern. Streitigkeiten über die Erforderlichkeit der Schulung sind Rechtsfragen und nicht Regelungsfragen, so dass keine Zuständigkeit der Einigungsstelle besteht1. Diese ist nur für die Frage zuständig, ob der Betriebsrat bei der zeitlichen Lage der Schulungsveranstaltung betriebliche Notwendigkeiten hinreichend berücksichtigt hat. 2. Antrag des Betriebsratsmitgliedes Das einzelne Betriebsratsmitglied hat ein subjektives Teilnahmerecht an 33 Schulungsveranstaltungen, zumindest wenn der Betriebsrat dieses Mitglied für die Teilnahme hieran ausgewählt hat2. Bei einem von dem Betriebsratsmitglied angestrengten Beschlussverfahren ist jedoch der Betriebsrat zu beteiligen3, der aber auch selbst den Antrag stellen kann. 1 ErfK/Koch, Rz. 24. 2 Vgl. zu den Differenzierungen im Einzelnen Walker, Rz. 822 f. 3 LAG Hamm v. 21.10.2005 – 10 TaBV 82/05.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Umgekehrt ist das für die Schulung vom Betriebsrat bestimmte Mitglied in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Stellung berührt und daher Beteiligter an einem vom Betriebsrat angestrengten Beschlussverfahren1. Die Teilnahmeberechtigung hängt nicht von einem vorherigen Einverständnis des Arbeitgebers ab, wie etwa bei der Urlaubsgewährung. Es müssen lediglich die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen der Notwendigkeit vorliegen, und der Betriebsrat muss dem Arbeitgeber die Teilnahme sowie die zeitliche Lage der Veranstaltung rechtzeitig bekannt geben (§ 37 Abs. 6 Satz 3, Abs. 7 Satz 3 BetrVG). Auch wenn der Arbeitgeber der Teilnahme widerspricht, folgt hieraus kein Verbot an das Betriebsratsmitglied2. Ob angesichts dessen ein Verfügungsgrund gegeben sein kann, ist streitig. Teilweise wird vertreten, dass es keiner einstweiligen Verfügung bedürfe und daher auch kein Verfügungsgrund bestehe3. Andere halten eine einstweilige Verfügung für zulässig4. 34

Entgegen meinen Ausführungen in der 1. Aufl.5 halte ich nunmehr eine einstweilige Verfügung für zulässig. Zwar scheint die Auffassung dogmatisch nahe liegend, dass es keines einstweiligen Rechtsschutzes bedürfe, wo man, anders als beim Urlaub, keine Genehmigung einholen muss. Dies lässt aber zwei Aspekte außer Acht. § 37 Abs. 2 BetrVG, auf den § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG verweist, spricht davon, dass Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit „zu befreien“ sind. Im Wege der Auslegung6 gelangt man entgegen dem Wortlaut zu dem Ergebnis, dass es einer Befreiung nicht bedarf. Diese Auslegung wurde zugunsten der Betriebsratsmitglieder vorgenommen, damit diese nicht jedesmal eine Genehmigung oder gar einstweiligen Rechtsschutz einholen müssen, wenn sie ihre Arbeit für notwendige Betriebsratstätigkeit unterbrechen wollen7. Dies ist mit der Unabhängigkeit des Betriebsratsamts unvereinbar. Die einschränkende Auslegung von § 37 Abs. 2 BetrVG soll also die Betriebsratstätigkeit erleichtern. Diese Erleichterung wendet sich aber in 1 LAG Berlin-Brandenburg v. 11.2.2010 – 6 TaBV 2286/10. 2 LAG Hamm v. 24.10.1974 – 8 TaBV 42/74 – m. Anm. Beckmann in juris-PR-ArbR 9/2005 Anm. 1; vgl. BAG v. 15.3.1995 – 7 AZR 643/94 – für die sonstige Betriebsratstätigkeit. 3 LAG Hamm v. 21.5.2008 – 10 TaBVGa 7/08 und v. 10.5.2004 – 10 TaBV 41/04; LAG Köln v. 20.11.2003 – 5 TaBV 69/03; LAG Düsseldorf v. 6.9.1995 – 12 TaBV 69/95; Corts, NZA 1998, 357, 358; Heinze, RdA 1986, 287; Walker, Rz. 824. 4 LAG Hess. v. 4.11.2013 – 16 TaBVGa 179/13, v. 5.8.2013 – 16 TaBVGa 120/13, v. 4.4.2013 – 16 TaBVGa 57/13 für Schwerbehindertenvertreter und v. 10.8.2004 – 9 TaBVGa 114/04; ArbG Bamberg v. 5.11.2012 – 2 BVGa 3/12 m. zust. Anm. Spengler, jurisPR-ArbR 16/2013 Anm. 4; wohl auch Hess. LAG v. 1.3.2006 – 8 Sa 788/05; ArbG Heilbronn v. 14.3.2001 – 7 BVGa 3/01 – mit der Begründung, der Verfügungsgrund ergebe sich aus der Gefahr einer Abmahnung; ArbG Frankfurt/M. v. 4.5.1999 – 18 BVGa 20/99; ArbG Detmold v. 30.4.1998 – 3 BVGa 3/98; Fitting, § 37 BetrVG Rz. 252; Schuschke in Schuschke/Walker, vor § 935 Rz. 160. 5 Korinth, 1. Aufl., Anhang zu §§ 935, 940 ZPO Rz. 311. 6 Walker, Rz. 824. 7 HWK/Reichold, § 37 BetrVG Rz. 12.

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Schulungsveranstaltungen

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das Gegenteil, wenn über die Befugnis zur Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung Streit herrscht. Das Betriebsratsmitglied riskiert ohne eine vorherige Klärung seiner Teilnahmebefugnis erhebliche arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zu intensiven Bemühungen des Arbeitgebers in Richtung auf eine Trennung1. Dem kann nicht entgegenhalten werden, dass eine einseitige Trennung rechtlich kaum durchsetzbar ist. Die Praxis zeigt, dass die meisten gekündigten Arbeitsverhältnisse tatsächlich beendet werden, und zwar unabhängig von der Rechtswirksamkeit der Kündigung2. Unabhängig davon kann bereits das intensive Bemühen des Arbeitgebers in Richtung auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht nur das einzelne Betriebsratsmitglied belasten, sondern auch die Betriebsratstätigkeit insgesamt. Daher ist die Auslegung von § 37 Abs. 2 BetrVG dahin zu ändern, dass die grundsätzliche Möglichkeit einer genehmigungsfreien Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung nicht das Rechtsschutzbedürfnis und/oder den Verfügungsgrund für eine einstweilige Verfügung beseitigt. Der Antrag müsste auf eine Ermächtigung zur Teilnahme gehen (s. Muster 64, K Rz. 45; zum Urlaub s. I Rz. 227). Antragsbefugt ist der Betriebsrat, und zwar auch dann, wenn dieser bereits konkrete Personen zur Teilnahme benannt hat. Dadurch erfolgt kein Anspruchsübergang in dem Sinne, dass nur noch diese Personen antragsbefugt sind3. Die benannten Betriebsratsmitglieder sind neben dem Betriebsrat antragsbefugt4. Der Betriebsrat ist dann weiterer Beteiligter. Unabhängig davon kann der Betriebsrat aber eine Klärung dieser Frage 35 im Verfügungsverfahren erreichen, indem er einen Antrag auf Kostenvorschuss stellt (s. dazu unter K Rz. 42). Das Verfügungsverfahren ist abzugrenzen vom Einigungsstellenverfah- 36 ren. Gemäß § 37 Abs. 6 Satz 5 BetrVG kann der Arbeitgeber die Einigungsstelle anrufen, wenn er betriebliche Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt hält. Deren Kompetenz bezieht sich jedoch nur auf zeitliche Lage der Schulungsveranstaltung und die Personen, die daran teilnehmen sollen. Der Beschluss des Betriebsrats zur Teilnahme an der Schulung ist in diesem Fall zunächst ausgesetzt. Diese Aussetzung ist eine unmittelbare Folge des Anrufens der Einigungsstelle (s. zum Missbrauchseinwand K Rz. 38) und bedarf keines Vollziehungsaktes. Daher ist auch keine einstweilige Verfügung auf Aussetzung des Beschlusses möglich. Bestreitet der Arbeitgeber die Notwendigkeit der Schulungsveranstaltung 37 überhaupt, ist diese Frage von den Gerichten für Arbeitssachen und nicht von der Einigungsstelle zu entscheiden5. Allerdings kann ein freiwilliges

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Schuschke in Schuschke/Walker, vor § 935 Rz. 139. REGAM-Studie, www.kueprax.de. ArbG Frankfurt/O. v. 27.1.2000 – 5 BVGa 1/00. Schuschke in Schuschke/Walker, vor § 935 Rz. 160. HWK/Reichold, § 37 BetrVG Rz. 11.

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K Rz. 38

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Einigungsverfahren nach § 76 Abs. 6 BetrVG durchgeführt werden. Die Anrufung der Einigungsstelle suspendiert den Beschluss des Betriebsrats über die Teilnahme bis zu deren Entscheidung. Dies kann zur Folge haben, dass die Teilnahme an der konkret ins Auge gefassten Schulungsveranstaltung unmöglich wird, weil die Einigungsstelle nicht rechtzeitig gebildet werden kann (eine einstweilige Verfügung auf deren Einrichtung ist nicht möglich, weil § 98 ArbGG hier eine besondere Form des beschleunigten Verfahrens vorsieht) oder nicht rechtzeitig tagt. In dieser Situation ist trotz § 37 Abs. 6 Satz 5 BetrVG die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen im Verfügungsverfahren gegeben1. 38

Die einstweilige Verfügung kann ergehen, wenn der Einwand des Arbeitgebers nach § 37 Abs. 6 Satz 5 BetrVG rechtmissbräuchlich ist. Ansonsten hätte es der Arbeitgeber in der Hand, durch diesen Einwand stets bis zu einer Entscheidung der Einigungsstelle die Teilnahme durch bloße Behauptungen der mangelnden Berücksichtigung betrieblicher Notwendigkeiten zu blockieren.

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Eine Eilentscheidung kann auch notwendig werden, wenn die zeitnahe Teilnahme an der Schulungsveranstaltung unabdingbar ist, etwa bei einem Seminarthema „Interessenausgleich und Sozialplan“ bei einer unmittelbar bevorstehenden Betriebsänderung, auf die der vorher nicht entsprechend geschulte Betriebsrat reagieren muss2.

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Der Wunsch des Betriebsrats auf Teilnahme an der Schulung eines bestimmten Veranstalters gibt ihm grundsätzlich nicht die Befugnis, die Teilnahme trotz der Einwände des Arbeitgebers nach § 37 Abs. 6 Satz 5 BetrVG mit der einstweiligen Verfügung durchzusetzen3.

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Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber sowohl die Notwendigkeit der Schulungsveranstaltung überhaupt bestreitet als auch Einwände gegen die zeitliche Lage hat. 3. Kostenvorschuss

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Die Möglichkeit einer genehmigungsfreien Teilnahme nützt dem vermögenslosen Betriebsrat wenig, denn Seminarveranstalter und Hotel machen die Teilnahme regelmäßig von einer vorherigen Zahlung oder der Übergabe einer Kostenübernahmeerklärung des Arbeitgebers abhängig. Hier kommt unabhängig von der Frage der Teilnahmebefugnis der Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Zahlung an den Veranstalter und das

1 HWK/Reichold, § 37 BetrVG Rz. 11. 2 ArbG Frankfurt/O. v. 27.1.2000 – 5 BVGa 1/00. 3 Vgl. HWK/Reichold, § 37 BetrVG Rz. 11.

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Schulungsveranstaltungen

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Hotel in Betracht1 oder an das betreffende Betriebsratsmitglied2. Der Anspruch auf Freistellung von diesen Kosten kann hingegen nicht im Verfügungsverfahren durchgesetzt werden, denn dabei handelt es sich um eine Willenserklärung, die nur durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung ersetzt werden kann (§ 894 Abs. 1 ZPO). Dem Anspruch auf Kostenvorschuss kann nicht entgegengehalten werden, dass die zur Teilnahme vorgesehenen Mitglieder finanziell in der Lage wären, die Kosten vorzustrecken3. Es ist vielmehr eine strenge Trennung zwischen dem vermögenslosen Betriebsrat und seinen Mitglieder vorzunehmen. Diese sind nicht verpflichtet, dem Kollegialorgan ein Darlehen zu gewähren, weil der Arbeitgeber die Kostenübernahme verweigert. Dieser Streit muss zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ausgetragen werden4. Dabei muss jedoch ein Verfügungsgrund vorliegen. Die konkret geplante Veranstaltung muss so nahe bevorstehen, dass das Hauptsacheverfahren nicht mehr durchgeführt werden kann. Weiter muss der durch die Durchführung des Hauptsacheverfahrens entstehende Zeitverlust zu einer deutlichen Behinderung der Betriebsratsarbeit führen5. 4. Untersagungsantrag des Arbeitgebers Hält der Arbeitgeber betriebliche Notwendigkeiten bei der zeitlichen La- 43 ge der Schulungsveranstaltung für nicht hinreichend berücksichtigt, muss er unverzüglich die Einigungsstelle anrufen. Tut er dies verspätet, kann er die Teilnahme nicht verhindern. Ist die Durchführung des Einigungsstellenverfahrens vor der Fortbildungsveranstaltung wegen des kurzen Zeitraums bis zum Beginn der Veranstaltung nicht möglich, muss der Betriebsrat die Teilnahme zunächst zurückstellen6. Erforderlichenfalls kann der Arbeitgeber die Teilnahme mittels einstweiliger Verfügung unterbinden7.

1 So wohl von der Grundannahme her LAG Hamm v. 8.7.2005 – 13 TaBV 119/05, das aber den Verfügungsgrund wegen der fehlenden Eindeutigkeit der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme verneinte. 2 ArbG Frankfurt/M. v. 4.5.1999 – 18 BVGa 20/99. 3 A.A. LAG Hessen v. 4.11.2013 – 16 TaBVGa 179/13. 4 Vgl. LAG Schleswig-Holstein v. 21.10.2003 – 2 TaBV 19/03, das wegen dieser Trennung Aufwendungsersatzansprüche des Betriebsratsmitglieds als nicht von einer allgemeinen Ausgleichsklausel erfasst ansieht; Fitting, § 40 BetrVG Rz. 148, für den Fall der wesentlichen Erschwerung der Betriebsratsarbeit; a.A. LAG Hamm v. 8.7.2005 – 13 TaBV 119/05 – und ArbG Gießen v. 18.2.2005 – 5 BVGa 4/05 – für einen zu verauslagenden Betrag von 100 t; LAG Hessen v. 4.11.2013 – 16 TaBVGa 179/13 und v. 5.8.2013 – 16 TaBVGa 120/13 bejaht den Verfügungsanspruch nur, wenn eine entsprechende Reisekostenordnung beim Arbeitgeber besteht. 5 LAG Hamm v. 10.5.2004 – 10 TaBV 41/04; ablehnend für einen Kostenvorschuss für externe Berater ArbG Hannover v. 16.1.2009 – 1 BVGa 1/09. 6 BAG v. 18.3.1977 – 1 ABR 54/74. 7 Fitting, § 37 Rz. 252; a.A. ErfK/Koch, § 37 BetrVG Rz. 24, AG kann Teilnahme durch einstweilige Verfügung weder gestatten noch untersagen.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Der Arbeitgeber hat kein schützenswertes Interesse an der Untersagung der Teilnahme eines Betriebsratsmitgliedes an Schulungsveranstaltungen außerhalb der Arbeitszeit. Regelmäßig geht es auch nicht darum, sondern um das Interesse des Arbeitgebers an der Arbeitsleistung des Betriebsratsmitgliedes in der entsprechenden Zeit. Die Frage des Vergütungsanspruches ist, wie oben unter K Rz. 32 ausgeführt, davon unabhängig und im Urteilsverfahren zu klären, wobei der Arbeitgeber die Schulungskosten nicht bereits dann tragen muss, wenn er der Ankündigung des Betriebsrates nicht widersprochen hat. Die Untersagung der Teilnahme an der Schulungsveranstaltung dient letztlich der Sicherung der Arbeitsleistung des Betriebsratsmitglieds. Da die Erfüllung der Arbeitsleistung jedoch nicht mittels einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden kann (s.o. I Rz. 2), kann der Arbeitgeber auch nicht die Teilnahme an der Schulungsveranstaltung mittels eines Eilverfahrens verhindern1. 5. Streitwert

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Begehrt der Betriebsrat die Freistellung eines Mitgliedes von der Arbeitsleistung für die Teilnahme an einer Schulung, kann hierfür nicht auf den Hilfswert von 5000 t abgestellt werden, sondern auf den Arbeitsverdienst des Betriebsratsmitgliedes für die fragliche Zeit2. Muster 64 Antrag auf Ermchtigung zur Teilnahme an Schulungsveranstaltung An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten … als Mitglied des Betriebsrats der X-GmbH … – Beteiligte zu 1) –

1 Ebmeier/Schöne, Rz. 458. 2 LAG Rheinland-Pfalz v. 20.7.2009 – 1 Ta 171/09 für den Fall einer zentral durchgeführten Betriebsräteversammlung und v. 2.6.2008 – 1 Ta 80/08; a.A. LAG Sachsen v. 7.4.2014 – 4 Ta 270/13, Hilfsstreitwert; LAG Berlin-Brandenburg v. 28.5.2008 – 17 Ta (Kost) 6056/08, nichtvermögensrechtliche Streitigkeit, Streitwert im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände 5000 t; ebenso LAG Rheinland-Pfalz v. 14.6.2007 – 1 Ta 150/07 und LAG Schleswig-Holstein v. 11.10.2013 – 1 Ta 163/13, Erhöhung um 25 % für jedes weitere Betriebsratsmitglied, aber nicht für Antrag auf Kostenvorschuss.

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Schulungsveranstaltungen

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Rz. 45 K

sowie des Betriebsrats – Beteiligter zu 2) – Verfahrensbevollmchtigter: … und X-GmbH … – Beteiligte zu 3) – zeige ich an, die Beteiligten zu 1) und 2) zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Der Beteiligte zu 1) wird ermchtigt, an der Schulungsveranstaltung … zum Thema … in der Zeit von … bis … teilzunehmen. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Die Beteiligte zu 1) ist Mitglied des beim Beteiligten zu 3) (Arbeitgeber) gebildeten Betriebsrats, des Beteiligten zu 2). Dieser beschloss in der Sitzung am …, die Beteiligte zu 1) zu einer Schulung zum Thema … zu schicken, die in der Zeit von … bis … in … von der … GmbH … veranstaltet wird. Glaubhaftmachung: Vorlage des Sitzungsprotokolls, als Anlage 1 in Ablichtung anbei, und eidesstattliche Versicherung der Beteiligten zu 1), als Anlage 2 anbei. (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Diese Teilnahme ist notwendig i.S.v. § 37 Abs. 6 BetrVG (nher ausfhren). Eine Verschiebung bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens ist nicht mçglich (nher ausfhren). Der Arbeitgeber bestreitet die Notwendigkeit der Teilnahme und hat arbeitsrechtliche Konsequenzen fr den Fall angedroht, dass diese trotzdem erfolgt (nher ausfhren).

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K Rz. 45

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Fr den Antrag besteht ein Rechtsschutzbedrfnis. Zwar kann die Teilnahme grundstzlich auch ohne eine vorherige Einverstndniserklrung des Arbeitgebers erfolgen. So erscheint die Auffassung dogmatisch nahe liegend, dass es keines einstweiligen Rechtsschutzes bedrfe, wo man, anders als beim Urlaub, keine Genehmigung einholen muss. Dies lsst aber zwei Aspekte außer Acht. § 37 Abs. 2 BetrVG, auf den § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG verweist, spricht davon, dass Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Ttigkeit „zu befreien“ sind. Im Wege der Auslegung gelangt man entgegen dem Wortlaut zu dem Ergebnis, dass es einer Befreiung nicht bedarf. Diese Auslegung wurde zugunsten der Betriebsratsmitglieder vorgenommen, damit diese nicht jedes Mal eine Genehmigung oder gar einstweiligen Rechtsschutz einholen mssen, wenn sie ihre Arbeit fr notwendige Betriebsratsttigkeit unterbrechen wollen (HWK/Reichold, § 37 BetrVG Rz. 11). Dies sei mit der Unabhngigkeit des Betriebsratsamts unvereinbar. Die einschrnkende Auslegung von § 37 Abs. 2 BetrVG soll also die Betriebsratsttigkeit erleichtern. Diese Erleichterung wendet sich aber in das Gegenteil, wenn die Befugnis zur Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung im Streit ist. Das Betriebsratsmitglied riskiert ohne eine vorherige Klrung seiner Teilnahmebefugnis erhebliche arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zu intensiven Bemhungen des Arbeitgebers in Richtung auf eine Trennung (Schuschke/Walker/Schuschke, Arrest/Einstweilige Verfgung, Bd. 2, vor § 935 Rz. 139). Diese sind hier von der Beteiligten zu 3) schon angedroht worden. Dem kann nicht entgegenhalten werden, dass eine einseitige Trennung rechtlich kaum durchsetzbar ist. Die Praxis zeigt, dass die meisten gekndigten Arbeitsverhltnisse tatschlich beendet werden, und zwar unabhngig von der Rechtswirksamkeit der Kndigung (REGAM-Studie, www.kueprax.de). Unabhngig davon kann bereits das intensive Bemhen des Arbeitgebers in Richtung auf eine Beendigung des Arbeitsverhltnisses nicht nur das einzelne Betriebsratsmitglied belasten, sondern auch die Betriebsratsttigkeit insgesamt. Daher ist die Auslegung von § 37 Abs. 2 BetrVG dahin zu ndern, dass die grundstzliche Mçglichkeit einer genehmigungsfreien Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung nicht das Rechtsschutzbedrfnis und/oder den Verfgungsgrund fr eine einstweilige Verfgung beseitigt (LAG Hess. v. 4.11.2013 – 16 TaBVGa 179/13, v. 5.8.2013 – 16 TaBVGa 120/13 und v. 10.8.2004 – 9 TaBVGa 114/04; ArbG Heilbronn v. 14.3.2001 – 7 BVGa 3/98 – mit der Begrndung, der Verfgungsgrund ergebe sich aus der Gefahr einer Abmahnung; ArbG Frankfurt/O. v. 27.1.2000 – 5 BVGa 1/00; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil K Rz. 34). Die Beteiligte zu 1) ist auch antragsbefugt. Der Betriebsrat ist weiterer Beteiligter. Unterschrift

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Schulungsveranstaltungen

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Rz. 46 K

Muster 65 Antrag auf Kostenvorschuss des Betriebsrats fr Schulungsveranstaltungen

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An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten … … als Mitglied des Betriebsrats der X-GmbH … – Beteiligte zu 1) – sowie des Betriebsrats – Beteiligter zu 2) – Verfahrensbevollmchtigter: … und X-GmbH … – Beteiligte zu 3) – zeige ich an, die Beteiligten zu 1) und 2) zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Der Beteiligten zu 3) wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 2) zu Hnden der Beteiligten zu 1) einen Auslagenvorschuss i.H.v. 680 b fr die von der Antragstellerin vorgesehene Seminarteilnahme in der Zeit vom … bis … in … zur Verfgung zu stellen. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Die Beteiligte zu 1) ist Mitglied des beim Beteiligten zu 3) (Arbeitgeber) gebildeten Betriebsrats, des Beteiligten zu 2). Dieser beschloss in der Sitzung am … die Beteiligte zu 1) zu einer Schulung zum Thema … zu schicken, die in der Zeit von … bis … in … von der Fa. … veranstaltet wird. Glaubhaftmachung: Vorlage des Sitzungsprotokolls, als Anlage 1 in Ablichtung anbei, und eidesstattliche Versicherung der Beteiligten zu 1), als Anlage 2 anbei.

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K Rz. 46

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

(Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Diese Teilnahme ist notwendig i.S.v. § 37 Abs. 6 BetrVG (nher ausfhren). Eine Verschiebung bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens ist nicht mçglich (nher ausfhren). Der Arbeitgeber bestreitet die Notwendigkeit der Teilnahme und weigert sich, die Kosten zu bernehmen. Da der Beteiligte zu 2) vermçgenslos ist, kann er die Kosten nicht vorstrecken. Die zur Teilnahme vorgesehene Beteiligte zu 1) ist zu einer Verauslagung nicht verpflichtet. Es ist vielmehr eine strenge Trennung zwischen dem vermçgenslosen Betriebsrat und seinen Mitglieder vorzunehmen. Diese sind nicht verpflichtet, dem Kollegialorgan ein Darlehen zu gewhren, weil der Arbeitgeber die Kostenbernahme verweigert, sondern dieser Streit muss zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ausgetragen werden. Der Erlass einer einstweiligen Verfgung auf Zahlung ist die einzige Mçglichkeit, die Teilnahme an der notwendigen Schulung sicherzustellen. Der Anspruch auf Freistellung von diesen Kosten kann nicht im Verfgungsverfahren durchgesetzt werden, denn dabei handelt es sich um eine Willenserklrung, die nur durch eine rechtskrftige gerichtliche Entscheidung ersetzt werden kann (§ 894 Abs. 1 ZPO). Die mit der beantragten Verfgung verbundene Vorwegnahme der Hauptsache ist hinzunehmen, da es ansonsten zu einer Verweigerung effektiven Rechtsschutzes kme (Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil K Rz. 42). Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … beschlossen, das hiesige Eilverfahren einzuleiten und den Unterzeichnenden mit der anwaltlichen Interessenvertretung zu beauftragen. Glaubhaftmachung: Vorlage des Sitzungsprotokolls, als Anlage 3 in Ablichtung anbei, und eidesstattliche Versicherung der Beteiligten zu 1), als Anlage 2 anbei. Unterschrift

V. Betriebsversammlungen Literatur: Dudenbostel, Hausrecht, Leitungsmacht und Teilnahmebefugnis in der Betriebsversammlung, Diss. 1978; Schlüter/Dudenbostel, Das „Haus- und Ordnungsrecht“ bei Betriebsversammlungen, DB 1974, 2350; Vies, Zur Teilnahme von Außendienstmitarbeitern an Betriebsversammlungen, RdA 1979, 272.

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Betriebsversammlungen

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Rz. 50 K

1. Arten der Betriebsversammlung Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat einmal im Vierteljahr eine ordent- 47 liche Betriebsversammlung stattzufinden. Darüber hinaus kann in jedem Kalenderhalbjahr eine zusätzliche Betriebsversammlung anberaumt werden, wenn dies vom Betriebsrat aus besonderen Gründen für erforderlich gehalten wird. Weiter sind neben diesen Versammlungen auch außerordentliche Versammlungen möglich, sofern hierfür ein besonderer Anlass besteht. Auf Wunsch des Arbeitgebers oder eines Viertels der wahlberechtigten Arbeitnehmer ist der Betriebsrat gem. § 43 Abs. 3 BetrVG zur Einberufung einer Betriebsversammlung verpflichtet. Auch eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft hat das Recht, eine Betriebsversammlung herbeizuführen, wenn im vorangegangenen Kalenderhalbjahr keine solche und auch keine Abteilungsversammlung stattgefunden hat. Die regelmäßigen Betriebs- und Abteilungsversammlungen haben grund- 48 sätzlich während der Arbeitszeit stattzufinden, um so eine möglichst umfassende Teilnahme der Belegschaft zu sichern1. Dies gilt auch für Betriebsversammlungen, die der Bildung eines Wahlvorstandes dienen oder die auf Wunsch des Arbeitgebers einberufen worden sind. Außerhalb der Arbeitszeit finden Betriebsversammlungen nur dann statt, wenn die Eigenart des Betriebes dies zwingend fordert, weil etwa die Durchführung während der Arbeitszeit zu einer technisch untragbaren Störung des Betriebsablaufes führen würde2 oder für den Betrieb unzumutbar wäre. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen: Auch für Geschäfte des Einzelhandels, wie etwa Kaufhäuser, gilt das Gebot der Durchführung der Betriebsversammlung während der Arbeitszeit, selbst wenn in dieser Zeit die Verkaufstätigkeit eingestellt werden muss3. Auch während eines Arbeitskampfes kann eine Betriebsversammlung 49 stattfinden, wobei den Teilnehmern der Vergütungsanspruch unabhängig davon zusteht, ob sie sich am Streik beteiligen oder nicht4. Übersicht:

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– Zeitpunkt der Betriebsversammlung – innerhalb der Arbeitszeit – außerhalb der Arbeitszeit – ordentliche Betriebsversammlung – besondere zusätzliche Betriebsversammlung – außerordentliche Betriebsversammlung auf Wunsch des Arbeitgebers

1 ArbG Essen v. 14.4.2011 – 2 BVGa 3/11; ArbG Darmstadt v. 7.5.2009 – 7 BVGa 13/09 m. Anm. Bertzbach, jurisPR-ArbR 33/2009 Anm. 4. 2 Vgl. BAG v. 9.3.1976 – 1 ABR 74/74. 3 BAG v. 9.3.1976 – 1 ABR 74/74; Fitting, § 44 BetrVG Rz. 18. 4 BAG v. 5.5.1987 – 1 AZR 292/85.

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K Rz. 51

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

– außerordentliche Betriebsversammlung durch den Betriebsrat – außerordentliche Betriebsversammlung auf Wunsch von einem Viertel der Arbeitnehmer

2. Funktion der Betriebsversammlung, Teilnahmeberechtigung 51

Die Betriebsversammlung ist ein betriebsverfassungsrechtliches Organ, das ein Forum des Dialogs zwischen der Belegschaft und dem Betriebsrat darstellt. Teilnahmeberechtigt sind die Arbeitnehmer des Betriebes i.S.d. §§ 5 und 6 BetrVG, folglich auch Heimarbeiter, Auszubildende und Arbeitnehmer mit ausgelagerten Arbeitsplätzen, wie etwa Telearbeitnehmer. Auch Leiharbeitnehmer sind zur Teilnahme berechtigt (§ 14 Abs. 2 Satz 2 AÜG). Leitende Angestellte i.S.v. § 5 Abs. 3 BetrVG haben in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer kein Teilnahmerecht an der Betriebsversammlung. Jedoch kann sie der Arbeitgeber als sachkundige Auskunftspersonen hinzuziehen, wenn er an der Betriebsversammlung teilnimmt. Auch können sie als Gäste an der Betriebsversammlung teilnehmen. Die Teilnahmeberechtigung der Arbeitnehmer entfällt nicht dadurch, dass das Arbeitsverhältnis ruht, etwa durch Wehrdienst bzw. Elternzeit, oder wenn der Arbeitnehmer wegen Urlaubs oder Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert ist1 oder sich in Kurzarbeit befindet2. Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit haben keine Teilnahmebefugnis, da ihr Ausscheiden aus dem Betrieb bereits feststeht3.

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Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis gekündigt worden ist, haben auf jeden Fall bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ein Teilnahmerecht, auch wenn sie wirksam von der Arbeitsleistung freigestellt worden sind. Die Teilnahmebefugnis während der Dauer des Kündigungsschutzverfahrens ist streitig. Teilweise wird vertreten, dass die Teilnahmebefugnis bis zur rechtskräftigen Abweisung der Kündigungsschutzklage besteht4, teilweise wird dies nur für den Fall bejaht, dass der Arbeitnehmer einen betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch gem. § 102 Abs. 5 BetrVG hat oder aus sonstigen Gründen tatsächlich weiterbeschäftigt wird5. Meines Erachtens ist die Teilnahmeberechtigung nicht nur an die Voraussetzungen des betriebsverfassungsrechtlichen, sondern auch an die des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruches zu knüpfen. Wenn die Voraussetzungen eines Weiterbeschäftigungsanspruchs vorliegen oder der Arbeitnehmer z.B. im Rahmen eines Prozessrechtsverhältnisses weiterbeschäftigt wird, darf er auch an der Betriebsversammlung teilnehmen. Keine Teilnahmebefugnis besteht dagegen vor einer der 1 BAG v. 31.5.1989 – 7 AZR 574/88 (Elternzeit) und v. 5.5.1987 – 1 AZR 665/85 (Erholungsurlaub). 2 BAG v. 5.5.1987 – 1 AZR 665/85. 3 Fitting, § 42 BetrVG Rz. 14. 4 ArbG Hamburg v. 14.7.1977 – 14 Ga/BV 31/77; DKKW/Berg, § 42 Rz. 7; GKBetrVG/Fabricius, § 42 Rz. 22. 5 Richardi/Annuß, § 42 Rz. 4.

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Betriebsversammlungen

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Rz. 55 K

Kündigungsschutzklage stattgebenden Entscheidung erster Instanz, es sei denn, die Kündigung ist offensichtlich unwirksam1. Eine Besonderheit gilt bei Betriebsratswahlen; auch der entlassene Arbeitnehmer hat während der Dauer des Kündigungsschutzverfahrens das passive Wahlrecht2. Daraus folgt das Recht, den Betrieb zum Zwecke der Wahlwerbung zeitweise zu betreten3, was besonders bedeutsam bei einer Betriebsversammlung vor der Betriebsratswahl ist4. Es besteht jedoch keine Verpflichtung der Arbeitnehmer zur Teilnahme 53 an einer Betriebsversammlung. Sie behalten ihren Vergütungsanspruch, auch wenn sie daran nicht teilnehmen und der Arbeitgeber sie nicht sinnvoll beschäftigen kann. Weiter sind teilnahmeberechtigt der Arbeitgeber sowie Beauftragte von 54 Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. Dabei ist zu beachten, dass Vertreter von Arbeitgeberverbänden anders als Gewerkschaftsbeauftragte kein selbständiges Recht zur Teilnahme an Betriebsversammlungen haben, sondern nur vom Arbeitgeber hinzugezogen werden können5. Andere Mandatsträger, wie etwa Mitglieder des Gesamtbetriebsrates, des Konzernbetriebsrates, des Wahlausschusses oder Aufsichtsratsmitglieder, haben kein Teilnahmerecht. Jedoch kann der Betriebsrat sie einladen, um der Belegschaft Gelegenheit zu geben, an sie Fragen zu stellen6. Weiter können sonstige Personen eingeladen werden, wie etwa Dolmetscher oder Sachverständige, Referenten zu Themen nach § 45 BetrVG sowie weitere Auskunftspersonen zu Themen der Betriebsversammlung, wie etwa Vertreter des Arbeitsamtes bei bevorstehenden Massenentlassungen. Streitig ist das Teilnahmerecht von Politikern. Sofern sie zu arbeitsund sozialpolitischen Themen referieren wollen, ist die Teilnahme nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Jedoch ist in Wahlkampfzeiten größte Vorsicht bei der Einladung von Politikern geboten7, da die Betriebsversammlung kein allgemein politisches Forum darstellt. 3. Einzelne Streitpunkte a) Hausrecht und Ort der Betriebsversammlung Der Betriebsrat hat die Betriebsversammlung einzuberufen. Der Betriebs- 55 ratsvorsitzende hat das Hausrecht in dem Raum der Betriebsversammlung8. Ob er dies auch auf den notwendigen Zugangswegen hat, ist strei1 Für ein Teilnahmerecht zur Wahlversammlung bei offensichtlich unwirksamer Kündigung ArbG Berlin v. 11.2.2000 – 28 Ga 4411/00. 2 BAG v. 10.11.2004 – 7 ABR 12/04. 3 LAG Hamm v. 6.5.2002 – 10 TaBV 53/02. 4 ArbG Berlin v. 11.2.2000 – 28 Ga 4411/00. 5 DKKW/Berg, § 46 Rz. 10. 6 BAG v. 28.11.1978 – 6 ABR 101/77. 7 BAG v. 13.9.1977 – 1 ABR 67/75, JA 1978, 176 mit zust. Anm. Etzel; differenzierend Zachert, AuR 1978, 222; s. weiter Löwisch, DB 1976, 676. 8 LAG Hamm v. 17.3.2005 – 10 TaBV 51/05; Richardi/Annuß, § 42 Rz. 25 f.

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K Rz. 56

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

tig1. Die Bedeutung dieser Kontroverse ist jedoch gering, denn jedenfalls ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Personen Zutritt zu gewähren, die ein Recht zur Teilnahme haben2. Dies kann der Betriebsrat, beim Streit über die Teilnahmebefugnis eines Gewerkschaftssekretärs auch die Gewerkschaft, erforderlichenfalls auch mit einer einstweiligen Verfügung durchsetzen. Folgen haben die unterschiedlichen Auffassungen nur für die Frage, ob der Betriebsratsvorsitzende die Polizei zur Durchsetzung seines Hausrechts einsetzen kann. Dabei sollten aber die realen Möglichkeiten, der Polizei die Grundzüge des Hausrechts in einer Betriebsversammlung nahe zu bringen und ein Eingreifen zu erwirken, nicht überschätzt werden3. Nach Auffassung des LAG Hamm entscheidet der Arbeitgeber als Eigentümer der Produktionsmittel darüber, welche Räume des Betriebs wann, von wem und zu welchem Zweck genutzt werden. Wenn der vom Arbeitgeber für die Durchführung der Betriebsversammlung vorgesehene Raum geeignet ist, kann die Veranstaltung dort durchgeführt werden, selbst wenn der vom Betriebsrat vorgeschlagene Raum noch besser geeignet sein sollte4. b) Untersagung der Betriebsversammlung 56

Will der Arbeitgeber die Betriebsversammlung verhindern, so muss er folglich initiativ werden. Rechtsschutz ist regelmäßig nur im Eilverfahren zu erlangen, da die Durchführung des Hauptsache-(Beschluss-)Verfahrens zu lange dauern würde.

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Streitigkeiten können zum einen darüber entstehen, ob überhaupt eine bestimmte Betriebsversammlung durchzuführen ist, über den Zeitpunkt der durchzuführenden Betriebsversammlung oder über einzelne Tagesordnungspunkte bzw. einzuladende Personen.

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Die generelle Untersagung einer Betriebsversammlung wird im Allgemeinen nur bei einer außerordentlichen Betriebsversammlung beantragt werden, da sich die Notwendigkeit der regelmäßigen Betriebsversammlungen unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Der Arbeitgeber kann aber bestreiten, dass ein Betriebsrat existiert, weil er etwa die Wahl für nichtig hält. Die außerordentliche Betriebsversammlung kann vom Arbeitgeber mittels einstweiliger Verfügung untersagt werden, wenn sie innerhalb der Arbeitszeit stattfinden soll und ihre Anberaumung dem für die gesamte Amtsführung des Betriebsrates verbindlichen Grundsatz der ver1 Dafür DKKW/Berg, § 42 Rz. 9 und Fitting, § 42 BetrVG Rz. 36; dagegen Richardi/ Annuß, § 42 Rz. 29; Wlotzke/Preis/Roloff, § 42 Rz. 10. 2 Richardi/Annuß, § 42 Rz. 29. 3 S. zur Gesamtproblematik Schlüter/Dudenbostel, DB 1974, 2350. 4 LAG Hessen v. 12.6.2012 – 16 TaBVGa 149/12; dort auch zu den unterschiedlichen Auffassungen in der Literatur, wer den Ort der Betriebsversammlung festzulegen hat.

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Betriebsversammlungen

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Rz. 60 K

trauensvollen Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber widersprechen würde1. Ein Interesse des Arbeitgebers an der Untersagung der Betriebsversamm- 59 lung kann auch dann bestehen, wenn beabsichtigt ist, auf dieser umfangreich allgemeine parteipolitische Themen zu behandeln, die keinen Bezug zu dem Betrieb, seiner Belegschaft oder sonstigen sozialpolitischen Problemen haben. De jure handelt es sich bei dieser Zusammenkunft dann nicht um eine Betriebsversammlung, so dass der Arbeitgeber verlangen kann, dass eine derartige Unterbrechung der Arbeit unterbleibt2. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Behandlung allgemein politischer Themen lediglich am Rande einer Betriebsversammlung nicht dazu führt, dass sie ihren Charakter als Betriebsversammlung verliert. In derartigen Fällen kommt vorrangig ein Antrag in Betracht, mit dem die Behandlung derartiger Themen auf der Betriebsversammlung untersagt werden soll3. c) Verlegung der Betriebsversammlung Ansonsten ist in der Regel nur der Anspruch des Arbeitgebers auf Ver- 60 schiebung der Betriebsversammlung Streitgegenstand. Dabei ist zu beachten, dass der Betriebsrat bei der Wahl des Zeitpunktes der Betriebsversammlung auf die Eigenart des Betriebes Rücksicht zu nehmen hat (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 44 BetrVG)4. Fällt der Zeitpunkt der geplanten Betriebsversammlung in eine besonders produktionsintensive oder verkehrsstarke Zeit, so kann der Arbeitgeber einen Anspruch auf eine Verlegung in einen Zeitraum haben, der die betrieblichen Abläufe weniger belastet5. Dabei ist jedoch sicherzustellen, dass die regelmäßigen Betriebsversammlungen auch tatsächlich einmal im Quartal stattfinden und dass weitere Betriebsversammlungen zu einem Zeitpunkt stattfinden, an dem ihre Durchführung angesichts des vorgesehenen Themenkreises noch sinnvoll erscheint. Es handelt sich dabei jeweils um eine Befriedigungsverfügung. Auch wenn nur über den Zeitpunkt der Betriebsversammlung gestritten wird, so ist doch zu beachten, dass die Betriebsversammlung im Falle einer Untersagung exakt an diesem Termin nicht stattfinden kann. Bezogen auf den konkreten Termin kommt es somit zu einer endgültigen Befriedigung des arbeitgeberseitigen Unterlassungsbegehrens6. 1 ArbG Eberswalde v. 14.11.1995 – 1 BVGa 4/95. 2 Walker, Rz. 804. 3 S. aber LAG Berlin-Brandenburg v. 8.4.2011 – 9 TaBV 2765/10, wonach die Grundsätze des BAG in der Entscheidung v. 17.3.2010 – 7 ABR 95/08 zur Verneinung eines Unterlassungsanspruchs auf Verletzung der parteipolitischen Neutralität auch auf Betriebsversammlungen anwendbar sei. 4 S. hierzu im Einzelnen Richardi/Annuß § 44 Rz. 18 ff. 5 Ebmeier/Schöne, Rz. 457. 6 Vgl. Walker, Rz. 805 f. einschränkend für den Fall, dass der Betriebsrat wegen eines konkreten betrieblichen Ereignisses ein Interesse an der alsbaldigen Terminierung einer zusätzlichen Betriebsversammlung hat.

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K Rz. 61

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Bei der zeitlichen Lage der Betriebsversammlung ist zu beachten, dass Vollversammlungen innerhalb der Arbeitszeit grundsätzlich Vorrang vor anderen haben1. d) Personenkreis 61

Weitere Bedenken des Arbeitgebers können sich gegen die Auswahl der vom Betriebsrat eingeladenen Personen ergeben. Zunächst ist auch hier auf das Teilnahmerecht der Gewerkschaftsbeauftragten hinzuweisen. Hier kann der Arbeitgeber in Ausnahmefällen verlangen, dass ein bestimmter Gewerkschaftsbeauftragter, dessen Auftreten etwa bei vorangegangenen Betriebsversammlungen zu tumultartigen Szenen geführt hat, nicht auftritt. Auch gegen andere eingeladene Personen, wie etwa Politiker, können Einwände erhoben werden. Dabei ist aber grundsätzlich die Freiheit des Betriebsrates bei der Auswahl der einzuladenden Personen zu beachten. Die Ausnahmen sind vom Arbeitgeber substantiiert darzulegen und glaubhaft zu machen.

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Verweigert der Arbeitgeber einem Gewerkschaftsbeauftragten den Zutritt, können sowohl der Betriebsrat als auch die im Betrieb vertretene Gewerkschaft eine Eilmaßnahme beantragen2. Die Antragsbefugnis des Betriebsrates ergibt sich daraus, dass er durch die fehlende Teilnahme eines Gewerkschaftssekretärs in der Erfüllung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben eingeschränkt werden kann. Der konkret betroffene Gewerkschaftssekretär ist weiterer Beteiligter.

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Eine gewerkschaftliche Werbung durch Aufstellen von Informationstafeln in den Vorräumen der Betriebsversammlung gehört zu der gem. Art. 9 Abs. 3 GG zulässigen Mitgliederwerbung und kann nicht vom Arbeitgeber verhindert werden3. Eine Gewerkschaft ist auch dann im Betrieb vertreten, wenn der Arbeitgeber nach Bekanntwerden der Betriebsratswahlinitiative sämtlichen namentlich benannten Gewerkschaftsmitgliedern außerordentlich kündigt, jedenfalls insofern noch Kündigungsschutzverfahren über die Rechtswirksamkeit der Kündigungen anhängig sind4. Wenn eine nicht tariffähige Arbeitnehmerkoalition zu Zwecken der Mitgliederwerbung Zutritt zu den Vorräumen einer Betriebsversammlung begehrt, ist ein solcher Anspruch gegen den Arbeitgeber und nicht gegen den Betriebsrat zu richten. Das gilt unabhängig davon, ob die Betriebsversammlung im Betrieb oder außerhalb stattfindet5.

1 ArbG Essen v. 14.4.2011 – 2 BVGa 3/11; ArbG Darmstadt v. 7.5.2009 – 7 BVGa 13/09 m. Anm. Bertzbach jurisPR-ArbR 33/2009 Anm. 4. 2 DKKW/Berg, § 46 Rz. 13. 3 LAG Hamm v. 17.3.2005 – 10 TaBV 51/05. 4 ArbG Aachen v. 8.11.2012 – 9 BVGa 11/12. 5 BAG v. 22.5.2012 – 1 ABR 11/11.

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Betriebsversammlungen

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Rz. 67 K

e) Initiative des Betriebsrats In bestimmten Fällen kann auch der Betriebsrat in die Lage kommen, 64 hinsichtlich einer durchzuführenden Betriebsversammlung die Initiative ergreifen zu müssen. Dies kann zum einen die Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten betreffen. Hat der Betriebsrat etwa bereits zu einer Betriebsversammlung eingeladen und erklärt der Arbeitgeber kurz zuvor, den Raum doch nicht zur Verfügung stellen zu wollen, kann er mittels einstweiliger Verfügung hierzu verpflichtet werden. Allein die theoretische Möglichkeit, dass der Betriebsrat auf Kosten des Arbeitgebers auch Räume anmieten könnte, ist nicht geeignet, einem Verfügungsgrund entgegenzustehen, da dies erhebliche organisatorische Aufwendungen erfordert und nicht jeder Vermieter bereit ist, ohne Kostenzusage des Arbeitgebers eine Versammlungsstätte an den vermögenslosen und nicht rechtsfähigen Betriebsrat zu vermieten. Wenn jedoch objektiv keine Möglichkeit besteht, die Betriebsversamm- 65 lung in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers stattfinden zu lassen, kann der Betriebsrat auch einen Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses für die Anmietung geeigneter Räumlichkeiten haben. Der Anspruch auf Freistellung von diesen Kosten kann hingegen nicht im Verfügungsverfahren durchgesetzt werden, denn dabei handelt es sich um eine Willenserklärung, die nur durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung ersetzt werden kann (§ 894 Abs. 1 ZPO). Dem Anspruch auf Kostenvorschuss kann nicht entgegengehalten werden, dass die zur Teilnahme vorgesehenen Mitglieder finanziell in der Lage wären, die Kosten vorzustrecken. Es ist vielmehr eine strenge Trennung zwischen dem vermögenslosen Betriebsrat und seinen Mitglieder vorzunehmen. Diese sind nicht verpflichtet, dem Kollegialorgan ein Darlehen zu gewähren, weil der Arbeitgeber die Kostenübernahme verweigert. Dieser Streit muss zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ausgetragen werden1. Weiter kann der Betriebsrat einen mittels einstweiliger Verfügung durch- 66 setzbaren Informationsanspruch haben, um die Belegschaft auf der Versammlung etwa über einen geplanten Personalabbau unterrichten zu können2. Ferner kommt der einstweilige Rechtsschutz für den Betriebsrat in Be- 67 tracht, wenn der Arbeitgeber eine Art Konkurrenzveranstaltung zur Betriebsversammlung veranstaltet, um deren Teilnehmerzahl möglichst gering zu halten. Der Betriebsrat hat gegen die unberechtigte Durchführung einer solchen Versammlung einen Unterlassungsanspruch, ohne 1 Vgl. LAG Schleswig-Holstein v. 21.10.2003 – 2 TaBV 19/03, das wegen dieser Trennung Aufwendungsersatzansprüche des Betriebsratsmitglieds als nicht von einer allgemeinen Ausgleichsklausel erfasst ansieht; a.A. LAG Hamm v. 8.7.2005 – 13 TaBV 119/05. 2 Vgl. Herbst/Bertelsmann, Rz. 330 unter Hinweis auf ArbG Hamburg v. 2.7.1982 – 15 GaBV 3/82 und ArbG Wilhelmshaven v. 28.2.1983 – 1 BVGa 1/83, n.v.; kritisch hierzu LAG Hamm v. 29.4.2011 – 10 TaBVGa 3/11.

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K Rz. 68

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

dass es sich um einen groben Verstoß des Arbeitgebers gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten gem. § 23 Abs. 3 BetrVG handeln muss1. 4. Streitwert 68

Der Gegenstandswert ist in diesen Fällen mangels näherer Konkretisierbarkeit des Interesses auf den Hilfsstreitwert von 5000 t festzusetzen.

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Muster 66 Einstweilige Verfgung auf Duldung der Teilnahme eines Gewerkschaftsvertreters an der Betriebsversammlung An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten 1. Gewerkschaft …, vertreten durch den Vorstand, – Antragstellerin und Beteiligte zu 1) – 2. Betriebsrat der X-GmbH …, vertreten durch den Vorsitzenden, – Beteiligter zu 2) – Verfahrensbevollmchtigter: … gegen die X-GmbH … – Beteiligte zu 3) – und dem weiteren Beteiligten (konkret betroffener Gewerkschaftssekretr) – Beteiligter zu 4) – zeige ich an, die Antragstellerin zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, im Wege der einstweiligen Verfgung: 1. Der Beteiligten zu 3) wird im Wege der einstweiligen Verfgung aufgegeben, den Zugang des Gewerkschaftssekretrs … der Gewerkschaft … zur Betriebsversammlung der Antragsgegnerin am … im Betrieb … (nhere Bezeichnung) zu dulden.

1 ArbG Darmstadt v. 6.5.1996 – 4 BVGa 14/96.

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Betriebsversammlungen

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Rz. 69 K

2. Fr jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nr. 1 wird der Beteiligten zu 3) ein Ordnungsgeld bis zu 10 000 b angedroht. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Die Beteiligte zu 1) ist eine im Betrieb der Beteiligten zu 3) vertretene Gewerkschaft. Ihr gehçrt mindestens ein Arbeitnehmer des Betriebs an, der nicht zu den leitenden Angestellten i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG zhlt. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Mitgliedes der Antragstellerin … (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Die Beteiligte zu 3) ist ein Unternehmen der …-Branche, der Beteiligte zu 2) der bei ihr gebildete …kçpfige Betriebsrat. Der Beteiligte zu 2) hat fr den … die regelmßige Betriebsversammlung fr das … Quartal … anberaumt. Glaubhaftmachung: Einladungsschreiben, in Ablichtung anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden. Am … teilte die Antragstellerin der Beteiligten zu 3) mit, dass sie im Betrieb vertreten ist und durch ihren Gewerkschaftssekretr, den Beteiligten zu 4), … an der fr den … angesetzten Betriebsversammlung teilnehmen will. Daraufhin behauptete die Beteiligte zu 3) mit Schreiben vom …, dass es am Nachweis der Vertretung im Betrieb fehle und ihm der Zutritt nicht gestattet werde. Glaubhaftmachung: Vorlage des Schreibens vom …, in Ablichtung anbei. Der Verfgungsanspruch ergibt sich aus § 46 Abs. 1 BetrVG. Der Verfgungsgrund ergibt daraus, dass die Antragstellerin nicht darauf verwiesen werden kann, den Anspruch im Hauptsacheverfahren geltend zu machen, da dieses nicht bis zur Betriebsversammlung am … rechtskrftig beendet sein wird. Eine Verschiebung derselben allein wegen der rechtswidrigen Weigerung der Beteiligten zu 3) ist jedoch nicht zumutbar. Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … beschlossen, das vorliegende Verfahren einzuleiten und den Unterzeichner damit zu beauftragen.

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K Rz. 70

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Glaubhaftmachung: Vorlage des Protokolls, in Ablichtung anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden, im Original anbei. Unterschrift

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Muster 67 Einstweilige Verfgung auf Untersagung einer Betriebsversammlung An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten X-GmbH … – Antragstellerin und Beteiligte zu 1) – – Verfahrensbevollmchtigter: und dem Betriebsrat der X-GmbH … – Beteiligter zu 2) – sowie den Betriebsratsmitgliedern … – Beteiligte zu 3) bis … – zeige ich an, die Antragstellerin zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Den Beteiligten zu 2) bis … wird untersagt, am … eine Betriebsversammlung abzuhalten1. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Beteiligte zu 2) ist der bei der Antragstellerin gebildete Betriebsrat, die Beteiligten zu 3) bis … dessen Mitglieder. Im laufenden Quartal hat bereits 1 In geeigneten Fällen kann auch beantragt werden, dem Betriebsrat aufzugeben, die Betriebsversammlung als Teilversammlung abzuhalten, s. Diller in Bauer/ Lingemann/Diller/Haußmann, Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht, Kap. 34 Muster 34.1.

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Betriebsversammlungen

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Rz. 70 K

eine regelmßige Betriebsversammlung stattgefunden. Der Betriebsrat hat fr den … zu einer weiteren Betriebsversammlung im Betrieb der Antragstellerin eingeladen. Glaubhaftmachung: Vorlage des Einladungsschreibens, in Ablichtung als Anlage K1 anbei. Eine Aufforderung der Antragstellerin, die Betriebsversammlung abzusagen, wurde vom Betriebsrat abgelehnt. Glaubhaftmachung: Vorlage des Schriftwechsels, in Ablichtung als Anlage K2 und K3 anbei. Die Durchfhrung dieser weiteren Betriebsversammlung wre rechtswidrig, denn es besteht keinerlei Grund oder Anlass hierfr. Eine solche weitere Betriebsversammlung muss aus besonderen Grnden zweckmßig erscheinen. Zwar hat der Betriebsrat hierbei einen weiten Ermessensspielraum. Auch bei einer eingeschrnkten gerichtlichen Kontrolle ist jedoch offenkundig, dass die geplante Betriebsversammlung vollkommen unnçtig ist. Wie sich aus der Einladung ergibt, sollen dort im Wesentlichen allgemeine Fragen behandelt werden, die auch auf der nchsten regelmßigen Betriebsversammlung besprochen werden kçnnen und teilweise bereits auf der vorangegangenen abgehandelt wurden. (Nhere Darlegung und Glaubhaftmachung. (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Daher hat die Antragstellerin einen Anspruch darauf, dass die Durchfhrung der geplanten Versammlung untersagt wird. Eine Einflussnahme ohne Inanspruchnahme des Gerichts ist nicht mçglich, weil der Betriebsrat zu der Versammlung einldt und der Arbeitgeber faktisch keine direkte Mçglichkeit zur Verhinderung hat. Der Verfgungsgrund ergibt sich daraus, dass ein Hauptsacheverfahren bis zu der geplanten Versammlung nicht mehr durchfhrbar ist. Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … beschlossen, das vorliegende Verfahren einzuleiten und den Unterzeichner damit zu beauftragen. Glaubhaftmachung: Vorlage des Protokolls, in Ablichtung anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden, im Original anbei. Unterschrift

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K Rz. 71

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Muster 68 Antrag auf Kostenvorschuss des Betriebsrats fr die Anmietung eines Raumes fr eine Betriebsversammlung An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten Betriebsrat … – Beteiligter zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: und X-GmbH – Beteiligte zu 2) – zeige ich an, den Beteiligten zu 1) zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 1) einen Auslagenvorschuss i.H.v. 10 000 b fr die vom Antragsteller fr die Anmietung einer Versammlungshalle fr die auf den … festgesetzte Betriebsversammlung zur Verfgung zu stellen. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller und Beteiligte zu 1) ist der bei der Beteiligten zu 2) (Arbeitgeberin) gebildete Betriebsrat. Die Arbeitgeberin beschftigt 218 Mitarbeiter. Bislang wurden keine Betriebsversammlungen abgehalten. Der Antragsteller hat in seiner Sitzung am … beschlossen, die ordentliche Betriebsversammlung fr das … Quartal dieses Jahres am … stattfinden zu lassen. Glaubhaftmachung: Vorlage des Protokolls der Betriebsratssitzung, in Ablichtung als Anlage 1 anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Vorsitzenden des Antragstellers als Anlage 2 anbei. (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit

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Betriebsversammlungen

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Rz. 71 K

Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Der Antragsteller hat mehrere Angebote fr die Anmietung eines geeigneten Raumes eingeholt. Dabei war das Angebot der Stadthalle mit 10 000 b das Gnstigste. Glaubhaftmachung: Vorlage der Angebote, in Ablichtung als Anlagenkonvolut 3 anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Vorsitzenden des Antragstellers als Anlage 2 anbei. Die Arbeitgeberin wurde mit Schreiben vom … hierber in Kenntnis gesetzt und gebeten, eine entsprechende Kostenbernahmeerklrung abzugeben. Hierauf erfolgte keine Reaktion. Daraufhin hat der Antragsteller in seiner Sitzung am … beschlossen, das vorliegende Beschlussverfahren einzuleiten und die Verfahrensbevollmchtigten mit der Vertretung zu beauftragen. Glaubhaftmachung: Vorlage des Protokolls der Betriebsratssitzung, in Ablichtung als Anlage 1 anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Vorsitzenden des Antragstellers als Anlage 2 anbei. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf diese Kosten, denn gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat in jedem Kalendervierteljahr eine Betriebsversammlung stattzufinden. Gemß § 40 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber die Kosten der Betriebsratsttigkeit zu tragen, wozu auch die Sachkosten der Betriebversammlung gehçren, denn der Betriebsrat hat die Versammlung einzuberufen. Der Betriebsrat hat auch alle vorhandenen Angebote recherchiert und das gnstigste ausgewhlt. Es besteht auch ein Verfgungsgrund (Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil K Rz. 65). Das Kalendervierteljahr ist fast zu Ende, so dass bei Durchfhrung des regulren Beschlussverfahrens ber zwei Instanzen (im Beschlussverfahren ist erst die rechtskrftige Entscheidung vollstreckungsfhig) die Versammlung erst in etwa einem halben Jahr stattfinden kçnnte. Dies widersprche der gesetzlichen Vorschrift (ggf. darlegen, warum besonders dringende Themen gerade zeitnah besprochen werden mssen, und diesen Sachvortrag glaubhaft machen). Der Beteiligte zu 2) hatte genug Zeit, sich auf das Begehren einzulassen und hat durch sein Verhalten die jetzige Eilbedrftigkeit herbeigefhrt. berdies ist die Rechtslage eindeutig. Je unzweifelhafter der Verfgungsanspruch besteht, desto geringere Anforderungen sind an den Verfgungsgrund zu stellen. Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … beschlossen, das vorliegende Verfahren einzuleiten und den Unterzeichner damit zu beauftragen. Glaubhaftmachung: Vorlage des Protokolls, in Ablichtung anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden, im Original anbei. Unterschrift

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K Rz. 72

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

VI. Einstweilige Verfügung des Wahlvorstandes 1. Auskunftserteilung 72

Der Wahlvorstand muss die für die vorgesehene Betriebsratswahl entsprechende Vorbereitung treffen, wobei ihn der Arbeitgeber zu unterstützen hat. Gemäß § 2 Abs. 2 WO muss er dem Wahlvorstand alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte erteilen und ihm auch Unterlagen zur Verfügung stellen. Der Arbeitgeber darf die Auskunft nur verweigern, wenn die angestrebte Wahl voraussichtlich nichtig wäre; eine Verkennung des Betriebsbegriffs reicht hierfür nicht aus1. Dabei handelt es sich um eine Liste mit Familiennamen, Vornamen, Gruppenzugehörigkeit und Eintrittsdatum der Arbeitnehmer. Ein besonderes Problem ist der Anspruch auf Mitteilung der Privatanschriften der Arbeitnehmer an den Wahlvorstand. Dies ist datenschutzrechtlich unbedenklich, da die Adressen einer besonderen Rechten und Pflichten unterliegenden betriebsverfassungsrechtlichen Institution zur Verfügung gestellt werden2. Der Anspruch besteht jedenfalls bei den Arbeitnehmern, die voraussichtlich zum Zeitpunkt der Wahl nicht im Betrieb sein werden. Dies sind zum einen die Personen, bei denen dies aufgrund der Eigenarten ihrer Tätigkeit typischerweise der Fall ist, wie Außendienstmitarbeiter, Telearbeitnehmer und Heimarbeiter3. Darüber hinaus sind die Adressen der Arbeitnehmer mitzuteilen, die aus anderen Gründen (Krankheit, Urlaub, Elternzeit etc.) voraussichtlich nicht persönlich ihre Stimme abgeben werden und dies bereits bekannt ist. Auch wenn die Arbeitnehmer die Übersendung der Briefwahlunterlagen beantragt haben, muss dem Wahlvorstand deren Privatanschrift mitgeteilt werden.

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Zweifelhaft ist, ob der Wahlvorstand auch einen Anspruch auf Übermittlung aller Privatanschriften hat. Hiergegen bestehen Bedenken, denn die Briefwahl ist die an die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 und 3 WO gebundene Ausnahme von der persönlichen Stimmabgabe. Daher ist die Privatanschrift der sonstigen Arbeitnehmer keine erforderliche Auskunft i.S.v. § 2 Abs. 2 Satz 1 WO. Bei der Frage, ob ein Arbeitnehmer voraussichtlich nicht persönlich zur Wahl erscheinen kann, ist jedoch ein großzügiger Maßstab anzulegen. 1 LAG Schleswig-Holstein v. 2.4.2014 – 3 TaBVGa 2/14; LAG Sachsen-Anhalt v. 6.3.2008 – 7 TaBVGa 1/08; ähnlich LAG Schleswig-Holstein v. 7.4.2011 – 4 TaBVGa 1/11; s. hierzu Düwell, jurisPR-ArbR 27/2014 Anm. 5; vgl. LAG Hamm v. 30.3.2010 – 13 TaBV 8/10; s. weiter LAG Nürnberg v. 8.2.2011 – 8 TaBVGa 17/10: Steht die Verkennung des Betriebsbegriffs durch den Wahlvorstand nicht mit größter Wahrscheinlichkeit fest, so haben die Unternehmen, die nach Ansicht des Wahlvorstands einen gemeinsamen Betrieb führen, die benötigten Auskünfte zur Erstellung der Wählerliste zu geben und Hess. LAG v. 7.8.2008 – 9 TaBVGa 188/08. 2 LAG Hess. v. 10.2.1981 – 4 TaBV 61/80; LAG Baden-Württemberg v. 30.10.1992 – 1 TaBV 2/92. 3 Jäger/Röder/Heckelmann/Merten, Praxishandbuch Betriebsverfassungsrecht, § 3 Rz. 127.

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Einstweilige Verfgung des Wahlvorstandes

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Rz. 75 K

Zur Geltendmachung des Anspruches auf Mitteilung der Privatanschrif- 74 ten bedarf es keines Beschlusses des Wahlvorstandes, sondern diese Vorbereitungshandlung liegt in der Hand des Vorsitzenden1. Allerdings muss der Wahlvorstand den Beschluss fassen, beim ArbG eine einstweilige Verfügung auf Auskunftserteilung zu beantragen (s. hierzu H Rz. 14). Der Anspruch auf Vorlage einer Mitarbeiterliste gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 WO ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber der Auffassung ist, die Einrichtungen des Arbeitgebers stellten keinen betriebsratsfähigen Betrieb dar2 oder der Wahlvorstand verkenne den Betriebsbegriff. Dies gilt jedenfalls solange, wie der Wahlvorstand nicht eklatant unter Missachtung der Gesetzeslage handelt. Der Arbeitgeber ist insoweit auf ein Wahlanfechtungsverfahren bzw. auf das Verfahren nach § 18 Abs. 2 BetrVG zu verweisen3. Eine Auskunftspflicht hinsichtlich der Personen, die keine Arbeitnehmer sind, besteht jedoch nicht4, ebenso wenig eine Verpflichtung zur Übersendung an die Gewerkschaft5. Der Verfügungsgrund ergibt sich daraus, dass der Wahlvorstand gehalten ist, die Wahl unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, einzuhalten und durchzuführen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Eine nach Durchführung des Hauptsacheverfahrens auf Auskunftserteilung durchgeführte Wahl wäre aber nicht mehr unverzüglich nach diesem Sinne6. Antragsbefugt ist der Wahlvorstand, Antragsgegner der Arbeitgeber. Weitere Personen sind nicht zu beteiligen. Auf der anderen Seite hat auch der Arbeitgeber ein Einsichtsrecht in die 75 Wahlakten. Dies folgt aus der Aufbewahrungspflicht des Betriebsrats bis zum Ende seiner Amtszeit (§ 19 WO). Das Einsichtsrecht besteht ohne Darlegung eines besonderen Interesses und unabhängig von einem Wahlanfechtungs- oder Nichtigkeitsverfahrens. Vielmehr soll dem Arbeitgeber Gelegenheit gegeben werden, durch das Erkennen von Fehlern bei der vergangenen Wahl auf eine Vermeidung derselben bei der künftigen Wahl hinzuwirken7. Das Einsichtsrecht bezieht sich jedoch grundsätzlich nicht auf Bestandteile der Wahlakten, die Rückschlüsse auf das Wahlverhalten einzelner Arbeitnehmer zulassen. Dies ist nur zulässig, wenn der Arbeitgeber im Verfahren dargelegt hat, dass die Einsichtnahme gerade dieser Aktenbestandteile zur Überprüfung des ordnungsgemäßen Wahlausgangs nötig ist8.

1 2 3 4 5 6

Vgl. LAG Baden-Württemberg v. 30.10.1992 – 1 TaBV 2/92. LAG Hamm v. 14.3.2005 – 10 TaBV 31/05. ArbG Nürnberg v. 29.11.2001 – 6 BVGa 8/01. ArbG Augsburg v. 27.4.1988 – 1 BVGa 4/88. LAG Hamburg v. 16.1.1992 – 2 TaBV 10/91. LAG Hamm v. 14.3.2005 – 10 TaBV 31/05 unter II 2b der Entscheidungsgründe; dort auch unter II 1b zur Zulässigkeit, obwohl über die Anfechtung einer vorangegangenen Wahl noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. 7 BAG v. 22.7.2005 – 7 ABR 54/04. 8 BAG v. 22.7.2005 – 7 ABR 54/04.

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K Rz. 76

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

In prozessualer Hinsicht ist Folgendes zu beachten: Wenn im anhängigen Verfahren lediglich eine Entscheidung darüber ergeht, ob der Arbeitgeber eines Gemeinschaftsbetriebes gegenüber dem Wahlvorstand die zur Erstellung der Wählerlisten erforderlichen Angaben machen muss, sind der im Gemeinschaftsbetrieb gebildete Betriebsrat und die im Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Unternehmen nicht in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen und somit nicht zu beteiligen1. 2. Zugang zum Betrieb 76

Weiter kommt im Zusammenhang mit Betriebsratswahlen ein Antrag auf einstweilige Verfügung in Betracht, mit dem der Wahlvorstand den Zugang zum Betrieb begehrt. Dies kann insbesondere dann bedeutsam werden, wenn Mitglieder des Wahlvorstandes vor ihrer Bestellung gekündigt wurden und bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der Arbeitsleistung freigestellt wurden. Unabhängig davon, ob sie für diesen Zeitraum einen Beschäftigungsanspruch aus dem Arbeitsverhältnis haben, müssen sie in der Lage sein, ihr Amt als Mitglied des Wahlvorstandes wahrzunehmen2. Ein vom Arbeitgeber erteiltes Hausverbot ist im Hinblick auf die organschaftliche Tätigkeit des Arbeitnehmers unwirksam. Der Verfügungsgrund ergibt sich auch hier aus dem Umstand, dass der Wahlvorstand die Wahl unverzüglich durchzuführen hat.

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Antragsbefugt ist das betroffene Mitglied des Wahlvorstandes, Antragsgegner der Arbeitgeber. Der Wahlvorstand ist weiterer Beteiligter3.

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Auch der einzelne Wahlbewerber hat einen Anspruch auf Zugang zum Betrieb, zumindest zum Zwecke der Wahlwerbung. Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt worden ist und der Wahlbewerber eine nicht völlig aussichtslose Kündigungsschutzklage erhoben hat. Zwar sind gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur wahlberechtigte Arbeitnehmer wählbar. Da aber durch die im Ergebnis offene Kündigungsschutzklage nicht feststeht, ob der Betreffende tatsächlich nicht mehr zu diesem Personenkreis gehört und eine Manipulation durch den Ausspruch von Kündigungen verhindert werden soll, hat der Bewerber das passive, nicht aber das aktive Wahlrecht4. Daher hat er auch einen eigenen, von ihm selbst im Beschlussverfahren durchsetzbaren Anspruch auf Zugang zum Betrieb. Dieser ist auf den Zeitraum begrenzt, der für die Durchführung von Wahlwerbung erforderlich ist5. Der Verfügungsgrund ergibt sich daraus, dass das Hauptsacheverfahren nicht bis zur Durchführung der 1 2 3 4 5

LAG Hamm v. 15.3.2010 – 10 TaBVGa 5/10. Vgl. LAG Düsseldorf v. 22.2.1977 – 11 TaBV 7/77. Herbst/Bertelsmann, Arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren, Rz. 751. H.M., LAG Hamm v. 6.5.2002 – 10 TaBV 53/02 – m.w.N. LAG Hamm v. 6.5.2002 – 10 TaBV 53/02 hat zwei Stunden in der Zeit von 5 Uhr bis 13.30 Uhr für ausreichend angesehen.

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Einstweilige Verfgung des Wahlvorstandes

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Rz. 79 K

Wahl abgeschlossen sein wird. Beteiligt sind nur der Wahlbewerber und der Arbeitgeber1. Die Einladung zu einer Betriebsversammlung, welche das Ziel der Wahl eines Wahlvorstandes für einen Betriebsrat hat, gehört zu den im Betriebsverfassungsgesetz genannten Aufgaben bzw. Befugnisse einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft i.S.d. § 2 Abs. 2 BetrVG. Daraus folgt zweierlei: Zum einen hat der Gewerkschaftssekretär der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft einen mittels einstweiliger Verfügung durchsetzbaren Anspruch auf Zutritt zu den Räumlichkeiten des Arbeitgebers, um eine Einladung zu einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes auszuhängen2. Zum anderen hat der Wahlvorstand das Recht, Beauftragte der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft als Berater zur Begleitung und Unterstützung der Betriebsratswahl zu seinen Sitzungen hinzuzuziehen. Dieses Zugangsrecht der Gewerkschaft zu den Betriebsräumen kann der Arbeitgeber nicht dadurch abwehren, dass er dem Wahlvorstand und der Gewerkschaft anbietet, die Sitzungen außerhalb des Betriebsgeländes durchzuführen. Der Wahlvorstand kann seinen Aufgaben regelmäßig nur dann ordnungsgemäß nachkommen, wenn er seine Sitzungen im Betrieb durchführt3 Lädt die Gewerkschaft zur Betriebsversammlung ein, hat sie bei der Arbeitgeberin die Überlassung eines geeigneten Betriebsraums zu verlangen und muss im Verweigerungsfall sogar eine darauf gerichtete einstweilige Verfügung erwirken4. 3. Sonstiges Ein Wahlvorstand kann erforderlichenfalls auch im Eilverfahren durch 79 das Gericht bestellt werden. Für die Zulässigkeit einer solchen Gestaltungsverfügung gelten die allgemeinen Grundsätze für die Zulässigkeit einer Befriedungsverfügung. Wenn eine Gewerkschaft gem. § 16 Abs. 2 Satz 3 BetrVG die Bestellung ausschließlich betriebsfremder Gewerkschaftsmitglieder beantragt hat, so ist das Gericht nach Auffassung des LAG München auch im Eilverfahren gem. § 308 Abs. 1 ZPO an diesen Antrag gebunden und nicht gem. § 938 Abs. 1 ZPO befugt, ausschließlich oder teilweise betriebsangehörige Arbeitnehmer zu bestellen5. Die Eilbedürftigkeit für einen solchen Antrag kann sich auch daraus ergeben, dass eine Betriebsänderung unmittelbar bevorsteht oder der Arbeitgeber unzulässigen Druck auf die Beschäftigten ausübt, um eine Betriebsratswahl zu verhindern6. Ein vom ArbG eingesetzter Wahlvorstand darf aber erst tätig werden und die Betriebsratswahl durchführen, wenn der Bestel1 2 3 4 5 6

Vgl. LAG Hamm v. 6.5.2002 – 10 TaBV 53/02. LAG Rheinland-Pfalz v. 11.1.2013 9 TaBVGa 2/12. LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 11.11.2013 – 5 TaBVGa 2/13. LAG Hamm v. 12.4.2013 – 13 TaBV 64/12. LAG München v. 20.4.2004 – 5 TaBV 18/04. ArbG Weiden v. 7.12.2012 – 3 BVGa 2/12.

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K Rz. 80

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

lungsbeschluss rechtskräftig ist. Handlungen, die der Wahlvorstand vor seiner rechtskräftigen Bestellung vornimmt, sind unwirksam1. Streiten zwei auf unterschiedliche Weise entstandene Wahlvorstände in einem Unternehmen um die Berechtigung zur Durchführung einer Betriebsratswahl, kann im Wege der einstweiligen Verfügung ein korrigierender gerichtlicher Eingriff erreicht werden, der erforderlichenfalls den Abbruch eines bereits begonnenen Wahlverfahrens bewirken kann. Letzteres ist der Fall, wenn ein Wahlvorstand von einem ohne wirksame Rechtsgrundlage gebildeten „Übergangsbetriebsrat“ bestellt worden ist2. Existiert bereits ein Wahlvorstand und reklamiert dann ein zweiter Wahlvorstand für sich, die Betriebsratswahl durchzuführen, kann diesem durch einstweilige Verfügung seine Tätigkeit verboten werden. Dabei gilt das Prioritätsprinzip: Ist bereits zu einer Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 2 BetrVG eingeladen worden, ist die Wahl eines zweiten Wahlvorstandes auf einer anderen (späteren) Versammlung nichtig3. Wird vom Gericht ein neuer Wahlvorstand bestellt, darf er nicht vor Rechtskraft dieser Entscheidung tätig werden und kann bis dahin vom Arbeitgeber durch einstweilige Verfügung daran gehindert werden4, weil der bislang amtierende Wahlvorstand sein Amt so lange behält, bis ein neuer rechtskräftig eingesetzt worden ist5. 80

Wenn eine vom Arbeitgeber eingesetzte Mitarbeiterversammlung allein dazu dient, die bevorstehende Betriebsratswahl zu beeinflussen, hat der Wahlvorstand einen Anspruch auf deren Unterlassung. Diesen Anspruch kann er mit einer einstweiligen Verfügung durchsetzen6. Eine einstweilige Verfügung auf Ergänzung eines funktionsunfähigen Wahlvorstandes ist nicht möglich7. Grundsätzlich kann auch der Arbeitgeber einstweiligen Rechtsschutz gegen den Wahlvorstand in Anspruch nehmen. So wurde der Abbruch einer Betriebsratswahl durch einstweilige Verfügung durchgesetzt, weil die Einleitung und Durchführung der Betriebsratswahl deswegen fehlerhaft ist, weil eines der drei Wahlvorstandsmitglieder nicht die erforderliche Mehrheit der auf der zur Wahl des Wahlvorstands einberufenen Betriebsversammlung anwesenden Arbeitnehmer erhalten hat und eine Nachwahl nicht stattgefunden hat. Hier handelte es sich nach Ansicht des LAG München um eine Wahl ohne Wahlvorstand, die im Fall ihrer Durchführung nichtig gewesen wäre8. 1 LAG Hamm v. 14.8.2009 – 10 TaBVGa 3/09. 2 LAG Köln v. 10.3.2000 – 13 TaBV 9/00. 3 LAG Düsseldorf v. 25.6.2003 – 12 TaBV 34/03 unter II 3 der Entscheidungsgründe unter Berufung auf LAG Hess. v. 5.4.2002 – 9 TaBVGa 61/02. 4 LAG Niedersachsen v. 4.12.2003 – 16 TaBV 91/03. 5 BAG v. 25.9.1986 – 6 ABR 68/84. 6 ArbG Regensburg v. 6.6.2002 – 6 BVGa 6/02 S, AiB 2003, 554 m. zust. Anm. Müller. 7 LAG Köln v. 29.5.2013 – 3 TaBVGa 3/13; s. zur wirksamen Bestellung des Wahlvorstandes LAG Nürnberg v. 17.5.2013 – 5 TaBVGa 2/13. 8 LAG München v. 16.8.2008 – 11 TaBV 50/08.

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Einstweilige Verfgung des Wahlvorstandes

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Rz. 82 K

Bei einem Streit über die Wirksamkeit der Bestellung des Wahlvorstandes reicht aber die Verkennung des Betriebsbegriffs nicht für eine einstweilige Verfügung aus1. Eine solche ist auch nicht zulässig, wenn sie auf Feststellung der Unwirksamkeit der Bestellung des Wahlvorstandes gerichtet ist2. Auch lässt sich das Eilbedürfnis für die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Bestellung eines Wahlvorstandes nicht durch das vom Arbeitgeber verfolgte Ziel rechtfertigen, den Sonderkündigungsschutz zweier Mitarbeiter aus § 15 Abs. 3 KSchG auszuschließen3. Auch ein Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit eines Betriebsratsbeschlusses über die Einsetzung des Wahlvorstandes ist nicht zulässig4. Es bedeutet eine Behinderung der Betriebsratswahl, wenn der Arbeitgeber während der Zeit der geplanten Wahlversammlung eine Erste-Hilfe-Ausbildung anordnet5. Als Streitwert ist hier mangels näherer Anhaltspunkte für das Interesse 81 der Beteiligten der Hilfsstreitwert anzusetzen. Muster 69 Einstweilige Verfgung auf Auskunftserteilung ber Arbeitnehmerdaten fr die Whlerliste

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An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten Wahlvorstand der … GmbH …, vertreten durch seinen Vorsitzenden … – Antragsteller und Beteiligter zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: … und der … GmbH … – Beteiligte zu 2) –

1 LAG Hamm v. 6.9.2013 – 7 TaBVGa 7/13; LAG Schleswig-Holstein v. 5.4.2012 – 4 TaBVGa 1/12; Hess. LAG v. 7.8.2008 – 9 TaBVGa 188/08 zur Betriebsratswahl bei einer ARGE. 2 LAG Hamm v. 6.9.2013 – 1 TaBVGa 7/13; LAG Berlin-Brandenburg v. 17.3.2010 – 15 TaBVGa 34/10; a.A. LAG Nürnberg v. 30.3.2006 – 6 TaBV 19/06 und v. 15.5.2006 – 2 TaBV 29/06. 3 LAG Köln v. 19.3.2010 – 10 TaBVGa 14/09. 4 LAG Hamm v. 6.9.2013 – 7 TaBVGa 7/13; a.A. LAG Nürnberg v. 30.3.2006 – 6 TaBV 19/06 und v. 15.5.2005 – 2 TaBV 29/06. 5 ArbG Berlin v. 29.5.2009 – 16 BVGa 9922/09.

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K Rz. 82

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

zeige ich an, den Antragsteller zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, den Erlass der einstweiligen Verfgung: Der Beteiligten zu 2) wird im Wege der einstweiligen Verfgung aufgegeben, 1. eine Liste aller Beschftigten des Betriebes mit Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum, Gruppenzugehçrigkeit und Eintrittsdatum in den Betrieb zu erstellen und dem Antragsteller zu bergeben; 2. dem Antragsteller die Privatanschriften derjenigen bekannt zu geben, die im Außendienst, mit Telearbeit oder in Heimarbeit beschftigt werden oder sonst nach der Eigenart ihres Beschftigungsverhltnisses oder aus anderen Grnden zum Zeitpunkt der Wahl voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden, wobei es sich zumindest um die folgenden Personen handelt; (hier alle Arbeitnehmer auffhren, von denen der Wahlvorstand bereits weiß, dass sie nicht anwesend sein werden). 3. dem Antragsteller die Privatanschriften derjenigen bekannt zu geben, die im Betriebsteil … bzw. Kleinstbetrieb … (nher bezeichnen) beschftigt sind. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Bei dem Antragsteller handelt es sich um den Wahlvorstand im Betrieb (ggf. nher bezeichnen) der Beteiligten zu 2), in dem … Arbeitnehmer beschftigt werden. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des … (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Mit Schreiben vom … hat der Antragsteller die Beteiligte zu 2) aufgefordert, ihm die Ausknfte ber die wahlberechtigten bzw. whlbaren Arbeitnehmer fr einen Betriebsrat gem. § 2 Abs. 2 WO zu erteilen.

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Einstweilige Verfgung des Wahlvorstandes

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Rz. 82 K

Glaubhaftmachung: Vorlage des Schreibens, in Ablichtung anbei. Dieser Aufforderung ist die Beteiligte zu 2) bis heute nicht nachgekommen. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des … Der Verfgungsanspruch ergibt sich aus § 2 Abs. 2 WO i.V.m. § 18 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, wonach der Wahlvorstand fr die vorgesehene Betriebsratswahl die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen hat. Dabei hat ihn der Arbeitgeber entsprechend zu untersttzen. Gemß § 2 Abs. 2 WO muss der Arbeitgeber dem Wahlvorstand alle fr die Anfertigung der Whlerliste erforderlichen Ausknfte erteilen und ihm die notwendigen Unterlagen zur Verfgung stellen. Fr die Erstellung der Whlerliste gem. § 2 Abs. 1 WO bençtigt der Antragsteller eine Liste mit Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum, Gruppenzugehçrigkeit, Eintrittsdatum und Privatanschrift (LAG Hamm v. 14.3.2005 – 10 TaBV 31/05; LAG Baden-Wrttemberg v. 30.10.1992 – 1 TaBV 2/92). Er kann die Whlerliste nicht ohne Hilfe des Antragsgegners vollstndig und korrekt erstellen, da ihm nicht alle Wahlberechtigten persçnlich bekannt sind. Das Eintrittsdatum bençtigt der Wahlvorstand zur Feststellung, welche Arbeitnehmer gem. §§ 7, 8 BetrVG whlbar und wahlberechtigt sind. Die Privatanschrift der im Antrag zu 2. genannten, unter § 24 Abs. 2 WO fallenden Personen braucht der Wahlvorstand wegen der Zusendung der Wahlunterlagen. Die Privatanschrift der im Antrag zu 3. genannten, unter § 24 Abs. 3 WO fallenden Personen braucht der Wahlvorstand wegen der Zusendung der Wahlunterlagen. Es liegt auch ein Verfgungsgrund vor. Der Wahlvorstand ist gem. § 18 Abs. 1 BetrVG gehalten, die Wahl unverzglich einzuleiten und durchzufhren. In einem Hauptsache-(Beschluss-)Verfahren wrde es mehrere Monate dauern, bis ber den Antrag rechtskrftig entschieden ist. Die danach stattfindende Wahl wre nicht mehr unverzglich i.S.d. § 18 Abs. 1 BetrVG (Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil K Rz. 74). Dem steht auch nicht entgegen, dass die Hauptsache vorweggenommen wird. Die betriebsverfassungsrechtlichen Ansprche des Antragstellers lassen sich anders nicht sichern. Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … beschlossen, das vorliegende Verfahren einzuleiten und den Unterzeichner damit zu beauftragen. Glaubhaftmachung: Vorlage des Protokolls, in Ablichtung anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden, im Original anbei. Unterschrift

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K Rz. 83

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Muster 70 Antrag eines Mitglieds des Wahlvorstands auf Zutritt zum Betrieb An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten …, Mitglied des Wahlvorstands der … GmbH … – Antragsteller und Beteiligter zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: … und der … GmbH … – Beteiligte zu 2) – Weitere Beteiligter; Wahlvorstand der Fa. … – Beteiligter zu 3) – zeige ich an, den Antragsteller zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, den Erlass der einstweiligen Verfgung: 1. Der Beteiligten zu 2) wird im Wege der einstweiligen Verfgung aufgegeben, dem Beteiligten zu 1) bis zur Verkndung des Wahlergebnisses der diesjhrigen Betriebsratswahlen den Zutritt zum Firmengelnde der Beteiligten zu 2) zu ermçglichen. 2. Fr jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nr. 1 wird der Antragsgegnerin ein Zwangsgeld bis zu 10 000 b angedroht1. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller wurde am … in den Wahlvorstand der Beteiligten zu 2) gewhlt (ggf. nher darlegen). Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des …

1 Ein höheres Zwangsgeld als 10 000 t und Zwangshaft sind wegen der Wertung der §§ 23 Abs. 3 BetrVG, 85 Abs. 2 ArbGG nicht zulässig, BAG v. 29.4.2004 – 1 ABR 30/02 unter V der Gründe.

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Einstweilige Verfgung des Wahlvorstandes

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Rz. 84 K

(Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Mit Schreiben vom … hat die Beteiligte zu 2) das Arbeitsverhltnis mit dem Beteiligten zu 1) ordentlich zum … gekndigt und ihn gleichzeitig von der Arbeitsleistung freigestellt und ihm Hausverbot erteilt. Glaubhaftmachung: Vorlage des Schreibens, in Ablichtung anbei. Auch auf das Anwaltsschreiben vom … hat die Beteiligte zu 2) ihm den Zugang zum Betrieb nicht wieder erteilt, so dass gerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden muss. Der Antragsteller ist antragsbefugt (Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil K Rz. 76 ff.). Der Verfgungsanspruch besteht unabhngig davon, ob fr diesen Zeitraum ein Beschftigungsanspruch aus dem Arbeitsverhltnis gegeben ist. Mitglieder des Wahlvorstandes mssen in der Lage sein, ihr Amt als Mitglied des wahrzunehmen (vgl. LAG Dsseldorf v. 22.2.1977 – 11 TaBV 7/77). Das von der Beteiligten zu 2) erteilte Hausverbot ist im Hinblick auf die organschaftliche Ttigkeit des Beteiligten zu 1) unwirksam. Der Verfgungsgrund ergibt sich aus dem Umstand, dass der Wahlvorstand die Wahl unverzglich durchzufhren hat. Dies setzt eine uneingeschrnkte Handlungsfhigkeit aller Mitglieder des Wahlvorstandes voraus. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Hauptsache vorweggenommen wird. Die betriebsverfassungsrechtlichen Ansprche des Antragstellers lassen sich anders nicht sichern. Unterschrift

Muster 71 Antrag eines Wahlbewerbers auf Zutritt zum Betrieb

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An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten

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K Rz. 84

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

…, – Antragsteller und Beteiligter zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: … und der … GmbH … – Beteiligte zu 2) – zeige ich an, den Antragsteller zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, den Erlass der einstweiligen Verfgung: 1. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, den Zugang des Antragstellers zum Betrieb der Antragsgegnerin in …, zum Zwecke der Wahlwerbung bis zu den Betriebsratswahlen am … in der Zeit zwischen … Uhr und … Uhr fr eine Gesamtdauer von max. 2 Stunden zu dulden. 2. Fr jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nr. 1 wird der Antragsgegnerin ein Zwangsgeld bis zu 10 000 b angedroht1. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller ist Wahlbewerber fr ein Amt als Betriebsratsmitglied bei der fr den … im Betrieb der Beteiligten zu 2) angesetzten Betriebsratswahl (nher darlegen). Mit Schreiben vom … hat die Beteiligte zu 2) das Arbeitsverhltnis fristlos gekndigt und ihm Hausverbot erteilt. Hiergegen wurde am … Kndigungsschutzklage erhoben, die unter dem Aktenzeichen … gefhrt wird. Die Beiziehung der Akte wird angeregt. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Zugang zum Betrieb, zumindest zum Zwecke der Wahlwerbung. Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhltnis gekndigt worden ist und der Wahlbewerber eine nicht vçllig aussichtslose Kndigungsschutzklage erhoben hat. Zwar sind gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur wahlberechtigte Arbeitnehmer whlbar. Da aber durch die im Ergebnis offene Kndigungsschutzklage nicht feststeht, ob der Betreffende tatschlich nicht mehr zu diesem Personenkreis gehçrt und eine Manipulation durch den Ausspruch von Kndigungen verhindert werden soll, hat der Bewerber zumindest das passive Wahlrecht (h.M.; LAG Hamm v. 6.5.2002 – 10 TaBV 53/02 m.w.N.; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, K Rz. 76 ff.). Vorliegend ist die Kndi-

1 Ein höheres Zwangsgeld als 10 000 t und Zwangshaft sind wegen der Wertung der §§ 23 Abs. 3 BetrVG, 85 Abs. 2 ArbGG nicht zulässig, BAG v. 29.4.2004 – 1 ABR 30/02 unter V der Gründe.

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Einstweilige Verfgung des Wahlvorstandes

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Rz. 85 K

gung ausgesprochen worden, um die Wahl des Antragstellers zu verhindern (nher ausfhren). Zumindest ist die Kndigung nicht offensichtlich gerechtfertigt, denn der Antragsteller hat keinen hinreichenden Anlass zu ihrem Ausspruch gegeben. Der Verfgungsgrund ergibt sich daraus, dass das Hauptsacheverfahren nicht bis zur Durchfhrung der Wahl abgeschlossen sein wird. Unterschrift

Muster 72 Antrag des Wahlvorstandes gegen den Arbeitgeber auf Unterlassen von Behinderungen der Betriebsratswahl

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An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten Wahlvorstand der … GmbH …, vertreten durch seinen Vorsitzenden … – Antragsteller und Beteiligter zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: … und der … GmbH … – Beteiligte zu 2) – zeige ich an, den Antragsteller zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, den Erlass der einstweiligen Verfgung: 1. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, es zu unterlassen, die Arbeitnehmer am … zur Teilnahme an einer ganztgigen Mitarbeiterversammlung aufzufordern und zu erklren, wer an der Betriebsratswahl teilnehme, stimme gegen den Arbeitgeber und fr die Vernichtung von Arbeitspltzen. 2. Die Aushnge mit der Aufforderung zur Mitarbeiterversammlung abzunehmen und an den Stellen, an denen sie zurzeit hngen (nher beschreiben) in der gleichen Grçße jeweils einen Aushang anzubringen, in dem klargestellt wird, dass die Mitarbeiterversammlung nicht an diesem Tag stattfindet.

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K Rz. 85

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

3. Fr jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nr. 1 wird der Antragsgegnerin ein Zwangsgeld bis zu 10 000 b angedroht1. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Bei dem Antragsteller handelt es sich um den Wahlvorstand im Betrieb (ggf. nher bezeichnen) der Beteiligten zu 2), in dem … Arbeitnehmer beschftigt werden. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des … (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Der Beteiligte zu 1) hat am … fr den … die Betriebsratswahl angesetzt. Am Tag danach hat die Beteiligte zu 2) an den blichen Aushangstellen verkndet, dass an diesem Tag eine ganztgige Mitarbeiterversammlung stattfinde. Die Teilnahme sei Arbeitspflicht. Weiter hat der Geschftsfhrer der Beteiligte zu 2) gegenber einer Vielzahl von Arbeitnehmern erklrt (nher darlegen), dass jeder, der an der Wahl teilnehme, gegen seinen Arbeitgeber und fr die Vernichtung von Arbeitspltzen stimme, da der Unterhalt eines Betriebsrates viel zu viel koste. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des … Die Wahl eines Betriebsrats darf nicht behindert werden, § 20 BetrVG. Wenn eine vom Arbeitgeber eingesetzte Mitarbeiterversammlung allein dazu dient, die bevorstehende Betriebsratswahl zu beeinflussen, hat der Wahlvorstand einen Anspruch auf deren Unterlassung. Diesen Anspruch kann er mit einer einstweiligen Verfgung durchsetzen (Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil K Rz. 67). Die ußerungen des Geschftsfhrers verbunden mit der ungewçhnlich langen Dauer der angesetzten Mitarbeiterversammlung lassen den Schluss zu, dass diese nur zu dem genannten Zweck angesetzt wurde. Der Wahlvorstand hat in seiner Sitzung am … beschlossen, das vorliegende Verfahren einzuleiten und den Unterzeichner damit zu beauftragen.

1 Ein höheres Zwangsgeld als 10 000 t und Zwangshaft sind wegen der Wertung der §§ 23 Abs. 3 BetrVG, 85 Abs. 2 ArbGG nicht zulässig, BAG v. 29.4.2004 – 1 ABR 30/02 unter V der Gründe.

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Eingriffe in die laufende Betriebsratswahl

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Glaubhaftmachung: Vorlage des Protokolls, in Ablichtung anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Wahlvorstandsvorsitzenden, im Original anbei. Unterschrift

VII. Eingriffe in die laufende Betriebsratswahl Literatur: Korinth, Ärger bei der Betriebsratswahl – was tun, wenn die Wahl schiefläuft?, ArbRB 2006, 44; Nägele, Die Anfechtung der Betriebsratswahl, ArbRB 2006, 58; Rieble/Triskatis, Vorläufiger Rechtsschutz im Betriebsratswahlverfahren, NZA 2006, 233; Wichert/Veit, Betriebsratswahlen: Einstweilige Verfügung gegen rechtswidrige Maßnahmen des Wahlvorstands, DB 2006, 390.

1. Grundsätze Die Betriebsratswahl kann gem. § 19 BetrVG angefochten und einer recht- 86 lichen Überprüfung durch das ArbG unterzogen werden. Kommt es schon während der Durchführung der Wahl zu Meinungsverschiedenheiten über den richtigen Modus procedendi, so besteht auch die Möglichkeit, mittels einer einstweiligen Verfügung in das Wahlverfahren einzugreifen1. Hintergrund ist der Umstand, dass die lediglich fehlerhafte Betriebsratswahl zwar zur Anfechtung berechtigt, der fehlerhaft gewählte Betriebsrat jedoch zunächst bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Anfechtungsantrag im Amt bleibt2. Dieses Verfahren kann sich über einen erheblichen Teil der regulären Amtszeit des Betriebsrates erstrecken. Weiter hat der Arbeitgeber häufig ein Interesse an der möglichen Korrektur des Wahlverfahrens, um die Anfechtung durch Dritte, etwa durch Arbeitnehmer, denen versehentlich das aktive oder passive Wahlrecht nicht zuerkannt worden ist, zu vermeiden. Dabei ist auch zu beachten, dass Betriebsratswahlen in größeren Betrieben durchaus einen erheblichen Kostenfaktor darstellen und es schon von daher für die Arbeitgeberseite nicht gleichgültig ist, auf welchem Weg eine Korrektur erfolgt. 2. Antragsberechtigung, Antragsgegner Antragsberechtigt ist im Verfügungsverfahren jeder, der durch Maßnah- 87 men des Wahlvorstandes in seinem aktiven oder passiven Wahlrecht betroffen ist. Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 BetrVG für die Anfechtung (drei Wahlberechtigte) müssen nicht erfüllt sein3, so dass auch der

1 Zu den Eingriffsmöglichkeiten bei der Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat s. Raiser, MitbestG, § 22 Rz. 24 ff. 2 BAG v. 13.3.1991 – 7 ABR 5/90. 3 LAG Hamburg v. 6.5.1996 – 4 TaBV 3/96; Rieble/Triskatis, NZA 2006, 233, 237.

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K Rz. 88

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

einzelne Arbeitnehmer sein persönliches aktives und passives Wahlrecht durchsetzen kann, ohne darlegen zu müssen, dass durch seine Teilnahme das Gesamtwahlergebnis beeinflusst wird1. So können Mitglieder einer Wahlvorschlagsliste, nach einer Literaturauffassung2 sogar diese selbst, eine einstweilige Verfügung auf Aufnahme in die Vorschlagsliste gem. § 10 WO beantragen. Darüber hinaus sind gem. § 19 Abs. 2 BetrVG eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft sowie der Arbeitgeber berechtigt, das Anfechtungsverfahren durchzuführen und mittels eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in das Wahlverfahren einzugreifen. Nicht antragsberechtigt ist der alte Betriebsrat3. Jedoch kann auch ein Übergangsmandat des Betriebsrats durch einstweilige Verfügung gesichert werden4. Antragsgegner ist der Wahlvorstand, der, obwohl nicht rechtsfähig, gem. § 10 ArbGG prozessfähig ist5. Der Antrag kann jedoch daneben auch gegen die einzelnen Mitglieder des Wahlvorstandes gerichtet werden. Im Eilverfahren sind die Wahlvorstände anderer betrieblicher Organisationseinheiten – wie etwa unselbständiger Betriebsteile – nicht zu beteiligen6. 3. Verfügungsanspruch, Rechtsschutzziele 88

Die materiell-rechtlichen Fragen, um die in diesem Zusammenhang typischerweise gestritten wird, beziehen sich etwa auf die Zusammensetzung des Wahlvorstandes7, die Betriebsratspflichtigkeit eines Betriebes, Nebenbetriebes oder Betriebsteiles8, die Wahlberechtigung und Wählbarkeit der Mitarbeiter, die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder, die Repräsentierung der Arbeitnehmergruppen und die Frage, welche Personen im Einzelnen zum Kreis der leitenden Angestellten gehören. Ein Feststellungsantrag, wonach die Einsetzung des Wahlvorstandes unzulässig sein soll, ist im Eilverfahren unzulässig9.

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Die grundsätzliche Zulässigkeit von Eingriffen in die Betriebsratswahl ist nicht ernsthaft im Streit10. Umstritten ist, unter welchen Voraussetzungen einstweiliger Rechtsschutz gewährt werden kann und welchen Inhalt eine einstweilige Verfügung in diesem Zusammenhang haben kann. Als Rechtsschutzziele kommen dabei im Wesentlichen drei Möglichkeiten in Betracht:

1 2 3 4 5 6 7

Schuschke in Schuschke/Walker, § 935 Rz. 137. Münchener Prozessformularbuch Arbeitsrecht/Meier, S. 652 f. Vgl. LAG Baden-Württemberg v. 14.4.1994 – 9 TaBV 4/94. ArbG Herne v. 19.4.2001 – 4 (2) BVGa 8/01. LAG Baden-Württemberg v. 13.4.1994 – 9 TaBV 4/94. LAG Düsseldorf v. 13.3.2013 – 9 TaBVGa 5/13. S. hierzu LAG Schleswig-Holstein v. 19.3.2010 – 4 TaBVGa 5/10, Rz. 57 – keine personelle Auswechslung des Wahlvorstandes durch einstweilige Verfügung. 8 Vgl. z.B. BAG v. 29.9.1986 – 6 ABR 68/84. 9 LAG Berlin-Brandenburg v. 17.3.2010 – 15 TaBVGa 34/10. 10 S. schon BAG v. 15.12.1972 – 1 ABR 8/72.

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Eingriffe in die laufende Betriebsratswahl

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Rz. 91 K

– die Aussetzung der Wahl bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Beschlussverfahren über die streitige Rechtsfrage, – der Abbruch der Betriebsratswahl und – die Korrektur von Mängeln im Wahlverfahren vor dessen Abschluss. Eine Aussetzung der Wahl, um eine rechtskräftige Entscheidung über die 90 streitigen Rechtsfragen im Hauptsacheverfahren einzuholen, scheidet in aller Regel aus, da dies u.U. zu einer längeren betriebsratslosen Zeit führen würde. Etwas anderes kann gelten, wenn ein bereits vor Beginn der Wahl angestrengtes Beschlussverfahren etwa gem. § 18 BetrVG kurz vor dem rechtskräftigen Abschluss steht, so dass durch eine kurzzeitige Unterbrechung der Betriebsratswahl endgültig Klarheit über die entsprechenden Rechtsfragen geschaffen wird1. Der Abbruch der Betriebsratswahl, der notwendigerweise zur Neuaus- 91 schreibung führt, stellt den schwersten Eingriff in den Wahlvorgang dar. Von daher kommt er nur in Ausnahmefällen in Betracht. Der Streit, ob hierfür Voraussetzung ist, dass die Betriebsratswahl mit Sicherheit nichtig wäre, wenn sie weiter durchgeführt würde2, oder ob der Abbruch der Betriebsratswahlen auch bei Wahlfehlern möglich ist, die zwar nur zu einer Anfechtung der Wahl berechtigen, jedoch so schwerwiegend sind, dass die Anfechtung mit Sicherheit durchgreifen würde, ohne dass die Fehler noch im Wahlverfahren korrigiert werden könnten3, dürfte durch die Entscheidung des BAG v. 27.7.2011 im Sinn der erstgenannten Meinung geklärt sein4, und zwar auch bei einer außerhalb des normalen Wahlrhythmus erfolgenden Wahl5. Dies entspricht auch der hier bereits in der Vorauflage substantiierten Auffassung, wonach sich aus § 19 BetrVG der Wille des Gesetzgebers ergibt, dass bei Fehlern im Wahlverfahren, die lediglich zur Anfechtbarkeit, nicht jedoch zur Nichtigkeit der Wahl führen, es zunächst hinzunehmen ist, dass ein fehlerhaft gewählter Betriebsrat seine Amtsgeschäfte aufnimmt und so lange im Amt bleibt, bis die Unwirksamkeit der Wahl rechtskräftig festgestellt wird. Aus die-

1 LAG Hamm v. 10.4.1975 – 8 TaBV 29/75; a.A. LAG Nürnberg v. 10.4.1978 – 4 TaBV 6/78 – grundsätzlich nur Aufschub der Wahl möglich. 2 So LAG Hess. v. 5.6.1992 – 12 TaBVGa 91/92; v. 16.7.1992 – 12 TaBVGa 11/92 und v. 29.4.1997 – 12 TaBVGa 60/97: Wahl muss mit Sicherheit nichtig sein; LAG Köln v. 29.3.2001 – 5 TaBV 22/01; v. 17.4.1998 – 5 TaBV 20/98; LAG Hamburg v. 19.4.2010 – 7 TaBVGa 2/10; s. zur Nichtigkeit einer Wahl zum Betriebsrat bei einem Luftfahrtunternehmen LAG Berlin-Brandenburg v. 30.10.2009 – 6 Sa 2284/09. 3 LAG Düsseldorf v. 25.6.2003 – 12 TaBV 34/03; LAG Hamm v. 9.9.1994 – 3 TaBV 137/94 und v. 18.9.1996 – 3 TaBV 108/96; LAG Baden-Württemberg v. 16.9.1996 – 15 TaBG 10/96; Rieble/Triskatis, NZA 2006, 233, 235; vgl. weiter Hanau, Die Anfechtung der Betriebsratswahl, DB Beil. Nr. 4/1996, 9 ff. 4 BAG v. 27.7.2011 – 7 ABR 61/10; dem folgend z.B. LAG Hamm v. 6.9.2013 – 7 TaBVGa 7/13; Hess. LAG v. 20.2.2014 – 9 TaBVGa 11/14. 5 LAG Düsseldorf v. 13.3.2013 – 9 TaBVGa 5/13.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

ser gesetzgeberischen Wertung folgt, dass der vorläufige Rechtsschutz nicht weitergehen kann und daher der Abbruch der Wahl nur dann erfolgen kann, wenn die Weiterführung ein nichtiges Wahlergebnis zur Folge hätte1. Aus der Entscheidung des 7. Senats vom 27.1.19932 ergibt sich nichts anderes. Zwar heißt es dort, dass der Wahlvorstand die Wahl abbrechen und durch Erlass eines neuen Wahlausschreibens neu einleiten muss, wenn ein nicht behebbarer Fehler im Wahlverfahren aufgetreten ist (konkret ging es um eine Änderung der Wählerliste nach Ende der Einspruchsfrist). Wenn das BAG diese Pflicht auch bei Fehlern bejaht, die nicht zur Nichtigkeit der Wahl führen, führt dies nicht notwendigerweise zugleich zu einem Verfügungsanspruch. Dies folgt aus der og. gesetzgeberischen Wertung des § 19 BetrVG3. 92

Nach Ansicht des LAG Köln steht ein Wahlmangel nicht mit Sicherheit fest, wenn die wechselseitig glaubhaft gemachten entscheidungserheblichen Tatsachen streitig sind4.

93

Vorzuziehen ist aber in jedem Fall, in dem dies möglich ist, ein korrigierender Eingriff in das Wahlverfahren, mit dem erreicht wird, dass korrigierbare Mängel beseitigt werden5. Zwar ist diese Art vorläufigen Rechtsschutzes mit einer Befriedigungswirkung insofern verbunden, als die Korrektur unmittelbar auf das Wahlverfahren einwirkt. Nimmt man jedoch eine Gesamtbetrachtung vor, so wird die Vorläufigkeit einstweiligen Rechtsschutzes durch diese Maßnahme am ehesten gewährleistet. Die Aussetzung des Wahlverfahrens hat u.U. einen langen betriebsratslosen Zustand zur Folge, und der Abbruch beendet die einmal eingeleitete Betriebsratswahl endgültig. Die bloße Korrektur ermöglicht hingegen die weitere Durchführung der Betriebsratswahl unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts6. Dabei ist eine solche Korrektur nicht 1 So auch LAG Nürnberg v. 13.3.2002 – 2 TaBV 13/02; LAG Baden-Württemberg v. 20.5.1998 – 8 Ta 9/98, AiB 1998, 402 mit Anm. Gatzky: Nichtigkeit der Wahl muss „zuverlässig feststellbar“ sein; LAG Köln v. 8.5.2006 – 6 TaBV 22/06. 2 BAG v. 27.1.1993 – 7 ABR 37/92 unter III 2b der Entscheidungsgründe; s. zur Berichtigungskompetenz des Wahlvorstandes auch bei Fehlern, die nur zur Anfechtbarkeit führen BAG v. 20.2.1991 – 7 ABR 85/89. 3 A.A. ArbG Berlin v. 24.8.2005 – 38 BVGa 18453/05; s. auch LAG Hamburg v. 2.4.2006 – 6 TaBV 6/06 bei bewusstem Verstoß gegen grundlegende Wahlvorschriften Abbruch auch bei offensichtlicher Anfechtbarkeit. 4 LAG Köln v. 17.4.1998 – 5 TaBV 20/98, dort auch zum nicht vorliegenden Nichtigkeitsgrund bei Annahme einer zu großen Belegschaft; s. weiter ArbG Hamburg v. 10.8.1994 – 18 BV 4/94 – Nichtigkeit, wenn sich der Wahlvorstand vorsätzlich über eine einstweilige Verfügung des ArbG hinwegsetzt. 5 Vgl. LAG Sachsen-Anhalt v. 12.8.2008 – 11 TaBVGa 12/08, Untersagung der Wahl nur in einer Geschäftsstelle; ArbG Berlin v. 27.3.2006 – 75 BVGa 5915/06; ErfK/ Koch, § 18 BetrVG Rz. 7; Bonanni/Ludwig, ArbRB 2014, 29, 30; Herbst/Bertelsmann, Arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren, Rz. 460; vgl. Rieble/Triskatis, NZA 2006, 233, 236, die einen Hauptantrag auf Korrektur und einen Hilfsantrag auf Wahlabbruch vorschlagen. 6 Vgl. zur Aufsichtsratswahl LAG Düsseldorf v. 23.3.2011 – 4 TaBVGa 1/11, wonach die Zulassung einer Vorschlagsliste im Eilverfahren geradezu geboten ist;

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Eingriffe in die laufende Betriebsratswahl

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nur dann möglich, wenn andernfalls eine Nichtigkeit der Wahl einträte, sondern auch, wenn lediglich eine Anfechtbarkeit die Folge wäre1. Es muss jedoch stets eine Interessenabwägung stattfinden2. Diese fällt zugunsten des Eingriffs in das Wahlverfahren aus, wenn ein erheblicher Verfahrensfehler mit Sicherheit festgestellt werden kann, der auf diesem Wege beseitigt werden kann3. Die Verzögerungen des Wahlverfahrens sind in solchen Fällen hinzunehmen. Zu beachten ist jedoch der unterschiedlich ausgestaltete Rechtsschutz 94 für die jeweils Antragsberechtigten. So kann der Arbeitgeber nur auf das Wahlverfahren Einfluss nehmen, wenn die objektiv richtige Zusammensetzung des Betriebsrats gefährdet ist. Gleiches gilt für den Anspruch einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft4. Dies gilt jedoch nicht für den Verfügungsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers, der sein subjektives Wahlrecht durchsetzen will5. Ist die Wahl abgeschlossen, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. 95 Vielmehr kann dann nur noch das Anfechtungsverfahren durchgeführt werden. Auch die Einladung zur konstituierenden Sitzung eines Gesamtbetriebs- 96 rats kann Gegenstand einer Unterlassungsverfügung sein6. 4. Verfügungsgrund Der Verfügungsgrund ergibt sich jeweils daraus, dass ohne die Eilent- 97 scheidung das als fehlerhaft erkannte Wahlverfahren fortgeführt und der

1

2 3 4 5 6

zurückhaltend aber LAG Hamm v. 19.3.2012 – 10 TaBVGa 5/12 bei einer noch nicht höchstrichterlich geklärten Rechtslage. LAG Hess. v. 27.2.2005 – 9 TaBVGa 28/05; v. 12.11.2004 – 9 TaBVGa 166/04; v. 24.6.2004 – 9 TaBVGa 83/04; v. 11.11.2003 – 9 TaBVGa 166/03; v. 5.4.2002 – 9 TaBVGa 61/02; v. 5.4.2002 – 9 TaBVGa 64/02 (nur bei willkürlichem oder rechtsmissbräuchlicher Ermessensüberschreitung des Wahlvorstands); v. 15.3.2002 – 9 TaBVGa 45/02; v. 26.2.2002 – 9 TaBVGa 40/02; v. 28.1.2002 – 9 TaBVGa 6/02 und v. 31.3.1990 – 12 TaBVGa 34/90; LAG Düsseldorf v. 25.6.2003 – 12 TaBV 34/03 und v. 17.5.2002 – 18 TaBV 26/02; LAG Köln v. 27.12.1989 – 10 TaBV 70/89, AiB 1990, 421 mit Anm. Schmitt; Raiser, MitbestG, § 22 Rz. 25 für die Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat; ErfK/Koch, § 18 BetrVG Rz. 7; a.A. ArbG Würzburg v. 14.5.2002 – 3 BVGa 11/02 S – jedweder Eingriff nur, wenn die Wahl als nichtig anzusehen wäre. LAG Bremen v. 26.3.1998 – 1 TaBV 9/98, dort auch zur Korrektur des Wahlverfahrens. LAG Hess. v. 24.4.2003 – 9 TaBVGa 48/03 auch für die Wahl zu Aufsichtsrat; s. hierzu BAG v. 20.1.1991 – 7 ABR 85/91. Walker, Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilprozess, Rz. 793 ff. Walker, Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilprozess, Rz. 796. ArbG Berlin v. 19.2.2001 – 60 BVGa 4065/01 zur Übergangssituation von Personal- zu Betriebsrat.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Betroffene auf das Anfechtungsverfahren verwiesen würde1. Eine darüber hinausgehende Dringlichkeit muss nicht glaubhaft gemacht werden. 5. Gegenstandswert 98

Bei der Festsetzung des Gegenstandswertes für das nichtvermögensrechtliche Verfahren werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Bei einer Anfechtung in einem Verfahren, „das den Rahmen des Üblichen nicht verlässt“, hat das LAG Hamm2 einen Gegenstandswert von umgerechnet 5000 t festgesetzt, bei einem umfangreichen Festsetzungsverfahren (Wahlkosten bis zu 15 000 t) umgerechnet 37 500 t3. Meines Erachtens ist der Hilfsstreitwert von 5000 t angemessen, sofern keine weiteren Umstände hinzutreten4. Dabei ist es auch vertretbar, nach dem Rechtsschutzziel und der Person des Antragstellers zu differenzieren. Begehrt der Arbeitgeber den Abbruch der Betriebsratswahl, so können auch die Kosten für eine Neuansetzung der Wahl in Ansatz gebracht werden. Ein Abschlag für die Eilmaßnahme kommt hier nicht in Betracht, da es gerade um die Vermeidung dieser Zusatzkosten mittels einer einstweiligen Verfügung geht. Beantragt ein einzelner Arbeitnehmer die Korrektur der Betriebsratswahl, so wird mangels eines konkret feststellbaren wirtschaftlichen Interesses beim Arbeitnehmer wieder der Hilfsstreitwert zur Anwendung kommen.

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Das LAG Hamburg vertritt die Auffassung, dass der Abbruch streitwertmäßig ebenso zu behandeln sei wie die Anfechtung, und setzt für einen einköpfigen Betriebsrat den 1,5-fachen Hilfswert an, der sich um jede Staffel gem. § 9 BetrVG um 4000 t erhöht5. Auch das LAG Hamm sieht die Anzahl der Betriebsratsmitglieder als maßgeblich an und hat bei einem dreiköpfigen Betriebsrat einen Gegenstandswert von 10 000 t angesetzt6. Ein Beschluss des LAG Berlin hat für „durchschnittlich gelagerte Wahlanfechtungsverfahren“ eine Staffel aufgestellt; ein Betriebsratsmitglied umgerechnet 6000 t, drei 8000 t, fünf 10 000 t, sieben 12 000 t, neun 14 000 t, elf 16 000 t, fünfzehn 20 000 t, neunzehn 24 000 t und dreiundzwanzig 28 000 t7. Bei einem Streit über die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder hat das LAG Schleswig-Holstein lediglich 1 Vgl. Herbst/Bertelsmann, Arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren, Rz. 460, die für den korrigierenden Eingriff geringere Voraussetzungen beim Verfügungsgrund annehmen. 2 LAG Hamm v. 14.11.1974 – 8 TaBV 41/74. 3 LAG Hamm v. 28.4.1976 – 8 TaBV 74/75; vgl. weiter Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier/Baur, Teil B, Handbuch des vorläufigen Rechtsschutzes, Rz. 300. 4 So auch LAG Nürnberg v. 27.3.2002 – 2 TaBV 13/02. 5 LAG Hamburg v. 13.6.2002 – 6 Ta 13/02; LAG Hamm v. 17.6.2008 – 10 Ta 341/08; in diese Richtung auch LAG Baden-Württemberg v. 17.6.2009 – 5 TaBVGa 1/09. 6 LAG Hamm v. 28.4.2005 – 10 TaBV 55/05 mit weiteren bestätigenden Rechtsprechungsnachweisen. 7 LAG Berlin v. 28.6.1999 – 7 Ta 6045/99 (Kost).

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Eingriffe in die laufende Betriebsratswahl

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Rz. 100 K

ein Sechstel des Hilfsstreitwertes, also seinerzeit 666 t festgesetzt; da es nur um einen Teilaspekt der Betriebsratswahl gehe, sei der Hilfsstreitwert um die Hälfte zu reduzieren. Hiervon sei wegen der Vorläufigkeit nur ein Drittel anzusetzen1. Diese Auffassung geht von der m.E. nicht zutreffenden Prämisse aus, dass der Hilfsstreitwert (nicht Regelstreitwert2) nur bei einem Streit um die Betriebsratswahl insgesamt anzusetzen ist. Vielmehr kommt er immer dann zum Ansatz, wenn sich keine hinreichenden anderen Anhaltspunkte für die Wertfestsetzung finden. Eine Reduzierung wegen der Vorläufigkeit ist ebenfalls nicht angebracht, denn die einstweilige Verfügung hat de facto in der Regel eine das Hauptsacheverfahren ersetzende Wirkung3. Somit ist der Gegenstandswert auch in diesem Fall auf 5000 t festzusetzen. Muster 73 Antrag auf Abbruch der Betriebsratswahl

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An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten … GmbH … – Antragstellerin und Beteiligte zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: … und dem Wahlvorstand der … GmbH … – Beteiligter zu 2) – sowie den Mitgliedern des Wahlvorstandes der … GmbH … – Beteiligte zu 3) bis … – zeige ich an, die Antragstellerin zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: 1. Den Beteiligten zu 2) bis … wird untersagt, die derzeit im Betrieb der Antragstellerin laufende Betriebsratswahl fortzufhren; 1 LAG Schleswig-Holstein v. 5.9.2002 – 2 Ta 93/02. 2 LAG Hamburg v. 13.6.2002 – 6 Ta 13/02. 3 LAG Baden-Württemberg v. 17.6.2009 – 5 TaBVGa 1/09; LAG Hamm v. 28.4.2005 – 10 TaBV 55/05.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

2. Die Beteiligten zu 2) bis … werden verpflichtet, im Betrieb der Beteiligten zu 1) die Aufrufe zur Wahl im Betrieb der Beteiligten zu 1) abzuhngen und an den Stellen, an denen sich diese derzeit befinden (nher bezeichnen), in derselben Grçße eine Bekanntmachung auszuhngen, dass die Wahl am … nicht stattfindet. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Die Antragstellerin ist ein Unternehmen der …-Branche, in deren einzigem Betrieb bislang noch kein Betriebsrat besteht. Dieser soll jetzt gebildet werden. Zu diesem Zweck haben die Beteiligten … mit Aushang vom … zu einer Abteilungsversammlung der … Abteilung eingeladen, in der sie zu Mitgliedern des Wahlvorstandes gewhlt wurden. Dieser Aushang war auch nur in der genannten Abteilung ausgehngt, so dass die brigen Belegschaftsmitglieder keine Kenntnis davon erhielten und auch deswegen nicht daran teilnahmen, weil die Einladung nicht an sie gerichtet war. Glaubhaftmachung: Vorlage des Aushanges sowie eidesstattliche Versicherung des … (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Die so Gewhlten beabsichtigen nunmehr, die Betriebsratswahl durchzufhren. Eine solche Wahl wre nichtig, da der Wahlvorstand fehlerhaft gebildet worden ist. Es ist unzulssig, die Wahl des Wahlvorstandes nur in einer einzigen Abteilung durchzufhren, vielmehr htten smtliche wahlberechtigten Arbeitnehmer zu einer diesbezglichen Betriebsversammlung eingeladen werden mssen. Aufgrund der mit einer nichtigen Betriebsratswahl verbundenen Kosten hat die Antragstellerin auch einen Verfgungsgrund, die weitere Durchfhrung der Wahl untersagen zu lassen. Dieser Fehler ist auch nicht mehr korrigierbar, so dass die ganze Wahl abzubrechen und neu anzusetzen ist. Unterschrift

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Eingriffe in die laufende Betriebsratswahl

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Muster 74 Antrag auf Korrektur der Betriebsratswahl

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An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten … mbH … – Antragstellerin und Beteiligte zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: und dem Wahlvorstand der … GmbH … – Beteiligter zu 2) – sowie den Mitgliedern des Wahlvorstandes der … GmbH … – Beteiligte zu 3) bis … – zeige ich an, die Antragstellerin zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Den Beteiligten zu 2) bis … wird aufgegeben, an die bei der Antragstellerin beschftigten Heimarbeiter Briefwahlunterlagen zu versenden. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Die Antragstellerin ist ein Unternehmen der …-Branche, in deren einzigem Betrieb bislang noch kein Betriebsrat besteht. Dieser soll jetzt gebildet werden. Zu diesem Zweck wurde der Beteiligte zu 2) gewhlt. Neben den 200 im Betrieb beschftigten Arbeitnehmern sind auch 52 Heimarbeitnehmer fr die Antragstellerin ttig, die gleichfalls wahlberechtigt sind. Ihnen hat der Wahlvorstand lediglich eine Einladung zur Wahl am … bersandt, aber jeden Hinweis auf die Mçglichkeit der Briefwahl unterlassen und auch keine entsprechenden Unterlagen beigefgt. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des … (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Wrde die Wahl in der beschriebenen Weise fortgefhrt, htten die Heimarbeiter die Mçglichkeit, sie gem. § 19 BetrVG anzufechten, da eine wesentliche Vorschrift ber das Wahlverfahren, nmlich § 26 Abs. 2 WO missachtet wird. Der Antragstellerin ist es nicht zuzumuten, die durch eine dann notwendig werdende Wiederholung der Wahl entstehenden Kosten und sonstigen Aufwendungen zu tragen. Die Korrektur des laufenden Wahlverfahrens ist auch zulssig und stellt den geringstmçglichen Eingriff dar. Zwar ist diese Art vorlufigen Rechtsschutzes mit einer Befriedigungswirkung insofern verbunden, als die Korrektur unmittelbar auf das Wahlverfahren einwirkt. Nimmt man jedoch eine Gesamtbetrachtung vor, so wird die Vorlufigkeit einstweiligen Rechtsschutzes durch diese Maßnahme am ehesten gewhrleistet. Die Aussetzung des Wahlverfahrens hat u.U. einen langen betriebsratslosen Zustand zur Folge und der Abbruch beendet die einmal eingeleitete Betriebsratswahl endgltig. Die bloße Korrektur ermçglicht jedoch die weitere Durchfhrung der Betriebsratswahl unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Dabei ist eine solche Korrektur nicht nur dann mçglich, wenn andernfalls eine Nichtigkeit der Wahl eintrte, sondern auch dann, wenn lediglich eine Anfechtbarkeit die Folge wre (vgl. LAG Bremen, BB 1998, 1211). Auch eine Interessenabwgung fllt zugunsten der Antragstellerin aus, da der Wahlvorstand kein schtzenswertes Interesse an der Fortfhrung einer mngelbehafteten und anfechtbaren Wahl hat. Unterschrift

VIII. Aufsichtsratswahlen Literatur: Neumann/Rux, Einbindung öffentlich-rechtlicher Einrichtungen in einen privatrechtlichen Konzern?, DB 1996, 1659.

1. Grundzüge 102

Auch im Bereich des Mitbestimmungsgesetzes sind Anfechtungen von Teilakten der Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat zulässig1. Die Gerichte für Arbeitssachen sind für Angelegenheiten aus dem 1 Vgl. Raiser, MitbestG, § 22 Rz. 24 unter Hinweis auf die st. Rspr. des BAG; LAG Düsseldorf v. 19.12.1977 – 2 TaBV 37/77; Fitting/Wlotzke/Wißmann, MitbestG, § 22 Rz. 39 ff.; zur Wahl der Arbeitnehmervertreter insgesamt s. MünchArbR/ Wißmann, § 378 Rz. 9 ff.

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Aufsichtsratswahlen

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Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Betriebsverfassungsgesetz 1952 sowie der Wahl der Arbeitnehmervertreter für den Aufsichtsrat zuständig1. Dies gilt auch, wenn die Einteilung von Arbeitern, Angestellten und leitenden Angestellten einer Anstalt des öffentlichen Rechts in Rede steht, die einem Konzern untergeordnet ist2. Verstöße gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren können auch in einem vorgezogenen gerichtlichen Kontrollverfahren gerügt werden. Es besteht auch keine Rangordnung dahin, dass der Wahlvorstand regelmäßig vor dem Gericht berufen sei, Fehler zu korrigieren3. Eine Unterbrechung des Wahlverfahrens kommt jedoch nur in besonders schwerwiegenden Fällen in Betracht4. Grundsätzlich gilt aber auch hier, dass eine Korrektur des Wahlverfahrens einer Unterbrechung vorzuziehen ist. Es gelten somit im Wesentlichen die gleichen Grundsätze wie bei der Betriebsratswahl5. Materiell-rechtlich können dabei im Wesentlichen Entscheidungen des 103 Wahlvorstandes angegriffen werden, etwa über die Eintragung in Wählerlisten, die Zulassung der Vorabstimmung nach § 9 Abs. 3, § 10 Abs. 3 oder § 15 Abs. 3 MitbestG, die Feststellung des Ergebnisses der Vorabstimmungen, die Zulassung von Wahlvorschlägen6 oder die Einordnung einzelner Arbeitnehmer in die verschiedenen Gruppen. Weiter können auch die Bestellung des Wahlvorstandes durch die Betriebsräte7 sowie Maßnahmen der Behinderung und/oder Beeinflussung der Wahl durch die Unternehmensleitung Gegenstand des Verfügungsverfahrens sein. Der Antrag kann sowohl auf die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung als auch auf ein Unterlassen gerichtet sein. Besteht ein Mangel der Vorschlagsliste allein darin, dass hierin ein nicht wählbarer Kandidat aufgeführt ist, ist der Wahlvorstand verpflichtet, diesen Namen von der Liste zu streichen, soweit im Übrigen keine Bedenken gegen die Ordnungsgemäßheit der Vorschlagsliste ersichtlich sind. Ein Verfügungsgrund ist in solchen Fällen nicht nur gegeben, sondern ersichtlich geboten, weil es im Interesse des Demokratieprinzips unumgänglich ist, die Korrektur der Vorschlagsliste durch einstweilige Verfügung zuzulassen. Dies ist im Vergleich zu einer Nichtzulassung das „kleinere Übel“8.

1 LAG Berlin v. 18.4.1994 – 13 Ta 7 und 8/94, n.v.; Raiser, MitbestG, § 22 Rz. 24. 2 LAG Berlin v. 18.4.1994 – 13 Ta 7 und 8/94, n.v.; vgl. zur Zulässigkeit eines solchen Unterordnungsverhältnisses LAG Berlin v. 27.10.1995 – 6 TaBV 1/95, DB 1996, 1659 mit Anm. Neumann/Rück. 3 MünchArbR/Wißmann, § 378 Rz. 62 unter Ablehnung von BAG v. 20.2.1991 – 7 ABR 85/89. 4 ArbG Berlin v. 15.4.1994 – 16 BVGa 26/94 und v. 9.5.1994 – 19 BVGa 15/94, n.v.; MünchArbR/Wißmann, § 280 Rz. 41 lehnt aber eine Beschränkung auf die voraussichtliche Nichtigkeit der Wahl ab. 5 LAG Düsseldorf v. 19.12.1977 – 2 TaBV 37/77. 6 LAG Baden-Württemberg v. 4.9.2008 – 21 TaBVGa 1/08. 7 ArbG Weiden v. 3.12.2012 – 3 BVGa 2/12. 8 LAG Düsseldorf v. 23.3.2011 – 4 TaBVGa 1/11.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Das Rechtsschutzinteresse am einstweiligen Rechtsschutz ist grundsätzlich nicht gegeben, wenn die gerügte Maßnahme keinen Einfluss auf das Wahlergebnis haben kann. Dies dürfte allerdings anders zu beurteilen sein, wenn es um das Wahlrecht des einzelnen Arbeitnehmers geht1. Ist die Wahl abgeschlossen, so ist nur noch die Anfechtung möglich. 2. Antragsberechtigung

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Antragsberechtigt sind die gem. §§ 21, 22 MitbestG Anfechtungsberechtigten, also im Zusammenhang mit der Wahl der Delegierten drei Arbeitnehmer des Betriebes, Unternehmens oder Konzerns und der einzelne Arbeitnehmer, wenn es um sein aktives oder passives Wahlrecht geht. Die Bestellung der Wahlvorstände erfolgt durch das jeweils zuständige betriebsverfassungsrechtliche Organ. Werden die Aufsichtsratsmitglieder in einer Urwahl gewählt, ist der einzelne Betriebsrat in einem Verfahren über die Richtigkeit der Eintragung eines Arbeitnehmers in die Wählerliste nicht antragsbefugt, sondern das Antragsrecht steht dem Gesamtoder Konzernbetriebsrat zu2. Ein Antragsrecht der im Unternehmen vertretenen Gewerkschaft ist gegeben, soweit ihre Wahlvorschläge betroffen sind. Hinsichtlich aller Fragen, die die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder betreffen, wird für die Antragsbefugnis der Gewerkschaft § 22 Abs. 2 Nr. 4 MitbestG entsprechend angewandt. Bei der Wahl der Delegierten trifft dies nicht zu, da für sie kein entsprechendes Anfechtungsrecht besteht3. Eine Antragsbefugnis der Wahlvorstände ist gegeben, wenn und soweit ihre Aufgaben tangiert sind. Die Sondervorschrift des § 10 Abs. 3 der 3. WOMitBestG4 gewährt auch einzelnen Mitgliedern des Wahlvorstandes eine Antragsbefugnis, wenn sie einem Änderungsverlangen bei der Eintragung in die Wählerliste nicht zugestimmt haben.

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Weiter ist das Vertretungsorgan des Unternehmens stets antragsberechtigt5. 3. Beteiligte

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Zu beteiligen sind alle Personen und Gremien, deren mitbestimmungsrechtliche Position durch das Verfahren berührt wird, also u.U. auch solche, denen keine Antragsbefugnis zusteht6.

1 Vgl. insgesamt zum einstweiligen Rechtsschutz MünchArbR/Wißmann, § 280 Rz. 41. 2 BAG v. 25.8.1981 – 1 ABR 61/79. 3 Str., wie hier Raiser, MitbestG, § 22 Rz. 24, GK-MitbestG/Matthes, § 10 Rz. 113; a.A. Fitting/Wlotzke/Wißmann, MitbestG, § 12 Rz. 54. 4 Dritte Wahlordnung zum Mitbestimmungsgesetz (3. WOMitBestG) vom 27.5.2002, BGBl. I, 1741. 5 Raiser, MitbestG, § 22 Rz. 28. 6 Vgl. Raiser, MitbestG, § 22 Rz. 31 m.w.N.

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IX. Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates Literatur: Baur, Verfahrens- und materiell-rechtliche Probleme des allgemeinen Unterlassungsanspruchs des Betriebsrats bei betriebsverfassungswidrigen Maßnahmen des Arbeitgebers, ZfA 1997, 445; Bengelsdorf, Unzulässigkeit einer Untersagungsverfügung bei Betriebsänderungen, DB 1990, 1233; Derleder, Die Wiederkehr des Unterlassungsanspruchs, AuR 1995, 13; Ernst, Rechtsprechung zur einstweiligen Verfügung wegen Betriebsänderung und deren Gegenstandswert, AuR 2003, 19; Ehler, Schutzschrift zur Abwehr einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung einer Betriebsänderung, BB 2000, 978; Fischer, Interessenausgleich, Unterlassungsanspruch und Gesetzgeber – Der neue § 113 Abs. 3 BetrVG, AuR 1997, 177; Heupken, Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung betriebsbedingter Kündigungen vor Einigung über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan – Bemerkungen zum neuen § 113 BetrVG, NZA 1997, 1271; Konzen, Rechtsfragen bei der Sicherung der betrieblichen Mitbestimmung, NZA 1995, 865; Korinth, Bedingt angriffsfähig – Die Grenzen des Betriebsrats bei der Durchsetzung der Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen, ArbRB 2014, 285; Korinth, Die einstweilige Verfügung auf Unterlassung einer Betriebsänderung, ArbRB 2005, 61; Neef, Die Neuregelung des Interessenausgleichs und ihre praktischen Folgen, NZA 1997, 65; Olderog, Probleme des einstweiligen Rechtsschutzes im Bereich der sozialen Sicherung, NZA 1985, 753; Pahle, Der vorläufige Rechtsschutz des Betriebsrats gegen mitbestimmungswidrige Maßnahmen des Arbeitgebers, NZA 1990, 51; Prütting, Unterlassungsanspruch und einstweilige Verfügung in der Betriebsverfassung, RdA 1995, 257; Raab, Der Unterlassungsanspruch des Betriebsrats, ZfA 1997, 183; Richardi, Kehrtwende des BAG zum betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruch des Betriebsrates, NZA 1995, 8; Ruge, Beteiligungsrechte des Betriebs- und Personalrats bei der Arbeitszeit- und Dienstplangestaltung und deren Durchsetzung, ZTR 2001, 151; Schulze, Die Zulässigkeit einstweiliger Verfügungen gegen Betriebsänderungen, Diss. 1998; Walker, Zum Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei mitbestimmungswidrigen Maßnahmen des Arbeitgebers, DB 1995, 1961; Worzalla, Für die Zulässigkeit der einstweiligen Regelungsverfügung im Beschlussverfahren bei mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten, BB 2005, 1737.

1. Grundzüge Das Betriebsverfassungsgesetz verpflichtet den Arbeitgeber in einer Viel- 108 zahl von Fällen, den Betriebsrat zu beteiligen. So hat dieser beispielsweise Ansprüche auf Information, Anhörung oder Beratung. Weiter stehen ihm in bestimmten Fällen Widerspruchsrechte und Mitbestimmungsrechte zu. Dabei sind die Beteiligungsrechte unterschiedlich ausgestaltet, je nachdem welches Rechtsgebiet betroffen ist. Es ist im Einzelnen streitig, in welchen Fällen der Betriebsrat die Möglichkeit hat, seine Mitbestimmungsrechte mittels einer einstweiligen Verfügung zu sichern. Dabei ist zu beachten, dass einstweilige Verfügungen mit dem Inhalt, etwa eine Maßnahme mit dem Betriebsrat zu beraten, die Einigungsstelle anzurufen oder ein Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen, keinen effektiven Rechtsschutz gewähren. Dieser wird im Wesentlichen dadurch erreicht, dass mittels einer einstweiligen Verfügung bewirkt wird, dass der Arbeitgeber die streitgegenständlichen Maßnahmen so lange zu unterlassen hat, bis eine ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebs-

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rates stattgefunden hat1. Weiter kommt eine einstweilige Verfügung in Betracht, mit der dem Arbeitgeber aufgegeben wird, eine unter Missachtung von Beteiligungsrechten durchgeführte Maßnahme aufzuheben. Dabei ist zu beachten, dass nach der herrschenden Meinung eine einstweilige Verfügung auch im Bereich des § 23 Abs. 3 BetrVG möglich ist, also bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Pflichten aus dem BetrVG2. 109

Die Frage nach einem solchen Unterlassungsanspruch ist differenziert zu beantworten, je nachdem, welches Mitbestimmungsrecht betroffen ist. 2. Soziale Angelegenheiten a) Allgemeiner betriebsverfassungsrechtlicher Unterlassungsanspruch als Verfügungsanspruch

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Der Betriebsrat hat gem. § 87 Abs. 1 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht in den einzelnen dort aufgeführten sozialen Angelegenheiten3, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht. Dieses zwingende Mitbestimmungsrecht hat zur Folge, dass der Arbeitgeber in diesen Bereichen keine einseitigen verbindlichen Regelungen treffen kann, welche sich auf kollektive Tatbestände beziehen. Eine vom Arbeitgeber getroffene Maßnahme entfaltet erst dann Wirksamkeit, wenn eine Einigung mit dem Betriebsrat zustande gekommen ist oder die Einigungsstelle verbindlich entschieden hat (§§ 87 Abs. 2, 76 BetrVG).

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De facto steht dem Arbeitgeber jedoch die Möglichkeit zu, vollendete Tatsachen zu schaffen, etwa indem er technische Einrichtungen zur Überwachung der Arbeitnehmer installiert. Daher bedarf es eines effektiven Rechtsschutzes zur Sicherung der Beteiligungsrechte des Betriebsrates. Der Erste Senat des BAG vertrat lange die Auffassung, dass die Regelung des § 23 Abs. 3 BetrVG, die die Folgen von groben Verletzungen des Mitbestimmungsrechtes durch den Arbeitgeber regelt, abschließend sei und der Betriebsrat somit nur eine Unterlassung mitbestimmungswidriger Maßnahmen verlangen könne, wenn eine solche grobe Verletzung des Mitbestimmungsrechtes vorliegt4. Angesichts der vom Gesetzgeber ausdrücklich geregelten Folgen einer groben Verletzung des Mitbestimmungsrechtes ergebe sich aus dem Umkehrschluss, dass er bei weniger gravierenden Verletzungen des Mitbestimmungsrechtes keine entsprechenden Sanktionen vorgesehen habe. In der Folgezeit war der 1 GMP/Matthes/Spinner, § 85 Rz. 32. 2 Fitting, 27. Aufl. 2014, § 99 BetrVG Rz. 298; Tiedemann, ArbRB 2014, 253; Karthaus/Klebe, NZA 2012, 417 (423); Rudolph, AiB 2012, 167 (169); Mittag/Junghans, AiB 2009, 30 (32); s. zum Streitstand: GK-ArbGG/Vossen, § 85 ArbGG Rz. 63. 3 Zu den einzelnen Mitbestimmungstatbeständen Weber, Teil H, Rz. 49 ff. 4 Vgl. BAG v. 22.2.1983 – 1 ABR 27/81; Heinze, RdA 1986, 273, 290; Walker, DB 1995, 1962.

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Rz. 112 K

sog. allgemeine Unterlassungsanspruch des Betriebsrates höchst streitig. Der Erste Senat hat in seiner Entscheidung vom 3.5.19941 insofern Klarheit geschaffen, als er sich der Auffassung angeschlossen hat, die den Unterlassungsanspruch nicht an die Voraussetzung des § 23 Abs. 3 BetrVG bindet, da die Sicherung der Mitbestimmung durch das Einigungsstellenverfahren (§ 87 Abs. 2 BetrVG) keinen ausreichenden Schutz der Beteiligungsrechte darstellt2. Allerdings besteht der Unterlassungsanspruch nach dieser Entscheidung nicht generell für alle mitbestimmungspflichtigen sozialen Angelegenheiten i.S.d. § 87 BetrVG3, sondern es ist für jeden der dort genannten Mitbestimmungstatbestände gesondert zu prüfen, ob die Rechtsbeeinträchtigung durch einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers den vorläufigen Rechtsschutz im Eilverfahren erforderlich macht4. Der Unterlassungsanspruch steht dem Betriebsrat aber nur bei der Verletzung eigener Mitbestimmungsrechte zu, nicht hingegen, wenn der Arbeitgeber solche des Konzernbetriebsrates missachtet. Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 80 Abs. 1 BetrVG, kann aber aus § 23 Abs. 3 BetrVG folgen5. b) Verfügungsgrund Es bedarf der besonderen Darlegung und Glaubhaftmachung eines Ver- 112 fügungsgrundes, da sich dieser nicht ohne weiteres aus dem Verfügungsanspruch ergibt. Bei den Anforderungen, die hieran zu stellen sind, ist das Gewicht des drohenden Verstoßes und die Bedeutung der streitgegenständlichen Maßnahme für den Arbeitgeber einerseits und für die Belegschaft andererseits angemessen zu berücksichtigen. Der bloße Hinweis auf die Mitbestimmungspflichtigkeit der zu unterlassenden Maßnahme ist hierfür nicht ausreichend6. Vielmehr ist der im Rahmen eines Unterlassungsbegehrens aufgeworfene Streit um den Umfang eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates regelmäßig im normalen, erforderlichenfalls über drei Instanzen führenden Beschlussverfahren auszutragen7. Weiter muss entweder eine sog. Erstbegehungsgefahr oder eine Wieder1 BAG v. 3.5.1994 – 1 ABR 24/93. 2 Vgl. zur Begründung im Einzelnen Prütting, RdA 1995, 261; Richardi, NZA 1995, 8. 3 S. zum bejahten Unterlassungsanspruch bei der auch nur einmaligen Verwendung eines Punkteschemas für die Sozialauswahl BAG v. 26.7.2005 – 1 ABR 29/04, verneint aber bei der Streichung mitbestimmungswidrig eingeführter Entgeltbestandteile, BAG v. 18.3.2014 – 1 ABR 75/12. 4 S. BAG v. 7.2.2012 – 1 ABR 77/10 – Unterlassungsanspruch bei Anordnung von Arbeit während der Pausenzeiten; vgl. Richardi, NZA, 1995, 8; s. weiter Ebmeier/ Schöne, Rz. 462 und Walker, Rz. 852 sowie Konzen, NZA 1995, 865; Raab, ZfA 1997, 183, 209 ff. und Baur, ZfA 1997, 445, 479 ff. zu den gegen den allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruch im Eilverfahren bestehenden Bedenken. 5 BAG v. 30.6.2011 – 1 ABR 121/09. 6 LAG Köln v. 23.8.1996 – 11 TaBV 53/96. 7 LAG Hamm v. 6.9.2013 – 13 TaBVGa 8/13.

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holungsgefahr bestehen. Die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Mitbestimmungsrechte ist nicht ausreichend. Dabei rechtfertigt die betriebsverfassungswidrige Durchführung von Überstunden aus einer konkreten betrieblichen Veranlassung in einer bestimmten Abteilung zwar die Annahme einer Wiederholungsgefahr für dieselben oder vergleichbaren betrieblichen Veranlassungen in der gleichen Abteilung, nicht aber für alle Arbeitnehmer einer bestimmten Gruppe oder unterschiedslos für alle Abteilungen1. Generell muss die gebotene Interessenabwägung ergeben, dass das Befriedigungsinteresse des Betriebsrates das Schutzinteresse des Arbeitgebers überwiegt. Maßgebend ist, wie sich die behauptete Verletzung eines Mitbestimmungsrechts im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und betroffenen Arbeitnehmern auswirkt und in welchem Umfang die Mitarbeiter effektiv geschützt sind.2 Es wird auch vertreten, dass ein betriebsverfassungsrechtlicher Unterlassungsanspruch dann nicht durchsetzbar sein soll, wenn der Betriebsrat sich seinerseits durch eine massive Verzögerungstaktik der Mitbestimmung entzieht3. In diesem Zusammenhang hat das LAG Düsseldorf4 entschieden, dass der Verfügungsgrund entfallen kann, wenn der Betriebsrat in einer erkennbar eilbedürftigen Angelegenheit nicht an der zügigen Durchführung des Einigungsstellenverfahrens mitwirkt. Allerdings kann nach Auffassung derselben Kammer eine einstweilige Unterlassungsverfügung auch dann ergehen, wenn der Betriebsrat Gründe für seine Verweigerung nennt, die „unzureichend, vorgeschoben oder abwegig erscheinen“. Da es bei der sozialen Mitbestimmung keinen abschließenden Katalog von Zustimmungsverweigerungsgründen gibt, stellt danach auch die aus den genannten Gründen verweigerte Zustimmung, selbst in einer eilbedürftigen Angelegenheit, nicht notwendigerweise einen Rechtsmissbrauch dar5. Der Arbeitgeber kann aber so schnell wie möglich die Einsetzung einer Einigungsstelle betreiben, die ihrerseits vorläufige Regelungen treffen kann. 113

Daher kommt es für den Verfügungsgrund nicht alleinentscheidend darauf an, ob dem Betriebsrat die Ausübung seiner Rechte ganz oder teilweise unmöglich gemacht wird6, sondern in erster Linie darauf, ob der Schutz der Arbeitnehmer in der Zeit bis zum Inkrafttreten einer mitbestimmten Regelung oder einer rechtskräftigen Entscheidung in einem

1 ArbG Bielefeld v. 28.2.1996 – 2 BVGa 7/96; vgl. weiter zur Mitbestimmung bei der Absenkung der Arbeitszeit zum Zwecke der Beschäftigungssicherung LAG Hamburg v. 24.6.1997 – 3 TaBV 4/97. 2 LAG Hamm v. 6.9.2013 – 13 TaBVGa 8/13; GMP/Matthes/Spinner, § 85 Rz. 37. 3 Oberthür, ArbRB 2014, 218. 4 LAG Düsseldorf v. 12.12.2007 – 12 TaBVGa 8/07. 5 LAG Düsseldorf v. 12.12.2007 – 12 TaBVGa 8/07; a.A. ArbG Herne v. 5.6.2003 – 4 BVGa 10/03; vgl. weiter ArbG Hannover v. 19.2.2004 – 10 BVGa 1/04 – kein Anspruch auf Einigungsstelle bei völliger Verweigerung des Betriebsrats. 6 So aber ArbG Hanau v. 19.8.2004 – 3 BVGa 12/04.

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Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates

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Rz. 115 K

Hauptsacheverfahren unwiederbringlich vereitelt wird und dies zu wesentlichen Nachteilen der Belegschaft führt. Das durch eine Unterlassungsverfügung zu sichernde Beteiligungsrecht des Betriebsrats ist nämlich kein subjektives, absolutes Recht, sondern eine Berechtigung, zum Schutze der Arbeitnehmer durch Ausübung des Gestaltungsrechts mitgestaltend tätig zu werden1. Die Rechtsprechung ist entsprechend zurückhaltend (s. zur gegenteiligen Tendenz bei der Durchsetzung von Betriebsvereinbarungen Rz. 169). Eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung der Durchführung von 114 Dienstplänen ohne Zustimmung des Betriebsrates setzt ein eindeutig überwiegendes Interesse des Betriebsrates an der Unterlassung der Umsetzung voraus. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber bereits die Einigungsstelle angerufen hat2. Der Betriebsrat kann die Unterlassung nicht verlangen, wenn der Arbeitgeber Arbeitnehmer aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarungen länger als tariflich vorgesehen beschäftigt3. Dies gilt auch dann, wenn der Betriebsrat sich generell weigert, mit dem Arbeitgeber in Verhandlungen über mitbestimmungspflichtige Tatbestände einzutreten4. Wird ein Betriebsrat erstmalig gewählt, kann er nicht bis zum Abschluss von Betriebsvereinbarungen die Unterlassung einseitiger Anordnungen des Arbeitgebers verlangen5. Allerdings ist auch hier zu beachten, dass die Anforderungen an den Ver- 115 fügungsgrund in dem Maße sinken, indem der Verfügungsanspruch eindeutig gegeben ist. Verletzt also der Arbeitgeber fortgesetzt eindeutig bestehende Mitbestimmungsrechte, bedarf es keiner in Einzelheiten gehenden Feststellung der Nachteile für die Belegschaft6. Für das Vorliegen einer notwendigen Wiederholungsgefahr besteht grundsätzlich eine tatsächliche Vermutung, es sei denn, dass die tatsächliche Entwicklung eine neue Verletzung des Mitbestimmungsrechts unwahrscheinlich macht. Stellt die Arbeitgeberin mit kaum vertretbarer Argumentation bis zuletzt ein Mitbestimmungsrecht vehement in Abrede, spricht dies für die Wahrscheinlichkeit eines neuen Eingriffs7. Nach einer Entscheidung des LAG

1 LAG Hamm v. 6.2.2001 – 13 TaBV 132/00; LAG Düsseldorf v. 16.5.1990 – 12 TaBV 9/90; ArbG Herne v. 5.6.2003 – 4 BVGa 10/03; ArbG Berlin v. 2.9.2005 – 84 BVGa 19036/05; ArbG Frankfurt v. 25.3.1991 – 1 BVGa 5/91; Clemenz in Tschöpe, Anwalts-Handbuch Arbeitsrecht, Teil 4 A Rz. 570. 2 LAG Köln v. 31.10.1996 – 5 TaBV 69/96; a.A. ArbG Berlin v. 21.11.2008 – 28 BVGa 18414/08 bei wiederholter Verletzung des Mitbestimmungsrechts, Verfügungsgrund „im Zeitablauf verderbliche Rechtsposition“. 3 LAG Nürnberg v. 26.7.2005 – 6 TaBV 45/04. 4 ArbG Herne v. 5.6.2003 – 4 BVGa 10/03. 5 LAG Sachsen-Anhalt v. 17.6.2008 – 8 TaBVGa 10/08. 6 Vgl. LAG Hamm v. 6.2.2001 – 13 TaBV 132/00. 7 LAG Berlin-Brandenburg v. 25.1.2012 – 4 TaBV 2047/11, n.v.; s. weiter Lechner, AnwZert ArbR 20/2009 Anm. 3.

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Sachsen-Anhalt soll die Wiederholungsgefahr nicht gegeben sein, wenn der Arbeitgeber durch entsprechende Arbeitsanweisung und die Anrufung der Einigungsstelle deutlich macht, dass er die in der Vergangenheit vorgekommenen Verletzungen des Mitbestimmungsrechts nicht länger dulden wird1. Bei dem vom Betriebsrat nicht genehmigten Einbau von GPS-Geräten in von Arbeitnehmern benutzten Firmenfahrzeugen besteht ein Verfügungsgrund für die Untersagung durch einstweilige Verfügung2. Auch das Verbreiten von Angeboten auf Abschluss von Änderungsverträgen zur Modifizierung der Entgeltstruktur kann eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG darstellen und eine einstweilige Verfügung rechtfertigen3. Die Anordnung der Vorlage eines ärztlichen Attestes schon am ersten Krankheitstag ist gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Die einseitige Anordnung kann dem Arbeitgeber durch einstweilige Verfügung untersagt werden4. Dasselbe gilt für den Einsatz von Leiharbeitnehmern, solange der Arbeitgeber nicht über Beginn und Ende der für diese maßgeblichen Arbeitszeiten und die Lage der Pausen i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG eine Einigung erzielt hat oder diese durch Einigungsstellenspruch ersetzt worden ist5. 116

Bei der Antragstellung ist zu beachten, dass die Pflichten des Arbeitgebers sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Tenor ergeben müssen.

117

Das BAG hat einen Vergleich, wonach der Arbeitgeber „für Arbeitnehmer im Betrieb“ ohne vorherige Betriebsratsbeteiligung keine Überstunden anordnen darf, für bestimmt genug gehalten, und zwar auch vor dem Hintergrund, dass dort auch Leiharbeitnehmer beschäftigt werden6, und in einem anderen Fall „zugunsten des Betriebsrats“ angenommen, dass unter Notfällen Fälle höherer Gewalt wie Naturkatastrophen oder Unfälle gemeint sind, den Begriff „Eilfälle“ jedoch als zu unbestimmt abgelehnt7.

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Für die Verhängung eines Zwangsgeldes nach § 23 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ist ein Verschulden des Arbeitgebers erforderlich. Dies kann auch in einem Überwachungsverschulden liegen8.

1 2 3 4 5

LAG Sachsen-Anhalt v. 28.7.2011 – 6 TaBVGa 2/11. ArbG Kaiserslautern v. 27.8.2008 – 1 BVGa 5/08. LAG Berlin-Brandenburg v. 27.2.2008 – 23 TaBVGa 2218/07. LAG Köln v. 21.8.2013 – 11 Ta 87/13. ArbG Passau v. 14.8.2007 – 2 BVGa 2/07 D; dasselbe gilt für sonstige Arbeitnehmer, Hess. LAG v. 26.11.2009 – 9/5 TaBVGa 226/09. 6 BAG v. 25.8.2004 – 1 ABR 41/03. 7 BAG v. 29.9.2004 – 1 ABR 29/03. 8 LAG Berlin-Brandenburg v. 14.5.2009 – 15 Ta 466/09 für die Abweichung von Dienstplänen.

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Rz. 119a K

3. Personelle Angelegenheiten a) Allgemeine personelle Angelegenheiten Bei allgemeinen personellen Angelegenheiten gem. §§ 92 ff. BetrVG be- 119 stehen Rechte des Betriebsrates, die einer Sicherung durch einstweilige Verfügung zugänglich sind. So hat der Betriebsrat einen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung von Eingabebögen, die den Zweck haben, die Erstellung von Zeugnissen vorzubereiten, sofern das Mitbestimmungsverfahren nicht durchgeführt worden ist1. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 94 Abs. 2 Alt. 1 BetrVG bezieht sich nicht auf die Verwendung von Arbeitsvertragsformularen als solches, sondern nur auf persönliche Angaben in solchen Formularen. Der Betriebsrat kann also allenfalls die Unterlassung der Abfrage oder Aufnahme solcher persönlicher Angaben in Arbeitsvertragsformularen verlangen, nicht aber die Unterlassung der Verwendung der Formulare als Ganzes. Beansprucht er die Unterlassung als Ganzes, handelt es sich nach Ansicht des LAG Nürnberg2 um einen unbegründeten zu weit gehenden Globalantrag. Darüber hinaus sei zweifelhaft, ob ein allgemeiner Unterlassungsanspruch bei Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 94 Abs. 2 BetrVG besteht, weil es beim Mitbestimmungsrecht nach § 94 Abs. 2 BetrVG in erster Linie um ein Mitbeurteilungsrecht, eine Rechtskontrolle geht, nicht aber um eine echte Gestaltung der Rechtslage durch den Arbeitgeber. Verletzt der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des § 95 bei der Aufstellung von Auswahlrichtlinien, kann ihm auf Antrag des Betriebsrats die Wiederholung des mitbestimmungswidrigen Verhaltens auf der Grundlage des allgemeinen Unterlassungsanspruchs gerichtlich untersagt werden3. Ein Verfügungsgrund ist hierfür allerdings wohl nur im vom Betriebsrat darzulegenden Ausnahmefall gegeben4. b) Personelle Einzelmaßnahmen Im Bereich der personellen Einzelmaßnahmen gem. § 99 BetrVG ist die 119a Mitbestimmung des Betriebsrates anders ausgestaltet. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat umfassende Auskunft über die geplanten Maßnahmen wie etwa Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung oder Versetzung erteilen und hierzu dessen Zustimmung einholen. Wenn die in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Verweigerungsgründe vorliegen, kann der Betriebsrat binnen einer Woche Widerspruch einlegen. Tut er dies nicht,

1 LAG Hess. v. 5.10.1993 – 5 TaBVGa 112/93. 2 LAG Nürnberg v. 21.12.2010 – 6 TaBVGa 12/10 – Antrag auf einstweilige Verfügung zurückgewiesen. 3 ArbG Berlin v. 18.12.2008 – 24 BVGa 20068/08 – Untersagung als notwendiges Sicherungsmittel i.S.v. § 938 ZPO. 4 LAG Hamm v. 21.5.2008 – 10 TaBVGa 5/08, im konkreten Fall aber kein Verfügungsgrund.

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gilt seiner Zustimmung als erteilt. Diese Rechtsfolge tritt aber nur ein, wenn die Unterrichtung durch den Arbeitgeber ordnungsgemäß war. Ist sie offensichtlich ungenügend, beginnt die Frist nicht zu laufen. Durfte der Arbeitgeber aber davon ausgehen, den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet zu haben, „kann es Sache des Betriebsrats sein, innerhalb der Wochenfrist um Vervollständigung der Auskünfte zu bitten1“. Somit bleibt für den Arbeitgeber auch nach der reaktionslos abgelaufenen Wochenfrist noch ein Unsicherheitspotential. Der Arbeitgeber kann, nachdem er den Betriebsrat zunächst unvollständig unterrichtet hat, die vollständigen Informationen noch schriftsätzlich im Laufe des Zustimmungsersetzungsverfahrens gem. § 99 Abs. 4 BetrVG nachliefern. Allerdings muss für den Betriebsrat deutlich sein, dass diese Ergänzung erfolgt, weil er seiner bislang nicht vollständig erfüllten Informationspflicht genügen will. Die Wochenfrist des § 99 Abs. 4 BetrVG wird mit Zugang dieser Informationen beim Betriebsrat, nicht bei dessen Verfahrensbevollmächtigten, in Lauf gesetzt2. Gleiches gilt für die Richtigstellung von Informationen im Zustimmungsersetzungsverfahren3. Umgekehrt ist es dem Betriebsrat aber verwehrt, im gerichtlichen Verfahren Zustimmungsverweigerungsgründe nachzuschieben4. Schon bevor der Betriebsrat sich geäußert hat, kann der Arbeitgeber gem. § 100 Abs. 1 BetrVG die Maßnahme durchführen, wenn er dies aus sachlichen Gründen für dringend erforderlich hält. Er hat den Betriebsrat über die Sach- und Rechtslage aufzuklären, bedarf aber nicht seiner Zustimmung. Bestreitet der Betriebsrat die Dringlichkeit, muss er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitteilen. Jetzt muss dieser das Gericht anrufen: Innerhalb von nur drei Tagen muss er nicht nur beim ArbG die Feststellung beantragen, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, sondern gleichzeitig die Ersetzung der Zustimmung begehren. Mit dieser Kombination soll eine endgültige Klärung des Mitbestimmungsrechts in einem Verfahren erreicht werden5. Hat der Betriebsrat nur die Dringlichkeit der vorläufigen Maßnahme bestritten und noch keinen Widerspruch erhoben, kann der Arbeitgeber vor Ablauf der Wochenfrist noch keinen Antrag auf Zustimmungsersetzung stellen. Der weitere Gang der Dinge hängt von der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts ab. Lehnt es die Zustimmungsersetzung ab oder stellt es fest, dass die vorläufige Maßnahme nicht gerechtfertigt war, endet diese mit Ablauf von zwei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung und darf

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BAG v. 13.3.2013 – 7 ABR 39/11. BAG v. 29.6.2011 – 7 ABR 24/10. BAG v. 1.6.2011 – 7 ABR 18/10. BAG v. 17.11.2010 – 7ABR 120/09. Richardi/Thüsing, BetrVG, 14. Aufl. 2014, § 99 Rz. 5; a.A. LAG Rheinland-Pfalz v. 14.12.2007 – 6 TaBV 49/07, Arbeitgeber kann sich auf Vorläufigkeitsmaßnahmen beschränken.

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Rz. 119a K

nicht mehr aufrechterhalten werden. Die Folgen einer Zuwiderhandlung des Arbeitgebers regelt § 101 BetrVG: Hält er die Maßnahme rechtswidrig aufrecht oder hat er erst gar nicht die Zustimmung des Betriebsrats beantragt, kann das Gericht dem Arbeitgeber aufgeben, die personelle Maßnahme aufzuheben. Ein Zwangsgeld zur Durchsetzung kann aber erst nach Rechtskraft auch dieser Entscheidung verhängt werden und ist auf 250 t pro Tag begrenzt. Auf eine Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg in folgender Konstellation ist in diesem Zusammenhang hinzuweisen: Die vorläufige Einstellung von Leiharbeitnehmern war nach Auffassung des Gerichts offensichtlich nicht dringend erforderlich, weil es dem Arbeitgeber ohne weiteres möglich gewesen wäre, die Beschäftigten als eigene Mitarbeiterinnen – ggf. auch befristet – einzustellen1. Unter sachlichen Gründen sind betriebliche Gründe, insbesondere solche des geregelten Arbeitsablaufs zu verstehen, nicht aber betriebswirtschaftliche Überlegungen. Es wurde nicht nur der Antrag des Arbeitgebers abgewiesen, sondern gem. § 100 Abs. 3 Satz 1 BetrVG auch festgestellt, dass offensichtlich die Maßnahme aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war. Die Fortdauer der Berechtigung des Arbeitgebers, die Maßnahme als vorläufige Maßnahme durchzuführen, sei nicht davon abhängig, dass das ArbG seinem Feststellungsantrag stattgibt. Die durch die rechtzeitige Stellung des Zustimmungsersetzungsantrages und des Feststellungsantrages erworbene Berechtigung zur vorläufigen Beschäftigung bestehe vielmehr so lange, bis das ArbG nicht nur seinen Feststellungsantrag abweist, sondern ausdrücklich feststellt, dass die vorläufige Maßnahme offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war. Nur wenn eine solche Feststellung rechtskräftig getroffen worden ist, ende mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung die Berechtigung des Arbeitgebers, die Maßnahme als vorläufige aufrecht zu halten. Die bloße Abweisung des Feststellungsantrages des Arbeitgebers stehe einer solchen ausdrücklichen Feststellung des Gerichts nicht gleich. Verlangt § 100 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ausdrücklich eine rechtskräftige Feststellung, dass die Maßnahme offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, könne diesem Erfordernis nicht durch die bloße Abweisung des Feststellungsantrages genügt werden, auch wenn an die Abweisung erhöhte Anforderungen gestellt werden2. Diesen Rechtsgedanken hat das Gericht auch auf diese Konstellation angewandt, da es der Arbeitgeber sonst in der Hand hätte, die bloße Abweisung seines Feststellungsantrags rechtskräftig werden zu lassen, die vorläufige personelle Maßnahme jedoch nach Einlegung der zugelassenen Rechtsbeschwerde bis zu einer Entscheidung des BAG aufrecht zu erhalten3.

1 Vgl. LAG Niedersachsen v. 19.9.2012 – 17 TaBV 124/11. 2 Vgl. BAG 18.10.1988 – 1 ABR 36/87 für den Fall eines isolierten Antrags nach § 100 BetrVG. 3 LAG Berlin-Brandenburg v. 9.1.2013 – 24 TaBV 1869/12.

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K Rz. 120

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

120

Angesichts der Rechtsprechung des BAG ist der Betriebsrat „bedingt angriffsfähig“1. Von der in o.g. Konstellation abgesehen kommt der einstweilige Rechtsschutz hier in zwei Fällen zum Tragen:

121

Zum einen kann der Betriebsrat durch einstweilige Verfügung begehren, dass seine Informationsrechte gewahrt werden. So kann dem Arbeitgeber mittels einstweiliger Verfügung aufgegeben werden, bestimmte Informationen zu erteilen und den Anspruch auf Beratung zu erfüllen2.

122

Zum anderen kommt für den Betriebsrat das effektivere Mittel der Unterlassungsverfügung in Betracht, mit der der Arbeitgeber verpflichtet wird, die umstrittene Maßnahme bis zur Wahrung der Beteiligungsrechte des Betriebsrates zu unterlassen. Für den Bereich der sozialen Mitbestimmung hat das BAG seit der Entscheidung von 19943 anerkannt, dass neben dem gesetzlichen Unterlassungsanspruch des § 23 Abs. 3 BetrVG auch ein gesetzlich nicht geregelter allgemeiner Unterlassungsanspruch besteht. Diese Rechtsprechung überträgt der Erste Senat aber nicht auf die Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen. Er begründet dies mit der oben dargestellten Systematik der §§ 99 ff. BetrVG. Die Befugnis des Arbeitgebers zur vorläufigen Durchführung der Maßnahme besteht, auch ohne dass die besondere Dringlichkeit tatsächlich vorliegen muss. Es ist vielmehr ausreichend, dass der Arbeitgeber ein bestimmtes Prozedere einhält. Der Gesetzgeber nehme damit in Kauf, dass eine personelle Einzelmaßnahme vorübergehend praktiziert wird, ohne dass ihre Rechtmäßigkeit bereits feststeht. Wenn die Rechtswidrigkeit der Maßnahme feststeht, ordne das Gesetz in § 101 BetrVG die Rechtsfolgen abschließend an4. Der Unterlassungsanspruch des § 23 Abs. 3 BetrVG ist auch nach der Rechtsprechung des BAG neben § 101 BetrVG anwendbar. Bei groben Verstößen des Arbeitgebers kann der Betriebsrat also nicht nur die Aufhebung, sondern auch die Unterlassung verlangen. Diese Rechtsprechung führt dazu, dass der Betriebsrat einen rechtswidrigen Zustand so lange hinzunehmen hat, bis der Aufhebungsanspruch rechtskräftig tituliert ist. Dies kann sehr lange dauern, was aber nach Auffassung des Ersten Senats die hinzunehmende Folge der gesetzlichen Grundentscheidung ist. Ich halte diese Entscheidung nicht für richtig, da der Rechtsschutz für den Betriebsrat dadurch in einer nicht zwingend vom Gesetz vorgegebenen Weise reduziert wird. § 101 BetrVG sichert lediglich die Einhaltung des von § 100 BetrVG ermöglichten Weges der vorläufigen personellen Maßnahme, der ja ohne hin schon zu einer erheblichen Beschränkung der Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrates führt.

1 2 3 4

Korinth, ArbRB 2014, 85. Herbst/Bertelsmann, Rz. 385. BAG v. 3.5.1994 – 1 ABR 29/04. BAG v. 23.6.2009 – 1 ABR 23/08 und v. 9.3.2011 – 7 ABR 137/09; LAG BerlinBrandenburg v. 13.3.2009 – 6 TaBVGa 195/09.

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Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates

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Rz. 122 K

Ein weitergehender Ausschluss des allgemeinen Unterlassungsanspruchs ist dem Gesetzestext nicht zu entnehmen1. Die Möglichkeit einer dahin gehenden Klarstellung hat der Gesetzgeber im Zuge der Reform des BetrVG 2001 gehabt, ohne dass diese erfolgt ist. Wie gravierend die Einschränkung ist, zeigt sich insbesondere bei den kurzfristigen personellen Einzelmaßnahmen. Wenn der Arbeitgeber etwa eine Aushilfe einstellt, kann er diese Maßnahme als dringend erforderlich bezeichnen und durchführen. Endet die Beschäftigung, bevor das Zustimmungsersetzungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen worden ist, muss dieses eingestellt werden, auch wenn der Betriebsrat sich der Erledigungserklärung des Arbeitgebers nicht anschließt2. Dies gilt unabhängig davon, ob tatsächlich dringende Gründe bestanden oder auch nur für möglich gehalten werden konnten. Der Arbeitgeber kann dieses Verhalten also standardmäßig durchführen und sich im gerichtlichen Verfahren nur auf Allgemeinplätze zur Begründung der Dringlichkeit berufen. Da er sich hier vollkommen im Rahmen des gesetzlichen Prozederes gehalten hat3, kann, anders als bei einem vollständigen Unterlassen der Beteiligung, auch bei wiederholtem Handeln kein Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG bestehen. Auch ein Vertragsstrafeversprechen zugunsten eines Dritten ist unzulässig4, ebenso eine Feststellungsklage, mit der der Betrieb die Feststellung begehrt, bei einer bereits endgültig durchgeführten personellen Einzelmaßnahme habe ihm ein Mitbestimmungsrecht zugestanden5. Die ist die Folge der Grundannahme, dass Streitgegenstand des Verfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG die Frage ist, ob die beabsichtigte personelle Maßnahme auf Grund eines konkreten, an den Betriebsrat gerichteten Zustimmungsersuchens des Arbeitgebers angesichts der vom Betriebsrat vorgebrachten Verweigerungsgründe gegenwärtig und zukünftig als endgültige Maßnahme zulässig ist. Zu klären ist also nicht, ob die Maßnahme im Zeitpunkt der Antragstellung durch den Arbeitgeber zulässig war. Der Streit über die Befugnis zur vorläufigen Durchführung ist objektiv erledigt, sobald eine rechtskräftige Entscheidung über die Befugnis zur endgültigen Durchführung vorliegt6. Der Betriebsrat ist über das Ende der vorläufigen Maßnahme zu informieren, hat aber diesbezüglich kein Mitbestimmungsrecht7.

1 DKKW/Bachner, 14. Aufl. 2014, § 101 Rz. 23; s. zur Rechtfertigung der h.M. Tiedemann, ArbRB 2014, 253. 2 BAG v. 8.12.2010 – 7 ABR 99/09. 3 Vgl. BAG v. 16.1.2004 – 1 ABR 48/03, Rz. 48. 4 BAG v. 19.1.2010 – 1 ABR 62/08. 5 BAG v. 15.4.2008 – 1 ABR 14/07; Richardi/Thüsing, § 101 Rz. 6. 6 BAG v. 16.1.2007 – 1 ABR 16/06; a.A. zu Recht Karthaus/Klebe, NZA 2012, 417, 421 f., Aufspaltung der Entscheidung über die endgültige und die vorläufige Maßnahme möglich, ebenso Fitting, 27. Aufl. 2014, § 100 Rz. 15. 7 BAG v. 15.4.2014 – 1 ABR 101/12.

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K Rz. 122a

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

aa) Durchsetzbarkeit der BR-Rechte auf der Basis der BAG-Rechtsprechung 122a

Sowohl der Erste als auch der nunmehr für diese Fragen allein zuständige Siebte Senat erkennen diese Einschränkungen und zeigen Wege der Durchsetzung des Mitbestimmungsrechtes auf. Der Betriebsrat kann, wenn ein betriebsverfassungswidriges Verhalten des Arbeitgebers erstmals oder erneut zu erwarten ist, das Bestehen seines Mitbestimmungsrechts gem. § 256 Abs. 1 ZPO feststellen lassen. Wenn weitere Verstöße drohen, kann er einen Unterlassungsantrag nach § 23 Abs. 3 BetrVG stellen, da in der Missachtung eines gerichtlich festgestellten Rechts des Betriebsrats regelmäßig eine grobe Pflichtverletzung des Arbeitgebers liegt1. Dabei ist der Globalantrag zu vermeiden und auf eine hinreichende Bestimmtheit und Vollstreckungsfähigkeit zu achten s. unten stehendes Muster).

122b

Muster 75 Unterlassung von Versetzungen Der Arbeitgeberin wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes i.H.v. bis zu 10 000 b fr jeden Fall der Zuwiderhandlung aufzugeben, es zu unterlassen ohne vorherige erteilte, als erteilt geltende oder gerichtlich ersetzte Zustimmung des Betriebsrats Versetzungen von Mitarbeitern der Arbeitgeberin von einer Filiale zu einer anderen Filiale vorzunehmen, es sei denn, die Arbeitgeberin macht sachliche Grnde, die eine Versetzung dringend erforderlich machen, geltend und leitet, falls der Betriebsrat dies bestreitet, hiernach innerhalb von drei Tagen das arbeitsgerichtliche Verfahren nach § 100 BetrVG ein2. Der Erste Senat hlt es ausdrcklich fr mçglich, dass nach einer gerichtlich festgestellten Rechtswidrigkeit des Arbeitgeberhandelns der Unterlassungsanspruch des Betriebsrates gem. § 23 Abs. 3 BetrVG durch eine einstweilige Verfgung gesichert wird3. Dabei nennt der erste Senat die Mçglichkeit der einstweiligen Verfgung in zwei Zusammenhngen. Zum einen kçnne der Betriebsrat „mçglicherweise im Wege der einstweiligen Verfgung – nach § 23 Abs. 3 BetrVG vorgehen“. Damit drfte er sich im Streit ber die Zulssigkeit einer einstweiligen Verfgung bei § 23 Abs. 3 BetrVG positioniert haben4. Zum anderen heißt es im Absatz darauf: „Ferner erscheint auch eine einstweilige (Leistungs-)Verfgung zur Sicherung des gesetzlichen Aufhebungsanspruchs aus § 101 Abs. 1 BetrVG nicht ausgeschlossen“. Dies bedeutet m.E., dass im Fall eines groben Verstoßes gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates die Aufhebung der vorlufigen personellen

1 BAG v. 19.1.2010 – 1 ABR 62/08, Rz. 19. 2 BAG v. 19.1.2010 – 1 ABR 55/08; s. aber BAG v. 11.12.2007 – 1 ABR 73/06, wonach die Verwendung des Rechtsbegriffs Versetzung zur genauen Kennzeichnung der erfassten Handlungen ungenügend sein kann. 3 BAG v. 23.6.2009 – 1 ABR 23/08, Rz. 25. 4 S. zur Darstellung des Streitstandes Richardi/Thüsing, § 23 Rz. 103.

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Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates

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Rz. 123 K

Maßnahme auch durch einstweilige Verfgung durchgesetzt werden kann1. Der Arbeitgeber ist dann gehalten, das Zustimmungsersetzungsverfahren durchzufhren und kann die Maßnahme erst nach Rechtskraft der ersetzenden Entscheidung umsetzen. Diese Mçglichkeit ist aber nach einer Literaturmeinung praktisch wenig erfolgversprechend2. Versetzt der Arbeitgeber ein Betriebsratsmitglied in eine andere betriebliche Einheit mit der Folge des Verlustes des Betriebsratsamtes, ohne dass die Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 Abs. 3 BetrVG vorliegt, kann der Betriebsrat grundstzlich die Aufhebung dieser Versetzung entsprechend § 101 BetrVG auch mittels einer einstweiligen Verfgung verlangen, es sei denn, die Versetzung erfolgt im Zusammenhang mit der Schließung einer Betriebsabteilung gem. § 15 Abs. 4 und 5 KSchG3. Wenn die Konstellation, die dem Zustimmungsersetzungsverfahren zugrunde lag, ein potentiell hufiger auftretender Sachverhalt zugrunde liegt (z.B. die Frage, ob die Entsendung von einem Betriebsteil in einen anderen eine Versetzung darstellt) kommt ein Feststellungsantrag in Betracht4.

bb) Durchsetzbarkeit auf der Grundlage der hier vertretenen Meinung Die im Gesetz vorgenommene Trennung zwischen der Ersetzung der Zu- 123 stimmung und der Feststellung, dass die vorläufige Maßnahme offensichtlich nicht dringend erforderlich war, sollte in die Praxis umgesetzt werden. Es sollten Entscheidungen möglich sein, die eine Aufhebung der vorläufigen personellen Maßnahme verfügen, ohne dass zugleich über die Zustimmungsersetzung entschieden wird5. Zumindest sollte der Betriebsrat einen Gegenantrag zum Zustimmungsersetzungs- und Feststellungsantrag des Arbeitgebers stellen dürfen, mit dem festgestellt werden soll, dass die vorläufige Maßnahme nicht aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war6. Nur so kann der Missbrauch des § 100 BetrVG verhindert werden und nur so bekommt die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, die Feststellung der dringenden Erforderlichkeit zu beantragen einen Sinn7. Die Rechtsschutzlücke bei kurzzeitigen personellen Maßnahmen muss geschlossen werden, indem man bei offensicht1 A.A. HWK/Ricken, § 99 Rz. 99 m. Rechtsprechungsnachweisen; in Extremfällen soll aber auch seiner Meinung nach eine einstweilige Verfügung ergehen können. 2 Tiedemann, ArbRB 2014, 253 mit ausführlicher Darstellung der Möglichkeiten und Grenzen des einstweiligen Rechtsschutzes in diesem Bereich. 3 LAG Nürnberg v. 31.1.2014 – 8 TaBVGa 1/14 und v. 11.10.2010 – 7 TaBVGa 7/10. 4 Richardi/Thüsing, § 101 Rz. 6; ErfK/Kania, § 101 BetrVG Rz. 7. 5 Karthaus/Klebe, NZA 2012, 417, 421 f.; ebenso Fitting, 27. Aufl. 2014, § 100 Rz. 15. 6 DKKW/Bachner, § 100 Rz. 35. 7 Karthaus/Klebe, NZA 2012, 417, 421 f.

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K Rz. 124

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

lichem Missbrauch des § 100 BetrVG eine einstweilige Verfügung hiergegen zulässt1. So wurde etwa anerkannt, dass wenn ein Betriebsratsmitglied ohne Zustimmung des Betriebsrats in einer mit dem Amtsverlust einhergehenden Weise versetzt worden ist (§ 103 Abs. 3 Satz 1 BetrVG), es per einstweiliger Verfügung die Rückgängigmachung der Versetzung erwirken kann2. 124

Das Unterrichtungsrecht des Betriebsrats aus § 99 Abs. 1 BetrVG ist auch während des Arbeitskampfes zu beachten. Aus der Verletzung dieses Anspruchs kann jedoch kein Einstellungs- und Beschäftigungsverbot während des Streiks abgeleitet werden3. Das Mitbestimmungsrecht besteht noch nicht einmal dann, wenn bei einer Versetzung der abgebende Betrieb gar nicht in den Arbeitskampf einbezogen worden ist4.

125

Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber die Unterlassung der Umgehung von Mitbestimmungsrechten verlangen, die darin bestehen, dass der Arbeitgeber Arbeiten an Fremdfirmen vergibt und diese mit den erfahrenen Arbeitnehmern Nebenarbeitsverträge abschließen, um so die Arbeiten auszuführen, über die mit dem Betriebsrat keine Einigung erzielt werden konnte5. c) Antrag/Tenor

126

Bei der Antragsfassung ist zu beachten, dass ein sog. Globalantrag nicht vorliegt, wenn der Betriebsrat bei einem auf Unterlassung von Einstellungen ohne seine vorherige Zustimmung gerichteten Antrag der Möglichkeit der vorläufigen Durchführung der Einstellungen dadurch Rechnung trägt, dass er von seinem Unterlassungsantrag die Fälle ausnimmt, in denen der Arbeitgeber die für die vorläufige Durchführung nach § 100 Abs. 2 BetrVG erforderlichen Schritte vorgenommen hat. Auch lässt sich im Vollstreckungsverfahren problemlos klären, ob der Arbeitgeber die nach § 100 Abs. 2 BetrVG erforderlichen – eher formalen – Schritte vorgenommen hat, um zunächst ohne Zustimmung des Betriebsrates die personellen Maßnahmen als vorläufige durchführen und aufrechterhalten zu dürfen6. d) Streitwert

126a

Bei einem Unterlassungsbegehren des Betriebsrats unter Berufung auf § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG wurde vom LAG Hamm eine nichtvermögens1 DKKW/Bachner, § 101 Rz. 23; LAG Köln v. 13.8.2002 – 12 Ta 244/02; a.A. LAG Rheinland-Pfalz v. 26.1.2011 – 7 TaBVGa 4/10. 2 HWK/Ricken, § 103 BetrVG Rz. 31. 3 LAG Hess. v. 22.2.1990 – 12 TaBVGa 1/90. 4 BAG v. 13.12.2011 – 1 ABR 2/10. 5 LAG Hess. v. 19.4.1988 – 5 TABVGa 52/88. 6 LAG Hess. v. 15.12.1998 – 4 TaBV 107/98; s. weiter LAG Köln v. 19.3.2004 – 8 TaBV 13/04.

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Rz. 129 K

rechtliche Streitigkeit angenommen. Es hat sich an der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer und der Staffel des § 9 BetrVG orientiert. Beim Grundfall von bis zu 20 Arbeitnehmern ist es vom einfachen Auffangwert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG ausgegangen und für die weiteren in § 9 BetrVG vorgesehenen Staffeln jeweils zusätzlich diesem Wert1. 4. Wirtschaftliche Angelegenheiten – Betriebsänderungen a) Begriff der Betriebsänderung Bei der Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten wird der 127 Schutz der Beteiligungsrechte des Betriebsrates besonders im Rahmen des § 111 BetrVG bedeutsam. Danach hat der Unternehmer den Betriebsrat über bestimmte geplante Betriebsänderungen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und diese mit ihm zu beraten. Als Betriebsänderungen gelten dabei Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen, die Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, der Zusammenschluss von anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben, grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen sowie die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren. Im Einzelnen ist dabei Folgendes zu beachten2. Bei der Frage, ob ein wesentlicher Bestandteil von der Betriebsänderung 128 betroffen ist, kommt es nicht darauf an, ob in dem Betriebsteil eine für den Betriebszweck wesentliche Aufgabe erfüllt wird, sondern maßgeblich ist, ob in ihm eine erhebliche Anzahl von Arbeitnehmern beschäftigt wird3. Hier sind die Grenzen des § 17 Abs. 1 KSchG maßgeblich. Bei der Ermittlung der maßgeblichen Unternehmensgröße in sind Leiharbeitnehmer, die länger als drei Monate im Unternehmen eingesetzt sind, mitzuzählen4. Eine Betriebseinschränkung kann auch in einem großen Personalabbau 129 liegen, der nicht mit einer wesentlichen Verringerung der sächlichen Betriebsmittel einhergeht. Auch hier gelten die Grenzwerte des § 17 Abs. 1 KSchG, allerdings mit der Maßgabe, dass mindestens 5 % der gesamten Belegschaft betroffen sein muss5. Dabei ist grundsätzlich die Anzahl der Beschäftigten zum Zeitpunkt der Festlegung der unternehmerischen Entscheidung maßgeblich6. Eine geringfügige Unterschreitung der Zahlen ist jedoch nicht in jedem Fall schädlich7. Wenn in diesen Fällen eine Be1 LAG Hamm v. 23.3.2009 – 10 Ta 83/09, v. 2.8.2005 – 13 TaBV 10/05 und v. 15.7.2005 – 10 TaBV 84/05. 2 Vgl. die ausführliche Darstellung bei DKKW/Däubler, § 111 BetrVG Rz. 43 ff. 3 BAG v. 7.8.1990 – 1 AZR 445/89. 4 BAG v. 18.10.2011 – 1 AZR 335/10. 5 BAG v. 6.12.1988 – 1 ABR 47/87. 6 Vgl. BAG v. 9.5.1995 – 1 ABR 51/94. 7 BAG v. 7.8.1990 – 1 AZR 445/89; LAG Berlin v. 7.9.1995 – 10 TaBV 5/95.

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K Rz. 130

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

triebsänderung vorliegt, kann trotz grundsätzlicher Anwendbarkeit der §§ 111, 112 Abs. 1 bis 3 BetrVG ein Sozialplan über die Einigungsstelle nur erzwungen werden, wenn die betriebsbedingten Kündigungen oder die vom Arbeitgeber in diesem Zusammenhang veranlassten Aufhebungsverträge den in § 112a Abs. 1 BetrVG genannten Umfang erreichen1, so dass jedenfalls mindestens sechs Arbeitnehmer von der geplanten Entlassung betroffen sein müssen. Die Rechte des Betriebsrates gem. § 111 bis 113 BetrVG sind auch nur dann gegeben, wenn in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt werden. 130

Es ist zu beachten, dass § 112a BetrVG nicht die Informationspflichten des Arbeitgebers gem. § 111 BetrVG ausschließt. Ebenso muss der Arbeitgeber das Verfahren über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan durchführen. Die Einschränkung der Befugnisse der Einigungsstelle bezieht sich nur auf den Einigungsstellenspruch hinsichtlich eines Sozialplans2.

131

In den ersten vier Jahren ihres Bestehens sind neu gegründete Betriebe nicht verpflichtet, infolge eines Personalabbaus einen Sozialplan zu erstellen (§ 112a Abs. 2 Satz 1 BetrVG).

132

Bei den Grenzwerten bezüglich des Personalabbaus ist zu beachten, dass auch dann eine Betriebsänderung vorliegt, wenn diese Werte zwar nicht bei einer einzigen Entlassungsaktion erreicht werden, aber mehrere Entlassungsaktionen auf einem einheitlichen Entschluss beruhen und nur zeitlich gestaffelt durchgeführt werden und dabei insgesamt die in § 112a Abs. 1 BetrVG genannten Grenzen erreichen3.

133

Eine Stilllegung des gesamten Betriebes oder wesentlicher Betriebsteile liegt nur dann vor, wenn der Arbeitgeber ernstlich und endgültig entschlossen ist, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft für einen seiner Dauer nach unbestimmten, wirtschaftlich aber nicht unerheblichen Zeitraum aufzugeben4, nicht hingegen, wenn noch eine Fortsetzung des Betriebes erwogen wird, auch wenn diese mit einer Änderung des Betriebszweckes einhergehen würde. Eine Betriebsstilllegung kann auch vorliegen, wenn die gekündigten Arbeitnehmer in ihrer jeweiligen Kündigungsfrist noch für die Abarbeitung vorhandener Aufträge eingesetzt werden, anstatt ihre Arbeiten sofort einzustellen5.

134

Eine grundlegende Änderung des Betriebszweckes ist dann gegeben, wenn der Gegenstand der Tätigkeit des Betriebes vollkommen oder in 1 2 3 4

Vgl. BAG v. 8.11.1988 – 1 AZR 687/87. Richardi/Annuß, § 112a Rz. 2. BAG v. 9.5.1995 – 1 ABR 51/94. BAG v. 7.7.2005 – 2 AZR 447/04; v. 16.6.1987 – 1 AZR 528/85 und v. 27.9.1984 – 2 AZR 309/83. 5 BAG v. 7.7.2005 – 2 AZR 447/04; s. weiter HWK/Hohenstatt/Willemsen, § 111 BetrVG Rz. 23.

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Rz. 136 K

seinen wesentlichen Teilen umgestellt wird1. Ein Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB stellt keine Betriebsänderung in diesem Sinne dar. Jedoch kann mit dem Inhaberwechsel gleichzeitig eine grundlegende Änderung des Betriebszweckes nach § 111 Satz 2 Nr. 4 BetrVG erfolgen, so dass Beteiligungsrechte des Betriebsrates insoweit gegeben sind2. b) Pflichten des Unternehmers Liegen die Voraussetzungen des § 111 BetrVG vor, obliegen dem Arbeit- 135 geber Informations- und Beratungspflichten mit dem Betriebsrat. Diese müssen rechtzeitig erfüllt werden, d.h. vor der endgültigen Entscheidung über die Betriebsänderung (s. K Rz. 136). Dabei muss zunächst ein Interessenausgleich versucht werden, in dem die Frage geregelt werden soll, ob, wann und in welcher Form die vorgesehene Maßnahme durchgeführt werden soll. Können sich die Betriebspartner nicht einigen, so muss der Versuch der Durchführung eines Interessenausgleichs in der Einigungsstelle fortgesetzt werden. Eine Pflicht zur vorherigen intensiven Beratung besteht nicht. Vielmehr kann der Betriebsrat die Einigungsstelle sogleich anrufen, wenn er die Aufnahme förmlicher Verhandlungen für nicht erfolgversprechend hält. § 98 ArbGG überlagert insoweit den Verhandlungsanspruch aus § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG3. Dabei wird auch über einen Sozialplan verhandelt, der sich im Gegensatz zum Interessenausgleich mit dem Ausgleich oder der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile befasst, die den Arbeitnehmern aus der Betriebsänderung zu entstehen drohen. Wenn eine Einigung hierüber nicht zustande kommt, kann die Einigungsstelle verbindlich über einen Sozialplan entscheiden (§ 112 Abs. 4 BetrVG). Der Versuch eines Interessenausgleichs i.S.v. § 113 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 BetrVG setzt nicht voraus, dass die Einigungsstelle das Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen förmlich durch Beschluss feststellt4. Bei dem Informations- und Beratungsanspruch handelt es sich um einen 136 eigenständigen Anspruch des Betriebsrates. Dieser setzt ein, sobald die Planung so weit gediehen ist, dass sich der Unternehmer im Grundsatz entschlossen hat, die Maßnahme vorbehaltlich der Bemühungen um eine Einigung mit dem Betriebsrat durchzuführen. Dabei ist das Mitbestimmungsrecht nicht davon abhängig, ob und in welcher Weise der Unternehmer eine vorhergehende Planung durchgeführt hat5. Die Unterrichtung muss so rechtzeitig erfolgen, dass die Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan einschließlich des Verfahrens nach 1 Vgl. zu den Einzelheiten Schäfer, Rz. 220. 2 Vgl. BAG v. 21.10.1980 – 1 AZR 145/79. 3 LAG Niedersachsen v. 25.10.2005 – 1 TaBV 48/05; LAG Hamm v. 9.8.2004 – 10 TaBV 81/04. 4 BAG v. 16.8.2011 – 1 AZR 44/10. 5 BAG v. 17.9.1974 – 1 AZR 16/74; vgl. weiter zum Zeitpunkt der Unterrichtung Fitting, § 111 BetrVG Rz. 107 ff.

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K Rz. 137

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

§ 112 vorher abgeschlossen werden können1. Nur so kann der Betriebsrat noch Einfluss auf die geplante Entscheidung nehmen. Der Anspruch kann auch die Überlassung von Unterlagen wie z.B. die Untersuchungen einer Unternehmensberatungsgesellschaft beinhalten. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass darin Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse enthalten sind. Zum einen unterliegt der Betriebsrat gem. § 79 Abs. 1 Satz 1 BetrVG einer Verschwiegenheitspflicht. Zum anderen können derartige Bestandteile von Unterlagen geschwärzt werden. Dies darf jedoch den Informationsgehalt nicht so einschränken, dass der Auskunftsanspruch des Betriebsrates letztlich in wesentlichen Teilen unerfüllt bleibt. c) Folgen von Pflichtverletzungen aa) Nachteilsausgleich 137

Unternimmt der Unternehmer keinen Versuch des Interessenausgleichs oder weicht er ohne zwingenden Grund von einem einmal vereinbarten Interessenausgleich ab, so bestimmt § 113 BetrVG, dass der Arbeitgeber zur Zahlung eines Nachteilsausgleichs in Form von Abfindungen verpflichtet ist. Diese werden auf Initiative der einzelnen Arbeitnehmer vom ArbG festgesetzt und können nur von den Arbeitnehmern beansprucht werden, deren Arbeitsverhältnis von der Betriebsänderung unmittelbar nachteilig betroffen ist2.

138

Allgemein wird die Sanktion des Nachteilsausgleichs als nicht ausreichend empfunden, um den Arbeitgeber zur Beachtung der betriebsverfassungsrechtlichen Mitwirkungsrechte des Betriebsrates zu veranlassen. Eine solche Druckwirkung fehlt schon deshalb, weil der Nachteilsausgleich den Arbeitgeber nicht notwendigerweise zu höheren Zahlungen verpflichtet, als dies ein Sozialplan tun würde. Vielmehr ist der Anspruch auf Nachteilsausgleich in voller Höhe auf einen etwaigen Abfindungsanspruch aus einem Sozialplan anzurechnen, jedenfalls dann, wenn kein Verstoß gegen die EU-Massenentlassungsrichtlinie gegeben ist3. Daher gewinnt hier der vorläufige Rechtsschutz besondere Bedeutung. Auch in diesem Fall ist zu unterscheiden zwischen der Durchsetzung von Informations- und Beratungsrechten des Betriebsrates und der vorläufigen Untersagung der Maßnahme bis zur Durchführung des Mitwirkungsverfahrens. bb) Einstweilige Verfügung auf Unterrichtung

139

Die Erfüllung des Anspruches auf Unterrichtung kann seitens des Betriebsrates auch mittels einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt wer1 Fitting, § 111 BetrVG Rz. 109. 2 BAG v. 22.1.2013 – 1 AZR 873/11. 3 BAG v. 16.5.2007 – 8 AZR 693/06.

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Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates

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Rz. 143 K

den. Der Verfügungsanspruch ergibt sich dabei aus § 111 BetrVG, ein Verfügungsgrund besteht dann, wenn konkrete Anzeichen dafür vorliegen, dass eine entsprechende Betriebsänderung zeitnah bevorsteht, ohne dass der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen gerecht wird1. Der Verfügungsantrag muss aber so substantiiert sein, dass hieraus ersichtlich wird, welche konkreten Informationen der Betriebsrat begehrt, so dass der Inhalt vollstreckungsfähig ist (s. Muster 79, K Rz. 164). Mit diesem Anspruch werden die Beteiligungsrechte des Betriebsrates je- 140 doch nur unvollkommen gesichert, da der Arbeitgeber ungeachtet einer stattgebenden einstweiligen Verfügung die streitgegenständliche Maßnahme weiter durchführen kann. cc) Einstweilige Verfügung auf Erzwingung von Sozialplan und Interessenausgleich Der Arbeitgeber ist lediglich verpflichtet, den Versuch eines Interessen- 141 ausgleichs zu unternehmen. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch auf Abschluss eines solchen. Mangels eines Verfügungsanspruchs kommt daher eine einstweilige Verfügung auf Abschluss eines Interessenausgleichs nicht in Betracht2. Allerdings kann der Arbeitgeber möglicherweise im Wege der einstweiligen Verfügung gezwungen werden, mit dem Betriebsrat in Verhandlungen über einen Interessenausgleich einzutreten. Diese Verhandlung muss nicht zu einem Ergebnis führen, so dass dieser Antrag wenig effektiv ist. Auch der Abschluss eines Sozialplanes kann nicht mit einer einstweili- 142 gen Verfügung erreicht werden. Hierfür ist zwingend das Einigungsstellenverfahren vorgesehen, so dass eine Befriedigungsverfügung zu einer Übersicherung des Betriebsrates führen würde. Die herrschende Meinung hält es auch für unzulässig, eine Einigungs- 143 stelle durch Erlass einer einstweiligen Verfügung einzurichten3. Dies rechtfertigt sich daraus, dass § 98 Abs. 1 Satz 3 ArbGG für das Bestellungsverfahren lediglich die Vorschriften des allgemeinen Beschlussverfahrens in den §§ 80 bis 84 ArbGG für entsprechend anwendbar erklärt, nicht jedoch § 85 ArbGG und damit auch nicht § 85 Abs. 2 ArbGG, der im allgemeinen Beschlussverfahren den Erlass von einstweiligen Verfügungen ermöglicht. Der vorläufige Rechtsschutz ist auch nicht erforderlich, weil das Bestellungsverfahren bereits beschleunigt durchzuführen ist und daher ein darüber hinausgehendes Eilbedürfnis nicht besteht.

1 Schäfer, Rz. 227. 2 Schäfer, Rz. 230. 3 LAG Niedersachsen v. 29.9.1988 – 14 TaBV 84/88; ArbG Ludwigshafen v. 20.11.1996; GMP/Matthes/Spinner, § 98 Rz. 22; a.A. LAG Düsseldorf v. 8.2.1991 – 15 TaBV 11/91.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

dd) Einstweilige Verfügung auf Erfüllung des Interessenausgleichs 144

Ist jedoch eine solche Einigung über einen Interessenausgleich zwischen den Betriebspartnern zustande gekommen, stellt sich die Frage, ob die so getroffene Regelung mittels einer einstweiligen Verfügung durchsetzbar ist. Nach verbreiteter Auffassung soll dies deswegen nicht möglich sein, weil der Interessenausgleich keinen Anspruch des Betriebsrates auf dessen Einhaltung bewirke. Ein Abweichen des Arbeitgebers hiervon habe nur die Sanktion des Nachteilsausgleichs gem. § 113 BetrVG1. Auch auf der Basis dieser Auffassung ist jedoch stets genau zu prüfen, ob inhaltlich wirklich ein Interessenausgleich oder nicht vielmehr eine – möglicherweise freiwillige – Betriebsvereinbarung mit Sozialplancharakter vorliegt, deren Einhaltung der Betriebsrat auf jeden Fall erzwingen kann (s. K Rz. 169 ff.). In der betrieblichen Praxis werden die Bezeichnungen für Kollektivverträge nicht immer präzise angewandt.

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Die h.M. zur fehlenden Durchsetzbarkeit eines Interessenausgleichs überzeugt m.E. nicht. Ebenso wenig wie die Sonderregelung der §§ 100 f. BetrVG einstweilige Verfügungen ausschließt, kann in § 113 BetrVG eine abschließende Sanktionsregelung gesehen werden. Dies folgt zum einen aus der unvollkommenen Sanktionswirkung des § 113 BetrVG, die vom Arbeitgeber bewusst in Kauf genommen werden kann, weil die Kosten für den Nachteilsausgleich den eines Sozialplanes nicht übersteigen. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, warum der allgemeine Rechtsgrundsatz „pacta sunt servanda“ nicht auch auf Vereinbarungen über einen Interessenausgleich angewandt werden soll. Wie bei jedem anderen Vertrag auch sind beide Parteien verpflichtet, die eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen. Der Umstand, dass der Arbeitgeber nicht gezwungen werden kann, einen Interessenausgleich abzuschließen, steht dem nicht entgegen. Im Gegenteil spricht der freiwillige Abschluss einer solchen Vereinbarung eher dafür, ihr auch Geltung zu verschaffen2. Es kommt hinzu, dass der Interessenausgleich auch eine Gestaltungswirkung auf einzelne Arbeitsverhältnisse entfalten kann, wenn bei einer Betriebsänderung eine Namensliste der zu kündigenden Arbeitnehmer vereinbart wird3. Die Betriebspartner können die Bindungswirkung jedoch ausschließen und vereinbaren, dass der Interessenausgleich nicht durchsetzbar ist und eine Abweichung nur einen Nachteilsausgleich nach § 113 BetrVG zur Folge hat4. Ist dies nicht der Fall, kann m.E. der Interessenausgleich wie jede andere Kollektivvereinbarung auch durchgesetzt werden. In diesem Zusammenhang ist auf eine Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg hin1 BAG v. 21.8.1991 – 7 ABR 72/90, EzA BetrVG § 113 Nr. 21 mit insofern zustimmender Anm. Schilken. 2 Däubler, Arbeitsrecht I, 559, Fn. 1029; vgl. DKKW/Däubler, §§ 112, 112a Rz. 15 ff. m. Nachweisen zum Streitstand; zum Anspruch auf Durchführung einer Betriebsvereinbarung oder auf Untersagung der Durchführung eines Einigungsstellenspruchs s. unten K Rz. 169 ff., K Rz. 174 ff. 3 DKKW/Däubler, §§ 112, 112a Rz. 16. 4 DKKW/Däubler, §§ 112, 112a Rz. 17a.

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zuweisen, wonach ein „qualifizierter“ Interessenausgleich, der nicht nur Regelungen über die Durchführung der Betriebsänderung selbst, sondern auch Folgeregelungen enthält, die ihrer Art nach Geltung für die Arbeitsverhältnisse beanspruchen und den Arbeitnehmern Rechte oder Ansprüche einräumen, eine besondere Vereinbarung ist, die die Rechtsnatur einer freiwilligen Betriebsvereinbarung aufweist1. ee) Einstweilige Verfügung auf Unterlassung einer Betriebsänderung (1) Verfügungsanspruch Die bislang geschilderten Möglichkeiten der Durchsetzung von betriebs- 146 verfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechten sind unvollkommen. Mit ihnen kann nicht verhindert werden, dass der Arbeitgeber am Betriebsrat vorbei mitbestimmungswidrig vollendete Tatsachen schafft. Von daher steht im Mittelpunkt des Interesses, ob der Betriebsrat einen Anspruch hat, dass der Arbeitgeber mitbestimmungspflichtige Betriebsänderungen so lange unterlässt, wie er seinen kollektivrechtlichen Verpflichtungen gegenüber dem Betriebsrat nicht nachgekommen ist. Diese Frage ist heftig umstritten (unten K Rz. 147). Die gegenläufigen Interessen bestehen auf Unternehmerseite darin, dass er schnell und flexibel auf veränderte wirtschaftliche Rahmendaten reagieren und seine unternehmerische Entscheidungsfreiheit nicht über Gebühr einschränken lassen will. Auf der Betriebsratsseite besteht ein Interesse daran, auf eine sozialverträgliche Durchführung der geplanten Maßnahmen hinzuwirken. Diese gegenläufigen Interessen gilt es abzuwägen. Bei der rechtlichen Beurteilung ist zunächst zu beachten, dass dem Be- 147 triebsrat kein echtes Mitbestimmungsrecht bei Betriebsänderungen zusteht. Er hat lediglich Beratungs- und Informationsrechte, kann aber letztlich die Durchsetzung der unternehmerischen Entscheidung nicht verhindern. Dies steht jedoch einer einstweiligen Verfügung auf vorläufige Unterlassung der Betriebsänderung nicht entgegen. Zwar kann der Betriebsrat im Hauptsacheverfahren nicht die Unterlassung der Betriebsänderung erreichen, so dass auch kein diesbezügliches Sicherungsbedürfnis besteht. Dieses ist aber hinsichtlich der Beratungs- und Informationsansprüche gegeben. In diesem Zusammenhang ist auf § 938 ZPO hinzuweisen, wonach dem Gericht die Festlegung des erforderlichen Sicherungsmittels obliegt. Da die anderen aufgezeigten Sicherungsmittel regelmäßig nicht effizient genug sind, ist die vorläufige Untersagung der Betriebsänderung ein zulässiges Mittel, um dem Beratungs- und Informationsrecht des Betriebsrates Geltung zu verschaffen. Dabei wird nicht der Grundsatz verletzt, dass auch die Regelungsverfügung eines zu sichernden Verfügungsanspruches bedarf2. Der Verfügungsanspruch besteht in 1 LAG Berlin-Brandenburg v. 4.6.2010 – 13 Sa 832/10, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen, 1 AZN 855/10. 2 So aber LAG Berlin v. 7.9.1995 – 10 TaBV 5/95 unter 2.2.2 der Entscheidungsgründe.

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den genannten Informations- und Beratungsrechten. Auf das Bestehen eines materiell-rechtlichen Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruchs1 kommt es wegen § 938 ZPO nicht an2. Dabei ist zu beachten, dass Unterlassungsansprüche auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung als selbständige, einklagbare Nebenansprüche bestehen können3. Durch eine solche einstweilige Verfügung tritt auch keine Übersicherung des Betriebsrates vor dem Hintergrund der nicht durchsetzbaren Unterlassung der Betriebsänderung im Hauptsacheverfahren ein4. Es geht nämlich nicht darum, die Betriebsänderung auf Dauer zu verhindern, sondern nur für einen angemessenen Zeitraum, um den Arbeitgeber zur Beachtung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten anzuhalten. Die zeitliche Begrenzung des Unterlassungsgebots kann einerseits dadurch erreicht werden, dass eine bestimmte Frist gesetzt wird5 oder dass das Unterlassungsgebot auflösend bedingt durch die Erfüllung der Informations- und Beratungspflichten des Arbeitgebers ist6. Letzteres erscheint sachgerechter, denn sonst besteht die Gefahr, dass der tenorierte Zeitraum sich als nicht ausreichend herausstellt und u.U. erneut gerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden muss7. Neben der zeitlichen Beschränkung ist auch inhaltlich zu beachten, dass der Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung einer Betriebsänderung nur der Sicherung seines Verhandlungsanspruchs für den Interessenausgleich dient und nicht losgelöst hiervon der Untersagung der Betriebsänderung selbst. Daher können nur solche können nur solche Maßnahmen des Arbeitgebers untersagt werden, die den Verhandlungsanspruch des Betriebsrats rechtlich oder faktisch in Frage stellen8. Nicht vom Unterlassungsanspruch erfasst werden reine Vorbereitungsmaßnahmen wie die Schulung und Einweisung der Mitarbeiter eines anderen Unternehmens, auf das der nach der Planung des Arbeitgebers auszugliedernde Betriebsteil übertragen werden soll9. 148

Der Arbeitgeber wird durch eine solche Eilmaßnahme auch nicht über Gebühr in seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt. 1 Verneint vom LAG Berlin-Brandenburg v. 12.12.2013 – 17 TaBVGa 2058/13. 2 Vgl. GMP/Matthes/Spinner, § 85 Rz. 33; Schulze, S. 254, spricht von einer „unselbständigen Unterlassungsnebenpflicht“. 3 Vgl. BAG v. 31.5.1994 – 1 ABR 24/93. 4 So aber Bengelsdorf, DB 1990, 1233 ff.; Baur, ZfA 1997, 445, 486. 5 LAG Hessen v. 18.1.2011 – 4 Ta 487/10 – „Dauer der Frist ist an der Zeitspanne zu orientieren, die nach dem Stand und dem bisherigen Verlauf der Verhandlungen der Betriebsparteien voraussichtlich bei zügigem Vorgehen für den Abschluss des Beteiligungsverfahrens erforderlich sein wird“; Hess. LAG v. 27.6.2007 – 4 TaBVGa 137/07; ArbG Bremen-Bremerhaven v. 25.11.2009 – 12 BVGa 1204/09; LAG Berlin v. 7.9.1995 – 10 TaBV 5/95, 3 Monate; s. auch Dahl, jurisPR-ArbR 45/2011 Anm. 2. 6 So Schäfer, Rz. 240. 7 So im Tenor auch ArbG Hamburg v. 29.5.2012 – 27 BVGa 2/12. 8 LAG Berlin-Brandenburg v. 19.6.2014 – 7 TaBVGa 1219/14. 9 Hess. LAG v. 19.1.2010 – 4 TaBVGa 3/10.

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Hier ist zu beachten, dass der Betriebsrat im Vergleich zur Mitbestimmung in sozialen Fragen ohnehin nur sehr eingeschränkte Rechte hat. Er kann, wie bereits erwähnt, die Durchführung der unternehmerischen Maßnahmen letztlich nicht verhindern. Darin liegt bereits die Anerkennung der unternehmerischen Betätigungsfreiheit, die lediglich verlangt, dass der Arbeitgeber einen bestimmten Modus procedendi einhält1. Dies wird einem vorausschauend planenden Unternehmer auch ohne weiteres möglich sein, so dass er es selbst in der Hand hat, durch ein betriebsverfassungsrechtlich einwandfreies Verhalten derartige Eilmaßnahmen zu vermeiden. Somit kann dem Betriebsrat ein Anspruch auf vorläufige Unterlassung der Betriebsänderung zustehen2. Dies gilt auch für die Mit1 S. aber ArbG Bremen-Bremerhaven v. 25.11.2009 – 12 BVGa 1204/09, wonach im Einzelfall eine unzulässiger Eingriff in die unternehmerische Freiheit vorliegen kann. 2 So z.B. LAG Berlin-Brandenburg v. 12.12.2013 – 17 TaBVGa 2058/13, Untersagung von Kündigungen; LAG Hamm v. 20.4.2012 – 10 TaBVGa 3/12, v. 28.6.2010 – 13 Ta 372/10 und v. 28.8.2003 – 13 TaBV 127/03 unter ausdrücklicher Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung; LAG Schleswig-Holstein v. 15.12.2010 – 3 TaBVGa 12/10 mit europarechtlicher Begründung; Hess. LAG v. 19.1.2010 – 4 TaBVGa 3/10 und v. 27.6.2007 – 4 TaBVGa 137/07, s. dazu zust. Anm. Schulze-Doll/Ritschel, AuR 2008, 268; LAG Thüringen v. 26.9.2000 – 1 TaBV 14/2000 und v. 18.8.2003 – 1 Ta 104/03; LAG München v. 22.12.2008 – 6 TaBVGa 6/08; LAG Berlin-Brandenburg v. 25.6.2008 – 15 TaBVGa 1145/08; wohl auch LAG Schleswig-Holstein v. 20.7.2007 – 3 TaBVGa 1/07; ArbG Bremen-Bremerhaven v. 25.11.2009 – 12 BVGa 1204/09; ArbG Flensburg v. 24.1.2008 – 2 BV Ga 2/08; LAG Niedersachsen v. 4.5.2007 – 17 TaBVGa 57/07; ArbG Hamburg v. 25.1.2007 – 25 GaBV 1/07; ArbG München v. 6.12.2002 – 27 BVGa 68/02; ArbG Karlsruhe v. 22.7.2003 – 6 BVGa 2/03; DKKW/Däubler, §§ 112, 112a Rz. 53 mit umfangreichem Rechtsprechungsnachweis; GMP/Matthes/Spinner, ArbGG, § 85 Rz. 34; Herbst/Bertelsmann/Reiter, S. 658; Korinth, ArbRB 2005, 61; Ostrowicz/Künzl/Scholz, Rz. 859; Schäfer, Rz. 239; Buschmann, AuR 1996, 285; Dütz, AuR 1998, 181; Gruber, NZA 2011, 2011, 1017; Heither, FS für Däubler, 1999, S. 338; Klebe, AiB 1996, 723, Matthes, RDA 1999, 178; Matthes, FS für Dieterich, 1999, S. 355; Pflüger, DB 1998, 2062; Zwanziger, BB 1998, 477; differenzierend Gruber, NZA 2011, 1011; s. auch Eisemann, Arbeitsgerichtsbarkeit und Wissenschaft 2012, 131, und die Darstellung bei Raif, ArbRB 2010, 236 und die Anregung einer Entscheidungsmöglichkeit durch das BAG v. Lipinski/Reinhard, NZA 2009, 1184; zum fehlenden Unterlassungsanspruch des EBR bei Betriebsschließungen s. ArbG Köln v. 25.5.2012 – 5 BV 208/11, Anm. Hayen, jurisPR-ArbR 40/2012 Anm. 3. Anderer Ansicht z.B. LAG Rheinland-Pfalz v. 26.1.2011 – 7 TaBVGa 4/10; LAG Baden-Württemberg v. 21.10.2009 – 20 TaBVGa 1/09; LAG Köln v. 27.5.2009 – 2 TaBVGa 7/09, v. 5.3.2009 – 5 TaBVGa 1/09 und v. 30.4.2004 – 5 Ta 166/0; LAG Nürnberg v. 9.3.2009 – 6 TaBVGa 2/09 mit zust. Anm. Bissels, jurisPR-ArbR 52/2009 Anm. 5; ArbG Kiel v. 27.7.2000 – 1 BVGa 39a/00; ArbG Frankfurt v. 11.9.2002 – 2 BVGa 398/02; ArbG Marburg v. 4.2.2011 – 2 BVGa 1/11 und v. 29.12.2003 – 2 BVGa 5/03; Fitting, § 111 BetrVG Rz. 135; HWK/Hohenstatt/Willemsen, § 111 BetrVG Rz. 80; Richardi/Annuß, BetrVG, § 111 Rz. 168 f.; Schwab/Weth/Walker, ArbGG, § 85 Rz. 110; Bauer, DB 1994, 224; Bauer/Göpfert, DB 1997, 1464; Baur, ZfA 1997, 445, 486; Bengelsdorf, DB 1990, 1233; Hohenstatt, NZA 1998, 846; Löwisch, NZA 1996, 1009; Neef, NZA 1997, 68; Raab, ZfA 1997, 183, 246 ff., jeweils m.w.N.; vgl. auch die Übersicht bei Fitting, § 111 BetrVG Rz. 131 ff. und bei Richardi/Annuß, § 111 Rz. 166.

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bestimmungsrechte der Betriebsräte der Post-Aktiengesellschaften hinsichtlich der dort beschäftigten Beamten1. 149

Kein Verfügungsanspruch besteht hingegen in Tendenzbetrieben, da für diese gem. § 118 Abs. 1 Satz 2 BetrVG nicht verpflichtet sind, einen Interessenausgleich zu versuchen2. Ebenso wenig können Europäische Betriebsräte bei Verletzung ihrer Anhörungsrechte einen Unterlassungsanspruch geltend machen3. Der Betriebsrat hat auch keinen im Wege einstweiliger Verfügung durchsetzbaren Anspruch darauf, dass eine mitbestimmungswidrig bereits teilweise durch geführte Betriebsänderung wieder rückgängig gemacht wird, etwa durch „Rücknahme“ von Kündigungen oder Zurückführen von Betriebsmitteln. Die einstweilige Verfügung kann nur vor bevorstehenden Veränderungen schützen. Sie ist kein Instrument der Restitution4. Es ist auch zu beachten, dass eine Einigungsstelle zum Thema „Betriebsänderung“ offensichtlich unzuständig i.S.v. § 98 ArbGG ist, wenn das LAG im Eilverfahren das Vorliegen einer solchen verneint hat5. (2) Verfügungsgrund

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Mit der grundsätzlichen Anerkennung eines Anspruches auf Unterlassung einer Betriebsänderung ist jedoch noch nicht gesagt, dass dieser stets bei einem mitbestimmungswidrigen Verhalten des Arbeitgebers gegeben ist. Zu dem grundsätzlich bestehenden Anspruch muss stets auch ein Verfügungsgrund hinzutreten. Dabei hat eine umfassende Interessenabwägung stattzufinden, die gerade angesichts der Bedeutung der Eilmaßnahme mit größter Sorgfalt vorzunehmen ist. Deswegen kann auf eine mündliche Verhandlung auch regelmäßig nicht verzichtet werden.

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Für den Verfügungsgrund ist zunächst notwendig, dass der Vollzug der Betriebsänderung droht, wenn er nicht vorläufig durch eine Eilmaßnahme verhindert wird. In der Rechtsprechung ist dies verneint worden, wenn der Arbeitgeber verhandlungsbereit ist6. Wenn aber im Rahmen einer Betriebsänderung, die auch im Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen besteht, der Arbeitgeber bereits das Anhörungsverfahren gem. § 102 BetrVG eingeleitet hat, dürfte ein Verfügungsgrund bestehen. Weiter bedarf es einer Abwägung der Interessen, die den Arbeitgeber zum so1 ArbG Hannover v. 22.6.1995 – 11 BVGa 2/95, AiB 1995, 739 mit Anm. Lörcher, Beschwerde zurückgewiesen vom LAG Niedersachsen v. 2.2.1996 – 3 TaBV 75/95. 2 LAG Rheinland-Pfalz v. 18.8.2005 – 4 TaBV 33/05. 3 LAG Köln v. 8.9.2011 – 13 Ta 267/11. 4 LAG Rheinland-Pfalz v. 26.1.2011 – 7 TaBVGa 4/10. 5 LAG Hamburg v. 26.3.2014 – 5 TaBV 3/14. 6 LAG Rheinland-Pfalz v. 5.2.2010 – 6 TaBVGa 5/09; LAG Köln v. 27.5.2009 – 2 TaBVGa 7/09 und v. 5.3.2009 – 5 TaBVGa 1/09, jeweils auf der Basis einer grundsätzlich ablehnenden Haltung.

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fortigen Handeln veranlasst haben, und dem Interesse des Betriebsrates an der Wahrung seiner Beteiligungsrechte. Dabei ist insbesondere auch eine Folgenabwägung vorzunehmen. Es sind die Nachteile für den Unternehmer aufgrund einer vorläufigen Untersagung der Betriebsänderung den Nachteilen der Belegschaft durch die Nichtbeachtung der Beteiligungsrechte des Betriebsrates gegenüberzustellen. Im Rahmen dieser Interessenabwägung darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass das mitbestimmungswidrige Verhalten auch ohne eine Unterlassungsverfügung nicht völlig sanktionslos bleibt, sondern vielmehr den – wenn auch als unvollkommen empfundenen – Nachteilsausgleich gem. § 113 BetrVG zur Folge hat. Weiter muss das Verhalten des Arbeitgebers im Vorfeld Berücksichtigung finden. Hat er bereits seit längerem die Betriebsänderung geplant und beteiligt den Betriebsrat erst in der Schlussphase, obwohl ihm eine andere Verhaltensweise möglich gewesen wäre, so hat er die Nachteile, die mit einer vorläufigen Untersagung der Betriebsänderung verbunden sind, selbst verursacht, so dass sie sich nicht entscheidend zu seinen Gunsten auswirken können. Das Verhalten des Betriebsrats kann aber der Annahme eines Verfügungsgrundes entgegenstehen. Die Eilentscheidung kann nicht mehr erlassen werden, wenn das Beteiligungsverfahren einschließlich der Verhandlungen in einer Einigungsstelle über den Abschluss eines Interessenausgleichs bereits hätte abgeschlossen sein können1. Auch ist hier die Wechselwirkung von Verfügungsgrund und Verfügungsanspruch zu beachten. Je offenkundiger der Verfügungsanspruch gegeben ist, desto eher wird man auch das Bestehen eines Verfügungsgrundes annehmen können. Ist der Verfügungsanspruch hingegen rechtlich schwierig zu beurteilen, wird dies in die Interessenabwägung einzubeziehen sein2. Hinsichtlich einer Betriebsänderung, die allein im Aussprechen einer Vielzahl von Kündigungen besteht, hat das LAG Berlin-Brandenburg einen Verfügungsanspruch verneint, wenn das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KSchG noch nicht stattgefunden hat. Gleichwohl ausgesprochene Kündigungen seien sämtlich unwirksam, so dass der Verhandlungsanspruch des Betriebsrats nicht gefährdet sei3. Dies scheint angesichts der faktischen Wirkung vieler rechtlich unwirksamer Kündigungen jedenfalls nicht verallgemeinerungsfähig. Stets ist auch der Ausschluss der Schadensersatzvorschrift des § 945 ZPO 152 durch § 85 Abs. 2 ArbGG in die Interessenabwägung mit einzubeziehen. (3) Antrag/Tenor Die Bestimmtheit des Antrags ist gerade in diesem Bereich von elemen- 153 tarer Bedeutung. Insbesondere in den Fällen, in denen eine Entscheidung 1 LAG Hessen v. 18.1.2011 – 4 Ta 487/10. 2 LAG Köln v. 20.5.2009 – 8 TaBVGa 3/09; vgl. Schäfer, Rz. 243. 3 LAG Berlin-Brandenburg v. 12.12.2013 – 17 TaBVGa 2058/13.

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ohne mündliche Verhandlung begehrt wird, führt ein schlecht formulierter Antrag zum Rechtsverlust. Die zu unterlassende Handlung muss so exakt umschrieben sein, dass für den Arbeitgeber und erforderlichenfalls das Vollstreckungsgericht klar erkennbar ist, welche einzelnen Kündigungen und sonstigen Betriebsänderungen für welchen Zeitraum zu unterlassen sind1. Dem wird z.B. der Antrag, „Maßnahmen der Betriebsänderung der Betriebsschließung“ zu unterlassen nicht gerecht2, ebenso die Formulierung, der Arbeitgeber solle „Kündigungen aus Anlass der geplanten Betriebsänderung“ unterlassen3. Es muss also genau umschrieben werden, welche konkreten Maßnahmen, die der Betriebsrat als Betriebsänderung ansieht, unterlassen werden sollen. Handelt es sich um Betriebsteilverlagerungen, muss ausgeführt werden, welche Gegenstände nicht an einen anderen Ort verbracht werden sollen. Im Fall einer Betriebs(teil)schließung sind Angaben über die Handlungen notwendig, die der Betriebsrat als Vollzug dieser Schließungsabsicht ansieht. Das LAG Hamm4 hat tenoriert, dass dem Arbeitgeber aufgegeben wird, die am … geplante Ausgliederung der Betriebsteile Küche/Cafeteria auf die … GmbH … so lange zu unterlassen, bis der zwischen den Beteiligten zu versuchende Interessenausgleich zustande gekommen oder endgültig gescheitert ist. 154

Besteht die geplante Betriebsänderung entweder ausschließlich oder unter anderen aus Kündigungen, so muss im Unterlassungsantrag die Beschränkung auf betriebsbedingte Kündigungen enthalten sein, denn ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich personen- oder verhaltensbedingter Kündigungen besteht nicht. Die Namen der zu kündigenden Arbeitnehmer sind m.E. nicht unbedingt in den Antrag aufzunehmen, zumal der Betriebsrat diese nicht notwendigerweise kennt5. Wenn sie ihm aber im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG bekannt geworden sind, ist es unbedingt anzuraten, diese in den Antrag mit aufzunehmen. Der Antrag sollte sich zweckmäßigerweise aber nicht darin erschöpfen. Über die konkret genannten Arbeitnehmer hinaus sollte allgemein die Untersagung betriebsbedingter Kündigungen und, sofern für ein entsprechendes Vorgehen Anhaltspunkte bestehen, auch betrieblich veranlasster Aufhebungsverträge beantragt werden. Dadurch wird der Rechtsschutz umfassender.

1 LAG Schleswig-Holstein v. 13.1.1992 – 4 TaBV 54/91; LAG Nürnberg v. 31.8.2005 – 6 TaBV 41/05; so auch allgemein zum Unterlassungsantrag BAG v. 3.12.2008 – 5 AZR 469/07. 2 ArbG Kiel v. 27.7.2000 – 1 BVGa 39a/00. 3 LAG Schleswig-Holstein v. 13.1.1992 – 4 TaBV 54/91, anders noch die Vorinstanz ArbG Flensburg v. 11.12.1991 – 1 BVGA 31/91, die entsprechend tenoriert hatte. 4 LAG Hamm v. 28.8.2003 – 13 TaBV 127/03; vgl. weiter ArbG Karlsruhe v. 22.7.2003 – 6 BVGa 2/03. 5 Vgl. aber LAG Schleswig-Holstein v. 13.1.1992 – 4 TaBV 54/91, das dies in einem Betrieb mit 59 Beschäftigten und 15 potentiell Betroffenen für notwendig ansieht, nicht hingegen in größeren Betrieben.

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Rz. 157 K

Die Anträge sollten stets separat voneinander gestellt werden, ggf. als 155 Hilfsanträge gestaffelt, um einer vollständigen Abweisung als Globalantrag bei nur teilweiser Unbegründetheit1 zu entgehen. Die Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sollte ebenfalls 156 mit aufgenommen werden. Bei der Höhe des Zwangsgeldes ist zu beachten, dass dieses für den allgemeinen Unterlassungsanspruch in Anlehnung an § 23 Abs. 3 BetrVG höchstens 10 000 t betragen darf2. Dies dürfte auch für die hier behandelten Anträge gelten. (4) Streitwert Es handelt sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit3. Der 157 Wert des Verfahrensgegenstandes hat sich an der Bedeutung der Betriebsänderung zu orientieren. Eine Festsetzung auf den Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 RVG erscheint regelmäßig nicht ausreichend4. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es nicht um das ob der Durchführung der Betriebsänderung geht, sondern lediglich um einen zeitlichen Aufschub. Die von den zu kündigenden Arbeitnehmern zu beanspruchende Vergütung spielt dabei keine Rolle5, ebenso wenig der konkrete Bearbeitungsaufwand der Verfahrensbevollmächtigten6. In der Rechtsprechung wurde der Wert einmal auf den zehnfachen Hilfswert festgesetzt7, ein anderes Mal wurde zunächst vom doppelten Hilfswert ausgegangen. Wenn der verzögerte Personalabbau zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten führe, sei vom dreifachen Hilfswert auszugehen. Sodann hat sich das LAG Berlin8 an der Staffel des § 17 KSchG bzw. bei bloßem Personalabbau des § 112 BetrVG orientiert und für jede Stufe erneut den doppelten bzw. dreifachen Hilfswert hinzugerechnet9. Beim LAG Niedersach-

1 BAG v. 20.10.1999 – 7 ABR 37/98. 2 BAG v. 29.4.2004 – 1 ABR 30/02 unter III 1b) aa) der Gründe. 3 LAG Köln v. 9.5.2011 – 12 Ta 63/11; LAG Berlin v. 24.10.2003 – 17 Ta (Kost) 6080/03; LAG Sachsen v. 11.12.2001 – 4 Ta 286/01 L; LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 16.11.2000 – 1 Ta 67/00; s. weiter zu den Gegenstandswerten Ernst, AuR 2003, 19. 4 Vgl. aber LAG Köln v. 9.5.2011 – 12 Ta 63/11, Ausgangsbasis Hilfsstreitwert, im Einzelfall aber verdoppelt; LAG Schleswig-Holstein v. 13.3.1997 4 TA 115/96 – n.v. – 11/2 fache des Hilfsstreitwertes, aber Reduktion wegen des vorläufigen Charakters der Unterlassungsverfügung um ein Drittel; wie hier; LAG Sachsen v. 11.12.2001 – 4 Ta 286/01 L; LAG Berlin v. 24.10.2003 – 17 Ta (Kost) 6080/03. 5 LAG Sachsen v. 11.12.2001 – 4 Ta 286/01 L. 6 LAG Berlin v. 24.10.2003 – 17 Ta (Kost) 6080/03; vgl. aber LAG Sachsen v. 11.12.2001 – 4 Ta 286/01 L, in dem u.a. auf die Schwierigkeit der Materie abgestellt wird. 7 LAG Sachsen v. 11.12.2001 – 4 Ta 286/01 L. 8 LAG Berlin v. 24.10.2003 – 17 Ta (Kost) 6080/03. 9 Ähnlich LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 16.11.2000 – 1 Ta 67/00, das den sich daraus ergebenden Betrag noch im den Prozentsatz der betroffenen Arbeitnehmer zur Gesamtbelegschaft vermehrt, also bei einer Betriebsschließung verdoppelt.

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K Rz. 158

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

sen1 wurde der einfache Hilfsstreitwert als Basis genommen und dann eine entsprechende Erhöhung an den Werten des § 17 Abs. 1 KSchG vorgenommen. Das LAG Düsseldorf2 hat wie folgt entschieden: Zunächst sei ein Sockelbetrag von 8000 t zugrunde zu legen. Sodann sei für jeweils sechs Arbeitnehmer zusätzlich der gesetzliche Hilfsstreitwert in Ansatz zu zu bringen, bis der Höchstwert erreicht wird. Es sei auch noch zu differenzieren, ob es sich um eine Betriebsstilllegung handelt (Verdoppelung des Wertes) oder lediglich um eine Betriebsänderung hinsichtlich eines Teiles des Betriebes. Ein Abschlag für die Vorläufigkeit des Rechtsschutzes kommt nicht in Betracht, da das Eilverfahren in der Regel das Hauptsacheverfahren ersetzt3. 158

Bei einer einstweiligen Verfügung auf die Beachtung sonstiger Mitbestimmungsrechte erscheint ein Rückgriff auf den Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 RVG vielfach angemessen4. ff) Unterlassungsanspruch gem. § 23 BetrVG

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Nach der nunmehr wohl herrschenden Auffassung kann mit einer einstweiligen Verfügung der Unterlassungsanspruch im Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG durchgesetzt werden. Der Erste Senat des BAG hält es ausdrücklich für möglich, dass nach einer gerichtlich festgestellten Rechtswidrigkeit des Arbeitgeberhandelns der Unterlassungsanspruch des Betriebsrates gem. § 23 Abs. 3 BetrVG durch eine einstweilige Verfügung gesichert wird5. Auch wenn diese Möglichkeit in einer Literaturmeinung als praktisch wenig erfolgversprechend angesehen wird, besteht sie de jure6 und ist zur Sicherung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats auch eine einstweilige Verfügung bisweilen notwendig7. Dafür spricht auch, dass im Falle der bereits vollzogenen Maßnahme des Arbeitgebers keine einstweilige Verfügung mehr möglich ist8, so dass dann kein effizienter

1 LAG Niedersachsen v. 17.1.2011 – 17 Ta 21/11; ebenso LAG Hamm v. 25.6.2010 – 10 Ta 163/10, Hilfsstreitwert und für jeden weiteren betroffenen Arbeitnehmer ein Sechstel davon. 2 LAG Düsseldorf v. 12.2.2008 – 6 Ta 44/08 im Anschluss an LAG MecklenburgVorpommern v. 16.11.2000 – 1 Ta 67/00, gebilligt vom LAG Köln v. 9.5.2011 – 12 Ta 63/11. 3 Vgl. LAG Berlin v. 5.6.2001 – 17 Ta 6025/01 (Kost); LAG Köln v. 9.6.1999 – 12 Ta 144/99 – (dreifacher Hilfswert). 4 LAG Hamm v. 9.11.2005 – 13 TaBV 148/05 – für ein Rauchverbot, wobei der Antrag zu erklären, dass das bereits verhängte Rauchverbot keine Gültigkeit habe, mit weiteren 2000 t bewertet wurde. 5 BAG v. 23.6.2009 – 1 ABR 23/08, Rz. 25. 6 Tiedemann, ArbRB 2014, 253. 7 LAG Düsseldorf v. 16.5.1990 – 12 TaBV 9/90; LAG Köln v. 22.4.1985 – 6 TaBV 5/85; Ebmeier/Schöne, Rz. 266; Fitting, § 23 BetrVG Rz. 76; vgl. weiter Prütting, RdA 1995, 262. 8 LAG Nürnberg v. 31.8.2005 – 6 TaBV 41/05.

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Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates

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Rz. 161 K

Rechtsschutz gegeben ist. Das Gegenargument, dass das Gericht dem Arbeitgeber gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ein Ordnungs- oder Zwangsgeld erst dann auferlegen kann, wenn er einer zuvor durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung aufgegebenen Verpflichtung zuwider handelt1, überzeugt hingegen nicht. gg) Hinzuziehung eines Sachverständigen Für den Betriebsrat kann es in Interessenausgleichs- und Sozialplanver- 160 handlungen notwendig sein, einen Sachverständigen hinzuzuziehen (§ 80 Abs. 3 BetrVG)2. Dabei kann das fehlende Einverständnis des Arbeitgebers nur durch einen rechtskräftigen Beschluss im Hauptsacheverfahren ersetzt werden3. Dies ist in den Fällen unbefriedigend, in denen nur die zeitnahe Beauftragung eines Sachverständigen geeignet ist, dem Betriebsrat effektive Hilfe zu gewähren, da der Arbeitgeber ansonsten vollendete Tatsachen schaffen könnte. In diesen Fällen kann die Gestattung der Bestellung eines Sachverständigen auch im Verfügungsverfahren geschehen4. Der Betriebsrat muss aber darlegen, welche Konsequenzen die Durchsetzung dieses Anspruchs im regulären Beschlussverfahren hätte und warum ein Eilbedürfnis besteht. Der Antrag kann nicht auf die Ersetzung der Zustimmung des Arbeitgebers gehen, da es sich dabei um eine Willenserklärung handelt, die nur durch eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung im Hauptsacheverfahren ersetzt werden kann (§ 894 Abs. 1 ZPO). Eine vorläufige Regelung des Zustandes kann dadurch erreicht werden, dass dem Betriebsrat durch die einstweilige Verfügung gestattet wird, auf Kosten des Arbeitgebers einen Sachverständigen hinzuzuziehen (s. Muster 84, K Rz. 168). Dabei ist der in Aussicht genommene Sachverständige nicht Beteiligter. Der Betriebsrat kann auch die Zahlung eines angemessenen Vorschusses 161 an den Sachverständigen verlangen5.

1 LAG Nürnberg v. 31.8.2005 – 6 TaBV 41/05; LAG Hamm v. 4.2.1977 – 3 TaBV 75/76; ArbG Marburg v. 15.12.1995 – 2 BVGa 22/95; ErfK/Koch, § 23 BetrVG Rz. 30; Richardi/Thüsing, § 23 Rz. 103. 2 S. hierzu Wlotzke/Preis/Preis, § 80 Rz. 44. 3 Vgl. BAG v. 25.4.1978 – 6 ABR 9/75; Wlotzke/Preis/Preis, § 80 Rz. 44. 4 LAG Hamm v. 22.8.2008 – 10 TaBVGa 3/08 und v. 5.3.1994 – 13 TaBV 16/94; LAG Düsseldorf v. 9.11.1983 – 5 TaBV 82/83; ArbG Wesel v. 26.5.1997 – 2 BVGa 6/97; DKKW/Buschmann, § 80 Rz. 155 m.w.N.; Korinth, ArbRB 2008, 53; zurückhaltend LAG Köln v. 18.10.2006 – 2 Ta 408/06 und v. 5.3.1986 – 5 TaBV 4/86. 5 Herbst/Bertelsmann, Rz. 327 m. Rechtsprechungsnachweisen.

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K Rz. 162

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Muster 76 Antrag auf einstweilige Verfgung gegen Anordnung von Mehrarbeit An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten Betriebsrat der X-GmbH … – Antragsteller und Beteiligter zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: und der X-GmbH … – Beteiligte zu 2) – zeige ich an, den Antragsteller zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: 1. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, es zu unterlassen, eine Verlngerung der betriebsblichen Arbeitszeit („berstunden“) oder eine berschreitung der vertraglichen Wochenarbeitszeit von Arbeitnehmern des Betriebes … (nhere Bezeichnung) in der Zeit von … bis … anzuordnen, zu vereinbaren oder zu dulden, sofern nicht die Zustimmung des Betriebsrats dazu erteilt ist oder die fehlende Zustimmung des Betriebsrats durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt ist oder Notflle vorliegen. 2. Fr jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nr. 1 wird der Beteiligten zu 2) – bezogen auf jeden Tag und jeden Arbeitnehmer – ein Ordnungsgeld, dessen Hçhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, angedroht. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller ist der Betriebsrat im Betrieb der Beteiligten zu 2). Diese hat gegenber den Arbeitnehmern angekndigt, dass in dem Zeitraum von … bis … aufgrund eines Großauftrages Mehrarbeit zu leisten ist (ggf. nher ausfhren). Die Zustimmung des Betriebsrats wurde vorher nicht eingeholt.

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Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates

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Rz. 162 K

Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des …, als Anlage K1 anbei. (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Dem Antragsteller steht ein allgemeiner Unterlassungsanspruch (vgl. BAG v. 3.5.1994 – 1 ABR 24/93) gegen die Beteiligte zu 2) zu (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Danach sind ohne Beachtung des Mitbestimmungsrechts angeordnete berstunden zu unterlassen und deren Ableistung darf auch nicht geduldet werden (vgl. BAG v. 27.11.1990 – 1 ABR 77/89). Hinsichtlich der Reichweite des Antrages wird klargestellt, dass der Antragsteller bei der „Beachtung des Mitbestimmungsrechts“ davon ausgeht, dass er nicht zu beteiligen ist, wenn leitende Angestellte betroffen sind, es sich um eine Maßnahme ohne kollektiven Charakter oder um einen Notfall oder eine arbeitskampfbezogene Maßnahme handelt. Der Verfgungsgrund ergibt sich zum einen daraus, dass die Beteiligungsrechte des Antragstellers entwertet wrden, wenn die Rechtskraft eines Hauptsacheverfahrens abgewartet werden msste. Bis zur rechtskrftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren bliebe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch endgltig unerfllt. Das Verfgungsverfahren hat aber gerade den Zweck, die Nachteile zu vermeiden, die durch eine lange Prozessdauer im Hauptsacheverfahren eintreten kçnnen. Darber hinaus entstehen der durch den Antragsteller vertretenen Belegschaft erhebliche Nachteile, die ein Abwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar erscheinen lassen (nher ausfhren). Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … beschlossen, das vorliegende Verfahren einzuleiten und den Unterzeichner damit zu beauftragen. Glaubhaftmachung: Vorlage des Protokolls, in Ablichtung anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden, im Original anbei. Unterschrift

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K Rz. 163

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Muster 77 Antrag auf Unterlassung der Verwendung von Personalfragebçgen An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten Betriebsrat der X-GmbH … – Antragsteller und Beteiligter zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: und der X-GmbH …, – Beteiligte zu 2) – zeige ich an, den Antragsteller zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: 1. Der Beteiligten zu 2) wird untersagt, die Arbeitnehmer des Betriebes … (ggf. nher bezeichnen) aufzufordern, Personalfragebçgen auszufllen, sofern nicht die Zustimmung des Betriebsrats dazu erteilt ist oder die fehlende Zustimmung des Betriebsrats durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt ist. 2. Fr jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nr. 1 wird der Beteiligten zu 2) ein Ordnungsgeld, dessen Hçhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, angedroht. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller ist der Betriebsrat im Betrieb … (ggf. nher bezeichnen) der Beteiligten zu 2) Diese beabsichtigt, Organisationsuntersuchungen durchzufhren, wozu auch Fragebçgen gehçren, mit denen die Beteiligte zu 2) nhere Informationen ber Arbeitsablufe etc. gewinnen mçchte. Glaubhaftmachung: Vorlage von Schreiben, eines Fragebogens, eidesstattliche Versicherung des … (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung

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Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates

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Rz. 163 K

an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Der Betriebsrat hat mit Schreiben vom … ein Mitbestimmungsrecht gem. § 94 Abs. 1 BetrVG fr sich reklamiert. Die Beteiligte zu 2) vertritt hingegen in ihrem Erwiderungsschreiben vom … die Auffassung, dass dies nicht eingreife. Glaubhaftmachung: Vorlage der Schreiben, in Ablichtung anbei. Die Rechtsauffassung der Beteiligten zu 2) ist unzutreffend. Das Mitbestimmungsrecht des § 94 Abs. 1 BetrVG bezieht sich auf den „Inhalt von Personalfragebçgen“, was zur Folge hat, dass zwar nicht die Entscheidung, ob derartige Fragebçgen eingefhrt werden, der Mitbestimmung unterworfen ist, wohl aber deren inhaltliche Gestaltung. Dabei ist ein Personalfragebogen i.S.v. § 94 Abs. 1 BetrVG in der Regel die formularmßig gefasste Zusammenstellung von durch die Arbeitnehmer zu beantwortenden Fragen, die Aufschluss ber Person, Kenntnisse und Fhigkeiten der Arbeitnehmer geben soll. Das Mitbestimmungsrecht dient dazu, die den Arbeitnehmern gestellten Fragen auf die Gegenstnde und den Umfang zu beschrnken, fr welche ein berechtigtes Auskunftsbedrfnis der Arbeitgeberseite besteht. Die in dem Fragebogen, der hier Verwendung finden soll, enthaltenen Fragen sind nicht lediglich ttigkeitsbezogenen Charakters, sondern auch personenbezogen. Fr diese Beurteilung ist nicht der erklrte Zweck, sondern allein der Inhalt und die Mçglichkeiten, die sich aus einer Beantwortung ergeben, maßgebend (nher ausfhren). Der Verfgungsgrund ergibt sich daraus, dass die Beteiligungsrechte des Antragstellers entwertet werden, wenn die Rechtskraft eines Hauptsacheverfahrens abgewartet werden msste. Bis zur rechtskrftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren bliebe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch endgltig unerfllt. Das Verfgungsverfahren hat aber gerade den Zweck, die Nachteile zu vermeiden, die durch eine lange Prozessdauer im Hauptsacheverfahren eintreten kçnnen. Es kommt hinzu, dass den betroffenen Arbeitnehmern ohne die einstweilige Regelung ein Nachteil i.S.v. § 940 ZPO droht, da sie bei bloßem Verweigern des Ausfllens der Erhebungsbçgen der Gefahr individualrechtlicher Sanktionen ausgesetzt wren. Diese wren zwar rechtswidrig, zunchst jedoch faktisch vorhanden und wrden dadurch die Arbeitnehmer erheblich beschweren. Die Aufgabe des Betriebsrats besteht daher darin, die kollektive Schutzfunktion fr die Belegschaft wahrzunehmen. Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … beschlossen, das vorliegende Verfahren einzuleiten und den Unterzeichner damit zu beauftragen.

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K Rz. 163a

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Glaubhaftmachung: Vorlage des Protokolls, in Ablichtung anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden, im Original anbei. Unterschrift

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Muster 78 Antrag auf Untersagung der Anordnung der Vorlage einer rztlichen Arbeitsunfhigkeitsbescheinigung bereits am ersten Tage An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten Betriebsrat der X-GmbH … – Antragsteller und Beteiligter zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: … und der X-GmbH … – Beteiligte zu 2) – zeige ich an, den Antragsteller zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: 1. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, es bis zum rechtskrftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens (ArbG … – Az.: …) zu unterlassen, Arbeitnehmern die Auflage zu erteilen, ab dem ersten Krankheitstag eine rztliche Bescheinigung ber die Arbeitsunfhigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer einzuholen und sptestens am dritten Krankheitstag der Beteiligten zu 2) vorzulegen, soweit nicht die Zustimmung des Beteiligten zu 1) oder eine die Zustimmung des Beteiligten zu 1) ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle vorliegt. Fr jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung wird der Beteiligten zu 2) ein Ordnungsgeld von bis zu 10 000,– EUR angedroht. 2. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, den Arbeitnehmern im Betrieb … bekannt zu geben und in den dortigen Arbeitsbereichen auszuhngen, dass die den Arbeitnehmern erteilte Auflage, ab sofort ab dem ersten

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Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates

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Rz. 164 K

Krankheitstag eine rztliche Bescheinigung ber die Arbeitsunfhigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer einzuholen und sptestens am dritten Krankheitstag der Beteiligten zu 2) vorzulegen, unwirksam ist1.

Muster 79 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung wegen Information und berlassung eines Gutachtens

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An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten Betriebsrat der X-GmbH … – Antragsteller und Beteiligter zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: … und der X-GmbH … – Beteiligte zu 2) – zeige ich an, den Antragsteller zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: 1. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, den Antragsteller umfassend unverzglich anhand von Unterlagen ber folgende geplante Maßnahmen zu unterrichten: (exakte Darlegung der geplanten Vernderungen), insbesondere dem Antragsteller unverzglich Fragen zu beantworten (konkrete Problempunkte in Fragestellung kleiden). 2. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, dem Antragsteller das Gutachten des Unternehmensberaters G.G. vom … (sofern Datum bekannt) ber die Durchfhrbarkeit von Organisationsnderungen im Bereich (nher bezeichnen) zum Zwecke der Anfertigung einer Fotokopie zu berlassen, hilfsweise es dem Antragsteller fr drei Tage zur Einsichtnahme zu berlassen. 3. Der Beteiligten zu 2) wird zur Vermeidung eines Ordnungsgeldes, dessen Hçhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, untersagt, die im Antrag

1 Antrag nach LAG Köln v. 21.8.2013 – 11 Ta 87/13.

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K Rz. 164

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Nr. 1 benannte Umorganisation fortzusetzen und die bislang erlangten Ergebnisse zu verwerten, bis der Antragsteller umfassend i.S.d. Antrags Nr. 1 unterrichtet ist und mit ihm ber die Maßnahmen beraten wurde und – soweit erforderlich – seine Zustimmung zur Umorganisation vorliegt oder durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller ist der Betriebsrat im Betrieb … (ggf. nher bezeichnen) der Beteiligten zu 2). Diese beabsichtigt, Organisationsvernderungen erheblichen Ausmaßes durchzufhren (eingehende Darlegung der geplanten Maßnahmen, Angaben, woher die Informationen stammen, ggf. Beifgung von Unterlagen). Hierber gibt es ein umfangreiches Gutachten vom … Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des … (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.), ggf. Planungsunterlagen. Nachdem der Antragsteller hiervon Kenntnis erhalten hatte, wandte er sich unverzglich an die Beteiligte zu 2) und forderte sie schriftlich auf, ihm nhere Informationen zu erteilen. Hierauf wurde lediglich erwidert, (nher darlegen, etwa dass es sich um bloße Planungsspiele handele, die einem Informations- und Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates noch nicht zugnglich seien). Glaubhaftmachung: Vorlage des Schriftverkehrs, in Anlage als Ablichtung anbei. Diese Begrndung vermag die Weigerung, die Ausknfte zu erteilen, nicht zu rechtfertigen (nher darlegen). Die Unterrichtungs- und Beratungsrechte ergeben sich aus §§ … BetrVG. Die Beteiligte zu 2) ist diesen Pflichten nicht bzw. nicht ausreichend nachgekommen (ggf. nher darlegen, dass die bermittelten Informationen inhaltlich nicht ausreichend oder etwa nur mndlich erfolgt sind). Dem Betriebsrat stehen bei den geplanten Umorganisationen auch Mitbestimmungsrechte nach §§ 87 Abs. 1 Nr. 6, 98 und 112 BetrVG zu (nher darlegen).

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Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates

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Rz. 164 K

Fr die Erfllung der Informationsverpflichtung ist auch die Herausgabe des Gutachtens notwendig. Dieses enthlt Detailinformationen, die fr die Auswirkungen der Betriebsnderung fr die vom Antragsteller vertretenen Arbeitnehmer von großer Wichtigkeit sind. Da das Gutachten sehr umfangreich ist (der genaue Umfang wurde von der Arbeitgeberin nicht genannt), reicht eine bloße Einsichtnahme nicht aus, sondern es muss im Betriebsrat als Kollegialorgan diskutiert werden kçnnen. Hierfr ist eine Fotokopie erforderlich. Fr den Fall, dass das Gericht diesen Anspruch fr nicht gegeben ansieht, muss mindestens eine berlassung fr drei Tage erfolgen. Dem Anspruch kann auch nicht entgegengehalten werden, dass in dem Gutachten eventuell Betriebs- oder Geschftsgeheimnisse enthalten sind. Zum einen unterliegt der Betriebsrat gem. § 79 Abs. 1 Satz 1 BetrVG einer Verschwiegenheitspflicht. Zum anderen kçnnen derartige Bestandteile von Unterlagen geschwrzt werden. Dies darf jedoch den Informationsgehalt nicht so einschrnken, dass der Auskunftsanspruch des Betriebsrates letztlich in wesentlichen Teilen unerfllt bleibt. Die fr den Verfgungsgrund erforderliche Eilbedrftigkeit ist sowohl fr das Informationsbegehren des Antragstellers als auch fr die Sicherung seiner Beratungs- und Mitbestimmungsrechte gegeben, weil ein Beschlussverfahren im Hauptsacheverfahren wegen des damit verbundenen Zeitablaufs unzulnglich wre. Dem Erlass der einstweiligen Verfgung zur Unterrichtung des Antragstellers steht nicht entgegen, dass ihm insofern vollstndige Befriedigung seines Anspruchs zuteil wird. Die Beratungsrechte des Betriebsrats kçnnen effektiv nur dadurch gesichert werden, dass die von der Beteiligten zu 2) beabsichtigten Maßnahmen durch einstweilige Verfgungen gestoppt werden. Ohne den vorlufigen Rechtsschutz htte es die Beteiligte zu 2) praktisch in der Hand, die Vernderungen ohne Zustimmung des Antragstellers unter Verletzung des Mitbestimmungsrechts zur Anwendung zu bringen. Die bei der Leistungsverfgung vorzunehmende Interessenabwgung fhrt zu einem berwiegenden Interesse des Antragstellers, da keine Grnde ersichtlich sind, die das mitbestimmungswidrige Verhalten der Beteiligten zu 2) zu rechtfertigen geeignet sind (ggf. nher ausfhren, falls die Arbeitgeberseite sich schon auf konkrete Grnde bezogen hat). Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … beschlossen, das vorliegende Verfahren einzuleiten und den Unterzeichner damit zu beauftragen. Glaubhaftmachung: Vorlage des Protokolls, in Ablichtung anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden, im Original anbei. Unterschrift

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K Rz. 165

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Muster 80 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung auf Unterlassung betriebsbedingter Kndigungen An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten Betriebsrat der X-GmbH … – Antragsteller und Beteiligter zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: … und der X-GmbH … – Beteiligte zu 2) – zeige ich an, den Antragsteller zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: 1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, bis zum Abschluss von Interessenausgleichsverhandlungen einschließlich des Verfahrens der ggf. anzurufenden Einigungsstelle, hilfsweise hçchstens bis zum Ablauf des …, betriebsbedingte Kndigungen gegenber den Arbeitnehmern A, B und C des Betriebs … (ggf. genaue Bezeichnung) auszusprechen 2. Der Antragsgegnerin wird untersagt, bis zum Abschluss von Interessenausgleichsverhandlungen einschließlich des Verfahrens der ggf. anzurufenden Einigungsstelle, hilfsweise hçchstens bis zum Ablauf des …, gegenber den Arbeitnehmern A, B und C gegenber Angebote zum Abschluss betrieblich veranlasster Aufhebungsvertrge abzugeben. 3. Der Antragsgegnerin wird untersagt, bis zum Abschluss von Interessenausgleichsverhandlungen einschließlich des Verfahrens der ggf. anzurufenden Einigungsstelle, hilfsweise hçchstens bis zum Ablauf des …, sonstigen Arbeitnehmern des Betriebs … (ggf. genaue Bezeichnung) gegenber betriebsbedingte Kndigungen auszusprechen. 4. Der Antragsgegnerin wird untersagt, bis zum Abschluss von Interessenausgleichsverhandlungen einschließlich des Verfahrens der ggf. anzurufenden Einigungsstelle, hilfsweise hçchstens bis zum Ablauf des …, sonstigen Arbeitnehmern gegenber Angebote zum Abschluss betrieblich veranlasster Aufhebungsvertrge abzugeben.

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5. Fr jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld bis zu 10 000 b angedroht. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller ist der bei der Beteiligten zu 2) fr den Betrieb … (erforderlichenfalls nher bezeichnen) gebildete Betriebsrat. Diese beschftigt in diesem Betrieb … Arbeitnehmer. Durch Gesellschafterbeschluss vom … wurde beschlossen, große Teile des Betriebes zu schließen (nher ausfhren, den genauen Informationsstand des Betriebsrats darstellen) und die betriebsbedingte Kndigung von … Arbeitnehmern auszusprechen. Glaubhaftmachung: Vorlage des Protokolls der Gesellschaftersitzung vom …, (entweder als Anlage beifgen oder die Gegenseite gem. § 421 ZPO zur Vorlage auffordern), eidesstattliche Versicherung des … (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Am … gingen beim Betriebsrat Anhçrungsschreiben bezglich der im Antrag zu 1. genannten Arbeitnehmer gem. § 102 BetrVG ein. Glaubhaftmachung: Vorlage der Anhçrungsschreiben, als Anlage in Ablichtung anbei. Der Antragsteller hat einen Anspruch darauf, dass seine Mitwirkungsrechte nach § 111 Satz 1 und § 112 Abs. 1 und Abs. 2 Stze 1 und 2 BetrVG beachtet werden. Sptestens seit … plant die Beteiligte zu 2) eine Betriebsnderung, die nicht nur eine Betriebsteilschließung, sondern auch einen massiven Personalabbau, der mit … Beendigungskndigungen ber die fr nach der Rechtsprechung des BAG erforderlichen Prozentstze hinausgeht. Nach § 111 BetrVG ist die Beteiligte zu 2) daher verpflichtet, den Antragsteller ber eine geplante Betriebsnderung rechtzeitig und umfassend zu unterrichten, sich mit ihm zu beraten und bis in die Einigungsstelle den Versuch eines Interessenausgleichs zu unternehmen. Dem steht nicht die Entscheidung des BAG v. 28.8.1991 – 7 ABR 72/90, AP ArbGG 1979 § 85 Nr. 2, entgegen, weil es vorliegend nicht um die Einhaltung eines Interessenausgleichs geht, sondern um die Absicherung der Mitwir-

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

kungsrechte des Antragstellers fr den Zeitraum bis zum Abschluss bzw. Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen. Die Wahrnehmung dieser Rechte wird jedoch vereitelt, wenn die Beteiligte zu 2) die Betriebsnderung ohne Unterrichtung und Verhandlungen mit dem Antragsteller durchfhrt. Es geht auch nicht darum, die Betriebsnderung auf Dauer zu verhindern, sondern nur fr einen angemessenen Zeitraum aufzuschieben, um den Arbeitgeber zur Beachtung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten anzuhalten. Die Beteiligte zu 2) wird durch eine solche Eilmaßnahme auch nicht ber Gebhr in ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit eingeschrnkt. Es ist nmlich zu beachten, dass der Betriebsrat im Vergleich zur Mitbestimmung in sozialen Fragen ohnehin nur sehr eingeschrnkte Rechte hat. Er kann die Durchfhrung der unternehmerischen Maßnahmen letztlich nicht verhindern. Dies ist bereits die Anerkennung der unternehmerischen Bettigungsfreiheit, die lediglich verlangt, dass der Arbeitgeber einen bestimmten modus procedendi einhlt. Dies wird einem vorausschauend planenden Unternehmer auch ohne weiteres mçglich sein, so dass er es selbst in der Hand hat, durch ein betriebsverfassungsrechtlich einwandfreies Verhalten derartige Eilmaßnahmen zu vermeiden. Somit kann dem Betriebsrat ein Anspruch auf vorlufige Unterlassung der Betriebsnderung zustehen (LAG Berlin-Brandenburg v. 12.12.2013 – 17 TaBVGa 2058/13, Untersagung von Kndigungen; LAG Hamm v. 20.4.2012 – 10 TaBVGa 3/12, v. 28.6.2010 – 13 Ta 372/10 und v. 28.8.2003 – 13 TaBV 127/03 unter ausdrcklicher Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung; LAG Schleswig-Holstein v. 15.12.2010 – 3 TaBVGa 12/10 mit europarechtlicher Begrndung; Hess. LAG v. 19.1.2010 – 4 TaBVGa 3/10 und v. 27.6.2007 – 4 TaBVGa 137/07, s. dazu zust. Anm. SchulzeDoll/Ritschel, AuR 2008, 268; LAG Thr. v. 26.9.2000 – 1 TaBV 14/2000 und v. 18.8.2003 – 1 Ta 104/03; LAG Mnchen v. 22.12.2008 – 6 TaBVGa 6/08; LAG Berlin-Brandenburg v. 25.6.2008 – 15 TaBVGa 1145/08; wohl auch LAG Schleswig-Holstein v. 20.7.2007 – 3 TaBVGa 1/07; ArbG Bremen-Bremerhaven v. 25.11.2009 – 12 BVGa 1204/09; ArbG Flensburg v. 24.1.2008 – 2 BV Ga 2/08; LAG Niedersachsen v. 4.5.2007 – 17 TaBVGa 57/07; ArbG Hamburg v. 25.1.2007 – 25 GaBV 1/07; ArbG Mnchen v. 6.12.2002 – 27 BVGa 68/02; ArbG Karlsruhe v. 22.7.2003 – 6 BVGa 2/03; DKKW/Dubler, §§ 112, 112a Rz. 53 mit umfangreichem Rechtsprechungsnachweis; GMP/Matthes/Spinner, ArbGG, § 85 Rz. 34; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil K Rz. 145). Fr die begehrte Eilmaßnahme besteht auch ein Verfgungsgrund, da durch die Einleitung des Anhçrungsverfahrens deutlich wird, dass die beabsichtigten Kndigungen unmittelbar bevorstehen. Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … beschlossen, das vorliegende Verfahren einzuleiten und den Unterzeichner damit zu beauftragen. Glaubhaftmachung: Vorlage des Protokolls, in Ablichtung anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden, im Original anbei. Unterschrift

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Anmerkung: Die Namen der zu Kündigenden müssen nicht unbedingt 166 im Antrag aufgeführt werden. Ist die Anzahl begrenzt und sind die Namen bekannt, empfiehlt es sich jedoch, um den Antrag so bestimmt wie möglich zu fassen. Auch die Grundlage der geplanten Betriebsänderung (Gesellschafterbeschluss o.Ä.) sollte aufgenommen werden, sofern sie bekannt ist. Ist dies nicht der Fall, kann der Antrag auch lauten, dem Arbeitgeber für den genannten Zeitraum betriebsbedingte Kündigungen zu untersagen. Muster 81 Einstweilige Verfgung auf Unterlassung einer Ausgliederung

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An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten Betriebsrat der X-GmbH … – Antragsteller und Beteiligter zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: … und der X-GmbH … – Beteiligte zu 2) – zeige ich an, den Antragsteller zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Der Antragsgegnerin wird untersagt, bis zum Abschluss von Interessenausgleichsverhandlungen einschließlich des Verfahrens der ggf. anzurufenden Einigungsstelle, hilfsweise hçchstens bis zum Ablauf des … im Betrieb X die Abspaltung des Betriebsteils „Cafeteria“ durch bertragung der betrieblichen Leitungsmacht auf die … GmbH Y. durchzufhren. Fr jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld bis zu 10 000 b angedroht. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung: (in Anlehnung an das Muster 80)

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Muster 82 Einstweilige Verfgung auf Unterlassung von Kndigungen von Mietvertrgen im Rahmen von Betriebsnderungen (Formalia wie Muster 80) Es wird beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, es zu unterlassen, Mietvertrge und Zuliefervertrge zu kndigen, die fr die Produktion im Betriebsteil X von Bedeutung sind, bis zwischen den Parteien ein Interessenausgleich hinsichtlich der Verlagerung dieses Betriebsteils zustande gekommen sind oder die Verhandlungen hierber beendet sind.

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Muster 83 Einstweilige Verfgung auf Unterlassung der Verwendung personeller Auswahlrichtlinien (Formalia wie Muster 80) Es wird beantragt, der Arbeitgeberin zu untersagen, ohne Zustimmung des Betriebsrats oder eine die Zustimmung ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle bei Beendigungs- und nderungskndigungen Punktesysteme anzuwenden, nach denen die Sozialauswahl der zu kndigenden Beschftigten vorgenommen wird1.

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Muster 84 Antrag auf einstweilige Verfgung wegen Hinzuziehung eines Sachverstndigen An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten Betriebsrat der X-GmbH … – Antragsteller und Beteiligter zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: … und der X-GmbH … – Beteiligte zu 2) –

1 LAG Hamm v. 21.5.2008 – 10 TaBVGa 5/08, im Einzelfall für zulässig erachtet, aber mangels Verfügungsgrundes Abweisung des Antrags.

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zeige ich an, den Antragsteller zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Dem Antragsteller wird gestattet, auf Kosten der Beteiligten zu 2) einen Sachverstndigen fr … zu seiner Beratung in den laufenden Verhandlungen ber eine Betriebsvereinbarung zum Thema … hinzuziehen. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller ist der bei der Beteiligten zu 2) gebildete Betriebsrat. Die Beteiligten verhandeln seit … ber … Dabei handelt es sich um eine Materie, die aus folgenden Grnden die Hinzuziehung eines …-Sachverstndigen zur Information des Betriebsrats erforderlich macht: (nher ausfhren und glaubhaft machen). Dieser Anspruch ergibt sich aus § 80 Abs. 3 BetrVG. Die Beteiligte zu 2) weigert sich, diesen Anspruch zu erfllen. Das fehlende Einverstndnis des Arbeitgebers kann nur durch einen rechtskrftigen Beschluss im Hauptsacheverfahren ersetzt werden. Dies kme jedoch im vorliegenden Verfahren einer Rechtsverweigerung gleich, denn hier ist nur die zeitnahe Beauftragung eines Sachverstndigen geeignet, dem Betriebsrat effektive Hilfe zu gewhren, da die Beteiligte zu 2) ansonsten vollendete Tatsachen schaffen kçnnte. (nher ausfhren, zum Stand der Verhandlung und ggf. zu Ankndigungen des Arbeitgebers). In diesen Fllen kann die Gestattung der Bestellung eines Sachverstndigen auch im Verfgungsverfahren geschehen (LAG Hamm v. 22.8.2008 – 10 TaBVGa 3/08 und v. 5.3.1994 – 13 TaBV 16/94; LAG Dsseldorf v. 9.11.1983 – 5 TaBV 82/83; ArbG Wesel v. 26.5.1997 – 2 BVGa 6/97; DKKW/Buschmann, § 80 Rz. 155 m.w.N.; Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 3. Aufl. 2015, Teil K Rz. 160; Korinth, ArbRB 2008, 53). Der Antrag kann nicht auf die Ersetzung der Zustimmung des Arbeitgebers gehen, da es sich dabei um eine Willenserklrung handelt, die nur durch eine rechtskrftige Gerichtsentscheidung im Hauptsacheverfahren ersetzt werden kann (§ 894 Abs. 1 ZPO). Daher geht der vorliegende Antrag auf eine vorlufige Regelung des Zustandes auf die Gestattung, auf Kosten des Arbeitgebers einen Sachverstndigen hinzuzuziehen. Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … beschlossen, das vorliegende Verfahren einzuleiten und den Unterzeichner damit zu beauftragen. Glaubhaftmachung: Vorlage des Protokolls, in Ablichtung anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden, im Original anbei. (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit

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Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Unterschrift

5. Einstweilige Verfügungen zur Durchsetzung von Betriebsvereinbarungen a) Verfügungsansprüche und Verfügungsgrund 169

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, abgeschlossene Betriebsvereinbarungen durchzuführen1. Dies gilt sowohl für die Betriebsvereinbarungen, die auf dem Gebiet der erzwingbaren Mitbestimmung abgeschlossen worden sind2, als auch für freiwillige Betriebsvereinbarungen3 und Regelungsabreden4.

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Selbstverständlich sind davon auch Entscheidungen der Einigungsstelle umfasst, die die Einigung der Betriebspartner ersetzen5. Der Anspruch kann dabei in zwei Richtungen gehen; zum einen kann dem Arbeitgeber ein positives Tun aufgegeben werden, zu dem er sich in der Betriebsvereinbarung verpflichtet hat. Zum anderen besteht ein Anspruch auf Unterlassung der Maßnahmen, die der abgeschlossenen Betriebsvereinbarung zuwiderlaufen6. Für das Begehren des Betriebsrates ist nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber einen groben Verstoß i.S.v. § 23 Abs. 3 BetrVG begeht. Auch die bloße Zusicherung, das Verhalten nicht wieder zu praktizieren, lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen7. Dem Durchführungsanspruch steht auch nicht entgegen, dass der Betriebsrat das Verhalten des Arbeitgebers längere Zeit hingenommen hat8. Der Arbeitgeber kann sich der Durchführungspflicht auch nicht durch eine Anfechtung der Betriebsratswahl entziehen, jedenfalls solange das entsprechende Verfahren nicht abgeschlossen ist. Der Betriebsrat kann seinen Durchführungsanspruch auch durch eine einstweilige Verfügung geltend

1 S. zu den einzelnen Aspekten des Durchführungsanspruches Ahrendt, NZA 2011, 774. 2 BAG v. 10.11.1987 – 1 ABR 55/86. 3 DKKW/Berg, § 77 BetrVG Rz. 6. 4 Vgl. BAG v. 23.6.1992 – 1 ABR 53/91. 5 LAG Hess. v. 16.12.2004 – 5 TaBVGa 153/04; Herbst/Bertelsmann, Rz. 417; s. dazu im Einzelnen unter K Rz. 174. 6 BAG v. 10.11.1987 – 1 ABR 55/86. 7 BAG v. 23.6.1992 – 1 ABR 11/92. 8 LAG Hess. v. 12.7.1988 – 5 TaBVGa 89/88.

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machen1. Allerdings darf der Betriebsrat keine aus einer Betriebsvereinbarung resultierenden Rechte einzelner Arbeitnehmer durchsetzen2. Es bedarf auch hier eines gesondert darzulegenden Verfügungsgrundes. 171 Der Betriebsrat muss also vortragen, warum die Durchführung des Hauptsacheverfahrens für ihn unzumutbar ist. Hier werden von der Rechtsprechung keine hohen Anforderungen gestellt. Das LAG Köln3 meint, dass „weitere Anforderungen an den Verfügungsgrund als den drohenden Zeitablauf und die Durchführung der erforderlichen Interessenabwägung im Hinblick auf die Erfolgsaussicht … insbesondere bei dem geltend gemachten Anspruch auf Durchführung einer bereits abgeschlossenen Betriebsvereinbarung nicht gestellt werden können. Der Betriebsrat müsste anderenfalls zusehen, wie die verbindlich abgeschlossene Betriebsvereinbarung vom Arbeitgeber missachtet wird, obwohl § 77 Abs. 1 BetrVG eindeutig die Pflicht zur Durchführung der Betriebsvereinbarung durch den Arbeitgeber regelt.“ Das LAG Niedersachsen geht noch weiter und meint, es sei in aller Regel auch vom Bestehen eines Verfügungsgrundes auszugehen, wenn ein Verfügungsanspruch besteht, der auf Durchführung einer Betriebsvereinbarung gerichtet ist, und der Inhalt der Betriebsvereinbarung eindeutig und nicht auslegungsfähig ist. Die Erklärung der Arbeitgeberin, sie werde sich künftig nicht entgegen der Betriebsvereinbarung verhalten mit anschließender Erledigungserklärung („damit ist die Angelegenheit erledigt“), stelle kein erledigendes Ereignis dar und lasse das Rechtsschutzinteresse des Betriebsrats nicht entfallen4. Dem LAG Niedersachsen ist zuzustimmen. Da im Hauptsacheverfahren erst aus rechtskräftigen Beschlüssen vollstreckt werden kann, müssten es Betriebsrat und Belegschaft bei der Aufstellung hoher Hürden für den Verfügungsgrund ansonsten hinnehmen, dass der Arbeitgeber u.U. jahrelang Betriebsvereinbarungen mit einem eindeutigen Inhalt missachtet. Dergleichen kann von der Rechtsordnung nicht hingenommen werden und dies zu verhindern ist gerade die Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes. b) Antrag/Tenor § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist entsprechend auf das Beschlussverfahren an- 172 wendbar5. Der Antrag muss so formuliert sein, dass für denjenigen, dem eine Handlungspflicht auferlegt werden soll, klar erkennbar ist, was von ihm verlangt wird. Das BAG hat mehrfach betont, dass die Prüfung, welche Maßnahmen der Schuldner vorzunehmen oder zu unterlassen habe, grundsätzlich nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden 1 LAG Hess. v. 24.11.1987 – 5 TaBVGa 142/87. 2 LAG Berlin-Brandenburg v. 1.11.2013 – 13 TaBV 778/13; BAG v. 17.10.1989 – 1 ABR 75/88. 3 LAG Köln v. 12.6.2012 – 12 Ta 95/12. 4 LAG Niedersachsen v. 6.4.2009 – 9 TaBVGa 15/09. 5 BAG v. 29.4.2004 – 1 ABR 30/02 unter II.1c) der Gründe.

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dürfe1. Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Bestehen mehrere Möglichkeiten, der Verpflichtung zur Herbeiführung eines geschuldeten Erfolgs nachzukommen, kann dem Verpflichteten nicht immer eine der mehreren Handlungsmöglichkeiten zwingend vorgeschrieben werden. Insbesondere in Fällen, in denen der Schuldner lediglich zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs verpflichtet ist2, kann eine weite Bezeichnung der zu erfüllenden Verpflichtung unumgänglich sein, ohne dass die hierzu erforderlichen Handlungen im Einzelnen vorgeschrieben werden müssten. Es bleibt dann im Vollstreckungsverfahren zu prüfen, ob der Schuldner die titulierte Verpflichtung auf einem von ihm zu wählenden Weg erfüllt hat. 173

Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig und wird nur fallbezogen zu treffen sein. Der 1. Senat des BAG hat z.B. einen Antrag für zulässig erachtet, durch den der Arbeitgeber verpflichtet werden sollte, einen Zeitausgleich „so zu planen und umzusetzen“, dass zu einem Stichtag ein bestimmtes Guthaben nicht überschritten wird3. Hier sei für den Arbeitgeber hinreichend erkennbar, dass er durch Vornahme geeigneter, in sein Ermessen gestellter Maßnahmen darauf hinzuwirken habe, dass dieses Gleitzeitguthaben zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht überschritten werde. Ebenfalls für bestimmt genug wurde ein weiterer Antrag angesehen, wonach dem Arbeitgeber untersagt werden sollte, es zu dulden, dass die Beschäftigten ein näher definiertes Gleitzeitguthaben überschreiten, ohne dass der Betriebsrat dem vorher zugestimmt hätte oder seine Zustimmung durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden wäre4. Auch hier lasse der Antrag erkennen, was dem Arbeitgeber untersagt werden soll. Er habe zum einen „alles zu unterlassen“, was zu einer Überschreitung führt, und zugleich „das in seinen Kräften Stehende zu tun“, um eine solche zu verhindern. Bei diesen „weichen“ Begriffen findet eine gewisse Verlagerung der Prüfung in das Vollstreckungsverfahren statt. Diese wird nur dann notwendig, wenn der angestrebte Erfolg ausgeblieben ist. Dann hat der Arbeitgeber aber nicht notwendigerweise gegen die ihm vom Gericht auferlegten Verpflichtungen verstoßen. Es ist durchaus denkbar, dass er z.B. in dem genannten Fall das in seinen Kräften Stehende getan hat, die Überschreitung des Arbeitszeitguthabens aber dennoch nicht hat verhindern können. In diesem Fall obliegt ihm im Zwangsvollstreckungsverfahren die Darlegung, welche Maßnahmen er getroffen hat, um der Verpflichtung gerecht zu werden, warum er davon ausgehen durfte, dass diese hierfür geeignet sind, und aus welchen Gründen dies nicht eingetreten ist. Dabei kann der Umfang 1 BAG v. 3.6.2003 – 1 ABR 19/02 unter B I 1 der Gründe und v. 29.4.2004 – 1 ABR 30/02 unter II.1c) aa) und III b) aa) der Gründe. 2 Das BAG nennt hier beispielhaft die „Bereitstellung eines tabakrauchfreien Arbeitsplatzes oder eines Raucherraums“, v. 29.4.2004 – 1 ABR 30/02 unter III 1b) aa) der Gründe. 3 BAG v. 29.4.2004 – 1 ABR 30/02 unter II 1c) aa) der Gründe. 4 BAG v. 29.4.2004 – 1 ABR 30/02 unter III 1b) aa) der Gründe.

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der Verpflichtungen durchaus unterschiedlich sein. Bei einer jährlich wiederkehrenden Verpflichtung des Arbeitgebers1 kann dieser möglicherweise bezogen auf ein Jahr darlegen, dass er seine Maßnahmen für ausreichend ansehen durfte. Er muss dann aber für das nächste Jahr näher darlegen, was er getan hat, um die Ursachen des im vorangegangenen Jahr gemachten Fehlers zu erkennen und zu beseitigen. Erforderlichenfalls muss er eine umfassende Neubewertung betrieblicher Abläufe vornehmen, um so die Erfüllung des gerichtlichen Beschlusses darzulegen. Der Umstand, dass diese Prüfung in das Vollstreckungsverfahren verlagert wird, führt nicht zu einer Minderung der Ansprüche, die an die arbeitgeberseitigen Bemühungen zu stellen sind. Der Ausgang des Vollstreckungsverfahrens ist allerdings in solchen Fällen schwieriger zu prognostizieren. 6. Einstweilige Verfügungen im Zusammenhang mit Sprüchen der Einigungsstelle In den mitbestimmungspflichtigen Fällen, in denen die Einigungsstelle 174 noch nicht angerufen worden ist, kann die Schaffung vollendeter Tatsachen durch eine Unterlassungsverfügung seitens des Betriebsrates verhindert werden (s.o. K Rz. 146). Dies gilt auch für die Dauer des Einigungsstellenverfahrens, wobei es der Einigungsstelle obliegt, bei besonders eilbedürftigen Angelegenheiten vorläufige Regelungen zu treffen2. Dem Arbeitgeber steht hier, von Notfällen abgesehen, kein vorläufiges Alleinentscheidungsrecht zu3. Die Rechtslage nach Spruch der Einigungsstelle ist differenziert zu beur- 175 teilen. Der Spruch der Einigungsstelle unterliegt nämlich der Anfechtung gem. § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG. Damit kann eine Überschreitung des Ermessens der Einigungsstelle geltend gemacht werden. Außerhalb dieser gesetzlich geregelten Möglichkeit besteht die Möglichkeit, dass einer der Betriebspartner die Unwirksamkeit des Spruches aus anderen Gründen geltend macht. Da der Einigungsstellenspruch keinen vollstreckbaren Titel darstellt, bedarf es eines Beschlussverfahrens, um entweder dem Spruch zu seiner Durchsetzbarkeit zu verhelfen oder seine Umsetzung zu verhindern4. Grundsätzlich sind Einigungsstellensprüche unmittelbar umzusetzen. Die dagegen gerichteten Angriffe, welcher Seite auch immer, haben keinen Suspensiveffekt5. Solange keine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung vorliegt, die die Unwirksamkeit des Spruchs

1 Einen darauf gerichteten Antrag hielt das BAG für zulässig v. 29.4.2004 – 1 ABR 30/02 unter II 1d) der Gründe. 2 Herbst/Bertelsmann, Rz. 409. 3 Herbst/Bertelsmann, Rz. 335, 405. 4 Vgl. Ebmeier/Schöne, Rz. 467; Herbst/Bertelsmann/Reiter, Rz. 410 ff. 5 LAG Berlin v. 6.12.1984 – 4 TaBV 2/84.

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

feststellt, kommt daher eine einstweilige Verfügung zu seiner Durchsetzung in Betracht1. Hier sind verschiedene Fallkonstellationen denkbar: – Dem Arbeitgeber wird durch den Spruch ein bestimmtes Verhalten auferlegt; hier muss der Betriebsrat initiativ werden und das Verhalten durch eine entsprechende einstweilige Verfügung erzwingen. Hierfür reicht der Einigungsstellenspruch jedoch nicht aus, sondern es muss auch ein Eilbedürfnis vorliegen. Teilweise wird von der Rechtsprechung angenommen, dass dieses wegen der vom Gesetzgeber normierten Eilbedürftigkeit grundsätzlich gegeben sei2. Dabei sind auch die Folgen einer einstweiligen Verfügung zu beachten3. Sind diese nicht mehr rückgängig zu machen, wie z.B. bei einer Auskunftserteilung, so kann eine einstweilige Verfügung nur in krassen Ausnahmefällen ergehen. Dies setzt voraus, dass die sofortige Auskunftserteilung für den Betriebsrat von existentieller Bedeutung ist oder ihm ohne diese zumindest ein gravierender und endgültiger Rechtsverlust droht, ohne dass dem annähernd gleichwertige Interessen der Arbeitgeberseite gegenüberstehen4. – Den Arbeitnehmern werden durch den Spruch bestimmte Rechte zuerkannt; hier müssen die einzelnen Arbeitnehmer ihre Ansprüche im Urteilsverfahren durchsetzen (z.B. Abfindungsansprüche aus einem Sozialplan). In diesen Fällen wird es meist an einem Verfügungsgrund fehlen5. – Dem Arbeitgeber wird durch den Spruch die Möglichkeit eingeräumt, in einer bestimmten Weise zu verfahren, beispielsweise Überstunden anzuordnen. Hier muss der Betriebsrat eine einstweilige Verfügung erwirken, mit der dem Arbeitgeber die Durchführung des Einigungsstellenspruchs untersagt wird. Dies setzt voraus, dass dieser evident unwirksam ist, weil er krasse und offensichtliche Rechtsverstöße enthält6. Darüber hinaus müssen durch die vorläufige Durchführung des 1 LAG Hess. v. 16.12.2004 – 4 Ta 165/04; LAG Köln v. 20.4.1999 – 13 Ta 243/98; vgl. weiter LAG Köln v. 30.7.1999 – 11 TaBV 35/99 zur umgekehrten Konstellation. 2 LAG Hess. v. 16.12.2004 – 5 TaBVGa 153/04 m. Anm. Bertzbach, jurisPR-ArbR 32/2005 Anm. 2; LAG Berlin v. 6.12.1984 – 4 TaBV 2/84. 3 LAG Hess. v. 16.12.2004 – 5 TaBVGa 153/04 – behaupteter Mehraufwand von 400 000 t pro Jahr unerheblich. 4 LAG Köln v. 20.4.1999 – 13 Ta 243/98. 5 S. LAG Hamm v. 6.9.2013 – 13 TaBVGa 8/13; LAG Niedersachsen v. 18.10.2011 – 11 TaBV 88/10, in dem auf ein im Vorverfahren (11 TaBVGa 52/09) erfolglosen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Sicherheitsleistung für einen Sozialplan verwiesen wird. 6 LAG Hamburg v. 5.3.2000 – 3 TaBV 6/00 m. zust. Anmerkung Bertelsmann, AiB 2001, 51 für den Fall eines prozeduralen Fehlers im Einigungsstellenverfahren; LAG Köln v. 30.7.1999 – 11 TaBV 35/99 mit der Bemerkung, dass eine einstweilige Verfügung gegen eine von der Einigungsstelle beschlossene Betriebsvereinbarung einen regelungslosen Zustand zur Folge hat und nicht das Wiederinkrafttreten der abgelösten Vereinbarung; LAG Baden-Württemberg v. 7.11.1989 – 8 TaBV Ha 1/89.

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Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrates

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Rz. 176b

K

Einigungsstellenspruchs erhebliche Nachteile für die Belegschaft eintreten. Insofern gelten die Voraussetzungen wie beim allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruch (s.o. K Rz. 146)1. Etwas anderes kann nur gelten, wenn der Spruch nichtig oder offensicht- 176 lich rechtswidrig ist2. Der Betriebsrat kann die Durchführung des von ihm angefochtenen Einigungsstellenspruchs im Verfügungsverfahren nicht mit der Begründung verhindern, die Einigungsstelle habe ihr Ermessen überschritten3. Der Streitwert wurde in einem Verfahren, in dem der Betriebsrat dem Ar- 176a beitgeber die Durchführung des Einigungsstellenspruchs untersagen lassen wollte, nach der Bedeutung der Sache in Hinblick auf den betrieblichen Gesamtbereich bemessen, und zwar auf den Hilfsstreitwert als Basis und ein Drittel davon für jeden weiteren betroffenen Arbeitnehmer4. Muster 85 Einstweilige Verfgung auf Untersagung der Durchfhrung eines Einigungsstellenspruches (Formalia wie Muster 80) Es wird beantragt, 1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, es zu unterlassen, den Einigungsstellenspruch vom … betreffend berstunden bis zum rechtskrftigen Abschluss des Verfahrens nach § 78 Abs. 5 BetrVG durchzufhren. 2. der Antragsgegnerin fr jeden Fall der Zuwiderhandlung hiergegen ein Ordnungsgeld von bis zu 250 000 b anzudrohen. Begrndung: Offensichtliche Rechtswidrigkeit des Einigungsstellenspruchs, etwa wegen Unzustndigkeit oder grober berschreitung des Ermessens; Anfechtungsverfahren muss bereits eingeleitet worden sein.

1 Abzulehnen ist daher die Auffassung des LAG Hamburg im Beschl. v. 5.5.2000 – 3 TaBV 6/00, in dem die einstweilige Untersagungsverfügung ohne diese Folgenprüfung erlassen wurde, nur weil die Einigungsstellenvorsitzende vor der Abstimmung keine weitere Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte. 2 LAG Berlin v. 6.12.1984 – 4 TaBV 2/84 betreffend die einstweilige Verfügung von Betriebsratsseite; LAG Berlin v. 8.11.1990 – 14 TaBV 5/90, AiB 1991, 110 m. Anm. Grimberg; s. weiter Herbst/Bertelsmann, Rz. 415. 3 S. hierzu bezogen auf den Sozialplan Korinth, ArbRB 2005, 247. 4 LAG Düsseldorf v. 6.5.2008 – 6 Ta 113/08.

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K Rz. 177

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

X. Parteipolitische Betätigung im Betrieb Literatur: Kissel, Arbeitsrecht und Meinungsfreiheit, NZA 1988, 145.

1. Grundsätze 177

Gemäß § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG haben Arbeitgeber und Betriebsrat jede parteipolitische Betätigung im Betrieb zu unterlassen. Dabei wird der Begriff der Parteipolitik weit ausgelegt, denn mit dem Verbot soll nicht nur Betriebsfrieden gewahrt werden, sondern auch die parteipolitische Neutralität, denn die Arbeitnehmer sollen vor einer Beeinflussung geschützt werden, der sie sich nicht entziehen können1. Die Vorschrift ist auch verfassungskonform2. Daher ist dem Betriebsrat die unmittelbare Betätigung für eine Vereinigung durch Verbreiten von politischen Zeitungen, Druckschriften, Anschlägen oder Flugblättern untersagt. Letztlich beinhaltet die Vorschrift eine Untersagung von Meinungsäußerungen in parteipolitischer Hinsicht3. Dies gilt besonders in der Zeit vor Betriebsratswahlen. Äußerungen allgemeinpolitischer Art werden von dem Verbot nicht erfasst. Dieses Verbot begründet jedoch nach einer Änderung der Rechtsprechung des BAG keinen Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers. Auf Verstöße hiergegen kann der Arbeitgeber mit einem Feststellungsantrag reagieren und bei groben Verstößen die Auflösung des Betriebsrates gem. § 23 Abs. 1 BetrVG beantragen4.

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Die Vorschrift bezieht sich zwar nur auf die parteipolitische Betätigung „im Betrieb“. Sie umfasst aber auch die unmittelbare Nähe des Betriebs, sofern diese Tätigkeit objektiv in den Betrieb hineinwirkt5. Daraus folgt m.E. auch das Verbot an den Arbeitgeber, die Übersendung parteipolitischer Druckwerke an die Privatanschrift der Arbeitnehmer zu veranlassen. Auch hier nutzt der Arbeitgeber die betriebliche Verbundenheit und den Umstand, dass der Arbeitnehmer sich der Werbung nicht entziehen kann, aus. Dies kann wertungsmäßig nicht anders behandelt werden als eine parteipolitische Betätigung in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Betrieb6. 2. Antrag/Tenor

177b

Antragsbefugt ist nur der Betriebsrat. Der Anspruch bezieht sich grundsätzlich auf das Unterlassen konkreter Verletzungshandlungen. Grundsätzlich sollte daher der Antrag so konkret wie möglich gefasst werden. 1 BAG v. 12.6.1986 – 6 AZR 559/84. 2 BVerfG v. 28.4.1976 – 1 BvR 71/73, dort auch zur fehlenden Verhältnismäßigkeit eines Ausschlusses eines Betriebsratsmitgliedes im Einzelfall. 3 Kissel, NZA 1988, 145, 147. 4 BAG v. 17.3.2010 – 7 ABR 95/08. 5 BAG v. 21.2.1978 – 1 ABR 54/76. 6 A.A. ArbG Freiburg v. 15.9.2005 – 2 BVGa 3/05.

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Parteipolitische Bettigung im Betrieb

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Rz. 179 K

3. Verfügungsgrund Der Verfügungsgrund ist gesondert festzustellen und ergibt sich nicht au- 178 tomatisch aus der Verletzungshandlung. Er kann sich aus einer unmittelbar bevorstehenden Verletzungshandlung ergeben, z.B. einer anberaumten parteipolitischen Diskussionsveranstaltung, oder aus dem Umstand, dass gerade der Betriebsratswahlkampf zu Verletzungshandlungen missbraucht wird. Muster 86 Antrag des Betriebsrats auf Unterlassung der Zusendung parteipolitischen Materials an die Arbeitnehmer An das ArbG Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfgung Im Beschlussverfahren mit den Beteiligten Betriebsrat der … GmbH … – Antragsteller und Beteiligter zu 1) – Verfahrensbevollmchtigter: … und der … GmbH … – Beteiligte zu 2) – zeige ich an, den Antragsteller zu vertreten, und beantrage wegen Dringlichkeit des Falles ohne mndliche Anhçrung, hilfsweise unter Abkrzung der Ladungsfrist aufgrund einer unverzglich anzuberaumenden mndlichen Anhçrung, den Erlass der folgenden einstweiligen Verfgung: Es wird beantragt, der Antragsgegnerin zu untersagen, die Zeitschrift … an die Mitarbeiter des Betriebes im Betrieb offen auszulegen, zu verteilen, an die Privatanschrift der Mitarbeiter zu bersenden oder durch Dritte bersenden zu lassen. Weiter wird schon jetzt fr den Fall des Obsiegens beantragt, eine vollstreckbare Kurzausfertigung der Entscheidung gem. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO (ohne Tatbestand und Entscheidungsgrnde) zu erteilen. Begrndung Der Antragsteller ist der bei der Beteiligten zu 2) (Arbeitgeber) gebildete Betriebsrat. Der Arbeitgeber hat die og. Zeitschrift am … im Betrieb offen ausgelegt, so dass Arbeitnehmer sich diese nehmen konnten. Teilweise wurden Exemplare auch an einzelne Arbeitnehmer ausgehndigt. Auf Intervention

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K Rz. 179

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

des Antragstellers erklrte der Arbeitgeber sein Verhalten fr rechtmßig und wies darauf hin, dass ein bestimmter Kreis von Arbeitnehmern diese Zeitschrift auf seine Veranlassung und Kosten direkt vom Verlag bersandt bekomme. Glaubhaftmachung: Eidesstattliche Versicherung des Vorsitzenden der Beteiligten zu 1), als Anlage 1 anbei. (Die eidesstattliche Versicherung kçnnte mit folgenden Worten eingeleitet werden: „§ 156 StGB lautet: ‚Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides statt zustndigen Behçrde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In Kenntnis dieser Vorschrift versichere ich das Folgende an Eides statt: …“ Weiter ist darauf zu achten, dass sich die eidesstattliche Versicherung nicht nur pauschal auf die Richtigkeit der im Schriftsatz gemachten Angaben bezieht, sondern den glaubhaft zu machenden Tatsachenvortrag vollstndig enthlt.) Bei dieser Zeitschrift handelt es sich eindeutig um ein parteipolitisch geprgtes Presseorgan (nher ausfhren und glaubhaft machen). Gemß § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG haben Arbeitgeber und Betriebsrat jede parteipolitische Bettigung im Betrieb zu unterlassen. Dabei wird der Begriff der Parteipolitik weit ausgelegt, denn mit dem Verbot soll nicht nur Betriebsfrieden gewahrt werden, sondern auch die parteipolitische Neutralitt, denn die Arbeitnehmer sollen vor einer Beeinflussung geschtzt werden, der sie sich nicht entziehen kçnnen. Daher ist dem Arbeitgeber die unmittelbare Bettigung fr eine Vereinigung durch Verbreiten von politischen Zeitungen, Druckschriften, Anschlgen oder Flugblttern untersagt. Daher ist sowohl das Auslegen als auch das Aushndigen eindeutig rechtswidrig. Nichts anderes kann fr das bersenden der Zeitschrift gelten, wobei es unerheblich ist, ob dies direkt durch den Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung durch den Verlag geschieht. Die Vorschrift bezieht sich zwar nach ihrem Wortlaut nur auf die parteipolitische Bettigung „im Betrieb“. Sie umfasst aber auch die unmittelbare Nhe des Betriebs, sofern diese Ttigkeit objektiv in den Betrieb hineinwirkt (BAG v. 21.2.1978 – 1 ABR 54/76). Daraus folgt auch das Verbot an den Arbeitgeber, die bersendung parteipolitischer Druckwerke an die Privatanschrift der Arbeitnehmer zu veranlassen. Auch hier nutzt der Arbeitgeber die betriebliche Verbundenheit und den Umstand, dass der Arbeitnehmer sich der Werbung nicht entziehen kann aus. Dies kann wertungsmßig nicht anders behandelt werden als eine parteipolitische Bettigung in unmittelbarer rumlicher Nhe zum Betrieb. Der Verfgungsgrund ergibt sich daraus, dass eine Fortsetzung dieser offensichtlichen und schweren Verletzungen der Neutralittspflicht unmittelbar bevorsteht (ggf. nher ausfhren). Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … beschlossen, das vorliegende Verfahren einzuleiten und den Unterzeichner damit zu beauftragen.

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Unterlassungsansprche gegen betriebliche Bndnisse fr Arbeit

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Rz. 180 K

Glaubhaftmachung: Vorlage des Protokolls, in Ablichtung anbei, sowie eidesstattliche Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden, im Original anbei. Unterschrift

XI. Gewerkschaftliche Unterlassungsansprüche gegen betriebliche Bündnisse für Arbeit Literatur: Bauer, Betriebliche Bündnisse für Arbeit vor dem Aus?, NZA 1999, 957; Bauer/ Haußmann, Betriebliche Bündnisse für Arbeit und gewerkschaftlicher Unterlassungsanspruch, NZA-Sonderbeilage zu Heft 24/2000, 42; Berg/Platow, Unterlassungsanspruch der Gewerkschaften gegen tarifwidrige betriebliche Regelungen, DB 1999, 2362; Dieterich, Betriebliche Bündnisse für Arbeit und Tarifautonomie, DB 2001, 2398; Fischer, Betriebliche Bündnisse für Arbeit, FA 2000, 79; Gaul/Otto, Bündnis für Arbeit – Durchsetzung eines gewerkschaftlichen Unterlassungsanspruchs, ArbRB 2003, 222; Hromadka, Zum Unterlassungsanspruch gegen tarifwidrige Bündnisse für Arbeit, ZTR 2000, 253; Kast/Freihube, Neue Hoffnung für „betriebliche Bündnisse für Arbeit“ nach dem Urteil des BAG vom 19.3.2003?, BB 2003, 2569; Kast/Stuhlmann, Sind betriebliche Bündnisse für Arbeit noch durchführbar?, BB 2000, 614; Krauss, Noch lange nicht am Ende: Betriebliche Bündnisse für Arbeit, DB 2000, 1962; Trappehl/Lambrich, Unterlassungsanspruch der Gewerkschaften- das Ende für betriebliche Bündnisse für Arbeit? NJW 1999, 3218; Walker, Beschäftigungssicherung durch betriebliche Bündnisse für Arbeit, FS für Wiese, 1998, S. 603; Wolter, Richtungswechsel im Tarifvertragsrecht – Betriebliche Bündnisse für Arbeit und Tarifvorrang, NZA 2003, 1371.

1. Verfügungsanspruch Die Rechtsprechung des BAG erkennt einen Anspruch der Gewerkschaf- 180 ten gegen einzelne Arbeitgeber auf Unterlassung tarifwidriger Verhaltensweisen an. Dies gilt sowohl bei Betriebsvereinbarungen, die gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßen, als auch bei Regelungsabreden und sogar bei individualvertraglich festgelegten Einheitsregelungen1, sofern diese einen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Koalitionsfreiheit darstellen. Voraussetzung ist, dass der Tarifvertrag normativ gilt, wobei eine Nachwirkung ausreicht. Die bloße individualvertragliche Vereinbarung begründet keine gewerkschaftlichen Unterlassungsansprüche. Weiter muss die Vereinbarung, deren Durchführung unterlassen werden soll, darauf gerichtet sein, die Wirkungen eines Tarifvertrages zu vereiteln oder leerlaufen zu lassen. Es kann nicht die Unterlassung jedweder tarifwidrigen Vereinbarung verlangt werden. Nur wenn der Tarifvertrag als kollektive Ordnung verdrängt und damit seiner zentralen Funktion beraubt werden soll, kommt ein Unterlassungsanspruch in Betracht. Die Regelung, deren Unterlassung begehrt wird, muss also entsprechend ein1 BAG v. 20.4.1999 – 1 ABR 72/98, 1 AZR 631/98 und 1 AZR 633/98; s. dazu näher Gaul/Otto, ArbRB 2003, 222.

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K Rz. 181

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

heitlich wirken sollen wie der Tarifvertrag, dessen Geltung durchgesetzt werden soll. Der Anspruch richtet sich – jedenfalls bei individualvertraglichen Vereinbarungen – nur auf Unterlassung der Anwendung gegenüber Gewerkschaftsmitgliedern1, denn der Arbeitgeber und die nicht organisierten Arbeitnehmer haben Vertragsfreiheit und die Gewerkschaft vertritt die Außenseiter gerade nicht. Diese haben vielmehr die negative Koalitionsfreiheit, welche die Freiheit zum Abschluss von Arbeitsbedingungen unter Tarifniveau grundsätzlich einschließt. Zur Bestimmtheit des Antrages gehört die namentliche Benennung der Gewerkschaftsmitglieder, gegenüber denen eine untertarifliche Behandlung unterlassen werden soll2. 2. Verfahrensart 181

Soll die Anwendung einer Einheitsregelung verhindert werden, die ihren Ursprung in einer Tätigkeit des Betriebsrats hat, ist das Beschlussverfahren einschlägig3. Dies gilt auch dann, wenn einzelvertragliche Einheitsregelungen mit den Arbeitnehmern abgeschlossen wurden, die auf eine Regelungsabrede mit dem Betriebsrat beruhen und deren Zustandekommen auf andere Weise vom Betriebsrat gefördert worden ist4. Geht es der Gewerkschaft darum, dass in sonstiger Weise zustande gekommene oder in Aussicht genommene arbeitsvertragliche Einheitsregelungen verhindert werden, ist das Urteilsverfahren einschlägig5. 3. Verfügungsgrund

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Bei der Frage der Notwendigkeit einer einstweiligen Regelung ist zu beachten, dass die Gewerkschaft im Falle des Erlasses einer einstweiligen Verfügung zunächst das erhielte, was sie im Endeffekt erstrebt. Es handelt sich somit, bezogen auf den Zeitraum bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren, um eine Befriedigungsverfügung mit einer Vorwegnahme der Hauptsache. Dies allein macht eine Eilentscheidung jedoch nicht unzulässig6, steigert aber die Anforderungen an den Verfügungsgrund. Die untertariflichen Arbeitsbedingungen können 1 LAG Sachsen-Anhalt v. 13.11.2001 – 7 Sa 118/01; das BAG, das die Revision gegen dieses Urteil für begründet ansah (Urt. v. 19.3.2003 – 4 AZR 271/02) brauchte sich damit nicht auseinander zu setzen, da es nur noch über den Hilfsantrag bezogen auf Gewerkschaftsmitglieder zu entscheiden hatte; a.A. (Unterlassungsanspruch auch bezüglich der Außenseiter) LAG Sachsen-Anhalt v. 8.5.2001 – 9(5) SA 723/00 (dort auch verneinend zur Frage, ob ein Tarifvertrag mit der CGM einen Tarifvertrag mit der IGM verdräng) und ArbG Bautzen v. 28.6.2000 – 7 Ga 7004/00. 2 BAG v. 19.3.2003 – 4 AZR 271/02. 3 BAG v. 13.3.2001 – 1 ABR19/00. 4 BAG v. 20.4.1999 – 1 ABR 72/98. 5 BAG v. 20.4.1999 – 1 ABR 72/98. 6 AA Bauer/Haußmann, NZA Sonderbeilage zu Heft 24/2000, 42, 48.

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Streitigkeiten betriebsverfassungsrechtlicher

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Rz. 185 K

auch nachträglich kompensiert werden. Die monatelange Anwendung der Bedingungen führt auch nicht zu Nachteilen bei eventuellen Tarifverhandlungen1. Eine wirtschaftliche Notlage des Arbeitgebers, die häufig Ursache einer solchen Verfahrensweise ist, kann sich unterschiedlich auf den Verfügungsgrund auswirken; zum einen spricht es gegen eine Eilentscheidung, eine möglicherweise wirtschaftlich sinnvolle, aber rechtlich problematische Verfahrensweise von vornherein zu unterbinden und damit einen zumindest temporären Entlastungseffekt zu verhindern2. Auf der anderen Seite ist bei einer drohenden Insolvenz des Arbeitgebers das Interesse der Arbeitnehmer an zeitnahen tariflichen Leistungen zu berücksichtigen. Es muss also stets eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen werden. Von besonderer Bedeutung ist die Eindeutigkeit der Rechtslage. Je eindeutiger der Verfügungsanspruch besteht, desto geringer sind die Anforderungen an den Verfügungsgrund. 4. Anträge Es ist zwischen dem Beschlussverfahren und dem Urteilsverfahren zu dif- 183 ferenzieren. Im Beschlussverfahren soll dem Arbeitgeber untersagt werden, eine tarifwidrige Betriebsvereinbarung auf Gewerkschaftsmitglieder anzuwenden bzw. eine solche oder eine Regelungsabrede zu vereinbaren. Somit wäre zu beantragen, der Arbeitgeberin zu untersagen, die mit dem – ebenfalls im Beschlussverfahren zu beteiligenden – Betriebsrat getroffene, im Antrag genau zu bezeichnende Betriebsvereinbarung bezogen auf die namentlich zu benennenden Gewerkschaftsmitglieder durchzuführen. Im Urteilsverfahren ist zu beantragen, den Arbeitgeber zu verurteilen, 184 die Anwendung der einzelvertraglich abgeschlossenen Vereinbarungen gegenüber den namentlich zu benennenden Gewerkschaftsmitgliedern zu unterlassen3.

XII. Streitigkeiten betriebsverfassungsrechtlicher Organe untereinander Gemäß § 35 Abs. 1 BetrVG ist auf Antrag der Schwerbehinderten- oder 185 JAV-Vertretung ein Betriebsratsbeschluss für eine Woche, gerechnet ab Beschlussfassung, auszusetzen, wenn dieser eine erhebliche Beeinträchtigung wichtiger Interessen der durch sie vertretenen Arbeitnehmer befürchten lässt. Zur Sicherung der Aussetzung und der erneuten Beschlussfassung kommt auch der Erlass einer einstweiligen Verfügung im 1 So zur Begründung des Verfügungsgrundes aber ArbG Bautzen v. 28.6.2000 – 7 Ga 7004/00. 2 So Bauer/Haußmann, NZA Sonderbeilage zu Heft 24/2000, 42, 48; ähnlich LAG Sachs. v. 19.2.2001 – 2 Sa 624/00. 3 S. im Einzelnen Gaul/Otto, ArbRB 2003, 222, 224.

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K Rz. 186

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

Beschlussverfahren in Betracht1. Zum Verfügungsgrund ist dabei vorzutragen, dass die Durchführung des Beschlusses zu irreversiblen Beeinträchtigungen der jeweils vertretenen Arbeitnehmer, nicht der Interessenvertretungsorgane führen würde. Letztere sind jedoch antragsbefugt. 186

Die Freistellung einzelner Mitglieder obliegt dem Betriebsrat, der seine Entscheidung auch ändern kann. Daher ist ein Schutz des Status als freigestelltes Betriebsratsmitglied nicht in der gleichen Weise geboten wie die Ausübung des Mandats überhaupt. Zumindest muss das Betriebsratsmitglied für einen Verfügungsgrund darlegen, welche besonderen Aufgaben er als freigestelltes Mitglied hatte, die durch eine Regelungsverfügung zur Abwendung wesentlicher Nachteile geschützt werden müssten2.

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Jedes Betriebsratsmitglied ist gem. § 34 Abs. 3 BetrVG berechtigt, auf Datenträgern gespeicherte Dateien sowie die elektronische Post des Betriebsrats jederzeit auf elektronischem Wege zu lesen. Diesen Anspruch können sie im Beschlussverfahren gegen den Betriebsrat als Kollegialorgan durchsetzen3. Ob dies auch im Eilverfahren geschehen kann, hängt von der Dringlichkeit ab, die vom Betriebsratsmitglied glaubhaft zu machen ist.

XIII. Sonstige Streitigkeiten 1. Unterlassung von Äußerungen 188

Für einen Antrag des Arbeitgebers hinsichtlich der Unterlassung von Äußerungen eines Gewerkschaftssekretärs über mangelnde Tariftreue des Arbeitgebers und die Behauptung, er betrüge die Arbeitnehmer, ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet4.

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Dem Arbeitgeber, auch wenn er als juristische Person des Privatrechts am Rechtsverkehr teilnimmt, kann ein auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb begründeter und durch einstweilige Verfügung durchsetzbarer Unterlassungsanspruch gegenüber ehrverletzenden Behauptungen wie etwa: „Jeder Mitarbeiter habe unterschreiben müssen, dass er nicht Mitglied bei ver.di sei“.5

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Der Arbeitgeber kann sich im Rahmen eines deliktischen Unterlassungsanspruches nicht auf Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer berufen. Im Beschlussverfahren können vom Arbeitgeber nicht stellvertretend In1 2 3 4 5

Kreft in Wlotzke/Preis/Kreft, § 35 BetrVG Rz. 13. LAG Sachsen v. 27.10.2003 – 3 TaBG 22/03. BAG v. 12.8.2009 – 7 ABR 15/08. BAG v. 29.10.2001 – 5 ABR 44/00. LAG Rheinland-Pfalz v. 6.12.2012 – 10 SaGa 11/12.

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Sonstige Streitigkeiten

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Rz. 193 K

dividualrechte Dritter geltend gemacht werden. Deswegen kann er nicht im Wege einstweiliger Verfügung die Beseitigung eines InformationsAushangs des Betriebsrats durchsetzen, in dem sachlich dargestellt wird, dass der Arbeitgeber mitbestimmungswidrig den Verkauf von zollfreien Kantinenwaren eingeschränkt hat und dies mittels eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens abgewehrt wurde. Dies stellt auch dann keinen Verstoß gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit gem. §§ 2 Abs. 1, 74 Abs. 2 BetrVG dar, wenn die für die Arbeitgeberin handelnde Personalleiterin namentlich genannt wurde. Ebenso wenig stellt der Hinweis auf Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes unter namentlicher Nennung der Personalleiterin und auf ein diesbezüglich eingeleitetes Zustimmungsersetzungsverfahren einen Verstoß gegen § 74 Abs. 2 BetrVG dar. Von der Meinungsfreiheit gedeckt ist dabei auch die Wiedergabe des Eindrucks, es gehe darum, ein Betriebsratsmitglied loszuwerden1. 2. Einsichtsrechte Es besteht zwar ein Recht des einzelnen Betriebsratsmitglieds, jederzeit 191 auch bei Geltendmachung eines berechtigten Interesses Einsicht in die beim Personalausschuss vorhandenen Unterlagen zu nehmen. Dies umfasst jedoch nicht den Anspruch, dass die Akten vollständig beim Personalausschuss geführt werden. Dieser ist berechtigt, die bei ihm eingehenden Unterlagen an den Arbeitgeber zurückzugeben oder zu den Akten eines anderen Betriebsratsgremiums weiterzuleiten. Insoweit besteht allerdings ein Auskunftsanspruch bezüglich des Verbleibs dieser Unterlagen2. Die Einsicht in das Gutachten einer Unternehmensberatung durch den 192 Betriebsrat oder den Wirtschaftsausschuss, die vom Unternehmen wegen der Gefährdung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen verwehrt wird, kann nicht im Wege der einstweiligen Verfügung verfolgt werden. Für Streitigkeiten über das Vorliegen von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen ist gem. § 109 BetrVG die Einigungsstelle zuständig; daher besteht für eine einstweilige Verfügung, mit der das Einsichtsrecht durchgesetzt werden soll, kein Verfügungsanspruch3. 3. Bekanntgabe der Betriebsratskosten Der Betriebsrat hat einen Unterlassungsanspruch, wenn der Arbeitgeber 193 die Kosten der Betriebsratstätigkeit in einer Weise bekannt gibt, die nicht im Einklang mit dem BetrVG steht. Dies gilt insbesondere bei einem Aushang am Schwarzen Brett mit dem Inhalt, der Betriebsrat sei schuld

1 LAG Schleswig-Holstein v. 1.4.2009 – 3 TaBVGa 2/09. 2 LAG Niedersachen v. 16.2.2001 – 16 TaBV 46/00. 3 ArbG Wetzlar v. 2.3.1989 – 1 BVGa 4/89; Ennemann/Griese, Rz. 629.

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K Rz. 194

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

an der Verlagerung der Produktion ins Ausland, weil er vom Arbeitgeber Kostenübernahme verlange1. 4. Kurzarbeit 194

Ordnet der Arbeitgeber möglicherweise rechtswidrig Kurzarbeit an, fehlt ein Verfügungsgrund, wenn die durch den Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer für die Dauer der Produktionseinstellung Kurzarbeitergeld erhalten und damit wirtschaftlich abgesichert sind. Es stellt auch keinen wesentlichen Nachteil für den Betriebsrat dar, wenn er zur Klärung der Rechtsfrage ein möglicherweise längere Zeit in Anspruch nehmendes Beschlussverfahren anstrengen muss und dort von einem Leistungsantrag auf einen Feststellungsantrag übergehen müsste2. 5. Arbeitsbefreiung für Arbeitnehmer

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Freistellungs- und Vergütungsansprüche der Arbeitnehmer, die ihre Grundlage in einer Betriebsvereinbarung haben, kann der Betriebsrat nicht zum Gegenstand eines Durchführungsanspruchs machen. Insbesondere für die Frage der Vergütungspflicht fehlt es an einem Verfügungsanspruch, wenn der Arbeitgeber sich bereit erklärt, die Freizeit zu gewähren3. 6. Beteiligungsrechte bei Kündigungen

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Der Betriebsrat kann den Arbeitgeber nicht per einstweiliger Verfügung verpflichten, ihn vor Kündigungen gem. § 102 Abs. 1 BetrVG anzuhören. Vielmehr sieht § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG mit der Unwirksamkeit der Kündigung eine Sanktion vor, die ein gesondertes Durchsetzungsrecht des Betriebsrats im Beschlussverfahren obsolet macht. Auf Antrag des Betriebsrats kann der Ausspruch einer Beendigungskündigung gegenüber eines seiner Mitglieder im Wege einstweiliger Verfügung untersagt werden4. Hier ging es aber darum, dass sich der Arbeitgeber auf eine Betriebsteilstilllegung i.S.v. § 15 Abs. 5 KSchG berufen hat. In einem solchen Fall bedarf es keiner Zustimmung des Betriebsrats, so dass eine Rechtsschutzlücke vorhanden ist. Dabei erscheint es in der Tat sinnvoll, dem Arbeitgeber die Kündigung zu untersagen, weil ansonsten die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des gewählten Betriebsrats und seine Zusammensetzung in der gewählten Form nicht gewährleistet ist.

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ArbG Leipzig v. 5.9.2002 – 7 BVGa 54/02. LAG Hess. v. 3.4.1978 – 5 TaBV Ga 27/78; Ennemann/Griese, Rz. 622. LAG Köln v. 17.2.2006 – 6 Ta 76/06 – für den Rosenmontag. Hess. LAG v. 19.2.2008 – 4 TaBVGa 21/08.

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Sonstige Streitigkeiten

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Rz. 200 K

Der Betriebsrat kann auch bei Betriebsänderungen wegen einer Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte eine Untersagungsverfügung beantragen (s. i.E. K Rz. 147). Die Zustimmung des Betriebsrats zu der Kündigung eines seiner Mitglieder kann nicht durch einstweilige Verfügung ersetzt werden1. 7. Umbaumaßnahmen Die Änderung des Zugangs zur Damentoilette ist nicht nach § 87 Abs. 1 197 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Verlängert sich der Weg vom Betriebsratsbüro zur Damentoilette aufgrund von Baumaßnahmen, führt dies nicht zu einer Behinderung der Betriebsratsarbeit i.S.d. § 78 BetrVG2. 8. Feststellende Verfügung, Betriebsteilübergang Eine feststellende einstweilige Verfügung ist auch im Beschlussverfahren 198 unzulässig. Wenn ein Betriebsratsmitglied einem Teilbetriebsübergang nicht widersprochen hat, ist es bis zur gerichtlichen Klärung in einem Hauptsacheverfahren an der Ausübung ihres Betriebsratsamtes für den beim früheren Arbeitgeber verbleibenden Restbetrieb zeitweilig verhindert i.S.d. § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Da die Ausübung der Mitbestimmungsrechte und der damit bezweckte Schutz der Arbeitnehmer durch eine vorläufige Amtsfortführung im Ursprungsbetrieb durch ein Ersatzmitglied gewährleistet ist, ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung zum Zwecke der Feststellung bzw. Gefahrenabwehr nicht erforderlich3. 9. Vergütungszahlungen an Betriebsratsmitglieder Die rechtswidrige Einstellung der Vergütungszahlung an ein Betriebsrats- 199 mitglied während des laufenden Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 103 BetrVG kann eine Handlungs- oder Unterlassungsansprüche nach § 78 Satz 1 BetrVG auslösende Störung der Betriebsratstätigkeit darstellen, wenn der Betriebsrat glaubhaft macht, dass seinem Mitglied dadurch für die weitere Betriebsratstätigkeit finanziell der Boden entzogen wird. Notwendig ist aber eine Notlage, da es sich um eine Befriedigungsverfügung handelt4. 10. Betriebsratssitzung Der Arbeitgeber kann nicht einseitig Einfluss auf die zeitliche Lage der 200 Betriebsratssitzung nehmen. Ist er der Auffassung, dass ein Termin gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf betriebliche Notwendigkeiten ver1 HWK/Ricken, § 103 BetrVG Rz. 22. 2 LAG Hessen v. 3.3.2014 – 16 TaBVGa 214/13, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. 3 ArbG Mannheim v. 29.7.2008 – 8 BVGa 2/08. 4 LAG Hessen v. 3.5.2007 – 9 TaBVGa 72/07.

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K Rz. 201

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Einstweiliger Rechtsschutz im Betriebsverfassungsrecht

stößt (§ 30 Satz 2 BetrVG1), kommt in Einzelfällen eine einstweilige Verfügung in Betracht. 11. Einstweilige Verfügung auf Beraterhonorare 201

Der Streit über die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung von Honorar an externe Berater ist grundsätzlich im Hauptsacheverfahren auszutragen. Auch die Vermögenslosigkeit der Betriebsrat und der Umstand, dass er nicht über erforderlichen Mittel verfügt, um die streitigen Honorarforderungen vorzustrecken, bedingen keinen Verfügungsgrund2. 12. Tarifwidrige Betriebsvereinbarung

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Bei tarifwidrigen betrieblichen Regelungen besteht ein gegen den Arbeitgeber gerichteter Anspruch der Gewerkschaften auf Beseitigung und Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen, da aber nicht die Wiederherstellung des tarifkonformen Zustands durch Nachzahlung der tariflichen Leistungen an die Arbeitnehmer umfasst. Sie kann eine solche Beeinträchtigung ihrer kollektiven Koalitionsfreiheit im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durch eine Regelungsverfügung nach § 940 ZPO verhindern oder zumindest verkürzen3.

1 Küttner/Kreitner, § 117 Rz. 16. 2 ArbG Hannover v. 16.1.2009 – 1 BVGa 1/09. 3 BAG v. 17.5.2011 – 1 AZR 473/09.

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L. Einstweilige Verfügung im Personalvertretungsrecht Literatur: Baden, Rechte des Personalrats und ihre Durchsetzung, Handlungshilfe für Personalräte, 2. Aufl. 2012; Barthel, Die Zustimmungsverweigerung des Personalrats zur Einstellung – ein Wettbewerbsnachteil für den öffentlichen Arbeitgeber, ZTR 2013, 64; Bergmann, Personalräte vor Gericht – effektiver Rechtsschutz? Ein Weckruf, ZfPR 2012, 59; Kothe, Der Unterlassungsanspruch der betrieblichen Arbeitnehmervertretung, FS für Reinhard Richardi zum 70. Geburtstag 2007, S. 601; Krenz, Behinderung der Personalratsarbeit, PersR 2011, 197; Lechtermann, Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Beteiligungsangelegenheiten (unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des OVG NW), PersV 2006, 4; Parafianowicz/Peiseler, Informationsrecht des Personalrats, Theorie und Praxis, PersR 2009, 253; Schaub, Das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren, ZTR 2001, 97.

I. Grundzüge Für Streitigkeiten auf dem Gebiet des Personalvertretungsrechts sind 1 vom Rechtsweg her nicht die Gerichte für Arbeitssachen, sondern die VG und OVG zuständig, bei denen besondere Kammern und Senate für Personalvertretungssachen gebildet worden sind. Diese entscheiden jedoch nicht auf der Grundlage der Verwaltungsgerichtsordnung, sondern es gelten gem. § 83 Abs. 2 BPersVG die Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlussverfahren entsprechend1. Das gilt mit einer Ausnahme auch für die Landespersonalvertretungsgesetze (s. unten L Rz. 8). Diese Aufteilung wird vielfach als unbefriedigend empfunden, da häufig inhaltsgleiche Normen des Betriebsverfassungsgesetzes und des Bundespersonalvertretungsgesetzes unterschiedlich interpretiert werden, ohne dass es zu einer wirksamen Harmonisierung kommt2. Die Einhaltung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften ist jedoch häufig auch von den ArbG als rechtliche Vorfrage zu prüfen, etwa bei der Personalratsbeteiligung vor Ausspruch einer Kündigung. Das Personalvertretungsrecht soll im Folgenden nur insoweit angesprochen werden, wie der vorläufige Rechtsschutz betroffen ist. Für weiterführende Informationen erfolgen jeweils konkrete Verweise3. Antragsbefugt ist im personalvertretungsrechtlichen Verfahren grund- 2 sätzlich jeder, der in seinen Rechten, Befugnissen oder Aufgaben nach dem BPersVG bzw. den Personalvertretungsgesetzen der Länder unmittelbar betroffen ist oder eine personalvertretungsrechtliche Position innehat, deren Umfang oder Inhalt er gerichtlich klären lassen oder deren Beein-

1 Treber in Richardi/Dörner/Weber, § 83 Rz. 130; es gilt auch § 938 Abs. 2 ZPO, der dem Gericht die Wahl des Sicherungsmittels lässt. 2 Vgl. hierzu Altvater/Baden, BPersVG, 8. Aufl. 2013, § 83 Rz. 2 f., s. dort auch unter Rz. 4 ff. zu der Zuständigkeit der VG. 3 Allgemein s. Schaub, ZTR 2001, 97.

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L Rz. 3

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Einstweilige Verfgung im Personalvertretungsrecht

trächtigung er gerichtlich abwehren kann1. Hinzuweisen ist hier lediglich auf die Befugnis des Personalrats, die Freistellung eines Mitgliedes zu einer Schulungsveranstaltung gerichtlich durchzusetzen2 und auch die Erstattung der Schulungskosten im Wege einer organschaftlichen Prozessstandschaft für das am Verfahren nicht beteiligte Personalratsmitglied einzuklagen3. Auch das einzelne Personalratsmitglied ist antragsbefugt, wenn seine rechtliche Stellung als Angehöriger dieses Organs in Frage steht4. Eine in der Dienststelle vertretene Gewerkschaft ist antragsbefugt, soweit sie Rechte geltend macht, die ihr vom Gesetz eingeräumt worden sind, wie etwa die Bestellung eines Wahlvorstandes (§ 20 Abs. 2 BPersVG), die Wahlanfechtung (§ 25 BPersVG), das Zugangsrecht (§ 2 Abs. 2 BPersVG), die Teilnahme an Sitzungen des Wahlvorstandes (§ 20 Abs. 1 Satz 4 BPersVG) und des Personalrates (§ 36 BPersVG) sowie der Personalversammlung (§ 52 Abs. 1 Satz 1 BPersVG). In allen anderen Fällen besteht grundsätzlich keine Antragsbefugnis der Gewerkschaft5. Jeder personalvertretungsrechtliche Anspruch kann grundsätzlich auch einen Verfügungsanspruch darstellen. 3

Tritt der Personalrat als Antragsteller auf, so bedarf es eines diesbezüglichen Beschlusses, da Derartiges nicht zu den laufenden Geschäften i.S.v. § 32 Abs. 1 Satz 4 BPersVG gehört6. Nach Auffassung des BVerwG7 ist ein ohne einen solchen Beschluss gestellter Antrag unzulässig. Der Mangel kann jedoch bis zum Abschluss der jeweiligen Instanz geheilt werden8.

4

Wie auch im Beschlussverfahren vor den ArbG bestimmt der Antragsteller durch seinen Antrag den Verfahrensgegenstand. Der auch hier geltende Untersuchungsgrundsatz führt nicht dazu, dass das Gericht über die so gesteckten Grenzen hinausgehen könnte9. Es bedarf also eines darzulegenden Verfügungsanspruchs. Grundsätzlich kann jeder Anspruch gesichert werden, der im Beschlussverfahren geltend gemacht werden kann10, insbesondere die Sicherung von Beteiligungsrechten. Darüber hinaus ist auch hier ein Verfügungsgrund erforderlich, also eine Eilbedürftigkeit. Dieser liegt nicht schon dann vor, wenn ein früher Anhörungstermin erreicht werden kann11. Eine einvernehmliche Verlängerung der 1 BVerwG v. 2.11.1994 – 6 P 28/92; s. weiter Altvater/Baden, § 83 Rz. 24. 2 VG Köln v. 8.1.1998 – 33 L 4426/97.PVB; VG Schl.-Holst. v. 24.4.1998 – PB 11/98. 3 BVerwG v. 9.3.1992 – 6 P 11/90 m.w.N.; Altvater/Baden, BPersVG, § 83 Rz. 25a. 4 Vgl. Altvater/Baden, BPersVG, § 83 Rz. 27 zu konkreten Fällen. 5 Vgl. Altvater/Baden, BPerVG, § 83 Rz. 37. 6 OVG Nds. v. 20.9.1995 – 17 M 826/95. 7 BVerwG v. 23.3.1992 – 6 P 30/90. 8 Altvater/Baden, BPerVG, § 83 Rz. 40a. 9 Vgl. zu den verschiedenen Konstellationen Altvater/Baden, BPerVG, § 83 Rz. 43 ff. 10 BayrVGH v. 30.11.2010 – 18 PC 10.1215; Treber in Richardi/Dörner/Weber, § 83 Rz. 125. 11 OVG Sachsen-Anhalt v. 27.10.2006 – 5 M 8/06.

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Feststellungs- und Verpflichtungsantrag

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Rz. 7 L

Frist wegen der von einer Dienststelle beantragten Zustimmung zu Eingruppierungen führt hingegen nicht notwendigerweise zum Wegfall des Verfügungsgrundes1. Die Entscheidung des VG kann auch ohne Durchführung einer mündli- 5 chen Verhandlung ergehen, wobei auch eine Zurückweisung des Antrags ohne mündliche Verhandlung möglich ist2. Es bedarf jedoch der Beteiligung der vollen Fachkammer für Personalvertretungssachen3. Gegen den so ergangenen ablehnenden Beschluss ist die Beschwerde zulässig, wobei das OVG Nordrhein-Westfalen entgegen der herrschenden Meinung die Auffassung vertritt, dass es sich in diesen Fällen immer um eine solche nach § 87 ArbGG handele, die den Devolutiveffekt auslöst und keine Abhilfemöglichkeit des erstinstanzlichen Gerichts zulässt4. Gegen die stattgebende Entscheidung ist der Widerspruch zulässig, auf 6 den das VG eine mündliche Verhandlung anzusetzen hat. Dieser hat keine aufschiebende Wirkung, jedoch kann beantragt werden, dass die Vollziehung einstweilen ausgesetzt wird5. Die instanzbeendende Entscheidung kann stets mit der Beschwerde angegriffen werden, auch die selbständige oder unselbständige Anschlussbeschwerde ist möglich6. Das OVG kann auch ohne mündliche Verhandlung über die Beschwerde entscheiden7. Nach der Erledigung der Hauptsache kann im Verfügungsverfahren keine Sachentscheidung mehr erfolgen, auch nicht im Beschwerdeverfahren8. Ein Wechsel vom Verfügungsverfahren in das Hauptsacheverfahren ist unzulässig9. Eine Kostenentscheidung ergeht nicht (Gebührenfreiheit gem. § 2 Abs. 2 GKG). Die Festsetzung des anwaltlichen Gebührenwertes erfolgt durch gesonderten Beschluss des Vorsitzenden gem. § 33 RVG10.

II. Einstweilige Verfügung in Beteiligungsangelegenheiten – Feststellungs- und Verpflichtungsantrag 1. Unterlassungs- und Verpflichtungsantrag Die Rechtsschutzmöglichkeiten des Personalrates in Beteiligungsange- 7 legenheiten unterscheiden sich – jedenfalls nach der h.M. – erheblich

1 OVG Sachsen-Anhalt v. 28.5.2009 – 5 M 5/09. 2 OVG NW v. 2.12.1997 – 1 B 2189/97.PVL, dort auch zur Befugnis des VG, den Antrag vorher der Dienststelle zuzuleiten. 3 VGH Hess. v. 17.3.1994 – TL 2868/93, dort offen gelassen, ob in dringenden Fällen etwas anderes gelten könne. 4 OVG NW v. 18.2.1994 – 1 B 3366/93.PVL. 5 VGH Hess. v. 22.2.1982 – BPV TK 1/82. 6 Altvater/Baden, BPerVG, § 83 Rz. 85 m.w.N. 7 VGH Bay. v. 22.5.1990 – 17 PC 90.01454. 8 VGH Bay. v. 17.10.1990 – 18 PC 90.02071, n.v. 9 VGH Hess. v. 23.9.1981 – HPV TL 5/80. 10 Treber in Richardi/Dörner/Weber, § 83 Rz. 141.

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L Rz. 7

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Einstweilige Verfgung im Personalvertretungsrecht

von denen des Betriebsrats in Mitbestimmungsangelegenheiten1. Dort ist der betriebsverfassungsrechtliche Unterlassungsanspruch jedenfalls im Grundsatz anerkannt, so dass nur im Einzelfall geklärt werden muss, ob konkret der Anspruch hinsichtlich einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme besteht (vgl. K Rz. 12). Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit verneint fast durchgängig die Übertragbarkeit der Grundsätze des allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruchs auf das Personalvertretungsrecht und lehnt auch einen Anspruch auf Rückgängigmachung von Maßnahmen ab, die unter Verletzung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften durchgeführt wurden2. Begründet wird diese Auffassung generell damit, dass dem Personalrat mit einer solchen einstweiligen Verfügung mehr zugesprochen würde, als er im Hauptsacheverfahren erreichen könnte3, das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren objektiver Natur sei und nicht der Verfolgung von Individualansprüchen diene4. Den Interessen der Personalvertretung werde ausreichend Rechnung getragen, wenn das Beteiligungsrecht und eine etwaige Verletzung durch das Gericht festgestellt würden. Außerdem existierten landesrechtliche Spezialregelungen, die gesteigerte Voraussetzungen für einen solchen Anspruch aufstellten. Allerdings hindert dies nicht den Erlass einstweiliger Verfügungen verfahrensrechtlichen Inhaltes in dem Sinne, dass sich der Ausspruch auf Verfahrenshandlungen bezieht wie etwa die Verpflichtung, Unterlagen frühzeitig vorzulegen, die der Personalrat benötigt5. Die Gegenauffassung6 betont, dass diese Rechtsschutzmöglichkeit unzureichend sei, und zieht eine Parallele zu den Möglichkeiten des Betriebsrates im Beschlussverfahren. In einzelnen Fällen sind auch einstweilige Verfügungen auf Untersagung ergangen7. Die einstweilige Verfügung darf jedoch – von Ausnahmefällen abgesehen – nicht die Hauptsache vorwegnehmen8. 1 S. zu den Grenzen des dortigen Mitbestimmungsrechts BVerfG v. 24.5.1995 – 2 BvF 1/92; dazu Faber/Härtl, PersV 1999, 50. 2 VG Oldenburg v. 31.10.2005 – 8 A 969/05; VGH BW v. 2.7.2002 – PL – 15 S 2497/01 und v. 24.6.1997 – PL – 15 S 419; OVG Saarl. v. 12.7.1989 – 4 W 1/89 und v. 8.3.1993 – 5 W 3/93; VGH Bay. v. 26.3.1990 – 18 PC 90.00861 und v. 19.2.1992 – 18 PC 92.236; OVG Nds. v. 20.8.1991 – 17 M 8357/91; OVG Hamburg v. 2.5.1988 – Bs PH 9/87; VG Düsseldorf v. 16.9.1994 – 34 L 4883/94.PVL; s. ausführlich zu der Problematik Lechtermann, PersV 2006, 4, 10 f. 3 S. etwa OVG Sachsen-Anhalt v. 28.5.2009 – 5 M5/09; OVG NW v. 20.1.1995 – 1 B 2082/94.PVL; zu den landesgesetzlichen Sonderregelungen s. unten L Rz. 8. 4 VGH Hess. v. 27.2.1992 – HPV TL 2246/91; vgl. weiter Widmaier in Ilbetz/Widmaier/Sommer, BPersVG, 12. Aufl. 2012, § 83 Rz. 25c. 5 OVG Sachsen-Anhalt v. 28.5.2009 – 5 M5/09, aber hohe Anforderungen („schwere und unzumutbare Nachteile, die im Hauptsacheverfahren nicht mehr ausgeglichen werden können“) und v. 23.8.2007 – 5 M 10/07. 6 Altvater/Baden, BPersVG, § 83 Rz. 46 ff. und 121 f. m.w.N. 7 VG Wiesbaden v. 22.5.2005 – 23 LG 560/05 (V); OVG NW v. 3.5.2005 – 1 B 333/04; VG Potsdam v. 24.11.1997 – 11 L 1267/97.PVL; VG Düsseldorf v. 16.9.1994 – 34 L 4883/94.PVL; Treber in Richardi/Dörner/Weber, § 83 Rz. 131; s. weitere Fundstellen bei Fischer/Goeres/Gronimus, Anh. 7 zu § 83 Rz. 76 ff. 8 Vgl. OVG Sachsen-Anhalt v 27.10.2006 – 5 M 8/06.

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Feststellungs- und Verpflichtungsantrag

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Rz. 9 L

Zu beachten ist jedoch, dass einzelne Länder Personalvertretungsgesetze 8 haben, in denen ein Unterlassungsanspruch geregelt ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind allerdings unterschiedlich ausgestaltet. So verlangt das Hessische PersVG in § 111 Abs. 3 einen groben Verstoß. Im Brandenburgischen PersVG (§ 74 Abs. 3) wird dem Personalrat ein ausdrücklicher Anspruch auf Rückgängigmachung einer Maßnahme zugesprochen, wenn die Maßnahme ohne die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung durchgeführt wird, allerdings nur „soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen“. Im Wege der einstweiligen Verfügung ist auch die vorläufige Verpflichtung zum Unterlassen einer noch andauernden Maßnahme möglich1. Auch Niedersachsen (§ 83 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 63 Satz 2), Schleswig-Holstein (§ 88 Abs. 1 Nr. 10) und Mecklenburg-Vorpommern (§ 87 Abs. 1 Nr. 10) haben in den jeweiligen Gesetzen die Verpflichtung normiert, unzulässige Maßnahmen zurückzunehmen. Unterlassungsansprüche ergeben sich aus den Landespersonalvertretungsgesetzen von Mecklenburg-Vorpommern (§ 67 Abs. 3 Satz 2) und Schleswig-Holstein (§ 88 Abs. 1 Nr. 9). Für Streitigkeiten aus dem Landespersonalvertretungsgesetz von Rheinland-Pfalz ist nicht das Arbeitsgerichtsgesetz, sondern die Verwaltungsgerichtsordnung anwendbar, da eine dem § 83 Abs. 2 BPersVG entsprechende Bestimmung fehlt2. 2. Feststellende einstweilige Verfügungen Nach der wohl h.M. kann sich der Personalrat das Bestehen eines Betei- 9 ligungsrechts durch eine feststellende einstweilige Verfügung bestätigen lassen3. Dies soll offenbar die Kompensation dafür sein, dass nach dieser Auffassung keine Unterlassungs- und Handlungsansprüche des Personalrats durch einstweilige Verfügung durchgesetzt werden können. Folgt man der Auffassung in der Kommentierung von Baden4, ist eine feststellende Verfügung unnötig. Bedenken gegen derartige Feststellungsanträge könnten sich auch aus dem Wesen der einstweiligen Verfügung ergeben, mit dem ein feststellender Ausspruch nur schwer zu vereinbaren ist. Aus der Regelung der §§ 935, 940 ZPO wird deutlich, dass die einstweilige Verfügung dazu dient, Ansprüche und den bestehenden Zustand rechtlicher Beziehungen durch vollstreckbare Gebote und Verbote zu sichern. So gesehen liegt in einer einstweiligen Verfügung in Gestalt einer nicht vollstreckbaren Feststellung ein gewisser innerer Widerspruch, aus dem im Bereich des Arbeitsrechts weitgehend die Unzulässigkeit solcher Anträge gefolgert wird (s. oben D Rz. 2; I Rz. 325). Dass für Angelegenheiten

1 VG Potsdam v. 12.2.1996 – 11 L 75/96.PVL. 2 Altvater/Baden, BPersVG, § 83 Rz. 126, dort unter Rz. 127 auch zur eingeschränkten Geltung in Bayern. 3 VGH Hess. v. 1.6.1994 – TL 864/94; OVG Bremen v. 24.6.1986 – OVG PV 26.84; OVG Berlin v. 26.11.1984 – OVG PV 26.84. 4 Baden, PersR 2013, 38; Altvater/Baden, BPersVG, § 83 Rz. 46 ff. und 121 f. m.w.N.

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L Rz. 10

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Einstweilige Verfgung im Personalvertretungsrecht

der Personalvertretung etwas anderes gilt, hat im Gesetz keinen Niederschlag gefunden, so dass aus diesem Grund der Erlass einer feststellenden einstweiligen Verfügung bisweilen abgelehnt wird1. 10

Folgt man der h.M., so muss man bei der Antragsfassung danach differenzieren, ob die Maßnahme bei Feststellung des Beteiligungsverstoßes rückgängig gemacht werden kann oder nicht. Kann sie noch rückgängig gemacht werden, soll die Feststellung zulässig sein, dass diese konkrete Maßnahme dem Beteiligungsrecht unterliegt. Ist dies nicht mehr der Fall, muss der Antrag auf die Feststellung über die hinter dem streitigen Vorgang stehende Rechtsfrage umgestellt werden. Dies muss spätestens in der letzten Tatsacheninstanz geschehen2. 3. Einstweilige Verfügung auf Einleitung oder Fortführung des Beteiligungsverfahrens

11

11a

Hat der Dienststellenleiter das Beteiligungsverfahren abgebrochen, so ist nach Auffassung des BVerwG eine einstweilige Verfügung möglich, mit der ihm aufgegeben wird, das Beteiligungsverfahren fortzuführen3. Entsprechendes gilt für den Fall, dass der Dienststellenleiter das Beteiligungsverfahren gar nicht eingeleitet hat4. In der Instanzrechtsprechung wird dies teilweise abgelehnt5. Das OVG Bremen hat dies für den besonderen Fall abgelehnt, dass der Dienststellenleiter nach Versagung der Zustimmung durch den Personalrat das Verfahren der übergeordneten Dienststelle vorgelegt hat und diese das Beteiligungsverfahren abbricht6. Muster 87 Antrag des Personalrates gegen die Dienststelle unter Beteiligung des einzustellenden Arbeitnehmers Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, das Beteiligungsverfahren hinsichtlich der Einstellung des Beteiligten zu 3) neu einzuleiten.

1 OVG Hamburg v. 2.5.1988 – Bs PH 9/97; OVG Bremen v. 14.11.1985 – PV-12/85; VGH Hess. v. 10.8.1988 – BPV TK 1935/88; VGH Bay. v. 26.4.1991 – 17 PE 91.01199; Widmaier in Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG, § 83 Rz. 25a. 2 Vgl. BVerwG v. 2.6.1993 – 6 P 3/92; krit. dazu Welkoborsky, PersR 1994, 197; vgl. weiter Schinkel, PersR 1995, 97. 3 BVerwG v. 27.7.1990 – 6 PB 12/89; dem folgend OVG NW v. 17.2.2003 – 1 B 2524.02.PVL. 4 Vgl. weiter Altvater/Baden, BPersVG, § 83 Rz. 45b ff.; OVG Bay. v. 19.2.1992 – 18 PC 92.236; VG Ansbach v. 28.1.1991 – AN 7 PE 90.02061; OVG Berlin v. 30.3.1998 – 60 PV 3.98; vgl. weiter OVG NW v. 6.3.1997 – 1 A 3910/93.PVL – zur Eilentscheidung bei laufendem Mitbestimmungsverfahren; zum Verfügungsgrund s. OVG NW v. 28.1.2003 – 1 B 1681/02.PVL, und Lechtermann, PersV 2006, 4, 8. 5 VG NRW v. 6.9.1994 – 1 B 1548/94.PVB. 6 OVG Bremen v. 31.7.1991 – PV-B 4/91.

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Feststellungs- und Verpflichtungsantrag

Rz. 14 L

4. Sonstige Fälle vorläufigen Rechtsschutzes Die Dienststelle kann durch einstweilige Verfügung verpflichtet werden, 12 Personalratsmitglieder für Schulungsveranstaltungen freizustellen1. Insofern wird die Rechtslage von den VG anders gesehen als von den ArbG im Betriebsverfassungsrecht, wo eine Freistellung nicht für erforderlich angesehen wird2. Zur Möglichkeit der Verpflichtung zur Kostenübernahme durch einstweilige Verfügung gibt es unterschiedliche Entscheidungen3. Durch Erlass einer einstweiligen Verfügung kann der Dienststelle auf- 13 gegeben werden, ein Mitglied des Personalrats bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache freizustellen4. Muster 88 Freistellung eines Mitglieds des Personalrats bis zur Entscheidung in der Hauptsache

13a

Der Beteiligten zu 2) (Dienststelle) wird aufgegeben, … (Name der freizustellenden Person) bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens von der dienstlichen Ttigkeit zum Zwecke der Ausbung des Personalratsamtes freizustellen.

Bei der Freistellung ist der Minderheitenschutz des § 46 Abs. 3 Satz 2 14 BPersVG zwingend zu beachten. Geschieht dies nicht, kann das rechtswidrig übergangene Personalratsmitglied mittels einstweiliger Verfügung erzwingen, dass es für die Freistellung vorgeschlagen wird5. Der Antrag ist gegen den entsprechenden Personalrat bzw. Hauptpersonalrat zu richten, die Behörde ist weitere Beteiligte.

1 VG Meiningen v. 9.8.2006 – 4 E 50 030/06 Me; VG Köln v. 19.8.2010 – 33 L 920/10.PVB für den zeitnahen Termin einer Spezialschulung (dort auch zur Übernahme der Schulungskosten) und v. 8.1.1998 – 33 L 4426/97.PVB sowie v. 31.7.1996 – 33 L 466//96.PVB; VG Schl.-Holst. v. 24.4.1998 – PB 11/98, dort auch zur Unbeachtlichkeit des Einwands fehlender Haushaltsmittel; vgl. weiter OVG NW v. 15.1.1997 – 1 B 2834/96.PVB, einschränkend OVG MV v. 14.8.2003 – 8 M 96/03 und OVG NW v. 20.1.1995 – 1 B 2082/94.PVL. 2 Vgl. K Rz. 34, zur Antragsbefugnis bei der generellen Freistellung s. LAG Hamm v. 14.10.1998 – 3 TaBV 103/98. 3 Dafür VG Köln v. 19.8.2010 – 33 L 920/10.PVB, dagegen OVG Berlin-Brandenburg v. 21.11.2001 -LKV 2003, 103. 4 VGH Bay. v. 1.2.1995 – 17 PC 94, 9391. 5 OVG NW v. 15.1.1997 – 1 B 2834/96.PVGB.

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L Rz. 14a

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Einstweilige Verfgung im Personalvertretungsrecht

Muster 89 Freistellung des rechtswidrig bergangenen Personalratsmitglieds Dem Beteiligten zu 2) (Personalrat) wird aufgegeben, den Antragsteller der Dienststellenleitung zur Freistellung von der dienstlichen Ttigkeit zum Zwecke der Ausbung des Personalratsamtes vorzuschlagen.

15

Die Teilnahme der Vertrauensperson der Schwerbehinderten an einer Personalratssitzung kann durch eine einstweilige Verfügung erzwungen werden, auch wenn dadurch das Ergebnis der Hauptsache vorweggenommen wird. Zuständig sind die Gerichte für Verwaltungssachen1.

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Eingriffe in Personalratswahlen werden von den VG nur in besonderen Ausnahmefällen für möglich gehalten, etwa wenn die Nichtigkeit der Wahl die Konsequenz aus der Weiterführung wäre2.

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Ein vorläufiges Amtsverbot gegenüber einem Personalratsmitglied im Wege der einstweiligen Verfügung kommt nur in Betracht, wenn eine weitere Zusammenarbeit mit ihm auch unter Anlegung eines strengen Maßstabs nicht einmal mehr vorübergehend zumutbar erscheint3.

18

Eine einstweilige Verfügung auf Einleitung des Einigungsverfahrens kommt nicht in Betracht, wenn der Personalrat selbst in der Lage ist, das Einigungsverfahren einzuleiten4. 5. Einstweilige Verfügung in der Kirche gem. § 52 Abs. 1 KAGO

19

Gemäß § 52 Abs. 1 KAGO kann beim KAG eine einstweilige Verfügung beantragt werden, über die der Vorsitzende allein entscheidet. Auch hier bedarf es einer Verfügungsanspruchs und eines Verfügungsgrundes5.

1 VG Frankfurt v. 16.10.2003 – 23 LG 5583/03. 2 Treber in Richardi/Dörner/Weber, § 83 Rz. 125; VGH Bay. v. 13.3.1996 – 17 PC 96.160; vgl. VG Mainz v. 14.3.1995 – 4 L 464/95.MZ – sowie VG Meiningen, v. 8.9.1994 – 3 E 50053/94 Me, n.v. 3 OVG Lüneburg v. 20.9.1995 – 17 M 826/95 – und v. 23.10.1995 – 18 M 4085/95, n.v.; OVG Berlin v. 21.4.1975 – II PV 6/75; LAG Hamm v. 18.9.1975 – 8 TaBV 65/75. 4 VG Braunschweig v. 17.2.1993 – 12 B 32/92. 5 KAG Mainz v. 28.4.2014 – M 17/14 Tr- ewVfg – zum verneinten Anspruch des Bistums gegen die Gesamt-MAV auf Entfernung von Verlautbarungen im Netz.

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M. Streitwerttabelle Arbeitsentgelt

Höhe der geltend gemachten Forderung, kein Abschlag wegen der Befriedigungswirkung der einstweiligen Verfügung.

Arbeitspapiere

Regelmäßig 250 Euro; höherer Wert nur, wenn dies aufgrund konkreter Angaben gerechtfertigt ist1. Maßgeblich sind auch die konkreten Umstände, etwa die Frage, ob überhaupt über den Anspruch gestritten wurde. Liegt keine inhaltliche Streitigkeit vor, ist m.E. die Rechtsprechung des LAG Berlin-Brandenburg (250 Euro) angemessen. Im Streitwertkatalogs der LAG werden 10 % einer Monatsvergütung angesetzt (Ziff. 7.1).

Beschäftigungsanspruch

Wie „Weiterbeschäftigungsanspruch, allgemeiner“

Betriebsänderung

Bei einem Unterlassungsbegehren des Betriebsrats unter Berufung auf § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG wurde vom LAG Hamm eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit angenommen. Es hat sich an der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer und der Staffel des § 9 BetrVG orientiert. Beim Grundfall von bis zu 20 Arbeitnehmern ist es vom einfachen Auffangwert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG ausgegangen und für die weiteren in § 9 BetrVG vorgesehenen Staffeln jeweils zusätzlich diesem Wert2. Ein Abschlag für die Vorläufigkeit des Rechtsschutzes kommt nicht in Betracht, da das Eilverfahren in der Regel das Hauptsacheverfahren ersetzt3.

Betriebsrat, Untersagung der Amtsausübung

Der Antrag auf Untersagung der Amtsausübung ist mit dem Hilfsstreitwert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zu bewerten. Ein Abschlag wegen der Vorläufigkeit der Regelung ist nicht geboten4.

Betriebsratsmitglieder, Freistellung zur Schulung

Begehrt der Betriebsrat die Freistellung eines Mitgliedes von der Arbeitsleistung für die Teilnahme an einer Schulung, kann hierfür nicht auf den Hilfswert von 5000 Euro abgestellt werden, sondern auf den Arbeitsverdienst des Betriebsratsmitgliedes für die fragliche Zeit5.

1 LAG Berlin-Brandenburg v. 9.9.2011 – 17 Ta (Kost) 6085/11. 2 LAG Hamm v. 23.3.2009 – 10 Ta 83/09, v. 2.8.2005 – 13 TaBV 10/05 und v. 15.7.2005 – 10 TaBV 84/05. 3 Vgl. LAG Berlin v. 5.6.2001 – 17 Ta 6025/01 (Kost); LAG Köln v. 9.6.1999 – 12 Ta 144/99 – (dreifacher Hilfsstreitwert). 4 LAG Köln v. 24.9.2008 – 10 Ta 200/08. 5 LAG Rheinland-Pfalz v. 20.7.2009 – 1 Ta 171/09 für den Fall einer zentral durchgeführten Betriebsräteversammlung und v. 2.6.2008 – 1 Ta 80/08; a.A. LAG Sachsen v. 7.4.2014 – 4 Ta 270/13, Hilfsstreitwert; LAG Berlin-Brandenburg v. 28.5.2008 – 17 Ta (Kost) 6056/08, nichtvermögensrechtliche Streitigkeit, Streit-

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M Rz. 1

Streitwerttabelle

Betriebsratsvorsitzender, Zutrittsrecht

In einem Beschlussverfahren über das Zutrittsrecht des Betriebsratsvorsitzenden ist für den Streitwert regelmäßig der Hilfswert des § 23 Abs. 3 RVG zugrunde zu legen1.

Betriebsversammlung

Der Gegenstandswert ist bei Anträgen auf Untersagung von Betriebsveranstaltungen, Konkurrenzveranstaltungen des Arbeitgebers etc. mangels näherer Konkretisierbarkeit des Interesses auf den Hilfsstreitwert von 5000 Euro festzusetzen.

Dienstwagen

Der Streit über den konkreten Typ des zu Verfügung zu stellenden Dienstwagens wurde mit einem Viertel des gesetzlichen Hilfsstreitwertes bewertet2. Ansonsten könnte man die steuerrechtliche 1 %-Regel heranziehen und entsprechend § 42 Abs. 2 GKG das 36-fache davon ansetzen. Wird die Überlassung nur für einen kürzeren Zeitraum begehrt, ist dieser maßgeblich. Der Wert des Fahrzeuges kann nicht Grundlage der Streitwertfestsetzung sein, da es nicht um die Übereignung, sondern lediglich um die Nutzung geht.

Direktionsrecht

Grundsätzlich ist Höhe einer Monatsvergütung des Arbeitnehmers festzusetzen wie beim allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag3.

Einigungsstellenspruch

Der Streitwert wurde in einem Verfahren, in dem der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Durchführung des Einigungsstellenspruchs untersagen lassen wollte, nach der Bedeutung der Sache in Hinblick auf den betrieblichen Gesamtbereich bemessen, und zwar auf den Hilfsstreitwert als Basis und ein Drittel davon für jeden weiteren betroffenen Arbeitnehmer4.

Gewerkschaftsbeauftragter, Zugang zum Betrieb

Hilfsstreitwert 5000 Euro

Konkurrentenstreit

Die Verwaltungsgerichte setzen für das Hauptsacheverfahren den Hilfsstreitwert von 5000 Euro an. Bei einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wird ein Abschlag

1 2 3

4

wert im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände 5000 t; ebenso LAG Rheinland-Pfalz v. 14.6.2007 – 1 Ta 150/07 und LAG Schleswig-Holstein v. 11.10.2013 – 1 Ta 163/13, Erhöhung um 25 % für jedes weitere Betriebsratsmitglied, aber nicht für Antrag auf Kostenvorschuss. LAG Hamm v. 20.9.2006 – 10 Ta 474/06. LAG Rh.-Pf. v. 1.6.2012 – 1 Ta 78/12; s. zur fehlenden Erfüllungshandlung bei Zurverfügungstellung eines Leichenwagens LAG Köln v. 19.11.2009 – 7 Sa 879/09. LAG Berlin v. 18.11.2003 – 17 Ta 6115/03 (Kost); LAG München v. 28.2.1990 – 10 (9) Ta 85/89; LAG Nürnberg v. 3.1.1989 – 8 Ta 134/88; a.A. (2 Monatsentgelte) z.B. LAG Hamm v. 6.5.1982 – 8 Ta 102/82; s. weiter LAG Köln v. 3.3.2004 – 7 Sa 297/03 – 110 % eines Monatsentgelts jedenfalls nicht zu niedrig. LAG Düsseldorf v. 6.5.2008 – 6 Ta 113/08.

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Feststellungs- und Verpflichtungsantrag

Rz. 1 M

von 50 % gemacht. In der Arbeitsgerichtsbarkeit fällt dieser Abschlag wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung üblicherweise geringer aus, nämlich 1/3, so dass bei der auf einen vorläufigen Stellenbesetzungsstopp gerichteten einstweiligen Verfügung der Streitwert mit 1650 Euro anzusetzen wäre. Man könnte den Streitwert bei einer Klage auf erstmaligen Abschluss eines Arbeitsvertrages auch in entsprechender Anwendung von § 12 Abs. 7 ArbGG auf die Höhe des Betrages festsetzen, den der Bewerber in der begehrten Position als Entgelt für ein Vierteljahr verdienen würde. Begehrt der Kläger ein Beförderungsamt, so wäre auf die Differenzvergütung für diesen Zeitraum abzustellen. Konkurrenztätigkeit

Streitwert hat sich am wirtschaftlichen Interesse des die Unterlassung begehrenden Arbeitgebers zu orientieren1. Lediglich in den Fällen, in denen keine konkreten Anhaltspunkte für das wirtschaftliche Interesse vorliegen, kann die Höhe der vereinbarten oder mindestens zu vereinbarenden Karenzentschädigung einen Anhaltspunkt darstellen.

Mitbestimmungsrechte Bei einer einstweiligen Verfügung auf die Beachtung des Betriebsrats von Mitbestimmungsrechte erscheint ein Rückgriff auf den Hilfsstreitwert des § 23 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 RVG (5000 Euro) vielfach angemessen2. Streik

Für den Streitwert ist bei Ansprüchen, die von einer Koalition geltend gemacht werden, deren wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens maßgeblich. Bei Unterlassungsgesuchen von Einzelunternehmen kommt es auf deren wirtschaftliches Interesse an. Bei der Bewertung des Interesses, ob der Arbeitskampf insgesamt untersagt werden soll oder nur einzelne Maßnahmen. Weiter sind die potentiellen Schäden durch die angegriffenen Maßnahmen zu berücksichtigen wie auch Größe und Leistungsfähigkeit der Arbeitskampfparteien und die Auswirkungen der Entscheidung etwa in überregionaler Hinsicht. Eine Orientierung am angedrohten Zwangsgeld ist m.E. nicht sinnvoll, da dieses nur der Durchsetzung dient und keinen Anhaltspunkt für das wirtschaftliche Interesse bietet. Bei der Untersagung einer Videoüberwachung der Streikenden wurde ein Streitwert von 100 000 Euro angesetzt3. Kein Abschlag für die Vorläufigkeit des Eilverfahrens.

1 Baur in Dunkl/Moeller/Baur/Feldmeier/Baur, Teil B, Rz. 75; a.A. LAG Hamm v. 23.12.1980 – 8 Ta 148/80 – Höhe der Karenzentschädigung. 2 LAG Hamm v. 9.11.2005 – 13 TaBV 148/05 – für ein Rauchverbot, wobei der Antrag zu erklären, dass das bereits verhängte Rauchverbot keine Gültigkeit habe, mit weiteren 2000 Euro bewertet wurde. 3 ArbG Oldenburg v. 8.2.2011 – 3 Ga 16/10, m. Anm. Garweg, AuR 2011, 261.

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M Rz. 1

Streitwerttabelle

Teilzeit

LAG Berlin: Grundsätze für die Änderungskündigung1, LAG Schleswig-Holstein: dreifacher Jahresbetrag der Entgeltreduzierung, begrenzt auf die Höchstgrenzen des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG2.

Urlaub

Der Streitwert ist auf die Höhe der Vergütung festzusetzen, die der Arbeitnehmer für den begehrten Urlaubszeitraum zu beanspruchen hat. Ein Abschlag wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung kommt angesichts der Befriedungswirkung nicht in Betracht. Das LAG Köln vertritt die Auffassung, dass nur 2/3 des Verdienstes angesetzt werden können, wenn der Antrag lediglich auf die Gestattung des Fernbleibens von der Arbeit gerichtet ist und sich der Antragsbegründung nicht entnehmen lässt, dass damit zugleich die diesbezüglichen Entgeltansprüche geklärt werden sollen3.

Versetzung

Vermögensrechtliche Streitigkeit4: In der Regel dürfte eine Festsetzung auf einen Monatsverdienst angemessen sein5, ebenso wie beim allgemeinen Beschäftigungsanspruch6.

Wahlvorstände, Streit untereinander

Hilfsstreitwert 5000 Euro

Weisungsrecht

Der Streitwert ist grundsätzlich auf die Höhe einer Monatsvergütung des Arbeitnehmers festzusetzen. Dies entspricht der zutreffenden Rechtsprechung zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag7.

Weiterbeschäftigungsanspruch, Allgemeiner

Eine dem § 42 Abs. 3 GKG vergleichbare Bestimmung für den Streitwert bei der Geltendmachung von Weiterbeschäftigungsansprüchen fehlt. Aus der gesetzlichen Regelung für die Bestandsschutzstreitigkeiten lässt sich jedoch ableiten, dass der Streitwert jedenfalls deutlich geringer sein muss als die dort genannte Höchstgrenze von einem Vierteljahresentgelt. Der Ansatz von einem

1 LAG Berlin v. 4.11.2001 – 17 Ta 6121/01 (Kost). 2 LAG Schl.-Holst. v. 13.11.2001 – 3 Ta 161/01. 3 LAG Köln v. 6.8.2007 – 11 Ta 210/07; LAG Rh.-Pf. v. 22.4.2009 – 1 Ta 74/09, halbes Bruttomonatsentgelt; für die Bewertung auf Bewilligung einer Freischicht s. LAG Köln v. 24.4.2007 – 4 Ta 86/07, nichtvermögensrechtliche Streitigkeit, halber Hilfswert. 4 BAG NZA 1990, 202. 5 LAG Nürnberg v. 27.12.1994 – 8 Ta 150/94. 6 LAG Berlin v. 18.11.2003 – 17 Ta 6115/03 (Kost); LAG München v. 28.2.1990 – 10 (9) Ta 85/89; LAG Nürnberg v. 3.1.1989 – 8 Ta 134/88; a.A. (2 Monatsentgelte) z.B. LAG Hamm v. 6.5.1982 – 8 Ta 102/82; s. weiter LAG Köln v. 3.3.2004 – 7 Sa 297/03: 110 % eines Monatsentgelts jedenfalls nicht zu niedrig. 7 LAG Berlin v. 18.11.2003 – 17 Ta 6115/03 (Kost); LAG München v. 28.2.1990 – 10 (9) Ta 85/89; LAG Nürnberg v. 3.1.1989 – 8 Ta 134/88; so auch der Streitwertkatalog der LAG Nr. 23; a.A. (2 Monatsentgelte) z.B. LAG Hamm v. 6.5.1982 – 8 Ta 102/82; s. weiter LAG Köln v. 3.3.2004 – 7 Sa 297/03 – 110 % eines Monatsentgelts jedenfalls nicht zu niedrig.

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Feststellungs- und Verpflichtungsantrag

Rz. 1 M

Monatsgehalt erscheint als angemessen. Um diesen Betrag ist auch der Streitwert im Kündigungsschutzverfahren zu erhöhen, wenn dem uneigentlichen Hilfsantrag stattgegeben würde1. Eine Erhöhung dieses Wertes kommt nach Auffassung des LAG Berlin in Betracht, wenn ein besonderes Interesse an der begehrten Beschäftigung besteht2. Ein Abschlag für die Vorläufigkeit des Verfahrens ist nicht angebracht, weil faktisch eine endgültige Regelung getroffen wird3. Weiterbeschäftigungsanspruch, betriebsverfassungsrechtlicher

Wie allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch. Kein Abschlag wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung, weil der Gesetzgeber hier das Eilverfahren quasi als ein die Hauptsache ersetzendes Verfahren ausgestaltet hat. Macht der Arbeitgeber seinen Anspruch auf Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht als Widerantrag in dem vom Arbeitnehmer angestrengten Eilverfahren geltend, so findet eine Streitwertaddition statt, weil es sich um unterschiedliche Streitgegenstände handelt und der Arbeitgeber die Voraussetzungen von § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG nicht im Wege der Einrede geltend machen kann.

Zeugnis

Der Streit über die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses ist regelmäßig mit dem Betrag einer Monatsbruttovergütung zu bewerten4, und zwar auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis nur von kurzer Dauer war5. Gleiches gilt grundsätzlich für die Berichtigung6. Der Streit um ein Zwischenzeugnis wird mit einem halben Monatsentgelt bewertet7. Erteilt der Arbeitgeber ein Zeugnis, das nicht die Bewertung „sehr gut“ enthält und wird der Anwalt daraufhin mit der Geltendmachung des Berichtigungsanspruchs beauftragt, entstehen für die zweite Tätigkeit neue Gebühren8. Der Streit über ein einfaches Zeugnis wird mit einem Zehntel des monatlichen Bruttoentgelts bewertet9. Ein Abschlag für das Eilverfahren kommt m.E. nicht in Betracht, da mit der

1 GMP/Germelmann, § 12 Rz. 117; LAG Berlin v. 19.9.2003 – 17 Ta 6084/03 (Kost) nennt ein Drittel des Wertes der Bestandsschutzstreitigkeit, höchstens einen Monatsverdienst, LAG Nürnberg v. 24.8.1999 – 6 Ta 166/99 einen Monatsverdienst; ebenso der Streitwertkatalog der LAG in Nr. 23. 2 LAG Berlin v. 18.11.2003 – 17 Ta 6116/03 (Kost). 3 LAG Rheinland-Pfalz v. 22.4.2009 – 1 Ta 72/09. 4 LAG Rh.-Pf. v. 12.6.2007 – 1 Ta 135/07; LAG Berlin v. 27.4.2001 – 17 Ta 6085/01 (Kost); HWK/Gäntgen, § 109 GewO Rz. 53, so auch der Streitwertkatalog der LAG unter 24.2. 5 LAG Berlin v. 13.5.2002 – 17 Ta 6059/02 (Kost). 6 S. aber ArbG München v. 25.3.2010 – 13 Ca 13280/09, das bei einer Vielzahl von Berichtungen zwei Monatsentgelte angesetzt hat. 7 LAG Berlin v. 11.9.2001 – 17 Ta 6127/01 (Kost); so auch der Streitwertkatalog der LAG unter 24.3. 8 LG Köln v. 11.1.2012 – 20 S 11/11. 9 S. den Entwurf des Streitwertkatalogs der LAG unter 24.1.

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M Rz. 1

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Streitwerttabelle einstweiligen Verfügung der Streit über die Verpflichtung zur Erteilung eines Zeugnisses in der Regel endgültig beigelegt ist und es in einem Hauptsacheverfahren nur um die Formulierung desselben gehen dürfte. Wird der Zeugnisanspruch im Vergleich geregelt, ist ein Mehrwert nur anzusetzen, wenn damit Ansprüche geregelt werden, die zwischen den Parteien streitig oder ungewiss waren1. Wird hingegen eine bestimmte Zeugnisstufe festgelegt oder gar bestimmte Formulierungen, rechtfertigt dies die Annahme eines Mehrwerts von bis zu einem Monatsentgelt2. Wenn in einem Beendigungsvergleich die Erteilung eines Zwischenzeugnisses und eines inhaltlich identischen Endzeugnisses vereinbart wird, so ist für beide zusammen nur ein Gegenstandswert festzusetzen. Dies gilt auch, wenn sich die Zeugnisse durch typischerweise nur in einem Endzeugnis enthaltene floskelartige Wendungen voneinander unterscheiden wie insbesondere eine Beendigungs-, Dankes- oder Bedauernsformel3.

1 LAG Berlin-Brandenburg v. 31.12.2008 – 17 Ta (Kost) 6161/08. 2 LAG Schl.-Holst. v. 4.6.2009 – 6 Ta 106/09; LAG Köln v. 18.7.2007 – 9 Ta 164/07, auch für den Fall, dass „Inhalt und Struktur“ eines Zwischenzeugnisses auf das Endzeugnis übertragen werden sollen. 3 LAG Rh.-Pf. v. 21.10.2008 – 1 Ta 176/08; LAG Hamburg v. 11.1.2008 – 8 Ta 13/07; LAG Köln v. 18.7.2007 – 9 Ta 164/07.

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Stichwortverzeichnis Buchstaben verweisen auf das jeweilige Kapitel, Zahlen auf die Randziffern innerhalb des Kapitels. Abmahnung – keine e.V. auf Entfernung I 322 Änderungskündigung – und Weiterbeschäftigungsanspruch I 131 Aktiv- und Passivlegitimation bei Arbeitskampf J 38, J 40 Amtausübung s. Betriebsratsmitglied Amtszustellung – als Vollstreckungsvoraussetzung F 33a Anordnung der Klagerhebung – Ausschluss beim Entbindungsverfahren nach § 102 Abs. 5 BetrVG I 181 – bei Einigungsstellenverfahren als Hauptsacheverfahren H 34 – Grundzüge E 36 Anträge – Bindung an – D 19 Anwaltliche Versicherung – als Mittel der Glaubhaftmachung D 18 Arbeitsbefreiung – am Rosenmontag und Antragsrecht des Betriebsrats K 195 Arbeitskampf s. Streik Arbeitsmittel – Herausgabepflicht I 253 – Muster einer e.V. auf Herausgabe I 264 Arbeitspapiere – Herausgabe I 269 – Muster einer e.V. auf Herausgabe I 274 – Muster eines Antrags auf e.V. auf Herausgabe I 273 – Streitwert I 272 – Verfügungsanspruch I 269 – Verfügungsgrund I 270 – Vollstreckung der Herausgabe I 271 – Zuständigkeit der Gerichte I 266 Arbeitsunfähigkeit – e.V. auf Beschäftigung I 52a Arrest – Abgrenzung zur einstweiligen Verfügung A 12 ff. – Arrestanspruch B 5 ff. – Arrestantrag C 8 ff.

– – – – – –

Bindung des Gerichts A 21 bedingte Ansprüche B 21 ff. betagte Ansprüche B 19 ff. Beschlussverfahren B 17 Darlegungslast B 14 durch – zu sichernde Forderungen im Arbeitsrecht B 12 – Entgeltansprüche, Nebeneinander mit der einstweiligen Verfügung I 232 – künftige Ansprüche B 25 – Sicherung von Sozialplanansprüchen B 13 Arrestantrag – Änderung C 34 – bedingte Rücknahme für den Fall der Anordnung mündlicher Verhandlung C 37 – Bezeichnung der Parteien C 7 – Form C 13 – Glaubhaftmachung C 15 ff. – Mindestinhalt C 6 ff. – Rücknahme C 37 – Wirkung C 28 ff. Arrestbefehl – Reichweite auch auf Auslandsvermögen B 70 Arrestgrund B 26 ff. – Ausschluss der Arrestgefahr B 48 ff. – der Auslandsvollstreckung B 56 – Beurteilungszeitpunkt B 69 – Glaubhaftmachung C 24 – Einordnung B 28 – Reedereifälle B 68 – Staatsangehörigkeit B 63 – Strafhaft als – B 39 – Übersicht B 73 – Verhalten des Schuldners B 31 ff. – Vorliegen eines – B 26 – Wohnsitz B 64 Arresthypothek C 95 ff. – Antrag auf Eintragung, Muster C 116 – Eintragung C 108 – Erwerb durch Eigentümer C 113 – Höchstbetragshypothek C 101 – Umschreibung nach § 866 ZPO C 111

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Stichwortverzeichnis – Vollziehungsfrist C 105 – Zuständigkeit C 2 ff. – Zweck C 95 Arrestverfahren – Rechtsbehelfe und Rechtsmittel, Übersicht C 41 – kein Übergang in das Hauptsacheverfahren C 35 – Übergang in das Verfügungsverfahren C 36 – Zuständigkeit C 2 Arrestvollzug C 45 ff. – anwendbare Vorschriften C 53 – Aufhebung C 132 – Bedeutung C 45 – Durchsuchungsanordnung C 69 – in ein eingetragenes Schiff C 82 – Einstellung C 151 – Forderungspfändung C 74 – Frist C 46 ff. – in Luftfahrzeuge – C 92 – Muster: – Antrag auf Aufhebung C 146 – Antrag auf Bestätigung eines erlassenen Arrestbefehls C 145 – Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. §§ 924 Abs. 3, 707 ZPO C 144 – Arrestpfändung in ein eingetragenes Schiff C 91 – Widerspruch gegen Arrestbefehl und Einstellung der Zwangsvollstreckung C 143 – Rechtsbehelfe C 64, C 141 – Teilverwertung C 72 – Verwertung C 78 – Vollziehungsklausel C 148 – Vorläufige Vollstreckbarkeit C 150 Aufsichtsratswahlen – Antragsbefugnis bei Korrekturen K 105 – Beteiligte K 107 – Grundzüge K 102 Ausländisches Recht – Glaubhaftmachung D 13 Ausschlussfrist – Wahrung der 2. Stufe durch Eilentscheidung E 91 Aussetzung A 40 Aussperrung J 23, J 38 Bedingte Rücknahme – für den Fall der Anordnung mündlicher Verhandlung über den Arrestantrag C 37

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Beibringungsgrundsatz A 39 Beschäftigungsanspruch – Antragsfassung I 98 – Arbeitsunfähigkeit I 52a – Freistellungsgründe – betriebsbedingt I 79 – personen- und verhaltensbedingt I 85 – bei Betriebsratsmitgliedern I 91 – bei Bühnenkünstlern I 90 – bei Führungskräften I 87 – Hilfsantrag auf Entschädigung I 96 – im gekündigten Arbeitsverhältnis I 69 – vertraglicher Ausschluss I 70 – individualvertraglich I 71 – formularvertraglich I 74 – Vergleich I 72 – Interessenabwägung I 77 – Muster: – Antrag auf Beschäftigung während der Kündigungsfrist I 106 – Antrag auf e.V. auf Nichtübertragung bestimmter Aufgaben I 107 – Übersicht I 105 – Verfügungsgrund I 94 – Vollstreckung I 103 Beschlussverfahren – Anordnung des Hauptsacheverfahrens H 34 – Anhörungstermin H 20 – Antragsbefugnis H 12 – Anträge H 17 – Anwaltszwang H 33 – Beendigung H 22 – Beteiligte H 8 – Betriebsrat – als Vollstreckungsschuldner H 42 – Betriebsratsbeschluss H 14 – Erledigung H 24 – Gegenstandswert H 37 – Muster: Widerspruch gegen e.V. im Beschlussverfahren H 50 – Ordnungsgeld – Höhe H 41 – Prozessstandschaft H 13 – Rechtsbehelfe – Übersicht H 49 – Rechtsmittel H 29 – Schadensersatz H 48 – Vergleich H 23 – Vollstreckung H 38 – Vollstreckungsgericht H 45 – Vollstreckungsverfahren – Kostenfreiheit H 46

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Stichwortverzeichnis – Widerantrag H 17 – Zustellung H 27 Bestimmtheitserfordernis – Antrag gegen Streik J 27 Betriebsratsbüro – Besitzrecht K 29 – Musterantrag K 31 Betriebsratskosten – Bekanntgabe K 193 Betriebsratsmitglied – Amtsausübung nach Kündigung K 16 – Muster eines Antrags auf Untersagung der Amtsausübung K 26 – Muster einer einstweiligen Verfügung auf Zutritt K 25 – Untersagung der Amtsausübung K 19 Betriebsratsschulung – Aussetzung des BRBeschlusses K 36 – Einsichtsrecht in elektronische Korrespondenz des Betriebsrats K 187 – e.V. auf Ermächtigung der Teilnahme K 32 – Entgeltfortzahlung K 32 – Kostenvorschuss K 42 – Muster: – Antrag auf einstweilige Verfügung auf Ermächtigung der Teilnahme K 45 – Antrag auf Kostenvorschuss K 46 – subjektives Teilnahmerecht K 33 – Untersagungsverfügung K 43 Betriebsratstätigkeit – Sachmittel K 28 Betriebsratswahlen – Abbruch K 91 – Antragsberechtigung für Eingriffe K 87 – Aussetzung K 89 – Grundsätze K 86 – Korrektur K 93 – Muster: – Antrag auf Abbruch der Wahl K 100 – Antrag auf Korrektur der Wahl K 101 – Streitwert K 98 – Verfügungsanspruch K 88 – Verfügungsgrund K 97 Betriebsübergang – und Beschäftigungsanspruch I 66

Betriebsvereinbarung – Einigungsstelle K 174 – e.V. auf Durchführung K 169 – Verfügungsgrund K 171 Betriebsversammlung K 47 – Anmietung von Räumen, Kostenvorschuss K 65 – Antragsbefugnis auf e.V. K 62 – Hausrecht K 55 – Informationsanspruch K 66 – Konkurrenzveranstaltung K 67 – Muster: – Duldung des Gewerkschaftsbeauftragten K 69 – Kostenvorschuss K 71 – Untersagung K 70 – politische Themen K 59 – Streitwert K 68 – Teilnahmeberechtigung K 1 f. – Untersagung K 56 – Verlegung K 60 Bildungsurlaub I 223 Bühnenschiedsgericht D 42 Bündnis für Arbeit, Unterlassungsanspruch der Gewerkschaft – Anträge K 183 – Verfügungsanspruch K 180 – Verfügungsgrund K 182 Darlegungslast – im Eilverfahren A 38 Dateien – Anspruch auf Löschung I 329 Dienstleistungsanspruch – des Arbeitgebers I 1a – einstweilige Verfügung gegen neuen Arbeitgeber I 5 – Zwangsvollstreckung I 2 Dienstposten – Übertragung, vorläufig oder kommissarisch I 301, I 304 Dienstwagen – des Betriebsratsmitglieds I 256 – Herausgabe I 254 – bei Insolvenz I 259 – nach Kündigung I 257 – Muster des Antrags auf e.V. auf Herausgabe I 265 – Streitwert I 263a – Verfügungsgrund I 262 – Zurückbehaltungsrecht I 258 Direktionsrecht – allgemein I 44

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Stichwortverzeichnis – – – – – –

billiges Ermessen I 45 Fürsorgepflicht I 46 Streitwert I 53 Verfügungsanspruch I 50 Verfügungsgrund I 51 Verteidigungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers I 48 Durchsuchungsanordnung – Notwendigkeit einer richterlichen – C 69; I 253 Eidesstattliche Versicherung C 26; I 338 Einigungsstelle – keine Errichtung durch e.V. K 37 Einigungsstellenspruch – e.V. im Zusammenhang mit – K 174 Einigungsstellenverfahren – und Antrag nach § 926 ZPO H 34 Einstweilige Verfügung (zu den e.V. auf bestimmte Handlungen s. unter diesen Stichwörtern) – Arten D 1 – Grundlagen D 4 – Kosten D 69 – Übersicht D 73 – Zuständigkeit D 27 Einwirkungspflicht – der Gewerkschaft J 15, J 34 Elternzeit – Teilzeitanspruch I 216 – Verlängerung durch e.V. I 337 Entbindung – des Arbeitgebers von der Weiterbeschäftigungspflicht I 180 Entgeltzahlung – Aufrechnung des Arbeitgebers I 239 – für Betriebsratstätigkeit I 237 – Beurteilungszeitpunkt I 244 – Dauer der Verurteilung I 246 – einstweilige Verfügung I 232 – Höhe des Anspruchs I 241 – Muster eines Antrags einer e.V. auf Entgeltzahlung I 253 – Nettoklage I 241 – rückständiges Arbeitsentgelt I 245 – Streitwert I 251 – Urlaubsentgelt I 237a – Verfügungsanspruch I 235 – Verfügungsgrund I 247 – Vollstreckung I 250 – Zinsen I 248 Erledigung – des Eilverfahrens A 37; D 69

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– der Hauptsache im Eilverfahren C 39 – Muster des Verfahrens nach § 926 ZPO durch Erhebung der Hauptsacheklage E 76 Europäischer Betriebsrat – kein Unterlassungsanspruch K 149 Feststellungsklage, negative – bei Entbindungsantrag gem. § 102 Abs. 5 BetrVG I 181 Feststellungsverfügung – Unzulässigkeit D 2; H 17c; I 325 Firmeneigentum – Herausgabe I 253 Firmentarifvertrag – Streik um – J 29, J 50 Fußballspieler – und Transferliste I 325 Gerichtskosten D 69 Geschäftsführer – Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen D 44 Gestattungsverfügung – bei Urlaubsansprüchen I 227 Gewerkschaft – Einwirkungspflicht – J 15, J 34 – Passivlegitimation bei Streit J 5 Gewerkschaftsbeauftragter, Zutrittsrecht K 1a – Ankündigung K 2 – Betriebsversammlung K 54 – Gewährung von Zutritt K 14 – Muster für Antrag auf e.V. zur Gewährung des Zutritts K 14 – Gründe für Verweigerung K 5 – Mitgliederwerbung K 8 – Polizeieinsatz K 11 – Rechtsweg K 7 – Verfügungsanspruch K 1a – Verfügungsgrund K 9 Gewerkschaftssitzung – Freistellung I 331 Gewissensentscheidung I 46 Glaubhaftmachung – Gegenstand D 11 – Mittel D 16 – Umfang D 14 Glaubhaftmachung beim Arrest C 15 ff. – Gegenstand C 15 – Grad C 19 – Mittel C 26

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Stichwortverzeichnis Kündigung – e.V. gegen Ausspruch der – I 336 – Weiterbeschäftigungsanspruch s. dort – Zustimmung des Integrationsamts I 339

Gleichbehandlung – AGG und einstweilige Verfügung I 332 Hauptsache – Anordnung der Klageerhebung – Erledigung C 39 – Vorwegnahme D 3

E 36

Insolvenzverwalter – und Freistellung von der Arbeitsleistung I 82 Integrationsamt – keine e.V. gegen Zustimmung zur Kündigung I 339 Interessenausgleich – e.V. auf Erfüllung K 144 Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) – Entbindung des Arbeitgebers I 187 Kirche L 19 Klageerhebung – Anordnung E 36 – Muster eines Antrags auf Anordnung E 70 Konkurrentenschutzklage – Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens I 315 – Aktenbeiziehung I 310 – Arbeitgeberpflichten I 290 – Auskunftsanspruch I 292, I 299 – Ausschreibungspflicht I 301 – Beweislast I 303, I 316 – Grundsätze I 286 – Muster: – Antrag auf vorl. Besetzungsstopp I 319 – Schutzschrift gegen vorl. Besetzungsstopp I 320 – Urteil vorl. Besetzungsstopp I 321 – Rechtsschutzziel I 289 – Schadensersatz I 314 – Streitverkündung I 295 – Streitwert I 317 – Verfügungsanspruch I 286 – Verfügungsgrund I 293, I 304 – vorläufiger Besetzungsstopp I 298, I 319 f. – Zuständigkeit I 296 – Zwischenverfügung I 309 Kurzarbeit I 323

Leistungsverfügung D 3 Luftfahrtunternehmen – Nichtigkeit der Betriebsratswahl K 91 Mandantenschutzklausel – und Wettbewerbsverbot I 28 Mehrarbeit – und Unterlassungsanspruch des Betriebsrats K 117 – Muster auf Antrag K 162 Mitbestimmung – Globalantrag K 126 – Grundzüge K 108 – in personellen Angelegenheiten K 119 – Informationsanspruch K 121 – Muster: – Unterlassung von Mehrarbeit K 162 – Unterlassung von Personalfragebögen K 163 – Überstunden K 117 – Verfügungsgrund K 112 – in sozialen Angelegenheiten K 110 – Antragstellung K 116 – Dienstplan K 114 – in wirtschaftlichen Angelegenheiten K 127 – Betriebsänderung, Begriff K 127 – Betriebsänderung und e.V. K 146 – betriebsbedingte Kündigungen K 154 – Betriebseinschränkungen K 127 – Informations- und Beratungsanspruch K 136 – Interessenausgleich, e.V. auf Erfüllung K 144 – Muster: – Unterlassung von betriebsbedingten Kündigungen K 165 – Unterlassung von Ausgliederung K 167 – Nachteilsausgleich K 137 – Neugründungen K 131 – Pflichten des Arbeitgebers bei Betriebsänderungen K 135

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Stichwortverzeichnis – Stillegung K 133 – Streitwert K 157 – Unterlassungsanspruch gem. § 23 Abs. 3 BetrVG K 159 – Unterlassungsverfügung K 146 – Verfügungsgrund K 150 – Mitbestimmungsrecht auch im Arbeitskampf K 124 – Unterlassungsverfügung K 122 Mündliche Verhandlung – im Verfügungsverfahren D 46 Nebentätigkeit I 324 Notzuständigkeit – des Amtsgerichts im Arbeitsgerichtsverfahren D 40 – einstweilige Verfügung D 40 Organstreitigkeiten – zwischen betriebsverfassungsrechtlichen Organen K 185 Parteifähigkeit – von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden J 4 ff. Parteizustellung F 29 ff. – Zwangsvollstreckungsvoraussetzung F 33a Persönlicher Arrest – Anordnung von Haft C 122 – gegenüber Ausländern C 120 – Muster eines Antrags auf persönlichen Arrest C 131 – Rechtsbehelfe C 128 – Übermaßverbot C 126 – Verhältnis zu dinglichem Arrest C 117 Personalvertretungsrecht – Amtsausübung, Verbot der L 17 – Antragsbefugnis L 2 – Beteiligungsverfahren, e.V. auf Einleitung oder Fortführung L 11 – Einigungsstellenverfahren L 18 – Feststellungsverfügung L 9 – Grundzüge L 1 – Ländergesetze L 8 – Minderheitenschutz L 14 – mündliche Verhandlung L 5 – Personalratswahlen L 16 – Rechtsmittel L 5 – Schulungsveranstaltung L 12 – Schwerbehinderte L 15 – Unterlassungsanspruch L 7

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Pflegezeit I 216 Post – e.V. gegen Öffnen

I 330

Rauchverbot I 328 Rechtshängigkeit – einstweilige Verfügung und Hauptsacheverfahren A 23 ff. – mehrere einstweilige Verfügungen A 24 Rechtskraft – der einstweiligen Verfügung A 25 Regelungsabrede – Durchsetzung durch e.V. K 169 Risikohaftung – bei der einstweiligen Verfügung G 1 Rosenmontag – Antragsrecht des Betriebsrats auf Arbeitsbefreiung K 195 Rücknahme – des Arrestantrags für den Fall der Anordnung mündlicher Verhandlung C 37 Sachverständiger – für den BR im Interessenausgleichsund Sozialplanverfahren K 160 Schadensersatzpflicht G 1 ff. – Bindungswirkung der Eilentscheidung G 11 – Bindungswirkung der Hauptsacheentscheidung G 10 – im Beschlussverfahren G 5 – Gläubiger des Anspruchs G 14 – Mitverschulden G 23 – Risikohaftung G 1 – Umfang des Anspruchs G 16 – bei Unterlassungsverfügung G 17 – Verfahren G 25 – Verjährung G 24 – bei Weiterbeschäftigungsanspruch G 20 Schiedsgericht – Zuständigkeit D 42 Schikane – am Arbeitsplatz I 332 Schlüssigkeitsprüfung – bei Verfügungsansprüchen D 5 Schulungsveranstaltungen – Betriebsratsmitglieder K 17 – Personalratsmitglieder L 12 Schutzschrift – im Arbeitskampf J 11, J 42

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Stichwortverzeichnis – Definition A 43 – Einsichtsrecht A 44; J 43 – Muster: – einer – bei erwartetem Antrag des Arbeitnehmers auf Weiterbeschäftigung gem. § 102 Abs. 5 BetrVG I 207 – bei Wettbewerbsverbot I 43 – einer – bei erwartetem Antrag auf vorläufigen Besetzungsstopp I 320 Schwerbehinderte – keine e.V. gegen Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung I 339 Sicherheitsleistung – Aufhebung der einstweiligen Verfügung F 48 Sicherungsverfügung D 1 Stellenbesetzungsverfahren – Abbruch I 315 Streik – Aktivlegitimation auf Arbeitgeberseite J 4 – Demonstrationsstreik J 29 – um Firmentarifvertrag J 29, J 50 – gegen Kündigung J 29 – Muster: – e.V. gegen Streik J 47 – e.V. gegen einzelne Streikmaßnahmen J 51 – Schutzschrift J 50 – politischer J 29 – für Sozialplantarifvertrag J 29 – gegen Standortschließung J 29 – Sympathiestreik J 29 – Untersagungsverfügung – Bestimmtheitserfordernis J 27 – Verfügungsgrund J 15 – Videoüberwachung J 41a – Warnstreik J 23, J 29, J 36, J 49 – wilder – J 29 – Zuständigkeit für e.V. J 8 ff. Streikführer – Passivlegitimation J 5 ff. Streitmaßnahmen – e.V. gegen einzelne – J 6 Streitwert – allgemein D 63 – Tabelle M 1 Tatsachenbehauptung – im Arbeitskampf J 26 – Unterlassung sonstiger – I 326

Teilzeitanspruch – Elternzeit I 216 – Prozedere I 212 – Streitwert I 217 – Verfügungsanspruch I 210 – Verfügungsgrund I 216 – Verweigerungsgründe I 211 Transferliste DFB – Aufnahme I 325 Überstunden – s. Mehrarbeit Unterlassungsantrag – Bestimmtheit I 21, I 33, I 102 Urlaub – und Altersteilzeit I 224 – e.V. gegen Erwerbstätigkeit während des – I 226 – Gestattung des Fernbleibens von der Arbeit I 227 – Gewährung I 228 – Muster I 321 – Streitwert I 230 – Urlaubsentgelt I 237a – Verfügungsanspruch I 218 – Verfügungsgrund I 219 – und Weiterbeschäftigungsanspruch I 225 Verfassungswidrigkeit einer Vorschrift A 40 Verfügungsanspruch – allgemeine Grundlagen D 4 – Schlüssigkeitsprüfung D 5 Verfügungsgrund – allgemeine Grundlagen D 8 – Einordnung D 11 Verfügungsverfahren – Bindung an Anträge D 19 – Kosten D 69 – Kostenwiderspruch E 29 – mündliche Verhandlung D 47 – Notzuständigkeit D 40 – Verweisung D 38, D 53, D 60 – Vollstreckungsabwehrklage E 11 – Vollstreckungserinnerung E 12 – Widerspruch E 14 – Zurückverweisung vom LAG an ArbG E 1 – Zuständigkeit, Gericht der Hauptsache D 28 Verhandlung – mündliche im Eilverfahren D 47

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Stichwortverzeichnis Versetzung – betriebsverfassungsrechtlicher Begriff I 55 – individualrechtlicher Begriff I 54 – Muster: Antrag auf e.V. gegen Versetzung I 60 – Streitwert I 59 – Verfügungsgrund I 56 – keine vorläufige Beschäftigung zu unveränderten Bedingungen I 57 Verweisung – im Eilverfahren D 38, D 53, D 60 Videoüberwachung – von Arbeitnehmern I 332 – von Streikenden J 41a Vollstreckungsabwehrklage – grundsätzliche Unzulässigkeit E 11 Vollstreckungserinnerung E 12 Vollziehungsfrist F 1 ff. – Beginn F 3 – einstweilige Verfügung, Besonderheiten F 23 – Ende F 12 – Hemmung F 5 – Versäumung F 38 – Vollziehung F 18 – Zustellung im Parteibetrieb F 29 Vorlage an das BVerfG A 40 Wahlvorstand – Auskunftserteilung K 72 – mehrere Wahlvorstände K 79 – Muster: – Antrag auf Auskunftserteilung K 82 – Unterlassen von Behinderungen K 85 – Zutritt des Wahlbewerbers K 84 – Zutritt des Wahlvorstandes K 83 – Privatanschriften der AN K 72 – Streitwert K 81 – Wahlakten K 75 – Wahlwerbung K 78 – Zugang zum Betrieb K 78 Weiterbeschäftigungsanspruch, allgemeiner – bei Änderungskündigungen I 131 – Antrag I 205 – Auflösungsantrag I 125 – Auflösungsurteil I 126 – betriebsverfassungsrechtlicher; Wechsel = Klageänderung I 150 – Entbindung vom – I 122 – Freistellungsklausel I 124 – Grundzüge I 108

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– Muster: – Antrag auf Weiterbeschäftigung nach obsiegendem Urteil I. Instanz I 146 – bei offensichtlich unwirksamer Kündigung I 148 – nach klageabweisendem Urteil I 117, I 134 – nach klagestattgebendem Urteil I 119 – Streitwert I 144 – bei Tendenzbetrieben I 139a – Übersicht I 145 – Verfügungsgrund I 128 – bei Versetzung K 58 – Vollstreckung I 141 – vor der erstinstanzlichen Entscheidung I 111 – bei Wiederholungskündigung I 139 – Zuständigkeit, wenn Kündigungsschutzklage beim BAG I 138 Weiterbeschäftigungsanspruch, betriebsverfassungsrechtlicher – Abbedingung I 154 – bei Änderungskündigung I 157 – Annahmeverzug I 175 – Anwendbarkeit des KSchG I 158 – im Arbeitskampf I 171 – Betriebsratsbeschluss I 166 – Betriebszugehörigkeit I 177 – Entbindung des Arbeitgebers I 180 – Anordnung des Hauptsacheverfahrens I 186 – Darlegungslast I 191, I 194 – der JAV-Mitglieder I 187 – Muster: Antrag auf Entbindung I 208 – offentsichtliche Unbegründetheit des Widerspruchs I 195 – Rechtsfolgen I 198 – Rechtsschutzbedürfnis I 182 – Verfügungsgrund I 183, I 190 – Streitwert I 203 – Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung I 193 – Verfahrensart I 188 – Vollziehung I 189 – Wiederholung I 200 – Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage I 190 – bei Folgekündigung I 172 – Mitglieder der JAV I 149a, I 187 – Muster: – Antrag auf e.V. auf Weiterbeschäftigung I 205

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Stichwortverzeichnis – Erwiderung hierauf I 206 – Schutzschrift des Arbeitgebers I 207 – bei nachträglicher Zulassung der Kündigungsschutzklage I 159 – Prüfliste I 204 – Rechtsfolgen I 153, I 170 – Tatbestandsvoraussetzungen I 155 – bei Tendenzbetrieben I 177a – bei Umdeutung in ordentliche Kündigung I 156 – Verfügungsgrund I 168 – Verteidigungsmöglichkeiten des Arbeitgebers I 178 – Wahlberechtigung zum BR I 176 – Wechsel zum allgem. Weiterbeschäftigungsanspruch = Klageänderung I 150 – Weiterbeschäftigungsverlangen I 161 – bei Wiederholungskündigung I 172 – Widerspruch des BR I 162 – wirtschaftliche Belastung I 192 – zeitliche Begrenzung I 174 Weiterbeschäftigungspflicht – Entbindung von – I 180 Wettbewerbsverbot – Abgrenzung Vorbereitungs- und Wettbewerbshandlung I 12 – Abwerbung von Arbeitnehmern I 13 – Auskunftsanspruch I 22 – von Auszubildenden I 6 – Elternzeit I 7 – Fehlen eines nachvertraglichen – I 27 – inhaltliche Reichweite I 12 – Kapitaleinlage I 17 – Karenzentschädigung I 37 – Kundenschutzklausel I 29 – Lösungserklärung I 38 – Marktsegment I 15 – Muster: – einer e.V. auf Einhaltung I 25 – einer Schutzschrift bei Wettbewerb während des Arbeitsverhältnisses I 26 – Untersagung bei nachvertraglichem – I 42 – einer Schutzschrift bei nachvertraglichem – I 43 – Schadensersatz I 8

– Stillschweigensklausel I 28 – streitige Arbeitgeberkündigung I 9 – streitige Arbeitnehmerkündigung I 11 – Streitwert I 34 – Verfügungsgrund bei nachvertraglichem – I 39 – Wirksamkeitsvoraussetzungen I 37 – Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen I 23, I 36 Wettbewerbsvereinbarung – Form I 37 – Karenzentschädigung I 37 Widerspruch – der Betriebsrats gegen Kündigungen I 162 – als Rechtsbehelf E 14 Wohnraum – keine einstweilige Verfügung auf Räumung F 53 Zeugnis – Muster eines Antrags auf e.V. I 285 – Streitwert I 284 – Verfügungsanspruch I 275 – Verfügungsgrund I 278 – Vollstreckung I 282 – Zwischenzeugnis I 277 Zurückverweisung – vom LAG an ArbG E 1, E 13a Zuständigkeit – Gericht der Hauptsache E 21 Zustellung – Amtszustellung F 33 – Gegenstand F 34 – im Parteibetrieb und Vollziehungsfrist F 29 – nach Vollziehung F 42 – Zustellungsfrist F 43 Zutrittsrecht – des gekündigten BR-Mitglieds K 15 – des Gewerkschaftsbeauftragten s. dort – Muster: – eines Antrags auf e.V. auf Zutritt K 25 – eines Antrags des Wahlvorstands auf Zugang K 83 – des Wahlvorstands K 76 Zwangsvollstreckung – vor Amtszustellung F 33a – Einstellung E 35

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