Dreizehnte Österreichische Ärztetagung Wien van Swieten-Kongreß: 28. September bis 3. Oktober 1959 Tagungsbericht [1. Aufl.] 978-3-7091-4627-9;978-3-7091-4778-8

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Dreizehnte Österreichische Ärztetagung Wien van Swieten-Kongreß: 28. September bis 3. Oktober 1959 Tagungsbericht [1. Aufl.]
 978-3-7091-4627-9;978-3-7091-4778-8

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-VIII
Möglichkeiten und Gefahren der internen Therapie (Ferdinand Hoff)....Pages 1-16
Zur Pathophysiologie des Wasser- und Elektrolythaushaltes (Th. Leipert)....Pages 17-27
Die nosologische Bedeutung des Wasser-und Elektrolyt-Haushalts in der Inneren Medizin (Hanns Baur)....Pages 29-45
Die Routine der Wasser- und Elektrolyt-Therapie in der operativen Medizin (E. Domanig)....Pages 47-58
Der Wasser- und Elektrolythaushalt (H. Hungerland)....Pages 59-68
Störungen des Säure-Basen-Gleichgewichtes in der Chirurgie und der inneren Medizin (L. A. Boeré)....Pages 69-83
Der Eiweißhaushalt und seine Beziehung zum Wasser- und Elektrolythaushalt (G. Schubert, W. Auerswald)....Pages 85-93
Pharmakologische Grundlagen der Behandlung von Störungen des Wasser-und Elektrolythaushaltes (F. Brücke)....Pages 95-108
Was bedeutet die Ueberprüfung und Lenkung des Elektrolythaushaltes für eine große chirurgische Station? (Paul Huber)....Pages 109-113
Die klinische Bedeutung des Elektrolythaushaltes bei chirurgischen Erkrankungen des Zentralnervensystems (L. Schönbauer, R. Kucher)....Pages 115-119
Die Störungen der Elektrolytstruktur bei Ileus und Peritonitis (H. Kunz, R. Kühlmayer)....Pages 121-126
Elektrolyt- und Wasserhaushaltsprobleme in der täglichen Praxis (Paul Huber, H. Marberger, H. Reissigl)....Pages 127-131
Standardisierung der Infusionstherapie? (Paul Huber, H. Reissigl)....Pages 133-145
Anwendung und Wirkungsweise diuretischer Substanzen im Kindesalter (K. Kundratitz, A. Rosenkranz)....Pages 147-150
Säure-Basenhaushalt bei Atemfunktionsstörungen (F. Muhar)....Pages 151-155
Die zerebralen Durchblutungsstörungen (Franz Seitelberger)....Pages 157-168
Die organischen Durchblutungsstörungen und ihre Therapie (H. Hoff, H. Tschabitscher)....Pages 169-194
Die funktionellen Durchblutungsstörungen des Gehirns (G. Harrer, G. Harrer)....Pages 195-208
Untersuchungen der Gehirndurchblutung bei zerebral gestörten Kindern durch den Bewegungsfilm (K. Kundratitz, H. Hoff, E. M. Klausberger, E. Zweymüller)....Pages 209-221
Psychische Veränderungen bei zerebralen Durchblutungsstörungen (Erwin Stransky)....Pages 223-234
Rehabilitation beim zerebralen Insult (Herbert Reisner)....Pages 235-246
Klinisch-experimenteller Beitrag zur Diagnose und Behandlung zerebraler Durchblutungsstörungen (H. Bertha, O. Eichhorn)....Pages 247-251
Unsere arteriographischen Erfahrungen bei zerebralen Durchblutungsstörungen (L. Schönbauer, H. Brenner, K. Huber)....Pages 253-259
Die Bedeutung der zerebralen Serienangiographie (A. Gund)....Pages 261-264
Rheographie und Hirndurchblutung (F. Spath, F. L. Jenkner)....Pages 265-267
Die Messung der zerebralen Durchblutung mit Radioangiographie (W. Birkmayer)....Pages 269-271
Ueber Medikamenteneinwirkungen auf die Hirngefäße (Hans Hoff, K. Gloning, E. M. Klausberger)....Pages 273-283
Die Differentialdiagnose zwischen dem gefäßbedingten zentralen und labyrinthären Schwindel (A. Riccabona, A. Jezek)....Pages 285-289
Ansäuerung bei Zyklusstörungen (W. Michalica, A. Rockenschaub)....Pages 291-295
Der Kupferstoffwechsel der Erythrozyten (K. Fellinger, E. Gisinger)....Pages 297-300
Auflösung großer Uratsteine des Nierenbeckens durch konservative Maßnahmen (B. Bibus)....Pages 301-308
Teilresektion und Totalexstirpation von Fersenbeinen (Lorenz Böhler, Heinz R. Schönbauer)....Pages 309-309
Die Ergebnisse der Choledocho-Duodenostomie (Paul Huber, H. Steiner)....Pages 311-315

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Dreizehnte Österreichische Ärztetagung Wien Van Swieten-Kongreß 28. September bis 3. Oktober 1959

Tagungsbericht Herausgegeben für die

Van Swieten-Gesellschaft von

Prof. Dr. E. Domanig Salzburg

Mit 41 Textabbildungen

Springer-Verlag Wien GmbH 1960

Julius von Hochenegg

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten

ISBN 978-3-7091-4627-9 DOI 10.1007/978-3-7091-4778-8

ISBN 978-3-7091-4778-8 (eBook)

Vorwort lmmer mehr nimmt die Oesterreichische Aerztetagung, Van Swieten-KongreR, eine zentrale Stellung sowohl im wissenschaftlichen Bereich als auch in der arztlichen Fortbildung ein. Getreu den Intentionen des Mitbegriinders, Prof. Dr. L. A r z t, ist es uns gelungen. den Tagungsbericht sicherzustellen, der auch weiterhin alljahrlich erscheinen wird. Wir hoffen, daR es auch gelingen wird, den Bericht zeitlich so fertigzustellen, daR er jeweils zum nachstjahrigen KongreRbeginn herauskommt. Der KongreR 1959 hat eine Reihe wichtiger und ausgezeichneter Referate gebracht, die wir im folgenden zusammengefaRt vorlegen. Sie werden, wie wir hoffen, sowohl die medizinische Forschung als auch die Praxis befruchten.

E. Domanig, Salzburg

Inhaltsverzeichnis Tagungsbericht 28. September 1959 Festvortrag Prof. Dr. F. Hoff, FrankfurtfM.: Moglichkeiten und Gefahren der internen Therapie. I. Hauptthema

Der Wasser- und Elektrolythaushalt Lei pert, Th.: Zur Pathophysiologie des Wasser- und Elektrolythaushaltes. Baur, H.: Die nosologische Bedeutung des Wasser- und Elektrolyt-Haushalts in der Inneren Medizin. Domanig, E.: Die Routine der Wasser- und ElektrolytTherapie in der operativen Medizin. Hunger land, H.: Der Wasser- und Elektrolythaushalt. Boere, L.A.: Storungen des Saure-Basen-Gleichgewichtes in der Chirurgie und der inneren Medizin. A uerswald, W.: Der EiweiJ3haushalt und seine Beziehung zum Wasser- und Elektrolythaushalt. Briicke F.: Pharmakologische Grundlagen der Behandlung von Storungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes. Huber, P.: Was bedeutet die Uberpriifung und Lenkung des Elektrolythaushaltes fUr eine grol3e chirurgische Station ? Kucher, R.: Die klinische Bedeutung des Elektrolythaushaltes bei chirurgischen Erkrankungen des Zentralnervensystems. Kiihlmayer, R.: Die Storungen der Elektrolytstruktur bei Ileus und Peritonitis. Mar berger, H. und H. Reissig I: Elektrolyt- und Wasserhaushaltsprobleme in der taglichen Praxis. Reissigl, H.: Standardisierung der Infusionstherapie? Rosenkranz, A.: Anwendung und Wirkungsweise diuretischer Substanzen im Kindesalter. Muhar, F.: Saure-Basenhaushalt bei Atemfunktionsst6rungen.

Vlll

29. September 1959 II. Hauptthema

Die zerebralen Durchblutungsst6rungen Sei tel berger, F.: Die zerebralen Durchblutungsstorungen. Hoff, H. und H. Tschabitscher: Die organischen Durchblutungsstorungen. Harrer, G.: Die funktionelleu Durchblutungsstorungen de,; Gehirns. Kundratitz, K., E. M. Klaus berger und .l:n Durchblutungsstorungen. Reisner, R.: Rehabilitation beim zerebralen Insult. l Davis, J. 0. 'lind B a 11, W. C.: Amer. J. Physiol., 192 (1958), S. 538. 26 S c h w i e g k, H., R i e c k e r, G., W o I f f, H. P. und K o c z·o r e k, Kh. R.: 4. lnternationaler KongreB fiir Biochemie Wien 1958 Sect. 9/97 Hormone, biochem. Regulationen. - 27 R o sn a g I e, R. S. und Fare 11, G. L.: Amer. J. Physiol., 187 (1956), S. 7. - 28 Sartorius, 0. W. und Mitarbeiter: Endocrinology, 52 (1953), S. 256. - 29 T e·i l u m, G. und Mitarbeiter:

ll

Acta Endocrinologica, 5 (1950), S. 181. - so Neher, R., Desa u I I e s, P., Vis c her, E., W i e Ian d, P. und Wet ts t e i n, A.: Helvet. chim. Acta, 41 (1958), S. 1667. - 31 H e r ken, H.: Wien. klin. Wschr., 70 (1958), S. 518. - 32 Lara g h, J. H., 'van Dyke, H. B., J a c o b son, J., Ad am sons, K. und Eng e I, S. L.: J. clin. Invest., 35 (~956), S. 897.- 83 Cheek, D. B. und West, C. D.: Amer. J. Physwl., 184 (1956), S. 69.

Aus der 2. Medizinischen Abteilung des Stadtischen Krankenhauses Miinchen rechts der lsar (Chefarzt: Prof. Dr. Hanns Baur)

Die nosologische Bedeutung des Wasserund Elektrolyt-Haushalts in der Inneren Medizin Von H. Baur

Die Frage nach der nosologischen Bedeutung des neuen Wissens tiber den Wasser-Elektrolyt-Haushalt (W. El. H.) kann als eine Fruge nach der Art der Unterbringung im nosologischen System* oder als eine Frage nach den Auswirkungen dieses Wissens auf das System betrachtet werden. Ihre Diskussion soli sich jedenfalls mit dem EinfluB befassen, den die Beschiiftigung mit dem W. El. H. des Kranken auf das iirztliche Denken und Handeln am Krankenbett auszuiiben vermag. Die naturwissenschaftlichen Prubleme des W. El. H.

* Die Nosologic ist eine Arbeitshilfe fiir die Aufgaben des Arztes, die wegen ihrer Unaufschiebbarkeit mit dem jeweils vorhandenen Bestand an naturwissenschaftlicher Grundlage durchgefiihrt werden miissen. Nosologie ist deshalb zeitgebunden und zu eincm gewissen Anteil - unverbindlich. Die Pathologic (funktionelle und morphologische Pathologic) ist eine naturwissenschaftliche Disziplin. lhre Aussagen konnen sich auf den Stand des Wissens beschriinken. In einfachster Formulierung kann man feststellen: Die Pathologic wei~ mehr als man am Krankenbett nutzbringcnd anwenden kann und weniger als man am Krankcnbett zu wisscn wiinscht. Die Nosologic liefert fiir einen Teil der Vorgiinge am Krankenbett Erkl:irung~n, die zum Teil richtig, zum Teil falsch sind. Fiir den Rest liefert sie Namen und Systeme, von denen das gleiche gilt.

2 fallen in den Bereich der Chemic, der physikalischen Chemic und der Biologic der Zelle. Der Stoff und seine Aufteilung Das Arbeitsgehiet, das man mit den Namen Wasser und Elektrolyte (hei korrektem Gebrauch bedeutet Elektrolyt das Uisungsmittel und das GeHiste) iiherschreibt, umfaflt beinahe aile biologischen Vorgange, da es ohne Wasser kein Leben gibt und da von den Bestandteilen des Organismus nicht nur die meisten anorganischen Elemente, sondern auch die Eiweiflkorper und die Makromolekel elektrochemische Aktivitaten besitzen. Das Bediirfnis nach Beschrankung meldet sich von der Anwendbarkeit des Wissens am Krankenbett aus. Die natiirliche Grenzziehung ergibt sich aus dem Wort ,Haushalt". Haushaltsmaflige Kenntnisse liegen zur Zeit in bezug auf Wasser, Na+, CI-, HC0 3-, C0 2 , K+ und H+ vor. Ob man Ca++ und P sowie Mg++ hinzunimmt, ist cine Frage der Beurteilung und von untergeordneter Bedeutung. Der Mineralhaushalt des Skeletts ist in korrekter Definition ein Salzhaushalt mit einem sehr kleinen, aber sehr wichtigen Elektrolytanteil. Der Magnesiumhaushalt befindet sich im Zustand der ,Konstitution". Sehr gelaufig ist die Darstellung des W. El. H. als Physiologic der Verteilung, Konzentration und Menge der extrazellnlaren Fliissigkeit (ez. Fl.) (Wasser, Na+, CI-, HC0 3-). Nach dem heutigen Stand unseres Wissens kann der W. El. H. nic:ht mehr als eine Angelegenheit der ez. Fl. dargestellt werden. Das Kapitel des K+-Haushalts ist zwar problematisch, aber nicht so, daR man nicht heute schon fiir die tagliche Praxis prazise Vorschlage machen konnte, die cine enorme Bereicherung der Therapie darstellen. Damit hefinden wir uns aber hereits im intrazellularen (iz.) Bereich. Die Konsequenz ist der Einblick in die Verflechtung des W. El. H. mit dem Stoffwechsel und den Strukturen. Die Bedeutung dieses Einblicks ergibt sich aus der Erkenntnis, daR die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung, d. h. des Ungleichgewichts des W. El. H. in erster Instanz eine Funktion der vorliegenden Strukturen und des Energiehaushalts der Zellen ist. Ein Teil der Storungen des Wasser- und Na+-Haushalts kann nur uber den Zugang vom K+-Haushalt aus erklart und abgeleitet werden. An die Stelle des physiologischen Idylls der ez. Fl. als ,Bacl der Zellen" und Resthestand des friiher einmal benotigten aufleren Milieus, d. h. des Meerwassers, tritt die

3 Frage, wie es damals moglich war und heute noch moglich ist, das zum Zwecke des freien Landlebens ,mitgenommene" Milieu auch nur fiir Minuten konstantzuhalten. Die Einbeziehung des iz. Bereichs und der Vorgange an den Zellmemhranen zeigt, daR die exkretorische und konservierende Leistung der Harnbildung ein Sonderfall ist, der nach demselben Prinzip vonstatten geht, wie die Abfertigung der inneren Bilanzen, namlich durch die Herstellung von Konzen tra tionsgradien ten. Ueber die dominante Bedeutung der inneren Bilanzen sollte kein Zweifel moglich sein. Das Kind wachst nicht deshalb, weil die Nieren das Substrat zum Ansatz ,konservieren". Dasselbe gilt von iiufieren Bilanzen, z. B. der Thermoregulation. Der Hitzearbeiter schwitzt nicht, wei! seine Nieren Wasser und Salz konservieren. Die Schweiflabgahe ist zu definieren als ,Verlust" an Losungsraum und NaCl fiir die Harnbildung. Das ,Vorgriffsrecht" anderer Bilanzvorgiinge und die e ff e k t u i ere n de R o II e de r N i ere n funk ti on zeigt sich, wenn solche Verluste nicht gedeckt werden. Die r e g u l a t o r i s c h e L e i s t u n g d e r H a r n b i l d u n g fiir die Homoostase des W. El. H. kann nicht hoch genug angesetzt werden. Sie ist aber naturgemi:Hl auf die Effektuierung der Bllanzen beschrankt. Die Effektuierung der Bilanzen des W. El. H. ist mit der Bilanz von Proportionen, d. h. der Aufrechterhaltung homoostatischer Grofien verbunden, wie sich besonders in der respiratorischen und renalen Kollaboration fiir den Saure-Basen-Haushalt (S. B. H.) zeigt. Die hisher - hestenfalls - tibliche Darstellung des W. El. H., seines Bestandes, seiner inneren Bilanzen und Regulationen und seiner aufieren Bilanzen als Teilkapitel der Nephrologie fiihrt durch die Fixierung des Standpunktes des Beschauers in den renalen Anteil der aufieren Bilanz zu der logischen Subsumierung aller anderen Vorgange als extrarenal. Die adaquate Beschreibung kann nur in einem selbdandigen Abschnitt der Physiologie erfolgen. Auch in diesem Fall mufi der Artefakt der Schnittftihrung weitgehend ausgeglichen werden. Das dritte Kapitel des W. El. H. - neben dem Na+- unrl K+-Haushalt- ergibt sich aus der Tatsache, dafi die aktuelle Reaktion der Korperfltissigkeiten durch die Eigenschaften bestimmter Elektrolyte und die bilanzmafiigen Transaktionen mit diesen Elektrolyten bestimmt wird. Der sogenannte S. B. H., der in medizinischen Darstellungen oft mit der Art des Ladungsiiberschusses (Kationen und Anionen) konfusioniert wird, ist mit dem Haushalt der bereits aufgezahlten Elektrolyte eng verkniipft. Er stellt den chemisch humoralen Anteil der Aternphysiologie dar.

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Die Unterbringung des Stoffes im System der N osologie Das derzeitige System der Krankheitsgruppierung enthiilt mehrere Kapitel unter der Ueberschrift ,Stoffwechselkrankheiten". Die erste Voraussetzung dieser Unterbringung ist die selbstiindige - nattirlich jeweils mit dem Artefakt einer Schnittfiihrung durch Verflochtenes verbundene - Beschreibung des betreffenden Stoffwechsels. Die zweite Voraussetzung ist die Existenz von Phiinomenen, die man als Krankheitseinheiten dem betreffenden Stoffwechscl ,zuteilen" kann. Ein Beispiel liefert der Kohlehydratstoffwechsel und ,seine" Krankheiten, z. B. der Diabetes mellitus, der Hyperinsulinismus usw. Die erste Voraussetzung ist beim W. El. H. gegeben, wenn man das Wort Stoffwechsel nicht fiir die Verstoffwechslung reserviert. Die zweite Voraussetzung ist nur bedingt erfiillt. Primiire und selbsUindige ,Elektrolytkrankheiten" existieren. Man kann die RegulationsstOrungen, wie den primiiren Hyper- und Hypo-Aldosteronismus, den Diabetes insipidus und - wenn mun will - die Addisonsche Krankheit dazu rechnen. Stets wird die Zahl dieser Faile klein sein. Ihre Diagnose und Therapie ist ein Reservat der Klinik. Der Sehwerpunkt der Physiologic und Pathologic des W. El. H. liegt nicht im Gebiet der Einzeldarstellung von Krankhei tsei n hei ten. W. El.-Stoffwechsel oder -Ha us halt? Die Bezeichnung ,Stoffwechsel" hat sich in der Physiologic und Medizin fiir jene Vorgiinge eingebiirgert, bei welc·hen der betreffende Stoff in einen anderen verwandelt wird oder aus einem anderen neu entsteht. Dieser Fall der ,Verstoffwechslung" liegt im W. El. H. nur in geringem Ausmaf! vor. Wasser entsteht zu einem klcinen Anteil der Tagesbilanz (etwa 300 his 400 ml in 24 Stunden) als sogenanntes Oxydationswasser, d. h. als letztes Endglied der Aktivierung des H, ehandlung von Wasser-ElektrolytStorungen. Regenshurger Jahrbuch fiir iirztliche Fortbildung, Bd. V (1956).

13 dung des Lebens. Die Definition der AuslOsung, sei es als Na+-Mangelsyndrom, sei es als C0 2-lntoxikation usw., schiitzt davor, diesen von uns eingdiihrten Sammelbegriff ohne geniigenden Inhalt zu verwenden. Die elementaren Voraussetzungen des Lebens sind uns in jiingster Zeit auf verschiedenen Gebieten besser erschlossen worden. Die Nutzanwendungen dieser Erschlieflung haben das Gesamtbild der Heilkunde grundlegend beeinfluflt. Man kann als Beispiel die Anwendung der neuen Nebennierenrinden-Steroide, die Dampfung der vegetativen Reaktionslage, die Versetzung in eine andere Stoffwechsellage durch Hypothermic und .nicht zuletzt die - stark mit dern S. B. H. verbundene - Uebernahme aller respiratorischen Funktionen auf die kiinstliche Beatmung (Anasthesie, Therapie der Atemliihmung) anfiihren. Das Vordringen in die Gefiihrdungen, die eine Folge der physiologischen Sicherunger. sind, hat sich besonders fruchtbar erwiesen, weil es uns die Voraussetzungen erschlieflt, unter denen man den Regulationen die Erhaltung des Lebens verdankt und unter denen dieselben Regulationen zum Verhiingnis werden. Die Physiologic des W. El. H. darf einen nenm·nswerten Platz im Bereich der E I em en tarp h ysiol o gie un d -pat holo gie beanspruchen. Sie zeigt das Prinzip der mehrfachen Sicherung. Sic lehrt, wenn man sie richtig deutet, daR die Aufrechterhaltung der Ordnung zugleich eine Voraussetzung u n d e in e F o l g e de r Leben s Y or g ii n g e ist. Sie zeigt, daR die ·Organe und Funktionskreise, die die Ordnung sichern, hierzu dieser Ordnung bediirfen. Als Teilgebiet der physikalischen Chemic hat sic mit dem Leistungsbegriff zu arheiten, der in der Medizin beziiglich der Rolle der Zeit (Arbeit pro Zeiteinheit) sehr im argen liegt. Dasselbe gilt vom Begriff der lnsuffizienz, der die integrale Rolle der notigen Voraussetzungen glatt iibersieht, wenn er vom Effekt her gepriigt wird. So liegen die Dinge auf dem Gebiet der Nierenfunktion. Wir haben die De f ini ti on der V ora usset z u ngen u n d i h r e r S tor u n g en bzw. ihres Wegfalls vom -W. El. H. her gepriigt, wei! es nicht etwa cine ,akadernische" Frage ist, ob der Arzt.- endlich - den Bedarf an Plasmavolumen fi.ir die Nierendurchblutung und die Filtratbildung und auch an LUsungsraum fiir die Harnbildung in seinem Denken verankert oder ob er diese Sorge den Nieren iiberliiflt, die er imrner als ,Behiiter der Homoostase" und nie als ,der Behiitung - niimlich dnrch seine Sorge fiir den W. El. H. bediirftig" vorgestellt bekommt. Das gemeinsame Prinzip aller Elementargefiihrdungen muf! die rapide Entwicklung der tUdlichen Katas t r o ph en sein. Es ist in kurvenmiif!iger Darstellung oft dasselbe, ob man die Titration einer Pufferlosung darstellt oder

14 die Entwicklung einer Elektrolytkatastrophe am Krankenbett. Wir haben den Begriff der En t g leis u n g angewandt. weil er das VersHindnis daftir vermittelt, daf! die lctzte AusIosung haufig dann erfolgt, wenn die Voraussetzungen der regulatorischen Leistungcn in Wegfall kommen. In unserem Beispiel mag es ein ,banaler" Verlust durch Erbrechen gewesen sein, der die letzten Sicherungcn zusammcnbrechen lief!. So wichtig es ist, die Gefahr durch Bilanzrechnungen zu erkenncn, so wichtig ware es. das Prinzip der Au s I i:i sung der Katastrophen durch ..interkurrente" Ereign iss e zu kennen und - entsprechend vorzubeug·en. Der Begriff der Sicherung und dcr Gefahrdung· Der sogenannte zweite Akt des dargestellten Beispiels stellt einen erheblichen Eingriff in den W. El. H. durch gastrointestinale Verluste dar. Bei hi lanzmaf!igem Denken und bei primitiven Vorstellungen tiber den W. El. H. wtirde es schwerfallen, diese Verluste nicht als 1. eine Bestandsminderung an Wasser und Elektrolyten in etwa isotoncm Verhaltnis und 2. als Stiirung der Resorption, d. h. Ausfall dcr Zufuhr zu betrachten. Es ist bemerkenswert, wie viele Bilanzen heute noch ,verworfen" werden, ohne sie tibcrhaupt nur einer Betrachtung zn wiirdigen. Der Aherglauben, dafl die Elektrolyt-· konzentrationen und das Flammenphotometcr diese weniger asthetischen Registrierungen ersetzt, hat den Umgang mit den einzig heweiskraftigen Bllanzen nicht gerade verhessert. Primitive Rechenregeln, die den Bedarf aus Plasmawerten ermitteln sollen, verdunkeln die Physiologic des W. El. H. Wir hahen ktirzlieh 5 Falle mit Hyponatriamie zusammengestellt, von denen 1 Fall - ahnlich wie unser Beispiel im dritten Akt - dringend der NaCl-Zufuhr hedurfte. Bei 1 Fall konntc sic nicht schaden. In 3 Fallen mtif!te die Zufuhr des ,erreehneten Bedarfs" eine Katastrophe ausliisen. weil sic den bereits gefiihrdeten K+-Bestand angegriffen hatte und infolge der Schadigung der Memhranfunktion zur ,iz. Na+-Intoxikation" geftihrt hatte. Der Mangel an Logik, der in der F'eststellung der homi:iostatischen Sicherun:; hestimmte1· Konzentrationen, besanders derjenigen des Plasma-Na+ cinerseits und der Erwartung von verhindlichen Aussagen tiber den Na+-Bestand aus dem Na+-Wert anderseits dokumentiert ist, muf! wohl auf die Neigung des Mediziners zurtickgeftihrt werden, Konzentrationsangaben mit Mengenangaben zu verwechseln. Die

Sicherungen der Homoostase sind zugleich die Verschleierung der Gefahr. Wir halten die Verwendung der Bezeichnung ,G e f i:i h r dung en" des W. El. H. a is

15 Gruppenbegriff fiir ein dringendes Bedtirfnis der nosologischen Nomenklatur des W. El. H. Man kann den Zustand des Sicherungsverlustes definieren als ,hiiufig, Ieicht verkennbar (jedenfalls von seiten des Plasmawertes), Ieicht zu verwechseln und durch iirztliche Maflnahmen auslOsbar bzw. zu verschlimmern". Die Erkennung der Gefiihrdungen ist eine Angelegenheit des Elektrolytwissens, der Vorgeschichte und der Bilanzbeobachtung. Im Faile unseres Beispiels ware der Kranke auf Grund des NaCI-Verbots hei Niereninsuffizienz als gefiihrdet zu betrachten gewesen. In Wirklichkeit bekam er als ,.Ersatz" ftir Wasser-Elektrolvt nur Wasser. Wiihrend man sonst den Wasser-Elektrolyt-V~rlust eher hypo ton substituieren und fiir den tiigliche Bedarf an reinem Wasser reichlich sorgen wiirde, hiitte in diesem Fall die Substitution etwas mehr ,auf der NaCl~Seite liegen sollen". Da wir annehmen diirfen, daft die Na+-Konzentration his kurz vor Ausbruch der Katastrophe einigermaften erhalten blieb, leiten wir die Gefiihrdung und die Therapie aus den Vorgiingen ab. Die Prokura des W. El. H. und das W. El.-Regime bei tubuliirer Insuffizienz Wir hulten das Prinzip der Entgleisungs- und Gef ii h r dungs k etten als cine brauchbare Arbeitshilfe am Krankenbett. Von 100 Elektrolytkatastrophen diirften 70 die Folge einer Kette von Ereignissen sein. Die postoperativen Elektrolytentgleisungen sind es in der Regel. In unserem Beispiel hatte die Feststellung einer leichten Azotiimie und miiBigen Polyurie bei einem relativ leistungsfiihigen Menschen vollauf geniigt, urn zu erkennen, daR die Polyurie eine Gefiihrdung durch Na+-Verluste infolge Konservierungsinsuffizienz bedeutet. Diese Ueberlegung, die nichts benotigt als das Wissen, daft die Herstellung cines Harnes, in dem weniger N a+ enthalten ist als im Glomerulusfiltrat, cine konservierende Leistung ist, kann durch die iiberaus einfache CI--Bestimmung im Harn (Fantustest) und - frei von moglicher Dissoziation zwischen .Na+ und Cl- -die Messung der Na+-Bilanz zahlenmiifiig gepriift werden. Der Kranke .mit tubuliirer lnsuffizienz bedarf cines adiiquaten WasserElektrol yt-Regimes*. Wir bevorzugen diese Formulierung, weil Wasser und Salz nicht gut als ,Diiit" bezeichnet werden kann. Bei dem heutigen Stand der weiten Verbreitung des Salzentzugs bei Nierenkranken nach Art einer Zwangsidee ist unsere Einfiihrung des Namens WasserElektrolyt-Regime schon oft bei Aerzten und Kranken auf

* Vgl. B a u r, H.: Gefiihrdung der Nierenfunktion. Milnch. med. Wschr., 101 (1959), S. 646.

16 Ueherraschung gestoflen. V o I hard s grofle Konzeption des Wasser-Salz-Entzugs bei akuter diffuser Glomerulonephritis hat Tausenden von Soldaten des erstcn und zweiten Weltkrieges das Leben gerettet (Pilger s to rf e r). Die Physiologic des W. El. H. scheint einem dringenden Bedarf abhelfen zu konnen, wenn sie die Vernachlassigung der adaquatcn Voraussetzungcn der Nierenfunktion seitens der Nephrologie auszugleichen vermag. Das W. El-Regime .der tubularen lnsuffizienz erstreckt sich von der Sorge fiir Wasser und Na+ his zu der Substitution von Alkali (oft 3 his 5 g NaHC0 3) und K+. Dankbare Erfolge sind bei der tubularen Saureexkretionsinsuffizienz moglich, auch dann noch, wenn der Kranke schon unter den Folgen des Kalziumverlustes (schwcrste malazische Skeletterkrankung) und der Nephrokalzinose leidet. Es ist hesonders erfreulich, daB die Behandlung der Kranken mit verschiedenen Formen von tubuliirer lnsuffizienz nach Art von Stoffwechselkranken angesichts der resignierenden kausalen Therapie ein therapeutisches Feld erschliellt, das einfach und wirksam ist. Fiir die Einflihrung der Physiologic des W. El. H. in die tiigliche Arheit am Krankenbett scheint uns die Bezeichnung Pro k u r a des W. E l. H. geeignet. Sie soli daran er.innern, dafi 1. jed e r Kranke gefi:ihrdet sein kann und 2. daB die Prokura des W. El. H. nicht anders wie diejenige im Geschaftsleben gewisse Kenntnisse voraussetzt. Der Erwerb. dieser Kenntnisse ist mit groflen Opfern verbunden. Das Verstandnis fiir diese Opfer war der Anlaf!, im Rahmen des Unterrichts und der Fortbildung neben der Interpretation des Wissensgebietes auch fiir die ,Einreihung in den Wissensbestand" besorgt zu sein. Aus diesem Versuch ergaben sich Formulierungen, die gleichzeitig ein Gefiihl fi.ir die Bedeutung vermitteln so!Ien. Die Eingruppierung der Entgleisungcn des W. El. H. in die Elementargefiihrdungen des Lebens sollte die grofle Bedeutung fi.ir die Praxis iliustrieren. Die Praxis scheint uns ein Anrechr darauf anmclden zu konnen, daB ihr der Zugang zu einem Wissen, das Erfolge bringt, Schiiden vermeidet und gleichzeitig cine groBe Umstellung, ja Umwiilzung herkommlicher Anschauungen bedeutet, erleichtert wird, sci es durch Seminare und Demonstrationen, sci es durch die Ausbildung geeign~ter Vortragender in den Kliniken. Die Answeitung des Wissens diirfte in den verschiedensten biologischen Lehrpliinen antiquierte und heute als falsch zu erkennende Daten entdecken. Sic wird die Notwendigkeit der Deklaration sogenannter salzfreier Wi.itzmittel und Speisen ins Auge fassen, weil es sonst moglich ist, daB der

17 Kranke in der salzfreien Speise A das CI- und in der salzfreien Speise B das Na+ zu sich nimmt, was im Effekt dem Einnehmen von NaCl gleichkommt und den Sinn des Na+Entzugs illusorisch macht. Die Grundlagen des W. El. H. konnten schlielHich in der praktischen Anwendung nicht rascher realisiert werden als in der Diatausbildung und der Ausbildung des Pflegepersonals. Die Eingruppierung des W. El. H. in unser nosologisches System stellt einen Bruckenschlag dar, der tiber die Kluft zwischen den exakten Naturwissenschaften der physikalischen Chernie und der Biochemic der Zelle zum Krankenbett fiihrt. Es ist nicht ein Sack voll neuester Praparate, den der Interpret in diesem Fall rnitbringt. Wenn es aber das neue Wissen ermoglicht, mit ein paar Gramm des alten Kochsalzes oder eines Kaliumsalzes Menschenleben zu retten, dann ist diese Moglichkeit nicht von der Gefahr bedroht, die mit den neuesten Mitteln verbunden ist, namlich, daft sie es morgen nicht mehr sind.

Aus der I. Chirurgisehen Abteilung des St. johannspitals in Salzburg (Vorstand: Prof. Dr. E. Domanlg)

Die Routine der Wasser- und Elektrolyt-Therapie in der operativen Medizin Von E. Domanig Mit 1 Abbildung

Der Wasser-Elektrolyt-Haushalt spielt in der operativen Medizin eine besonders groBe Rolle. Viele Patienten konunen mit Storungen bereits zu uns und sind durch diese Ent-gleisungen stiirker geHihrdet. Viele Patienten sind im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung und der Operation an einer ausreichenden Nahrungs- und Fliissigkeitsaufnahme behindert. Sie bekommen unter unseren Augen ein WasserElektrolyt-Defizit. Viele Patienten erlciden wiihrend ihrer Erkrankung pathologische Verluste, die ungeniigend ersetzt werden. 'Endlich gibt es auch he·ute noch viele Patienten, die durch eine kritiklose und falsche Infusionstherapie aus dem Wasser-Elektrolyt-Gleichgewic ht gebracht werden. Es ist eine unabweisbare Aufgabe jedes Operateurs, die im Zusammenhang mit der Erkrankung und Operation auftretenden Storungen im Wasser-Elektrolyt-Haushalt rechtzeitig zu erkennen und richtig zu beh:mdeln. Die bisherigeil so zahlreichen Arbeiten auf diesem Gebiet beschaftig·en sich noch vielfach mit der Grundlagenforschung und haben zum Teil noch theoretischen Charakter. Die neuen Termini in den Bezeichnungen mogen iiberdies dazu beitragen, bei vielen praktisch tiitigen Operateuren den Eindruck zu erwecken, daB dieses neue Gebiet iirztlichcr Forschung sehr kompliziert ist, daB damit ein gro.Ger Aufwand voll Labora-

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toriumsarbeiten, von Personal und Kosten verbunden ist. Das mag die Ursache dafiir sein, daa wohl auch heute noch in der Mehrzahl unserer Spitaler dieses neue Aufgahengebiet nicht oder ungeniigend zur Kenntnis genommen wird. Mein Referat soll Ihnen die praktischen Grundsiitze und die praktische Handhabung der Wasser-ElektrolytTherapie darle.gen, wie wir sie an meiner Abteilung seit nunmehr 15 Jahren durchfiihren. Sie fuaen zum Teil auf den Angaboo der Literatur, zum Teil auf eigenen Ueherlegungen und Bemiihungen. I. G r u n d s a t z l i c h e s Der Wasser-Elektrolyt-Haushalt ist ein Teilgebiet der Ernahrung des Mens·chen. So, wie uns allen gelaufig, der Mensch Nahrstoffe und Vitamine zum Aufhau, zur Erhaltung und als Energiespender taglich ben1Higt, so braucht er Wasser als Transportmittel, als Medium und als Ausscheidungsvehikel unumganglich und tiiglich. Im Organismus gibt es kein reines Wasser, es ist wesentlich mit Kationen und Anionen verbunden, die iiberdies zu einem absolut notwendigen Bestandteil der lehendigen Substanz gehOren. Auch die Elektrolyte miissen taglich dem Korper zugefiihrt werden. Der menschliche Organismus verfiigt grundsatzlich iiher keine echten Reservestoffe, er h!it keine Depots, di!) nur Depotfunktion haben. Aile einverleibten Stoffe sind in seine Struktur eingehaut. Wenn der tagliche Bedarf nicht in ausreichender Menge zugefiihrt wird, so kann er nicht aus Reservedepots genommen werden, sondern er wird durch Ahbau der Struktur zur Verfiigung gestellt. Dieser Strukturabhau wahrend eines Mangelregimes bedeutet aber immer nicht nur Substanzverlust, sondern an sich auch eine Verminderung der vitalen Kraft. Durch den Strukturabbau, der sowohl Fette, Eiwei~korper, Kohlehydrate, Yitamine, wie auch Wasser und Elektrolyte. verfiigbar liefert, ist der Organismus imstande, durch erstaunlich lange Zeit ein elastisches Gleichgewicht zu erhalten. Wesentlich ist fiir dieses elastische Gleichgewicht wiihrend der Man.gelzeiten, da~ zwar die Gesamtsubstanz abnimmt, aber die Relationen der einzeln~n Bestandteile untereinander: sich kaum verschieben. Im Hunge·rzustand allein, ohne zusatzliche pathologische Verluste, bleibt die Konstanz der Zusammens·etzung der Korperfliissigkeit weitgehend erhalten. Trotzdem nimmt die vitale Kraft ab, wie uns ein einziger Hungertag am eigenen Leib demonstrieren kann. Folgende Grund sat z e sind uns die Richtlinien. nach welchen wir die Wasser-Elektrolyt-Behandlung durchfiihren:

1. Jedes Eingreifen des Arztes ist nur d'lnn notwendig und berechtigt, wenn eine Storung des physiologischen Gleichgewichtes besteht, die die Regubtionskriifte des Organismus iihersteigt oder wenn es gilt, eine solche St1irung vorbeugend zu vermei.den. Es ist also in der Regel nicht rlotwendig, im Zusammenhang mit kleineren Eingriffen, die komplikationslos verlaufen, eine kiinstliche Zufuhr von Wasser und Elektrolyten vorzunehmen. 2. Das physiologische Gleichgewicht des Wasser- und Elektrolyt-H'lushaltes ist das Idealziel der arztlichen Bemiihungen. Dieses Gleichgewicht hei vorlieg~nden St1irungen wieder herstellen und es erh:1lten, ist die Aufgabe der Behandlung. 3. DerW.asser-Elektrolyt-Haushalt ist ein Teilgebiet der Erniihrung des Mensch~n. D:1her i3t der tagliche Normaloder Mindestbedarf an Wasser und Elektrolyten die wesentJiche Grundlage der iirztlichen Therapie. 4. Der heste Weg der Z:.~fuhr von Wasser und Elektrolyten ist immer der orale Weg. Wir diirfen ihn nur dann teilweise oder ganz verlassen, wenn die orale Aufnahme beschrankt oder ganz behindert ist. 5. Die mit dem oper:1tive·n Eingriff als solchem verhundenen Stoffwe.chselst1irungen, wie Wasserverluste, Kaliumverluste, verminderte Harnmenge, sind in der Regel im Rahmen der korpereigenen Regulationskriifte und ben1itigen selten das Eingreifen des Arztes. 6r Ein durch wenige Tage oder Ianger bestehendes Mangelregime infolge Behind2rung der Zufuhr des normalen Tageshedarfes an Wasser und Elektrolyt fiihrt zu einem chronischen Defizitzustand. Dieser Defizitzustand bedeutet einen Verlust an vitale·r Kraft und mu.l3, wenn Zeit zur Verfiigung steht, noch vor der Operation vom Arzt ausge..: glichen werden. Er erhoht sonst die Gefahren der Erkra.nkung und des Einjriffes. 7. Pathologische Verluste an Wasser und Elektrolyten durch Schwei.13, Erbrech~n, Durchfalle, Fisteln, Magensonde, Ergiisse in die gro.l3en Korperh6hlen, g~o.l3e Wund- und VerhrennungsWichen sind immer eine a I arm i e r en de In d i k a t i o n fiir aktive und geziel te Wasser-Elektrol ytTherapie. Unbeh:mdelt, konnen diese krankhaften Verluste innerhalb kurzer z~it - es spiebn Stunden eine wesentliche Rolle - zu einem Zustand der Dekompensation fiihren, der schwerste Gefahren, ja auch den t1idlichen Ausgang verursacht. 8. Die wichtigsten Anh:lltspunkte iiber die heim Kran-. ken h~stehende Situation des Wasser-Elektrolyt-Haushaltes gewinnt der Arzt

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a) aus den Angaben des Patienten iiber die tagliche Nahrungs- und Fliissigkeitsaufnahme, b) a us der tag lichen Kontrolle der Einfuhr und Ausfuhr, c) aus dem klinischen Bild, d) a:us der taglichen Harnmengc und dem spezifischen Gewicht des Harns, e) aus der taglichen Kontrolle det· Menge und Art det· pa thologischen Verluste. Diese einfachen, Ieicht zu gewinnenden Anhaltspunkte reichen in der Mehrz'lhl der Faile aus, urn cine vollig geniigende Orientierung fiir cine zeitgcrechte und gezielte Wasser- Elcktrolyt-Thera pie zu fiihren. 9. In schweren Fallen ist es auch fiir den Erfahrenen von groEem Wert, auGer den an~efiihrten Untersuchungen das Blutbild samt Hamatokrit, die Serum-Elektrolyt-Werte und die Elektrolytwerte im H:~ru und den Reststickstoff tiiglich zu kontrollieren. Dies gilt besonders fiir jene Kranke, die schwerere Storungen der Regulationskrafte des Orgartismus aufweisen, also vor allem de·r Nieren, des Kreislaufffl und des endokrinen Systems. Die einmalige oder gelegentliche Bestimmung der Semmelektrolyte ist sehr wenig aufschluGreich. II. D i-e p r a k t i s c he D u r c h f ii h r u n g Die folgenden Ausfiihrungen beziehen sich nur auf jene Patienten, die keine schweren Funktionsstorungen jener Organsysteme aufweisen, die die Regulation des Wasser.; Elektrolyt-Haushaltes beherrschen, also keine schweren Sto-' rungen der Nierenfunktion, des Kreislaufsystems und der endokrinen Driisen, Nebenniere, Hypophyse, Schilddrii.so haben. Es ist zweckmaGig zu unterscheiden: 1. Die Routinebehandlung. 2. Die Behandlung chronischer Defizitzustande. 3. Die Therapie akuter Wasser-Elektrolyt-Defizite. 4. Die Behandlung von Wassr.r- und ElektrolytiiberschuG. Die Routine-Wasser-Elekt rolyt-Behand1 u n g ist bei allen jenen Kranken indiziert, die im physiologischen Gleichgewicht sind, aber im Zusammenhang mit Erkrankung und Operation durch langere Zeit, also zwei und mehr Tage nicht in der Lage sind, den Minimalbedarf an Wasser und Elcktrolyten annahernd durch die normale Nahrungsaufnahme zu decken. Die Rnutinebehandlung hat den Zweck. in diesen Fallen den tiiglichen Beduf zuzufiihren und so einem M·mgelzu3tand vorzubeu3en. Wir setzen dabei den taglichcn Minimalbedarf bewuGt niedrig an, um jede

Ueherbelastung des Organismus nach der Operation zu vermeiden. Tab. 1. Bedarf in 24 Stunden (ohne abnorme Verluste) '\Vasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2000 ml Kochsalz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6g Ka.Iium.......................... .. . . . . . . . . . . . . . . . . ... 3g Calcium............................................... 1g

Es ist selbstverstii.ndlich, da:B die normale Nahrungsaufnahme bis zum Abend vor dem Eingriff nicht behindert werden darf, und da:B starkes Abfiihren vermieden werden mu:B. Der Patient kommt in normalem Gleichgewicht zur 'Operation. Tab. 2. Nor mal Anamnese ........ Normale Ernahrung, keine pathol. Verluste. Fliissigkeitsbilanz . . Einfuhr iiber 2000 cern, Harnmenge 1000 cern, spez. Gew. zirka 1020, keine pathol. Verluste. Klinik . . . . . . . . . . . Guter Turgor, feuchte Zunge, keine Oedeme, Frische, klares Sensorium. Labor ............ Hb. zirka 80-100, Erythrocyten 4---6 Mill. Hamatokrit zirka 40%, normale Serumwerte.

Nach der Operation mu:B die Routinehehandlung dem Kranken die tii.gliche Zufuhr des Minimaltagesbedarfes garantieren. Wir legen gro:Ben Wert darauf, da:B schon am Operationstag per os Fiiissigkeit mit Zucker und frischen Fruchtsaften genommen wird, und da:B die Trinkmengen taglich gesteigert werden. Wir wissen, d:t:B die Aufnahme per os in den meisten, komplikationslos verlaufenden Fallen gut durchfiihrbar ist und keine Gefahrdung bedeutet, wenn ~ie hiiufig und in kleinen Einzelmengen erfolgt. In der Regel erfolgt ab dem fiinften postoperativen Tag die gesamte Deckung des Wasser-Elektrolyt-Bedarfes per os. Parenteral, also meist intrave:nos, wird die Differenz rt.wischen per os-Aufnahme und Minimaltagesbedarf zugefiihrt. Es versteht sich, da:B die Mengenangaben nicht starr sind, sondern variable Anhaltspunkte. Es ist aber fiir die praktische Handhabung der Wasser-Elektrolyt-Behandlung von wesentlicher Bedeutung, da.:B unseren Mitarbeitern, Aerzten und Schwestern gut verstandliche Routinema:Bnahmen an die Hand gegehen werden. Unsinnig und schii.dlich ist es, besonders in den ersten postoperativen Tagen, den Kreislauf mit InfUJsionsmengen iiber 2000 ml zu bclasten und die Niere durch mehr als etwa 5 g Natriumchlorid sowie mehr als 3 g Kaliumchlorid in 24 Stunden zu boonspruchen.

6 Tab. 3. Postoperative Routinebehandlung per os Menge

Art

200 ml.. 1. Tag p. o.: 400 mi.. 2. Tag p. o.: 800 ml . .

Tee, Zucker, Fruchtsiifte.

3. Tag p. o.: 1000 ml..

Tee, Zucker, Fruchtsafte, Schleimsuppe + Ei, Piiree, Zwieback.

4. Tag p. o.: 1500 ml . .

Tee, Zucker, Fruchtsiifte, Schleimsuppe, Ei, Piiree, Zwieback + Kaffee, Hache, Weichkase, Kompott, passiertes Gemiise.

5. Tag p. o.: 1500 ml . .

Tee, Zucker, Fruchtsafte, Schleimsuppe, Ei, Piiree, Zwieback, Kaffee, Hache, Weichkase, Kompott, passiertes Gemiise.

Oper.-Tag:

Tee, Zucker, Fruchtsiifte. Tee, Zucker, Fruchtsiifte + Schleimsuppe.

Tab. 4. Postoperative Routinebehandlung parenteral Menge

Oper.-Tag:

1500 ml..

1. Tag p. o.: 1500 ml ..

Art

5% Zucker 1000 ml, Blutsalzlg. 500 nil 5% Zucker 1000 ml, Blutsalzlg. 500 ml

2. Tag p. o.: 1500 ml ..

5% Zucker 1000 ml, Blutsalzlg. 500 ml +6%KCI 50ml

3. Tag p. o.: 1000 ml ..

5% Zucker 500 ml

4. Tag p. o.:

+ 6% K Cl

50 ml

500 Iil.l ..

5. Tag p. o.:

Der chronis;che Wasser-Elektrolyt-Mang e l z u s t a n d ist in der Hegel aus der Anamnese allein schon erkennbar. Jeder Patient, der durch langere Zeit ungeniigend ernahrt werden konnte, starker an Gewicht verloren hat und vieUeicht noch iiherdies gelergentlichepathologische Verluste erlitten hat durch Erbrechen, Schweii3, Durchfiille und ahnliches, ist in {!inem chronischen Defizitzustand, der in der Regel sowohl Wasser als auch alle Elektrolyte umfai3t. Dieses chronische Defizit bedeutet einen mehr oder minder groi3en Verlust an vitaler Kraft und damit eine erhOhte Gefahrdung. In dringlichen Fallen (z. B. Peritonitisr Ileus) muB zugleich mit dem operativen Eingriff die Wasser-Elektrolyt-Therapie verbunden werden. Es miissen dabei die parenteralen Infusionen etwas groi3ere 24-Stunden-Mengen zufiihren, die jedoch 25:J:J his 3000 ml Fliissig-

7 Tab. 5. Chronischer Wasser- und Elektrolytmangel Anamnese ... Unzureichende Ernahrung, gelegentliche pathol. Verluste, Gewichtsabnahme. Klinik ...... Schlechter Hautturgor, trockene Zunge, Durst, Miidigkeit, Apathie. Harn .•• ~ ... Menge unter 800 ml, spez. Gew. iiber 1020. Labor • • • . • Hamatokrit iiber 40-45%, Serumwerte normal, bei pathol. Verlusten erniedrigt.

keit, 9 g NACL, 3 g KCL in der Regel nicht iibersteige~ diirfen. Wenn uns z~it zur Vorbereitung zur Verfiigung steht, wird der nornnle Tageshedarf gegeben, und zwar moglichst per os. Die Differenz zwir1chen per os-Aufn11hme und Tagesbed3rf muf3 p1renteral ge3'ehen werden. Die Gesamtfliissigkeitsmenge, einschlief3lich der in den festcn Speisen enthaltenen, soll 3000 ml in 24 Stunden nicht iibersteig~ wenn keine p1thologischen Verluste bestehen. Die Vorbcreitungszeit beim chronischen De.fizitzustand soU wenn moglich etwa cine Woche und Unger betragen. Es ist falsch, einen chronischen Mangel durch iiberh1ihte 24-Stundcn-Mengen ausgleichen zu wollen. Ebenso ist es fals~h, bei vollig insuffizienter per OS-. Aufnahme die Vorbereitungszeit Hinger als hOchstens cine Woche hinzuziehen. Unter dieser Behandlung bliihen die Kranken sichtlich von Tag zu Tag auf, sic werden frisch, bekommen Appetit und werden zuversichtlich. Bei alleiniger oder iiberwiegender Wasserzufuhr (Tee, Zuckerlosungcn) kann ein isolierter Elektrolytmangel bei ausreichendem Wasserbestand resultieren, der die betonte Zufuhr von Elcktrolytcn erforderlich macht. Der chronis:.:he M:mgelzustand infolge unzureichender Aufnahmen, ctwa auch verbunden mit gelegentlichen geringen pathologischen Verlusten, ist in seinen klinischen Folgen nicht stiirmisch. Der Organismus hat Zeit, durch Verschiebung innerhalb seiner ,Flii.ssigkeitsraume" und durch Beschrankung der Ausfuhr sich anzupassen. Gro~e, pathologische Verluste' fiihren aber immer zu einem a k u ten D e f i z i t, das besonders bei sol chen Kranken droht, deren Zufuhr ungeniigend war. D a s k 1i n i s c h e 'B i I d d e s a k u t e n W a s s e r E l e k t r o 1y t - M a n g e 1s kann sich innerhalb weniger Stunden entwickeln und ist immer stiirmisch und dramatisch. Das haufigste, uns allen gelaufigste Beispiel liegt bei der grof3en M3hrz11hl der Falle mit ,postoperativem" oder ,postnarkotischem" Erbmchen vor. 24stiindige

Tab. 6. Akuter Wasser-Elektrolyt-Mangel Ursachen .. Pathol. Verluste durch: SchweiB, Erbrechen, Dnrchfiille, gastrointestinale Fisteln, Ergiisse, ohne adiiquatea Ersatz. Subjektiv . . Appetitlos, Durst, Ubelkeit. Objektiv . . . Turgorverlust, trockene Zunge, Apathie. Harn . , . . . . Menge unter 800 ml, spez. Gew. iiber 1025. Labor ..... Serum-Elektrolyte erniedrigt.

Enthaltung der Nahrungs- und Fliissigkeitsaufnahme, dazu ein ein- oder mehrmaliges Reizerbrechen reichen aus, um ein akutes Defizit mit Uebelkeiten, Prostration, zun~hmendem Erbrechen und Acetonurie zu erzeugen. Bei allen Kranken, die im Zusammenhang mit dem Eingriff eine entsprechende :und ausreichcnde Wasser- Elektrolyt-Behandlung re·chtzeitig erhalten, tritt dieser Zustand nicht auf, obschon die Operation groB, die Narkose lang war. Nach den kleinen Eingriffen ohne Wasser-Elektrolyt-Therapie aber treten diese akuten Defiziterscheinungen nicht selten auf und konnen immer und prompt durch eine Blutsalzinfusion kupiert werden. Noch wahrend der Infusion sistieren die Uehelkeiten, die Kranken werden frisch, konnen trinken und erbrechen nicht mehr. Seh.r viel tragischer aber konnen akute Mangelzustiinde verlaufen, die als Kreishufversagen, als Intoxikation, als Niereninsuffizienz mi~deutet werden, weil die Kranken schwerst darniederliegen, jede Nahrungsaufnahme verweigern, erbrechen, alle Zeichen des Kreislaufverfalles zeigen, somnolent, apath.isch und verworren sind und vorausgesetzt, daB die Harnmenge kontrolliert wird - seh.r wenig hochkonzentrierten Ihrn ausscheiden. Unerkannt, fiihrt dieser Zustand unaufhaltsam zum Tad, richtig erkannt, bringt ein einziger Tag mit en tsprechender Wasser- Elektrolyt-Behandlung die schlagartige Besserung. Wie alle Dekompensationen, ist auch die akute Dekompensation des Wasser-Elektrolyt-Haushaltes ein C i r cuI us viti o sus, die die Sperre der physiologischen Zufuhr mit einer Zunahme der pathologis.chen Verluste verbindet und zwangslaufig schlechter wird, wenn nicht die Kunst des Arztes den verhiingnisvollen Kreis unterbricht. Die wichtigste Aufgabe der Behandlung akuter WasserElektrolyt-Defizite ist die vorbeugende Verme:idung ihrer klinischen Folgen. Da sic nur durch patholoJische Verluste im Zusanrmenhang mit unzure:ichenden Einfuhren aus-

gelost werden, ist es Aufgabe der Therapie, 1. den Normalhedarf zn dec ken, 2. die pathologischen Vcrluste nach Menge tllld Art zu erfassen und zu ersetzen.

Tab. 7. Durchschnitt: Elektrolytausscheidung in 24 S t u n d e n

Na I. Harn ......... Magensaft ..•.. III. Galle ......... IV. Darmsekret ...

K

120 50 10 60 140 6 6 110 Blutsalzliisung. Elektrolytgehalt in 1000 ml, K 5·1 mvaljl, Cl 90 mvaljl.

·n.

Cl

100 mval/l 80 mval/l 100 mval/1 100 mvalfl Na 147 mval/l,

Der Ersatz des Normaltagesbedarfes wird nach der dargelegten postoperativen Routinebehandlung durchg-eflihrt. Stiirkere Schweif3verluste werden nach der geschiitzten Menge zu zwei Drittel durch Zuckerlosung und einem Dritte,J durch Blutsalzlosung gedeckt. Aile gastro-. intestinalen Verluste werden moglichst gem~ssen oder, wenn nicht mei3bar, nach Schatzung, in gleicher Menge durch Blutsalz mit Kaliumzusatz ersetzt. ~chon

Tab. 8. Zusammensetzung der Blutsalzliisung. Nach Prof. Domanig-Barrenscheen In einem Liter der Liisung sind nachstehende Ionen geliist: Na-lon ·................................. . 3391 mg 148 mval/l 5·1 mvalfl K-Ion .................................. . 210 mg 5·0 mvaljl Ca-Jon .................................. . 100mg Mg-Ion .................................. . 29mg Cl-Ion ................................... . 5354 mg 90 mvaljl Po4 -Jon .................................. . 138mg Hilchsanrerest ............................ . 553 mg Summe .................................. . 9775 mg pH zirka 7·0.

Uns hat bei diesem vereinfachten Vorgehen, das im Gegensatz zu den zahlreichen Angaben differenzierten Vorgehens in der Lite:ratur und zu den sehr verschiedenartigen Ersatzlosungen, die empfohlen werden, folgende Ueberlegung geleitet: 1. Es ist, wenn nicht ein eigener Wasse,r-ElektrolytSpezialist vorhanden ist, unbedingt notwendig, mi.iglichst einf.ache Behandlungsmethoden zu empfehlen. 2. Die Zusammensetzung der gastrointestinalen Verluste ist sehr variahel, so dai3 es berechtigt ist, einen Dureh-schnitt zugrunde zu legen. 3. Wir sind nicht nur in der Regel, sondern praktiseh immer auf mehr oder weniger groh geschiitzte Mengen der Verluste angewiesen, so dai3 ein genauer Ersatz gar nicht erfolgen kann.

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4. Endlich ist die Reguhtionsbreite des Organismus ein wesentlicher Faktor, auf den wir auf jeden Fall ange-. wiesen sind. Aus diesem Grunde h11ten wir uns bei akutem Mangelregime: ungeniigende physiologische Zufuhr b~i gleich:reitigen pathologischen Verlusten, an die Faustregel: Es muB der Normalta.gesbedarf an Wasser und Elektrolyte zugeflihrt werden, nnd zwar in der Hohe der Minimalmen.ge pro 24 Stunden, und es mlissen die pathologischen intestinalen Verluste moglichst mengenmaBig durch Blutsalzlosung ersetzt werden. Ueberdies miissen 3 g Kalium pro die als Minimum garantiert wcrden. 8.

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Abb. 1. Einfache Einfuhr-Amfuhr-Kontr olle auf der Temperaturtabelle: Einfuhr helle, Amfuhr dunkle Zylimler, in welchen das ~pezifische Gewicht des Harns eingeschrieben wird. (Die Kurven entsprechen Temperatur und Pulsfrequenz)

In diesen oft sehr schweren Fallen ist es auBerordent-. lich niitzlich, ja unerlaBlich, tiigliche Laboratoriums-. kontrollen durchzufiihren. AuBer den Werten der Serumelektrolyte ist es zweckmiiBig, die Elektrolytausscheidung im 24-Stunden-Harn zu kontrollieren, den Reststickstoff, die Alkalireserve und den Hamatokrit zur Beurteilung von Menge und Art der Zufuhren h;)ranzuziehen. Ein Wort noch iiber die von uns geiibte Routineiiberwachung des Was1ser-Elektrolyt-Haushaltes. Wir konnen nichl genug den Wert dieser Ueberwachung betonen. Die tiigliche Fiille der Aufgaben im Krankenhaus bringt es unweigerlich mit sich, daB ohne eine routinemiiBige Ueberwachung aller jener Patienten, die im Zusammenhang mit Krankheit und Operation ihren Bedarf an Wasser und Elektrolyten nicht zu ersetzen imstande sind, En tgleisungen schwererer Art unvermeidbar sind und dazu noch iibersehen oder falsch gedeutet werden.

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2 Pursenid 3 g Kalium

2 Pursenid 3 g Kalium

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2 Pursenid 3 g Kalium

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Stroph. 2 A. Heptadon

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M:edikamelite

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1500 Blut 5oo B.s. 1000 Trz.

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500 B.S. 500 Trz.

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1500

500 B.S. 500 Trz. 500 Natr.

2000

1000 B.S. 500 Trz. 500Natr.

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Befun de

Skg.Haem. Kr. 43% Prot. 6·4 Na.138 mol. Ka. 4·8 mol.

Hgb. 69 Ery 3·9 F I 0·8 Leukoc

Skg.Hgb. 65 Haem. Kr. 43% Ery3·6 Prot.F I 0·8 Na.132mol. Leukoc

Skg.Haem. Kr.Prot.Na.136 mol. Ka. 4·6 mol. Cl. 98 ml.

- - --

120 500/25 _II - ------

Harn

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350 Milch 500 Tee + FrS. 200 Piiree + Ha. 2 Eier

1000

150_!\:~~·

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-

500 Milch 350 Suppe + 2 Eier

750 Tee + FrS. 200 Suppe 950

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250 Tee

1-Einfuhr

Operation: Resect. total. Resect. colonia. Exstirp. lienis.

Zusatzblatt zur genauen Ueberwachung bei schwer gestorten Kranken. In jeder Kolonne werden die Fliissigkeitsmengen und -1uten gennu innerha.Ib 24 Stunden eingetra.gen ~d die JJaborbehmde vermerkt

14. VI.

--

13. VI.

--

12. VI.

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11. VI.

Tag

Name: St. Johann, 52 J. Diagnose: Magenstnmpf-Neo.

12 Die routinemafAige Ueberwachung mu6 umfassen: Tab. 9. Routine- Oberwachung 1. Einfuhr-Ausfuhr der Fliissigkeit. 2. Spez. Gew. des 24-St.-Hams. 3. Pathologische Verluste.

Diese Ueberwa.chung ist in allen Fallen notwendig, die eine kiinstliche Zufuhr von Wasser-Elektrolyten benotigen, und zwar solange dieser Zustand besteht. Sie ist in allen Fallen mit anhaltenden pathologischen Verlusten notwoodig, und endlich bei Kranken mit chronischem Mangelzustand. Sie wird bei uns bei allen unkomplizierten Fallen auf der Temperaturtabelle gefiihrt. Bei schweren Fallen fiihren wit· ein Zusatzblatt. Zusammcnfassung Die Routinebehandlung ist in allen Fallen indiziert, die durch mehr als 24 Stunden an der per os-Aufnahme des Normalbedarfes schwer behindert sind. Die R o u t i neb e han d lung ist standardis.iert mit einer tiiglichen Zufuhr des Mindestbedarfes von 1000 ml Zuckerlosung und 500 ml Blutsalzlosung, zusiitzlich 3 g Kalium. C h r o n i s c h e r M an g e 1 z us tan d erfordert, weun moglich eine liingere Vorbehandlung, die 2500 his 3000 ml Fliissigkeit (einschlie6lich fester Nahrung) pro Tag und den Normalbedarf an Elektrolyten zufiihrt. A k u t e D e f i z i t e drohen immer bei pathologischen Verlusten. Sie erfordern dringliche Therapie. Es mu6 der Mindestbedarf zugefiihrt werden und zusatzlich die pathologischen Verluste mengenmaaig durch Blutsalz samt Kaliumersatz ersetzt werden. Die Z u f u h r per o s ist grundsatzlich jeder anderen vorzuziehen. Die Ueberwachung des Wasser- und Elektrolythaushaltes ist bci allen Storungen der Einfuhr und Ausfuhr routinemafbig durchzufiihren. Ich konnte Ihnen nur schlagwortartig die wichtigsten Grundsiitze unserer Behandlung darlegen. Ich habe die tii.gliche Praxis betont und moglichst einfache Richtlinien gegeben. Viele Fragen muibten unberiihrt bleiben. Die Sorge urn den Wasser-Elektrolyt-Haushalt unserer Patienten ist nicht so schwer, wie man glaubt, sie ist unumgiinglich und nimmt uns viele andere Sorgen und MiBerfolge ab.

Der Wasser- und Elektrolythaushalt Von H. Hungerland, Bonn Vor weit tiber 100 Jahren berichtet La It a in den ersten des Lancet tiber chemische Untersuchungen des Blutes im Verlauf der Cholera. Seine Befunde eritsprachen dem Bild, das wir heute als saloprive Exsikkose beschreiben. Sie gerieten bald in Verg-essenheit. Erst im Beginn unseres Jahrhunderts griff die Piidiatrie diese Probleme erneut auf. Seitdem hat die Padiatrie in sehr umfangreichen und grundlegenden Untersuchungen die Anschauungen tiber den Wasser- und Elektrolythaushalt entwickelt, auf denen hente aile iibrigen klinischen Disziplinen basieren. Die Deutsche Padiatrie war auf Grund der schonen Untersuchungen Meyers, Toblers und Heubners zu Ergehnissen gelangt, die He u b n e r dazu ftihren, die Fa thogenese des Enterokatarrhs mit folgenden Worten zu deuten: ,Ich mochte einstweilen annehmen, dafl der hochgradige Alkaliverlust durch den Darm, die Eindickung des Elutes, die Herabsetzung der Oxydations-kraft der Leber und die durch all das bedingte Schadigung der Funktionen aller Zellen des Organismus bei gleichzeitigem Stillstand aller Zufuhr die ioxischen Erscheinungen erkliiren." Leider ist man diesen Gedankengangen in Deutschland nicht konsequent nachgegangen. Es entstand, man mufl es sch{)n sagen, der verhangnisvolle Begriff ,Ernahrungsstorung" und ,Intoxikation". Die amerikanische Padiatrie hat die alten Untersuchungen wieder aufgenommen, und Gambles klassisches Werk tiber die Chern is che Anatomie und Physiologic der Korperfltissigkeiten war .die erste Kronung dieser Arbeiten. C z ern y muflte noch 1928 feststellen, dafl man in der Behandlung der ,alimen-

Jahrgangen

2 tiiren Toxikosen", wie man die schwere Durchfallserkrankung des Siiuglings nannte und auch heute noch nennt, nicht wesentlich weiter gekommen war. Heute sind wir tiber die Beziehungen zwischen extra- und intrazelluliirer Fltissigkeit, tiber ihre Bedeutung ftir den Energiestoffwechsel, die Hiimodynamik und die Nierenfunktion sehr gut unterrichtet; und die richtige Anwendung von Wasser und Elektrolytlosungen hat wahrscheinlich mehr schwerkranken Patienten das Leben gerettet als die Verwendung irgend einer anderen Gruppe von Substanzen (Darrow und P rat t 1950). Tatsiichlich ist dieses Gebiet der Therapie fiir die Piidiatrie von groflter Bedeutung. Die Grtinde hierftir liegen einmal darin, daft im Siiuglings- und Kindesalter Durchfalls- und Brechkrankheiten wesentlich hiiufiger sind als spiiter, zum anderen in den Unterschieden, die zwischen Siiugling und Erwachsenem im Hinblick auf den Wasserbedarf, die Verteilung des Wassers im Organismus und die Regulation des Wasserhaushaltes bestehen. So nimmt ein :3"6 kg schwerer Siiugling tiiglich 600 g Wasser auf und scheidet etwa die gleiche Menge Wasser mit dem Harn, dem Stuhl und der Perspiratio insensihilis wieder aus, d. h. die tiiglich aufgenommene und wieder ausgeschiedene Wassermenge betriigt jeweils etwa 1/ 6 seines Korpergewichtes und 1 / 3 der Menge seiner extrazelluHiren Fliissigkeit (= 500fo des Korpergewichts). Bei dem 70 kg schweren Erwachsenen, der tiiglich insgesamt 2000 g Wasser aufnimmt und wieder ausscheidet, hetriigt diese Menge nur 1/ 35 seines Korpergewichts und nm~ 1/ 9 der Menge seiner extrazelluliiren Fliissigkeit ( = 250/o des Korpergewichts). Auf das Korpergewicht hezogen, ist der Wasserwechsel (d. h. Wasseraufnahme und Wasserausscheidung) des Sanglings demnach etwa sechsmal grofier als der des Erwachsenen. Diese Verhiiltnisse erkliiren sich zum Teil aus der vergleichsweise geringeren Leistungsfahigkeit des Nierengewebes des jungen Sauglings (McCance). Wiihrend der physiologischen Exsikkose in den ersten Lehenstagen, die durch die ungentigende Fltissigkeitszufuhr hedingt ist, steigt der osmotische Druck des Sauglingsharns auf 450 his maximal 600 m osmol/! an. Diese Harnkonzentrationen sind deutlich kleiner als die, die hei Erwachsenen unter iihnlichen Bedingungen gesehen werden, hei denen der osmotische Druck des Harns dann auf tOOO his 1300 m osmoUl ansteigt. Erst einige Monate nach der Geburt konnen Siiuglinge einen ebenso konzentrierten Harn produzieren wie Erwachsene. Bis dahin benotigen sie zur Ausscheirlung der gleichen

3 Menge gelOster Substanz wesentlich gri:iflere Harnmengen als die Erwachsenen IM c Can c e). Diese Einschrankung der Nierenfunktion hat aber bei der iiblichen Art der Ernahrung der Neugeborenen praktisch keine Bedeutung. Ein weiterer auffallender Unterschied zwischen Neugeborenen und Erwachsencn besteht in dem sehr unterschiedJichen Anteil der extrazellularen Fliissigkeit am Korpergewicht, die beim Neugeborenen 500fo, beim Erwachsenen nur 25% des Korpergewichtes ausmacht. Im einzelnen verteilt sich die Fliissigkeit im Organismus wie folgt (nach Medical Research Council Memorandum Nr. 26).

"'~ssergell:llt ~~

I Plasma. . . . . . . . . . . . . . . . . . . interzelluliire Fliissigkeit. . .

Pwzent des Ki.irpergewichts

Neugeborener

,

Erwachsener

5% l 50% extra- I 5% I 25% extra( zelluliire ~ zelluliire 45% J Fliissigkeit 20% J Fliissigkeit

intrazelluliire Fliissigkeit ... ,30% Trockensubstauz .......... 20ty0

1

: 45% 30ty0

Diese Zahlen zeigen, daH heim Neugeborenen der Anteil der extrazellularen Fliissigkeit doppelt so grofl ist wie beim Erwachsencn, wahrend der intrazcllularc Anteil um 1/ 3 kleiner ist. Diese Jetztere Tatsache ist deshalb bedeutungsvoll, weil das Zellwa~ser ein sehr wichtiges Reservoir bei allen Durstzustanden darstellt, weshalb der Saugling Durst sehr viel schlechter ertragen kann als der Erwachsene. Das gilt auch noch fiir dns altere Kind, und man dar£ einen Saugling nie duTsten lassen und anch ein Kind nie -· auch nicht etwa aus therapeutischen Grunden (ich denke hier auch an die operierten Kinder) - ehenso dursten la~sen wie einen Erwachsenen. Ist die Fliissigkeitszufuhr per os nicht mi:iglich, so mufl die parenterale, am zweekm~ifligsten die protrahierte intravenose Fliissigkeitszufuhr in Form der Dauertropfinfusion geiibt werden (Hung e rl an d). Nach dem Gesagten wird verstandlich, warum der tagliche Wasserbedarf des Sauglings, wenn er gedeihen soll, 15 his 200fo, der des Erwaehsenen aher nur 2 his 40fo des KUrpergewiehtes hetragi. Dazu kommt die tagliche Wassereinlagerung infolge des standigen Wachstums, die etwa 0"5 his 30fo der aufgenommenen Fliissigkeit betragt. Diese Retention von Wasser geld immer mit der Retention von Elektrolyten einher.

4 Eine Beschreibung der Veranderungen des Wassers erfordert deshalb gleichzeitig die Beriicksichtigung der Ver;inderungen im Mineralhaushitlt. Die haufigste Storung des Wasserhaushaltes im Siiuglingsalter ist die Exsikkose. Sie entsteht als Folge schwerer Brechdurchfalle. Sie kennen das Krankheitsbild ulle unter dem irrefiihrenden Namen ,,Intoxikation" oder ,alimentiire Toxikose". Die Symptomatologic hrauche ich hier nicht w schildern. Die Durchfalle und das Erbrechen yerursuchen durch den Fliissigkeitsverlust cine Verminderung des Blutvolumens, die zum Schock und dadurch zu schweren Storungen der ZeHtatigkeit fiihrt. Der Elektrolytverlnst als Ursache der Anhydramie wurde von Gamble entdeckt. Die Magen-Darmsekrete, die mit den Durchfallen zu Verlust gehen, enthalten quali.tativ die gleichen Bestandteile wie das Blutplasma, aher es werden mit dem Stuhl etwa zwei- his dreimal mehr Rasen uls Mineralsauren ausgeschieden. Das bedeutet normalerweise keine Beeintriichtigung des Saure-Basen-Haushaltes, da der absolute Basenbetrag, der auf diese Weise zu Verlust geht, sehr gering ist und leicht durch die kompensatorische Tatigkeit der Niere (NHrBildung, Saureausscheidung) ausgeglichen werden kann. Schwere Durchfalle fiihren hingegen zu erhehlichen BascnYerlu~ten. Dadurch kommt es zur Azidose, und weil der Organisrnus ohne Elektrolvte kein Wasser retinieren kann. kommt es auch hei "''asserzufuhr zu einer Verminderung de~ extrazellnlaren Fliissigkeit hzw. des Plasmas, d. h. zur Oligamie. Die Wasserverluste folgen den vorausgehenden Elektrolytverlusten, deshalh sprechen wir von der salopri\·en Exsikkose hzw. salopriven Anhydramie und Hyposalamie. Die andere Form der Exsikkation. die durch l!llgeniigende oder fehlende F'liissigkeitszufuhr entsteht, ist die Durstexsikkose. Die fehlende oder ungeniigende Wasserzufuhr fiihrt sehr bald zu einem Mangel an Losung·swasser. so daH die nichtfliichtigen Stoffwechselprodukte und Salze nicht mehr in ansreichender Menge ausgesc:hieden ,,·erden konnen. Im Gegensatz zur salopriven Exsikkation mit ihrer Verminderung der Elektrolytkonzentration im Blut, der Hyposalamie, steigt hier die Na- oder allgemeiner die Salzkonzentration im Blut immer hoher an. Die sich so entwickelnde Hypersalamie bedingt entsprechend dem DarrowYannetschen Regulationsmechanismus einen Uebertritt vo(l Zellwasser in das Interstitium hzw. Plasma. deren Wassergehalt dadurch wieder vermehrt wird. Da das Wasserreservoir der Zellen groR ist, wird im Durst die Blutmenge nur allmahlic:h vermindert und eiue· Anhydramie tritt erst

5 sehr spat ein. Erst nach einem Wasserverlust, der etwa 10 his 200fo des ursprtinglichen Korpergewichts betragt, besteht Lebensgefahr. Bei der durch Durchfalle und Erbrechen entstehenden salopriven Exsikkose mit Hyposalamie tritt, wiederum dem Darrow-Yannetschen Regulationsmechanismus folgend, im Gegensatz zur Durstexsikkose, umgekehrt 'Vasser aus dem Bereich des extrazellularen Raumes in die Zelle ein. Die anatomische Lokalisation des Wasserverlustes ist gleich im Beginn der heiden Formen der Exsikkose verschieden: Die Durstexsikkose beginnt mit einem Wasserverlust der Zelle und ganz allmahlicher Verminderung des Plasmas und der extrazellularen Fltissigkeit. Die saloprive Exsikkose beginnt mit einer Zunahme des Zellwassers und einer sehr schnellen Verminderung der extrazellularen Fltissigkeit. Bei der Durstexsikkose tritt die Anhydramie erst sehr spat ein; der Kreislauf wird zunachst nicht beeintrachtigt. Bei der salopri"en Exsikkose wird das Plasmavolumen sehr schnell vermindert und es entwickelt sieh sehr schnell der Kollapszustand mit allen seinen Folgen, insbesondere dem Koma und der Nierenfunktionsstorung. Die entstehende Eindickung des Blutes ist an den hohen Erythrozytenzahlen und dem erhohten Eiwcif!gehalt des Serums Ieicht erkenntlich (7 his 80fo Eiweif! gegentiber normalerweise 5 his 60fo). Diese Eindickung bedingt nicht nur eine wesentliche Verminderung der kreisenden Blutmenge, sondern infolge der erhohten Viskositat des Blutes eine erhebliche Verlangsamung der Stromungsgeschwindigkeit. Die kreisende Blutmenge kann auf 1/ 4 vermindert und die Blutumlaufzeit auf das 6fache verlangert sein. Nimmt man eine vollstandige Utilisation des Elutes an, so ergibt sich, daf! dem Saugling nur noch 1/ 8 der normalen 0 2-Mengc zur Verftigung steht. Die durch die Oligamie und die verlangsamte Stromungsgeschwindigkeit des Blutes bedingte ungentigende Blutversorgung des Gewebes fiihrt zu einer schweren Hypoxydose (Strughold) des Gewebes, die fii.r die Hirn- und Nierenfunktion besonders schwerwiegend ist. Sehr eingehende Untersuchungen von K e r pell