Moderne Marketing-Kommunikation: Grundlagen, Prozess und Management markt- und kundenorientierter Unternehmenskommunikation [3. Aufl.] 978-3-658-25317-2;978-3-658-25318-9

Das Lehrbuch gibt vor einem kommunikationswissenschaftlichen Hintergrund einen Überblick über die Grundlagen, den Prozes

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Moderne Marketing-Kommunikation: Grundlagen, Prozess und Management markt- und kundenorientierter Unternehmenskommunikation [3. Aufl.]
 978-3-658-25317-2;978-3-658-25318-9

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XXVI
Front Matter ....Pages 1-7
Kommunikationstheoretische Grundlegung (Jörg Tropp)....Pages 9-37
Moderne Marketing-Kommunikation (Jörg Tropp)....Pages 39-105
Das System der Marketing-Kommunikation (Jörg Tropp)....Pages 107-140
Medialisierung des Marketings und der Marketing-Kommunikation (Jörg Tropp)....Pages 141-155
Front Matter ....Pages 157-163
Kommunikationsqualitative Kriterien des Inputs (Jörg Tropp)....Pages 165-209
Analysen und Strategien (Jörg Tropp)....Pages 211-345
Front Matter ....Pages 347-348
Synopse klassischer Kommunikationsdisziplinen (Jörg Tropp)....Pages 351-353
Moderne Kommunikationsdisziplinen (Jörg Tropp)....Pages 355-503
Front Matter ....Pages 505-506
Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth (Jörg Tropp)....Pages 509-555
Wirkungen und Effekte (Jörg Tropp)....Pages 557-600
Front Matter ....Pages 601-602
Direkter Outcome (Jörg Tropp)....Pages 605-624
Indirekter Outcome (Jörg Tropp)....Pages 625-649
Front Matter ....Pages 651-653
Kommunikationscontrolling (Jörg Tropp)....Pages 655-661
Methoden und Kennzahlen des Outflow-Managements (Jörg Tropp)....Pages 663-688
Back Matter ....Pages 689-775

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Jörg Tropp

Moderne MarketingKommunikation Grundlagen, Prozess und Management markt- und kundenorientierter Unternehmenskommunikation 3. Auflage

Moderne Marketing-Kommunikation

Jörg Tropp

Moderne MarketingKommunikation Grundlagen, Prozess und Management markt- und kundenorientierter Unternehmenskommunikation 3. Auflage

Jörg Tropp Hochschule Pforzheim Pforzheim, Deutschland

ISBN 978-3-658-25317-2 ISBN 978-3-658-25318-9  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-25318-9 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2011, 2014, 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Verantwortlich im Verlag: Barbara Emig-Roller Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort zur dritten Auflage

Die im Vorwort zur zweiten Auflage getroffene Feststellung, dass die Entwicklungen in der Marketing-Kommunikation eine grundlegende Überarbeitung und Aktualisierung des Buchs erforderten, gilt auch und besonders für diese dritte Auflage. Programmatic Advertising und Influencer Kommunikation sind feste, wirtschaftlich und kommunikativ hoch relevante Bestandteile moderner Marketing-Kommunikation geworden. Die Bedeutung des Qualitätsaspekts der Marketing-Kommunikation hat in Zeiten von Werbemüdigkeit, Werbevermeidung, Ad Fraud und Brand Safety noch weiter zugenommen. Und Customer und Advertising Engagement haben sich zu wichtigen Indikatoren der Qualität moderner Marketing-Kommunikation entwickelt. Diese und weitere neue Entwicklungen sind in der dritten Auflage aufgenommen worden. Da steigende Komplexität aber unvermeidbar mit einer Zunahme an Selektivität einhergeht, konnten aufgrund von Priorisierungsüberlegungen für die Lehre einige Inhalte der zweiten Auflage nicht mehr in diese neue Auflage einfließen. Dies betrifft die erkenntnistheoretischen Anmerkungen zur modernen Marketing-Kommunikation sowie den detaillierten Überblick über die Entwicklungen im Marketing-Kommunikationssystem. Die Inhalte eines Buchs zu priorisieren, das einen kommunikationswissenschaftlichen, lehrtauglichen Überblick über die Marketing-Kommunikation einer moderner Gesellschaft geben will, ist ein riskantes Unterfangen. Die Marketing-Kommunikation befindet sich in einer Transformationsphase, in der traditionelle wie neue Ansätze das Praxisgeschehen bestimmen. Copy-Strategie und Utility-Strategie, klassische Mediaplanung und Programmatic Advertising oder Mediawerbung und Influencer Kommunikation kommen heute auf strategischer und instrumenteller Ebene nebeneinander zum Einsatz. Eine Wette darauf, ob in fünf Jahren einige traditionelle oder aber auch moderne Ansätze keine Rolle mehr spielen, würde ich aufgrund der enormen kommunikativen, medialen und technologischen Dynamik der MarketingKommunikation nicht eingehen wollen. Bewährt hat sich in den beiden ersten Auflagen die aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht empfehlenswerte Einordnung der Marketing-Kommunikation als eine spezifische Form der Unternehmenskommunikation. Gelingt es doch damit, Marketing-Kommunikation und Werbung aus dem Korsett des Marketing-MixDenkens zu befreien und die Aufmerksamkeit stärker auf Prozesse markt- und kundenorientierter Kommunikation zu lenken, die sich im Unternehmen, zwischen dem V

VI

Vorwort zur dritten Auflage

Unternehmen und seiner Umwelt sowie in der Unternehmensumwelt abspielen. Entsprechend kommt im neuen Untertitel des Buchs diese Ausrichtung jetzt deutlicher zum Ausdruck. Nicht bewährt hat sich hingegen in der zweiten Auflage die Einbindung von Fallstudien und Beispielen über QR-Codes. Ich war überrascht, in Gesprächen mit Studierenden zu erfahren, wie wenig Gebrauch von diesem Angebot gemacht wird. Die Gründe wollen wir demnächst näher untersuchen. Für die dritte Auflage habe ich mich jedoch entschieden, aus pragmatischen Gründen zunächst auf ergänzende, über QR-Codes verlinkte Inhalte zu verzichten. Danken möchte ich an dieser Stelle Studierenden, Kolleginnen und Kollegen, Rezensentinnen und Rezensenten sowie allen anderen Leserinnen und Lesern für ihre wertvollen Anmerkungen und Kommentare, die mir bei der Erstellung dieser dritten Auflage sehr hilfreich waren. Dank gilt auch wieder dem Lektorats- und Satzbüro text plus form für die professionelle DTP-Arbeit. Wenn Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, dieses Buch zur modernen Marketing-Kommunikation im Studium oder auch in der Praxis hilfreich ist, Sie Aspekte vermissen oder Kritik üben wollen – lassen Sie es mich bitte wissen. Ich würde mich sehr freuen ! Frankfurt am Main/Pforzheim im Dezember 2018 Jörg Tropp

Vorwort zur ersten Auflage

Längst haben die Entwicklungen in der Werbung diese selbst überrollt. Ihre Ausdifferenzierung in eine Vielzahl von Marketing-Kommunikationsdisziplinen – vom Direkt- und Eventmarketing über Guerilla- und Utility Marketing bis hin zur Kommunikation gesellschaftlicher Verantwortungsübernahme (Corporate Social Responsibility) und zum Word-of-Mouth-Marketing –, die Entwicklung der digitalen Medien, der auf ihr lastende Effektivitäts- und Effizienzdruck, die Werbemüdigkeit eines kritischen, mündigen und medial hochgerüsteten Konsumenten und nicht zuletzt ihr bei Hochschulabsolventen angeschlagenes Image als zukünftiges Arbeitsfeld sind nur einige der gravierenden Herausforderungen, denen sich die Akteure in Kommunikationsagenturen, Marketing-Abteilungen und Branchenverbänden gegenübersehen. Unterm Strich laufen die veränderten empirischen Verhältnisse auf die Herausbildung einer Modernen Marketing-Kommunikation heraus, deren konzeptioneller Mittelpunkt nicht mehr allein vom Kontaktmodell der klassischen Mediawerbung gebildet wird, sondern in der zunehmend die Frage nach ihrer kommunikativen Qualität dringlich wird. Hier setzt das vorliegende Lehrbuch an. Es geht nicht darum, mit diesem Buch für didaktische Zwecke eine weitere Systematisierungsversion der vorliegenden Erkenntnisse zum Phänomenbereich Werbung anzubieten. Dieses Buch ist vielmehr Ausdruck der Notwendigkeit, marktgerichtete Kommunikation von Unternehmen heute anders zu beschreiben als es bis in die frühen 1990er Jahre plausibel stattfinden konnte. Dafür erweist sich der kommunikationswissenschaftliche Zugang als äußerst fruchtbar. Stellt er doch am ehesten in Aussicht, zur festgefahrenen verhaltenswissenschaftlichen Werbeforschung eine erkenntnisbringende Alternative bei den Bemühungen zu sein, die heutigen hochkomplexen kommunikativen Gegebenheiten der ehemaligen Werbebranche zu verstehen. Das Ziel dieses Lehrbuches ist es entsprechend, zum Verständnis des heutigen Zustandes des Marketing-Kommunikationssystems beizutragen, die Spezifika des Marketing-Kommunikationsprozesses herauszuarbeiten und dem Leser moderne und traditionelle Instrumente des Marketing-Kommunikationsmanagements an die Hand zu geben. Der Mix aus der Darstellung grundlegender wissenschaftlicher Theorien und Konzepte, gepaart mit Erkenntnissen und Erfahrungen aus der Praxis und illustriert anhand von Beispielen, erschien mir am zweckmäßigsten, um dieses Ziel zu erreichen. Dies vor allem, weil theoretisches wie praktisches Know-how heute unentbehrlich ist, um in der Marketing-Kommunikationsbranche zu reüssieren. VII

VIII

Vorwort zur dritten Auflage

Grundlegende Probleme der Marketing-Kommunikation, die durch den kommunikationswissenschaftlichen Zugang aufgedeckt werden und für die bislang keine praxiskompatiblen Lösungen in Sicht sind, werden nicht verschwiegen. Dies betrifft vor allem Fragen nach der Feststellung der Wirkungen von Marketing-Kommunikationsangeboten. Erfreulich ist, dass in jüngerer Zeit die kommunikationswissenschaftliche Auseinandersetzung mit der marktgerichteten Unternehmenskommunikation zunimmt. Sei es, dass Lehrbücher zur Werbeforschung entstanden sind (z. B. Siegert/Brecheis 2005, Zurstiege 2007), dass sich innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (DGPuK) eine Forschungsgruppe Werbung konstituiert hat oder dass an der Universität Wien eine Professur für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Werbeforschung eingerichtet wird. Dies stimmt dahin gehend zuversichtlich, dass der Phänomenbereich der MarketingKommunikation endlich auch in der Lehre und Forschung der deutschsprachigen Kommunikationswissenschaft seinen so dringend notwendigen festen Platz findet. Das Buch ist in drei Teile (A: Erkenntnistheoretische Anmerkungen zur Modernen Marketing-Kommunikation, B: Marketing-Kommunikation im Wandel und C: Prozess und Management der Modernen Marketing-Kommunikation) gegliedert. Den Hauptkapiteln der einzelnen Teile steht jeweils ein kurzes Abstract voran, das einen kompakten Überblick über die folgenden Ausführungen gibt. Wichtige Definitionen und Beispiele werden von einem Kasten eingerahmt. Ein solches Buch kann nicht ohne die Hilfe, Hinweise und kritischen Anmerkungen von Kollegen, wissenschaftlichen Mitarbeitern, Freunden und Bekannten entstehen. Ihnen allen sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt. Mein besonderer Dank gilt meiner Frau Uta für ihre nicht müde werdende Akzeptanz meiner häufigen geistigen Abwesenheit trotz physischer Präsenz, Dirk Engel für seine großzügige Unterstützung bei der Beschaffung von Media-Planungsdaten, Tobias Reinold für seine akribischen Recherchearbeiten und seinem kompetenten Management der Abbildungen und Tabellen sowie dem Lektorats- und Satzbüro text plus form für die professionelle DTP-Arbeit. Frankfurt am Main/Pforzheim, im Oktober 2010 Jörg Tropp

Inhalt

Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Teil A Grundlagen der Modernen Marketing-Kommunikation 1 Kommunikationstheoretische Grundlegung . . . . . . . . 1.1 Das schwere Erbe der mathematischen Informationstheorie 1.2 Bedeutungsvermittlung und soziales Handeln . . . . . . . 1.2.1 Typen sozialen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Notwendige Kriterien für Kommunikation . . . . . . . . . . 1.3.1 Selektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Reflexivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Kontextualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Zusammenfassendes Kommunikationsmodell . . . . . . . 2 Moderne Marketing-Kommunikation . . . . . . . . . . . 2.1 Konzeption und Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Marketing-Kommunikation als eine Art der Unternehmenskommunikation . . . . . . . . . . 2.1.3 Das Kriterium der Kommunikationsqualität . . . . . . 2.1.4 Inhaltliche Qualität (Output-Qualität) . . . . . . . . . 2.1.5 Customer Engagement fokussierte Qualität (Outcome-Qualität) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.6 Die Rolle von Selektivität, Kontextualität und Reflexivität 2.2 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Formen der Modernen Marketing-Kommunikation . . . . . 2.4 Struktur der Modernen Marketing-Kommunikation . . . . . 2.5 Prozess der Modernen Marketing-Kommunikation . . . . . 2.6 Paradigmen der Marketing-Kommunikation . . . . . . . . . 2.6.1 Persuasive Markenkommunikation . . . . . . . . . . 2.6.2 Beziehungsorientierte Direktmarketing-Kommunikation 2.6.3 Integrierte Marketing-Kommunikation . . . . . . . . .

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9 10 12 17 18 19 26 32 36 39 40 40

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42 46 50

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54 56 63 65 67 74 77 78 87 96

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1

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XV XVII

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IX

X

3 3.1 3.2 3.3

Inhalt

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107 111 114 117 117 120

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122 128 128 132 135

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141 142 142 145 146 149

Teil B Prozess und Management der Modernen Marketing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommunikation

161

3.4

3.5 4 4.1

4.2

Das System der Marketing-Kommunikation . . . . . . . . . . Komponenten des Marketing-Kommunikationssystems . . . . . Autonomisierung des Marketing-Kommunikationssystems . . . Die Marketing-Kommunikation in der Gesellschaft . . . . . . . 3.3.1 Werbung als Programmbereich der Massenmedien . . . . 3.3.2 Werbung als Interpenetrationszone . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Werbung als funktional ausdifferenziertes Gesellschaftssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4 Marketing-Kommunikation als Subsystem des Wirtschaftssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . Selbstorganisation des Wandels der Marketing-Kommunikation . 3.4.1 Systemorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Selbstorganisation und Emergenz . . . . . . . . . . . . . Marketing-Kommunikation und Mediensystem . . . . . . . . . Medialisierung des Marketings und der MarketingKommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Medienbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Medienwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Medialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Earned Media: Medialisierung der Marketing-Kommunikation

B I Input 1 1.1

1.2

1.3

1.4

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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommunikationsqualitative Kriterien des Inputs . . . . . . . . Achtsamkeit (Selektivität) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Begriff und Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Achtsamkeit von Organisationen . . . . . . . . . . . . . . Marketing-Kommunikationswissen (Reflexivität) . . . . . . . . . 1.2.1 Consumer Insight: Begriff und Konzept . . . . . . . . . . . 1.2.2 Elementare Consumer-Insight-Kontexte . . . . . . . . . . . 1.2.3 Methoden der Consumer-Insight-Gewinnung . . . . . . . . Input-Relevanz (Kontextualität) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Begriff und Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Elementare Kontexte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassendes Modell kommunikationsqualitativen Handelns in der Input-Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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161 165 165 166 169 178 179 183 190 194 194 196

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208

Inhalt

2 Analysen und Strategien . . . . . . . . . . . . . 2.1 Positionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Das Grundprinzip der Unterscheidung . . . . 2.1.2 Die Notwendigkeit der Positionierung . . . . 2.1.3 Der Bezugspunkt des Selbstkonzeptes . . . . 2.1.4 Methoden der Positionierung . . . . . . . . 2.1.5 Positionierungsmodelle und -strategien . . . 2.1.6 Herausforderungen der Positionierung . . . 2.2 Markenstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Entwicklungsgeschichte der Marke . . . . . 2.2.2 Markenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Markenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Markenstrategiedimensionen und -optionen 2.2.5 Herausforderungen der Markenstrategie . . . 2.3 Zielgruppen und Zielpersonen . . . . . . . . . . 2.3.1 Das Segmentierungskonzept . . . . . . . . 2.3.2 Zielgruppen- und Zielpersonenbegriff . . . . 2.3.3 Vorgehen und Anforderungen der Zielgruppensegmentierung . . . . . . . 2.3.4 Segmentierungsmethoden . . . . . . . . . 2.3.5 Die Begriffe Typ und Typologie . . . . . . . . 2.3.6 Typenmerkmale und Arten von Typologien . 2.3.7 Herausforderungen der Zielgruppenplanung 2.4 Marketing-Kommunikationsziele . . . . . . . . . 2.4.1 Grundsatz der Zurechenbarkeit . . . . . . . 2.4.2 Systematisierung der Ziele . . . . . . . . . . 2.4.3 Anforderungen an Ziele . . . . . . . . . . . 2.5 Kontext-Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Copy-Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Utility-Strategie . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.3 USP, UAP, UCP und USE . . . . . . . . . . . . 2.6 Media-Strategie und Media-Planung . . . . . . . 2.6.1 Rezeptionsbezogene Kennzahlen . . . . . . 2.6.2 Distributionsbezogene Kennzahlen . . . . . 2.6.3 Erstellung und Evaluierung des Media-Plans . 2.6.4 Vorgehen bei der Planung von DirektmarketingKommunikation . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.5 Programmatic Advertising . . . . . . . . . . 2.6.6 Herausforderungen der Media-Planung . . . 2.7 Budget . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7.1 Verfahren der Budgetierung . . . . . . . . .

XI

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211 212 212 214 215 216 223 233 238 238 241 247 248 262 265 265 266

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268 269 276 277 280 283 286 287 292 294 295 304 310 311 313 324 325

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334 337 338 339 340

XII

B II Output

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Synopse klassischer Kommunikationsdisziplinen . . . . . Moderne Kommunikationsdisziplinen . . . . . . . . . . . Dialogische Grundorientierung . . . . . . . . . . . . . . . Partizipative Marketing-Kommunikation (PMK) – Co-Kreation von Unternehmen und Konsumenten . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Kommunikationsqualitative Zielsetzung und Definition der PMK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Entwicklung der PMK . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Das Konzept der Co-Kreation . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Implizite und explizite PMK . . . . . . . . . . . . . . 2.2.5 Consumer-Generated Advertising (CGA) . . . . . . . . 2.2.6 Markengemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.7 Management von CGA und Markengemeinschaften . . 2.3 Utility Marketing (UM) – situativ nützlich sein . . . . . . . . 2.3.1 Kommunikationsqualitative Zielsetzung und Definition des UM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Entwicklung des UM . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Das Prinzip der intersystemischen Hybridisierung des UM 2.3.4 Branded Entertainment . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Content Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.6 Branded Services . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.7 Rechtlicher Rahmen des UM . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Corporate-Social-Responsibility-Kommunikation (CSR-Kommunikation) – kommunizieren, gut zu sein . . . . 2.4.1 Kommunikationsqualitative Zielsetzung der CSR-Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Begriffliche Abgrenzungen und Definition . . . . . . . 2.4.3 Entwicklung der CSR-Kommunikation . . . . . . . . . 2.4.4 Konzeptionelle CSR-Positionen . . . . . . . . . . . . 2.4.5 Erscheinungsformen der CSR-Kommunikation . . . . . 2.4.6 Nachhaltigkeitsberichterstattung . . . . . . . . . . . 2.4.7 Cause-related-Marketing-Kommunikation (CrM-Kommunikation) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.8 Kommunikationsmodell der CSR-Kommunikation . . . 2.5 Guerilla Marketing (GM) – unkonventionell kommunizieren . 2.5.1 Kommunikationsqualitative Zielsetzung und Definition des GM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Entwicklung und Grundauffassungen des GM . . . . . 2.5.3 Ambient Media Marketing . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.4 Ambush Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2 2.1 2.2

Inhalt

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347 351 355 357

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361 361 365 366 369 373 376 380

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380 382 387 394 398 403 405

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408 408 413 419 422 423

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Inhalt

2.6 Word-of-Mouth-Marketing (WOM-Marketing) – zur Kommunikation anregen . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1 Kommunikationsqualitative Zielsetzung und Definition des WOM-Marketings . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.2 Entwicklung und Konzept des WOM-Marketings . . . 2.6.3 Virales Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.4 Social Media Marketing . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.5 Influencer Kommunikation . . . . . . . . . . . . . 2.7 Synopse moderner Kommunikationsdisziplinen . . . . . .

XIII

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463 464 471 485 494 502

B III Outgrowth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth . . . . . 1.1 Aufmerksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Der Begriff und seine Entwicklung . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Theorien der modernen Aufmerksamkeitsforschung . . . . 1.1.3 Zentrale Elemente des modernen Aufmerksamkeitskonzeptes 1.1.4 Aufmerksamkeitsproblematik der Marketing-Kommunikation 1.2 Marketing-Kommunikationswissen (Reflexivität) . . . . . . . . 1.2.1 Reflexivitätsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Das Persuasion Knowledge Model . . . . . . . . . . . . . 1.2.3 Advertising und Brand Literacy . . . . . . . . . . . . . . 1.2.4 Problematik des Marketing-Kommunikationswissens . . . 1.3 Rezeptionsrelevanz (Kontextualität) . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Begriff und Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Relevanztheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Zentrale Charakteristika von Relevanz . . . . . . . . . . . 1.3.4 Relevanz und Involvement . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.5 Problematik der Rezeptionsrelevanz . . . . . . . . . . . . 2 Wirkungen und Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Was sind Kommunikationswirkungen ? . . . . . . . . . . . . . 2.2 Die Customer Journey: Effekte und ihr Verhältnis zueinander . . 2.3 Explizite und implizite Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Kommunikationspsychologische Effekte . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Kognitive Dissonanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Halo-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3 Intentionalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.4 Mere-Exposure-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5 Primacy-/Recency-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.6 Priming . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.7 Reaktanz und Bumerang-Effekt . . . . . . . . . . . . . . 2.4.8 Vampir-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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505 509 511 512 514 517 521 523 523 524 531 533 534 535 537 546 550 554 557 558 560 571 574 574 577 577 579 581 582 584 586

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIV

Inhalt

2.5 Kommunikationssoziologische Effekte . . . 2.5.1 Opinionleadership . . . . . . . . . . . 2.5.2 Effekt der vermuteten Mehrheitsmeinung 2.5.3 Third-Person-Effekt . . . . . . . . . . 2.6 Rezipientenaktivität . . . . . . . . . . . . .

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588 589 592 594 597

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Direkter Outcome . . . . . . . . . . . . . . . . . Anschlusshandlungen in Absatzmärkten . . . . . . Anschlusshandlungen in sozialen Netzwerken . . . Anschlusshandlungen in Beschaffungsmärkten . . . Anschlusshandlungen im Unternehmen . . . . . . Mediale Anschluss-Berichterstattung (Earned Media) Indirekter Outcome . . . . . . . . . . . . . . . . . Pre- und Posttests, Tracking-Studien . . . . . . . . . Indikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Blickverlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Recall und Recognition . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Likeability . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Attitude toward the ad, Attitude toward the brand 2.2.5 Kaufabsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.6 Image . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.7 Markenloyalität . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.8 Empfehlungsbereitschaft . . . . . . . . . . . 2.3 Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . .

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601 605 606 613 615 618 621 625 626 629 630 633 637 638 641 642 643 645 646

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651 655 657 663 663 664 679 683 686

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689 769

B IV Outcome

1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 2 2.1 2.2

B V Outflow

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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommunikationscontrolling . . . . . . . . . . . . . Kommunikation als immaterieller Vermögenswert . . Methoden und Kennzahlen des Outflow-Managements Funktionsübergreifende strategische Ansätze . . . . . 2.1.1 Scorecard-Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Markenbewertungen . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Cultural Due Diligence . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Funktionsbezogene operative Ansätze . . . . . . . .

1 1.1 2 2.1

Literatur Register

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6 Abb. 7

Abb. 8 Abb. 9 Abb. 10 Abb. 11 Abb. 12 Abb. 13 Abb. 14 Abb. 15

Abb. 16 Abb. 17 Abb. 18 Abb. 19 Abb. 20 Abb. 21 Abb. 22

Kommunikationsmodell von Shannon . . . . . . . . . . . . . . . Grundmodell der Kommunikation: Kommunikation als Bedeutungsvermittlung kognitiv autonomer Menschen . . . . . . Modell der Kommunikation als Bedeutungsvermittlung kognitiv autonomer, handelnder Menschen . . . . . . . . . . . . Das Schema der Marke Nivea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auszug aus dem Produktkategorie-Schema Getränke inklusive Subschemata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontextfaktoren der Mediennutzung . . . . . . . . . . . . . . . Modell der Kommunikation als Prozess der selektiven, reflexiven und kontextuellen Bedeutungsvermittlung kognitiv autonomer, handelnder Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Plakat-Motiv der „Du bist Deutschland“-Kampagne (2007) . . . . . Teilbereiche der Unternehmenskommunikation als spezifische Form der Organisationskommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklungsphasen der Marketing-Kommunikation . . . . . . . Modell der inhaltlichen Qualität der Marketing-Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel für den Einsatz aufmerksamkeitsgenerierender Inhaltselemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel für eine situative Kontextualisierung . . . . . . . . . . . Mobile Bordkarte der Lufthansa . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grobe Einteilung der Formen der Modernen Marketing-Kommunikation, exemplarischer Medien und Kommunikationsangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Strukturmodell der Modernen Marketing-Kommunikation . . . . Selektiver Blickverlauf innerhalb eines Kommunikationsangebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prozessmodell der Modernen Marketing-Kommunikation . . . . . Ein markt- und werbepsychologisches S-R-Modell . . . . . . . . . Das S-O-R-Modell der Einstellungen in der Persuasionsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elaboration-Likelihood-Model von Petty und Caccioppo . . . . . . www.nivea.de . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 14 17 24 25 34

36 41 44 46 53 57 59 59

67 70 72 75 79 80 83 84 XV

XVI

Abbildungsverzeichnis

Abb. 23 Inhaltliche Integration der Kommunikation der Marke Krombacher mittels Schlüsselbild . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 24 Der IMC-Entwicklungsprozess nach Schultz/Kitchen . . . . . . Abb. 25 Themen der IMC-Forschung von 1990 bis 2006 . . . . . . . . Abb. 26 Komponenten des Marketing-Kommunikationssystems . . . . Abb. 27 Das Wirtschaftssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 28 Das Marketing-Kommunikationssystem . . . . . . . . . . . . Abb. 29 Handlungsbereiche und ihre Organisationssysteme bei Berücksichtigung der Rolle des Konsumenten/Kunden im Marketing-Kommunikationssystem . . . . . . . . . . . . Abb. 30 Zusammenhang von Leistung und Organisation des Marketing-Kommunikationssystems . . . . . . . . . . . . . Abb. 31 Selbstorganisierter Wandel von Sozialsystemen . . . . . . . . Abb. 32 Das System der Marketing-Kommunikation und seine Umwelt mit beispielhaften intersystemischen Kommunikationen . . . Abb. 33 Beispiel skandalistischer Marketing-Kommunikation: Kampagnenmotiv für die MTV-Sendung „Popetown“ von der Agentur Roxy Munich aus dem Jahr 2006 . . . . . . . Abb. 34 144 Quadratmeter großes Luftkissen der „Free-Taco“- Promotion der amerikanischen Fastfood-Kette Taco Bell vor der australischen Küste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 35 Motiv der VW-Golf-Kampagne „Horst Schlämmer macht Führerschein“ von der Agentur DDB Group Germany aus dem Jahr 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 36 Mediawert der VW-Golf-Kampagne „Horst Schlämmer macht Führerschein“ von der Agentur DDB Group Germany aus dem Jahr 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 37 Kommunikationskriterien und ihre kommunikationsqualitätsorientierte Auslegung in den einzelnen Bereichen des Marketing-Kommunikationsprozesses . . . . . Abb. 38 Elementare Consumer-Insight-Kontexte . . . . . . . . . . . . Abb. 39 Beispiel für die Berücksichtigung des situativen Kontextes im Medium: Marketing-Kommunikationsangebote im journalistischen Stil des Mediums in der Zeitschrift Brigitte . Abb. 40 Tische mit interaktiver Oberfläche im Restaurant Inamo in London . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 41 Visualisierter Kontext der Marke Becks . . . . . . . . . . . . . Abb. 43 Visualisierter Kontext der Marke Deutsche Telekom . . . . . . Abb. 42 Visualisierter Kontext der Marke ebay . . . . . . . . . . . . . Abb. 44 Visualisierter Kontext der Marke O2 . . . . . . . . . . . . . . Abb. 45 Consumer-Insight-Phasen in einem Produktinnovationsprojekt des Tiefkühlkost-Unternehmens iglo . . . . . . . . . . . . .

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99 102 103 112 123 125

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187 189 189 189 189

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193

Abbildungsverzeichnis

Abb. 46 Das Input-Relevanz-Konstrukt der Marketing-Kommunikation Abb. 47 Modell der Unternehmenskultur gemäß der Konzeption von Schmidt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 48 Struktur und Inhalt des Briefings . . . . . . . . . . . . . Abb. 49 Zusammenfassendes Modell kommunikationsqualitativen Handelns in der Input-Phase Moderner MarketingKommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 50 Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation . . . . . . . . . . . Abb. 51 Direkte Einflüsse auf die Positionierung im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 52 Punktattraktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 53 Zweidimensionales Positionierungsmodell für ein Restaurant Abb. 54 Dreidimensionales Positionierungsmodell für eine Fluggesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 55 Kompositionelle und dekompositionelle Vorgehensweise der Positionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 56 Grundgedanke der Faktorenanalyse . . . . . . . . . . . . Abb. 57 Imagedifferenzial im Premium-Pilsmarkt . . . . . . . . . Abb. 58 Positionierungsmodell im Premium-Pilsmarkt . . . . . . . Abb. 59 Kausalmodell einer WISA . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 60 Auszug aus der WISA zwischen Beck’s und Jever . . . . . . Abb. 61 Positionierungsstrategien nach Marketingmix-Elementen . Abb. 62 Anzeigenmotiv für Tamaris-Schuhe als Beispiel für einen informativ ausgerichteten Kommunikationsstil . . . . . . Abb. 63 Anzeigenmotiv für Soho-Soho Fashion Designer als Beispiel für einen informativ ausgerichteten Kommunikationsstil . Abb. 64 Anzeigenmotiv von Olaz-Total-Effects-Creme als Beispiel für einen emotional-informativ ausgerichteten Kommunikationsstil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 65 Kampagne für das BMW 1er-Coupé aus dem Jahr 2007/ 2008 als Beispiel für einen emotional ausgerichteten Kommunikationsstil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 66 Guerilla-Marketing-Aktion von Mercedes Benz als Beispiel für einen auf Aktualität ausgerichteten Kommunikationsstil Abb. 67 Werbung unterschiedlicher Branchen mit stereotypen Motiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 68 Markensteuerrad der Marke Jack Daniel’s . . . . . . . . . Abb. 69 Kampagne der Marke Yello aus 1998 . . . . . . . . . . . . Abb. 70 Entwicklung der Gestaltung der Marke Nivea als Ausdruck ihrer dynamischen Positionierung . . . . . . . . . . . . .

XVII

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195

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199 206

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228 231 231

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XVIII

Abbildungsverzeichnis

Abb. 71 Prinzip der dynamischen Positionierung . . . . . . . . . . . . . . Abb. 72 Akzidentielle Positionierungsdimension der Produktqualität der Marke McDonald’s . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 73 Direkte Einflüsse auf die Markenstrategie im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 74 Systematik der Erklärungsansätze zur Marke . . . . . . . . . . . . Abb. 75 Display in einem McDonald’s-Restaurant in Griechenland 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 76 Produktarten und ihr Ausmaß an Kulturbindung als Einflussfaktoren auf den landesspezifischen Adaptionsbedarf der Marke . . . . . . Abb. 77 Mehrmarkenstrategie des Reiseunternehmens Thomas Cook AG in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 78 Produktmarke Lenor des Unternehmens Procter & Gamble . . . . Abb. 79 Familienmarke Nivea mit exemplarischen Produkten aus der Produktkategorie der Körperpflege des Unternehmens Beiersdorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 80 Die Dachmarke Allianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 81 Anzeigenmotiv für den VW Golf GTI als Beispiel eines Markenstrategie-Mix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 82 Vertikale und horizontale Koordination der Marketinginstrumente bei Einsatz einer Dach- bzw. Familienmarke . . . . . . . . . . . . Abb. 83 Fiktives Profil der Bedeutungsgewichte relevanter Bewertungskriterien bei der Wahl zwischen einer Mono- und einer Mehrmarkenstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 84 Erfüllungsgrad im Hinblick auf Anforderungen an eine Monound eine Mehrmarkenstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 85 Wechselwirkungsbezogene Markenarchitekturtypen nach Laforet/Saunders 1994 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 86 Wechselwirkungsbezogene Markenarchitekturtypen nach Aaker/ Joachimsthaler 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 87 Wirkungsbezogene Klassifikation von Markenarchitekturen . . . . Abb. 88 Die Zielgruppen- und Zielpersonenselektion im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 89 Exemplarische Zielgruppensegmentierung anhand des Kaufund Verwendungsmerkmals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 90 Typologie von Clustermethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 91 Baumdiagramm der hierarchischen Clusteranalyse . . . . . . . . Abb. 92 Ellbogen-Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 93 Targeting-Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

235 236

238 242 249 250 251 252

253 255 257 260

261 261 263 263 264

265 268 270 271 271 273

Abbildungsverzeichnis

Abb. 94 Beispiel für Targeting in der Suchwortvermarktung bei google.de . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 95 Direkte Einflüsse auf die Bestimmung der MarketingKommunikationsziele im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation . . . Abb. 96 Ableitung der Marketing-Kommunikationsziele . . . . . . . . . . Abb. 97 Systematik der Marketing-Kommunikationsziele eines Unternehmens aus dem B2C-Bereich mit Zielbeispielen . . . Abb. 98 Wichtige Kommunikationsziele der Top-500-Unternehmen . . . . Abb. 99 Architektur der Kontext-Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 100 Direkte Einflüsse auf die Copy-Strategie im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 101 Copy-Strategie und Anzeigen von TUI . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 102 Direkte Einflüsse auf die Utility-Strategie und ihr indirekter Einfluss auf die Media-Strategie und -Planung im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 103 Tankbeleg mit aufgedrucktem Hinweis von VW: „Mit dem Polo BlueMotion würden Sie mit dieser Tankfüllung 1 563 km weit kommen !“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 104 Format der Utility-Strategiekarte und das Beispiel VW Polo Blue Motion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 105 Utility-Strategie, resultierende Kommunikations-/Media-Idee, Anzeige sowie Ergebnisse der Kampagne „The best job in the world“ des Tourismusbüros Queensland/Australien, Agentur: Cumminsnitro Brisbane, Australia . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 106 Direkte Einflüsse auf die Media-Strategie und -Planung im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 107 Beispiel der Verteilung von Kontakten auf Kontaktklassen . . . . . Abb. 108 Mögliche Formen des Zusammenhangs zwischen Kontaktanzahl und Werbewirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 109 Schematische Darstellung der Überschneidungen der Mediennutzung von drei Zeitschriften . . . . . . . . . . . . . Abb. 110 Exemplarische alternative Berechnung des GRP-Wertes . . . . . . Abb. 111 Distributionsmuster von MarketingKommunikationsangeboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 112 Entwicklung des TKP und TNP nach zwei Schaltungen . . . . . . . Abb. 113 Rangreihe nach Affinitätsindizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 114 Rangreihe nach TKP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 115 Rangreihe nach Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIX

275

284 286 291 292 294

296 303

305

306 309

309

312 316 317 319 321 322 327 329 331 332

XX

Abbildungsverzeichnis

Abb. 116 Exemplarische alternative Media-Pläne . . . . . . . . . . . . Abb. 117 Akteure und Wertschöpfungskette im Realtime Advertising via Supply Side- und Demand Side Platforms . . . . . . . . . Abb. 118 Direkte Einflüsse auf das Budget im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 119 Formen des Dialogmarketings und beispielhafte Ausprägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 120 Vorder- und Rückseite eines Zeitschriften-Beilegers der PMK-Kampagne von Chesterfield aus dem Jahr 1994 . . . Abb. 121 Implizite und explizite Partizipation des Konsumenten bei der Marketing-Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 122 Ausmaß des Vertrauens in unterschiedliche Mittel der Marketing-Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 123 Systematik der Formen der expliziten PMK . . . . . . . . . . Abb. 124 Taktisch-promotionale und strategisch-systemische Ausrichtung der expliziten PMK interaktionsorientierter Marken . . . . . . Abb. 125 Meilensteine in der Entwicklung des UM . . . . . . . . . . . Abb. 126 Modell der Hybrid Messages . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 127 Beispiel einer medial distribuierten Masked-Expert-Mitteilung Abb. 128 Beispiel einer medial distribuierten Masked-CelebrityMitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 129 Beispiel für ein Advertorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 130 IPI Cube zur Systematisierung von Werbung in der Medienund Informationsgesellschaft mit exemplarischer Verortung ausgewählter Werbeformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 131 Beispiel für ein Generic Placement . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 132 Beispiele für Branded Artworks (Absolut) . . . . . . . . . . . Abb. 133 Brand Content als neuer Typus der MarketingKommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 134 Zweidimensionale Typologisierung von exemplarischen Dienstleistungen nach ihrer zeitlichen Art und der Art der Beziehung zwischen Dienstleister und Konsument . . . . Abb. 135 Systematik der Begriffe im Diskurs der Verantwortungskommunikation . . . . . . . . . . . . . . Abb. 136 Steigende Ressourcennachfrage der Menschheit . . . . . . . Abb. 137 CSR-Pyramide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 138 Prozentuale Anteilsentwicklung der CSR-Anzeigenwerbung . . Abb. 139 CSR-Anzeigen am Beispiel der Unternehmen EnBW und BASF aus dem Jahr 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 140 Der Business Case für CSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 141 Beispiele von Öko- und Sozial-Labels . . . . . . . . . . . . .

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Abb. 142 Entwicklung durchgeführter CrM-Kamapgnen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 143 Verteilung der CrM-Kampagnen in Deutschland nach Branchen im Zeitraum von 2002 bis zum 1. Hj. 2008 . . . . . . . . . . . Abb. 144 CrM-Kampagnen von Volvic . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 145 CSR-Kommunikationsangebote und deren Glaubwürdigkeit . Abb. 146 Guerilla-Marketing-Kampagne von McCann Erickson/Tel Aviv für den Optikhändler Opticana . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 147 Guerilla-Kommunikationsmaßnahme eines FotoEinzelhandelsgeschäftes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 148 Zebrastreifen als Ambient Medium . . . . . . . . . . . . . . Abb. 149 Pizzabox der Kampagne „Doppelt Käse erzählen für 1 Cent“ für ein CallYa-Angebot von Vodafone . . . . . . . . . . . . . Abb. 150 Ambient Media aus Anbietersicht . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 151 Ambient Media Stunt des Magazins FHM/UK vom 09. 05. 1999 . Abb. 152 100-Meter-Sprinter Linford Christie mit Puma-Linsen . . . . . Abb. 153 Zielstruktur des Ambush Marketing . . . . . . . . . . . . . . Abb. 154 Arten des Ambush Marketings . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 155 Erscheinungsformen von Maßnahmen des Ambush Marketings nach Bruhn/Ahlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 156 Erscheinungsformen von Maßnahmen des Ambush Marketings nach Stumpf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 157 Wahrnehmung der Sponsoren bei den Olympischen Spielen 1992 in Albertville . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 158 Typen von Netzwerkstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 159 Adopterkategorien im Diffusionsprozess . . . . . . . . . . . Abb. 160 KwK-Kampagne der Commerzbank . . . . . . . . . . . . . . Abb. 161 Viral Spot „Dove Evolution“ und Spoof „Slob Evolution“ . . . . Abb. 162 Nutzung von Social-Media-Plattformen nach Altersgruppen in Deutschland im Jahr 2018 . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 163 Tägliche Nutzung von Social Media in Deutschland . . . . . . Abb. 164 Funktionen von Social Media . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 165 Metriken zur Messung des Erfolgs von Social MediaMarketingaktivitäten in Österreich, Deutschland und der Schweiz; Erhebung April bis August 2013; n = 186 Unternehmen . . . . Abb. 166 Influencer-Rollen und-Typen . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 167 Vorteile von Influencer Kommunikation im Vergleich zu klassischem Online Marketing 2018 . . . . . . . . . . . . Abb. 168 Herausforderungen der Influencer Kommunikation . . . . . . Abb. 169 Zusammenhang von Aufmerksamkeit, MarketingKommunikationswissen, Rezeptionsrelevanz sowie Effekten . . Abb. 170 Beziehung zwischen Aktivierung und Leistung . . . . . . . .

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Abb. 171 Das Persuasion Knowledge Model . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 172 Vorder- und Rückseite der Lufthansa-Miles-&-More-/ Beeline-Promotion-Postkarte . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 173 Das Rezeptionsrelevanzkonstrukt der MarketingKommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 174 Strukturierung der Involvement-Forschung nach Ursachen und Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 175 Stufenmodelle der Werbewirkungsforschung in chronologischer Reihenfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 176 Das Planungsmodell von Vaughn . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 177 Das Integrated Information Response Model von Smith und Swinyard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 178 Bestimmung des Ausmaßes der kognitiven Dissonanz . . . . . Abb. 179 Das Konzept der Theory of Planned Behavior von Ajzen . . . . Abb. 180 Primacy-Recency-Kurve für Werbespots . . . . . . . . . . . . Abb. 181 Priming am Beispiel von Motiven aus der MarketingKommunikation des Mietwagenunternehmens Sixt . . . . . . Abb. 182 Beispiel für die Auslösung des Vampireffektes durch die Darstellung eines Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 183 Recall Werte von Werbung bei verschiedenen Graden der Aktivierung durch Erotik . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 184 Klassisches Modell des two-step flow of communication . . . Abb. 185 Opinionleader und Meinungsfolger im Kommunikationsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 186 Dynamisches Modell der öffentlichen Meinung nach der Theorie der Schweigespirale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 187 Direkter und indirekter Outcome im MarketingKommunikationsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 188 Key Visual der OBI-Kampagne „WIE, WO, WAS weiß OBI“ aus dem Jahr 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 189 Beziehungen zwischen kommunikativen Reizen und unterschiedlichen Reaktionen der Adressaten gemäß dem neobehavioristischen S-O-R-Schema . . . . . . . . . . . Abb. 190 Anzeige für Gore-Tex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 191 Heatmap der Gore-Tex-Anzeige . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 193 Blickverlauf bei sechs Sekunden dauernder Darbietung . . . . Abb. 192 Blickverlauf bei zwei Sekunden dauernder Darbietung . . . . Abb. 194 Blickaufzeichnungs-Kamera von 1989 . . . . . . . . . . . . . Abb. 195 Das Attitude-toward-the-ad-Konstrukt . . . . . . . . . . . . Abb. 196 Exemplarische Erhebung der Kaufabsicht . . . . . . . . . . . Abb. 197 Imagemessung mittels Semantischen Differenzials am Beispiel von zwei Automarken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abb. 198 Das dreidimensionale Brand Loyalty Model . . . . . . . . . Abb. 199 Systematisierung und Abgrenzung des intellektuellen Kapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 200 Modell des Kommunikationskapitals . . . . . . . . . . . . Abb. 201 Sozialkapital als zentraler immaterieller Vermögenswert . . . Abb. 202 Die Balanced Scorecard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 203 Aufbau einer Strategy Map . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 204 Die erweiterte Balanced Scorecard nach Zerfaß . . . . . . . Abb. 205 Auszug aus einer exemplarischen Corporate Communications Scorecard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 206 Die Communication Scorecard nach Hering et al. . . . . . . Abb. 207 Die sieben Prozessschritte der CSC . . . . . . . . . . . . . Abb. 208 Die Struktur- und Prozess-Perspektiven der BrandScoreCard . Abb. 209 Kommunikation im Wertschöpfungsprozess des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 210 Das Stakeholder-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 211 Zusammensetzung und Berechnung des EVA . . . . . . . . Abb. 212 Das CommunicationControlCockpit (CCC) – Kennzahlensystem für die Ermittlung von Imagerendite, Wertbeitrag und Kommunikationseffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 213 Die 10 wertvollsten globalen Marken in 2018, sortiert nach ihren kombinierten Markenwerten von Interbrand und Kantar Millward Brown BrandZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 214 Der Faktor der Kommunikationsstärke und mögliche Einzelfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 215 Organisationskulturprofile als Grundlage der vergleichenden Kulturanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Tab. 1 Qualitätsansätze der Qualitätsforschung . . . . . . . . . . Tab. 2 Qualitätsfelder der Marketing-Kommunikation . . . . . . . Tab. 3 Literaturanalytisch gewonnene Dimensionen und Faktoren des Konstrukts der inhaltlichen Qualität der Marketing-Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . Tab. 4 Definitionen des Begriffs Direktmarketing . . . . . . . . . . Tab. 5 Kommunikations- und medienwissenschaftliche Grundverständnisse des Medienbegriffs . . . . . . . . . . Tab. 6 Überblick grundlegender Positionierungsmodelle . . . . . Tab. 7 Funktionen der Marke für Hersteller, Handel und Konsumenten Tab. 8 Wichtige Vor- und Nachteile der Produktmarkenstrategie . . Tab. 9 Wichtige Vor- und Nachteile der Familienmarkenstrategie . . Tab. 10 Wichtige Vor- und Nachteile der Dachmarkenstrategie . . . Tab. 11 Typologiearten mit beispielhaften Typologien . . . . . . . Tab. 12 Exemplarische Outgrowth-Ziele . . . . . . . . . . . . . . . Tab. 13 Synopse klassischer Marketing-Kommunikationsdisziplinen Tab. 14 Exemplarischer Überblick über Brand/-ed-EntertainmentMaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tab. 15 Ambient Media nach Lebensumwelten und Orten . . . . . Tab. 16 Kategorisierung der Ambient Medien gemäß dem deutschen Fachverband Ambient Media . . . . . . . . . . . . . . . . Tab. 17 Synopse moderner Marketing-Kommunikationsdisziplinen . Tab. 18 Prinzipien der Gewinnung unwillkürlicher Aufmerksamkeit nach Scott (1903) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tab. 19 Synopse zu Arbeiten des Relevanzkonstrukts im Kontext der Marketing- und medienvermittelten öffentlichen Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tab. 20 Übersicht der Werbewirkungsmodelle nach Abfolge der Hierarchien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tab. 21 Eigenschaften impliziter und expliziter Gedächtnisprozesse . Tab. 22 Direkter Outcome in Form von Anschlusshandlungen im Absatzmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Tab. 23 Direkter Outcome in Form von Anschluss-Interaktionen und -Kommunikationen in sozialen Netzwerken der Konsumenten und Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tab. 24 Direkter Outcome in Form von Anschlusshandlungen in Beschaffungsmärkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tab. 25 Medien der unternehmensinternen Kommunikation . . . . . . Tab. 26 Direkter Outcome in Form von medialer AnschlussBerichterstattung (Earned Media) . . . . . . . . . . . . . . . . Tab. 27 Wichtige Kern-Outcome-Indikatoren der Outgrowth-Messung . Tab. 28 Top-10-Kennzahlen des Marketing-Managements . . . . . . . . Tab. 29 Synopse der wichtigsten ökonomischen Kennzahlen des Direktmarketings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tab. 30 Synopse der wichtigsten ökonomischen Kennzahlen der Media-Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Teil A Grundlagen der Modernen Marketing-Kommunikation

Die Moderne Marketing-Kommunikation konstituiert sich letztlich erst im Wandel der Beschreibung der Marketing-Kommunikation, der wiederum auf dem Wandel der Voraussetzungen beruht, auf denen die Beschreibung des Phänomenbereichs der Marketing-Kommunikation basiert. Dieser Wandelzusammenhang realisiert sich heute auf mehreren Ebenen.

Dialog zwischen den Wissenschaftsdisziplinen Der Komplexität und Dynamik heutiger Marketing-Kommunikation wird zunehmend mit einem Dialog zwischen den Wissenschaftsdisziplinen begegnet, die sich mit Marketing-Kommunikation im weitesten Sinne beschäftigen, insbesondere: Betriebswirtschaftslehre, Kommunikations-/Medienwissenschaft, Psychologie und Soziologie. So hat beispielsweise jüngst die betriebswirtschaftliche Marketingwissenschaft auf die Notwendigkeit des Dialogs mit der Kommunikations- und Medienwissenschaft hingewiesen und ihn angestoßen. Im Vorwort des Sammelbandes „Medien im Marketing“ bringen die Herausgeber Andrea Gröppel-Klein und Claas Christian Germelmann (2009) ihre Überzeugung zum Ausdruck, dass der „Dialog zwischen Marketing und den verschiedenen Mediendisziplinen … fruchtbar [ist], und scheinbar eindeutige Trennungslinien zwischen den Gebieten … sich bei näherem Hinsehen als künstlich errichtete Gräben [erweisen], deren Überschreitung zu beiderseitigem Nutzengewinn ist“ (ebd.: V, ein vergleichbarer Hinweis findet sich auch in Bruhn et al. 2000: VI).

Kommunikations- und Wirkungsverständnis im Wandel Der Beschreibungswandel des Phänomens der Marketing-Kommunikation wird des Weiteren beobachtbar in der schleichenden Erosion des verhaltenswissenschaftlichen Theorieansatzes, wie er traditionell von der Marketingtheorie genutzt wurde (s. z. B. Esch 2011: 36 f., Kroeber-Riel 1984: 6 f., Nieschlag et al. 1998: 104 f., Meffert 1998: 21 f.). An ihm nagt der Zahn der Zeit in Form der Entwicklung der empirischen marketing-kommunikativen Verhältnisse. Das Kommunikations- und Wirkungsverständnis dieses klassischen Ansatzes beruht auf einer stark vereinfachten, mechanistischen 3

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Vorstellung vom Kommunikationsprozess, mit der heute die kommunikativen und medialen Verhältnisse im Marketing-Kommunikationssystem nicht mehr erklärbar sind. Eine instrumentelle und kausalistisch wirkungsorientierte Betrachtungsweise stößt hier an ihre Grenzen. Auf der siebten von der European Advertising Academy/ EAA im Jahr 2008 veranstalteten „International Conference on Research in Advertising/ICORIA“ forderten Don E. Schultz und Gayle Kerr (2009: 252) daher radikal, dass besonders als Folge der geänderten technologischen und medialen Verhältnisse die wissenschaftliche Werbeforschung vollkommen überdacht werden muss. „This paper suggests the entire basis for academic advertising research needs to be rethought.“ (ebd.)

Besonders bezweifeln die beiden Autoren, dass das traditionelle behavioristische Forschungsmodell mit seiner zentralen Idee eines beeinflussbaren Konsumenten im Zeitalter interaktiver Medienumgebungen noch angemessen ist (vgl. ebd.: 253 f.). Diese klassische Perspektive wird immer häufiger kritisiert. So stellte beispielsweise bereits vor über zwanzig Jahren auch Annette Shelby (1998: 387) fest: „An increasing number of scholars in various communication-related disciplines have minimized, if not turned their backs on, instrumentality – that is, on treating communication as a mechanism by which message senders use their knowledge and skill to affect the understanding or behaviour of message receivers toward predetermined goals.“

An die Stelle von Instrumentalität, so Shelby (ebd.), rückt in der Unternehmens- und damit auch in der Marketing-Kommunikation der Aufbau von Wissen während des Austausches der Kommunikationspartner. Um die heutige Spezifik der Marketing-Kommunikation zu erfassen, ist es daher zunächst notwendig, eine zeitgemäße Perspektive zu entwickeln. Dazu ist zunächst eine tiefer gehende grundlegende Auseinandersetzung mit dem Phänomen Kommunikation, der Struktur und dem Prozess der Marketing-Kommunikation und auch deren gesellschaftliche Einordnung auf der Makroebene notwendig. Und es geht vor allem auch darum, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, die sich zäh halten und die das oben erwähnte, von Schultz und Kerr eingeforderte Umdenken so erschweren.

Integration von objektivistischer und subjektivistischer Position Eine weitere wichtige Voraussetzung für den Wandel des Marketing-Kommunikationsverständnisses ist eine Entwicklung, die in der Marketingwissenschaft auf wissenschaftstheoretischer Ebene stattfindet. Im Kern geht es um die Frage, wie der „blinde Empirismus“ (Gröppel-Klein/Weinberg 2000: 82), der sich in der Marketingdisziplin

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in den letzten Jahrzehnten als Folge eines falsch angewandten kritisch rationalen Forschungsverständnisses im Sinne von Karl Popper (2005) ausgebildet hat, überwunden werden kann. So sieht sich die Mainstream-Marketingforschung, die sich am Paradigma des kritischen Rationalismus orientiert, heute mit schweren Vorwürfen konfrontiert: Sie sei weitgehend bedeutungslos geworden, ihr fehle es an theoretischer Reife und ihre empirische Forschung richte sich an einem falschen Objektivitätsverständnis aus. Allgemein gesagt richtet sich die Kritik, die mittlerweile sogar Einzug in die renommierte deutschsprachige wissenschaftliche Marketing-Fachzeitschrift Marketing. Zeitschrift für Forschung und Praxis (4/2007) gefunden hat, gegen die heutige Orientierung an einem „pseudo-kritischen Rationalismus“ (Srnka 2007: 249). Hypothesen, die theoretisch abgeleitet sind, werden bestätigt, aber nicht, wie vom kritischen Rationalismus postuliert, rigorosen Falsifikationsversuchen unterworfen, um ihre Bewährung zu prüfen und um für sie Gültigkeit beanspruchen zu können. Im Resultat läuft dies auf einen erheblichen „Bedarf an empirischen Arbeiten [hinaus, J. T.], die auf Exploration und Entdeckung gerichtet sind“ (ebd.: 250). Denn durch das auf Bestätigung ausgerichtete Testen theoretisch verankerter Hypothesen lässt sich kein kreativer Prozess in Gang setzen, in dem typischerweise teilweise auch intuitiv die Bildung neuer, Erkenntnis bringender Hypothesen erfolgt. Hilfreich ist hier ein Blick auf den Stand der Forschung in der Organisationstheorie. In ihrer Skizzierung organisationstheoretischer Ansätze unterscheiden Franz Xaver Bea und Elisabeth Göbel (2010: 231 f.) eine objektivistische und eine subjektivistische Position. Wird bislang erstere traditionell auch von der Marketingwissenschaft vertreten – Merkmale dieser Position sind: Realismus (Realität wird abgebildet), Positivismus (der Forscher erkennt Gesetze), Determinismus (der Mensch reagiert zuverlässig auf Umweltstimuli) und Nomothetik (großzahlige, quantitative Querschnittsanalyse mit statistischer Auswertung, um Hypothesen zu testen) –, hat sich nun auch die subjektivistische Position herausgebildet. Ihre Kennzeichen sind: Konstruktivismus (Wirklichkeit wird konstruiert), Anti-Positivismus (der Forscher versteht Einzelfälle), Voluntarismus (der Mensch handelt unabhängig von Umweltstimuli) und Idiografie (tief gehende, qualitative Längsschnittanalyse eines Einzelfalls mit induktiver Hypothesengewinnung) (vgl. ebd.: 237). Das Ziel der Marketing-Kommunikationswissenschaft muss, wie auch in der Organisationsforschung, in einer Integration der beiden Positionen liegen, da sie sich unterschiedlicher Facetten der heutigen Komplexität der Marketing-Kommunikation annehmen. Methodisch bedeutet dies, dass die quantitativ ausgerichtete empirische Marketingforschung, die sich durch die Analyse großer Datensätze mittels komplexer statistischer Verfahren auszeichnet, durch qualitative Forschung ergänzt wird. Das bedeutet, dass das Primat der Methode der objektivistischen Position gebrochen werden muss. So beklagt Lutz Hildebrandt (2005: 75) in der Marketing-Fachzeitschrift Marketing. Zeitschrift für Forschung und Praxis (2/2005) die allgegenwärtige Präsenz der Kausalanalyse, was den Eindruck erweckt, dass die statistische Methodik die inhaltliche Vorgehensweise unterordnet. Er vermutet sogar, dass die „Popularität von

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Strukturgleichungsmodellen bei der empirischen Forschung … so groß [ist], dass einige Forscher meinen, diese Methodik erhöhe die Wahrscheinlichkeit der Publikation einer Forschungsarbeit“ (ebd.). Idiografische, qualitative Forschung wendet sich hingegen in einem verstehenden Zugang dem Forschungsgegenstand in seiner ganzen Breite und Tiefe zu. Mit der Einführung derartiger Methoden in der Marketing- und Werbeforschung geht ein Wandel des Objektivitätsverständnisses einher. Die Wissenschaftlichkeit von Forschung wird in der traditionellen Forschung positivistisch begutachtet, in dem Sinne, dass Forschung objektiv zu sein hat, was durch methodische Strenge zu erreichen ist. Objektivität wird dabei als die wahre, reale Beschreibung eines Untersuchungsgegenstandes konzipiert, losgelöst von jeglichem interpretativen Einfluss des Forschers. Die qualitative Forschung, die sich um einen verstehenden Zugang zum Untersuchungsobjekt bemüht, vertritt hingegen den Standpunkt, dass eine vom Forscher abgekoppelte, existente Realität überhaupt nicht beobachtbar und erfahrbar ist und somit Objektivität vielmehr der Anforderung der intersubjektiven Nachprüfbarkeit gewonnener Erkenntnisse genügen muss (vgl. Srnka.: 252). In der Marketing- und Werbewissenschaft hat die subjektivistische Position in letzter Zeit deutlich an Bedeutung gewonnen, vor allem dank der Intensivierung des Dialogs zwischen betriebswirtschaftlicher Marketing- und Kommunikations-/Medienwissenschaft. So wird in der Kommunikationswissenschaft die subjektivistische Position bereits seit längerem vertreten (s. besonders Merten 1978) und ist dort heute weitestgehend unstrittig. Die Wirklichkeit des Untersuchungsgegenstandes ist unaufhebbar mit der Wirklichkeit, die durch den Kontakt des Forschers mit dem Untersuchungsgegenstand erst geschaffen wird, verschränkt. Daher „… sind empirische Forschungsmethoden … keine neutralen Instrumente zur Messung einer externen Wirklichkeit“ (Scholl 2015: 98). Forschung ist methodisch geleitete Wirklichkeitskonstruktion.

Prozesscharakter der Marketing-Kommunikation Schließlich resultiert der Wandelzusammenhang von Voraussetzungen und Beschreibung der Marketing-Kommunikation auch aus dem Prozesscharakter der Marketing-Kommunikation, aus der Tatsache, wie Gerhard Schulze (2002: 973) zu Recht feststellt, dass sich die Marktbeziehungen zwischen Anbieter und Konsumenten fortlaufend wandeln und sich die Marketing-Kommunikation und ihre Beschreibungen daher in einer kontinuierlichen Transformation befinden. Es liegt also auf der Hand, dass sich wandelnde Marktbeziehungen unter den Handelnden mit einem Wandel der kommunikativen Verhältnisse einhergehen – sowohl in der als auch über die Marketing-Kommunikation. Vor dem Hintergrund des Wandels der Voraussetzungen erscheint mir ein Lehrbuch, dessen Aufgabe es ist, eine kommunikationswissenschaftliche Fundierung des

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Marketings vorzunehmen als eine heute notwendige Beschreibung, um den Wandel der Marketing-Kommunikation zur Modernen Marketing-Kommunikation adäquat und plausibel nachvollziehen zu können. Ausgangspunkt des vorliegenden Buches ist entsprechend ein moderner kommunikationswissenschaftlich orientierter, aber interdisziplinär ausgerichteter Standort.

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Kommunikationstheoretische Grundlegung

Abstract In diesem Kapitel und seinen Unterkapiteln wird zunächst ein Missverständnis aus dem Weg geräumt, das im Kontext von Werbung und Marketing-Kommunikation heute teilweise immer noch angetroffen wird und das aus einem falschen Kommunikationsbegriff resultiert, der der mathematischen Informationstheorie entstammt (Kap. A 1.1). Anschließend wird ein modernes elaboriertes Verständnis von Kommunikation entwickelt, wonach unter Kommunikation allgemein eine soziale Handlung der Vermittlung individueller Bedeutungskonstruktionen verstanden wird (Kap. A 1.2). Es folgt die Erörterung der drei notwendigen Kriterien für Kommunikation – Selektivität, Reflexivität und Kontextualität –, mit denen das Kommunikationsverständnis näher spezifiziert wird (Kap. A 1.3). Die Erläuterungen dieses ersten Hauptkapitels münden in einem zusammenfassenden allgemeinen Modell der Kommunikation handelnder Menschen, wie es damit auch dem Konzept der Modernen Marketing-Kommunikation zugrunde liegt (Kap. A 1.4).

So allgegenwärtig und alltäglich Kommunikation ist und so sehr sie uns wie selbstverständlich ermöglicht, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, ja dieses überhaupt erst zu konstituieren, so bravourös verschleiert sie ihre Komplexität und ihr eigentlich sozial ernüchterndes Wesen. Die Vielzahl an vorliegenden wissenschaftlichen Definitionen – Klaus Merten hat bereits 1977 einhundertundsechzig Definitionen zusammengetragen und analysiert – zeigt die Heterogenität des Begriffs- und Prozessverständnisses auf, die sich im Laufe der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem im Alltag doch eigentlich so unmissverständlich gebrauchten Kommunikationsbegriff eingestellt hat. Mindestens vier unterschiedliche grundlegende Kommunikationsmodelle hat Denis McQuail (2012) identifiziert, die sich im Laufe der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Kommunikationsphänomen herausgebildet haben: • •

das Transmissionsmodell, bei dem Kommunikation als die Übersendung einer Information zu einem Empfänger verstanden wird, das rituelle oder expressive Modell, das Kommunikation als nicht instrumentell, als das gemeinsame Teilen von Verständnissen und Gefühlen – in dem Sinne, dass es gemeinschaftsbildend ist – begreift, 9

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 J. Tropp, Moderne Marketing-Kommunikation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-25318-9_1

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das Öffentlichkeitsmodell, das Kommunikation als einen Aufmerksamkeit generierenden Prozess durch den Einsatz von Medien betrachtet, das Rezeptionsmodell, nach dem Kommunikation wesentlich durch die Interpretation der Botschaft durch die Rezipienten bestimmt ist.

Im Laufe der noch jungen wissenschaftlichen Analyse des Kommunikationsphänomens, die in Deutschland erst seit den 1940er Jahren von der Publizistik und seit den 1960er Jahren von der Kommunikationswissenschaft betrieben wird (vgl. Burkart 2002), hat sich mit dem Transmissionsmodell ein Missverständnis eingeschlichen, das im alltäglichen und auch in manchem wissenschaftlichen Verständnis nicht unwesentlich zu einer simplifizierten Vorstellung vom menschlichen Kommunikationsprozess geführt hat und um dessen Beseitigung sich die Kommunikations- und Medienwissenschaft bis heute bemüht.

1.1

Das schwere Erbe der mathematischen Informationstheorie

Das hartnäckige Missverständnis des auf dem Transmissionsmodell beruhenden Kommunikationsphänomens kann mit der Container-Metapher von Klaus Krippendorf (1994: 86 f.) illustriert werden. Demnach stellt man sich Kommunikation als einen linear verlaufenden Prozess vor, bei dem die Botschaft und ihr Inhalt Einheiten (Entitäten) unterschiedlicher Art sind. In einer Botschaft, gedacht als Container (z. B. Werbespot, Werbebrief, Stimme eines Verkäufers), werden Inhalte (Bedeutungen, Sinn) verpackt und zu einem Empfänger geschickt, der die Inhalte genau so wieder entnimmt. Mag es hinsichtlich des Containers noch nachvollziehbar sein, ihn sich als eine physikalisch messbare Entität vorzustellen, für obige Beispiele also als elektronisches Signal, Papier und Schall, so fällt dies für den Inhalt weitaus schwerer. Denn wie sollen Bedeutungen oder Sinn als Entitäten verstanden werden, die materiell einem Container entnommen werden können ? Nach dieser Metapher ist das Scheitern des Kommunikationsprozesses erst einmal ausgeschlossen: Es wird das dem Container entnommen, was in ihm deponiert wurde. Sollte dennoch etwas anderes entnommen werden, so muss entweder ein Fehler auf dem Übertragungsweg vorliegen oder der Empfänger ist inkompetent oder gar böswillig. Solange Kommunikation gelingt, ist die Plausibilität dieser Metapher zur Erläuterung des Kommunikationsprozesses unproblematisch. Gleichwohl ist den meisten Menschen wohl bewusst, welch triviales Bild von Kommunikation damit gezeichnet wird und zu welchen Ungereimtheiten und Widersprüchen es führt. So dürfte der Empfänger eines Werbespots, den er zum zweiten Mal sieht, diesem eigentlich gar keine Inhalte mehr entnehmen können, da er dieses physikalische Material ja bereits beim ersten Mal entnommen hat. Auch dürfte es eigentlich kaum Kommunikationsprobleme im Alltag geben, was in Anbetracht der täglich passierenden Missverständnisse und Nachfragen („Meinst du damit, dass … ?“) aber eine weitere Widersprüchlichkeit dieser Metapher offenbart.

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Das Hauptproblem, das diese Metapher birgt und das ihre Widersprüchlichkeit produziert, ist die Übertragung von physikalischen Zusammenhängen auf die Ebene von Bedeutungen und Sinn. Dass sich dieses damit kreierte Missverständnis von Kommunikation so hartnäckig halten kann, verdankt sich wesentlich der Nutzung der mathematischen Informationstheorie zur Erklärung kommunikativer Zusammenhänge, wenngleich auch in der einschlägigen kommunikationswissenschaftlichen Literatur heute immer wieder auf die Unhaltbarkeit dieses Theorieimports hingewiesen wird. Die beiden amerikanischen Mathematiker Claude E. Shannon und Warren Weaver (1949) haben eine mathematische Theorie der Fernmeldetechnik entwickelt, der Carl F. Graumann (1972: 1155) zu Recht attestiert, dass sie eben jenen wesentlichen Einfluss auf eine Vielzahl der heute vorliegenden psychologischen und soziologischen Kommunikationsmodelle gehabt hat. Auch ist ihr Einfluss auf die Marketing-Kommunikationsforschung offensichtlich (s. z. B. Fill 2001: 45 f., Hofbauer/Hohenleitner 2005: 14, Kotler/Bliemel 1999: 928 f., Pepels 2001: 12 f.). Nach dieser Theorie verwandelt der Sender (transmitter) die von einer Informationsquelle (information source) ausgewählte Botschaft in ein Signal (signal), sendet dieses durch einen Kommunikationskanal an einen Empfänger (receiver), wo die Botschaft entschlüsselt und an den Zielort weitergeleitet wird. Während der Übermittlung des Signals können Geräuschquellen (noise sources) unbeabsichtigt die Genauigkeit der Informationsübermittlung beeinflussen (z. B. Klangverzerrungen durch das Telefon) (s. Abb. 1). Shannon (1949: 3) klammert explizit semantische Kommunikationsaspekte, die die Bedeutung der Botschaft betreffen, aus dem Modell aus – „… semantic aspects of communication are irrelevant to the engineering problem“ – und fokussiert ausschließlich Fragestellungen syntaktischer Art, wie die nach der in Bits gemessenen Informationsmenge, die in einer bestimmten Zeiteinheit von einer Quelle zu einem

Abb. 1 Kommunikationsmodell von Shannon (1949: 5)

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Ziel übertragen werden kann. Das zentrale Interesse Shannons gilt also dem technisch-physikalischen Aspekt der Informationsübertragung, wie auch Weaver (1949: 97) betont: „… the technical problem of accuracy of transference of various types of signals from sender to receiver“. Weaver (ebd.) sieht jedoch die Analyse des technischen Kommunikationsproblems („level A“) als grundlegende Voraussetzung für die semantische („level B“) und auch für die pragmatische („level C“) Analyse, die Analyse der Wirksamkeit von Informationen, an. „Part of the significance of the new theory comes from the fact that levels B and C … can make use only of those signal accuracies which turn out to be possible when analysed at level A.“ (ebd.)

Ob diese postulierte Abhängigkeit der analytischen Verhältnisse letzten Endes für die Karriere dieses informationstheoretischen Sender-Empfänger-Modells in der Erforschung der menschlichen Kommunikation verantwortlich ist, kann hier nicht beantwortet werden. Wohl aber sind die Parallelen zur Container-Metapher gut erkennbar. Erwecken doch beide Fälle den Eindruck, bei Kommunikation ginge es lediglich um den mehr oder weniger störungsfreien Transport von Botschaften von einem Sender zu einem Empfänger. Mit dem Bonner Kommunikationswissenschaftler Johann G. Juchem (1998) kann zusammengefasst werden, dass das informationstheoretisch zwar fruchtbare, kommunikationstheoretisch aber verfälschende Sender-Empfänger-Modell ebenso wie die Container-Metapher sich für die Beschreibung der technologischen Realisierung von Kommunikationsprozessen im Sinne einer Botschaftsübermittlung durchaus eignen. Durch die breite Diffusion deren zentraler Annahmen in unsere alltagstheoretischen Vorstellungen von Kommunikation wird aber leider der Eindruck erweckt: „Seit es die ‚Telekom‘ gibt, können wir kommunizieren !“ (ebd.: 11)

1.2

Bedeutungsvermittlung und soziales Handeln

Ein Verständnis von Kommunikation als Informationsaustausch im Sinne der Container-Metapher, demzufolge prädeterminiert ist, was der Empfänger wie zu verstehen hat, hieße, Kommunikation als das Kontrollinstrument schlechthin zu begreifen. Eine vollständige Nivellierung der Menschen innerhalb kürzester Zeit wäre die Folge und es wäre, wie Siegfried J. Schmidt (1990: 71) betont, unmöglich, sich gegen Kommunikation zu wehren, da sie uns einfach überwältigen würde. Die Menschen wären den Beeinflussungsabsichten der Werbung schutzlos ausgeliefert und würden einen Werbespot exakt so verstehen, wie es von den Machern beabsichtigt ist. Jedes Zeichen wäre eindeutig einer Bedeutung zuordenbar und die Probleme der Semantik könnten gleich denen der Mathematik einer Logik folgend in Lösungen überführt werden. In der modernen Kommunikationstheorie hat sich hingegen heute ein Kommunikationsverständnis durchgesetzt, das ganz im Gegenteil grundsätzlich von der Un-

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wahrscheinlichkeit des Verstehens ausgeht und damit an dem im kommunikativen Alltag doch so häufig auftretenden Gefühl des Sich-Unverstanden-Fühlens ansetzt. Kommunikation wird nicht begriffen als eine Technik der instruktiven Steuerung von Menschen oder der Signal- oder Bedeutungsübertragung, sondern als ein sozialer Prozess der Vermittlung von Bedeutungen, der sich über die wechselseitige Codierung, Präsentation und Decodierung von Kommunikationsangeboten jeglicher Art – zum Beispiel einer sprachlichen Äußerung, eines Textes oder eines TV-Werbespots – realisiert. Zu beachten ist dabei, dass die Eigenschaften von Kommunikationsangeboten und die sich eröffnenden Handlungsmöglichkeiten von der Wahrnehmung eines Beobachters abhängig sind (vgl. Gibson 2015). Das heißt, Bedeutungen von wahrgenommenen Kommunikationsangeboten entstehen erst individuell im jeweiligen kognitiven Bereich der Kommunikationspartner, in ihrem Inneren, und können erst dort zu einer sinnvollen Information decodiert werden (vgl. z. B. Burkart 2002, Rusch 2002: 112, Schmidt 1990: 71, Theis-Berglmair 2003: 348). Diese Informationskonstruktion geschieht vor dem Hintergrund der persönlichen Biografie und des individuellen Lebenszusammenhangs jedoch unter gleichzeitigem Rückgriff auf das erlernte kollektive Wissen, den „Common Ground“ (Clark 1992: 3, Clark/Brennan 2004: 127, s. Kap. B 1.3.2.1) einer Gesellschaft, in dem intersubjektiv gültig die Normen, Werte, Moralvorstellungen, Rollenerwartungen, der Symbolgebrauch etc., kurz: der gesamte soziale Erfahrungsbestand, der notwendig ist, um gesellschaftlich sinnvoll handeln zu können, festgeschrieben ist. Subjektivistische Willkürlichkeit wird somit im Prozess der Bedeutungsgebung ausgeschlossen, da die Menschen in ihren Kommunikationen ständig eine gemeinsam zugrunde gelegte Sinnstruktur aktualisieren (vgl. Luhmann 1971: 42 f.). George H. Mead (1973: 196 f.) drückt diesen Zusammenhang in seinem Konzept des „verallgemeinerten Anderen“ aus. Menschen unterstellen sich gegenseitiges Verstehen, wodurch sie gemeinsam ihrer Kommunikation einen Sinn geben können. Diese Unterstellung ermöglicht es ihnen, sozial handeln zu können. Und zwar können sie dies, obwohl sie kognitiv autonom sind, da jedes individuelle Verstehen auf vorangegangenen individuellen Verstehensprozessen beruht und konstitutiv den folgenden Verstehensprozessen zugrunde liegt. Mit anderen Worten: Menschen können verstehen, weil sie verstanden haben. Bedeutungskonstruktion ist also nicht fremdgesteuert, sondern selbstreferentiell, da sie sich stets auf früher erfolgte kognitive Bedeutungskonstruktionen bezieht (vgl. Tropp 1997: 56 f.). In Abb. 2 ist dieser Zusammenhang schematisch dargestellt. Menschen sind also in Kommunikationsprozessen trotz sozialer Reglementierung mit gewissen kognitiven Entscheidungsfreiheiten ausgestattet, die es ihnen ermöglichen, etwas auch anders zu verstehen als es vom Kommunikationspartner gemeint ist und dies darüber hinaus sogar absichtlich zu tun. Damit ist ein zentrales Charakteristikum von Kommunikation angesprochen, nämlich die subjektive Sinnzuschreibung, die ausgehend von der „Innen-außen-Dichotomie“ (Juchem 1998: 15) der Kommunikation handlungstheoretisch näher erläutert werden kann: Alle Prozesse der inneren

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Abb. 2 Grundmodell der Kommunikation: Kommunikation als Bedeutungsvermittlung kognitiv autonomer Menschen (eigene Darstellung)

Bedeutungskonstruktion sind prinzipiell und ohne Ausnahme nur dem jeweiligen Individuum zugänglich, das diese vollzieht. Außen stehen in der Kommunikation lediglich interpretierbare Kommunikationsangebote zur Verfügung, deren innere Verarbeitung von den Kommunikationspartnern niemals direkt, ungefiltert, sondern nur indirekt über weitere Kommunikationen beobachtet und beurteilt werden kann. Dies hat notwendig die Fallibilität kommunikativer Prozesse zur Folge. Das heißt, Kommunikation ist genuin und unvermeidbar täuschungs- und enttäuschungsanfällig und weist sich im semantischen Bereich trotz der regulierenden Kraft des Common Ground durch eine grundsätzliche, nicht eliminierbare Unsicherheit und Unbestimmtheit aus. Gerold Ungeheuer (1980) formuliert entsprechend: „Kommunikation zeigt sich in ihrem Wesen enthüllt in der Täuschung (Lüge)“ (zit. n. Juchem 1998: 10). Folgerichtig ist Verstehen im emphatischen Sinne der Übernahme von Bedeutungen aus dem Kopf des anderen unmöglich. Verstehen kann sich nur auf die inneren Prozesse des Individuums beziehen, ist nur für dieses direkt erfahrbar und bleibt für den Kommunikationspartner unerschließbar. Das Ziel, das jeder menschlichen Kommunikation inhärent ist, kann daher nicht Verstehen, sondern Verständigung sein. Menschen können nur glauben zu wissen, dass sie sich verstanden haben. Sie können Verständigung darüber erzielen, dass sie die jeweils gemeinten Bedeutungen miteinander teilen, dass sie etwas den selben Sinn geben, aber letzten Endes können sie sich dabei nur auf der Ebene von Vermutungen und Unterstellungen bewegen. Endgültige Gewissheit ist nie erreichbar. Bei Siegfried J. Schmidt und Guido Zurstiege (2000: 167 f.) findet sich diese Innen-außen-Dichotomie in der Differenzierung von kognitivem und sozialem Verstehen wieder. Sind mit kognitivem Verstehen eben jene inneren Prozesse der Bedeutungskonstruktion gemeint, die – solange es keine Probleme, beispielsweise aufgrund von unbekannten Ausdrücken, gibt – im

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Übrigen weitestgehend automatisch und unbewusst ablaufen, weist soziales Verstehen darauf hin, dass nur durch Anschlusskommunikationen und -handlungen entschieden werden kann, ob Verstehen oder Missverstehen beim Kommunikationspartner vorliegt. Dazu werden die erwarteten Folgen mit den stattfindenden Reaktionen des Partners abgeglichen. Für die Marketing-Kommunikation heißt das, dass erst dann, wenn einem Unternehmen auf sein Kommunikationsangebot (z. B. einen personalisierten Werbebrief) eine zurechenbare Reaktion des Konsumenten vorliegt (z. B. die Anforderung von Informationsmaterial, die Bestellung des beworbenen Produktes etc.), es entscheiden kann, ob es glaubt, überhaupt verstanden worden zu sein, ob also Verständigung stattgefunden hat oder nicht. Wenn Menschen im Hinblick auf andere Menschen etwas tun, ihrem Tun somit einen Sinn geben, sie sich also intentional verhalten, dann handeln sie sozial. Sozial deswegen, weil Handeln „seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist“ (M. Weber 1972: 1, Hervorh. i. Orig.). Allgemein definiert Max Weber (1984: 19) Handeln als „ein menschliches Verhalten (einerlei ob äußeres oder innerliches Tun, Unterlassen oder Dulden) …, wenn und insofern als der oder die Handelnden mit ihm einen subjektiven Sinn verbinden“ (Hervorh. i. Orig.). Handeln ist mit anderen Worten ein bewusstes und absichtsvolles, auf ein Ziel hin ausgerichtetes Verhalten, das von anderen beobachtet werden kann (äußere Handlungen) oder das im Inneren des Menschen, in seinem kognitiven Bereich geschieht (innere Handlungen). Das reflexartige, nicht absichtsvolle Verhalten auf einen externen Reiz, wie etwa das Wegziehen der Hand von einer heißen Herdplatte oder auch ein bloßes Verhalten wie Niesen, Gähnen oder Stolpern, ist demnach keine Handlung. Wird hingegen ein Mensch überfallen und entscheidet er sich mehr oder weniger bewusst (innere Handlung), laut um Hilfe zu rufen (äußere Handlung), so verhält er sich intentional; er handelt sozial, da er seinem Tun den Sinn gibt, dass andere Menschen auf ihn aufmerksam werden und ihm zu Hilfe eilen. Menschliche Kommunikation kann damit als eine Art sozialen Handelns aufgefasst und wie folgt definiert werden: ▶ Definition Menschliche Kommunikation ist eine soziale Handlung der Vermittlung individueller Bedeutungskonstruktionen.

Dabei gilt für jede Kommunikation als soziale Handlung, dass ihr immer die Intention des Erreichens des allgemeinen Kommunikationsziels der Verständigung inhärent ist. Dieses Ziel bezieht sich nicht auf Intentionen hinsichtlich der Akzeptanz, Zustimmung oder des Für-wahr-Haltens dessen, was der Kommunikationspartner mitteilt. Lediglich das vermutete erfolgreiche Miteinander-Teilen von Bedeutungskonstruktionen der Kommunikationspartner („Mit-Teilen“) ist impliziert. Darüber hinaus erhält die Kommunikation ihren intentionalen Charakter durch die Verfol-

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gung von bestimmten Kommunikationszwecken seitens der Kommunikationspartner, in obigem Beispiel das Zur-Hilfe-Eilen von anderen Menschen (vgl. Ungeheuer 1978: 8). So werden auch und gerade in der Marketing-Kommunikation über Verständigung hinaus Kommunikationszwecke verfolgt, die den Grund für die Initiierung des Kommunikationsprozesses ausmachen, wie etwa die Steigerung des Bekanntheitsgrades von Produkten, die Erhöhung der Werbeerinnerung, der Aufbau eines unverwechselbaren Markenimages oder natürlich der Kauf des beworbenen Produktes. In der Theorie der Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen gibt es bereits seit geraumer Zeit den von Roland Burkart (1993, Burkart/Probst 1991) entwickelten Ansatz der Verständigungsorientierten Öffentlichkeitsarbeit, der ausgehend vom Begriff der Verständigung von Jürgen Habermas auf die zentrale, nicht zu unterschätzende Rolle des Verständigungsprozesses in der Öffentlichkeitsarbeit hinweist (s. im Überblick Burkart 2012: 18 f.). Alfred Schütz (2004) weist in seinem Überlegungen zum Handlungsbegriff auf die Bedeutung der zeitlichen Dimension hin, die Handeln von Verhalten unterscheidet. Beim Handeln verhält sich der Mensch zum Zeitpunkt des Handlungsentwurfes so, „als wäre das Handeln, welches er entwirft, im Zeitpunkt das Entwurfes bereits in der Vergangenheit liegende, abgelaufene, vollzogene Handlung, die nunmehr in dem (im Zeitpunkt des Entwurfes gegebenen) Erfahrungszusammenhang eingeordnet wird“ (ebd.: 158). Beim Handeln geht der Mensch also von einem zukünftig abgeschlossenen Handlungsresultat aus und richtet daran vergangenheitsorientiert sein gegenwärtiges Handeln aus. Handeln ist daher im Gegensatz zum Verhalten an ein Denken in Form einer vollendeten Zukunft geknüpft (etwas wird geschehen sein), an ein Denken „modo futuri exacti“ wie Alfred Schütz (ebd.: 159) es nennt. Außer von Verhalten ist Handeln auch vom Wahrnehmen, dem Erleben von Widerfahrnissen jeglicher Art zu unterscheiden (vgl. Janich 2000: 125). Fortwährend erlebt der Mensch etwas, sei es, dass das Wetter gut oder schlecht oder dass ein Werbespot lustig oder langweilig ist. Auch erlebt der Mensch sein eigenes Verhalten, wie zum Beispiel die Atmung während des Joggens oder ein plötzliches Erschrecken. Ebenso erlebt er, dass die eigene Handlung gelungen oder misslungen, das gewünschte Handlungsresultat also eingetreten oder ausgeblieben ist. Die Feststellung, dass eine Handlung gelungen oder misslungen ist, dass das Kommunikationsziel der Verständigung erreicht und die Kommunikation ihren Zweck erfüllt hat, erfolgt durch den bewertenden Abgleich von erlebtem und ursprünglich entworfenem Handlungsresultat, wobei dies wie das Erleben schlechthin als ein affektlogischer Prozess aufzufassen ist, in dem sich Denken und Fühlen miteinander verschränken (vgl. Ciompi 1999, 2007). Abb. 3 stellt das Modell der Kommunikation als Bedeutungsvermittlung kognitiv autonomer Menschen dar, ergänzt um das hier skizzierte Handlungsverständnis (zur weiteren Vertiefung des Zusammenhanges von Kommunikation und Handlung s. den Überblick bei H. Scherer 1997: 25).

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Abb. 3 Modell der Kommunikation als Bedeutungsvermittlung kognitiv autonomer, handelnder Menschen (eigene Darstellung)

1.2.1 Typen sozialen Handelns Mittels einer Differenzierung unterschiedlicher Handlungstypen kann Kommunikation als Handlung näher bestimmt werden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Handeln und damit auch kommunikatives Handeln nicht stets an ein gründlich durchdachtes Entwerfen eines angestrebten Handlungsresultats gebunden ist. Häufig laufen Handlungen unreflektiert ab. Max Weber (s. zusammenfassend Weber 1984: 44 f.) unterscheidet aus analytischen Gründen vier Typen sozialen Handelns, wobei empirisch jedoch selten ein Typ in seiner reinen, mit den anderen unvermischten Form vorgefunden werden kann. • Traditionales Handeln ist ein Handeln aus eingelebter Gewohnheit und ist als ein Grenzfall sinnhaft orientierten Handelns aufzufassen. Das Gros des Alltagshandelns ist von diesem Typ. Derartige Handlungen haben den Charakter eines unreflektierten Reagierens auf gewohnte Erlebnisse. • Ähnlich bewegt sich auch das affektuelle Handeln, das durch aktuelle Affekte und Gefühlslagen bestimmt ist, an der Grenze bewusst sinnhaft orientierten Handelns. Das hemmungslose Reagieren auf ein nicht alltägliches Erlebnis oder auch die Entladung von Gefühlslagen, zum Beispiel nach einer erfolgreich absolvierten Prüfung, fallen unter diesen Handlungstyp. Von affektuellem und traditionalem Handeln sind die beiden rationalen Typen des wert- und des zweckrationalen Handelns zu unterscheiden.

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• Wertrationales Handeln ist Handeln aus Überzeugung, ohne die absehbaren Konsequenzen des Handelns zu berücksichtigen. Die Handlung wird vom Sinn ihres Eigenwertes bestimmt, der sich aus einer ideologischen Überzeugung ergibt und beispielsweise ethischer, ästhetischer oder religiöser Art sein kann. Wertorientiertes Handeln ist nicht einem Erfolg verpflichtet, wohl aber das zweckrationale Handeln. • Das Individuum, das zweckrational handelt, wägt die Mittel, Zwecke und Folgen seiner Handlung hinsichtlich der Vor- und Nachteile gegeneinander ab. Das Ziel ist es, das Handeln mit einem größtmöglichen Erfolg versprechenden Nutzen zu versehen. Es ist evident und ein zentrales Kennzeichen der Marketing-Kommunikation, dass die kommunikativen Handlungen der beteiligten Akteure von unterschiedlicher Typik sind. Während die Handlungen der in den Marketing-Abteilungen der Unternehmen, der in den Kreativ- und Media-Agenturen tätigen Menschen zweifelsfrei als zweckrational, genauer: als ökonomisch zweckrational eingestuft werden können – einen Grenzfall kann die Corporate Social-Responsibility-Kommunikation mancher Unternehmen darstellen (s. Kap. B II 2.4) –, ist die Frage nach dem Handlungstyp der Rezeption von Marketing-Kommunikationsangeboten keinesfalls so eindeutig zu beantworten. Hier stellt sich zunächst einmal die Frage, ob überhaupt von einer Handlung im Sinne eines intendierten sinnhaften Verhaltens gesprochen werden kann. Denn dies würde bedeuten, dass sich der Rezipient im Marketing-Kommunikationsprozess sinngebend den Kommunikationsangeboten (Werbespots, Anzeigen, Funkspots etc.) zuwendet, und sei es aus Gewohnheit in einer rein traditionalen Form. Auf diesen wichtigen Punkt wird bei den Ausführungen zum Marketing-Kommunikationswissen und zur Rezeptionsrelevanz zurückgekommen (s. Kap. B III 1.2 und 1.3).

1.3

Notwendige Kriterien für Kommunikation

Damit sich Kommunikation als ein Prozess der Bedeutungsvermittlung kognitiv autonomer, handelnder Menschen überhaupt konstituieren kann, sind drei komplementäre Kriterien notwendig, die als kommunikative Prämissen des Marketings aufgefasst werden können: Selektivität, Reflexivität und Kontextualität. Sie ersetzen die drei zentralen Annahmen des oben skizzierten, missinterpretierten Informationsübertragungsmodells, das der Kommunikation eine omnipotente Wirkungskraft zuschreibt (vgl. Merten 1994a: 296 f., ders. 1995: 14): •

Proportionalität Annahme des überholten Modells: Die kommunikative Wirkung fällt umso stärker aus, je massiver beziehungsweise je öfter der Stimulus gesetzt wird. Wenn der Stimulus den Rezipienten erreicht, ist er wehrlos ausgeliefert und vollkommen passiv.

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An der Stelle von Proportionalität steht heute Selektivität. •

Kausalität Annahme des überholten Modells: Kommunikative Stimuli der Massenkommunikation beeinflussen zwangsweise den Rezipienten. Er wird manipuliert. Zwischen dem kommunikativen Stimulus und der Wirkung besteht ein kausaler Zusammenhang. Der kommunikative Stimulus und nur dieser ist die Ursache.

An der Stelle von Kausalität steht heute Reflexivität. • Transitivität Annahme des überholten Modells: Mit dem kommunikativen Stimulus versendet der Kommunikator bestimmte Inhalte, die beim Rezipienten genauso, wie sie versendet wurden, ankommen (Container-Metapher, s. o.). An der Stelle von Transitivität steht heute Kontextualität.

1.3.1 Selektivität Kommunikativ zu handeln heißt immer auch zu selektieren, indem man sich, wie bewusst auch immer, für eine Handlungsmöglichkeit entscheidet. Selektivität ist daher als unabdingbare Notwendigkeit für Kommunikation aufzufassen, da erst durch sie die Komplexität der Umwelt für das Individuum behandelbar wird und zwar unabhängig davon, ob es rezipierend oder produzierend handelt. Erst Selektivität ermöglicht es, etwas überhaupt als etwas, nämlich als eine Information wahrzunehmen und zu erleben, und damit dem Tun einen handlungsorientierenden Sinn zu verleihen. Die Medienpsychologie weist auf den engen Zusammenhang von Selektivität und Aufmerksamkeit hin. Menschen können dank ihrer Aufmerksamkeit, die graduell stark variieren kann, bestimmte Umweltwiderfahrnisse fokussieren und andere ausblenden, wodurch sie die Umweltkomplexität reduzieren (vgl. Kempter/Bente 2004: 275, s. auch ausführlich Kap. B III 1.1). Die Medienwirkungsforschung hat sich intensiv mit dem Selektionsphänomen beschäftigt. Ihre junge Geschichte wird von Denis McQuail (2012) in vier Phasen eingeteilt. Diese viel zitierte Einteilung kann jedoch kritisch gesehen werden und bedarf im Kontext von Forschungen zur Geschichte der Medienwirkungsforschung sicherlich noch genauerer Prüfung (vgl. im Überblick Esser/Brosius 2000: 59 f.): In der Phase der wirkungsstarken Medien („all-powerful media“), die von der Jahrhundertwende bis in die 1930er Jahre andauerte, wurde den Medien ein großer Einfluss auf die Meinungs- und Einstellungsbildung und auf das Verhalten zugesprochen. Dies geschah jedoch nicht auf wissenschaftlichen Forschungsergebnissen basierend, son-

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dern schlicht aufgrund der enormen Popularität, zu der die Massenmedien (Presse, Funk, Film), die mehr und mehr den Alltag wie die Öffentlichkeit kommunikativ prägten, gelangten. Es folgte die Phase der moderaten Medienwirkungen („theory of powerful media put to the test“), die sich bis in die frühen 1960er Jahre erstreckte und die sich besonders durch das Aufkommen empirischer Medienforschung auszeichnete. Deren Höhepunkt stellte Joseph Klappers Arbeit (1949, veröffentlicht 1960) dar, der in seinem „Phenomenistic Approach“ den Medien aufgrund der Existenz mediatisierender Faktoren („mediating factors“) nur eine indirekte Wirksamkeit attestiert. Wirkung wurde von Klapper somit nicht länger als ein unabdingbares Korrelat der Massenmedien aufgefasst, sondern als eine Interdependenz von weiteren neben der Massenkommunikation existierenden Einflüssen, die in ihrer Gesamtheit auf den Rezipienten einwirken: „Whatever it be called, it is in essence a shift away from the tendency to regard mass communication as a necessary and sufficient cause of audience effects, toward a view of the media as influences, working amid other influences, in a total situation.“ (Klapper 1964: 5)

In der sich bis Anfang der 1970er Jahre anschließenden dritten Phase der Medienwirkungsforschung („powerful media rediscovered“) dominierte eine Wiederentdeckung direkter Medienwirkungen, wobei sich die Forschung aber weniger auf individuelle psychische Effekte konzentrierte, sondern langfristige Wirkungen im sozialstrukturellen Bereich – wie zum Beispiel beim öffentlichen Meinungsklima, bei kulturellen Werten und sozialen Wirklichkeitsentwürfen – fokussierte. Die seit Ende der 1970er Jahre bis heute andauernde vierte Phase ist durch das konstruktivistische Wirkungsverständnis geprägt („negotiated media influence“), wonach Wirkungen im Sinne von Bedeutungen von den Rezipienten selbst geschaffen werden, indem sie auf das von den Medien geschaffene soziale Wirklichkeitskonstrukt als Interpretationsrahmen bei ihrer Rezeption der medialen Kommunikationsangebote zurückgreifen. Seit der zweiten Phase der Medienwirkungsforschung spielt das Konzept der Selektivität eine zentrale Rolle und wird von Michael Schenk (2000: 73) zu Recht als eines der „Schlüsselkonzepte für das Auftreten von Medienwirkungen“ bezeichnet, da es über die unterschiedlichsten theoretischen Modelle von Medienwirkungen hinweg Gültigkeit besitzt. Aus der Perspektive der Wirkungsforschung kommt der Selektivität eine Art Schutzfunktion vor der Beeinflussungskraft der Medien zu, wie sie beispielsweise bei Klapper mit den „mediating factors“ zum Ausdruck kommt. Zurück geht das Selektivitätskonzept auf die Entdeckung von „selective exposure“, die Paul Lazarsfeld und seinen Mitarbeitern (1944) in ihrer Erie-County-Studie „The People’s Choice“ zum amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf im Jahre 1940 gelang. Der festgestellte geringe Einfluss der Massenmedien auf die Wahlentscheidung des Einzelnen wurde einerseits mit dem Einfluss der interpersonalen Kontakte erklärt, was dann zur Formulierung der bekannten Hypothese des two-step flow of

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communication führte. Demnach haben die persönlichen Kontakte einen größeren Einfluss auf die Wahlentscheidung der Wähler als die Massenmedien, und es gibt bestimmte Individuen, die „opinion-leaders“, die sich bedeutend mehr mit den Massenmedien beschäftigen als die übrigen und die auf die Wahlentscheidung anderer durch persönliche Gespräche einen bestimmenden Einfluss genommen haben. Der Massenkommunikationsprozess stellt sich demnach zweistufig als eine Kombination von direkter und indirekter Kommunikation dar (s. zusammenfassend Katz 1964: 104 sowie Kap. B III 2.5.1). Andererseits wurde die schwache Medienwirkung mit der Selektivität der Mediennutzung erklärt, wonach dem eigenen Standpunkt entgegengesetzte Argumente in der Berichterstattung kaum beachtet und Argumente, die den bereits persönlich präferierten Kandidaten stützten, bevorzugt wahrgenommen werden. Dieses Ergebnis mündete in einem kommunikationswissenschaftlichen Gesetz, das die Entwicklung der Kommunikationswissenschaft und besonders der Wirkungsforschung nachhaltig prägen sollte: „The fact that people select their exposure along the line of their political predispositions is only a special case of a more general law which pervades the whole field of communication research. Exposure is always selective; in other words, a positive relationship exists between people’s opinions and what they choose to listen or to read.“ (Lazarsfeld et al. 1944, zit. n. Donsbach 1991: 20)

Besonders in Leon Festingers (1957, 1964) Theorie der kognitiven Dissonanz findet sich eine starke Anbindung an das Selektivitätsgesetz. Unter kognitiver Dissonanz wird ein als unangenehm empfundener innerer Spannungszustand verstanden, wie etwa das Erkennen negativer Aspekte einer eigenen Handlungsentscheidung, verbunden mit dem Wunsch, diesen Zustand zu beseitigen. Die Folge ist, dass die jeweilige Person Aktivitäten entwickelt, diese wahrgenommene Dissonanz zwischen ihren Meinungen oder Informationen und der von ihr tatsächlich ausgeführten Handlung zu reduzieren oder vollständig abzubauen. Dabei wird das Wahrnehmungsverhalten durch die kognitive Dissonanz derart beeinflusst, dass das Individuum sich selektiv denjenigen Informationen zuwendet, die zum Abbau dieses inneren Spannungszustandes führen (s. Kap. B III 2.4.1). Wolfgang Donsbach (1991) und Christiane Eilders (1997) haben aufgezeigt, dass es bestimmte Nachrichtenfaktoren gibt, die als inhaltliche Merkmale die Selektivität des Rezipienten gewissermaßen überwinden können. So erhöhen beispielsweise die inhaltlichen Faktoren „Faktizität/Überraschung“, „Negativismus“ oder „Region“ die Wahrscheinlichkeit der Auswahl einer Zeitungsnachricht, wobei aber der Einfluss formaler Merkmale wie Umfang, Platzierung und Überschriftsgröße auf die Selektivitätsentscheidung nicht vernachlässigt werden darf. In der Forschung herrscht jedoch kein Konsens darüber, was als Nachrichtenfaktor angesehen werden kann und was nicht. Joachim F. Staab (1998: 53) kommt in seinem Überblick zu dem Ergebnis, dass die verschiedenen Studien sehr unterschiedliche Kataloge an Nachrichtenfak-

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toren zum Ergebnis haben und dass einzelne Faktoren, die in mehreren Katalogen aufgeführt sind, in ihrer Erklärungskraft – nicht zuletzt auch in Abhängigkeit von der Mediengattung – sehr schwanken (s. auch den Überblick über die Nachrichtenfaktoren bei Maier et al. 2018). Diesen postulierten Einfluss von Merkmalen des Kommunikationsangebots im Wirkungsprozess haben auch Werner Früh und Klaus Schönbach in ihrem dynamisch-transaktionalen Ansatz aufgenommen. Sie gehen davon aus, dass Medienwirkung sich als Interaktionszusammenhang von einerseits Umweltreizen, die bestimmte Eigenschaften haben, was den Nachrichtenfaktoren entspricht, und andererseits kognitiven Konstruktionsleistungen seitens des Rezipienten konstituiert (s. Früh/ Schönbach 1982, 1984). Früh (1994: 397) spricht entsprechend von einer „Synthese aus radikal konstruktivistischem und Stimulus-response-orientiertem Transportmodell“. Selektionsprozesse finden nicht nur auf der Rezipientenseite statt. Auch seitens der Produktion greifen Auswahlprozesse, die die Zusammenstellung von Kommunikationsangeboten steuern. Besonders die Nachrichtenauswahlforschung mit ihren beiden Zweigen der Nachrichtenwertforschung und der News-Bias-Forschung sind zu nennen. Christiane Eilders (1999: 37) kritisiert nach ihrem Überblick zum Stand der Selektivitätsforschung, dass sich die produktions- wie auch die rezeptionsorientierte Forschung stark auf die Erklärung der Informationsselektion (Nachrichten) konzentriert hat und das Auswahlverfahren aus dem Unterhaltungs- oder auch aus dem Gesamtangebot der Medien vernachlässigt hat. Auch in der Marketing-Kommunikationsforschung kommt der Selektivität besondere Bedeutung zu. Vor allem der Aufmerksamkeitssteuerung des Rezipienten gilt traditionell das Interesse. Sie wurde von Elmo Lewis bereits 1898 in seinem bekannten, heute nicht mehr haltbaren AIDA-Stufenmodell der Werbewirkung thematisiert, wonach sich Werbewirkung als eine Abfolge von Aufmerksamkeit (attention), Interesse (interest), Wunsch (desire) und Handlung (action) gestaltet. Auch bei Untersuchungen zur Werbevermeidungsstrategie Zapping steht das Selektivitätskonzept zwangsläufig im Mittelpunkt (s. z. B. Niemeyer/Czycholl 1994, Ottler 1998, Rossmann 2000). Zur Beantwortung der Frage nach den Auswahlprozessen aufseiten der marketingtreibenden Unternehmen und der Agenturen liegen bislang jedoch keine Analysen aus der Selektivitätsforschung vor, obwohl die Input-Phase, die Phase der Informationsproduktion im Marketing-Kommunikationsprozess, interessante Anknüpfungspunkte für die Nachrichtenauswahlforschung bereithält (s. Kap. B I).

1.3.1.1 Schemata, Skripts, Heuristiken

Über die Betrachtung der grundsätzlichen Funktionsweise des menschlichen Rezeptionsprozesses ergeben sich für die Marketing-Kommunikationsforschung weitere Anknüpfungspunkte an das Selektivitätskonzept, besonders im Zusammenhang mit Untersuchungen zum Markenwesen. Wie erwähnt verhindert das Selektivitätsprinzip

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eine Eins-zu-eins-Abbildung der Umwelt durch den Rezipienten. Die Psychologie differenziert bei der Rezeption analytisch einen Bottom-up- und einen Top-downModus, wobei empirisch jedoch stets beide Modi gleichzeitig in unterschiedlicher Intensität am Rezeptionsprozess beteiligt sind. Im Bottom-up-Modus haben Eigenschaften der externen Reize einen wesentlichen Einfluss im Prozess der Bedeutungskonstruktion, wie oben im Zusammenhang mit den Nachrichtenfaktoren ausgeführt wurde. Im Top-down-Modus hingegen steuern Schemata als kognitive Strukturen die Rezeption im Sinne einer selektiven interpretativen Bedeutungskonstruktion (vgl. Brosius 1991: 287, Schweiger 2007: 175, Unz/Schwab 2004: 513). In Schemata werden Einzelheiten zu Gesamtheiten organisiert, die von Objekten einer bestimmten Kategorie geteilt werden. Schemata dienen also im Prozess der Bedeutungskonstruktion der schnellen Kategorisierung und Interpretation des gerade Wahrgenommenen und sorgen damit für ein effizientes Erleben. So erleben Menschen beispielsweise Einzelteile als ein ganzes Auto, ohne dass sie jedes Detail wahrgenommen haben (Lenkrad, Reifen → Auto). Wir wechseln den TV-Sender und erkennen auf Anhieb, ob auf einem Programm gerade ein Werbespot läuft, etc. Schemata entstehen in Interaktions- und Kommunikationsprozessen mit anderen Menschen und bilden sich besonders während der kindlichen Entwicklung unter dem Einfluss sprachlicher Kommunikation aus. Sie dienen damit der Sozialisierung von individuellen kognitiven Operationen und erlauben Intersubjektivität von Kommunikationen und Handlungen. Zum Beispiel weiß man und erwartet auch von anderen, dass sie wissen, wie man einen „Witz erzählt“ oder eine „Vorlesung hält“ (Kommunikationsschemata), ebenso, wie man in der „Stadt Auto fährt“ oder im „Supermarkt einkauft“. Schemata verleihen daher Handlungsabläufen ihre spezifische Stereotypik (vgl. Schmidt 1994: 171). Zu beachten ist, dass Schemata stets auch einen gefühlsmäßigen, affektiven Aspekt haben, der besonders auffällig beim Vaterschema, Kindchenschema oder auch beim Heimatschema ist. Indem Schemata während der Rezeption kategorisierend und interpretierend wirken, reduzieren sie die Komplexität des Wahrgenommenen. Sie ermöglichen es, die Fülle der Sinnesreize, Erfahrungen und Erlebnisse zu gliedern und zu beherrschen. Entscheidungstheoretisch betrachtet sorgen Schemata daher dafür, dass Menschen nach dem Prinzip des geringsten Aufwandes ihre Rezeption steuern (vgl. Schweiger 2007: 173). Als ein spezieller Schematyp ist das Skript zu nennen, das wiederkehrende routinisierte Handlungsabläufe strukturiert und sich auf größere Erlebniszusammenhänge bezieht (z. B. Party-Skript, Alltag-Skript). Während Schemata einschließlich Skripts die kognitive, netzwerkartig angelegte Struktur stellen und auf die inhaltlichen Aspekte von kognitiven Modellen abheben, beziehen sich Heuristiken auf den prozeduralen Aspekt der Kognition. Heuristiken laufen als Prozessprogramme auf der kognitiven Schemata-Struktur ab und ermöglichen als kognitive Abkürzungen, Annäherungen oder Faustregeln, dass eben nicht detailliert das gesamte Kommunikationsangebot rezipiert, sondern nur ein Teil davon, der für die Bedeutungskon-

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struktion und die Sinnaktualisierung ausreichend ist, selektiert werden muss (vgl. Brosius 1991: 294, Schweiger 2007: 175). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass erst Selektivität den Handlungen der Produktion und Rezeption von Kommunikationsangeboten ihren Sinn verleiht, indem Menschen durch sie komplexitätsreduzierend eine kognitiv behandelbare Umwelt schaffen. In Schemata realisiert, überführt Selektivität Widerfahrnisse in emotional-kognitive, top-down generierte Erlebnisse, wobei dieser Prozess von Merkmalen des Kommunikationsangebots bottom-up mitgestaltet wird. In der Markenforschung werden Marken häufig als Schemata konzipiert (s. z. B. Esch 2011: 88, Esch/Wicke 2000: 47 f., Kroeber-Riel/Weinberg 2003: 233 f., Sommer 1998: 50 f.). Die Marke wird dann als „ein assoziatives Netzwerk oder auch ein Schema aller Vorstellungen, die ich mit dieser Marke verbinde“ (Sommer 1998: 50) verstanden (s. Abb. 4). Marken- und Produktschemata werden häufig als ein hierarchisch organisiertes System aufgefasst, das aus dominierenden Schemata und diversen in sich verschachtelten Subschemata besteht. Abb. 5 stellt einen Auszug aus dem Schema der Produktkategorie Getränke inklusive der Subschemata dar.

Abb. 4 Das Schema der Marke Nivea (Quelle: Sommer 1998: 51)

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Abb. 5 Auszug aus dem Produktkategorie-Schema Getränke inklusive Subschemata (Quelle: Regier et al. 2008: 207)

Die für eine Produktkategorie typischen Konnotationen gelten dabei auch für ihre Subschemata, was besonders bei der Einführung neuer Produkte/Marken beachtet werden muss. So sollte Schemainkongruenz vermieden werden. Das heißt, dass die Attribute des neuen Produktes – von physikalisch-chemisch-technischen Produktmerkmalen bis hin zu assoziierten Emotionen – konsistent mit denen der übergeordneten Schemata sein sollten (vgl. Regier et al. 2008: 207). Ob es jedoch überhaupt gerechtfertigt ist, von Markenschemata zu sprechen, kann bezweifelt werden. Wenn die Marke als kognitives Schema die Rezeption topdown steuert, dann müsste sie gemäß dem Gesamtheitspostulat Attribute besitzen, die für alle Marken gelten, so wie beispielsweise für das Wahrnehmungsschema „Vogel“ gilt, dass alle Objekte dieser Kategorie Federn und einen Schnabel haben oder wie für das Medienschema „Krimi“ gilt, dass sich die Handlung in einem Krimi um einen Gesetzesverstoß dreht. Bislang konnte sich jedoch der merkmalsorientierte Ansatz, nach dem die Marke anhand von bestimmten allgemeingültigen Merkmalen beschrieben werden kann, in der Markenforschung nicht durchsetzen. Die vorgestellten Kataloge, sei es der bekannte von Mellerowicz (1963: 39) oder auch der vom Deutschen Markenverband (1994, s. Sandler 1994: 45), können nicht für die von ihnen als markentypisch postulierten Merkmale tatsächlich markenübergreifende Geltung beanspruchen (s. zusammenfassend Tropp 2004: 31 f.). Anstelle von Markenschemata ist es daher angebrachter, schlicht von semantischen Netzwerken zu reden, die von einer Marke organisiert werden, indem sie bereits vorhandene unterschiedliche Schemata zu spezifischen emotional-kognitiven Wissensbereichen verknüpft (s. ebd.: 115 f., 123). Diese unscharfe Verwendung des Schema-Begriffs in der Markenforschung beklagt Brosius (1991: 290 f.) jedoch für die Schema-Theorie schlechthin. Der Begriff

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wird sehr weit gefasst und findet häufig eine uneindeutige Verwendung. Daher sind Arbeiten notwendig, um die Schema-Theorie konzeptuell weiter zu festigen und damit auch einer Entwicklung vorzubeugen, die die Karriere eines vielversprechenden theoretischen Konstruktes, wie es die Schema-Theorie zweifelsfrei darstellt, unweigerlich begleitet, nämlich „Mädchen für alles“ zu werden, wie Werner Kroeber-Riel (1984: 158) vergleichbar die steile, aber zweifelhafte Karriere des Imagebegriffs, besonders dank seiner weitestgehend unreflektierten Verwendung in der kommerziellen Marktforschung, beschreibt.

1.3.2 Reflexivität Reflexivität ist der Mechanismus, auf dem die Fähigkeit der Menschen beruht, sich in Kommunikationsprozessen zu unterstellen, dass sie sich verstehen, womit die Widersprüchlichkeit aller menschlichen Kommunikationen von kognitiver Autonomie und gleichzeitiger sozialer Reglementierung der Kommunikationspartner aufgehoben wird. Klaus Merten (1977) hat die hohe kommunikationstheoretische Bedeutung der Reflexivität herausgearbeitet, sie als notwendiges Kriterium für Kommunikation identifiziert und wie folgt allgemein definiert: ▶ Definition Reflexivität ist die unter bestimmten Bedingungen auftretende Reflektierung von Prozessen auf sich selbst, womit eine Steigerung von Leistungen einhergeht (vgl. ebd.: 86).

Mit ‚Steigerung von Leistungen‘ verweist Merten (ebd.) unter Rückgriff auf Niklas Luhmann (1970) darauf, dass entlang aller Evolution Reflexivität nachgewiesen werden kann, und zwar nicht nur im Bereich der Human-Kommunikation, sondern bereits unterhalb der animalischen Ebene wie etwa in der Autokatalyse von Proteinen (vgl. ebd.: 161). In jüngerer Zeit wird auch seitens der neurobiologischen Forschung, ausgelöst durch Giacomo Rizzolattis (1996) Entdeckung der Spiegelneurone, auf die durch Reflexivität erzielte Leistungssteigerung hingewiesen. Das Gehirn setzt, realisiert durch Spiegelneurone, zur Wahrnehmung und inneren Abbildung anderer Menschen dieselben Programme für Handlungssequenzen, Körperempfindungen und Gefühle ein, mit denen es sich auch sein Bild von sich selbst modelliert. Wird ein handelnder Mensch beobachtet, aktiviert das Gehirn zu einem Großteil dieselben neuronalen Verknüpfungen, die aktiv wären, wenn der Beobachter die vom Beobachteten vollzogene Handlung im selben Moment selbst vollzöge. Diese auf Spiegelneuronen basierende Reflexivität des neuronalen Verknüpfungsmusters während der Beobachtung anderer führt zu einer enormen menschlichen Leistungssteigerung. Da das System der Spiegelneuronen ein überindividuelles, allen Menschen eigenes neuro-

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nales Format darstellt, erzeugt es ein gemeinsames Vielfaches im Sinne eines Pools, in dem die neuronalen Programme für die sozial möglichen und vertretbaren Handlungs- und Erlebnismöglichkeiten einer Gesellschaft gespeichert sind (s. im Überblick J. Bauer 2009, Zaboura 2008). In kommunikationswissenschaftlicher Betrachtung liegt bei menschlicher Kommunikation Reflexivität in dreifacher Hinsicht vor: in zeitlicher, sachlicher und sozialer (vgl. Merten 1977: 161, ders. 1978: 111 f.). Reflexivität in der Zeitdimension heißt, dass die Folgen von Kommunikation auf den Kommunikationsprozess selbst zurückwirken, wodurch Kommunikation zu einem selbstreferentiellen Prozess wird. Beispiele sind, dass Menschen mit Worten neue Worte bilden können oder dass die Art und Weise, wie Menschen Bedeutungen konstruieren, durch bereits früher vollzogene Bedeutungskonstruktionen bestimmt wird. Kommunikation ist also, wie Siegfried J. Schmidt und Guido Zurstiege (2000: 29) formulieren, „ein selbstbezüglicher (reflexiver) Prozess, der in Schleifen immer wieder auf sich selbst Bezug nimmt: Kommunikation setzt Kommunikation voraus und vollzieht sich als Anschlusskommunikation“. Reflexivität in der Sachdimension heißt, dass in Kommunikationsprozessen Aussagen immer von Meta-Aussagen begleitet werden, die Kommunikationsangebote erst verständlich machen. So liefert in der Face-to-Face-Kommunikation der schnellere nonverbale Kanal Aussagen über den langsameren verbalen Kanal. Dieselbe verbale Aussage wird beispielsweise vollkommen anders verstanden, wenn sie begleitet von einem erhobenen Zeigefinger oder mit einem Lächeln im Gesicht getätigt wird. Erst durch diesen reflexiven Bezug der Kanäle können sich Bewusstsein, Sprache und Kultur ausbilden. Informationen im Sinne von selektiven Wahrnehmungen unterliegen also stets einer Interpretation und können damit im kognitiven Bereich des Individuums an vorhandene Sinnstrukturen angeschlossen werden. Reflexivität in der Sozialdimension heißt, dass im Kommunikationsprozess immer eine Orientierung am Kommunikationspartner vorliegt, die sich als Reflexivität •



des Wahrnehmens (wahrnehmen, dass der andere wahrnimmt; wahrnehmen, dass der andere mich wahrnimmt; wahrnehmen, dass der andere wahrnimmt, dass ich wahrnehme usw.) und des Erwartens (erwarten, dass der andere von mir erwartet: Erwartungserwartung)

realisiert. Diese soziale Reflexivität leistet die wechselseitige Kopplung der Kommunikationspartner. So formuliert auch Alex Bogusky, Mitinhaber der US-amerikanischen Agentur Crispin Porter & Bogusky, die 2008 von der amerikanischen Werbefachzeitschrift Advertising Age zur Agency of the Year 2008 gekürt wurde: „Der Konsument soll wissen, dass wir wissen, dass er weiß, dass wir ihm etwas verkaufen wollen“ (zit. n. Häberle 2008: 21).

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Die drei Reflexivitäten setzen sich gegenseitig voraus und statten die Kommunikation mit wesentlichen Aspekten aus: anhand der Selbstreferenz von Kommunikation mit dem Evolutionsprinzip, anhand des Behandelns von Handlungen als Grundlage für Kultur mit dem Sachprinzip und anhand der Kopplung der Kommunikationspartner mit dem Sozialprinzip. Wegen diesen Reflexivitätsverhältnissen kann die wechselseitige Unterstellung, man verstehe sich, funktionieren und sich im Ergebnis kollektives Wissen, ein Common Ground, ausbilden: Jeder nimmt nämlich an, dass jeder andere im Prinzip über dasselbe Wissen verfügt. So können Menschen über diese auf dem Mechanismus der Erwartungserwartung beruhenden Fiktion trotz ihrer kognitiven Autonomie erfolgreich sozial verbindliches, handlungsanleitendes Wissen in einer Gesellschaft aufbauen, verfestigen und an nachfolgende Generationen weitergeben. „Über diese Fiktion löst sich das Dilemma der Unvereinbarkeit von kognitiver Autonomie … und sozialer Kontrolle bzw. Orientierung … in Interaktionen und Kommunikationen auf – man muss nicht wissen, es genügt, erfolgreich zu meinen. Und das muss aus dem einfachen Grund genügen, weil wir nicht in die Köpfe der anderen hineinschauen können.“ (Schmidt 2003a: 35)

Es muss unterschieden werden zwischen der Reflexivität von Face-to-Face-Kommunikationen und der der medial vermittelten Kommunikation. Im letzteren Fall fällt das Kriterium der Anwesenheit der Kommunikationspartner weg, das im Fall der persönlichen, direkten Kommunikation mit der Reflexivität der Wahrnehmungen und Handlungen verknüpft ist. Doch selbst in der medial vermittelten öffentlichen Kommunikation haben die Kommunikationspartner bestimmte wechselseitige Erwartungen, die ein Reflexiv-Werden von Erwartungen auslösen: „Der Kommunikator erwartet die Erwartungen des (vorgestellten) Rezipienten, und der Rezipient konstruiert die Erwartungen des Kommunikators an seinen Erwartungen nach“ (Merten 1977: 138). Auch in der öffentlichen Kommunikation ist daher davon auszugehen, dass Reflexivität auf die Handlungen der Kommunikationspartner einwirkt. Zwar können sich die Kommunikationspartner hier nicht direkt gegenseitig an den beobachtbaren Handlungen des jeweils anderen orientieren, doch die Vorstellung dessen, was der andere über einen selbst denkt oder erwartet, hat bereits Einfluss auf den Handlungsentwurf und die äußere Handlung. So ist es denkbar, dass jemand ein bestimmtes öffentliches Kommunikationsangebot nur deshalb rezipiert, weil er erwartet, dass in seinem sozialen Umfeld alle dies tun und er in der Lage sein möchte, mitreden zu können. In diesem Fall stellen die reflexiven Erwartungsstrukturen sogar ein Selektionskriterium für Kommunikationsangebote dar und beeinflussen bereits vor der eigentlichen Rezeption das Handeln entscheidend. Als spezifische Variante der reflexiven Erwartungsstruktur kann einerseits eine reflexive Wissensstruktur ausgebildet werden, die ebenfalls in der sozialen Dimension wirksam ist. Sie entsteht, da jeder Rezipient medial vermittelter öffentlicher

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Aussagen sich der Tatsache bewusst ist, dass nicht nur er, sondern auch andere diese Aussage rezipieren bzw. rezipieren können: „Jeder weiß also, was die anderen wissen können oder sogar: dass sie wissen können, dass er weiß, was sie wissen“ (ebd.: 147). Darüber hinaus bildet sich andererseits in der öffentlichen Kommunikation eine reflexive Meinungsstruktur aus (meinen, was andere meinen), die gemeinsam mit der Reflexivität des Wissens die Anwesenheit der Kommunikationspartner bei derartiger Kommunikation entbehrlich macht. Gerade der Reflexivität des Meinens kommt in der öffentlichen Kommunikation eine bedeutende Rolle zu. Elisabeth NoelleNeumann hat in den 1970er Jahren dieses Prinzip in den Mittelpunkt ihrer Theorie der Schweigespirale gestellt. Menschen schützen sich vor sozialer Isolation, indem sie sich mit ihrer Meinung der erwarteten Mehrheitsmeinung anpassen. Dies hat den Effekt, dass die zunehmende Meinungsfraktion im Zeitverlauf immer stärker und die abnehmende Meinungsfraktion immer schwächer erscheint, als sie es in Wirklichkeit ist: ein Spiralprozess (s. im Überblick Donsbach 2007, Jäckel 2011 sowie Kap. B III 2.5.2). Die Wirkungskraft der Reflexivitätsverhältnisse in der öffentlichen Kommunikation lässt sich auch mit dem bekannten Beispiel der fiktiven Landung von Marsmenschen aufzeigen, die Orson Welles 1938 als die Hörfunksendung „The Invasion from Mars“ inszeniert hat: Beispiel (vgl. Merten 1994a: 311, Jäckel 2011)

Am Abend des 30. 10. 1938 wurde in Amerika das Hörspiel „The Invasion from Mars“, basierend auf dem Roman ‚War of the Worlds‘ von H. G. Wells, ausgestrahlt. Dieses wurde von etwa 9 Millionen, Michael Jäckel zufolge sogar von 32 Millionen Amerikanern empfangen, von denen ein verschwindend geringer Teil in Sorge geriet und zum Telefon griff, um bei der Polizei oder beim Sender CBS nachzufragen, ob es sich bei den Tonaufnahmen um Realität oder Fiktion handelt. Allerdings waren die Telefonleitungen aufgrund solcher Anrufe dauerhaft blockiert, was die Anrufer zu der Annahme veranlasste, die Polizei sei schon im Einsatz. Zwar glaubte zuvor niemand wirklich an die Ankunft von Marsmenschen, doch einige Menschen verließen ihre Häuser. Dies wiederum konnten andere sehen und folgten dem Beispiel. Die Ereignisse spitzten sich zu, sodass am Ende immer mehr Menschen auf den Straßen waren und über verschiedene Regionen Amerikas der Ausnahmezustand ausgerufen werden musste.

1.3.2.1 Common Ground

Der Common Ground ist das Resultat der in der Kommunikation wirksamen Reflexivitätsverhältnisse. Seine Funktion ist es, den Kommunikationspartnern wechselseitig die Unterstellung zu ermöglichen, dass der eine den anderen versteht. Er löst damit – wie oben bereits erwähnt – das Problem, dass kognitiv autonome Menschen

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dennoch sozial, in Abstimmung mit anderen handeln können. Er verschleiert damit erfolgreich die Fiktion, dass man sich verstehen kann, indem er Verstehen gegen Verständigung austauscht. Der Begriff des Common Ground ist vor einem linguistischen Theoriehintergrund von Karttunen und Peters (1975) eingeführt worden. Herbert H. Clark (1992) hat ihn weiterentwickelt, wobei er von der grundlegenden Annahme ausgeht, dass jegliche gemeinsame menschliche Handlung und damit auch Kommunikation der Koordination von Inhalt und Prozess bedarf (vgl. Clark/Brennan 2004: 127). Diese Koordination erfolgt inhaltlich über die gegenseitige Unterstellung einer geteilten Informationsmenge hinsichtlich eines Bestandes an geteiltem Wissen, geteilten Überzeugungen und geteilten Annahmen, zusammengefasst: den Common Ground. Prozessual realisiert sich die Koordination über das sogenannte Grounding. Der Common Ground der Kommunikationspartner wird im Verlauf der Kommunikation ständig aktualisiert, wobei es das Ziel ist, gemeinsam anzunehmen, dass sich die Kommunikationspartner verstehen und somit der Kommunikationsinhalt Teil des Common Ground ist. „In conversation, for example, the participants try to establish that was has been said has been understood. In our terminology, they try to ground what has been said – that is, make it part of their common ground.“ (ebd.: 128)

Unmittelbar einsichtig ist, dass sich gemäß dem Common-Ground-Konzept die Aktivität des Senders nicht auf die Bereitstellung von Informationen beschränkt, sondern der Sender eine Mit-Teilung unter Bezugnahme auf den Common Ground abstimmt. Clark (1992: 217) nennt dies Audience Design. Der Sender entscheidet, wie er was mitteilt auf der Basis dessen, was er weiß, wovon er überzeugt ist und annimmt, was der Empfänger weiß, annimmt und wovon er überzeugt ist. Als ein Beispiel für gelungenes Audience Design kann ein Brief gelten, den eine Studentin an ihre Mutter schreibt, mit dem Ziel, dass die Eltern die Kosten in Höhe von 15 000,– US-Dollar für ein weiteres Studienjahr übernehmen. Beispiel (Fortini-Cambell 2001: 37)

„Dear Mom, I know how much you and Dad have always wanted the best for me and have tried to provide it. I want you to know how much I appreciate everything you’ve done, and I’ll always try to make you proud of what I accomplish in life. I especially know that you want me to be successful, independent and self-supporting. And that’s why I’m writing today. I feel that to get the most out of college I need to stay here another year. I’ve learned so much in the four years I’ve been here, but there’s so much more to learn.

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If I could stay another year, I’d take some classes in marketing, advertising and business management that would help me use my psychology major to get a really good job with a good future. Do you think you and Dad could help me out with one more year’s tuition, room and board ? I promise you it will be a good investment in my future. And do you think you could help me plan how to talk to Dad about this ? Thanks, Mom. I love you.“

Offensichtlich kennt die Studentin ihre Adressaten sehr gut und weiß, was sich die Mutter für ihre Tochter wünscht, welche hohe Bedeutung dabei dem Hochschulabschluss zukommt und dass es besser ist, von „Investition“ zu sprechen als geradeheraus zu formulieren, dass sie 15 000,– US-Dollar benötigt. Wie kommen die Kommunikationspartner zu ihren Annahmen und Unterstellungen, was Bestandteil des Common Ground ist und was nicht ? In Anlehnung an Clark (1992: 35 f.) können drei Heuristiken genannt werden, die häufig miteinander kombiniert vorkommen, mittels derer die Kommunikationspartner ohne großen kognitiven Aufwand ihre Annahmen synchronisieren: •

Soziale Mitgliedschafts-Heuristik Wenn jemand weiß, dass der Kommunikationspartner einer bestimmten Gemeinschaft, einer bestimmten sozialen Gruppe angehört, dann lässt sich ein bestimmtes Wissen unterstellen, das jedes Mitglied dieser Gruppe hat (z. B.: der Mitarbeiter einer Kommunikationsagentur weiß, was eine Copy-Strategie ist). • Physikalische Kopräsenz-Heuristik Alle Beobachtungsgegenstände, die in der Kommunikationssituation wahrgenommen werden können, werden als gemeinsam wahrgenommen unterstellt und gehören damit dem Common Ground an (z. B. ein Besprechungstisch in einem Konferenzraum). • Semiotische Kopräsenz-Heuristik Alle Kommunikationsangebote, von denen Kommunikationspartner annehmen, dass deren syntaktische, semantische und pragmatische Dimension bekannt ist, gehören dem Common Ground an (z. B. sagt jemand in einem Konferenzraum ohne Besprechungstische zu den Anwesenden: „Besprechungen, die nicht an Besprechungstischen stattfinden, sind zeitlich effektiver“). Gängig ist die Kombination dieser Heuristiken. So unterstellt man, dass ein Autofahrer weiß, wie ein Gang einzulegen ist (soziale Mitgliedschafts-Heuristik), und dass er die Verkehrszeichen kennt (semiotische Kopräsenz-Heuristik). Das Common-Ground-Konzept fundiert theoretisch die hohe Bedeutung, die in der Modernen Marketing-Kommunikation dem Marketing-Kommunikationswissen zukommt (s. Kap. B I 1.2, B III 1.2). Methodisch lässt sich der Common Ground über

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die Dokumentarische Methode erschließen (s. im Überblick Bohnsack 2011: 40 f.). Im Mittelpunkt steht dabei die Analyse des sogenannten konjunktiven Wissens, womit das kollektiv fundierte Orientierungswissen gemeint ist, das die jeweiligen Handlungen der Akteure in soziokulturellen, bildungsspezifischen, oder auch generationenspezifischen sozialen Gruppen orientiert.

1.3.3 Kontextualität Kontextualität ist das dritte notwendige Kriterium für Kommunikation. Dass Kommunikation als soziale Handlung der Vermittlung individueller Bedeutungskonstruktionen immer auch Interpretation ist, ist bereits bei der Besprechung der beiden Kriterien Selektivität und Reflexivität angeklungen. Sei es, dass Schemata als kognitive Strukturen die Rezeption steuern, indem sie selektiv interpretierend auf die Bedeutungskonstruktion einwirken, oder dass die Reflexivität in der Sachdimension den unvermeidbaren interpretativen Einfluss von Meta-Aussagen und Meinungen in Kommunikationen konstituiert. Aber erst das Kriterium der Kontextualität zeigt die Grundsätzlichkeit der Verknüpfung von Kommunikation und Interpretation in ihrer ganzen Tragweite auf. Wie ausgeführt, heißt Handeln, seinem Tun einen subjektiven Sinn zu geben. Bloßes unbewusstes reflexhaftes Verhalten wird damit zu einem intentionalen, auf bewusster Interpretation beruhendem Akt. Damit ein Beobachter einen solchen Akt und damit auch eine kommunikative Handlung wie zum Beispiel die Rezeption eines Kommunikationsangebots im Medium Fernsehen erklärend verstehen kann, ist es notwendig, dass der Sinnzusammenhang verstanden wird, in den diese Handlung eingebettet ist. Dessen Verstehen liefert die Erklärung für die konkrete aktuelle Handlung. „Erklären bedeutet … Erfassung des Sinnzusammenhanges, in den, seinem subjektiv gemeinten Sinn nach, ein aktuell verständliches Handeln hineingehört.“ (Weber 1984: 25, Hervorh. i. Orig.)

Handlungen eines Beobachteten können wir uns also erst dann erklären, wenn wir den jeweiligen Zusammenhang verstehen, in dem die sinnhafte Handlung stattfindet. Beispiel

Die Rezeption eines Werbespots erhält in Abhängigkeit von dem Zusammenhang, in dem jemand dies tut, einen anderen Sinn, da sie aus unterschiedlichen motivationalen Zusammenhängen erfolgen kann: Man möchte unterhalten werden; man plant gerade den Kauf eines Produktes aus der Produktkategorie, der das in dem TV-Spot beworbene Produkt angehört; man ist Wissenschaftler und arbeitet an einer Untersuchung zur

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Dramaturgie von TV-Werbespots; man weiß, dass der Werbeblock aus nur einem Spot besteht und man deswegen nicht zappt usw. Der Sinnzusammenhang kann sich auch in Abhängigkeit von der Situation über eine Verschränkung von kommunikativen und nichtkommunikativen Handlungen manifestieren. So sieht jemand einen TV-Werbespot, wenn er gerade zu Abend isst; er hört einen Funkspot und sieht ein Werbeplakat, während er Auto fährt; der Kreativdirektor einer Kommunikationsagentur produziert Ideen für Werbekampagnen, während er joggt usw.

Dieser Sinnzusammenhang, der notwendig ist, um kommunikative Handlungen erklären zu können, kann als Handlungskontext aufgefasst werden. Kontextualität kann dann wie folgt definiert werden: ▶ Definition Kontextualität der Kommunikation ist der notwendige Einfluss des Zusammenhangs, aus dem eine kommunikative Handlung ihren erklärbaren Sinn bezieht.

Es ist evident, dass die persönliche Biografie und der individuelle Lebenszusammenhang ebenso wie der Common Ground einer Gesellschaft eine wesentliche kontextuelle Rolle in der Kommunikation einnehmen. Die persönlichen Erfahrungen und Einstellungen, der Bildungshintergrund, Norm- und Wertvorstellungen, moralische und ethische Grundhaltungen usw. – all dies spielt bei der Erklärung der Rezeption von Kommunikationsangeboten eine bedeutende Rolle (s. auch Burkart 2003: 183). In der Literatur finden sich unterschiedliche Bezeichnungen, um die Kontexte der Kommunikation konzeptionell zu fassen. Lothar Mikos (2004: 29) spricht vom „lebensweltlichen Kontext“, Ralph Weiß (2001: 199) von der „Weltanschauung“, Gerold Ungeheuer (1974: 74) von der „individuellen Welttheorie“ und Erving Goffman (1980: 31) schlicht von „Rahmen“. Allen Konzepten ist der zentrale Gedanke gemeinsam, dass eine kommunikative Handlung immer als hermeneutischer Akt in einem Sinnzusammenhang zu begreifen ist. Kommunikative Handlungen, gleich ob die Produktion, Vermittlung oder Rezeption von Kommunikationsangeboten, basieren also immer auf dem Mechanismus ihrer Vernetzung mit Kontexten als Voraussetzung dafür, Erlebnissen einen Sinn zuschreiben zu können und sie infolgedessen als relevant oder irrelevant beurteilen zu können. Eine Differenzierung kommunikativer Kontextualität kann erfolgen, indem zwischen internen und externen Kontexten unterschieden wird, da somit der Kontext der Kommunikationssituation nicht aus den Augen gerät (vgl. Merten 1994a: 311 f.). Unter den internen Kontext, den individuellen Lebenszusammenhang und die Biografie, fällt der psychische und physische Zusammenhang wie die persönlichen Erfahrungen und Einstellungen, das individuelle Wissen sowie die situative affektive Disposition (z. B. aufgeregt oder gelangweilt sein). Letztere wird im Zusammenhang mit der Mediennutzung im Rahmen der Mood-Management-Theorie unter-

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sucht. Nach dieser Theorie, die in das Feld der erregungstheoretischen Modelle einzuordnen ist, wenden sich Menschen den Medien zu, um ihre Stimmung („mood“) zu beeinflussen („management“) (s. Zillmann 1988, 1988a). Ihr Medienhandeln ist also affektueller Art. Die aktuelle Stimmungslage wirkt demnach als Kontext der Rezeptionshandlung auf die Mediennutzung, wobei es das Ziel des Menschen ist, einen möglichst angenehmen physiologischen Erregungszustand zu erreichen. Der externe Kontext umfasst situative Widerfahrnisse wie die Anwesenheit anderer während der Rezeption oder die Beschaffenheit des Mediums, aber auch soziale und kulturelle Randbedingungen, vor allem in Form des Common Ground einer Gesellschaft. Ein weiterer Differenzierungsvorschlag stammt von dem schwedischen Kommunikationswissenschaftler Karl Erik Rosengren (1996). Er unterscheidet gesellschaftlich-strukturelle, positionelle und individuelle Kontexte, die auf die Handlung der Mediennutzung sinngebend einwirken. Dabei postuliert er, dass der Klasse der gesellschaftlich-strukturellen Faktoren die einflussstärkste Bedeutung zukommt, da sie sowohl alle Handlungen mitbestimmt als auch auf die Einflussfaktoren des positionellen und individuellen Kontextes einwirkt. Michael Meyen (2004: 47) hat dieses Modell zu einer Kategorisierung von Einflussfaktoren der Mediennutzung genutzt (s. Abb. 6). Natürlich ist eine solche Systematisierung kontextueller Einflussfaktoren problematisch, worauf auch Meyen (ebd.: 48) selbst hinweist. Einerseits lässt sich über die

Abb. 6 Kontextfaktoren der Mediennutzung (in Anlehnung an: Rosengren 1996: 26, Meyen 2004: 47)

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Zuordnung der Faktoren streiten, wobei besonders die Grenze zwischen positionellen und individuellen Merkmalen fließend ist. Andererseits bestehen zwischen den einzelnen Faktoren Zusammenhänge, die in der tabellarischen Darstellung nicht detailliert zum Ausdruck kommen. So wird beispielsweise der Tagesablauf von den Arbeits- und Lebensbedingungen oder auch vom Klima beeinflusst. Derartige Zusammenhänge ließen sich jedoch durch eine Netzwerkdarstellung abbilden. Wichtiger ist der Hinweis zwei Aspekte der empirischen Erforschung der Kontextualität betreffend: Die Verschränkung von kommunikativen und nichtkommunikativen Handlungen erfordert eine genaue Beachtung der Hierarchie der Handlungsverhältnisse in einer Situation. Lothar Mikos (2004: 28) verdeutlicht dies am Beispiel der Rezeption der heute-Sendung. So macht es einen grundlegenden Unterschied, ob die Formulierung lautet: „Während der heute-Sendung wird zu Abend gegessen“; oder ob sie lautet: „Während des Abendessens wird die heute-Sendung gesehen“. Beide Formulierungen implizieren eine Hierarchie der Handlungen. Im ersten Fall ist die Rezeption vorrangig, im zweiten nachrangig. Empirische Untersuchungen zum Nebenbei- oder Hintergrundsmedium Fernsehen einschließlich solcher zur Rezeption von TV-Werbespots müssen diese hierarchischen Handlungsverhältnisse unbedingt in Betracht ziehen, wollen sie nicht irreführende Schlussfolgerungen evozieren. So macht es ebenfalls einen grundlegenden Unterschied, ob es in einer empirischen Studie zur Rezeption von TV-Werbeblocks heißt: „Während der Rezeption eines Werbeblocks wird telefoniert“, oder ob es heißt: „Während telefoniert wird, wird ein Werbeblock rezipiert“. Impliziert die erste Formulierung, dass das Telefonat mit dem Ende des Werbeblocks dem Ende zugeführt wird, damit von der Fortsetzung der unterbrochenen Sendung nichts verpasst wird, legt die zweite Formulierung die Schlussfolgerung nahe, dass der Beobachtete auch weiterhin telefonieren wird, wenn die durch einen Werbeblock unterbrochene Sendung fortgesetzt wird. Der zweite Aspekt betrifft die unausweichliche Unvollständigkeit empirischer Kontextualitätsforschung. Für den Forscher ist es unvermeidbar, aus der Fülle physischer, psychischer, situativer, sozialer und kultureller Kontextbedingungen eine Auswahl zu treffen, die in die Untersuchung eingeht. Darauf weist auch Wolfgang Schweiger (2007: 316) hin, wenn er feststellt, dass für die Mediennutzungsforschung die Berücksichtigung der Kontexte absolut erstrebenswert ist, „… es [allerdings] naiv [wäre] zu glauben, man könnte alle nur erdenklichen Einflussfaktoren empirisch untersuchen“. Theoretisch wie methodisch stößt die Forschung hier an ihre Grenzen, was aber nicht im Umkehrschluss heißen darf, die Erforschung der Kontextualität der Kommunikation komplett unter den Tisch fallen zu lassen. Vielmehr wird hier deutlich, dass schließlich auch die Wissenschaft sich den Spielregeln der Kommunikation unterwerfen muss und damit unter anderem um Selektivität bei der Produktion ihrer Kommunikationsangebote nicht umhinkommt. Aber auch die Reflexivität der Kommunikation schlägt hier zu Buche. Wird doch die Selektion der in einem Forschungsvorhaben berücksichtigten kontextuellen Randbedingungen maßgeblich durch die kontextuelle Verfassung des Forschers bestimmt, konkret: vor allem durch seine bis-

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herigen Forschungsarbeiten, sein ausgebildetes Erkenntnisinteresse, seinen theoretischen Rahmen und dem sich damit aufspannenden Sinnzusammenhang seiner Forschung, die sich damit unvermeidbar als selbstreferentiell erweist.

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Zusammenfassendes Kommunikationsmodell

Das in Abb. 3 skizzierte Modell der Kommunikation als Bedeutungsvermittlung kognitiv autonomer, handelnder Menschen kann um die notwendigen Kriterien für Kommunikation, nämlich Selektivität, Reflexivität und Kontextualität ergänzt und weiter spezifiziert werden (s. Abb. 7). Es resultiert die schematische Darstellung des allgemeinen Kommunikationsverständnisses, wie es dem Konzept der Modernen Marketing-Kommunikation zugrunde liegt. Stichpunktartig kann das Kommunikationsmodell wie folgt zusammengefasst werden: •

Definitorische Voraussetzung: Menschliche Kommunikation ist eine soziale Handlung der Vermittlung individueller Bedeutungskonstruktionen. • Äußere Handlungen sind von anderen erlebbar. Innere Handlungen gehören dem kognitiven Bereich an und sind nur indirekt über äußere Handlungen, das heißt kommunikativ erschließbar. • Jeder menschlichen Kommunikation inhärentes Kommunikationsziel ist Verständigung.

Abb. 7 Modell der Kommunikation als Prozess der selektiven, reflexiven und kontextuellen Bedeutungsvermittlung kognitiv autonomer, handelnder Menschen (eigene Darstellung)

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• Über Verständigung hinaus werden Kommunikationszwecke verfolgt, die den Grund für die Initiierung von Kommunikationsprozessen geben. • Das Entwerfen kommunikativer Handlungen orientiert sich an einem zukünftig abgeschlossenen Handlungsresultat. Kommunikativ zu handeln ist daher an ein Denken in Form einer vollendeten Zukunft geknüpft (etwas wird geschehen sein). • Wahrnehmen ist das Erleben von Widerfahrnissen jeglicher Art. Es ist ein affektlogischer Prozess, in dem sich Denken und Fühlen miteinander verschränken. • Denken und Fühlen wird anhand von bedeutungsstiftenden Schemata und Skripts strukturiert, die Heuristiken als kognitive Prozessprogramme zur schnellen Kategorisierung und Interpretation des Wahrgenommenen nutzen. • Das Widerfahrnis, ob die eigene kommunikative Handlung gelungen oder misslungen ist, das gewünschte Handlungsresultat also eingetreten oder ausgeblieben ist, wird erlebt durch den bewertenden Abgleich mit dem ursprünglich entworfenen Handlungsresultat. • Selektivität ist für Kommunikation notwendig, da sie Komplexität reduziert. Dadurch wird die Umwelt für das Individuum behandelbar, weil etwas als eine Information wahrgenommen werden kann. • Kontextualität ist für Kommunikation notwendig, da sie den notwendigen Einfluss des Zusammenhangs herstellt, aus dem eine kommunikative Handlung ihren erklärbaren Sinn bezieht. • Reflexivität ist für Kommunikation notwendig, da sie es ermöglicht, dass in Kommunikationen kognitiv autonome Menschen mit einer spezifischen Biografie und einem individuellen Lebenszusammenhang dennoch sozial reglementiert handeln. Sie ermöglicht das Funktionieren der wechselseitigen Unterstellung, dass andere einem Kommunikationsangebot dieselbe Bedeutung verleihen. Im Ergebnis bildet sich dadurch ein Common Ground aus: Jeder nimmt an, dass jeder andere im Prinzip über dasselbe Wissen verfügt. • Durch den gesellschaftlich vorhandenen Common Ground wird eine subjektivistische Willkürlichkeit im Prozess der Bedeutungsgebung ausgeschlossen. Menschen können so in Kommunikationen eine gemeinsam zugrunde gelegte Sinnstruktur aktualisieren.

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Moderne Marketing-Kommunikation

Abstract Nach einer kurzen Klärung des Marketing-Konzeptes (Kap. A 2.1.1) wird die Marketing-Kommunikation neben der internen Unternehmenskommunikation und der Public Relations (PR) als eine spezifische Art der Unternehmenskommunikation vorgestellt (Kap. A 2.1.2). Es erfolgt die Einführung des Kriteriums der Kommunikationsqualität, dem heute die zentrale Rolle bei der Konzeption und Umsetzung Moderner Marketing-Kommunikation zukommt. Die Diskussion vorliegender Konzeptualisierungen zeigt, dass besonders das Erwartungskonzept vielversprechende Ansatzpunkte aufweist, es sich aber auf die Output-Qualität konzentriert. Um aber den Marketing-Kommunikationsprozess in seiner Gesamtheit nach kommunikationsqualitativen Kriterien gestalten zu können, wird zur theoretischen Fundierung des Konstruktes im Folgenden auf die notwendigen Kriterien von Kommunikation – Selektivität, Kontextualität und Reflexivität – zurückgegriffen. Diese manifestieren sich Marketing-kommunikationsspezifisch als Erzielen von Aufmerksamkeit, Relevanz der Kommunikationsangebote und Auslösen von Anschlusshandlungen (Kap. A 2.1.3 bis 2.1.6). Nach erfolgter Definition der Modernen Marketing-Kommunikation (Kap. A 2.2) werden Formen der Marketing-Kommunikation vorgestellt, die auf oberster Ebene in solche der Individual- und der öffentlichen Kommunikation unterschieden werden können (Kap. A 2.3). Die Struktur der Modernen Marketing-Kommunikation stellt sich dar als ein sechs- bzw. siebenstufiger Selektionsprozess, der sich von der Auswahl dessen, was mitgeteilt werden soll, bis hin zur Selektion der Verarbeitungsweise des rezipierten Marketing-Kommunikationsangebots erstreckt (Kap. A 2.4). Anschließend wird der Prozess der Marketing-Kommunikation erläutert und in einem Modell zusammenfassend dargestellt (Kap. A 2.5). Es können drei Paradigmen der Marketing-Kommunikation ausgemacht werden: die persuasive Markenkommunikation, die beziehungsorientierte Direktmarketing-Kommunikation und die integrierte Marketing-Kommunikation (Kap. A 2.6). Zuletzt genanntes ist das heute dominierende Paradigma. Ihm kann am ehesten der Ansatz der Modernen Marketing-Kommunikation zugerechnet werden. Er darf aber nicht auf die zentralen Annahmen dieses Paradigmas verkürzt werden.

39 © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 J. Tropp, Moderne Marketing-Kommunikation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-25318-9_2

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Grundlagen der Modernen Marketing-Kommunikation

Konzeption und Abgrenzung

Zur Konzeption und Abgrenzung der Modernen Marketing-Kommunikation ist es notwendig, sich zunächst dem Marketingbegriff zuzuwenden.

2.1.1 Marketing Grundsätzlich kann ein engeres betriebswirtschaftliches von einem weiteren generischen Marketingverständnis unterschieden werden. Marketing im engeren Sinne fokussiert die marktgerichteten Aktivitäten eines Unternehmens, um Bedürfnisse des Marktes zu befriedigen und eigene Ziele zu erreichen (s. z. B. Berndt 1993: 5, Meffert 1998: 7, Vergossen 2004: 18, Weis 2018). Ein generisches Verständnis von Marketing fasst dieses als eine Sozialtechnik auf, die im Rahmen der Steuerung gesellschaftlicher und zwischenmenschlicher Prozesse eingesetzt wird (Generic Marketing) (vgl. Nieschlag et al. 1988: 18 f.). Unterschieden werden kann hier zwischen einem •

Balanced Marketing: Ziel der Marketing-Bemühungen eines Unternehmens sind nicht nur der Absatzmarkt, sondern alle Bereiche der unternehmerischen Umwelt, aus denen Menschen Kontakt mit dem Unternehmen haben, wie zum Beispiel Beschaffungsmärkte (Lieferanten), der Arbeitsmarkt (Arbeitssuchende), Finanzmärkte (Kapitalgeber, Analysten) oder die Öffentlichkeit (Fachjournalisten). • Marketing nichtkommerzieller Institutionen: Das Marketing der Non-Profit-Organisationen (NPOs) wie das Deutsche Rote Kreuz, die Caritas oder Greenpeace fallen ebenso hierunter wie das der Parteien und der nicht profitorientierten Bildungseinrichtungen, Theater oder Museen. • Marketing für öffentliche Anliegen: Hier steht nicht die kommerzielle oder nichtkommerzielle marketingtreibende Organisation im Vordergrund, sondern eine bestimmte Idee oder ein Anliegen von hohem gesellschaftlichen Nutzen. Als Beispiel kann die „Du bist Deutschland“-Kampagne der 25 größten deutschen Medienunternehmen mit dem Ziel der Schaffung eines neuen Meinungsklimas der Deutschen über ihr eigenes Land genannt werden (Abb. 8). Die Definition von Philip Kotler (1989: 19) kann stellvertretend für das generische Marketingverständnis angeführt werden: „Das Marketing ist eine menschliche Tätigkeit, die darauf abzielt, durch Austauschprozesse Bedürfnisse und Wünsche zu befriedigen bzw. zu erfüllen.“

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Abb. 8 Plakat-Motiv der „Du bist Deutschland“-Kampagne (2007) (Quelle: gwa.de, Zugriff: 20. 06. 2010)

Diese weite Interpretation des Marketingbegriffs hat sich in der betriebswirtschaftlichen Forschung (vgl. die Ergebnisse der Studie zum Status quo der Marketingwissenschaft von Franke 2002: 71) und auch in der Praxis in den letzten Jahren zunehmend durchgesetzt. So definiert heute die American Marketing Association (AMA) Marketing als „the activity, set of institutions, and processes for creating, communicating, delivering, and exchanging offerings that have value for customers, clients, partners, and society at large“ (AMA 2013). Der Großteil der deutschsprachigen Marketingwissenschaftler hält diese Definition für zutreffend (vgl. Meffert/Sepehr 2012). Marketing wird nicht mehr auf den Transaktionsaspekt beschränkt, bei dem Austauschprozesse zur Erfüllung individueller und organisationsbezogener Zielsetzungen im Vordergrund stehen. Die Beziehung zu Kunden und die marktorientierte Führung des Unternehmens sind weitere zentrale Merkmale des heutigen Marketingverständnisses in Wissenschaft wie Praxis (Bruhn 2016; DMV o. J.; Meffert et al. 2012). Darüber hinaus beschränkt sich im Sinne eines generischen Verständnisses von Marketing dessen Einsatzbereich nicht mehr nur auf das Wirtschaftssystem. Marketing findet sich heute als Denkhaltung bei Organisationen und Individuen in nahezu allen gesellschaftlichen Zusammenhängen wieder – sei es in der Bildung, der Politik, bezüglich der Vertretung von Interessen des sozio-ökologischen Gemeinwohls oder beim Auftritt einer Person im Rahmen einer Casting-Show.

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Grundlagen der Modernen Marketing-Kommunikation

Die Entwicklung in Richtung eines generischen Marketingverständnisses wird begleitet von einer grundlegenden marketingphilosophischen Neuausrichtung, die seit den 1990er Jahren zu verzeichnen ist. Das klassische Transaktionsmarketing, bei dem die Austauschprozesse zur Erfüllung individueller und organisationsbezogener Zielsetzungen im Vordergrund stand, wird zunehmend von einem Beziehungsmarketing (Relationship Marketing) verdrängt, das den Ursprung von Wettbewerbsvorteilen in der Beziehung einer Organisation mit seinen Zielgruppen sieht. Dieses teilweise sogar als „Paradigmenwechsel im Marketing“ (Bruhn 2006: 8) bezeichnete interaktionale Marketingverständnis kann dahin gehend zusammengefasst werden, dass Marketing eine Unternehmensaufgabe ist, die den Aufbau, die Aufrechterhaltung und die Verstärkung der Beziehungen zu Kunden, aber auch zu anderen Anspruchsgruppen (Stakeholder) zum Gegenstand hat. Der zentrale, auch dem Transaktionsmarketing inhärente Gedanke, dass die Sicherung der Unternehmensziele einhergeht mit der Befriedigung der Bedürfnisse der jeweiligen Gruppen, bleibt dabei als Ausdruck des basalen ökonomischen Prinzips des Tausches aber unverändert erhalten (vgl. Meffert 1998: 9). Die Kommunikations- und Medienwissenschaft vertritt in letzter Konsequenz nicht ein generisches Marketingverständnis, da sie die absatzmarktgerichtete Orientierung des Marketings betont, gleichzeitig aber Marketing auch als eine breit gefächerte Art der Unternehmensführung auffasst. So definiert Klaus-Dieter Altmeppen im Lexikon der Kommunikations- und Medienwissenschaft (2013: 194) Marketing als „umfassende marktorientierte Unternehmensführung, die ein konsequent marktund damit absatzorientiertes Entscheidungsverhalten voraussetzt“. Der Grund für diese sich nach wie vor auch am klassischen engeren Marketingverständnis orientierende Auffassung wird deutlich, wenn im Folgenden der Begriff der Marketing-Kommunikation geklärt wird.

2.1.2 Marketing-Kommunikation als eine Art der Unternehmenskommunikation Auf oberster Ebene ist die Marketing-Kommunikation in das Feld der Organisationskommunikation einzuordnen, das allgemein Kommunikationen in als auch von Organisationen umfasst (vgl. Herger 2004: 23, Theis-Berglmair 2003: 18). Peter Szyszka (2013: 259) subsumiert dem Begriff der Organisationskommunikation zusätzlich die öffentliche Kommunikation über eine Organisation, die sich in der gesellschaftlichen Umwelt der Organisation vollzieht und die die Organisation zum Kommunikationsthema hat. Im engeren Sinne stellt die Marketing-Kommunikation eine spezifische Art der Unternehmenskommunikation dar, verstanden als Gesamtheit der nach innen und nach außen gerichteten kommunikativen Handlungen einer im Wirtschaftssystem operierenden gewinnorientierten Organisation (vgl. Hubbard 2004: 27). Die konkre-

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te Ausgestaltung der Marketing-Kommunikation ist Resultat des kommunikationspolitischen Entscheidungsfeldes des Unternehmens, das neben der Produkt-, Kontrahierungs- und Distributionspolitik das vierte Element im Marketingmix stellt. Mit diesem gestaltet nach übereinstimmender Meinung in der Literatur das Unternehmen maßgeblich seinen Erfolg im Absatzmarkt (vgl. Becker 2013). Dabei liegt ein Wunschtyp persuasiver Kommunikation zugrunde. Dieser fußt auf einem normativen Idealmodell, das aus der frühen Persuasionsforschung mit ihrem zentralen Einstellungskonstrukt resultiert (s. Kap. A 2.6.1). Das Modell begreift Kommunikation als Instrument für den einseitigen Transport von Informationen von einem Sender zu einem Empfänger, um Letzteren intendiert im Sinne der eigenen Ziele beeinflussen zu können (Transmissionsmodell). Dieses Modell verliert in der heutigen Mediengesellschaft mit ihrer zunehmenden Internetfokussierung an Plausibilität. Angebracht ist es daher heute, unter Marketing-Kommunikation einerseits das von Unternehmen initiierte, außen in der Unternehmensumwelt, konkret: auf Beschaffungs- und Absatzmärkten stattfindende Handeln der Bedeutungsvermittlung aufzufassen, das auf den gewinnorientierten Einkauf und Verkauf von Ressourcen, Produkten und Dienstleistungen zielt. Gleichzeitig wird unter Marketing-Kommunikation im Sinne des unternehmensführungsorientieren Marketingverständnisses aber auch die im Unternehmen stattfindende Kommunikation über dessen Marketing und Marketing-Kommunikation subsumiert. Damit trägt die Marketing-Kommunikation zur Selbstbeobachtung und Selbstbeschreibung des Unternehmens und damit zu dessen reflexiver Steuerung bei. Schließlich umfasst der Marketing-Kommunikationsbegriff aufgrund der medial bedingten Entwicklungen in Form der drastisch angestiegenen Consumer-to-Consumer-Kommunikationen im Internet und in sozialen Medien heute auch die vom Unternehmen intendierte Kommunikation in seiner Umwelt über dessen Marketing und Marketing-Kommunikation. ▶ Definition Marketing-Kommunikation umfasst alle Prozesse der Bedeutungsvermittlung (a) im Unternehmen, (b) zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt und (c) in der Unternehmensumwelt, mit denen die markt- und kundenbeziehungsorientierte Unternehmensführung realisiert wird.

Innerhalb der Unternehmenskommunikation wird die Marketing-Kommunikation damit von der internen, nicht mit Marketing-Kommunikation befassten Mitarbeiter-Kommunikation, aber auch von Public Relations (PR) unterschieden, die auf das gesellschaftspolitische Umfeld der Unternehmung gerichtet ist, womit sich das Unternehmen prinzipielle Handlungsspielräume sichern und sein Handeln legitimieren möchte (vgl. Mast et al. 2005: 37, Zerfaß 2014: 23) (s. Abb. 9). Lässt sich selbst die interne Kommunikation von den beiden anderen Teilbereichen der Unternehmenskommunikation anhand des Kriteriums der Innen-/AußenAusrichtung der Kommunikation in Kombination mit dem Kommunikationsthema

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Grundlagen der Modernen Marketing-Kommunikation

Organisationskommunikation

Kommunikation von Organisationsnetzwerken

Kommunikation von Non Profit-Organisationen Interne Kommunikation: formelle und informelle Kommunikationen unter den Mitarbeitern, die nicht Marketing(kommunikation) zum Inhalt haben

Unternehmenskommunikation

Marketingkommunikation: • Kommunikationen zwischen Unternehmen und Beschaffungsund Absatzmarktakteuren • marketing(kommunikations)bezogene Kommunikationen im Unternehmen

Public Relations /PR: Kommunikationen zwischen Unternehmen und Akteuren im gesellschaftlichen, nichtökonomischen Umfeld

• vom Unternehmen intendierte Kommunikationen in seiner Umwelt über dessen Marketing(kommunikation)

Abb. 9 Teilbereiche der Unternehmenskommunikation als spezifische Form der Organisationskommunikation (eigene Darstellung)

kaum noch trennscharf differenzieren (Szyszka/Malczok 2016), ist eine saubere Differenzierung der beiden anderen Bereiche nahezu unmöglich geworden. Hier verschwimmen die Grenzen zunehmend, da sowohl die Marketing-Kommunikation die beschaffungs- wie verkaufsstützende Funktion der PR entdeckt als auch die PR ihren Aktionsradius in Richtung Marken- und Produkt-Kommunikation ausgeweitet hat (vgl. Mast et al. 2005: 36). Der Feststellung von Nikodemus Herger (2004: 110), „dass ein gegenseitiges Durchgreifen der Public Relations und der Marktkommunikation auf die Operationen des jeweils anderen Systems ausgeschlossen sind“, kann daher nicht gefolgt werden. Tatsächlich ist die lange propagierte Dichotomie von PR und Marketing-Kommunikation längst kollabiert und war im übrigen auch schon in der Vergangenheit in Abhängigkeit vom Unternehmenstyp und Markt, auf dem das Unternehmen agiert, immer höchst unterschiedlich ausbalanciert. Entsprechend spricht Peter Szyszka (2007: 747) von einer „absatzunterstützenden PR-Arbeit“, womit eine produktbezogene PR-Arbeit im Rahmen der Marketing-Kommunikation gemeint ist. Diese Vermischung von PR und Marketing-Kommunikation findet sich auch in der öffentlichen Kommunikation. In Form von terminologischen und funktionalen Unschärfen in der PR-Berichterstattung der deutschen Qualitätspresse, haben dies Romy Fröhlich und Katharina Kerl (2012) anhand einer inhaltsanalytischen Unter-

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suchung der Print-Titel Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Der Spiegel und Focus nachgewiesen. Dass diese Vermischung nicht zu einer Schlichtung des traditionellen Konfliktes um die Vormachtstellung von Marketing-Kommunikation versus PR innerhalb der Unternehmenskommunikation beiträgt, liegt auf der Hand. Manfred Bruhn und Grit Mareike Ahlers (2004: 73) sehen als einen wesentlichen Grund für diesen Konflikt, dass sich die Abgrenzungsprobleme von Aufgaben und Verantwortungsbereichen dieser beiden Bereiche der Unternehmenskommunikation aus der übergreifenden Verwendung von Kommunikationsinstrumenten ergeben. Dies gilt besonders für das Sponsoring in den Bereichen Sport, Kultur, Soziales und Umwelt, das Product Placement, die Pressearbeit (People vs. Product Publicity), die Events, Online-Kommunikation und Messen. Das Einsatzgebiet dieser Kommunikationsinstrumente ist im unternehmerischen Alltag fließend, weswegen es zu den Abgrenzungsproblemen kommt. Daraus resultierende Konflikte werden jedoch häufig – so das Fazit von Bruhn und Ahlers (ebd.: 77 f.) nach ihrem Review entsprechender empirischer Studien – in der Praxis als weniger gravierend wahrgenommen, als sie in der Literatur dargestellt werden. Das dennoch in der Praxis beobachtbare Gerangel der beiden Disziplinen ist daher weniger sachbegründet, insofern es sich in der Regel vielmehr der persönlichen Interessenlage der Vertreter der beiden Bereiche verdankt. Damit sind Aspekte wie Ressourcenstreitereien um Budgets und Mitarbeiter, Rangstelleneifersucht sowie Einfluss- und Machtstreben angesprochen. Ebenfalls ist der unterschiedliche Ausbildungshintergrund der jeweiligen Fachvertreter zu erwähnen. Die in ihrem Ausbildungshintergrund wirtschaftswissenschaftlich dominierte Marketing-Kommunikation auf der einen Seite und die kommunikations- und medienwissenschaftlich orientierte PR auf der anderen Seite führen dazu, dass im Unternehmen unterschiedliche Sichtweisen auf Fragestellungen der Unternehmenskommunikation aufeinandertreffen und zu Verständnisschwierigkeiten führen können. Es ist daher die Aufgabe einer integrierten Kommunikationsstrategie, die drei Teilbereiche der Unternehmenskommunikation untereinander abzustimmen und in Abhängigkeit von der spezifischen arbeitsteiligen Struktur eines Unternehmens, wie sie im Organigramm skizziert ist, die Ziele der Marketing-Kommunikation und PR zu definieren und die Verantwortung für die Zielerreichungen Abteilungen und Personen zuzuordnen. Damit kann sichergestellt werden, dass die Unterschiedlichkeit der Perspektiven von Marketing-Kommunikation und PR und die gleichzeitige teilweise Überlappung ihrer Handlungsfelder kanalisiert und dem übergeordneten Zweck der Schaffung eines konsistenten Erscheinungsbildes des Unternehmens unterstellt werden (s. ausführlich Kap. A 2.6.3).

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Grundlagen der Modernen Marketing-Kommunikation

2.1.3 Das Kriterium der Kommunikationsqualität Der Wandel des Marketingverständnisses in Richtung eines Beziehungsmarketings schlägt sich notwendigerweise in der Ausgestaltung des Marketingmix nieder und nimmt damit auch Einfluss auf die Entwicklung der Marketing-Kommunikation. Manfred Bruhn (2006: 7) zufolge hat im Jahr 2000 für die Marketing-Kommunikation die Phase der Dialog-Kommunikation (s. Kap. B II 2.1) begonnen. Der Marketing-Kommunikation kommt demnach als mittlerweile wichtigstes Element des Marketingmix die Aufgabe zu, die Beziehungen zu Zielgruppen auszubauen und zu intensivieren und vor allem die Kunden an das Unternehmen zu binden. Diese Phase der Dialogorientierung der Marketing-Kommunikation geht heute in eine Phase über, in der nicht nur die kommunikativen Handlungen im Rahmen eines Beziehungsmarketings zwischen Unternehmen und Zielgruppen beziehungsweise -personen im Mittelpunkt stehen, sondern in der als Folge der Entwicklungen im Marketing-Kommunikationssystem der Qualität der Kommunikation das besondere Interesse in der Marketing-Kommunikation gilt (s. Abb. 10). Die Förderung der Qualität der Marketing-Kommunikation ist die Antwort der Unternehmen und Agenturen auf die gestiegene Komplexität der Umwelt, in der sie operieren. Als Indikator für die zunehmende Bedeutung der Qualitätsforschung im Bereich Kommunikation kann die Einrichtung eines Lehrstuhls für Medienqualität an der Ludwig-Maximilians-Universität München im Jahr 2010 gewertet werden. „Inhaltlicher Schwerpunkt der neu eingerichteten Professur ist das Forschungsfeld Medienqualität. Der Bereich Qualitätsforschung soll aus sozialwissenschaftlich empirischer Perspektive bearbeitet und möglichst breit abgedeckt werden, d. h. bezogen auf unterschiedliche Medien und Ebenen (Journalismus, Medieninhalte, Rezeption). Zu diesem

Abb. 10 Entwicklungsphasen der Marketing-Kommunikation (Weiterentwicklung von Bruhn 2006: 7)

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Forschungsfeld gehören etwa Qualitätskriterien, Evaluation und Erklärung der Qualität von Medienangeboten, Qualitätsmaßstäbe bzw. -urteile von Journalisten, Rezipienten oder anderen Akteuren, Qualitätsmanagement in Redaktionen.“ (Ludwig-MaximiliansUniversität München 2010)

2.1.3.1 Konzeptualisierungen

Im Wirtschaftssystem liegt eine einfache und anerkannte Definition des Qualitätsbegriffs vor, die ihre allgemeine Gültigkeit der Autorität ihres Absenders verdankt. Das Deutsche Institut für Normung (DIN) definiert Qualität allgemein als den Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale einer Einheit, zum Beispiel eines Produktes, Anforderungen erfüllt (vgl. Deutsches Institut für Normung 2005: 18). Auch auf internationaler Ebene findet sich dieses Qualitätsverständnis. Die International Organization for Standardization (ISO) (1994) definiert Qualität als „the totality of characteristics of an entity that bear on its ability to satisfy stated and implied needs“. Aus diesem Qualitätsverständnis resultiert für die (Marketing-)Kommunikation die Frage, um was für Anforderungen es sich handelt, wie diese begründet und vor allem auch, wie sie in Kommunikationsprozessen berücksichtigt werden können, um qualitativ hochwertig zu kommunizieren. Zur Beantwortung der Frage, soll zunächst ein kurzer Blick auf die verschiedenen Qualitätsansätze geworfen werden, wie sie in der Qualitätsforschung zu finden sind (Tab. 1). Qualität im Bereich Marketing- und Markenkommunikation auf einem absoluten bzw. transzendenten Ansatz zu fundieren, macht aufgrund der schweren Operationalisierbarkeit und der unklaren Bestimmung der Perspektive der Qualitätsbeurteilung im Rahmen der Marketing-Kommunikation wenig Sinn. Ebenso wenig geeignet ist ein produktbasiertes Qualitätsverständnis, da die Marketing-Kommunikation zwar durchaus ‚Produkte‘, z. B. in Form einer WWW-Site oder eines Spots auf einem YouTube-Kanal, hervorbringt, diese aber nicht objektiv, Individuen unabhängig anhand bestimmter Eigenschaften beurteilt werden können. „Objective quality may not exist because all quality is perceived by someone“. (Zeithaml 1988: 5) Auch ein normativer Zugang, wie er in der Publizistik zur Konzeptualisierung journalistischer Qualität häufig angewendet wird, scheint nur wenig sinnvoll, da die Kommunikation in Markenmedien keinen gesellschaftlichen Auftrag zu erfüllen hat, d. h. nicht in erster Linie diesbezüglichen Ansprüchen genügen muss. Wenig zielführend wäre es ebenfalls, sich der Qualität der Markenmedienkommunikation mit einem wertbasierten Ansatz anzunähern, da die von Unternehmen ausgehende Kommunikation an sich keine (zumindest monetären) Kosten bei Konsumenten verursacht und damit keine Beurteilung des wahrgenommen Kosten/Nutzen-Verhältnisses erfolgen kann.

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Tab. 1 Qualitätsansätze der Qualitätsforschung (Quelle: Tropp/Fries (2016: 262) in Anlehnung an Garvin 1984) Perspektive

Kennzeichen/Prämissen

Absolutes bzw. transzendentes Verständnis

Abstrakte philosophische Interpretation, die davon ausgeht, dass Qualität nicht präzise definiert werden kann

• Qualität ist absolut und wird mit Einzigartigkeit, Exzellenz oder Perfektion gleichgesetzt • Keine präzise Definition von Qualität möglich; Qualität wird aber erkannt, wenn sie vorhanden ist • Subjektive Wahrnehmung/Beurteilung nicht relevant • Schwer operationalisierbar und ungeeignet für Praxis

Produkt-basiertes Verständnis

Qualität beruht auf einem Set verschiedener Produkt-Attribute und deren Ausgestaltung

• Mess-/quantifizierbare Produkteigenschaften/-attribute dienen als Basis eines Kennzahlensystems • Höhere Qualität geht mit höheren Kosten einher • Qualität ist objektiv messbar und berücksichtigt den individuellen Nutzen nicht

Nutzer-/erwartungsbasiertes Verständnis

Qualität wird erreicht, wenn Bedarf/Wünsche/ Erwartungen der Nutzer erfüllt werden

• Die Qualität von Produkten und Dienstleistungen wird durch die individuelle Wertung bzw. Präferenzen von Nutzern bestimmt • Qualität ist subjektiv, da die gewünschten Eigenschaften unterschiedlich sein können • Durch die Aggregation wird eine Annäherung an eine „allgemeine“ Qualität verfolgt (Mehrheitsprinzip)

Herstellungsbezogenes Verständnis

Qualität ist davon abhängig, inwieweit Leistungen die spezifizierten Anforderungen/Ziele erfüllen

• Fokus auf die Konformität mit vorgegebenen Spezifikationen/Zielen • Häufig werden Kundenanforderungen als Grundlage der Spezifikationen berücksichtigt • Fokus auf Verbesserung von Abläufen und Ergebnissen

Wertbezogenes Verständnis

Qualität wird durch die Beurteilung des Kosten/ Nutzen-Verhältnisses bestimmt

• Die Leistung steht in angemessenem Verhältnis zu den Kosten • Das Kosten/Nutzen-Verhältnis kann aus Konsumentenund Unternehmenssicht beurteilt werden

Normatives Verständnis

Qualität ist ein normativ gesetzter Zustand, den es zu erreichen gilt

• Qualität und ihre Dimensionen leiten sich aus einem spezifischen Wertesystem ab • erhebt den Anspruch einer objektiven Qualitätszuschreibung

Integrative Ansätze

Qualität wird holistisch, durch ein Aggregieren verschiedener Ebenen/ Perspektiven erfasst

• Qualität wird durch die Erfüllung von Anforderungen verschiedener Anspruchsgruppen erreicht • Bezugsobjekte der Qualität sind Systeme, Prozesse und Ergebnisse

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Da es sich bei Marketing-Kommunikation um ein ausgesprochen konsumentenorientiertes Phänomen handelt, scheint es hingegen sinnvoll, die Qualität zumindest teilweise aus der Sicht der Konsumenten zu bestimmen. Deren individuelle Wertungen, Erwartungen und Präferenzen zu berücksichtigen, entspricht der Prämisse des Nutzer-/erwartungsbasierten Ansatzes. Dennoch greift eine alleinige konsumentenseitige Qualitätsbeurteilung zu kurz, da die zur Erstellung der Kommunikation im Unternehmen notwendigen Strukturen und Prozesse nur aus Sicht der Produzierenden bzw. des Unternehmens beurteilt werden können. Aus dieser herstellerorientierten Perspektive ist Qualität davon abhängig, inwieweit Leistungen mit einem beabsichtigten Entwurf übereinstimmen oder die spezifizierten Anforderungen erfüllen bzw. im Voraus definierte Ziele erreichen. Die Idee, die Kommunikator- und Rezipienten- bzw. Konsumentenperspektive zu verbinden, ist keineswegs neu: Bereits Prakke (1968: 58) verstand Kommunikator und Rezipient als ebenbürtige Träger publizistischen Handelns, die sich auf der gleichen Ebene in einem „gesellschaftlichen Zwiegespräch“ begegnen. Wippersberg (2012) betont, dass es mithilfe einer Analyse von Ziel- und Erwartungskategorien möglich sei, Diskrepanzen als auch Übereinstimmungen aus der Sicht beider Beurteilungsperspektiven festzustellen. Auch Bruhn ist der Meinung, dass für zukünftige Betrachtungen des Kommunikationserfolges Ansätze einer wertorientierten Unternehmensführung herangezogen werden müssen, „… die konsumenten- sowie unternehmensseitige Beurteilungen relevanter Erfolgsgrößen berücksichtigen“ (Bruhn 2011: 208). Dementsprechend untersuchen auch Dahinden et al. (2004) sowohl Angebots- als auch Rezipientenperspektive, und Rössler (2004: 129) unternimmt im Bereich Online-Journalismus ebenfalls den Versuch, die „User Quality“ und „Sender Quality“ gemeinsam zu modellieren. Er bezieht sich dabei auf den dynamisch-transaktionalen Ansatz von Früh und Schönbach (1982). Letztere verstehen sowohl Absender als auch Rezipienten als aktive und passive Teilnehmende am Kommunikationsprozess und vereinigen in ihrer Theorie den Wirkungs- mit dem Nutzenansatz. Gemäß dieser Argumentationslinie kann die Qualität der Marketing-Kommunikation als Konstrukt verstanden werden, das auf einem Prozess des Aushandelns verschiedener Interessen zwischen Kommunikator/Marketing-Kommunikationsmanagement und Rezipienten/Konsumenten und auf deren Erwartungen, Bedürfnissen und Zielen basiert. Damit erhält Qualität einen relativen und dynamischen Charakter.

2.1.3.2 Qualitätsfelder der Marketingkommunikation

Eine übergreifende Betrachtung vorhandener Qualitätsmodelle zeigt, dass diese mehrheitlich prozessual konzipiert sind und dem klassisch-funktionalistischen Input-Output-Modell folgen, das vor allem im Rahmen der Erforschung der Produktionswirtschaft und des Projekt- und Prozessmanagements herangezogen wird. Da-

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bei erfolgt oft ein Rückgriff auf das Konzept der Erfolgs- bzw. Wirkungskette, das die Verknüpfung verschiedener Variablen und deren Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge darstellt (Reinecke et al. 2016, Rolke/& Jäger 2009). Erfolgsketten lassen sich grundsätzlich in Aktivitäten bzw. Prozesse des Unternehmens (Input), dessen Produkte und Dienstleistungen (Output), deren Wirkungen bei den Konsumenten und dem daraus resultierenden ökonomischen Erfolg (Outcome) gliedern. Qualität wird dieser Logik folgend nicht nur am Ergebnis (Ergebnisqualitäten) festgemacht, sondern auch in Abhängigkeit der zur Verfügung stehenden Ressourcen und Strukturen (Inputqualitäten) sowie der bei der Bereitstellung eines Produktes oder einer Dienstleistung verbundenen Prozesse (Prozessqualitäten) (Donabedian 1988; Golder et al. 2012; Meyer/Mattmüller 1987). Als geeignetes Mittel zur Strukturierung verschiedener Qualitätsfelder in der Kommunikation der Markenmedien können die nach gleicher Logik aufgebauten Phasenmodelle des Kommunikationsprozesses dienen (Engesser 2013, Rolke/Zerfass 2014). Demnach steht zu Beginn des Kommunikationsprozesses die Input-Phase, die sich hauptsächlich mit den für die Kommunikation eingesetzten Unternehmensressourcen und -strukturen sowie der strategischen Planung des Medienangebots in Unternehmen beschäftigt. Dieser schließt sich die Phase des Kommunikationsoutputs an, in der das Resultat der Input-Phase in Form des fertig produzierten Medienangebots distribuiert wird. Die sich anschließende Outcome-Phase, bei der die Wirkungen des distribuierten Medienangebots im Fokus stehen, lässt sich in drei Teilbereiche gliedern: Zum einen stehen das Verstehen und die emotional-kognitive Verarbeitung des Medienangebots im Zentrum des Interesses (Outgrowth), zum anderen interessiert aber auch, welches Verhalten seitens der Konsumenten das Angebot bewirkt (Outcome im engeren Sinne) und schließlich, der wertorientierten Logik folgend, ist drittens das Ergebnis des Kommunikationsprozesses in Bezug auf strategische und finanzielle Zielgrößen des Unternehmens von Interesse (Outflow) (s. ausführlich Kap. B). Die Modelle der traditionellen Qualitätslehre lassen sich aufgrund ihrer logischen Entsprechung problemlos in diesen Bezugsrahmen der Phasenmodelle des Marketing-Kommunikationsprozesses integrieren (Tropp/Fries 2016). Die Qualität der Marketing-Kommunikation lässt sich somit in die Felder Input, Output und Outcome unterteilen (Tab. 2).

2.1.4 Inhaltliche Qualität (Output-Qualität) Gemäß den Qualitätsfeldern der Marketing-Kommunikation wäre für eine übergreifende und vollständige Erklärung der Qualität der Marketing-Kommunikation eine detaillierte Betrachtung aller Qualitätsfelder von Input (inkl. Prozesse) über Output hin zum Outcome aus den jeweiligen Beurteilungsperspektiven wünschenswert. Da dies in der empirischen Forschung mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist,

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Tab. 2

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Qualitätsfelder der Marketing-Kommunikation (Quelle: Tropp/Fries 2016: 267) Qualität der Marketing-Kommunikation

Qualitätsfelder

Bezugsobjekte

Bestehende Qualitätsmodelle

Donabedian 1988

Golder et al. 2012

Meyer & Mattmüller 1987

Engesser 2013

Input-Qualität

Herstellung und Planung von Marketing-Kommunikationsangeboten

Struktur/ Potenzialqualität

Output-Qualität

Fertige und distribuierte Marketing-Kommunikationsangebote

Prozessqualität

Prozessqualität

Herstellung

Outgrowth

Outcome

Outflow

Verstehen und emotional-kognitive Verarbeitung der Angebote

Wirkungen der mitgeteilten Marketing-Kommunikationsangebote

Beitrag zum Gesamterfolg

Ergebnisqualität

Quality Experience Process

Quality Production Process

Potenzialqualität

Outcome-Qualität (im weiteren Sinne)

Inhalt

Quality Evaluation Process

Ergebnisqualität

Nutzung

Wirkung

findet eine Konzentration auf die inhaltliche Qualität, die Output-Qualität der Marketing-Kommunikation statt. Empfehlenswert ist es, die theoretische Konzeptualisierung des Konstrukts der inhaltlichen Qualität der Marketing-Kommunikation im Einklang mit den Ausführungen zum Stand der Ansätze der Qualitätsforschung (Kap. A 2.1.3.1) aus einer integrativen Perspektive vorzunehmen, die die Erwartungen seitens des Kommunikators/Marketing-Kommunikationsmanagements (Zielvorstellungen und -vorgaben) und der Rezipienten/Konsumenten vereint. Entsprechend ist die Output-Qualität dann optimal, wenn die Erwartungen beider Kommunikationspartner erfüllt werden (Shelby 1998). Damit ist die Qualität der Inhalte von Markenmedien nicht eine Eigenschaft der Medienangebote selbst, sondern ein Urteil aus unterschiedlichen Perspektiven über die relevanten – aus Erwartungen abgeleiteten – Faktoren, die als Maßstab zur Bestimmung der Qualität fungieren. Hinsichtlich des Erwartungskonzeptes

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wird an die verbreitete Meinung im Diskurs der Erwartungsforschung angeschlossen, dass Erwartungen einen geeigneten Referenzstandard für einen Vergleich mit nachfolgenden Erfahrungen bzw. wahrgenommener Leistung darstellen, der eine differenzierte Evaluation von Zufriedenheit oder Qualität ermöglicht (Chang 2014, Higgs et al. 2005). Diese Konzeption findet sich vor allem im Diskonfirmationsparadigma (Brady & Cronin 2001, Grönroos 1984, Oliver 1977, Parasuraman et al. 1988). Demnach ist die Qualitätseinschätzung dann positiv, wenn die Wahrnehmung der effektiven Leistung über den Erwartungen liegt, bzw. diese zumindest erfüllt. Wird das vom Beurteilenden festgelegte Erwartungslevel nicht erreicht, erfolgt ein negatives Qualitätsurteil. Aus diesem Vergleichsprozess entsteht als Resultat die wahrgenommene Qualität. Neben seiner breiten Anwendung sprechen auch empirische Befunde für die Validität des Diskonfirmationsparadigmas (Robledo 2001). Zudem bestehen bereits auf diesem Paradigma basierende Ansätze, die sich spezifisch mit der Qualität von Medienangeboten beschäftigen und diese mit Nutzungsentscheidungen, bzw. der Akzeptanz und Nutzung von Angeboten durch die Rezipienten, verknüpfen (Wolling 2004). Tab. 3 Literaturanalytisch gewonnene Dimensionen und Faktoren des Konstrukts der inhaltlichen Qualität der Marketing-Kommunikation Potenzielle Dimensionen

Potenzielle Faktoren

Inhalt des Angebots

Korrektheit/Richtigkeit

Klarheit/ Verständlichkeit

Glaubwürdigkeit

Informationsgehalt

Aktualität

Vielfältigkeit

Authentizität

Transparenz/Offenheit

Vollständigkeit

Narration/Story

Unterhaltsamkeit

Abwechslung

Emotionalität

Einzigartigkeit/Neuheit

Originalität

Kreativität

Konsistenz

Tonalität

Visuelle Erscheinung/ Attraktivität

Media Richness

Störungsgrad

Kontext/Lebensumwelt

Alltagspassung

Relevanz/Nützlichkeit

Sinnhaftigkeit

Marken-Fit

Passung Medium/Kommunikation

Integration

Einbettung in Medium

Zugänglichkeit

Ubiquität/Mobilität

Multi-/Crossmedialität

(Kommunikations-)Erlebnis

Interaktivität/ Dialog/Austausch

Reflexivität

Partizipation/ Beteiligung der Rezipienten

Stil/Darstellung des Angebots

Kontextualität des Angebots

Interaktivität des Angebots

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Zusammenfassend kann das Konstrukt der inhaltlichen Qualität der Marketing-Kommunikation als von Markenverantwortlichen und Konsumenten beurteilte Fähigkeit des Medienangebots verstanden werden, ihre Erwartungen entlang bestimmter qualitätsrelevanter Dimensionen und Faktoren zu erfüllen. Tropp und Fries (2016) haben literaturbasiert eine erste systematische Ausgestaltung des Konstrukts auf Dimensionen- und Faktorenebene vorgenommen. Demnach lassen sich vier Dimensionen inhaltlicher Qualität der Marketing-Kommunikation unterscheiden – Inhalt des Angebots, Stil/Darstellung des Angebots, Kontextualität des Angebots und Interaktivität des Angebots –, mit denen in der Literatur identifizierte Qualitätsfaktoren systematisiert werden können (Tab. 3). Die Aufführung der Quellen zu den einzelnen aus der Literaturschau gewonnenen Faktoren würde den Rahmen des Lehrbuchs sprengen (s. dazu ausführlich Tropp/Fries 2016: 272 f.). Die Abbildung 11 fasst abschließend in einem Modell das Konzept der inhaltlichen Qualität der Marketing-Kommunikation zusammen.

Abb. 11 Modell der inhaltlichen Qualität der Marketing-Kommunikation (Quelle: Tropp/Fries 2016: 274)

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2.1.5 Customer Engagement fokussierte Qualität (Outcome-Qualität) Neben der Fokussierung auf die inhaltliche Qualität, die Output-Qualität der Marketing-Kommunikation, finden sich in letzter Zeit kommunikationsqualitative Überlegungen und Konzeptualisierungen, die sich auf den Bereich der Mediaplanung beziehen. Die qualitativ orientierte Mediaplanung versteht sich als Alternative zur quantitativen Mediaplanung, die sich vorrangig auf Planungskriterien wie Tausender-Kontakt-Preis, Zielgruppen-Affinität und Reichweite stützt. Die qualitativ orientierte Planung zielt hingegen auf die Nutzung bestmöglicher Kontakteigenschaften zur Wirkungsoptimierung (vgl. Stark 2010: 69 f.). In der Literatur finden sich unterschiedliche Listen, welche Planungskriterien bei der qualitativen Mediaplanung eine Rolle spielen. Dazu können zählen der Impact des Mediums, das redaktionelle Umfeld, Image und Glaubwürdigkeit des Mediums oder auch die Gestaltungs-Adäquanz (s. ebd.: 73 sowie den Überblick bei Kliment 2005: 23 f., allgemein zur Werbeträgerauswahl s. Dahlem 2005, 2008 sowie Kap. B I 2.6). In der Praxis wird aktuell besonders dem erst genannten Kriterium, dem Media Impact – auch als Media-Engagement bezeichnet –, besondere Aufmerksamkeit geschenkt (s. z. B. Mudter 2011: 21, Paperlein 2010, 2012: 19, Wild 2011: 36). Dadurch dass die Mediaplanung Engagement als Qualitätskriterium definiert, wird der Fokus des Qualitätskonstrukts auf das Qualitätsfeld des Outcome gelegt (Tab. 2). Die Qualität der Marketing-Kommunikation soll sich im Engagement der Konsumenten niederschlagen. Mittlerweile hat sich eine eigenständige CustomerEngagement-Forschung ausgebildet, die über medienplanungsspezifische Aspekte hinaus sich grundsätzlich mit dem Konstrukt des Customer Engagement beschäftigt. So findet sich seit den Research Priorites 2006 – 2008 des Marketing Science Institute (MSI 2006) Customer Engagement in den MSI-Priorities regelmäßig als ein zentrales Forschungsdesiderat im Bereich Customer Understanding und Experience. Die Customer-Engagement-Forschung trägt dem Umstand Rechnung, dass aufgrund des hohen Kommunikationswettbewerbs und der Digitalisierung der Kommunikation die klassische Mediawerbung an die Grenzen ihrer Effektivität stößt. So merkt der weltweite Marketing-Chef von Procter & Gamble (P&G) Mac S. Pritchard (2018: 11) in einem Interview an, dass unter anderem aufgrund der hohen Werbefrequenzen 71 Prozent der Konsumenten sich heute von Werbung belästigt fühlen und sich die Marketing-Kommunikation des P&G-Konzerns sich heute auf Customer Engagement konzentriert. Mit innovativen, kommunikationsqualitäts-orientierten Ansätzen soll die Kommunikation mit vorhandenen und potenziellen Kunden optimiert werden und somit das Engagement der Konsumenten und Kunden gesichert werden (Tropp et al. 2019). Auch hat der Anstieg der Social-Media-Marketingausgaben zur Karriere des Customer-Engagement-Konstrukts beigetragen. Viele Branchenerhebungen (Ascend2, Gerber 2014, eMarketer 2013, SmartBrief 2010, Ragan and Solutions 2012) haben ergeben, dass das Erzielen von Engagement auf großen Plattformen wie Facebook ein

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wichtiges Ziel für Unternehmen und Social-Media-Marketingagenturen geworden ist. Die Einnahmenmodelle dieser Agenturen sind vertraglich zunehmend auf der Basis von Customer Engagement geregelt, das diese Agenturen für ihre Kunden erzielen. Dabei wird Engagement in der Regel nur eindimensional mittels der Verhaltensdimension konzipiert, indem Nutzeraktivitäten (Posts, Likes, Shares, Comments etc.) als Indikatoren zur Messung von Engagement genutzt werden (Lee et al. 2018, Granfield/McArdle 2016). Entsprechend dem Mediaplanungsursprung der Engagement-Forschung hat sich diese bislang schwerpunktmäßig an der Engagement-Definition der Advertising Research Foundation (ARF) orientiert, die vom ARF Chief Research Officer Joe Plummer 2006 präsentiert wurde: „Engagement is turning on a prospect to a brand idea enhanced by the surrounding context.“ (Creamer 2006) Engagement wird demnach als ein Media-Kontext-Effekt verstanden. Je stärker sich Konsumenten mit einem Medium beschäftigen, desto stärker sind sie für Werbung ansprechbar (Calder/Malthouse 2008, Calder et al. 2009, Kim et al. 2016, Lloyd/Woodside 2013, Wang 2006). Als grundlegend für die theoretische Konzeptualisierung des Customer-Engagement-Konstrukts wird der Service-Dominant-Logic-Ansatz (SDL) (Vargo/Lusch 2004) betrachtet (Brodie et al. 2011, Hollebeek 2011, van Doorn et al. 2010) (s. Kap. B II 2.2.3). Dieser hat jedoch für die Konzeptualisierung von Customer Engagement im Kontext von Marketing-Kommunikation und Werbung, was dann als Advertising Engagement bezeichnet werden kann (Tropp et al. 2019), bislang keine Berücksichtigung gefunden. Die Definition von Brodie et al. (2011: 260) reflektiert die zentrale theoretische Rolle der SDL. Sie begreifen Customer Engagement als Effekt „of interactive, cocreative customer experiences with a focal agent/objet (e. g., a brand) in focal service relationships.“ Diese Definition impliziert, das Customer Engagement ein mehrdimensionales Konstrukt ist, das kognitive, affektive und konative Effekte umfasst. Daraus resultiert, dass Engagement in unterschiedlichen Formen und Intensitäten der Verarbeitung von Marketing-Kommunikationsangeboten zum Ausdruck kommen kann (Schivinski et al. 2016). Während bei Consumption das Engagement-Intensitätslevel noch relativ gering ausgeprägt ist, sich auf die psychische Ebene beschränkt und vornehmlich Ergebnis der Beziehung von Kommunikationsmaßnahme (z. B. Anzeige, Post, Placement) und Medium ist – z. B. einen Film sehen, in dem ein Harley Davidson Motorrad gezeigt wird –, steigt das Engagement über Contribution – z. B. kommentieren oder liken eines Marken-Post – bis hin zu Creation, wo im Sinne der Service-Dominant Logic die Realisation der kommunikationsstrategischen Maßnahme in Co-Kreation mit dem Unternehmen erfolgt – z. B. ein Consumer generated Spot, der im TV gesendet wird. Abgeleitet aus diesen Ausführungen zum Customer Engagement kann Advertising Engagement als eine Unterform des Customer Engagements wie folgt definiert werden:

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▶ Defintion Advertising Engagement ist das Level der kognitiven, affektiven und konativen Verarbeitungstiefe der Interaktionen mit einem Marketing-Kommunikationsangebot.

Schließlich ist Engagement das Prozessergebnis von gleichzeitig wirksamen Engagements. Konsumenten beginnen und engagieren sich gleichzeitig in unterschiedlichen Engagement-Beziehungen (Dessart et al. 2016, Brodie et al. 2011). Bei der Entstehung des Engagement-Effekts kann ein Interaktionsfokus – die Werbemaßnahme, das Medium (Calder et al. 2009, Wang 2006), die Marke (Dessart et al. 2016) oder die Community (Stokburger-Sauer 2010) – kontextspezifisch fehlen, überwiegen oder einem anderen Fokus vorausgehen (Kim et al. 2013). Beispielsweise spielt das Medium bei einer Event-Marketing-Maßnahme keine oder nur eine geringe Rolle oder dem Fokus der Community kommt speziell im Social-Media-Kontext eine besonders hohe Bedeutung zu.

2.1.6 Die Rolle von Selektivität, Kontextualität und Reflexivität Um mit Marketing-Kommunikation Outcome-Qualität und in dessen Folge Engagement zu erzielen, kommt den drei notwendigen Kriterien für Kommunikation – Selektivität, Kontextualität und Reflexivität – zentrale Bedeutung zu. Denn grundsätzlich kann gesagt werden: Die Qualität der Marketing-Kommunikation richtet sich nach dem Grad, in dem Selektivität, Kontextualität und Reflexivität vom Management strategisch berücksichtigt und operationalisiert werden. Je stärker dies der Fall ist, desto qualitativ hochwertiger ist die Kommunikation. Alle drei Kriterien sind marketingspezifisch ausgeformt und erfahren heute zunehmend Beachtung.

2.1.6.1 Aufmerksamkeit

Die Marketing-Kommunikation versuchte stets, über perzeptuell und/oder sozial saliente Stimuli die Aufmerksamkeit des Konsumenten zu gewinnen und so seine Selektivität zu überwinden. Dabei macht sie selbst vor moralisch anstößigen Motiven nicht halt (s. Abb. 12), um die Rezeption sicherzustellen. Bedingt durch die fortgeschrittene Verknappung der Aufmerksamkeit (s. Kap. B III 1.1.4) sind in den 2000er Jahren weitere aufmerksamkeitsproduzierende Mitteilungsstrategien entwickelt worden. So wird über Consumer-Generated Advertising versucht, die Selektivität der Konsumenten zu überwinden, indem deren Anschluss-

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Abb. 12 Beispiel für den Einsatz aufmerksamkeitsgenerierender Inhaltselemente (Print-Kampagne des internationalen Lifestyle-Magazins „Deutsch“, kreiert von der Agentur Jung von Matt 2007) (Quelle: https://dreamyourworld.de/blog/artikel/585-die-Guertellinie---provokantprovoziert.html, Zugriff: 23. 10. 2018)

handlungen über eine Strategie der Partizipation in der kooperativen Erstellung der Marketing-Kommunikationsangebote münden (s. Kap. B II 2.2). Einen anderen Ansatz verfolgt die Strategie der Hybridisierung. Hier verschmilzt das Marketing-Kommunikationsangebot mit redaktionellen Inhalten zu einem nutzenstiftenden Kommunikationsangebot (Utility Marketing, s. Kap. B II 2.3), das – häufig in der Nähe zur Schleichwerbung – die Aufmerksamkeit des Konsumenten anhand der Verschleierung der unternehmerischen Intentionalität der MarketingKommunikation zu gewinnen versucht. Auch in der medialen Dimension der Marketing-Kommunikation hat sich eine neue, auf die Aufmerksamkeitsgenerierung ausgerichtete Mitteilungsstrategie etabliert. So werden beim Guerilla Marketing mittels Ambient Media (s. Kap. B II 2.5.3) die Lebensumwelt der Menschen oder Dinge dieser Umwelt als Kommunikationsinstrument instrumentalisiert. Die Berücksichtigung des Selektivitätskriteriums der Kommunikation äußert sich jedoch nicht nur als Versuch der Aufmerksamkeitsgewinnung seitens des Konsumenten und Kunden. Auch seitens der marketingtreibenden Unternehmen gewinnt die Fähigkeit, achtsam für Entwicklungen in einer zunehmend komplexeren und dynamischen Umwelt zu sein, die ein strategisch-selektives kommunikatives Handeln einfordert, verstärkt an Bedeutung.

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2.1.6.2 Relevanz

Andreas Baetzgen (2007) hat am Beispiel der Markenkommunikation die heutige Bedeutung des Kontextualitätskriteriums für die Moderne Marketing-Kommunikation aufgezeigt. Sein plausibler zentraler Gedanke ist, dass Markenbotschaften in Abhängigkeit von den Kontexten der Rezeption systematisch zu gestalten sind (vgl. ebd.: 157 f.). Als für die Markenkommunikation wichtigste Kontexttypen identifiziert er: •





die Rezeptionssituation, verstanden als eine aus mehreren Handlungen bestehende Handlungssequenz, die von Individuen als Einheit erlebt wird (z. B. die Erlebniseinheit „abendliches Fernsehen“ besteht aus den Handlungen Film rezipieren, zu Abend essen, telefonieren, mit dem Sohn reden, Werbespot sehen etc.); die Lebenswelt der Zielgruppe, verstanden als die Gesamtheit von Wissen, Werten, Einstellungen und emotionalen Dispositionen einschließlich der daraus resultierenden typischen Handlungsmuster; den Markenkontext, verstanden als das Wissen, die Einstellungen und Emotionen, die jemand mit einer Marke verbindet.

Diese drei Kontexte spannen den Sinnzusammenhang auf, der für die Rezeption von Markenkommunikationsangeboten ausschlaggebend ist. Die Folgerung ist, dass im „Konzept der Kontextbasierten Markenkommunikation … jede Botschaft so gestaltet werden [muss], dass diese in den Kontext der Situation, Lebenswelt und Marke passt bzw. mit diesen kohärent ist“ (ebd.: 161). Beispiele

Die Kommunikationsagentur Ogilvy & Mather/Frankfurt hat für das Unternehmen Provinzial im Rahmen eines Plakat-Wettbewerbes für die Bewerbung von dessen Unfallversicherung einen situativen Kontext kreiert, indem die Werbebotschaft „Denken Sie doch einmal über eine Unfallversicherung nach“ eingebettet wurde in die Situation: Meteorit kracht in die Buswartehalle, in der man gerade auf den Bus wartet (s. Abb. 13). Die Lufthansa bietet seit 2008 mobile Bordkarten an, die auf dem Handy angezeigt werden können. In diesem Umfeld könnte ein Ausflugsveranstalter, der vor Ort am Urlaubsziel des Passagiers ansässig ist, neben der Bordkarte auf seine Tourenangebote hinweisen (s. Abb. 14).

Die bedeutende Rolle, die Kontextualität heute in der Modernen Marketing-Kommunikation spielt, verdankt sich vor allem der mangelnden Rezeptionsrelevanz traditioneller Werbung. Denn in den meisten Fällen bezieht die werbliche Botschaft aus dem aktuellen Handlungskontext des Rezipienten keinen mit der konkreten Handlungssituation kompatiblen Sinn, mit anderen Worten: Sie wird häufig in der aktuel-

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Abb. 13 Beispiel für eine situative Kontextualisierung (Quelle: Horizont 18/2008: 30)

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Abb. 14 Mobile Bordkarte der Lufthansa (Quelle: direkt marketing 8/2008: 17)

len Situation als nicht bedeutsam, oft sogar als störend, als relevanzlos bewertet (vgl. Kap. B III 1.3). Dieses Relevanzproblem wird verschärft durch die grundsätzlichen Glaubwürdigkeitsvorbehalte, die der Werbung inhärent sind (vgl. Hellmann 2005, Kloss 2012, Willems 2002: 83). Auch hat Programmatic Advertising – der automatisierte, softwarebasierte Einund Verkauf von Werbeflächen in Form einer Auktion im Internet – dazu geführt, dass Werbeumfelder, also der mediale Kontext, in der letzten Zeit an Beachtung in der Mediaplanung verloren hatten, was dem Engagement-Konzept zuwider läuft (s. Kap. A 2.1.5). Andere neue Marketing-Kommunikationsformen wie bspw. Keyword Advertising, Native Advertising und intelligente TV-Werbung, bei der automatisiert passende Werbeeinblendungen zu bestimmten redaktionellen Begriffen erscheinen, reflektieren hingegen das in der Mediaplanung nach wie vor vorhandene Bewusstsein für die wichtige Relevanz gebende Funktion des Media-Kontextes. Auch hinsichtlich der Kontextualität Moderner Marketing-Kommunikation ist wieder das „Utility Marketing“ zu nennen. Das Relevanzdefizit und auch die Glaubwürdigkeitsvorbehalte sollen durch nutzenbringende und somit positiv bewertete Kommunikations- und Serviceangebote überwunden werden, die intendiert von Konsumenten und Kunden rezipiert werden (s. Kap. B II 2.3). Indem sich die Unternehmen in ihrer Marketing-Kommunikation zur Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung bekennen (Corporate Social Responsibility/

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CSR, s. Kap. B II 2.4) stellen sie die wirtschaftliche Zweckrationalität ihres Handelns in den Kontext von gesellschaftlich hoch relevanten sozialen und ökologischen Belangen und versuchen, sich so als verantwortungsvolles glaubwürdiges Unternehmen zu positionieren. Schließlich ist auch das Word-of-Mouth-Marketing (Kap. B II 2.6) bspw. in Form der Influencer Kommunikation (Kap. B II 2.6.5)zu nennen, bei dem auf einen kontextuellen Transfer des Marketing-Kommunikationsangebots gezielt wird, indem die Botschaft nicht innerhalb der gewohnten Struktur des Marketing-Kommunikationsprozesses, sondern im sozialen Umfeld des Konsumenten ohne vordergründig ersichtliche Intentionalität eines Unternehmens dargeboten wird und zu Relevanz kommt. Im marketingethnografischen Forschungsansatz, der auch als „contextual research“ (Mariampolski 1999: 78) bezeichnet wird, nimmt das Kontextualitätskriterium bereits seit Längerem eine exponierte Rolle ein (s. auch Arnould/Wallendorf 1994, Mick/Buhl 1992). Das Interesse dieses Ansatzes gilt den sinn- und bedeutungsgebenden Zusammenhängen, in denen das Individuum allgemein als Konsument handelt. „Context operates on several levels – the immediate physical and situational surroundings, as well as language, character, culture and history which all provide a basis for the meaning and significance attached to roles and behaviours. Can we divorce the ways we buy, use and talk about products from the cultural and linguistic context within which economic transactions occur ? The answer is an emphatic ‚no‘.“ (Mariampolski 1999: 82)

In der Praxis war Jürgen Scholz, Gründer der Kommunikationsagentur Scholz & Friends, einer der ersten, der die hohe Bedeutung des Prinzips der kontextbasierten Relevanz für die Marketing-Kommunikation erkannte: „Jeder Mensch ist nur an Dingen interessiert, die für ihn persönlich von Nutzen sind. Wenn ich ein Produkt habe, muß ich – nach wie vor – irgendeine Ecke des Produktes finden, die für die Leute relevant ist. Das kann ein weites Spektrum sein: Prestige, Wertegefühl, Überlegenheit oder praktischer Nutzen. Wenn ich es nicht schaffe, den Leuten klarzumachen, daß mein Produkt für sie in irgendeinem Bereich von Nutzen ist, habe ich keine Chance.“ (J. Scholz. zit. n. Schmidt/Spieß 1997: 38)

Heute herrscht in der Praxis Konsens über die herausragende Bedeutung der Relevanz, die sich aus den Kontexten ergibt. So formuliert Ralf Nöcker (2011: 61/62), Geschäftsführer des Gesamtverbandes Kommunikationsagenturen GWA: „Werbung und andere Formen der Marketing-Kommunikation müssen für einen Konsumenten vor allem eines sein – relevant. Eine wenig kreative, aber personalisierte Preisbotschaft – nur für Dich und nur zum Preis X – womöglich dank Mobile Marketing noch abgesendet mit Bezug zum Aufenthaltsort des Konsumenten, ist für diesen hoch relevant.“

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Auch hier darf wieder, wie schon beim Selektivitätskriterium, nicht übersehen werden, dass Kontextualität ebenfalls im Bereich der Produktion von Marketing-Kommunikationsangeboten eine tragende Rolle innehat und für die Einschätzung der Relevanz von mitzuteilenden Informationen (Input-Relevanz) zuständig ist.

2.1.6.3 Äußere Anschlusshandlungen

Schließlich kommt heute auch dem Reflexivitätskriterium eine gestiegene Bedeutung zu. Sie äußert sich in dem deutlichen Ausbau von handlungsorientierendem Marketing-Kommunikationswissen unter Unternehmen, Agenturen und Konsumenten. Seitens der Unternehmen und der von ihnen beauftragten Agenturen hat die Gewinnung von Consumer Insights höchste kommunikationsstrategische Bedeutung erlangt. Denn erst diese ermöglichen ihnen die Ausbildung von Erwartungserwartungen. Sie sind die Grundlage, um in den Märkten beobachtbare äußere Anschlusshandlungen bewirken zu können, die den Marketing-Kommunikationsangeboten von Unternehmen strategisch zugerechnet, also auf diese zurückgeführt werden können. Diese Anschlusshandlungen müssen nicht nur im Sinne der dialogorientierten Marketing-Kommunikation auf das Unternehmen zielen (z. B. Informationsanforderung, Beschwerden, Fragebogenrücksendung etc.), sondern umfassen auch kommunikative Anschlusshandlungen, die im sozialen Netzwerk der Konsumenten, beispielsweise initiiert durch Word-of-Mouth-Marketing, vonstatten gehen. Ebenso ist es heute ein Qualitätskriterium der Marketing-Kommunikation, Anschlusshandlungen im Mediensystem auszulösen, indem für das Unternehmen kostenlos über seine Marketing-Kommunikation wie beispielsweise über einen Event oder eine Promotion berichtet wird (Earned Media). Und natürlich will die Marketing-Kommunikation heute mehr denn je einen (Wieder-)Kauf als die fundamentalste sinnhafte Anschlusshandlung im Marketing-Kommunikationskontext auslösen. Beispiele

VW hat den Launch seines neuen Modells Eos unter anderem mit einer Online-Kampagne begleitet, wobei VW die gebuchten Online-Medien nicht für Werbemittelkontakte, sondern im Rahmen eines performanceorientierten Abrechnungsmodells für durchgeführte Probefahrten bezahlt hat. Die Kosten konnten so um das achtfache reduziert werden (vgl. Hegner 2008: 4). Die Verlage Springer und Burda haben Abrechnungsmodelle im Printmedienbereich eingeführt, nach denen sich der Preis für die Schaltung einer Anzeige am Abverkauf des beworbenen Produktes bemisst (vgl. o. V. 2009: 1).

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Um Marketing-Kommunikation reflexiv gestalten und damit abseits vom technizistischen Informationsübertragungsmodell im eigentlichen Sinne überhaupt erst kommunikativ handeln zu können (s. Kap. A 1.2), ist es für das Unternehmen unabdingbar, die Selbstbezüglichkeit seiner Marketing-Kommunikation begutachten zu können, was idealerweise eben über beobachtbare und zurechenbare Anschlusshandlungen des avisierten Publikums und der avisierten Zielpersonen vonstatten geht, die als Grundlage für die Ausgestaltung der Folgekommunikationen des Unternehmens dienen. Nur so können die Unternehmen der typischen Einseitigkeit der Handlungsintention der traditionellen Marketing-Kommunikation, vor allem in Form der klassischen Werbung, entgegenwirken. Denn die Rezeption werblicher Kommunikationsangebote erfolgt in der Regel nicht intendiert. Verschränkt mit anderen intendierten kommunikativen und nichtkommunikativen Handlungen ist deren Rezeption gewöhnlich hierarchisch nachgeordnet, weswegen ja gerade auch die TV-Blockwerbung als etwas Störendes erlebt wird, da sie eine intendierte Rezeption, beispielsweise die eines Spielfilms, unterbricht. In den Worten von Chuck Porter (2008: 7), dem Mitgründer und Chairman der US-amerikanischen Kommunikationsagentur Crispin, Porter + Bogusky, formuliert: „… Marketer [bemerken], dass es kein allzu zielführender Ansatz mehr ist, Menschen bei ihren Tätigkeiten durch Werbung zu unterbrechen. Neue Technologien wie Festplattenrekorder, aber auch das Pay-TV machen es für das Publikum leichter denn je, Marketingbotschaften zu ignorieren, die über klassische Massenmedien versendet werden.“

Traditionell behelfen sich die Unternehmen in dieser Situation, indem sie Indikatoren aus Werbewirkungsanalysen heranziehen, um zu Aussagen hinsichtlich der Anschlusswahrscheinlichkeit von Handlungen seitens der Konsumenten zu kommen. Diese geben jedoch nur indirekt Hinweise zur Steuerung der Marketing-Kommunikation. Es werden die Ausprägungen von Merkmalen innerer, emotional-kognitiver Dimensionen, vor allem der Bekanntheit und der Einstellung (z. B. gestützte und ungestützte Marken-/Werbebekanntheit, Kaufbereitschaft, Markenimage) gemessen und in der konzeptionellen Ausrichtung der Marketing-Kommunikation berücksichtigt. Äußere Anschlusshandlungen stellen jedoch ein weitaus härteres Evaluationskriterium des Erfolgs der Marketing-Kommunikation dar, da sie, ihre direkte Zurechenbarkeit vorausgesetzt, als etwas ungefiltert Wahrnehmbares dem Unternehmen die unmittelbare Überprüfung des Selbstbezugs seiner Marketing-Kommunikation ermöglichen und damit zu verlässlicheren Annahmen hinsichtlich des Verständnisses und der Verarbeitung seiner Kommunikationsangebote verhelfen: Sie helfen dem Unternehmen bei der Beantwortung der fundamentalen Frage, ob sich die Erwartungserwartungen, die als Consumer Insights der Konzeption und konkreten Ausgestaltung seiner Marketing-Kommunikation zugrunde liegen, als plausibel erweisen. Mit Philip J. Kitchen et al. (2004: 27) kann die sich heute für Unternehmen stellende Notwendigkeit, sich am reflexivitätsbasierten Erfordernis der Anschlusshandlun-

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gen zu orientieren, zusammengefasst werden mit: „Only if communication resources are invested and measured against actual customer behavior can financial returns be compiled“. Und auch hier gilt wieder, dass Reflexivität im Marketing-Kommunikationsprozess natürlich auch rezipientenseitig wirksam ist und als intersubjektiv gültiges Marketing-Kommunikationswissen den Handlungen der Konsumenten und Kunden Orientierung verleiht.

2.2

Definition

Zusammenfassend kann festgehalten werden: Im Zuge der kommunikationstheoretischen Klärung des Marketing-Kommunikationsbegriffs rücken drei für Kommunikation notwendige, komplementäre Kriterien in den Mittelpunkt. Diese können als kommunikative Prämissen des Marketings aufgefasst werden und fördern abseits vom Sender-Empfänger-Modell die Diffusion eines modernen, elaborierten, qualitätsorientierten Kommunikationsverständnisses im Marketingkontext: Selektivität, Kontextualität und Reflexivität (vgl. auch Tropp 2016, 2019): •

Der fortschreitende Anstieg an Komplexität und Dynamik in unternehmerischen Umwelten und die zunehmende Verknappung der Aufmerksamkeit beim Konsumenten fordern von Unternehmen einerseits höchste Achtsamkeit bei der eigenen Informations- und Mitteilungsproduktion und andererseits Strategien zur Aufmerksamkeitsgewinnung von Konsumenten und Kunden ein. Achtsamkeit und Aufmerksamkeit sind Voraussetzung, um Komplexität in Information überführen zu können (Selektivitätskriterium). • Seitens der Unternehmen und der Konsumenten steuern unterschiedlichste Kontexte, welche Bedeutung und welchen Sinn Marketingkommunikationsmittel haben. Kontexte, beispielsweise die Rezeptionssituation, und Kommunikationsmittel müssen zueinander passen. Dies ist die Voraussetzung für die Relevanz von Marketingkommunikationsmitteln (Kontextualitätskriterium). • Über die Gewinnung von Consumer Insights verschaffen sich die Unternehmen Sicherheit über das allgemeine und unternehmens-/markenspezifische kollektive Marketingkommunikationswissen, das sie mit den Konsumenten teilen. In sozialer Hinsicht ist dies die Voraussetzung zur Abstimmung der unternehmensseitigen Erwartungen und Handlungen mit denen der Konsumenten. Erwartungen und Handlungen wirken in der Zeitdimension auf sich selbst zurück und ermöglichen dem Unternehmen seine Marketingkommunikation und damit sich selbst zu steuern. In der Sachdimension verweben sich Marketingbotschaften ineinander und produzieren im Kommunikationsprozess begleitende Meta-Aussagen (Reflexivitätskriterium).

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Selektivität, Kontextualität und Reflexivität konstituieren als notwendige Kommunikationskriterien den Marketing-Kommunikationsprozess sowohl im Bereich der Produktion von Kommunikationsangeboten (Unternehmen, Agenturen) als auch im Bereich der Rezeption (Konsumenten, Kunden). Ansonsten wäre Marketing-Kommunikation keine spezifische Art von Kommunikation. Die hohe Bedeutung, die diesen Kriterien im Management der heutigen Marketing-Kommunikation zukommt, soll über die Charakterisierung der MarketingKommunikation als „modern“ zum Ausdruck kommen. Moderne Marketing-Kommunikation kann dann wie folgt definiert werden: ▶ Definition Moderne Marketing-Kommunikation umfasst alle Prozesse der Bedeutungsvermittlung (a) im Unternehmen, (b) zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt und (c) in der Unternehmensumwelt, mit denen die markt- und kundenbeziehungsorientierte Unternehmensführung realisiert wird. Um eine höchstmögliche Kommunikationsqualität zu erzielen, finden beim Management dieser Prozesse die kommunikationsnotwendigen Kriterien der Selektivität, Kontextualität und Reflexivität besondere Beachtung.

Aus diesem Verständnis Moderner Marketing-Kommunikation ergeben sich für Unternehmen drei zentrale Konsequenzen: •

Der Kommunikationsqualität kommt höchste Priorität zu. Dem Unternehmen steht heute ein vielfältig ausdifferenziertes Spektrum an Kommunikationsmöglichkeiten von grundsätzlich gleichberechtigten Mitteilungsstrategien (Kommunikationsdisziplinen) mit jeweils unterschiedlichen Funktionen beziehungsweise Funktionsschwerpunkten zur Verfügung (Werbung, Verkaufsförderung, Guerilla Marketing, Empfehlungsmarketing etc.). Keine dieser Disziplinen hat ein grundsätzliches Primat. Ihr jeweiliger Einsatz richtet sich an den spezifischen kommunikativen Erfordernissen unter Achtung des Grundsatzes der Erzielung höchst möglicher Kommunikationsqualität, besonders zur Erzielung von Customer Engagement aus. • Marketing-Kommunikation wird komplexer. Der einseitigen und einstufigen Persuasion von Zielgruppen wird die wechselseitige und mehrstufige Interaktion mit Zielpersonen zwecks des Aufbaus von Kundenbeziehungen zur Seite gestellt. Moderne Marketing-Kommunikation „emphasizes two-way communication through better listening to customers and interactivity and the idea that communication before, during and after transactions can build or destroy important brand relationships“ (Duncan/Moriarty 1998: 1). Die Folge ist, dass zunehmend ein lineares monokausales Kommunikationsprozessverständnis von einem zirkulären und relationalen Prozess- und Wirkungsverständnis verdrängt wird. Da Marken jedoch auf Öffentlichkeit angewiesen sind und damit öffentliche Kommunikation und ihre Reflexivitätsverhältnisse

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auch zukünftig integraler Bestandteil Moderner Marketing-Kommunikation sein werden, wird die an anonyme Zielpersonen gerichtete Kommunikation auch weiterhin Bestand haben. • Unternehmen müssen ihre quantitative kontaktbasierte um eine qualitative kommunikationsbasierte Media-Planung ergänzen. Das heißt, sie nutzen in der Marketing-Kommunikation in Abhängigkeit von der Komplexität der Kommunikationsaufgabe (Ziele, zu kommunizierende Inhalte, antizipierte Rezeptionssituation des Konsumenten etc.) Medien mit unterschiedlichen Graden an „Reichtum“ (Media Richness). Reiche Medien werden bei komplexen Aufgaben eingesetzt und zeichnen sich der Media-Richness-Theorie zufolge durch Informationsfülle und Symbolvielfalt, die Möglichkeit für persönliche Kontakte und eine unmittelbare Feedback-Möglichkeit aus (vgl. Daft et al. 1987: 358, Daft/Lengel 1984). Die reichste Form der Kommunikation ist demnach das Gespräch, die ärmste das nicht persönlich adressierte, auf Papier verschriftlichte Wort. Mit Denis McQuail (2012) können reiche Medien noch weiter spezifiziert werden. Sie weisen folgende Eigenschaften aus: ◆ Interaktivität (Teilnahmemöglichkeit des Rezipienten am Kommunikationsprozess), ◆ Sozialpräsenz/Soziabilität (persönliche Kontaktmöglichkeit), ◆ Zeichenvielfältigkeit (multimodale Wahrnehmung), ◆ Nutzenvielfalt (unterschiedliche Funktionalitäten), ◆ Autonomie des Rezipienten gegenüber den Kommunikationsangeboten bzw. dem Kommunikationspartner, ◆ Verspieltheit (Unterhaltungsnutzen in Relation zu Nützlichkeitserwägungen) sowie ◆ Privatheit und Personalisierungsmöglichkeit von Mediengebrauch und Inhalten.

2.3

Formen der Modernen Marketing-Kommunikation

Die Moderne Marketing-Kommunikation nutzt grundsätzlich alle zur Verfügung stehenden Formen der Kommunikation, wobei sie jedoch ein besonderes Augenmerk auf die Möglichkeiten des Einsatzes moderner computertechnologie- beziehungsweise mikroprozessorbasierter Medien legt. Für die Zwecke der Darstellung der Formen der Marketing-Kommunikation können unter einem Medium, hier zunächst verkürzt auf den technologischen Aspekt (zur ausführlichen Besprechung des Medienbegriffs s. Kap. A 4.1.1), alle auf Technologie beruhenden Mittel zur Codierung und Übermittlung, zur Speicherung sowie zur Abrufung und Decodierung von Kommunikationsangeboten verstanden werden, die für die Teilnahme an medienvermittelter öffentlicher Kommunikation wie Individualkommunikation notwendig sind (vgl. U. Six et al. 2007: 23).

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▶ Definition Als medienvermittelte öffentliche Kommunikation wird jene Form der Kommunikation verstanden, bei der Aussagen ohne begrenzte und personell definierte Empfängerschaft, „durch technische Verbreitungsmittel (Medien), indirekt (also bei räumlicher oder zeitlicher oder raumzeitlicher Distanz zwischen den Kommunikationspartnern) und einseitig (also ohne Rollenwechsel zwischen Aussagendem und Aufnehmendem) an ein disperses Publikum … vermittelt werden“ (Maletzke 1963: 32).

Mit dispersem Publikum sind die Menschen gemeint, die sich den Aussagen der Medien zuwenden. In ihrer Gesamtheit bilden die Mitglieder dieses Publikums ein Aggregat von Individuen, die räumlich voneinander getrennt oder die an einem Ort in relativ kleinen Gruppen versammelt sind, wie beispielsweise im Fall des Public Viewing einer TV-Liveübertragung (vgl. ebd.: 28 f.). Die davon zu unterscheidende Medien-Individualkommunikation, die sich einer öffentlichen Kommunikation anschließen kann – beispielsweise wenn ein Konsument über die in einer Anzeige öffentlich kommunizierte E-Mail-Adresse Kontakt mit dem Unternehmen aufnimmt –, vollzieht sich heute zunehmend computergestützt und kann ausdifferenziert werden in die • • •

nicht digitalisiert vermittelte interpersonale Kommunikation (z. B. Werbebrief), computervermittelte interpersonale Kommunikation (z. B. E-Mail, Unternehmens-Chatroom und -Blog) und Mensch-Computer-Kommunikation, die durch die Interaktion mit dem Computer gekennzeichnet ist – wie im Fall von Computerspielen oder von einigen Lernprogrammen, bei denen keine Interaktion zwischen Personen stattfindet.

Die Abb. 15 gibt einen groben Überblick über die von der Modernen MarketingKommunikation nutzbaren Kommunikationsformen. Allen derartigen Kategorisierungsversuchen liegt heute die Problematik zugrunde, dass, bedingt durch die Digitalisierung der Medien, die Grenzen zwischen den verschiedenen Kommunikationsformen und Medien fließend geworden sind. So können heute beispielsweise das Fernesehen als ein klassisches audiovisuelles Medium in Form von Internet Protokoll TeleVision (IPTV) auch den neuen Medien zugerechnet werden. Damit sind moderne Medien gemeint, die computertechnologie- beziehungsweise mikroprozessorbasiert sind und die zwar im Sinne von Gerhard Maletzke ihre Kommunikationsangebote öffentlich präsentieren, aber gleichzeitig Eigenschaften wie Digitalisierung, Interaktivität oder Vernetzung innehaben (vgl. U. Six et al. 2007: 23).

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Abb. 15 Grobe Einteilung der Formen der Modernen Marketing-Kommunikation, exemplarischer Medien und Kommunikationsangebote (in Anlehnung an U. Six et al. 2007: 25)

2.4

Struktur der Modernen Marketing-Kommunikation

Der Prozess der Bedeutungsvermittlung kann mit Niklas Luhmann (1991: 193 f., 1991c: 314 f.) anhand von drei kontingenten Selektionsschritten strukturiert werden: „… Kommunikation [ist] immer eine dreistellige Relation, bei der alle drei Stellen kontingente Selektionen repräsentieren: 1. ein Sachverhalt, der so oder auch anders beschaffen sein könnte; 2. ein Kommunikator, der über diesen Sachverhalt reden oder auch nicht reden könnte; 3. ein Empfänger, der die Mitteilung verstehen, akzeptieren oder nicht akzeptieren kann“ (Luhmann 1991c: 314 f.). Die Selektionsschritte, die dem Kommunikationsprozess seine Struktur geben, lauten demnach: •

die Selektion der Information, womit die Wahl des Kommunikationsinhaltes, das Was der Kommunikation gemeint ist; • die Selektion der Mitteilung, in der die Wahl der Kommunikationsart, das Wie der Kommunikation erfolgt; • die Selektion des Verstehens, bei der der Empfänger im Prozess seiner Bedeutungskonstruktion unterscheidet zwischen Mitteilung und Information. Erst wenn das Handeln eines Menschen daher als die Mitteilung von Information verstanden wird, liegt ein kommunikativer Akt vor, der Anlass für kommunikative

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Anschlusshandlungen geben kann, in denen über das Erreichen des Kommunikationsziels (Verständigung) und das Erfüllen des oder der Kommunikationszwecke(s) entschieden werden kann, also darüber, ob Kommunikation erfolgreich stattgefunden hat oder nicht. Es geht also darum, den Unterschied zu verstehen zwischen der inhaltlichen Information, dem Was, und dem Wie, wie die Information mitgeteilt wird, wodurch die Gründe für die Mitteilung einer Information geliefert werden. Erst wenn der verstehende Kommunikationspartner also dem mitteilenden Kommunikationspartner einen Unterschied zwischen Information und Mitteilung unterstellt, handelt es sich um Kommunikation (vgl. Schuldt 2012). Beispiel

Wenn Konsumenten nicht auf ein Marketing-Kommunikationsangebot eines Unternehmens reagieren, handelt es sich solange nicht um Marketing-Kommunikation, wie das Nichtreagieren vom Unternehmen einfach nur als ein Nichterreichen der Konsumenten verstanden wird. Das Nichtreagieren ist zwar eine Information für das Unternehmen, die aber nicht mitgeteilt wurde. Wird die Nichtreaktion aber vom Unternehmen als Folge des von der Zielgruppe als irrelevant eingestuften Kommunikationsangebots verstanden, handelt es sich um Kommunikation, weil das Unternehmen die Nichtreaktion als Mitteilung begreift und zwischen Information und Mitteilung unterscheidet.

Im Kommunikationsalltag schließt die kommunikative Anschlusshandlung in der Regel an die Information, an das „Was“, das der andere mitgeteilt hat, an, seltener an die Mitteilung, an das „Wie“, wie er es mitgeteilt hat. Jedoch wird in Situationen, in denen Verstehen einem Kommunikationspartner Probleme bereitet, typischerweise auf die gewählte Art der Mitteilung fokussiert, beispielsweise derart, dass man fragt, was der Sprecher mit seinem Unterton bezwecken will oder warum er sich ausgerechnet dieser ausgefallenen seltenen Formulierung bedient. Passen beim Verstehen die Informations- und Mitteilungsselektion des Kommunikationspartners nicht zusammen, entsteht Bedarf für reflexive Kommunikation, bei der über die vorausgegangenen Kommunikationsakte kommuniziert wird (vgl. Schneider 1992: 421). Diesen drei Selektionen, die einen kommunikativen Akt strukturieren, kommt in der Marketing-Kommunikation herausragende Bedeutung zu, da die Selektion der Information und der Mitteilung hochgradig professionalisiert ist. Kommunikationsagenturen bemühen sich unter Erwartung, wie eine Mitteilung von bestimmten Zielgruppen und -personen verstanden und verarbeitet wird, um die Schaffung kreativer, effektiver Kommunikationsangebote (Wie), deren Inhalte (Was) von den marketingtreibenden Unternehmen und/oder Kommunikationsagenturen ausgewählt wurden, um von den Rezipienten verstanden und je nach Kommunikationszweck durch innere und/oder äußere Anschlusshandlungen verarbeitet zu werden. In einer detaillierten Betrachtung lassen sich in Abhängigkeit von der Form der Marketing-Kommunikation (Direkt- vs. Medienkommunikation) die folgenden

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sechs beziehungsweise sieben strukturgebenden Selektionsschritte in der Marketing-Kommunikation identifizieren, die hier im Folgenden zunächst nur kurz zusammengefasst dargestellt sind. Wichtig ist der Hinweis, dass diese Schritte keine chronologische Abfolge implizieren, wie es rezipientenorientierte Modelle der Selektionsphasen vorsehen, die eine Unterteilung in eine präkommunikative, kommunikative und postkommunikative Phase vornehmen (selektive Zuwendung, selektive Wahrnehmung und selektive Erinnerung) (s. z. B. W. Schulz 1990, Donsbach 1991). Dieser Temporalisierung der Selektionsschritte wird einerseits nicht gefolgt, weil mit der hier vorgenommenen Konzeption von Kommunikation als Ergebnis der Handlungen von mindestens zwei Menschen Kommunikation nicht auf den Zeitpunkt des physischen Kontaktes des Rezipienten mit einem Kommunikationsangebot reduziert und mit selektiver Wahrnehmung gleichgesetzt werden kann. Zum anderen scheint es angebracht, von einer vernetzten Organisation der Selektionen und damit von Wechselwirkungen unter den einzelnen Schritten auszugehen. So wird beispielsweise die Auswahl des konkreten Inhalts des Marketing-Kommunikationsangebots unweigerlich von der Auswahl des Mediums mit beeinflusst. Ebenso ist es unsinnig anzunehmen, dass die Selektion einzelner Mitteilungsteile aus einem MarketingKommunikationsangebot, wie zum Beispiel der Überschrift einer Anzeige, vor der Rezeption dieser Mitteilungsteile geschieht. Selektion von Inhalten ist immer auch mit einer mehr oder weniger bewussten selektiven Bedeutungszuschreibung verbunden (vgl. auch Wirth/Schweiger 1999: 45). Klaus Merten (1994a: 298 f.) zeigt auf, dass neben den unmittelbar einem Kommunikationsakt zurechenbaren Selektionen noch weitere Selektionsinstanzen begleitend wirksam sind, indem diese auf die eigentlichen Selektionen des Kommunikationsaktes einwirken, also die Selektivität der Kommunikation noch weiter verstärken. Diesen Selektionsinstanzen entsprechen gemäß dem hier zugrunde gelegten Kommunikationsverständnis die Kontexte, aus denen eine kommunikative Handlung ihren erklärbaren Sinn bezieht (s. Abb. 16). 1. Auswahl des Inhalts des Marketing-Kommunikationsangebots Ausgewählt wird von den Mitarbeitern eines marketingtreibenden Unternehmens – alleine oder in Zusammenarbeit mit einer Kommunikationsagentur – oder von einem einzelnen Unternehmensvertreter (z. B. Verkäufer, Servicemitarbeiter) die Information, die mitgeteilt werden soll (Inhalt des Marketing-Kommunikationsangebots). Diese Selektion beruht auf einer Reihe von Teilselektionen (Positionierung, Markenstrategie, Zielgruppenauswahl, Ziele etc.), die in ihrer Gesamtheit die Konzeption der Informationsproduktion ausmachen. 2. Auswahl der Mitteilungsstrategie, des Kommunikationsstils (Tonalität) und der Kommunikationsgestaltung In Abstimmung zwischen einer Kommunikationsagentur, genauer: Content- oder Kreativ-Agentur, und dem marketingtreibenden Unternehmen wird unter Bezug-

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Abb. 16 Strukturmodell der Modernen Marketing-Kommunikation (eigene Darstellung)

nahme auf das Marketing-Kommunikationswissen, vor allem das vorhandene Wissen über den oder die Rezipienten, ausgewählt, • welche Mitteilungsstrategie beziehungsweise -strategien im Sinne von Kommunikationsdisziplinen wie zum Beispiel Werbung, Verkaufsförderung, Guerilla Marketing etc. eingesetzt werden, • in welcher Tonalität die Mitteilung erfolgen soll, beispielsweise: engagiert, menschlich, dynamisch und jung, • wie die Mitteilung formal gestaltet wird hinsichtlich des Layouts, Filmschnitts, Artworks, der Farbigkeit, Typografie etc. Erfolgt die Marketing-Kommunikation direkt, beschränkt sich dieser Selektionsschritt auf den Punkt der Tonalität. 3. Auswahl des Mediums (inter- und intramedial) Ausgewählt wird in der Regel von einer Media-Agentur, in welcher Mediengattung (z. B. Fernsehen oder Zeitschrift) das Marketing-Kommunikationsangebot präsen-

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tiert werden soll (= intermediale Selektion) und in welchen konkreten Medien innerhalb einer Mediengattung (z. B. Zeitschrift: Focus oder Der Spiegel) dies wann erfolgen soll (= intramediale Selektion). Die Selektion orientiert sich an: •

qualitativen Aspekten wie zum Beispiel dem Kommunikationszweck, der MediaZielgruppe, den Mediumsqualitäten oder dem redaktionellen Umfeld; • quantitativen Aspekten wie beispielsweise dem zur Verfügung stehenden MediaBudget und dem Kosten-Leistungs-Verhältnis eines Mediums; • formalen Kriterien wie beispielsweise der Regionalität eines Mediums oder dessen kurzfristige Verfügbarkeit (vgl. Hofsäss/Engel 2003: 201 f.). Ausgewählt wird aber auch vom Rezipienten, welcher Mediengattung und welchem Medium er sich zuwendet. Als Selektionskriterium dient die dauerhafte oder habituelle Auswahl eines Mediums aus dem Angebot von substituierbaren Medien wie beispielsweise das Abonnement einer Tageszeitung, die Präferenz für einen bestimmten Hörfunksender oder die voreingestellte Startseite des WWW-Browsers (vgl. Donsbach 1991: 25). Wird die Marketing-Kommunikation direkt, als nicht medial gestaltete interpersonale Kommunikation realisiert, wie es beispielsweise bei einem Verkaufs- oder Servicegespräch der Fall ist, entfällt dieser Selektionsschritt. 4. Auswahl des Marketing-Kommunikationsangebots Media- und/oder Kreativ-Agentur wählen in Absprache mit dem Unternehmen das Marketing-Kommunikationsangebot aus, das in einem Medium präsentiert wird. Die Selektion erfolgt wiederum nach qualitativen und quantitativen Aspekten und wird darüber hinaus durch die in einem Medium zur Verfügung stehenden buchbaren Präsentationsoptionen gesteuert, die nach • • •

Größe (z. B. 1/1-Seiten-Anzeige versus 1/2-Seiten-Anzeige), Dauer (z. B. 10-Sekunden- versus 30-Sekunden-TV-Werbespot), redaktionellem Integrationsgrad (z. B. 1/1-Seiten-Anzeige versus Advertorial)

variieren. Auch hinsichtlich der Auswahl des Marketing-Kommunikationsangebots ist der Rezipient aktiv. Er wendet sich im physischen Kontakt mit dem Medium selektiv einem Marketing-Kommunikationsangebot zu, womit im selben Moment Verstehen einsetzt. Dieser Selektionsschritt kann daher als Schnittpunkt der Mitteilungsselektion seitens des Kommunikators und der Verstehensselektion seitens des Rezipienten angesehen werden. In der direkten Marketing-Kommunikation realisiert sich die Auswahl des Marketing-Kommunikationsangebots vornehmlich über die Art der Führung des Verkaufsgesprächs.

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5. Auswahl einzelner Mitteilungsteile aus einem Marketing-Kommunikationsangebot Ausgewählt werden vom Rezipienten einzelne Mitteilungsteile aus dem selektierten Marketing-Kommunikationsangebot. Dies kann beispielsweise die Überschrift einer Anzeige, ein Bild auf einem Plakat, der Jingle eines Funkspots oder der in einem Verkaufsgespräch genannte Produktpreis sein. Der Aufmerksamkeit des Rezipienten kommt hier als Selektionskriterium entscheidende Bedeutung zu (vgl. Eilders 1999: 25, Merten 1994a: 299, Wirth/Schweiger 1999: 45). Abb. 17 zeigt beispielhaft die mittels einer Augenkamera festgehaltene Auswahl einzelner Teile einer Mitteilung, wobei jeweils die Position im Blickverlauf und die Verweildauer des Blicks in einem Gebiet ausgewiesen sind (vgl. auch Kap. B IV 2.2.1). 6. Sozial und kulturell geregelte Bedeutungskonstruktion (Rezeption) Der Rezipient versteht unter Rückgriff auf seinen gesamten sozial-kulturellen Erfahrungsbestand das Marketing-Kommunikationsangebot beziehungsweise dessen einzelne Mitteilungsteile; er konstruiert also top-down und buttom-up eine spezifische Bedeutung – oder er versteht es nicht.

Abb. 17 Selektiver Blickverlauf innerhalb eines Kommunikationsangebots (Quelle: www. phaydon.de; Zugriff: 14. 11. 2018)

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7. Auswahl der Verarbeitungsweise des rezipierten Marketing-Kommunikationsangebots beziehungsweise einzelner Teile daraus Ausgewählt werden vom Rezipienten innere und äußere Anschlusshandlungen, mit denen er das rezipierte Marketing-Kommunikationsangebot beziehungsweise Teile davon verarbeitet. Diese Handlungen können mehr oder weniger bewusst erfolgen. Beispiele sind das Erinnern, das Bewerten, die Weiterempfehlung von etwas an Dritte oder das Reagieren in Form der Kontaktaufnahme mit dem Unternehmen. Alle geschilderten Selektionsschritte sind in spezifische Sinnzusammenhänge, in Kontexte eingebettet. Zum einen sind die unternehmensinternen Kontexte zu nennen, worunter beispielsweise die organisatorisch-strukturellen Bedingungen des Kommunikators fallen. Dies sind beispielsweise die Unternehmensgröße, die Gesellschaftsform (z. B. inhabergeführtes vs. börsennotiertes Unternehmen) oder die strukturelle Verankerung der Abteilung Marketing-Kommunikation innerhalb des Unternehmens. Die Ausformung der Organisationsstruktur ist an die Unternehmens- beziehungsweise Agenturkultur gebunden, die als Problemlösungsprogramm alle relevanten Unternehmensprozesse und damit auch die Entwicklung der Marketing-Kommunikation regelt. Andererseits sind auch unternehmensexterne Kontexte zu berücksichtigen. So macht es beispielsweise bei der Auswahl des Kommunikationsinhaltes einen grundlegenden Unterschied, ob ein Unternehmen unangefochtener Marktführer in seinem angestammten Markt ist oder ob es in ein neues Marktsegment eintreten will. Schließlich sind auf Kommunikatorseite auch individuelle Kontexte bei der Informations- und Mitteilungsproduktion sinngebend wirksam. Zu denken ist etwa an Karriereüberlegungen und persönliche Werte und Überzeugungen eines MarketingKommunikationsmanagers. Seitens des Konsumenten und Kunden schlägt sich unter anderem die Verfügbarkeit des Mediums als externe Kontextbedingung im selektiven Verstehensprozess nieder. So stehen in Abhängigkeit von der Situation nur bestimmte Medien zur Verfügung und andere nicht, wie dies beispielsweise im Wartezimmer eines Arztes der Fall ist. Auch spielt eine Rolle, ob zum Zeitpunkt der Rezeption andere anwesend sind und man durch diese abgelenkt wird oder nicht. Weiterhin stehen die Selektionsschritte des Verstehens und der Verarbeitung im internen Kontext psychosozialer Bedingungen des Handelnden, wobei vor allem seinem Involvement eine zentrale Rolle zukommt. Zu nennen sind aber auch Erfahrungen, Einstellungen, emotionale Verfassung, rationale Kalküle sowie Normen und Werte, die ihrerseits wiederum auch nur selektiv aktiviert werden, als auch soziodemographische Spezifika. Alle diese Faktoren tragen zur Komplexität und schweren Kalkulierbarkeit des Verstehensund Verarbeitungsprozesses bei.

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2.5

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Grundlagen der Modernen Marketing-Kommunikation

Prozess der Modernen Marketing-Kommunikation

Die geschilderte Struktur der Marketing-Kommunikation ist die Voraussetzung dafür, dass sich die Marketing-Kommunikation als ein Prozess systematisch realisieren kann. Dieser kann in einem Prozessmodell der Marketing-Kommunikation dargestellt werden (s. Abb. 18). Er wird im Folgenden im Überblick kurz beschrieben. Auf die einzelnen Prozessphasen und die zugrunde liegenden strukturgebenden Selektionsschritte wird in den Kapiteln des Teils B ausführlich eingegangen. Die Informationsproduktion (Input) seitens des marketingtreibenden Unternehmens und seiner externen Dienstleister – in der Regel Kommunikationsagenturen – oder seitens personaler Unternehmensvertreter, wie im Fall der direkten oder medienvermittelten Individualkommunikation (z. B. Verkäufer, Messestandpersonal, Call-Center-Mitarbeiter), vollzieht sich unter Einfluss unternehmensinterner und -externer sowie individueller interner Kontextfaktoren. Diese variieren und wirken sinngebend auf die miteinander verschränkten kognitiven und emotionalen Zustände und Prozesse der beteiligten Personen ein, die während der Produktion der Marketing-Kommunikationsinformation stattfinden. Die Informationsproduktion wird dadurch selektiv. Dies gilt auch für die Gestaltung der Mitteilung, für die Codierung der Information, also für die Gestaltung des konkreten, sinnlich wahrnehmbaren Kommunikationsangebots im Marketing-Kommunikationsprozess, sowie im Fall der indirekten Realisation des Kommunikationsprozesses für die Entscheidung die interund intramediale Präsentation des Kommunikationsangebots (Output) betreffend. Bedingt durch die Reflexivität des Kommunikationsprozesses in seiner zeitlichen Dimension wirken frühere Ergebnisse der Informationsproduktion und der Mitteilungsgestaltung auf den aktuellen Prozess und dessen Selektivität zurück (R1). Informationsproduktion und Mitteilungsgestaltung sind also im Falle von Unternehmen, die bereits seit Längerem Marketing-Kommunikation betreiben, als selbstreferentielle Prozesse anzusehen, die in der zeitüberdauernden Orientierung an der Markenpositionierung (Information) und in der Einhaltung des Corporate beziehungsweise Brand Designs (Mitteilung) ihre operative Ausformung in der Praxis finden. Die Möglichkeit, diesen Mechanismus je nach Perspektive als Vorteil (Selbstreferenz verschafft Sicherheit, da sie den Möglichkeitsraum einengt, also Kontingenz reduziert) oder als Nachteil (Selbstreferenz schränkt die Kreativität ein) aufzufassen, eröffnet sich Start-ups nicht. Sie sind bis zum Tag ihres ersten kommunikativen Auftritts im Markt geschichtslos und damit in ihrer Marketing-Kommunikation (leider) befreit von Selbstreferenz. Als weiteres Reflexivitätsverhältnis sind bei der Informationsproduktion und der Gestaltung der Mitteilungsform in der sozialen Dimension die erwarteten Erwartungen der Konsumenten und Kunden wirksam (R2). Unternehmen und Agenturen machen also die von ihnen angenommenen Erwartungen der Zielgruppen und Zielpersonen, die sie als „Consumer Insights“ aus ihren Abteilungen Marktforschung, strategische Planung oder Data Analytics beziehen, zur Grundlage der Gestaltung

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Abb. 18 Prozessmodell der Modernen Marketing-Kommunikation (eigene Darstellung)

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des Inhalts (Was ?) und der Form (Wie ?) des Marketing-Kommunikationsangebots. Diese angenommenen Erwartungen können sich auf alle Aspekte beziehen, die von Relevanz für die Kaufentscheidung und die Produktverwendung seitens des Konsumenten sind. In jüngerer Zeit haben die Erwartungen, die sich auf den Kommunikationsprozess selbst beziehen, enorm an Bedeutung gewonnen. Annahmen über die Erwartungen des Konsumenten, wie er in der Marketing-Kommunikation welche Information mitgeteilt bekommen möchte, haben bei Unternehmen und Agenturen wesentlich zur Bedeutungszunahme des Kriteriums der Kommunikationsqualität in der Modernen Marketing-Kommunikation beigetragen. Auch das Verstehen und die emotional-kognitive Verarbeitung der mitgeteilten Information (Outgrowth) geschehen unter dem sinngebenden Einfluss von Kontextfaktoren, und zwar differenziert in individuumsinterne Kontexte und soziodemografische Spezifika einerseits und individuumsexterne Kontexte andererseits. Die mit der Decodierung des selektierten Kommunikationsangebots erfolgende Bedeutungskonstruktion ist ebenfalls selektiv und selbstreferentiell, da auch hier die Resultate früherer selektiver Kommunikationsprozesse auf den aktuellen Verstehens- und Verarbeitungsprozess zurückwirken (R3). Der Rezipient nimmt im Prozess entsprechend dem Grad an Loyalität die Rolle eines Konsumenten (bisher kein Kauf eines Angebots des Unternehmens getätigt) bis hin zu der eines Stammkunden (höchste Loyalität) ein. Auch kann er als Kommunikationspartner den Marketing-Kommunikationsprozess mehrstufig gestalten, indem er in direkter oder medienvermittelter Kommunikation ein Kommunikationsangebot im intendierten Sinne des Unternehmens und seiner Agentur in seinem sozialen Netzwerk oder auch in der Öffentlichkeit (z. B. via youtube.com) distribuiert. Auch seitens des Konsumenten und Kunden sind erwartete Erwartungen wirksam (R4). So hat er beispielsweise dank seines Marketing-Kommunikationswissens genaue Vorstellungen davon, was für Reaktionen ein Unternehmen auf seine Marketing-Kommunikationsangebote erwartet. Genau dies impliziert die Redeweise vom mündigen und kritischen Verbraucher, der heute bereits während seiner Schulzeit einen detaillierten Überblick über die Marketing-Kommunikation in unserer Gesellschaft erhält (s. z. B. Riedel 2016). Als weiteres äußerst wirksames Reflexivitätsverhältnis ist die Reflexivität des Wissens und Meinens der Konsumenten und Kunden in Bezug auf andere Konsumenten und Kunden zu nennen (R5). So weiß oder meint der einzelne Konsument, dass auch andere Konsumenten über die spezifischen Eigenschaften einer Marke Bescheid wissen. Diese reflexive Wissensstruktur ist bei Produktkategorien mit einem hohen ökonomischen und/oder sozialen Kaufrisiko (z. B. Auto, Kleidung) ein wichtiger Entscheidungsmechanismus bei der Markenwahl, um mit dem Kauf und der Nutzung des Produktes eine bestimmte soziale Gruppenzugehörigkeit und Wertehaltung zum Ausdruck bringen zu können. Reflexivität ermöglicht also das Entstehen kollektiven Markenwissens in Öffentlichkeiten im Sinne von Zielgruppen. Hierin ist der Grund zu sehen, warum Moderne Marketing-Kommunikation auch zukünftig auf

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Öffentlichkeit angewiesen ist. Nur so kann sie kollektives Markenwissen aufbauen, was nicht über private One-to-One-Kommunikationen zwischen Unternehmensvertretern und Kunden erreicht werden kann. Mit Medien, die sich an die Öffentlichkeit wenden, die also allgemein adressierte Kommunikationsangebote vorhalten, verknüpfen Rezipienten das Wissen, dass auch (viele) andere dieselben Medien nutzen, womit allein aus der Reichweite der Medien wichtige Wirkungen resultieren. Durch öffentliche Kommunikation „kennt der Einzelne die Themen, die er auch bei anderen als bekannt unterstellen kann, und er kann das Entscheidungsverhalten anderer Gesellschaftsmitglieder zumindest prognostizieren“ (Jarren 2008: 335) und damit sein soziales Kaufrisiko mindern. Die äußeren beobachtbaren Handlungen der Konsumenten, Kunden und Kommunikationspartner (Outcome und Outflow) dienen schließlich dem Unternehmen und seinen Agenturen der Erfolgskontrolle des Prozesses und seiner Adjustierung. Dies betrifft auch die Frage nach den Wirkungen der Selbstreferenz der MarketingKommunikation, beispielsweise: Ist auch heute noch unsere Orientierung an der bis dato erfolgreich gewesenen Orientierung an der Positionierung unserer Marke, getreu dem Motto „Das haben wir doch immer so gemacht !“, erfolgreich ?

2.6

Paradigmen der Marketing-Kommunikation

Parallel zur Entwicklung des Marketings vom Transaktions- zum Beziehungsmarketing (s. Kap. A 2.1.1) haben sich seit der Mitte des 20. Jahrhunderts in der MarketingKommunikation die beiden Paradigmen der persuasiven Markenkommunikation und der beziehungsorientierten Direktmarketing-Kommunikation herausgebildet. Seit Beginn der 1990er Jahre hat sich zudem die Integrierte (Marketing-)Kommunikation als drittes Paradigma konstituiert, das im Sinne von Thomas Kuhn (1976) als das heute herrschende Paradigma bezeichnet werden kann. Es bewahrt typischerweise für ein neues Paradigma Teile aus den beiden früheren Paradigmen, führt diese zusammen und eröffnet im Zuge des Komplexitätsanstiegs der Marketing-Kommunikationsverhältnisse in der Praxis neue Problemlösungszugänge (vgl. ebd.: 181). Alle drei Paradigmen zeichnet jeweils aus, dass sie spezifische Positionen zum Phänomen der Marketing-Kommunikation beinhalten, die von einem Kreis von Wissenschaftlern vertreten werden, die jeweils als eine wissenschaftliche Gemeinschaft angesehen werden können (vgl. ebd.: 187). Es handelt sich also um Konzeptionen von Marketing-Kommunikation, die kommunikationswissenschaftlich relevant sind, die sich in wesentlichen Punkten durch ihre unterschiedlichen Vorstellungen von Marketing-Kommunikation auszeichnen und die jeweils eine Menge der empirischen und theoretischen Arbeiten in den einzelnen Phasen des Entwicklungsverlaufs der Marketing-Kommunikation (s. Abb. 10) bündeln.

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2.6.1 Persuasive Markenkommunikation Zur Darstellung der Positionen des Paradigmas der persuasiven Markenkommunikation empfiehlt es sich, zunächst einen Blick auf den Persuasionsbegriff zu werfen, wodurch zentrale kommunikationstheoretische Annahmen dieses Paradigmas aufgedeckt werden können. Im Lexikon der Kommunikations- und Medienwissenschaft greift Klaus Merten zur Bestimmung des Persuasionsbegriffs auf die Definition von James Stiff (1994) zurück, wonach unter Persuasion „any message that is intended to shape, reinforce or change the responses of another, or others“ (zit. n. Merten 2013: 264 f.) verstanden wird. Spezifiziert werden muss, was unter „responses“ zu verstehen ist. So spricht die psychologisch orientierte Kommunikations- und Medienwissenschaft konkreter von Einstellungen und/oder Verhalten, die durch gezielte Kommunikation beeinflusst werden (vgl. U. Six 2007: 109). Aufgrund dieses Verständnisses von Persuasion als beeinflussende Kommunikation, die einen Wirkungserfolg impliziert, ist die Persuasionsforschung traditionell stark dem behavioristischen Stimulus-Response-Modell (S-R-Modell) verhaftet. Dieses fußt auf der durch Gustave Le Bon (1895) bekannt gewordenen Massenpsychologie. Le Bon (1951: 18) erklärt eine direkte Beeinflussbarkeit der „Masse“ damit, dass sich der einzelne als Glied einer Masse in einem hypnoseähnlichen Zustand befindet, wodurch die bewusste Persönlichkeit vollkommen ausgelöscht wird. „Sorgfältige Beobachtungen scheinen nun zu beweisen, daß ein einzelner, der lange Zeit im Schoße einer wirkenden Masse eingebettet war, sich alsbald – durch Ausströmungen, die von ihr ausgehen, oder sonst eine noch unbekannte Ursache – in einem besonderen Zustand befindet, der sich sehr der Verzauberung nähert, die den Hypnotisierten unter dem Einfluß des Hypnotiseurs überkommt.“ (ebd.: 17 f.)

Entsprechend kann nach dem S-R-Modell ein omnipotentes Medium („all-powerful media“, vgl. Kap. A 1.3.1) die schutzlos ausgelieferten und sozial isolierten Individuen nach Belieben beeinflussen. Eine bei allen Rezipienten identische Wirkung wird direkt und linear, ungeachtet jeweiliger psychosozialer Merkmalsausstattungen der Rezipienten, mit der Gestaltung der massenmedial verbreiteten Reize in Beziehung gesetzt. Die Introspektion als die Beobachtung des inneren Handlungsbereichs der Individuen, mit der der einzelne die in ihm ablaufenden Erlebnisprozesse, wie zum Beispiel Denkvorgänge, Gefühlsregungen oder Stimmungslagen, erfassen kann, wird von den Behavioristen mit der Begründung abgelehnt, dass die mit dieser Methode erfassten Beobachtungsgegenstände nur jeweils dem einzelnen Individuum zugänglich sind. Dadurch sei der Anspruch der Objektivität an eine wissenschaftliche Methode bei der Introspektion nicht erfüllt. Der Behaviorismus schließt diese Vorgehensweise daher vollkommen aus dem Repertoire der wissenschaftlichen Methoden aus, was schließlich dazu führt, dass jegliches menschliches Erleben, Verhalten

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Abb. 19 Ein markt- und werbepsychologisches S-R-Modell (Quelle: Rosenstiel/Neumann 1982: 41)

und Handeln entweder anhand von vorausgehenden Reizen oder von Reaktionen beziehungsweise Konsequenzen dieser Reaktionen operationalisiert wird (vgl. Rosenstiel/Neumann 1982: 4, 39, s. Abb. 19). John B. Watson, der Hauptvertreter des Behaviorismus, der im Jahre 1924 Vice President der Kommunikationsagentur J. Walter Thompson wurde, fasst die Ausrichtung des Behaviorismus wie folgt zusammen: „Psychology as the behaviorist views it is a purely objective experimental branch of natural science. Its theoretical goal is the prediction and control of behaviour.“ (Watson 1913: 158)

Die vom S-R-Modell propagierte Vorstellung von weitgehend uniformen Reaktionsweisen der Adressaten auf Kommunikationsstimuli trägt erheblich zum Bild eines nahezu uneingeschränkt manipulierbaren Rezipienten beziehungsweise Konsumenten bei, der den Reizen der Marketing-Kommunikation bedingungslos unterliegt. Persuasion wird von den Behavioristen als eine eindeutig planbare, kommunikative Beeinflussung anderer aufgefasst, wie es etwa bei Neil F. Miller zweifelsfrei zum Ausdruck kommt: „It is a fact that human behavior, following the laws of psychology, is often more predictable than the performance of machines that are governed by the laws of physics and chemistry.“ (Miller 1950: 580)

Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass in jüngerer Zeit Zweifel aufgekommen sind, ob Medienwissenschaftler vor dem zweiten Weltkrieg tatsächlich einem S-R-Denken

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verpflichtet waren. Frank Esser und Hans-Bernd Brosius (2000) kommen nach umfangreicher Literaturrecherche zu dem Ergebnis, dass der S-R-Ansatz ein kommunikationswissenschaftlicher Mythos ist, der aufgrund mangelnder Reflektiertheit, gegenwartsbezogener Überheblichkeit und einem rhetorischen Abgrenzungsbedürfnis nicht totzukriegen ist (vgl. ebd.: 65 f.). Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass viele Methoden und Theorien, die von Marketingwissenschaftlern und Werbewirkungsforschern zur Erklärung kommunikativer Vorgänge herangezogen werden, auf naiven deterministischen Wirkungsannahmen basieren, wie sie auch dem skizzierten S-R-Ansatz zugrunde liegen (vgl. Kap. B III 2.1). Das Persuasionskonzept erfährt vor allem durch die zwischen Ende der 1940er und Anfang der 1960er Jahre entstandenen Forschungen aus dem Yale Communication Research Program unter der Leitung von Carl I. Hovland eine Modifizierung (s. besonders Hovland et al. 1953, 2017, im Überblick s. Schenk 1987: 45 – 103). Die in diesem Programm stattfindende Persuasionsforschung konzentriert sich auf die Frage, wie und unter welchen Rahmenbedingungen eine Veränderung von Einstellungen durch Kommunikation bewirkt wird. Einstellungen werden hier von einem neobehavioristischen Standpunkt aus als intervenierende Variable aufgefasst, die im Organismus (O) zwischen Stimulus und Reaktion als ein wirkungsmodifizierender Filter operieren (S-O-R-Modell, s. Abb. 20). ▶ Definition (vgl. Hannover et al. 2004: 190, Schenk 1987: 37) Einstellungen sind eine wertende Haltung einer Person gegenüber einem Objekt, einer Person oder einem Sachverhalt (dem Einstellungsobjekt) und spiegeln deren allgemeine Orientierung (Annäherung versus Ablehnung) gegenüber dem Einstellungsobjekt wider.

Abb. 20 Das S-O-R-Modell der Einstellungen in der Persuasionsforschung (Quelle: Schenk 1987: 39)

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In der Literatur werden Einstellungen übereinstimmend anhand der Drei-Komponenten-Theorie strukturiert, wonach sich eine Einstellung aus in Interrelation befindlichen affektiven, kognitiven und konativen Elementen zusammensetzt: die gefühlsmäßige Bewertung eines Sachverhalts, das erkenntnismäßige Wissen über diesen Sachverhalt und die Handlungstendenzen, zum Beispiel die Kaufabsicht (s. z. B. Hormuth 1979: 5, B. Six 1980: 57 f.). Deutlich ist, dass Verhalten integraler Bestandteil des Einstellungskonzeptes ist, weswegen die Forschung zum Einstellungskonstrukt, deren Beginn Bernd Six (1980: 56) zufolge auf die Arbeit von William I. Thomas und Florian Znaniecki (1918 – 1920) zurückgeht, nahtlos in die behavioristische Persuasionsforschung eingepasst werden konnte. Den Individuen wird aber durch die Berücksichtigung ihrer Einstellungen ein erheblicher Spielraum bei ihren Reaktionsmöglichkeiten auf Kommunikationsstimuli zugeschrieben, womit die behavioristische Annahme der identischen, interindividuell unterschiedslosen Wirkung der Massenmedien in ihrer Radikalität verworfen wird. Carl I. Hovland und seine Mitarbeiter haben in zahlreichen Experimenten den Einfluss von Kommunikationsstimuli auf Einstellungsveränderungen untersucht, wobei sie besonders die Bedeutung von zwei Faktorengruppen herausgearbeitet haben. Die eine Faktorengruppe, die im Persuasionsprozess wirksam ist, beinhaltet Merkmale des kommunikativen Stimulus. Einseitige oder auch eine Gegenargumente verwendende zweiseitige Argumentation, emotionale – zum Beispiel furchterregende – Appelle oder auch die Anordnung der Argumente, also die Frage, ob die zuerst präsentierten oder die zuletzt aufgeführten Argumente einen stärkeren Einfluss ausüben (Primacy- versus Recency-Effekt), waren Gegenstand der Untersuchungen. Auch fallen in diese Faktorengruppe Eigenschaften des Kommunikators, wobei besonders dessen wahrgenommene Glaubwürdigkeit und der ihm zugeschriebene Sachverstand die Kommunikationswirkung beeinflussen. Die zweite Faktorengruppe umfasst Merkmale der Rezipienten wie zum Beispiel Selbsteinschätzung, Geschlecht und intellektuelle Fähigkeiten, die im Persuasionsprozess wirksam sind. So sind beispielsweise Rezipienten mit hoher Intelligenz aufgrund ihrer Fähigkeit, Schlussfolgerungen zu ziehen, stärker durch eine rationale und logische Argumentation beeinflussbar. Auch werden sie aufgrund ihres Kritikvermögens durch eine unlogische, falsche und irrationale Argumentation seltener als weniger intelligente Rezipienten beeinflusst. Es wurde eine Fülle von deskriptiven Einzelbefunden produziert, die sich teilweise widersprechen und die nicht zur Entwicklung einer kohärenten formalen Persuasionstheorie beigetragen haben, was – worauf Michael Schenk (1987: 97) mit Verweis auf Hovland et al. (1953) hinweist – im Yale Program allerdings auch überhaupt nicht beabsichtigt war. Die Persuasionsforschung lässt sich am besten charakterisieren als ein In-Beziehung-Setzen von Input- und Output-Variablen. Sie versucht, diese Variablen in einer Matrix (s. McGuire 1989: 45) oder in einem Modell des kommunikativen Einflussprozesses von Individuen (s. Braehmer 1980: 26) zu ordnen, um so die Beziehungen von unabhängigen und abhängigen Variablen im Persuasionsprozess zu klären.

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Heute hat sich die Persuasionsforschung dahin gehend weiterentwickelt, dass sie nicht länger nach wirksamen Merkmalskombinationen aus den beiden Faktorengruppen Stimulus und Rezipient sucht, sondern die bei den Einstellungsänderungen stattfindenden kognitiven und emotionalen Verarbeitungsprozesse fokussiert. So beschreiben die Zwei-Prozesse-Modelle (Chaiken 1980, Petty/Cacioppo 2011, im Überblick s. U. Six 2007: 111 f., Hannover et al. 2004: 190 f.) zwei unterschiedliche Wege, auf denen es zu einer Einstellungsänderung kommen kann. Das Elaboration-Likelihood-Modell von Richard Petty und John Cacioppo (2011, s. Abb. 21) unterscheidet – dabei auf der Linie des Involvement-Konzeptes (s. Kap. B III 1.3.4.1) liegend – eine zentrale von einer peripheren Route. Erstere schlägt ein stark involvierter Rezipient ein. Sie ist durch eine elaborierte kognitive Auseinandersetzung mit den Inhalten einer persuasiven Botschaft gekennzeichnet, zum Beispiel bei gegebenem Interesse für ein Thema oder dessen Einschätzung als wichtig oder persönlich relevant. Die periphere Route hingegen wird von schwach involvierten Rezipienten eingeschlagen, die nicht fähig oder nicht motiviert sind, sich mit der Botschaft auseinanderzusetzen. Zu einer Einstellungsänderung kommt es bei diesem Weg, wenn die Botschaft bestimmte periphere Hinweisreize („cues“) enthält, wie beispielsweise einen attraktiven oder kompetenten Kommunikator, auffallende Bilder oder Hinweise auf gesellschaftliche Normen. Die über die periphere Route erzielte Einstellungsänderung ist meist jedoch nur von kurzer Dauer und leicht wieder veränderbar. Dieses Verständnis von Persuasion als Beeinflussung des Verhaltens infolge von erzielter Einstellungsänderung ist ein zentrales Charakteristikum der klassischen, imageorientierten Markenkommunikation. In evolutorischer Betrachtung hat es sich während der Wirkungsphase der Marke ausgeprägt, die im Laufe des 19. Jahrhunderts mit dem Anbruch des Industriezeitalters begann und die die Markierungsphase der Marke ablöste (vgl. Tropp 2004: 23 f.). Die bis dahin dominierende Identifikationsfunktion der Marke wurde durch gravierende Veränderungen, vor allem durch • •

den Anstieg der Produktionsmengen der Fabriken, die zunehmende Konkurrenz unter den Herstellern und die resultierende Notwendigkeit an Produktprofilierung, was zum Entstehen der Produktmarken führte, und • das Entstehen von Reklame und ihrer Entwicklung zur Werbung als Folge der Anonymisierung von Herstellern und Konsumenten von einer neuen, aus diesen Veränderungen resultierenden Funktion, der Beeinflussungsfunktion, überlagert. Mit Myriam Roth (1999: 169) kann die Beeinflussungsfunktion der Marke allgemein an ihrer Eigenschaft festgemacht werden, dass sie einen Handlungsanreiz bietet und dadurch zu einem Instrument der Beeinflussung wird, was auf ein teleologisch geprägtes Markenverständnis hinausläuft. Konkretisiert werden kann die Beeinflussungsfunktion der Marke dahin gehend, dass, bedingt durch

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Abb. 21 Elaboration-Likelihood-Model von Petty und Caccioppo (Quelle: Schenk 2007: 261)

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die zunehmende Kluft zwischen den Akten der Produktion und der Konsumption von Gütern, die Hersteller nicht gewillt waren, sich vom Handel ins Abseits drängen zu lassen, und sich um die Aufrechterhaltung des Kontaktes mit den Endabnehmern bemühten. So trat bei berühmten, um die Jahrhundertwende entstandenen Marken wie beispielsweise Maggi (1887), Henkell (1906) oder Nivea (1912) neben die Funktion der Identifikation und der damit ermöglichten Qualitätsdokumentation der Produkte verstärkt die Notwendigkeit der Kommunikation eines markenspezifischen absatzsichernden Images, das über den reinen funktionalen Produktnutzen hinausgeht und einen emotionalen oder symbolischen Zusatznutzen vermittelt. Beispiel

Der funktionale Nutzen der Marke Nivea ist die Körperpflege. Ihr darüber hinausgehender symbolischer Nutzen ist die natürliche Schönheit (s. Abb. 22).

Der Imagebegriff verbindet das Persuasionskonzept mit der Markenkommunikation, wodurch er das Paradigma der persuasiven Markenkommunikation maßgeblich prägt. Denn, „psychologisch gesehen, sind die Markenimages nicht anderes als Einstellungen zur Marke“ (Sommer 1998: 149, s. auch Kroeber-Riel 1984: 158). Markenimages stellen damit, wie die Einstellungen, eine Form der verhaltensrelevanten Wertung dar. Analog zum Einstellungskonzept wird entsprechend von einer kauf-

Abb. 22 www.nivea.de; Zugriff: 24. 10. 2018

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beeinflussenden Wirkung von Images ausgegangen, was das zentrale Merkmal des Paradigmas der persuasiven Markenkommunikation ist. Auch der neobehavioristische Neuromarketing-Forschungsansatz, der vor allem in der verhaltenswissenschaftlich ausgerichteten Marketing-Kommunikationsforschung erprobt wird, orientiert sich an diesem Paradigma. Das Markenimage wird hier als die gespeicherten Assoziationen, die Konsumenten mit einer Marke haben, definiert und von der Markeneinstellung, der positiven oder negativen Haltung gegenüber der Marke, differenziert. Neben der Markenbekanntheit, der Markenbindung und dem Markenvertrauen werden das Markenimage und die Markeneinstellung als Variablen modelliert, die in Abhängigkeit von der unabhängigen Variable der Markenemotionen bei der Auswahl und dem Kauf des Produktangebots intervenieren (s. Esch et al. 2008). Aus heutiger Sicht und vor dem Hintergrund des dargelegten Verständnisses einer Modernen Marketing-Kommunikation sind folgende Anmerkungen in einer zusammenfassenden Würdigung vorzunehmen: •

In methodologischer Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass die Positionen des Paradigmas der persuasiven Markenkommunikation weitestgehend auf Erkenntnissen beruhen, die aus Laborexperimenten der Carl-I.-Hovland-Gruppe resultieren. Das für Kommunikation notwendige Kriterium der Kontextualität wird in Form des sozialen Kontextes, in dem Individuen ihre Eindrücke aus Kommunikationen sinngebend verarbeiten (Freundeskreis, Familie usw.) und das dadurch einen entscheidenden Einfluss auf die Wirkung hat, ausgeblendet. Auch gilt ein jeweils festgestellter kausaler Zusammenhang zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen nur unter den jeweiligen Rahmenbedingungen der Laborsituation. Inwiefern sich also die in der künstlichen Situation des Labors gewonnenen Befunde auf natürliche Kommunikationssituationen übertragen lassen, ist fragwürdig (vgl. Jäckel 2011, Schenk 1987: 97 f.). Carl I. Hovland (1959) hat diesen Punkt selbst thematisiert, als er die in Laborexperimenten festgestellten Wirkungen mit denen, die in Surveys beobachtet wurden, verglich. • Viele Arbeiten des Yaleschen Forschungsprogramms erscheinen als theorielos und rein pragmatisch orientiert. Zwar ging es der Hovland-Gruppe nicht um die Erarbeitung einer formalen Persuasionstheorie, aber sie bezog sich, wie Michael Schenk (1987: 96) anmerkt, explizit auf lerntheoretische Konzepte, ohne diese jedoch konsequent zu operationalisieren. So wurde beispielsweise der wichtigen Variable der Kontakthäufigkeit der Rezipienten mit einem Stimulus keine Aufmerksamkeit gewidmet, was, zusammen mit der Vernachlässigung weiterer S-Rpsychologischer lerntheoretischer Variablen, im Ergebnis darauf hinausläuft, dass das Yalesche Programm auch ohne einen lerntheoretischen Bezug hätte durchgeführt werden können. • Die zentrale Position des Paradigmas der persuasiven Markenkommunikation, die kaufbeeinflussende Wirkung von Images, kann durch vorliegende Forschungs-

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ergebnisse nicht als abgesichert und bestätigt gelten. Seit den 1970er Jahren existieren erhebliche Zweifel, dass es überhaupt eine direkte Beziehung zwischen gemessener Einstellung und erfasstem Verhalten gibt (vgl. Hormuth 1979: 5). So resümiert Martin Fishbein (1979: 148), dass, wenn überhaupt, es nur sehr wenig Belegmaterial dafür gibt, „daß das Wissen um die Einstellung einer Person zu einem bestimmten Gegenstand Vorhersagen darüber erlaubt, wie sie sich dem Gegenstand gegenüber verhalten wird“. Die Beziehungen unter den Variablen des S-O-R-Modells (s. Abb. 20) können hingegen sehr verschiedenartig sein. So ist beispielsweise nach der Low-Involvement-Hierarchie durchaus eine Verhaltensänderung möglich, ohne dass eine vorherige Einstellungsänderung stattgefunden hat. Der Wirkungsverlauf kann in diesem Fall mit Michael Ray als „cognitiveconative-affective“ beschrieben werden. Markenkommunikation kann demnach unter bestimmten Bedingungen entlang der Faktoren Involvement der Rezipienten, eingesetzte Medien und Produktunterschiede nach wiederholtem Kontakt mit dem Kommunikationsangebot durchaus kognitive Effekte in Form von Wissenszunahme haben, die das Kaufverhalten beeinflussen. An das Produkt geknüpfte Einstellungen, dessen Image, prägen sich aber erst infolge des direkten Produktgebrauchs aus (vgl. Ray 1973: 152, 172). • Neben der Missachtung des Kontextualitätskriteriums in forschungsmethodologischer Hinsicht vernachlässigt persuasiv ausgerichtete Markenkommunikation in strategisch-konzeptioneller Hinsicht die Berücksichtigung eines weiteren notwendigen Kommunikationskriteriums, nämlich der Reflexivität von Kommunikation und ihres Wirkungsprozesses. Die im Persuasionskonzept verankerte Unterstellung unidirektionaler Kausalität der Kommunikation liegt auf der Linie eines Kommunikationsverständnisses, das der mathematischen Informationstheorie und der Container-Metapher entstammt (s. Kap. A 1.1) und als „one-way communication“ (Duncan/Moriarty 1998: 2) bezeichnet werden kann. Die Reflexivitätsverhältnisse der Kommunikation werden ◆ in zeitlicher Hinsicht (Wirkungen von Kommunikation wirken auf den Kommunikationsprozess selbst zurück), ◆ in sachlicher Hinsicht (die unterschiedlichen Kommunikationsangebote einer Marke in den unterschiedlichen Medien beeinflussen wechselseitig ihre jeweilige Interpretation) und auch ◆ in sozialer Hinsicht (Orientierung am Kommunikationspartner) weitestgehend ausgeblendet (vgl. Kap. A 1.3.2). Die Konzeption persuasiv ausgerichteter Markenkommunikation mutet daher zusammenfassend an wie „meaning approaching marketing communication planning from the needs of the marketer“ (Swain 2004: 48). Dies hat aber mit Moderner Marketing-Kommunikation, die auf Kommunikationsqualität achtet, wenig gemeinsam. • Der Individualkommunikation kommt, bedingt durch die Zunahme des Dienstleistungsanteils an der Wirtschaftsstruktur in modernen Gesellschaften, eine zunehmende Bedeutung zu. Aber auch die meisten Business-to-business- wie

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auch die mittel- und hochpreisigen Güter des Business-to-consumer-Sektors sind heute mit kritischen Servicekomponenten verbunden (z. B. Auto, Haushaltsgeräte, Computer etc.) (vgl. Duncan/Moriarty 1998: 2). Diese Dienstleistungs- und Serviceorientierung erzwingt in der Marketing-Kommunikation zunehmend Individualkommunikationen – sei es direkte interpersonale oder medienvermittelte –, die zuallererst auf Interaktionen, auf Sprechen und Zuhören, auf Beziehungsaufbau, zusammenfassend: auf dem Gedanken von gleichermaßen aktiven Kommunikationspartnern beruht, die sich in ihren jeweiligen kognitiven, inneren Handlungsbereichen durch Kommunikation ko-orientieren.

2.6.2 Beziehungsorientierte Direktmarketing-Kommunikation Wird beim Paradigma der persuasiven Markenkommunikation die Transaktion als Folge der beeinflussenden Wirkung von Markenimages konzipiert, steht beim Paradigma der beziehungsorientierten Direktmarketing-Kommunikation der wiederkehrende Verkaufs- und Kaufakt von Gütern, der in der Beziehung zwischen einem konkreten Kunden und einem Unternehmen stattfindet, im Zentrum des Erkenntniswie Managementinteresses. Es ist das Marketing-Kommunikationsparadigma mit der ältesten Tradition. Sein Grundstein liegt im Produktvertrieb und wurde von Johannes Gutenberg im Jahre 1437 durch die Erfindung beweglicher Drucktypen gelegt. Das neue Druckverfahren ermöglichte zu jener Zeit erstmals die Produktion von Katalogen mit Produktangeboten. Als Pionier bei der Verwendung der neu geschaffenen Möglichkeiten gilt der Buchhändler Aldus Manutius, der in Venedig bereits 1498 seine Bücher kataloggestützt verkaufte. Im amerikanischen Raum wird diese Pionierrolle Benjamin Franklin zugeschrieben, der im Jahre 1744 einen Bücherkatalog mit 600 Angeboten veröffentlichte und dabei dem Postkunden das gleiche Leistungsangebot wie dem Ladenkunden versprach. Insbesondere die Schaffung eines funktionierenden Postwesens sowie die Möglichkeit, selektierte Adressdaten durch hierauf spezialisierte Adressverlage und Adressenbüros beziehen zu können, verhalfen dem Direktmarketing zu seiner weiteren erfolgreichen Entwicklung. Adressverlage und Adressenbüros hatten erkannt, dass eine direkte Ansprache potenzieller Käufer ausschließlich über einen selektierten Adressdatensatz durchführbar ist. Das Tätigkeitsspektrum der Adressverlage umfasste hierbei einerseits das systematische Sammeln und Auswerten von Adressdaten sowie deren Vermietung an Kunden, andererseits übernahmen sie in der Folgezeit vermehrt auch den kompletten Versandservice, was die Geburtsstunde heutiger Lettershops markierte, die im Kundenauftrag die Adressierung und Konfektionierung von Werbesendungen ausüben. Als ein Adressenbüro der ersten Stunde gilt das in Berlin gegründete Unternehmen Robert Tessmer, das bereits im Jahre 1884 die ersten selektierten Adressengruppen zusammenstellte und so den gezielten Zugriff auf Ad-

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ressensätze von beispielsweise den Bewohnern einer Stadt oder den Beamten eines Landes ermöglichte. Der Direktvertrieb erlebte in dieser Zeit seinen Durchbruch und es entstanden zahlreiche neue Wirtschaftsunternehmen, die ihre Angebote auf dem Postwege vertrieben. Mit Aaron Montgomery Ward startete 1872 weltweit der erste Universalversender, was den Beginn der Mail-Order-Industrie einläutete. Innerhalb von zwölf Jahren entwickelte sich aus dessen ursprünglich einseitiger Preisliste ein Katalog mit 10 000 angebotenen Produkten auf 240 Seiten. Bei Nichtgefallen wurde den Käufern eine Geld-zurück-Garantie versprochen. Der Durchbruch des Direktmarketings in Deutschland knüpft sich an die erste Gründungswelle des deutschen Versandhandels während der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Prominente Beispiele aus jener Zeit sind Eduscho (1924), Robert Klingel (1925), Friedrich Wenz (1926) und Quelle (1927). In dieser Phase stieg auch das Geschäftsvolumen der Adressenbüros sprunghaft an, da sich Industrie und Handel im Rahmen ihrer Kundenansprache immer öfter angemieteter Adressen bedienten. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges und der damit einhergehenden Bezugsscheinwirtschaft brach der Markt des Direktmarketings zwar zunächst wieder in sich zusammen, erlebte jedoch mit Kriegsende durch den boomenden Versandhandel sogleich einen Neubeginn. Im Rahmen des Wirtschaftswunders der 1950er Jahre rollte die zweite große Gründungswelle des Versandhandels mit Unternehmen wie Otto Versand (1949), Neckermann (1950), Heinrich Heine (1951) und Schwab (1955). Die Versorgung des Verbrauchers durch den Versandhandel kann gewissermaßen selbst als Teil des Wirtschaftswunders verstanden werden (vgl. Holland 2004: 1 f., Wirtz 2006: 7 f.). Die Rezession der Jahre 1966/1967 verhalf dem Direktmarketing in Deutschland zu einem weiteren Aufschwung: Die industrielle Massenproduktion führte zu einer Sättigung der Märkte, was das Verkaufen grundlegend erschwerte und das Konsumverhalten stark veränderte. Weitgehend homogene Me-too-Produkte, große Wahlmöglichkeiten und ein Überangebot förderten auf Konsumentenseite das Bedürfnis nach Individualität sowie nach Service und Qualität. Der Absatzmarkt hatte sich von einem Anbieter- zu einem Käufermarkt entwickelt. Die Individualkommunikation mit dem Kunden und die Festigung der Kundenbindung gewannen schon damals stark an Bedeutung, was sukzessive mit einem Abschied von der undifferenzierten Massenwirtschaft einherging und in der Expansion des Direktmarketings und dessen Entwicklung zu einem auf Effizienz ausgerichteten Kommunikationsinstrument mündete. Besonderes Kennzeichen des Paradigmas der beziehungsorientierten Direktmarketing-Kommunikation ist dessen Konzentration auf das seit den 1970er Jahren bis heute immer wichtiger gewordene Kriterium der Wirtschaftlichkeit von MarketingKommunikation. Die Direktmarketing-Kommunikation kann diesbezüglich mit ihrer Fokussierung auf Transaktionen, die in Kundenbeziehungen eingebettet sind, den Unternehmen vielversprechende Ansätze aufzeigen, wodurch sie sich deutlich von der persuasiven Markenkommunikation unterscheidet:

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Die individuelle Kundenansprache bei niedrigen Streuverlusten wird der fortschreitenden Zersplitterung von Zielgruppen und Medien auf einer grundsätzlichen, konzeptionellen Ebene gerecht. Die Innovationen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie haben moderne IT-Applikationen wie beispielsweise Data Mining und Collaborative Filtering hervorgebracht, die in Verbindung mit elektronischen stationären oder mobilen Kommunikationssystemen eine kanalübergreifende und weitgehend zeit- sowie ortsunabhängige Individualkommunikation mit dem Endverbraucher zu tragbaren Kosten erlauben. Die Speicherung und systematische Auswertung gewonnener Daten erlaubt im Rahmen eines professionellen Database-Marketings eine maßgeschneiderte Ansprache des Kunden, die zu einer kontinuierlichen Erhöhung der inhaltlichen Präzision und Effizienz in der Kommunikation führt. Diese Entwicklung ist im Zusammenhang mit den Möglichkeiten einer immer feineren Mikrosegmentierung einzelner Zielgruppen zu sehen. Auch diese resultieren aus dem technologischen Fortschritt, der es ermöglicht, umfangreiche Daten hinsichtlich unterschiedlicher Merkmale von aktuellen beziehungsweise potenziellen Kunden zu erfassen und diese durch eine entsprechende Aufbereitung für das Direktmarketing verwertbar zu machen (vgl. Bruhn 2014: 599 f.). Mithilfe modernster Verfahren können im analytischen Customer Relationship Management (CRM) dann Score-Karten errechnet werden, durch die sich bei gleichbleibender Anzahl an Neugeschäften die Mailing-Auflagen reduzieren lassen, da potenzielle Kunden viel gezielter angesprochen werden können. Die so frei werdenden finanziellen Mittel können eingespart oder anderweitig, beispielsweise in die kreative Umsetzung, investiert werden (vgl. K. Weber 2006: 27). Der überproportionale Kostenanstieg direkter interpersonaler Marketing-Kommunikation, besonders in Form des Einsatzes von Außendienstmitarbeitern, hat dazu geführt, dass sich viele Unternehmen auf die Suche nach effizienten Alternativen gemacht haben und letztlich in der Verwendung von Direktwerbemedien fündig geworden sind. Heinz Dallmer (1997: 12) nennt hier vor allem das Telefonmarketing sowie Direct Mailings, die das direkte Verkaufs- und Servicegespräch substituieren. Dem ist heute noch die E-Mail hinzuzufügen. Das Beziehungsmarketing (Relationship Marketing) postuliert, dass über das Management individueller Kundenbeziehungen diese zu langfristigen und vor allem rentablen Kunden-Unternehmensinteraktionen auf- und ausgebaut werden können und somit Kunden zu profitablen Kunden entwickelt und an das Unternehmen gebunden werden können, was weitaus kostengünstiger ist, als neue Kunden zu akquirieren (vg. Wirtz 2006: 8). Im Zuge der Internationalisierung bietet das Direktmarketing den Unternehmen den Vorteil, dass sie durch seinen Einsatz große Anfangsinvestitionen vermeiden und das mit einem Markteintritt verbundene Risiko reduzieren können. Denn das Direktmarketing ermöglicht einem Unternehmen, potenzielle Kunden im Aus-











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land relativ kostengünstig und vor allem ohne Inanspruchnahme von Absatzmittlern anzusprechen. Eventuelle marketingmixbezogene Probleme wie etwa die Produktverpackung oder die Preisstellung können relativ zügig erkannt und durch entsprechende Maßnahmen behoben werden (vgl. Hesse et al. 2015: 20). Die lange Tradition des Paradigmas der Direktmarketing-Kommunikation hat eine Vielzahl von Definitionen hervorgebracht, die jeweils unterschiedliche Aspekte akzentuieren. Vergleicht man einige gängige, der einschlägigen Literatur entnommene Definitionen des Begriffs Direktmarketing (s. Tab. 4), fällt folgendes auf: Direktmarketing wird als Werbeaktivität (Bird), direkte Anspracheform (Hell), Bündel aus Kommunikationsmaßnahmen (Bruhn), interaktives Marketing-System (Kotler), Gesamtheit individueller marketing- beziehungsweise marktbezogener Aktivitäten (DDV, Dallmer, Elsner, Holland, Homburg, Schmidt et al.) oder als datenbasiertes Marketing (Bruns) definiert. Ein ähnlich divergentes Begriffsverständnis ist auch im Hinblick auf die definitorisch implizit oder explizit erwähnten Marketingmix-Elemente zu verzeichnen. Bruns etwa subsumiert dem Direktmarketing-Instrumentarium sowohl den Direktvertrieb und die Direktwerbung als auch die kundenindividuelle Leistungserstellung zu individuell festgelegten Preisen. Bei Dallmer umfasst das Direktmarketing hingegen nur kommunikationspolitische sowie Direktvertriebs- und Versandhandelsaktivitäten. Die Definition des Deutschen Direktmarketing Verbands (heute: Deutscher Dialogmarketing Verband) fokussiert auf spezifische Direktmarketing-Medien. Wirtz hebt indessen den zunehmenden Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien hervor. Als gemeinsame Implikation der Definitionen kann eine der Direktmarketing-Kommunikation zugrunde liegende teleologische Perspektive ausgemacht werden, nämlich dass ein individueller, bidirektionaler Kommunikationsprozess zu einer messbaren Kundenreaktion im Sinne einer Anschlusshandlung führt beziehungsweise führen soll. Hier muss aber einerseits berücksichtigt werden, dass auch eine nichtindividuelle, allgemein gehaltene Konsumentenansprache zur Direktmarketing-Kommunikation zu rechnen ist. Dies aber nur dann, wenn sie derartig der Kontaktanbahnung und Zielgruppenerschließung dient, dass sie letztlich die Grundlage für einen individuellen Kontakt legt. Voraussetzung hierfür ist, dass in den Kommunikationsangeboten der Unternehmen Rückkopplungsmöglichkeiten angeboten werden. Die Rezipienten sollen den angebotenen Rückkanal nutzen, sodass in einem zweiten Schritt eine Individualkommunikation zwischen Konsument und Unternehmen entstehen kann (vgl. Bruhn 2006a: 249 f., Hilke 1993: 12, Kloss 2012). Aus dieser mehrstufigen Perspektive ist es nun möglich, dem Direktmarketing auch typische Kommunikationsangebote der allgemein adressierten Marketing-Kommunikation wie Anzeigen, TV- und Radiospots sowie alle Formen der Außenwerbung zuzuordnen – vorausgesetzt, sie sind mit einem Response-Element (Antwort- bzw. Bestellkarte, Coupon/Gutschein, Telefonnummer für Service- oder Hotline, SMS-Nummer, E-Mail- oder WWW-Adresse) versehen.

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Andererseits gehen die inhaltlichen Ziele der Direktmarketing-Kommunikation heute weit über das Auslösen einer messbaren Kundenreaktion im Sinne einer einmaligen Anschlusshandlung (z. B. Kauf) hinaus und liegen im Zuge der steigenden Bedeutung der Kundenorientierung zunehmend in der Initiierung und Aufrechterhaltung eines kontinuierlichen Kommunikationsprozesses. Dieser zielt auf die Entwicklung einer dauerhaften, rentablen Kundenbeziehung, die auf Wiederkauf, CrossSelling und Up-Selling basiert und die unter Kundenwertgesichtspunkten über den gesamten Lebenszyklus hinweg der Optimierung bedarf (vgl. Wirtz 2006: 14). Die Direktmarketing-Kommunikation deckt damit in ihrem Zielhorizont sowohl die Kundenakquisition wie auch die Kundenbindung ab. Plausibel erscheint es daher, definitorisch die Punkte des Beziehungsauf- und -ausbaus sowie die individuellen und messbaren äußeren Anschlusshandlungen von Zielpersonen zu betonen, was in Anlehnung an die Definitionen des DDV (o. J.) und von Elsner (2003: 17) zu folgender Bestimmung der zentralen Position des Paradigmas der Direktmarketing-Kommunikation führt: ▶ Definition Die Direktmarketing-Kommunikation umfasst alle Marketing-Aktivitäten, bei denen Medien und Kommunikationstechniken mit der Absicht eingesetzt werden, eine interaktive Beziehung zu Zielpersonen herzustellen, die sie langfristig an das Unternehmen bindet und in der sie individuelle, messbare transaktionsorientierte Handlungen durchführen.

Mit der Charakterisierung der Beziehung zwischen dem Unternehmen und Zielpersonen als interaktiv wird die Möglichkeit beider Kommunikationspartner betont, wechselseitig aufeinander Einfluss zu nehmen. Damit stellt neben der Ausrichtung der Marketing-Kommunikation nach Effizienzkriterien Interaktivität ein weiteres wichtiges Unterscheidungskriterium dar, das das Direktmarketing-Kommunikationsparadigma vom Paradigma der persuasiven Markenkommunikation mit seinem einseitigen Kommunikationsprozessverständnis differenziert. Beide Unterscheidungskriterien, die Effizienz- wie die Interaktivitätsausrichtung der Direktmarketing-Kommunikation, finden ihren operativen Niederschlag bereits vor der Durchführung des eigentlichen Kommunikationsprozesses, was ihre besondere Bedeutung für das Paradigma der Direktmarketing-Kommunikation unterstreicht. Vor der abschließenden Auflagenproduktion und Distribution der Kommunikationsangebote werden diese nämlich in der Regel ex ante geprüft. Hierfür werden mehrere unterschiedliche Varianten des Kommunikationsmittels produziert und gegeneinander getestet. Das zentrale Ziel der Direktmarketing-Tests liegt in der Aufdeckung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen, was sich letztlich nur realisieren lässt, wenn sich sowohl Ursache (unabhängige Variable) als auch Wirkung (abhängige Variable) isolieren lassen, also der Test (das Experiment) unter kontrollierten Bedingungen durchgeführt werden kann. Die Ceteris-paribus-Forderung verlangt zudem, dass

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Tab. 4

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Definitionen des Begriffs Direktmarketing

Autor

Definition

implizit oder explizit erwähnte Marketingmix-Elemente Produkt

Bird (1990: 35)

„[Direktmarketing ist] jede Werbeaktivität, die eine direkte Bindung zwischen Ihnen und Ihrem potentiellen oder vorhandenen Kunden auf individueller Basis schafft oder nutzt.“

Bruhn (2005: 656)

„Direct Marketing umfasst sämtliche Kommunikationsmaßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, durch eine gezielte Einzelansprache einen direkten Kontakt zum Adressaten herzustellen und einen unmittelbaren Dialog zu initiieren oder durch eine indirekte Ansprache die Grundlage eines Dialoges in einer zweiten Stufe zu legen, um Kommunikations- und Vertriebsziele eines Unternehmens zu erreichen.“

Bruns (1998: 27) „Direktmarketing ist eine auf der Erfassung individueller Daten basierende, im Dialog erfolgende Ausrichtung aller Direktmarketing-Instrumente und aller Unternehmensfunktionen auf die Befriedigung der Bedürfnisse des Individuums einer Zielgruppe mit abschließender Erfolgsmessung. Instrumente des Direktmarketing sind dabei die Direktwerbung, der Direktvertrieb sowie die kundenindividuelle Massenfertigung oder die kundenindividuelle Dienstleistung zu individuell gestaltbaren Preisen.“ Dallmer (1997: 6)

„Direct Marketing umfasst alle Marketingaktivitäten, die sich einstufiger (direkter) Kommunikation und/oder des Direktvertriebs bzw. des Versandhandels bedienen, um Zielgruppen in individueller Einzelansprache gezielt zu erreichen. Direct Marketing umfasst ferner solche marktgerichteten Aktivitäten, die sich mehrstufiger Kommunikation bedienen, um einen direkten, individuellen Kontakt herzustellen.“

Deutscher Direktmarketing Verband e. V. (DDV) (o. J.) (heute: Deutscher Dialogmarketing Verband e. V.)

„Direktmarketing, häufig auch als Dialogmarketing bezeichnet, umfasst alle Marketingaktivitäten, bei denen Medien mit der Absicht eingesetzt werden, eine interaktive Beziehung zu Zielpersonen herzustellen, um sie zu einer individuellen, messbaren Reaktion (Response) zu veranlassen. Dazu zählen: Bei klassischer Direktwerbung: • Adressierte Werbesendungen • Haushaltsdirektwerbung wie Prospekte, Kataloge und Postwurfsendungen (unadressierte Werbesendungen) • Teiladressierte Werbesendungen wie „Postwurf Spezial“ • Aktives und passives Telefonmarketing • Interaktive Medien Bei Direktmarketing in klassischen Medien: • Anzeige und Beilage mit Responseelement • Funk- und Fernsehwerbung mit Responseelement • Plakat- und Außenwerbung mit Responseelement.“

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Distri- Kommubution nikation ×

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Autor

Definition

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implizit oder explizit erwähnte Marketingmix-Elemente Produkt

Preis

Distri- Kommubution nikation

Elsner (2003: 17)

„Der Begriff Direktmarketing umfasst alle Marketingaktivitäten, bei denen Medien und Kommunikationstechniken mit der Absicht eingesetzt werden, eine interaktive Beziehung zu Zielpersonen herzustellen, um sie zu einer individuellen, messbaren Reaktion im Sinne einer Transaktion mit direkter Distribution bzw. Versandhandel zu veranlassen.“

Hell (1993: 8)

„Direktmarketing ist die direkte Ansprache von Zielpersonen über die verschiedensten Medien mit der Absicht, die Angesprochenen zu einer sofortigen Reaktion zu veranlassen.“

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Holland (2004: 5)

„Direktmarketing umfasst Marketingaktivitäten mit einer gezielten, direkten Ansprache der Zielpersonen und Marketingaktivitäten, die mit mehrstufiger Kommunikation den direkten Kontakt herstellen wollen, und hat das Ziel, eine messbare Reaktion (einen Response) auszulösen.“

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Homburg (2017: 823)

„Direktmarketing umfasst alle marktbezogenen Aktivitäten, die sich einstufiger (direkter) Kommunikation bedienen, um Zielgruppen in Einzelansprache gezielt zu erreichen.

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Kotler (2003: 631)

„Direct marketing is an interactive marketing system that uses one or more media to effect a measurable response or transaction at any location.“

Schmidt et al. (2004: 147)

„Direkt-Marketing ist die Gesamtheit der Marketingaktivitäten, die ein Wirtschaftsunternehmen durch direkte, individuelle Kommunikation mit den Mitgliedern einer Zielgruppe verfolgt.“

Wirtz (2006: 12) „Unter Direktmarketing versteht man den Prozess der Anbahnung und Aufrechterhaltung einer direkten, personalisierten Interaktion mit dem Kunden unter der Zielsetzung, die Beziehung zum Kunden dauerhaft zu gestalten und den Kundenwert zu maximieren. Als Elemente werden hierfür sämtliche Instrumente des Marketingmix in integrierter Form und zunehmend unter Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt.“

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prinzipiell nur ein Testmerkmal variiert werden sollte, da es sonst nicht mehr möglich ist, ursächliche Beziehungen aufzudecken. Indem neben der Experimentalgruppe zusätzlich eine Kontrollgruppe eingesetzt wird, kann die Wirkung eines Testelementes durch den Abgleich der Reaktionen von Kontroll- und Experimentalgruppe ermittelt werden. Als Erfolgskriterien dienen beispielsweise die Responserate oder die Kosten pro Produktbestellung/Auftrag (Cost-per-Order/CpO). Offensichtlich ist, dass der Ceteris-paribus-Forderung in der Praxis oftmals nur schwer nachzukommen ist, da sich die externen Einflüsse kaum konsequent durch das Unternehmen kontrollieren, geschweige denn exakt messen lassen. Mit Verzerrungen der Testergebnisse muss daher immer gerechnet werden (vgl. Holland 2004: 54 f., Mann 2017). Dennoch liegen die Vorteile gegenüber den Pretests der klassischen anwendungsorientierten Werbeforschung, die sich am Paradigma der persuasionsorientierten Markenkommunikation ausrichtet, auf der Hand. Durch die auf äußere Anschlusshandlungen und damit auf Interaktivität ausgelegte Struktur des Direktmarketing-Kommunikationsprozesses hat die Ex-ante-Erfolgskontrolle des Direktmarketings den Vorteil, dass sie die Effekte und die Effizienz eines Kommunikationsprozesses mit hoher Wahrscheinlichkeit quantitativ eindeutig, in dem Sinne, dass sie zurechenbar sind, prognostizieren kann. Weiterhin werden ihre Ergebnisse nicht durch die Künstlichkeit einer Laborsituation beeinflusst, ebenso wenig ist bei den Testteilnehmern mit Reaktivitätseffekten zu rechnen, da die Tests verdeckt ablaufen und in die alltägliche soziale Lebenswelt der Teilnehmer integriert werden. Wirft man einen Blick auf den heutigen Stand der Direktmarketing-Kommunikation, wie er sich in Praxis und Wissenschaft darstellt, lassen sich zusammenfassend folgende Anmerkungen treffen: • Trotz der enormen Fortschritte, die in den letzten Jahren auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie gemacht wurden, ist vielen Unternehmen in Sachen Kundenbindung ein wirklicher Durchbruch bisher nicht gelungen. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass in Unternehmen die Direktmarketing-Kommunikation häufig eng mit einem stark technokratisch ausgerichteten Weltbild einhergeht. Kundenbindung kann aber nicht allein aus einer rationalen Kriterien folgenden Planung und dem konsequenten Einsatz von entsprechenden Instrumenten resultieren. Notwendig ist eine Umstellung von unternehmerischen Prozessen und Strukturen, die auf einer Neuausrichtung der Unternehmenskultur in Richtung Kundenzentrierung fußt, wie es das Konzept des Customer Relationship Management (CRM) ja auch postuliert. Dies fällt anscheinend jedoch vielen Unternehmen schwer. Es liegt also nicht an einem Mangel an Instrumenten, an Wissen oder an Experten, dass der Durchbruch im Kundenbeziehungsmanagement vielen Unternehmen bisher versagt blieb. Es liegt wohl eher daran, dass sich Unternehmen der Wichtigkeit der Kundenorientierung, also der kommunikationskonstituierenden Rolle von sozialer Reflexivität voll und ganz bewusst sind, sie aber nicht konsequent beziehungsweise zu technologisch leben.

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Die Unternehmen haben sich in den letzten Jahren zu sehr auf die vermeintliche Macht der informations- und kommunikationstechnologischen Instrumente zur Kundenbindung verlassen, die als CRM-Tools zur Verfügung stehen und die verdeckt haben, dass die Handlungsfreiheit und die Bedürfnisse eines aufgeklärten Kunden nicht technologisch eingeebnet werden können. Kundenloyalität kann nämlich nicht strikt instrumentell und monokausal mittels Direktmarketing-Programmen unter Einsatz von Mailings, Callcenters oder interaktiven WWW- und E-Mail-Kampagnen erzielt werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Kunden sich aufgrund der gesamten Wertschöpfung, die sie erfahren und die ihr Wissen über die Marke und über deren Konkurrenten bereithält, gegenüber Marken loyal verhalten. Hier sind beispielsweise die Produktqualität, der Service, die Verkaufsberatung und die Verfügbarkeit zu nennen, die eine Marke in ihrem Erlebnis als geschlossenes Ganzes ausmachen (vgl. Reichheld 1999: 56). • Zwischen den Individualisierungsbemühungen der Direktmarketer bei ihrer Produktion von Kommunikationsangeboten und den individuellen Wahrnehmungen dieser Angebote seitens des Konsumenten/Kunden klafft anscheinend ein beachtlicher Spalt. Das Nürnberger Marktforschungsinstitut GfK hat in 2006 die Studie „Konsumeinstellungen und -meinungen zu persönlich adressierten Werbesendungen“ vorgelegt (Methode: schriftliche Befragung von 4500 Haushalten des GfK-Direktmarketing-Panels). Demnach liegt die Zahl der Mailingverweigerer in den Branchen Versicherungen, Sammelartikel, Spendenorganisationen und Banken bei über 70 Prozent („Möchten Sie zukünftig gerne mehr, gleich viele oder weniger Mailings erhalten ?“). Die GfK folgert daraus, dass der Individualisierungsgrad – zumindest im Bereich Mailing – wohl nicht auf dem Niveau liegt, auf dem er sein sollte. Und so wundert es auch nicht weiter, wenn in der Studie als ein weiteres Ergebnis aufgedeckt wird, dass nur 8,7 Prozent der Befragten sich von Werbesendungen persönlich angesprochen fühlen und lediglich 4,2 Prozent glauben, dass Mailings Angebote beinhalten, die auf ihren persönlichen Bedarf zugeschnitten sind. Man könnte diesen Befund dahin gehend radikalisieren, dass aus Konsumenten- und Kundensicht individuell nicht gewünschte und individuell nicht relevante Kommunikationsangebote, seien es Mailings, E-Mails oder Telefonanrufe, heute den Direktmarketing-Alltag dominieren. Die Ursachen für diese nicht wahrgenommene Individualität der Kommunikationsangebote können an dieser Stelle nicht zufriedenstellend geklärt werden. Wohl aber kann ein erster Indikator ausgemacht werden. Durch die heutige Flut an personalisierten Mailings mit vermeintlich individuellen Angeboten beraubt sich dieses Kommunikationsangebot selbst seiner Aufmerksamkeitsstärke und seiner Relevanz. Je mehr individuell nicht gewünschte und nicht relevante Mailings produziert werden, desto uniformer wirken diese Kommunikationsangebote beim Konsumenten, wodurch die Produktion eines individualisierten Angebots noch schwieriger wird.

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Die Forschung, die sich vom Paradigma der beziehungsorientierten Direktmarketing-Kommunikation leiten lässt, hat mit einem ähnlichen kommunikationstheoretischen Defizit zu kämpfen wie die, die sich dem Paradigma der persuasiven Markenkommunikation verpflichtet. Auch hier kommt die Berücksichtigung der Reflexivitätsverhältnisse in der Kommunikation zu kurz, trotz der auf Interaktion ausgelegten Struktur des Direktmarketings. Es dominieren Bemühungen, den Kundenwert zu modellieren, womit die Unternehmen-Kunde-Beziehung aus der Perspektive des Unternehmens in das Zentrum der Analyse gestellt wird, um dem Unternehmen zu ermöglichen, sein Direktmarketing nach ökonometrischen Kennzahlen zu managen. Dabei wird die Kundenperspektive vernachlässigt. Christoph Burmann und Stefan Rickert (2006: 51) weisen entsprechend zu Recht auf die Notwendigkeit hin, dass in der ausreichenden Herstellung eines Kundennettonutzens durch das Unternehmen die notwendige Bedingung für eine Vertiefung der Kundenbeziehung zu sehen ist. Unter Kundennettonutzen, in der Praxis auch häufig als Mehrwert bezeichnet, verstehen sie den aus Kundensicht wahrgenommenen Wert dessen, was der Kunde aus der Beziehung zu dem Unternehmen erhält, abzüglich der dadurch entstehenden Opportunitätskosten (vgl. auch Tropp et al. 2005: 521). Aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive rücken damit die Gratifikationserwartungen und die erhaltenen Gratifikationen des Konsumenten und Kunden, denen im Rahmen des Uses-and-GratificationAnsatzes zentrale Bedeutung zukommt (vgl. im Überblick Schweiger 2007: 60 f.), neben die Frage nach dem Kundenwert zusätzlich in den Analysefokus. Für eine vollständige Erforschung der Beziehungen zwischen Kunden und Unternehmen müssen daher beide Dimensionen berücksichtigt werden.

2.6.3 Integrierte Marketing-Kommunikation Das zu Beginn der 1990er Jahre aufgekommene Paradigma der Integrierten Marketing-Kommunikation (IMK) – Edwina Luck und Jennifer Moffart (2009: 311) sprechen sogar von einem neuen Paradigma des Marketings – reflektiert Entwicklungen im Umfeld der Werbung, die den Ruf nach einem Konzept zur Systematisierung und Koordination der Marketing-Kommunikationsaktivitäten eines Unternehmens laut werden ließen. Zu diesen Entwicklungen gehören: •

• •

die sich schnell verbreitende Kommunikations- und Informationstechnologie, die zur Konsumentenfragmentierung sowie zur Fragmentierung und Diversifikation der Medien beigetragen hat; die diversifizierten Lebensstile und Vorlieben der Konsumenten, die ebenfalls zur fragmentierten Konsumentenschaft beigetragen haben; die Forderung der Agenturkunden nach effektiveren und effizienteren Methoden der Marketing-Kommunikation;

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die Globalisierung, die bei multinationalen Unternehmen zum Streben nach einer Vereinheitlichung von Produkten, Marken, Positionierungen und Kommunikationsstrategien geführt hat (vgl. Kim et al. 2004: 33, Kirchner 2001: 29).

Eine der ersten Definitionen des Begriffs der Integrierten Marketing-Kommunikation (Integrated Marketing Communications/IMC) stammt aus dem Jahre 1989, wurde von der American Association of Advertising Agencies formuliert und hebt auf den Mehrwert der Marketing-Kommunikation ab, der durch eine übergreifende Planung der unterschiedlichen Kommunikationsdisziplinen erzielt werden soll: ▶ Definition „IMC is a concept of marketing communications planning that recognizes the added value of a comprehensive plan that evaluates the strategic roles of a variety of communication disciplines – general advertising, direct response, sales promotion, and public relations – and combines these disciplines to provide clarity, consistency, and maximum communication impact.“ (zit. n. Kim et al. 2004: 34, Kirchner 2001: 35, Kliatchko 2001: 1)

Als Pionier des Konzeptes gilt die Northwestern University, an der Don E. Schultz im Jahre 1991 eine Definition veröffentlichte, die die Rolle des Konsumenten und Kunden als externe Bezugsgruppe im IMC-Konzept betont. Dies wird als „Outsidein-Perspektive“ bezeichnet. Demnach ist IMC ein Managementprozess aller kaufauslösend relevanten Informationsquellen ein Produkt oder eine Dienstleistung betreffend, mit denen ein (zukünftiger) Kunde in Kontakt kommen könnte und die darüber hinaus dem Aufbau von Markentreue dienen (vgl. Kliatchko 2001: 1). Aus diesen beiden und auch weiteren häufig zitierten Definitionen (s. besonders Duncan/Moriarty 1994, Kitchen/Schultz 1997) lassen sich die zentralen Charakteristika des IMC-Konzeptes mit den folgenden Schlagworten zusammenfassen: • Stakeholder-zentriert, besonders: konsumenten-/kundenzentriert (Outside-in) • vernetztes strategisches Management • basierend auf Daten und Kommunikations-/Informationstechnologie sowie • ergebnisorientiert. Jerry Kliatchko (2008: 147 f.) hat vorgeschlagen, darüber hinaus noch das strategische Management von Kommunikationsinhalten und Kommunikationskanälen, im Sinne aller denkbaren „Touch Points“, über die ein Konsument in Kontakt mit einer Marke kommt, definitorisch zu berücksichtigen. Die Integrierte Kommunikation ist seit den 1990er Jahren zu einem der meist diskutierten Themen in der wissenschaftlichen Marketing-Kommunikationsforschung avanciert. So waren beispielsweise je eine Sonderausgabe der Zeitschriften Journal of Business Research (Vol. 37. 1996), Journal of Marketing Communications (Vol. 37,

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2/1996), Journal of Advertising Research (Vol. 39, 1/1999) sowie Journal of Advertising (Vol. 34, 4/2005) dem Themenbereich „Integrated Marketing Communications“ gewidmet. Im deutschsprachigen Raum beschäftigt sich seit Beginn der 1990er Jahre insbesondere Manfred Bruhn mit Fragestellungen zur Integration unternehmenskommunikativer Handlungen. Im Gegensatz zu dem skizzierten US-amerikanischen Konzept der IMC bezieht er nicht nur Kunden, sondern auch weitere Anspruchsgruppen (z. B. Mitarbeiter, Lieferanten, Öffentlichkeit) in sein Konzept ein, weswegen er allgemein von „Integrierter Kommunikation“ spricht. Seine Definition lautet: ▶ Definition „Integrierte Kommunikation ist ein Prozess der Analyse, Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle, der darauf ausgerichtet ist, aus den differenzierten Quellen der internen und externen Kommunikation von Unternehmen eine Einheit herzustellen, um ein für die Zielgruppen der Kommunikation konsistentes Erscheinungsbild des Unternehmens bzw. eines Bezugsobjektes des Unternehmens zu vermitteln.“ (Bruhn 2006: 17)

Der Schwerpunkt des Konzeptes liegt auf dem Managementprozess, wobei auch organisatorische und personalpolitische Aspekte berücksichtigt werden. Die theoretische Fundierung erfolgt vor allem anhand der Gestaltpsychologie. Danach muss das Unternehmen versuchen, in der Wahrnehmung der Konsumenten eine Einheit der Kommunikation zu erzielen, da so – gemäß des Gestaltkriteriums der Übersummativität („Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“) – eine höhere Wirkung erreicht werden kann als durch eine lediglich summierte Wahrnehmung einzelner Kommunikationsmaßnahmen (vgl. Bruhn 2006: 37 sowie grundlegend zur Gestaltpsychologie: Köhler 1929, Metzger 1941). Dieser Zusammenhang wird in der Diskussion um den vernetzten Einsatz von Fernsehen und gedruckten Medien auch als Media Multiplier Effekt (MME) oder verkürzt als Multiplying Effekt bezeichnet. Wolfgang Koschnick (o. J.) führt empirische Studien an, in denen nicht nur eine einfach additive, sondern eben eine multiplikative Wirkung durch den Einsatz von Anzeige und TV-Spot nachgewiesen wird. Der MME realisiert sich dann als 1) die Reaktion auf den Spot, 2) die Reaktion auf die Anzeige, 3) die Wirkung der Anzeige auf das Verstehen und die Verarbeitung des Spots, was als Reflexivität von Kommunikation in sachlicher Hinsicht aufgefasst werden kann. Manfred Bruhn (2006) differenziert die Integration der Kommunikationsmaßnahmen zur Erstellung eines konsistenten Erscheinungsbildes in eine inhaltliche, formale und zeitliche Form aus, die sowohl bei verschiedenen Zielgruppen (horizontale Rich-

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tung) als auch über die verschiedenen Marktstufen hinweg (vertikale Richtung) – von den Zulieferbetrieben über den Groß- und Einzelhandel bis zum Konsumenten – vorzunehmen ist. Integriert werden müssen dabei sowohl die kommunikationspolitischen Maßnahmen der unterschiedlichen Kommunikationsinstrumente (interinstrumentelle Ebene) als auch die, die innerhalb der einzelnen Instrumente zum Einsatz kommen (intrainstrumentelle Ebene). Die inhaltliche Integration erfolgt durch Verbindungslinien zwischen den Kommunikationsangeboten, wie sie zum Beispiel Slogans, Schlüsselbilder oder Kernbotschaften darstellen. Diese Integrationsform dient der langfristig ausgerichteten, strategischen Kommunikation. Beispiele

Krombacher integriert seine Marketing-Kommunikation inhaltlich durch die Verwendung eines Schlüsselbildes mit einem Naturmotiv (s. Abb. 23). McDonald’s integriert weltweit seine Marketing-Kommunikation inhaltlich durch die Verwendung des Slogans „I’m lovin’ it“.

Für die formale Integration sorgen festgelegte Gestaltungsprinzipien wie zum Beispiel Logo, Schriftart, Farben, die als Vorgaben für das Corporate Design eines Unternehmens fixiert sind. Diese Integrationsform dient der leichteren Wiedererkennbarkeit beim Rezipienten. So sind beispielsweise Blau, Gelb und Grau die Hausfarben der Marke Lufthansa und in ihren Kommunikationsangeboten kommt ausschließlich die Schrift Helvetica zum Einsatz, deren Verwendung in punkto Schriftschnitt, Größe und Farbe klar definiert ist.

Abb. 23 Inhaltliche Integration der Kommunikation der Marke Krombacher mittels Schlüsselbild (Quelle: Schiller 2015)

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Mit der zeitlichen Integration erfolgt die Koordination der Abfolge der Kommunikationsmaßnahmen, wobei der Kontinuität von Kommunikationskonzepten besondere Bedeutung zukommt, um Lerneffekte bei den Rezipienten auszulösen. Auch wenn sich Manfred Bruhn neben der Gestaltpsychologie auch noch mittels der Schematheorie und der Involvement-Theorie um einen theoretischen Rahmen für sein Konzept der Integrierten Kommunikation bemüht, ist der Hinweis von Karin Kirchner (2001: 131) ernst zu nehmen, dass sich die Anwendung der theoretischen Erkenntnisse überwiegend auf Aspekte zur Gestaltung von Kommunikationsmaßnahmen beschränkt und andere wichtige Fragen wie beispielsweise die nach den Kommunikationswirkungen (z. B. MME) weitestgehend unberücksichtigt bleiben. Damit ist ein Punkt angesprochen, der auch die Diskussion des aktuellen Status quo der IMC in den USA bestimmt, nämlich dass „… little has been done to resolve the fact that the theoretical concept of IMC remains vague und uncertain“ (Kitchen et al. 2004: 23). Jooyoung Kim et al. (2010: 98 f.) haben sich im Rahmen einer Studie zur Wirkung kombinierter Effekte aus werblichen und redaktionellen Kommunikationsangeboten um eine fundierte theoretische Grundlegung bemüht, indem sie ihre Hypothesen aus unterschiedlichen theoretischen Ansätzen hergeleitet haben (u. a.: Information Integration Theory, Integrated Information Response Model). Dennoch ist der Hinweis von Ilchul Kim et al. (2004: 3) sehr ernst zu nehmen, dass von einem sehr negativen Standpunkt aus IMC sogar lediglich als eine neue Management-Mode betrachtet werden könnte („just another management fad“, vgl. auch Cornelissen/Lock 2000: 7 f.) und ihr der Status eines akademischen, theoretisch fundierten Phänomens abgesprochen werden kann. Vielmehr sei sie als eine „pop management“ Theorie einzustufen, die ihre Ideen stark vereinfacht, anwendungsorientiert („turnkey solutions“) und damit akzeptabel für die Praxis vermitteln möchte (Cornelissen/Lock 2000: 10). Aber selbst dies gelingt nur äußerst eingeschränkt. Es mangelt an Theoretisierung, was es konkret heißt „to do“ integrierte Kommunikation (Ots/Nyilasy 2017). Das theoretische Defizit der Integrierten Marketing-Kommunikation scheint sich bis in die Hochschullehre durchzuziehen. In ihrer internationalen Analyse der Syllabi von IMK-Lehrveranstaltungen an Universitäten kommen Kerr et al. (2008) zu dem ernüchternden Ergebnis, dass das klassische Werbe- und Marketing-Kommunikationsmanagement heute als integrierte Kommunikation ausgeflaggt wird, ohne dass im Kern die Lehrinhalte Besonderheiten des IMK-Paradigmas reflektieren. Daran hat sich bis heute im Wesentlichen nicht viel geändert wie Kerr und Kelly (2017) in einer Replikation der Studie nachweisen. Die Probleme, mit denen sich das Paradigma der Integrierten Marketing-Kommunikation nach seinem circa dreißigjährigen Bestehen konfrontiert sieht, sind jedoch nicht nur theoretischer Art und nicht nur im wissenschaftlichen Umfeld angesiedelt. So ist die Situation in der Praxis durch ein diffuses Nebeneinander von Begriffen gekennzeichnet wie zum Beispiel: 360-Grad-Kommunikation, holistische Kommunikation, Multichannel-Kommunikation oder orchestrierte Kommunikation, die sich im Kern alle auf die Idee der Integrierten Marketing-Kommunikation bezie-

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hen. Die Kommunikationsagenturen möchten mit ihren jeweiligen Wortschöpfungen etwas spezifisch anderes bezeichnen, weil sie sich gegenüber den marketingtreibenden Unternehmen als ihren (potenziellen) Kunden im Wettbewerb mit anderen Agenturen zu profilieren und zu positionieren versuchen. Damit wird in der Branche jedoch genau das konterkariert, wofür das Konzept der Integrierten Marketing-Kommunikation nach Manfred Bruhn steht: Prägnanz und Konsistenz der Kommunikation. So fasst Tonio Kröger (2003: 24), CEO der Agenturgruppe DDB Germany, die Situation zusammen: „Wenn die Unternehmen integrierte Kommunikation fordern und nahezu alle Agenturen integrierte Lösungen versprechen, scheint alles klar zu sein. Die Praxis zeigt jedoch, dass unter den Beteiligten keineswegs ein einheitliches Verständnis der Thematik herrscht.“

Verständnisunterschiede herrschen zwischen den Agenturen auch auf internationaler Ebene. Während koreanische und britische Agenturen, vergleichbar zum Konzept von Manfred Bruhn, im Erzielen von Konsistenz das wichtigste Ziel Integrierter Kommunikation sehen, betrachten US-Agenturen IMC als eine Art, das MarketingGeschäft zu organisieren. Die Praktiker waren und sind, wie Kitchen et al. (2008: 531) die Verständnisheterogenität resümieren, stärker daran interessiert, IMC-Programme zu entwickeln und zu implementieren, als deren Effekte und ihren Wert zu messen, was eine genaue Definition von IMC voraussetzt. Zusammenfassend läßt sich konstatieren, dass das Paradigma der IMK sich als äußerst heterogen, ausdifferenziert und leider auch schwer praxistauglich erweist. Als Konsequenz findet in der IMK-Diskussion mit dem Polyphonie-Ansatz (Christensen/Cornelissen 2013) der spannende Versuch statt, den Gegensatz von Integration und Ausdifferenzierung aufzulösen. Demnach können Unternehmen zwar einem IKLeitbild folgen, aber ihre Kommunikationen können und sollen sich sogar inhaltlich voneinander unterscheiden. Damit soll das Unternehmen den unterschiedlichen Erwartungen seiner Stakeholder-Gruppen gerecht werden können und darüber hinaus die nötige Flexibilität erlangen, um mit den heutigen hochdynamischen Verhältnissen in den Unternehmensumwelten umgehen zu können. Die mangelnde Praxistauglichkeit wird deutlich bei einem Blick auf den Entwicklungsstand der Integrierten Marketing-Kommunikation in den Unternehmen. Philip J. Kitchen et al. (2004: 28) kommen zu dem ernüchternden Ergebnis, dass sich diese mehrheitlich auf den beiden untersten Stufen des von Don E. Schultz und Philip J. Kitchen konzipierten vierstufigen, hierarchisch organisierten IMC-Prozesses befinden (s. Abb. 24). Demnach überwiegt im Rahmen einer taktischen Koordination der MarketingKommunikation eine Inside-out-Perspektive bei den Unternehmen (Stufe 1) beziehungsweise finden auf der Stufe 2 zwar Outside-in-Planungsversuche statt „… to actively consider what customers and consumers want to hear or see, when, where, and through which media“ (ebd.: 27). Die Stufen 3 und 4, die über Fragen nach der Ge-

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Tactical Coordination of

Abb. 24 Der IMC-Entwicklungsprozess nach Schultz/Kitchen (Quelle: Kitchen et al. 2004: 26)

staltung des Kommunikations-Mix hinausgehen und auf einer strategischen Ebene Investitionen in Informationstechnologie (Stufe 3) und eine Return-on-InvestmentBetrachtung der Marketing-Kommunikation (Stufe 4) erfordern, sind, so Philip Kitchen et al. (ebd.), von den Unternehmen jedoch nahezu unerreicht. Die Probleme, die sich in den Unternehmen als Implementierungsbarrieren der Integrierten Marketing-Kommunikation auswirken, können in fünf Gruppen zusammengefasst werden: • •

• • •

inhaltlich-konzeptionelle Barrieren (z. B. mangelnde oder problematische Erfolgskontrolle, fehlende Zielformulierungen), organisatorisch-strukturelle Barrieren (z. B. Fehlen von Abstimmungs- und Entscheidungsregeln, Fehlen einer Abteilung/Stelle/Person, die für die Integrierte Kommunikation verantwortlich ist), personell-kulturelle Barrieren (z. B. Bereichs- beziehungsweise Abteilungsdenken der Mitarbeitenden, Informationsüberlastung der Mitarbeitenden), mangelnde Investitionsbereitschaft, besonders in Informationstechnologie, Messbarkeit von Integrationseffekten (vgl. Bruhn 2006: 81 f., Kitchen et al. 2004: 28, Reinold/Tropp 2010).

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Betont werden muss die hohe Bedeutung, die der internen Unternehmenskommunikation hinsichtlich einer erfolgreichen Integration der Kommunikation und damit auch der Marketing-Kommunikation zukommt. Erst die gelungene Verknüpfung interner und externer Kommunikation im Sinne der Schaffung eines konsistenten Kommunikationsangebots nach außen, das aus der stimmigen internen Kommunikation und aus der Thematisierung der Entwicklungsprozesse unter den Mitarbeitenden hervorgegangen ist, kann, so Gustav Bergmann (2006: 227 f.), als Integrierte Kommunikation bezeichnet werden. Negativbeispiel

Ein Unternehmen kommuniziert im Rahmen einer Recruiting-Kampagne, dass es neue Mitarbeiter für die Bereiche Marketing und Vertrieb sucht. Gleichzeitig gibt die Geschäftsführung unternehmensintern die Parole der Kostensenkung aus, was auch mit Stellenstreichungen u. a. in den Abteilungen Marketing und Vertrieb verbunden sei.

Auch die US-amerikanische Forschung zum IMC-Konzept wendet sich der unternehmensinternen Kommunikation beziehungsweise dem „internal marketing“ zu (s. Abb. 25). Im Zusammenhang mit der Rolle der internen Unternehmenskommunikation ist zu ergänzen, dass heute in der kommunikationswissenschaftlichen Literatur Einigkeit herrscht, dass es zu einer Integrierten Unternehmens- und Marketing-Kommunikation einer funktionierenden Unternehmenskultur einschließlich eines elaborierten zeitgemäßen Kommunikationsverständnisses bedarf, die die Kommunikation im Unternehmen ordnet und das Handeln und Kommunizieren der Mitarbeitenden orientiert (s. z. B. Derieth 1995: 191, Hubbard 2004: 41 f., Maier 2006: 46 f., Schmidt 2000: 141, Tropp/Piskurek 2006: 350).

Abb. 25 Themen der IMC-Forschung von 1990 bis 2006 (Quelle: Kliatchko 2008: 139)

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In einer zusammenfassenden Würdigung sind besonders folgende Punkte festzuhalten: •

Dem Diskurs, der sich am Paradigma der Integrierten Marketing-Kommunikation orientiert, liegen unterschiedliche Kommunikationsverständnisse zugrunde. In dem US-amerikanischen IMC-Konzept wurde von Beginn an mittels der Forderung nach einem Outside-in-Planungsprozess auf die hohe Bedeutung der Rolle des Konsumenten und Kunden im Marketing-Kommunikationsprozess hingewiesen und damit sozialer Reflexivität als notwendigem Kriterium für Kommunikation Rechnung getragen. Die deutschsprachige Diskussion eröffnete hingegen, in der Tradition des Paradigmas der persuasiven Markenkommunikation stehend, mit einem verhaltenswissenschaftlichen Kommunikationsverständnis, nach dem ein Unternehmen mit einem einseitigen, nicht dialogischen Kommunikationsprozess Zielgruppen mit seinen Botschaften von Vermarktungsgegenständen im weitesten Sinne überzeugen möchte. Kunden und Konsumenten werden nicht als Kommunikationspartner und konstitutiver Bestandteil der Integrierten MarketingKommunikation aufgefasst, sondern finden nur indirekt bei der Formulierung der Kommunikationsziele ihre Berücksichtigung (s. Tropp 2016). • Die theoretische Konzeptualisierung von Integrierter Marketing-Kommunikation konzentriert sich in Deutschland auf Aspekte der Gestaltung der Kommunikationsmaßnahmen. In jüngerer Zeit erfahren die interne Unternehmenskommunikation, die Unternehmenskultur und Aspekte der Kommunikationswirkung verstärkt Beachtung bei der theoretischen Fundierung. • Der Management-Ansatz, auf dem das Konzept der Integrierten Marketing-Kommunikation beruht, orientiert sich in weiten Teilen am Maschinen-Paradigma mit seiner Vorstellung klar definierter, steuerbarer Input-Output-Beziehungen. Die hohe Bedeutung von Selbstorganisationsprozessen im Sozialsystem Unternehmen, und damit unter den Mitarbeitenden in Marketing-Abteilungen, wird vernachlässigt. Dies betrifft auch die Frage, bis zu welchem Punkt die Wahrnehmung und Verarbeitung von Kommunikationsangeboten – in Anbetracht kognitiver Selbstorganisation und Selbstreferenz – überhaupt gemanagt werden kann. Entsprechend konfrontiert Gustav Bergmann (2006: 228) das Konzept der Integrierten Marketing-Kommunikation in seiner heute gängigen Lesart im deutschsprachigen Raum mit dem Vorwurf, dass es „stark an voluntaristische Phantasien [erinnert] und … die systemischen Erkenntnisse ignoriert. Integrierte Kommunikation mutet wie eine Totalplanung nach überholtem Muster an.“ Vergleichbar wird aus Agentursicht gefordert, dass sich Integrierte Marketing-Kommunikation am Grundsatz der Praktikabilität und nicht an einem in der Praxis nicht umsetzbaren Idealismus ausrichten soll (vgl. Tropp 2002: 448 f.). • In der Praxis dominiert der Vernetzungsgedanke von Kommunikationsinstrumenten und Kommunikationsangeboten das Paradigma der Integrierten Marketing-Kommunikation. Zu Positionierungszwecken haben die Agenturen eine

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Vielzahl von eigenen Begriffen geschaffen. In jüngster Zeit rückt das von den Media-Vermarktungsorganisationen entwickelte Cross-Media-Konzept verstärkt in den Fokus, was den Grad an begriff licher Verwirrung weiter erhöht. • Das US-amerikanische IMC-Konzept mit seiner Betonung der wichtigen Rolle des Konsumenten/Kunden, der postulierten Notwendigkeit von informations- und kommunikationstechnologisch basierter Steuerung der Marketing-Kommunikation sowie der Ertragsorientierung der Marketing-Kommunikation weist große Überschneidungen mit dem Paradigma der Direktmarketing-Kommunikation, besonders mit dem Customer-Relationship-Management-Konzept (CRM-Konzept) auf, was die Inkonsistenz des Integrierten Marketing-Kommunikationsparadigmas noch weiter fördert. Ansatzpunkte für eine Steigerung der Kommunikationsqualität der Marketing-Kommunikation, indem explizit Hinweise für den Umgang mit den Kriterien der Selektivität, Reflexivität und Kontextualität gegeben werden, findet man im Konzept der Integrierten Marketing-Kommunikation nicht. Wohl kann aber angenommen werden, dass es der Integrierten Marketing-Kommunikation letztlich genau darum geht. Indirekte Hinweise darauf geben die empirischen Studien zum MME (Reflexivität in sachlicher Hinsicht), die schematheoretischen Anmerkungen und die damit implizite Thematisierung des Selektivitätsphänomens bei Manfred Bruhn (2006: 43 f.) sowie das Outside-in-Planungspostulat des US-amerikanischen IMC-Ansatzes und die damit implizite Berücksichtigung der sozialen Reflexivitätsverhältnisse in der Marketing-Kommunikation. Insofern kann das Konzept der Modernen MarketingKommunikation am ehesten dem Paradigma der Integrierten Marketing-Kommunikation zugerechnet werden. Gleichwohl ist das erstgenannte aber kommunikationstheoretisch breiter wie auch tiefer angelegt und darf nicht auf das Integrationsmodell weder in der US-amerikanischen noch in der deutschen Lesart gekürzt werden.

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Das System der Marketing-Kommunikation

Abstract Auf der gesellschaftlichen Makroebene wird die Marketing-Kommunikation als ein soziales System betrachtet. Kennzeichen dieses Systems ist es, dass es einen ihm eigenen Sinnzusammenhang, eine spezifische Systemlogik (re-)produziert, an der sich die Handlungen und Kommunikationen der Akteure in diesem System orientieren. Das Marketing-Kommunikationssystem besteht aus vier Komponentenklassen: Individuen und ihre emotional-kognitiven Systeme, an Rollen gebundene Handlungen und Kommunikationen, Marketing-Kommunikationswissen (Common Ground der Marketing-Kommunikation) und Kommunikationsangebote (Kap. A 3.1). Die Interaktion der Komponenten sorgt für die operative Schließung des Systems, wodurch es einen gewissen Grad an Autonomie erhält (Kap. A 3.2). Das heißt, die Marketing-Kommunikation einer Gesellschaft kann nicht intendiert von anderen Gesellschaftssystemen gemäß deren Systemlogiken und Zielen gesteuert werden (z. B. von der Politik). Es lassen sich unterschiedliche Konzeptionen unterscheiden, mit denen die MarketingKommunikation in der Gesellschaft verortet werden kann. Sie bzw. die Werbung kann eine Aufgabe im Massenmediensystem übernehmen (Luhmann), sie kann zwischen Medien und Wirtschaft vermitteln (Siegert/Brecheis), sie kann als eigenständiges funktional ausdifferenziertes Gesellschaftssystem aufgefasst werden (Zurstiege) oder sie kann als ein Subsystem des Wirtschaftssystems konzipiert werden (Schmidt, Tropp) (Kap. A 3.3). Die Autonomisierungstendenz des Marketing-Kommunikationssystems geht mit der Selbstorganisation des Systems einher. Aus ihr resultieren der Wandel der Marketing-Kommunikation und emergente Zustände des Systems, die sich nicht durch die alleinige Betrachtung der Veränderungen auf Komponentenebene erklären lassen (Kap. A 3.4). Besondere Beachtung kommt dem Verhältnis von Marketing-Kommunikations- und Mediensystem zu. Die Marketing-Kommunikation funktionalisiert das Mediensystem für das Wirtschaftssystem, indem es die Systemlogik der Medien an die der Wirtschaft knüpft. Dies erfordert einen genaueren Blick auf das Mediensystem und auf die Funktion der Medien für die Gesellschaft, die in der Produktion und Sicherstellung indirekter Sozialität ausgemacht werden kann (Kap. A 3.5).

107 © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 J. Tropp, Moderne Marketing-Kommunikation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-25318-9_3

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Um die Marketing-Kommunikation auf einer Makroebene gesellschaftlich einordnen zu können, ist es hilfreich, sie systemtheoretisch zu konzipieren. Demnach kann sie als ein Wirkungszusammenhang verstanden werden, der sich aus der Interaktion seiner Komponenten konstituiert und der gleichzeitig seine Komponenten systemisch spezifiziert. Darüber hinaus ist die systemtheoretische Konzeption zweckhaft, um zu einer Systematisierung der aktuellen Entwicklungen in der Marketing-Kommunikation zu gelangen und um die Komplexität dieser Entwicklungen handhabbar zu machen. Zunächst sind jedoch einige grundlegende Unterscheidungen hinsichtlich der Systemtypen zu treffen, die für die Konzeption von Marketing-Kommunikation als ein System von Bedeutung sind. Während emotional-kognitive Systeme sich auf das Individuum und dessen Bewusstsein, dessen innere Handlungen beziehen und die untrennbar ineinander verwobenen Bereiche der Gefühle und Gedanken umfassen (s. Kap. A 1.4, vgl. auch Ciompi 1999, 2007, Bosch 2006: 348 f.), wird mit sozialen Systemen der Bereich der Kommunikation, der äußeren Handlungen angesprochen. Beide Bereiche beziehen sich also auf grundlegend verschiedenartige Phänomene und konstituieren sich mittels vollkommen unterschiedlicher Elemente. Aber erst aus der Einheit dieser Unterscheidung von Emotion/Kognition und Kommunikation können als Resultat der Interaktion von Menschen Wirkungszusammenhänge wie der der Marketing-Kommunikation entstehen. Beide Bereiche sind nämlich notwendig aufeinander angewiesen: keine Kommunikation ohne Emotion/Kognition, keine Emotion/Kognition ohne Kommunikation. Aber sie bilden eben kein einheitliches System. Emotionalkognitive Prozesse beziehen sich auf emotional-kognitive Prozesse, und zeitlich synchron laufende Kommunikationsprozesse beziehen sich auf Kommunikationsprozesse, nicht auf emotional-kognitive Prozesse. Dieser Zusammenhang kann mithilfe des von Humberto Maturana geprägten Begriffs der strukturellen Kopplung verdeutlicht werden. Strukturelle Kopplung bezeichnet ein Irritationsverhältnis zwischen System und Umwelt: Jedes System verarbeitet gemäß seiner systemspezifischen Struktur die Irritationen seiner Umwelt. Es ist strukturdeterminiert. Strukturelle Kopplung bezeichnet einen notwendigen Zusammenhang von Systemen und ihren Umwelten, der primär durch ein Verhältnis der Gleichzeitigkeit von Prozessen gekennzeichnet ist, die einerseits im Sozialsystem – kommunizieren und beobachtbares Handeln – und andererseits im emotional-kognitiven System der Individuen – wahrnehmen, denken und fühlen – ablaufen. Das Ergebnis sind nicht determinierbare wechselseitige Strukturveränderungen im jeweiligen System (vgl. Maturana/Varela 1991: 85). Diese strukturelle Kopplung von Emotion/Kognition und Kommunikation wird über die Sprache oder allgemeiner über Kommunikationsangebote (sprachliche Äußerungen, Texte, Fernsehsendungen, Werbespots usw.) als Resultat der Verwendung von Zeichen jeglicher Art, zum Beispiel eines Werbespots als semiotischer Gesamtkomplex seiner syntaktischen, semantischen und pragmatischen Dimension, bewerkstelligt (vgl. Morris 1979). Über die strukturelle Kopplung von Emotion/Kognition und Kommunikation durch Kommunikationsangebote werden die Bildung und die

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Das System der Marketing-Kommunikation

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Ko-Evolution beider Bereiche ermöglicht. Im Laufe der sprachlichen Sozialisation erlernt das Kind in seinem Lebenszusammenhang die intersubjektive Wirklichkeit seiner Gesellschaft mit ihren Normen, herrschenden Moralvorstellungen, Rollenverteilungen, Erwartungen, Werten usw. (kommunikative Ebene), die sein Bewusstsein als kollektives Wissen verinnerlicht (emotional-kognitive Ebene), womit die Orientierung an dieser Wirklichkeit sichergestellt wird. Die sozialen Systeme können in drei unterschiedliche Typen weiter ausdifferenziert werden. Auf der Mikroebene kann das Interaktionssystem verortet werden. Es zeichnet sich durch die wechselseitig wahrgenommene Anwesenheit von Personen aus und bildet sich zwangsläufig, da die Personen „dadurch genötigt sind, ihr Handeln in Rücksicht aufeinander zu wählen“ (Luhmann 1991a: 81). Als Beispiel kann ein Gespräch zwischen einem Verkäufer und einem potenziellen Käufer im Ausstellungsraum eines Automobilhändlers dienen. Mit dem Ende dieses Gesprächs löst sich auch das Interaktionssystem auf, weswegen es flüchtiger und zeitlich instabiler Art ist. Organisationssysteme sind auf der Mesoebene angesiedelt. Dieser Systemtyp zeichnet sich dadurch aus, dass die Mitgliedschaft an Zulassungsbedingungen und an die Übernahme von bestimmten Rollen geknüpft ist. Obwohl die individuellen Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt werden, bleibt immer noch Raum für informale Kommunikationsthemen, die als Seitenthemen im Organisationssystem mitlaufen, zum Beispiel: „Wie war Dein Abend gestern ?“ (vgl. Luhmann 1991: 268 f.). Eine Kommunikationsagentur ist beispielsweise ein solches Organisationssystem, dessen Mitgliedschaft an den Abschluss eines Angestelltenvertrages gebunden ist, in dem dem Systemmitglied die Rolle im System (z. B. Kundenberater) zugewiesen wird und definiert ist. Durch die Mitgliedschaft werden einzelne Handlungen und ganze Arbeitsabläufe berechenbar und von der Umwelt abgrenzbar, worin eine wichtige Funktion des organisierten Systems liegt. Auf der Makroebene sind die Gesellschaftssysteme zu verorten. Dieser Systemtyp ist das umfassendste Sozialsystem, wobei es nicht als Summe aus Interaktions- und Organisationssystem zu begreifen ist. So finden auch die Handlungen zwischen Abwesenden, die kein Interaktionssystem bilden, im Gesellschaftssystem statt und die Mitgliedschaft ist auch nicht disponibel, in dem Sinne, dass man formal so ein- oder austreten kann wie man einen Angestelltenvertrag einer Kommunikationsagentur unterschreibt oder kündigt. Niklas Luhmann (2018) bezeichnet Gesellschaftssysteme daher als Systeme höherer Ordnung, als Systeme anderen Typs neben den Interaktions- und Organisationssystemen. Die allgemeine Funktion eines jeden Gesellschaftssystems liegt in dem Schaffen eines abgrenzbaren Sinnzusammenhangs, der die Handlungen und Kommunikationen lenkt und damit die Wahrscheinlichkeit von Handlungs- und Kommunikationserfolg im Sinne der Sicherstellung von Anschlusshandlungen und -kommunikationen erhöht. Evolutionär ist das Entstehen der Gesellschaftssysteme als eigenständiger Sozialsysteme eingelagert in den im späten Mittelalter anlaufenden und erst Ende des 18. Jahrhunderts sich in Europa deutlich

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abzeichnenden Prozess der funktionalen Differenzierung der modernen Gesellschaft. Nachdem die segmentäre Differenzierung der Gesellschaft in gleiche oder ähnliche Systeme (Familie, Geschlechter, Dörfer) von der stratifikatorischen Differenzierungsform als Einteilungsprinzip in ungleiche, hierarchisch organisierte Schichten abgelöst wurde, entstand erst mit der funktionalen Differenzierung die enorme Komplexität in der modernen Gesellschaft (vgl. Luhmann 2010.). Die gesellschaftlichen Teilsysteme erhalten einen Funktionsprimat, der jedoch auf gesamtgesellschaftlicher Ebene nicht durchgesetzt werden kann. „Nur für das Erziehungssystem ist dann die Funktion der Erziehung wichtiger als alle anderen; nur für das Rechtssystem kommt es in erster Linie auf Recht und Unrecht an; nur die Wirtschaft stellt alle anderen Erwägungen hinter ökonomisch formulierten Zielen, sei es der Produktionssteigerung, sei es der Rationalität des Verhältnisses von Aufwand und Ertrag, sei es der Profitmaximierung, zurück.“ (ebd.: 28)

Jedes Teilsystem hat mit der Fokussierung auf seine Funktion ein eigenes und ganz bestimmtes Verhältnis zu seiner gesellschaftlichen Umwelt, was die hohe Komplexität der Gesellschaft erklärt. Denn nicht nur Systeme werden differenziert, sondern System/Umwelt-Beziehungen: „Jede fällt anders aus“ (ebd.: 29). Im Rahmen dieser gesellschaftlichen Entwicklung hat sich auch das Wirtschaftssystem ausgebildet. Dessen Ausdifferenzierung wurde durch Geld in Gang gebracht, da sich durch Geld eine bestimmte Art von Handlungen systematisieren und rationalisieren lässt, nämlich Zahlungen. Wenn Handlungen sich in letzter Instanz an Geldzahlungen orientieren, lassen sich diese daher dem funktional ausdifferenzierten Wirtschaftssystem zurechnen (vgl. Luhmann 2015). Ausgehend von dieser Systemtypologie kann die Marketing-Kommunikation auf der Makroebene theoretisch wie folgt als ein Gesellschaftssystem aufgefasst werden: ▶ Definition Das Gesellschaftssystem der Marketing-Kommunikation ist ein Gebilde von Individuen, die durch Kommunikationen und Handlungen einen gemeinsamen marketingkommunikationsspezifischen Sinnzusammenhang (Systemlogik) schaffen, an dem sie gleichzeitig ihre eigenen Handlungen und Kommunikationen ausrichten und mit dem sie die Handlungen und Kommunikationen anderer Individuen als system- oder umweltzugehörig einordnen.

Zusammenfassend gesagt konstituiert das Marketing-Kommunikationssystem also über intrasystemische Handlungen und Kommunikationen seinen sinnhaften Wirkungszusammenhang, der sich von der Umwelt unterscheidet und daher identitätsstiftend wirkt, und steht über intersystemische Kommunikationen im Austausch mit der Umwelt, mit anderen gesellschaftlichen Systemen.

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3.1

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Komponenten des Marketing-Kommunikationssystems

Folgt man Luhmann, sind Kommunikationen, und zwar ausschließlich Kommunikationen, als Komponenten des Marketing-Kommunikationssystems anzusehen. Ein soziales System bestünde dann also nicht aus Menschen, auch nicht aus Gedanken und Gefühlen, sondern einzig aus Kommunikationen (s. Luhmann 2008). Alles, was nicht Kommunikation ist, platziert Luhmann in die Umwelt sozialer Systeme, die er als reine Kommunikationssysteme auffasst. Der cartesianische Dualismus, der die beiden Seinsbereiche Subjekt und Objekt strikt voneinander unterscheidet, wird abgelöst von der systemrelativen Unterscheidung System/Umwelt. Erkenntnisgewinn wird also an ein erkennendes System gebunden, das dazu aufgrund des selbstreferentiellen Prozessierens der System/Umwelt-Differenz befähigt ist. „Jedes selbstreferentielle System hat nur den Umweltkontakt, den es sich selbst ermöglicht, und keine Umwelt ‚an sich‘.“ (Luhmann 1991: 146)

Im Sinne einer empirieorientierten Modellierung des Marketing-Kommunikationssystems kann dem luhmannschen Vorschlag, was die Komponenten sozialer Systeme betrifft, jedoch nicht gefolgt werden. Denn wie können empirisch gesicherte Erkenntnisse über das Marketing-Kommunikationssystem gewonnen werden, wenn nur die Umwelt (Menschen und ihre Handlungen), nicht aber das System direkt beobachtet und befragt werden kann ? Hier wird daher in Anschluß an die Strukturationstheorie von Giddens (1997) eine theoretische Verbindung der Makro- und der Mikroebene favorisiert. Es wird davon ausgegangen, dass sich soziale Strukturen und menschliche Handlungen rekursiv wechselseitig konstituieren. Prozesse gesellschaftlicher Strukturbildung (Makroebene) basieren demnach auf Handlungen (Mikroebene), wie gleichzeitig umgekehrt Aspekte der Struktur das Handeln der Mitglieder eines Sozialsystems maßgeblich prägen. Zur theoretischen Erörterung von Fragestellungen zum Kommunikationsmanagement von Organisationen kann mit diesem integrativen Ansatz der Dualismus von Akteur und System überwunden werden (s. z. B. Thiessen/Ingenhoff 2011, Röttger 2005). Konkret werden vier heterogene Klassen angesetzt, aus denen die Komponenten des Systems der Marketing-Kommunikation stammen (s. Abb. 26): •

Individuen und ihre emotional-kognitiven Systeme Diese Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass jeder emotional-kognitive Zustand konstitutiv an dem Entstehen des jeweils folgenden Systemzustandes beteiligt ist, dass also sein Zustand im Wesentlichen nicht von außen, von der Umwelt bestimmt wird, sondern von innen, vom System selbst. Das System ist somit operational geschlossen (autonomisiert), es organisiert sich im Sinne der Bildung seiner Bedeutungskonstruktionen selbst und es bezieht sich dabei auf seine frü-

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Grundlagen der Modernen Marketing-Kommunikation

Abb. 26 Komponenten des Marketing-Kommunikationssystems (eigene Darstellung)

heren Zustände (Bedeutungskonstruktionen), ist also selbstreferentiell. Die notwendigen Kriterien für Kommunikation, nämlich Reflexivität, Kontextualität und Selektivität sind zentrale Kennzeichen der in diesem System ablaufenden bedeutungsbildenden Prozesse (vgl. Kap. A 1.3). • an Rollen gebundene Handlungen und Kommunikationen Handlungen und Kommunikationen sind an bestimmte Rollen (z. B. Kreativdirektor, Mediaplaner) gebunden. Diese Handlungen erscheinen als Marketingkommunikationslogisch, da sie in Handlungskontexte eingebettet sind, denen ein systemspezifischer Common Ground zugrunde liegt. Sie können den vier Handlungsbereichen ◆ der Inhaltsproduktion, der Gestaltung und der Herstellung der Mitteilung (Selektion der Information und der Mitteilungsform), ◆ der Media-Planung und des Media-Einkaufs (Selektion des Mitteilungsmediums), ◆ der Rezeption der Mitteilung (Selektion des Verstehens sowie innerer und äußerer Anschlusshandlungen), ◆ der Selbstthematisierung (Selbstreferenz des Systems) zugeordnet werden. Dass es sich um vier Handlungsbereiche handelt, folgt aus der einfachen Überlegung, dass (1) für ein Kommunikationsangebot wie zum Beispiel einen Werbespot ein Inhalt festgelegt, durch ein spezifisches Arrangement von Zeichen gestaltet und hergestellt wird, (2) ausgewählt werden muss, über welches Medium das Kommunikationsangebot distribuiert werden soll, dass (3) das mitgeteilte Kommunikationsangebot rezipiert und verarbeitet wird sowie (4) dass die rezipierten Kommunikationsangebote im Marketing-Kommunikationssys-

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tem Anlass zur Selbstthematisierung geben, indem diese zum Beispiel formell von einem Marktforschungsinstitut aufgegriffen und zum Gegenstand von neuen Kommunikationsprozessen im Sozialsystem werden. • Marketing-Kommunikationswissen (Common Ground der Marketing-Kommunikation) Der Marketing-kommunikationsspezifische Common Ground (Normen, Werte, Beeinflussungstaktiken, Produkt-, Marken- und Unternehmenskenntnisse, Moralvorstellungen, Rollenerwartungen, Symbolgebrauch etc.) wird als MarketingKommunikationswissen bezeichnet (vgl. Kap. B III 1.2). Es bildet sich durch die strukturelle Kopplung der Komponenten in den Klassen Emotion/Kognition und Kommunikation qua Kommunikationsangeboten aus und orientiert gleichzeitig systemlogisch die Komponenten aus diesen beiden Klassen in ihren Ausprägungen. Dank des Sozialmechanismus der Erwartungserwartungen (A erwartet, dass B erwartet) besitzt Marketing-Kommunikationswissen im System reflexiv intersubjektive Geltung. • Kommunikationsangebote In konkreten Kommunikationsangeboten manifestiert sich die Mitteilung. Sie bewerkstelligen die strukturelle Kopplung der emotional-kognitiven Systeme und der an Rollen gebundenen Handlungen und Kommunikationen. Deutlich wird an der Frage nach den Komponenten von Sozialsystemen, dass diese hier als Konstrukte eines wissenschaftlichen Beobachters zum Zwecke seiner Problemlösung und nicht als reale Entitäten, in dem Sinne, „daß es soziale Systeme gibt“ (Luhmann 1991: 30), aufgefasst werden. Des Weiteren wird in Konsequenz der Berücksichtigung von Individuen als empirischen Orten der Komponentenklassen der emotional-kognitiven Systeme, des Marketing-Kommunikationswissens sowie der sinnvollen, an Rollen gebundenen Handlungen und Kommunikationen nur in abkürzender Redeweise einem sozialen System zugestanden, dass es (im weitesten Sinne) handeln oder sich verhandeln kann oder bestimmte Eigenschaften hat. Stets sind die Individuen eines Sozialsystems impliziert. „Nur Subjekte können sich zu sich verhalten. Anonymen Systemen Selbstbezüglichkeit zuzuweisen, ist eine metonymische Redeweise, die, sofern sie rhetorisch kontrolliert bleibt, aus diskurs-ökonomischen Gründen durchaus zulässig ist, die aber, sofern sie reinen Abstraktionen und Idealisierungen wie der Sprache oder dem System trockenen Auges die Handlung der Selbstreflexion zuspricht, nicht mehr weit entfernt ist von Positionen verschobener [sic] Ursprungsphilosophie … à la Heidegger oder Derrida, wo ja ebenfalls bald das Sein, bald der Text spricht, so als seien sie – wie es die Grammatik dieser sinnlosen Formulierungen unzweideutig zutage bringt – handlungs- und reflexionsmächtige Subjekte.“ (Frank 1986: 12 f.)

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Autonomisierung des Marketing-Kommunikationssystems

Durch die Interaktion der Komponenten des Marketing-Kommunikationssystems erlangt das System gegenüber seiner Umwelt operationale Geschlossenheit, da es selbstreferentiell operiert. ▶ Definition „Unter selbstreferentiellen Systemen verstehe ich solche Systeme, deren Zustände wesentlich durch die Interaktion ihrer Komponenten (also ‚von innen‘) und nicht wesentlich durch die Beeinflussung durch ihre Umwelt (also ‚von außen‘) bestimmt werden. Selbstreferentielle Systeme sind daher ihrer Umwelt gegenüber autonom, selbstbestimmt.“ (G. Roth 1987: 399 f., Hervorh. i. Orig.)

Empirisch kann das Marketing-Kommunikationssystem dann als selbstreferentiell bezeichnet werden, wenn die von einem Beobachter definierten, diesem Sozialsystem zurechenbaren kommunikativen Handlungen der Individuen sich auf die kommunikativen Handlungen der Individuen dieses Sozialsystems beziehen. Die dadurch erzielte Autonomie des Marketing-Kommunikationssystems darf jedoch nicht als ein Entweder-ganz-oder-gar-nicht-Zustand verstanden werden (vgl. ebd.: 400). Angebrachter ist eine Auffassung von einer jeweiligen systemabhängigen abgestuften Autonomie, denn die vom Autonomiekonzept anvisierte idealtypische konstruierte absolute Autonomie realisiert sich empirisch in Form von unterschiedlichen Maßen von Autonomisierung (vgl. Hejl 1993: 233, Teubner 1987: 90 f.). Dies wird beim Marketing-Kommunikationssystem besonders deutlich, da hier externe, nicht systemimmanente Steuerungs- und Beeinflussungsmöglichkeiten zu konstatieren sind. Diese spielen eine wichtige Rolle, weswegen dieses System sogar nur als schwach autonomisiert eingestuft werden kann. Die Möglichkeiten der selbstbestimmten Ausgestaltung seiner Kommunikation sind nämlich im Bereich der Selektion der Information, also in der Wahl des Kommunikationsinhaltes, des „Was“ der Kommunikation, erheblich eingeschränkt. Es bekommt von anderen Gesellschaftssystemen, allen voran vom Wirtschaftssystem, die Themen der Kommunikation beispielsweise in Form eines Kampagnen-Briefings vorgeschrieben, sodass die Festlegung der Inhalte und Zielsetzungen der Kommunikation größtenteils systemextern beziehungsweise in Absprache mit seiner Systemumwelt erfolgt. Größere Autonomisierung hat das System hingegen bei der Selektion der Mitteilung, also bei der Wahl der Kommunikationsart, dem „Wie“ der Kommunikation. Jedoch erweist sich auch hier das System, bedingt durch die Rolle der Kommunikationsagenturen als Auftragnehmer, die diese gegenüber den Auftrag gebenden Organisationen innehaben, letztlich als von außen beeinflussbar. Neben dieser Auftraggeber-Auftragnehmer-Konstellation kommt in der jüngeren Zeit einem weiteren Umstand Bedeutung für die Diagnose der schwachen Autonomisierung des Marketing-Kommunikationssystems zu. Der große Einfluss des

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Rechtssystems auf die Marketing-Kommunikation wurde erstmals mit der Einführung des Werbeverbotes für Zigaretten in Funk und Fernsehen in Deutschland im Jahr 1974 deutlich. Im Jahr 2005 folgte das EU-weite Tabakwerbeverbot in Zeitungen, Zeitschriften und im Internet. Und im Jahr 2008 hat die Bundesregierung die Anpassung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) an die EU-Richtlinien beschlossen, was mit marketing-kommunikativen Konsequenzen für nahezu alle im B2C-Bereich tätigen Unternehmen einhergehen wird. Der damalige Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes Kommunikationsagenturen GWA Henning von Vieregge (2008: 7) kommentiert dies als „Werberaum in großem Umfang zu enteignen und Werbung schwierig bis unmöglich zu machen … Es gibt mittlerweile kaum ein Geschäftsfeld, wo nicht Einschränkungen bis faktische Abschaffung der Werbung droht“ (zit. n. w&v 20/2008: 7). Beispiele (vgl. Pfannenmüller 2008: 13 f., Schroeter 2008: 21)

Die EU möchte einen EU-weiten Verhaltenskodex für Alkoholwerbung einführen, wonach beispielsweise alle Werbemittel einen Warnhinweis für Jugendliche und Autofahrer beinhalten, zwischen 6:00 und 21:00 Uhr ein TV-Werbeverbot herrscht und das Sportsponsoring eingeschränkt wird. Das EU-Parlament hat 2007 vorgeschlagen, dass in der Automobilwerbung zu künftig umfangreiche Informationspflichten einzuhalten sind. So sollen beispielsweise zukünftig in der Print-Automobilwerbung ca. 20 Prozent der Werbefläche für Pflichtinformationen über Schadstoffe und Energieverbrauch verwendet werden. Seit 2007 ist die Health-Claims-Verordnung der EU über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln in Kraft. Unternehmen dürfen ihre Lebensmittel nur noch als „zuckerfrei“, „leicht“ oder „fettarm“ bezeichnen, wenn sie Vorgaben exakt einhalten. Die EU hat 2010 eine Positivliste mit für Marketing Kommunikation zugelassenen nährwert- und gesundheitsbezogenen Aussagen (Claims) vorgelegt. 2008 hat das Europäische Parlament die neue Verbraucherkreditrichtlinie verabschiedet, wonach für die Marketing-Kommunikation ab 2010 gilt, dass das Werben mit Zinssätzen nur gestattet ist, wenn die Gesamtkreditkosten sowie Laufzeit, Kreditbetrag und effektiver Jahreszins ausgewiesen werden.

Der Einfluss des Rechtssystems, vor allem in Form von EU-Regularien, macht sich aber auch in anderen Gesellschaftssystemen wie beispielsweise in der Medizin und der Wirtschaft und des Weiteren in der Lebenswelt der Gesellschaft wie beispielsweise in Form des eingeschränkten Rauchverbots in Deutschland bemerkbar. Die Autonomisierungsfrage ist daher für nahezu das gesamte sozialsystemisch und nicht sozialsystemisch geregelte Gesellschaftsleben virulent – wenn auch in systemabhän-

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gigen unterschiedlichen Ausmaßen. Das systemische Prinzip, dass aus der Selbstreferenz die Autonomisierung des Marketing-Kommunikationssystems resultiert, bleibt von den externen Steuerungsversuchen jedoch unberührt. Denn diese haben keine nennenswerten Auswirkungen auf den Zustand des Sinnzusammenhangs des Systems, auf dessen Systemlogik. Die Marketing-Kommunikation gerät durch die Steuerungsversuche von außen also in keine Sinnkrise. So kommen Michael Capella et al. (2008) in ihrer durchgeführten Meta-Analyse zur Frage nach dem Zusammenhang von Tabakwerbeverbot und Zigarettenkonsum zu dem Ergebnis, dass das Verbot keinen signifikanten Effekt auf den Zigarettenkonsum hat. Dieses Ergebnis spiegelt wider, dass das Marketing-Kommunikationssystem schon längst den Sinn seiner Handlungen nicht länger aus dem Kontext der behavioristischen monokausalen Verhaltensbeeinflussungstheorie bezieht, wohl aber, dass sich der Sinnzusammenhang der Marketing-Kommunikation aus der Perspektive anderer Sozialsysteme (Politik, Recht etc.) teilweise immer noch derart reduziert darstellt. Die Autonomisierung ermöglicht es also dem System, seinen Sinnzusammenhang, seine für Kommunikation notwendige Kontextualität, von seiner Umwelt abzugrenzen. Dieser Sinnzusammenhang wird kontextuell differenzlogisch konzipiert, indem von einer sozialsystemspezifischen Vielfalt, Interpretation, Relationierung und vergleichenden Bewertung von basalen Dichotomien, die Bestandteile des Common Ground (hier: Marketing-Kommunikationswissen) der Individuen eines Sozialsystems (hier: Marketing-Kommunikationssystem) sind, ausgegangen wird (vgl. Schmidt 1994: 231). Für die im Auftrag des Wirtschaftssystems operierende Moderne Marketing-Kommunikation bedeutet dies, dass die miteinander verknüpften Unterscheidungen • • • •

zahlen/nicht zahlen für in Kommunikationsangeboten wahrgenommene Güter, Leistungen, Organisationen etc. (Leitcode des Wirtschaftssystems), äußere Anschlusshandlungen/keine äußeren Anschlusshandlungen (Reflexivitätskriterium), aufmerksam sein/nicht aufmerksam sein (Selektivitätskriterium), Relevanz der Kommunikationsangebote/Irrelevanz der Kommunikationsangebote (Kontextualitätskriterium)

das Zentrum ihres Sinnzusammenhangs bilden. Diese Basisdichotomien beinhalten kognitive, emotionale und normative Aspekte und werden in der strukturellen Kopplung von Kognition und Kommunikation ausgebildet, stabilisiert und modifiziert. Entsprechend bilden die vier heterogenen Komponentenklassen der emotional-kognitiven Systeme, des Marketing-Kommunikationswissens, der sinnvollen, an Rollen gebundenen Handlungen und Kommunikationen sowie der Kommunikationsangebote in ihrem Interaktionsgefüge jenen Wirkungszusammenhang (= soziales System), der die beobachtbaren sozialen Handlungen von Individuen spezifiziert und orientiert (Abb. 26). Das Marketing-Kommunikationssystem (re-)produziert so seinen ihm eigenen Sinnzusammenhang.

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3.3

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Die Marketing-Kommunikation in der Gesellschaft

Fragt man danach, wo sich die Marketing-Kommunikation in der Gesellschaft verorten lässt, hilft ein Blick auf die vorliegenden Befunde der systemtheoretischen Werbeforschung. Aktuell bieten vier unterschiedliche Konzepte ihre Vorschläge an (s. auch Borchers 2014: 153 f.).

3.3.1 Werbung als Programmbereich der Massenmedien Ausgehend von einer Konzeption medienvermittelter öffentlicher Kommunikation, die Niklas Luhmann (2017) als Massenmediensystem bezeichnet, das anhand der Leitdifferenz Information/Nichtinformation festlegt, welche Kommunikationen im System und welche in der Umwelt ablaufen, modelliert Luhmann neben Nachrichten und Berichten sowie Unterhaltung die Werbung nicht als ein eigenständiges Gesellschaftssystem, sondern als einen Programmbereich des Gesellschaftssystem der Massenmedien. Dies wirkt auf den ersten Blick plausibel. Werbung, will sie erfolgreich sein, benötigt Aufmerksamkeit für ihre Inhalte, weswegen sie auf die Publizität der Massenmedien zurückgreift. Auf einen zweiten Blick fordert diese Konzeption jedoch besonders zwei kritische Anmerkungen ihre Theoriearchitektur und auch ihre empirische Plausibilität betreffend heraus. Theoriearchitektonisch wirft das Ansetzen einer einzigen Leitdifferenz, und dazu noch des nicht systemspezifischen, kommunikationstheoretischen Supercodes Information/Nichtinformation, zur Modellierung eines spezifischen funktional ausdifferenzierten Sozialsystems der Massenmedien einige Unklarheiten auf (s. ebd.). Gemäß Luhmanns Ansatz wird die gesamte Informationsverarbeitung eines Systems durch die Codierung mittels einer Leitdifferenz kanalisiert, anhand derer die Handelnden überhaupt erst sinnvolle Informationen in einem Sozialsystem produzieren und Informationen einem System zugeordnet werden können. Sinnvolle Informationen haben damit eine rein systeminterne und -relative Qualität, die durch diese systemspezifische Differenztechnik ermöglicht wird. Demnach orientieren sich alle Kommunikationen des Wirtschaftssystems an der Unterscheidung zahlen/nicht zahlen und nicht zum Beispiel an der Unterscheidung schön/hässlich. Die binäre Codierung schließt das System gegenüber seiner Umwelt ab. Mit anderen Worten: Der Code reguliert die Grenze des Sozialsystems, indem systemspezifische von nicht systemspezifischen Kommunikationen unterschieden werden können. Über die binären Codes – so Luhmann (2008) – identifizieren sich funktional ausdifferenzierte Sozialsysteme. Ein System operiert nur anhand seiner Codierung und lässt andere Unterscheidungen anderer Sozialsysteme zur Bearbeitung anderer gesellschaftlicher Funktionsbereiche außer Acht. In welchem Gesellschaftssystem sind aber dann über das Fernsehen verbreitete Kommunikationsangebote einzuordnen, die einen ganz konkreten Code eines an-

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deren Gesellschaftssystems thematisieren ? Die Antwort kann nur lauten: im Massenmediensystem und im jeweiligen Gesellschaftssystem. Der Code Information/ Nichtinformation erlaubt es, jegliche Kommunikation auch als Kommunikation des Massenmediensystems zu behandeln. Dies schließt aber nicht aus, dass die über das Fernsehen verbreiteten Meldungen über den aktuellen Stand der Aktienkurse gleichzeitig im Wirtschaftssystem zu sinnhaften und sogar äußerst folgenreichen ökonomischen Informationen konstruiert werden – auch wenn die Informationsproduktion seitens der Progammmacher überhaupt nicht wirtschaftlich, sondern eben „informativ“ codiert ist. Die weitere Informationsverarbeitung im Massenmediensystem kann daher in Abhängigkeit von der Zugehörigkeit zu einem Sozialsystem die Form einer gänzlich neuen Informationserzeugung annehmen. Damit kann aber die Frage nach der Grenze des Massenmediensystems, nach der System/Umwelt-Differenzierung, nicht mehr schlüssig beantwortet werden; in der Folge steht auch die theoretische Schlüssigkeit eines Programmbereichs Werbung in einem nicht abgrenzbaren Massenmediensystem zur Disposition. Darüber hinaus ist auch die grundsätzliche Funktionsfähigkeit eines Programmbereichs Werbung zu hinterfragen. Der Code eines ausdifferenzierten Gesellschaftssystems schließt dieses gegenüber der Umwelt ab und sorgt für die Selbstreferenz des Systems, die jedoch nur als „mitlaufende Selbstreferenz“ (Luhmann 1991: 604) zu denken ist. Das Konzept der mitlaufenden Selbstreferenz hebt die klassische systemtheoretische Differenzierung von geschlossenen und offenen Systemen auf. Unter mitlaufender Selbstreferenz versteht man die Unmöglichkeit des exklusiven Auf-sichselbst-Bezugs eines Sozialsystems. Denn wäre ein soziales System rein selbstreferentiell, stünde es vor dem „… Problem des Unterbrechens eines nur tautologischen Zirkels. Das bloße Hinweisen des Selbst auf sich selbst muß mit Zusatzsinn angereichert werden“ (ebd.: 631). So ist beispielsweise für das Wirtschaftssystem ein ausschließliches Beziehen auf sich selbst – etwa in der Form: Eine Zahlung ist eine Zahlung, weil sie keine Nichtzahlung ist – eine beliebige Relation, die nichts darüber aussagt, warum die Präferenz des Wirtschaftssystems der Zahlung und nicht der Nichtzahlung gilt. „Durch Selbstreferenz wird rekursive, zirkelhafte Geschlossenheit hergestellt. Aber Geschlossenheit dient nicht als Selbstzweck, auch nicht als alleiniger Erhaltungsmechanismus oder als Sicherheitsprinzip. Sie ist vielmehr Bedingung der Möglichkeit für Offenheit. Alle Offenheit stützt sich auf Geschlossenheit … und dies ist nur möglich, weil selbstreferentielle Operationen nicht den Gesamtsinn absorbieren, nicht totalisierend wirken, sondern nur mitlaufen; weil sie nicht abschließen, nicht zum Ende führen, nicht das telos erfüllen, sondern gerade öffnen.“ (ebd.: 606, Hervorh. J. T.)

Genau an dieser Stelle setzen die Programme eines Systems an. Ihre Aufgabe ist es nämlich, die durch Selbstreferenz erzwungene Öffnung eines Systems zu bearbeiten. Durch die Handhabung von Programmen werden systemexterne Gegebenheiten in

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Betracht gezogen, die die Bedingungen fixieren, unter denen der eine oder der andere Wert der Codierung eines Sozialsystems gesetzt wird. Programmbeispiele sind Gesetze im Rechtssystem, die angeben, wann Recht beziehungsweise Unrecht vorliegt, Theorien und Methoden im Wissenschaftssystem, die über wahre und unwahre Kommunikationen entscheiden oder eben Preise im Wirtschaftssystem, die Zahlungen beziehungsweise Nichtzahlungen steuern (vgl. Luhmann 2015a). Durch das Setzen der Leitdifferenz Information/Nichtinformation gerät das Massenmediensystem jedoch gerade in jenen unendlichen tautologischen Regress, den Luhmann anhand der Programmierung eines Codes aufheben will. Denn wie kann das Programm Werbung festlegen, was als informativ und was als nichtinformativ im Massenmediensystem zu gelten hat, wenn es doch selbst nichts anderes als Information oder Nichtinformation sein kann (wie lustig und unterhaltend aufbereitet auch immer) ? Somit stellt es aber nicht die Öffnung des Systems her, es fixiert nicht die Bedingungen, was als informativ im Massenmediensystem zu gelten hat. Programm und Code fallen hier zusammen. Dem Programm wird seine Instrumentalität entzogen, so dass die Werbung dem Massenmediensystem keine Information liefern kann, im Sinne eines Unterschiedes, der einen Unterschied macht, was das Informationsverständnis von Luhmann im Anschluss an Bateson ist. Einfach ausgedrückt: Im Massenmediensystem kann nicht entschieden werden, ob Werbung informatorisch sinnvoll ist oder nicht. Hinsichtlich der empirischen Plausibilität der Verortung der Werbung als einen Programmbereich des Massenmediensystems ist kritisch anzumerken, dass die Offensichtlichkeit der ökonomischen Zusammenhänge und Hintergründe der Werbung komplett ausgeblendet werden, und zwar in einem zweifachen Sinne. Weder wird der ökonomische Sinn der Werbung reflektiert, derart, dass ihre Funktion und Leistung, die sie empirisch zweifelsfrei für das Wirtschaftssystem innehat, berücksichtigt wird, noch findet die durch die Werbung vorangeschrittene Ökonomisierung des Massenmediensystems ihren Niederschlag. Besonders letztgenannter Punkt wirft die Frage auf, inwiefern Werbung heute nur als ein Programmbereich des Massenmediensystems anzusehen ist oder ob sie nicht mit diesem zunehmend deckungsgleich wird. Zumal im Massenmediensystem operierende Organisationssysteme wie beispielsweise die ProSiebenSat.1 Media AG oder die Axel Springer AG börsennotiert sind und damit zweifelsfrei ihre Handlungen an einer ökonomischen Rationalität ausrichten. Schließlich ist auch noch anzumerken, dass mit Blick auf die heutigen Verhältnisse nicht nur von einer Werbung im Massenmediensystem ausgegangen werden kann, sondern von einer umfassenden medialen Marketing-Kommunikation, die sich zunehmend auch der Individualmedien (Brief, Mobiltelefon, E-Mail etc.) zur persönlichen Ansprache bedient.

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3.3.2 Werbung als Interpenetrationszone Einen Kompromiss, um die ökonomische und die publizistische Logik gleichermaßen in der Werbung zu berücksichtigen, haben Gabriele Siegert und Dieter Brecheis (2017) mit ihrem auf Richard Münch (2015) rekurrierenden Konzept der Werbung als Interpenetrationszone vorgelegt. Auch sie modellieren Werbung nicht als ein Gesellschaftssystem, sondern als eine gesellschaftliche Zone, die sich durch die Vernetzung der beiden Systemlogiken des Wirtschaftssystems (Geld) und der Medien (Publizität) auszeichnet (s. Siegert/Brecheis 2017: 109). Dieser doppelte Bezug der Werbung findet seine Begründung darin, dass das Wirtschaftssystem genauso auf die Informationsproduktion der Werbung angewiesen ist, wie umgekehrt das publizistische System auf die Finanzierung durch die Werbung. Die Konvertibilität der unterschiedlichen Codes und Logiken der beiden Systeme wird durch die Einrichtung der Institution der Medien- und Publikumsforschung sichergestellt, die, so Siegert und Brecheis (ebd.: 108), als eine „intersystemische Wechselstube“ fungiert, in der Geld gegen Publizität und, damit verbunden, gegen Aufmerksamkeit getauscht wird. Im Resultat läuft diese Konzeption darauf hinaus, dass der Medien- und Publikumsforschung in der Werbung eine zentrale Rolle zugewiesen wird, da sie über den Währungskurs wacht, also für die Kontaktpreise der einzelnen Werbeträger, die üblicherweise pro eintausend Kontakte mit der Zielgruppe (Tausend-Kontakt-Preis/TKP) festgelegt werden, verantwortlich ist. Beispiel

Für das Medium Fernsehen ist in Deutschland die Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF), ein Zusammenschluss der fünf Senderfamilien ARD, ZDF, RTL, SAT.1 und Pro Sieben, Auftraggeber für die von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) durchgeführte Zuschauerschaftsforschung. Die von der AGF-/GfK-Forschung ermittelten Einschaltquoten bilden die Basis für die Festlegung der TKPs im folgenden Kalenderjahr.

Ob sich jedoch die Medien- und Publikumsforschung mit diesem ihr zugewiesenen Platz in der Gesellschaft als Institution in der Interpenetrationszone Werbung einverstanden erklärt, ist diskussionswürdig und müsste geprüft werden. Denn schließlich lassen sich auch gute Gründe dafür anführen, dass sich diese Forschung, wie andere Forschungsunterfangen auch, zuallererst einmal dem Code des Wissenschaftssystems verpflichtet fühlt, also den Sinn ihrer Forschung primär am Wahrheitskriterium festmacht. Damit wären die Verhältnisse in der Interpenetrationszone Werbung noch verschränkter, da sich zur Logik der Medien und der Wirtschaft auch noch die des Wissenschaftssystems gesellen würde. Zu erwarten ist auch, dass sich, einhergehend mit den zunehmenden Diversifikationsbemühungen der Medienunternehmen, zukünftig neben dem Tausch von Pu-

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blizität und Geld verstärkt auch andere medial-ökonomische Wechselbeziehungen etablieren und die Logik der Werbung beeinflussen werden. So weist eines der führenden kommerziellen elektronischen Medienunternehmen im deutschsprachigen Raum, die ProSiebenSat.1-Gruppe, darauf hin, dass neben den AGF-/GfK-Quoten für den Bereich des Free-TV für die Steuerung des Quizsenders 9Live die Anzahl der Telefonanrufe, für das Online-Geschäft die Page-Impressions und Visits und im Bereich Pay-TV und Video on Demand die Anzahl der Abonnenten die entscheidenden medialen Kenngrößen sind, die eine monetäre Wertentsprechung haben (vgl. ProSiebenSat.1 Media AG 2007: 82). Auch können Zweifel an der Funktion der Medien- und Publikumsforschung als Hüter des Währungskurses der „intersystemischen Wechselstube“ Werbung angeführt werden. So hebeln die Verlage, besonders in kommerziell schwierigen Zeiten, das Tauschverhältnis Geld gegen Aufmerksamkeit aus, indem sie im Rahmen performanceorientierter Abrechnungsmodelle die Vormachtstellung des Geldes als Währung der Werbung proklamieren. Nach diesen Modellen richtet sich die Vergütung der Verlage für die Schaltung von Anzeigen zu einem Teil nach dem durch die Werbung erzielten Umsatz der werbungtreibenden Unternehmen – unabhängig von Kontaktpreisen (vgl. Pauker 2009: 39).

3.3.3 Werbung als funktional ausdifferenziertes Gesellschaftssystem Einen mutigen Vorschlag, wo die Werbung in der Gesellschaft lokalisiert werden kann, hat Guido Zurstiege (2007) vorgelegt. Mutig ist der Vorschlag, weil die Werbung als autonomes, funktional ausdifferenziertes Gesellschaftssystem auf derselben Ebene angesiedelt wird wie die großen Gesellschaftssysteme Wirtschaft, Recht, Politik usw. Wenn eine solche Theorieoption haltbar sein soll, dann muss für ein derartig gesellschaftlich prominentes Werbesystem dessen gesamtgesellschaftliche Funktion genannt werden können, die ausschließlich dieses System im Ensemble aller Gesellschaftssysteme innehat. Guido Zurstiege (ebd.: 44) sieht diese Funktion in der Produktion von Teilnahmebereitschaft. Werbung soll Bereitschaft zur freiwilligen Teilnahme an bestimmten Handlungszusammenhängen produzieren. Dies heißt dann beispielsweise, dass die Werbung für das Wirtschaftssystem die Bereitschaft zu zahlen produziert, für das politische System die Bereitschaft, eine Partei zu wählen, oder für das Mediensystem die Bereitschaft, ein Programmangebot zu rezipieren (vgl. Zurstiege 2002: 156). Der Vorteil, den Guido Zurstiege in dieser Theorievariante sieht, liegt in der Möglichkeit, die vielfältigen Interaktionen zwischen dem Werbesystem und anderen Sozialsystemen (politische Werbung, Wirtschaftswerbung, Non-Profit-Werbung usw.) in eine allgemeine Theorie der Werbung zu integrieren (vgl. ebd., Zurstiege 2007: 43 f.). Vollkommen zu Recht weist Zurstiege darauf hin, dass Wirtschaftswerbung heute im Kontext von anderen gesellschaftlichen Werbeformen zu sehen ist. Daraus aber

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die Notwendigkeit zu folgern, die Werbung als ein eigenständiges funktional ausdifferenziertes Gesellschaftssystem zu konzipieren, wirft einige Unklarheiten auf. Matthias Kohring (2007) merkt an, dass letztlich alle Gesellschaftssysteme mit werbenden Mechanismen basal durchdrungen sind und das Problem der Teilnahmebereitschaft selbst lösen. Bereits seit Parsons die „Tauschmedien“ konzipiert hat, deren Hauptfunktion in der gesamtgesellschaftlichen Integration von ausdifferenzierten Sozialsystemen liegt, steht zumindest rudimentär eine Theorie werbender Kommunikation im Sinne der Produktion von Teilnahmebereitschaft zur Verfügung. Und seitdem Luhmann (2018) diese zu symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien weiterentwickelt hat, die – wie Geld, Wahrheit, Macht, Liebe oder Recht – die jeweilige Systemlogik repräsentieren, hält jedes Gesellschaftssystem einen Mechanismus in Form einer mitlaufenden Werbung vor, der genau diese Teilnahme beziehungsweise die Motivation zur Teilnahme am systemspezifischen Handlungszusammenhang sichern soll und auch sichert. Symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien reduzieren Komplexität, indem sie beim Kommunikator die Selektion dessen, was kommuniziert wird, anleiten, und sie wirken zugleich als Motivationsmittel zur Befolgung des Selektionsvorschlages seitens des Rezipienten (vgl. Luhmann 1991: 222). Sie lösen also das der Kommunikation inhärente Problem der doppelten Kontingenz. Eine Antwort auf die plausible Frage von Zurstiege die Integration der vielfältigen Werbeformen betreffend kann daher besser über die Differenzierung der Systemfunktion von der Systemleistung gewonnen werden. Während erstere auf die jeweilige Beziehung eines Gesellschaftssystems zur Gesamtgesellschaft verweist, legt die Leistung die Beziehungen eines Gesellschaftssystems zu anderen Gesellschaftssystemen fest (vgl. Luhmann 2015). In diesem Sinne kann auf der Makroebene durchaus als die Leistung der Werbung bestimmt werden, das Mediensystem mittlerweile auch für die Organisationssysteme anderer Gesellschaftssysteme (Parteien, Krankenhäuser, Hochschulen, Non-Profit-Organisationen wie z. B. das Deutsche Rote Kreuz, Amnesty International etc.) zu funktionalisieren und diese so bei ihrer Produktion von Teilnahmebereitschaft zu unterstützen. Gleichwohl wird damit die Werbung nicht mit einem gesellschaftlichen Funktionsprimat ausgestattet, was ihren Status als autonomes funktional ausdifferenziertes Gesellschaftssystem fragwürdig erscheinen lässt.

3.3.4 Marketing-Kommunikation als Subsystem des Wirtschaftssystems Die letzte Variante ordnet die Werbung in das Feld der Marketing-Kommunikation ein und begreift letztere als ein gesellschaftliches Subsystem des Wirtschaftssystems. Dies bringt den theoretischen Vorteil, die Marketing-Kommunikation zwar mit dem Rüstzeug der Systemtheorie als ein soziales System betrachten zu können, sie dadurch aber nicht in ihrer gesellschaftlichen Position auf Augenhöhe mit den großen

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funktional ausdifferenzierten Gesellschaftssystemen zu begreifen. Auch sind die empirischen Verhältnisse, vor allem in evolutionärer Hinsicht, sehr kompatibel mit dieser Lösung. Zunächst zum Wirtschaftssystem: Mit Luhmann kann die Funktion des Wirtschaftssystems bestimmt werden als die gegenwärtige Sicherung von zukünftiger Bedürfnisbefriedigung. „Letztlich scheint es bei allem Wirtschaften nicht um bestimmte, abgrenzbare Bedürfnisse zu gehen, sondern um die Möglichkeit, eine Entscheidung über die Befriedigung von Bedürfnissen zu vertagen, die Befriedigung trotzdem gegenwärtig schon sicherzustellen und die damit gewonnene Dispositionszeit zu nutzen.“ (Luhmann 1974: 206) Beispiel

Jemand, der Geld gespart hat, hat die Befriedigung seines zukünftigen Bedürfnisses, ein Auto zu kaufen, schon heute gesichert und kann die so gewonnene Zeit durch Anlage des Geldes zinsbringend nutzen.

Preise sind, wie bereits erwähnt, das Programm des Wirtschaftssystems. Sie sichern die durch die Selbstreferenz des Geldes erzwungene Öffnung des Systems und die Steuerung der Zahlungen beziehungsweise Nichtzahlungen. Dazu setzen sie Zahlungsgründe, eben in der Umwelt des Wirtschaftssystems liegende Bedürfnisse, zu der Codierung des Wirtschaftssystems in Beziehung (s. Abb. 27).

Abb. 27 Das Wirtschaftssystem (eigene Darstellung)

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Innerhalb dieses Wirtschaftssystems kann nun das Marketing-Kommunikationssystem angeordnet werden (vgl. Schmidt 1991, Tropp 1997, Willems 2002: 61). Die Marketing-Kommunikation kann dann als ein Teilsystem des Wirtschaftssystems aufgefasst werden, wenn sie von ihrer Umwelt und damit auch vom Wirtschaftssystem unterschieden werden kann. Die Ausdifferenzierung der Marketing-Kommunikation, beziehungsweise der damaligen Werbung, innerhalb des Wirtschaftssystems war an zwei Entwicklungen gekoppelt: • •

an die Ende des 18. Jahrhunderts einsetzende Entwicklung eines kapitalistischen und industriell geprägten Wirtschaftssystems; an das gleichzeitige Entstehen und die Verbreitung der Massenmedien (vgl. Schmidt 1991: 6).

Das Wirtschaftssystem produzierte durch den Mechanismus der Kapitalvermehrung durch Kapitaleinsatz in nahezu beliebiger Menge Güter, die weniger auf die Befriedigung der Elementarbedürfnisse zielten, sondern immer stärker auf die vom Wirtschaftssystem selbst geschaffenen Bedürfnisse ausgerichtet waren. Bis heute sorgt diese selbst kreierte Bedürfnisvarietät dafür, dass innerhalb ein und derselben Produktkategorie alternativ positionierte Produkte zur Verfügung stehen – eben für jede Bedürfnislage. Die Markentheorie hat dafür die Begriffe des emotionalen Zusatznutzens, des symbolischen Nutzens oder des emotionalen Erlebniswertes einer Marke geschaffen, die genau darauf verweisen, dass es heute nicht mehr ausreicht, wenn ein Produkt lediglich rein funktional das elementare Bedürfnis nach einem Gebrauchsnutzen oder einen Grundnutzen befriedigt (vgl. Tropp 2004: 120 f.). Beispiel

Der Kauf eines Autos befriedigt nicht nur das Bedürfnis, sich individuell von A nach B bewegen zu können. Gekauft wird auch eine Automarke, die bestimmte immaterielle Werte symbolisiert und die sich damit für die individuelle Befriedigung spezifischer ideeller Bedürfnisse eignet.

Gerade selbst erzeugte Bedürfnisse müssen aber wirkungsvoll kommuniziert werden, sollen sie eine aus der Perspektive des Wirtschaftssystems gesamtgesellschaftliche Relevanz erhalten und den Handlungsfluss der Zahlungen im Wirtschaftssystem sicherstellen. Hierfür boten sich die Massenmedien an, mit deren Entwicklung sich gleichzeitig auch die Werbung im 19. und 20. Jahrhundert konsequenterweise ausdifferenzierte und parallel zu den Medien in Form von Print-, Hörfunk- und Filmund Fernsehwerbung entwickelte (vgl. Schmidt 1991: 7). Die Funktion, die das Marketing-Kommunikationssystem für seine primäre Umwelt, für das Wirtschaftssystem innehat, liegt in der Schaffung der Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des modernen Wirtschaftssystems. Sie liegt in der Bestim-

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mung, wie die Preise die Zahlungen für Mittel der Bedürfnisbefriedigung steuern. Preise alleine reichen längst nicht mehr aus, um die Zahlungen für das Überangebot an Befriedigungsmitteln (Produkte, Dienstleistungen) für die selbst geschaffenen Bedürfnisse des Wirtschaftssystems zu lenken. Das Programm des Marketing-Kommunikationssystems ist daher die Preise rechtfertigende Kommunikation, die auf Bedürfnisbefriedigung ausgerichtet ist. Sie liefert die Gründe, warum trotz oder gerade auch wegen des Preises gekauft werden soll. Sie rechtfertigt also das Programm Preise und damit die notwendige Offenheit des Wirtschaftssystems, indem sie die selbst geschaffenen Bedürfnisse des Wirtschaftssystems legitimiert (s. Abb. 28). Diese Legitimierung erfolgt über Differenzierung. Die Marketing-Kommunikation differenziert mit ihrer Kommunikation im Wirtschaftssystem die Vielfalt an organisierten Systemen (Unternehmen) und deren Marken, indem sie diese zueinander positioniert und damit Wettbewerb unter den Produzenten der Mittel zur Bedürfnisbefriedigung schafft. Um differenzieren zu können, muss die Marketing-Kommunikation die Aufmerksamkeit der Rezipienten haben. Daher produziert sie ihre Kommunikationsangebote nach dem Leitsatz der folgenreichen Aufmerksamkeit (vgl. Schmidt 1991: 10). Und da Aufmerksamkeit heute zur wertvollsten kommunikativen Ressource schlechthin avanciert, greifen auch Organisationssysteme anderer gesellschaftlicher Funktionssysteme mit ihren spezifischen Systemlogiken, wie zum Beispiel die Politik (Macht) oder die Wissenschaft (Wahrheit), auf das Know-how und das Instrumentarium der Marketing-Kommunikation zurück. Alle Gesellschaftssysteme haben heute die Marketing-Kommunikation als eine Erfolg versprechende, auf Bedürfnisbefriedigung

Abb. 28 Das Marketing-Kommunikationssystem (eigene Darstellung)

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ausgerichtete Kommunikationsform für sich entdeckt, um die Teilnahmebereitschaft an ihren jeweiligen gesellschaftlichen Handlungszusammenhängen, meistens auf Organisationsebene, zu fördern. Entsprechend gibt es mittlerweile auch den Vorschlag, die traditionelle, starke Bindung der Werbung an die Ökonomie aufzugeben und stattdessen die Werbung bzw. Marketing-Kommunikation der Sinnlogik der einzelnen gesellschaftlichen Funktionssysteme zu unterstellen (werbende religiöse Kommunikation, werbende politische Kommunikation etc.) und sie nicht als ein eigenständiges soziales (Sub)System zu konzipieren (vgl. Kohring/Borchers 2013: 232). Obwohl zweifelsohne die Intensität der Interaktionen zwischen dem MarketingKommunikationssystem und den anderen Gesellschaftssystemen zugenommen hat, lassen sich jedoch zusammenfassend gute Gründe anführen, aus denen die Marketing-Kommunikation nach wie vor vorrangig als ein Subsystem des Wirtschaftssystems aufgefasst werden kann: • •



die Evolution der Werbung als Vorläufer der Marketing-Kommunikation, die in ihrem Ursprung an die Entwicklung des Wirtschaftssystems gekoppelt ist, die wirtschaftliche Funktion der Marketing-Kommunikation, die in dem Schaffen der Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des modernen Wirtschaftssystems und des zunehmend privatwirtschaftlich geprägten Mediensystems liegt, die mit dem Wirtschaftssystem übereinstimmende Systemrationalität des Geldes.

Letztgenannter Punkt ist von besonderer gesellschaftlicher Brisanz, da die Marketing-Kommunikation sich zum gesellschaftlichen Interface der Wirtschaft entwickelt (hat), das – und man kann darüber laut fluchen, einfach hinwegsehen oder es verleugnen – zur Ökonomisierung der Kommunikation anderer Sozialsysteme beiträgt, mit denen es interagiert. Denn ungeachtet des konkreten Inhaltes der kommunikativen Botschaft, ob für eine Partei, für eine Hochschule oder gegen die Ansteckung mit AIDS geworben wird, in letzter Instanz geht es bei Marketing-Kommunikation immer auch um Geld und damit um einen ökonomisch definierten Sinnzusammenhang. Medien kassieren Geld dafür, dass sie Werbezeit und Werberaum zur Verfügung stellen; jeder, der Werbung – egal für oder gegen was – rezipiert, weiß, dass die Erstellung und Verbreitung der rezipierten Botschaft Geld gekostet hat; und die, die Werbung treiben, müssen Geld beschaffen, um überhaupt werben zu können. Der kommunikative Preis für die Inanspruchnahme der Leistung der Marketing-Kommunikation, den jedes Organisationssystem ungeachtet seines jeweiligen gesellschaftlichen Hintergrundes bezahlen muss, ist das Glaubwürdigkeitsproblem, das der Systemlogik der Marketing-Kommunikation inhärent ist. Es handelt sich eben nicht um originär publizistische, um redaktionell erstellte Kommunikation. Es handelt sich um parasitäre, weil gekaufte Kommunikation, die von einem ständigen Beeinflussungsverdacht begleitet wird, weil sie aus der Perspektive der Marketing-Kommunikation dem Erzielen mediensystemfremder Gegenleistungen, zum Beispiel Produktkäufe, Wählerstimmen, Spenden oder Studenteneinschreibungen dienen soll.

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Das System der Marketing-Kommunikation

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Die an Rollen gebundenen Handlungen und Kommunikationen im MarketingKommunikationssystem können in vier Handlungsbereiche kategorisiert werden: • • • •

Inhaltsproduktion, Gestaltung und Herstellung der Mitteilung (Produktion), Distribution: Media-Planung und Media-Einkauf, Rezeption der Mitteilung (Rezeption), Selbstthematisierung des Systems (Verarbeitung)

Die Abbildung (s. Abb. 29) gibt einen Überblick über die vier Handlungsbereiche mit ihren jeweiligen Organisationssystemen auf der Mesoebene. Auch ist auf der Mikroebene die Rolle des Konsumenten/Kunden berücksichtigt worden. Dies geschieht aus zwei Gründen. Erstens lassen sich heute auch Konsumenten- und Kundenaktivitäten im Handlungsbereich der Produktion konstatieren, was unter Stichworten wie Social Media, Consumer-to-Consumer (C2C), Reverse Marketing oder Consumer-Generated Advertising (CGA) diskutiert wird. Zum zweiten weist ebenfalls der Handlungsbereich der Rezeption die Besonderheit auf, dass organisationseingebundene als auch nicht organisationseingebundene Handlungen angetroffen werden können. In Business-to-Consumer- (B2C-) und C2C-Beziehungen finden sich im Rezeptionsbereich keine organisatorisch eingebun-

Abb. 29 Handlungsbereiche und ihre Organisationssysteme bei Berücksichtigung der Rolle des Konsumenten/Kunden im Marketing-Kommunikationssystem (eigene Darstellung)

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denen professionalisierten und institutionalisierten Handlungsrollen. Es ist lediglich von Konsumenten beziehungsweise von Kunden die Rede. Anders ist die Situation in Business-to-Business-Beziehungen (B2B). Hier wird die Konsumenten-/Kundenrolle von Organisationen aus dem Wirtschaftssystem bekleidet, wie es beispielsweise der Fall ist, wenn ein Unternehmen von einem Automobilhersteller zwecks der Ausstattung seines Fuhrparks umworben wird. Aus dem wechselseitigen Zusammenwirken der Entwicklungen in den einzelnen Bereichen resultiert in Kopplung mit den emotional-kognitiven Systemen der Handelnden der heutige Zustand des Marketing-Kommunikationssystems.

3.4

Selbstorganisation des Wandels der MarketingKommunikation

Erst durch das Zusammenspiel der stattfindenden Entwicklungen werden die heutigen Interaktionen, Kommunikationen und Handlungen im Marketing-Kommunikationssystem maßgeblich geprägt. Die Interaktions-, Kommunikations- und Handlungseigenschaften eines Systems stehen also nicht isoliert nebeneinander. Sie sind miteinander vernetzt, wirken wechselseitig aufeinander ein und sorgen so auf der Makroebene für die strukturellen Veränderungen, denen sich die Handelnden im Marketing-Kommunikationssystem heute gegenübersehen. Das System der Marketing-Kommunikation ist daher heute strukturbedingt in dem Zustand, dass dem Kriterium der Kommunikationsqualität oberste Priorität zukommt. Die Frage, die sich entsprechend stellt, lautet: Woraus resultieren diese Entwicklungen und wie gestaltet sich deren Einflussnahme auf das systemspezifische soziale Handeln der Individuen im System der Marketing-Kommunikation ? Zur Beantwortung dieser Frage dient das Konzept der Selbstorganisation von Sozialsystemen, dem zunächst die Klärung des Konstrukts der Systemorganisation vorangestellt werden muss.

3.4.1 Systemorganisation ▶ Definition (vgl. Hejl 1992: 185) Unter der Sozialsystemorganisation wird das Kommunikationsmuster zwischen den Komponenten des jeweiligen Systems verstanden. Es handelt sich um die Teilmenge der sich wiederholenden Komponentenkommunikationen.

Es interagiert und kommuniziert also immer nur eine Teilmenge der Komponenten eines Systems, weswegen Systemorganisationen durch eine spezifische Selektivität

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Das System der Marketing-Kommunikation

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gekennzeichnet sind. Es handelt sich um ein selektives Netz von Input/Output-Beziehungen zwischen den Systemkomponenten, und zwar ist es notwendig selektiv. Dies, weil die Anzahl der Systemkomponenten so groß ist, dass nicht alle prinzipiell möglichen Kommunikationen stattfinden können. So kann nicht jede der ca. 100 Mitgliedsagenturen im Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA mit allen anderen GWA-Agenturen in der gleichen Intensität kommunizieren; es kann nicht jede Agentur im Auftrag jeder Marketing-Abteilung eines Unternehmens Marketing-Kommunikationskonzepte entwickeln und umsetzen; es kann nicht jede Media-Agentur mit allen denkbaren Verarbeitern – vom Geschäftsführer eines Verbandes über den Journalisten eines Fachmediums und den Marktforscher bis hin zu Konsumenten, die sich über einen Werbespot unterhalten – kommunizieren etc. Das Problem, auf das die Systemorganisation hier mit Selektivität reagiert, ist das der Komplexität. Das System wird durch seine Größe zu Selektivität in der Relationierung seiner Komponenten und damit zur Ausbildung eines bestimmten Kommunikationsmusters gezwungen. Niklas Luhmann (1991b: 55) definiert Komplexität wie folgt: ▶ Definition Systemkomplexität bezeichnet den Zustand, dass ein System so viele Komponenten beinhaltet, dass nicht mehr jede Komponente mit jeder anderen verknüpft werden kann.

Komplexität tritt bereits bei geringer Systemgröße auf, da mit der Anzahl der Komponenten die Zahl der Relationierungs-, also Kommunikationsmöglichkeiten gemäß der Formel (N2 – N) : 2 exponentiell steigt. Beispiel

Würde jede der ca. 100 GWA-Mitgliedsagenturen (N) mit jeder anderen Agentur in derselben zeitlichen Intensität von lediglich 8 Stunden pro Jahr kommunizieren wollen, müssten die Agenturen unter sich in einem Jahr 4950 Kommunikationen à 8 Stunden koordinieren, was der Organisation eines Zeitaufwandes von 39 600 Stunden beziehungsweise 1650 Tagen oder 4,5 Jahren entspricht. Zuzüglich würden noch die Kommunikationen der Agenturen mit Handelnden aus den Bereichen der Distribution, Rezeption und Verarbeitung anfallen.

Diese notwendige Selektivität der Systemorganisation führt dazu, dass einige Kommunikationen zwischen Komponenten eine größere Bedeutung im System haben als andere, da sie organisatorisch gefestigt sind. So haben einige Agenturen eine bessere Beziehung zu bestimmten Fachjournalisten als andere, einige Konsumenten einen intensiveren Kontakt mit bestimmten Unternehmen als mit anderen etc. Neben diesem allgemeinen Organisationskennzeichen sozialer Systeme, der Stabilisierung der selektiven Kommunikationen zwischen den Systemmitgliedern,

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zeichnet sich die Systemorganisation des Marketing-Kommunikationssystems durch die Besonderheit aus, dass die Handlungen der Agenturen und die der Konsumenten nicht in einem direkten, systemintern realisierten Kommunikationsverhältnis stehen. Die Kommunikationen verlaufen indirekt über das Mediensystem, wobei zusätzlich noch das Wirtschaftssystem in Form der werbungtreibenden Unternehmung als Absender der Kommunikationsangebote zwischengeschaltet ist. Auch die über eine Telefonnummer, in einem Coupon oder in einer E-Mail-Adresse in einem Werbemittel angebotene Kontaktaufnahme richtet sich an die werbungtreibende Unternehmung (Wirtschaftssystem) und nicht an die Kommunikationsagenturen. Für die Organisation des Marketing-Kommunikationssystems kommt mit dem Mediensystem ein äußerst wichtiger Aspekt ins Spiel: Die Leistung des MarketingKommunikationssystems, nämlich die Funktionalisierung des Mediensystems für das Wirtschaftssystem, ist gleichzeitig die Voraussetzung dafür, dass sich die Organisation des Marketing-Kommunikationssystems überhaupt realisieren kann (Abb. 30). Griffig ausgedrückt: ohne Leistungserbringung keine Systemorganisation und vice versa. Und dass das Marketing-Kommunikationssystem zu seiner systemorganisatorisch notwendigen Funktionalisierung des Mediensystems in der Lage ist, verdankt es einzig und allein der heute gegebenen ökonomischen Abhängigkeit der Medien von der Marketing-Kommunikation. Das Geld der Marketing-Kommunikation ist der kritische Input des Mediensystems. Es ließe sich der Einwand erheben, dass alle Funktionssysteme unserer Gesellschaft die Kommunikation unter ihren Komponenten über das Mediensystem abwickeln, dass dies mithin keine Besonderheit des Marketing-Kommunikationssystems wäre. Hier ist auf die wichtige Differenzierung zwischen „constituent relations“ und „non-constituent relations“ (an der Heiden et al. 1985: 128) hinzuweisen. Ohne gerade heute die Relevanz des Mediensystems für alle ausdifferenzierten sozialen Funktionssysteme unterzubewerten, müssen die Kommunikationen zwischen den Komponenten der Handlungsbereiche Produktion und Rezeption im Marketing-Kommunika-

Abb. 30 Zusammenhang von Leistung und Organisation des Marketing-Kommunikationssystems (eigene Darstellung)

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Das System der Marketing-Kommunikation

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tionssystem über die Funktionalisierung des Mediensystems erfolgen. In diesem Sinne handelt es sich bei diesen indirekten Kommunikationen um „constituent relations“, da ohne sie das System nicht existieren kann. Im Marketing-Kommunikationssystem gibt es, anders als in anderen Sozialsystemen, keinen Ort, an dem die Komponenten direkt kommunizieren. Im Wirtschaftssystem bietet sich die Möglichkeit der direkten Kommunikation in Form des Marktes (Geschäfte), im Wissenschaftssystem in Form der Universität, im Gesundheitssystem in Form des Krankenhauses und der Arztpraxen, ja selbst im Kunstsystem und im Literatursystem in Form einer Vernissage (Galerie) bzw. einer Autorenlesung (Literaturhaus). Die Intentionen des Marketing-Kommunikationssystems, die sich hinter den Stichworten below-the-line, Direktmarketing, Dialogmarketing, Relationship-Marketing und natürlich auch Customer Relationship Management (CRM) verbergen, zielen genau auf die Behebung dieses Defizits der direkten Kommunikationsmöglichkeiten und der damit einhergehenden Schwierigkeit für das Marketing-Kommunikationssystem, seine notwendigerweise selektiven Kommunikationen zu stabilisieren. So formulierten die beiden Agenturgründer Stan Rapp und Thomas Collins bereits 1988: „Es entsteht ein Szenario, in dem die unmittelbare Wechselbeziehung zum einzelnen potentiellen und aktuellen Kunden an die Stelle des Massenmarkt-Denkens der Vergangenheit tritt.“ (Rapp/Collins 1988: 19)

Die kompensatorischen Maßnahmen, die mit diesen Begriffen verbunden sind, können jedoch nicht das in anderen Funktionssystemen nicht gegebene Problem beheben, dass selbst im Falle einer direkten Kommunikation – das Sampling von Produkten in „Szene-Kneipen“ oder in Einkaufsmärkten, das Verkaufs-/Beratungsgespräch oder das Event Marketing stellen solche Ausnahmefälle dar – diese nicht an einem sozialstrukturell institutionalisierten Ort des Marketing-Kommunikationssystems stattfinden, der als Symbol der Systemlogik, des Sinnzusammenhangs dieses Systems und als Ort der direkten Inklusion des Konsumenten fungieren kann. Diesen Ort – und das gilt auch und besonders für das Mediensystem, dessen zentraler Nutzen ja gerade in der Realisation von indirekten Kommunikationsformen, also in der räumlich oder zeitlich oder räumlich-zeitlich getrennten Produktion und Rezeption von Kommunikationsangeboten liegt – gibt es nicht. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Leistung und Organisation des Marketing-Kommunikationssystems in einem sich wechselseitig bedingenden Verhältnis stehen, dessen zentrales und notwendiges Charakteristikum die Funktionalisierung des Mediensystems ist. Dadurch ist die Systemorganisation der Marketing-Kommunikation äußerst instabil, da sie sich weitestgehend nur über indirekte Kommunikationen realisieren kann.

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3.4.2 Selbstorganisation und Emergenz Ausgehend von der Systemorganisation kann nun mittels des Konzeptes der Selbstorganisation geklärt werden, wie sich die Einflussnahme der heutigen Entwicklungen auf das systemspezifische soziale Handeln der Individuen im System der MarketingKommunikation gestaltet und woraus diese Eigenschaften überhaupt resultieren. Zunächst ist festzustellen, dass Individuen als die grundlegenden Komponenten sozialer Systeme – in dem Sinne, dass sie ein Sozialsystem empirisch erforschbar konstituieren – qua unterschiedlicher Rollenübernahmen gleichzeitig mehrere Sozialsysteme konstituieren. Diese können auf gesamtgesellschaftlicher Ebene als ein Netzwerk von Sozialsystemen konzipiert werden, dessen Knoten die interagierenden und kommunizierenden Individuen in ihren jeweiligen Rollen sind (vgl. Hejl 1992: 332 f., ders. 1993: 219). Soziale Systeme interagieren somit über die Interaktionen und Kommunikationen der sie konstituierenden Individuen. Dabei müssen die Individuen ihre unterschiedlichen Handlungsrollen und damit auch die differierenden Bereiche von systemdependenten Sinnzusammenhängen (Systemlogiken) integrieren. Kommt es dabei aufgrund von Veränderungen des Sinnzusammenhangs in einem System zu Schwierigkeiten, müssen die als inkompatibel erfahrenen Handlungsanforderungen ausgeglichen werden (vgl. Hejl 1992: 329). Die radikalste Lösung eröffnet sich als entweder diese oder jene Systemzugehörigkeit bzw. als Absage an alle Alternativen. Diese Art von Systemveränderung ist stark von der Größe des Sozialsystems und der Anzahl der austretenden Individuen abhängig. Für das Marketing-Kommunikationssystem als ein soziales Gesellschaftssystem ist es jedoch plausibler, seinen Wandel als eine den Systemmitgliedern weitgehend unbewusste Ko-Evolution ihrer Kommunikationen und Bedeutungskonstruktionen zu konzipieren (vgl. ebd.: 331). Diese basiert auf gemeinsamen Erfahrungen, die die Mitglieder in anderen Sozialsystemen, und zwar besonders im Medien- und im Wirtschaftssystem, gemacht haben, und ist aufgrund der Parallelität der sich so einstellenden Handlungsmodifikationen im sich wandelnden Marketing-Kommunikationssystem in erster Linie nur von Beobachtern des Systems wahrnehmbar. Dies birgt eine große Gefahr: Obwohl das Marketing-Kommunikationssystem im Jahr 2017 Gesamtinvestitionen in Höhe von 26,12 Mrd. Euro und damit eine Zunahme gegenüber dem Vorjahr um 0,6 Prozent vorweisen konnte (vgl. ZAW 2018), befindet sich das System in der Situation, gerade wegen dieses Erfolgs gewissermaßen betriebsblind und dadurch anfällig zu werden und sich abzeichnende Krisen nicht erkennen zu können. Generell gilt nämlich, dass systemische Entwicklungsprozesse in der Regel langsam und sukzessive vonstatten gehen, sodass in einem Zeitfenster, in dem noch die Möglichkeit zur Einflussnahme zum Erzielen einer positiven Veränderung besteht, der Handlungsbedarf oft überhaupt nicht erkannt wird. Dann könnte aber dem Marketing-Kommunikationssystem dasselbe Schicksal drohen wie dem gekochten Frosch in der durch

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Charles Handy (1989) bekannt gewordenen Parabel: Wenn man einen Frosch in heißes Wasser wirft, versucht dieser natürlich, so schnell wie möglich wieder herauszukommen. Was passiert aber, wenn man einen Frosch in lauwarmes Wasser setzt und die Temperatur ganz allmählich erhöht ? Überraschenderweise passiert überhaupt nichts. Der Frosch fühlt sich pudelwohl und beginnt zu kochen, ohne es auch nur zu merken. Der Frosch merkt also nicht, dass sich die Umwelt langsam verändert und für ihn bedrohlich wird. Und genau dies darf dem Marketing-Kommunikationssystem, wie auch anderen Systemen, nicht passieren. Dem kann vorgebeugt werden, indem die Akteure aus dem Systembereich der Verarbeitung – hier besonders die Verbände als die Vertreter der Branche nach außen – kontinuierlich und konsequent das Denken und Tun der im System Handelnden hinterfragen und sorgfältig die Systemumwelt in der Hoffnung beobachten, Entwicklungsprozesse frühzeitig erkennen und kritisch reflektieren zu können. Methodisch realisiert sich dieses Hinterfragen in einer beständigen Suche nach Alternativen zum Status quo des Sinns der stattfindenden Handlungen und der Kommunikation der Suchergebnisse – auch wenn aktuell alles einen blendenden Eindruck macht. Diese Ko-Evolution der Kommunikationen und Bedeutungskonstruktionen der Systemmitglieder wirkt auf die Systemorganisation der Marketing-Kommunikation zurück. Aufgrund deren Selektivität erhalten nicht alle Mitglieder dieselben Inputs. Je nach Ort im Kommunikationsmuster, an dem sie sich befinden, unterscheiden sich ihre Erlebnisse, Erfahrungen und damit ihre Entscheidungsprädispositionen zukünftige Kommunikationen im System betreffend. Die Folge ist, dass sich Differenzierungsprozesse auf der Organisationsebene einstellen, sich also neue selektive Kommunikationsverhältnisse im System entwickeln. Das sich herausbildende neue Kommunikationsmuster beruht auf der intrasystemischen Kompatibilität der neu ausgebildeten Kommunikationseigenschaften einzelner Unternehmen und Handelnder in den vier Handlungsbereichen. Beispiel

Eine Kommunikationsagentur sah sich im Zuge der zunehmenden Ausdifferenzierung der Marketing-Kommunikation dazu gezwungen zu entscheiden, welche Disziplinen sie zukünftig anbietet und welche nicht. Sie entschied, die Entwicklung „Mobile Marketing“ nicht in ihrem Leistungs-Portfolio zu berücksichtigen. Konsequenz: Entsprechende Anfragen von Unternehmen werden entweder abgelehnt oder gemeinsam mit einem hierauf spezialisierten Dienstleister gelöst. Mit letzterer, wahrscheinlicherer Lösung hätte sich im Marketing-Kommunikationssystem ein neues Kommunikationsverhältnis (Organisationsebene) etabliert, was auf den zukünftigen Zustand der Agentur beziehungsweise ihrer Mitarbeiter (Komponenten) zurückwirkt. Im Resultat bedeutet dies, dass es zu einer Wechselwirkung zwischen der Ebene der Komponenten und der der Systemorganisation kommt, bei der sich beide verändern, was als Selbstorganisation begriffen wird.

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▶ Definition (vgl. Hejl 1992b: 285) Selbstorganisation des Marketing-Kommunikationssystems bezeichnet die Wechselwirkung zwischen ihrer Systemorganisation und ihren Komponenten, die zu einer Veränderung der Komponenten und damit zu einer Veränderung der Systemorganisation führt.

Dies bedeutet, dass die Veränderung des Marketing-Kommunikationssystems, also der Wandel der Spezifik der sozialen Handlungen seiner Individuen, aus dem Zusammenwirken der Individuen resultiert, und zwar gemäß ihrer selektiven Aktivierung, wie sie durch das veränderte Muster der Organisation festgelegt ist (vgl. Hejl 1992b: 279). Und auch der zweite Teil der eingangs des Kapitels gestellten Frage, wie sich die Einflussnahme der Entwicklungen auf die systemspezifische Sinnhaftigkeit des sozialen Handelns der Individuen im System der Marketing-Kommunikation gestaltet, kann nun beantwortet werden: Die Kommunikationseigenschaften bewirken für sich genommen nicht die Handlungs- und Kommunikationsspezifik der Akteure. Vonnöten ist Emergenz. ▶ Definition Emergenz bezeichnet einen Systemzustand und ein Systemverhalten; sowohl Systemzustand wie -verhalten gehen dabei aus Wechselwirkungen unter den Systemkomponenten und ihren Eigenschaften hervor, können aber nicht aus den Eigenschaften der Komponenten des Systems abgeleitet werden. Die heute alltagssprachliche Redewendung „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ drückt diese Vorstellung aus. Beispiel

Die Komponenten des Systems Gehirn sind interagierende Nervenzellen. Die emergierende Eigenschaft des Gehirns ist die Produktion von Geist und (Selbst-)Bewusstseinstätigkeiten. Dies kann nicht mit den Eigenschaften der Komponenten (Empfangen und Übermitteln von chemischen Botenstoffen) erklärt werden.

Obwohl der Zustand des Marketing-Kommunikationssystems aus nichts anderem als aus den Handlungen seiner Systemkomponenten in den vier Handlungsbereichen hervorgeht (s. Abb. 29) kann er sich doch nur durch den Prozess der Systembildung ergeben. Jegliche reduktionistischen Erklärungen zur Beschreibung des Systemzustandes, also das additive Aufzählen einzelner Entwicklungen, werden dadurch ausgeschlossen, da sie die aktivierende und selegierende Rolle der Systemorganisation unberücksichtigt lassen würden. Aus den Kommunikationseigenschaften – im Sinne individueller Entwicklungen, die in den vier Handlungsbereichen aktuell vonstatten gehen – emergiert erst durch das Zusammenspiel mit der Systemorganisation die systemspezifische Sinnhaftigkeit des sozialen Handelns der Individuen im System der Marketing-Kommunikation, das sich selbstorganisierend fortentwickelt.

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Abb. 31 Selbstorganisierter Wandel von Sozialsystemen (eigene Darstellung)

In Abb. 31 ist der hier beschriebene Zusammenhang visualisiert. Das emergente Verhalten der Akteure im heutigen Marketing-Kommunikationssystem, so kann zusammenfassend formuliert werden, kann auf die Formel sozialen Handelns gebracht werden, das auf einem kollektiv geteilten Sinnzusammenhang Moderner Marketing-Kommunikation beruht. Es ist das selbstorganisierte Resultat aus der Wechselwirkung der Komponenten und der Organisation des Systems. Im Mittelpunkt des Sinnzusammenhangs Moderner Marketing-Kommunikation steht zunehmend die Gestaltung qualitativ hochwertiger Kommunikationsprozesse, in dem Sinne, dass ökonomisch folgenreiche äußere Anschlusshandlungen ausgeführt werden (Reflexivitätskriterium), ökonomisch folgenreich Aufmerksamkeit erlangt wird (Selektivitätskriterium) und ökonomisch folgenreich eine Relevanz der Kommunikationsangebote wahrgenommen wird (Kontextualitätskriterium).

3.5

Marketing-Kommunikation und Mediensystem

Zweifelsohne ist das Verhältnis zwischen dem Marketing-Kommunikationssystem und dem Mediensystem von besonderer Art. Um folgenreiche Aufmerksamkeit für ihre auf Differenzierung zielenden Kommunikationsangebote generieren zu können, ist die Marketing-Kommunikation auf die Medien angewiesen. Es ist die Leistung des Marketing-Kommunikationssystems, über Kommunikationen die Kopplung zwischen dem Wirtschafts- und dem Mediensystem sicherzustellen, indem es die Systemlogik der Medien an die der Wirtschaft knüpft. Damit funktionalisiert die Marketing-Kommunikation das Mediensystem für das Wirtschaftssystem, weil

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sie in der Lage ist, der Gesellschaft kostenpflichtige Aufmerksamkeitsproduktion für Güter, Dienstleistungen, Organisationen, Personen, Ideen und Marken jeglicher Art anbieten zu können (s. Abb. 32). Diese Leistungserbringung ist Voraussetzung dafür, dass das Marketing-Kommunikationssystem seine Organisation realisieren kann (s. Kap. A 3.4). Während es zweifelsfrei ist, dass sich die Kommunikationen und Handlungen im Wirtschaftssystem an der Systemlogik des Geldes orientieren, fällt es für das Mediensystem weitaus schwerer, eine deutlich dominierende Systemrationalität identifizieren zu können. Dies ist hier bereits mit der Diskussion des luhmannschen Vorschlages, die Werbung als einen Programmbereich des Massenmediensystems zu verorten, angedeutet worden. Eine Variante zielt darauf, nicht den stark strapazierten Medienbegriff zu nutzen, sondern Publizistik als ein Gesellschaftssystem zu modellieren, dessen Kommunikation durch die Codierung öffentlich/nicht öffentlich geregelt wird. Dessen Primärfunktion ist es, der Gesellschaft ihre Selbstbeobachtung als auch Fremdbeobachtung zu ermöglichen, indem den gesellschaftlichen Funktionssystemen mittels publizistischer Kommunikation eine Beobachtungsmöglichkeit zweiter

Abb. 32 Das System der Marketing-Kommunikation und seine Umwelt mit beispielhaften intersystemischen Kommunikationen (eigene Darstellung)

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Das System der Marketing-Kommunikation

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Ordnung – die Beobachtung der Medien, wie sie die Gesellschaft beobachten – ermöglicht wird (vgl. Marcinkowski 1993: 148). Mit der Privatisierung der Medien erlangt auch die Überlegung Diskussionswürdigkeit, von einem ökonomischen Sinnzusammenhang des Mediensystems auszugehen. So diskutiert Marcinkowski (ebd.: 153 f.) am Beispiel des Rundfunks als eines Subsystems des funktional ausdifferenzierten publizistischen Systems die Frage, inwieweit der Rundfunk im Rahmen des dualen Mediensystems nicht als publizistisch, sondern als primär ökonomisch codiert verstanden werden muss. Er beharrt auf der publizistischen Leitdifferenz, gleichwohl anerkennend, dass heute das ökonomische Kalkül und damit Geld im Rundfunk eine weitaus größere Rolle spielt als früher. Aber, so fragt Marcinkowski (ebd.: 182): „Kann … man die Ausstrahlung genehmer Botschaften kaufen, nicht im Werbefernsehen, sondern im redaktionell verantworteten Programm ?“ Die Antwort auf diese Frage muss heute ernüchternd ausfallen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Marketing-Kommunikation das redaktionell verantwortete Programm der privat organisierten Fernsehanstalten aufgrund von Zahlungen mitbestimmt. Bartering (fertig produzierte redaktionelle Medienangebote werden den Rundfunkanbietern kostenlos von den Unternehmen zur Verfügung gestellt, die im Gegenzug Werbezeiten in Werbeblöcken erhalten), Programming („redaktionelle“ Medienangebote werden von Unternehmen bei Integration ihrer Produkte, des Logos etc. produziert) oder Product Placement sind nur einige der heute unter dem Begriff „Branded Entertainment“ zusammengefassten Techniken, mit denen ein direkter, nur einer ökonomischen Sinnhaftigkeit folgender Einfluss auf das redaktionelle Programm genommen wird – von der indirekten Wirksamkeit ökonomischer Kalküle bei der Programmgestaltung ganz zu schweigen: Die Einschaltquoten bestimmen die Einnahmen aus der Werbung, die wiederum das redaktionelle Rahmenprogramm der Werbung bestimmen. Es scheint, dass das redaktionelle und das werbliche Programm, zumindest was die rein profitorientierten privaten Programmanbieter angeht, fusioniert haben. Und dass es sich dabei um ein offenes Geheimnis handelt, hat bereits früh und öffentlich die Frankfurter Allgemeine Zeitung (7. 2. 1995) reflektiert: „Die Bedürfnisse der Werbung bestimmen den Sendeplan im Privatfernsehen“. Dieter Gorny, der ehemalige Chef des Musiksenders Viva, hat es ebenfalls bereits frühzeitig für das Fernsehen auf den Punkt gebracht: „Die Marken wollen ins TV, und wir wollen vom Bildschirm runter ins Geschäft“ (zit. n. o. V. 1995: 11). Eine ähnliche Variante läuft darauf hinaus, wiederum nicht die Medien, sondern den Journalismus als ein soziales System zu konzipieren, das die Funktion hat, den diversen gesellschaftlichen Teilsystemen ihre Selbstbeobachtung zu ermöglichen (vgl. Arnold 2008: 493). Davon wird dann die Werbung differenziert. Aber auch hier muss konstatiert werden, dass „Veränderungen beim Anzeigenaufkommen … sich ebenso im redaktionellen Teil nieder[schlagen] … wie umgekehrt zum Beispiel mangelnde Attraktivität des journalistischen Teils Einbußen hinsichtlich der Reichweite und damit sinkendes Interesse an Anzeigenschaltungen nach sich ziehen kann“ (Blöbaum 1994: 294).

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Die Frage, die man dann mit Siegfried Weischenberg (1990: 35) stellen muss, lautet entsprechend, ob die „Ökonomie … also das zentrale Bezugssystem [ist], wenn man über die Medien in unserer Gesellschaft spricht“. Bei der Beantwortung dieser Frage muss genau differenziert werden, welches soziale System fokussiert wird. Wenn man, wie Weischenberg, die Medienkonzerne als soziale Systeme, also als Organisationssysteme modelliert (s. ebd., ders. 1990a: 37), so ist die These einer an „ökonomischen Maßstäben orientierten Logik“ (ders. 1990: 35) dieser Systeme heute durchaus vertretbar, wobei zu überprüfen ist, inwiefern dies auch auf die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten zutrifft. Tendenzen der Ökonomisierung sind auf jeden Fall auch hier zu beobachten. Ein Indikator für die steigende Ökonomisierung der Medienorganisationen ist der Umfang, in dem die Medien für sich selbst werben. Seit dem Jahr 2000 sind die Medien die werbestärkste Branche (vgl. Reinemann/Huismann 2007: 471 f.). Im ersten Halbjahr 2010 führte die Medienbranche das Ranking der Werbeinvestitionen nach Wirtschaftsbereich mit EUR 1,9 Mrd. an, gefolgt von Handel und Versand (EUR 1,5 Mrd.) und dem Kraftfahrzeugmarkt (EUR 976 Mio.) (G+J 2011). Dass die Medien ihre eigenen Werbeplätze und -zeiten nicht oder nur teilweise bezahlen, unterstreicht ihre zugrunde liegende wirtschaftliche Handlungslogik. Sie versuchen möglichst effizient, Marktanteile (Zuschauer-, Hörer-, Leserquote) zu halten oder zu erhöhen und, damit zusammenhängend, Einnahmen aus dem MarketingKommunikationssystem zu erzielen. Anders sieht es jedoch aus, wenn man die Medien als ein Gesellschaftssystem betrachtet, das den Handlungsbereich der Rezeption zur Identifikation der Struktur und damit die Struktur mitkonstituierend berücksichtigt. Dies ist das an dieser Stelle interessierende Systemkonstrukt auf der gesellschaftlichen Makroebene. Damit wird aber die These einer ökonomischen Codierung und einer Regelung der Kommunikationen durch das Steuerungsmedium Geld fragwürdig. Kommunikationsangebote wie die Nachrichten, ein Spielfilm oder eine Sportsendung werden – zumindest im Free-TV – wohl kaum als wirtschaftlich relevant wahrgenommen, also als sinnhafte ökonomische Information decodiert. Deutlich wird anhand dieser Diskussion zweierlei: Erstens müssen die Rationalitäten von organisierten und von gesellschaftlichen Systemen klar auseinandergehalten werden. Um Systeme zu organisieren, ist es notwendig, die individuellen Handlungsmöglichkeiten anderer Menschen einzuengen und Handlungen dadurch für die Systemmitglieder kalkulierbar, also anschlussfähig für die eigenen Handlungen zu machen. Dafür ist die wirtschaftliche Rationalität bestens geeignet. Eine Geldzahl erhebt Anspruch auf Objektivität, sie stiftet damit individuenabgekoppelte Orientierung und sie lässt sich dank ihres metrischen Charakters hervorragend weiterverrechnen, also als Steuerungsgröße für unterschiedlichste Handlungsergebnisse einsetzen, die in Zahlen ausdrückbar sind – und zwar bei verschiedenartigsten Organisation (z. B.: Anzahl der Arbeitsstunden, Belegquote von Krankenhausbetten, Anzahl immatrikulierter Studenten, Bekanntheitsgrad in einer Zielgruppe, Menge von benötigten Rohstoffen etc.). Auch wenn Organisationssysteme daher bevorzugt ge-

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mäß einer ökonomischen Logik operieren, heißt das nicht, dass deren umfassendes Gesellschaftssystem der Ausübung seiner gesellschaftlichen Funktion wirtschaftlich rational nachkommt. Da sich jedoch Individuen stets beiden Systemtypen verpflichtet fühlen, kann es zu den heute beobachtbaren intersystemischen Konflikten kommen, weil Handlungsrationalitäten unterschiedlicher Systemtypen (Organisationsvs. Gesellschaftssysteme) um Vorrangstellungen ringen. Beispiele

Die Organisationssysteme Krankenhäuser und Hochschulen bemühen sich zunehmend darum, ökonomisch sinnvoll zu handeln. Aber weder kann Gesundheit noch Wahrheit gekauft werden, so wie man im Wirtschaftssystem ein Auto gegen Geld bei einem Autohändler tauscht. Die Leistung einer Rechtsanwaltskanzlei kostet Geld. Gleichwohl kauft man dafür kein Recht ein. Würde ein Richter gegen eine Geldzahlung Recht sprechen, würde er korrupt handeln und sich strafbar machen.

Zweitens müssen die Kommunikationen in einem funktional ausdifferenzierten Gesellschaftssystem nicht zwingend nur durch einen einzigen deutlich identifizierbaren Code, und zwar nur durch diesen einen, geregelt werden, wie dies Niklas Luhmann postuliert. Angebrachter ist es, von einer sozialsystemspezifischen Vielfalt grundlegender Unterscheidungen auszugehen, die netzwerkartig organisiert ist, die Bestandteil des Common Ground der Individuen eines Sozialsystems ist und anhand derer die Inputs der Umwelt in für das System sinnhafte Informationen transformiert werden können. Diese zentralen Unterscheidungen des Mediensystems speisen sich heute besonders aus den Grundsätzen der Publizität (öffentlich/nicht öffentlich), Interaktivität (bidirektional/unidirektional) und Ökonomie (zahlen/nicht zahlen) und konstituieren heute dessen Systemlogik. Hilfreich bei der Beantwortung der Frage nach der Spezifik der Medien, nach dem Grund, dass man überhaupt von einem funktional ausdifferenzierten Mediensystem in unserer Gesellschaft sprechen kann, ist es, sich in Erinnerung zu rufen, dass Medien als technische Verbreitungsmittel aufgefasst werden können. Ohne die Medien auf ein technisches Konstrukt zu verkürzen, eröffnet sich durch die Berücksichtigung des technologischen Aspektes der Medien eine neue Perspektive: Dank der Medientechnik wird die traditionelle, ein Interaktionssystem konstituierende Verknüpfung von menschlicher Beziehung bei Anwesenheit an einem Ort aufgehoben. Die technische Entwicklung der Medien erlaubt es heute, unabhängig vom Ort der physischen Präsenz des Einzelnen ein Wir-Gefühl, sogar eine Gruppenidentität, also Sozialität zu empfinden. Medien formen daher virtuelle soziale Systeme, die sich nicht durch direkte Interaktionen zwischen Menschen auszeichnen, sondern die indirekte Sozialität, eine Fernanwesenheit ermöglichen. Dies geschieht, indem entweder

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erstens (1), wie im Falle der Allgemeinmedien, auf Gesellschaftsebene Beziehungen zwischen Rezipienten hergestellt werden, da jeder Rezipient mit der Kenntnis eines medienvermittelten öffentlichen Kommunikationsangebots zugleich auch weiß, dass andere dieses Kommunikationsangebot ebenfalls kennen (vgl. Merten 1977: 147 f.) oder zweitens (2), wie im Fall der Individualmedien, Beziehungen auf Organisationsoder Interaktionsebene zwischen Kommunikatoren und Rezipienten ohne deren räumliche Anwesenheit hergestellt werden. Die internetbasierte Social-Media-Entwicklung unterstützt diese Bildung virtueller sozialer Systeme nachhaltig. Beispiele

ad (1): Mit Kenntnis der Meldung über einen Stau auf der Autobahn weiß man gleichzeitig, dass auch andere diese Meldung kennen. Daraus resultiert ein soziales Problem. Man wägt ab, ob es sinnvoll ist, auf die empfohlene, nun vermeintlich überlastete Ausweichroute auszuweichen oder auf der Autobahn weiterzufahren, da sich der Stau in Kürze bedingt durch das Ausweichen der anderen Verkehrsteilnehmer auf die empfohlene Ausweichroute auflösen wird. ad (2): Eine Arbeitsgruppe hat sich in einem global agierenden Unternehmen ortsunabhängig mittels digitaler Medientechnik virtuell zusammengeschlossen.

Die Funktion des Mediensystems kann dann zusammenfassend als die Produktion und Sicherstellung indirekter Sozialität bezeichnet werden, indem zwischenmenschliche Beziehungen trotz physischer Abwesenheit eingerichtet werden können und auf Individualebene eine Entwicklung des intersubjektiv geteilten Wissensstandes in einer Gesellschaft stattfinden kann.

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Medialisierung des Marketings und der Marketing-Kommunikation

Abstract Bevor das Konzept der Medialisierung eingeführt werden kann, ist es notwendig, wichtige medienwissenschaftliche Grundlagen zu erörtern (Kap. A 4.1). Es können grob vier verschiedene Medienbegriffe unterschieden werden: ein physikalischer, ein codebezogener, ein technischer und ein soziologischer Medienbegriff. Letztgenannter integriert die drei anderen Begriffsverständnisse und wird damit der Mehrdimensionalität des Phänomens Medium gerecht. Hinsichtlich der Medienwirkungen sind im Kontext der Medialisierung vor allem die strukturellen Wirkungen von Interesse. Jedes Medium wirkt über seine eigenen Bedingungen der Produktion und Rezeption, unabhängig von den Kommunikationsinhalten. Ausgehend von diesen Grundlagen wird das Medialisierungskonzept im Allgemeinen und für die Marketing-Kommunikation im Speziellen vorgestellt (Kap. A 4.2). Letzteres wird als Earned Media bezeichnet. Earned Media steht für die Medialisierung der Marketing-Kommunikation, die über Anschlusskommunikationen in den Medien und den sozialen Netzwerken der Konsumenten Publizität für die Marketing-Kommunikation eines Unternehmens erzeugen soll. Die Marketing-Kommunikation der Unternehmen wird also zunehmend selbst zum Thema journalistischer Berichterstattung und privater Anschlusskommunikationen auf Individualebene. Nicht zuletzt versprechen sich die Unternehmen davon Einspareffekte bei ihren Media-Budgets.

In Abb. 32 ist ein Zusammenhang zwischen dem Marketing-Kommunikationssystem und dem Wirtschaftssystem vermerkt, der als Medialisierung oder auch als Mediatisierung bezeichnet wird. Die von Experten prognostizierte grundsätzliche Bedeutungszunahme der Marketing-Kommunikation im Vergleich zu den anderen Instrumenten des Marketingmix wird erst bei einer Berücksichtigung eines gesellschaftlichen Meta-Prozesses umfassend verständlich, der – ähnlich wie die Individualisierung oder die Globalisierung – alle gesellschaftlichen Sozialsysteme betrifft. Gemeint ist die Medialisierung, von der das Marketing-Kommunikationssystem aufgrund seiner Interaktionsintensität mit dem Mediensystem in besonderem Maße betroffen ist (s. Kap. A 3.4.1). Die Marketing-Kommunikation wirkt daher als ökonomisches Subsystem verstärkend auf die Medialisierung des Wirtschaftssystems und hier vor allem auf die des Marketings ein. 141 © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 J. Tropp, Moderne Marketing-Kommunikation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-25318-9_4

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4.1

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Grundlagen der Modernen Marketing-Kommunikation

Grundlagen

4.1.1 Medienbegriff Es können vier kommunikations- und medienwissenschaftliche Grundverständnisse des Medienbegriffs unterschieden werden, mit denen die Vielzahl an vorhandenen Begriffsbestimmungen geordnet werden kann (s. Tab. 5). Das Medium als Mittel der Wahrnehmung bezieht sich auf Mittel, die als physikalische Medien und als Kontaktmaterien jeglicher menschlicher Wahrnehmung zugrunde liegen. Beispiele für Medien nach diesem Verständnis sind elektromagnetische Felder und die unterschiedlichsten festen, flüssigen und gasförmige Stoffe, allen voran die Luft. Die Medien als Mittel der Verständigung umfassen diejenigen Mittel, auf denen die Konstruktion von Bedeutungen der Kommunikationspartner basiert. Damit sind Zeichen oder Zeichensysteme angesprochen, die als semiotische Kommunikationsinstrumente überhaupt erst die Grundlage schaffen, Bedeutungen und Gedanken eine von Dritten wahrnehmbare Form geben zu können. Beispiele sind die mündliche und schriftliche Sprache, Bilder, Gestik, Klänge etc. Wird das Medium als Mittel der Verbreitung begriffen, sind solche Mittel gemeint, die die Übermittlung von Mitteilungen über räumliche, (raum-)zeitliche und gesell-

Tab. 5 Kommunikations- und medienwissenschaftliche Grundverständnisse des Medienbegriffs (vgl. Mock 2006: 195) Medium als

Kriterium

Medienbegriff

Beispiele

Mittel der Wahrnehmung: physikalische Medien (auch: Wahrnehmungsmedien, materielle Medien)

Wahrnehmung

Physikalischer Medienbegriff

Luft, elektromagnetische Felder etc.

Mittel der Verständigung: semiotische Medien (auch: Kommunikationsinstrumente, kommunikative Medien, Codierungsmedien, symbolische Medien)

Zeichen

Codebezogener Medienbegriff

Sprache, Schrift, Geräusche, Gestik etc.

Mittel der Verbreitung (auch: Medientechniken)

Technik

Technischer Medienbegriff

Papier, Telefon, Fernseher, Computer etc.

soziales System und Instrument der Sinngebung von Kommunikation (auch: Medium als Kompaktbegriff, soziales Medium;

Systemischer Zusammenhang

Soziologischer Medienbegriff

Zusammenhang von: Sprache, Drucktechnik, Verlag und Zeitschrift

symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium)

Geld, Macht etc.

4

Medialisierung des Marketings und der Marketing-Kommunikation

143

schaftliche Grenzen der direkten Kommunikation hinweg ermöglichen. Diese Mittel sind in der Regel technischer Art. Das Medium als soziales System und Instrument der Sinngebung von Kommunikation integriert die zuvor genannten drei Grundverständnisse und hebt auf den sozialen Aspekt ab. Ein Medium ist nach diesem Verständnis einerseits selbst ein spezifischer sozial etablierter Kommunikationszusammenhang von Kommunikationsmitteln, Akteuren, Organisationen, Regeln, Themen etc., mit anderen Worten: ein soziales System. Andererseits kann es auch als ein Mittel zur Sinngebung der Kommunikationen in anderen Gesellschaftssystemen verstanden werden, nämlich wenn es dort symbolisch generalisiert Komplexität reduziert, für die Übertragbarkeit reduzierter Komplexität und für die Sicherung der Anschlussselektivität sorgt (vgl. Luhmann 2018). Beispiele sind Geld im Wirtschaftssystem oder Macht im politischen System. Der Überblick über die Grundverständnisse des Medienbegriffs verdeutlicht, dass aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht die häufig anzutreffende Kürzung der Bedeutung des Medienbegriffs auf technische Gegebenheiten nicht opportun ist. Darauf weist auch Klaus Beck (2013) im Lexikon der Kommunikations- und Medienwissenschaft hin (s. auch Beck 2006a: 12 f.). Stattdessen definiert Beck Medien mit Saxer „… zugleich als technisch basierte Zeichensysteme, arbeitsteilig verfahrende Organisationen und als Institutionen (Normen- und Regelsysteme) mit jeweils spezifischem Leistungsvermögen für andere soziale Systeme und Funktionen für die Gesellschaft“ (Beck 2013: 201). Ähnlich wendet sich Udo Thiedeke (1997: 25) gegen eine Engführung des Medienverständnisses auf den technischen Aspekt als Kommunikationskanal und begreift Medien als Strukturen technischer Instrumente zur Mitteilung von Informationen über lokale, soziale und temporale Distanzen hinweg, die es ermöglichen, Informationen universell reproduzierbar zu organisieren. Als Beispiel für ein umfassendes integratives Bedeutungsverständnis des Medienbegriffs, das gleichzeitig eine trennscharfe empirische Strukturierung ermöglicht, kann auch das Medienkonzept von Siegfried J. Schmidt (2003: 135 f., ders. 2008: 144 f.) angeführt werden. Er unterscheidet vier begriffskonstituierende Aspekte: •

semiotische Kommunikationsinstrumente (natürliche Sprache, Schriften, Bilder, Töne), • das technisch-mediale Dispositiv bzw. die jeweilige Medientechnik (Druck-, Funk-, Film-, Fernseh-, Computertechnik), • die sozialsystemische Institutionalisierung eines Mediums (Verlage, Fernsehanstalten, Internet Service Provider, Medienvermarktungsorganisationen etc.), • Kommunikationsangebote als Resultate des Zusammenwirkens der drei zuvor genannten Bereiche (Film, Zeitschrift, Buch etc.). Der Begriff Medium kann dann wie folgt definiert werden:

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Grundlagen der Modernen Marketing-Kommunikation

▶ Definition Ein Medium ist eine institutionalisierte Verständigungshilfe, die in organisierter Form durch technische Aufbereitung von semiotischen Kommunikationsinstrumenten die Produktion und die räumlich, zeitlich und gesellschaftlich entgrenzte Verbreitung von Kommunikationsangeboten ermöglicht, für deren Rezeption komplementäre Technikausstattung notwendig sein kann.

Für die Rezeption medialer Kommunikationsangebote kann komplementäre Technikausstattung notwendig sein, muss aber nicht. So ist beispielsweise für die Rezeption des Mediums Zeitung keine technische Ausstattung vonnöten – wohl aber für dessen Produktion. Diese Medien werden in Abgrenzung zu den primären Medien, bei denen weder produktions- noch rezeptionsseitig eine Medientechnik benötigt wird (z. B. das Theater), als sekundäre Medien bezeichnet. Anders ist die Situation hingegen bei den Medien Fernsehen, Telefon oder PC. Hier ist sowohl auf Produktions- wie auch auf Rezeptionsseite notwendigerweise Technikeinsatz vonnöten. Diese Medien werden als tertiäre Medien bezeichnet (vgl. Faulstich 2004). Zusammenfassend soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass ungeachtet dessen, dass, wenn in verkürzter Redeweise – wie sie sich eingebürgert hat – zum Beispiel von der „Zeitschrift“ oder von dem „Kino“ die Rede ist, damit nicht nur der technische Prozess oder die technische Geräteausstattung gemeint sein kann. Zumal ein solches enges Verständnis von einem Medium als Mittel der Verbreitung heute stärker denn je an seine Grenzen stößt. Denn gerade die kommunikationstechnologische Entwicklung selbst sorgt dafür, dass die Bedeutungen gewohnter Redeweisen zur Disposition stehen. Wie lange wird sich noch eine gerätezentrierte Semantik halten können, die von dem Fernseher, dem Radio, dem Handy usw. ausgeht ? Die Digitalisierung und technologische Konvergenz hebt die gewohnten Unterschiede zwischen den Endgeräten auf, wonach das TV für das Fernsehen, das Telefon für das Telefonieren usw. steht. Bestimmtes kommunikatives Handeln ist nicht mehr an den Gebrauch bestimmter Endgeräte gebunden. Mit dem TV-Gerät lassen sich WWW-Seiten aufrufen und mit dem Computer lässt sich fernsehen. Uwe Hasebrink (2001: 10) formuliert entsprechend: „Fernsehen ist, wenn Menschen fernsehen“. Dies könnte darauf hindeuten, dass sich verstärkt eine prozessorientierte Semantik zur Kommunikation über Medien durchsetzt, also primär nur noch nach den kommunikativen Handlungen mit Bewegtbildern, Bildern/Abbildungen, Ton und Text unterschieden wird, die in der Regel, basierend auf dem Internet-Protokoll, von multifunktionalen mobilen und stationären Bildschirmen (Screens) empfangen werden (z. B. „Video sehen“, „Blog lesen“, „eine WWW-Seite aufrufen“ etc.). Aus demselben Grund hat sich heute die Redeweise von den Massenmedien überholt. Durch die Digitalisierung der Medien verschwimmt die Grenze zwischen Massen- und Individualmedien zunehmend. Zweckdienlicher ist es daher, heute nicht mit der Rezipientenquantität als Differenzierungskriterium für Formen der medialen Kommunikation zu operieren, sondern nach der Art der Ansprache zu unter-

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Medialisierung des Marketings und der Marketing-Kommunikation

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scheiden. Dann kann Friedrich Krotz (2007: 64) gefolgt und eine standardisierte, allgemein adressierte von einer individuell adressierten Kommunikation unterschieden werden. Letztere manifestiert sich in der Marketing-Kommunikation, indem die Unternehmen im Rahmen der dialogischen Grundausrichtung Moderner MarketingKommunikation verstärkt auf einen Medieneinsatz zur persönlichen, individuellen Ansprache setzen (Brief, E-Mail, SMS usw., vgl. Kap. B II 2.1).

4.1.2 Medienwirkungen Die Wirkung von Medien entfaltet sich nicht nur über ihre Inhalte und deren formale Gestaltung, sondern auch aus den Medien selbst heraus. Siegfried J. Schmidt und Guido Zurstiege (2000: 172) differenzieren entsprechend in semantische und strukturelle Medienwirkungen. Mit strukturellen Medienwirkungen ist gemeint, dass jedes Medium über seine eigenen Bedingungen der Produktion und der Rezeption wirkt. Und genau diese strukturellen Medienwirkungen sind dafür ausschlaggebend, ob ein neues Medium in der Gesellschaft seine Nutzungsakzeptanz findet und damit von der Marketing-Kommunikation genutzt werden kann oder nicht. So erzwingen Printmedien die Beherrschung von Schreiben und Lesen, Fotografie erlaubt die Produktion und die Verarbeitung von statischen Bildern und das Fernsehen zwingt die Produzenten, ihre Beiträge für bestimmte Programmformate und definierte Zeitfenster zu erstellen, weswegen auch nicht von einer objektiven Berichterstattung gesprochen werden kann, sondern von einer Fernsehwirklichkeit, die gemäß den medialen Bedingungen des Mediums produziert und angeboten wird. Das der Redaktion vorliegende Filmmaterial sowie dessen Selektion nach Kriterien wie Aktualität, Skandalisierung, Informationsgehalt etc. bestimmt die Fernsehwirklichkeit der Nachrichten im komprimierten senderspezifischen Minutenformat, nicht aber ein medienunabhängiges Weltgeschehen. Besonders deutlich werden diese strukturellen Medienwirkungen beim PC und dem Internet. Ohne Anwendungskenntnisse von Programmen, ohne ein Verständnis für Hyperlink-Strukturen und das Wissen um die Funktionsweise von Suchmaschinen bleiben diese Medien den Menschen unzugänglich. Vor allem die Vertreter der Mediumstheorie in der Tradition von Innis, McLuhan und Meyrowitz und die Vertreter der Cultivation Analysis um George Gerbner beschäftigen sich mit diesen Wirkungen und Kultivierungseffekten der Medien, die den Wirkungen aus der eigentlichen Rezeption von Medieninhalten (semantische Wirkungen) vorgelagert sind. Während die Cultivation Analysis den Fokus ausschließlich auf mediale Sozialisationseffekte in der Gesamtgesellschaft richtet, gilt das Interesse der Mediumstheorie auch den Wirkungen der Medien, insofern, als sie sich mit der „historischen und interkulturellen Untersuchung der unterschiedlichen kulturellen Umwelten, wie sie verschiedene Kommunikationsmedien schaffen“ (Meyrowitz 1987: 22), beschäftigt. McLuhans berühmtes Credo „the medium is the message“ steht stellvertretend für das Wirkungsverständnis der Mediumstheoretiker. Mit Dagmar Berg-

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Grundlagen der Modernen Marketing-Kommunikation

haus (1999: 190) können die zentralen Thesen die strukturellen Medienwirkungen betreffend folgendermaßen zusammengefasst werden (vgl. auch Andree 2010: 157 f.): •

Die inhaltsübergreifenden, charakteristischen Merkmale jedes Mediums entfalten eigene Wirkungen, die stärker als die Wirkungen einzelner inhaltlicher Elemente sind. • Jedes Medium gibt die Bedingungen für die Auswahl der Inhalte vor, die in diesem Medium präsentiert werden. In Abhängigkeit vom Medium variieren die Inhalte oder die inhaltlichen Akzente. • Die Existenz und die Verfügbarkeit eines Mediums betreffen alle Mitglieder einer Kultur und haben Auswirkungen, die unabhängig von der individuellen Rezeption sind. Soziokulturelle Mediumswirkungen sind semantischen Inhaltswirkungen übergeordnet. • Gleichzeitig orientieren sich auch die Rezipienten stärker am Medium als an den einzelnen Medieninhalten. Die Selektion des Mediums ist in der Regel der Selektion von Inhalten vorgelagert, womit auch auf individueller Ebene Mediumswirkungen eventuellen Inhaltswirkungen übergeordnet sind.

4.2

Medialisierung

Bereits 1916 kam John Dewey (1916: 5) zu der bis heute unstrittigen Feststellung, dass Gesellschaft überhaupt erst durch Kommunikation existiert. Daraus kann der ebenfalls unstrittige Schluss gezogen werden, dass der Zustand von Gesellschaften in enger Abhängigkeit von den Möglichkeiten und Mitteln der Kommunikation gesehen werden muss, dass also die Evolution von Kommunikation und ihren Medien notwendige Voraussetzung für die Evolution von Gesellschaften und ihren Wirklichkeitsentwürfen wie zum Beispiel Kultur, Alltag und Identität ist (vgl. Merten 1994: 141). Sibylle Krämer (2012: 66) spricht diesbezüglich vom Apriorismus des Medialen. Gemeint ist damit, dass Medien keine Phänomene unter anderen Phänomenen sind, sondern dass sie den Konstitutionszusammenhang von Kultur, Gesellschaft und/oder Geschichte bilden. Damit ist klar, dass die Medien auch den Bedingungs- und Möglichkeitsraum des Marketings und dessen Kommunikationen konstituieren. Es steht heute außer Frage, dass sich der exponentiell verlaufende Medienzuwachs auf die Sinnzusammenhänge und damit auf die Interpretationsmuster sozialen Geschehens auswirkt, mit der sich anschließenden Konsequenz der Veränderung von Handlungsmustern in der so emergierenden Mediengesellschaft und ihren Sozialsystemen. Es hat den Anschein, dass das sozial ausdifferenzierte Funktionssystem der Medien mit dem Gesamtsystem Gesellschaft mehr und mehr deckungsgleich wird. Die Akteure in den einzelnen Sozialsystemen wie Politik, Wirtschaft, Sport, Gesundheit und besonders Marketing-Kommunikation richten ihr Handeln zunehmend an der Logik und den Erfolgsbedingungen des Mediensystems aus, woraus im Kern eine

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Medialisierung des Marketings und der Marketing-Kommunikation

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Überformung aller Gesellschaftssysteme durch das Mediensystem resultiert. In der Konsequenz orientieren sie sich in ihrem Handeln verstärkt an den Nachrichtenfaktoren des Mediensystems, mit denen die Medienorganisationen die Selektivität des Rezipienten überwinden. Neben medienspezifischen Faktoren sind allgemein besonders zu nennen Aktualität, Konfliktivität, Skandalisierung, Moralisierung, Prominenzierung und Personalisierung (vgl. Schranz 2007: 132, s. auch Boetzkes 2008: 64, Maier et al. 2018). Dieser gesellschaftliche Meta-Prozess wird vom Konzept der Medialisierung, auch als Mediatisierung bezeichnet (s. z. B. Krotz 2003, 2005), beschrieben. Michael Meyen (2009: 24 f.) hat sich um eine Differenzierung der beiden Begriffe bemüht. Er verweist darauf, dass das autorenspezifische zugrunde liegende Verständnis des Medienbegriffs sowie die ebenfalls autorenspezifische Definition des Gegenstandes der Kommunikationswissenschaft für die Begriffsentscheidung ausschlaggebend sind (vgl. ebd.: 24 f.). Auch macht er darauf aufmerksam, dass „Mediatisierung“ in den Geschichts- und Sozialwissenschaften bereits mit anderen Bedeutungen belegt ist, weswegen er letztlich für den Medialisierungsbegriff plädiert. Grundannahme des Medialisierungskonzeptes ist, dass sich das Verhalten und der Alltag von Menschen (Mikroebene), Organisationen und Institutionen (Mesoebene) und Gesellschaftssystemen (Makroebene) verändert, weil die Akteure davon ausgehen, dass allgemein adressierte Medienangebote nicht wirkungslos sind (vgl. ebd.: 36). ▶ Definition Medialisierung bezeichnet die Reaktionen auf individueller, organisationaler und gesellschaftssystemischer Ebene, „die sich entweder auf den Strukturwandel des Mediensystems … oder auf den generellen Bedeutungszuwachs medial vermittelter öffentlicher Kommunikation [beziehen]“ (Meyen 2009: 23).

Medialisierung ist heute überall beobachtbar. Die Redeweise von der heutigen Mediengesellschaft bringt dies treffend zum Ausdruck. In ihr verschmilzt die reale, unmittelbar erfahrbare Wirklichkeit mit der fiktionalen Wirklichkeit – mit der durch Medien reproduzierten Wirklichkeit – zu einer dritten handlungsleitenden Wirklichkeit (vgl. Merten 2010: 105). Oder anders formuliert: Der Alltag der Menschen ist von medialer Alltäglichkeit geprägt (vgl. Gentzel/Koenen 2012: 209). Auf der gesellschaftlichen Makroebene zeigen besonders Gesellschaftsbereiche, die stark von der Wahrnehmung in der Öffentlichkeit abhängen und deren spezifische Handlungslogik kompatibel mit der des Mediensystems ist, deutliche Spuren der Medialisierung. Für das Wirtschaftssystem kann mittlerweile sogar eine „kommunikative Neukonstitution der Ökonomie“ (Imhof 2006: 206) diagnostiziert werden, die aus seiner Medialisierung resultiert. Als hierfür typische Indikatoren gelten: •

die Nutzung von Charismaeffekten medial präsenter Topmanager zur Profilierung der Unternehmensreputation,

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die moralische Aufladung der Unternehmenskommunikation im Rahmen des Managements von Corporate Social Responsibility (CSR) als Antwort auf die mediale Skandalierungskommunikation oder auch die Bedeutungszunahme der Unternehmenskommunikation für die Wertschöpfung des Unternehmens (vgl. ebd., Will 2007: 85 f.).

Die Medialisierung prägt in besonderem Maße die Ko-Evolution der Systemmitglieder der Marketing-Kommunikation und damit den selbstorganisierten Wandel ihres Marketing-Kommunikationswissens, ihrer Kognitionsprozesse und kommunikativen Handlungen. Bedingt ist dies durch die Spezifik der Systemorganisation des Marketing-Kommunikationssystems, die sich über die Medien realisiert, und durch ihre dadurch bedingte unmittelbare Anknüpfung an die Logik des Mediensystems (vgl. Kap. B 4.5.1). Dadurch kann sich die Marketing-Kommunikation gegenüber den anderen Marketingmix-Elementen des Wirtschaftssystems (Produkt-, Preis- und Distributionspolitik) im Sinne von gesellschaftlicher Relevanz profilieren, was im Ergebnis auf die unternehmerische Bedeutungszunahme der Marketing-Kommunikation hinausläuft, die als Medialisierung des Marketings manifest wird. Sie äußert sich in einer vom Marketing-Kommunikationssystem vorangetriebenen steigenden Orientierung des Marketings an der Systemlogik des Mediensystems, was unterm Strich einen Kommunikationswettbewerb der Unternehmen bewirkt, bei dem die Verknüpfung der Logik des Mediensystems mit der des Wirtschaftssystems immer stärker die Handlungen der Marketing-Akteure in den Unternehmen bestimmt. Das bedeutet, dass neben die Bedürfnisse des wirtschaftlich handelnden Konsumenten immer mehr die Bedürfnisse des kommunikativ handelnden Rezipienten in den Vordergrund rücken, die es für die Unternehmen und ihre Agenturen zu erkennen und zu berücksichtigen gilt. Konkret schlägt sich im Marketing diese Orientierung an der Logik des Mediensystems vor allem dahin gehend nieder, dass die Ausgestaltung des Marketingmix nicht mehr nur von Publizität als dem klassischen sinnstiftenden Leitcode des Mediensystems (vgl. Marcinkowski 1993: 53) beeinflusst wird, sondern heute verstärkt Interaktivität der Handlungsorientierung der Marketing-Akteure dient. ▶ Definition Die Medialisierung des Marketings ist die Überformung der auf Märkte gerichteten Maßnahmen durch eine zunehmende Orientierung an der Logik des Mediensystems, die sich im Anstieg publizitäts- und interaktivitätsausgerichteter Marketing-Handlungen der Akteure niederschlägt.

Interaktivität zeitigt im Zuge der Medialisierung des Marketings den Effekt eines „Open Source Marketing[s]“ (Cherkoff 2005: 5) oder „Reverse Marketing[s]“ (Kotler et al. 2002: 67). Der informationstechnologisch und medial hochgerüstete Konsument/Rezipient greift zunehmend gemäß seinen Wünschen, Bedürfnissen und Interessen in den Verlauf von unternehmerischen Prozessen nicht nur im Bereich der

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Kommunikationsgestaltung, sondern auch der Produkt-, Preis- und Distributionsausrichtung ein. Die individuelle Produktgestaltung wird nicht mehr nur im Dienstleistungsbereich (besonders im Versicherungs-, Finanz- und Touristik-/Reisesegment), sondern vermehrt auch in den Produktmärkten angetroffen. Beispielsweise bietet Swarovski (create-your-style.com) die Möglichkeit, Schmuckstücke nach eigenen Wünschen zu gestalten, und unter onlinesuits.com kann man sich einen Maßanzug schneidern lassen. Auch die Preisgestaltung wird von der Medialisierung beeinflusst. So wird es dem Kunden mittlerweile ermöglicht, die Preise mitzubestimmen. Nicht nur Online-Portale wie ebay tragen hierzu ihren Teil bei. Auf der Plattform tripsavvy.com haben die Konsumenten die Möglichkeit, individuelle Preise für Flüge, Hotelzimmer oder Mietautos abzugeben. Im Fall einer Fluganfrage werden der Preisvorschlag des Konsumenten sowie die gewünschte Flugroute und das Flugdatum an verschiedene Airlines geschickt. Ist eine Airline bereit, dem Konsumenten zu dem gewünschten Preis den gewünschten Flug anzubieten, bestätigt diese die Anfrage. Im Bereich der Distribution können digitalisierte Produkte (Software, Musik, Filme) bequem durch einen Download bezogen werden und mittlerweile nahezu alle nicht digitalisierbaren beziehungsweise noch nicht digitalisierten Produkte (Kleidung, Bücher, Hardware etc.) entweder direkt beim Hersteller (z. B. hp.com), bei Versandhäusern (z. B. quelle.de) oder auf elektronischen Handelsplattformen (z. B. amazon.de) bestellt werden. Die klassische instrumentelle Sichtweise auf die Marketing-Kommunikationspolitik als ein neben anderen zur Marktstimulierung einzusetzendes Marketingmix-Element wird dieser neuen, weitaus komplexeren medialisierten Situation nicht mehr gerecht. Marketing-Kommunikation ist heute Teil eines wertorientierten Kommunikationsmanagements, das als Ausdruck der gestiegenen Bedeutung der kommunikativen Dimension des Unternehmens übergeordnet der funktionalen arbeitsteiligen Organisation einer Integration in die Unternehmensführung bedarf. Die MarketingKommunikation erfährt durch diesen grundsätzlichen Bedeutungsanstieg der Unternehmenskommunikation eine enorme Aufwertung.

4.2.1 Earned Media: Medialisierung der Marketing-Kommunikation Die Moderne Marketing-Kommunikation umfasst neben den Kommunikationen zwischen Unternehmen und Beschaffungs- und Absatzmarktakteuren sowie den Marketing-kommunikationsbezogenen Kommunikationen im Unternehmen als dritten Bereich die intendierten Kommunikationen in der Unternehmensumwelt über die Marketing-Kommunikation eines Unternehmens (s. Kap. A 2.1.2). Derartigen Marketing-Kommunikationen liegt der Earned-Media-Ansatz zugrunde. Er spiegelt wider, dass auch und gerade die Marketing-Kommunikation von

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der Medialisierung betroffen ist und dass sich diese massiv auf ihr gesellschaftliches Leistungsversprechen, das Mediensystem für das Wirtschaftssystem zu funktionalisieren (s. Kap. A 3.5), auswirkt. Hierfür hat sich der Begriff „Earned Media“ etabliert, der besonders durch das Marktforschungsunternehmen Forrester Research geprägt wurde (vgl. Corcoran 2009). ▶ Definition Earned Media bezeichnet sämtliche beabsichtigten Kommunikationen über eine Marke, sei es in Form medialer, allgemein adressierter öffentlicher Kommunikation beispielsweise in TV, Funk oder Print oder sei es in Form medienvermittelter oder direkter Individualkommunikation beispielsweise durch E-Mails beziehungsweise face-to-face. Die Unternehmen versprechen sich dadurch nicht zuletzt auch positive Effekte für ihre Media-Budgets.

Die Medialisierung der Marketing-Kommunikation trägt damit nicht nur zur Diffusion der Interaktivitätsorientierung im Marketing bei, sondern auch zum Sichtbarwerden der Selbstreferenz der Marketing-Kommunikation in Form der Herausbildung eines neuen Themenfeldes der Marketing-Kommunikation, das die Marketing-Kommunikation selbst zum Inhalt hat. Analog zur marketingorientierten Leistungserwartung an die PR-Arbeit im Produktbereich (vgl. Szyszka/Einwiller 2015) gibt es heute eine marketingorientierte Leistungserwartung an die Earned-Media-Arbeit im Marketing-Kommunikationsbereich: Denn es reicht nicht mehr aus, Werberaum und -zeit zu kaufen (Paid Media) und darüber Werbebotschaften zu streuen. Es bedarf Strategien und Konzepte, die für Anschlusskommunikationen von Journalisten und Konsumenten in ihrem medialisierten Alltag sorgen. Die hohe Bedeutung, die Moderne Marketing-Kommunikationskampagnen Earned Media beimessen, realisiert sich über Campaigning, womit aus absatzorientierter Perspektive die weitere Entdifferenzierung von PR und Marketing-Kommunikation vorangetrieben wird (vgl. auch Baerns 2012: 64). „Kampagnen sind dramaturgisch angelegte, thematisch begrenzte, zeitlich befristete kommunikative Strategien zur Erzeugung öffentlicher Aufmerksamkeit, die auf ein Set unterschiedlicher kommunikativer Instrumente und Techniken – werbliche und marketingspezifische Mittel und klassische PR-Maßnahmen – zurückgreifen. Ziele von Kampagnen sind: Aufmerksamkeit erzeugen, Vertrauen in die eigene Glaubwürdigkeit schaffen und Zustimmung zu den eigenen Intentionen und/oder Anschlusshandlungen erzeugen.“ (Donges 2008: 165)

Das Auslösen von Anschlusshandlungen zu einem Thema und das Bemühen um spezifische Einstellungs- oder Verhaltensänderungen beim Zielpublikum ist traditionell auch das grundsätzliche Ziel von PR-Kommunikationsangeboten (vgl. Jarren/Röttger 2015). Eine nähere Bestimmung des Campaigning-Verständnisses kann mithil-

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fe der von Szyszka/Einwiller (2015: 858) betonten Unterscheidung der zwei basalen PR-Konzepte nach Hermanns/Naundorf (1994) erfolgen. Die strategische unternehmensbezogene PR zielt auf Vertrauensaufbau, Akzeptanz und Interessenausgleich,

damit der Erfolg unternehmerischen Handelns langfristig gesichert wird. Die absatzorientierte PR zielt hingegen auf den Absatzmarkt, um über die Beeinflussung von Bekanntheits- und Imagewerten verkaufsfördernde Effekte zu bewirken. Marketingkommunikationsbezogenes Campaigning ist der absatzorientierten PR zuzurechnen. Die journalistische Kommunikation in den Medien und die der Konsumenten sollen über Aufmerksamkeitsgewinnung für das Unternehmen, dessen Leistungsangebot und dessen Kommunikation zum Erzielen von Absatzzielen beitragen. Gefolgt wird damit dem Ansatz von Michael Behrent und Peter Mentner (2001: 24), die auf der Linie mit dem oben erwähnten Verständnis des Kampagnenbegriffs Campaigning in seinem Ausgangspunkt instrumental und medial neutral konzipieren und die Suche nach dem „öffentlichen Momentum“ (ebd.) in den Mittelpunkt des Campaigning-Konzeptes stellen. Analog zu den Consumer Insights als Erkenntnisse über Zielpersonen, die der Ausgestaltung des Marketing-Kommunikationsprozesses dienen (s. Kap. B I 1.2), kann von „Communication Insights“ gesprochen werden, womit Wissen über die Nachrichtenfaktoren – und deren Zusammenspiel –, die den Wert einer Nachricht für einen Rezipienten konstituieren, gemeint ist. Der Campaigning-Begriff ist nicht neu. Er verweist auf den Kampagnenbegriff, der über die Öffentlichkeitsarbeit der Non-Profit-Organisationen, allen voran von Greenpeace, zu Bekanntheit gelangt ist. Ursprünglich bezeichnete er in der europäischen Geschichte die Dauer von Feldzügen, bevor er im 17. Jahrhundert in das politische Handlungsfeld diffundierte. Entsprechend ist dort mit Campaigning die Eroberung von Mandaten gemeint (vgl. Röttger 2014). In der Kommunikationsbranche gehört der Kampagnenbegriff heute zum verbalen Standardrepertoire. Durch die Medialisierung der Marketing-Kommunikation rückt aber die Anschlussfähigkeit von Marketing-Kommunikation in Form von Earned Media verstärkt in das strategische Zentrum von Marketing-Kommunikationskampagnen. Dies soll mit „Campaigning“ zum Ausdruck kommen. ▶ Definition Campaigning bezeichnet die Medialisierung der Marketing-Kommunikation, die in Form von Earned Media Anschlusskommunikationen für die Marke und die MarketingKommunikation eines Unternehmens erzeugen soll.

Die Medialisierung der Marketing-Kommunikation erfolgt – wie bei allen gesellschaftlichen Medialisierungsprozessen – über den zunehmenden handlungsorientierenden Einfluss der Systemlogik des Mediensystems. Im Fall der Marketing-Kommunikation äußert sich dies konkret darin, dass die Entwicklung von Marketing-Kommunikationskampagnen heute maßgeblich durch die vier Nachrichtenfaktoren der Skandalisierung, Moralisierung, Inszenierung/Spektakulisierung und Unterhaltung gesteuert

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wird, die sich als Mittel zur Überwindung der Rezipientenselektivität im Mediensystem erweisen (vgl. Kap. A 1.3.1). Skandalträchtige Themen wie •

sexuelle Gewalt (zum Beispiel die Kampagne des Modelabels Dolce & Gabbana aus dem Jahre 2007), • Sodomie (zum Beispiel die Kampagne des Lifestyle Magazins „Deutsch“ aus dem Jahr 2007, s. Abb. 12) oder • Blasphemie (s. Abb. 33) werden in Kampagnen aufgegriffen, wobei Abmahnungen durch den Deutschen Werberat Bestandteil des Campaigning-Konzeptes sind. „Wir haben einkalkuliert, dass es eine Abmahnung geben wird. Der mediale Hype, der damit entfacht wurde, sollte passieren“, formuliert Cornelis Stettis (zit. n. Campillo-Lundbeck/Tumpach 2007: 4) von der Agentur Roxy Munich, die 2006 die Kampagne für die MTV-Serie „Popetown“ entwickelte. Die implizite moralistische Anklage der Jugend- und Schönheitsverherrlichung der Werbung durch die mit einem goldenen EFFIE prämierte Dove-Kampagne „Pro Age“ von Ogilvy & Mather aus dem Jahr 2007 sorgte nach eigenen Angaben für 77 TV-Be-

Abb. 33 Beispiel skandalistischer Marketing-Kommunikation: Kampagnenmotiv für die MTV-Sendung „Popetown“ von der Agentur Roxy Munich aus dem Jahr 2006 (Horizont 45/2007: 4)

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richte, über 970 Zeitungsartikel in Printmedien und 116 Online-Artikel (Ogilvy & Mather 2008). Die von Red Bull inszenierten Events, zum Beispiel der Red Bull Flugtag oder das Bull Air Race, ziehen bis zu 300 000 Zuschauer an und sind Thema journalistischer Berichterstattung (vgl. Schweiger/Dabic 2016: 407). Die Experten sind sich darüber einig, dass Red Bull mit seinem Stratos-Projekt in 2012 einen Mediawert erzielt hat, der ein Vielfaches über den geschätzten Projektkosten in Höhe von rund EUR 50 Mio. liegt. Ebenso werden spektakuläre Promotions (s. Abb. 34) bis hin zu kompletten integrierten Kampagnen, zum Beispiel die Karl-Lagerfeld-Kampagne des Textilhandelsunternehmens H&M aus dem Jahr 2004, vor allem auch mit dem Ziel von Publizität für die eigene Marketing-Kommunikation entwickelt. Beispiel einer Promotion-Spektakulisierung

Die amerikanische Fastfood-Kette Taco Bell versprach jedem Amerikaner ein Freigericht, wenn Trümmer der im Jahr 2001 gezielt vor der australischen Küste zum Absturz gebrachten russischen Raumstation MIR ein innerhalb des Zielsektors verankertes 144 Quadratmeter großes „Free Taco“-Luftkissen treffen würden (s. Abb. 34). Ingo Philipps (2007: 34) resümiert: „Fortan war Taco Bell stets dabei, wenn in den Medien über

Abb. 34 144 Quadratmeter großes Luftkissen der „Free-Taco“- Promotion der amerikanischen Fastfood-Kette Taco Bell vor der australischen Küste (http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/ americas/1231447.stm; Zugriff: 09. 08. 2010)

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Grundlagen der Modernen Marketing-Kommunikation

den bevorstehenden Absturz berichtet wurde“. Das resultierende hohe Schadensrisiko in Höhe von 220 Mio. US-Dollar wurde über eine Versicherung abgemildert, deren Kosten weit unter dem durch die Kampagne erzielten Mediawert lagen (vgl. ebd.).

Der Mediawert der ebenfalls mit einem goldenen EFFIE prämierten VW-Golf-Kampagne „Horst Schlämmer macht Führerschein“ (s. Abb. 35) aus dem Jahr 2007 geht dank des unterhaltenden Formates, das die Kampagne zu Beginn überhaupt nicht als Marketing-Kommunikation erkennen ließ, nach Agenturangaben zu lediglich 2 Prozent auf die Media-Kosten zurück. Der Großteil stammt aus TV-Beiträgen über die Kampagne (s. Abb. 36). Natürlich haben sich Unternehmen schon immer um eine positive Medienresonanz auf ihre kommunikativen Maßnahmen bemüht. Die heutigen Bemühungen haben aber eine neue Qualität bekommen. Sie sind nicht mehr intuitiver Natur, sondern fundamentaler strategischer, kommunikationszentrierter Art, und sie sind erfolgsdefinierend. So erhält heute das Kriterium des Werbeäquivalenzwertes, in der Marketing-Kommunikationspraxis als Mediawert bezeichnet, eine zentrale Bedeutung bei der Beurteilung der Kampagnen seitens der Jurys der diversen Werbefestivals. Die Medialisierung fängt auch an, sich in der Ausrichtung der Agenturen niederzuschlagen. So hatte die Agenturgruppe Zum Goldenen Hirschen 2009 das Thema Campaigning zum Kern ihrer Geschäftstätigkeit erkoren. Gemeint war damit, in den Worten des Geschäftsführers der Agentur, Martin Blach (zit. n. Richter 2009: 30), formuliert, „nicht mehr Kampagnen zu schaffen, die geschaltet werden, sondern Kampagnen zu erdenken, über die geredet und geschrieben wird“.

Abb. 35 Motiv der VW-Golf-Kampagne „Horst Schlämmer macht Führerschein“ von der Agentur DDB Group Germany aus dem Jahr 2007 (DDB Group Germany 2008)

Abb. 36 Mediawert der VW-Golf-Kampagne „Horst Schlämmer macht Führerschein“ von der Agentur DDB Group Germany aus dem Jahr 2007 (DDB Group Germany 2008: 35)

4

Medialisierung des Marketings und der Marketing-Kommunikation

155

Ob dies der Auftakt für eine einsetzende Spezialisierung in der Praxis sein wird, ob sich also beispielsweise Campaigning-Agenturen ausdifferenzieren werden oder ob derartige Earned-Media-Maßnahmen zukünftig weiterhin von den Media-Agenturen und/oder den Kreativ-Agenturen initiiert werden, lässt sich nicht prognostizieren. In Anbetracht der steigenden internen Komplexität des Marketing-Kommunikationssystems und des hohen Grades an Hybridisierung der Marketing-Kommunikation spricht jedoch einiges für eine Sowohl-als-auch-Entwicklungslinie. In Anbetracht der Grundsätzlichkeit der Entwicklung der Medialisierung des Marketings ist jedenfalls denkbar, dass Campaigning und Earned-Media-Konzepte von den Unternehmen und Agenturen als ein Baustein umfassender Content-Marketing-Strategien im Rahmen eines Utility-Marketing-Ansatzes (s. Kap. B II 2.3.5) konzipiert werden.

Teil B Prozess und Management der Modernen Marketing-Kommunikation

Auf der Meso- und Mikroebene der Marketing-Kommunikation stehen die involvierten Organisationen und Individuen der vier Handlungsbereiche des MarketingKommunikationssystems im Mittelpunkt der Betrachtung. Sie konstituieren den Prozess der Marketing-Kommunikation (s. Kap. A 2.5), der in Anlehnung an den Bezugsrahmen für Kommunikations-Controlling, wie er von der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) und dem Internationalen Controller Verein (ICV) 2009 als Branchenstandard verabschiedet wurde, systematisiert werden kann (vgl. Rolke/ Zerfaß 2010: 51 f.). Dieser Bezugsrahmen beruht auf der in den letzten Jahren entwickelten Systematisierung der Erfolgsmessung in der PR-Forschung (vgl. Porák et al. 2007: 541 f., Rolke 2006: 2, Sass/Zerfaß 2008: 6). Je nach Modell wird von vier bis fünf Wirkungsdimensionen der Unternehmenskommunikation ausgegangen, die – wie beim aktuell verabschiedeten DPRG/ICV-Bezugsrahmen – in sich noch einmal ausdifferenziert werden. Zum Zweck der Systematisierung des Marketing-Kommunikationsprozesses empfiehlt sich eine Kategorisierung anhand von fünf interdependenten Phasen: 1) Input bezeichnet die Informationsproduktion, die in strategischer und operativer Hinsicht alle Schritte der Inhaltsproduktion und der Codierung in Form der Gestaltung und der Herstellung des Marketing-Kommunikationsangebotes sowie die Planung seiner Distribution umfasst. Von der Codierung wird erwartet, dass sie den Input kreativ in den Output überführt. 2) Output bezeichnet das fertig produzierte und distribuierte Marketing-Kommunikationsangebot, das das Ergebnis der eingesetzten Kommunikationsdisziplin ist und indirekt (medial) oder direkt (ohne Medieneinsatz) mitgeteilt wird. 3) Outgrowth bezeichnet das Ergebnis der Bedeutungskonstruktion, bei dem die Mitteilung decodiert und mit Sinn versehen wird. Es geht um das Verstehen und die emotional-kognitive Verarbeitung der mitgeteilten Information durch den Rezipienten/Konsumenten. 4) Outcome bezeichnet die von marketingtreibenden Unternehmen festgestellte Wirkung des mitgeteilten Marketing-Kommunikationsangebots, auf die über äußere Anschlusshandlungen des Rezipienten/Konsumenten geschlossen wird. 5) Outflow bezeichnet das strategische und/oder finanzielle Ausmaß des Outcome. Es geht um die Frage, inwiefern die Marketing-Kommunikation zu einem ökonomischen Erfolg des Unternehmens beiträgt. 159

160

B

Prozess und Management der Modernen Marketing-Kommunikation

Werden diese Schritte des Marketing-Kommunikationsprozesses in Beziehung gesetzt mit den notwendigen Kriterien für Kommunikation (Selektivität, Reflexivität, Kontextualität), ergibt sich die kommunikationsqualitätsorientierte Auslegung der Kriterien in den einzelnen Bereichen des Marketing-Kommunikationsprozesses (s. Abb. 37).

Marketing-Kommunikationsprozess

Input

Output

Outgrowth

Outcome

Outflow

Kreativität

Kommunikationskriterien Selektivität

Achtsam sein Erfolgsfaktor: Schadensprävention

Reflexivität

Marketing-Kommunikationswissen haben (u. a. Consumer Insights) Consumer Insights bezogene Erfolgsfaktoren: Erwartungen betreffend: • Alltagspassung • Erlebniswert • Konsistenz des Marketing-Kommunikationsangebotes

Kontextualität

Input-Relevanz managen

Kommunikationsdisziplinen wählen: • Klassische Kommunikationsdisziplinen • Partizipative Marketing-Kommunikation • Utility Marketing • Corporate Social ResponsibilityKommunikation • Guerilla Marketing • Word of MouthMarketing

Aufmerksamkeit erzielen

MarketingKommunikationswissen des/der Konsumenten verändern

Rezeptionsrelevanz erzielen

E f f e k t e e r z i e l e n

Äußere Anschlusshandlungen auslösen und bewerten

Erfolgsfaktoren: • Alltagspassung • unternehmens-/ agenturinterne Orientierungskraft • Informationsstatus

Abb. 37 Kommunikationskriterien und ihre kommunikationsqualitätsorientierte Auslegung in den einzelnen Bereichen des Marketing-Kommunikationsprozesses

Teil B Prozess und Management der Modernen Marketing-Kommunikation

B I Input

Die Kommunikationsqualität Moderner Marketing-Kommunikation wird in der Input-Phase maßgeblich von der strategischen Berücksichtigung der drei Faktoren der Achtsamkeit, des Marketing-Kommunikationswissens, vor allem in Form von Consumer Insights, und der Input-Relevanz geprägt. Diese werden als spezifische unternehmensinterne Marketing-kommunikative Ausformungen der zentralen Kommunikationskriterien der Selektivität, der Reflexivität und der Kontextualität aufgefasst und sind während der Informationsproduktion im Marketing-Kommunikationsprozess wirksam. Aus ihnen können konkrete Erfolgsfaktoren der Modernen Marketing-Kommunikation abgeleitet werden. Des Weiteren haben sie wesentlichen Einfluss auf die in der Input-Phase durchzuführenden Analysen, zu entwickelnden Strategien und zu treffenden Entscheidungen, die für die Konzeption einer Marketing-Kommunikationskampagne unerlässlich sind.

163

1

Kommunikationsqualitative Kriterien des Inputs

Abstract Aus den drei notwendigen Kriterien der Kommunikation – Selektivität, Reflexivität und Kontextualität – resultieren die kommunikationsqualitativen Kriterien der Input-Phase Moderner Marketing-Kommunikation: Achtsamkeit, Marketing-Kommunikationswissen und Input-Relevanz. Aus ihnen lassen sich die Input-Erfolgsfaktoren der heutigen Marketing-Kommunikation gewinnen: • Schadensprävention (Achtsamkeit) (Kap. B I 1.1), • Erwartungen der Akteure in Unternehmen und Agenturen hinsichtlich der Erwartungen an die Alltagspassung, des Erlebniswertes und der Konsistenz der Marketing-Kommunikationsangebote seitens der Zielgruppen und -personen (Marketing-Kommunikationswissen) (Kap. B I 1.2), • die individuelle Zufriedenheit der Passung gewählter Entscheidungsalternativen mit dem beruflichen Alltag des Mitarbeiters, die unternehmens- beziehungsweise agenturinterne Orientierungskraft sowie der Informationsstatus hinsichtlich der Marktgegebenheiten (Input-Relevanz) (Kap. B I 1.3). Diese kommunikationsqualitativen Erfolgsfaktoren stellen für das Kommunikationsmanagement die Entscheidungsvoraussetzungen dafür, welche Analysen wie erfolgen, wie ihre Ergebnisse interpretiert werden, welche Ziele mit welchen Strategien und mit welchem Budget verfolgt werden. Sie steuern also die unternehmensinterne Kommunikation über die Marketing-Kommunikation des Unternehmens.

1.1

Achtsamkeit (Selektivität)

Bedingt durch das hohe Ausmaß an heute zu konstatierender Komplexität und Dynamik in der Umwelt der marketingtreibenden Unternehmen sehen sich diese und ihre Agenturen bei ihren Selektionen im Prozess der Informationsproduktion einem enormen Risiko ausgesetzt. Die Unternehmen haben es heute immer mit unprognostizierbaren oder in ihren Planungen nicht berücksichtigten System- und Umweltentwicklungen zu tun. Dieser Situation kann nur mit einem Höchstmaß an Achtsamkeit begegnet werden.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 J. Tropp, Moderne Marketing-Kommunikation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-25318-9_5

165

166

BI

Input

1.1.1 Begriff und Konzept Werden Risiken als solche vom Management nicht wahrgenommen oder gar ignoriert oder verdrängt, läuft es Gefahr, auf neue und unbekannte Situationen unangemessen zu reagieren. Doch um in einer zunehmend komplexer und dynamischer werdenden Umwelt dauerhaft und nachhaltig Spitzenleistungen erzielen zu können, müssen Unternehmen heute permanent in der Lage sein, unerwartete Umweltereignisse und Bedrohungen erfolgreich zu bewältigen und insbesondere Trends frühzeitig zu erkennen, um dann ihre internen Strukturen und Prozesse sowie die marktgerichteten Kommunikationsstrategien entsprechend anzupassen und zu modifizieren. Das Management der Marketing-Kommunikation muss sich auf neue und unbekannte Situationen demnach so vorbereiten, dass diese im Idealfall zu keiner Zeit seine Handlungsfähigkeit lähmen können (vgl. Mistele 2005: 1, Pawlowski et. al. 2005: 56). Dabei geht es vor dem Hintergrund der heutigen prinzipiellen Unvorhersagbarkeit zukünftiger Entwicklungen und Ereignisse vor allem um den Umgang mit Nichtwissen und weniger um das Prognostizieren von eindeutig operationalisierten und inhaltlich klar definierten Größen (vgl. Liebl 2006: 73). Das Management der Marketing-Kommunikation ist daher heute untrennbar mit einem Komplexitätsmanagement verbunden. Dabei kommt dem Denken in Alternativen, also den nicht aktualisierten Möglichkeiten, ein besonders hoher Stellenwert zu. Das Management muss lernen, Alternativen, die außerhalb seines direkten Erfahrungsbereichs liegen, überhaupt erst erfahrbar zu machen, also quasi seinen Möglichkeitssinn mit dem Ziel zu schulen, „alles, was ist, nicht wichtiger zu nehmen als das, was nicht ist“ (Roehl 2002: 206). Es geht um die Einrichtung einer Routine zur Hinterfragung von Routinen. Dadurch wird eine gelassene und vor allem zügige Reaktion auf unerwartete Umweltereignisse im Markt (z. B. eine unerwartete Launch-Kampagne zum Markteintritt eines neuen Wettbewerbers) erheblich begünstigt, da das Management-Set an Alternativen fortwährend inaktualisiert mitläuft. Für diesen gezielten Umgang mit Selektivität im Rahmen des Komplexitätsmanagements während der Input-Phase der Marketing-Kommunikation steht das Konzept der Achtsamkeit. Der Begriff der Achtsamkeit (engl.: mindfulness) und seine Konzeptualisierung erfreuen sich in der Management-Theorie seit geraumer Zeit einer beachtlichen Aufmerksamkeit. Das Achtsamkeitskonzept ist zugleich ein zentrales Thema in der buddhistischen Psychologie und reicht dort zurück bis ins 6. Jahrhundert (vgl. 2009). Dort ist Achtsamkeit „durch ein leidenschaftsloses, nicht-wertendes und fortwährendes Bewusstsein wahrnehmbarer geistiger Zustände und Prozesse von einem Augenblick zum anderen gekennzeichnet“ (ebd.: 111) und wird oft auch beschrieben als „reine Aufmerksamkeit gegenüber geistigen Ereignissen und Prozessen“ (ebd.).

1

Kommunikationsqualitative Kriterien des Inputs

167

Alltagssprachlich stellt der Achtsamkeitsbegriff ein allgemein verwendetes Wort mit den unterschiedlichsten Bedeutungen dar, wobei keine dieser Begriffsbestimmungen der buddhistischen Auffassung von Achtsamkeit entspricht. Achtsamkeit beinhaltet zum Beispiel vielfach Konnotationen wie „Beachtung schenken oder sich innerhalb eines deutlich bewertenden Kontextes um etwas kümmern“ (ebd.: 110). So können Kinder von ihren Eltern beispielsweise dazu aufgefordert werden, auf ihre Manieren oder auf ihre Sprache zu achten, sich also in einer kulturell angemessenen Art und Weise zu verhalten. Andere Formulierungen wie etwa „das Management achtete immer auf seine Verpflichtungen gegenüber seinen Shareholdern“ bringen eine Betonung sorgfältiger Aufmerksamkeit zum Ausdruck, sodass niemand unter den Folgen eines achtlosen Verhaltens zu leiden hat. In der allgemeinen westlichen Psychologie wird Achtsamkeit definiert als „Bewusstsein und Aufmerksamkeit gegenüber gegenwärtigen Erfahrungen“ (ebd.: 109). Aus der sozialpsychologischen Perspektive von Ellen Langer (1991) werden stärker die unvermeidbare Situationskontingenz, der Möglichkeitsraum sowie der zielgerichtete Umgang damit hervorgehoben. Danach umfasst der Achtsamkeitsbegriff „das kognitive Bewusstsein und die Einschätzung der Variabilität verschiedener Situationen in den gegenwärtigen Umständen, sowie die praktische und zielgerichtete Entwicklung bestimmter Fertigkeiten, durch die die Wahrnehmung von Unterschieden gewährleistet wird“ (zit. n. Grossman 2009). Damit gelangt man im Kontext der Marketing-Kommunikation und deren Management zu folgender Definition: ▶ Definition Marketing-kommunikative Achtsamkeit bezeichnet den strategischen Umgang mit der Selektivität der Informationsproduktion unter dem Einfluss der Komplexität und Dynamik der heutigen Entwicklungen im Marketing-Kommunikationssystem.

Das Ziel von Achtsamkeit in der Input-Phase der Marketing-Kommunikation ist, dass die Marketingabteilung und die Agentur, die Umweltveränderungen frühzeitig, als miteinander vernetzt und als kontingent wahrnehmen. Achtsamkeit beinhaltet folgende Charakteristika: • • • •

Offenheit gegenüber Neuem, Bewussthaltung multipler Perspektiven, Empfindsamkeit für verschiedene Kontextdimensionen, Prozessorientierung (vgl. Langer 1991: 74 – 90).

168

BI

Input

1.1.1.1 Achtsamkeit versus Achtlosigkeit

Die Bedeutung und das Wesen individueller Achtsamkeit lassen sich weiter konkretisieren, wenn das Gegenstück zur Achtsamkeit, also Achtlosigkeit, verstanden als destruktiver Zustand der Gedankenlosigkeit, skizziert wird. Achtlos zu sein bedeutet einerseits, in einem starren Kategoriendenken gefangen zu sein, was dann der Fall ist, wenn man sich zu sehr auf altbewährte Kategorien und Unterscheidungen verlässt, anstatt aktiv denkend neue Kategorien zu bilden. Ohne das Schaffen von Kategorien und das Treffen von Unterscheidungen wie jung/alt, männlich/weiblich oder Erfolg/Versagen ließe sich die Welt nicht begreifen, denn nur durch eben dieses Denken in Unterscheidungen können wir uns ein Bild von der Welt und von uns selbst machen. Einmal gebildete Dichotomien gewinnen allerdings an Stoßkraft und lassen sich nur schwer abbauen: „Wir entwickeln eigene und gemeinsame Wirklichkeiten und werden dann ihre Opfer – blind gegenüber der Tatsache, dass sie bloß Konstrukte sind, Ideen.“ (Langer 1991: 21)

Ein automatisches oder mechanisches Verhalten fördert die Gedankenlosigkeit, da ein vertrauter Rhythmus oder vertraute Strukturen signalisieren, dass Achtsamkeit nicht vonnöten sei und mit zunehmender Routine schrittweise abgezogen werden könne. Wenn eine Aufgabe beispielsweise übertrainiert wird, sodass sie gewohnheitsmäßig, also gedankenlos erledigt werden kann, dann stehen die einzelnen Lösungsschritte dem Bewusstsein unter Umständen nicht mehr zur Verfügung. Bei einer Veränderung der Aufgabe hin zum Ungewöhnlichen oder beim Eintritt eines unerwarteten Ereignisses wirkt sich dies nachteilig auf die Lösungsfähigkeit des vermeintlichen Experten aus, wodurch dessen tatsächliche Kompetenz eher anzuzweifeln wäre. Das Wesen der Unachtsamkeit kommt andererseits auch dann zum Ausdruck, wenn wir in unserem Handeln lediglich eine einzige Perspektive berücksichtigen. Ein solch verengter Blickwinkel resultiert zumeist aus präzisen Anweisungen, die wir von Autoritäten erhalten und durch die unser Denken keine frischen Informationen mehr produziert (vgl. ebd.: 21 f.). Mit Karl-Heinz Brodbeck (2004: 12) kann hier noch ein weiterer Aspekt angeführt werden. Unser äußeres und inneres Handeln sind funktionalisiert, also auf einen bestimmten Zweck oder auf bestimmte Ziele ausgerichtet. Dies kann sich gegebenenfalls aber nachteilig auswirken, da durch diese Ergebnisorientierung der Weg zum Ziel oftmals nur unzureichend berücksichtigt wird. Demgegenüber wird bei der Orientierung auf den Prozess die Aufmerksamkeit auf die Betrachtung der einzelnen Prozessschritte gelenkt, und vorläufige Ziele werden einer fortwährenden Überprüfung unterworfen. Prozessorientierte Menschen werden bei dem Eintritt unerwarteter Umweltereignisse demzufolge nicht so leicht aus der Fassung geraten wie ergebnisfixiert, also gedankenlos agierende Menschen (vgl. auch Langer 1991: 46).

1

Kommunikationsqualitative Kriterien des Inputs

169

In einem Zustand der Achtlosigkeit befinden sich Menschen auch dann, wenn sie sich zu sehr auf Erwartungen verlassen, da diese in der Wahrnehmung oftmals zu toten Winkeln führen, indem sie die Aufmerksamkeit gezielt auf solche Hinweise lenken, die als Bestätigung für eben jene Erwartungen dienen (vgl. Weick/Sutcliffe 2003: 46). Dies ist vergleichbar mit dem Überprüfen einer Hypothese, die allein schon aus ökonomischen Gründen nur ungern verworfen wird, weil bei ihrer Aufstellung unter Umständen sehr viel Energie und Zeit investiert worden sind, die nicht umsonst gewesen sein sollen. Etwas Unerwartetes manifestiert sich häufig in der Plötzlichkeit des Ereignisses. Dies ist jedoch nur eine von insgesamt fünf unterscheidbaren Formen des Unerwarteten. Eine weitere Form tritt auf, wenn ein Problem zwar erkannt wird, die Erwartungen bezüglich des Ausmaßes jedoch in eine falsche Richtung gehen, dass also das Gegenteil dessen eintrifft, was ursprünglich erwartet wurde. Bei der dritten Spielart des Unerwarteten erwartet man einen bestimmten Ereignisablauf, muss dann allerdings feststellen, dass das Timing nicht stimmt. Die vierte Überraschungsvariante tritt ein, wenn die Dauer eines Ereignisses länger ist als erwartet. Um die fünfte Spielart des Unerwarteten handelt es sich, wenn man mit dem Auftreten eines bestimmten Problems rechnet, das Schadensausmaß bezüglich des Problems jedoch unterschätzt (vgl. Weick/Sutcliffe 2003: 48 f.). In Abhängigkeit von spezifischen sozialen und psychischen Faktoren pendeln Individuen zwischen dem Zustand der Achtsamkeit und dem Zustand der Achtlosigkeit hin und her. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das kognitive System im Grunde von zwei übergeordneten Programmierungen beherrscht wird. Einerseits achtet es auf den höchst ökonomischen Einsatz der zur Verfügung stehenden Ressourcen und konstruiert top-down auf der Basis von Schemata, Skripts und Heuristiken relativ achtlos Bedeutungen und bewirkt damit eine Entlastung von der aufwendigen Analysearbeit. Zum anderen produziert das kognitive System im aufwendigeren Bottomup-Modus Abwechslung, Neues und Unbekanntes, ist also kreativ (s. Kap. B 1.3.1.1). Festzuhalten ist, dass es prinzipiell immer möglich ist, den Zustand individueller Achtsamkeit absichtsvoll zu erreichen, sich also dem Modus der kognitiven Bequemlichkeit willentlich zu entziehen (vgl. Heidenreich/Michalak 2003: 265).

1.1.2 Achtsamkeit von Organisationen In der Organisationstheorie haben sich besonders Karl Weick et al. (1999) um die Übernahme des Konzeptes der individuellen Achtsamkeit bemüht und es erweitert. Während Achtsamkeit für gewöhnlich ein Phänomen auf individueller Ebene darstellt, ist kollektive Achtsamkeit ein Charakteristikum von Organisationen. Der fundamentale Unterschied zwischen individueller und kollektiver Achtsamkeit liegt nun darin, dass Individuen in Organisationen lediglich dann achtsam sein werden, wenn Prozesse und Strukturen auf organisatorischer Ebene existieren, die Achtsamkeit för-

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Input

dern. Bei kollektiver Achtsamkeit handelt es sich demnach sowohl um einen mentalen Zustand von einzelnen Personen als auch um einen Organisations- und Führungsstil (vgl. Weick/Sutcliffe 2003: 166). Mit Andrew Hopkins (2002: 8) lässt sich hier ergänzen, dass achtsame Organisationen letztlich achtsame Individuen hervorbringen und dass ebendieser Zustand der Achtsamkeit auf individueller Ebene das eigentliche Ziel eines solchen Prozesses darstellt. Achtsamkeit ist die zentrale Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit von High Reliability Organizations (HROs, Hochverlässlichkeitsorganisationen), wie sie von den Akteuren auf Flugzeugträgern, in Kernkraftwerken oder Chemieunternehmen geschaffen werden. Diese Organisationen arbeiten allesamt unter höchst widrigen Umweltbedingungen mit potenziell gefährlichen Technologien, schaffen es jedoch, ihre Fehlerquote weitaus geringer zu halten, als dies statistisch zu erwarten wäre. Diesen Organisationen gelingt es, beim Eintritt unerwarteter, unbekannter Ereignisse auch unter Einfluss von Stress, Zeit- und Entscheidungsdruck sowie unter der Bedingung einer unvollständigen Informationsgrundlage kurzfristig und zügig situationsgerechte Entscheidungen zu treffen (vgl. Gundel 2004: 50, Mistele/Kirpal 2006: 2, Pawlowski et. al. 2005: 52 ff.). Wegen ihres flexiblen und höchst effizienten Verhaltens werden diese Organisationen in der Literatur auch als Hochleistungssysteme bezeichnet. Im Zuge der intensiven Auseinandersetzung mit HROs hat sich die High Reliability Theory (HRT) entwickelt, die ihren Ursprung an der University of California at Berkeley hat und auf den Erkenntnissen der Normal Accident Theory (NAT) aufbaut. Die NAT geht davon aus, dass „in komplexen und eng gekoppelten technologischen Systemen […] das Auftreten von Fehlern vorprogrammiert und unvermeidlich [ist]“ (Mistele 2005: 7), weswegen Fehler und Unfälle als normal anzusehen sind. In letzter Konsequenz müssen sich die Handlungen der betroffenen Organisationen also auf die Schadensminimierung konzentrieren. Demgegenüber vertritt die HRT einen Standpunkt, wonach sich „Fehler und Unfälle in komplexen und eng gekoppelten technologischen Systemen […] durch ein gutes organisationales Design und ein gutes Management eindämmen und stellenweise sogar verhindern [lassen]“ (ebd.). Neben einer Schadensbegrenzung verfolgen HROs folglich auch Strategien zur proaktiven Schadensvermeidung. Unfälle und Fehler lassen sich nach der HRT letztlich durch strukturelle und organisationale Maßnahmen sowie insbesondere durch Achtsamkeit und die Implementierung einer Sicherheitskultur minimieren (vgl. ebd.: 11). Die Umfelder von HROs sind in der Regel überaus risikoreich. Man kann sich mit diesen Umfeldern demnach nicht durch das Prinzip von Versuch und Irrtum vertraut machen, da der erste Irrtum meist auch der letzte Versuch wäre (vgl. Weick/Sutcliffe 2003: 34). So sind die Besatzungen auf atombetriebenen Flugzeugträgern geradezu zur Achtsamkeit gezwungen, weil sie sich ansonsten in Lebensgefahr begeben würden. Auch auf Öltankern sowie in der Notfallmedizin muss in besonderer Art und Weise dafür Sorge getragen werden, dass Unfälle und Fehler unter allen Umständen

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Inputs

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vermieden werden, da bei diesen Organisationen das Ausmaß eines Schadens für Leben und Umwelt unverhältnismäßig hoch ist (vgl. Mistele 2005: 4). Diese Beispiele verdeutlichen, dass die Achtsamkeit der HROs im Wesentlichen auf Schadensprävention zielt, was in Anbetracht der enormen Budgets, die jährlich von den Unternehmen für ihre Marketing-Kommunikation aufgebracht werden, auch ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Input-Verantwortlichen im qualitätsorientierten Marketing-Kommunikationsprozess sein muss. Bisher ist dies in den Unternehmen vor allem die Domäne der Krisen-PR, indem sie unterschiedliche, negative, publizistisch wirksame und für das Unternehmen relevante Ereignisse antizipiert und prophylaktisch korrespondierende Kommunikationskonzepte entwickelt (vgl. auch Höbel 2014). Das Unternehmen und seine Agentur(en) muss heute für die Marketing-Kommunikation einen Kontingenzplan („contingency plan“) entwickeln, der den marketing-kommunikativen Umgang mit Möglichkeiten, vor allem in Form von denkbaren Problemen, festlegt (vgl. Macchiette/Roy 1994: 62). In einem solchen Kontingenzplan können nicht alle Eventualitäten im Voraus geplant werden. Die Mitglieder von HROs sind sich aufgrund ihrer Erfahrung darüber im Klaren, dass eine absolute Sicherheit unter keinen Umständen zu erreichen ist. Sie wissen vielmehr, dass sie nicht alles wissen können, und rechnen damit, überrascht zu werden (vgl. Weick/Sutcliffe 2003: 69). Aus diesem Grund entwickeln sie ein außergewöhnlich hohes Niveau an Achtsamkeit für denkbare Fehler und Abweichungen von Normalzuständen und stufen diese als schwache Signale für potenzielle Fehler ein (vgl. Pawlowski et. al. 2005: 54). In dieser Sensibilität für selbst kleinste Unregelmäßigkeiten ist letztlich auch der Hauptunterschied zu finden, der zwischen HROs und anderen „gewöhnlichen“ Organisationen besteht (vgl. Gundel 2004: 51). Im Gegensatz zu HROs sind die meisten Unternehmen auf den Eintritt unerwarteter und überraschender Ereignisse nämlich nicht ausreichend oder sogar überhaupt nicht vorbereitet. Viele Manager geben sich vielmehr der Illusion hin, dass sie über all das, was als Nächstes geschehen wird, mehr oder weniger Bescheid wissen. Doch dieses Verhaltensmuster ist überheblich und gefährlich, da hier die Tatsache ignoriert wird, dass etwas Überraschendes geschehen könnte. Zudem wird dabei vergessen, welche unbeabsichtigten Auswirkungen ein solches Entscheidungsverhalten haben kann. Beim Eintritt des Unerwarteten reagieren die meisten dieser Unternehmen schließlich wie gelähmt. Beispiel

Unmittelbar nach der Markteinführung von „New Coke“ im Jahr 1985 wurde die CocaCola Company von verärgerten Kunden mit über 8000 Briefen pro Tag bombardiert. Hier zeigt sich, dass es dem Unternehmen nicht gelungen ist, das Verhalten der Men-

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Input

schen richtig zu antizipieren. Die verantwortlichen Marketing-Strategen von Coca-Cola suchten in dem Zeitraum kurz vor der Einführung der neuen Coke vielmehr nach Hinweisen, durch die sich der Entschluss, mit einer veränderten Rezeptur an den Markt zu gehen, bestätigen ließ. Hinweise auf negative Reaktionen wurden dagegen ignoriert. Es vergingen drei Monate, ehe Coca-Cola mit dem Nachlegen von „Coke Classic“ auf die Probleme reagieren konnte.

Dieses Beispiel macht deutlich, dass es von elementarer Bedeutung ist, bereits beim ersten Anzeichen einer Gefahr entsprechende Maßnahmen einzuleiten, um eine mögliche Eskalation der Probleme zu verhindern (vgl. Coutu 2003: 104, Weick/Sutcliffe 2003: 86 f.).

1.1.2.1 Eigenschaften achtsamer Organisationen

Die HRO-Forschung hat fünf charakteristische Eigenschaften von HROs identifiziert, aus deren Zusammenspiel kollektive Achtsamkeit resultiert. Diese für HROs typischen Handlungsmuster lassen sich in die zwei Stufen der achtsamen Antizipation des Unerwarteten und der achtsamen Eindämmung des Unerwarteten kategorisieren (vgl. Weick/Sutcliffe 2003: 22, 66 ff.): •



achtsame Antizipation des Unerwarteten: ◆ Konzentration auf Fehler, ◆ Abneigung gegen vereinfachende Interpretationen, ◆ Sensibilität für betriebliche Abläufe, achtsame Eindämmung des Unerwarteten: ◆ Streben nach Flexibilität, ◆ Respekt vor fachlichem Wissen und Können.

Die Antizipation des Unerwarteten zielt grundsätzlich darauf ab, Anomalien und Abweichungen möglichst frühzeitig zu erkennen und auf diese Weise noch einen ausreichend großen Handlungsspielraum zur Verfügung zu haben, um der unkontrollierbaren Eskalation eines Ereignisses rechtzeitig vorbeugen zu können. Diese antizipierende Wahrnehmungskompetenz resultiert prinzipiell aus einer Konzentration auf Fehler, aus einer Abneigung gegen vereinfachende Interpretationen sowie aus einer Sensibilität für betriebliche Abläufe. Aufgrund der Tatsache, dass kein System vollkommen ist und trotz aller Maßnahmen zur Schadensprävention immer Fehler passieren und unvorhergesehene Ereignisse auftreten können, spielt der Aspekt einer achtsamen Eindämmung des Unerwarteten eine ebenso wichtige Rolle. Die Fähigkeit, unvorhergesehene Situationen zu managen, wird unterstützt durch das Streben nach Flexibilität und den Respekt vor dem fachlichen Wissen und Können anderer (vgl. ebd., Mistele 2005: 13).

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Konzentration auf Fehler: Achtsamkeit resultiert zu einem großen Teil aus dem stark ausgeprägten Interesse, mögliche Fehlerquellen aufzudecken. Dabei werden bei HROs selbst kleinste Fehltritte und Zwischenfälle analysiert und als ein Symptom dafür gewertet, dass etwas mit dem System möglicherweise nicht in Ordnung sein könnte (vgl. Weick/Sutcliffe 2003: 23). In HROs zeigt sich diese Konzentration auf Fehler in den zahlreich durchgeführten Analysen von Zwischenfällen, in der Berichterstattung über Störungen, egal, wie unwichtig sie auch erscheinen, sowie in der geradezu obsessiven Auseinandersetzung der beteiligten Akteure mit den möglichen Gefahren des Erfolgs wie zum Beispiel Selbstzufriedenheit, dem Abdriften in Routine und einer Nachlässigkeit bei den Sicherheitsstandards. Weick/Sutcliffe (ebd.: 69) betonen die negativen Wirkungen des Erfolgs für Individuen und Organisationen: So verengt der Erfolg die Wahrnehmung, verändert Grundhaltungen und nährt die Überzeugung, dass sich das Geschäft lediglich auf eine einzige Art betreiben lässt. Durch Erfolg verstärkt sich das Vertrauen in die Effizienz vorhandener Fähigkeiten und Routinen, und die Organisation läuft Gefahr, diesen Erfolg als ein Zeichen eigener Kompetenz zu betrachten, wodurch letztlich die Selbstzufriedenheit und damit einhergehend auch die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass unerwartete Ereignisse unentdeckt bleiben und sich zu größeren Problemen ausweiten. Während es bei größeren Zwischenfällen ganz normal ist, eine gründliche Ursachenanalyse zu betreiben, achten die Mitarbeiter in HROs jedoch ebenso stark auf kleinere Pannen, beispielsweise in einem Kernkraftwerk, wenn eine Brandschütztür nicht richtig geschlossen worden ist (vgl. ebd.: 68). Die Ursachen für diese Ausrutscher und Lappalien sind zumeist Aufmerksamkeitsstörungen, welche durch Überlastung, durch Ablenkung oder etwa durch die Unterbrechung einer Tätigkeit verursacht werden können (vgl. Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltentwicklung/WBGU 1998: 302). Doch solche kleinen Unregelmäßigkeiten können in einem ungünstigen Moment zusammenwirken und in einer größeren Katastrophe enden. Dieses Verständnis setzt voraus, dass Störfälle nicht nur auf diejenigen Teilsysteme begrenzt werden, in denen sie auftreten. Jeder Zwischenfall muss vielmehr als ein Signal für eine potenzielle Schwachstelle im Gesamtsystem betrachtet werden. Hier unterscheiden sich HROs eklatant von herkömmlichen Organisationen, bei denen Fehler in den meisten Fällen lokal begrenzt und als spezifische, voneinander unabhängige, also in keinem Schadenszusammenhang stehende Probleme aufgefasst werden (vgl. Weick/Sutcliffe 2003: 68 ff.). Eine funktionierende Berichterstattung von Mitarbeitern über Störfälle und andere Irrtümer setzt ein „Klima der Offenheit“ (ebd.: 72) voraus. Müssen die Mitarbeiter bei der Meldung von Fehlern Sanktionen befürchten, so werden sie diese ignorieren oder gar vertuschen. In HROs werden Management-Methoden angewandt, die gerade dazu motivieren, Pannen zu melden oder Fragen zu stellen. Diese Praktiken stärken letztlich eine organisationsweite Kultur, die auf Berichterstattungen dieser Art großen Wert legt. Andererseits wird durch diese Handhabung gleichzeitig das organisationseigene Wissensfundament verstärkt, was es einer Organisation letztlich

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ermöglicht, aufgrund besserer Erfahrungswerte noch sensibler auf Anomalien und schwache Störsignale zu achten als zuvor (vgl. ebd.: 68, Mistele 2005: 13). Die Etablierung unternehmenskulturell verankerter Achtsamkeit bedarf demzufolge der Implementierung von Belohnungs- oder anderweitigen Anreizsystemen zur Förderung des Austausches sowie der Meldung von Fehlern und Unregelmäßigkeiten. Aufgrund der Erkenntnis, dass Lernaugenblicke eher kurzlebige Phänomene darstellen, lernen effiziente HROs aus ihren Fehlern infolge einer zügigen und möglichst unmittelbaren Analyse. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Menschen, denen ein Fehler unterlaufen ist, meist nur für einen relativ kurzen Zeitraum „offen über die Geschehnisse sprechen, bevor sie dann später ihre Geschichten auf eine Weise beschönigen, die ihr Handeln rechtfertigt und ihren guten Ruf schützt“ (Weick/Sutcliffe 2003: 71). Abneigung gegen vereinfachende Interpretationen: Achtsamkeit umfasst neben dem Aspekt, selbst kleinen Fehlern auf den Grund zu gehen, ebenso die Fähigkeit, den Komplexitätsgrad von vereinfachenden Maßnahmen zu steigern. Hierbei werden Vereinfachungen wie das bereits oben erwähnte Vertrauen in Erwartungen auf ein Minimum reduziert und parallel dazu die Wahrnehmungsfähigkeit durch die Realisation eines möglichst breiten Vorstellungsspektrums gesteigert. Durch ein erweitertes Beobachtungsfeld sind HROs in der Lage, ein reichhaltiges und vielfältiges Bild potenzieller Folgen unvorhersehbarer Ereignisse zu entwickeln, das wiederum vielfältigere und aussagekräftigere Vorsichtsmaßnahmen und Frühwarnzeichen erkennen lässt (vgl. Baecker 1994: 153, Mistele 2005: 17, Tropp 2004: 177, Weick/Sutcliffe 2003: 73). Zur Operationalisierung dieser Fähigkeit innerhalb eines Unternehmens eignen sich unterschiedliche Methoden: •

Bei prospektiven Interviews handelt es sich um eine qualitative Befragung – beispielsweise in Form einer Gruppendiskussion –, bei der vor allem Fragen nachgegangen wird, wie sich Menschen in einer bestimmten vorgegebenen hypothetischen Situation verhalten würden (vgl. Schetsche 2015: 64). • Die Szenariotechnik fördert die Bildung von Optionen und schult damit den Möglichkeitssinn, da sie die Bildung unterschiedlicher, aber in sich schlüssiger Zukunftswelten ermöglicht, die auf der Grundlage dessen, was in der Gegenwart gewusst wird, als plausibel erscheinen (vgl. Roehl 2002: 126, Wilms 2006). • In Workshops und bereichsübergreifenden Klausuren, die sich durch eine interdisziplinäre Teamzusammensetzung auszeichnen, hinterfragt die Organisation kritisch die bisher angewandten Routinen und Prozesse, um im Zuge einer Problemlösung keine verengten Denk- und Wahrnehmungsmuster anzuwenden (vgl. Tropp 2004: 212 f.). • Mit Simulationen werden die erarbeiteten Möglichkeiten/Alternativen durchgespielt und Wechselwirkungen aufgezeigt. Dafür bieten sich insbesondere Planspiele sowie digital basierte Systemsimulationen an (vgl. z. B. Dörner et al. 1994, Vester 2000).

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Diese Methoden dienen der Entwicklung und Schulung eines organisatorischen Wahrnehmungsvermögens, mit dem sich die komplexen und dynamischen Gegebenheiten der Umwelt besser erkennen lassen. Aus einer vereinfachenden Perspektive hingegen werden sowohl Anzeichen auf unerwartete Ereignisse als auch das breite Spektrum an Handlungsalternativen leichter übersehen. Es geht also um das kontinuierliche Aktualisieren von Möglichkeiten, um die toten Winkel von Plänen, Visionen und Prognosen in den Griff zu bekommen, denn „Pläne verleiten uns genauso geschickt wie andere Erwartungen dazu, die allmähliche Entwicklung des Unerwarteten zu übersehen“ (Weick/Sutcliffe 2003: 57). Sensibilität für betriebliche Abläufe: Besonders große Aufmerksamkeit widmen HROs der Ausgestaltung ihrer Entscheidungsstrukturen, wobei sie hier zwischen Routineund Nicht-Routine-Situationen differenzieren. Beim Eintritt einer Nicht-Routine-Situation werden Entscheidungsbefugnisse des Öfteren an untere Hierarchiestufen delegiert, im Vertrauen darauf, dass dort bessere Informationen vorliegen oder unnötige zeitliche Verzögerungen vermieden werden. Typisch für dieses Verhalten sind etwa die Landevorgänge auf Flugzeugträgern, die auch von einem Großteil der Soldaten mit niedrigem Dienstrang unterbrochen werden dürfen, sobald diese Zweifel an einer sicheren Durchführung des Manövers haben. Doch auch bei Routine-Situationen lassen sich Hinweise auf prinzipiell flache Entscheidungsstrukturen finden, wie beispielsweise in der pädiatrischen Intensivstation eines Krankenhauses (vgl. Gundel 2004: 50 f.). Beispiel

Bei dem Unternehmen Body Shop kommen vernetzte Organisationsstrukturen und Managementprozesse zum Einsatz. Es werden Gremien mit Personen aus verschiedenen Funktionsbereichen und allen Hierarchiestufen eingesetzt. So soll sichergestellt werden, dass neue Produkte und Ideen unternehmensweite Aufmerksamkeit erhalten und implementiert werden (vgl. Joachimsthaler/Aaker 2000: 530).

Festzuhalten ist also, dass HROs in besonderer Weise darum bemüht sind, die Unterschiede zwischen den verschiedenen Hierarchiestufen zu reduzieren. Nicht selten wird der untersten Hierarchieebene sogar ein höherer Stellenwert zugeschrieben als den Managern aus den oberen Ebenen, die ja als eigentliche Lenker und Treiber des gesamten Systems fungieren. Auf diesen Punkt wird weiter unten im Zusammenhang mit der Darstellung der HRO-Eigenschaft des Respekts vor fachlichem Wissen und Können zurückgekommen. Für ein hierarchisch flach organisiertes Handeln spricht auch, dass der einzelne Akteur sein eigenes Handeln am besten einordnen kann und zumeist eine genaue Vorstellung davon hat, welche anderen Personen auf welche Art und Weise in ein Problem und dessen Lösung eingebunden sind beziehungsweise sein sollten (vgl. Mistele 2005: 14).

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Durch den sensiblen Umgang mit betrieblichen Abläufen lassen sich unerwartete Ereignisse meist bereits im Anfangsstadium lokalisieren, wodurch eine Ausweitung des Problems in den meisten Fällen verhindert werden kann. Eine unabdingbare Voraussetzung dafür ist jedoch das Vorhandensein entsprechender Kommunikationsstrukturen, über die ein Wissensaustausch in Bezug auf potenzielle Anomalien und Abweichungen überhaupt erst stattfinden kann (vgl. ebd., Weick/Sutcliffe 2003: 78 f.). Streben nach Flexibilität umfasst die Fähigkeit, auf Fehler zu achten, die bereits eingetreten sind, sowie die Fähigkeit zur Korrektur dieser Fehler, bevor sich deren Schadensausmaß unkontrolliert ausweiten kann. Es handelt sich hierbei also um eine andere Grundeinstellung als bei der Antizipation von zukünftigen Situationen. Die Fähigkeit zu einer flexiblen Reaktion impliziert dabei die Konfrontation mit einem Ereignis, das man nicht vorhergesehen hat, das allerdings dennoch eingetreten ist. An dieser Stelle offenbart sich letztlich die große Gefahr eines zu starken Strebens nach Antizipation bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Flexibilität: Antizipation unterstellt ein gewisses Niveau des Verstehens, das jedoch kaum zu erreichen ist, sofern man es mit unvorhersehbaren, höchst komplexen Umweltbedingungen zu tun hat. Darüber hinaus verschlingt Antizipation eine große Menge an Ressourcen, da alle potenziellen Lösungen für sämtliche vorweggenommenen Problemstellungen im Handlungsrepertoire, das heißt im Gedächtnis der beteiligten Akteure präsent sein müssen (vgl. Weick/Sutcliffe 2003: 83 f.). Das Streben nach Flexibilität zeichnet sich also dadurch aus, dass trotz der Schulung des Möglichkeitssinns von der Organisation anerkannt wird, dass sie unmöglich für alle denkbaren Probleme und Ereignisse eine Lösung vorproduzieren kann und sie sich daher auch auf das Abschwächen von eingetretenen Problemen konzentrieren muss. Wer flexibel ist, achtet eher auf Kenntnisse und Ressourcen, mit denen sich negative Überraschungen zügig eindämmen, lindern und reduzieren lassen. Hierfür bedarf es nicht nur einer rein fachlichen Kompetenz. Flexible Individuen zeichnen sich vielmehr durch sogenannte Metakompetenzen aus, die als eine wichtige Voraussetzung für ein situationsspezifisches Handeln angesehen werden (vgl. Mistele 2005: 18). Auf Organisationsebene sind Indikatoren dieser Metakompetenzen • • • •

das Streben nach einer raschen und präzisen Kommunikation, vor allem in Form schneller Feedbacks, das kontinuierliche Bemühen um neue Erkenntnisse und eine schnellere Lernfähigkeit, der Aufbau und Ausbau von Erfahrungsvielfalt sowie die situationsgerechte Kombination von vorhandenen Fachkenntnissen und Handlungsmustern (vgl. ebd., Weick/Sutcliffe 2003: 85).

Als ein Beispiel für den letzten Punkt nennen Karl Weick und Kathleen Sutcliffe (ebd.: 86) die hohe Flexibilität, die auf Flugzeugträgern zu beobachten ist, wo Krisen nicht

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selten durch den Zusammenschluss von informellen Netzwerken eingedämmt werden. Diese Ad-hoc-Netzwerke setzen sich aus erfahrenen Besatzungsmitgliedern zusammen und ermöglichen so ein schnelles Bündeln von Fachkenntnissen. Dadurch wird das Spektrum an Handlungsoptionen in Bezug auf die Problemlösung erheblich erweitert, wodurch sich letztlich Wissenslücken und Unsicherheiten ausgleichen lassen. Respekt vor fachlichem Wissen und Können: Die meisten Unternehmen weisen sehr starre hierarchische Entscheidungsstrukturen auf, die auf einem ausgeprägten Respekt gegenüber Autoritäten gründen. HROs sind demgegenüber durch eher flache Entscheidungsstrukturen gekennzeichnet. Entscheidungsbefugnisse werden dabei oftmals an Personen delegiert, die eher auf den unteren Hierarchiestufen rangieren. Der Grund dafür ist darin zu sehen, dass gerade die Mitarbeiter auf den unteren Ebenen zumeist als erste das Signal einer Anomalie wahrnehmen. So steht beispielsweise der Kundenberater einer Kommunikationsagentur nahezu täglich in Kontakt mit dem Kunden und pflegt mit diesem idealerweise eine enge und vertrauensvolle Beziehung. Bei herkömmlichen Entscheidungsstrukturen haben diese Personen jedoch keinerlei oder äußerst geringe Weisungs- und Entscheidungsgewalt. Urteile und wichtige Entscheidungen werden in diesen Organisationen normalerweise von hochrangigen Führungskräften getroffen, was die Reaktionsgeschwindigkeit der Organisation beträchtlich reduziert. In HROs zeichnet sich die Entscheidungsstruktur dagegen durch eine Kombination aus Hierarchie und Spezialisierung aus. Geschlossene hierarchische Strukturen mit den damit verbundenen Macht- und Entscheidungskompetenzen treten bei HROs zugunsten eines tiefen Respekts vor der Fachkenntnis folglich in den Hintergrund, werden dabei allerdings auch nicht gänzlich verworfen. Durch die Verbindung von fachlicher Kompetenz und Hierarchie wird vielmehr ein Prinzip anerkannt und verwirklicht, das sowohl Ordnung als auch Flexibilität garantiert. Dennoch hat sich in HROs die Erkenntnis durchgesetzt, dass Know-how und Erfahrung bedeutender sind als der hierarchische Rang und der Status eines Mitarbeiters (vgl. Mistele 2005: 19, Weick/Sutcliffe 2003: 88 ff.). Beispiel

Ein kommunikationstechnologisch versierter Mitarbeiter einer Kommunikationsagentur mit einem spezialisierten Wissen im Bereich Social Media sollte bei der Entwicklung einer Social-Media-Kampagne für einen Agenturkunden mit mehr konzeptionellen Entscheidungsbefugnissen ausgestattet sein als der zuständige Etatdirektor oder Geschäftsführer Kundenberatung.

Durch diese äußerst flexible Entscheidungsstruktur sind HROs in der Lage, jedem auftretenden Problem unverzüglich die nötige Beachtung zu schenken. Sollten die Ereignisse aus dem Ruder laufen, kann das Management höherer Ebenen jederzeit

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die Entscheidungsgewalt sukzessive zurückfordern, was von Weick/Sutcliffe (2003: 91) als koordinierte Führung beschrieben wird. Nach diesem Prinzip kommt die Führungsrolle stets derjenigen Person zu, die aktuell über die höchste Problemlösungskompetenz verfügt. Dabei wandern die Entscheidungen in der Hierarchie sowohl von oben nach unten, gleichzeitig allerdings auch von unten nach oben, denn Personen, die in einer bestimmten Situation nicht mehr weiter wissen, haben bei HROs keine Angst, sich an die nächsthöher liegende Instanz zu wenden und um Hilfe zu bitten. In HROs wird es vielmehr als ein Zeichen von Selbstbewusstsein und Stärke gewürdigt, wenn man erkennt, dass die Grenzen des eigenen Wissens erreicht worden sind und die Hilfe anderer in Anspruch genommen werden muss. Die fünf Eigenschaften konstituieren in ihrem Zusammenwirken die Achtsamkeit von Organisationen, die es den Unternehmen und Agenturen ermöglicht, das Unerwartete effizient und angemessen zu managen. Notwendig geworden ist diese Fähigkeit durch die gestiegene Umweltkomplexität und die daraus resultierende Unsicherheit für die Handelnden im Input-Bereich der Marketing-Kommunikation.

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Marketing-Kommunikationswissen (Reflexivität)

Das Marketing-Kommunikationswissen, der Common Ground des Marketing-Kommunikationssystems (vgl. Kap. A 3.1), erfährt in Abhängigkeit vom Unternehmen eine spezifische Ausformung. Diese betrifft in Anlehnung an das Persuasion Knowledge Model von Marian Friestad und Peter Wright (1994, 1995) die folgenden drei Wissensbereiche (s. ausführlich Kap. B III 1.2): •





das Themenwissen („Topic Knowledge“), womit das Wissen über das Thema und den Inhalt der Marketing-Kommunikationsangebote bezeichnet wird, sei es über eine Produktkategorie, eine Marke, eine Dienstleistung, den Wettbewerb, ein soziales Verantwortungsfeld im CSR-Bereich, den Media-Mix, die Positionierung etc.; das Zielgruppen-/Zielpersonenwissen („Target Knowledge“), womit das Wissen betreffend die Eigenschaften und Charakteristika der Konsumenten und Kunden gemeint ist, das es ermöglicht, ihnen relevante Kommunikationsangebote unterbreiten zu können; das Persuasionswissen, womit das persuasionspsychologische Wissen gemeint ist, das dem Umgang mit Beeinflussungsversuchen zugrunde liegt.

Zwecks der Gestaltung konkreter Kommunikationsangebote für definierte Zielgruppen kommt dem Target Knowledge traditionell besondere Beachtung zu. Diese äußert sich in der unternehmens- und agenturseitigen Suche nach Consumer Insights.

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1.2.1 Consumer Insight: Begriff und Konzept Damit die marketingtreibenden Unternehmen und ihre Agenturen äußere Handlungen der Konsumenten als Anschlusshandlungen ihren Marketing-Kommunikationsangeboten zurechnen können, benötigen sie vorab Hypothesen, die sie auf Consumer Insights (Erkenntnisse über Konsumenten) stützen. Dieses Vorgehen basiert auf dem notwendig reflexiven Charakter der Kommunikation und zwar in seiner sozialen Dimension (s. Kap. A 1.3.2). Die Konzeption des Marketing-Kommunikationsangebotes bis hin zu einer kompletten Kampagne wird von den Erwartungen des Unternehmens und seiner Agentur, die diese(s) im Hinblick auf die Erwartungen von Zielpersonen und Zielgruppen hat, geleitet (Erwartungserwartungen). Diesem Reflexivitätsprinzip kommt heute in der Marketing-Kommunikation verstärkte Bedeutung zu. Das Bemühen um immer individuellere, auf die Interessen, Wünsche und Bedürfnisse des einzelnen Konsumenten zugeschnittene Kommunikationsangebote geht mit einer Steigerung des Ausmaßes einher, in dem ein Unternehmen fähig ist, die Bedeutungsstrukturen und Sinnzusammenhänge der Konsumenten in seine Kommunikationskonzepte zu integrieren. Diese Fähigkeit ist ausschlaggebend für die strategische Entwicklung produktiver Kundenbeziehungen. Auf die hohe Bedeutung sozialer Reflexivität in der Marketing-Kommunikation ist im US-amerikanischen Raum bereits zu Beginn der 1990er Jahre im Kontext des Konzeptes der Integrated Marketing Communications (IMC) hingewiesen worden. Neben einem ergebnisorientierten und vernetzten Management der unterschiedlichen Kommunikationsinstrumente, das kommunikations- und informationstechnologisch basiert sein soll, betont dieser Ansatz das Einnehmen einer „Outsidein-Perspektive“. Kommunikationsplanung muss kundenzentriert erfolgen, aus der Perspektive externer Anspruchsgruppen, besonders aus der der Kunden und Konsumenten (vgl. Kap. A 2.6.3). Geht man noch weiter zurück, so lässt sich in Deutschland mit dem Aufkommen der professionellen Markt- und Produktforschung Mitte der 1960er Jahre, die von den deutschen Niederlassungen der US-amerikanischen Agenturen importiert wurde, bereits das Prinzip der reflexiven Marketing-Kommunikation aufzeigen. Im Kern dieser angewandten Forschung stand damals wie heute der Consumer Insight, der das Prinzip der sozialen Reflexivität mit seinen kommunikationsanleitenden Erwartungserwartungen der Beschäftigten in den Marketing-Abteilungen und Agenturen praxistauglich operationalisiert. Über den Ursprung des Begriffs Consumer Insight kann nur gemutmaßt werden, wie Kerstin Föll (2007: 26) nach ihrer diesbezüglichen Literatur- und Internet-Recherche feststellt. Der Begriff Insight tauchte bereits 1964 bei dem Vater der Motivforschung Ernest Dichter (vgl. ebd.: 434) auf, der ihn unter Rückgriff auf psychoanalytische Konzepte von Sigmund Freud im Sinne einer Einsicht und eines Einblicks in das Unterbewusstsein verwendete und Insight als ein Aha-Erlebnis als einen der Hauptfaktoren erfolgreicher Persuasion ansah.

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„Die einzige, wirklich menschliche Form des Lernens aber basiert auf Verständnis oder, wie die Psychologen es nennen, aus dem ‚Aha‘-Erlebnis. Wir verstehen plötzlich, warum etwas auf bestimmte Art getan wird, warum jemand so und nicht anders reagiert.“ (Dichter 1985: 106, s. auch ders. 1964: 433)

Im Zuge der Entwicklung und der Etablierung der strategischen Planung (Planning) im Marketing-Kommunikationssystem in den 1980er Jahren und der damit im Kommunikationsentwicklungsprozess stattfindenden Betonung der zentralen Rolle des Konsumenten hat sich der Begriff zu Consumer Insight weiterentwickelt. Die Werbepraktikerin Lisa Fortini-Campbell benannte Mitte der 1980er Jahre die Marktforschungsabteilung der Werbeagentur Young & Rubicam (Y&R) in Chicago in „Consumer Insight“ um und nimmt für sich die erstmalige systematische Verwendung des Begriffs in Anspruch (vgl. Föll 2007: 27). Sie veröffentlichte erstmals 1992 ein praxisgerichtetes Buch, in dem sie ihr Consumer-Insight-Konzept umfassend darlegt (Fortini-Campbell 2001). Im wissenschaftlichen Kontext wird der Begriff erst seit Beginn der 2000er Jahre systematisch aufgearbeitet und untersucht (s. z. B. Renkema/Zwikker 2003, Stone et al. 2010). Consumer Insight kann sich dadurch seiner Konnotation als ein „schillernder Begriff der trendigen Werbepraxis“ (Trommsdorff 2007: V) langsam entledigen. Sein Bedeutungsfeld hat sich bis dato jedoch nicht weit von dem ursprünglichen Verständnis von Ernest Dichter entfernt. Consumer Insight bezeichnet demnach im Unterschied zum allgemeinen und breiteren Wissen über Charakteristika von Zielgruppen (z. B. soziodemografische Merkmale, Einstellungen, Kaufverhalten) ein weitaus spezifischeres Phänomen. In der Tradition von Ernest Dichter wird beim Konsumenten auf „das Aufdecken der seelischen Strukturen, der psychologischen Antriebskräfte im Sinne eines erleuchtenden Einblicks“ (Föll 2007: 25) abgehoben. So definiert Kerstin Föll (ebd.: 38) den Consumer Insight als eine Wahrheit in Form einer spezifischen, neuartigen und erleuchtenden Kombination von Erkenntnissen über den Konsumenten, die • • •

die seelischen Strukturen des Konsumenten offenbart, dadurch einen Anknüpfungspunkt für die Bestimmung eines differenzierenden Nutzenversprechens und entsprechende Marketing-Kommunikationsmaßnahmen bietet und schließlich eine Verbindung zwischen Konsument und Marke schafft.

Im Mittelpunkt der angewandten Consumer-Insight-Forschung in den Agenturen und Marktforschungsinstituten steht somit prinzipiell die Suche nach Bedeutungen und damit nach dem Sinn von Handlungen für die Handelnden. Bei diesem „Fishing for Insights“ (Paul 2002: 408) geht es nicht darum, eine sichtbare, sondern eben eine bedeutende Welt zu beschreiben (vgl. ebd.: 420). Clifford Geertz (2015: 10) nennt dies von einer ethnografischen Perspektive aus unter Rückgriff auf Gilbert Ryle die Anfertigung einer „dichten Beschreibung“, bei

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der es nicht um die Frage nach dem ontologischen Status von Verhalten und Handeln geht, nicht um deren fotografieartiges Festhalten, wie es Gegenstand der „dünnen Beschreibung“ (ebd.: 11 f.) ist. Es geht vielmehr um das Herausarbeiten von Bedeutungen in Sinnzusammenhängen, also in Kontexten. Beispiel …

… für den Unterschied von dünner und dichter Beschreibung (Geertz 2015: 10 f.) „Stellen wir uns … zwei Knaben vor, die blitzschnell das Lid des rechten Auges bewegen. Beim einen ist es ein ungewolltes Zucken, beim anderen ein heimliches Zeichen an seinen Freund. Als Bewegungen sind die beiden Bewegungen identisch; vom Standpunkt einer photographischen, ‚phänomenologischen‘ Wahrnehmung, die nur sie sieht, ist nicht auszumachen, was Zucken und was Zwinkern war oder ob nicht gar beide gezuckt oder gezwinkert haben. Obgleich man ihn nicht photographisch festhalten kann, besteht doch ein gewichtiger Unterschied zwischen Zucken und Zwinkern, wie ein jeder bestätigen wird, der ersteres fatalerweise für letzteres hielt. Der Zwinkerer teilt etwas mit, und zwar auf ganz präzise und besondere Weise: (1) er richtet sich absichtlich (2) an jemand Bestimmten, (3) um eine bestimmte Nachricht zu übermitteln, (4) und zwar nach einem gesellschaftlich festgelegten Code und (5) ohne daß die übrigen Anwesenden eingeweiht sind. Es ist nicht etwa so, … daß derjenige, der zwinkert, zwei Dinge tut – sein Augenlid bewegt und zwinkert –, während derjenige, der zuckt, nur sein Augenlid bewegt. Sobald es einen öffentlichen Code gibt, demzufolge das absichtliche Bewegen des Augenlids als geheimes Zeichen gilt, so ist das eben Zwinkern. Das ist alles, was es dazu zu sagen gibt: ein bißchen Verhalten, ein wenig Kultur und – voila – eine Gebärde. Das aber ist nur der Anfang. Angenommen … es gäbe noch einen dritten Knaben, der ‚zur hämischen Belustigung seiner Kumpel‘ das Zucken des ersten Knaben auf amateurhafte, unbeholfene, auffällige oder andere Weise parodiert. Er macht das natürlich genauso wie der zweite Knabe, der zwinkert, und der erste Knabe, der zuckt: er bewegt das rechte Augenlid. Nur daß dieser Knabe weder zwinkert noch zuckt, sondern den seiner Meinung nach lächerlichen Versuch eines anderen zu zwinkern parodiert. Auch hier liegt ein gesellschaftlich festgelegter Code (er ‚zwinkert‘ bemüht, zu offensichtlich, vielleicht schneidet er noch zusätzlich eine Grimasse – die üblichen Kunstgriffe eines Clowns) sowie eine Nachricht vor. Es geht jetzt jedoch nicht um eine geheime Verständigung, sondern um ein Lächerlichmachen. Sollten die anderen meinen, er zwinkere tatsächlich, so ist – wenn auch mit anderen Ergebnissen – sein ganzes Vorhaben ebenso fehlgeschlagen, wie wenn sie meinten, er zucke. Man kann noch weiter gehen: seiner mimischen Fähigkeiten nicht sicher, übt der Möchtegern-Satiriker vielleicht zu Hause vor dem Spiegel. Was er dort macht, ist weder Zucken noch Zwinkern und auch nicht Parodieren, sondern Proben, obwohl eine Kamera, ein radikaler Behaviorist oder ein Anhänger von Protokollsätzen ebenso, wie bei den anderen Knaben, nur

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eine schnelle Bewegung des rechten Augenlids festhalten würde. Weitere Komplizierungen sind möglich und stoßen auf keine logischen, wenn auch auf praktische Grenzen. Der ursprüngliche Zwinkerer könnte z. B. nur so getan haben, als ob er zwinkerte, um Außenstehenden eine geheime Abmachung vorzutäuschen, die gar nicht vorlag.“

Ein modernes Verständnis von Consumer Insight, das sich weniger mythisch anmutend und differenzierter als der Insight-Ansatz von Ernest Dichter mit der Frage nach den Bedeutungen von Handlungen befasst, wird über den Rückgriff auf das Kontextualitätskriterium (s. Kap. A 1.3.3) erzielt. Kontexte sind als Sinnzusammenhänge notwendig, um als Beobachter Handlungen anderer erklären, ihnen Bedeutung zuschreiben zu können. Kontexte von Handlungen sind damit für die Relevanz von Marketing-Kommunikationsangeboten zuständig und der Consumer Insight kann in diesem Sinne dann als Schlüssel zu dieser Relevanz aufgefasst werden (vgl. Föll 2007: 22, Paul 2002: 411). Das Ziel der Suche nach Consumer Insights ist entsprechend die Darbietung relevanter Marketing-Kommunikationsangebote für bestimmte Konsumenten als Kommunikationspartner. Die Spezifizierung von Konsumenten als Kommunikationspartner macht deutlich, dass als Kontext nicht nur die Person mit ihrer Lebenswelt in Betracht kommen kann. Ebenso gilt es, das Individuum in seiner Rolle als Rezipient und damit die Rezeptionssituation sinngebend zu berücksichtigen und darüber hinaus auch das Individuum in seiner Rolle als Konsument zu fokussieren, womit des Weiteren Markenkontexten die Aufmerksamkeit gelten muss. Daraus ergibt sich folgende Definition von Consumer Insight: ▶ Definition Consumer Insights sind die durch professionalisierte Reflexivität gewonnenen Erkenntnisse über Personen als Kommunikationspartner und als Konsumenten, die sich auf die Relevanz von Marketing-Kommunikationsangeboten beziehen, wie sie sich aus den Kontexten der Lebenswelt, der Rezeptionssituation und der Marke ergibt.

Zu ergänzen ist, dass, bedingt durch das Interaktions- und Kommunikationsverhältnis von marketingtreibenden Unternehmen und deren beauftragter Agentur, ein weiteres Reflexivitätsverhältnis im Spiel ist. Die Agentur orientiert sich als Auftragnehmer in der Input-Phase auch an den Erwartungen des Unternehmens an die Agentur. Sie gewinnt im Laufe der Zusammenarbeit wichtige Hinweise zum Erwartungsspektrum des auftraggebenden Unternehmens, ihres Kunden, was in Analogie zu Consumer Insights als Client Insights bezeichnet werden kann. Ob ein Marketing-Kommunikationsangebot aus der Perspektive der Agentur relevant ist, ist daher nicht nur eine Frage, die mittels Erkenntnissen über die Zielpersonen im Absatzmarkt des Un-

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ternehmens beantwortet wird, sondern auch mittels des Wissens, das in der Agentur über die Erwartungshaltung des Unternehmens den Output der Agentur betreffend vorhanden ist.

1.2.2 Elementare Consumer-Insight-Kontexte Die in der Praxis angewandte Consumer-Insight-Forschung kann genauso wenig wie die wissenschaftliche Grundlagenforschung alle individuumsinternen und -externen Kontexte kultureller, sozialer, situationaler und personaler Art in einem Modell berücksichtigen. Ein derartiger „Radikaler Kontextualismus“ (Ang 2006) würde in einer nicht mehr zu bewältigenden Komplexität mit geringer Effizienz münden. Sinnvoll ist es daher, dem Vorschlag von Andreas Baetzgen (2007: 161) zu folgen und von einer elementaren Typologie auszugehen, die die für die spezifische Problemstellung, hier: die Consumer-Insight-Gewinnung, wichtigsten Kontexte umfasst und alle anderen fundiert. Diese anderen sind der Kontext der Lebenswelt, der der Rezeptionssituation und der der Marke, die empirisch untrennbar miteinander verbunden sind und lediglich aus analytischen und darstellerischen Gründen isoliert betrachtet werden müssen (Abb. 38). Mit der Fokussierung der elementaren Consumer Insight-Kontexte werden gleichzeitig drei zentrale Erfolgsvariablen der qualitätsorientierten Modernen MarketingKommunikation verfolgt, nämlich • •

die Alltagspassung des Marketing-Kommunikationsangebotes, die aus dem Fit des Marketing-Kommunikationsangebotes mit der Lebenswelt resultiert, der Erlebniswert des Marketing-Kommunikationsangebotes, der dem Kontext der Rezeptionssituation entspringt,

Abb. 38 Elementare Consumer-Insight-Kontexte

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die Konsistenz des Marketing-Kommunikationsangebotes, die sich aus dessen Passung in den Kontext der Marke ergibt (vgl. Baetzgen 2007: 169 f.).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass für den Konsumenten und Kommunikationspartner sich die Relevanz eines Marketing-Kommunikationsangebotes (= Rezeptionsrelevanz, s. Kap. B III 1.3) und damit das Advertising Engagement (s. Kap. A 2.1.5) maßgeblich aus der Alltagspassung, dem Erlebniswert und der Konsistenz des Marketing-Kommunikationsangebotes ergibt. Diese resultieren als Erfolgsfaktoren der Marketing-Kommunikation aus den Kontexten der Lebenswelt, der Rezeptionssituation und der Marke.

1.2.2.1 Lebenswelt

Mit dem von Lothar Mikos (2004: 29) geprägten Begriff des lebensweltlichen Kontextes wird die Gesamtheit an Wissen, Einstellungen/Images, Werten und Normen, Motiven und Bedürfnissen, emotionalen Dispositionen sowie der daraus resultierenden typischen Handlungsmuster eines Individuums bezeichnet (vgl. Kap. A 1.3.3). In der englischsprachigen Literatur wird diesbezüglich von der „Personal History“ und der „Current Life-World“ gesprochen (s. Mick/Buhl 1992: 319). Der Kontext der Lebenswelt ist der Bereich, dem sich die angewandte Consumer-Insight-Forschung traditionell am stärksten beziehungsweise sogar ausschließlich zugewendet hat. Welche Eigenschaften, so lautet die allgemeine Consumer-Insight-Suchfrage, weist die Lebenswelt der Kommunikationspartner auf, sodass die Alltagspassung und damit – in Interaktion mit dem Markenkontext und dem Kontext der Rezeptionssituation – die Relevanz der Mitteilung über einen spezifischen Marketing-Gegenstand (Produkt, Dienstleistung, Person etc.) gesteigert werden kann ? Die Suche richtet sich also auf kognitiv-emotionale Charakteristika der Zielpersonen, um die alltäglichen, durchaus versteckten Typiken von Produktwahrnehmungs- und Produktverwendungsmustern auszumachen. Seine Relevanz gewinnt das Marketing-Kommunikationsangebot dann dadurch, dass es aufzeigt, wie die Verwendung des beworbenen Markenproduktes den Alltag angenehmer gestaltet oder die Erfüllung von Träumen in Aussicht stellt. Beispiel

Die in Großbritannien etablierte Unkrautvernichtungsmarke Weedol ist in ihrer Produktleistung den Hauptkonkurrenten unterlegen, was unter den Marktteilnehmern bekannt war. Das Unkraut wuchs ständig nach, sodass das Mittel immer wieder benutzt werden musste. Der Hauptkonkurrent betonte in seiner Marketing-Kommunikation, dass nach Gebrauch seines Mittels das Unkraut nicht mehr nachwachse.

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Beim Ausprobieren des Weedol-Mittels entdeckten Mitarbeiter der beauftragten Kreativ-Agentur, dass Unkrautvernichten ihnen überraschenderweise großen Spaß bereitet. In Tiefeninterviews mit Hobbygärtnern konnte diese Entdeckung weiter gefestigt werden, wodurch der vermeintliche Wettbewerbsnachteil plötzlich als ein Vorteil interpretiert konnte. Die Forschungsarbeiten mündeten in dem Consumer Insight: „Gärtner hassen Unkraut. Sie möchten es leiden sehen. Unkraut vernichten macht Spaß. Es ist vergleichbar mit dem ‚köstlichen‘, racheerfüllten Lustgefühl, das man hat, wenn man etwas aus dem Weg räumt, das man hasst.“ (Föll 2007: 8)

Im Bereich der medialen interaktiven Marketing-Kommunikation erübrigt sich zunehmend diese Suche nach Charakteristika von Produktwahrnehmungs- und Produktverwendungsmustern, da der Kommunikationspartner selbst entsprechend seiner lebensweltlichen Spezifika die Präsentation von Marketing-Kommunikationsangeboten gemäß ihrer Alltagspassung steuern kann. Beispiel

Konsumenten definieren im Internet (www.google.com/ads/preferences) ihre Interessenkategorien und steuern damit, welche Anzeigen sie im Google-Content-Netzwerk zu sehen bekommen („Personalisierte Werbung“).

1.2.2.2 Rezeptionssituation

Die Berücksichtigung des Consumer-Insight-Kontextes der Rezeptionssituation resultiert aus der Rolle als Rezipient, die das Individuum im Marketing-Kommunikationsprozess einnimmt. Dieser Kontext bezeichnet die Gesamtheit kognitiv-emotionaler Charakteristika (Wissen, Einstellungen/Images, Werte und Normen, Motive und Bedürfnisse, emotionale Dispositionen) und die daraus resultierenden typischen Rezeptionsmuster oder „Rezeptionsmodalitäten“ (Hasebrink/Hasebrink-Paus 2005: 239), die der Rezipient mit dem medialen Umfeld des Marketing-Kommunikationsangebotes und mit der außermedialen Situation zum Zeitpunkt der Rezeption verknüpft. Der Consumer-Insight-Kontext der Rezeptionssituation umfasst also einerseits die Situation im Medium, andererseits auch die Situation vor dem Medium, aus der heraus das mediale Geschehen verfolgt wird (vgl. Baetzgen 2007: 59, 168, Krotz 2001: 88, Mikos 2001: 67). Die klassische Werbung schenkt diesem elementaren Consumer-Insight-Kontext der Rezeptionssituation geringe Beachtung. So werden beispielsweise TV-Spots breit über die unterschiedlichen Sender gestreut und stehen allenfalls in einem losen thematischen Sinnzusammenhang mit ihrem medialen Umfeld. Um Advertising-Engagement zu erzielen, erkennt hingegen die Moderne Marketing-Kommunikation die

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wichtige sinngebende Rolle der Rezeptionssituation an, indem eine kontextuelle mediale Einbettung der Werbung erfolgt (s. Kap. A 2.1.5, Abb. 39). Besonders mittels der Kommunikationsdisziplinen Utility Marketing (s. Kap. B II 2.3) und Word-of-Mouth-Marketing (s. Kap. B II 2.6) orientiert sich die Moderne Marekting-Kommunikation in der inhaltlichen und formalen Mitteilungsgestaltung am medialen Umfeld. Und auch der Situation vor dem Medium wird heute mittels Guerilla Marketings in Form von Ambient Media Marketing (s. Kap. B II 2.5.3) und Location Based Services im Rahmen von Mobile-Marketing-Kampagnen hohe Aufmerksamkeit zuteil. Die Relevanz konstituiert sich hierbei über den Erlebniswert, den das Kommunikationsangebot in der konkreten Situation für den Kommunikationspartner hat, wobei dem erlebten situativen Nutzen des Marketing-Kommunikationsangebotes heute eine zentrale Rolle zukommt. Die allgemeine Suchfrage für die Consumer Insights den Kontext der Rezeptionssituation betreffend lautet: Welche Eigenschaften weisen Rezeptionssituationen vor und in dem Medium auf, mit denen der Erlebniswert und damit – in Interaktion mit dem Marken- und dem Lebensweltkontext – die Relevanz der Mitteilung über einen spezifischen Marketing-Gegenstand (Produkt, Dienstleistung, Person etc.) gesteigert werden kann ?

Abb. 39 Beispiel für die Berücksichtigung des situativen Kontextes im Medium: MarketingKommunikationsangebote im journalistischen Stil des Mediums in der Zeitschrift Brigitte (20/2007: 64, 65)

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Beispiel für die Berücksichtigung des situativen Kontextes vor dem Medium

Im Londoner Restaurant Inamo bestellen die Gäste über die interaktive TouchscreenOberfläche ihres Tisches die Speisen und Getränke. Auch lässt sich das „Tischdesign“ selbst bestimmen, dem Koch per Webcam über die Schulter schauen und vom Tisch aus das Taxi nach Hause bestellen. Auf einer Umgebungskarte des Restaurants präsentieren sich Clubs für den anschließenden Besuch. Weiterhin ist denkbar, dass über den zum Menü ausgewählten Wein Einzelheiten auf dem Tisch nachgelesen werden können und der Wein auch über Direktvertrieb nach Hause bestellt werden kann (s. Abb. 40). Grundsätzlich empfiehlt sich diese Kommunikationsmöglichkeit allen Branchen, die sich in den Situationskontext des ‚Essens im Restaurant‘ einpassen können.

1.2.2.3 Marke

Aus seiner Rolle als Konsument, die das Individuum in der Marketing-Kommunikation einnimmt, resultiert, dass der Markenkontext, einschließlich des Produktkategorienkontextes, als elementare Consumer-Insight-Kategorie zu berücksichtigen ist. Die Marke ist zwar, worauf Andreas Baetzgen (2007: 167) hinweist, als Teil unserer Lebenswelt aufzufassen, wird aber aufgrund ihres hohen Einflusses auf die Bedeutungsgebung im Prozess der Rezeption von Marketing-Kommunikationsangeboten als gesonderter elementarer Consumer-Insight-Kontext ausgewiesen. Die Marke

Abb. 40 Tische mit interaktiver Oberfläche im Restaurant Inamo in London (inamo-restaurant. com, 15. 11. 2018)

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kann innerhalb des Marketing-Kommunikationswissens als ein spezifischer Bereich des Themenwissens aufgefasst werden. Es beinhaltet Kenntnisse über ein Unternehmen, ein Produkt oder eine Dienstleistung und besteht aus einer Vielzahl von miteinander vernetzten, sinnkonstituierenden und hochgradig emotional besetzten Unterschieden, die das Individuum mit der Marke assoziiert (vgl. Tropp 2004: 123). Dabei kann es sich um die physisch-technischen Spezifika des Markenproduktes, die Symbolik der Marke, typische Verwender oder emotionale Verfassungen handeln, die eine Marke von anderen Marken unterscheidet. Die Marke ermöglicht dem Konsumenten, das Marketing-Kommunikationsangebot unverzüglich in die spezifische Symbolwelt eines Marketing-Gegenstandes, also in dessen Bedeutungsraum einzuordnen (vgl. Kap. B I 2.2.2) und dadurch eine Brand Literacy zu entwickeln (vgl. Kap. B III 1.2.3). Dabei ist das Marketing-Kommunikationsangebot umso relevanter, je konsistenter und damit je weniger kognitiv verarbeitungsaufwendig es ist, je mehr es also den Assoziationen der Zielgruppe entspricht, mit dem vorhandenen Markenwissen kompatibel ist und damit die Orientierungs- und Sicherheitsfunktion, die die Marke unter anderem für den Konsumenten hat, stützt. Beispiel

Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) führte im Auftrag des Unternehmens Brandmeyer Markenberatung 2005 eine repräsentative persönliche Befragung (CAPI) von Personen ab 14 Jahren durch (n = 1006). Es wurden Motive von Werbeanzeigen vorgelegt, die weder Markennamen noch Produktabbildungen beinhalteten (s. die Abb. 41 bis Abb. 44). Die Anzeigen wurden in dieser Form zuvor nicht von den Marken eingesetzt (Vorgabe von 10 Antwortalternativen mit Marken der jeweiligen Branche) (s. Pogoda 2005).

Die allgemeine Suchfrage für die Consumer Insights den Markenkontext betreffend lautet: Welche Kommunikationsangebote passen inhaltlich und formal in die Konsistenz der Marke, damit – in Interaktion mit dem Lebensweltkontext und dem Kontext der Rezeptionssituation – die Relevanz ihrer Mitteilung gesteigert werden kann ?

1.2.2.4 Integratives Consumer-Insight-Management

Ist die Suche nach einem Consumer Insight in einem der drei elementaren Kontexte erfolgreich gewesen und hat die gewonnene neue Erkenntnis über den Konsumenten einer tiefergehenden Prüfung standgehalten, schließt sich die Frage nach der kommunikationsstrategischen und -konzeptionellen Berücksichtigung des Consumer Insights im Marketing des Unternehmens an. Besonderes Augenmerk gilt dabei einem integrativen Consumer-Insight-Management, das den Wechselwirkungen unter den drei Kontexten im Sinngebungsprozess des Konsumenten gerecht wird. Konkret gilt

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Inputs

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Abb. 41 Visualisierter Kontext der Marke Becks

Abb. 42 Visualisierter Kontext der Marke ebay

Abb. 43 Visualisierter Kontext der Marke Deutsche Telekom

Abb. 44 Visualisierter Kontext der Marke O2

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dabei das Interesse der Frage nach der Kompatibilität und Konsistenz von MarketingKommunikationsmaßnahmen, die sich aus einem neuen Insight empfehlen würden, im Zusammenspiel aller drei Kontexte. Konzentriert sich die Insight-Suche beispielsweise überwiegend auf den Rezeptionskontext, um den Erlebniswert in Form des situativen Nutzens der MarketingKommunikationsangebote sicherzustellen oder zu optimieren und vernachlässigt sie gleichzeitig den Lebensweltkontext und damit die Alltagspassung, wird das Marketing-Kommunikationsangebot zwar einen kurzfristigen Aufmerksamkeitseffekt erzielen, nach kurzer Zeit aber in Vergessenheit geraten und letzten Endes folgenlos und ohne Anschlusshandlungen bleiben. Andererseits vernachlässigt eine Consumer-Insight-fokussierte Kommunikation auf die Alltagspassung die Erfolgsvariable des Erlebniswertes und kann damit nicht die notwendige Aufmerksamkeit für sich verbuchen, die gerade in Anbetracht der Informationsüberlastung des Konsumenten als Zielsetzung heute zwingend notwendig ist. Wird des Weiteren bei der MarketingKommunikation überwiegend auf die Konsistenz geachtet, also der Markenkontext strategisch und konzeptionell übergewichtet, läuft das Unternehmen Gefahr, weder ein erlebnisreiches noch ein alltagspassendes Kommunikationsangebot zu unterbreiten, da es sich zu stark an der Historie der Marke und dem etablierten Markenwissen orientiert und die Entwicklungen im Marketing-Kommunikationssystem ausblendet (vgl. Baetzgen 2007: 174 f.) Ein integratives Consumer-Insight-Management muss organisatorisch im Unternehmen und in der Agentur abgesichert sein. So kann im Zuge des Wandels der Media-Agenturen davon ausgegangen werden, dass diese für den Kontext der Rezeptionssituation vermehrt interessante neue Erkenntnisse zur Steigerung des Erlebniswertes des Kommunikationsangebotes produzieren. Diese müssen mit Consumer Insights, die von Marktforschungsinstituten den Lebensweltkontext betreffend gewonnen werden, und mit Insights, die seitens der Kreativ-Agentur für den Markenkontext vorliegen, abgeglichen werden. Auch muss geklärt werden, wer für diese Consumer-Insight-Integration verantwortlich ist und damit letztlich auch die strategische und konzeptionelle Hoheit innehat, sollen die Voraussetzungen für eine effektive Bedeutungskonstruktion und Sinngebung der Konsumenten im Marketing-Kommunikationsprozess sichergestellt sein.

1.2.3 Methoden der Consumer-Insight-Gewinnung Zur Gewinnung von Consumer Insights werden qualitative Marktforschungsmethoden eingesetzt, die die Sekundärforschung ergänzen. Bei Consumer Insights geht es nicht um Erkenntnisse, die über das Messen der Ausprägungen von psychologischen oder soziologischen Variablen erlangt werden können, auf dem die Methodik der quantitativen, erklärenden Marktforschung basiert. Das Erkenntnisinteresse gilt vielmehr dem Verstehen der Prozesse der Bedeutungskonstruktion und der Sinngebung

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Inputs

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seitens der Konsumenten als Kommunikationspartner. Es werden keine Aussagen über Häufigkeiten oder quantitativ bezifferbare Unterschiede angestrebt. Stattdessen wird versucht, möglichst umfassend die Kontexte der Lebenswelt, der Rezeptionssituation und der Marke in Bezug auf den jeweiligen Marketing-Gegenstand aus der Perspektive der definierten Kommunikationspartner (= Zielgruppe) zu erfassen und die Kontexteigenschaften hinsichtlich der Schaffung eines relevanten MarketingKommunikationsangebotes zu interpretieren. Es geht also primär um die Beantwortung von Warum- und nicht von Wieviel-Fragen. Die Methoden, die dabei zum Einsatz kommen, können als weitestgehend offen, kommunikativ und typisierend beschrieben werden (vgl. Kepper 2008: 177). Mit der Beschreibung als offen wird darauf hingewiesen, dass der Forscher möglichst unvoreingenommen, ohne einengende Vorgaben und dadurch mit Verzicht auf eine Vorstrukturierung den Consumer-Insight-Forschungsprozess eröffnet. Kommunikativ sind qualitative Marktforschungsmethoden, weil im Gegensatz zur quantitativen Forschung die Interaktionen und Kommunikationen zwischen Forscher und Erforschungsperson nicht als auf ein Mindestmaß zu reduzierende Störgrößen betrachtet werden, sondern als grundlegende Bestandteile des Forschungsprozesses. Daher wird versucht, eine möglichst natürliche, biotische Kommunikations- und damit Forschungssituation zu schaffen, die das kommunikative Handeln der zu Erforschenden möglichst wenig einschränkt. Bei der Auswertung und der Sample-Bildung stehen nicht statistisch-repräsentative Überlegungen im Vordergrund, sondern der Versuch, die charakteristischen, typischen Merkmale der drei elementaren ConsumerInsight-Kontexte in Bezug auf den Marketing-Gegenstand zu finden. Daher sind die qualitativen Methoden der Consumer-Insight-Forschung typisierend. Sie sollen sich an inhaltlicher und nicht an statistischer Repräsentanz ausrichten. Die Identifizierung von Typen mittels eines flexiblen Kategoriensystems steht bei der Auswertung im Mittelpunkt. Neben den für die qualitativen Marktforschungsmethoden typischen/spezifischen Aufgabenfeldern der Strukturierung, qualitativen Prognose, Ursachenforschung und des Screenings (Grobauswahl von Alternativen) dienen die qualitativen Methoden der Consumer-Insight-Forschung vor allem der Ideengenerierung (vgl. ebd.: 178 f.). Sie sollen in der Agentur kreative Prozesse zur Schaffung relevanter MarketingKommunikationsangebote stimulieren. Entsprechend kann die Consumer-InsightGewinnung als ein kreativer Prozess konzipiert werden, in dem unterschiedliche Kreativitätstechniken zum Einsatz kommen (vgl. Föll 2007: 96 f., 108). Von den qualitativen Methoden der Consumer-Insight-Forschung kommen besonders ethnografische Beobachtungen und Interviews, Tiefeninterviews und Gruppendiskussionen zum Einsatz, die in vielfältigen Ausgestaltungsvarianten flexibel und häufig miteinander kombiniert an das Consumer-Insight-Interesse des Forschers angepasst werden (vgl. Kepper 2008: 210, Paul 2002: 418, Schauss 2008: 23, Schweiger 2007: 321; ein Überblick über die diversen qualitativen Methoden findet sich bei Buber/Holzmüller 2009: 415 f.).

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Beispiele

Das Marktforschungsunternehmen Icon added Value (heute Kantar Added Value) ist von dem Tiefkühlkost-Unternehmen iglo mit einem Produktinnovationsprojekt beauftragt worden, dessen Schwerpunkt im Consumer-Insight-Kontext der Lebenswelt lag und bei dem in Abhängigkeit von den einzelnen Projektphasen Sekundärforschung und unterschiedliche qualitative Marktforschungsmethoden zum Einsatz kamen (s. Abb. 45). Zwei Familien sind über einen Erhebungszeitraum von 14 Tagen komplett bei ihrer Rezeption von TV-Werbespots beobachtet worden (Audio-Aufnahmen der Rezipienten und Video-Mitschnitte der gesehenen TV-Inhalte). Ziel war es, zu Consumer Insights bezüglich des Kontextes der Rezeptionssituation, konkret die Rezeptionsmuster von Werbespots im Medium TV betreffend, zu gelangen (s. Ayaß 2001: 201 f.).

Auch gelangen tiefenpsychologische Analysen der morphologischen Marktforschung zum Einsatz. Konkrete Methoden zur Consumer Insight Gewinnung sind hier die morphologische Motivanalyse, mit deren Hilfe Eigenheiten verschiedener Märkte untersucht werden (psychologische Grundkategorien, die Erleben und Verhalten bedingen), die morphologische Segmentierung, welche die Segmentierung nach Motivdominanzen und Motivmechanismen ermöglicht und die morphologische Markenund Kommunikationsanalyse, die aufdeckt, wie die operative Implementierung der Kommunikationsmaßnahmen gelingt (Ziems 2010: 38). Einen breiteren Zugang zur Gewinnung von Consumer Insights wählen Patrick Barwise und Seán Meehan (2011). Sie unterscheiden zwischen „High Tech Sources“ und „High Touch Sources“. Erstere beziehen sich auf die quantitative Marktforschung. Allerdings wird hier nicht nur auf Fragebögen zurückgegriffen, sondern auch auf die quantitative Auswertung organisationsinterner Daten wie bspw. Reklamationen, Preis-Absatz-Verhalten bei Preisänderungen etc. „High Touch Sources“ hingegen beziehen sich auf die qualitative Marktforschung. Allerdings wird auch hier der Rahmen weiter als beispielsweise bei Ziems gefasst. So rücken nicht nur Tiefeninterviews in den Fokus der „High Touch Sources“, sondern auch das Lernen von Mitarbeitern (besonders von denen mit häufigem Kundenkontakt) oder von Wettbewerbern (s. Barwise/Meehan 2011: 343). Consumer Insights, so der leitende Gedanke, lassen sich also an den verschiedensten Orten einer Unternehmung oder eines Marktes finden. Manche ergeben sich durch zielgerichtete Forschung, andere werden hingegen durch Zufall entdeckt. Eine aufschlussreiche Methode ist auch die Day Reconstruction Method (DRM), mit der erhoben wird, wie Menschen ihren Tag zeitlich verbringen und wie sie ihre unterschiedlichen Aktivitäten und verschiedene Ereignisse erleben. Daniel Kahneman et al. (2004) haben die Methode zur Experience Sampling Method (ESM) weiterentwickelt, die auf eine aufschlussreiche Beschreibung – in der Terminologie von

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Inputs

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Abb. 45 Consumer-Insight-Phasen in einem Produktinnovationsprojekt des Tiefkühlkost-Unternehmens iglo (Quelle: Schauss 2008: 23)

Geertz: „dichte Beschreibung“ (s. Kap. B I 1.2.1) – der Momente im Leben von Menschen zielt, konkret darauf, „… where they are, what they are doing, and how they feel several times throughout a day“ (ebd.: 1776). Durch die Social-Media-Entwicklung hat sich den Unternehmen und Agenturen eine neue Methode eröffnet, die schlicht als „Zuhören“ bezeichnet werden kann. Foren, Blogs und Chatrooms erlauben den Marketingtreibenden, die ungefilterten und nicht verzerrten Meinungsäußerungen und Kommentare von Konsumenten zu Produkten und Dienstleistungen zu registrieren und so zu bisher unbekannten und unerwarteten Erkenntnissen zu gelangen. In der renommierten Fachzeitschrift Journal of Advertising Research spricht Joel Rubinson (2009: 7) diesbezüglich sogar von einem neuen Imperativ der Marketingforschung, bei dem der Mensch und nicht mehr das Produkt im Mittelpunkt steht und die Unternehmen wie die Agenturen lernen müssen – unter anderem durch Zuhören. „Social Media allows us to ‚listen‘ to naturally occurring conversations and behaviours … to hear the unexpected. These insights come at us like a continuous river, changing the cadence of research.“ (ebd.: 8)

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Input-Relevanz (Kontextualität)

1.3.1 Begriff und Konzept Das dritte Qualitätskriterium der Input-Phase im Prozess der Modernen MarketingKommunikation, das aus den notwendigen Kriterien für Kommunikation resultiert, ist die Input-Relevanz. Sie ergibt sich aus der durch Kontextualität bedingten interpretativen Informations- und Mitteilungsproduktion seitens der Marketing-Abteilungen und der Agenturen (s. Kap. A 1.3.3, zur theoretischen Fundierung des Relevanz-Konzeptes s. Kap. B III 1.3). Damit kommt ihr eine wichtige Steuerungsfunktion bei der Input-Gestaltung in der Marketing-Kommunikation zu, weshalb MarketingAbteilungen und Agenturen sich über das Zustandekommen ihrer Entscheidungen, welche mitteilbaren Informationen sie als relevant einstufen, im Klaren sein sollten. Dies betrifft auch die Frage nach der Interpretation und der Verwertung gewonnener Consumer Insights, deren Relevanz für die Marketing-Kommunikation eines Unternehmens von unterschiedlichen Kontexten abhängig ist. Wie für die Consumer-Insight-Gewinnung, so gilt auch für die Analyse der Input-Relevanz, dass aus Komplexitätsgründen nicht alle Kontexte zur Erklärung des Sinngebungsprozesses berücksichtigt werden können, sondern dass die elementaren zu identifizieren sind. ▶ Definition (vgl. auch die Definition und theoretischen Ausführungen zur Rezeptionsrelevanz in Kap. B III 1.3) Input-Relevanz ist der kontextuelle Nutzen von Informationen, auf die für die Produktion von Marketing-Kommunikationsangeboten zurückgegriffen werden.

Input-Relevanz ergibt sich aus dem Verhältnis von Aneignungsaufwand von Informationen, die zur Erstellung des Marketing-Kommunikationsangebotes dienlich sein können, und dem Ausmaß der Befriedigung von Bedürfnissen, wie es in der Rezeption aus der kontextgesteuerten Interpretation dieser Informationen resultiert. Je geringer dabei der Aneignungsaufwand ist, der zeitlicher, monetärer und/oder kognitiver Art sein kann, und je höher das Ausmaß der Bedürfnisbefriedigung seitens des Handelnden (z. B.: Etatdirektorin in einer Kommunikationsagentur) ist, desto relevanter – im Sinne von kontextuell nützlich – sind die Informationen. Die elementaren Kontexte, die in der Input-Phase der Marketing-Kommunikation wirksam sind, können aus der Perspektive des „methodologischen Individualismus“ (Coleman 1990, Lindenberg 1992) eingegrenzt werden, der auf der Makro-, Meso- und Mikroebene nach Erklärungen für das Handeln von Individuen sucht. Dabei wird von einem Mehrebenenzusammenhang ausgegangen, der Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Ebenen ausweist, weshalb eine isolierte Betrachtung der einzelnen Ebenen nur – wie auch bei den elementaren Consumer-Insight-Kontexten – aus analytischen Gründen angemessen und unvermeidbar ist. Die Makro-

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Inputs

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ebene stellt also einerseits wichtige Bedingungen für das individuelle Handeln, andererseits ergibt sie sich aus den Wirkungen des Handelns der Einzelnen (vgl. Kunz 2004: 24 f., Scheufele 2008: 342) (s. Abb. 46). Auf der Makroebene, der Ebene der Gesellschaft, der gesellschaftlichen Teilsysteme und ihrer spezifischen Logiken kann der Markt als unternehmensexterner Kontext verortet werden. Hier ist auch das im heutigen Sinnzusammenhang Moderner Marketing-Kommunikation zentrale Kriterium der Kommunikationsqualität anzusetzen, das aus den miteinander vernetzten Entwicklungen im Marketing-Kommunikationssystem emergiert (s. Kap. A 2.1.3). Auf der Mesoebene sind Organisationssysteme, also Unternehmen und Agenturen, aber auch Gruppen wie beispielsweise die Marketing-Abteilung eines Unternehmens anzusiedeln. Es handelt sich hier um unternehmensinterne Kontexte, wobei dem Kontext der Unternehmens- beziehungsweise Agenturkultur besondere Bedeutung zukommt. Das einzelne Individuum schließlich ist auf der Mikroebene zu verorten. Die Kategorie der individuellen Kontexte umfasst bestimmte Zustände des kognitiv-emotionalen Systems (Interessen, Werte, Bedürfnisse, Emotionen etc.) des Individuums in seiner Rolle als Mitarbeiter in der Marketingabteilung des Unternehmens beziehungsweise in der Agentur. Hier kommt dem Kontext der beruflichen Lebenswelt, in den die Entscheidungen eines Mitarbeiters beziehungsweise Managers eingebettet sind, eine gewichtige Rolle zu. Die Strukturierung der Kontexte mittels unterschiedlicher Ebenen ist im Zusammenhang von kommunikations- und medienwissenschaftlichen Konzeptionen, die

Abb. 46 Das Input-Relevanz-Konstrukt der Marketing-Kommunikation (eigene Darstellung)

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sich mit den Einflussfaktoren auf die Medienberichterstattung befassen, nicht neu. So identifiziert beispielsweise Siegfried Weischenberg (2004) für Journalisten die vier Kontextkategorien der Normen (Ebene der Mediensysteme), Strukturen (Ebene der Medieninstitutionen), Funktionen (Ebene der Medienaussagen) und Rollen (Ebene der Medienakteure) (vgl. im Überblick Raupp/Vogelsang 2009: 28 f.). Hinsichtlich der Prozesse der Informations- und Mitteilungsproduktion im Marketing-Kommunikationssystem ist grundsätzlich festzustellen, dass bislang wenig gesicherte Erkenntnisse vorliegen. So beklagt auch Julien Cayla (2008: 8) auf der achten europäischen Konferenz der Association for Consumer Research in 2007, dass ein Ungleichgewicht zwischen dem vorhandenen Wissen über Prozesse seitens des Konsumenten und den von Marketing-Akteuren eingesetzten Techniken und Konzeptionsprozessen zur Konstruktion des Konsumenten vorhanden ist. Er verweist auf die Fruchtbarkeit der Kontextbezogenheit der Cultural Studies (z. B. Ang 2006), um hier Fortschritte erzielen und unternehmensspezifische Marketing-Kulturen identifizieren zu können.

1.3.2 Elementare Kontexte 1.3.2.1 Berufliche Lebenswelt

Unter den Organisationstheorien ist es vor allem die verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie, mit der auf der Mikroebene auf die Rolle des Kontextes der beruflichen Lebenswelt in der Input-Phase der Marketing-Kommunikation hinzuweisen ist. Diese begreift Entscheidungsprozesse nicht als Entscheidungslogik, sondern als menschliches Entscheidungsverhalten, dessen Merkmale und Gründe zu untersuchen sind (vgl. Berger et al. 2014) – aufgrund des bewussten und absichtsvollen, auf ein Ziel hin ausgerichteten Entscheidungsverhaltens ist es besser, von Entscheidungshandeln zu sprechen. Eine Vielzahl von Faktoren aus der beruflichen Lebenswelt des Individuums hat Einfluss im Sinngebungsprozess und damit auf die Entscheidung, welche Informationen im Unternehmen überhaupt verarbeitet und wie sie mitgeteilt werden. Zu nennen sind, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, die informellen Kommunikationskanäle des Mitarbeiters im Unternehmen, seine „Seilschaften“, Werteorientierungen, Ziele, Interessen, Wünsche sowie sein Karrierestreben. Steht aber die Frage im Mittelpunkt, wie letztlich der Mitarbeiter oder Manager eine konkrete Entscheidung hinsichtlich der Produktion eines Marketing-Kommunikationsangebotes trifft, zeigt sich, dass in seinem grundsätzlichen Umgang mit Alternativen, wie sie in einem Entscheidungszusammenhang immer vorhanden sind, der Schlüssel zum Verständnis liegt. Dabei wird diejenige Information als relevant eingestuft, die – in Interaktion mit den Kontexten der Unternehmenskultur und des Marktes – in seinen beruflichen Alltag passt. Das heißt, sie gewinnt ihre Relevanz da-

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Inputs

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durch, dass sie diejenige Alternative ist, die kognitiv einfach verarbeitet werden kann, den beruflichen Alltag erleichtert und den Handelnden bei der Erreichung seiner Ziele in der Rolle eines Mitarbeiters in der Marketing-Abteilung eines Unternehmens oder einer Agentur unterstützt. Anzumerken ist dabei aber, dass als Konsequenz für den Manager nicht die Suche nach der optimal passenden Information resultiert. Vielmehr regelt sein Anspruchsniveau, welche Information eine lediglich zufriedenstellende Passung und damit Relevanz aufweist (vgl. Kirsch 1998: 29 f.). Diese Bedeutung des Anspruchsniveaus an die präferierte Alternative einer Entscheidung im Marketing-Kommunikationsprozess, beispielsweise wenn der Etatdirektor einer Kreativ-Agentur die eine Produktinformation als relevant für einen zu entwerfenden Anzeigentext hält und eine andere als nicht passend klassifiziert, ergibt sich aus der begrenzten Rationalität („bounded rationality“), mit der Individuen Entscheidungen fällen. Ihrer intendierten Rationalität stehen ihre kognitiven Grenzen der Informationsaufnahme und -verarbeitung entgegen, die sie zu Selektivität zwingen und die ein Treffen objektiv rationaler Entscheidungen verhindern (vgl. H. Simon 1976: 80, im Überblick Kieser 2019). Manager in Unternehmen und Agenturen können aufgrund • • •

der immer gegebenen Unvollständigkeit ihres Wissens, der Schwierigkeiten bei der Bewertung zukünftiger Ereignisse und der nicht zuletzt auch aus Effizienzgründen (z. B. Umgang mit Zeitressourcen) gegebenen begrenzten Auswahl an Entscheidungsalternativen

nicht gemäß dem Ideal der objektiven Rationalität entscheiden (vgl. H. Simon 1976: 81 f.). Herbert A. Simon (1976) hat daher das Konzept des „satisficing“ entwickelt. Aus den beiden englischen Wörter to satisfy (zufriedenstellen) und to suffice (ausreichen) wird dieser Neologismus gebildet, der ausdrückt, dass Individuen in komplexen und dynamischen Umwelten nicht nach Maßgabe des Maximalen und Optimalen entscheiden, sondern die Suche nach der befriedigenden Lösung derartige Entscheidungssituationen kennzeichnet. Was als befriedigende Lösung eingestuft wird, regelt das individuelle Anspruchsniveau, womit das Konzept der begrenzten Rationalität des Individuums an die psychologische Forschungstradition Kurt Lewins anknüpft (vgl. Berger/Bernhard-Mehlich 2002: 141). Beispiel

Eine Kreativ-Agentur ist zu einer Wettbewerbspräsentation die Entwicklung der Marketing-Kommunikation zur Einführung eines neuen Produktes betreffend eingeladen, die in vier Wochen stattfindet. Um der Kreationsabteilung relevante Consumer Insights zur Konzeptentwicklung liefern zu können, gibt sich der in der Agentur zuständige strategische Planer in Anbetracht der Zeitknappheit mit der Sichtung von vorhandenen Studien zufrieden.

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Der strategische Planer einer anderen Kreativ-Agentur, die auch zu dieser Präsentation eingeladen ist, hat die Erfahrung gemacht, dass mit Kommunikationskonzepten, die auf der Basis von Consumer Insights entwickelt werden, die in qualitativer Primärforschung gewonnen wurden, stets gute Präsentationsergebnisse erzielt wurden. Er hat daher ein hohes Anspruchsniveau an die Consumer Insights und ist entsprechend nicht mit einer zeitbedingten Beschränkung auf die Sichtung von Studien zufrieden, da sie seiner Meinung nach nur wenig relevante Insights an den Tag befördern würde.

Dieses Beispiel zeigt, dass Anspruchsniveaus mit dem Erfahrungshintergrund der Individuen variieren und die Relevanz des Inputs in der Marketing-Kommunikation von der jeweiligen Zufriedenheit des Mitarbeiters/Managers mit seiner Alternativenauswahl beeinflusst wird. Zusammenfassend kann daher festgehalten werden: Je höher bei einer Entscheidung, was in der Marketing-Kommunikation wie mitgeteilt werden soll, der Grad der Zufriedenheit der Passung der gewählten Alternative mit dem beruflichen Alltag ist, desto relevanter ist der Input für den Entscheider.

1.3.2.2 Unternehmensinterner Kontext der Unternehmenskultur

Für die Mesoebene der unternehmensinternen Kontexte liefert unter den Organisationstheorien besonders der Situative Ansatz wertvolle Hinweise darauf, was in Marketingabteilungen und Agenturen auf die Input-Relevanz einwirkt. Der Situative Ansatz geht davon aus, dass die formale Organisationsstruktur einen wesentlichen Einfluss auf die Organisationseffizienz hat, wobei es aber keine universell effizienten Organisationsstrukturen gibt. Organisationen müssen vielmehr ihre Struktur an ihre jeweilige Situation anpassen (vgl. Kieser 2019). So haben große Netzwerk-Agenturen (z. B. DDB, Leo Burnett, Ogilvy etc.) eine andere Struktur als kleine inhabergeführte Agenturen (z. B. Heimat, Huth & Wenzel, Kolle Rebbe etc.). Agenturen geben sich in konjunkturell schwierigen Zeiten eine andere Struktur als in stabilen überschaubaren. Spezial-Agenturen (z. B. Event- oder Media-Agenturen) haben eine andere als FullService-Agenturen usw. Die Einflussfaktoren der internen Situation können anhand der Zeitdimension in die beiden Klassen •

der gegenwartsbezogenen (Leistungsprogramm, Größe, Fertigungstechnik, Informationstechnik, Rechtsform und Eigentumsverhältnisse) und • der vergangenheitsbezogenen (Alter der Organisation, Art der Gründung, Entwicklungsstadium der Organisation) Faktoren einsortiert (vgl. ebd.: 175) und als unternehmensinterne Kontexte aufgefasst werden, die auf die Relevanz des Marketing-Kommunikationsangebots für ein Unternehmen einwirken.

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Der Einfluss dieser Kontexte richtet sich aber nach der Einschätzung der Situation, die unternehmenskulturell in Form der ausgeprägten informellen Strukturen des Unternehmens variiert (vgl. Heinen/Dill 1990: 17, Krulis-Randa 1990: 6, Tiebler/Prätorius 1993: 26 f.). So sehen einige inhabergeführte Agenturen in ihrer geringen Größe und Unabhängigkeit viele Vorteile und wollen sich nicht einem Agentur-Netzwerk anschließen, andere hingegen haben das Ziel, sich möglich rasch zu einer großen internationalen Agentur mit Netzwerk-Anschluss zu entwickeln, einige messen ihrer Selbstkontrolle große Bedeutung bei und prüfen nach definierten Kriterien ihren Output (z. B. Creative Review Commitee), andere überlassen die Beurteilung ihrer Leistung ausschließlich ihren Kunden usw. Die Unternehmens- beziehungsweise Agenturkultur steuert den Einfluss anderer interner Kontexte wie auch die Ausrichtung der formellen Organisationsstruktur und kann daher als elementarer interner Unternehmenskontext aufgefasst werden. In der Literatur herrscht Konsens über die bedeutende Rolle der Unternehmenskultur, die sie als Voraussetzung für den unternehmerischen Erfolg innehat (vgl. z. B. Karlöf 1991: 77, Schmidt 2004: 112, W. Simon 2002: 233). Sie stimuliert und richtet die Handlungen der Mitarbeiter unternehmensspezifisch aus. Nur dank der Hilfe seiner unternehmensspezifischen Kultur gelingt es dem Unternehmen, Probleme für sich optimal lösen zu können und damit den Bestand und den Erfolg des Unternehmens zu sichern. Es lassen sich fünf zentrale Dimensionen identifizieren, die als Basisthemen menschlicher Existenzbewältigung angesehen werden und in denen Unternehmensprobleme verortet werden können (vgl. Schmidt 2004: 75 f.) (s. Abb. 47).

Abb. 47 Modell der Unternehmenskultur gemäß der Konzeption von Schmidt (2004) (eigene Darstellung)

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1. Umweltkonstruktion Ein Unternehmen muss deutlich erkennbar festlegen, wie es sich durch seine Aktivitäten (Güterproduktion, Dienstleistungen usw.) in seiner Umwelt positionieren möchte, welche Wirkungen es erzielen will und wie es bewertet werden möchte. Dabei kommt heute der Übernahme von Verantwortung, die das Unternehmen für seine Umwelt hat, besondere Bedeutung zu. Die eindeutige Bestimmung des Verhältnisses, das ein Unternehmen mit und zu seiner Umwelt hat, ist die Voraussetzung dafür, dass es überhaupt in seiner Systemumwelt erfolgreich tätig sein kann. 2. Menschenbild Ein Unternehmen muss ein (wie bewusst auch immer angelegtes) Menschenbild entwickeln, um die Art der Beziehungen zwischen den Personen zu regeln, mit denen das Unternehmen zu tun hat (Stakeholder). So macht es zum Beispiel einen grundlegenden Unterschied, ob Mitarbeiter als Humankapital oder als Wissensressource gewertet werden. 3. Organisationsform Um seine Handlungsfähigkeit zu stabilisieren, muss ein Unternehmen Organisationsstrukturen entwickeln, die Handlungsspielräume hinreichend genau spezifizieren. So muss beispielsweise die Entscheidung über starke oder flache Hierarchien, über Topdown- und Bottom-up-Procedures und den daraus resultierenden Kommunikationsund Entscheidungsstil getroffen werden. 4. Gefühle Da Menschen in Unternehmen aus Körper und Geist bestehen und in allem, was sie tun und erleben, von Gefühlen begleitet und bestimmt sind, muss in einem Unternehmen klar sein, welchen Stellenwert Gefühle haben. Wer Gefühlen keinen wichtigen Stellenwert einräumt, ist auf der Linie der überholten neoklassischen Theorie mit ihrem homo oeconomicus, der meint, auf der Basis vollständiger Information und unbegrenzter Rationalität handeln zu können. 5. Moral/Wertorientierungen Und da Menschen in allen ihren Aktivitäten von Werten bestimmt sind und dies auch von allen anderen erwarten, muss in einem Unternehmen klar sein, welche moralischen Orientierungen unter welchen Bedingungen auch in Krisensituationen verbindlich sind. Das gilt für den Umgang mit Mitarbeitern ebenso wie für den Umgang mit anderen Unternehmen und mit der Umwelt. Jedes Unternehmen vertritt bezüglich dieser fünf grundlegenden Problemdimensionen eine eigene spezifische Position, wobei es keine Rolle spielt, wie explizit diese Position ist. Sie kann durchaus auch „nur“ unterbewusst vorhanden sein. Diese Position kann als Problemlösungsprogramm bzw. als Unternehmenskultur bezeichnet werden.

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Die Unternehmenskultur regelt alle relevanten Unternehmensprozesse und ermöglicht so dem Unternehmen, sich mit Identität auszustatten und damit die Grundlage für seinen wirtschaftlichen Erfolg zu schaffen. So meinen zum Beispiel einige Unternehmen bezüglich der Problemdimension Umweltkonstruktion, in konjunkturell angespannten Zeiten der Wirtschaftsflaute mit einer primär preispolitisch ausgerichteten Positionierung in Form von drastischen Rabattierungen begegnen zu können, andere hingegen setzen verstärkt auf Maßnahmen zur Kundenbindung, andere wiederum versuchen, über eine Diversifikationsstrategie in für sie bis dato neuen, Erfolg versprechenden Märkten Fuß zu fassen usw. Denkbar und heute täglich beobachtbar ist auch, dass Unternehmen und Agenturen im Problembereich Organisationsform auf Konjunkturprobleme mit Kosteneinsparungen in Form einer organisatorischen Verschlankung reagieren, wohingegen in anderen Unternehmen Kündigungen aus moralischen und menschlichen Erwägungen (Problembereich: Moral/Werteorientierungen) erst dann zum Zug kommen, wenn dem Unternehmen das Wasser bereits bis zum Hals steht. Und schließlich hat ein Unternehmen die Möglichkeit, mit der Angst der Mitarbeiter vor Entlassungen durch interne Kommunikation proaktiv umzugehen oder aber diese schlichtweg zu ignorieren (Problembereich Gefühle). Welche Variante aus dem Möglichkeitsuniversum zum Zuge kommt, ist durch die jeweilige Unternehmenskultur festgelegt. Unzweifelhaft kommt dem Kontext der Unternehmenskultur damit auch eine gewichtige Rolle bei der Entscheidung über Input-Relevanz in der Marketing-Kommunikation zu, da sie die Handlungen der Informationsproduktion und Mitteilungserstellung unternehmens- und agenturspezifisch orientiert. Dies lässt sich auf die Ebene der Kreationsabteilung einer Agentur weiter herunterbrechen. So hat Mark Stuhlfaut (2011) einen agenturspezifischen „creative code“ identifiziert, der eine Sammlung impliziter Theorien über das kreative Produkt einer Agentur ist, die von den Mitarbeitern der Kreationsabteilung geteilt wird. In diesem Sinne steuert der creative code, was in einer Agentur exzellente Marketing-Kommunikation repräsentiert und was nicht (ebd.: 283, 285). Beispiel

Die von der Agentur Jung von Matt 2007 entwickelte Print-Kampagne für das internationalen Lifestyle Magazin „Deutsch“ (s. Abb. 12) kommentierte Lothar S. Leonhard, ehemaliger Chef der Agenturgruppe Ogilvy in Deutschland, vor dem Hintergrund der Ogilvy-Agenturkultur mit: „Das ist eine Frage der Agenturführung. Bei mir hätte so eine Idee niemals das Haus verlassen“ (zit. n. Campillo-Lundbeck/Tumbach 2007: 4).

Die interne Orientierungskraft des Unternehmens und der Agentur ist somit ein weiterer Erfolgsfaktor der qualitätsorientierten Modernen Marketing-Kommunikation. Sie ist umso stärker, je mehr sich der Mitarbeiter in seinen inneren und äußeren Handlungen an der Position des Unternehmens in den fünf grundlegenden Problem-

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dimensionen, einschließlich an dem agenturspezifischen creative code, ausrichtet. Die jeweiligen Positionen dienen ihm – in Interaktion mit den Kontexten der beruflichen Lebenswelt und des Marktes – bei der Bewertung, was für die Produktion des Marketing-Kommunikationsangebotes relevant ist und was nicht. Neben der Steuerung der Input-Relevanz auf der Mesoebene kommen der Unternehmenskultur vier weitere Kernfunktionen zu: •

Koordinationsfunktion: Die Unternehmenskultur steuert das Handeln im Unternehmen, indem sie Handlungsabläufe und -freiräume festlegt. • Integrationsfunktion: Die Unternehmenskultur stiftet Konsens und damit ein Zugehörigkeitsgefühl, auch bei dezentralen und netzwerkartigen Organisationsstrukturen. • Identifikationsfunktion: Die Unternehmenskultur ermöglicht ein Wir-Gefühl und sorgt für eine Identifikation des Mitarbeiters mit seinen Handlungen. • Motivationsfunktion: Die Unternehmenskultur verleiht dem Handeln Sinn und motiviert daher zum Handeln (vgl. Schmidt 2004: 40, 114, W. Simon 2002: 237). Die Bedeutung der Unternehmenskultur als Kontext für unternehmerisches Handeln und Kommunizieren findet in der jüngeren Zeit enorme Beachtung. Besonders die Dimension Moral/Wertorientierungen wird in den Corporate-Social-ResponsibilityProgrammen (CSR-Programmen) kommuniziert, wobei jedoch das Verhältnis von Moral und Unternehmenskommunikation alles andere als einfach und geklärt ist (s. im Überblick Schmidt/Tropp 2009, Kap. B II 2.4).

1.3.2.3 Unternehmensexterner Kontext des Marktes

Auf der Makroebene verleiht der unternehmensexterne Kontext des Marktes in der Input-Phase den marketing-kommunikativen Handlungen der Akteure in Agenturen und Marketingabteilungen ihren Sinn. Letztlich stiftet er auch die Grundlage, dass es überhaupt zu Interaktionen und Kommunikationen zwischen marketingtreibenden Unternehmen und Agenturen kommt. Denn es darf nicht übersehen werden, dass aus der Dienstleisterperspektive der Agentur nicht der Absatzmarkt des Unternehmens, sondern ihr eigener Absatzmarkt, also der der marketingtreibenden Unternehmen, ihren Handlungen Relevanz gibt. Schließlich werden sie von den Unternehmen für ihre Leistungserbringung beauftragt und bezahlt. Die unternehmensexternen Kontexte finden bislang in der Praxis die größte Beachtung bei der Erklärung, warum für die Entwicklung von Marketing-Kommunikationsangeboten bis hin zu ganzen Kampagnen etwas relevant ist, die Input-Phase also plausibel diesen und keinen anderen Output zum Ergebnis hat. Die aktuellen Entwicklungen im Kommunikationsmarkt mit seinem systemischen Handlungszusam-

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Inputs

203

menhang haben dabei ebenso Einfluss auf die Relevanzzuschreibung wie die spezifische Situation des Marketing-Gegenstandes in seinem Absatzmarkt. Letztlich fallen alle unternehmensexternen Gegebenheiten im Wirtschafts- und Marketing-Kommunikationssystem, die in einen sinnvollen Bezug zur Ausrichtung des Kommunikationsangebotes gesetzt werden können, unter den Marktkontext, der aus dem kollektiven wirtschaftlichen Handeln der Akteure hervorgeht. Um diese Komplexität in der Input-Phase handhabbar zu machen, muss das Unternehmen selektieren und strukturieren, welche Informationen es intern und vor allem der Agentur in welchem Umfang zur Marketing-Kommunikationsentwicklung mitteilt. Da es heute Standard ist, dass Agenturen im Auftrag der Unternehmen deren Marketing-Kommunikation entwickeln, stellt sich der Informationsstatus in der Agentur bezüglich des Unternehmens und dessen Umwelt, besonders hinsichtlich des Absatzmarktes des Marketing-Gegenstandes, als ein weiterer Erfolgsfaktor der qualitätsorientierten Modernen Marketing-Kommunikation heraus. Je höher der Grad der Passung des Informationsstatus hinsichtlich der bei der Agentur konkret anstehenden Aufgabe ist, desto mehr sehen sich die Handelnden in der Agentur – in Interaktion mit den Kontexten ihrer beruflichen Lebenswelten und der Agenturkultur – in der Lage, ein relevantes Marketing-Kommunikationsangebot produzieren zu können.

1.3.2.3.1 Das Briefing

Mit dem Briefing erfolgt die Auftragserteilung eines marketingtreibenden Unternehmens, dem Briefing-Geber, an eine Agentur, dem Briefing-Empfänger, die zu dessen Erfüllung Informationen vom Unternehmen benötigt. Der aus der amerikanischen Militärsprache stammende Begriff „Briefing“ bedeutete ursprünglich kurze Lagebesprechung mit abschließendem Marschbefehl (s. Back/ Beuttler 2006). Er wurde im Verlauf der 1950er Jahre in den USA besonders durch die beiden Werbepraktiker Rosser Reeves und David Ogilvy aus dem militärischen Fachjargon in die Werbebranche eingeführt. Die durch Militarismen stark geprägte Branche nutzte den Begriff für die Bezeichnung einer kurzen, exakten Auftragserteilung. Schnell fand der Begriff dann Einzug in die allgemeine Terminologie von Marketing, Media-Planung und Public Relations (vgl. Pepels 2001: 33, Koschnik 2003: 484). In der Literatur findet sich eine Vielzahl unterschiedlicher Definitionen mit verschiedenen Schwerpunkten. Louis Back und Stefan Beuttler (2006) konstatieren, dass besonders Uneinigkeit darüber herrscht, wie viel Freiraum das Briefing der Agentur erlaubt. So definieren Dieter Pflaum et al. (2002: 29) in ihrem Lexikon der Werbung das Briefing ohne nähere Spezifizierung ganz allgemein als „eine schriftliche Aufgabenstellung an einen am Kommunikationsprozess beteiligten Partner“. Anders begreift Ralph Hartleben (2014) das Briefing bereits als eine „inhaltliche Ausarbeitung von Werbe- und Kommunikationskonzeptionen und deren verdichtete Weitergabe

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BI

Input

an interne und/oder externe Auftragnehmer“. Dem steht die Position gegenüber, dem Briefing-Empfänger Gestaltungsfreiräume einzuräumen, indem zwischen festen und offenen Briefing-Bestandteilen differenziert wird (s. Bristot 2000: 167). Louis Back und Stefan Beuttler (2006) integrieren in ihrer Definition beide Perspektiven. Im Briefing sollen einerseits so präzise wie möglich die Ziele formuliert sein, die erreicht werden sollen. Andererseits wird im Rahmen der Beschreibung der kommunikativen Aufgabe des Briefing-Empfängers sein kreativer Spielraum festgelegt, mit dem er bis zu einem gesetzten Termin die Aufgabe lösen soll. Darüber hinaus betonen die beiden Autoren zu Recht, dass ein Briefing nicht eine „eindimensionale Lenkungssituation“ (ebd.: 5) im Sinne einer einseitigen Instruktion des Aufragnehmers durch den Auftraggeber sein sollte – wie es die Etymologie des Wortes nahelegt –, sondern dass die Erfahrungen und das Wissen des Dienstleisters in der Feinabstimmung des Briefings unverzichtbar und wünschenswert sind. Ein Briefing kann daher mit Franco Rota (2002: 308) als ein Informationsaustausch aufgefasst werden, der sich als iterativer Prozess zwischen den Briefing-Beteiligten realisiert. Nur so kann der Briefing-Empfänger als Voraussetzung für die Schaffung eines von ihm als relevant eingestuften Marketing-Kommunikationsangebotes einen Informationsstatus erreichen, der von ihm in quantitativer Hinsicht als ausreichend und in qualitativer als zufriedenstellend eingestuft wird. Dies führt zu folgender Definition von Briefing. ▶ Definition Das Briefing ist der Startpunkt eines wechselseitigen Kommunikationsprozesses zwischen Briefing-Geber und Briefing-Empfänger. Er dient dazu, in Abhängigkeit von der terminierten, kommunikativen Aufgabe Informationen über den Briefing-Geber, dessen Umwelt und den Marketing-Gegenstand abzustimmen, um definierte Ziele zu erreichen.

Die Intensität und Dauer des Briefing-Abstimmungsprozesses sowie die Frage nach den Freiräumen, die der Briefing-Empfänger bei der Aufgabenbearbeitung hat, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern muss in Abhängigkeit von der Art des Briefings gesehen werden. Diese variiert mit den Zielen, die mit der Aufgabenstellung erreicht werden sollen, wodurch Umfang, Struktur und Inhalte von Briefings sich stark unterscheiden (vgl. Brückner/Reinert 2005: 16, Schmidbauer 2007: 8). Folgende Briefing-Arten können unterschieden werden (vgl. Back/Beuttler 2006, Brückner/ Reinert 2005: 16, Pepels 2001: 36, Schmidbauer 2007: 8, Vergossen 2004: 366): •

Das strategische Briefing Komplexe, konzeptionelle Aufgaben wie strategische Marketing- und Kommunikationsprojekte werden auf Basis strategischer Briefings gelöst. Aufgrund der besonderen Aufgabenstellung ist diese Form auch die umfassendste und komplexeste aller Briefing-Arten. Evident ist, dass Freiräume seitens des BriefingEmpfängers Voraussetzung für die Bearbeitung derartiger Briefings sind.

1

Kommunikationsqualitative Kriterien des Inputs

205



Das kreative Briefing Mithilfe eines kreativen Briefings oder Gestaltungsbriefings wird eine gestalterische Aufgabenstellung übermittelt. Auf Grundlage einer bestehenden Kommunikationsstrategie soll eine kreative Idee entwickelt werden. Die strategische Basis wird entweder vom Auftraggeber geliefert oder sie wurde zuvor bereits vom Briefing-Empfänger entwickelt. In der Praxis werden allerdings oftmals kreative Briefings erteilt, ohne dass eine strategische Leitlinie existiert. Auch hier sind trotz der unvermeidbaren und notwendigen Corporate-Design-Vorgaben und Gestaltungsfestlegungen zum Marken-Design Freiräume seitens des Briefing-Empfängers Voraussetzung für die Briefing-Bearbeitung. • Das operative Briefing Ausführende Aufgabenstellungen werden durch operative Briefings, auch Ausführungsbriefings genannt, festgehalten. Hierbei wird im Sinne einer Arbeitsanweisung ein klarer und konkreter Umsetzungsauftrag erteilt, der in der Regel keine umfangreichen Abstimmungsprozesse erfordert. • Das Media-Briefing Wird ein Media-Briefing gegeben, erwartet der Briefing-Geber eine ausgearbeitete Media-Strategie als Ergebnis. Es geht nicht um die Erstellung von Kommunikationsmitteln, sondern lediglich um die mediale Realisation des Kommunikationsmittels. • Kunden- vs. Agentur-Briefing Als weitere Briefing-Arten können das Klienten- bzw. Kunden-Briefing und das Agentur-Briefing unterschieden werden. Die beiden Begriffe werden aber je nach Perspektive unterschiedlich interpretiert. Wolfgang Koschnick (2003: 485) bezeichnet mit dem Klienten-Briefing das Briefing der Agentur durch das Unternehmen und mit dem Agentur-Briefing das interne Briefing unterschiedlicher Abteilungen innerhalb der Agentur (s. auch Schneider/Pflaum 2003: 255 f.). Manfred Bruhn (2014: 355) hingegen bezeichnet das Briefing des Auftragnehmers, also der Agentur, durch den Auftraggeber als Agentur-Briefing (s. auch Pflaum 2002: 29). Weitestgehend Einigkeit herrscht, was die Inhalte von Briefings angeht (vgl. Brückner/ Reinert 2005: 37 f., Bruhn 2014: 355, Dahlhoff 1993: 130, Fill 2001: 176, Hartleben 2014, Kloss 2012, Koschnick 1996: 194 f., Schmidbauer 2007: 41 f.). Die Modelle unterscheiden sich aber in ihren Schwerpunkten, dem Detaillierungsgrad sowie in der Gliederung der einzelnen Punkte. Beispielhaft wird hier das Modell von Schmidbauer angegeben, dessen konkrete Ausgestaltung mit der Art des Briefings variiert (s. Abb. 48). Inhaltlicher Ausgangspunkt ist die so klar und eindeutig wie möglich formulierte Problem- bzw. Aufgabenstellung. Daran anschließend werden die inhaltlichen – internen wie externen – Fakten erläutert, die aus Sicht des Briefing-Empfängers, der Agentur, dem agenturexternen Kontext zuzurechnen sind. Auf Briefing-Geber-interner Ebene sind das Informationen zu Unternehmen und Team, zum Konzep-

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Input

Abb. 48 Struktur und Inhalt des Briefings (Quelle: Schmidbauer 2007: 40)

tions- und Planungsobjekt, zu Zielen und Strategien sowie zum Marketing- und Kommunikationsstatus. Informationen zu Branche und Markt, Kunden- und Mittlerzielgruppen, direkten und indirekten Wettbewerbern sowie allgemeinen Rahmenbedingungen und Trends zählen zu den Briefing-Geber-externen Faktoren. Neben den inhaltlichen sind auch die technischen Fakten Bestandteil eines Briefings. Dahinter verbergen sich im Wesentlichen Etat- und Personal- sowie Zeit- und Präsentationsvorgaben. Eine gründliche und umfassende Information kann auch beinhalten, dass der Briefing-Empfänger in einem Gespräch über die schriftlich mitgeteilten Informationen hinaus Hinweise erhält, die Meinungen und Ansichten des Briefing-Gebers betreffen und die für die Akzeptanz der erarbeiteten Lösung wichtig sein können (vgl. Mast 2006: 143). Dies ist eher bei einem Strategie- oder Kreativ-Briefing als bei einem operativen Briefing der Fall, bei dem bereits eine sehr genaue konsensuelle Vorstellung von dem Ergebnis vorhanden ist und nicht mit einer Diskussion über die Lösungsadäquatheit zu rechnen ist. In Anbetracht der Präzision und Prägnanz, die ein Briefing haben soll (vgl. Back/ Beuttler 2006), drängt sich die Frage auf, ob es Inhalte gibt, die für ein Briefing zwin-

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Inputs

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gend relevant sind. Eine amerikanische Untersuchung identifiziert nach der Literatursichtung sechs derartige kritische Faktoren, die bei einem Kreativ-Briefing von höchster Relevanz sind: • • • • • •

Informationen zum soziodemografischen Profil der Zielgruppe, Informationen zur Produktverwendung durch den Kunden, Informationen zu Funktionen und Leistungen des Produktes, Informationen zu Funktionen und Leistungen der Konkurrenzprodukte, Informationen zur Marketingstrategie des Produktes, das Hauptverkaufsargument („main selling point“) (vgl. Sutherland et al. 2004: 40).

Die Kreativen einer Agentur erhalten, so das Ergebnis der empirischen Studie, häufig nicht einmal Informationen zur Zielgruppe und zur Marketingstrategie des Produktes, die die absolute informatorische Minimalbasis eines Briefings stellen. Am seltensten werden vom Briefing-Geber Informationen zur Produktverwendung durch den Kunden und zu Funktionen und Leistungen der Konkurrenzprodukte mitgeteilt. Diese beiden Informationsfaktoren eines Briefings sind die kostenintensivsten, da hierfür Daten aus der Unternehmensumwelt beschafft werden müssen (vgl. ebd.: 49). Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Briefing inhaltlich in Abhängigkeit von der zu lösenden Aufgabe nach dem Reduce-to-the-Max-Prinzip gestaltet sein soll. Es soll knapp und verdichtet (engl. „brief “ = kurz) und gleichzeitig gründlich und umfassend sein. In Anlehnung an Louis Back und Stefan Beuttler (2006) können die Anforderungen an die Briefing-Gestaltung wie folgt zusammengefasst werden: 1. kurz, 2. klar, 3. konkret, 4. komplett, 5. konstruktiv, 6. konsequent, 7. kooperativ. Während sich die ersten vier Punkte auf den Inhalt des Briefings beziehen, beschreiben die letzten drei Punkte die Anforderungen an das Handeln der Beteiligten im Briefing-Prozess. Dennoch ergibt sich als zentrale Konsequenz, dass bei aller Wichtigkeit, die der Briefing-Ausgestaltung zukommt, diese in ihrer Bedeutung nicht überbewertet oder sogar als alleinige Ursache für den Entwicklungsverlauf der Input-Phase gesehen werden darf, wie dies in der Praxis häufig der Fall ist. Es ist das Zusammenspiel individueller, unternehmens-/agentur-interner und -externer Kontexte, das die Relevanz von Informationen und Mitteilungen steuert und das entsprechend ein umfassendes Management der Erfolgsfaktoren der Input-Relevanz einfordert.

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1.4

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Input

Zusammenfassendes Modell kommunikationsqualitativen Handelns in der Input-Phase

Der aus den notwendigen Kriterien für Kommunikation resultierende Zusammenhang kommunikationsqualitativen Handelns in der Input-Phase Moderner Marketing-Kommunikation ist in Abb. 49 resümierend modelliert. Stichpunktartig kann er wie folgt zusammengefasst werden: •

Das Qualitätskriterium des Achtsam-Seins umfasst den selektiven Umgang mit unerwarteten Ereignissen in der Umwelt und in der eigenen Organisation (Unternehmen, Agentur) und dient der Schadensprävention. • Das Qualitätskriterium des Marketing-Kommunikationswissen-Habens stützt sich vor allem auf Erkenntnisse, die die kontexteingebundenen Handlungen und Kommunikationen von Personen als Kommunikationspartner und als Konsument betreffen. Sie dienen der Entwicklung von Marketing-Kommunikationsangeboten, die sich durch ihre erwartete Alltagspassung, ihren erwarteten Erlebniswert und ihre erwartete wahrgenommene Konsistenz auszeichnen. • Das Qualitätskriterium des Input-Relevanz-Managens resultiert aus den kontexteingebundenen Handlungen und Kommunikationen der Mitarbeiter/Manager in Unternehmen und Agenturen. Dies erfordert eine Steuerung folgender Erfolgsfaktoren: ◆ die individuelle Zufriedenheit der Passung gewählter Entscheidungsalternativen mit der beruflichen Lebenswelt (Alltag) des Mitarbeiters, ◆ die unternehmens- beziehungsweise agenturinterne Orientierungskraft und ◆ der Informationsstatus die Marktgegebenheiten betreffend. • Die kommunikationsqualitativen Erfolgsfaktoren stellen für das Kommunikationsmanagement die Entscheidungsvoraussetzungen dafür, welche Analysen wie erfolgen, wie ihre Ergebnisse interpretiert werden, welche Ziele mit welchen Strategien und mit welchem Budget verfolgt werden. Zusammengefasst: Sie steuern die organisationsinterne Kommunikation über Marketing-Kommunikation.

Markt

Informationsstatus

unternehmens-/ agenturinterne Orientierungskraft

Input-Relevanz managen

Unternehmens-/ Agenturkultur

Konsistenz

Erlebniswert

Alltagspassung

Erwartungen betreffend:

Schadensprävention

Erfolgsfaktoren

berufliche Alltagspassung

MarketingKommunikationswissen haben (u.a. Consumer Insights)

Achtsam sein

Qualitätskriterien des Input Moderner MarketingKommunikation

berufliche Lebenswelt

Marke

Rezeptionssituation

Lebenswelt

eigene(s) Unternehmen/Agentur

Umwelt

Dimension

• Kontext-Strategie (Copy-Strategie, Erlebnis-Strategie)

• Kommunikations-/ Media-Idee

• Media-Strategie/ -Planung

• Budget

• Marketing-Kommunikationsziele

• Zielgruppe/-person

• Markenstrategie

• Positionierung

Analysen und Strategien

Abb. 49 Zusammenfassendes Modell kommunikationsqualitativen Handelns in der Input-Phase Moderner Marketing-Kommunikation (eigene Darstellung)

Kontextualität

Reflexivität

Selektivität

Kommunikationskriterien

1 Kommunikationsqualitative Kriterien des Inputs 209

2

Analysen und Strategien

Abstract In diesem zweiten Hauptkapitel und seinen Unterkapiteln werden die wichtigsten miteinander vernetzten Analysen und Strategien vorgestellt, die bei der Konzeption des Inputs der Marketing-Kommunikation zum Einsatz kommen: (1) die Festlegung der Positionierung, (2) die Auswahl der Markenstrategie, (3) die Definition von Zielgruppen und Zielpersonen sowie (4) von Marketing-Kommunikationszielen, (5) die Entwicklung der Kontext-Strategie, die sich aus der Copy- und der Utility-Strategie zusammensetzt, (6) die Entwicklung der Media-Strategie und des Media-Plans sowie (7) die Festlegung des Budgets. Für die einzelnen konzeptionellen Elemente werden wichtige Unterscheidungen, Klassifikationen, Kategorisierungen und Beispiele angegeben. Auch werden die jeweiligen Herausforderungen der Analysen und Strategien aufgezeigt, wie sie aus den Entwicklungen im MarketingKommunikationssystem resultieren.

Die zentralen Analysen und strategischen Entscheidungen des Kommunikationsmanagements zur Konzeption des Inputs der Marketing-Kommunikation betreffen die Positionierung, die Festlegung der Markenstrategie, der Zielgruppen und Zielpersonen, der Marketing-Kommunikationsziele, der Kontext-Strategie, der MediaStrategie und des Media-Plans sowie die Definition des Budgets. Der Kommunikations- und Media-Idee kommt eine Sonderstellung zu, da sie im strengen Sinne weder als ein strategisches noch als ein analytisches Konzeptionselement aufgefasst werden kann, sie aber dennoch in dem Wirkungsgefüge der Elemente gewichtigen Einfluss ausübt (s. Abb. 50).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 J. Tropp, Moderne Marketing-Kommunikation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-25318-9_6

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Zielgruppe/ -person

Media-Strategie/ -Planung

MarketingKommunikationsziele

Markenstrategie

Input

Kommunikations-/ Media-Idee

Budget

Positionierung

KontextStrategie

CopyStrategie

UtilityStrategie

Abb. 50 Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation (eigene Darstellung)

2.1

Positionierung

Über die herausragende Rolle der Positionierung bei der Konzeption des Inputs der Marketing-Kommunikation und im Marketing schlechthin besteht in Wissenschaft wie Praxis Einigkeit. Sie kann als „Kernentscheidung des Marketing[s]“ (Tomczak/ Roosdorp 1996: 26) aufgefasst werden. Die Positionierung erfolgt in Abhängigkeit von der Zielgruppe und der Markenstrategie, wobei sie aber gleichzeitig auf letztere auch einwirkt (vgl. Abb. 51). So hat beispielsweise einerseits eine umgesetzte Dachmarkenstrategie eines Unternehmens Einfluss auf die Positionierung seines neuen Produktes am Markt, andererseits nimmt das Image eines eingeführten Produktes, das dessen Position im Markt markiert, Einfluss auf markenstrategische Entscheidungen vor allem bei der Frage nach möglichen Image-Transfereffekten.

2.1.1 Das Grundprinzip der Unterscheidung Das kognitionswissenschaftliche Axiom, dass Wahrnehmung Interpretation ist, Bedeutungszuweisung ist, und dass es für diese Operation nötig ist, dass etwas von etwas anderem unterschieden wird, liegt als Grundprinzip menschlicher Beobachtung auch der Wahrnehmung von Produkten und Marketing-Gegenständen im weitesten Sinne zugrunde (vgl. Roth 1985: 236, Foerster 2006). Mit dem differenzlogischen Ansatz von George Spencer-Brown (1994: 3) kann entsprechend das Wesen der Positionierung zusammengefasst werden mit: „Draw a distinction !“ Dem eigenen Produkt, so der differenzstrategische Ausgangspunkt, wird vom Unternehmen eine ein-

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Analysen und Strategien

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Abb. 51 Direkte Einflüsse auf die Positionierung im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation (eigene Darstellung)

zigartige und damit klar unterscheidbare Position von den Wettbewerbsprodukten gegeben, häufig fokussiert auf ein einzelnes Segment eines Marktes. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass sie durch Ausprägungen von Dimensionen festgelegt wird, aus denen ein Vorteil für den Konsumenten resultiert, den Wettbewerbsprodukte nicht haben. Das so positionierte Produkt kann sich dadurch von einem reinen Preiswettbewerb abkoppeln (vgl. M. Porter 2008.). Eine Positionierung ist damit immer relativ. Ohne die Analyse der Position der Wettbewerber kann keine eigene Positionierung erfolgen, da dann keine Eigenständigkeit der Position, also kein Unterschied erzielt werden kann. ▶ Definition Die Positionierung ist der wirtschaftlichen Erfolg versprechende Prozess der Festlegung der Merkmale, die aus der Sicht definierter Kommunikationspartner einen Marketing-Gegenstand von konkurrierenden Marketing-Gegenständen unterscheiden.

Die einzunehmende beziehungsweise eingenommene Position (Soll- bzw. Ist-Position) im Wettbewerbsumfeld muss vom Unternehmen deutlich und unverkennbar markiert werden, sollen unerwünschte Verwechslungen mit den Konkurrenten vermieden und die Eigenständigkeit nicht verloren werden – es sei denn, das Unternehmen verfolgt eine Me-too-Strategie, die gezielt auf die Verwechslung mit anderen Marken setzt, um an deren Erfolg zu partizipieren. Abgesehen von dieser Variante mündet der vom Unternehmen mit der Positionierung initiierte Bedeutungs- und Sinnschöpfungsprozess im Erfolgsfall in einer Marke, die ihre im Markt bekannten Unterschiede symbolisiert. Diese konstituieren das spezifische Markenwissen der Konsumenten. So weiß man, dass die Marke Nivea blau und nicht rot gestaltet ist, ihre

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BI

Input

Produkte mild, sanft und nicht aggressiv sind, sie der Körperpflege und nicht der Körperreinigung dient und ihr Nutzen in der natürlichen Schönheit und nicht im kosmetischen Styling liegt. Im Zentrum des Markenwissens ist der Markenkern, das, was die Marke in ihrem Innersten symbolisiert, sodass sie schnell und zuverlässig bei der Rezeption von Marketing-Kommunikationsangeboten und beim konsumtiven Handeln im Markt Orientierung geben kann. Der Markenkern fungiert damit gleich einem Punktattraktor (s. Abb. 52). Abb. 52 Punktattraktor (Quelle: Analog zur Kugel, die in eine Schüssel geworGreschik 2001: 29) fen wird und die wegen des durch Reibung bedingten Energieverlusts schließlich in der Mulde liegen bleibt, wird die im Prozess der Wahrnehmung zu Beginn oszillierende Aufmerksamkeit über die zentrale von der Marke symbolisierte Information (im weitesten Sinne) kanalisiert. Beispiele sind: • • • • • • •

BMW – Fahrfreude Dell – PC-Direktversand

Dr. Best – flexible Zahnbürste Krombacher – Felsquellwasser Pampers – Wegwerfwindel Red Bull – Energydrink Sensodyne – für schmerzempfindliche Zähne

2.1.2 Die Notwendigkeit der Positionierung Die explizite und detaillierte Auseinandersetzung mit dem Wahrnehmungsgrundprinzip der Unterscheidung im Kontext von Marketing und Marketing-Kommunikation verdankt sich dem Umstand, dass ein Unternehmen in gesättigten und kommunikationsüberfluteten Märkten nur dann erfolgreich sein kann, wenn es ihm gelingt, sein Produkt, seine Marke an eine attraktive und unverwechselbare ‚Position in den Köpfen‘ der Verbraucher zu binden (vgl. Ries/Trout 1986: 19). Auf gesättigten Märkten unterscheiden sich Produkte kaum mehr über ihre physisch-technischen Eigenschaften, sodass in qualitativer Hinsicht von einer Produktparität ausgegangen werden kann. Hier bieten sich den Unternehmen demnach keine Ansatzpunkte mehr, sich und ihre Produkte zu differenzieren. Zigaretten oder Biere aus dem jeweils selben Marktsegment unterscheiden sich letztlich nicht mehr über ihre Produkteigenschaften. Vonnöten ist daher die Differenzierung, die am konsumentenrelevanten Nutzen ansetzt und damit eine Markierung des Produktes. Die Positionierung er-

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Analysen und Strategien

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möglicht damit, dass jenseits vom Preis überhaupt ein Wettbewerb zwischen nahezu identischen Produkten auf ein und demselben Markt stattfinden kann. So ist Wagner nicht einfach eine Fertigpizza wie viele andere auch, sondern eine „Steinofen“-Fertigpizza, was die Originalität des italienischen Pizza-Backens und damit einen bestimmten Geschmack assoziiert, und Wick Medinait ist nicht irgendein Erkältungsmedikament, sondern das „für die Nacht“, das einen erholsamen Schlaf ermöglicht.

2.1.3 Der Bezugspunkt des Selbstkonzeptes Wie stuft der Konsument die Position einer Marke als für sich vorteilhaft und nützlich ein ? Die Antwort liegt in dem Bezug der Marke zum Selbstkonzept (engl.: „self-construal“), das als die Gesamtheit aller Gedanken und Wissensbestände, die in Bezug zur eigenen Position stehen, konzipiert wird (vgl. Kassin et al. 2013 sowie grundlegend Levy 1959, Sung/Choi 2011: 71). Die Selbstkongruenzforschung betrachtet die Konsumenteneigenschaften als derartiges Selbstkonzept und konzentriert sich dabei auf die Persönlichkeit des Konsumenten und vernachlässigt dabei leider häufig die das Selbstkonzept auch formenden kulturellen und sozialen Gegebenheiten (vgl. Rosenberg 1981: 135, Sirgy et al. 1991: 363). Trotzdem fragt sie sehr plausibel nach den Konsequenzen, die aus einer Übereinstimmung der Persönlichkeit von Konsumenten und Imagebestandteilen von Markenprodukten, der Markenpersönlichkeit, resultieren. Dabei geht sie von der Kongruenzhypothese aus, die postuliert, dass die Selbstkongruenz einen Idealzustand darstellt, den Individuen anstreben, indem sie sich, gesteuert durch intrinsische Motivation, konsistent zum Selbstkonzept verhalten (vgl. Bruhn et al. 2010: 76). Die vorliegenden Ergebnisse münden in der grundlegenden Annahme, dass Konsumenten eine Marke umso stärker bevorzugen, je größer die Übereinstimmung von Marken- und Konsumentenpersönlichkeit ist und sich ein „regulatorischer Fit“, also eine Passung zwischen Eigenschaften, die der Konsument einer Marke zuschreibt, und seinen persönlichen Zielen einstellt (vgl. H. Bauer et al. 2006a: 839, Leesch 2011: 19). Dabei spielt es für den Konsumenten keine Rolle, ob es sich um einen Abgleich mit seiner tatsächlichen (wie man ist) oder idealen (wie man gerne sein möchte) Persönlichkeit handelt (vgl. ebd.: 857). Beide Persönlichkeitskonzepte haben eine gleichberechtigte Stellung inne, in dem Sinne, dass Produkte sowohl verwendet werden, um auszudrücken, wie man ist, als auch, wie man gerne sein möchte. Allerdings hat die Produktkategorie Einfluss auf den Selbstkongruenzeffekt. Dieser ist in seiner Wirkung umso höher, je mehr sich die Produkte zur sozialen Distinktion eignen. Kleidung, Autos oder Armbanduhren werden öffentlich gebraucht und eignen sich daher besser zur eigenen differenzierenden Selbstdarstellung als Produkte mit geringerem sozial-symbolischen Potenzial, die wie Zahnpasta oder Haushaltsreiniger privat genutzt werden und kaum Ansätze zur Persönlichkeitsinszenierung im öffentlichen Raum bieten (vgl. ebd.: 850, 858).

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BI

Input

Offensichtlich ist die unmittelbare Kopplung der Positionierung an die Consumer Insights im Bereich des Markenkontextes. Die gewonnenen Consumer Insights dienen als Orientierungshilfe für die Positionierung, indem sie Hinweise geben, welche Eigenschaften der Marke vor dem Hintergrund des Selbstkonzeptes des Konsumenten als relevant wahrgenommen werden.

2.1.4 Methoden der Positionierung Zur Erstellung von Positionierungsmodellen kann die klassische Methode von deren Weiterentwicklung, der Wettbewerbs-Image-Struktur-Analyse (WISA), unterschieden werden.

2.1.4.1 Klassisches Positionieren

Das klassische Positionierungsmodell bildet die aus Sicht der Konsumenten wahrgenommene Position der eigenen Marke und der Konkurrenzmarken relativ zu einem oder mehreren Idealpunkten von relevanten Positionierungseigenschaften ab (vgl. Esch 2016). Die Distanzen zwischen den einzelnen Markenpositionen und zu dem Idealpunkt verdeutlichen die Stellung einer Marke im Markt aus Konsumentensicht. Sind sich Marken in dem Modell nahe, besteht die Gefahr der Substituierbarkeit, ist eine Nähe zum Idealpunkt gegeben, wird von einer Bevorzugung dieser Marke durch den Konsumenten ausgegangen. Die Positionierungsmodelle variieren in der Anzahl ihrer Dimensionen. Abb. 53 zeigt ein klassisches zweidimensionales Positionierungsmodell für ein Restaurant,

Abb. 53 Zweidimensionales Positionierungsmodell für ein Restaurant (Quelle: Kloss 2007: 124)

2

Analysen und Strategien

217

dessen zwei Dimensionen „regionale Ausrichtung der Küche“ und „Preise der Gerichte“ durch die jeweiligen Gegensatzpaare aufgespannt werden. Der Durchmesser der einzelnen Positionierungspunkte der konkurrierenden Restaurants bildet die jeweilige Marktbedeutung ab. Ausgehend von der Position der Restaurants zu den vier Idealpunkten (I), die das Modell anbietet, empfiehlt sich einzig die Option der exklusiven lokalen Küche als Positionierungsoption in dem betrachteten Gebiet (Markt). Pizzerien und asiatische Restaurants decken die preiswerte internationale Küche ab, französische und Restaurants in Hotels bieten die exklusive internationale Küche an und die preiswerte lokale Küche ist durch gutbürgerliche Restaurants abgedeckt. In Abb. 54 ist ein dreidimensionales Positionierungsmodell für eine Fluggesellschaft abgebildet, das durch die Dimensionen Service, Flugatmosphäre und Zuverlässigkeit/Vertrauen aufgespannt wird.

Abb. 54 Dreidimensionales Positionierungsmodell für eine Fluggesellschaft (Quelle: Esch 2000a: 237 n. Trommsdorff 1992)

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Input

Abb. 55 Kompositionelle und dekompositionelle Vorgehensweise der Positionierung (Quelle: Skiera/Gensler 2002: 200)

Bei der Analyse der Positionen der Marken kann grundsätzlich zwischen kompositionellen und dekompositionellen Verfahren unterschieden werden (s. Abb. 55), die vereinzelt auch kombiniert in einer Positionierungsstudie zum Einsatz kommen (vgl. z. B. Farsky/Eggers 2007: 107). Bei kompositionellen Verfahren werden einzelne Bewertungen von Produktmerkmalen mittels Faktorenanalyse zu Imagedimensionen verdichtet. In der Regel kann aus den gewonnenen Consumer Insights eine größere Anzahl von Einflussfaktoren gewonnen werden, die aus Konsumentensicht die Relevanz einer Marke ausmachen. Zudem lassen sich durch Inhaltsanalysen der Marketing-Kommunikationsangebote der Wettbewerber Hinweise auf die Positionierungsstrategien der Konkurrenz gewinnen. Um eine Aussagekraft der Ergebnisse sicherzustellen, ist eine Unabhängigkeit der einzelnen Einflussfaktoren grundlegend. Die Faktorenanalyse macht es sich als statistisches Instrument zur Aufgabe, Faktoren auf ihre Unabhängigkeit zu untersuchen und gegebenenfalls abhängige Variablen zu unabhängigen Faktoren zu verdichten. Neben der Sicherstellung der Faktorenunabhängigkeit ermöglicht ein solches komprimierendes Verfahren eine bessere Übersichtlichkeit der Ergebnisse, da sich hinter wenigen Faktoren eine große Anzahl von Eigenschaftsbeurteilungen verbergen kann. Den Ausgangspunkt stellt eine Erhebung von metrisch skalierten Daten für jede zu bewertende Eigenschaft. In einem nächsten Schritt erfolgt eine Berechnung der Korrelation, welche eine mögliche beziehungsweise die gegebene Stärke von Eigenschaftsbeziehungen misst. Falls sich eine Beziehung von Eigenschaften herausstellen sollte, scheiden diese als unabhängige Erklärungsvariablen aus und werden zu Faktoren verdichtet. Eine Korrelation ist hierbei Voraussetzung einer Bündelung und muss stets sichergestellt werden. Abb. 56 zeigt den Grundgedanken der Faktorenanalyse anhand des Beispiels der Verdichtung von Variablen zu relevanten Positionierungsfaktoren.

2

Analysen und Strategien

219

Abb. 56 Grundgedanke der Faktorenanalyse (Quelle: Backhaus et al. 2006: 265)

Mit dekompositionellen Verfahren wie zum Beispiel der multidimensionalen Skalierung (MDS) oder der Conjoint-Analyse wird hingegen zunächst ein Globalurteil wie beispielsweise wahrgenommene Ähnlichkeiten oder Präferenzrangfolgen von Marken erhoben, die dann in einzelne Merkmale mit ihren dimensionalen Beiträgen zum Globalurteil segmentiert werden (vgl. Trommsdorff/Paulssen 2000: 1052). Die Aussagekraft klassisch entwickelter Positionierungsmodelle ist jedoch beschränkt, wie das Beispiel einer kompositionellen Positionierung des Premium-Pilsmarktes zeigt (vgl. Trommsdorff/Paulssen 2000: 1053 f.). Aus den ermittelten Produktmerkmalen, die für eine Positionierung infrage kommen, werden ausgewählte zunächst als Aussage (Items) formuliert und zur Beurteilung Angehörigen der Zielgruppe vorgelegt. Die Merkmalsausprägungen der einzelnen Marken lassen sich so als Profil abbilden, das Aufschluss über die Positionsunterschiede der Marken je Merkmal gibt (s. Abb. 57). Das Imagedifferenzial der sieben Premium-Pilsmarken zeigt, dass Beck’s beim Item „International bedeutend“ eine stärkere Position hat, womit aber keine Aussage getroffen werden kann, ob sich diese gegenüber bestimmten Marken als Wettbewerbsvorteil auswirkt. Aus dem Imagedifferenzial wird in einem nächsten Schritt mittels (explorativer) Faktorenanalyse die Verdichtung der Items auf die zentralen Imagedimensionen vorgenommen, die einen Vergleich mit den Wettbewerbern je Imagedimension oder in der Gesamtposition erlaubt (s. Abb. 58). Auch wenn so deutlicher zum Ausdruck kommt, dass Beck’s in der Dimension „Internationalität“ eine stärkere Position als die Wettbewerber hat und „Internationalität“ überhaupt als eine von anderen unabhängige Imagedimension gelten kann, kann immer noch nichts darüber gesagt werden, ob – und wenn, in welchem Aus-

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Abb. 57 Imagedifferenzial im Premium-Pilsmarkt (Quelle: Trommsdorff/Paulssen 2000: 1054)

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Input

Abb. 58 Positionierungsmodell im PremiumPilsmarkt (vgl. Trommsdorff/Paulssen 2000: 1055)

maß – Internationalität zur Präferenzbildung für Beck’s und gemäß Positionierungsdefinition zum wirtschaftlichen Erfolg der Marke beiträgt. Das Ableiten strategischer Positionierungsempfehlungen zwecks der Erzielung von positionierungsbedingten Wettbewerbsvorteilen ist mit der Vorgehensweise des klassischen Positionierens somit nur sehr eingeschränkt möglich.

2.1.4.2 Positionieren mittels der Wettbewerbs-Image-Struktur-Analyse (WISA)

Das Positionierungsmodell der Wettbewerbs-Image-Struktur-Analyse (WISA) distanziert sich von der Vorstellung, dass unterschiedliche Marken anhand derselben Imagedimensionen aussagekräftig beurteilt werden können. Stattdessen wird davon ausgegangen, dass sich Marken gemäß des Konzeptes der Unique Selling Proposition (USP) jeweils auf verschiedenen Imagedimensionen profilieren und differenzieren. Für die WISA kommt daher die Möglichkeit einer grafischen Positionsbeschreibung anhand weniger Dimensionen nicht infrage, da diese lediglich für eine oder nur für wenige andere Marken relevant sind und somit die Wettbewerbssituation im Markt verzerrt wird. Von folgenden grundlegenden Anforderungen geht die WISA aus (vgl. Trommsdorff/Zellerhoff 1994: 370, Trommsdorff/Paulssen 2000: 1057): •

Positioning: Profilierungseigenschaften kommen nur auf wenigen, markenindividuell unterschiedlichen Wettbewerbsdimensionen, die im Rahmen einer Positionierungsstrategie ausgewählt werden, zum Tragen.

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Analysen und Strategien

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• Wettbewerbsorientierung: Im Gegensatz zu herkömmlichen Positionierungsmodellen erfolgt eine Betrachtung der Beziehung zwischen einzelnen Imagemerkmalen der Marken und deren Einfluss auf die eigene Markenposition. • Differenzierung: Es werden auf allen Dimensionen einzeln nur die relevanten Wettbewerbseffekte analysiert und der Annahme derselben Dimensionen und Wirkungsstärken für alle Wettbewerber wird eine Absage erteilt. • Querwirkung: Die WISA bildet die Wettbewerbswirkungen von Imagedimensionen einer Marke auf die Kaufabsichten, Einstellungen und Marktanteile anderer Marken ab. Die eigene Wettbewerbsposition wird als abhängige Variable verstanden, die sich durch die unabhängigen Variablen in Form der Merkmalsausprägungen der eigenen sowie der konkurrierenden Marken erklärt (s. Abb. 59). Bei der Durchführung werden wettbewerbsrelevante Marken des ConsiderationSet (Marken, zu denen man weder eine negative oder indifferente Einstellung hat und die daher grundsätzlich für einen Kauf infrage kommen) durch Zielgruppenbefragung ermittelt. Eine anschließende Verdichtung relevanter Einflussfaktoren zu Imagedimensionen erfolgt mittels Faktorenanalyse. Eine Betrachtungsmöglichkeit unterschiedlicher USPs bleibt dabei gewahrt. Eine folgende multiple Regressionsanalyse oder Kausalstrukturanalyse (LISREL) liefert Erkenntnisse über den Einfluss eigener und fremder Imagedimensionen sowie indirekter Effekte auf die Erfolgskriterien wie zum Beispiel die Kaufabsicht. Durch die Berücksichtigung von Erfolgskriterien bei der Positionierung liegt die WISA auf einer Linie mit den neueren Positionierungsverfahren, die im Outcome- und auch im Outflow-Bereich auf Positionie-

Abb. 59 Kausalmodell einer WISA (Quelle: Trommsdorff/Paulssen 2000: 1059)

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Input

Abb. 60 Auszug aus der WISA zwischen Beck’s und Jever (Quelle: Trommsdorff/ Paulssen 2000: 1062)

rungseffekte – neben der Kaufabsicht können dies beispielsweise Umsatz, Profit oder Marktanteil sein – abheben (vgl. den Überblick bei Blankson et al. 2008). Zurückkommend auf das Beispiel des Premium-Pilsmarktes aus dem vorherigen Kapitel (B I 2.1.4.1) ergibt die Untersuchung des Consideration-Set, dass Jever ein relevanter Wettbewerber für Beck’s ist. Mit der WISA wird nun in einem Teilmodell der Image-Wettbewerb zwischen Jever und Beck’s analysiert (s. Abb. 60). Zusammengefasst ergibt sich (vgl. Trommsdorff/Paulssen 2000: 1063): • Zu 21 Prozent wird die Kaufabsicht von Beck’s durch Images erklärt, die von Jever zu 24 Prozent. • Die Beck’s-Imagedimension „Genuss“ beeinflusst die Kaufabsicht von Beck’s mäßig stark (+0,57) und die von Jever schwach negativ (−0,36). Vergleichbares gilt für die Jever-Imagedimension „Genuss“: mäßig starker Einfluss auf die Kaufabsicht der eigenen Marke (+0,58) und mittlerer negativer Einfluss auf die von Beck’s (−0,42). • Über seine Imagedimension „Männer“ kann Beck’s die Kaufsabsicht von Jever leicht negativ beeinflussen (−0,29). Die Marke Jever übt hingegen nur über ihre Imagedimension „Genuss“ Einfluss auf die Kaufabsicht aus. Als strategische Positionierungsoption ergibt sich für Beck’s, sich männlicher zu positionieren, wodurch die Kaufabsicht des Wettbewerbers Jever unter der Zielgruppe negativ beeinflusst wird. Die mittels der klassischen Positionierung ermittelte Dimension „Internationalität“ hat, so zeigt die WISA, weder im Wettbewerb mit Jever noch mit anderen Konkurrenten aus dem Consideration-Set eine Wettbewerbsrelevanz. Beck’s, so die Schlussfolgerung, wird nicht gekauft, weil es als das internationale Bier wahrgenommen wird.

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Analysen und Strategien

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2.1.5 Positionierungsmodelle und -strategien Unabhängig davon, ob klassisch oder mittels der WISA positioniert wird, unterscheiden sich die Positionierungsmodelle in der Anzahl ihrer Dimensionen, der Art der Dimensionen sowie nach ihrer eher strategischen oder operativen Management-Ausrichtung. Die Vielzahl der in der Literatur gängigen Positionierungsmodelle basieren jedoch auf den konzeptionellen Grundlagen einiger weniger Autoren, die Charles Blankson und Stavros Kalafatis (2004: S. 10) zusammengestellt haben (s. Tab. 6). Im Folgenden werden einige in der Literatur häufig genannte Modelle näher vorgestellt. Tab. 6

Überblick grundlegender Positionierungsmodelle (Blankson/Kalafatis 2004: 10)

Autor

Positionierungskonstrukte, -konzepte

Buskirk (1975)

Features, (2) Price, (3) Advertising, (4) Distribution

Brown and Sims (1976)

Problems solved, (2) Usage situation, (3) Users, (4) Competitors

Berry (1982)

Value (warehouse, off-pricing), (2) Time efficiency (super stores, catalogue stores, teleshopping), (3) High contact (specialty, facilitating, advising, added value, resource usage), (4) Sensory (sounds, smells, visuals)

Wind (1982)

Product features, (2) Benefits, (3) Problem solutions or need, (4) Usage occations, (5) User, (6) Against another product, (7) Product class dissociation

Aaker and Shansby (1982)

Attributes, (2) Price/quality, (3) Use or application, (4) Product/service user, (5) Product/service class, (6) Competition

Crawford (1985)

Features, (2) Benefits: direct/indirect, (3) Surrogates: nonpareil, parantage (brand, company, person), manufacture (process, ingredients, design), target (end use, demographic, psychographic, behavioural); rank, endorsements (expert, emulative), experience (other market, band wagon, years/time), predecessor, competitor

Ries and Trout (1986)

Market leader, (2) Follower, (3) Reposition the competition, (4) Use the name, (5) Line extension (use of the house name)

Easingwood and Mahajan (1989)

Reputation/capabilities of the organisation: expertise, reliability, innovativeness, performance, (2) Augmentation of product offering: product augmentation, extra services, (3) People advantage, (4) More attractive package offering, (5) A superior product through technology, (6) Accessibility, (7) Extra attention given to individual requirements through customisation, (8) Satisfaction of more user needs within the sector through offering a complete product line

Arnott (1992, 1994)

Empathy, (2) Solvency, (3) Promotions, (4) Administrative time, (5) Helpfulness, (6) Reliability, (7) Attentiveness, (8) Staff competence, (9) Flexible products, (10) Access to people, (11) Reputation, (12) Customisation, (13) Incentives, (14) Social awareness, (15) Security, (16) Technology

Hooley et al. (1998b)

(1) Low Price – High Price, (2) Premium Qualitiy – Basic Quality, (3) Innovation – Imitation, (4) Superior Service – Limited Service, (5) Differentiated Benefits – Undifferentiated Benefits, (6) Tailored Offering – Standard Offering

Kalafatis et al. (2000)

(1) Pricing, (2) Easy to do business, (3) Personal contact, (4) Product performance, (5) Range of offerings, (6) Presence, (7) Safety, (8) Leadership, (9) Distinct identity, (10) Status, (11) Country identity, (12) Differentiation, (13) Attractiveness

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Input

2.1.5.1 Positionierungsstrategien im Marketingmix

Positionierungsstrategien können mit Fokus auf die unterschiedlichen Marketingmix-Elemente und mit entsprechend unterschiedlichen Marketing-Zielsetzungen entwickelt werden. Die eigenständige Position der Marke wird über Strategien angestrebt, die sich auf die Dimensionen des Marketingmix, also auf Produkt, Preis, Distribution oder Kommunikation beziehen. Abb. 61 gibt einen Überblick über Positio-

Positioning Strategy

Marketing Mix Elements

Marketing Objectives

Positioning by product attribute

Product Price Distribution Mktg. comm.

Establish, increase, or maintain brand association with product attribute X

Positioning by intangible factor

Product Price Distribution Mktg. comm.

Establish, increase, or maintain brand association with intangible factor X

Positioning by product class

Product Price Distribution Mktg. comm.

Establish, increase, or maintain brand association with product class

Positioning by competitors

Product Price Distribution Mktg. comm.

Establish, increase, maintain brand and/or association with leading competitor X

Positioning by country of origin

Product Price Distribution Mktg. comm.

Establish, increase, or maintain brand association with country or geographic area

Positioning by relative price

Product Price Distribution Mktg. comm.

Establish, increase, or maintain brand association with quality through price

Positioning by productdistributor tie-In

Product Price Distribution Mktg. comm.

Establish, increase, or maintain brand association with distributor X

Positioning by distributor location

Product Price Distribution Mktg. comm.

Establish, increase, or maintain brand association with distributor location X

Positioning by distributor service ability

Product Price Distribution Mktg. comm.

Establish, increase, or maintain brand association with distributor X‘s service ability

Positioning by celebrity or person

Product Price Distribution Mktg. Comm.

Establish, increase, or maintain brand association with celebrity or person X

Positioning by lifestyle/ personality

Product Price Distribution Mktg. Comm.

Establish, increase, or maintain brand association with lifestyle/personality

Note: Terms in boldface reflect focus or emphasis.

Abb. 61 Positionierungsstrategien nach Marketingmix-Elementen (Quelle: Sirgy 1998: 75)

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Analysen und Strategien

225

nierungsstrategien, die sich auf die Marketingmix-Elemente beziehen und auf die hier aber nicht näher eingegangen werden kann (vgl. Sirgy 2004).

2.1.5.2 Kommunikationsstilistische Positionierungsarten

Im Bereich der Kommunikation lassen sich vier verschiedene Arten unterscheiden, die über den Kommunikationsstil der Marketing-Kommunikationsangebote auf die Positionierung der Marken einwirken (vgl. Kroeber-Riel/Esch 2015): •

Der informative Kommunikationsstil ist die traditionelle Art der Positionierung. Er entsprang dem Gedanken, dass eine sachliche Information ausreicht, um Konsumenten für ein Angebot zu gewinnen. Heute kommt sie vorwiegend ◆ auf wenig entwickelten Märkten mit starken und noch gering befriedigten Bedürfnissen, ◆ bei Produktneueinführungen und zur Positionierung über innovative Eigenschaften von schon etablierten Angeboten und ◆ bei Angeboten, bei denen ein verstärktes Informationsinteresse der Kommunikationspartner erwartet werden kann (z. B. Medikamente, Investitionsgüter) zum Einsatz (s. Abb. 62 und Abb. 63).

Abb. 62 Anzeigenmotiv für TamarisSchuhe als Beispiel für einen informativ ausgerichteten Kommunikationsstil (Quelle: Stern 18/2009)

Abb. 63 Anzeigenmotiv für Soho-Soho Fashion Designer als Beispiel für einen informativ ausgerichteten Kommunikationsstil (Quelle: Blue Magazin 2009)

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Input



Die emotionale Positionierungsart kommt auf gesättigten Märkten mit ausgereiften und qualitativ ähnlichen Produkten zum Einsatz. Mittels der Mitteilung von Produktinformationen kann relativ zum Wettbewerb kein nennenswerter Unterschied mehr erzielt werden. Angestrebt wird stattdessen, das Produkt als Symbol eines emotionalen Erlebnisses zu etablieren (s. Abb. 65). • Gängig ist auch die Mischform aus informativem und emotionalem Stil in der Kommunikation. Die Positionierung orientiert sich dann an dem Schema, an ein Bedürfnis zu appellieren und über Eigenschaften des Marketing-Gegenstandes zu informieren, die dieses Bedürfnis befriedigen (s. Abb. 64). • Bei der Positionierungsart der Aktualität steht die auffallende Inszenierung der Marketing-Kommunikation im Vordergrund, ohne dabei auf die Mitteilung markenspezifischer Informationen oder Erlebniswelten abzuheben. Die Aktualität der Marke soll durch ihre einprägsame und ungewöhnliche Thematisierung erzielt werden und sich positiv auf ihre Bekanntheit auswirken. Diese Positionierungsart hat sich mittlerweile zu der selbständigen Kommunikationsdisziplin Guerilla Marketing entwickelt (s. Kap. B II 2.5 sowie Abb. 66). Bei den vier genannten kommunikationsstilistischen Positionierungsarten handelt es sich nicht um Positionierungsoptionen im engeren Sinne gemäß der Positionierungsdefinition. Sie liefern keine Ansätze zur Differenzierung von Wettbewerbern innerhalb einer Kategorie beziehungsweise des Consideration-Set, sondern geben in

Abb. 64 Anzeigenmotiv von Olaz-TotalEffects-Creme als Beispiel für einen emotional-informativ ausgerichteten Kommunikationsstil (Quelle: Brigitte 22/2008: 85)

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Analysen und Strategien

Abb. 65 Kampagne für das BMW 1er-Coupé aus dem Jahr 2007/2008 als Beispiel für einen emotional ausgerichteten Kommunikationsstil (Quelle: adc.de; Zugriff: 06. 01. 2009)

Abb. 66 Guerilla-Marketing-Aktion von Mercedes Benz als Beispiel für einen auf Aktualität ausgerichteten Kommunikationsstil (Quelle: Horizont 28/2007: 40)

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Abb. 67 Werbung unterschiedlicher Branchen mit stereotypen Motiven (Quelle: Kroeber-Riel/ Esch 2004: 59)

Abhängigkeit von der Marktsituation und der Produktkategorie allgemeine Hinweise kommunikationsstilistischer Art. Dabei lässt sich heute beobachten, dass branchenübergreifend stereotype Motive zum Einsatz kommen, die einer Eigenständigkeit der Marke entgegenarbeiten (s. Abb. 67).

2.1.5.3 Kommunikative Positionierung

Das Modell der kommunikativen Positionierung ist eine Weiterentwicklung des lediglich auf den inhaltlichen Aspekt der Kommunikation abzielenden T-C-B-Modells, dessen Übergang zur Copy-Strategie fließend ist. Dieses Positionierungsmodell besteht aus den drei Elementen „Target Customer (T)“, „Category Need (C)“ und „Key Benefit (B)“ (vgl. Rossiter/Bellman 2005: 42 f.). Demnach gilt es, in Abhängigkeit von der Stakeholder-Gruppe (T) (Konsumenten, Distributoren, Mitarbeiter etc.) das Bedürfnis zu identifizieren, das Produkte der Kategorie, der das Produkt angehört, aus Sicht der Stakeholder befriedigen sollen (C), und den zentralen Vorteil des Produktes für diese Bedürfniskategorie (B) zu ermitteln. Das allgemeine Positionierungs-Statement hat entsprechend die Form: „To the target customer (T), Brand X is the brand of category need (C) that offers the key benefit (B)“ (ebd.: 43). Der Key Benefit muss

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Analysen und Strategien

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dabei den Anforderungen der klassischen Positionierung genügen, indem er für die Zielpersonen wichtig oder motivierend und durch die Marke lieferbar und zwar nur durch diese Marke lieferbar ist („unique“), damit die Marke einen relevanten Unterschied machen kann. Die kommunikative Positionierung ergänzt die inhaltliche Dimension, wie sie der Key Benefit verkörpert, um die mediale Dimension („Key Touch Point“) sowie um die Art und Weise der Kommunikation, über die auf eine spezifische Kommunikationskultur des Unternehmens geschlossen werden kann. Eine Marke kann sich kommunikativ von ihren Wettbewerbern differenzieren, indem sie eben nicht nur auf der inhaltlichen oder stilistischen Ebene einen zentralen und relativen Vorteil anbietet, sondern indem sie zum einen auf der medialen Ebene Kontaktpunkte mit den Zielpersonen aufweist, die sie eigenständig und unverwechselbar macht. Beispiel

Das Prostata-Medikament Prostagutt wird inhaltlich mit dem Key Benefit der Kontrolle über den Harndrang für die Zielgruppe „Männer über 50 Jahre“ positioniert. Dies geschieht mittels eines informativen Kommunikationsstils. Als Medium der MarketingKommunikation kommen, für die Bedürfniskategorie einzigartig, deutschlandweit neben TV-Spots und Anzeigen Plakate in den Herren-Toilettenräumen von AutobahnRaststätten als Key Touch Point zum Einsatz.

Zum anderen kann über die Art und Weise der Kommunikation die Marke positioniert werden, indem eine Kommunikationskultur im Unternehmen gepflegt wird. Ziel ist es, die Marke über ihre Kommunikationskompetenz zu profilieren und vom Wettbewerbsumfeld abzuheben. Dabei erfolgt eine Anerkennung der Individualität und der Situationsabhängigkeit des einzelnen Kunden mit einer gleichzeitigen Orientierung an dieser. Es reicht somit nicht, ausschließlich ein Produkt bereitzustellen und die Konsumenten über dessen Einzigartigkeit inhaltlich mit einem bestimmten Stil zu informieren. Vielmehr muss die Marke als kommunikationskompetenter Ansprechpartner über den gesamten Kaufentscheidungsprozess und die anschließende Verwendungsdauer zur Verfügung stehen. Individuelle und situative Informationsund Kommunikationsbedürfnisse müssen hierbei berücksichtigt werden, was das Unternehmen aus Kundensicht mehr als Kommunikationspartner denn als Anbieter erscheinen lässt. Voraussetzung für ein Gelingen einer solchen Positionierungsstrategie ist vor allem das Schaffen interner Strukturen und Prozesse, die es ermöglichen, auf Kunden individuell und zielgerichtet einzugehen. Es muss für das Einhalten von Kommunikationsregeln gesorgt werden, die die im Marketing zum Einsatz kommenden Grundarten der Kommunikation betreffen. Beispielsweise ist im Rahmen der gegenseitigen, dialogischen Kommunikation jede E-Mail eines Konsumenten spätestens nach einer definierten Anzahl von Stunden kompetent und individuell zu beantwor-

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ten, ohne den Eindruck zu erwecken, dass von einem beauftragten Dienstleister (z. B. Callcenter) belanglose Standard-Textbausteine aneinandergefügt wurden. Ebenso ist festzulegen, wie häufig ein Kunde maximal innerhalb eines definierten Zeitrahmens auf Initiative des Unternehmens hin kontaktiert werden darf oder wie groß der zeitliche Mindestabstand zwischen zwei Kommunikationsanstößen des Unternehmens sein muss. Zusammenfassend und in Weiterentwicklung des oben genannten T-C-B-Modells von Rossiter/Bellman kann die kommunikative Positionierung als Z-BX-KI,M,A-Modell beschrieben werden: Für die Zielperson (Z) ist die Marke X diejenige Marke einer Bedürfniskategorie (BX), die vorteilhaft kommuniziert, da sie inhaltlich einen einzigartigen zentralen Nutzen aufweist (KI) und sie sich medial (KM) sowie über die Art und Weise ihrer Kommunikation (KA) differenziert.

2.1.5.4 Das Markensteuerrad

In der Praxis ist das Positionierungsmodell des Markensteuerrades vom Marktforschungsinstitut Icon Brand Navigation sehr verbreitet. Es soll der ganzheitlichen Erfassung der relevanten Positionierungseigenschaften einer Marke dienen. Anhand einer Differenzierung in vier Dimensionen mit ihren jeweiligen analytischen Leitfragen wird der Markenkern bestimmt: •

• •



Die Markenkompetenz (Wer bin ich ?) bildet die Kernwerte einer Marke ab, wie beispielsweise Firmenhistorie, Herkunft, technische Kompetenz etc. In einer weiteren Konkretisierung werden diese Eigenschaften prägnant in einem Statement zusammengefasst. Der Markennutzen (Was biete ich ?) zeigt den relevanten Nutzen der Marke für die jeweilige Zielgruppe, der sich aus Benefits und dem Reason Why zusammensetzt. Bei der Markentonalität (Wie bin ich ?) stehen Eigenschaften der Marke in Analogie zu denen einer Person im Mittelpunkt. Dies können beispielsweise Geschlecht oder Sympathien sein, die mit der Marke assoziiert werden. Die Markenikonografie (Wie trete ich auf ?) umfasst den gesamten semiotischen und sensorischen (haptischen, bildlichen, akustischen, olfaktorischen etc.) Auftritt der Marke. Dieser bestimmt sich durch alle Punkte, die die Marke materialisieren, die sie erlebbar machen (z. B. Logo, Farben, Claim, Töne etc.).

Als Beispiel für ein ausgearbeitetes Markensteuerrad dient die Marke Jack Daniel’s (s. Abb. 68). Hervorzuheben ist die große Nähe, die dieses Positionierungsmodell zur Copy Strategie aufweist (vgl. Kap. B I 2.5.1). Auch dort spielen zwecks konkreter kommunikativer Umsetzung der Positionierung Benefit, Reason Why und die Tonalität eine zentrale Rolle. Das Modell darf daher nicht dahin gehend falsch interpretiert wer-

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Analysen und Strategien

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Abb. 68 Markensteuerrad der Marke Jack Daniel’s (Quelle: Icon Brand Navigation 2001: 16)

den, dass eine tragfähige Positionierung vorrangig über die Markenikonografie oder die -tonalität erzielt werden kann. So hat beispielsweise die Agentur Kreutz & Partner 1998 versucht, die Strommarke Yello einzig über die Farbe Gelb zu positionieren (s. Abb. 69). Der hohe erzielte Bekanntheitsgrad schlug sich aufgrund mangelnder Relevanz des Angebots nicht im Gewinn von Kunden nieder. Entsprechend hoch fielen die Anwerbungskosten pro neuem Kunden aus, die sich zwischen 350 und 500 Euro bewegten. Aufgrund der damaligen Yello-Preisformel 19/19 (19 Mark Grundgebühr im Monat, 19 Pfennig pro Kilowattstunde) konnte zusätzlich nicht kostendeckend gewirtschaftet werden, womit sich mit jedem neuen Kunden der Verlust vergrößerte. Erst mit dem Anstieg der Energiepreise seit 2007 und der Zunahme der grundsätzlichen Bereitschaft der Konsumenten, den Stromanbieter zu wechseln, erhielt die

Abb. 69 Kampagne der Marke Yello aus 1998 (Quelle: planung & analyse 2/2009: 41)

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Botschaft „Gelb. Gut. Günstig.“ Relevanz (vgl. Ohnemus/Lebock 2009: 40 f., Willenbrock 2005: 86). Dem funktionalen und heute vor allem dem symbolischen Nutzen – auch als Zusatznutzen bezeichnet, in dem Sinne, dass er einen emotionalen oder sozialen Mehrwert bietet – kommt im Vergleich zu den Markeneigenschaften, also den sachlichtechnischen Eigenschaften, sowie zur Markengestaltung herausragende Bedeutung zur wirtschaftlichen Erfolg versprechenden Wettbewerbsdifferenzierung zu (vgl. C. Herrmann 1999, Siegert 2003, Tropp 2004: 120 f.). Durch das Besetzen von Key Touch Points sowie mit einer kompetenten, sich vom Wettbewerb differenzierenden Kommunikationsart des Unternehmens gewinnt der Zusatznutzen im Rahmen einer kommunikativen Positionierung noch weiter an Prägnanz.

2.1.5.5 Passive versus aktive Positionierung

Die Vertreter der aktiven Positionierung weisen auf die Unzulänglichkeiten der lediglich an der operativen Ebene des Marketings anknüpfenden klassischen Positionierungsansätze hin. Ausgangspunkt muss im Rahmen einer modernen aktiven Positionierung ein Handlungsplan der Entscheider sein, der gesamtkonzeptionell orientiert ist. Gesamtkonzeptionell heißt, dass basierend auf einer schlüssigen Ziel-, Strategieund Mixpositionierungskette die Programme zur Differenzierung von MarketingGegenständen „reißbrettartig“ entworfen werden (vgl. Becker 1996: 21, Tomczak/ Roosdorp 1996: 29). Die passive klassische Positionierung setzt hingegen nachträglich, nach bereits erfolgter Einführung des Marketing-Gegenstandes im Markt an und konzentriert sich nur auf die operative Marketingmix-Ebene. „Seine [der Ansatz der passiven Positionierung; J. T.] Berücksichtigung entspringt vielfach der Initiative von Marketingdienstleistern (speziell Werbeagenturen), die für ein bereits fertiges Produkt ein Werbekonzept entwickeln sollen. Auf der Suche nach einer ‚richtigen‘, möglichst alleinstellenden Werbebotschaft bemüht man sich entweder um die qualitative (mehr verstehende) oder quantitative (methodengestützte) Erfassung nutzengeprägter Merkmalsräume und ihrer bisherigen Besetzung, um auf diese Weise Positionierungslücken als Basis des zu erarbeitenden Werbekonzeptes zu finden.“ (Becker 1996: 21, Hervorh. i. Orig.)

Die aktive Positionierung verfolgt zwar, vergleichbar mit der klassischen Positionierung, die Zielsetzung, für den Konsumenten bislang unbekannte, für ihre Kaufentscheidung neue relevante Eigenschaftsdimensionen zu besetzen. Der Unterschied liegt in dem Anspruch, mit der aktiven Positionierung einen eigenen Markt zu kreieren und zu bedienen. Dem Marktherausforderer darf es nicht darum gehen, die Marktregeln besser zu beherrschen als der Marktführer, sondern er sollte eine Strategie verfolgen, die darauf zielt, neue Regeln für einen neuen Markt zu finden („New-

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Analysen und Strategien

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Game-Strategien“) (vgl. Tomczak/Roosdorp 1006: 29) – eben: Draw a distinction ! Als Beispiel kann hier das Schaffen des Marktes der Energydrinks durch Red Bull gelten. Die aktive Positionierung unterstreicht die hohe Bedeutung, die dem Gewinnen von Consumer Insights durch qualitative Marktforschungsmethoden zukommt, um eine „explorative Innovationsbedarfserfassung“ (ebd.: 30) im Absatzmarkt als Voraussetzung des Einsatzes von New-Game-Strategien durchführen zu können. Zwei wichtige Konsequenzen resultieren aus der Forderung nach aktiver Positionierung. Erstens muss das Grundprinzip der Positionierung, die Unterscheidung, funktionen- und abteilungsübergreifend im Topmanagement des Unternehmens bearbeitet werden. Es bedarf Entscheidungen zu Unterscheidungen, die das Handeln aller Unternehmensmitglieder in normativer, strategischer und operativer Hinsicht steuern, womit die Steuerung der aktiven Positionierung durch den unternehmensinternen Kontext der Unternehmenskultur deutlich wird (vgl. Kap. B I 1.3.2.2). Wollen Unternehmen bei der Positionierung mit Agenturen zusammenarbeiten, ergibt sich zweitens, dass sie diese bereits frühzeitig in den Prozess der Marketing-Strategieentwicklung involvieren. Dies gilt besonders bei Produktneueinführungen.

2.1.6 Herausforderungen der Positionierung 2.1.6.1 Verführung zum Essentialismus

Aus Gründen der besseren Einprägsamkeit und der Sicherstellung der Konsistenz im Markenauftritt tendieren Positionierungen dazu, sich essentialistisch auf den Markenkern zu konzentrieren, der lediglich aus einem einzigen Nutzenversprechen bestehen soll. Dieses ist langfristig und nahezu unverändert über die Zeit hinweg zu kommunizieren (vgl. Liebl 2000: 133). Henning Meyer et al. (1997: 343) weisen zu Recht darauf hin, dass sich gerade diejenigen Marken, denen ein „Kultstatus“ zugeschrieben wird (z. B. Levi’s, Coca-Cola, Sony, Nivea oder Gauloises), im Laufe ihrer Entwicklung nicht an Zeitströmungen angepasst haben. In der Praxis herrscht Konsens darüber, dass „Markenführung by Hasensprung“, wie Reinhard Springer (2002: 53), Mitbegründer der ehemaligen Agentur Springer & Jacoby, formuliert, nicht erfolgsdienlich ist. Eine kontinuierliche Markenführung, so die breite Meinung, gibt den Konsumenten gerade in dynamischen Zeiten Sicherheit und Orientierung. Die Gefahren, die von einer Um- oder gar Neupositionierung einer Marke ausgehen, werden immer wieder gern anhand der Zigarettenmarke Camel illustriert, die sich zu Beginn der 1990er Jahre von ihren traditionellen Imageattributen von Abenteuer und Freiheit löste und mit einer humorausgerichteten Kampagne neu positionierte, was zu massiven Marktanteilseinbrüchen führte. Diese hatten erneute Positionierungsänderungen zur Folge, was zur weiteren Zersplitterung des Markenbildes führte. Schnell werden das Markenmanagement und die Agenturen also dazu verführt, von einem essentialistischen Wesen der Positionierung auszugehen, wie es auch vom

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bekannten klassischen Konzept der Unique Selling Proposition (USP) vertreten wird (vgl. Reeves 1961). Gestärkt wird dieses Verständnis weiterhin durch die Angewiesenheit der Marketing-Kommunikation auf die Medien. In den klassischen Medien der allgemein adressierten Kommunikation (TV, Funk, Print etc.) ist Zeit und Raum begrenzt und teuer, was die Erstellung kurzer und pointierter Marken-Kommunikationsangebote erfordert. Dieses Positionierungsverständnis konfligiert aber mit der heutigen Flexibilität von Selbstkonzepten in von Individualisierung und Multioptionalität gekennzeichneten modernen Gesellschaften. Der multiple Konsument mit seinem Bedürfnis nach stetiger Abwechslung und seiner Suche nach neuen Erlebnissen ist nicht kompatibel mit einer starren und eindimensionalen Positionierung, die der Marke auch in ihrem Aufbau von langfristigen Kundenbeziehungen keinerlei Entwicklungsdynamik einräumt (vgl. Baetzgen 2000: 137). Die Alternative der multiplen Positionierung, wie sie von Gerd Gerken (1994) vertreten wird, mündet jedoch in einer fraktalen Marke, der jegliche Konsistenz fehlt, die damit keine Position in einem Unterscheidungsraum einnehmen kann und die daher einhellig in der Markentheorie abgelehnt wird: „Fraktale Kommunikation und fraktale Marken sind fatal“ (Esch 2001: 66). Der Verführung zum Essentialismus lässt sich am besten mit einem dynamischen Positionierungsverständnis entgegenwirken, das im Zeitverlauf unterschiedliche markenkernkompatible Dimensionen akzentuiert und dabei aber stets am Prinzip der Selbstähnlichkeit der Marke festhält (vgl. Otte 1995, Tomczak/Roosdorp 1996: 33). Damit öffnet sich ein Mittelweg zwischen essentialistischer und multipler Positionierung. So entpuppt sich auch die Marke Nivea nur vermeintlich als essentialistisch positioniert. Sorgsam wird mit viel Feingefühl in der Markenführung durch eine dynamische Positionierung über die Jahre hinweg die Markenaktualität sichergestellt, was besonders bei der Gestaltungsentwicklung der Marke deutlich wird (s. Abb. 70). Methodisch operiert die dynamische Positionierung mit der Unterscheidung von essentiellen und akzidentiellen Positionierungsdimensionen. Perioden, in denen eine Konzentration und inhaltliche Reduktion auf die Kernaussage der Marke stattfindet, wechseln sich mit Perioden ab, in denen die Kommunikation zusätzlicher, mit dem Markenkern kompatibler Positionierungsdimensionen die Marke aktuell halten (s. Abb. 71). Neben der Kompatibilität der Positionierungsdimensionen mit dem Markenkern sind folgende weitere Anforderungen an eine dynamische Positionierung zu richten (vgl. Tomczak/Roosdorp 1996: 34): •



Kommunizierbarkeit der akzidentiellen Positionierungsdimensionen zur Sicherstellung ihrer Wahrnehmung besonders hinsichtlich des Gelingens der Assoziation zum Markenkern; die kommunizierten akzidentiellen Positionierungsdimensionen müssen glaubhaft sein und damit eine für den Konsumenten widerspruchsfreie Assoziation sicherstellen;

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Analysen und Strategien

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Abb. 70 Entwicklung der Gestaltung der Marke Nivea als Ausdruck ihrer dynamischen Positionierung (Quelle: www.design-literatur.de/blog/2006/11/11/nivea-logo-geschichte-der-marke; Zugriff: 15. 11. 2018)

Abb. 71 Prinzip der dynamischen Positionierung (Quelle: Tomczak/Roosdorp 1996: 34)

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auch für die akzidentiellen Positionierungsdimensionen gilt, dass sie eigenständig und einzigartig sind und nicht nur eine Variante der essentiellen Positionierungsdimensionen sind; ebenfalls gilt für die akzidentiellen Positionierungsdimensionen, dass auch hier ein Role-Taking stattfindet. Die Perspektive der definierten Stakeholder-Gruppe ist Ausgangspunkt für die Ermittlung von möglichen Positionierungsdimensionen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Entwicklungen im MarketingKommunikationssystem und im Markt, aber auch in anderen gesellschaftlichen Teilbereichen, zum Beispiel durch eine geänderte Rechtslage, die Aktualität der Marke einfordern, um sie stets zeit- und situationsabhängig als eine relevante Alternative anbieten zu können. Beispiel

Die Marke McDonald’s wird unter anderem dadurch aktualisiert, dass neben der essentiellen Positionierung als familienfreundliches Schnellrestaurant die akzidentielle Positionierungsdimension der Qualität der Speisen kommuniziert wird (s. Abb. 72).

Abb. 72 Akzidentielle Positionierungsdimension der Produktqualität der Marke McDonald’s (Quelle: http://www.mcdonalds.de/wahrheit#menu; Zugriff: 15. 11. 2018)

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Analysen und Strategien

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2.1.6.2 Datenerhebung

Beide Analysemethoden zur Bestimmung der Positionen von Marken, die kompositionelle wie die dekompositionelle, sehen sich mit generellen Problemen bei der Datenerhebung konfrontiert. Neben der bei vielen Methoden der empirischen sozialwissenschaftlichen Forschung zu beklagenden Reaktivität mit ihrem Problem der sozialen Erwünschtheit von Antworten und Handlungen in Datenerhebungssituationen sind zusammenfassend zu nennen (vgl. Merten 1978: 109, Sommer 1998: 159 f.): •

Halo-Effekt: die Bewertung einzelner Produkt- beziehungsweise Markenmerkmale bei der Profilerstellung im Rahmen einer kompositionellen Vorgehensweise wird stärker von der generellen Akzeptanz beziehungsweise Ablehnung des Produktes/ der Marke bestimmt und weniger durch die Beurteilung der abgefragten konkreten Dimension. Bei diesem als Halo-Effekt bekannten Phänomen erfolgt also eine Übertragung der allgemeinen Bewertung auf die Detailebene (vgl. grundlegend Thorndike 1920). Von Konsumenten präferierte Marken schneiden demnach in allen berücksichtigten Positionierungsdimensionen besser ab, unabhängig von den tatsächlichen Eigenschaftsausprägungen bei diesem Produkt (vgl. Kap. B III 2.4.2). • Aktivierungsumfang des Markenwissens: Bei Ähnlichkeitseinschätzungen von Marken im Rahmen einer dekompositionellen Vorgehensweise ist entscheidend, dass möglichst das jeweils gesamte Markenwissen und nicht nur Ausschnitte aktiviert werden. Ähnlichkeiten sind das Resultat eines kognitiven Prozesses, der in Positionierungsstudien ausgelöst wird, das heißt, sie sind nicht als Gegebenheit im kognitiven System abgespeichert. Um Verzerrungen zu vermeiden, die unweigerlich aus der Selektivität des kognitiven Systems und seiner grundsätzlichen Neigung zur Aufwandsminimierung entstehen (s. Kap. A 1.3.1), ist es daher nötig, möglichst das gesamte Markenwissen mit seinem komplexen Netzwerk aus unterschiedlichen Schemata zu aktivieren, und zwar basierend auf einer handlungsrelevanten, die Lebenswelt des Konsumenten betreffenden Frage, beispielsweise: Welche zwei dieser drei Marken entsprechen am ehesten Ihrer Vorstellung und welche würden Sie für einen Kauf in Erwägung ziehen ? Unabhängig davon, ob kompositionelle oder dekompositionelle Verfahren zum Einsatz kommen, fällt auf, dass in vielen Untersuchungen keine oder nur geringfügige Unterschiede zwischen den Marken aufgedeckt werden. Da Konsumenten jedoch eindeutige Präferenzen für bestimmte Marken haben, müssen Unterschiede zwischen den Marken bestehen, die aber in Positionierungsstudien häufig eben nicht aufgedeckt werden können. Die Komplexität von Marken mit ihren vielen Dimensionen, implizite Effekte, die eigene Erhebungsmethoden erfordern, und die situationsabhängige Wahrnehmung und Nutzung von Marken durch einen multioptionalen Konsumenten stellt die Positionierung heute vor große Herausforderungen. Die sich einstellende Einsicht, dass Marken das Ergebnis eines situativ durchaus variierenden,

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Input

komplexen emotional-kognitiven Sinngebungsprozesses sind, ist, insgesamt gesehen, die Herausforderung, der mit der Idee einer exakt verortbaren Position von Marken zu begegnen immer schwieriger wird.

2.2

Markenstrategien

Im Wirkungsnetz der Input-Konzeptionselemente der Modernen Marketing-Kommunikation wird die Ausrichtung der vom Unternehmen verfolgten Markenstrategie von der Zielgruppe und von der Positionierung des Marketing-Gegenstandes beeinflusst, wobei Positionierung und Markenstrategie wechselseitig aufeinander einwirken, wie bereits in den Ausführungen zur Positionierung einleitend dargelegt wurde (vgl. Kap. B I 2.1, s. Abb. 73).

2.2.1 Entwicklungsgeschichte der Marke Die Anfänge der Markenentwicklung werden auf das späte 2. Jahrhundert datiert. Germanische Zeichen wie Heilsbilder, Heilszeichen und Runen gehören zu den uns bekannten Vorläufern der Marke (vgl. für das Folgende M. Roth 1999: 17 f.). Sie wurden auf Waffen und Schmuckgegenständen angebracht und sollten ihren Träger vor Unheil bewahren. Die Runenschrift, die im 7. Jahrhundert von der lateinischen Schrift verdrängt wurde, setzte sich aus senkrechten und schrägen Strichen zusammen und fand sich vor allem auf hölzernen Losstäben, die zur Befragung der Götter eingesetzt wurden. Allerdings dienten diese Heilsbilder, Heilszeichen und Runen noch nicht der Unterscheidung oder Identifizierung von Personen, Gegenständen oder Institutio-

Abb. 73 Direkte Einflüsse auf die Markenstrategie im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation (eigene Darstellung)

2

Analysen und Strategien

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nen, was ein wesentliches Charakteristikum des Begriffs der „Marke“ in seiner heutigen Bedeutung ist. Daher kann man bei diesen frühen Praktiken des kultischen Markierens etymologisch betrachtet noch nicht von einer „Marke“ sprechen. Die etymologischen Wurzeln liegen im mittelhochdeutschen „marc“ (Grenzlinie, Grenze), dem französischen Begriff „marquer“ (markieren) und dem englischen „mark“ (Marke, Zeichen) (vgl. Bruhn 1994: 5, Linxweiler 2004). Erst ab dem 5. Jahrhundert entwickeln sich Hausmarken, Porträt- und Wappensiegel, die der Kennzeichnung und Unterscheidung von Personen und Gegenständen dienen. Es ist der Beginn der Markierungsphase der Marke. Das Bevölkerungswachstum und die Bildung von großen Herrschaftsgebieten erforderten zunehmend eine stärkere Regelung des sozialen Lebens. Gleichzeitig nahm der Glaube an die heidnischen Götter ab, womit ebenfalls neue Regelwerke für das Gemeinschaftsleben notwendig wurden. Das Urkundenwesen wurde eingeführt, und die Hausmarke – häufige Grundformen waren z. B. der Krähenfuß, der Widerhaken und das Hakenkreuz – diente als Unterschrift. Eine wichtige weitere Funktion der Hausmarke war der Schutz des Eigentums. Das Haus sowie alle zugehörigen Gegenstände und Grundstücke wurden mit der Hausmarke gekennzeichnet, wodurch gestohlenes Gut identifizierbar wurde. Auch die Entstehung der Siegel ist an gesellschaftliche Entwicklungen gebunden, die eine stärkere Ordnung und Regulierung des gesellschaftlichen Lebens erforderten. Eine zunehmende Aufgliederung der Macht- und Herrschaftsverhältnisse, das Aufkommen von Verwaltungsaufgaben, die Verstärkung der Ständebildung und die privilegierte Stellung des Adels führten zur Entwicklung von Porträt- und Wappensiegeln, die der Dokumentation von Macht, der Identifikation von Personen und dem Fälschungsschutz von Anweisungen und Urteilen dienten. Zu dieser Zeit bildeten sich die Grundfunktionen der Marke, das Informieren über den Eigentümer einer Sache und damit zusammenhängend die Identifizierung von Personen und von Haus- und Hofgemeinschaften, aus. Es fand eine Individualisierung der Zeichen statt, also eine Zurechenbarkeit, womit sich die Marke im etymologischen Sinne ausbildete. Mit der Entstehung von Städten neben den landwirtschaftlich geprägten Siedlungsformen und der damit einhergehenden zunehmenden Ausprägung der ständischen Gesellschaft kam es ab dem 12. Jahrhundert zu Funktionsverschiebungen bei den bestehenden Marken und zur Entwicklung neuer Marken und Markenfunktionen. Die Städtegründungen führten zu einer Abtrennung des Handwerksstandes von der Landwirtschaft, zur Ansiedlung der vormals reisenden Kaufleute in den Städten und zur Ausbildung von neuen Berufen, den Dienstleistern. Diese an die Verstädterung gekoppelte gesellschaftliche Ausdifferenzierung ging einher mit der Ausdifferenzierung der ursprünglichen Hausmarken in Handwerks-, Handels- und Dienstleistungsmarken. Die entstehenden Städte verwandten bei ihren Verwaltungs- und Regierungsaufgaben eigene Städtemarken, die jedoch nicht der Wahrnehmung der Interessen der ansässigen Kaufleute und Handwerker und dem Schutz der neuen Wirtschaftszweige dienten. Als Konsequenz bildeten sich neue Institutionen mit

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eigenen Marken, die diese Aufgaben ausübten: die Zünfte und die Zunftmarken. Die ursprüngliche Funktion der Hausmarke, nämlich die Kennzeichnung von Häusern, Gegenständen, Urkunden etc. wurde durch die Einführung der Nummerierung der Häuser sowie die persönliche Unterschrift substituiert. Als wichtige neue Funktion der Handwerks-, Handels- und Dienstleistungsmarken prägte sich die Gewährleistung von Qualität aus, womit eine mittelbare Förderung des Abverkaufs verbunden war. Zu dieser Zeit entwickelten sich erstmals Marken, die ausschließlich wirtschaftlichen Zielsetzungen dienten. Die Entwicklung der Marke ab dem 15. Jahrhundert war geprägt durch das Entstehen neuer, arbeitsteilig organisierter Betriebsformen, die wiederum aus der Notwendigkeit resultierten, den Bedarf der stark zunehmenden Bevölkerung zu decken. Es wurden Verlage, Manufakturen und dann Fabriken gegründet, deren Marken die traditionellen Funktionen der Identifikation und der Demonstration eines hohen Qualitätsniveaus fortführten. Kennzeichen dieser neuen Betriebsformen waren die Abkopplung des Handwerkers vom Markt und das entstehende Abhängigkeitsverhältnis des gewerblichen Produzenten vom Kaufmann. Die Auflösung der Zünfte ab dem 16. Jahrhundert und der zunehmende Gestaltungseinfluss der Territorialstaaten auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben führten zur Aufgabe von Städteund Zunftmarken. Symbolisierte die Zunftmarke die Qualität und das Leistungsvermögen eines ganzen Berufsstandes, so übernahmen nun Handwerks-, Handels- und Dienstleistungsmarken zunehmend diese Aufgabe selbst. Diese Marken wurden entsprechend gestalterisch veredelt und ausgeschmückt. Im Laufe des 19. Jahrhunderts kommt es mit dem Anbruch des Industriezeitalters zu so gravierenden Veränderungen in der Entwicklung des Markenwesens, dass die Redeweise von einer „Zäsur“ (Berekhoven 1992: 34) gerechtfertigt erscheint. Das moderne Markenwesen bildete sich aus, was mit einer Verdrängung der Markierungsphase durch die Phase der Markenwirkung einherging. Verdrängung meint nicht, dass die Marke nicht länger ihre Identifikationsfunktion innehat, sondern dass diese überlagert wird durch eine neue Meta-Funktion, nämlich die der Beeinflussung. Die wesentlichen Veränderungen waren: •



Die zunehmende Gewerbefreiheit, die gleichzeitig zunehmende Entmachtung des Handwerks und die entstehenden Zollunionen führten zu einem starken Anstieg der Produktionsmengen der Fabriken. Diese wuchsen entsprechend und entwickelten sich durch die Abkopplung von der Gründerpersönlichkeit zu unpersönlichen Unternehmen mit eigenen Unternehmensmarken (vgl. M. Roth 1999: 71). Die Kluft zwischen den Akten der Produktion und der Konsumtion von Gütern vergrößerte sich. Da die Hersteller nicht willens waren, sich vom Handel ins Abseits drängen zu lassen, bemühten sie sich um die Aufrechterhaltung des Kontaktes mit den Endabnehmern. Daraus resultierte eine Funktionserweiterung der Unternehmensmarke. Neben die Funktionen der Identifizierung und der Qualitätsdoku-

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Analysen und Strategien

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mentation trat „die Notwendigkeit der Übermittlung eines besonderen – über den reinen funktionalen Nutzen hinausgehenden, auch emotionalen und sensualen Nutzen vermittelnden – Images zur Sicherung des Absatzes“ (ebd.: 94, vgl. auch Dichtl 1992: 4). Dies ist die Geburtsstunde der modernen Marke. • Das sich beschleunigende Wirtschaftswachstum führte zu einer zunehmenden Konkurrenz unter den Herstellern. Diese reagierten mit einer Diversifikationsstrategie. Immer differenziertere Produkte kamen auf den Markt, die sich von denen der Konkurrenz nicht nur unterscheiden, sondern auch begehrter als diese sein mussten. Die Profilierung der eigenen Produkte gegenüber den Konkurrenzprodukten gewann immer mehr an Bedeutung. Die Produktmarken entstanden. • Die halbautomatisierte und später die automatisierte Fertigung von Glasverpackungen und Blechpackungen machte es möglich, dass der Produktverpackung als Markenträger bei der Entwicklung des Markenartikels eine immer wichtigere Rolle zukam (vgl. Leitherer 1994: 147). • Die Reklame entstand. Hergeleitet wird das Wort vom französischen „réclamer“ (zurückrufen, mehrmals rufen) und darüber hinaus von dem lateinischen Wort „clamare“ (rufen), „reclamare“ (dagegenschreien) (vgl. Römer 1980: 15). In der älteren Druckersprache war „la réclame“ das Anfangswort der neuen Seite, das auf der endenden Seite unter die letzte Zeile gesetzt wurde (vgl. Kluge 2015). Von Heine (1840) und Gutzkow (1842) wurde „Reklame“ ins Deutsche eingeführt und die Bedeutung auf die Kundenwerbung ausgedehnt (vgl. Kluge 2015). Die neuen Handelsstrukturen anonymisierten Hersteller und Endabnehmer, was für die Hersteller große Risiken barg. Unübersichtliche Märkte bedeuteten unsichere Nachfrage, was zu Absatzrisiken führte. Die Lösung sah man in der Bekanntmachung der massenhaft produzierten Produkte per Massenkommunikation. Vorrangige Aufgabe der Reklame war es, bei den Kunden Aufmerksamkeit für die produzierten Waren zu schaffen.

2.2.2 Markenbegriff Aus juristischer Sicht wird die Unterscheidungsfunktion der Marke betont. Am 1. Januar 1995 ist das neue Markenrechtsreformgesetz in Kraft getreten, das als Kern das Markengesetz (MarkenG) enthält. Darin vereinte der Gesetzgeber die Schutznormen von unterschiedlichen Kennzeichnungsarten, die bis dahin in unterschiedlichen Gesetzen zu finden waren (Warenzeichengesetz – WZG, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb – UWG, Bürgerliches Gesetzbuch – BGB und Handelsgesetzbuch – HGB), und entwickelte so ein kohärentes Schutzsystem für die Marke, das den Schutz all derjenigen zur Kennzeichnung einer Marke verwendeten Zeichen ermöglicht, die geeignet sind, ein Produkt eines Unternehmens von den Produkten anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Wahlert 1994: 1753, Bugdahl 1998: 2 f.).

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„Als Marke können alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“ (MarkenG, § 3 Abs. 1, zit. n. Wahlert 1994: 1750)

Auch im außerjuristischen Kontext ist die Variante, zur Begriffsbestimmung der Marke über die Unterscheidungsfunktion zu gelangen, vertreten. Irmscher (1997: 6) ordnet derartige Begriffsbestimmungen in die Kategorie „Marke als formales Objekt“ ein, womit die Marke als ein „… Kennzeichen verstanden [wird], das der Markierung von materiellen oder immateriellen Gütern dient“ (ebd.). Diese Definition beschränkt den Markenbegriff semantisch jedoch auf eine pure Differenzierungsfunktion. Sinnvoller erscheint es, in diesem Zusammenhang von „Branding“ zu sprechen, wobei die Markierung als eine notwendige, aber nicht hinreichende Maßnahme zur Markenbildung verstanden wird. „Wir wollen … unter Branding alle Maßnahmen verstehen, die dazu geeignet sind, ein Produkt aus der Masse gleichartiger Produkte herauszuheben und die eine eindeutige Zuordnung von Produkten zu einer bestimmten Marke ermöglichen.“ (Esch/Langner 2000: 411)

Die in der Literatur angeführten Erklärungsansätze zur Marke (s. z. B. Bruhn 1994: 7 f., Essinger 2001: 55 f., Irmscher 1997: 10 f., Linxweiler 2004) können anhand der Elemente des Kommunikationsprozesses grob systematisiert werden. Der Systematik liegt die Vorstellung eines viergliedrigen Prozesses zugrunde, der sich aus den Elementen (1) Markenartikel, (2) Absender (Unternehmen), (3) Instrumentarium und (4) Empfänger (Konsument) zusammensetzt (s. Abb. 74).

Markenartikel

Absender (Unternehmen)

• Merkmalsorientierter Ansatz • Intensitätsbezogener Ansatz

• Herkunftsstrukturierender Ansatz • Identitätsorientierter Ansatz

Instrumentarium

• Instrumentaler Ansatz • Semiotisch orientierter Ansatz

Empfänger (Konsument) • Erfolgsorientierter Ansatz • Konsumentenbezogener Ansatz

Prozess Kommunikationsorientierter Ansatz

Abb. 74 Systematik der Erklärungsansätze zur Marke (eigene Darstellung)

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Analysen und Strategien

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Element: Markenartikel • Merkmalsorientierter Ansatz Der Markenartikel wird anhand von Merkmalskatalogen beschrieben. Der Grundgedanke ist, dass verschiedene herausragende Eigenschaften konstitutiv für einen Markenartikel sind. Der prominenteste Merkmalskatalog dieser Art stammt von Mellerowicz, wonach Markenartikel zu definieren sind als „… die für den privaten Gebrauch geschaffenen Fertigwaren, die in einem größeren Absatzraum unter einem besonderen, die Herkunft kennzeichnenden Merkmal (Marke) in einheitlicher Aufmachung, gleicher Menge sowie in gleichbleibender oder verbesserter Güte erhältlich sind und sich dadurch sowie durch die für sie betriebene Werbung die Anerkennung der beteiligten Wirtschaftskreise (Verbraucher, Händler und Hersteller) erworben haben (Verkehrsgeltung).“ (Mellerowicz 1963: 39)

Die Position des Markenverbandes fiel unter diesen merkmalsorientierten Ansatz. Der Markenverband definierte einen Markenartikel als „… ein Produkt, das die Marke des Herstellers trägt und stets gleich bleibende oder verbesserte Qualität und Ausstattung bietet“ (zit. n. Sandler 1994: 45). Sieben Folgerungen konkretisieren diese Definition: 1) Der Konsument bekommt durch den Markenartikel Sicherheit beim Einkauf. 2) Der Markenartikel steht für Qualität und schafft Vertrauen bei den Konsumenten. 3) Der Markenartikel reagiert flexibel auf Verbraucherwünsche und fördert durch Innovationen den Wettbewerb. 4) Der Markenartikel ist seinen Preis wert. 5) Der Markenartikel ist überall erhältlich und wird über ein dem Produkt entsprechendes Vertriebssystem distribuiert. 6) Der Markenartikel steht aufgrund seiner Qualität, seines Markenbildes, seines Preises und seiner Kommunikation für Kontinuität. 7) Das Angebot an Markenartikeln orientiert sich an den individuellen Verbraucherbedürfnissen und bietet mit seiner Vielfalt Auswahlmöglichkeiten (vgl. ebd.). Die aktuelle Definition des Markenverbandes ist jedoch nicht dem merkmalsorientierten Ansatz zuzuordnen, da sie auf die hohe Bedeutung der Zielgruppe für die Marke abhebt und damit dem konsumentenbezogenen Ansatz zugerechnet werden kann. „Als Marke werden Leistungen bezeichnet, die neben einer unterscheidungsfähigen Markierung durch ein systematisches Absatzkonzept im Markt ein Qualitätsversprechen geben, das eine dauerhaft werthaltige, nutzenstiftende Wirkung erzielt und bei der relevanten Zielgruppe in der Erfüllung der Kundenerwartungen ein Erfolgsniveau im Markt realisiert.“ (Deutscher Markenverband 2001, zit. n. Errichiello et al. 2001: 308)

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• Intensitätsbezogener Ansatz Auch Artikel, die nicht alle Merkmale eines Markenartikels aufweisen oder einige Merkmale in verminderter Intensität ausgeprägt haben, sollten als Markenartikel betrachtet werden. Dies ist die zentrale Überlegung des intensitätsbezogenen Ansatzes, wonach beispielsweise Handelsmarken zwar oftmals nicht das Kriterium der Ubiquität erfüllen, aber dennoch als Markenartikel eingestuft werden. Element: Absender • Herkunftsstrukturierender Ansatz Eng verwandt mit dem intensitätsbezogenen ist der herkunftsstrukturierende Ansatz. Zur Bestimmung des Wesens einer Marke werden die Herkunft beziehungsweise der Träger herangezogen, womit zwischen Hersteller-, Handels- und Dienstleistungsmarken unterschieden werden kann. • Identitätsorientierter Ansatz Der identitätsorientierte Ansatz resultiert aus der Kritik von Jean-Noel Kapferer (1992: 44, ders. 1997: 145) an der Dominanz des Imagekonzeptes im Marketing. Nicht der Schein der Marke darf im Vordergrund stehen, wie es beim Imagekonzept der Fall ist, sondern ihr Wesen, ihre Identität, die vom Unternehmen zu definieren ist. Neben Kapferer sind David Aaker (1996: 68) und im deutschsprachigen Raum Heribert Meffert und Christoph Burmann Vertreter dieses Ansatzes. Sie sehen in einer ausgeprägten Markenidentität die Voraussetzung für den Aufbau und die Festigung des Vertrauens des Konsumenten in die Marke, das sie wiederum zur Grundlage einer langfristigen Kundenbindung und Markentreue erklären (vgl. Meffert/Burmann 1996: 13, s. auch Meffert/Burmann/Koers 2002). „Unter Markenidentität soll … die in sich widerspruchsfreie Summe aller Merkmale einer Marke verstanden werden, die diesen Markenartikel von anderen dauerhaft unterscheidet und damit seine Markenpersönlichkeit ausmacht.“ (Meffert 1998: 812)

Element: Instrumentarium • Instrumentaler Ansatz Der instrumentale Ansatz ermittelt die Charakteristika des Markenartikels durch Rekurs auf den Einsatz typischer Marketinginstrumente. Ein Markenartikel muss demnach bezüglich der Werbung, des Preises, Absatzraums, der Vertriebskanäle etc. bestimmte Anforderungen erfüllen. „Der Markenartikel in eindeutig faßbarer Form besteht … gar nicht … Jeder Markenartikel hat seine besondere ihm eigentümliche Erscheinungsform. Was ihn mit anderen verbindet, ist lediglich die Form des Absatzsystems.“ (Bergler 1939: 237, zit. n. Irmscher 1997: 13)

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Analysen und Strategien

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• Semiotisch orientierter Ansatz Der semiotisch orientierte Ansatz versammelt alle Wesensbestimmungen der Marke, die diese als ein Zeichen im weitesten Sinne begreifen (s. z. B. Adjouri 1993, Boltz 1999: 42 f., Hoshino 1987, Schiele 1999: 14 f.). Auch Arbeiten mit einer klassischen Marketingprovenienz sind hier zu finden. So ist beispielsweise auch die Definition von Philip Kotler, der sich auf das Markenverständnis der AMA (American Marketing Association 1960) beruft, diesem Ansatz zuzurechnen. „Eine Marke (brand) ist ein Name, eine Bezeichnung, ein Zeichen, ein Symbol oder ein Design, oder eine Kombination dieser Elemente, die zur Identifikation der Güter oder Dienstleistungen eines Anbieters oder einer Gruppe von Anbietern zu ihrer Differenzierung von jenen der Konkurrenten dient.“ (Kotler 1989: 379, Hervorh. i. Orig.)

Element: Empfänger • Erfolgsorientierter Ansatz Ein Artikel muss sich in einem Markt erfolgreich durchsetzen, um den Status eines Markenartikels innehaben zu können. Dieser zentrale Gedanke des erfolgsorientierten Ansatzes ist daher daran geknüpft, dass der Markenartikel auf hohem Niveau ökonomische Ziele (z. B. Marktanteil, Distributionsgrad) und psychologisch-kommunikative Ziele (z. B. Markenimage, Markenbekanntheit) erreicht (vgl. Berekhoven 1978). • Konsumentenbezogener Ansatz Der konsumenten- oder auch wirkungsbezogene Ansatz versucht, den Markenartikel nicht aus der Perspektive des Herstellers zu bestimmen, sondern den Konsumenten in das Zentrum der Erklärungsbemühungen zu stellen. Besonders Ludwig Berekhoven hat diesen Ansatz in Weiterentwicklung des erfolgsorientierten Ansatzes nachhaltig geprägt. Er weist darauf hin, dass Markenbildung ein sozialpsychologisches Phänomen ist; „es entscheiden allein die Vorstellungen über Wert und Bedeutung einer Marke im Bewußtsein der (potentiellen) Abnehmer“ (Berekhoven 1992: 43). Als Erfolgsvariablen setzt Berekhoven weniger quantitative ökonomische Größen wie Marktanteil oder Umsatz an, sondern er hebt die Bedeutung der qualitativen Erfolgsdimensionen wie Bekanntheitsgrad, Wertschätzung und Markentreue hervor (vgl. ebd.: 44). Auch Heribert Meffert (1998: 785) vertritt stellenweise in der Literatur mit seinem Markenbegriff diesen Ansatz, den er um Elemente des merkmalsorientierten Ansatzes erweitert. „Im folgenden soll eine Marke … als ein in der Psyche des Konsumenten verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung beschrieben werden. Die zugrunde liegende markierte Leistung wird dabei einem möglichst großen Absatzraum über einen längeren Zeitraum in gleichartigem Auftritt und in gleichbleibender oder verbesserter Qualität angeboten.“ (ebd.)

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Dem konsumentenbezogenen Ansatz lassen sich auch die marken- und konsumentenpsychologischen Erklärungsansätze subsumieren: „Wenn Verbraucher gelernt haben, bestimmte Produktgattungen mit konkreten Marken zu assoziieren, dann sprechen wir von Markenartikeln“ (Unger 1986: 17, s. auch Kroeber-Riel 1984: 296, Sommer 1998). Prozess • Kommunikationsorientierter Ansatz Auch der kommunikationsorientierte Ansatz betont bei seiner Erklärung der Marke die wichtige Rolle des Konsumenten. Er geht aber über die Fokussierung auf den Konsumenten gemäß dem konsumentenbezogenen, verhaltenswissenschaftlich geprägten Ansatz hinaus und legt ein integratives, prozessuales Verständnis zugrunde (vgl. auch Bentele et al. 2009: 10, Herrmann 1999: 42). Dieses resultiert aus der Auffassung von Kommunikation als Prozess der Bedeutungsvermittlung, wodurch in der Interaktion von Unternehmen und Stakeholdern das markenkonstituierende Momentum gesehen wird. Der symbolische Mehrwert der Marke, auch als „symbolischer Nutzen“ (Siegert 2003), „Erlebniswert“ (Schulze 2005, Opaschowski 1991), „emotionale Produktdifferenzierung“ (Kroeber-Riel 1984: 116) oder zusammenfassend als der über den funktionalen Nutzen hinausgehende „Zusatznutzen“ (Esch/Wicke 2000: 19) bezeichnet, bildet sich erst aus dem Zusammenspiel von Bedeutungs- und Sinnzuschreibung sowie Verwendung der Marke durch die Stakeholder einerseits und durch das Markenmanagement in den Organisationen (z. B. NPOs, Unternehmen, Parteien) und Agenturen andererseits. ▶ Definition Die Marke ist ein in Kommunikation entstandenes einzigartiges, emotional aufgeladenes semantisches Netzwerk betreffend einen Gegenstand der öffentlichen Kommunikation (Organisation, Unternehmen, Produkt, Dienstleistung etc.). Dieses Netzwerk wird von einer Menge hochgradig komplexitätsreduzierender Kommunikationsangebote konsistent symbolisiert. Bei diesen Kommunikationsangeboten handelt es sich um jegliche semiotische Materialisierungen – sei es ein TV-Spot, eine Anzeige, ein Logo, eine Tonfolge/Melodie, der Markenname in einem Zeitungsbericht etc. –, die dieses spezifische semantische Netzwerk ganz oder teilweise, bewusst oder unbewusst zur Bedeutungskonstruktion aktivieren.

Die Bedeutungskonstruktion von Marken unterliegt situativen Bedingungen. Sie variiert in Abhängigkeit vom jeweiligen kognitiv-affektiven Zustand des Individuums (z. B. Produktkategorie-Involvement, Rezeptionsrelevanz) und von Charakteristika der Rezeptionssituation (z. B. Modalitäten des Mediums). Desweiteren reduziert die Marke durch ihre Symboleigenschaft Komplexität, weil sie ordnend in den Kommunikationsprozess eingreift. Sie ermöglicht als sinnstiftender Kontext in unübersichtlichen Umwelten selektives Handeln der Stakeholder (z. B.: konsumieren,

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Analysen und Strategien

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spenden) und dämmt gleichzeitig auch die Kontingenz der Informations- und Mitteilungsproduktion seitens der Organisationen ein (vgl. Tropp 2004: 115, 118; 2013a: 9). Damit reduziert die Marke Komplexität, weil sie ordnend in den Marketing-Kommunikationsprozess eingreift. Sie ermöglicht als sinnstiftender Kontext in unübersichtlichen Märkten selektives konsumtives Handeln und dämmt gleichzeitig auch die Kontingenz der Informations- und Mitteilungsproduktion seitens der marketingtreibenden Organisationen ein (vgl. Tropp 2004: 115, 118). Durch die integrative Perspektive des kommunikationsorientierten Ansatzes geraten weiterhin die Entwicklungen des Marketing-Kommunikationssystems im Bereich der Media-Planung und des Media-Einkaufs nicht aus dem Blick. Denn zweifelsohne haben die Medien einen wesentlichen Einfluss auf die Ausbildung, die Stabilisierung und die Modifikation von markenspezifischem Wissen – sei es durch die Entscheidungen im Bereich der Media-Strategie und -Planung, die festlegen, in welchen Medien wann, wie und wie häufig die Marke kommuniziert wird, oder sei es durch den gesellschaftlichen Meta-Prozess der Medialisierung, von dem auch und gerade die Marketing-Kommunikation und damit die Marke betroffen ist (s. Kap. A 4).

2.2.3 Markenfunktionen Die folgende Aufstellung zeigt die Breite von Markenfunktionen. Sie resultiert aus der Berücksichtigung des betriebswirtschaftlichen, verhaltenswissenschaftlichen, psychologischen, soziologischen und kommunikationswissenschaftlichen Zugangs (vgl. Adjouri 1993: 232, Bruhn 1994: 23 f., Hellmann 2005, Irmscher 1997: 16, Meffert 1998: 785, Schiele 1999: 16 f., Sommer 1998: 79 f.). Die Funktionen können klassisch nach den Perspektiven von Hersteller, Handel und Konsumenten sowie zusätzlich nach deren Kommunikationsverhältnis gegliedert werden (s. Tab. 7). Aus einer Perspektive, die auf die Kommunikation zwischen den Marktteilnehmern gerichtet ist, ergibt sich die Kopplungsfunktion der Marke. Die Marke realisiert und festigt im Idealfall die Beziehung zwischen den Marktakteuren, womit ihr eine kommunikative Doppelfunktion zukommt. Denn neben ihrer Rolle als Botschaft im Kommunikationsprozess zwischen Hersteller, Handel und Konsument dient die Marke dem Konsumenten auch als Botschaft in der Kommunikation und Interaktion mit seiner sozialen Umwelt (vgl. Adjouri 1993: 232). Dies ist aber auf Markenprodukte einzuschränken, die im öffentlichen Raum (z. B. Autos, Kleidung) und nicht überwiegend nur privat zu Hause genutzt werden (z. B. Zahnpasta, Haushaltsreiniger).

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Tab. 7

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Funktionen der Marke für Hersteller, Handel und Konsumenten Funktionen der Marke

Herstellerperspektive

Handelsperspektive

Konsumentenperspektive

• Differenzierungsfunktion • Absatzförderungsfunktion • Verhandlungsfunktion: Stärkung der Verhandlungsposition gegenüber dem Handel • Sortenfunktion: Dokumentation der gemeinsamen Herkunft von Produkten, z. B. Audi A4 und Audi A3 • Monopolisierungsfunktion: Sicherstellung der exklusiven Nutzung eines Markenzeichens durch rechtlichen Schutz • Profilierungsfunktion: Möglichkeit der über die Differenzierungsfunktion hinausgehenden Profilierung des Unternehmens, eines Produktes oder einer Dienstleistung

• Absatzrisikominderung: Minderung des Absatzrisikos durch Selbstverkäuflichkeit der Herstellermarken • Renditefunktion • Marketingfunktion: Reduzierung des Einsatzes eigener Marketinginstrumente • Kostensenkungsfunktion: Kostenersparnis durch schnellen Produktumschlag • Profilierungsfunktion im Fall der eigenen Handelsmarke Profilierungsfunktion gegenüber Herstellern

• Identifikationsfunktion • Vertrauens- und Sicherheitsfunktion • Nutzenfunktion • Orientierungsfunktion • Garantiefunktion • Selbstinszenierungsfunktion • Ausdrucksfunktion von Gruppenzugehörigkeit • Ausdrucksfunktion von Wertorientierungen • Mythosfunktion • Ritualfunktion

Kommunikationsperspektive Kopplungsfunktion

2.2.4 Markenstrategiedimensionen und -optionen Das zentrale Anliegen der Markenstrategie besteht in der schlüssigen Auswahl von Markentypen zwecks der Zusammenstellung eines Markenportfolios, das zum Aufbau beziehungsweise zur Sicherung eines Wettbewerbsvorteils beiträgt (vgl. Becker 2018, Schiele 1999: 29). Damit gibt die Markenstrategie die grundsätzliche Ausrichtung des Marketingmix vor. Es kann zwischen folgenden Strategiedimensionen mit ihren jeweiligen Strategieoptionen unterschieden werden (vgl. Schiele 1999: 30 f.): • Übernahme der Marketing-Führerschaft Kernfrage: Bis zu welchem Grad soll die Markenführung selbstständig übernommen werden ? Als strategische Optionen bieten sich zum einen die reine Herstellermarkenstrategie und zum anderen im Rahmen einer Doppelstrategie die zusätzliche Vermarktung der produzierten Erzeugnisse als Handelsmarke an. Mit letzterer Variante, dem Vertrieb von Hersteller- und Handelsmarke/-n, ist eine partielle Verlagerung der Marketing-Führerschaft in den Absatzkanal verbunden. Der Handel tritt dann gegenüber den Konsumenten als Markeneigner auf und steuert den Einsatz der Marketing-Maßnahmen.

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Analysen und Strategien

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Länderübergreifender Standardisierungsgrad der Markenkonzeption Kernfrage: Wie soll im Rahmen der internationalen Markenpolitik vorgegangen werden ? In dieser Dimension des geografischen Geltungsbereichs von Marken stehen die Strategieoptionen der Welt-, Regional- und Ländermarkentypen zur Wahl. Die Weltmarke wird durch ein globales Markenzeichen symbolisiert und beruht auf einer entsprechenden Positionierung (z. B. Coca-Cola, Marlboro). Die Markenprodukte können dabei jedoch an die jeweiligen Markt- und Kulturverhältnisse angepasst werden. Beispiel

McDonald’s bietet nur in Griechenland einen Greek Salad, Greek Mac und Greek Chicken an (s. Abb. 75).

Erzwingen Ländergruppen aufgrund der Bedürfnislage der Konsumenten oder der Wettbewerbssituation eine spezifische Marktbearbeitung, kommt die regionale Strategieoption zum Zug. Auch kann die sprachabhängige Semantik eines Markennamens diese Strategieoption erzwingen. Beispiel

Der Automobilhersteller Mitsubishi hat seinen Geländewagen Pajero in allen spanischsprachigen Ländern Montero genannt. Pajero steht im Spanischen umgangssprachlich für „Wichser“.

Abb. 75 Display in einem McDonald’s-Restaurant in Griechenland 2006 (eigene Abbildung)

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Schließlich können landesspezifische Konsumentenbedürfnisse, die Konkurrenzsituation, die Rechtslage oder auch im Falle einer Fusion oder Übernahme ein hoher Bekanntheitsgrad einer Marke einer geografischen Standardisierung im Wege stehen und zu einer Ländermarkenstrategie führen. Beispiel

1973 wurde das im Jahr 1865 gegründete Schweizer Familienunternehmen Dosenbach durch die Deichmann-Gruppe übernommen. In der Schweiz wurde der Name des Unternehmens aber beibehalten.

Die Art des Markenproduktes spielt eine gewichtige Rolle bei der strategischen Entscheidung in der Dimension des geografischen Geltungsbereichs der Marke. So sind Industriegüter und technische Produkte (z. B. Hardware) in ihrer Bedeutung und Handhabung weniger kulturell codiert als Gebrauchs- und vor allem Konsumgüter. Letztere erzwingen eher eine regional- oder landesspezifische Adaption der Markenpolitik (s. Abb. 76).

Abb. 76 Produktarten und ihr Ausmaß an Kulturbindung als Einflussfaktoren auf den landesspezifischen Adaptionsbedarf der Marke (vgl. Quelch/Hoff 1986: 60, T. Richter 2002: 225 f.)

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Analysen und Strategien

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• Anzahl der Marken in einem Produktbereich Kernfrage: Wie viele Marken sollen in einer Produktkategorie lanciert werden ? Mit einer Monomarkenstrategie bleibt das Markenportfolio in einer Produktkategorie auf eine Marke beschränkt, die sich an alle Konsumenten richtet. Die Mehrmarkenstrategie hingegen zeichnet sich durch ein differenziertes Vorgehen in Form der parallelen Führung von mehreren, auf unterschiedliche Konsumentensegmente zugeschnittenen Marken in einer Produktkategorie aus. Beispiel

„Städtereise, Aktivurlaub, eine kleine gemütliche Pensionen in den Bergen oder lieber das klassische Strandhotel mit Pool ? Für jeden Urlaubswunsch gibt es den entsprechenden Reiseveranstalter.“ (https://www.thomascook.de/reiseveranstalter/ Zugriff: 16. 11. 2018) (s. Abb. 77)

• Anzahl der unter einer Marke geführten Produkte Kernfrage: Soll einer integrierten oder isolierten Produktmarkierung Vorrang gegeben werden ? Rein formal betrachtet geht es in dieser Strategiedimension um die Frage, ob jeder Marketing-Gegenstand mit einer eigenen Marke versehen werden oder einer Bündelung dieser unter einer Marke Vorrang gegeben werden soll. Aus der Perspektive der Konsumenten wird damit aber die Option des produktübergreifenden Image- oder Goodwill-Transfers angesprochen, also die reziproke Übertragung von Wissen von einem Markenprodukt auf ein anderes und vice versa. Dies

Abb. 77 Mehrmarkenstrategie des Reiseunternehmens Thomas Cook AG in Deutschland (Quelle: https://www.thomascook.de/reiseveranstalter/ Zugriff: 16. 11. 2018)

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BI

Input

geschieht über eine klammernde Markensymbolik, in der Regel das Markenzeichen, das inhaltlich den zentralen Produktnutzen als Transferklammer konnotiert (vgl. Hätty 1994: 572). Optionen stellen die Produkt-, Familien- oder Dachmarkenstrategie dar.

2.2.4.1 Produktmarkenstrategie

Die Produktmarkenstrategie, auch Einzelmarken- oder Monomarkenstrategie genannt, ordnet jedem Produkt ein eigenes Produktversprechen zu. Das Markenartikel herstellende Unternehmen bleibt dabei für den Konsumenten im Hintergrund und verzichtet damit gezielt auf ein produktübergreifendes Identifikationsmerkmal. Da von anderen Marken des Unternehmens kein Spill-over-Effekt auf die Produktmarke zu erwarten ist, sich also keine Wirkungen einstellen, die auf Marketing-Maßnahmen für andere Marken des Herstellerunternehmens zurückgehen (vgl. Nieschlag et al. 1998: 851), bietet eine Produktmarkenstrategie am ehesten die Voraussetzung, eine direkte, klare Positionierung vornehmen zu können (vgl. Becker 2005, Schiele 1999: 33). Grundsatz der Produktmarkenstrategie eine Marke = ein Produkt = ein Produktversprechen Beispiel

Das Unternehmen Procter & Gamble stellt unter anderem die Marken Ariel, Lenor und Pampers her. Lediglich aufgrund der gesetzlichen Kennzeichnungspflicht ist zumeist auf der Rückseite der Produktverpackung unauffällig der Name des Unternehmens angegeben (vgl. Abb. 78).

In Tab. 8 wird ein Überblick über die wichtigsten Vor- und Nachteile der Produktmarkenstrategie gegeben.

Abb. 78 Produktmarke Lenor des Unternehmens Procter & Gamble

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Analysen und Strategien

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Tab. 8 Wichtige Vor- und Nachteile der Produktmarkenstrategie (vgl. Becker 2000: 275, s. auch Meffert 1998: 796) Vorteile

Nachteile

Klare („spitze“) Profilierung eines Produktes möglich

Ein Produkt muss den gesamten Markenaufwand (Markenbudget) allein tragen

Konzentration auf eine definierte Zielgruppe

Voraussetzung ist ein tragfähiges Marktvolumen(potenzial)

Wahl einer spezifischen Positionierung gegeben

Langsamer Aufbau einer Markenpersönlichkeit („brand identity“)

Gute Darstellungsmöglichkeit des Innovationscharakters eines neuen Produktes

Bei immer kürzeren Produktlebenszyklen Gefahr, dass der Break-Even-Point nicht mehr erreicht wird

Profilierungs- und Positionierungsfreiheiten im Produktlebenszyklus (Relaunch-Maßnahmen)

Durch Strukturwandel von Märkten kann die Überlebensfähigkeit produktspezifischer Marken gefährdet sein

Vermeidung eines Badwill-Transfereffektes bei Misserfolg des Produktes auf andere Produkte des Unternehmens

Immer größere Probleme, geeignete und schutzfähige Markennamen zu finden

2.2.4.2 Familienmarkenstrategie

Mit der Familienmarkenstrategie werden unter einer Marke unterschiedliche Produkte für eine bestimmte Produktkategorie gebündelt, die auf unterschiedliche Marktsegmente der Produktkategorie zielen. Die Imagedimensionen der Markenpositionierung sind somit für alle unter der Familienmarke angebotenen Produkte wirksam. Grundsatz der Familienmarkenstrategie eine Marke = unterschiedliche Produkte einer Produktkategorie = produktübergreifendes Versprechen Beispiel

Das Unternehmen Beiersdorf bündelt unter der Familienmarke Nivea Produkte aus der Produktkategorie der Körperpflege (s. Abb. 79). Auch kann ein Unternehmen mehrere

Abb. 79 Familienmarke Nivea mit exemplarischen Produkten aus der Produktkategorie der Körperpflege des Unternehmens Beiersdorf (Quelle: www.nivea.de, Zugriff: 10. 08. 2010)

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Input

Familienmarken führen. Beispielsweise führt das Unternehmen Unilever unter anderem die Familienmarken Livio (Salatdressing und Speiseöl), Langnese (Speiseeis) und Unox (Suppen).

Von den im Folgenden aufgeführten Vor- und Nachteilen der Familienmarkenstrategie (s. Tab. 9) ist der Aspekt des Markenbudgets hervorzuheben. Er hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass es durch die im Rahmen einer Familienmarkenstrategie erzielbaren Synergieeffekte und damit Kosteneinsparungen im Markenmanagement zu einer Abkehr von Produktmarken gekommen ist.

Tab. 9 Wichtige Vor- und Nachteile der Familienmarkenstrategie (vgl. Becker 2000: 277, s. auch Meffert 1998: 799) Vorteile

Nachteile

Spezifische Profilierungsmöglichkeit (vor allem bei spezieller „Nutzenphilosophie“ für Produktlinien)

Der Markenkern der Ausgangsmarke begrenzt die Innovationsmöglichkeiten

Mehrere Produkte tragen den erforderlichen Markenaufwand (Markenbudget)

Gefahr der Markenüberdehnung bzw. -verwässerung durch nicht philosophieadäquate Neuprodukte („rubber effect“)

Neue Produkte partizipieren am Goodwill der Familienmarke (Starthilfe)

Bei der Profilierung einzelner Produkte muss Rücksicht auf die Basispositionierung genommen werden

Insbesondere bei Vorhandensein einer speziellen Nutzenphilosophie gute Ausschöpfungsmöglichkeiten von (neuen) Teilmärkten (Satellitenstrategie)

Wettbewerbsbedingte Restrukturierungsmaßnahmen (Relaunch) sind relativ begrenzt (insbesondere gegenüber starken Produktmarken)

Jedes neue „philosophiegerechte“ Produkt stärkt das Markenimage (Markenkompetenz)

Die Familienmarke ist nur dort einsetzbar, wo die Konsumenten Angebotssysteme mit entsprechenden Nutzenklammern akzeptieren

Die Familienmarke ermöglicht die Bildung eigenständiger „strategischer Geschäftsfelder“ (Organisationseinheiten mit eigenen strategischen Erfolgsfaktoren)

Familienmarkensysteme sind gefährdet, wenn der Handel solche Systeme nicht voll aufnimmt (bzw. nicht als System präsentiert)

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Analysen und Strategien

255

2.2.4.3 Dachmarkenstrategie

Die Dachmarkenstrategie stellt den Gegenpol zur Produktmarkenstrategie. Es werden alle Marketing-Gegenstände eines Unternehmens unabhängig von ihrer Produktgruppenzugehörigkeit unter einer Marke gebündelt. Bei diesem auch als Umbrella Brand bezeichneten Markentyp steht das Unternehmen und seine Kompetenz im Vordergrund der Positionierungsbemühungen, weswegen es bei dieser Strategieoption auch typisch ist, den Unternehmensnamen als Markennamen zu verwenden. Grundsatz der Dachmarkenstrategie eine Marke = unterschiedliche Produkte aller Produktkategorien = produktkategorienübergreifendes Versprechen Beispiel

Die Automobilhersteller BMW, Fiat oder VW bündeln unter ihren Dachmarken das gesamte Angebotsprogramm. Ebenso das Unternehmen Allianz (s. Abb. 80).

Wie auch bei der Familienmarkenstrategie sind als Vorteil der Dachmarkenstrategie die positiven Kosteneffekte zu betonen, die durch Synergieeffekte erzielt werden können (s. Tab. 10). Selbst Unternehmen, die klassisch eine Produktmarkenstrategie verfolgen – wie etwa Procter & Gamble –, fassen heute eine Strategiemodifikation in Richtung Dachmarke ins Auge.

Abb. 80 Die Dachmarke Allianz (Quelle: www.allianz.de; Zugriff: 02. 04. 2019)

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Input

Tab. 10 Wichtige Vor- und Nachteile der Dachmarkenstrategie (vgl. Becker 2000: 279, s. auch Meffert 1998: 799) Vorteile

Nachteile

Alle Produkte tragen den notwendigen Markenaufwand (Markenbudget) gemeinsam

Die klare Profilierung eines ganzen Programms unter einer Marke ist stark erschwert (nur „runde“ Profilierung möglich)

Eine vorhandene Dachmarke erlaubt relativ leicht die Einführung neuer Produkte

Die Konzentration auf einzelne Zielgruppen ist im Prinzip nicht möglich

Jedes neue Produkt kann am Goodwill der Dachmarke partizipieren (Starthilfe)

Als Positionierung kann nur eine allgemeine, eher unspezifische „Lage“ gewählt werden

Das Unternehmen kann sich auch in kleineren Teilmärkten engagieren

Auf Besonderheiten der Profilierung einzelner Programmteile kann (auch bei Relaunchaktivitäten) keine Rücksicht genommen werden

Kurze Produktlebenszyklen bei einzelnen Produkten gefährden nicht die gesamte Ökonomie der Marke

Innovationen können nicht spezifisch profiliert bzw. ausgelobt werden

Kein aufwendiger Prozess der Suche nach neuen schutzfähigen Marken notwendig

Im Falle des Scheiterns eines Produktes ergeben sich Badwill-Transfereffekte auf die Marke und alle Produkte

Als weiterer triftiger Grund für eine derartige Strategiekorrektur ist die Profilierungsnotwendigkeit des Unternehmens zu nennen, das sich heute erkennbar zu seiner gesellschaftlichen Verantwortung bekennen muss. James Stengel, weltweiter Chief Marketing Officer von Procter & Gamble, formuliert entsprechend: „Die Menschen wollen wissen, was das für ein Unternehmen ist, von dem sie die Produkte kaufen“ (zit. n. Schroeter 2008a: 14).

2.2.4.4 Markenstrategie-Mix

In der Praxis ist es gängig, Produkt-, Familien- und Dachmarkenstrategie zu kombinieren, und nicht, eine idealtypische, reine Markenstrategie zu verfolgen. Der Grund ist in der Evolution des Unternehmens und seines Markenportfolios zu sehen, innerhalb der es zu nicht absehbar gewesenen Markentransfers und Markeninnovationen gekommen ist, die mit der Ausgangsstrategie nicht kompatibel sind. Ebenso habe Mergers & Acquisitions dazu beigetragen, dass Unternehmen heute komplexe Markenarchitekturen aufweisen. So hat das Unternehmen Henkel beispielsweise rund 200 Marken in seinem Portfolio und Unilever hat seine früheren 1600 Marken auf heute 400 Stück reduziert.

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Analysen und Strategien

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▶ Definition (Esch 2014: 542) „Unter einer Markenarchitektur versteht man die Anordnung aller Marken eines Unternehmens zur Festlegung der Positionierung und der Beziehung der Marken und der jeweiligen Produkt-Markt-Beziehungen aus strategischer Sicht.“

Beobachten lassen sich Markenstrategie-Kombinationen von: • • • •

Dach- und Produktmarke, zum Beispiel: Henkel (Dachmarke)/Pril (Produktmarke), Red Bull (Dachmarke)/Cola (Produktmarke), Dach- und Familienmarke, zum Beispiel: Milka (Dachmarke)/Lila Pause (Familienmarke), Familien- und Produktmarke, zum Beispiel: Jacobs (Familienmarke)/Krönung (Produktmarke) sowie von Dach-, Familien- und Produktmarke, zum Beispiel VW (Dachmarke)/Golf (Familienmarke)/GTI (Produktmarke) (s. Abb. 81).

Dachmarke

Produktmarke + Familienmarke

Abb. 81 Anzeigenmotiv für den VW Golf GTI als Beispiel eines Markenstrategie-Mix (Quelle: Stern 18/2009)

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Input

2.2.4.5 Selektion der Markenstrategie

Die Selektion der Markenstrategie steht unter dem Einfluss von folgenden Determinanten der Gestaltung des Markenportfolios (vgl. Schiele 1999: 232 f.): •

Ressourcenausstattung des Herstellers Sind die finanziellen Ressourcen des Unternehmens beschränkt beziehungsweise stehen Kostenüberlegungen im Vordergrund, kommt weniger eine Produkt- als eher eine Dach- oder Familienmarkenstrategie infrage. Der Grund ist besonders in den notwendigen Aufwendungen für die Marketing-Kommunikationskosten zu sehen. Wird keine hinreichende Aufmerksamkeit für die Marke aufgebaut als Voraussetzung dafür, dass überhaupt Nachfrage bei den Konsumenten entstehen kann, wird der Handel einer Listung des Markenartikels kritisch gegenüberstehen. Damit fällt die Chance gering aus, das Produkt auf dem Markt zu etablieren. • Transfereignung eingeführter Markensymbole Steht das Wissen über eine Marke, besonders das im Bereich der primären zentralen Assoziationen des Markenkerns, im Widerspruch zur Soll-Position einer neuen Marke, kommt keine Familien- oder Dachmarkenstrategie infrage. Auch ist zu beachten, dass für einen Transfer einer Marke im Sinne der Übertragung eines Warenzeichens auf eine andere Produktklasse in Deutschland gemäß dem Markengesetz und der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke eine Neuanmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt notwendig ist. Die Gewährung eines Schutzrechtes in der Zielproduktklasse ist somit abhängig von dem dort bereits noch nicht erteilten Schutzrecht für ein anderes Unternehmen, das diese Marke führt. • Technisch-funktionaler Fit von Stamm- und Transferprodukt Neben dem symbolischen Nutzen der Marke ist auch ihr technisch-funktionaler Nutzen auf eine Übertragbarkeit im Rahmen einer integrativen Familien- oder Dachmarkenstrategie zu prüfen. So dürfte ein Hersteller von Babynahrung erhebliche Probleme erhalten, wenn er unter derselben Marke auch ein Schädlingsbekämpfungsmittel anbieten wird. Kognitive Dissonanzen (s. Kap. B III 2.4.1) seitens des Konsumenten sind Folgen der wahrgenommenen Inkompatibilität der technisch-funktionalen Eigenschaften von Produkten unter einer Marke, die sich ökonomisch negativ auswirken. • Ausmaß der Markenstärke Die Übertragung positiver Imageeigenschaften und eines hohen Bekanntheitsgrades ist stets die Absicht, die mit einem Markentransfer verfolgt wird. Sind beide Voraussetzungen bei der Ausgangsmarke nicht gegeben, kommt eine integrative Markenstrategie nicht infrage. Idealerweise ist die Originalmarke in ihrem Segment beziehungsweise Consideration Set Marktführer oder liegt hinsichtlich ihrer Markenstärke zumindest an zweiter Stelle (vgl. Müller 1994: 503). Ist jedoch

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Analysen und Strategien

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der technisch-funktionale Fit von Stamm- und Transferprodukt nicht gegeben, ist auch vorhandene Markenstärke kein Garant für einen erfolgreichen Markentransfer. Beispiel

„Im Falle von BIC hatte man versucht, den Goodwill der Konsumenten auf Damenstrumpfhosen zu übertragen … Bis dahin war das Markenimage in erster Linie durch preisgünstige Wegwerfartikel, die trotz alledem eine akzeptable Qualität aufwiesen, geprägt. Es handelte sich insofern um Imagedimensionen, die auf den ersten Blick betrachtet auch beim Kauf von Damenstrumpfhosen von Bedeutung sind. Dennoch wurde mit dem Transferprodukt nur ein sehr geringer Umsatz erzielt. Der Grund dafür lag darin, dass man die bisherigen BIC-Produkte wie Kugelschreiber und Feuerzeuge primär aus Plastik fertigte, weshalb die Assoziation mit diesem Material fest im Image von BIC verankert war (BIC = Produkte aus Plastik). Der Goodwill der Marke bezog sich insofern lediglich auf Plastikprodukte. Bei der Beurteilung von Strumpfhosen durch die Benutzerinnen spielte die Kompetenz von BIC bei Plastikartikeln allerdings keine Rolle. Der ohne Zweifel existente USP von BIC, der den Stammprodukten großen Erfolg bescherte, kam beim Transferprodukt nicht zum Tragen.“ (Schiele 1999: 241 f.)



Kompatibilität der Zielgruppen Stehen die Zielgruppen von Produkten, die mit einer Marke angesprochen werden sollen, in einem Antipathie- oder Spannungsverhältnis zueinander, ist keine Familien- oder Dachmarkenstrategie zu wählen. Die Marke, die als produktübergreifendes Identifikationsmerkmal fungiert, signalisiert auch Mitgliedern heterogener Zielgruppen eine Zusammengehörigkeit durch ihre Markenwahl. Marken, die im öffentlichen Raum genutzt werden, können in diesem Fall nicht mehr zur sozialen Distinktion eingesetzt werden, um sich als Mitglied einer Bezugsgruppe gezielt von anderen Konsumentengruppen abzugrenzen. • Integriertes Marketingmix-Management Die vertikale Koordination der Marketing-Maßnahmen im Rahmen einer Produktmarkenstrategie bedarf im Falle einer produktübergreifenden Familien- beziehungsweise Dachmarkenstrategie der Ergänzung um eine horizontale Koordination (s. Abb. 82). Diese stimmt die Maßnahmen für die Produkte aufeinander ab und sichert damit die produktübergreifende Konsistenz der Marke, sodass es beispielsweise nicht zu widersprüchlichen Aussagen oder nicht miteinander vereinbaren preispolitischen Entscheidungen kommen kann. Eine Familien- oder Dachmarkenstrategie stellt damit Anforderungen an die Organisationsstruktur des Unternehmens. Diese darf sich als Organisationsprinzip nicht an Produkten, sondern sollte sich an Marken orientieren. Nicht die isolierte Verantwortung der Produktmanager für ihre Produkte, sondern die produktüber-

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Input

Abb. 82 Vertikale und horizontale Koordination der Marketinginstrumente bei Einsatz einer Dach- bzw. Familienmarke (vgl. Schiele 1999: 247)

greifende Verantwortung eines Markenmanagers ist die zu wählende Organisationsoption im Falle des Einsatzes integrativer Markenstrategien. Neben diesen Determinanten zur Gestaltung des Markenportfolios können in einem weiteren Konkretisierungsschritt detaillierte Bewertungskriterien zusammengestellt werden, anhand derer die Erfüllung unternehmensspezifischer Anforderungen an eine Markenstrategie beurteilt werden können. Die Beurteilungskriterien können sich auf die unternehmensinterne Situation, die Wettbewerbs-, die Zielgruppen- oder die Handelssituation richten und sind unternehmensindividuell, eben je nach Situation festzulegen. Die zusammengestellten relevanten Beurteilungskriterien werden durch ein Punktbewertungsmodell in einem nächsten Schritt gewichtet, je nach Anforderungen des Unternehmens an eine Markenstrategie (vgl. Abb. 83). Im folgenden Schritt erfolgt die Einschätzung der Erfüllung der Markenstrategieoptionen hinsichtlich der formulierten Anforderungen (vgl. Abb. 84). Schließlich ermöglicht die Multiplikation eines jeden Beurteilungskriteriums mit dem jeweiligen Bedeutungsgewicht des Items und die anschließende Addition der Einzelwerte eine Aussage über die Vorteilhaftigkeit einer Option. Keinesfalls sollte die Gewinner-Option jedoch anschließend unkritisch umgesetzt werden. Es gilt, sich über die methodischen Schwächen des Punktbewertungsverfahrens im Klaren zu sein (Unvollständigkeit der Bewertungskriterien, Abhängigkeit der Kriterien untereinander, Subjektivität der Gewichtungen), weshalb letztlich im Rahmen einer Expertendiskussion, die sich auf das Ergebnis des Verfahrens stützt, die Entscheidung über die Wahl der Markenstrategie zu fällen ist.

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Abb. 83 Fiktives Profil der Bedeutungsgewichte relevanter Bewertungskriterien bei der Wahl zwischen einer Mono- und einer Mehrmarkenstrategie (Quelle: Schiele 1999: 260)

Abb. 84 Erfüllungsgrad im Hinblick auf Anforderungen an eine Mono- und eine Mehrmarkenstrategie (Quelle: Schiele 1999: 261)

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Input

2.2.5 Herausforderungen der Markenstrategie Den erwähnten, heute zu beobachtenden komplexen Markenarchitekturen von Unternehmen in Form von historisch gewachsenen Markenportfolios mangelt es an interner Logik, was eine strategische Markenführung erschwert und bei den Unternehmen zur Notwendigkeit der Überarbeitung ihrer bestehenden Markenarchitekturen führt. Infrage steht, ob sie sich dabei auch weiterhin an den klassischen Markenstrategien (Produkt-, Familien-, Dachmarkenstrategie) orientieren können. Denn erstens ist deren zentrales Differenzierungskriterium – die Anzahl der Produkte, die in einem Produktbereich unter einer Marke geführt werden – wenig hilfreich für das heutige Markenmanagement, das Interaktionseffekte zwischen Marken in komplexen Markenarchitekturen berücksichtigen muss. Damit zusammenhängend steht zweitens die Markenführung vor der Herausforderung, dass sie festlegen muss, in welchem Ausmaß jeweils das Unternehmen (Corporate Brand) und die einzelnen Produktmarken (Product Brand) in der zu schaffenden Markenarchitektur fokussiert werden sollen. Diese Herausforderung resultiert aus der Tatsache, dass Corporate Brand und Product Brand in Abhängigkeit von der Perspektive der jeweiligen Anspruchsgruppe unterschiedliche Bedeutungen zukommen. So messen Kunden, Handelsunternehmen und Unternehmensangestellte der Product Brand eine größere Bedeutung zu als Aktionäre und Analysten, für die umgekehrt die Corporate Brand von höherer Relevanz ist (vgl. Esch 2014). Des Weiteren ist bei der Überarbeitung des Markenportfolios zu beachten, dass die Corporate Brand durch die heutige Profilierungsnotwendigkeit des Unternehmens in Richtung ihres Bekenntnisses zur Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung (Corporate Social Responsibility) zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Markentheorie hält aktuell zwei Lösungsansätze bereit, um der Herausforderung der effektiven Gewichtung von Corporate und Product Brand in der Markenführung zu begegnen. Zum einen wird vorgeschlagen, das klassische markenstrategische Differenzierungskriterium der Anzahl der Produkte, die unter einer Marke geführt werden, gegen das der Wechselwirkungen der Marken eines Unternehmens auszutauschen (s. z. B. Laforet/Saunders 1994: 68, Aaker/Joachimsthaler 2000: 105). Es lassen sich dann auf einem Kontinuum Markenarchitekturen unterscheiden, die von den beiden Extremtypen „Branded House“ (Dominanz der Corporate Brand und starke Interaktionen zwischen den Marken) und „House of Brands“ (Führung von Einzelmarken mit eigenständiger Positionierung und ohne integrierendes Markendach) eingerahmt werden (vgl. Abb. 85 und Abb. 86). In der Praxis der Überarbeitung von Markenarchitekturen werden aktuell diese beiden Extremvarianten jedoch kaum angetroffen. Am verbreitetsten ist die Strategievariante des Endorsement Branding, bei der ein Mittelweg eingeschlagen wird und einzelne Aspekte der Stärke der übergeordneten Marke zur Stützung der Product Brands genutzt werden, besonders die Vertrauens- und Glaubwürdigkeit der Herstellermarke und deren Qualitätsgarantie (z. B. Nestlè → Nescafé).

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Analysen und Strategien

Abb. 85 Wechselwirkungsbezogene Markenarchitekturtypen nach Laforet/Saunders 1994 (Quelle: Esch 2005: 425)

Abb. 86 Wechselwirkungsbezogene Markenarchitekturtypen nach Aaker/Joachimsthaler 2000 (Quelle: Esch 2005: 427)

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Input

Abb. 87 Wirkungsbezogene Klassifikation von Markenarchitekturen (Quelle: Esch 2005: 429)

Der zweite Vorschlag hebt auf die Wahrnehmung von Markenarchitekturen aus Konsumentensicht ab (vgl. Esch 2005: 429). Hier wird mittels einer Outside-in-Perspektive eine wirkungsbezogene Klassifikation von Markenarchitekturen angestrebt (vgl. Abb. 87). Werden diese beiden Ansätze miteinander verglichen, zeigt sich jedoch als wesentliches Differenzierungskriterium lediglich die Anzahl der jeweils resultierenden Markenarchitekturtypen. Diese fällt bei einer wirkungsbezogenen Klassifikation geringer aus. Inhaltlich sind keine signifikanten Unterschiede feststellbar. Auch weisen die beiden Ansätze im Vergleich zu den klassischen Markenstrategien wenig neuen Erkenntnisgewinn auf. Als Fazit für den Umgang mit der Herausforderung der effektiven Gewichtung von Corporate Brand und Product Brand lässt sich festhalten, dass heute ein integrierter Inside-out-/Outside-in-Ansatz anscheinend das größte Erfolgspotenzial bei der Gestaltung der Markenarchitektur vorhält. Es gilt, aus Unternehmensperspektive (Inside-out) die Markenführung an der Nutzung von Synergien zwecks optimaler Kapitalisierung der Unternehmensmarke auszurichten und gleichzeitig aus der Anspruchsgruppenperspektive (Outside-in) eine höchstmögliche Relevanz der einzelnen Marken die jeweiligen Bedürfnisse und Interessen ihres Publikums betreffend sicherzustellen. Zweifelsohne ist aber weitere Forschung notwendig, um Fragen zur Wahl der Markenstrategie und der Markenarchitektur in den heutigen komplexen unternehmensinternen und -externen Umgebungen weiter abzuklären.

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Analysen und Strategien

2.3

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Zielgruppen und Zielpersonen

Damit das marketingtreibende Unternehmen mit seiner Umwelt kommunizieren kann, ist es notwendig, dass es aus dieser gemäß seinen Zielen Bereiche selektiert und damit seine Umwelt überhaupt erst bearbeitbar macht, indem es so eine Struktur erkennen kann. Dies stellt die Voraussetzung für intentionales Verhalten und sinnhaftes Tun, also für soziales Handeln dar (vgl. Kap. A 1.2, A 1.3.1). Dies geschieht mit der Zielgruppen- und Zielpersonenbestimmung, die die Input-Konzeption auf definierte Ausschnitte der Umwelt ausrichtet, um festgelegte Handlungsziele zu erreichen. Entsprechend diesem konzeptionell grundlegenden Charakter der Zielgruppenund Zielpersonenselektion wird dieses Element im Wirkungsgefüge von keinem anderen Element beeinflusst. Es ist aber selbst in seiner Einflussnahme auf zu treffende Entscheidungen hochgradig aktiv, da es mit Ausnahme von der Kommunikations-/ Media-Idee direkt auf alle anderen Konzeptionsschritte einwirkt (s. Abb. 88).

2.3.1 Das Segmentierungskonzept Das kommunikationsnotwendige Kriterium der Selektivität liegt dem Segmentierungskonzept zugrunde, das von Wendell Smith (1956) in Marketingtheorie und -praxis eingeführt wurde. Es umfasst die Aufteilung heterogener Gesamtmärkte in homogene Teilmärkte, was je nach Marktgegebenheiten und Intentionen mittels unterschiedlicher Datengrundlagen geschehen kann. Infrage kommen Informationen, die das Unternehmen aus Daten über die Konkurrenz, das Angebot oder die Konsumenten als Nachfrager produziert. Steht letztere Option, das Selektieren von Kon-

Abb. 88 Die Zielgruppen- und Zielpersonenselektion im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation (eigene Darstellung)

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Input

sumenten zur Bildung von Segmenten, im Mittelpunkt, um eine segmentbezogene Kommunikation zu ermöglichen, handelt es sich um eine Marktsegmentierung im engeren Sinne (vgl. Baier/Brusch 2008: 771). Grundsätzliche Vorteile der Segmentierung sind ein verbessertes Verständnis der Kunden, effizientere Ressourcenverteilung, besser zugeschnittene Marketingkampagnen sowie eine verstärkte Wettbewerbsfähigkeit (vgl. Dibb/Simkin 2010: 113). Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist jedoch kritisch anzumerken, dass durch die kommunikative Notwendigkeit der Selektion Marktpotenzial verlorengeht. Als problematisch sind außerdem die höheren Kosten zu sehen. Massenproduktionsvorteile können bei einer Segmentierungsstrategie nicht in dem Umfang genutzt werden, wie dies ohne Segmentierung der Fall wäre. Zusätzliche Investitionen in einen spezifischeren und aufgefächerteren Marketingmix erhöhen die Ausgaben. Die Dynamik der Märkte erschwert zudem deren effiziente Segmentierung (vgl. Diller 2006: 51, Pepels 1995: 127). Daher wird die Marktsegmentierung auch als ein „Kompromiss“ (Baier/Brusch 2008: 772) bezeichnet, der aber als notwendiger gelten muss. Für die Marketing-Kommunikation bedeutet dies, dass die Marktsegmentierung einen erfolgreichen Mittelweg aufzeigt zwischen der undifferenzierten, aber kostengünstigeren allgemein adressierten öffentlichen Kommunikation, die lediglich ein umfassendes Segment selektiert und die sich an den Bedürfnissen und Interessen eines angenommenen durchschnittlichen Konsumenten in einem eventuell heterogenen Gesamtmarkt orientiert, und der differenzierten, aber in der Regel kostenintensiveren Individualkommunikation, die sich an den Bedürfnissen und Interessen jedes einzelnen Konsumenten (Segment-of-One) ausrichtet. Gleichwohl ist heute vor allem wegen Kosteneinsparungsmöglichkeiten, die sich aus den kommunikationstechnologischen Entwicklungen ergeben, aber auch aufgrund der Fragmentierung der Medienlandschaft ein Bestreben nach einer immer feineren Segmentierung zu beobachten, um dem Vorteil der Zielgenauigkeit der Individualkommunikation möglichst nahezukommen.

2.3.2 Zielgruppen- und Zielpersonenbegriff Übereinstimmung herrscht in der Literatur wie in der Praxis, was die Bestimmung der Begriffe Zielgruppe und Zielperson angeht (vgl. z. B. Huth/Pflaum 2005: 252, Kloss 2012, Koschnick 1996: 1037, Rogge 1990: 80). Demnach können sie wie folgt definiert werden. ▶ Definition Diejenigen einzelnen Personen, Gruppen von Personen oder Organisationen, die zur Rezeption des Kommunikationsangebots segmentiert werden, um Kommunikationsziele zu erreichen, werden Zielpersonen beziehungsweise Zielgruppen genannt.

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Analysen und Strategien

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Von einer kommunikationswissenschaftlichen Perspektive aus kann Kritik an diesem Begriffsverständnis geäußert werden. Beanstanden lässt sich, dass es Assoziationen weckt, die den Kommunikationsprozess aus einer rein instrumentellen Sichtweise begreifen und erklären und ihn damit nicht adäquat widerspiegeln. Vorzuziehen sei der Begriff der Bezugsgruppe, womit diejenigen Kommunikationspartner eines Unternehmens gemeint sind, an die sich die Kommunikation richtet (vgl. Hubbard 2004: 26, Mast 2006: 126). Dabei wird von einem Verständnis gleichberechtigter partnerschaftlicher Kommunikationspartner ausgegangen, bei dem der Rezipient, die Zielperson, nicht einfach ein passiver Empfänger ist, der mit dem Instrument Kommunikation bearbeitet wird, sondern aktiv über sein Medienhandeln und seine Bedeutungskonstruktion in das kommunikative Geschehen eingreift. Ganz im Sinne des Stakeholder-Ansatzes (vgl. Freemann 1984: 52) kann die Zielgruppe der Konsumenten aber auch als eine Anspruchsgruppe neben anderen (z. B. Mitarbeiter, Lieferanten, Journalisten etc.) aufgefasst werden, deren Erwartungen die Erwartungen des MarketingKommunikationsmanagements prägen und die damit ihrerseits durchaus indirekt Einfluss auf die Handlungen und Kommunikationen des marketingtreibenden Unternehmens ausüben. Es besteht daher kein Grund, im Kontext der Modernen Marketing-Kommunikation mit ihrer Betonung der wirksamen Reflexivitätsverhältnisse den Zielgruppenbegriff aufzugeben. Denn nicht Instrumentalität impliziert dieser Begriff vorrangig – obwohl diese natürlich unstrittig ein Merkmal von MarketingKommunikation ist –, sondern lediglich, dass die Initiative zur Eröffnung des Kommunikationsprozesses vom Unternehmen und nicht vom Konsumenten ausgeht. Wird segmentbezogen kommuniziert, ist in der Regel davon auszugehen, dass auch Nichtmitglieder der Zielgruppe das Kommunikationsangebot rezipieren. Dies wird als Streuverlust bezeichnet. Wird beispielsweise in einem Marketing-Kommunikationsprozess mit der Zielgruppe Männer ein Aftershave-Produkt thematisiert, sind alle Frauen, die an diesem Kommunikationsprozess teilnehmen, Streuverlust. Es sei denn, sie sind von dem Unternehmen als primäre Zielgruppe segmentiert worden, die als Meinungsführer in dem Prozess agiert und die als „Relaisstation“ zwischen dem Unternehmen und der sekundären Zielgruppe, den Männern, meinungsbildend wirkt (vgl. Bruhn 2014). Marketing-Kommunikationseffekte bei der Sekundärzielgruppe sind somit maßgeblich von dem Meinungsbild den Marketing-Gegenstand bei der Primärzielgruppe betreffend abhängig. Hintergrund dieser Differenzierung in primäre und sekundäre Zielgruppe ist die Hypothese des two-step flow of communication, wonach Meinungsführer einen großen Einfluss auf Entscheidungen von Personen in ihrem sozialen Umfeld haben (vgl. Kap. B 1.3.1, C III 2.5.1). Hierzu zählen heute vor allem auch Journalisten und Vertreter von Nichtregierungs- und Non-Profit-Organisationen. Mit der Unterscheidung in primäre und sekundäre Zielgruppen ist ein grundsätzliches Schema der Zielgruppensegmentierung angesprochen. Anhand der beiden Kategorien Käufer/Nichtkäufer und Verwender/Nichtverwender können Konsumenten in einem ersten Schritt anhand des Kauf- und Verwendungsmerkmals grob in vier

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Käufer

Nichtkäufer

Verwender

Produkte des täglichen Bedarfs

Geschenke/Wünsche, Mitarbeiter in Unternehmen

Nichtverwender

Geschenkartikel, Eltern, Großeltern

Meinungsführer, Berater

Input

Abb. 89 Exemplarische Zielgruppensegmentierung anhand des Kauf- und Verwendungsmerkmals

Zielgruppen mit aus Unternehmenssicht jeweils eigenen Zielsetzungen und Einsatzbereichen segmentiert werden (s. Abb. 89) (vgl. Rogge 1990: 80, Unger/Fuchs 2005: 114).

2.3.3 Vorgehen und Anforderungen der Zielgruppensegmentierung Das Vorgehen bei der Zielgruppensegmentierung erfolgt in drei Schritten: • Vorbereitung: Definition der Kriterien und Gewinnung der entsprechenden Daten zur Aufteilung des Gesamtmarktes, der Konsumentenschaft, in homogene Teilmärkte, in Zielgruppen; • Durchführung: anhand der gewonnenen Daten Segmentierung der Konsumenten in Zielgruppen; • Verwertung: Auswahl von Zielgruppen zur Konzeption und Umsetzung segmentspezifischer Marketing-Kommunikationsmaßnahmen. An die identifizierten Zielgruppensegmente sind bestimmte Anforderungen zu stellen, die diese zu erfüllen haben (vgl. z. B. Baier/Brusch 2008: 775, Bruhn 2014: 322 f., Freter 1983: 43 f., Meffert 1998: 178 f., Rogge 1990: 81 f.): 1) Handlungsrelevanz: Die gewählten Kriterien sollen zukünftige Kaufhandlungen vorhersagen können. Es müssen daher Merkmale zugrunde liegen, die Beziehungen zu den Bestimmungsfaktoren von Kaufhandlungen aufweisen. Voraussetzung ist dabei eine Homogenität innerhalb der Segmente und eine Heterogenität zwischen den verschiedenen Segmenten. 2) Segmentbezogene Output-Fähigkeit: Nur wenn die verschiedenen Marketing-Kommunikationsdisziplinen ihren Output zielgerecht in den Segmenten einsetzen können, ist die Bildung von Segmenten sinnvoll. Eine Verbindung zwischen Markterfassung und Marketing-Kommunikation muss daher stattfinden. Diese realisiert sich grundsätzlich über die mediale Erreichbarkeit der Konsumenten innerhalb der Segmente.

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Analysen und Strategien

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3) Messbarkeit der Segmente: Die Segmentierungskriterien sollen mit den gängigen Methoden der Marktforschung messbar sein, um die Zielgruppen zu identifizieren. Die Operationalisierbarkeit der Kriterien ist die Voraussetzung für die Anwendung mathematisch-statistischer Methoden. 4) Zeitliche Stabilität der Segmente: Die Zielgruppen sollten für einen gewissen Zeitraum beständig sein, um eine sinnvolle Prognose zu ermöglichen und spezifische Output-Maßnahmen in diesen Segmenten einsetzen zu können. Marketing-Kommunikationseffekte stellen sich häufig erst nach einem längeren Zeitraum ein, wie beispielsweise im Bereich des Imageaufbaus. 5) Wirtschaftlichkeit: Der sich aus der Segmentierung ergebende Nutzen muss größer als die anfallenden Kosten sein. Darauf ist besonders zu achten, wenn empirische Primärforschung zum Einsatz kommt.

2.3.4 Segmentierungsmethoden Es steht eine große Spannbreite von Methoden zur Zielpersonen- und Zielgruppensegmentierung zur Verfügung. Genannt werden können einfachere Methoden wie beispielsweise die ABC- oder RFMR-Analyse aus der Klasse der Scoring-Verfahren, die in der Praxis für die Erstellung von Kundenwerttypologien häufig zum Einsatz kommen (vgl. Deyle 2007: 85). Für bestimmte Ereignisse im Verlauf der Beziehung zwischen Unternehmen und Kunde ordnet das Unternehmen dem Kunden positive oder negative Punkte (Scores) zu, die kumuliert werden und die die Einordnung des Kunden in eine definierte Score-Klasse ermöglichen. Dabei kann es sich um ein- oder mehrdimensionale Verfahren handeln. Mit der ABC-Analyse werden Kunden des Unternehmens eindimensional nach dem Umsatzkriterium einem A-, B- oder C-Segment zugeordnet, sodass umsatzstarke von -mittelmäßigen und -schwachen Kunden unterschieden werden können. Die Recency-Frequency-Monetary-Ratio-Methode (RFMR-Methode) ist ein mehrdimensionales Verfahren, das zur Segmentierung die Kriterien letztes Kaufdatum (Recency), Kaufhäufigkeit (Frequency) und den Bestell- beziehungsweise Kaufwert (Monetary Ratio) einsetzt. Je nach Branche und unternehmensspezifischen Zielsetzungen wird die RFMR-Methode situativ angewendet. So verwendet das Versandhaus Quelle bis zu 450 Basiskriterien, aus denen bis ca. 1500 Einzelmerkmale zur Score-Ermittlung abgeleitet werden (vgl. Kehl 2000: 241). Auch kann der unternehmensspezifischen Relevanz der einzelnen Kriterien jeweils durch einen Gewichtungsfaktor Rechnung getragen werden.

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2.3.4.1 Clusteranalyse

Komplexere Verfahren der Segmentierung stellen die multivariaten Analysemethoden dar, von denen besonders die Clusteranalyse zu nennen ist. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, mit dessen Hilfe Objekte oder Fälle zu Gruppen zusammengefasst werden. Um das Anforderungskriterium der Handlungsrelevanz der Segmentierung zu erfüllen, müssen die gebildeten Gruppen hinsichtlich des Merkmalbereichs in sich ähnlich (minimale Innenvarianz) und untereinander möglichst andersartig (maximale Außenvarianz) sein (vgl. Bacher 1996: 1, Backhaus et al. 2018). Die Analyse dient also dazu, homogene Objekte in einer Gruppe zusammenzufassen, mit dem Ergebnis, dass jedes Objekt am Ende einer Gruppe angehört. Als Klassifikationsobjekte können beispielsweise Personen, Organisationen oder auch Nationen dienen. Eine ganze Bandbreite von kaum mehr zu überblickenden Clustermethoden steht zur Verfügung. Für die Zwecke der Zielgruppenbildung kommen überwiegend interdependenzanalytische Clustermethoden zum Einsatz, die nicht zwischen abhängigen und unabhängigen Variablen trennen, besonders die hierarchische und die partitionierende Methode (s. Abb. 90) Als klassische, nicht überlappende Methoden ordnen beide jede Person genau einem Cluster zu. Bei den hierarchischen Clustermethoden wird mittels Algorithmen von unten eine Clusterhierarchie aufgebaut. Es wird mit der einzelnen Person be-

Abb. 90 Typologie von Clustermethoden (Quelle: Jensen 2008: 339)

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Abb. 91 Baumdiagramm der hierarchischen Clusteranalyse (Quelle: Jensen 2008: 341)

gonnen, die dann aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit anderen Personen – gemessen anhand von Proximitätsmaßen, die sich in Ähnlichkeits- und Distanzmaße aufteilen (vgl. Backhaus et al. 2018) – sukzessive zu immer größeren Clustern verschmolzen wird. Visualisiert werden kann dies durch ein Baumdiagramm, auch Dendrogramm genannt (s. Abb. 91). Um die optimale Clusteranzahl aus dem Lösungsbaum auszuwählen, stehen unterschiedliche Kriterien bereit, von denen das Ellbogen-Kriterium trotz einiger Nachteile (stellenweise Abwesenheit des Ellbogens oder mehrere Knickstellen in einem Datensatz) sehr verbreitet ist (vgl. Jensen 2014: 352). Es zeigt an, wann ein nächster Verschmelzungsschritt in der Clusterhierarchie einen überproportionalen Zuwachs an Heterogenität innerhalb eines Clusters zur Folge hat, weswegen dieser nicht mehr sinnvoll ist und die optimale Clusterzahl vorliegt. Grafisch bildet sich dieser überproportionale Zuwachs als ein Diagrammknick, als ein „Ellbogen“ ab (s. Abb. 92).

Abb. 92 Ellbogen-Kriterium (Quelle: Jensen 2008: 353)

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Bei partitionierenden Clustermethoden wird keine Hierarchie ermittelt, aus der dann die optimale Clusterlösung ermittelt werden muss. Stattdessen muss vorab angegeben werden, wie viele Cluster ermittelt werden sollen, denen dann Personen zugeordnet werden. Diese Startlösung des Verfahrens wird dann im Laufe der Clusterung modifiziert, indem ein definiertes Optimierungskriterium (z. B. K-Means- oder Clusterzentren-Kriterium) so lange minimiert oder maximiert wird, bis keine Optimierung mehr möglich ist. Dies geschieht durch die iterative Umgruppierung von Personen zwischen den Clustern, also durch die Partitionierung des Datensatzes (vgl. Haas/Brosius 2006: 167, Jensen 2014: 348). Häufig wird eine Kombination aus hierarchischen und partitionierenden Verfahren eingesetzt, bei der zunächst mit einer kleineren Stichprobe eine Clusterlösung hierarchisch ermittelt wird. Diese wird dann mit der partitionierenden Methode, die Simulationsstudien zufolge der hierarchischen überlegen ist, fortgeführt (vgl. Jensen 2014: 349).

2.3.4.2 Targeting

Auch wenn das Targeting streng genommen nicht als eigenständige Segmentierungsmethode bezeichnet werden kann, da es sich unter anderem vor allem der Clusteranalyse bedient, soll es aufgrund seiner hohen Bedeutung für die Zielgruppensegmentierung in der Online-Kommunikation gesondert aufgeführt werden. Leitender Gedanke des Targetings ist es, in der Online-Kommunikation definierte Zielgruppen ohne Streuverluste zu erreichen. Dazu wird Technologie in Form von Adservern und Targeting-Systemen, die der Segmentierung dienen, eingesetzt. Targeting kann wie folgt definiert werden. ▶ Definition Targeting ist ein Distributionsverfahren von Kommunikationsmitteln in der OnlineMarketing-Kommunikation, bei dem diese segmentspezifisch gestaltet und angeboten werden.

Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive ist es das Ziel des Targetings, über die Reduktion von Streuverlusten die Effizienz der Marketing-Kommunikation zu erhöhen. Dies soll die segmentspezifische Auslieferung von Kommunikationsmitteln sicherstellen, bei der die Marketing-Kommunikationsangebote nach zuvor definierten Kriterien nur an bestimmte Nutzer distribuiert werden (vgl. Eisinger et al. 2009, Greve et al. 2011: 8). In kommunikationswissenschaftlicher Betrachtung steht die Erhöhung der Rezeptionsrelevanz von Marketing-Kommunikationsangeboten als Zielsetzung im Mittelpunkt des Targetings. Der Targeting-Prozess gestaltet sich derart, dass mit dem Besuch eines Nutzers einer bestimmten WWW-Seite dieser vom Targeting-System als Angehöriger eines de-

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Analysen und Strategien

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Abb. 93 Targeting-Prozess (Quelle: Pellikan 2008: 13)

finierten Zielgruppensegmentes identifiziert und ihm über einen Adserver das passende segmentspezifische Kommunikationsangebot präsentiert wird (vgl. Abb. 93). Betreiber von Targeting-Systemen und Adservern sind in der Regel spezialisierte Targeting-Anbieter (z. B.: nugg.ad, AudienceScience) oder Internet-Vermarktungsorganisationen (z. B. United Internet Media, Interactive Media). Aber auch die Media-Agenturen (z. B. GroupM, Plan.Net) drängen verstärkt in dieses Geschäftsfeld vor (vgl. Pellikan 2009: 44). Zur Datengewinnung und Identifikation des Nutzers zwecks Segmentierung stehen folgende serverseitigen Möglichkeiten zur Verfügung (vgl. Fisch 2004: 20 f., Mühling 2007: 24 f., Chaffey et al. 2001: 328 f.): •

Die Logfile-Analyse von automatisch erstellten Dateien, die die Aktionen eines Web-Servers protokollieren, gibt Aufschluss über die Art, den Zeitpunkt und den Namen abgerufener Dateien, die IP-Adresse des abrufenden Rechners (Client), die vor dem Seitenaufruf zuletzt besuchte Seite, den genutzten Browser und das verwendete Betriebssystem sowie das Übertragungsvolumen. • Cookies sind Dateien, die ein WWW-Server auf der Festplatte des Nutzers dauerhaft (permanente Cookies) oder für die Dauer einer Nutzer-Session (Session Cookies) ablegt. Permanente Cookies übermitteln bei einer erneuten Nutzung der WWW-Site gespeicherte Daten an den WWW-Server. Dies können Daten zu besuchten Seiten, Einstellungen und Eingaben des Nutzers sein.

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• Über die notwendige Registrierung und das erforderliche Login des Nutzers, um ein WWW-Angebot nutzen zu können, ergibt sich für den Anbieter Zugang zu persönlichen Daten wie Name und Adresse sowie zu weiteren demografischen, soziodemografischen oder psychografischen Daten. Beim sogenannten value exchange tauscht der Nutzer seine Daten gegen einen Service des Anbieters aus, wie beispielsweise die Nutzung eines kostenlosen E-Mail-Kontos. • Beim von der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. (IVW) und von der Arbeitsgemeinschaft Online Forschung (AGOF) verwendeten Pixel-Tracking werden kleine, oftmals nur 1 × 1 Pixel große, transparente Grafiken, sogenannte Web Bugs, auf einer WWW-Seite integriert. Diese dienen vor allem dazu, Erkenntnisse über Seitenaufrufe kompletter Seiten (Page Impressions) und über Besuche von Nutzern (Visitors) zu gewinnen. Für die Zwecke der Segmentierung kommt in der Regel ein Mix dieser vier Methoden der Datengewinnung zum Einsatz. Unproblematisch sind die Methoden jedoch nicht. So ist bei der Logfile-Analyse zu beachten, dass viele Internet Service Provider dynamische IP-Adressen vergeben, sodass ein Nutzer auf Dauer nicht zwingend über eine IP-Adresse identifizierbar ist. Weiterhin kann sich hinter einer IP-Adresse ein Multi-User-Access verbergen, sodass mehrere Nutzer eine IP-Adresse nutzen. Nutzer haben des Weiteren die Möglichkeit, Cookies abzulehnen oder sie regelmäßig von ihrer Festplatte zu löschen und bei der Registrierung zur Nutzung von Internet-Seiten können von Nutzern falsche Angaben getätigt werden. Aus den Möglichkeiten der Datengewinnung resultieren unterschiedliche Formen des Targetings (vgl. Greve et al. 2011: 11 f., Mühling 2007: 68 f.). Beim Targeting nach technografischen Kriterien steht neben der Auslieferung des Marketing-Kommunikationsangebots gemäß der technischen Ausstattung des Nutzers (z. B. Browsertyp, Bandbreite) auch die Häufigkeit der Auslieferung eines Kommunikationsmittels im Mittelpunkt. Diese kann mittels Frequency Capping begrenzt werden und so der Gefahr des „Banner-burnout“ (ebd.: 69) beim Nutzer vorgebeugt werden. Das Targeting nach geografischen Kriterien erlaubt die nationale und regionale Aussteuerung der Kommunikationsmitteldistribution und das Targeting nach zeitlichen Kriterien erfolgt auf Basis von bestimmten Wochentagen oder Tageszeiten. Die Vermarkter, die dank Nutzerregistrierung über detailliertere Profile von Nutzern ihrer Seiten verfügen, können Targeting nach soziodemografischen und/oder psychografischen Merkmalen und – sofern die Daten von ihnen erhoben wurden – auch ein Targeting nach Affinitäten anbieten, bei dem Nutzer gemäß ihren Interessen Kommunikationsangebote ausgeliefert bekommen. Auf dieses Interesse kann jedoch auch indirekt über das mediale Handeln des Nutzers im Rahmen des Behavioural Targeting geschlossen werden. Besucht ein Nutzer mehrmals ein Interessengebiet auf einem WWW-Angebot (z. B. Reisen, Sport oder Auto), wird eine Themenaffinität unterstellt und der Adserver liefert inhaltlich passende Marketing-Kommunikationsangebote aus. Diese werden dann im Folgen-

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den auch in nicht interessenaffinen Umfeldern präsentiert (vgl. auch Lorenz et al. 2009: 24). Einen Schritt weiter geht das Predictive Behavioural Targeting, bei dem mediale Nutzerhandlungen mit anonymisierten Registrierungs- oder Befragungsdaten verknüpft werden und algorithmusgestützt Hypothesen die Ausprägung von soziodemografischen und Affinitätsmerkmalen von Nutzern betreffend entwickelt werden, die bislang noch nicht über ihre Handlungen einem bestimmten, nach Affinitätskriterien definierten Zielgruppensegment zugeordnet wurden. Beim Targeting in der Suchwortvermarktung (Search Engine Marketing/SEM) werden dem Nutzer unabhängig von seinen persönlichen soziodemografischen oder psychografischen Merkmalen, aber stattdessen in Abhängigkeit von seinem Suchbegriff neben den in der sogenannten organischen Liste aufgeführten Suchergebnissen auch inhaltlich passende Marketing-Kommunikationsangebote (sponsored links) – von Google als „AdWords-Anzeige“ bezeichnet – präsentiert (s. Abb. 94). Schließlich ist noch das Retargeting zu nennen, bei dem Nutzer, die auf einer WWW-Site eine definierte Interaktion vollzogen haben, während ihres Besuches auf anderen WWW-Angeboten ein Marketing-Kommunikationsangebot eingeblendet bekommen, das in Bezug zu ihrer getätigten Interaktion steht. So ist es denkbar, dass an einen Nutzer, der zuvor auf der WWW-Site eines Automobilherstellers ein Fahrzeug konfiguriert hat, zu einem späteren Zeitpunkt auf einer anderen WWW-Site ein Kommunikationsmittel distribuiert wird, das exakt eine Abbildung seines zuvor konfigurierten Fahrzeuges enthält. So verlockend die Möglichkeiten der streuverlustreduzierten Online-MarketingKommunikation mittels der unterschiedlichen Formen des Targetings sind, so wenig darf übersehen werden, dass die genannten Probleme der Datenerhebung eine Herausforderung die Validität der Segmentierung betreffend darstellen, die dem Targe-

Abb. 94 Beispiel für Targeting in der Suchwortvermarktung bei google.de (Suche: 15. 06. 2009)

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ting zugrunde liegt. Auch muss stets beachtet werden, dass sich das Targeting im Rahmen der datenschutzrechtlichen Bestimmungen bewegt (s. im Überblick Eickmeier/Hansmersmann 2011). Bis dato fehlt es an Grundlagenstudien, die sich mit dem Thema Targeting befassen. Es dominieren die Fallstudien der Online-Vermarktungsorganisationen mit ihren wirtschaftlich orientierten Interessenlagen. Trotzdem treibt das Targeting die weitere Etablierung der Ausrichtung der Marketing-Kommunikation am Ideal der differenzierten Individualkommunikation, die sich an den Bedürfnissen und Interessen jedes einzelnen Konsumenten (Segment-of-One) orientiert, weiter voran. Sie trägt wesentlich zur Steigerung der Rezeptionsrelevanz in der Marketing-Kommunikation bei, indem kontextbezogen nach Merkmalen der Lebenswelt und der Rezeptionssituation die inhaltliche Ausrichtung und die Distribution von Marketing-Kommunikationsangeboten erfolgt.

2.3.5 Die Begriffe Typ und Typologie Ein Typ oder Typus kann als eine definierte Menge von Personen aufgefasst werden, die sich durch eine festgestellte Übereinstimmung in bestimmten einzelnen Merkmalen auszeichnet. Dabei handelt es sich um eine Verallgemeinerung von Subjekten anhand der sie kennzeichnenden Merkmale (vgl. Braunschweig et al. 1975: 11, Breuer/ Koppelmann 1986: 85, Koschnick 2006: 48). Die Einteilung in Typen unterscheidet sich von der Klassifikation durch die Anzahl der verwendeten Merkmale. Zudem werden anstelle rein formaler, quantitativer Kriterien zur Typenbildung meist charakterisierende, qualitative Merkmale verwendet (vgl. Welter 2006: 113). Jedoch wird in der Praxis diese strikte Begriffstrennung selten vorgenommen. Als Ergebnis analytischer Forschung ist der Begriff der Typologie als „systematische Ordnung einer Menge von Untersuchungsobjekten […] anhand sinnvoller, d. h. dem jeweiligen Untersuchungsziel dienender Merkmale“ (ebd.: 113) zu verstehen. Die Bündelung von mehreren Typen ergibt somit eine Typologie. Typologien können aufgrund ihres breiten Spektrums von Anwendungsmöglichkeiten in vielen verschiedenen Bereichen bzw. Disziplinen gebildet werden. Mit Gert Gutjahr (1983: 54 f.) können für den Bereich der Konsumenten drei Arten von Typologien unterschieden werden: 1) Pseudo-Typologien, 2) kausale Typologien und 3) Persönlichkeits-Typologien. Pseudo-Typologien stellen keine Typologien im eigentlichen Sinne dar, sondern Sozial-Stereotype, die aus dem Besitz oder der Verwendung bestimmter Marken oder Produkte resultieren (z. B. „Typ Mercedes-Fahrer“). Die zweite Kategorie (kausale Typologien) stützt sich auf einen Kausalzusammenhang zwischen Charaktertyp und Konsum (Typ der regelmäßigen Spiegel-Leser). Persönlichkeits-Typologien geben Aufschluss über die Mitglieder einer bestimmten Gruppe anhand diskriminierender Persönlichkeitsmerkmale. Hierunter fallen die meisten aktuellen Zielgruppen-Typologien (vgl. auch Koschnick 2006: 50).

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Auch wenn Versuche vorliegen, die beiden Begriffe Typologie und Segmentierung voneinander abzugrenzen (s. z. B. Breuer/Koppelmann 1986: 86 f.), werden sie in der Fachliteratur häufig synonym gebraucht. Eine relativ trennscharfe Differenzierung der beiden Begriffe kann erzielt werden, wenn unter Konsumententypologien eine mehr allgemein gehaltene, produktkategorienübergreifende und unternehmensunabhängige Aufteilung verstanden wird, wohingegen sich die Segmentierung auf eine unternehmens- und produktkategorienspezifische Clusterung bezieht (vgl. Deyle 2007: 56, Freter 1983: 65 f., Pepels 2000: 98 f.). Zu ergänzen ist, dass in jüngerer Zeit im Zusammenhang mit Zielgruppenbeschreibungen vermehrt der Begriff der „Persona“ auftaucht. Der Begriff stammt ursprünglich aus dem Gebiet der Mensch-Maschine-Interaktion und wird dort verwendet, um typische Nutzer einer Computer-Anwendung, vorrangig von WWW-Sites, mittels soziodemografischer und Mediennutzungsmerkmale zu beschreiben. Zwecks der Beschreibung marketing-kommunikativer Personae werden zusätzlich auch Kriterien des Konsumhandelns genutzt. Im Wesentlichen konnotiert der Begriff dasselbe wie der des „Typs“, mit dem kleinen Unterschied, dass er eine individuellere Beschreibung von Personen, also einen geringeren Verallgemeinerungsgrad assoziiert.

2.3.6 Typenmerkmale und Arten von Typologien Eine Vielzahl von Typologien steht heute zur Kommunikations- und Media-Planung bereit. Die Strategien und Pläne der Marketing-Kommunikationsakteure, besonders die der Media-Planer, werden in erheblichem Maße von der herangezogenen Typologie beeinflusst. Als Grund für die Karriere der Typologien wird allgemein die seit den 1960er Jahren abnehmende Erklärungskraft soziodemografischer Variablen wie Alter, Geschlecht, Bildung oder Schicht- und Klassenzugehörigkeit für menschliches Erleben und Handeln angeführt (vgl. Haas/Brosius 2006: 159). Neben dem bereits erwähnten Besitz- und Konsummerkmal können Typen von Konsumenten und Kunden anhand unterschiedlichster Merkmale gebildet werden, die in der Regel kombiniert im Rahmen einer mehrdimensionalen Zielgruppenbestimmung zum Einsatz kommen. Folgende fünf einschlägige Merkmalskategorien können der Literatur entnommen werden (vgl. z. B. Bruhn 2014, Deyle 2007: 62, Freter 2016: 315, Unger/Fuchs 2005: 110 f.): •



Die oben schon genannten soziodemografischen Merkmale gelten als klassische Beschreibungskriterien. Ihr Vorteil liegt in der leichten Zugänglichkeit über sekundärstatistisches Material und ihrer zumeist kostengünstige Beschaffung. Geografische Merkmale beschreiben die Bevölkerungsdichte, Gebietsstruktur oder Kaufkraft von Regionen oder Orten. Im Direktmarketing kommen diese als mikrogeografische Kriterien zum Einsatz, anhand derer eine Aufteilung in kleinräumige Wohngebietszellen erfolgt.

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Psychografische Merkmale wie Einstellungen, Motive oder Wertorientierungen haben vor allem Relevanz für die Gestaltung des Marketing-Kommunikationsangebots. Jedoch werden sie auch in Mediennutzungstypologien integriert (s. z. B. Schweiger 2006). • Physiologische Merkmale wie Körpergröße, Allergien, Haut- oder Haartyp spielen ebenfalls für die passende Formulierung des Marketing-Kommunikationsangebotes eine wichtige Rolle. So ist beispielsweise zu klären, welcher Haartyp (trockenes, fettiges usw. Haar) mit einem Shampoo angesprochen werden soll. • Handlungsmerkmale wie beispielsweise Kaufmengen und -häufigkeiten, die Markenwahl oder kommunikative Handlungen wie Mediennutzung oder Weiterempfehlungen eignen sich nur dann als Bestimmungsfaktoren für Kaufhandlungen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Handlungen der Zielgruppen stabil bleiben. Besonders im Zusammenhang mit der Zielsetzung der Kundenbindung eignet sich der Einsatz dieser Typologisierungsmerkmale. Durch die Kombination von Merkmalen aus den fünf Kategorien können unterschiedliche Arten von Typologien gebildet werden. Zu nennen sind Verbraucher-/ Konsumententypologien, Publikums-/Mediennutzertypologien, Lebensstil- und Milieutypologien, phasen- und zyklenbezogene Typologien sowie Markt-Media-Studien (vgl. Haas/Brosius 2006: 162 f.; Tab. 11).

2.3.6.1 Verbraucher-/Konsumententypologien

Die Verbraucher-/Konsumententypologien gruppieren Personen anhand ihres allgemeinen oder spezifischen konsumtiven Handelns, ihrer Einstellungen, Interessen etc. Spezifische Verbraucher- oder Konsumententypologien können sich auf Produktkategorien (z. B. Automobiltypologie) oder auch Menschenkategorien (z. B. Frauen-Typologie) beziehen. Fließt auch das Merkmal der Mediennutzung in die Typologisierung ein, kann der für die Marketing-Kommunikation selektierte Konsumententyp gezielt medial angesprochen werden. Der Übergang zu einer MarktMedia-Studie ist in diesen Typologien häufig fließend.

2.3.6.2 Publikums-/Mediennutzertypologien

Bei Publikums- beziehungsweise Mediennutzertypologien werden nur Merkmale der Mediennutzung zur Bildung der Typen herangezogen, womit es sich um Spezialtypologien handelt. In diesen Studien können sowohl nur ein Medium (z. B. die Nutzertypologie von twitter.de, vgl. Trump/Busse 2010) als auch mehrere unterschiedliche Medien berücksichtigt werden. Sie liefern wertvolle Ansatzpunkte für die Gewin-

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Tab. 11

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Typologiearten mit beispielhaften Typologien

Verbraucher-/ Konsumententypologien

Publikums-/ Mediennutzertypologien

Lebensstil-/ Milieutypologien

Phasen- und zyklenbezogene Typologien

Markt-MediaStudien

Outfit-Studie (Spiegel Verlag)

Typologie der Mediennutzer (Meyen 2007)

Sinus-Milieus (Sinus Markt- und Sozialforschung)

KundenbedarfslebenszyklusTypologie (Bruhn 2001)

Allensbacher Marktund Werbeträgeranalyse (Institut für Demoskopie Allensbach)

PKW-Käufer-Typologie (Burda Media KG)

Typologie transmedialer Nutzungsstile (W. Schweiger 2006a)

GfK Roper Consumer Styles (GfK)

Kundenbeziehungslebenszyklus-Typologie (Stauss 2000)

Best for planning (b4p) (Gesellschaft für integrierte Kommunikationsforschung GIK)

Nielsen-Gebiete (The Nielsen Company)

Erlebnismilieus (Schulze 1992)

Kinder-Medien-Studie (sechs herausgebende Verlage)

Limbic-Typen (Gruppe Nymphenburg) Semiometrie (Kantar TNS) Kundenwerttypologien (unternehmensindividuelle Segmentierung anhand unterschiedlicher Verfahren, z. B. ABC-Analyse, ScoringModell)

nung von Consumer Insights den elementaren Kontext der Rezeptionssituation des Konsumenten betreffend.

2.3.6.3 Lebensstil-/Milieutypologien

Als Universaltypologie kombinieren die Lebensstil- beziehungsweise Milieutypologien Merkmale aus den fünf Kategorien und sind im Gegensatz zur Spezialtypologie, die sich häufig nur auf einen Markt bezieht, in unterschiedlichsten Segmentierungsbereichen einsetzbar (vgl. auch Hölscher 1998). Sie liefern wichtige Ansatzpunkte für die Gewinnung von Consumer Insights den elementaren Kontext der Lebenswelt des Konsumenten betreffend.

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2.3.6.4 Phasen- und zyklenbezogene Typologien

Bei den phasen- und zyklenbezogenen Typologien spielt die Zeitdimension die zentrale Rolle. Die Segmentierung erfolgt anhand der lebenszeitabhängigen Ausprägung des Produktbedarfsmerkmals (Kundenbedarfslebenszyklus) oder anhand des Merkmals der zeitabhängigen Intensität der Beziehung zwischen Kunde und Unternehmen (Kundenbeziehungslebenszyklus). Diese Typologien eignen sich wie die Kundenwerttypologie nicht für die Segmentierung zwecks Neukundengewinnung. Das Lebenszykluskonzept hat seinen Ursprung in der Diffusionsforschung, die sich mit der Verbreitung von Innovationen in der Gesellschaft befasst (vgl. Schweiger 2007: 329 f.). Im Marketing hat es vor allem in Form des Produktlebenszyklus Anwendung gefunden, wonach ein Produkt unterschiedliche Entwicklungsphasen, je nach Modell vier bis sechs Stück, durchläuft: von der Einführungs- über die Wachstumsund die Reifephase, die mit steigenden Umsatzsatzzahlen verbunden sind, über die Sättigungsphase mit stagnierenden Umsätzen hin zur Verfalls- und der Sterbephase, die mit sinkenden Umsätzen einhergehen (vgl. Nieschlag et al. 1998: 170 f.).

2.3.6.5 Markt-Media-Studien

Markt-Media-Studien zeichnen sich durch ihre Fülle der erhobenen Daten aus. Aus den zahlreichen Merkmalen zum konsumtiven Handeln und zur Mediennutzung, die sie beinhalten, kann das Unternehmen eigene Spezialtypologien erstellen. Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger bietet unter pz-online.de das von COMsulting erstellte Analyseinstrument „Zielgruppenfinder“ an, das einen komprimierten Überblick und Vergleich der wichtigsten deutschen Markt-Media-Studien ermöglicht.

2.3.7 Herausforderungen der Zielgruppenplanung 2.3.7.1 Problem der zeitlichen Stabilität

Von Typologien muss gemäß der klassischen Anforderung der zeitlichen Stabilität von Zielgruppensegmenten erwartet werden können, dass sie auf dauerhaften Dispositionen der Befragten aufbauen. Wer heute als moderner Performer identifiziert wird, sollte dies auch noch in einem Jahr sein. Über diese Stabilität beziehungsweise Volatilität von Typen liegen bisher jedoch wenige Erkenntnisse vor. Alexander Haas und Hans-Bernd Brosius (2006: 168) weisen darauf hin, dass neue Erhebungen, in denen andere Personen befragt werden, nicht hilfreich bei der Lösung dieses Problems sind. Selbst in dem Fall, dass die Randverteilungen der Typen stabil bleiben, kann intraindividuell eine Inkonstanz vorliegen. Nicht nur bei multioptional veranlagten, auch bei jungen Menschen ist das Problem evident, da hier davon aus-

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gegangen werden kann, dass ein Wandel der Merkmalsausprägungen, die der Zielgruppenbeschreibung zugrunde liegen, bei den befragten Personen aufgrund ihres Entwicklungsgangs die Regel ist. Es kann daher bezweifelt werden, ob die Anforderung der Stabilität grundsätzlich plausibel ist und ob Zielgruppen als ein relativ statisches Konstrukt mit stabilen Bewertungs- und Präferenzstrukturen begriffen werden sollten. Gerade in individualisierten Gesellschaften müsste nämlich dann das Handeln der Menschen als zunehmend irrational erscheinen, da es keine Handlungslogik erkennen lässt. Dem kann entgegengehalten werden, dass nicht die Zielgruppen der Grund für das Dilemma sind, sondern die Art ihrer „Beschreibung so far“ (Mitterer 2000, Schmidt 1994: 35). Die Handlungslogik der Konsumenten moderner Gesellschaften ist – wie Andreas Baetzgen (2007: 132) argumentiert – nicht mit einer veralteten Segmentierungsschablone zu fassen, die lediglich mit festen Persönlichkeitseigenschaften operiert, was der Grund dafür ist, dass Konsumenten den Managern in Unternehmen und Agenturen als irrational beziehungsweise hybrid erscheinen. Die resultierende Herausforderung und der Lösungsansatz für Typologisierungen werden in einer „Beschreibung from now on“ (Mitterer 2000, Schmidt 1994: 35) gesehen, die zusätzlich die Situation als prozessualen Kontext berücksichtigt, in dem sich Menschen befinden (vgl. auch Kap. A 3). Es gilt also, Situationen zu identifizieren und zu beschreiben, in denen sich Menschen trotz unterschiedlicher soziodemografischer oder psychografischer Merkmalsausprägungen weitestgehend identisch orientieren und verhalten (vgl. Baetzgen 2007: 133). Ein weiterer Ansatzpunkt zur Lösung des Problems kann für das Direktmarketing in der dynamischen Segmentierung gesehen werden. Bei scorebasierten Typologien werden dann beispielsweise auch Kunden in einer Direktmarketing-Kampagne berücksichtigt, die aufgrund ihres zu geringen Punktwertes aus vergangenen Aktionen eigentlich nicht der Zielgruppe der aktuell geplanten Maßnahme angehören. Dies bringt darüber hinaus den wirtschaftlichen Vorteil mit sich, dass die Fixkosten einer Kampagne, beispielsweise die Agenturkosten für die Konzeption, auf eine größere Anzahl von Zielkunden verteilt werden können (vgl. Mann 2006: 77). Auch kann mit einem kontinuierlichen Data Mining die Segmentangehörigkeit eines Kunden fortlaufend überprüft werden. Ebenfalls kann ein größeres Gewicht der Selbstsegmentierung eingeräumt werden, bei der Kunden online ihre eigenen Interessen- und Bedürfnisprofile anlegen und damit die Art und Weise ihrer Ansprache aktiv mitsteuern (vgl. ebd.: 75 f.).

2.3.7.2 Optimierung des Nutzen-Aufwand-Verhältnisses

Da die Erstellung einer Typologie mit einem erheblichen Aufwand vor allem im Bereich der Datenerhebung einhergeht, müssen Typologien einer Messung ihres Nutzens, der diesem Aufwand gegenübersteht, standhalten können. Die vorhandene

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Vielzahl an Typologien scheint zu dokumentieren, dass der Aufwand gerechtfertigt ist. Dennoch zeigen aktuelle Untersuchungen, dass es gilt, nicht voreilig einer Typologie-Gläubigkeit zu verfallen. In Sekundärauswertungen der TdW und der VA haben Haas und Brosius (2006: 169 f.) gezeigt, dass die in diesen Typologien erhobenen Daten nicht wesentlich mehr Varianz erklären als von den soziodemografischen Variablen allein erklärt wird. Die Dominanz soziodemografischer Merkmale ist unverkennbar, womit die Autoren zu dem Schluss kommen, dass „Typologien … bisher allerdings den Beweis schuldig geblieben [sind], dass durch sie Konsum- und Mediennutzungsverhalten besser erklärt werden können als durch andere Konzepte“ (ebd.: 176) wie eben die einfache soziodemografische Zielgruppenbeschreibung. Der Aufwand, der betrieben wird, schlägt sich demnach also nicht in Erklärungs- beziehungsweise Prognosekraft das Medien- und Konsumhandeln betreffend nieder. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Petra Schreiber (2008: 56) in ihrer Untersuchung, in der sie die Erklärungskraft von Lebensstiltypen mit der von mittels Alter, Bildung und Geschlecht soziodemografisch beschriebenen Zielgruppen vergleicht. „Es stellt sich die Frage, ob der Aufwand, kostspielige und zeitintensive Lebensstil-Typologien zu entwickeln, den Ertrag in Form der höheren Erklärungskraft der Lebensstilvariable bzw. psychografischen Variablen im Vergleich zu dem einfach handhabbaren und kostengünstigen Einsatz der soziodemografischen Variablen rechtfertigt. Nach dem vorliegenden Befund muss dies eher verneint werden.“

Die resultierende Frage für marketingtreibende Unternehmen und die Agenturen lautet: Können Lebensstil-Typologien erkenntnisbringend genutzt werden, damit ihre offensichtliche Stärke der plakativen und lebendigen Zielgruppenbeschreibung effektiv und effizient in der Konzeption der Marketing-Kommunikation eingesetzt werden kann ? Überraschenderweise liegt die Antwort bereits seit Beginn der 1990er Jahre vor, als Lifestyle-Typologien in der Zielgruppenplanung gerade ihren Siegeszug angetreten hatten. So hat Franz Böcker schon 1992 in der Branchenzeitschrift w&v (3/1992: 16) darauf hingewiesen, dass Lifestyle-Typologien nicht auf Basis allgemeiner psychografischer Merkmale konsumtives Handeln in spezifischen Marktsegmenten erklären oder prognostizieren können (vgl. auch Diller 2006: 51, Hoepner 2006: 15, Haas/Brosius 2006: 177). Vielversprechender ist es, zielgruppenspezifische Typologien für soziodemografisch definierte Segmente zu entwickeln, wie dies ja auch von vielen Markt-Media-Studien bereits angeboten wird (z. B. PKW-Käufer-Typologie oder Kaffeetrinkertypologie). Dem Marketing-Manager und strategischen Planer in der Agentur ist nämlich weniger mit Typologien von allen Menschen in der Gesellschaft geholfen als vielmehr mit solchen, die die spezifische Zielgruppe eines Produktes beziehungsweise einer Marke wie beispielsweise jugendliche Handy- oder seniore Computer-Nutzer beschreiben (vgl. Brosius 2005: 54).

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2.3.7.3 Bestimmung der Clusteranzahl

Die Clusteranalyse ist als Segmentierungsmethode zur Zielgruppenproduktion keineswegs unumstritten. Ihren Lösungen in Form der Clusteranzahl wird in der Marktforschung regelmäßig mit Misstrauen begegnet. Diese gelten häufig als subjektiv und willkürlich, besonders die der klassischen Methoden (vgl. Jensen 2014: 367). So geben hierarchische Clusteranalysen immer eine Lösung an, was für Zweifel an der Erklärungsstärke sorgt. In der Regel erfolgt die Festlegung der Clusteranzahl aus pragmatischen Überlegungen des Analytikers, wobei die Zahl sieben (plus/minus zwei) sich sehr gut dazu eignet, „die Anzahl der Objekte zu beschreiben, die Menschen gleichzeitig im Gedächtnis behalten können“ (Haas/Brosius 2006: 167), weswegen es nicht verwundert, so Haas und Brosius (ebd.), dass Typologien sich letztlich um diese Zahl herum anordnen lassen. Ove Jensen (2014: 367) weist besonders darauf hin, dass neben dem in der Regel eingesetzten Ellbogen-Kriterium Alternativen zur Bestimmung der Clusteranzahl wie das Pseudo F und das Cubic Clustering Criterion (CCC) vorhanden sind. Auch stellen die probabilistischen Clusterverfahren eine interessante Alternative für die Zielgruppensegmentierung dar. Die Herausforderung für die Zielgruppenforschung – und zwar gleichermaßen für die angewandte Marktforschung wie für die Grundlagenforschung – liegt somit im Umgang mit dem Verdacht einer methodisch bedingten Willkürlichkeit. Diesem muss mit einer stärkeren Berücksichtigung neuerer methodischer Entwicklungen begegnet werden, was mit der Inkaufnahme von Aufwand, sei er kognitiver, technologischer oder auch finanzieller Art, verbunden ist. Die Tatsache, dass auch neuere Verfahren stets nur eine Lösung in Form einer Wirklichkeitskonstruktion bieten, indem sie eine bestimmte Anzahl an Clustern schaffen, und nicht eine in der Realität existierende Zahl von Clustern abbilden, bleibt davon aber unberührt.

2.4

Marketing-Kommunikationsziele

Die Marketing-Kommunikationsziele werden im Wirkungsnetz der Konzeptionselemente unter Berücksichtigung der Zielgruppen-/Zielpersonenbestimmung, der Positionierung sowie des zur Verfügung stehenden Budgets definiert. Gleichzeitig wirken aber die Marketing-Kommunikationsziele auf die Budget-Entscheidungen ein (s. Abb. 95). Für die Marketing-Kommunikation als eine spezifische Form der Kommunikation gilt – wie für jede Art der Kommunikation als soziale Handlung –, dass mit ihr auf allgemeiner Ebene das Kommunikationsziel der Verständigung verfolgt wird. Nachgelagert dieser kommunikativen Primär-Zielsetzung werden mit der Marketing-Kommunikation Kommunikationszwecke verfolgt, die als die spezifischen Marketing-Kommunikationsziele aufgefasst werden können. Werden diese erreicht, wird

284

BI

Input

Abb. 95 Direkte Einflüsse auf die Bestimmung der Marketing-Kommunikationsziele im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation (eigene Darstellung)

implizit auf erfolgte Verständigung geschlossen, das primäre Kommunikationsziel also als verwirklicht eingestuft (s. Kap. A 1.2). ▶ Definition Marketing-Kommunikationsziele sind Beschreibungen von zukünftigen Zuständen, von Sollzuständen, die durch marketing-kommunikative Handlungen erreicht werden sollen.

Aus der Definition ergibt sich die Funktion der Vorgabe und der Kontrolle von Marketing-Kommunikationszielen. Durch den Abgleich von ursprünglichem Soll- und erreichtem Istzustand können die Maßnahmen, die stattgefunden haben, bewertet werden. Marketing-Kommunikationsziele geben daher einerseits Orientierung in der Planungs- und Gestaltungsausrichtung des gesamten Marketing-Kommunikationsprozesses und sind gleichzeitig die Basis für die Erfolgskontrolle dieses Prozesses. Damit kommt ihnen auch eine Funktion für die Entscheidungsfindung zu. Eine Zielorientierung ist im Unternehmen im Hinblick auf eine Entscheidung zur Konzeption des Marketing-Kommunikationsprozesses ein konsensfähigeres Kriterium als beispielsweise die subjektive Einschätzung eines Managers. An Marketing-Kommunikationszielen können und müssen in Unternehmen und Agenturen die zur Konzeption des Marketing-Kommunikationsprozesses notwendigen Entscheidungen (z. B. Zielgruppenauswahl, Budgetierung, Medienauswahl) ausgerichtet werden. Die Ziele haben damit auch eine Koordinationsfunktion inne, da sie die Handlungen der an der Konzeption der Marketing-Kommunikation beteiligten Akteure aufeinander abstimmen und sie diese darüber hinaus motivieren, auf das Erreichen der Sollzustände hinzuwirken (Motivationsfunktion) (vgl. Bruhn 2014: 310 f., Hofbauer/Hohenleitner

2

Analysen und Strategien

285

2005: 147, Unger/Fuchs 2005: 101). In der Literatur findet sich eine Vielzahl von unterschiedlichen Kriterien, anhand derer sich Marketing-Kommunikationsziele differenzieren lassen (vgl. z. B. Pepels 2001: 83 f.). Sie können unterschieden werden nach: • •







• •



ihrer vertikalen Einordnung in die Zielhierarchie des Unternehmens; ihrer horizontalen Einordnung in den Zielkanon der Unternehmensziele, die auf derselben Ebene liegen, und nach den resultierenden Charakteristika der Beziehungen der Ziele (Zielidentität, Zielkonkurrenz, Zielharmonie, Zielindifferenz etc.) (vgl. Rogge 1990: 47); ihrem Zeitbezug: kurzfristige, operative Ziele (Laufzeit unter einem Jahr), mittelfristige, taktische Ziele (Laufzeit zwischen einem Jahr und drei oder fünf Jahren) und langfristige, strategische Ziele, die eine Laufzeit von drei beziehungsweise fünf bis zu dreißig Jahren haben (vgl. auch Hofbauer/Hohenleitner 2005: 147, Kloss 2012, Vergossen 2004: 47); ihrem Ausmaß, wobei zwischen Extremal-, Optimal-, Fixations- und Satisfaktionszielen differenziert werden kann, wobei letztere über ihren Grad der Zielerreichung (von – bis) definiert werden und in der Marketing-Kommunikation die gängigste Form darstellen (vgl. Pepels 2001: 85); ihrer Richtung, von der Ausweitung (Steigerung des Ausmaßes, z. B. Umsatzsteigerung) über die Konsolidierung (Fortschreibung des Status quo) und Etablierung (Platzierung am Markt) bis hin zur Reduzierung als Verminderung des Ausmaßes des Zielinhaltes; ihrer Raumerstreckung, beispielsweise lokal, national oder global; ihrem Inhalt, wobei sich Ziele in materieller und formeller Hinsicht unterscheiden lassen. Formell geben Ziele entweder als Meta-Ziele abstrakte Steuerungsvorgaben vor (z. B. Wachstum, Umweltschutz, Betriebsklima etc. betreffend), die sich vor allem in den „Mission Statements“ der Unternehmen finden, oder sie beziehen sich als Sachziele auf das konkrete Handlungsprogramm mit seinen Kosten und Leistungen. Materiell lassen sich Ziele mittels der in den 1960er Jahren entstandenen Kategorisierung in ökonomische und psychografische Ziele einteilen (vgl. Behrens 1963: 106 f.), worauf im folgenden noch näher eingegangen wird; ihrer Gewichtung in Hauptziele mit hoher Priorität und Nebenziele mit geringer Priorität, was bei der Zuweisung von finanziellen Mitteln zur Zielerreichung, der Budgetierung, von Bedeutung ist.

Von diesen Kriterien zur Differenzierung von Marketing-Kommunikationszielen bedarf das der vertikalen Einordnung in die Zielhierarchie des Unternehmens sowie das damit immer wieder in Beziehung gesetzte Inhaltskriterium mit seiner Differenzierung in ökonomische und psychografische Ziele einer näheren Betrachtung. Hier offenbart sich ein Ableitungsproblem der Marketing-Kommunikationsziele, das in den Grundsatz der Zurechenbarkeit von Wirkungen der Marketing-Kommunikation zu Marketing-Kommunikationszielen mündet.

286

BI

Input

2.4.1 Grundsatz der Zurechenbarkeit Mittels des Kriteriums der vertikalen Einordnung in die Zielhierarchie des Unternehmens werden Marketing-Kommunikationsziele als Unterziele klassifiziert, die als Voraussetzung zum Erreichen von übergeordneten Zielen (Oberzielen) dienen. Letztere sind ökonomische Marketingziele auf der Outflow-Ebene, die ihrerseits wiederum in einem konditionalen Verhältnis mit den Unternehmenszielen stehen, zu deren Erreichung sie dienen (s. Abb. 96). Outflow-Ziele wie beispielsweise die Steigerung des Absatzes von Produkt X um 7 Prozent, die Erhöhung des Marktanteils um 12 Prozent oder eine Erhöhung der Erstkäuferquote um 8 Prozent sind jedoch häufig in Kommunikationsdisziplinen, die – wie in der klassischen Mediawerbung – primär auf Veränderungen im kognitiv-emotionalen System des Konsumenten zielen, für die Ableitung von Marketing-Kommunikationszielen untauglich. Erstens reAbb. 96 Ableitung der Marke- sultieren derartig beschriebene Sollzustände aus dem ting-Kommunikationsziele (in Zusammenwirken eines kompletten Marketingmix Anlehnung an Hofbauer/Hoaus produkt-, preis- und distributionspolitischen sohenleitner 2005: 147) wie marketing-kommunikativen Maßnahmen. Diese Ziele weisen also keine kommunikationsbedingte Reagibilität, keine Bereichsadäquanz auf. Dem Marketing-kommunikativ verantwortlich Handelnden im Unternehmen oder in der Agentur wird dadurch ein auf dem Kausalitätsprinzip basierender Sollzustand vor Augen gehalten, den er durch sein eigenes Handeln nicht isoliert und damit eindeutig zurechenbar erreichen kann (vgl. Steffenhagen 2009: 361; Kap. B III 2.1). Darüber hinaus wirken zweitens unternehmensexterne Entwicklungen und Zustände im Marketing-Kommunikations-, Wirtschafts- und Mediensystem auf die Erreichung von Marketingzielen – aber auch auf die von Marketing-Kommunikationszielen – ein. So bleibt in summa unklar, wie sich beispielsweise das Erreichen des Marketing-Kommunikationsziels der Bekanntheitsgradsteigerung um 12 Prozent für das Produkt X auf das Erreichen des ökonomischen Marketingziels der Erhöhung des Marktanteils um 6 Prozent auswirkt. Der Grundsatz der Zurechenbarkeit besagt also, dass das Erreichen von Sollzuständen mit hoher Wahrscheinlichkeit isoliert auf den Einsatz von Marketing-Kommunikationsmaßnahmen zurückgeführt werden kann. Der Status quo stellt sich jedoch so dar, dass quantifizierte Kommunikationsziele oftmals nicht aus ökonomischen Vorgaben hierarchisch abgeleitet werden können. Daher bleibt bis auf Weiteres den Akteuren nichts anderes übrig, als ausgehend von einer fundierten Analyse des durchschnittlichen Zustandes der kognitiv-emotionalen Systeme der Zielgruppe sowie des Status quo der kommunikativen Verhältnisse

2

Analysen und Strategien

287

mit dieser Zielgruppe mehr oder weniger anspruchsvoll das Ausmaß der MarketingKommunikationsziele heuristisch zu bestimmen (vgl. Steffenhagen 2009: 374). Dies konfligiert aber mit der Bedeutungszunahme des Performance Marketing in konjunkturell angespannten Zeiten. Dieses propagiert mit seiner stark ökonomisch definierten Leistungsorientierung aller Marketing-Maßnahmen die Zurechenbarkeit von Marketing-Kommunikationsmaßnahmen zu Marketingzielen auf der OutflowEbene und sieht diese Zurechenbarkeit sogar als Grundlage einer performanceorientierten Vergütung der Kommunikationsagenturen an. Kommunikationsdisziplinen wie die Verkaufsförderung oder das Direktmarketing sind hier qua ihres stärker auf äußere Anschlusshandlungen ausgerichteten Kommunikationsprozesses und der damit gegebenen einfacheren Zurechnungsmöglichkeit von Maßnahmen zu ökonomisch definierten Marketingzielen gegenüber der klassischen Mediawerbung oder dem Sponsoring im Vorteil, die sich auf Ziele im kognitiv-emotionalen Bereich des Konsumenten konzentrieren.

2.4.2 Systematisierung der Ziele Von den oben aufgeführten Kriterien zur Differenzierung von Marketing-Kommunikationszielen wird häufig das von Karl Christian Behrens (1963: 106 f.) in die Werbeforschung eingeführte Inhaltskriterium mit der Differenzierung in nicht- beziehungsweise außerökonomische und ökonomische Ziele zur Systematisierung der einzelnen Marketing-Kommunikationsziele genutzt. Die Begriff lichkeit dieser Differenzierung sowie die geschilderte Ableitungsproblematik dürfen aber nicht den Eindruck erwecken, dass außerökonomische Marketing-Kommunikationsziele wirtschaftlich belanglos wären. Dem ist keinesfalls so. Denn schließlich baut das Marketing-Kommunikationssystem als Subsystem des Wirtschaftssystems auf einer ökonomisch codierten Handlungs- und Kommunikationslogik auf. Die Redeweise von außerökonomischen Zielen macht vielmehr auf die Bedeutung der inneren Handlungen im kognitiv-emotionalen System von im Marketing-Kommunikationssystem agierenden Menschen aufmerksam, die von den äußeren, direkt beobachtbaren kommunikativen Handlungen (u. a. der ökonomischen Kaufhandlung) zu unterscheiden sind. Dies spiegeln auch differenziertere Systematisierungen wider, in denen die Ziele an den Wirkungsbereichen der Marketing-Kommunikation ausgerichtet werden. Beispiele sind: • Kontaktwirkung, • psychologische Wirkung, • ökonomische Wirkung (Rogge 1990: 49); • Aufmerksamkeit, • kognitive und emotionale Kommunikationswirkung, • Beeinflussung (Schwaiger 1997: 36);

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BI

Input

• Wahrnehmung von Botschaften, • kognitive Verarbeitung und Bewertung von Botschaften, • Bildung von Entscheidungen und Wünschen, • Verankerung im Gedächtnis, • Einstellungen, Motive, Werte, • Rückbewertung eigenen Handelns, beispielsweise nach erfolgtem Kauf oder Produktverwendung (Unger/Fuchs 2005: 105 in Anschluss an Irle 1975). Ein weiterer Systematisierungsansatz setzt bei den Zielgruppen an. So können neue, zusätzliche Kunden von bisherigen und abgewanderten Kunden unterschieden werden und die Marketing-Kommunikationsziele in die drei entsprechenden Zielklassen Gewinnen, Halten und Rückgewinnen eingeteilt werden (vgl. Steffenhagen 2009: 364 f.). Derartige Systematisierungen kommen besonders in Kombination mit der Zielgruppenplanung mittels Kundenbeziehungslebenszyklus-Typologien zum Einsatz (vgl. Kap. B I 2.3.6). Aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht ist es zweckmäßig, zur Systematisierung der Ziele in einem ersten Schritt am Prozess der Marketing-Kommunikation anzusetzen. Es können dann folgende fünf Kategorien von Marketing-Kommunikationszielen unterschieden werden: •

Input-Ziele beziehen sich auf die Schritte der Informationsproduktion, der Gestaltung und der Herstellung des Kommunikationsangebots sowie auf die Planung seiner Distribution. Den kommunikationsqualitativen Kriterien der unternehmerischen Achtsamkeit, des Marketing-Kommunikationswissens sowie dem Management der Input-Relevanzbeurteilung von Unternehmens- beziehungsweise Agenturmitarbeitern kommt dabei besondere Bedeutung zu. • Output-Ziele beziehen sich auf die vollzogene Mitteilung des Marketing-Kommunikationsangebots einer Kommunikationsdisziplin, womit Media-Ziele wie Kontakthäufigkeiten mit dem Kommunikationsmittel oder dessen Reichweite in der Zielgruppe im Mittelpunkt stehen. Für die Agenturen sind ein nicht zu unterschätzender Output-Zielbereich die Agenturwettbewerbe, bei denen sie mit den im Auftrag ihrer Kunden entwickelten Arbeiten aus Reputationsgründen gute Platzierungen anstreben. • Outgrowth-Ziele haben das Verstehen und die Verarbeitung der mitgeteilten Information im kognitiv-emotionalen System des Konsumenten zum Inhalt. Sie zielen dort auf das Auslösen (z. B. Mere-Exposure-Effekt) oder das Vermeiden (z. B. Reaktanz) von inneren Effekten. Outgrowth-Ziele können unterschieden werden in eher kognitiv-, affektiv- oder konativ-orientierte Ziele. Eher kognitiv-orientierte Ziele beziehen sich auf das kommunikationsqualitative Kriterium der Erzeugung von Aufmerksamkeit. Darüber hinaus werden das Verständnis und die Kenntnis der mitgeteilten Information (Bekanntheit) sowie das Wissen über den Marketing-Gegenstand (Informati-

2

Analysen und Strategien

289

onsstand) angestrebt. Eher affektiv-orientierte Ziele beziehen sich auf das Erleben des Marketing-Kommunikationsangebots und darüber hinaus die Bildung und Veränderung von Einstellungen und Images sowie die grundsätzliche Schaffung von Präferenzen. Eher konativ-ausgerichtete Ziele beziehen sich auf das Wecken von Kaufabsichten oder auf die Auslösung des Wunsches, mehr Informationen zu einem Produkt zu erhalten. Hier steht die Absicht, eine konkrete äußere Handlung durchzuführen, im Mittelpunkt. Allen Outgrowth-Zielen gemeinsam ist, dass sie als angestrebte kognitiv-affektiv-konative Effekte nicht direkt, sondern nur indirekt über Indikatoren kommunikativ erschlossen werden können. Das heißt, dass streng genommen das Erreichen von Outgrowth-Zielen ihrem Wesen nach überhaupt nicht kontrolliert werden kann, sondern Wissenschaft wie Praxis auf indikatorengestützte plausible Beschreibungen und Theorien angewiesen sind, die einen Zusammenhang zwischen nicht beobachtbarem Outgrowth und beobachtbarem Outcome herstellen. So werden beispielsweise die Recall-Werte auf der Outcome-Ebene als Indikator für die Bekanntheit eines Produktes (Outgrowth) angesetzt, die nur kommunikativ durch Befragung ermittelt werden kann. • Outcome-Ziele sind entsprechend Ziele, die sich auf die kommunikative Handlungsebene beziehen. Direkte Outcome-Ziele in Form des Bewirkens von intendierten äußeren Anschlusshandlungen des Konsumenten wie die Kontaktaufnahme mit dem Unternehmen, der Kauf des beworbenen Produktes und die Kommunikation in sozialen Netzwerken der Konsumenten und Kunden fallen ebenso darunter wie indirekte Outcome-Ziele, die als Indikatoren angestrebte Outgrowth-Effekte operationalisieren, symbolisieren und damit kommunikativ bearbeitbar machen. • Outflow-Ziele beziehen sich auf das ökonomische Ausmaß des Outcome, auf die betriebswirtschaftlichen Effekte der Marketing-Kommunikation. Aufgrund der beschriebenen Ableitungsproblematik ist es häufig schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, Outflow-Ziele wie beispielsweise die Umsatzsteigerung mit einzelnen Marketing-Kommunikationsmaßnahmen zu verbinden. Auswege versucht das strategische Kommunikationscontrolling aufzuzeigen, bei dem sich OutflowZiele als unternehmerische Oberziele auf den Beitrag der Kommunikation zur Wertschöpfung des Unternehmens beziehen und die Bewertung der gesamten Unternehmenskommunikation, einschließlich der Marketing-Kommunikation, beispielsweise mittels Cultural Due Diligences oder Communication Scorecards erfolgt (vgl. Porák et al. 2007: 543, Sass/Zerfaß 2008: 6). Auch fällt die Steigerung des ökonomisch definierten Markenwertes als Zielsetzung in den Outflow-Zielbereich. Richtet man den Blick auf die unternehmensinterne Ausformung der Zielkategorien des Marketing-Kommunikationsprozesses, können Outflow-Ziele auch im Bereich des effizienten Einsatzes zeitlicher, finanzieller und personeller Ressourcen liegen.

290

BI

Input

Da Marketing-Kommunikationsziele immer in Abhängigkeit von Zielgruppen formuliert werden, ist es zweckmäßig, die Zielkategorien des Marketing-Kommunikationsprozesses mit den Zielgruppen der Mitarbeiter sowie denen der neuen, bisherigen und abgewanderten Kunden des marketingtreibenden Unternehmens in ein Verhältnis zu setzen. Marketing-Kommunikationsziele lassen sich dann mit der in Abb. 97 dargestellten Matrix systematisieren. In der Literatur herrscht keine einheitliche Auffassung über einen Katalog konkreter Ziele. Besonders für den Outgrowth-Bereich lässt sich in Abhängigkeit von der spezifischen Situation des Unternehmens eine Vielzahl von Zielen formulieren, die auf die einzelnen Zielgruppen ausgerichtet werden können. Beispiele sind in Tab. 12 aufgeführt. Hinsichtlich der Frage, ob einer Kundenzielgruppe bei der Zielausrichtung der Marketing-Kommunikation eine höhere Bedeutung zukommt, findet sich ein interessanter Hinweis bei Claudia Mast et al. (2005: 100). Im Jahr 2003 haben sie einhundert Kommunikationsverantwortliche von Top-500-Unternehmen in Deutschland unter anderem zu der Wichtigkeit von inhaltlich allgemein gehaltenen Kommunikationszielen befragt (s. Abb. 98). Die Kundenbindung erweist sich mit deutlichem Abstand vor der Information über Produkte und Dienstleistungen sowie der Kaufauslösung als wichtigstes Ziel. Daraus kann in Kombination mit der vergleichsweise geringen Bedeutung des Ziels „Kunden von anderen abwerben“ geschlossen werden, dass der Zielgruppe der Bestandskunden besondere Bedeutung zukommt. Diese dürfte aber sicherlich in Ab-

Tab. 12

Exemplarische Outgrowth-Ziele

eher kognitiv-orientierte Ziele

eher affektiv-orientierte Ziele

eher konativ-orientierte Ziele

Erhöhung des Bekanntheitsgrades eines Produktes oder einer Marke

Präferenz für die Marke aufbauen oder festigen

Kauf-/Wiederkaufsabsicht bewirken

Kenntnis schaffen über neue Produkte oder Produktinnovationen/-variationen

Einstellung zu Marke, Produkten, Unternehmen verändern oder stabilisieren

Förderung der Weiterempfehlung von Produkten und Leistungen

Kenntnis schaffen über die Funktionsweise eines Produktes oder eines Services

Vertrauens-/Sympathiebildung

Förderung von kritischem Feedback zu Produkten, Kommunikation, Service etc.

Serviceangebot bekannt machen

Relevantes Erleben der Marke

Anregung zu Informationseinholung über weitere Produkte des Unternehmens

Erinnerung von Kommunikationsmitteln sowie ihrer Elemente wie bspw. Markennamen, Slogans, Prominente etc.

emotionale Positionierung gegenüber der Konkurrenz

Förderung des Besuchs der WWW-Site

2

Analysen und Strategien

Zielkategorien des MarketingKommunikationsprozesses

Zielgruppen Mitarbeiter

Bisherige Kunden

Abgewanderte Kunden

Achtsamkeit gegenüber Marktentwicklungen

Lebenswelt-bezogene Daten zur Gestaltung individualisierter Kommunikationsangebote

Mitteilung von Produktverwendungserfahrungen

Mitteilung von Kündigungsgründen

viele Einträge in das MarketingkommunikationsWiki

hohe Kontaktreichweite

hohe Kontaktfrequenz

Wiederherstellung eines persönlichen Kontaktes

eher kognitiv orientiert

Kenntnis über die Marketingkommunikationspläne in der PR-Abteilung

Aufmerksamkeit für Kommunikationsmittel Kenntnis der Marke

Kenntnis von Mengenrabatten

Kenntnis neuer Produktangebote

eher affektiv orientiert

hohe Identifikation mit der Marke

relevantes Erleben der Marke

Präferenz für die Marke festigen

Verzeihung von Ser viceunzulänglichkeit

eher konativ orientiert

Absicht zur abteilungsübergreifenden Kommunikation

Kaufabsicht

Wunsch, ein anderes Produkt des Unternehmens zu kaufen (Cross-/UpSelling)

Wiederkaufsabsicht

abteilungs-/ bereichsübergreifende MarketingkommunikationsMeetings

Anforderung von Informationsmaterial

Weiterempfehlung des Produkts

Wiederkäufe

effizienter Produktionsprozess des Produktkataloges

Niedriger Tausend-KontaktPreis (TKP) Erhöhung des Direktvertriebumsatzes

Erhöhung des Wertes selektierter Kunden

effiziente Reaktivierung ehemaliger Kundenbeziehungen

Output

Outcome

Outflow

Kunden des marketingtreibenden Unternehmens (B2C) Neue Kunden

Input

Outgrowth

291

Abb. 97 Systematik der Marketing-Kommunikationsziele eines Unternehmens aus dem B2CBereich mit Zielbeispielen (Quelle: eigene Darstellung, s. auch Tropp 2016)

292

BI

Input

Abb. 98 Wichtige Kommunikationsziele der Top-500-Unternehmen (Quelle: Mast et al. 2005: 100)

hängigkeit von einer Reihe von Faktoren, vor allem von der konjunkturellen Lage im Allgemeinen sowie der des Unternehmens im Besonderen schwanken.

2.4.3 Anforderungen an Ziele Sollen Marketing-Kommunikationsziele ihre Funktionen der Vorgabe und Kontrolle, der Unterstützung der Entscheidungsfindung, der unternehmensinternen Koordination sowie der Motivation erfüllen können, müssen sie bestimmten Anforderungen genügen. Folgende können unterschieden werden (vgl. Bruhn 2014: 310 f., Pepels 2001: 82, Steffenhagen 1993: 288): •

• •

Entsprechend dem Grundsatz der Zurechenbarkeit müssen Marketing-Kommunikationsziele eine marketing-kommunikative Reagibilität aufweisen. Die Veränderung der Zielvariablen hat stark sensibel auf die Änderung der MarketingKommunikationsaktivität zu reagieren. Bezüglich zu ergreifenden marketing-kommunikativen Handlungen in Unternehmen und Agenturen müssen die Ziele eine selektive Steuerungskraft haben. Marketing-Kommunikationsziele müssen eine Kaufhandlungsrelevanz hinsichtlich ihrer angestrebten Wirkungen haben und sich damit aus einem ökonomisch codierten Handlungszusammenhang ableiten lassen.

2

Analysen und Strategien

293



Marketing-Kommunikationsziele müssen vollständig und präzise formuliert sein, allein schon als Voraussetzung dafür, dass sie überhaupt eine selektive Steuerungskraft entfalten können. Folgende Angaben müssen vorhanden sein: ◆ Angabe der Zielart beziehungsweise -variable („Was ist zu erreichen ?“) (z. B. Produkt-Bekanntheit), ◆ Angabe des angestrebten Ausmaßes einer Zielart/-variable („Wie viel soll bei der Zielart erreicht werden ?“) (z. B. um 5 Prozentpunkte), ◆ Angabe des Zeitbezugs der angestrebten Zielerreichung („Wann soll das Ziel erreicht sein ?“) (z. B. innerhalb des nächsten Jahres), ◆ Angabe des Objektbezugs der angestrebten Zielerreichung („Bei welcher Marke, Produktart, Einkaufsstätte etc. soll das Ziel erricht werden ?“) (z. B. für das Produkt XY), ◆ Angabe der Zielgruppe („Bei wem soll das Ziel erreicht werden ?“) (z. B. Neukunden zwischen 20 und 49 Jahren mit einem Jahreseinkommen über 30 000,– Euro), ◆ Angabe zum räumlichen Bezug („Wo soll das Ziel erreicht werden ?“) (z. B.: im Nielsen-Gebiet 1). Beispiel …

… für ein operationales Marketing-Kommunikationsziel in der Zielkategorie Outgrowth Erhöhe innerhalb eines Jahres in der Zielgruppe neuer Kunden zwischen 20 und 49 Jahren, die im Nielsen-Gebiet 1 wohnhaft sind und ein Jahreseinkommen von über 30 000,– Euro haben, die Bekanntheit für das Produkt XY von aktuell 15 auf 20 Prozent.

Hartwig Steffenhagen (1993: 287) moniert nach einer Durchsicht der Dokumentation von Kampagnen, die zwischen 1981 und 1991 mit einem GWA-EFFIE-Preis ausgezeichnet wurden, dass die Praxis den Anforderungen an die Formulierung der Marketing-Kommunikationsziele in der Regel nicht gerecht wird. Er vermutet weniger mangelnde Professionalität als Grund dafür, sondern eher die starke Orientierung an der klassischen wissenschaftlichen Systematisierung der Ziele in ökonomische und außerökonomische, wodurch leicht der Grundsatz der Zurechenbarkeit übersehen wird.

294

2.5

BI

Input

Kontext-Strategie

Mittels der Kontext-Strategie wird in der Praxis der Modernen Marketing-Kommunikation basierend auf Consumer Insights der kommunikationsqualitative Faktor der Rezeptionsrelevanz operationalisiert (vgl. Kap. B III 1.3). Dazu knüpft die Kontext-Strategie an die drei elementaren Consumer-Insight-Kontexte an und differenziert sich in zwei Teilstrategien aus, die wechselseitig aufeinander Einfluss haben und die in jeweils unterschiedlicher Intensität die Kontexte fokussieren. Die Teilstrategie der Copy-Strategie fokussiert primär den Kontext der Marke. Der Kontext der Rezeptionssituation liegt vorrangig der Entwicklung der Utility-Strategie zugrunde, die sich auf die Identifikation und Realisation eines situativen Nutzens der Marketing-Kommunikation konzentriert. Die Entwicklung beider Strategien wird dabei durch Insights die Lebenswelt des Konsumenten betreffend beeinflusst (s. Abb. 99). Die Kontext-Strategie hat kommunikationsdisziplinenübergreifend Gültigkeit, womit ihr zum einen eine strategische Integrationsfunktion auf horizontaler Ebene zukommt. Zum anderen richtet sie sich gleichermaßen an Mitarbeiter aus der Kreations- und der Media-Abteilung beziehungsweise der Media-Agentur und ist die Grundlage für deren Entwicklung der Kommunikations- und Media-Idee. Sie hat daher auch eine strategische Integrationsfunktion auf vertikaler Ebene. Die Marketing-Kommunikation hat sich in Form der klassischen Mediawerbung bisher vorwiegend auf die Copy-Strategie konzentriert. Dem Erlebniswert des Marketing-Kommunikationsangebots wurde bislang wenig strategische Beachtung geschenkt. Dies ist mit dem Anspruch, heute nach kommunikationsqualitativen As-

KONTEXTSTRATEGIE

Strategien: Utility-Strategie

Copy-Strategie

Rezeptionssituation

Marke Kontexte:

Lebenswelt

Abb. 99 Architektur der Kontext-Strategie

2

Analysen und Strategien

295

pekten Marketing-Kommunikationsprozesse zu konzipieren, nicht länger vereinbar. John Hegarty, Chairman und weltweiter Kreativchef der international renommierten Kommunikationsagentur Bartle, Bogle, Hegarty, formuliert entsprechend: „Bis vor ein paar Jahren ist Werbung als Unterbrechung in den Alltag der Menschen hineingeplatzt. Heute muss man den Konsumenten viel mehr mit Inhalten fesseln und sein Interesse wecken. Wenn Werbebotschaften für die Konsumenten keinen Wert vermitteln, schalten sie einfach woanders hin.“ (Hegarty 2009: 22)

Ähnlich spricht Frank Dopheide, ehemaliger Chairman der Agentur Grey in Düsseldorf, davon, dass es heute die Aufgabe der Marketing-Kommunikation sein muss, das Leben der Konsumenten zu bereichern: „Warum gilt Google als wertvollste Marke ? Weil es das Leben der Menschen bereichert“ (zit. n. Sonnenschein 2009: 20).

2.5.1 Copy-Strategie Die Debatte über den Sinn und die Funktionen, die die Copy-Strategie im Prozess der Marketing-Kommunikation erfüllt, wird weitestgehend konsensuell geführt.

2.5.1.1 Begriff und Funktionen der Copy-Strategie

Die Copy-Strategie baut auf der Positionierung der Marke auf und kann als schriftliche Fixierung der inhaltlichen Grundkonzeption in Abhängigkeit von der Zielgruppe und den Marketing-Kommunikationszielen aufgefasst werden (s. Abb. 100). Sie bildet gemeinsam mit der Utility-Strategie die strategische Grundlage für die kreative Entwicklung der Kommunikations- und Media-Idee. Dabei fokussiert sie die Inhalte einer Kampagne (vgl. Bruhn 2015: 534, Pickert 1994: 78, Schmidt 2004a: 90, Schweiger/Schrattenecker 2005: 222, Unger/Fuchs 2005: 143). Als gedankliche Vorstufe zur konkreten Gestaltung eines Kommunikationsangebots setzt sie die Rahmenbedingungen für dessen Verbalisierung und Visualisierung und wird manchmal auch als „Kommunikationsleitstrategie“ bezeichnet (Vergossen 2004: 60), was jedoch zu weit gegriffen ist. Ein weiteres gebräuchliches Synonym in der Praxis ist der Begriff der Copy-Plattform (vgl. Vergossen 2004: 61, Barowski 2003: 27). Auch wird die Copy-Strategie gelegentlich als „Creative Brief “ bezeichnet (vgl. z. B. Rossiter/Bellman 2005: 34). Zur Beschreibung der Funktion der Copy-Strategie kommt des Weiteren die Metapher zum Einsatz, dass sie als „Personalausweis der Marke“ (z. B. Barowski 2003: 28, Vergossen 2004: 60) fungiert, indem sie die Markenpersönlichkeit darstellbar, begreifbar und nachvollziehbar macht. Zentrales Kennzeichen der Copy-Strategie ist, dass sie in komprimierter Form die grundlegenden konzeptionellen Überlegungen zum Kommunikationsinhalt zusam-

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Utility-

Abb. 100 Direkte Einflüsse auf die Copy-Strategie im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation (eigene Darstellung)

menfasst und damit die Frage beantwortet: Was soll in welcher Anmutung kommuniziert werden ? Dabei stützt sie sich auf Consumer Insights den Kontext der Marke sowie den der Lebenswelt der Zielgruppe betreffend und gibt der Kreationsabteilung die Vorlage für die Entwicklung inhaltlich relevanter Kommunikationsmittel (vgl. Kap. B I 1.2.2). ▶ Definition Die Copy-Strategie ist die schriftliche Fixierung der Grundkonzeption des MarketingKommunikationsinhalts. Sie basiert auf der Positionierung und auf Consumer Insights den Kontext der Marke sowie den der Lebenswelt der Zielgruppe betreffend und dient gemeinsam mit der Utility-Strategie als Grundlage für die zielgerichtete kreative Umsetzung einer Kommunikationsmaßnahme oder Kampagne.

Aus diesem Verständnis können zentrale Funktionen der Copy-Strategie abgeleitet werden. Einerseits fungiert sie als Anleitung für die Kommunikationsagentur zur Kreation der Mitteilung in Form eines oder mehrerer Kommunikationsmittel. Sie trägt so zu einer Disziplinierung der kreativen Arbeit bei, wodurch gewährleistet werden soll, dass der kreative Output in die angestrebte Richtung geht. Sie fungiert andererseits als Anleitung zur Beurteilung der Agenturarbeit und ist folglich Messkriterium zur Überprüfung, ob die produzierten Marketing-Kommunikationsangebote „on-strategy“ sind und die Erwartung eines Kommunikationserfolgs plausibel ist (vgl. Bruhn 2005a: 482, Kloss 2012). Da die Positionierung in der Regel langfristig angelegt ist, ist die Copy-Strategie ebenfalls als ein Langzeit-Dokument zu begreifen und behält somit auch für Folge-

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Analysen und Strategien

297

kampagnen Gültigkeit. Eine Anpassung der Strategie kann dann erforderlich werden, sobald sich Änderungen bei der Positionierung der Marke, beim beworbenen Produkt selbst, bei der Produktverwendung, der Konkurrenzsituation und/oder bei den Verbraucherbedürfnissen ergeben (vgl. Kloss 2012, Schmidt 2004a: 90). Dank dieses Langzeit-Charakters kommen der Copy-Strategie weitere Funktionen zu. Sie garantiert, dass die Inhalte der kommunikativen Maßnahmen über einen längeren Zeitraum hinweg mit der Positionierung sowie mit den angestrebten Zielen übereinstimmen. Weiterhin gewährleistet sie eine Kontinuität und Folgerichtigkeit der Kommunikationsinhalte im Zeitablauf (vgl. Kloss 2012). Dies wird realisiert, wenn unabhängig vom Kommunikationsmittel oder vom Medium sämtliche Einzelgestaltungen von Sujets, also beispielsweise von Plakaten, Anzeigen oder TV-Spots, mit der Copy-Strategie abgestimmt werden. Die Copy-Strategie steht damit im Dienste der strategischen Berücksichtigung des Markenkontextes in der Marketing-Kommunikation. Sie fungiert als Sicherung der Konsistenz der Marketing-Kommunikationsangebote und damit der Herstellung der Kompatibilität mit dem ausgebildeten Markenwissen der Zielgruppe. Eine klar konzipierte, langfristig angelegte Copy-Strategie erspart zudem allen an der Produktion der Werbemaßnahmen beteiligten Instanzen ein großes Maß an Zeit und Energie, da sie komplexitätsreduzierend die zentralen Entscheidungen der Inhaltskonzeption zusammenfasst, sodass diese nicht bei jeder zu entwickelnden Kampagne aufs Neue erdacht und aufgearbeitet werden muss. Die einzelnen Funktionen der Copy-Strategie lassen sich stichpunktartig wie folgt zusammenfassen: • • • • •

Disziplinierung der kreativen Arbeit, Maßstab zur Beurteilung der kreativen Arbeit einer Agentur, Garantie für Kongruenz von Werbung und Positionierung, Sicherstellung der Konsistenz in der Marketing-Kommunikation, komplexitätsreduzierende Funktion.

Die schriftliche Fixierung der Grundkonzeption der Inhalte geschieht auf einer relativ abstrakten Ebene, um die nachgelagerten Instanzen – die eigentlichen Kommunikationsmittelgestalter wie Texter und Grafiker – in ihrer Kreativität nicht zu beschneiden. Hierin sieht Mike Pickert (1994: 79) den Grund, weshalb sich die Copy-Strategie immer auf den Kern, auf das Typische des Kommunikationsangebots zu beschränken hat. In der Konsequenz kann ein und dieselbe Positionierung demnach mit höchst unterschiedlichen Kommunikations- und Media-Ideen umgesetzt werden, selbst wenn die Inhalte der Copy-Strategie der definierten Position der Marke entsprechen. Die Copy-Strategie ist von jedem, der an der Produktion der Kommunikationsmaßnahmen beteiligt ist, inhaltlich mitzutragen – sowohl auf Unternehmens- als auch auf Agenturseite. Sie sollte gemeinsam mit der Utility-Strategie verabschiedet worden sein, bevor mit der kreativen Arbeit begonnen wird. In der Markenartikel-

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industrie wird auf Unternehmensseite oftmals ein sehr formalisierter Prozess der Strategie-Entwicklung und -Verabschiedung angewandt, der häufig damit endet, dass die Copy-Strategie von den Verantwortlichen abgezeichnet wird. Die Kreativund Beratungsverantwortlichen aufseiten der Kommunikationsagentur sollen in diesen Prozess voll einbezogen sein, wie Mike Barowski (2003: 28, 52) fordert. Während hier also das Erarbeiten und Verfassen der Copy-Strategie in das Aufgabengebiet der Produktverantwortlichen auf Unternehmensseite und deren Pendants aufseiten der Agentur eingeordnet wird, konstatieren andere Autoren hingegen, dass die CopyStrategie der Agentur vom marketingtreibenden Unternehmen vorgegeben wird (vgl. z. B. Kloss 2012). Ein grundsätzliches Prozedere der Copy-Strategie-Erstellung zu proklamieren, wird jedoch der Situation in der Praxis nicht gerecht. Vielmehr werden in Abhängigkeit von dem auftraggebenden Unternehmen, der UnternehmensAgentur-Beziehung sowie dem Briefing der Bedarf und die Zuständigkeit für die Erstellung der Copy-Strategie ausfallen. Dass in letzter Instanz aber das auftraggebende Unternehmen für deren Freigabe zuständig ist, gilt als unbestritten.

2.5.1.2 Elemente der Copy-Strategie

Während über die Funktionen der Copy-Strategie in Wissenschaft und Praxis weitgehend Einigkeit herrscht, ist bei der Diskussion um ihre wesentlichen Elemente ein sehr heterogenes Meinungsbild zu beobachten. So vertritt eine Vielzahl von Autoren die Auffassung, dass sich die Copy-Strategie üblicherweise aus den folgenden drei Elementen konstituiert: dem Consumer Benefit (Verbrauchernutzen), dem Reason Why (Begründung des Verbrauchernutzens) und der Tonality (Gestaltungsstil/richtlinien, Flair) (vgl. z. B. Huth/Pflaum 2005, Reim 1986, Schnettler/Wendt 2003, Schweiger/Schrattenecker 2005, Stender-Monhemius 1999, Trautwein 1999). Diese Konzeption wird auch als „Triade der Copy-Strategie“ (Pickert 1994: 79) bezeichnet. Daneben findet sich eine Reihe von Autoren, die die Meinung vertreten, aus der Copy-Strategie müssten darüber hinaus auch Aussagen zur Zielgruppe, die mit den werblichen Maßnahmen letztlich angesprochen werden soll, hervorgehen (s. z. B. Bruhn 2015, Kloss 2012, Schmidt 2004a). Dem kann entgegengehalten werden, dass die Copy-Strategie von der Positionierung, von den Marketing-Kommunikationszielen und von den Zielgruppen ausgeht und letztere damit eben nicht als Element beinhaltet (vgl. Schweiger/Schrattenecker 2005: 222). Philip Kotler (2017) wiederum verzichtet auf eine Beschreibung der Zielgruppe und favorisiert als viertes Element der Copy-Strategie die Darstellung der Kommunikationsziele; dem kann jedoch dasselbe oben genannte Argument entgegengehalten werden. Einen etwas anderen Kurs schlägt hier Harald Vergossen (2004: 64) ein, der den Versuch unternimmt, die einzelnen Elemente der Copy-Strategie zu systematisieren in nur nach innen wahrnehmbare und auch nach außen wahrnehmbare Teile der Stra-

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tegie. Bei diesem Ansatz stellen die in einem Kommunikationsmittel umgesetzten Elemente Consumer Benefit, Reason Why und Tonality die nach außen wahrnehmbaren Elemente dar, während Positionierung und Zielgruppenbeschreibung die nur intern wahrnehmbaren strategischen Elemente einer Copy-Strategie ausmachen. Auch hier gilt wieder, dass in der Praxis in Abhängigkeit vom Unternehmen und der Agentur eine Vielzahl unterschiedlicher Copy-Strategie-Formate mit höchst unterschiedlichen Elementen existiert und der Nutzen, den ein Systematisierungsversuch bringt, der Allgemeingültigkeit beansprucht, eher gering einzustufen ist. Zweifelsohne können aber Consumer Benefit, Reason Why und Tonality als die Kernelemente einer Copy-Strategie aufgefasst werden. Consumer Benefit Ansatzpunkt des Consumer-Benefit-Elements ist der Gedanke, dass Konsumenten nur dann dazu bereit sind, einen Teil ihrer normalerweise knappen Geldressourcen für ein Gut beziehungsweise eine Dienstleistung auszugeben, wenn sie ein für sie relevantes Nutzenversprechen erhalten. Das grundlegende Nutzenversprechen dient dem Verbraucher somit als Äquivalent für den Kaufpreis, den dieser für das Produkt zu bezahlen hätte (vgl. Bruhn 2015: 535, Vergossen 2004: 64). ▶ Definition (vgl. Bruhn 2015: 535, Schweiger/Schrattenecker 2005: 222) Der Consumer Benefit ist der versprochene Nutzen, den der Verbraucher aus dem Konsum oder der Verwendung einer Marke ziehen wird.

Weil der Nutzen eines Markenproduktes vor dessen Kauf und anschließender Verwendung in der Kommunikation der vorgenommenen Positionierung zum Ausdruck kommen soll, muss der Consumer Benefit im Rahmen der Copy-Strategie eindeutig identifiziert und beschrieben werden. Die Funktion des Consumer Benefit als Element der Copy-Strategie ist daher die agentur- und/oder unternehmensinterne Mitteilung der zu kommunizierenden Positionierung eines Produktes oder einer Dienstleistung am Markt, ohne dass dabei eine konkrete marketing-kommunikative Aussage formuliert wird. Dabei verdichtet der Consumer Benefit die Positionierung auf den zentralen Vorteil der Marke und beantwortet zusammenfassend die Frage: Welches relevante Produktversprechen soll als zentrale Botschaft in der Marketing-Kommunikation gegeben werden ? Beispiele

Red Bull macht körperlich und geistig fit. Mit Wasa Knäckebrot bleibt man schlank.

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Der Nutzen kann sich aus physikalischen, technologischen oder wirtschaftlichen Eigenschaften des Produktes (Grundnutzen) ergeben. Angesichts der heute zu konstatierenden faktischen Produkt- und Dienstleistungsparität hat der Grundnutzen in der Marketing-Kommunikation jedoch vielfach an Bedeutung verloren, da er von dem überwiegenden Teil der Konkurrenzprodukte ebenfalls erfüllt wird. So ist die spezifische Auslobung eines Vermarktungsgegenstandes bzw. die Entwicklung einer Produktpersönlichkeit in Anbetracht der weitgehenden Homogenität des Angebots in Bezug auf den Grundnutzen und aufgrund der Konkurrenzsituation auf den Märkten nur noch schwer oder teilweise gar nicht zu realisieren (vgl. Bruhn 2005a: 482). Die daraus resultierende kommunikative Herausforderung liegt folglich in der Produktion von Marketing-Kommunikationsangeboten, die einen über den funktionalen Produktnutzen hinausgehenden Zusatznutzen aufweisen. Dieser kann in einer der folgenden Kategorien gefunden werden (vgl. Pickert 1994: 80, Reim 1986: 75, Schnettler/Wendt 2003: 43 f.): • • •

• •

Rationaler Zusatznutzen: Die Vorteile eines Produktes sind für den Verbraucher beweisbar und direkt sichtbar. Sensorischer Zusatznutzen: Das Produkt ist dazu geeignet, sensorische Reize wie etwa das Gehör, das Sehen, den Geschmacks- oder den Geruchssinn anzusprechen. Sozialer Zusatznutzen: Der Konsum des Produktes trägt dazu bei, die Stellung des Verbrauchers innerhalb einer gesellschaftlichen Gruppe aufzuwerten oder zu verbessern. Egoistischer Zusatznutzen: Die Ich-Bestätigung des Verwenders wird durch den Konsum des Produktes verstärkt. Emotionaler Zusatznutzen: Die Gefühle der potenziellen Verbraucher werden angesprochen und mit der Verwendung des Produktes in einen Zusammenhang gestellt.

Ganz gleich, welcher Art und Kategorie der versprochene Nutzen einer Marke entspricht, es lassen sich einige Voraussetzungen identifizieren, die ein wirkungsvoller Consumer Benefit erfüllen muss: Das Nutzenversprechen muss eine lebensweltliche Relevanz haben, also für den Alltag der anzusprechenden Zielgruppe von Bedeutung sein, um überhaupt eine kommunikative Wirkung erzielen zu können. Das Versprechen sollte außerdem im Wettbewerbsfeld einzigartig sein und somit eine deutliche Abgrenzung zu Konkurrenzprodukten sicherstellen. Des Weiteren sollte das Versprechen glaubwürdig und genuin, das heißt aus dem Produkt abgeleitet und keinesfalls künstlich aufgesetzt sein (vgl. Barowski 2003: 47 f., Vergossen 2004: 64). Von besonderer Bedeutung ist, dass sich der Benefit bei der Produktverwendung auch tatsächlich einstellt und dass sich dem Verbraucher das gegebene Versprechen auf diese Weise bestätigt. Hierauf haben aber letztlich weder Unternehmen noch Agentur einen Einfluss, denn dies unterliegt dem Erleben des Konsumenten. Unehrliche und übertriebene Versprechen sollten

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stets vermieden werden, denn sie führen auf Konsumentenseite zu Enttäuschungen und haben zumeist einen Markenwechsel zur Folge. Reason Why Um mit marketing-kommunikativen Maßnahmen Konsumenten überzeugen zu können, muss der Consumer Benefit bewiesen beziehungsweise glaubhaft kommuniziert werden. Dies wird durch den Reason Why realisiert, der zuweilen auch als Nutzenbeweis oder Proof bezeichnet wird (vgl. Vergossen 2004: 65). Seine Funktion ist es, das Versprechen für den Konsumenten mit einer Begründung nachvollziehbar zu machen. Mit dem Reason Why wird in der Copy-Strategie also die Frage beantwortet: Wie kann das Produktversprechen begründet und damit dessen Relevanz und Nutzen untermauert werden ? Der Reason Why ist folglich ein wesentlicher Bestandteil der Copy-Argumentation und kann auf den folgenden unterschiedlichen Faktoren basieren (vgl. Vergossen 2004: 65, Pepels 2001: 373): •





Inputfaktoren des Produktes: Material, Zutaten, Rohstoff und Güte Beispiel: „… mit der berühmten Piemont-Kirsche“ (Mon Chérie) Beispiel: „Spätreife Apfelsinen“ (Valensina) Beispiel: „Spürbar belebende Wirkung durch Koffein und Taurin“ (Red Bull) Prozessfaktoren der Leistungserstellung: Technik, Verfahren, Know-how Beispiel: „Vollendet veredelter Spitzenkaffee“ (Dallmayr Prodomo) Beispiel: „Älteste Brauerei der Welt“ (Weihenstephan) Outputfaktoren des Produktes: Wirkung, Effekt und Komposition Beispiel: „… sensationelles 3-Klingen-Rasiersystem“ (Mach3) Beispiel: „… dann klappt’s auch mit dem Nachbarn“ (Calgonit)

Neben diesen Kategorien lassen sich noch weitere Ansatzpunkte finden, die dem Verbraucher die Gewissheit geben, dass das kommunizierte Versprechen gehalten werden kann. Zu nennen sind hier beispielsweise Garantien (z. B. Geld-zurück-Garantie von Actimel), die Funktion der Marke als Qualitätsgarant, Bürgschaften von Testimonials oder positive Ergebnisse aus Produkttests (vgl. Stender-Monhemius 1999: 49, Schnettler/Wendt 2003: 45). Prinzipiell ist zu konstatieren, dass die Bedeutung des Reason Why als Voraussetzung für eine überzeugende Kommunikation mit steigendem Produktanspruch zunimmt (vgl. Bruhn 2015: 536). Tonality Die Kommunikationsangebote sollen den versprochenen Nutzen in Form des Consumer Benefit und dessen Begründung in Gestalt eines Reason Why aktivierend und erinnerungsstark mitteilen. Voraussetzung dafür ist, dass auch unthematische Informationen (Anmutungsqualitäten, Gefühlsreize) kommuniziert werden. Diese inhalt-

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liche Dimension der Marketing-Kommunikation wird in der Copy-Strategie durch die Festlegung der Tonality im Sinne der Diktion des Kommunikationsangebots beschrieben (vgl. Pickert 1994: 82). Dieses Copy-Strategie-Element hat damit die Funktion, der Kreationsabteilung eine Beschreibung der gewünschten affektiv-orientierten Anmutung des Kommunikationsmittels an die Hand zu geben. Dazu werden Gestaltungsrichtlinien verfasst, die den typischen Charakter und den kreativen verbalen und visuellen Stil der zu produzierenden Kommunikationsmaßnahmen bestimmen. Die Angaben zur Tonality beantworten somit zusammenfassend die Frage: Mit welchem gestalterischen Grundstil sollen der Consumer Benefit und der Reason Why kommuniziert werden ? Zu beachten ist, dass der resultierende festgelegte Grundton der Kommunikationsangebote einen zielgruppenspezifischen Bezug zur Lebenswelt des Verbrauchers haben muss und im Falle einer bereits im Markt eingeführten Marke konsistent mit dem früherer Kommunikationsmittel ist. Üblicherweise beschränken sich die Tonality-Angaben in der Copy-Strategie auf die Nennung von Adjektiven wie beispielsweise dynamisch, jugendlich, sportlich, humorvoll, selbstironisch, heimatverbunden, traditionsbewusst, phantastisch etc. Die Angabe generischer marketing-kommunikativer Attribute wie glaubwürdig, sympathisch oder auffallend sollte allerdings vermieden werden, da diese allgemeine Anforderungen und Eigenschaften des Kommunikationstyps Marketing-Kommunikation darstellen (vgl. Barowski 2003: 50). Konkrete Umsetzungsanweisungen sind mit der Vorgabe des Gestaltungsstils jedoch nicht verbunden, sodass die eigentliche kreative Leistung letztlich noch zu erbringen ist. Dennoch äußern sich bisweilen gerade die Mitarbeiter der Kreationsabteilungen der Agenturen kritisch über die Gestaltungsrichtlinien, die ihnen im Rahmen der Copy-Strategie vorgegeben werden, weil dadurch der kreative Spielraum zu stark eingeengt werde. Dem ist entgegenzuhalten, dass die damit angesprochene Disziplinierungs- und Beurteilungsfunktion der Copy-Strategie nicht zur Disposition stehen kann. Sie schützen die Agentur davor, dass durch die Bewertung ihrer kreativen Arbeit hinsichtlich des Zielerreichungsbeitrags der instrumentelle Charakter der Marketing-Kommunikation nicht von einem Drang zur expressiven Kommunikation verdrängt wird, in der ein Selbstzweck dominiert. Das abgebildete Beispiel der Marke TUI stellt die Ausführungen zur Copy-Strategie in einen Praxiszusammenhang (s. Abb. 101).

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Abb. 101 Copy-Strategie und Anzeigen von TUI (Quelle: Schweiger/Schrattenecker 2005: 224 f.)

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2.5.2 Utility-Strategie Die Utility-Strategie ist neben der Copy-Strategie die zweite Teilstrategie der Kontext-Strategie Moderner Marketing-Kommunikation. Mit ihr wird das Vorgehen zur Schaffung des situativen Nutzens des Marketing-Kommunikationsangebotes festgelegt. Eingesetzt wird sie vor allem im Rahmen des Utility Marketings (s. Kap. B II 2.3).

2.5.2.1 Begriff und Funktion der Utility-Strategie

Die Utility-Strategie findet wie die Copy-Strategie ihre theoretische Fundierung im für Kommunikation notwendigen Kriterium der Kontextualität, die in der Modernen Marketing-Kommunikation den kommunikationsqualitativen Faktor der RezeptionsRelevanz – vom Konsumenten als relevant wahrgenommene Kommunikationsangebote – konstituiert. Diese Teilstrategie hat bisher keine oder nur geringe explizite Berücksichtigung in Marketing-kommunikationsstrategischen Zusammenhängen gefunden. Mit ihr werden die Akteure in Unternehmen und Agenturen der Tatsache gerecht, dass die Personen ihrer Zielgruppen im Marketing-Kommunikationsprozess nicht nur eine wirtschaftssystembezogene Rolle als Konsument, sondern vor allem auch eine mediensystembezogene Rolle als Rezipient innehaben. Wird mit der Copy-Strategie das Augenmerk auf die inhaltliche Grundkonzeption der Marketing-Kommunikation gerichtet, kann die Utility-Strategie als schriftliche Fixierung der Grundkonzeption des nutzenstiftenden Rezeptionserlebnisses aufgefasst werden. Wie die Copy-Strategie baut sie auf der Positionierung auf und steht in Abhängigkeit von der definierten Zielgruppe und den Marketing-Kommunikationszielen. Von ihren indirekten Einflüssen im Wirkungsnetz der Konzeption ist hervorzuheben, dass sie – wie auch die Copy-Strategie – als Grundlage zur kreativen Entwicklung der Kommunikations- und Media-Idee dient, aber darüber hinaus auch wichtige Anstöße für die Entwicklung der Media-Strategie und des -Plans gibt (s. Abb. 102). Damit fördert sie eine integrierende Perspektive während der Konzeption der Marketing-Kommunikation, indem sie die in der Vergangenheit isoliert voneinander agierenden Bereiche der Kreation sowie der Media-Strategie und -Planung aufeinander zuführt. Auch die Utility-Strategie sollte wie die Copy-Strategie in komprimierter Form die grundlegenden konzeptionellen Überlegungen zusammenfassen. Dabei wird zunächst geklärt, in welchen Produktkategorie-affinen Situationen sich die Zielgruppe befinden kann; in welchen Situationen also die Produktkategorie, der der Marketing-Gegenstand angehört, eine Rolle spielt oder spielen könnte (direkter oder indirekter Gebrauch des Produktes, physische oder imaginäre Anwesenheit des Produktes etc.). In einem nächsten Schritt wird eine Antwort auf die Frage gesucht, welche Handlungsziele die Konsumenten in den identifizierten Situationen verfolgen und was für das Erreichen dieser Handlungsziele nützlich sein und wie die Rezeption

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Abb. 102 Direkte Einflüsse auf die Utility-Strategie und ihr indirekter Einfluss auf die MediaStrategie und -Planung im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation (eigene Darstellung)

eines Marketing-Kommunikationsangebots dazu beitragen kann. Zur Beantwortung wird zur Entwicklung der Utility-Strategie auf Consumer Insights den Kontext der Rezeptionssituation und der Lebenswelt betreffend zurückgegriffen. Die Kreationsabteilung wie die Media-Verantwortlichen können der Utility-Strategie dadurch Hinweise für die Entwicklung rezeptionssituativ relevanter Marketing-Kommunikationsangebote entnehmen. Das Ziel ist es, eine oder mehrere der identifizierten Produktkategorie-affinen Situationen zu besetzen, sie also als markenspezifische Situationen zu positionieren. ▶ Definition Die Utility-Strategie ist die schriftliche Fixierung der Grundkonzeption des situativen Nutzenerlebnisses. Sie basiert auf der Positionierung und auf Consumer Insights zum Kontext der Rezeptionssituation und der Lebenswelt der Zielgruppe und dient gemeinsam mit der Copy-Strategie als Grundlage für die kreative und mediale Umsetzung einer Kommunikationsmaßnahme oder Kampagne.

Im Unterschied zur Copy-Strategie wird bei der Utility-Strategie die Relevanz des Kommunikationsangebots also nicht primär über dessen Inhalt in Form des im Consumer Benefit enthaltenen versprochenen konsumtiven Nutzens gewonnen, sondern vorrangig über den unmittelbar erlebten situativen Nutzen des Kommunikationsmittels, der sich aus dessen Rezeption ergibt. Die Gesamtrelevanz des Kommunikationsmittels kann damit als das Ergebnis der Interaktion von inhaltlichem und situativem Nutzen aufgefasst werden, wie es konzep-

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tionsseitig die Ausdifferenzierung der Kontext-Strategie in Copy- und Utility-Strategie widerspiegelt. Beispiel

Volkswagen hat mittels des Consumer Benefit des sparsamen Benzinverbrauchs den Nutzen seines Produktes VW Polo BlueMotion inhaltlich kommuniziert (inhaltlicher Nutzen) und für die Rezeption dieses inhaltlichen Nutzens die Situation des Tankens gewählt, in der das Kommunikationsangebot aufgrund des unmittelbaren Situationsbezugs einen situativen Nutzen hat (s. Abb. 103).

Abb. 103 Tankbeleg mit aufgedrucktem Hinweis von VW: „Mit dem Polo BlueMotion würden Sie mit dieser Tankfüllung 1 563 km weit kommen !“ (Quelle: ddp-award.de; Zugriff: 27. 06. 2009)

Aus dem dargelegten Begriffsverständnis kann die zentrale Funktion der Utility-Strategie bestimmt werden als die Sicherstellung der strategischen Berücksichtigung des Erlebniswertes in Form des erlebten situativen Nutzens während der Konzeption der Marketing-Kommunikation. Damit wird der oben zitierten Forderung von John Hegarty und Frank Dopheide Rechnung getragen, dass Marketing-Kommunikation heute einen Wert vermitteln und das Leben der Menschen bereichern muss.

2.5.2.2 Elemente der Utility-Strategie

Zu den Elementen der Utility-Strategie zählen die Produktkategorie-affine Situation der Zielgruppe, das Action Goal und der Situation Benefit (s. auch Tropp 2013b: 297 f., Tropp/Beuthner 2018). Mit dieser Terminologie wird an die auch im deutschsprachigen Raum verbreitete englischsprachige Bezeichnung der Elemente der Copy-Strategie angeschlossen. Produktkategorie-affine Situation Es wird die Frage beantwortet, in welchen Produktkategorie-affinen Situationen sich die Zielgruppe befinden kann; in welchen Situationen also die Produktkategorie, der das zu vermarktende Produkt angehört, eine Rolle spielt oder spielen könnte (direkter oder indirekter Gebrauch des Produktes, physische oder imaginäre Anwesenheit des Produktes etc.). Day scripts, die den Tagesablauf von Zielpersonen protokollieren, können wertwolle Insights zur Identifikation derartiger Situationen liefern.

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Action Goal Die Identifikation von Produktkategorie-affinen Situationen ist verbunden mit der Gewinnung von Consumer Insights die Ziele betreffend, die die Zielpersonen mit ihrem Handeln in diesen Situationen bewusst oder unbewusst verfolgt. Dabei ist es nicht angebracht, nur Situationen des medialen Handelns, der Medienzuwendung, zu berücksichtigen. Gerade durch die Unvoreingenommenheit in puncto Medienzuwendung während der Entwicklung der Utility-Strategie können Situationen im Alltag der Zielgruppe gefunden werden, aus denen sich neue kreative Kontaktpunkte („Touch Points“) zur Ansprache der Zielpersonen ergeben können. Der Zweck des Action Goals ist es, zu einer auf das Handlungsziel ausgerichteten Bestimmung des Situation Benefit zu gelangen. Mit der Bestimmung des Action Goals wird also die Frage beantwortet: Welches Handlungsziel verfolgt der Konsument in der identifizierten Situation ? Dies können sowohl Ziele äußerer kommunikativer Handlungen als auch die innerer kognitiv-emotionaler Handlungen sein. Situation Benefit Der Situation Benefit ist der Nutzen, den der Verbraucher unmittelbar aus der Rezeption eines Marketing-Angebots zieht. Ansatzpunkt des Situation Benefit ist die aus dem Nutzen- und Belohnungsansatz abgeleitete Annahme, dass Menschen nur dann bereit sind, einen Teil ihrer knappen Aufmerksamkeitsressourcen für die Rezeption von Marketing-Kommunikationsangeboten aufzuwenden, wenn sie sich davon in der aktuellen Situation einen hohen Erlebniswert beziehungsweise Nutzen versprechen und damit die Mitteilung für sie relevant ist (vgl. im Überblick Schenk 1987: 379 f.). Die Rezeptionsstrategie des Konsumenten, auf der der Situation Benefit aufbaut, kann damit als ergebnisbezogen (outcome based) bezeichnet werden. Je nach persönlichem Interesse in einer Situation wird das Marketing-Kommunikationsangebot verarbeitet (vgl. Slater 1997: 135 f.). Hier dient also der situative Rezeptionserlebniswert dem Kommunikationspartner beziehungsweise Konsumenten als Äquivalent für die Aufmerksamkeit, die er für die Rezeption des Kommunikationsangebots aufzuwenden hätte. Der Situation Benefit beantwortet zusammenfassend die Frage: Wie kann in der identifizierten Produktkategorie-affinen Situation der Zielgruppe das Marketing-Kommunikationsangebot zum Erreichen des Handlungsziels nützlich sein und damit als relevant wahrgenommen werden ? Das Marketing-Kommunikationsangebot kann so im Rahmen des Utility Marketings (s. Kap. B II 2.3) durchaus einen Servicecharakter annehmen, wodurch es zu dem positiven Erleben der Situation beiträgt (s. Tropp et al. 2019). Diese Sichtweise setzt sich in der Praxis der Marketing-Kommunikation zunehmend durch. So betont Bridge Einicke/Procter & Gamble (2009: 18), dass der konzeptionelle Ausgangspunkt von Marketing-Kommunikationsprozessen das Erleben des Konsumenten sein muss: „Wann und wo ist der Konsument offen für welche unserer Botschaften ? Die Antwort auf diese Frage ist wichtig, um die richtige Info, den richtigen Service zur richtigen Zeit zur Verfügung zu stellen“ (ebd.). Ähnlich, je-

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doch mit stärkerer Fokussierung der technologischen Entwicklungen im Mediensystem, formuliert die Agentur MRM Worldwide: „In today’s mediasphere, the best – and, we argue, only – way to achieve results is by talking with consumers on their terms. Technology empowers us to read, watch, listen to and experience whatever we like, whenever we like, anywhere we like. In light of this fact, our goal is to conceive and construct engaging content for consumers that has meaning for them, is applicable to their needs, wants and desires, and that offers them value.“ (MRM o. J.)

Der Nutzen kann sich aus unterschiedlichen Arten von situativen Erlebniswerten konstituieren: von der Optimierung bisheriger Handlungsroutinen in bestimmten Situationen bis hin zu komplett neuen Serviceangeboten, die dem Erreichen spezifischer situativer Handlungsziele dienlich sind. Der Einsatz des Utility-Strategieformats kann anhand des oben angeführten Beispiels des Unternehmens Volkswagen und der Tanksituation (s. Abb. 103 und Abb. 104) sowie anhand weiterer Beispiele illustriert werden: Beispiele

Das Tourismusbüro in Queensland/Australien verfolgte 2009 das Marketing-Kommunikationsziel, die Bekanntheit (Awareness) der Inseln des Great Barrier Reef zu erhöhen. Anstatt herkömmlich beispielsweise Consumer-Benefit-basierte Anzeigen in den Zielmärkten zu schalten, konzentrierte man sich strategisch auf einen Situation Benefit, der als kreativer Campaigning-Ansatz umgesetzt wurde. Der entstandenen Kampagne „The best job in the world“, die in Cannes 2009 mit dem Grand Prix in den Kategorien Direct Marketing, PR und Cyber ausgezeichnet wurde, liegt die in Abb. 105 dargestellte Utility-Strategie zugrunde. Utility-Strategiekarte: Smart ideas for smarter cities, IBM (s. https://www.youtube. com/watch?v=pN_uTH2kiDA) Situationen: unterschiedliche alltägliche Situationen, die sich ergeben können, wenn man in der Stadt unterwegs ist (z. B.: Regenschauer, sich ausruhen wollen, Gepäck befördern etc.) Action Goals: z. B.: nicht nass werden (Regenschauer), sich hinsetzen (sich ausruhen wollen), wenig Kraft aufwenden (Gepäck befördern) Situation benefits: Werbemittel mit Funktionserweiterungen nutzen können

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Situation: Welche Produktkategorie-affinen Situationen der Zielgruppe Autofahrer gibt es? (Auto waschen, Einkaufen fahren, Parken etc.)

Consumer Insights die jeweilige Situation betreffend gewinnen (z. B. Tanken)

Situation Benefit: Wie kann in dieser Situation ein Kommunikationsangebot zum Erreichen des Handlungsziels nützlich sein und damit als relevant wahrgenommen werden?

Action Goal: Welches Handlungsziel verfolgt der Konsument in der identifizierten Situation?

Prüfung des getätigten Tankvorgangs Aufzeigen, wie beim Tanken Geld gespart werden kann

Abb. 104 Format der Utility-Strategiekarte und das Beispiel VW Polo Blue Motion

Situation: Welche Produktkategorie-affinen Situationen der Zielgruppe Urlaubsplaner gibt es? (Urlaubsplanung, von einem „besseren“ Leben träumen, im Urlaub sein, frustriert sein und alles hinschmeißen wollen etc.)

Consumer Insights die jeweilige Situation betreffend gewinnen (z. B. von einem „besseren“ Leben träumen) Situation Benefit: Wie kann in dieser Situation ein Kommunikationsangebot zum Erreichen des Handlungsziels nützlich sein und damit als relevant wahrgenommen werden?

Action Goal: Welches Handlungsziel verfolgt der Konsument in der identifizierten Situation?

Vielversprechendes Stellenangebot bei der Jobsuche finden

Der Wirklichkeit entfliehen

Abb. 105 Utility-Strategie, resultierende Kommunikations-/Media-Idee, Anzeige sowie Ergebnisse der Kampagne „The best job in the world“ des Tourismusbüros Queensland/Australien, Agentur: Cumminsnitro Brisbane, Australia (Quelle: canneslions.com; Zugriff: 01. 07. 2009)

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2.5.3 USP, UAP, UCP und USE Im Anschluss an die Ausführungen zur positionierungstechnischen Herausforderung der Verführung zum Essentialismus (vgl. Kap. B 2.1.6.1) ist im Zusammenhang mit der Skizzierung der Kontext-Strategie das Konzept der Uniqueness zu erwähnen. So wird häufig postuliert, dass der Consumer Benefit einzigartig zu sein hat, da der Grund- oder Zusatznutzen von keinem Konkurrenzprodukt geboten wird und der Nutzen damit den Status einer Unique Selling Proposition (USP) innehat (vgl. z. B. Reim 1986, Schweiger/Schrattenecker 2005, Stender-Monhemius 1999). Als Begründer des USP-Gedankens gilt der amerikanische Werbefachmann Rosser Reeves (1961). Er vertritt die Auffassung, dass sich ein Produkt nur dann von Konkurrenzprodukten differenzieren kann, wenn es ein einzigartiges Verkaufsargument in sich trägt (Alleinstellungsmerkmal), das stark genug ist, Verbraucher zu einem Kauf zu veranlassen. Diese Alleinstellung äußert sich in der Individualisierung und Profilierung des Produktes, wodurch eine Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit erreicht wird. Das Produkt unterscheidet sich dann deutlich von anderen Produkten und erzielt daraus einen Wettbewerbsvorteil. Nach Reeves muss die Einzigartigkeit und Besonderheit eines Marketing-Gegenstandes im Mittelpunkt einer jeden Marketing-Botschaft stehen. In der Praxis stellt sich die Umsetzung des USP-Konzeptes heute jedoch oft als eine sehr schwierige Aufgabe dar. Das Finden des eigentlichen Zusatznutzens ist nicht sonderlich problematisch. Auch die Forderung, dass der Zusatznutzen verkaufsstimulierend wirken soll, kann oftmals leicht erfüllt werden. Das Problem liegt vielmehr in der Herausstellung eines tatsächlich einzigartigen Zusatznutzens, was in vielen Fällen aufgrund der heutigen gesättigten, dicht besetzten Märkte, in denen praktisch alle lohnenden USPs bereits vergeben sind, kaum mehr zu realisieren ist. In Anbetracht dieser Produkt- und Dienstleistungsparität ist eine faktische Alleinstellung daher kaum mehr durchzusetzen. Die krampfhafte Suche nach einer USP kann negative Konsequenzen nach sich ziehen. So kann vielleicht tatsächlich ein Nutzen bestimmt werden, der den Einzigartigkeitsanspruch im Sinne einer USP erfüllt, dem jedoch gleichzeitig aufgrund fehlender Relevanz eine Marktberechtigung aberkannt werden muss, sodass ein Erfolg fragwürdig erscheint. Um dem von Reeves postulierten Ziel nach einer Alleinstellung im Markt in Anbetracht der hohen Sättigung gerecht werden zu können, tendieren viele Unternehmen heute dazu, diese Differenzierungsleistung mit rein werblichen Mitteln zu erreichen, was in dem Konzept der sogenannten Unique Advertising Proposition (UAP), auch als Unique Communciation Proposition (UCP) bezeichnet, mündet. Die UAP wird über eine spezifische und unverwechselbare Tonality erzielt und kann als Ergebnis einer passiven Positionierungsstrategie betrachtet werden (vgl. Kap. B I 2.1.5.5). Während eine genuine USP gewissermaßen die eigentliche Identität des MarketingGegenstandes darstellt, handelt es sich bei der UAP um einen kommunikativen Akt

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in Form eines gegebenen einzigartigen Versprechens. Dieses riskiert auf Produktebene, also auf der Ebene des bezeichneten Marketing-Gegenstandes, zwar, als „Metoo“ enttarnt zu werden, kann aber dennoch kraft seiner eingesetzten Symbolik in der Marketing-Kommunikation eine empfundene marketing-kommunikative Alleinstellung erzielen. Evident ist, dass die UAP mittlerweile eine größere Bedeutung erlangt hat als die USP, da auf gesättigten Märkten, wie Gerhard Schulze (2005) in seiner Konzeption der Erlebnisgesellschaft dargelegt hat, der Konsum von Erlebnissen eine größere Rolle spielt als der Konsum von Erzeugnissen. Entsprechend der Architektur der Kontext-Strategie ist es angebracht, in der Konzeption der Marketing-Kommunikation konsequenterweise auch eine Unique Situation Experience (USE) anzudenken. Die Alleinstellung wird in diesem Fall vorrangig über die Einzigartigkeit des Situation Benefit erzielt, den ausschließlich eine Marke innehat. Damit eröffnet sich neben der UAP ein weiterer Lösungsansatz zur heutigen Problematik, über die rein inhaltliche Dimension der Marketing-Kommunikation zu einer USP zu gelangen. Aus der im Rahmen der Kontext-Strategie stattfindenden stärkeren konzeptionellen Berücksichtigung der Interaktionsverhältnisse der inhaltlichen und der situativen Dimension, also aus dem gefundenen Fit von Consumer und Situation Benefit, können sich vielversprechende Kommunikations- und MediaIdeen mit hohem Alleinstellungspotenzial ergeben.

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Media-Strategie und Media-Planung

Die Gestaltung der Media-Strategie und Media-Planung wird im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation unmittelbar von der Zielgruppe, den Marketing-Kommunikationszielen, dem Media-Budget sowie der Media-Idee, die maßgebliche Impulse aus der Utility-Strategie bezieht, beeinflusst (s. Abb. 106). Die Einflussnahme zwischen Media-Strategie/-Planung und dem Budget ist aber wechselseitig. So können aus Media-Zielen, beispielsweise der Erzielung einer bestimmten Reichweite oder eines definierten Werbedrucks in der Zielgruppe, Anforderungen an die Höhe des Budgets abgeleitet werden. Zu dem maßgeblichen Einfluss der unternehmensinternen, kommunikationsqualitativen Kriterien (Achtsamkeit, Marketing-Kommunikationswissen, Input-Relevanz) auf diesen Wirkungszusammenhang kommt zum einen das mediale Handeln der Wettbewerber hinzu. Dessen Analyse dient dem Unternehmen dazu, bei der Planung der Distribution seiner Marketing-Kommunikationsangebote das Ziel eines relativen medialen Wettbewerbsvorteils verfolgen zu können, der sich über das Ausmaß der kommunikativen Präsenz im Markt definiert. Zum anderen wirken auf die Gestaltung der Media-Strategie und -Planung auch die stattfindenden technologischen Entwicklungen ein, die unter dem Oberbegriff Programmatic zusammengefasst werden können. Die Auswirkungen dieser Entwick-

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Abb. 106 Direkte Einflüsse auf die Media-Strategie und -Planung im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation (eigene Darstellung)

lungen werden als dermaßen gravierend eingeschätzt, dass sich bezüglich den Prozessen der Mediaplanung und des Media-Einkaufs die Redeweise eines Paradigmenwechsels in Richtung eines programmatischen Ablaufs findet (Hofsäss/Engel 2017). Da sich dieser Wandel jedoch nur schrittweise realisiert und in den kommenden Jahren die bekannten Prinzipien der Mediaplanung ihre Gültigkeit behalten, wird im Folgenden der Schwerpunkt auf die klassische Media-Planung gelegt, bevor im Anschluss ansatzweise die Vorgehensweise bei Programmatic Advertising beschrieben wird (s. Kap. B I 2.6.5) Ein komplexes Wechselspiel von Einflüssen findet sich auch bei dem Versuch, die beiden Begriffe der Media-Strategie und der Media-Planung auseinanderzudividieren. Die gängige Vorstellung, dass auf die Erarbeitung der Media-Strategie die MediaPlanung folgt, kann weder theoretisch noch praktisch bestätigt werden. Eine trennscharfe Abgrenzung der beiden Bereiche ist aufgrund der Interdependenzen von zu treffenden Entscheidungen kaum möglich. Zweckmäßig ist es daher, die Media-Strategie als Rahmenplanung zu begreifen, innerhalb der die detaillierte Media-Planung erfolgt, ohne dabei eine trennscharfe und eindeutige Zuordnung der einzelnen Arbeitschritte zu postulieren (vgl. Krupp 2004: 132, Hofsäss/Engel 2003: 175). Mit dem englischen Aphorismus „to do the right things“ kann dann der Entwurf des Grundgerüsts der Media-Planung als Media-Strategie und die detaillierte Ausgestaltung dieses Grundgerüsts im Sinne von „to do the things right“ als Media-Planung im engeren Sinne begriffen werden. Im mediastrategischen Entwurf der Planung werden die Ausprägungen der oben genannten Einflussfaktoren aufgegriffen, was zu einer Selektion der Mediengattungen (TV, Funk, Zeitschrift, Plakat etc.) unter Effizienzabwägungen führt. Innerhalb dieses intermedial abgesteckten Rahmens ist es die Aufgabe der Media-Planung, durch

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Analysen und Strategien

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einen Intramedia-Vergleich innerhalb der einzelnen selektierten Mediengattungen die richtigen Medien zu finden (z. B. Publikumszeitschrift → Stern, Spiegel, Focus etc.), mit denen das richtige Kommunikationsmittel den Angehörigen der Zielgruppe zum richtigen Zeitpunkt mit der richtigen Zahl an Schaltungen und im richtigen Umfeld im Sinne der richtigen intramedialen Situation präsentiert wird – und zwar so günstig wie möglich. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Media-Strategie und die Media-Planung ein auf Effektivität und Effizienz ausgerichteter Medienselektionsprozess ist. Die Funktion der Medien ist aus der Perspektive der Media-Planung offensichtlich. Sie liegt darin, die Mitteilung in Form eines Marketing-Kommunikationsangebots für die Zielgruppe zeit- oder ortsunabhängig verfügbar zu machen. Konzentrierte sich die klassische Media-Planung mit der Streuplanung auf die Verbreitung des Kommunikationsangebotes über klassische kontaktreiche Medien der öffentlichen Kommunikation, fasst die Moderne Marketing-Kommunikation auch die Medien der Individualkommunikation sowie, resultierend aus kontextstrategischen Überlegungen, grundsätzlich jegliche Möglichkeit der kommunikativen Instrumentalisierung von zielgruppentypischen Situationen (Ambient Media) ins Auge (vgl. Kap. B II 2.5.3.). Der Prozess der Media-Planung wird in der Literatur autorenübergreifend bis auf wenige Unterschiede sehr ähnlich strukturiert (s. z. B.: Unger et al. 2013, Hofsäss/Engel 2017, Schnettler/Wendt 2015). Ausgehend von einer (1) Situationsanalyse erfolgt (2) die Bestimmung der Media-Ziele und der -Zielgruppe bevor unter vorgegebenem Budget (3) die Media-Strategie inkl. der Selektion der Mediengattungen (Media-Mix) erfolgt. Dem schießt sich (4) die intramediale Detailplanung, (5) der Media-Einkauf und (6) die Leistungsdokumentation (Effektivitäts- und Effizienzdokumentation) an.

2.6.1 Rezeptionsbezogene Kennzahlen Die rezeptionsbezogenen Kennzahlen fokussieren das marketing-kommunikative Handeln der Rezipienten und können in die vier Klassen Kontakt, Reichweite, Kommunikationsdruck und Response eingeteilt werden. Die ersten drei Kennzahlen beziehen sich auf den Medieneinsatz zur unidirektionalen, allgemein adressierten Marketing-Kommunikation und stehen in einem Wechselverhältnis. So ist beispielsweise Wissen über die erzielte Kontaktmenge nötig, um zu Aussagen zu gelangen, ob eine wirksame oder unwirksame Reichweite in der Zielgruppe erreicht wurde. Soll andererseits die Nettoreichweite einer Kampagne ermittelt werden, ist das Wissen über die Mehrfachkontakte unabdingbar. Interessiert schließlich der Kommunikationsdruck, muss auf Kennzahlenwerte aus dem Kontakt- und dem Reichweitenbereich zurückgegriffen werden. Zur Ermittlung des Response-Wertes wird hingegen aufgrund der Andersartigkeit der Struktur des Prozesses der dialogorientierten Marketing-Kommunikation, auf den sich diese Kennzahl bezieht, auf die distributionsorientierte Kennzahl der Auflage zurückgegriffen.

314

BI

Input

Über die Definition der Kennzahlen herrscht in Praxis wie Lehre Konsens (vgl. z. B. Hofsäss/Engel 2003: 88 f., Huth/Pflaum 2005: 321 f., Neumann/Nagel 2001: 229 f., Schweiger/Schratenecker 2005: 206 f., Unger/Fuchs 2005: 370 f., Unger et al. 2013, Vergossen 2004: 84 f.), womit die Voraussetzung für den Vergleich von Media-Plänen auf Basis allgemein anerkannter Kennzahlen erfüllt ist – beispielsweise im Fall von zwei um den Media-Etat eines marketingtreibenden Unternehmens konkurrierenden Media-Agenturen.

2.6.1.1 Kontakt

Die Media-Planung sieht sich mit dem Problem konfrontiert, dass sie für die Medien, die neben redaktionellen Inhalten auch Marketing-Kommunikationsangebote distribuieren (z. B. Zeitschrift, TV, Funk), im Gegensatz zu Medien, die nur marketing-kommunikativen Zwecken dienen (z. B. Litfasssäule, Plakatstelle, Schaufenster), lediglich auf der Basis von Kontaktwahrscheinlichkeiten arbeiten kann. Die Datenquellen der Media-Planung beruhen nämlich auf Medienkontakten und nicht auf Kontakten mit dem Kommunikationsmittel in einem Medium. Mediatechnisch ist ein Kontakt mit einem Marketing-Kommunikationsangebot also dann erreicht, wenn der Rezipient Kontakt mit einem Medium hat, das Kommunikationsmittel verbreitet. Als Kontakt zählt demnach das Durchblättern einer Zeitschrift, in der sich eine Anzeige befindet, das Sehen oder Hören von Fernseh- oder Rundfunkprogrammen, in denen ein Spot ausgestrahlt wird oder das Aufrufen einer WWW-Seite, auf der ein Werbebanner integriert ist. Es kann dann jedoch noch nichts darüber gesagt werden, ob tatsächlich ein Kontakt mit dem Marketing-Kommunikationsangebot stattgefunden hat oder ob es eventuell sogar zu mehreren Kontakten mit diesem gekommen ist, beispielsweise mit einer Anzeige beim ungezielten Durchblättern einer Zeitschrift. Um zu einer Aussage über den Kontakt mit dem Kommunikationsmittel zu gelangen – denn diesem gilt letztlich das Interesse von Agentur und marketingtreibendem Unternehmen – ist eine Wahrscheinlichkeitsschätzung notwendig. Diese erfolgt auf den Daten über das Medienhandeln basierend, wie sie in den Datenquellen der Media-Planung hinterlegt sind. So ist der Kontakt in der MA für den Print-Bereich in drei Ebenen ausdifferenziert, vom Kontakt mit dem Medium bis hin zum Kontakt mit dem Kommunikationsmittel: • Werbeträger-Kontakt (Leserschaft pro durchschnittliche Ausgabe = LpA): Personen, die die betreffende Ausgabe eines Titels in der Hand hatten, um darin zu blättern oder zu lesen; • Werbemittel-Kontaktchance (Leser pro Seite = LpS): die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person in einer Ausgabe eines Titels eine durchschnittliche Seite aufschlägt, um darauf zu schauen oder zu lesen;

2

Analysen und Strategien

315

• Werbemittel-Kontakt (Leser pro Werbung führende Seite = LpwS): die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person in einer Ausgabe eines Titels eine durchschnittliche Anzeigenseite aufschlägt, um sie zu lesen (vgl. Hofsäss/Engel 2003: 102). Der LpwS-Wert wird über einen Schätzfaktor berechnet, der experimentell gewonnen wird. Das Verfahren ist beispielsweise bei Hofsäss und Engel (2003: 103 f.) erläutert. Der LpwS-Wert stellt für den Print-Bereich die „härteste“ Kontaktkennzahl der Media-Planung dar. Mediengattungsübergreifend wird im Bereich der allgemein adressierten Marketing-Kommunikation die als Kontakthäufigkeit bezeichnete Anzahl der Kontaktchancen mit dem Opportunity to see/… hear-Wert (OTS-/OTH-Wert) ausgewiesen. Dabei handelt es sich um einen Durchschnittswert, der sich aus der Summe aller Kontaktchancen (Bruttokontakte) dividiert durch die Anzahl der erreichten Zielpersonen (Nettoreichweite) errechnet: Zielperson

Bruttokontakte

A

2

B

6

C

3

D

2

∑ 4 erreichte Zielpersonen

∑ 13 Bruttokontakte

OTS/OTH =

Summe aller Kontaktchancen (Bruttokontakte in Mio.) Anzahl erreichter Personen (Nettoreichweite in Mio.)



13 4

→ 3,25

Beispiel

Werden gemäß der MA 2013 (Presse II) mit zwei Anzeigenschaltungen in der Zeitschrift Focus 7,93 Mio. Bruttokontakte bei 5,87 Mio. Lesern erzielt, ergibt dies einen OTS-Wert von 1,35.

Da es sich bei den Opportunity-Werten um Durchschnittswerte handelt, kann nicht festgestellt werden, wie die Aufteilung der Kontaktchancen auf die einzelnen Angehörigen der Zielgruppe ist. Werden beispielsweise bei Person A zehn Kontakte und bei Person B zwei Kontakte mit einer Print-Kampagne erzielt, resultiert dies in einem hohen OTS-Wert von 6, wobei aber lerntheoretischen Ansätzen folgend davon ausgegangen werden kann, dass die Kampagne bei den Personen A und B unterschiedliche Effekte erzielt hat, bei Person B eventuell sogar überhaupt keinen. Die Lösung

316

BI

Input

für die Media-Planung liegt in der Betrachtung der Verteilung der Kontakte auf unterschiedliche Kontaktklassen, wie das Beispiel in Abb. 107 zeigt. Die Kontaktklassenbetrachtung ermöglicht es, die unwirksame von der wirksamen Reichweite zu unterscheiden. Die Personen, die eine geringere als die für nötig erachtete Kontakthäufigkeit aufweisen, bilden die unwirksame Reichweite, wohingegen die Personen mit der als ausreichend hoch eingestuften Kontakthäufigkeit die wirksame Reichweite abbilden. Für die Media-Planung resultiert als eine Zielsetzung die Minimierung der unwirksamen Reichweite bei gleichzeitiger Nichtsteigerung der Kontakthäufigkeit unter den Zielpersonen der wirksamen Reichweite. Letzteres geht auf Kostengründe zurück und erfolgt darüber hinaus auch, um eventuelle negative Effekte bei der Zielgruppe (z. B. Reaktanz) zu vermeiden. Die Beantwortung der Frage nach dem Ausmaß der Kontakthäufigkeit für eine wirksame Reichweite lässt sich nicht pauschal und darüber hinaus selbst für den spezifischen Fall eher nur wenig zufriedenstellend beantworten. Zur Kontaktbewertung liegt es nahe, die Wirkung der Marketing-Kommunikation im Segment der unidirektionalen, allgemein adressierten Kommunikation in Abhängigkeit von der Kontakthäufigkeit zu sehen. Dieses Verfahren ist aus der klassischen Media-Werbung bekannt. Wirkung wird dabei reduziert auf die Erinnerung an das Werbemittel. Das Verhältnis von Werbewirkung und Kontaktzahl bildet die Kontaktbewertungskurve

Abb. 107 Beispiel der Verteilung von Kontakten auf Kontaktklassen (Quelle: Vergossen 2004: 87)

2

Analysen und Strategien

317

Abb. 108 Mögliche Formen des Zusammenhangs zwischen Kontaktanzahl und Werbewirkung (Quelle: Schweiger/ Schrattenecker 2005: 302)

ab, die auch als Response-Funktion bezeichnet wird (vgl. Huth/Pflaum 2005: 329 f., Schweiger/Schrattenecker 2005: 301; s. Abb. 108). Günter Schweiger und Gertraud Schrattenecker konstatieren, dass die degressive Wirkungskurve, gefolgt vom S-förmigen ertragsgesetzlichen Verlauf, die höchste empirische Relevanz aufweist. Eine pauschal gültige Kontaktbewertungskurve liegt aber nicht vor. Der Verlauf der Kurve variiert fallspezifisch in Abhängigkeit von zahlreichen Faktoren, die bei Schweiger und Schrattenecker (ebd.: 303) aufgelistet sind. Exemplarisch können genannt werden: die kreative Gestaltung des Kommunikationsmittels, die Art des beworbenen Produktes, die Konkurrenzwerbung oder zielpersonenabhängige Faktoren wie beispielsweise die wahrgenommene Relevanz des Kommunikationsangebotes oder die Produktkenntnis. Auch spielt der sogenannte Adstock eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der Kontakthäufigkeit. Er ist Ausdruck des aktuellen Depots der Marketing-Kommunikation und steht für die heutige Wirkung vergangener Kommunikationsmaßnahmen. Ist eine Kampagne mit ihren Motiven bereits seit einiger Zeit im Markt, sind demnach weniger Kontakte notwendig, um eine Wirkung zu erzielen (vgl. Broadbent/ Haarstick 1999: 176 f.). Schließlich ist die Kontaktdosierung auch in Abhängigkeit von den MarketingKommunikationszielen und damit von der angestrebten Wirkung zu sehen. Will eine Kampagne beispielsweise Aufmerksamkeit für ein neues Produkt gewinnen, kann eine höhere Kontaktzahl pro Zielperson angebracht sein als im Fall der Imageprofilierung einer Marke. Neben den zahlreichen fallspezifischen Einflussfaktoren spielt weiterhin und gerade die implizit oder explizit der Media-Planung zugrunde liegende Wirkungs-

318

BI

Input

theorie eine entscheidende Rolle bei der Kontaktzahlbestimmung. So kann mit dem Recency-Planning-Ansatz, der von Erwin Ephron, Partner des New Yorker Media-Beratungsunternehmens Ephron, Papazian & Ephron entwickelt wurde, in der MediaPlanung heute eine Position bezogen werden, die der Kontaktdosis eine geringe oder sogar überhaupt keine Wirksamkeit zuspricht und die stattdessen auf die Bedeutung des Kommunikationskriteriums der Kontextualität verweist: „Das Recency-Modell unterstellt, dass die Konsumenten selbst steuern, ob sich eine Botschaft der Marktkommunikation auf ihr Verhalten auswirkt. Aus der Vielzahl der Botschaften selektieren sie lediglich diejenigen, die für sie selbst zu dem gegebenen Zeitpunkt relevant sind. Nicht die Werbung nimmt Einfluss auf das Verhalten der Konsumenten, sondern die Ereignisse im Leben der Konsumenten bestimmen, ob Verbraucher bereit sind, den Botschaften Bedeutung beizumessen oder nicht.“ (Koschnick 1999: 61)

Für die Media-Planung heißt dies konkret, hohe Nettoreichweiten bei bewusster Vernachlässigung von Kontakthäufigkeiten zu erzielen. Eine große Anzahl von Personen soll mindestens einmal erreicht werden, wobei es das Ziel ist, so viele Konsumenten wie möglich zu vielen unterschiedlichen Zeitpunkten zu erreichen. Nur dies kann Garant dafür sein, dass der Mehrheit derjenigen Konsumenten, die gerade „auf dem Markt“ (ebd.), also kaufbereit sind, ein Marketing-Kommunikationsangebot unterbreitet wird.

2.6.1.2 Reichweite

Geben die Kontaktkennzahlen an, wie oft Zielpersonen mit einem Kommunikationsmittel erreicht werden, geben die Reichweitenkennzahlen Auskunft darüber, wie viele Zielpersonen in Kontakt mit dem Marketing-Kommunikationsangebot kommen. Zu unterscheiden ist dabei zwischen Brutto- und Nettoreichweite. Die Bruttoreichweite (BRW) beschreibt die Anzahl der Kontakte, die erzielt werden, und ergibt sich durch Addition der Einzelreichweiten. Sie wird in Millionen oder Prozent ausgewiesen. Der Nachteil ist, dass keine Berücksichtigung von Doppelkontakten stattfindet. Daher geht aus der BRW nicht hervor, wie oft dieselben Personen durch ein Kommunikationsmittel erreicht werden. Erfolgt beispielsweise die parallele Schaltung einer Anzeige in drei Zeitschriften, ergibt sich die Bruttoreichweite aus der Summe der Leser aller drei Zeitschriften (L1 + L2 + L3; vgl. Abb. 109). Die Nettoreichweite (NRW) ergibt sich aus der Bruttoreichweite unter Bereinigung der Doppel- und Mehrfachkontakte. Für das Beispiel in Abb. 109 ergibt sich die NRW entsprechend aus: BRW − L12 − L13 − L23 − L123. Die NRW gibt an, wie viele Personen durch eine Kampagne mindestens einmal erreicht werden, wobei jede Person nur einmal gezählt wird, auch wenn mehrere Kontakte auf sie entfallen.

2

Analysen und Strategien

319

Abb. 109 Schematische Darstellung der Überschneidungen der Mediennutzung von drei Zeitschriften (vgl. Kloss 2007: 271, Schweiger/Schrattenecker 2005: 297)

Das Differenzierungskriterium von BRW und NRW ist also das der Überschneidungen. Von den in Abb. 109 schematisch dargestellten externen Überschneidungen der Mediennutzung sind die internen Überschneidungen zu unterscheiden, die ebenfalls bei der NRW herausgerechnet werden. Interne Überschneidungen resultieren aus dem mehrfachen Kontakt eines Nutzers mit einem Kommunikationsmittel, weil es in dem gleichen Medium mehrmals hintereinander geschaltet wird. Beispiel

Wird gemäß der MA 2013 (Presse II) in 50 Ausgaben der Zeitschrift Der Spiegel eine Anzeige geschaltet (1/1 S., 4c), kostet dies, basierend auf einem jahresdurchschnittlichen Schaltpreis, 2 721 000,– Euro, wobei die Anzeige eine Nettoreichweite von 16,64 Mio. Personen über 14 Jahren erzielt. Wird in jeweils nur zwei Ausgaben der Zeitschriften Focus, Der Spiegel und Stern eine Anzeige (1/1 S., 4c) geschaltet (∑ 6), kostet dies, basierend auf einem jahresdurchschnittlichen Schaltpreis, 339 000,– Euro und die Anzeigen erzielen eine Nettoreichweite von 18,11 Mio. Personen über 14 Jahren.

2.6.1.3 Kommunikationsdruck

Aus der Werbeträgerforschung steht die Kennzahl Gross Rating Points (GRP) für die Bemessung des Werbedrucks zur Verfügung. Sie setzt die Bruttoreichweite, also die Summe der Kontakte ohne Berücksichtigung von Überschneidungen, in Relation zur erreichten Zielgruppe, weswegen sie auch als Ausdruck der prozentualen Bruttoreichweite aufgefasst werden kann.

320

BI

Input

Der GRP-Wert gibt Auskunft über die durchschnittliche Kontaktzahl pro 100 Zielpersonen und ermöglicht so eine Aussage über den relativen Werbedruck in der entsprechenden Zielgruppe, wobei aber die Kontaktqualität nicht berücksichtigt wird. Alternativ kann der GRP-Wert auch über die Multiplikation der prozentualen Nettoreichweite mit dem Durchschnittskontaktwert ermittelt werden:

GRP =

Bruttokontakte (absolut) Zielpersonen (absolut)

× 100

oder: GRP = Nettoreichweite in Prozent × durchschnittliche Kontaktzahl Beispiel

Wird in 50 Ausgaben der Zeitschrift Der Spiegel eine Anzeige geschaltet, dann wird bei den Zielpersonen (Bevölkerung > 14 Jahre) ein Werbedruck von rund 433,9 GRP erzielt. Wird in jeweils zwei Ausgaben der Zeitschriften Focus, Der Spiegel und Stern eine Anzeige geschaltet, wird bei den Zielpersonen (Bevölkerung > 14 Jahre) ein Werbedruck von rund 49,5 GRP erzielt (s. Abb. 110).

Bei der Erstellung von Media-Plänen ermöglicht der GRP einen Vergleich mit den Kontaktintensitäten der Wettbewerber wie auch mit früheren oder alternativen Kampagnen der eigenen Marke und ist so eine wichtige Entscheidungshilfe bei der Bewertung und Auswahl eines Plans. Bei der GRP-Betrachtung ist aber stets zu berücksichtigen, dass der GRP-Wert eine aggregierte Kennzahl aus Kontakt- und Reichweitenwerten ist, die in unterschiedlichsten Kombinationen zum selben GRPWert führen können (z. B.: 30 × 2 = 60 oder 10 × 6 = 60). Das heißt, dass der GRP nur der ersten Orientierung im Wettbewerbsumfeld dienen kann und in Abhängigkeit von den Marketing-Kommunikationszielen stets eine detaillierte Betrachtung der Kontakt- und Reichweitenleistungen eines Plans erfolgen muss. Weitere Kennzahlen zur Bestimmung des wettbewerbsrelativen Kommunikationsdrucks sind der Share of Advertising (SoA), Share of Voice (SoV) und der Share of Mind (SoM). Mithilfe dieser Kennzahlen kann der in einer Branche gegebene Kommunikationsdruck quantifiziert werden, was ebenfalls zur Entscheidungsfindung bei der Media-Planung beiträgt. Der Share of Advertising (SoA) weist den Anteil des eigenen Media-Etats in Prozent an den gesamten Bruttomediainvestitionen des definierten Marktsegmentes aus. Er dient damit der schnellen Beurteilung des Werbedrucks innerhalb eines bestimmten Marktes.

2

Analysen und Strategien

321

Abb. 110 Exemplarische alternative Berechnung des GRP-Wertes (Quelle: MA 2009/Presse 1, eigene Darstellung)

Der Share of Voice (SoV) gibt den Anteil der eigenen Kontakte in Prozent an den gesamten Kontakten des definierten Marktsegmentes an. Er ist damit ein Maß für die Effizienz des in den Medien gestreuten Budgets. Der Share of Mind (SoM) gibt den Anteil der eigenen Kontakte in Prozent an den gesamten Kontakten je einzelne Zielperson an. Es handelt sich also um den zielpersonenspezifischen Kommunikationsdruck-Anteil in einer Branche.

2.6.1.3.1 Zeitliche Verteilung des Kommunikationsdrucks

Wie soll der Kommunikationsdruck zeitlich gestaltet werden, wie also sollen die Marketing-Kommunikationsangebote im Zeitablauf präsentiert werden ? Angesprochen ist damit die Erstellung des Timings, die Festlegung der genauen Distributionszeitpunkte der Kommunikationsmittel. Werden die beiden Dimensionen des grund-

322

BI

Input

sätzlichen Einsatzes der Kommunikationsangebote und des Verlaufs der Intensität miteinander in Beziehung gesetzt, resultieren typische Distributionsmuster von Marketing-Kommunikationsangeboten (vgl. Abb. 111). Grundsätzlich können die Kommunikationsmittel konzentriert auf einen kleinen Teil einer Planungsperiode (in Abb. 111 ist dies ein Monat), kontinuierlich verteilt oder in bestimmten Abständen intermittierend distribuiert werden. Jede dieser Einsatzformen kann pro Planungsperiode in unterschiedlicher Intensität umgesetzt werden. Das heißt, die Kommunikationsmittel werden in gleichbleibender, zunehmender, abnehmender oder alternierender Frequenz geschaltet. Ähnlich wie bei der Frage nach dem Ausmaß der Kontakthäufigkeit zum Erzielen einer wirksamen Reichweite muss die Media-Planung bei der Selektion des zeitlichen Distributionsmusters eine Reihe von Faktoren berücksichtigen. Zu nennen sind vor allem die Marketing-Kommunikationsziele, die Zielpersonen, die Produktart, die Kaufintervalle, die Käuferumschlagsrate, die Konkurrenzaktivitäten und die Stärke des Vergessenseffektes, womit an das Wirkungskonstrukt der Kontaktbewertungskurve angeschlossen wird. Beispielsweise empfiehlt sich eine kontinuierliche marketing-kommunikative Präsenz, wenn (vgl. Kotler 1989: 542): • •

die Käuferumschlagsrate hoch ist, also schnell neue potenzielle Kunden in den Markt kommen, die Wiederkaufsrate hoch ist, damit Kunden ständig an das Produkt erinnert werden,

Abb. 111 Distributionsmuster von Marketing-Kommunikationsangeboten (vgl. Kotler 1989: 541)

2

Analysen und Strategien

323

• •

der Vergessenseffekt bei den Zielpersonen hoch ist, das Involvement der Zielpersonen gering ist und sie die Kommunikationsangebote als wenig relevant einstufen.

Für die Bezeichnung der vier Frequenzoptionen, die die Intensität des Kontaktes mit dem Kommunikationsmittel ausmachen, haben sich in der Praxis der Media-Planung auch folgende Begriffe eingebürgert (vgl. z. B. Hofsäss/Engel 2003: 198): Backloading steht für die steigende Intensität im Planungszeitraum. Es wird mit einem niedrigen Kommunikationsdruck gestartet, der dann sukzessive bis zum Ende des Planungszeitraums ausgebaut wird. Diese Variante kommt beispielsweise bei der Einführung von neuen Produkten (z. B. in der Automobil-Branche) in der PreLaunch-Phase zum Einsatz, um Neugierde und Spannung unter den Zielpersonen aufzubauen. Frontloading meint eine abfallende Intensität im Planungszeitraum. Die Kampagne beginnt mit einem hohen Kommunikationsdruck, der im Folgenden stetig abfällt. Beim Markteintritt (Launch) neuer Produkte kommt dieses Muster mit dem Ziel des schnellen Bekanntheitsaufbaus zum Einsatz. Flighting und Pulsing bezeichnen Druckmuster mit alternierender Intensität im Planungszeitraum. Die beiden Varianten unterscheiden sich dahin gehend, ob ein kontinuierlicher Kommunikationsdruck mit abwechselnden Perioden höheren Drucks realisiert wird (= Pulsing, vgl. Felder 4 und 8 in Abb. 111) oder ob sich Perioden der marketing-kommunikativen Abstinenz mit denen der Aktivität ablösen (= Flighting, vgl. Feld 12 in Abb. 111). Zuweilen finden sich in der Praxis noch weitere Bezeichnungen für Kommunikationsdruckmuster wie beispielsweise Waving oder Bursts, mit denen innerhalb der einzelnen Grundmuster – hier betreffend Pulsing (Feld 8) und Flighting (Feld 12) der Abb. 111 – die Kommunikationsdruckverteilung noch näher und häufig agenturterminologiespezifisch beschrieben wird (s. den Überblick bei Vergossen 2004: 100 f.).

2.6.1.4 Response

Streng betrachtet handelt es sich bei der Kennzahl des Response nicht um eine reine rezeptionsbezogene Kennzahl. Sie setzt nämlich das der Rezeption folgende Handeln der Kontakterwiderung durch den Rezipienten in ein Verhältnis mit der distributionsbezogenen Kennzahl der Auflage. Der Response ist Ausdruck des Rücklaufs der dialogorientierten Marketing-Kommunikation. Die Kennzahl gibt Aufschluss darüber, wie groß der Anteil der Zielgruppe ist, die auf das Kommunikationsangebot zurechenbar reagiert hat und damit in einen Dialog mit dem Unternehmen eingetreten ist. Sie wird als Quote ausgedrückt und nach der Formel ermittelt:

324

Responsequote (RQ) =

BI

Input

Anzahl der Reaktionen × 100 Anzahl der distribuierten Kommunikationsmittel

Haben beispielsweise auf eine E-Mail, die an 10 000 Kunden eines Unternehmens versendet wurde, 200 Kunden geantwortet, ergibt dies eine RQ von 2 Prozent. Wie auch die Kennzahlen des Kontaktes, der Reichweite und des Kommunikationsdrucks sagt die RQ nichts über die Wirtschaftlichkeit einer Marketing-Kommunikationsmaßnahme aus, da weder Kosten noch Erlöse berücksichtigt werden. Es kann daher nicht pauschal gesagt werden, dass eine höhere RQ unter wirtschaftlicher Beobachtungslogik besser als eine niedrige ist. Aufgrund ihrer einfachen Berechnung ist die RQ in der Praxis jedoch stark verbreitet. Sie dient der ersten Adhoc-Einschätzung der Attraktivität eines dialogischen Kommunikationsimpulses bei der Zielgruppe.

2.6.2 Distributionsbezogene Kennzahlen Die distributionsbezogenen Kennzahlen der Media-Planung setzen nicht am marketing-kommunikativen Handeln des Rezipienten an, sondern dienen der Medienselektion, indem sie für den Handlungsbereich der Distribution, beispielsweise von Printmedien, einen quantitativ orientierten Vergleich ermöglichen. Die zentrale Kennzahl ist die der Auflage mit ihren unterschiedlichen Konkretisierungsformen. Wichtige sind (vgl. Koschnick o. J., Pepels 2001: 448 f.): • Druckauflage: Gesamtzahl gedruckter Exemplare, abzüglich Makulatur; • Abonnement-Auflage: Gesamtzahl der Exemplare, die im Festbezug distribuiert werden; • Einzelverkaufsauflage: Gesamtzahl der Exemplare, die einzeln über Verkaufsstellen verteilt werden; • Remittenden: Gesamtzahl der Exemplare des Einzelverkaufs, die nicht verkauft und an den Verlag zurückgesendet werden; • verkaufte Auflage: Gesamtzahl der Exemplare, die voll bezahlt distribuiert werden und die sich zusammensetzt aus der Einzelverkaufsauflage abzüglich Remittenden, Abonnement-Auflage, Lesezirkel-Auflage und den sonstigen verkauften Exemplaren wie beispielsweise den rabattierten Exemplaren aus einem Firmenabonnement mit Mengenrabatt oder aus dem Bezug von Luftverkehrsgesellschaften; • verbreitete Auflage: Gesamtzahl der Exemplare aus verkaufter Auflage und Freiexemplaren wie beispielsweise für Agenturen und zu Werbezwecken; • kontrollierte Auflage: Gesamtzahl der Exemplare, die von der IVW als gedruckt, verbreitet oder verkauft ausgewiesen werden (IVW-geprüfte Druck-, verbreitete oder verkaufte Auflage).

2

Analysen und Strategien

325

Zu ergänzen ist, dass für die Media-Planung nicht nur Auflagenzahlen im Bereich der Printmedien der öffentlichen, allgemein adressierten Kommunikation von Interesse sind, sondern dass auch im Segment der Individualkommunikation mittels Printmedien die Auflage von Relevanz ist. Verbreitet ist hier die Kennzahl der MailingAuflage, die die Gesamtzahl der Werbebriefe beziffert, die an Empfänger persönlich adressiert, teil-adressiert („An die Bewohner des Hauses Musterstraße XX“) oder nichtadressiert (Hauswurfsendung) distribuiert werden. Wie bei den Zeitungs- und Zeitschriftenauflagen kann auch hier nach unterschiedlichen Auflagenhöhen weiter differenziert werden (z. B. gedruckte Mailing-Auflage, versendete Mailing-Auflage, unzustellbare Auflage). Aus dem Verhältnis von verbreiteter Auflage und Reichweite kann die MediaPlanung Hinweise auf die Nutzung eines Printmediums durch mehrere Personen erhalten.

2.6.3 Erstellung und Evaluierung des Media-Plans Zur Selektion der Medien, in denen das Kommunikationsmittel geschaltet wird, wird in einem ersten Schritt eine Rangreihe erstellt. Diese beinhaltet die Medien einer selektierten Mediengattung und listet die einzelnen Werbeträger sortiert nach bestimmten Leistungskriterien auf. Den Media-Planern stehen zur Erstellung der Rangreihen Computerprogramme zur Verfügung. Am verbreitetsten ist das Mediaplanungs-Dialog-System (MDS), das 1989 von der Axel Springer AG eingeführt und bis heute kontinuierlich weiterentwickelt wurde und das die Lizenznehmer mittlerweile auch online nutzen können (s. Axel Springer o. J.). Mit dieser Planungssoftware kann auf die Daten vieler Mediaund Markt-Media-Studien zugegriffen werden und eine schnelle und flexible Erstellung von Rangreihen erfolgen. Als Leistungskriterien, die zur Reihung der Medien herangezogen werden, dienen vor allem: • • •

die Reichweite, der Tausend-Kontakt- und der Tausend-Nutzer-Preis, der Affinitätsindex.

Der Tausend-Kontakt- und der Tausend-Nutzer-Preis dienen der Beurteilung der Effizienz eines Mediums. Die Kosten der Schaltung eines Kommunikationsmittels werden in ein Verhältnis gesetzt zur Anzahl der Kontakte oder Nutzer eines Mediums, wobei nicht der Preis eines Kontaktes oder erreichten Nutzers ermittelt wird, sondern der von 1000. Der Tausend-Kontakt-Preis (TKP) gibt demnach die Media-Kosten für 1000 Kontakte innerhalb der Zielgruppe an. Die Formel lautet entsprechend:

326

BI

TKP =

Input

Einschaltkosten × 1 000 Anzahl der Kontakte

Beispiel

Kostet eine vierfarbig gedruckte 1/1-Seite in der Zeitschrift Focus 50 000,– Euro und werden damit 4 Mio. Kontakte in der Zielgruppe deutsche Gesamtbevölkerung ab 14 Jahre erzielt, so entspricht dies einem TKP in Höhe von 12,50 Euro.

Anders als der TKP weist der Tausend-Nutzer-Preis (TNP) die Kosten bezogen auf die Reichweite und nicht auf die Kontakte aus. Er gibt die anfallenden Kosten zur Erreichung von 1000 Nutzern eines Mediums an. Dazu werden die Insertionskosten durch die Nettoreichweite dividiert. Die Formel lautet:

TNP =

Einschaltkosten × 1 000 Nettoreichweite (abs.)

Beispiel

Kostet eine vierfarbig gedruckte 1/1-Seite in der Zeitschrift Focus 50 000,– Euro und werden damit 4 Mio. Personen in der Zielgruppe deutsche Gesamtbevölkerung ab 14 Jahre erreicht, so entspricht dies einem TNP in Höhe von 12,50 Euro.

Zu beachten ist, dass TKP und TNP bei einer Einschaltung identisch sind. Werden beispielsweise vier Millionen verschiedene Personen mit einer einmaligen Schaltung über ein Medium erreicht, dann werden auch vier Millionen Kontakte erzielt. Erst nach zwei und mehr Schaltungen weichen TKP und TNP voneinander ab und zwar dahin gehend, dass der TNP vergleichsweise höher wird. Wird beispielsweise mit einer zweifachen Belegung desselben Mediums eine doppelt so hohe Kontaktsumme wie mit einer einmaligen Schaltung erreicht, bewegt sich die Nettoreichweite hingegen irgendwo zwischen den Werten nach einmaliger Schaltung und der Kontaktsumme nach zwei Insertionen (s. Abb. 112). Die Affinität beziehungsweise der Affinitätsindex ist ein weiteres wichtiges Leistungskriterium zur Rangreihung der Medien. Es zeigt an, wie hoch der prozentuale Anteil der Zielgruppe an der Nutzerschaft eines bestimmten Mediums ist. Ausgedrückt als Index ist die Affinität ein Verhältnismaß, das Auskunft darüber gibt, ob ein Medium eine definierte Zielgruppe über- oder unterdurchschnittlich erreicht. Medien können so entsprechend über ihr Ausmaß der Zielgruppennähe selektiert werden, wobei gilt, dass das Medium die Zielgruppe umso besser erreicht, je höher der Index ist.

2

Analysen und Strategien

327

GesamtbevölkerungPotenzial: 100.0 %, 38 814 Fälle, 64.87 Mio. 2009er Preise 29. 6. 2009 – Netto Werbeträger

Format

Farbe

Preiszone

Plan 1

Plan 2

FOCUS

1/1 S.

4c

Jahresdurchschnitt

1

2

DER SPIEGEL

1/1 S.

4c

Jahresdurchschnitt

stern

1/1 S.

4c

Jahresdurchschnitt

Kosten in Euro

49 752

97 514

Reichweite %

6,1

9,1

Reichweite Mio.

3,96

5,87

12,55

16,61

3,96

7,93

12,55

12,30

GRP

6,1

12,3

Kontakte pro Nutzer

1,0

1,4

Euro pro 1000 Nutzer Kontakte Mio. Euro pro 1000 Kontakte

Abb. 112 Entwicklung des TKP und TNP nach zwei Schaltungen (Quelle: ma 2013 Presse II)

Zur Berechnung des Affinitätsindex stehen zwei Modi zur Verfügung:

Affinitätsindex =

Reichweite in Zielgruppe Reichweite in Grundgesamtheit (Gesamtbevölkerung)

× 100

oder:

Affinitätsindex =

Zielgruppenanteil an der Nutzerschaft eines Mediums Zielgruppenanteil an der Grundgesamtheit (Ges.-Bevölk.)

× 100

328

BI

Input

best for planning 2013 I Zielgruppe: Deodorants, Antitranspirants Markenverwender AXE Potenzial: 19.6 %, 5944 Fälle, 13.81 Mio. Vergleichs-Zielgruppe Zielgruppe: Deutsche Bevölkerung ab 14 Jahre Potenzial: 91.8 %, 27785 Fälle, 64.54 Mio. 2013er Preise 25. 9. 2013 – Netto Medien Werbeträger

Format

Farbe Kosten Euro

Euro pro 1 000 Kont.

Reichweite %

Reichweite Mio.

Kont. Mio.

Affinität

Indexsumme Rw + Tkp + Affi

1 sport auto

1/1 S.

4c

10 900

50,91

1,6

0,21

0,21

239

135

2 AUTO BILD SPORTSCARS

1/1 S.

4c

10 800

65,06

1,2

0,17

0,17

236

126

3 COMPUTER BILD SPIELE

1/1 S.

4c

12 900

15,47

6,0

0,83

0,83

227

214

4 Men's Health

1/1 S.

4c

22 500

49,73

3,3

0,45

0,45

217

132

5 Playboy

1/1 S.

4c

25 917

56,11

3,3

0,46

0,46

217

129

6 AUTO TEST

1/1 S.

4c

17 200

79,65

1,6

0,22

0,22

211

113

7 SPORT BILD

1/1 S.

4c

32 900

18,82

12,7

1,75

1,75

208

209

8 MOTORRAD

1/1 S.

4c

16 990

52,59

2,3

0,32

0,32

206

123

9 AUTO BILD

1/1 S.

4c

42 000

40,00

7,6

1,05

1,05

206

149

10 AUTO BILD ALLRAD

1/1 S.

4c

10 800

75,56

1,0

0,14

0,14

205

110

11 auto motor und sport

1/1 S.

4c

39 150

52,43

5,4

0,75

0,75

205

133

12 COMPUTER BILD

1/1 S.

4c

27 400

19,95

9,9

1,37

1,37

199

193

13 kicker-sportmagazin

1/1 S.

4c

24 600

21,38

8,3

1,15

1,15

198

182

14 CHIP

1/1 S.

4c

17 300

25,23

5,0

0,69

0,69

194

158

15 AUDIO VIDEO FOTO BILD

1/1 S.

4c

13 100

68,77

1,4

0,19

0,19

194

108 107

16 CHIP FOTO-VIDEO 1/1 S.

4c

11 000

69,22

1,2

0,16

0,16

193

17 BRAVO Sport

1/1 S.

4c

17 430

113,18

1,1

0,15

0,15

192

98

18 GQ

1/1 S.

4c

20 200

108,63

1,3

0,19

0,19

192

99

19 AUTOStraßenverkehr

1/1 S.

4c

16 300

101,80

1,2

0,16

0,16

189

98

20 CHIP Test & Kauf (angepasst an AWA 2013)

1/1 S.

4c

7 500

65,46

0,8

0,11

0,11

181

102

21 manager magazin 1/1 S.

4c

24 470

110,17

1,6

0,22

0,22

172

91

22 selbst ist der Mann

1/1 S.

4c

19 297

75,01

1,9

0,26

0,26

172

99

23 Wunderwelt Wissen

1/1 S.

4c

11 008

31,90

2,5

0,35

0,35

172

128 108

24 CINEMA

1/1 S.

4c

14 965

52,13

2,1

0,29

0,29

170

25 AUTO ZEITUNG

1/1 S.

4c

22 544

90,39

1,8

0,25

0,25

170

94

26 FOCUS-MONEY

1/1 S.

4c

16 317

89,43

1,3

0,18

0,18

165

90

27 SELBER MACHEN 1/1 S.

4c

17 900

88,16

1,5

0,20

0,20

164

91

28 Welt der Wunder 1/1 S.

4c

19 094

33,53

4,1

0,57

0,57

164

128

2

Analysen und Strategien

Medien Werbeträger 29 P.M. Magazin

Format

329

Farbe Kosten Euro

Euro pro 1 000 Kont.

Reichweite %

Reichweite Mio.

Kont. Mio.

Affinität

Indexsumme Rw + Tkp + Affi 109

1/1 S.

4c

23 925

51,36

3,4

0,47

0,47

163

30 Wirtschaftswoche 1/1 S.

4c

27 700

81,14

2,5

0,34

0,34

163

95

31 Capital

1/1 S.

4c

29 633

92,23

2,3

0,32

0,32

157

90

32 Treffpunkt Kino (angepasst an AWA 2013)

1/1 S.

4c

***

***

3,0

0,41

0,41

149

***

136

33 TV Movie

1/1 S.

4c

56 591

37,53

10,9

1,51

1,51

143

34 ACE LENKRAD

1/1 S.

4c

20 300

69,14

2,1

0,29

0,29

139

87

35 ADAC Motorwelt 1/1 S.

4c

116 800

26,76

31,6

4,36

4,36

139

216

36 TV DIGITAL

1/1 S.

4c

54 475

48,34

8,2

1,13

1,13

138

116

37 NATIONAL GEOGRAPHIC DEUTSCHLAND

1/1 S.

4c

21 800

56,51

2,8

0,39

0,39

130

91

38 VIEW

1/1 S.

4c

16 433

75,91

1,6

0,22

0,22

128

79

39 DER SPIEGEL

1/1 S.

4c

61 837

39,55

11,3

1,56

1,56

127

128

40 BILD am SONNTAG

1/1 S.

4c

81 150

33,71

17,4

2,41

2,41

127

154

41 FOCUS

1/1 S.

4c

49 752

45,57

7,9

1,09

1,09

125

111

42 ADAC reisemaga- 1/1 S. zin (angepasst an AWA 2013)

4c

19 850

42,97

3,3

0,46

0,46

122

98

***

43 SuperTV

1/1 S.

4c

***

***

1,1

0,16

0,16

121

44 Guter Rat

1/1 S.

4c

15 900

47,96

2,4

0,33

0,33

118

89

45 GEOSAISON

1/1 S.

4c

17 100

80,77

1,5

0,21

0,21

118

73 109

46 TVdirekt

1/1 S.

4c

18 100

32,89

4,0

0,55

0,55

117

47 NEON

1/1 S.

4c

22 867

111,73

1,5

0,20

0,20

117

67

***

***

9,0

1,24

1,24

115

***

4c

11 600

52,34

1,6

0,22

0,22

111

81

***

***

2,7

0,37

0,37

110

***

51 Frankfurter All250 mm 4c gemeine FAS 4 Sp AT Sonntagszeitung

14 100

73,99

1,4

0,19

0,19

109

71

48 TV SPIELFILM 49 GEO Epoche (angepasst an AWA 2013)

1/1 S.

50 TV TODAY

52 GEO

1/1 S.

4c

39 450

54,95

5,2

0,72

0,72

107

90

53 stern

1/1 S.

4c

59 933

40,16

10,8

1,49

1,49

107

118

54 WELT am SONNTAG Gesamtausgabe

250 mm 4c 4 Sp AT

14 850

70,62

1,5

0,21

0,21

107

72

55 Hörzu Wissen (angepasst an AWA 2013)

1/1 S.

9 950

85,82

0,8

0,12

0,12

105

65

4c

56 tv pur

1/1 S.

4c

19 033

60,85

2,3

0,31

0,31

102

75

57 HÄUSER (angepasst an AWA 2013)

1/1 S.

4c

13 900

200,63

0,5

0,07

0,07

102

52

58 BRAVO

1/1 S.

4c

42 517

229,28

1,3

0,19

0,19

102

54

59 Das Haus

1/1 S.

4c

42 900

133,00

2,3

0,32

0,32

101

61

Abb. 113 Rangreihe nach Affinitätsindizes (Quelle: b4p 2013 I, Ranking durch Mindshare)

330

BI

Input

Beispiel (vgl. Hofsäss/Engel 2003: 280)

Beträgt die Reichweite eines Zeitschriftentitels in der Zielgruppe der Personen 14 – 29 Jahre 30 Prozent und innerhalb der Grundgesamtheit (Personen > 14 Jahre) 15 Prozent, resultiert ein Affinitätsindex von: 200 =

30 % 15 %

× 100

Zu demselben Ergebnis gelangt man, wenn der Zielgruppenanteil an der Nutzerschaft dieses Mediums, der bei 40 Prozent liegt, mit dem Zielgruppenanteil an der Grundgesamtheit, der bei 20 Prozent liegt, in ein Verhältnis gesetzt wird und mit 100 multipliziert wird: 200 =

40 % 20 %

× 100

Im Folgenden wird die Erstellung des Media-Plans anhand eines Beispiels für Publikumszeitschriften aufgezeigt. Kern-Zielgruppe sind Verwender der Deodorants/Antitranspirants der Marke AXE in Deutschland (13,8 Mio. Personen). Als Datenquelle dient die Markt-Media-Studie best for planning 2013 I. Um zu gewährleisten, dass nur Zeitschriftentitel bei der Selektion berücksichtigt werden, mit denen die Zielgruppe überdurchschnittlich erreicht werden kann, empfiehlt es sich, in einem ersten Schritt eine Rangreihe aller Titel nach dem Kriterium der Affinität zu bilden (s. Abb. 113 auf den vorangegangenen Seiten). Von den Titeln mit überdurchschnittlicher Affinität belegt der Titel Sport Auto mit einem Affinitätsindex von 239 den ersten Rang. In einem nächsten Schritt werden nur noch alle Titel mit einer überdurchschnittlichen Affinität (Affinitätsindex > 100) für die weitere Planung berücksichtigt, womit 59 Medien übrigbleiben. In einem zweiten Schritt werden diese verbleibenden Titel in einer Rangreihe nach ihrem Kosten-Leistungs-Verhältnis (TKP) geordnet. Diese zeigt, dass mit dem Titel Computer Bild Spiele die Kern-Zielgruppe am günstigsten erreicht werden kann, gefolgt von Sport Bild und Computer Bild (s. Abb. 114). In die weitere Titelauswahl fließen nun die Titel, die mehr als das Dreifache pro eintausend Kontakte als das Medium Computer Bild Spiele kosten, nicht mehr ein. Schließlich zeigt eine dritte Rangreihung nach dem Kriterium der Reichweite, dass mit dem Titel ADAC Motorwelt, gefolgt von Bild am Sonntag und Sport Bild am meisten Angehörige der Zielgruppe erreicht werden können (s. Abb. 115). Würde man das Reichweitenkriterium bei der Titelselektion außer Acht lassen und sich in seiner Auswahl primär von den Affinitäten der Titel leiten lassen, würden zwar stark überdurchschnittlich affine Zielgruppentitel belegt werden, die aber – überspitzt formuliert – so gut wie niemanden erreichen. Die Folge wäre, dass für ein bestimm-

2

Analysen und Strategien

331

best for planning 2013 I Zielgruppe: Deodorants, Antitranspirants Markenverwender AXE Potenzial: 19.6 %, 5944 Fälle, 13.81 Mio. Vergleichs-Zielgruppe Zielgruppe: Deutsche Bevölkerung ab 14 Jahre Potenzial: 91.8 %, 27785 Fälle, 64.54 Mio. 2013er Preise 25. 9 2013 – Netto Medien Werbeträger 1 COMPUTER BILD SPIELE

Format

Farbe Kosten Euro

Euro pro 1 000 Kont.

1/1 S.

4c

15,47

6,0

12 900

Reichweite %

Reichweite Mio.

Kont. Mio.

Affinität

Indexsumme Rw + Tkp + Affi

0,83

0,83

227

214

2 SPORT BILD

1/1 S.

4c

32 900

18,82

12,7

1,75

1,75

208

209

3 COMPUTER BILD

1/1 S.

4c

27 400

19,95

9,9

1,37

1,37

199

193

4 kicker-sportmagazin

1/1 S.

4c

24 600

21,38

8,3

1,15

1,15

198

182

5 CHIP

1/1 S.

4c

17 300

25,23

5,0

0,69

0,69

194

158

6 ADAC Motorwelt 1/1 S.

4c

116 800

26,76

31,6

4,36

4,36

139

216

7 Wunderwelt Wissen

1/1 S.

4c

11 008

31,90

2,5

0,35

0,35

172

128

8 TVdirekt

1/1 S.

4c

18 100

32,89

4,0

0,55

0,55

117

109

9 Welt der Wunder 1/1 S.

4c

19 094

33,53

4,1

0,57

0,57

164

128

4c

81 150

33,71

17,4

2,41

2,41

127

154 118

10 BILD am SONNTAG

1/1 S.

11 tv 14

1/1 S.

4c

47 538

34,25

10,1

1,39

1,39

98

12 ÖKO-TEST

1/1 S.

4c

11 025

35,52

2,2

0,31

0,31

86

87

13 TV Movie

1/1 S.

4c

56 591

37,53

10,9

1,51

1,51

143

136

14 DER SPIEGEL

1/1 S.

4c

61 837

39,55

11,3

1,56

1,56

127

128

15 AUTO BILD

1/1 S.

4c

42 000

40,00

7,6

1,05

1,05

206

149

16 stern

1/1 S.

4c

59 933

40,16

10,8

1,49

1,49

107

118

17 GLÜCKS REVUE

1/1 S.

4c

5 400

41,65

0,9

0,13

0,13

62

66

18 ADAC reisemaga- 1/1 S. zin (angepasst an AWA 2013)

4c

19 850

42,97

3,3

0,46

0,46

122

98

19 SUPERillu

1/1 S.

4c

23 300

44,80

3,8

0,52

0,52

87

83

20 FOCUS

1/1 S.

4c

49 752

45,57

7,9

1,09

1,09

125

111

Abb. 114 Rangreihe nach TKP (Quelle: b4p 2013 I, Ranking durch Mindshare)

tes Reichweitenziel (z. B. 65 Prozent) eine Vielzahl von unterschiedlichen Titeln belegt werden müsste, womit aber eventuell das Reichweitenziel trotzdem nicht erreicht werden kann. Nach der Ermittlung potenzieller Medien mithilfe des Rangreihenverfahrens werden in einem nächsten Schritt auf Basis eines definierten Media-Budgets alternative Media-Pläne erstellt, die sich in der Auswahl der Medien und in der Einschalthäufigkeit voneinander unterscheiden (s. Abb. 116). Die dargestellten Alternativpläne berücksichtigen nur die Titel erster Wahl, wie sie sich aus den aufeinander folgenden Schritten des Verfahrensbeispiels der Rangreihenselektion ergeben. Natürlich kön-

332

BI

Input

best for planning 2013 I Zielgruppe: Deodorants, Antitranspirants Markenverwender AXE Potenzial: 19.6 %, 5944 Fälle, 13.81 Mio. Vergleichs-Zielgruppe Zielgruppe: Deutsche Bevölkerung ab 14 Jahre Potenzial: 91.8 %, 27785 Fälle, 64.54 Mio. 2013er Preise 25. 9. 2013 – Netto Medien Werbeträger

Format

Farbe Kosten Euro

Euro pro 1 000 Kont.

Reichweite %

Reichweite Mio.

Kont. Mio.

Affinität

Indexsumme Rw + Tkp + Affi

1 ADAC Motorwelt 1/1 S.

4c

116 800

26,76

31,6

4,36

4,36

139

216

2 BILD am SONNTAG

4c

81 150

33,71

17,4

2,41

2,41

127

154 209

1/1 S.

3 SPORT BILD

1/1 S.

4c

32 900

18,82

12,7

1,75

1,75

208

4 rtv

1/1 S.

4c

103 265

61,76

12,1

1,67

1,67

75

95

5 DER SPIEGEL

1/1 S.

4c

61 837

39,55

11,3

1,56

1,56

127

128 136

6 TV Movie

1/1 S.

4c

56 591

37,53

10,9

1,51

1,51

143

7 stern

1/1 S.

4c

59 933

40,16

10,8

1,49

1,49

107

118

8 tv 14

1/1 S.

4c

47 538

34,25

10,1

1,39

1,39

98

118

9 COMPUTER BILD

1/1 S.

4c

27 400

19,95

9,9

1,37

1,37

199

193

***

***

9,0

1,24

1,24

115

***

24 600

21,38

8,3

1,15

1,15

198

182

10 TV SPIELFILM 11 kicker-sportmagazin

1/1 S.

4c

12 TV DIGITAL

1/1 S.

4c

54 475

48,34

8,2

1,13

1,13

138

116

13 FOCUS

1/1 S.

4c

49 752

45,57

7,9

1,09

1,09

125

111

Abb. 115 Rangreihe nach Reichweite (Quelle: b4p 2013 I, Ranking durch Mindshare)

nen aber auch Titel ergänzt werden (Ergänzungstitel), die sich aufgrund ihres guten Abschneidens in nur einem oder zwei Kriterien empfehlen (z. B. rtv mit einer Reichweite von 12,1 Prozent). Zur Evaluation der Pläne kann wiederum MDS oder eine andere Planungssoftware genutzt werden, wobei in der Regel auf die folgenden Kriterien zurückgegriffen wird (vgl. Abb. 116, s. auch Unger et al. 2007: 34 f.): • • • • • • • •

Kosten in Euro Reichweite in Prozent Reichweite in Mio. Euro pro 1000 Nutzer (TNP) Kontakte in Mio. Euro pro 1000 Kontakte (TKP) GRP Kontakte pro Nutzer

Die Evaluation der Planalternativen in obigem Beispiel zeigt, dass Plan 2 im Vergleich zu den beiden anderen Plänen deutliche Vorteile aufweist. Er erzielt in der Kern-

2

Analysen und Strategien

333

best for planning 2013 I Zielgruppe: Deodorants, Antitranspirants Markenverwender AXE Potenzial: 19.6 %, 5944 Fälle, 13.81 Mio. 2013er Preise 25. 9. 2013 – Netto Werbeträger

Format

Farbe

Preiszone

Plan 2

Plan 3

ADAC Motorwelt

1/1 S.

4c

Ganzjahrespreis

Plan 1

4

2

BILD am SONNTAG

1/1 S.

4c

Ganzjahrespreis

8

3

SPORT BILD

1/1 S.

4c

Ganzjahrespreis

rtv

1/1 S.

4c

Ganzjahrespreis

DER SPIEGEL

1/1 S.

4c

Jahresdurchschnitt

6

TV Movie

1/1 S.

4c

Jahresdurchschnitt

6

3

2

stern

1/1 S.

4c

Jahresdurchschnitt

6

8

2

tv 14

1/1 S.

4c

Jahresdurchschnitt

2

COMPUTER BILD

1/1 S.

4c

Ganzjahrespreis

2

kicker-sportmagazin

1/1 S.

4c

Ganzjahrespreis

TV DIGITAL

1/1 S.

4c

Jahresdurchschnitt

FOCUS

1/1 S.

4c

Jahresdurchschnitt

6

2 2 2

TV SPIELFILM (*)

Kosten in Euro Reichweite % Reichweite Mio. Euro pro 1 000 Nutzer

2 6

2 2

6 1 605 906 67,0

2 1 600 520 69,8

1 573 863 83,7

9,25

9,64

11,56 136,20

173,70

166,10

Kontakte Mio.

51,32

53,18

46,66

Euro pro 1 000 Kontakte

31,29

30,10

33,73

GRP Kontakte pro Nutzer

371,7

385,1

337,9

5,6

5,5

4,0

Abb. 116 Exemplarische alternative Media-Pläne (Quelle: Mindshare)

zielgruppe zwar nicht so eine hohe Reichweite wie Plan 3 (70 vs. 84 Prozent) – womit auch sein TNP vergleichsweise höher ist (166 vs. 136 Euro) –, liegt aber dennoch deutlich über dem vorgegebenen Reichweitenziel von 65 Prozent. Nach TKP-Evaluation liegt Plan 2 vorn, ebenso nach dem wichtigen GRP-Kriterium. Bei gleichem Budget kann mit Plan 2 also der vergleichsweise höchste Werbedruck erzielt werden (385 GRP). Diese Evaluation kann um eine Betrachtung der Kontaktklassen erweitert werden, um zu sehen, wie sich die fünf durchschnittlichen Kontakte pro Nutzer (OTS) verteilen.

334

BI

Input

2.6.3.1 Gewichtung im Media-Plan

Die Evaluierung des Media-Plans kann durch die Gewichtung von Faktoren weiter abgestimmt werden. So ist beispielsweise in den seltensten Fällen der Rezipientenkreis eines Mediums mit der Kern-Zielgruppe eines marketingtreibenden Unternehmens identisch. Entsprechend dem Grad an Übereinstimmung kann eine Personengewichtung erfolgen: Zielgruppenmerkmal Alter bis 19 Jahre Gewichtungsfaktor 0,5 20 – 40 Jahre Gewichtungsfaktor 1,0 ab 41 Jahre Gewichtungsfaktor 0,7 Auch kann eine Gewichtung der Kontaktklassen erfolgen. Obwohl eine möglichst hohe wirksame Reichweite mit der Media-Planung angestrebt wird, ist es unvermeidbar, dass der Plan auch Kontaktklassen enthält, die als unwirksame Reichweite interpretiert werden. Entsprechend werden die OTS-/OTH-Werte der einzelnen Kontaktklassen gewichtet. Es könnte sich folgende Gewichtungstabelle ergeben: Kontaktklasse 1 Kontaktklasse 2 Kontaktklasse 3 Kontaktklasse 4

bis 6,5 OTS 6,6 bis 9,0 OTS 9,1 bis 11,5 OTS > 11,5 OTS

Gewichtungsfaktor 1,00 Gewichtungsfaktor 0,75 Gewichtungsfaktor 0,50 Gewichtungsfaktor 0,00

Dieser Gewichtungslogik liegt die in der Praxis der Media-Planung weitverbreitete Annahme eines degressiven Wirkungsverlaufes zugrunde (s. Abb. 108). Für Personen, die bis zu 6,5 Kontaktchancen haben, ergibt sich auch ein OTS-Wert von 6,5. Personen mit 11,5 OTS erhalten einen rechnerischen OTS-Wert von (6,5 × 1) + (2,4 × 0,75) + (2,4 × 0,5) = 9,5.

2.6.4 Vorgehen bei der Planung von Direktmarketing-Kommunikation Die Planung im Bereich der bidirektionalen Direktmarketing-Kommunikation basiert, bedingt durch die andere Struktur des Marketing-Kommunikationsprozesses, auf anderen Kriterien, die zur Bewertung der Kommunikationsmaßnahme herangezogen werden. Das Äquivalent zum Tausend-Kontakt- und Tausend-Nutzer-Preis sind die Kostenvergleichswerte, die die Kosten einer Kommunikationsmaßnahme in ein Verhältnis zur erzielten Wirkung setzen. Geht es lediglich um die Kontaktherstellung mit einer Zielperson, drückt analog zum TKP und TNP der Cost per Contact (CpC) die Kosten pro Kontakt mit einer Zielperson aus. Die Formel lautet:

2

Analysen und Strategien

CpC =

335

Gesamtkosten der Maßnahme Anzahl der kontaktierten Personen

Beispiel

Ein Unternehmen versendet an 8700 Personen ein Mailing, wobei sich die Gesamtkosten inkl. Agenturkosten und Porto auf 30 000,– Euro belaufen. Der CpC beträgt dann 3,40 Euro.

Im Kontext von Online-Marketing-Kommunikation steht das Kürzel CpC auch für Cost per Click. Es bezeichnet dann die Kosten, die für ein marketingtreibendes Unternehmen entstehen, wenn ein Nutzer einen auf einer WWW-Plattform geschalteten werblichen Link des Unternehmens anklickt. Dank der zum Tragen kommenden Bidirektionalität des Kommunikationsprozesses im Direktmarketing können des Weiteren die Kosten pro Interessent (Cost per Interest/CpI) und, im Falle, dass eine Bestellung als Folge des Kontaktes getätigt wurde, die Kosten pro Bestellung (Cost per Order/CpO) ermittelt werden. Da diese Werte aufgrund der individuellen unternehmens- und maßnahmenabhängigen Kosten- und Ertragssituation nicht in Media- oder Markt-Media-Studien enthalten sein können und sie erst ex post ermittelbar sind, kommen zur Planung der DirektmarketingKommunikation Tests zum Einsatz. Aus deren idealerweise repräsentativen Ergebnissen wird auf die zu erwartenden Ergebnisse des sogenannten full run, der letztlich realisierten Kommunikationsmaßnahme, geschlossen. Bei diesen Tests handelt es sich in der Regel um Kontrasttests, bei denen die Reaktionen von zwei Stichproben auf unterschiedlich gestaltete Kommunikationsmaßnahmen gemessen und verglichen werden. Da die intramediale Selektion im Sinne der Auswahl eines Mediums innerhalb einer Mediengattung bei der Individualkommunikation (noch) nicht zur Entscheidung steht, dienen dieses Tests weniger der Entscheidungsfindung hinsichtlich des Medieneinsatzes als vielmehr der Prüfung der Ausgestaltung von anderen zielerreichungsrelevanten Kriterien. Besonders zu nennen sind: •

die Gestaltung des Kommunikationsmittels (z. B.: Welche Formulierung der Betreffzeile eines Werbebriefes ist effektiver ?) • die Attraktivität eines Angebotes (z. B.: Welches Angebot ist für die Neukunden einer Direktbank attraktiver: bei Kontoeröffnung ein Startguthaben auf dem Konto oder alternativ einen gleichwertigen Fondsanteil zu erhalten ?) • die Qualität von Adresslisten (z. B.: Mit welcher Adressliste von Listbrokern kann der durchschnittlich niedrigere CpO-Wert erzielt werden ?) • Ausgestaltung des Fulfilment: (z. B.: Müssen Bestellungen innerhalb von 24 Stunden bearbeitet werden oder toleriert der Kunde eine etwas längere Wartezeit ?

336

BI

Input

Oder: Erhöht sich die Quote der Kontoeröffnungen bei einer Direktbank, wenn die angefragten zugesandten Formulare bereits weitestgehend personalisiert und nicht blanko sind ?) Durch die Möglichkeit, die Marketing-Kommunikation zurechenbar auf die Anschlusshandlung des Kaufs auszurichten, ergibt sich für die bidirektionale gegenüber der unidirektionalen Kommunikation der wirtschaftliche Vorteil, vor der Kommunikationsmaßnahme eine Break-Even-Betrachtung vornehmen zu können. So kann ermittelt werden, wo die Gewinnschwelle des Marketing-Kommunikationsprozesses liegt, indem errechnet wird, ab welcher Responsequote eine Maßnahme die Gewinnzone erreicht. Dieser Break-Even-Point (BEP) kann basierend auf Testergebnissen vor der Aktion festgelegt werden. Er ist ein Soll-Wert für die prozentuale Höhe des Responses, der als Voraussetzung für eine profitable Maßnahme überschritten werden muss. Für seine Berechnung werden alle mit der Kommunikationsmaßnahme verbundenen Kosten mit dem Deckungsbeitrag beziehungsweise dem Rohertrag, der durch die Maßnahme erzielt wird, in ein Verhältnis gesetzt. Beispiel

Die Gesamtkosten einer Mailing-Maßnahme betragen 10 000,– Euro. Die versendete Auflage beläuft sich auf 5000 Stück. Es resultieren Stückkosten pro Mailing in Höhe von 2,– Euro (CpC). Dem Mailing liegt ein Bestellschein bei, mit dem das in dem Mailing beworbene Produkt bestellt werden kann. Pro verkauftes Produkt kann das Unternehmen einen durchschnittlichen Deckungsbeitrag in Höhe von 50,– Euro erzielen. Es ergibt sich folgender BEP:

BEP in % =

Kosten pro versendetes Mailing (CpC) × 100 Deckungsbeitrag pro Stück

BEP in % =

2 × 100

4

50 Um alle Kosten zu decken, muss die Responsequote 4 Prozent betragen. Es müssen also 200 Bestellungen aus der Aktion eintreffen.

2

Analysen und Strategien

337

2.6.5 Programmatic Advertising Programmatic ist der Oberbegriff für die strukturierte systematische und automatische Vorgehensweise bei der Planung und dem Einkauf von Online-Werbeplätzen mit Hilfe von Software (s. Hofsäss/Engel 2017). Dieser Prozess vollzieht sich über Handelsplattformen. Seitens der Vermarkter und Site-Betreiber (Anbieter/Verkäufer von Werbeplätzen) kommen Supply Side Platforms (SSP) und seitens der MediaAgenturen und Trading Desks (Nachfrager/Käufer) Demand Side Platforms (DSP) zum Einsatz (s. Abb. 117). Das spezifische Charakteristikum dieses Prozesses ist, dass er das sogenannte Realtime Advertising ermöglicht. ▶ Definition Realtime Advertising bezeichnet die automatisierte Aussteuerung digitaler Werbung auf Basis einzelner Werbekontaktchancen in Echtzeit. (Bardowicks/Busch 2013 zit. n. Busch 2014: 7)

Die Redeweise von „Echtzeit“ weist darauf hin, dass der gesamte Prozess von der Entstehung der Werbekontaktchance über die Evaluierung, den Abschluss und die Abwicklung bis hin zur Anzeige des Werbemittels beim Nutzer im Regelfall circa 50 Millisekunden dauert. Mittlerweile findet er über DSP und SSP millionenfach pro Sekunde statt (vgl. Busch 2014: 9).

Abb. 117 Akteure und Wertschöpfungskette im Realtime Advertising via Supply Side- und Demand Side Platforms (Quelle: Busch 2014: 10)

338

BI

Input

In den Datenbanken sind umfassende demographische und psychographische Daten von Nutzern hinterlegt, die zusammen mit Daten zum Surfverhalten und zu Produkt- und Kaufinteresse genutzt werden, um ein zielgruppen- und zielpersonenspezifisches Targeting vornehmen zu können. Die Werbemittel können also dynamisch in Abhängigkeit des individuellen Surfverhaltens ausgespielt werden (Behavioral Targeting). Im Idealfall findet eine Programmatic Creation des Werbemittels statt, der nicht nur das individuelle Surfverhalten des Nutzers zugrunde liegt, sondern eine Vielzahl von unterschiedlichen Datentypen miteinander kombiniert werden, um dem Nutzer sein richtiges, im Sinne von relevant, Werbemittel ausspielen zu können.

2.6.6 Herausforderungen der Media-Planung Die Herausforderungen, denen sich die Media-Planung heute gegenüber sieht, können wie folgt zusammengefasst werden: •









Die Media-Planung sieht sich durch die zunehmende Medienvielfalt einer steigenden Fragmentierung der Werbeträgerlandschaft gegenüber. Die Planung muss Medien mit immer kleiner werdenden Zielgruppen berücksichtigen, was die Anforderungen an die Gestaltung eines effektiven und effizienten Media-Mix steigen lässt. Als Folge der Digitalisierung des Mediensystems und der daran gekoppelten fortschreitenden Individualisierung der Marketing-Kommunikation muss sich eine integrierte Media-Planung entwickeln, die die Planung des Kommunikationsmitteleinsatzes in Medien der allgemein adressierten Kommunikation mit der Planung der Individualkommunikation verknüpft. Die interaktivitätsorientierte Vermittlung von Marketing-Kommunikationsangeboten erfordert die Entwicklung neuer Kennzahlen für die Media-Planung, die die Eigenarten der interaktiven und sozialen Medien reflektieren. Die Media-Planung muss sich stärker am Kontext der Rezeptionssituation ausrichten, wie er in der Utility-Strategie berücksichtigt ist. Dies geht mit einer Änderung des Kontaktverständnisses einher: neben dem relativen Werbedruck, wie ihn der GRP ausdrückt, sollte zusätzlich die Qualität des Kontaktes, zum Beispiel in Form eines Quality Rating Point (QRP), und darüber hinaus die Kontaktwirkung, beispielsweise ein Form einer Kennzahl Effective Rating Point (ERP), bei der Media-Planung berücksichtigt werden (vgl. Dahlem 2005: 42, 58). Die Hybridisierungstendenzen, die neuen Konkurrenzverhältnisse unter den Agenturen im Marketing-Kommunikationssystem sowie der Druck auf die Honorare stellen die Media-Agenturen vor die Notwendigkeit, sich neu zu positionieren. Die dabei präferierte, zukünftige Soll-Position in Form der umfassenden strategischen Kommunikationsberatung kann aber keine Eigenständigkeit aufweisen, da

2

Analysen und Strategien

339

sie auch von Kreativ-Agenturen, Spezial-Agenturen, Unternehmensberatungen und freien Beratern angestrebt wird. • Wandel bestimmt heute das Geschäft der Media-Planung. Klassische und programmatische Media-Planung werden noch eine ganze Weile koexistieren und sorgen damit für eine enorme Komplexität in der Media-Planung. Die PlattformBetreiber (SSP und DSP) müssen gegenüber der werbungtreibenden Wirtschaft für Transparenz sorgen, damit Media-Planung nachvollziehbar bleibt und auf Vertrauen unter den Marktteilnehmer beruhen kann.

2.7

Budget

Die Festlegung des Budgets steht im Wirkungsgefüge der Modernen MarketingKommunikation unter direktem Einfluss der konzeptionellen Elemente der Zielgruppe, der Ziele, der Media-Strategie und -Planung sowie der Media-Idee (s. Abb. 118). Gleichzeitig wirken aber die Budget-Entscheidungen selbst auf die Gestaltung der Media-Strategie und -Planung sowie auf die Definition realistischer Marketing-Kommunikationsziele ein. Als externer Einflussfaktor ist auch hier wieder besonders das Medienhandeln der Konkurrenz zu nennen, von dem die Höhe des eigenen relativen Kommunikationsdrucks und das resultierende Media-Budget abgeleitet werden kann. ▶ Definition Das Marketing-Kommunikationsbudget ist die Summe aller Kosten, die ein Unternehmen durch seine Marketing-Kommunikation in einem bestimmten Zeitraum verursacht.

Utility-

Abb. 118 Direkte Einflüsse auf das Budget im Wirkungsgefüge der Elemente zur Konzeption des Inputs Moderner Marketing-Kommunikation (eigene Darstellung)

340

BI

Input

Als wesentliche Kostenfaktoren des Kommunikationsbudgets sind zu nennen: •

• • • •

Kosten für die Produktion der Kommunikationsmittel (z. B. Druckkosten eines Prospekts, Drehkosten eines TV-Spots, Studiokosten eines Funkspots) (Produktionsbudget) Kosten für die Distribution der Kommunikationsmittel (Media-Budget), Kosten der Kommunikationsagenturen (Beratung, Layout-Erstellung, Abwicklung etc.) (Agenturhonorare), Kosten für Marktforschung (Pretests, Erfolgskontrolle) (Marktforschungsbudget), Kosten der unternehmensinternen Marketing-Kommunikationsabteilungen (Personalkosten, Raumkosten etc.).

2.7.1 Verfahren der Budgetierung Auffallend bei einer Bestandsaufnahme der bestehenden Budgetierungsverfahren ist eine deutliche Praxis/Theorie-Dichotomie. So hat sich in der Literatur eine Differenzierung der Methoden in heuristische Verfahren, die in der Praxis zum Einsatz kommen, und Optimierungsmodelle, die die Betriebswirtschaftslehre als mathematische Lösungsalgorithmen für Entscheidungsprobleme bei der Budgetoptimierung anbietet, durchgesetzt (vgl. z. B. Berndt/Cansier 2009: 823, Schweiger/Schrattenecker 2005: 183 f., Simon/Möhrle 1993: 304 f., Unger/Fuchs 2005: 341 f.). Dabei sind die Budgetierungsverfahren für die Disziplin der Mediawerbung am besten dokumentiert.

2.7.1.1 Budgetierungsverfahren der Praxis

Die Praktikerverfahren beruhen auf Erfahrungswerten und haben den Charakter allgemeiner Faustregeln, von denen angenommen wird, dass sie sich bewährt haben. Folgende Ansätze können unterschieden werden. Prozent-vom-Umsatz-/Prozent-vom-Gewinn-Methode Bei dieser weitverbreiteten Methode werden die Marketing-Kommunikationskosten als bestimmter Prozentsatz vom Umsatz oder Gewinn geplant. Unternehmensindividuell entschieden wird, ob es sich bei der Bezugsgröße um den prognostizierten Umsatz (Gewinn), um einen Vergangenheitswert oder um einen Durchschnittswert der vergangenen Jahre handelt. Im Laufe der Zeit haben sich in der Markenartikelindustrie branchenübliche Budgetierungssätze herausgebildet: von 10 Prozent bei Körperpflege über 25 Prozent bei Kosmetik bis hin zu 30 Prozent bei Reinigungsmitteln (vgl. Schweiger/Schrattenecker 2005: 183).

2

Analysen und Strategien

341

Methode der Kommunikationskosten je Verkaufseinheit Ähnlich zu erstgenannter Methode gestaltet sich die Budgetierung, die sich an der verkauften Einheit orientiert und entsprechend Kommunikationskosten pro Verkaufseinheit festlegt. Auch hier fehlen allgemeine Richtlinien, beispielsweise die Zeitdimension der Werte (vergangene versus zukünftige Verkaufseinheiten) betreffend. Methode der Kommunikationskosten je Kunde Unternehmen, die ausschließlich oder primär bidirektional orientierte MarketingKommunikation einsetzen, nehmen eine Kommunikationskostenbestimmung je Kunde vor (Cost per Contact, Cost per Order). Entsprechend dem Wert der einzelnen Kunden für das Unternehmen können die Kosten je Kunde skaliert werden. Auf wertvollere Kunde werden dann mehr Kosten allokiert als auf weniger wertvolle. Konkurrenzorientierte Methoden Die Budgetierung der eigenen Kommunikationskosten orientiert sich an den Aufwendungen der Wettbewerber. In der Regel dient der relative Kommunikationsdruck in Form des Share of Advertising oder Share of Voice zur näheren Bestimmung der anfallenden Kommunikationskosten. Diese beziehen sich aber nur auf die Aufwendungen für den Media-Bereich (Media-Budget) und lassen die anderen Kostenfaktoren des Kommunikationsbudgets außer Acht. Methode der Fortschreibung In der Annahme, dass sich das Kommunikationsbudget der/des Vorjahre/-s als sinnvoll herausgestellt hat, wird die Budgethöhe für die anstehende Planungsperiode übernommen. Marktentwicklungen können berücksichtigt werden, indem mit Steigerungs- beziehungsweise Senkungsraten das Budget dynamisiert wird. All-you-can-afford-Methode Bei dieser Methode wird das Kommunikationsbudget an die finanzielle Situation des Unternehmens gekoppelt und gefragt, wie viel Marketing-Kommunikation man sich leisten kann beziehungsweise wie viel finanzielle Mittel nach Abzug aller sonstigen Kosten für Kommunikation zur Verfügung stehen. Über die Einschätzung dieser Modelle als weitestgehend unzulänglich herrscht in der Theorie Einigkeit (vgl. z. B. Schweiger/Schrattenecker 2005: 183, Simon/Möhrle 1993: 304 f., Unger/Fuchs 2005: 341 f.). Die wichtigsten Kritikpunkte sind: •

Die verhältnisorientierten Methoden kehren den Instrumentalzusammenhang um. Das Kommunikationsbudget und damit die Marketing-Kommunikation werden nicht als ein Instrument für erfolgreiches Agieren an Beschaffungs- und Absatzmärkten gesehen, sondern im Gegenteil als eine Funktion des Umsatzes, Gewinns oder Kundenwertes. Sie können deswegen nicht als sachlogisch gelten.

342

BI

Input

• Weiterhin wirken diese Verfahren prozyklisch. Hohe Umsätze, Gewinne oder viele wertvolle Kunden sorgen für hohe Kundenbudgets und geringe Umsätze (Gewinne) beziehungsweise wenige nicht wertvolle Kunden für geringe Budgets. In konjunkturell schwachen Jahren wird dadurch weniger kommuniziert als in guten Jahren. • Auch erfolgt die Bestimmung des Prozentsatzes willkürlich. • Bei den kundenorientierten Budgetierungsmethoden sehen sich die Unternehmen dem Problem gegenüber, dass das zukünftige Verhalten der Wettbewerber nicht bekannt und damit nur eine retrospektive Budgetierung möglich ist. Hinzu kommt, dass unternehmensindividuelle Unterschiede in einer Branche (Verbindlichkeiten, Ressourcen, Ziele etc.) bei der Budgetierung nicht berücksichtigt werden. • Auch die Fortschreibungsmethode lässt die spezifischen situativen Unternehmensanforderungen in der kommenden Planungsperiode außer Acht und unterstellt, dass die Budgetierung des vorherigen Planungszeitraums effizient war. Damit besteht die Gefahr, dass unnötige Kosten nicht aufgedeckt und einfach fortgeschrieben werden. • Da bei der All-you-can-afford-Methode der Zweck der Marketing-Kommunikation nicht ansatzweise zum Ausdruck kommt, wird sie in der Literatur durchgehend als ungeeignet abgelehnt. Objective-and-Task-Methode Die Objective-and-Task-Methode, auch als zielorientierte Methode oder aufgabenorientierter Budgetansatz bezeichnet, kann als sachlogisch korrekt gelten, da sie die Instrumentalverhältnisse in der Marketing-Kommunikation reflektiert. Zunächst werden die Marketing-Kommunikationsziele für die anstehende Planungsperiode definiert. Dem schließt sich die Bestimmung der Kommunikationsmaßnahmen an, mit denen die Ziele verfolgt werden sollen. Die Summe der anfallenden Kosten zur Realisation der Kommunikationsmaßnahmen bildet dann das für die Zielverfolgung notwendige Budget. Dieses wird auf Finanzierbarkeit geprüft und im Fall, dass die erforderlichen Mittel die verfügbaren übersteigen, gelten die Kommunikationsziele als nicht erreichbar und müssen adjustiert werden, was einen neuen Durchlauf des Verfahrens auslöst. Bei allen Vorteilen, die diese Methode aufgrund ihrer sachlogischen Korrektheit im Vergleich zu den anderen praxisüblichen Methoden aufweist (vorausgehende Ist-Soll-Analyse, nachvollziehbare und damit korrigierbare Planung, Berücksichtigung der unternehmensindividuellen Situation), erweist sich die Sicherstellung des Grundsatzes der Zurechenbarkeit als kritischer Punkt, worauf im Zusammenhang mit den Ausführungen zu den Marketing-Kommunikationszielen bereits eingegangen wurde (vgl. Kap. B I 2.4.1). Die Selektion der Kommunikationsmaßnahmen richtet sich nämlich nach der Prognose, inwieweit die einzelnen Maßnahmen jeweils zur Erreichung der Ziele beitragen, was aber für ökonomisch definierte Outflow-Ziele in

2

Analysen und Strategien

343

der Regel unmöglich ist. Eine Ausnahme stellen Direktmarketing-Maßnahmen dar, die zwar technisch eine exakte Zuordnung von Anschlusshandlungen der Zielperson zu rezipierten Marketing-Kommunikationsangeboten erlauben, wobei aber Effekte anderer früherer oder zeitgleicher Kommunikationsmaßnahmen auf die Anschlusshandlung, die der Direktmarketing-Maßnahme zugerechnet wird, mit einwirken, sodass auch hier eine Monokausalität auszuschließen ist. Eine andere Budgetierungssituation ergibt sich, wenn die Marketing-Kommunikationsziele auf der Output-Ebene formuliert werden. Dann rücken besonders Media-Ziele in den Mittelpunkt der Budgetierung. Die Maßnahmen in Form der Distribution von Kommunikationsmitteln und die hierfür anfallenden Kosten lassen sich gut Output-Zielen zurechnen, wie das folgende Beispiel zeigt: Beispiel (vgl. Hofsäss/Engel 2003: 197)

Es sollen 75 Prozent einer Zielgruppe durchschnittlich viermal erreicht werden und 100 GRP im TV würden in der Zielgruppe circa 0,7 Mio. Euro kosten: 75 % Nettoreichweite × 4 OTS = 300 GRP und damit: 0,7 Mio. Euro pro 100 GRP × 3 = 2,1 Mio. Euro Es resultiert ein Budget in Höhe von 2,1 Mio. Euro.

Evident ist, dass bei der Output-orientierten Budgetierung die Wirkung der Kommunikation nicht nur auf der Outflow-, sondern auch bereits auf der Outgrowth- und der Outcome-Ebene nicht berücksichtigt wird. Damit kommt zum Ausdruck, dass zur Erreichung von Marketing-Kommunikationszielen auch weitestgehend budgetunabhängige Faktoren, vor allem die der Positionierung und der kreativen Kommunikationsmittelgestaltung eine wichtige Rolle spielen.

2.7.1.2 Optimierungsmodelle

Den Schwächen der Budgetierungsmethoden der Praxis wird in der Theorie mit Optimierungsmodellen begegnet, die auf mathematischen Lösungsalgorithmen beruhen. Gemeinsames Kennzeichen aller dieser Modelle ist, dass sie eine Response-Funktion postulieren, die nicht wie im Bereich der Media-Planung auf der Outgrowthund Outcome-Ebene (Erinnerung), sondern auf der Outflow-Ebene liegt. Impliziert wird damit, dass ein Budget marketing-kommunikative Wirkungen ökonomischer Art verursacht, die prognostiziert werden können. Dem Grundsatz der Zurechenbar-

344

BI

Input

keit wird dabei versucht, Rechnung zu tragen, indem unterschieden wird zwischen Modellierungen des Outflow unter Sicherheit (deterministische Modelle) oder unter Risiko (stochastische Modelle), was aus der Berücksichtigung unternehmensexterner Umweltentwicklungen resultiert. Die Response-Funktionen unterscheiden sich nach der Anzahl der berücksichtigten Variablen und können grob in mono- und polyinstrumentelle Funktionen aufgeteilt werden. Berücksichtigen erstgenannte nur das eigene aufgewendete Kommunikationsbudget, werden bei der polyinstrumentellen Response-Funktion auch Variablen wie Konkurrenzaktivitäten, Copy-Effizienz oder andere Elemente des Marketingmix einbezogen. Schließlich können diese Modelle noch nach dem Zeitkriterium unterschieden werden. Statische Ansätze gehen von einem synchronen Einfluss der Kommunikation auf den Outflow aus, der bei Beendigung der Aktivitäten, also am Ende der Planungsperiode, sofort verschwindet. Als Outflow-Zielgrößen kommen hier in erster Linie die Gewinnmaximierung, die Steigerung oder die Aufrechterhaltung des Marktanteils in Betracht. Dynamischen Modellen hingegen liegt eine sich im Zeitablauf entwickelnde Kommunikationswirkung zugrunde. Hier werden der Adstock-Effekt, auch als Carry-Over-Effekt bezeichnet, sowie Verzögerungseffekte berücksichtigt, die in die Planungsperiode hineinwirken. Die Outflow-Zielgröße der dynamischen Modelle stellt der Kapitalwert (vgl. Berndt/Cansier 2009: 827). Als Optimierungsmodelle können beispielhaft genannt werden (s. die Überblicke bei Berndt/Cansier 2009: 829 f., Schweiger/Schrattenecker 2005: 184 f., Unger/Fuchs 2005: 353 f.): •





marginalanalytische Ansätze, bei denen das Kommunikationsbudget bis zu dem Punkt erhöht wird, an dem, bedingt durch die abnehmenden Grenzerlöse der Kommunikation, die Grenzkosten die Grenzerlöse überschreiten; der konkurrenzbezogene Ansatz von Weinberg, dessen Ziel in der Marktanteilsänderung eines eingeführten Produktes liegt. Dabei wird davon ausgegangen, dass Kommunikation für ein eingeführtes Produkt auf einem gesättigten Markt ohne Auswirkungen auf den Branchenumsatz bleibt und es nur zu Änderungen in der Aufteilung des Marktes und damit zu Marktanteilsveränderungen kommt. Simulationsmodelle, die Budget-Entscheidungssituationen unter Risiko Rechnung tragen.

Der Vorteil der heuristischen Verfahren der Praxis, nämlich die vergleichsweise einfache Budgetierungsmethodik, kommt bei den Optimierungsmodellen nicht zum Tragen, was wohl als Hauptgrund für ihre geringe Verbreitung in der Praxis angesehen werden kann. Das rationale, sachlogisch korrekte Vorgehen der Optimierungsmodelle ist im Fall der polyinstrumentellen Modelle an einen enormen Informationsbedarf geknüpft, um die Response-Funktion modellieren zu können. Aber selbst im Fall des Vorliegens aller vom Modell eingeforderten Informationen bleibt die grund-

2

Analysen und Strategien

345

sätzliche Problematik in Form von Zweifeln an der Erfüllung des Grundsatzes der Zurechenbarkeit bestehen, also das Problem der Prognose eines Outflow-Effekts aufgrund einer Maßnahme.

Teil B Prozess und Management der Modernen Marketing-Kommunikation

B II Output

Der Output ist das im Markt sichtbare Resultat der Input-Phase der MarketingKommunikation. Er materialisiert sich als medienvermitteltes individuelles oder allgemein adressiertes Marketing-Kommunikationsangebot sowie als direkte interpersonale Marketing-Kommunikation (z. B. als Verkaufsgespräch, persönliche Kommunikation auf einem Event oder am Messestand). Es handelt sich also um das Kommunikationsmittel, das die Mitteilung realisiert, wobei aber deren Verstehen und ihre Wirkung bei den Zielgruppen und -personen in dieser Prozessphase nicht im Mittelpunkt steht. Die Marketing-Kommunikationsangebote wie ein TV-Spot, eine Anzeige, eine WWW-Site oder ein Brand Post und ihre jeweiligen Inhalte beruhen auf der spezifischen kommunikationsdisziplinären Umsetzung der Grundkonzeption, wie sie in der Input-Phase entwickelt wurde. Dabei steuern die kommunikationsqualitativen Kriterien der Input-Phase (Achtsamkeit, Marketing-Kommunikationswissen, InputRelevanz) sowie die Zielsetzungen der Marketing-Kommunikation in den Bereichen Outgrowth, Outcome und Outflow, welche Marketing-Kommunikationsdisziplinen an der Output-Realisation beteiligt sind. Anstelle von Marketing-Kommunikationsdisziplinen, in abgekürzter Form Kommunikationsdisziplinen, wird in der Literatur auch von Kommunikationsinstrumenten oder Kommunikationswegen gesprochen. ▶ Definition Eine Marketing-Kommunikationsdisziplin ist eine ausdifferenzierte Marketing-Kommunikationsform, die einen spezifischen mitteilungsstrategischen Output produziert. Dieser ist das Ergebnis der zielgerichteten und kreativen Überführung von gemäß der Grundkonzeption zu kommunizierenden Inhalte in konkrete Marketing-Kommunikationsangebote.

Es können klassische und moderne Kommunikationsdisziplinen unterschieden werden. Die zunehmende Bedeutung Letzterer hat sich seit den 1990er Jahren kontinuierlich herausgebildet. Ihnen liegen in stärkerem Maße als den klassischen Disziplinen kommunikationsqualitative Überlegungen zugrunde.

349

1

Synopse klassischer Kommunikationsdisziplinen

In nahezu jedem Werk zu den Themen Marketing oder Marketing-Kommunikation findet sich eine Darstellung der unterschiedlichen klassischen Kommunikationsdisziplinen (s. z. B. Bruhn 2014, Fill 2001, Hofbauer/Hohenleitner 2005). An dieser Stelle ist es daher ausreichend, wenn diese klassischen Kommunikationsdisziplinen synoptisch dargestellt werden (s. Tab. 13). Gelegentlich wird die Mitarbeiterkommunikation als eigenständiges Kommunikationsinstrument aufgeführt (vgl. z. B. Bruhn 2014). Dieser Auffassung wird hier nicht gefolgt, da die unternehmensinterne Kommunikation die Voraussetzung für die arbeitsteilige Entwicklung von Kommunikationsdisziplinen ist. Sie konstituiert das Unternehmen als ein Sozialsystem, wodurch es andere Sozialsysteme (Wettbewerber) und sich selbst beobachten und Entscheidungen unter anderem hinsichtlich der Ausrichtung der Marketing-Kommunikation treffen kann.

351 © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 J. Tropp, Moderne Marketing-Kommunikation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-25318-9_7

Produktion von Aufmerksamkeit; unter Effizienzabwägungen zwangfreie Beeinflussung von Einstellungen, Meinungen und Images auf kognitiver und affektiver Ebene

vorrangig Kundenbindung; Beziehungsaufbau mit selektierten Zielpersonen; Auslösung von individuellen, messbaren transaktionsorientierten Handlungen

Stimulierung des Absatzes mittels zeitlich befristeter Maßnahmen mit Aktionscharakter und Anreizen (Gewinne, Boni, Rabatte etc.); Information, Unterstützung und Motivation aller im Absatzprozess involvierten Organe

zeitlich begrenzte und räumlich festgelegte Präsentation des Unternehmens und seines Leistungsangebots; Differenzierung zur Konkurrenz; Beziehungsaufbau und -pflege; Herstellung von Kontakten

Werbung

Direktmarketing

Verkaufsförderung (Vkf )

Messen und Ausstellungen

Kommunikationsdisziplin

Ziele/Leistungen

Fachpublikum, Journalisten, interessierte Öffentlichkeit

aktuelle und potenzielle Kunden des Unternehmens; Groß- und Einzelhandel; Außendienst

Fokus auf Kunden des Unternehmens (B2B, B2C), gefolgt von potenziellen neuen Kunden

aktuelle und potenzielle Kunden des Unternehmens; Fokus liegt auf dem Absatzmarkt

Primäre Zielgruppen

Synopse klassischer Marketing-Kommunikationsdisziplinen

Beschreibungskriterium

Tab. 13

direkt, gegenseitig, öffentlich und privat, einstufig, analog

Universalmessen, Spezialmessen, Branchenmessen, Fachmessen, Importmessen, Händlermessen

Verkaufs-, Verbraucher-, Händlerpromotions: z. B. Versendung von Gutscheinen, Gewinnspiele, InternetCouponing, Kostproben am Point of Sale (PoS), Handelswettbewerbe, Schaufenstergestaltung

Persönlich adressierter Werbebrief, E-Mail, Anzeige mit Response-Element, TVSpot mit eingeblendeter Telefonnummer

indirekt, gegenseitig, ein- und mehrstufig, privat, immer häufiger digital (online)

direkt und indirekt, ein- und gegenseitig, öffentlich und privat, ein- und mehrstufig, analog und digital (online)

TV-Spot in Werbeinsel, Anzeige, Funkspot, Großflächenplakat, Bannerwerbung im WWW

Typische Erscheinungsformen

indirekt, einseitig, öffentlich, einstufig, analog und digital (online)

Kommunikationsart

D. Arnold (2008), Bruhn (2005: 958 f.)

Gedenk (2002), Fuchs/Unger (2003), Rudek (2008), Spürkmann (2009)

Dallmer (2002), Mann (2004), Wirtz (2005)

Kloss (2007), Schweiger/ Schrattenecker (2005), Siegert/ Brecheis (2005), Zurstiege (2007)

Beispiele weiterführender Literatur

352 B II Output

vorwiegend emotional wirkende Inszenierung von erlebnisorientierten, firmen- oder produktbezogenen Veranstaltungen; Aufbau und Steigerung von Bekanntheit mittels Campaigning

Bereitstellung von Geld, Sachmitteln, Dienstleistungen oder Wissen durch Organisationen (Unternehmen, Verbände, Institutionen etc.) oder Personen zur Förderung von Personen und/oder Organisationen in den Bereichen Sport, Kultur, Soziales, Umwelt und Medien

konsumentenseitige Meinungsund Imagebildung in Bezug auf Marketinggegenstände, ProduktPublizität im Wirtschaftssystem; Zusammenarbeit mit den Medien

physische Präsenz der Kommunikationspartner kann oder soll nicht durch den Einsatz von Medien substituiert werden; Verständigung erreichen

Event-Marketing

Sponsoring

Produkt-PR

Face-to-FaceMarketing-Kommunikation

indirekt, einseitig, öffentlich, einstufig, analog und digital

direkt, gegenseitig, privat, mehrstufig,

aktuelle und potenzielle Kunden des Unternehmens; Akteure in Beschaffungsmärkten

direkt und indirekt, ein- und gegenseitig, öffentlich, einstufig, analog und digital

direkt, gegenseitig, öffentlich und privat, ein- und mehrstufig, analog

Journalisten, Blogger

aktuelle und potenzielle Kunden des Unternehmens

Konsumenten und Kunden, Händler, Mitarbeiter, Meinungsführer (Journalisten)

Verkaufsgespräch, Beschwerde am PoS, Briefing-Gespräch mit einer Werbeagentur, Preisverhandlung mit Zulieferer, Tag der offenen Tür

journalistische Kommunikation über Marketinggegenstände: z. B. Presse-/TV-Bericht,

Sportsponsoring, Kultursponsoring, Soziosponsoring, Umweltsponsoring, Mediensponsoring

Tagungen, Kongresse, Road Shows, Sport- oder Gala-Veranstaltungen

Wangenheim (2003), Wiener et al. (1990)

Bentele et al. (2008), Röttger et al. (2011),

Bruhn (2003), Hermanns/ Marwitz (2007)

Nickel (2007), Nufer (2007)

1 Synopse klassischer Kommunikationsdisziplinen 353

2

Moderne Kommunikationsdisziplinen

Abstract Infolge der stattfindenden Neuausrichtung des Marketing-Kommunikationssystems mit der damit einhergehenden Fokussierung der Unternehmen auf die Gestaltung qualitativ hochwertiger Kommunikationsprozesse entstehen neue Kommunikationsdisziplinen: Partizipative Marketing-Kommunikation (PMK), Utility Marketing (UM), Corporate-Social-Responsibility-Kommunikation (CSR-Kommunikation), Guerilla Marketing (GM) und Word-of-MouthMarketing (WOM-Marketing). Ihnen gemeinsam ist, dass sie jeweils in unterschiedlicher Intensität und Kombination auf das Erreichen von Aufmerksamkeit, darauf, dass die Konsumenten/Rezipienten die Kommunikationsangebote als relevant wahrnehmen, und auf die Auslösung von Anschlusshandlungen/-kommunikationen zielen. Gleichzeitig gewinnt die Kommunikationsart des Dialogs zunehmend an Bedeutung und dient der grundsätzlichen Orientierung bei der Output-Gestaltung. Dies muss jedoch gemäß der ökonomischen Logik des Marketing-Kommunikationssystems unter Kosten-Nutzen-Abwägungen erfolgen. In einer Synopse (Kap. B II 2.7) werden abschließend die modernen Kommunikationsdisziplinen zusammengefasst.

Schon 1999 haben Erich Joachimsthaler und David Aaker (2000: 511) festgestellt, dass die klassische und bis dato bedeutsamste Kommunikationsdisziplin, nämlich die Werbung, als überholt gelten muss. Besonders die Entwicklungen im Bereich der medialen Distribution der Kommunikationsmittel (Medienvielfalt, digitale Mediendienste, Effizienzabwägungen) werden von den beiden Autoren (ebd.) als Grund für den Bedeutungsverlust der klassischen Werbung angeführt. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass diese Entwicklungen nur im systemischen Wirkungszusammenhang mit den Entwicklungen in den drei anderen Handlungsbereichen des Marketing-Kommunikationssystems (1. Inhaltsproduktion, Gestaltung und Herstellung der Mitteilung, 2. Rezeption und 3. Selbstthematisierung) (s. Kap. A 3.1) ihre volle evolutionäre Schubkraft für die Marketing-Kommunikation und den zu konstatierenden Bedeutungswandel der Werbung entwickeln konnten. Heutige Beobachtungen wie Werbereaktanz, Werbemüdigkeit oder Werbeverweigerung der Konsumenten führen dazu, dass sich Unternehmen und Agenturen verstärkt mit der Frage befassen müssen, wie heute Advertising Engagement erzielt werden kann. Einer Studie von Forsa zufolge denken 86 Prozent der Deutschen, dass in 355 © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 J. Tropp, Moderne Marketing-Kommunikation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-25318-9_8

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der Werbung gelogen wird, 82 Prozent fühlen sich von Werbung gestört und 55 Prozent für dumm verkauft (Botzenhardt/Pätzmann 2012). Auch ist zu konstatieren, dass selbst mit wissenschaftlich sorgfältig fundierten Strategien Konsumenten nur noch schwer zu erreichen sind (Kreutzer/Merkle 2008). Die Online-Werbung muss sich mit dem Phänomen des Adblocking befassen. Die Hälfte der 18 – 34-Jährigen in Deutschland hat entweder einen Adblocker beziehungsweise eine Anti-TrackingSoftware im Browser (42 Prozent) oder sowohl im Browser als auch auf dem Mobiltelefon (7 Prozent) installiert (YouGov 2017). Bereits in den 1990er Jahren ist mit neuen Formen der Konsumenten- und Kundenansprache experimentiert worden, die sich heute zu eigenständigen modernen Kommunikationsdisziplinen im Marketing-Kommunikationssystem entwickelt haben. Zu nennen sind die Partizipative Marketing-Kommunikation (PMK), das Guerilla Marketing (GM), Word-of-Mouth-Marketing (WOMM), Utility Marketing (UM) und die Corporate-Social-Responsibility-Kommunikation (CSR-Kommunikation). Gegenüber den klassischen Kommunikationsdisziplinen zeichnen sich diese modernen Instrumente durch einen Output aus, dem eine stärkere Orientierung an qualitativen Aspekten der Rezeption zugrunde liegt und der nicht länger dem Paradigma der Persuasiven Markenkommunikation folgend konzipiert wird (vgl. Kap. A 2.6.1). Bent Rosinski, Mitinhaber der Agentur Lukas Lindemann Rosinski (LKK) fasst dieses klassische „diktatorische“ Werbeprinzip treffend wie folgt zusammen: „Jahrzehntelang hat die Werbebranche die 1: n-Kommunikation (ein Sender – viele Empfänger) perfektioniert. Man suchte nach der ‚big idea‘, die über ein, zwei starke Kanäle penetriert wurde. Man suchte nach Aufmerksamkeit in den Massenmedien. Denn Markenimages entstehen nicht im stillen Kämmerlein, sondern benötigen eine öffentliche Plattform. Die Annahme hinter diesem diktatorischen Werbeprinzip: Ich Marke habe dir Kunde etwas Wichtiges mitzuteilen. Darum brülle ich auch so. Ich wiederhole es häufiger, dann wirst du mir schon vertrauen.“ (Rosinski 2009: 21)

Es wäre aber falsch, den Schluss zu ziehen, dass öffentlich wirksame Kommunikationsmaßnahmen und damit ein Großteil der klassischen Kommunikationsdisziplinen, allen voran die Werbung, zukünftig keine Daseinsberechtigung mehr hätten. Marken benötigen die in der Öffentlichkeit eingebettete Reflexivität, auf deren Wirkungsmechanismus die Werbung aufsetzt: Der Konsument meint zu wissen, dass andere Konsumenten wissen, dass er weiß, dass die Marke A das Image X hat. Dieses reflexive Wissen wird auch weiterhin seine Kaufentscheidung wesentlich mitsteuern. In dem sowohl untereinander als auch miteinander vernetzten, zielgerichteten Einsatz von klassischen und modernen Kommunikationsdisziplinen wird daher wohl die Zukunft der Marketing-Kommunikation liegen.

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Die modernen Kommunikationsdisziplinen setzen die notwendigen Kommunikationskriterien der Selektivität, Kontextualität und Reflexivität zielgerichtet ein, was zu einer qualitativen Fundierung der Marketing-Kommunikation führt, die in Advertising Engagement mündet – in einer hohen kognitiven, affektiven und konativen Verarbeitungstiefe der Interaktionen mit einem Marketing-Kommunikationsangebot (s. Kap. A 2.1.5). (1) Überraschende und intelligente Formen der Aufmerksamkeitsgewinnung, (2) das Erleben der Marketing-Kommunikationsangebote als relevant und (3) das Auslösen von Anschlusshandlungen des Menschen in seiner Rolle als Rezipient und Konsument, die zurechenbar sein sollen, damit das Unternehmen selbstbezüglich seine Marketing-Kommunikation beurteilen und Folgekommunikationen entsprechend der gewonnenen Consumer Insights konzipieren kann, resultieren als die wichtigsten drei kommunikationsqualitativen Orientierungskriterien der Output-Gestaltung moderner Kommunikationsdisziplinen. Der Output der unterschiedlichen Disziplinen unterscheidet sich im Ausmaß der jeweiligen disziplinspezifischen Berücksichtigung dieser Zieldimensionen, wobei in der Praxis eine Vernetzung dieser Disziplinen und damit der kommunikationsqualitativen Dimensionen an der Tagesordnung ist. Die kommunikationsqualitative Ausrichtung des Outputs geht einher mit einer dialogischen Grundorientierung, die der Optimierung der Erfolgsfaktoren der Input-Phase dienlich ist.

2.1

Dialogische Grundorientierung

Marketing-Kommunikation, mit der ein hochwertiger Output im Sinne eines integrativen Erreichens kommunikationsqualitativer Zielsetzungen bezüglich Aufmerksamkeit und Rezeptionsrelevanz im Outgrowth-Bereich sowie äußerer Anschlusshandlungen im Outcome-Bereich erzeugt werden soll, ist in ihrer Grundausrichtung auf Gegenseitigkeit ausgerichtet, also dialogisch orientiert. Aus Dialogen, die nicht nur zwischen Unternehmen und Konsumenten/Kunden, sondern auch unter Konsumenten und Kunden diesen geführt werden, gewinnt das Unternehmen für die Input-Phase des Marketing-Kommunikationsprozesses wertvolle Hinweise im Hinblick auf Erfolgsfaktoren wie beispielsweise die Schadensprävention oder Consumer Insights. In der dialogischen Grundorientierung Moderner Marketing-Kommunikation kommt der Einfluss des Paradigmas der beziehungsorientierten DirektmarketingKommunikation zum Ausdruck (vgl. Kap. A 2.6.2). Dieses betont die hohe Bedeutung der Herstellung interaktiver Beziehungen zu Zielpersonen für das Marketing, womit eine dialogische Grundorientierung der Marketing-Kommunikation impliziert ist. Diese dialogische Grundorientierung Moderner Marketing-Kommunikation im Sinne eines Dialogmarketings geht jedoch über das Verständnis des Direktmarketings hinaus und sollte daher nicht mit diesem Begriff synonym verwendet

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Output

werden. Dies gilt auch für den spezifischeren Begriff des interaktionsorientierten Direktmarketings, womit Manfred Bruhn (2014) einen bestimmten DirektmarketingTyp bezeichnet, den er vom passiven und vom reaktionsorientierten Direktmarketing unterscheidet: •

Das passive Direktmarketing zeichnet sich durch einen sehr geringen Interaktionsgrad aus. Mit ihm sollen Konsumenten allgemein auf das Leistungsangebot des Unternehmens aufmerksam gemacht werden. Typisch für diese Art von Direktmarketing ist der Einsatz von adressierten oder unadressierten Werbebriefen, von Katalogen oder von Hauswurfsendungen und Flugblättern, wobei die Initiierung eines Dialogs, indem dem Rezipienten Responsemöglichkeiten angeboten werden (z. B. Rückantwortkarten), nicht intendiert ist. • Beim reaktionsorientierten Direktmarketing wird hingegen dem Empfänger eine Reaktionsmöglichkeit und die Option zur Dialogaufnahme (z. B. Telefonnummer) gegeben. Dabei kann es sich sowohl um eine persönliche Ansprache (z. B. adressiertes Mailing) als auch um eine Kontaktaufnahme mittels allgemein adressierter Kommunikationsangebote (z. B. Anzeige, Plakat) handeln. • Erst beim interaktionsorientierten Direktmarketing treten das Unternehmen und der Kommunikationspartner in einen unmittelbaren Dialog ein, der sich durch gegenseitige Mitteilungen auszeichnet (z. B. Telefonmarketing). Entsprechend hoch sind der Interaktions- und Individualisierungsgrad der Kommunikation sowie das Erfordernis von Flexibilität bei den Kommunikationspartnern. Das Dialogmarketing betont aber noch weitaus stärker als das interaktionsorientierte Direktmarketing die interaktive und verständnisorientierte Ausrichtung der Marketing-Kommunikation, um Marketing-Ziele zu erreichen (vgl. Mann 2004: 2 f.). Ein genauerer Vergleich zeigt die folgenden Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf (vgl. ebd.: 138 f.): Zunächst fällt auf, dass beide Ansätze weitgehend die gleichen Ziele verfolgen und teilweise auch die gleichen Medien benutzen. Direktmarketing-Aktivitäten verfolgen wie das Dialogmarketing neben Zielen im Outflow-Bereich (z. B. in den Bereichen Absatz, Umsatz, Gewinn und Rentabilität) auch Ziele in den Bereichen Outgrowth und Outcome wie beispielsweise Informations-, Akquisitions- und Kundenbindungsziele. Ein zentraler Unterschied kann jedoch darin ausgemacht werden, dass in Wissenschaft und Praxis das Direktmarketing primär als eine Kommunikationsdisziplin aufgefasst und entsprechend mit einem sehr instrumentellen Verständnis verknüpft wird. Es steht insbesondere der Medieneinsatz zur Direktkommunikation im Fokus, der einer optimalen Gestaltung bedarf. In diesem Rahmen ist das Direktmarketing somit vorrangig auf der operativen Management- und Marketingebene zu verorten. Dessen Nutzung findet hierbei, soweit es aus Effektivitäts- und Effizienzgründen sinnvoll ist, lediglich für die ergänzende oder substituierende Realisierung von generellen Marketingstrategien statt.

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Auf der strategischen und der normativen Managementebene hat das Direktmarketing bisher kaum Möglichkeiten zur Erklärung und Gestaltung geboten. Das Dialogmarketing hingegen geht mit einer Verankerung der Verständigungs- und Konsensorientierung auf normativer Ebene einher. Gleichzeitig wird die Dialogfähigkeit des Unternehmens auf strategischer Ebene abgesichert, um die Glaubwürdigkeit der Dialogausrichtung des Unternehmens nicht zu gefährden und um einen „aufgesetzten und dilettantischen Eindruck“ (ebd.: 499) in der Dialog-Kommunikation mit den Stakeholdern zu vermeiden. Die dialogische Grundorientierung der Marketing-Kommunikation ist also anders als das Direktmarketing fest in der Unternehmenskultur verankert. Auch bezüglich der Frage nach dem Rezipientenkreis ist das Dialogmarketing grundsätzlich umfassender angelegt als das Direktmarketing. Konzentriert sich das Direktmarketing auf den direkten Kontakt mit potenziellen Interessenten und Kunden, werden beim Dialogmarketing darüber hinaus auch andere Anspruchsgruppen berücksichtigt, die das Geschehen in Absatzmärkten beeinflussen können (z. B. Verbände, Medien, Nichtregierungsorganisationen/NGOs). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Dialogmarketing auf einem zeitgemäßen, in der Unternehmenskultur verankerten Kommunikationsverständnis fußt, das Kommunikation als einen sozialen, verständnisbasierten Prozess der Vermittlung von Bedeutungen für das Erreichen von Marketingzielen begreift. Dieser realisiert sich in Form reziproker Kommunikation zwischen Unternehmen und Stakeholdern. Dieses Kommunikationsverständnis liegt als Grundorientierung kommunikationsqualitativer Output-Gestaltung der Modernen Marketing-Kommunikation zugrunde. So installieren beispielsweise branchenübergreifend Unternehmen Kundenbeiräte (customer advisory boards) (z. B. Commerzbank, Deutsche Bahn oder Deutsche Telekom). Die Formen des Dialogmarketings können danach unterschieden werden, ob einzelne oder kontinuierliche Maßnahmen vorliegen und ob diese präventiv oder zur Regulierung angewandt werden. Die verschiedenen Formen widersprechen sich dabei nicht, sondern können sich im Rahmen eines integrierten Dialogmarketings gegenseitig ergänzen (s. Abb. 119).

Abb. 119 Formen des Dialogmarketings und beispielhafte Ausprägungen (Quelle: Mann 2004: 114)

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Mit der Betonung der Verständnis- und Konsensausrichtung, die mit der dialogischen Grundorientierung Moderner Marketing-Kommunikation einhergeht, wird die Verwischung der Grenzen zwischen dieser und der PR weiter vorangetrieben (vgl. Kap. A 2.1.2). So skizzieren James Grunig und Todd Hunt (1984: 41 f.) das „TwoWay-Symmetric“-Modell als dialogbasiertes und von ihnen favorisiertes Public-Relations-Modell. Im deutschsprachigen PR-Praxisdiskurs hat das Dialogthema bereits seit Ende der 1980er Jahre seinen Platz und wird mit dem PR-Modell von Grunig/ Hunt verknüpft (vgl. Szyszka 2010: 151 f., s. im Überblick Bentele et al. 1996). Ebenfalls steht im Konzept der verständnisorientierten Öffentlichkeitsarbeit von Roland Burkart (1993, 1996) die dialogorientierte Kommunikation zur Bewältigung von Konflikten mit Stakeholdern im Mittelpunkt. Gleichwohl bemerkt Andreas Mann (2004: 127) zu Recht, dass sich die PR-Konzepte auf das gesamte gesellschaftliche Umfeld von Unternehmen ausrichten und das Dialogmarketing trotz seiner erweiterten Kundenperspektive im Sinne einer Stakeholder-Orientierung doch im Wesentlichen der näheren Marktumwelt von Unternehmen und den dort zu verortenden Anspruchsgruppen verhaftet ist. Trotzdem lassen sich starke Verbindungen und stellenweise Überschneidungen zwischen Dialogmarketing und PR-Ansätzen nicht bestreiten, wenngleich sie nicht als wechselseitig substituierbar aufgefasst werden können. So stützt Roland Burkart (2012: 18) die Notwendigkeit einer verständnisorientierten Öffentlichkeitsarbeit unter anderem auf die Praxis der werbungtreibenden Unternehmen, für die Volker Nickel, ehemaliger Sprecher des Zentralausschusses der deutschen Werbewirtschaft (ZAW), bereits 1990 eingefordert hat, dass sie die Kritik und Forderungen ihrer Stakeholder einholen und in unternehmensinternen Entscheidungsprozessen berücksichtigen müssen. „Rede über das, was du tust. Frage die anderen, ob sie mit deinem Tun einverstanden sind. Erkläre ihnen die Beweggründe, so gehandelt zu haben oder so handeln zu wollen. Beziehe die Interessen der anderen in deine Entscheidungsprozesse mit ein.“ (Nickel 1990 in w&v 15/1990: 36, zit. n. Burkart 2012: 18)

Zu beachten ist, dass Dialogmarketing mit einem hohen Kontaktaufwand und damit einem intensiven Ressourceneinsatz (Geld, Zeit, Personal) verbunden ist, der mit dem Grad der Abnahme an Standardisierung (z. B. durch Verwendung von Textbausteinen in der schriftlichen Individualkommunikation mit dem Kunden) zunimmt. Dialogische Marketing-Kommunikation muss aber mit der Logik des MarketingKommunikationssystems, die wirtschaftlicher Natur ist, vereinbar sein. Das heißt, dass auch bei einer gegebenen dialogischen Grundorientierung des Unternehmens das Ausmaß der dialogischen Ausrichtung konkreter Kommunikationsmaßnahmen und Kampagnen nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis zu entscheiden ist. Schließlich ist auch noch auf die sich wandelnde Begriff lichkeit in der Praxis hinzuweisen, die besonders durch die Umbenennung des DDV reflektiert wird, der sich seit dem 10. April 2008 nicht mehr als Deutscher Direktmarkting Verband, sondern

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als Deutscher Dialogmarketing Verband bezeichnet. Diese Umbenennung resultiert aber nicht aus einem Verständniswandel des Direktmarketings in Richtung des oben skizzierten Dialogmarketings, sondern wird vom DDV mit der technologischen Entwicklung der neuen Medien begründet, in deren Folge der bisherige direkte Kontakt immer öfter ohne zeitliche Verzögerung als wirklicher Dialog vollzogen wird. Dialogmarketing wird vom DDV heute als Oberbegriff für alle Marketingaktivitäten genutzt, bei denen – wie auch im früheren Direktmarketing – Medien mit der Absicht eingesetzt werden, eine interaktive Beziehung zu Individuen herzustellen, und es wird als eine durch die mediale Entwicklung bedingte nächste Evolutionsstufe des Direktmarketings in Richtung eines „Inbound Marketing“ (Belz et al. 2009: 42) aufgefasst. Implikationen für die strategische und normative Managementebene können dem Dialogbegriff des DDV nicht entnommen werden (vgl. Deutscher Dialogmarketing Verband o. J., s. auch Kreutzer 2009: 6).

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Partizipative Marketing-Kommunikation (PMK) – Co-Kreation von Unternehmen und Konsumenten

2.2.1 Kommunikationsqualitative Zielsetzung und Definition der PMK Der Partizipationsbegriff hat seinen Ursprung im politischen Bereich. In der Kommunikationswissenschaft spielte er lange Zeit nur eine marginale Rolle. Erst im Zuge des Bedeutungszuwachses der interaktiven Medien und des Internets zog er auch in den kommunikationswissenschaftlichen Diskurs ein. Grundsätzlich impliziert Partizipation eine schöpferische Inhaltsproduktion, die dazu beiträgt ein neues Ganzes zu erstellen oder zu vollenden (Abel 2018: 37). Die Partizipative Marketing-Kommunikation (PMK) versucht Adverting Engagement zu erzielen, indem äußere Anschlusshandlungen der Rezipienten/Konsumenten bewirkt werden, die den Marketing-Kommunikationsprozess mitkonstituieren, ihn co-kreieren. ▶ Definition Partizipative Marketing-Kommunikation (PMK) ist eine Marketing-Kommunikationsdisziplin, die explizit Zielpersonen in die Interpretation der Marke und in die Realisation des kommunikativen Outputs integriert.

2.2.2 Entwicklung der PMK Nachdem Alvin Toffler 1980 den Begriff des Prosumenten einführte, um den zunehmenden Einfluss der Konsumenten im Produktionsprozess von Gütern zu beschreiben, der – so seine damalige Prognose – zu vollkommen individualisierten,

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maßgeschneiderten Produkten führen würde, dauerte es noch knapp 15 Jahre, bis in Deutschland der Prosumenten-Gedanke erstmals im Kontext der Marketing-Kommunikation öffentlich sichtbar wurde. Die Werbeagentur Michael Conrad & Leo Burnett (heute: Leo Burnett) kreierte für die Zigarettenmarke Chesterfield ihres Kunden Philip Morris die „Everyone is an Original“-Kampagne, die von der Werbefachzeitschrift Horizont 1994 zur Kampagne des Jahres gekürt wurde. Die Kampagnenmotive wurden von den Konsumenten auf Kreativ-Partys entwickelt, wobei ihnen bei der Gestaltung ein nahezu uneingeschränkter Freiraum gelassen wurde. Lediglich der Packshot (die Abbildung der Produktverpackung), der Claim („Everyone is an Original“) und der gesetzlich vorgeschriebene Warnhinweis der EG-Gesundheitsminister waren vorgegeben (s. Abb. 120). Christoph Mayer, der damals für die Kampagne verantwortliche Kreativdirektor der Agentur, fasst das Konzept der Kampagne zusammen: „Die Leute sollen auf den Events keine Werbung machen, sondern das kommunizieren, was ihnen im Moment wichtig ist“ (vgl. Tropp 1997: 119). Einerseits mutet dies nach den Prinzipien der klassischen Markenführung wie ein Kapitalverbrechen an. Soll einer Marke doch eine vom Unternehmen strategisch entwickelte und bei den Konsumenten tief verankerte Bedeutung, ihre Identität, verliehen und gepflegt werden, die sich aus Assoziationen wie Eigenschaften, Werten, Nutzenaspekten und Persönlichkeitsmerkmalen speist (vgl. Esch 2014, Kotler/Bliemel 2001: 737). Markenführung und damit auch die Marketing-Kommunikation ist demnach gerade in Anbetracht des Aufbaus und Erhalts des Markenwerts, dem zentralen Bezugspunkt der Markensteuerung, eine nicht an Konsumenten delegierbare Unternehmensaufgabe von höchster strategischer Brisanz.

Abb. 120 Vorder- und Rückseite eines Zeitschriften-Beilegers der PMK-Kampagne von Chesterfield aus dem Jahr 1994

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Andererseits haben sich rund 25 Jahre nach der Geburt der Chesterfield-Kampagne, besonders bedingt durch die Entwicklung des Internets, interaktive Kommunikationsformen zwischen Unternehmen und Konsumenten etabliert, aus denen heute scheinbar selbstverständlich und unumgänglich – zumindest bis zu einem bestimmten Punkt – eine Partizipation des Konsumenten an der Gestaltung der Marketing-Kommunikation und ein Geführt-Werden durch den Prosumenten in der Markenführung resultiert, womit sich Alvin Tofflers Prognose zu bewahrheiten scheint. Chuck Porter (2008: 8), Mitgründer der US-amerikanischen, international renommierten Kreativagentur Crispin Porter + Bogusky, formuliert entsprechend heute, dabei ganz auf der Linie der damaligen Chesterfield-Kampagne liegend: „Bis zu einem gewissen Grad verlieren Sie die Kontrolle über die Markenwahrnehmung. Willkommen in der modernen Werbewelt, das sind die neuen Regeln. Marken müssen heute in einen engen Dialog, in einen Austausch mit ihren Zuhörern treten, sie können nicht mehr einfach nur Ankündigungen machen“. Verschärft wird die Diskussion um die Ausrichtung der Markenführung durch den gleichzeitig steigenden Einfluss des Controllings. Effektivität und Effizienz der Markenführung müssen heute auch im Bereich der Kommunikation nachgewiesen werden, also messbar sein. Die vor allem für das operative Markenmanagement resultierende Frage nach den Effektivitäts- und Effizienzvor- bzw. -nachteilen von partizipativ angelegter Marketing-Kommunikation auf der einen und von einseitig konzipierter Marketing-Kommunikation auf der anderen Seite muss auf strategischer und normativer Managementebene mit der Frage nach dem im Unternehmen herrschenden Kommunikationsverständnis verbunden werden. Die explizite unternehmensinterne Kommunikation dieses Verständnisses, das gerade auch für das operative Management handlungsorientierend im Kontext der Unternehmensbeziehungsweise Agenturkultur seine Verankerung finden muss, trägt entscheidend zur grundsätzlichen dialogischen beziehungsweise monologischen Ausrichtung der Marketing-Kommunikation bei. Die Frage nach partizipativer oder nichtpartizipativer Marketing-Kommunikation erweist sich damit als eine Frage, die die Unternehmen unvermeidbar in die Situation bringt, ihre bis dato funktionierende Orientierung an einem schlichten Sender-Empfänger-Modell der Marketing-Kommunikation zu hinterfragen. Denn dieses gerät durch die Entwicklungen in den Unternehmensumwelten und durch die gestiegene Komplexität der Unternehmens- und Marketing-Kommunikation sowie deren Management zunehmend in Bedrängnis. Im Kontext der PMK rücken besonders die strukturellen Wirkungen des seit Mitte der 1990er Jahre auch unternehmenskommunikativ genutzten Internets in den Analysefokus. Die mittlerweile selbstverständliche Nutzung des Internets zu Marketingzwecken zwingt die Unternehmen zur Interaktion mit den Konsumenten. Für das Marketing bedeutet dies, dass wechselseitig aufeinander gerichtete Handlungen gleichermaßen aktiver Kommunikationspartner eine mediumsinduzierte Wirkung sind, wobei Letztere inhaltsübergreifend die Frage nach Partizipation oder Nicht-

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partizipation des Konsumenten bei der Entwicklung der Marketing-Kommunikation zugunsten eines interaktionalen Verständnisses von Marketing-Kommunikation suspendiert. Im Zuge der Medialisierung des Marketings dient Interaktivität verstärkt als Bezugspunkt in Sinngebungsprozessen und für die Handlungsorientierung der Marketing-Akteure – und zwar über alle Marketingmix-Elemente hinweg (vgl. Kap. A 4.2). Um den heutigen Funktionsbereich der PMK umfassend zu verstehen, ist es hilfreich, sich an den Ursprung des Partizipationsbegriffs zu erinnern, der eng mit demokratietheoretischen Debatten verknüpft ist. Dem Begriff haftet bis heute eine ideologische Akzentuierung an, da Partizipation auf das Vorhaben schließen läßt, Konsumenten an substanziellen Fragestellungen der Marketing-Kommunikation zu beteiligen. Unternehmen wollen diesen Partnerschaftlichkeitsanspruch durchaus bewusst mit ihrer Kommunikation implizieren, wenn sie von einer User-generatedKampagne oder „demokratischer Zusammenarbeit“ sprechen (vgl. Apel 2018: 304). Die heutige Funktion der PMK liegt daher einerseits in der tatsächlichen co-kreativen kommunikativen Wertschöpfung von Konsumenten/Kunden und Unternehmen, andererseits ist die PMK aber für das Unternehmen auch ein Instrument der Imagebildung, indem es eine „Kulisse der Gleichberechtigung“ (ebd.: 303) schafft. Die öffentliche Inszenierung des Beteiligungsprozesses, so folgert Apel (ebd.), bildet heute den entscheidenden Mehrwert der PMK gegenüber ihren früheren Phasen. Interessant ist der Befund, dass „eine basisdemokratische Mitwirkung von Konsumenten an der Werbegestaltung … jedoch nicht festgestellt werden [konnte]. Alle identifizierten Typen partizipativer Werbekommunikation basieren trotz gradueller Unterschiede auf der Konsumentenbeteiligung in einem abgesteckten, klar definierten Rahmen.“ (ebd.: 304). Dieses Fazit deckt sich mit den Untersuchungsergebnissen von Chris Miles (2017: 222 f.), dass es sich bei PMK eher um eine rhetorische Strategie der Unternehmen als um eine tatsächliche Gleichberechtigung des Konsumenten in der marketing-kommunikativen Wertschöpfung handelt. Deutlich wird, dass die PMK in der Logik der Kausalmodelle empirischer Sozialforschung nicht als abhängige Variable in ein direktes und monokausales Verhältnis zu den Veränderungen der medialen Bedingungen als unabhängige Variable gesetzt werden kann. Intervenierende Variablen wie zum Beispiel auf der Mesoebene Unternehmensinteressen in Form von Effizienzoptimierungen von Marketing-Budgets oder Imageprofilierungsstrategien und auf der Mikroebene der individuelle elementare Kontext der beruflichen Situation von Marketing-Akteuren beeinflussen den Zusammenhang von Marketing-Kommunikationsveränderungen und medialen Entwicklungen. Ebenso gilt es, einen eventuellen Einfluss soziodemografischer Faktoren, zum Beispiel des Alters und der Bildung der Marketing-Verantwortlichen, sowie den Faktor der technologisch-medialen Kompetenz der Akteure im Unternehmen wie der Zielgruppe zu kontrollieren, die ebenfalls neben den medialen Veränderungen einen direkten Einfluss auf die abhängige Variable des PMK-Aufkommens haben könnten. Die Bedeutung des Faktors der technologisch-medialen Kompetenz der

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Zielgruppe kann an dem von Joseph Jaffe unaufgefordert für Nike produzierten und unter anderem über youtube.com verbreiteten Spot aufgezeigt werden. Auf die Frage, warum er den Spot kreierte, antwortete er: „I did this because I could. I had the technology. I had the creative means and media ends. The production cost was zero. The media cost was zero. The time to produce and distribute was less than an hour“ (Jaffe 2005). Schließlich müssen auch Faktoren, die das Zusammenwirken der Variablen überhaupt erst ermöglichen, stabil bleiben (Konstanten), um zu belastbaren, empirisch gewonnen Erkenntnissen der PMK-Entstehung zu gelangen (vgl. z. B. zur empirischen Untersuchung der Medialisierung von Politik Vowe 2006). Zu nennen ist etwa der Rechtsrahmen, der die Frage der Urheberrechte von Consumer Generated Advertising (CGA) regelt.

2.2.3 Das Konzept der Co-Kreation ▶ Definition Co-Kreation ist ein aktiver, kreativer und sozialer Prozess zwischen Organisationen (z. B. Unternehmen) und Stakeholdern, der Nutzen und Wert für alle Beteiligten schafft (vgl. Ind et al. 2013: 9).

Für die Fundierung des Konzepts partizipativer Marketing-Kommunikation in Form von Co-Kreation bieten sich vor allem zwei Zugänge an. Der ältere Zugang entstammt dem Innovationsmanagement, wo eine Sichtweise auf den Konsumenten als passiver Empfänger von unternehmerischen Innovationsleistungen zunehmend durch Hinweise auf die Notwendigkeit einer Kollaboration mit Konsumenten in der Innovationsentwicklung und auf offene Innovationsprozesse verdrängt wird. Demnach werden Innovtionen nicht einseitig vom Unternehmen geschaffen, sondern in Austauschprozessen zwischen Unternehmen und Konsumenten. Wert und der komparative Wettbewerbsvorteil entstehen erst gemeinsam durch Co-Kreation von Unternehmen und Konsumenten (vgl. Baumgarth/Kristal 2015: 16.). Beispiel partizipativer Innovationsentwicklung

Das Unternehmen Ritter Sport hat 2013 das digtale Sortengestaltungs-Tool Sortenkreation eingeführt https://www.ritter-sport.de/sortenkreation/#/start. Nutzer können damit eigene Sortenvorschläge einreichen, die von Nutzern gelikt, kommentiert und geteilt werden können. Unter anderem wurde so, die „Einhorn-Schokolade“ erfolgreich in den Markt eingeführt.

Der zweite, jüngere Zugang erfolgt über die Service-dominant Logic (SDL). Die SDL spielt auch im Kontext des Customer-Engagement-Konzepts eine zentrale Rolle. Dort

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wird sie genutzt, um die Engagementform der Creation, die auf ein hohes Engagement des Konsumenten schließen lässt (Schivinski et al. 2016), zu erklären (s. Kap. A 2.1.5). Der grundlegende Gedanke der SDL ist, dass die Goods-dominat Logic (GDL) mit ihrem Fokus auf einen greifbaren, materiellen Output und davon zu unterscheidenden Transaktionsprozessen zugunsten der SDL in den Hintergrund rückt, in deren Mittelpunkt Austauschprozesse, Beziehungen und Immaterialität stehen. Servcies werden definiert als „application of specialized competences (knowledge and skills) through deeds, processes, and performances for the benefit of another entity or the entity itself “ (Vargo/Lusch 2004: 2). Ähnlich wie der Innovationsmanagement-Ansatz mündet auch die SDL in einem neuartigen Wertverständnis. Wert wird nicht länger vom Unternehmen bestimmt und im Sinne von Tauschwert definiert. Stattdessen wird der Wert vom Konsumenten auf der Basis von Value-in-Use und in Co-Kreation zwischen dem Konsumenten und dem Unternehmen festgelegt. Daraus folgt, dass Güter, einschließlich Kommunikationsprodukte (z. B. WWW-Site, Anzeige etc.), keinen Wert haben, solange sie nicht genutzt werden und nützlich zum Erreichen von persönlichen Zielen der Konsumenten sind. Der Konsument wird also nicht länger als eine „operand resource“ (ebd.: 7) betrachtet, derart, dass der „customer is the recipient of goods. Marketers do things to customers; they segment them, penetrate them, distribute to them, and promote to them“ (ebd.). Stattdessen übernimmt der Konsument im Wertschöpfungsprozess die Rolle einer aktiven „operant resource“ (ebd.), eines Co-Produzenten von Services, einschließlich Kommunikationsservices. Hinsichtlich der Arten von Co-Kreationsprozessen können die interaktive Wertschöpfung und die interaktive Wertschaffung voneinander unterschieden werden. Während sich erstere auf die Einbindung des Konsumenten in den Wertschöpfungsprozess bezieht, z. B. in Form der Erstellung oder Vermarktung einer neuen App, verweist die interaktive Wertschaffung darauf, dass der Konsument durch seine individuelle Nutzung des Services (der App) das Unternehmen in seinen Prozess der Wertschaffung integriert (vgl. Drengner 2015: 8).

2.2.4 Implizite und explizite PMK In dem für Marketing-Kommunikation notwendigen Kriterium der Reflexivität (in sozialer Hinsicht) ist der Grund zu sehen, warum die Differenzierung in partizipative versus nichtpartizipative Marketing-Kommunikation, die sich in der Praxis eingeschlichen hat, eigentlich in die Irre führt. Genauso wie sich heute herausstellt, dass sich vor allem in Anbetracht der technologischen, soziokulturellen und medialen Entwicklungen ein simples Sender-Empfänger-Modell (= Konsumenten führen) nicht zum Erkennen der Funktionsweise von Markenführung eignet, genauso wird dessen Umkehrung in ein Empfänger-Sender-Modell (= Geführtwerden durch

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Prosumenten) der Markenführung keine neue Erkenntnisse liefern können. Beide vernachlässigen komplett die Reflexivitätsverhältnisse der Marketing-Kommunikation und damit auch der Markenführung. Insofern muss Situationsbeschreibungen, die heute in der Praxis des Kommunikationsmanagements häufig angetroffen werden – wie zum Beispiel: „Der Verbraucher hat die Fäden in der Hand“ (Morel zit. n. Rösch 2008: 26) –, skeptisch begegnet werden, da sie die per se gegebene und schon immer vorhanden gewesene Reflexivität in der Markenführung ausblenden und die Marketing-Manager zu Unrecht als in Anbetracht der heutigen Veränderungen ohnmächtig begreifen. Wären Sie ohnmächtig in dem Sinne, dass sie heute ihre Marken nicht mehr führen könnten, wäre das absurde Szenario gegeben, dass überhaupt keine Kommunikation mehr zwischen Unternehmen und Konsumenten stattfindet. Auf die hohe Bedeutung sozialer Reflexivität in der Marketing-Kommunikation ist im US-amerikanischen Raum bereits zu Beginn der 1990er Jahre im Kontext des Konzeptes der Integrated Marketing Communications (IMC) hingewiesen worden. Neben einem ergebnisorientierten und vernetzten Management der unterschiedlichen Kommunikationsinstrumente, das kommunikations- und informationstechnologisch basiert sein soll, betont dieser Ansatz das Einnehmen einer „Outsidein-Perspektive“. Kommunikationsplanung muss kundenzentriert erfolgen, aus der Perspektive externer Anspruchsgruppen, besonders aus der der Kunden und Konsumenten (vgl. Kap. A 2.6.3). Geht man noch weiter zurück, so lässt sich in Deutschland mit dem Aufkommen der professionellen Markt- und Produktforschung Mitte der 1960er Jahre, die von den deutschen Niederlassungen der US-amerikanischen Agenturen importiert wurde, ebenfalls das Prinzip reflexiver Marketing-Kommunikation aufzeigen. Im Kern der Forschung stand damals wie heute der Consumer Insight, der die soziale Reflexivität mit ihren kommunikationsanleitenden Erwartungserwartungen der Marketing-Manager praxistauglich operationalisiert. Der Konsument hat also schon immer die Marke mitgeführt. Die Situation stellt sich heute somit nicht derart dar, dass PMK eine neue Alternative zum bisherigen nichtpartizipativen Kommunikationsmodell wäre. Was vielmehr neu ist, ist der heutige Grad an expliziter Partizipation des Konsumenten an der Marketing-Kommunikation infolge der zunehmenden Medialisierung des Marketings (vgl. Abb. 121). Die implizite Partizipation des Konsumenten bei der Marketing-Kommunikation bezieht sich auf das Consumer-Insight-basierte Kommunikationsmanagement, das sich nicht der unmittelbaren Interaktion mit dem Kunden bedient. Consumer Insights werden hier aus der überwiegend quantitativ ausgerichteten Marktforschung mit ihren diversen Zielgruppentypologien sowie aus der Werbeerfolgskontrolle gewonnen. Die explizite Partizipation des Konsumenten bei der Marketing-Kommunikation bezieht sich auf das Consumer-Insight-basierte Management der Marke, das sich maßgeblich auf direkte Interaktionen zwischen dem Unternehmen/der Marke und den Konsumenten beziehungsweise Kunden stützt, wie auch auf Interaktionen, die zwischen den Konsumenten einer Marke stattfinden. Consumer Insights resultieren

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Abb. 121 Implizite und explizite Partizipation des Konsumenten bei der Marketing-Kommunikation (eigene Darstellung)

hier überwiegend aus in qualitativer Marktforschung gewonnenen ethnografischen Daten und aus den unmittelbaren Beobachtungen der Interaktionen der Konsumenten im Rahmen von Marketing-Programmen. Abb. 121 zeigt, wie sich die beiden Marketing-Kommunikationsansätze zueinander verhalten. Beide Varianten befassen sich mit Marketing-Maßnahmen, deren kommunikative Realisationen dem gewinnorientierten Einkauf und Verkauf von Ressourcen, Produkten und Dienstleistungen und letztendlich dem Aufbau und Erhalt des Markenwerts dienen. Bei den meisten Marken findet in der Marketing-Kommunikation eine gleichzeitige Realisation der impliziten und der expliziten Partizipation des Konsumenten/Kunden statt. Der entscheidende Unterschied liegt darin, welcher Ansatz dominiert. Marken, die mit einer eher impliziten Partizipation des Konsumenten geführt werden, weisen eine geringere Medialisierung ihres Marketings auf. Überwiegend gibt hier Publizität als originärer Leitcode des Mediensystems dem Management der Marketing-Kommunikation Orientierung. Ein derartig gering medialisiertes Marketing liegt persuasionsorientierten Marken zugrunde, die dem Stimulus-Organismus-Response-Modell (S-O-R) der Yale Studies verhaftet sind und entsprechend von der Beeinflussungskraft ihrer überwiegend monologisch ausgerichteten Kommunikation ausgehen (vgl. Kap. A 2.6.1). Marken, an deren Kommunikation der Konsument/Kunde hingegen explizit partizipiert, sind durch eine hohe Medialisierung ihres Marketings gekennzeichnet. Außer an Publizität orientieren sich die Marketing-Akteure in ihren Handlungen auch an Interaktivität als weiterem Leitcode des Mediensystems. Dies braucht nicht nur auf den Bereich der Marketing-Kommunikation, sondern kann auf den gesam-

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ten Marketingmix zutreffen. Das Marketing interaktionsorientierter Marken ist dialogisch ausgerichtet, und Markenstärke wird im systemtheoretischen Sinne über die Vergesellschaftungskraft einer Marke definiert (vgl. Tropp 2004).

2.2.5 Consumer-Generated Advertising (CGA) Kommunikationspolitisch sehen sich die Unternehmen heute einer hohen Transparenz in den Märkten, in denen sie operieren, gegenüber. Der Kunde kann leichter denn je in Sekundenschnelle Informationen über Produkte und Preise erhalten und vergleichen (z. B. billiger.de, preisvergleich.de, geizkragen.de). Zudem werden Informationen zu Produktbewertungen durch unabhängige Institutionen wie von der Stiftung Warentest oder von Verbraucherorganisationen bereitgestellt (z. B. test.de, testberichte.de). Ebenso können Kontakte zu anderen Kunden aufgebaut werden. Social Media und Bewertungsportale (z. B. Yelp, Golocal) bieten im Web Raum für Produktbewertungen und Stellungnahmen zu Unternehmen und Produkten, die sich als äußerst relevant für den Kaufentscheidungsprozess und damit aus Marketing-Sicht für die Kommunikationsmittelwahl erweisen (s. Abb. 122). Gestützt wird dieser Befund auch durch eine europäische Gemeinschaftsstudie von Ipsos und Hotwire, einer Agentur für Technologie-PR, die zum Ergebnis hat, dass 56 Prozent der deutschen Internetnutzer eher bei positiven Kommentaren kaufen würden, 30 Prozent hingegen bereits auf einen Kauf oder eine Dienstleistung wegen negativen Kommentaren oder Kritiken privater Nutzer verzichtet haben (n = 485 deutsche Personen ab 15 Jahre) (vgl. Ipsos 2006). Die Ergebnisse der umfassenden

Abb. 122 Ausmaß des Vertrauens in unterschiedliche Mittel der Marketing-Kommunikation (n = 26 486 Internetnutzer aus Europa, Asien, Amerika, Naher Osten) (Quelle: Nielsen 2007)

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B II

Output

empirischen Studie (n = 4190 US-amerikanische Personen ab 13 Jahre) von Riegner (2007) zeigen aber auf, dass die Einflussstärke von Konsumentenkommentaren auf das Kaufverhalten von der Produktart beeinflusst wird. So wird die Kaufentscheidung betreffend komplexe, höherpreisige und sehr begehrte Produkte – wie beispielsweise solche aus dem Technologie- und Elektronikbereich – von der Kommunikation unter Konsumenten stärker beeinflusst als diejenige, die im Hinblick auf Low-Produktinvolvement-Produkte getroffen wird (vgl. ebd.: 443). Für diese nicht unmittelbar unternehmensinitiierten, von Konsumenten oder Kunden geschaffenen Inhalte hat Pete Blackshaw, Chief Marketing Officer bei Nielsen BuzzMetrics, den Begriff Consumer-Generated Media (CGM) geprägt. Er bringt den Gedanken einer „Individualpublizistik“ (Meckel 2010: 226) zum Ausdruck und wird synonym mit User-Generated Content (UGC) oder User-Created Content (UCC) verwendet. Auch der Begriff des Word of Mouth (WOM) wird gelegentlich in gleicher Bedeutung genutzt. Dem wird hier jedoch nicht gefolgt, da in der Praxis heute WOM strategischer Bestandteil vieler moderner Marketing-Kommunikationskampagnen ist und somit als unternehmensinitiiert betrachtet werden kann. Darüber hinaus bezieht sich WOM auf die Art der Kommunikation und den Kommunikationskanal wohingegen CGM auf die Inhalte der Kommunikation abhebt. Des Weiteren wird mit WOM die Kommunikation zwischen Konsumenten und nicht die Partizipation des Konsumenten an der Erstellung der unternehmerischen Marketing-Kommunikationsangebote fokussiert (vgl. Kap. B II 2.6). Im engeren Sinne kommt die PMK, ideell in der Tradition der eingangs erwähnten Chesterfield-Kampagne stehend, im Rahmen eines „Open Source Marketings“ (Cherkoff 2005: 5) oder „Reverse Marketings“ (Kotler et al. 2002: 67) als ConsumerGenerated Advertising (CGA) zum Ausdruck. Synonyme Begriffe sind hier Open Source Branding (Garfield 2005: 17), User-Generated Branding (Arnhold 2010: 331), self-generated advertising (Shimp et al. 2007: 453), Engagement Marketing oder Vigilante Marketing, worunter „unpaid advertising and marketing efforts, including oneto-one, one-to-many, and many-to-many commercially oriented communications, undertaken by brand loyalists on behalf of the brand“ verstanden werden (Muniz/ Schau 2007: 35). Vergleichbar definiert Arnhold (2010: 127) User-Generated Branding (UGB) als das „… strategic and operative management of brand related UserGenerated Content (UGC) to achieve brand goals“. Sie geht dabei von einem UGCVerständnis aus, welches an das der Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) anknüpft. Damit wird betont, dass UGC öffentlich zugänglich ist, seine Erstellung freiwillig und mit kreativem Aufwand verbunden ist und er nicht von Marketing- und Branding-Spezialisten produziert wird (vgl. ebd.: 28 f., 127). Die Ziele, die Unternehmen mit dem Einsatz von UGB verfolgen, liegen in den Bereichen angewandte Marktforschung, Kommerzialiserung von Inhalten, Kundenbindung und unternehmensinternes Branding (vgl. ebd.: 132 f.). Zu unterscheiden ist diese unmittelbar unternehmensinitiierte (sponsored) Form des CGA, die meist promotional in Form eines Wettbewerbs (contest) umgesetzt wird,

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von der nicht unmittelbar unternehmensinitiierten (non-sponsored) Form, bei der ein Kommunikationsmittel, meistens in Form eines Spots, ohne ausdrückliche Aufforderung des Unternehmens durch einen Kunden, der als Marken-Fan bezeichnet werden kann, produziert und im Internet veröffentlicht wird (vgl. Bishop 2007: 2 f.). Bekanntes Beispiel ist der Apple-iPod-Touch-Spot von Nick Haley, der von der Apple-Agentur TBWA/Chiat/Day 2007 auf youtube.com entdeckt, professionell nachproduziert und im TV ausgestrahlt wurde. Beispiel unmittelbar unternehmensinitiierter CGA

2017 hat das Unternehmen Beiersdorf für die Deomarke 8x4 die CGA-Influencerkampagne „Spray and Play Challenge“ realisiert. Von Beiersdorf beauftragte Influencer animierten ihre Follower, die Zielgruppe der 14- bis- 18-jährigen Mädchen, 15-sekündige Videos passend zu den Mottos der fünf unterschiedlichen Deos der limitierten DeoEdition zu gestalten und auf Musically unter #SprayAndPlayChallenge zu posten.

Zu ergänzen sind noch die mittlerweile entstandenen CGA-Marktplätze, die eine Mittlerrolle zwischen Unternehmen und den Kommunikationsmittel produzierenden Konsumenten einnehmen (z. B. zooppa.com). Die Markengemeinschaften verbinden die beiden Ansätze der unternehmens- wie der nicht unternehmensinitiierten PMK und werden aufgrund dieser Besonderheit im folgenden Kapitel noch ausführlicher behandelt. Sowohl an die unmittelbar unternehmensinitiierten als auch an die nicht unmittelbar unternehmensinitiierten Handlungen können sich WOM und damit virale Kommunikationseffekte anschließen, also viele und vom Unternehmen unkontrollierbare Anschlusskommunikationen. Die folgende Systematik gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Formen der PMK (Abb. 123). Es stellt sich die Frage, wieso Konsumenten überhaupt dazu kommen, ein Kommunikationsmittel für ein Unternehmen zu kreieren. Pierre Berthon et al. (2008) haben in einer Studie drei Motivationsdimensionen identifiziert, die miteinander kombiniert den Konsumenten zu kreativen CGA-Handlungen veranlassen (ebd.: 10): •

Intrinsische Freude („Intrinsic Enjoyment“) Konsumenten kreieren der Kreation wegen ein Marketing-Kommunikationsangebot. Der Kreationsprozess selbst verleiht die Motivation. Was mit dem geschaffenen Kommunikationsmittel geschieht und was für einen Effekt es hat, ist sekundär. • Werbung für die eigene Person („Self-promotion“) Konsumenten kreieren Kommunikationsmittel für Unternehmen mit dem spezifischen Ziel der Bewerbung der eigenen Person. Beispielsweise zielen sie darauf, die Aufmerksamkeit potenzieller Arbeitgeber, seien es Werbeagenturen oder deren Kunden, zu gewinnen.

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B II

unmittelbar unternehmensinitiierte PMK

Output

nicht unmittelbar unternehmensinitiierte PMK

Consumer Generated Media/CGM

Reverse Marketing

(User Generated Content/UGC, User Created Content/UCC)

(Open Source Marketing)

Consumer Generated Advertising/ CGA (Open Source Branding, User Generated Branding, SelfGenerated Advertising, Engagement Marketing, Vigilante Marketing)

non-sponsored CGA

sponsored CGA

CGA-Marktplätze Markengemeinschaft (brand community)

Virale Kommunikationseffekte

Abb. 123 Systematik der Formen der expliziten PMK (eigene Darstellung)

• Veränderung bewirken („Change Perceptions“) Diese Motivationsdimension steht für die Intention, bei einer Zielgruppe mit dem geschaffenen Kommunikationsangebot etwas zu bewirken. Der Wunsch, Personen zu beeinflussen, steht im Mittelpunkt. Wie bei der „Werbung für die eigene Person“ ist auch hier das Engagement vom Konsumenten für ein Unternehmen mit der Funktion verbunden, persönliche Ziele zu erreichen. Die Motivation für CGA seitens des Konsumenten ist also keinesfalls nur intrinsisch, sondern weist instrumentelle Züge auf, die darauf hindeuten, dass sich der Konsument einen Vorteil aus seinem Engagement verspricht. Diese Erkenntnis entkräftet einen Standpunkt, der im Zusammenhang mit CGA in jüngerer Zeit öfter vertreten wird. Es wird kritisch angemerkt, dass Konsumenten „as value-enhancing laborers in a commercial media system“ (Andrejevic 2008, zit. n. Duffy 2010: 27) kostenlos ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen oder Konsumenten, die CGA-aktiv sind, sogar als „exploited consumers whose labor is expropriated under the logic of marketing“ (Zwick et al. 2008, zit. n. Duffy 2010: 27) angesehen werden. Wahrscheinlich ist es angebracht, die motivationalen Dimensionen, die dem CGA-Handeln des Konsumenten zugrunde liegen, mit den Effizienzvorteilen, die Unternehmen aus der Konsumentenpartizipation ziehen, in einem interaktionalen CGA-Ansatz zu verbinden, der eine Win-win-Situation aller Beteiligten zum Ergebnis hat.

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2.2.6 Markengemeinschaften Zur Erhöhung der Vergesellschaftungskraft der Marke und damit zur Steigerung ihrer Stärke muss sich das Management der Marketing-Kommunikation im Bereich der Consumer-to-Consumer-Kommunikation (C2C-Kommunikation) (vgl. Belz/Bieger 2004: 388) mit Fragen der Sozialsystembildung, des Sozialsystemerhalts und der Spezifik von Systemkulturen befassen. Dadurch rückt das von Muniz und O’Guinn in die Diskussion eingeführte Konzept der Markengemeinschaft (brand community) in den Fokus der Markenführung: „A brand community is a specialized, non-geographically bound community, based on a structured set of social relationships among admires of a brand. It is specialized because at its center is a branded good or service. Like other communities, it is marked by shared consciousness, rituals and traditions, and a sense of moral responsibility. Each of these qualities is, however, situated within a commercial and mass-mediated ethos, and has its own particular expression. Brand communities are participants in the brand’s larger social construction and play a vital role in the brand’s ultimate legacy.“ (Muniz/O’Guinn 2001: 412)

Konsumenten partizipieren über ihre Mitgliedschaft in einer Markengemeinschaft erheblich an der Markenführung. Dazu sind ein paar theoretische Ausführungen notwendig. Die Bildung von Markengemeinschaften geht mit Sinngebungsprozessen einher, die auf dem sozialsystemspezifischen Common Ground fußen (vgl. Kap. A 1.3.2.1). Dieser beinhaltet Erfahrungen betreffend den Markengebrauch und die in der Gemeinschaft geltenden Normen, Werte und Rollenerwartungen wie auch das Wissen über Rituale und Traditionen, die die Geschichte der Gemeinschaft aufrechterhalten. Er liefert der Gemeinschaft ihre Identität und besitzt dank des Mechanismus der sozialen Reflexivität (A erwartet, dass B erwartet) in der Gemeinschaft intersubjektive Geltung. Damit kommt ihm für die Konstitution der Markengemeinschaft eine herausragende Bedeutung zu. Einerseits wird er durch die Handlungen und Kommunikationen der Mitglieder überhaupt erst ausgebildet und andererseits orientiert es diese gleichzeitig in einer sozial verbindlichen und die Ausführung anleitenden Weise. Damit hat der Common Ground auch eine Immunisierungsfunktion inne. Er schließt das Sozialsystem gegen eine intendierte Steuerung aus der Umwelt weitestgehend ab, da er dem System Selbstreferenz in seinen Sinngebungsprozessen ermöglicht. Dadurch ist dieses gegenüber seiner Umwelt autonomisiert, also äußerst selbstbestimmt. Die Operationalisierung dieses kollektiv geteilten Erfahrungsfundus mit seinen Ritualen und Traditionen, also seine semantische Interpretation und damit seine kommunikative Erlebbarkeit im Sozialsystem, werden durch die Kultur der Markengemeinschaft, kurz: durch die Markenkultur sichergestellt. Markenkultur kann da-

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Output

bei in Anlehnung an die Konzeption von Unternehmenskultur gemäß Siegfried J. Schmidt (2004: 118) als ein Programm aufgefasst werden, das Lösungen dafür liefert, wie die Markengemeinschaft das letztendliche Ziel aller Markengemeinschaften, nämlich der Markenbewunderung kollektiv Ausdruck zu verleihen, erreichen kann. Wie geht sie dabei mit ihrer Umwelt, zum Beispiel mit Wettbewerbsmarken, um ? Welches Menschenbild wird in der Markengemeinschaft vertreten, ist sie also grundsätzlich offen für jeden Typ oder gibt es Restriktionen soziodemografischer (z. B. Alter, Geschlecht) oder psychografischer Art (z. B. Einstellungen) ? Welche Organisationsstruktur ist in der Gemeinschaft wirksam: Gibt es starke oder flache Hierarchien, gibt es Top-down- und/oder Bottom-up-Procedures und was für ein Kommunikations- und Entscheidungsstil resultiert hieraus ? Wie wird den Gefühlen, die für die Marke ausgeprägt sind, in der Gemeinschaft Ausdruck verliehen ? Und schließlich: Welche moralischen Orientierungen sind unter welchen Bedingungen auch in Krisensituationen in der Markengemeinschaft verbindlich ? Wie selbstverständlich ist es also, beispielsweise Mitgliedern der Gemeinschaft bei Schwierigkeiten im Markengebrauch Hilfe zu geben ? Die Antworten auf diese Fragen fallen von Markengemeinschaft zu Markengemeinschaft unterschiedlich aus und machen – gleichgültig ob ausdrücklich festgehalten oder im Unterbewusstsein bei den Mitgliedern vorhanden – die Spezifik der jeweiligen Markenkultur aus. Unabhängig von der spezifischen Ausgestaltung unterschiedlicher Markenkulturen in diesen fünf Dimensionen (Umwelt, Menschenbild, Organisationsform, Gefühle und moralische Orientierungen) konnten in einer neueren Studie neun Faktoren identifiziert werden, anhand deren Ausprägungen übergreifend die Qualität einer Markengemeinschaft und ihrer Kultur ausgemacht werden kann (vgl. Loewenfeld 2006: 281 f.): • gegenseitige Unterstützung der Mitglieder bei Problemen, • Interaktion zwischen der Marke und den Mitgliedern, • Interesse an der Marke, • Identifikation mit der Marke, • Erfüllung der Bedürfnisse der Mitglieder durch die Marke, • Gemeinsamkeiten der Interessen zwischen den Mitgliedern, • Wir-Gefühl im Sinne einer sozialen Identität, • Freundschaften zwischen Mitgliedern, • Einflussnahme auf die Gestaltung der Gemeinschaft. Die Vorteile und Chancen, die Markengemeinschaften für das Markenmanagement bergen, sind beeindruckend (vgl. Schögel et al. 2005: 3): •

Die Bindung der Mitglieder an die Marke wird durch die Community-Zugehörigkeit gestärkt. Die in Interaktionen erlebte Loyalität der Mitglieder wirkt wechsel-

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seitig bindungsverstärkend auf den Einzelnen. Für das Marketing-Kommunikationsmanagement resultiert die Chance, dass es dauerhafte Vertrauensbeziehungen zu diesen Kunden aufbauen kann. • Die Markengemeinschaft intensiviert das Markennutzungserlebnis. Das Erleben der Markennutzung durch den Einzelnen erfolgt selbstverstärkend durch das Wissen, dass Gleichgesinnte, mit denen ein Interaktionsverhältnis besteht, die Marke ebenfalls nutzen. Das Markenerlebnis wird durch gemeinsame Aktivitäten, die den Charakter von Ritualen und Traditionen annehmen können, in eine unmittelbare soziale Wirklichkeit eingebettet. Ein bekanntes Beispiel ist der erstmals 1979 ausgetragene „Posse Ride“ des Harley Owners Club (HOC). • Markengemeinschaften agieren als Botschaften. Als loyaler Kunde empfiehlt das Mitglied die Marke weiter und akquiriert für die Gemeinschaft neue Mitglieder. Die hohe Effektivität dieses WOM beruht auf der hohen Glaubwürdigkeit, dem hohen erzielbaren Involvement sowie dem Expertenstatus, der dem Mitglied zugeschrieben wird. • Markengemeinschaften liefern wertvolle Consumer Insights. Aus der Interaktion mit der Markengemeinschaft kann das Markenmanagement wichtige Erkenntnisse für die Weiterentwicklung des Produktes, der Dienstleistung oder der Marke gewinnen und die Gemeinschaft explizit an der Markenführung partizipieren lassen. Dies befruchtet die Markenführung nachhaltig, da sie Ideen und Verbesserungsmöglichkeiten gemäß den hoch authentischen Wünschen und Bedürfnissen der Kunden berücksichtigen kann. Die sich geradezu aufdrängende Frage lautet, warum sich ein derart effektives und effizientes Instrument der partizipativen Markenführung nicht längst zum Leitinstrument der beziehungsorientierten Marketing-Kommunikation entwickelt hat. Die Frage kann zusammenfassend dahin gehend beantwortet werden, dass die instrumentelle Sichtweise auf Markengemeinschaften das Marketing-Kommunikationsmanagement in eine paradoxe Situation manövriert. Einerseits müssen gemäß einem instrumentellen, plandeterminierten Management Ziele und Maßnahmen zur Zielerreichung definiert werden. Andererseits schließt die Autonomisierung der Markengemeinschaft ihre intendierte Steuerbarkeit und Instrumentalisierung durch das Management aus, was im Ergebnis darauf hinausläuft, dass sich dieses mit den Möglichkeiten der Planung des Unplanbaren befassen muss (vgl. Tropp 2004: 146). Dementsprechend bezeichnen Fournier et al. (2005: 18) den Begriff „brand community management“ als ein Oxymoron. Marketing-Kommunikationsmanager finden sich daher in der für sie hoch riskanten Situation wieder, dass sie die Ausrichtung der Markengemeinschaft der Selbstorganisation der Gemeinschaft überlassen müssen. Dies wird beispielsweise von dem Unternehmen Apple konsequent befolgt: „User groups are independent organizations run by local volunteer Apple enthusiasts. Apple promotes and supports user groups, but the company does not own, manage, or di-

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B II

Output

rect them. They are not organized into a formal hierarchy; each operates independently.“ (https://appleusergroupresources.com/questions-and-answers-about-user-groups/; Zugriff: 20. 11. 2018)

Ähnlich haben auch Albert Muniz und Thomas O’Guinn (2001: 414) bereits in ihrer Studie darauf hingewiesen, dass Markengemeinschaften eine aktive interpretative Funktion übernehmen, indem die Bedeutung einer Marke in der Gemeinschaft sozial verhandelt und nicht von außen unverändert und gemäß der Intention des Markenmanagements übernommen wird. Interaktionsorientierte Marken werden daher, so ist zu folgern, mit einem anderen Markenverständnis geführt. Die Marke wird weniger als eine gedankliche Entität im Sinne einer transportierbaren Information gesehen, weniger als eine hoheitliche Markierung von Produkten oder Dienstleistungen, weniger als eine Anordnung von Merkmalen in der Tradition von Mellerowicz (1963: 39) und auch weniger als ein Instrument zur Erreichung von definierten Zielen. Um die unplanbare Planung von Markengemeinschaften in den Griff zu bekommen, wird sie und muss sie eher verstanden werden als ein symbolisches Wissen, das aus einem Prozess kontinuierlicher Sinngebung durch und für die verschiedenen Marktteilnehmer (Unternehmen und ihre Anspruchsgruppen) resultiert, der für diese vergesellschaftend wirkt. Daraus kann gefolgert werden, dass sich Markengemeinschaften grundsätzlich um jede Marke bilden können. Gleichwohl sind Marken im Vorteil, die ein höheres Vergesellschaftungspotenzial aufweisen, da sie ein starkes Image und eine lange Historie haben sowie in der Regel in einem scharfen Wettbewerb stehen. Auch interaktionsorientierte Marken aus Produktkategorien, die der sozialen Distinktion dienen und öffentlich oder unter Wahrnehmung Dritter im privaten Kreis genutzt werden (Kleidung, Autos, Schmuck, Geschirr, Möbel etc.), haben eine größere Chance auf die Entwicklung von Markengemeinschaften (vgl. Muniz/O’Guinn 2001: 415; s. auch Loewenfeld 2006: 281).

2.2.7 Management von CGA und Markengemeinschaften Welche Maßnahmen resultieren für das Management der Marketing-Kommunikation aus dem Umstand der unplanbaren Planung von Markengemeinschaften ? Zunächst ist offensichtlich, dass trivialerweise die sorgsam entwickelte implizite und/ oder explizite Partizipation der Kunden an der Marketing-Kommunikation die Voraussetzung für den Aufbau und Erhalt einer Markengemeinschaft ist. Dabei müssen zwei Zugänge unterschieden werden: In einem eher taktisch-promotionalen CGA-Ansatz werden punktuell Medialisierungseffekte genutzt. Das Potenzial der Effekte wird dabei nicht immer voll ausgeschöpft. Die explizite Partizipation des Konsumenten/Kunden erfolgt teilweise nur unter stark eingeschränkten Bedingungen. Als Beispiele können nach Partizipationsausmaß sortiert (in aufsteigender Reihenfolge) genannt werden:

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die CGA-Promotion von Mastercard „Create your own Priceless Ad“ aus dem Jahr 2006, bei der Konsumenten auf priceless.com unter zwei Spots auswählen konnten und in vorgegebenen Lücken ihren Textvorschlag für einzelne Szenen schreiben konnten. Eine Jury ermittelte unternehmensintern den Gewinner und der Spot wurde im TV ausgestrahlt. • die CGA-Promotion von Chevrolet „Make your own Chevy Tahoe Commercial“ aus dem Jahr 2006. Zum Launch des neuen Geländewagens Tahoe wurde auf chevyapprentice.com ein Spot-Baukasten mit frei kombinierbaren Film- und Musiksequenzen bereitgestellt, die um einen individuellen Text ergänzt werden konnten. Die kreierten Spots wurden auf der WWW-Site präsentiert. Die Promotion erzeugte ein hohes Maß an viralen Effekten. Dies aber besonders aufgrund von einigen sehr negativen aufmerksamkeitserregenden Spots (hoher Benzinverbrauch, schlechte Qualität) (vgl. Karig 2007: 14). • die CGA-Promotion von Converse „conversegallery.com“ aus dem Jahre 2004. Converse forderte Konsumenten auf, einen Spot zu erstellen, wobei ihnen lediglich ein kurzes Briefing ohne jegliche Restriktionen gegeben wurde: „Converse stands for originality, creativity and self-expression, so make a film that does the same“ (Jeffers 2005). Die über 1300 eingereichten Spots wurden auf der WWWSite conversegallery.com präsentiert. Zudem wurden ausgewählte Spots im TV geschaltet, deren Urheber erhielten jeweils 10 000 US-Dollar. Außer auf das explizite Partizipationsausmaß, das der Konsument bei der Erstellung hat, kann die Markenführung auch auf das Ausmaß der Öffentlichkeit der Präsentation der partizipativ entwickelten Kommunikationsangebote reglementierend einwirken. So kann es auf der einen Seite selektiv nur einige von einer internen Jury ausgewählte Einreichungen monomedial auf der unternehmenseigenen WWW-Site veröffentlichen oder auf der anderen Seite eine crossmediale Publikation mit dem Ziel größtmöglicher Reichweite vornehmen. Letzteres war bei der oben erwähnten CGA-Kampagne der Zigarettenmarke Chesterfield der Fall oder bei der des Chipsherstellers Doritos mit seiner CGA-Promotion „Crash the Superbowl“ im Zeitraum 2006/2007. Nicht nur das Briefing war hier, ähnlich wie bei der Converse CGAPromotion, sehr offen gehalten: „Maybe it’s a story about eating your first Doritos chips or what life is like for the spices on the surface of the chip. Anything. Make the video you’d be excited to see if you were watching TV. Make it yours“ (zit. nach Morrissey 2006). Alle eingereichten Spots wurden auf crashthesuperbowl.com veröffentlicht und konnten mit anderen WWW-Sites verlinkt werden. Aus fünf von einer unternehmensinternen Jury ermittelten Finalisten wählten die Konsumenten anschließend den Gewinner-Spot aus, der im Rahmen der Superbowl 2007 gesendet wurde. Einen vergleichbar öffentlichkeitsstarken Weg hat auch McDonald’s mit seiner Promotion „Mein Burger“ im Jahre 2011 eingeschlagen. In die Promotion wurden produktpolitische Maßnahmen integriert, indem im Rahmen eines Open Source Marketings die Entwicklung von Produkten partizipativ mit Konsumenten

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erfolgte. Anschließend konnten die Gewinner im TV ihre selbst geschaffenen Burger präsentieren. Von diesem eher taktisch-promotionalen Ansatz kann der eher strategisch-systemische Ansatz der expliziten PMK unterschieden werden. In seiner konsequentesten Umsetzungsform wird die Marke (= Marke A) in ihrer Interpretation dem Common Ground und der Kultur einer Markengemeinschaft überlassen (= Marke a), und mit dieser wird ein Interaktionsverhältnis gepflegt, das die Autonomie der Gemeinschaft respektiert (s. Abb. 124). Das Potenzial der Medialisierungseffekte wird in der Regel voll ausgeschöpft, wobei deren zielgerichteter Einsatz zur Initiierung und Aufrechterhaltung von Vergesellschaftungsprozessen im Vordergrund steht. Beispiele für diese Form der strategisch-systemischen Ausrichtung der expliziten PMK interaktionsorientierter Marken sind: •

das Unternehmen Mozilla Europe, das die Entwicklung des Open-Source-Browsers Firefox gemeinsam mit Internet-Usern durchgeführt und diesen mit der mittlerweile entstandenen „Mozilla Community“ weiterentwickelt hat. Im Jahre 2005 wurde konsequenterweise auch im Rahmen einer CGA-Promotion der Spot „Daredevil“ zur Bewerbung des Browsers entwickelt.

Abb. 124 Taktisch-promotionale und strategisch-systemische Ausrichtung der expliziten PMK interaktionsorientierter Marken (eigene Darstellung)

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Procter & Gamble, das mit seinem „connect + develop“-Programm eine ausdrücklich kommerziell ausgerichtete Partnerschaft mit Konsumenten sucht: „It’s our version of open innovation: the practice of tapping externally developed intellectual property to accelerate internal innovation and sharing our internally developed assets and know-how to help others outside the Company.“ (Procter & Gamble 2018). Der Aufbau einer Markengemeinschaft steht hier nicht im Mittelpunkt. Stattdessen wird hier eine Vergesellschaftung von Unternehmen und Konsumenten angestrebt. Dies ist anders im Fall der Vocalpoint-Plattform von Procter & Gamble (www.vocalpoint.com), die sich an Mütter richtet, oder der deutschsprachigen „For Me“-Plattform (for-me-online.de) dieses KonsumgüterKonzerns, die als ein allgemeines Frauenportal konzipiert ist und monatlich rund 1,6 Mio. Besucher verzeichnet (vgl. Reidel 2010: 13). Beide Plattformen bieten den Besuchern vielfältige Anlässe zur Interaktion untereinander und mit dem Unternehmen. • das Modelabel Ecko Unlimited, dessen Gründer Marc Ecko unter der Vision „Freiheit“ mehrere Sublabels gründete, die sich zu jugendkulturell unterschiedlich ausgerichteten Communitys (Zoo York, Cut & Sew, G-United) entwickelten. Ecko gab den Anstoß zu den Community-Gründungen, indem er gezielt auf ein Common-Ground-Potenzial setzte. Dieses fand er in den Werten der gelebten Freiheit, der bewussten Lebenseinstellung und einer klaren Haltung, die seiner Einschätzung nach für seine Zielgruppe der nachwachsenden Generation eine herausragende Bedeutung haben (vgl. Baumgartner 2007: 36 f). Ecko unterbreitete Kommunikationsangebote auf CGM-Plattformen im Internet und in Social Media (z. B. youtube.com) und auf einer eigenen Website (stillfree.com), die diese Werte thematisieren, ohne irgendeine Art der Produktpräsentation zu integrieren. Er setzte damit in der Phase der Gründung der Gemeinschaften weniger auf eine explizite Partizipation des Konsumenten, als dass er sie vielmehr auf einer ideellen Ebene „vollkommen in die Marke eingebettet“ (Ecko o. J., zit n. Baumgartner 2007: 36) hat. Zur Frage, ob aus kundenpartizipativen Marketing-Kommunikationen, die mit dem taktisch-promotionalen Ansatz bewirkt werden, eine Markengemeinschaft emergieren kann, liegen bislang keine Erkenntnisse vor. Das Fazit, das Erick Soderstrom, Director of Global Brand Development bei Converse, aus der oben erwähnten CGAPromotion zieht, deutet aber zumindest darauf hin, dass der Erfolg der Promotion mit dem Zusammenhang zwischen der Vergesellschaftungskraft der Marke und ihrer Stärke begründet wird: „This campaign was intended to engage our consumers on being part of the Converse family. It’s obviously built brand awareness and built brand equity“ (Soderstrom o. J., zit. n. Jeffers 2005).

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Output

Auch scheint es plausibel, davon auszugehen, dass sich mit Zunahme des expliziten Partizipationsausmaßes des Konsumenten und der nicht restriktiven Kommunikation der partizipativ erstellten Dinge (i. w. S.) die Chancen auf Markengemeinschaftsbildung erhöhen. Dem Kriterium der für ein Sozialsystem überlebensnotwendigen Autonomisierung wird damit bereits von vornherein Rechnung getragen und es werden keine Signale in Richtung Steuerung und Instrumentalisierung in den Markt gesendet. Hat sich eine Markengemeinschaft konstituiert, gilt es, diese in ihrer Selbstorganisation und selbst gesteuerten Entwicklung zu unterstützen. Schögel et al. (2005: 4) sprechen in diesem Zusammenhang von „enabling“, Raabe (2011: 33) nennt es in Anschluß an Egli/Gremaud (2008) „Societing statt Marketing“. Gemeint ist, dass kein aktiver Einfluss im Sinne eines Community-Managements erfolgen soll, sondern vielmehr sichergestellt wird, dass die energetische Versorgung der Gemeinschaft gesichert ist. Dazu können das Zurverfügungstellen von aktuellsten Informationen zu Produkt und Marke oder von Prototypen, extra geschaffene Services und Ansprechpartner im Unternehmen für die Community, die Unterstützung bei Treffen der Gemeinschaft etc. zählen. Die Unplanbarkeit der Planung von Markengemeinschaften bleibt freilich bestehen, womit das Management der Marketing-Kommunikation in den Unternehmen und Agenturen – unabhängig davon, ob es an die Unterscheidung einer Konsumenten- versus Prosumenten-Philosophie in der Markenführung glaubt oder nicht – noch stärker als bisher von dem wahren Wesen der Kommunikation herausgefordert wird: von ihrer grundsätzlichen Unzuverlässigkeit und Unbestimmtheit, die es zu zähmen gilt.

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Utility Marketing (UM) – situativ nützlich sein

2.3.1 Kommunikationsqualitative Zielsetzung und Definition des UM Der Output der modernen Kommunikationsdisziplin Utility Marketing (UM) zielt vorrangig auf die werbereaktanzlose Aufmerksamkeitsgewinnung, kombiniert mit Rezeptionsrelevanz. Dazu kommt grundsätzlich jegliches Angebot in Betracht, das für die Zielperson von Nutzen sein könnte. Nutzen beziehungsweise Nützlichkeit spielen traditionell in der Werbeforschung eine bedeutende Rolle. So steuert das Bedürfnis nach Nützlichkeit in entscheidendem Maße, wie Marketing-Kommunikationsangebote rezipiert und verarbeitet werden (vgl. MacInnis/Jaworski (1989: 2 f.). Des Weiteren hat sich in der Werbeforschung auch zur Definition von Kreativität neben der Dimension der Neuigkeit die der Nützlichkeit als plausibel erwiesen (vgl. Sheinin et al. 2011: 6). Ebenso kommt dem Nutzenkonstrukt in der Kommunikationswissenschaft eine zentrale Bedeutung zu. Der

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Rezipient – und damit auch der Konsument – wird im Rahmen des Uses-and-Gratification-Ansatzes als ein aktives, handelndes Individuum konzipiert, das Medienangebote hinsichtlich der Befriedigung von Nutzungsbedürfnissen auswählt (s. Kap. B III 2.6). Die Karriere des UM kann als eine Konsequenz der Marketing-Kommunikationsverantwortlichen aus der oftmals stattgefundenen Abkopplung der bunten Eigenwelten der Marken von ihrem Nutzen für den Alltag der Konsumenten sowie aus der Flut an täglichen Werbebotschaften (Schätzungen liegen zwischen 3 000 und 10 000 pro Tag) betrachtet werden. Die eingangs des Kapitels B II 2 skiziierten resultierenden Entwicklungen der Werbereaktanz, Werbemüdigkeit oder Werbeverweigerung fördern Überlegungen, Marken als allgemeine Nutzenplattformen für den Alltag der Menschen zu schaffen, die Nutzenerlebnisse bieten, welche weitestgehend abgekoppelt von dem Nutzen sind, der sich aus der Verwendung oder dem Gebrauch eines Produkts ergibt. Denn neben die Phase des Überangebots an funktional gleichen Produkten, die in der Konsequenz mit einem differenzierenden Zusatznutzen ausgestattet werden mussten, ist nun die Phase des Überangebots an Produktkommunikation eingetreten, die dazu führt, dass die Kommunikation selbst einen Nutzen bieten muss, unabhängig von dem Nutzen des Vermarktungsgegestand. Folglich werden Marken neben ihren klassischen zentralen Basis- und Zusatznutzen (s. Kap. B 2.5) mit einer weiteren Nutzendimension ausgestattet, die als peripherer Nutzen bezeichnet werden kann und die zunehmend an Bedeutung gewinnt. Diese periphere Nutzendimension gliedert sich auf in einen gesellschaftlichen Nutzen (s. Kap. 2.4 Corporate-Social-Responsibility-Kommunikation) und einen situativen Nutzen (vgl. Heun 2014: 45). Die Schaffung eines situativen Nutzens der MarketingKommunikation und damit auch der Marke ist die Aufgabe des Utilty Marketings. Bezieht sich das Konzept des Utility Marketings nur auf die Nutzenschaffung in digitalen Medienumgebungen wird auch der Begriff Useful Brand Experience (UBX) genutzt. Der Begriff Utility Marketing geht auf den Gedanken der „Branded Utility“ zurück, wie er 2006 von Benjamin Palmer, Mitgründer und Vorsitzender der Barbarian Group/USA, eingeführt wurde. Er meint damit: „I believe the next stage of brand advertising is going to be in the realm of ‚branded utility‘ … For the same budget and energy as we expend on current forms of advertising, we could be making something more tangible, useful and reusable that plays a more integral part in the consumer’s life“ (Palmer 2006, zit. n. Iezzi 2006: 18). Einige Agenturen befassen sich bereits intensiv mit UM. So fassen Thomas Bernardin, Chairman und CEO von Leo Burnett Worldwide, und Paul Kemp-Robertson, Mitgründer und Herausgeber des Contagious Magazine, den zentralen Gedanken des UM folgendermaßen zusammen: „It is the art of ditching overt marketing messages in favor of services: providing something useful, relevant, or entertaining that embeds itself much deeper into everyday life than a 30-second commercial ever could“ (Bernardin/Kemp-Robertson 2008: 132, Hervorh. i. Orig.). Vergleichbar erklärt die Agentur MRM Worldwide Relevanz zu

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einem ihrer grundlegenden Arbeitsprinizipien: „Be relevant: content and functionality are key“ (vgl. MRM 2012). ▶ Definition Utility Marketing (UM) ist eine Marketing-Kommunikationsdisziplin, die MarketingKommunikationsangebote in lebensweltliche Situationen und Handlungen von Zielpersonen einpasst und mit einem situativen Nutzen versieht.

UM orientiert sich demnach also vorwiegend an Consumer Insights über die beiden

elementaren Marketing-Kommunikationskontexte der Rezeptionssituation und der Lebenswelt von Zielpersonen. Zur Entwicklung von Utility Marketing-Kampagnen, besonders im Bereich der Branded Services, dient das Utility-Strategieformat (s. Kap. B I 2.5.2).

2.3.2 Entwicklung des UM Ursprung des UM ist die bis heute im Kern nahezu unverändert gebliebene Idee, werbliche Botschaften mit anderen nicht-werblichen Medienangeboten zu verschmelzen, um ein integratives Angebot zu schaffen, das die Bedürfnisse der Konsumenten in ihrer Rolle als Mediennutzer befriedigt, somit Nutzen stiftet und werthaltig ist. Das Unternehmen Procter & Gamble gilt als Pionier dieser Kommunikationsform. Den ersten Versuch unternahm der Konzern 1923, als zur Vermarktung seines Produktes Ivory Soap ein Familiendrama mittels eines Comicstrips erzählt wurde. Diese Verbindung zwischen einer erzählten Geschichte und dem darin eingewobenen Produkt erwies sich als so erfolgreich, dass Procter & Gamble diese Idee in Form des aufkommenden Genres der Radio Serials fortsetzte (vgl. Schmalz 2012: 45). Die erste durch Procter & Gamble initiierte Radio Soap Opera, „Oxydol’s own Ma Baker“, wurde am 9. Dezember 1933 auf Red Network von NBC erstausgestrahlt. Nach dem Erfolg dieses Programms ließ Procter & Gamble für alle seine Produkte solche Serien produzieren, was dazu führte, dass bis zum Jahr 1939 22 verschiedene Serien für den Konzern produziert wurden. Ende der 1930er Jahre war ein Großteil der im Radio laufenden Serials werblicher Art, sogenannte Selling-Dramas (vgl. Donaton 2004: 45, Schmalz 2012: 45, Tsvetkova 2007: 38): „Fully 55 % of the programs on radio were not only paid for by advertisers, but created by advertisers and ad agencies“ (Turner 2004, zit. n. Schmalz 2012: 45). Nicht nur im Radio, sondern auch im Film etablierte sich seit frühesten Tagen diese Verschmelzung. Zum Beispiel hatte der amerikanische Automobilhersteller Buick einen 10-picture-Deal mit Warner Brothers ausgehandelt, der dem Autobauer Präsenz in den Filmen der Gesellschaft zusicherte (vgl. Hudson/Hudson 2006: 490). Auch im deutschen Film hielten die Produkte bekannter Markenhersteller bereits in den dreißiger Jahren Einzug. Bekannte Modedesigner achteten darauf, dass die UFA-

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Stars ihre Entwürfe beim Dreh trugen. Des Weiteren platzierte die Automobilindustrie ihre Wagen durch rabattierten Verkauf an die Stars, die den Wagen nicht nur privat, sondern auch beruflich vor der Kamera verwenden sollten (vgl. Auer/Diedrichs 1993: 15). Mit dem Aufkommen und der Verbreitung des Fernsehens Anfang der 1950er Jahre in den USA wurde die Praxis der Vermischung von Unterhaltung und werblicher Botschaft auf das neue Medium übertragen. So wurden Fernsehsendungen nicht selten von Marken gesponsert und auch nach ihnen benannt, wie die „Colgate Comedy Hour“ oder das „Kraft Television Theater“ (vgl. Hudson/Hudson 2006: 490). Auch im Medium Fernsehen wurde die Daily Soap als Mittel der werblichen Unterhaltung eingesetzt. So begann Ende 1951/Anfang 1952 unter anderem mit der von Procter & Gamble produzierten Serie „The guiding Light“, die aus dem Radio adaptiert wurde, die Erfolgsära der Daily Soaps im Fernsehen. Der Begriff der Soap Opera kommt nicht von ungefähr. Es war das Sponsoring von US-Fernsehserien durch Procter & Gamble in den 1950er Jahren, das diesem Genre seinen Namen gab (vgl. Hackley/Tiwsakul 2006: 64 f., Schmalz 2012: 47). Das vorläufige Ende dieser Praktiken wurde in den USA 1958 durch einen TV-Skandal eingeleitet. Es wurde bekannt, dass der Kosmetikhersteller Revlon, Sponsor des Telequiz „Die 64 000-Dollar Frage“, die Sendung durch vorherige Ausgabe der Quizfragen an jene Teilnehmer, die sich besonders positiv auf das Zuschauerverhalten und folglich auf die Einschaltquoten auswirkten, manipuliert hatte (vgl. Auer/Diedrichs 1993: 68). Nach diesem Skandal waren die Amerikaner mit dem Programmsponsoring recht zurückhaltend. Erst wieder seit Anfang der 1970er Jahre erfolgten Aktivitäten, die sich aber auf ein schlichtes Einblenden des Sponsors vor und nach der Sendung beschränkten (vgl. ebd.). Nach diesem vorläufigen Ende aggressiver Werbemaßnahmen innerhalb von Unterhaltungsangeboten fand in der Fernseh- und Filmlandschaft für einen längeren Zeitabschnitt die etwas subtilere Art des Product Placement Verbreitung. Product Placement war bis in die späten 1970er Jahre weder eine gut organisierte Disziplin, noch handelte es sich um einen schnell wachsenden Markt. Als gängige Praxis galt das Ausleihen der Produkte an Filmproduktionen; für die Platzierung in den Filmen bezahlten Markenhersteller folglich nichts (vgl. Balasubramanian 1994: 33). Paradebeispiel für Product Placement ist die Filmserie James Bond, in der seit ihrer Premiere im Jahr 1962 die verschiedensten Markenprodukte nicht nur erscheinen, sondern als in den Handlungsstrang integrierte Helfer den Helden aus bedrohlichen Situationen retten. Ganz anders war der Umgang mit der Vermischung von Werbung und Programm in den italienischen und brasilianischen Medien. Mit der Einführung des Privatfernsehens in Italien gewannen auf diesen Kanälen aggressive Maßnahmen bereits in den 1970er Jahren zunehmend an Bedeutung. Auch in Brasilien war der Umgang mit gesponserten Programmen deutlich progressiver. Der Sender „Rede Globo“ produzierte und exportierte sogenannte Telenovelas, in denen der Sponsor die Möglichkeit er-

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hielt, seine Produkte in den Handlungssträngen unterzubringen und diesen auch die entsprechende Beachtung zukommen zu lassen (vgl. ebd.). In den 1980er Jahren änderte sich der Umgang mit Product Placement auf dem amerikanischen Markt und es kam zu einer deutlichen Professionalisierung. Es etablierte sich die Praxis, dass die Unternehmen beträchtliche Summen für die Platzierung ihrer Produkte in den Unterhaltungsangeboten zahlten. Im Austausch dafür erlangten die Sponsoren stufenweise mehr Einfluss auf die Product-Placement-Botschaft (vgl. Balasubramanian 1994: 33). Ausgelöst wurde diese Entwicklung 1982 durch die Platzierung von „Reese’s Pieces“ des Herstellers Hershey’s im Film „E. T.: The Extra-Terrestrial“ (vgl. Hudson/Hudson 2006: 491). Nachdem das Hershey’s-Management bekannt gab, dass der Verkauf der Cracker nach der Platzierung um 65 Prozent gestiegen sei, fand der Gedanke, Marken mit Unterhaltung und Stars zu verbinden, im Marketing-Kommunikationssystem auf breiter Ebene Anklang. Das aggressive Verfolgen dieser Kommunikationsform seitens der Unternehmen und ihrer Agenturen führte dazu, dass Marken bald wieder integraler Bestandteil der verschiedensten medialen Unterhaltungsangebote waren, sei es in Filmen, im Fernsehen, in Romanen, auf Musik-CDs und in Musik-Videos, in Computerspielen und sogar in Liveshows wie Broadway-Musicals (vgl. Balasubramanian et al. 2006: 116). Zeitgleich wurden auf dem brasilianischen Markt die Drehbücher bereits nicht mehr auf Passgenauigkeit für die Placements abgesucht, sie wurden vielmehr gleich im Auftrag der Industrie um das Produkt herum entworfen. Auch im italienischen Fernsehen war Ende der 1980er Jahre die Präsenz von Markenherstellern signifikant. „Keine Show, kein Fernsehereignis, in denen sich die Produkte des jeweiligen Finanziers der Sendung nicht ausbreiteten“, resümieren Manfred Auer und Frank Diedrichs (1993: 66). So zum Beispiel in der Dixan-Lotterie. Überall auf der Bühne standen die Pakete des von Henkel hergestellten Waschmittels, über der Bühne befand sich die Leuchtschrift „Dixan“, es gab Ballettmädchen, die in ihren Dixan-Hemden „nach der Linienführung der fünf Buchstaben“ (ebd.: 67) tanzten und dazu Loblieder auf das Produkt sangen. Im Mittelpunkt der Sendung befand sich die Dixan-Lotterie, an der man nur mit einer Teilnahmekarte, distribuiert über den Waschmittelkarton, partizipieren konnte. Heute weiß man, dass derart auffällige Placements eher kontraproduktiv in puncto Einstellung zur Marke sind und störend wirken (vgl. Cowley/ Barron 2008, Wirth et al. 2009). Auch in Deutschland hielten mit der Zulassung des Privatfernsehens in den Achtzigern die Techniken des Product Placements und des Programmsponsorings Einzug. Die Intensität der Anwendung war allerdings deutlich geringer als in den oben genannten Ländern. Trotzdem wurden auch in vielen deutschen Produktionen Produkte platziert und sie hielten durch Serien wie das „Traumschiff“ oder „Schöne Ferien“ Einzug ins öffentlich-rechtliche Fernsehen (vgl. Auer/Diedrichs 1993: 15). Die zunehmende Verwendung führte dazu, dass aus dem Otto-Walkes-Film „Otto – der neue Film“ Anfang der 1990er Jahre bei seiner Fernseherstaustrahlung mehr als acht Minuten der Originalfassung entfernt wurden, in denen Produkte zu auffällig prä-

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sentiert wurden. Des Weiteren wurden zahlreiche Produktlogos aus dem Film herausretuschiert (vgl. ebd.: 16). Die rechtliche Grundlage dieses Vorgehens wurde 1990 durch ein Urteil des BGH geschaffen, das Product Placement sowohl bei öffentlichrechtlichen wie auch privaten Fernsehsendern grundsätzlich untersagte. Im Kinobereich wurde das Sponsoring erlaubt, was etwa der Rechtslage in den USA, Großbritannien und Frankreich entsprach. Trotzdem entwickelten sich Placements während der 1980er, 1990er und 2000er Jahre zu einer weitverbreiteten Praxis. So wuchs beispielsweise in den USA die Anzahl der TV-Placements im Jahr 2004 im Vergleich zum Vorjahr um 46 Prozent (vgl. Balasubramanian et al. 2006: 116). In den 2000er Jahren hat sich das Product Placement über das Branded Entertainment hin zum Utility Marketing weiterentwickelt. Der Begriff Branded Entertainment tauchte erstmals 2001 beim Launch der Kurzfilmserie „The Hire“ durch BMW in den USA auf. Starregisseure aus Hollywood setzten im Auftrag von BMW deren Automobile sowie namhafte Schauspieler in Kurzfilmen in Szene. Es entstanden acht Kurzfilme in zwei Staffeln, die kostenlos über das Internet verbreitet wurden. Das Entstehen spezialisierter Dienstleister für Branded Entertainment und Utility Marketing in den 2000er Jahren hat die Entwicklung des Product Placement als Element einer modernen Kommunikationsdisziplin weiter vorangetrieben. Agenturen wie beispielsweise TBWA/Stream, DDB Entertainment, Newcast, Chocolate Blue oder Virtual Identity sind entstanden, deren Tätigkeit auf die griffige Formel „Brand to Media“ (Chocolate Blue 2009) gebracht werden kann. Ebenfalls hat eine Analyse der im Zeitraum 1981 – 2008 in wissenschaftlichen Fachzeitschriften erschienenen Studien zum Thema Product Placement zum Ergebnis, dass über die Hälfte der 57 erschienenen Studien erst seit 2004 veröffentlicht wurden (vgl. Reijmersdal et al. 2009: 439). Damit wird der junge Bedeutungszuwachs von UM in der Praxis auch durch das wissenschaftliche Interesse an diesem Thema reflektiert. In den Niederlanden, so das Ergebnis der Studie von Edith Smit et al. (2009: 777), wird Brand Placement im TV von den Organisationen in der Kommunikationsbranche (Unternehmen, TV-Produktionsfirmen, Sendeanstalten und Kommunikationsagenturen) sogar als die Zukunft der Werbung eingeschätzt, wenngleich Produktionsfirmen und Sendeanstalten etwas zurückhaltender sind. „The industry itself perceives brand placement as the future of advertising, although production companies and broadcasters are rather reserved about allowing sponsors to have too much control over content.“ (ebd.)

Zusammenfassend gesagt geht es um intersystemische Hybridisierung, und zwar derart, dass eine organisatorische und inhaltliche Vermischung vom Marketing-Kommunikations- und Mediensystem stattfindet (vgl. Kap. B 4.1.6). Beispiele sind: •

die 2007 vom Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA mit einem goldenen EFFIE ausgezeichnete VW-Golf-Kampagne „Horst Schlämmer macht Füh-

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rerschein“. Diese Kampagne, die zunächst überhaupt nicht als Marketing-Kommunikation erkennbar gewesen war, setzte rein auf den Unterhaltungseffekt beim Publikum (vgl. Kap. B 5.2.1). Red Bull inszenierte 2006 das Red Bull Air Race in Budapest mit über einer Million Zuschauer, über das der TV-Sender RTL im Rahmen seines Sportprogramms einen 45-minütigen Bericht ausstrahlte (vgl. Wörmann 2006: 14).

Utility Marketing setzt aber mittlerweile in Form von Branded Entertainment nicht mehr nur auf den rezeptionssituativen Nutzen der Unterhaltung des Medienpublikums. Vielmehr werden heute jegliche lebensweltliche Situationen und Handlungen von Zielpersonen daraufhin überprüft, ob sie nicht von der Marke mit irgendeinem einem (weiteren) Nutzen ausgestattet werden können, der zu ihrer Positionierung passt. Das Branded Entertainment hat sich folglich zum Branded Utility weiterentwickelt. Peripherer situativer Nutzen wird nicht mehr nur durch den Unterhaltungswert von Marketing-Kommunikationsangeboten wie im Fall von Branded Entertainment gestiftet, sondern durch die grundsätzliche wahrgenommene Relevanz des medialen Angebots – sei es in Form eines Informationswerts, eines Serviceangebots, sozialer Vernetzung oder monetärer Incentivierung (z B. Weiterempfehlungsprämie) (vgl. Merisavo et al. 2010, Tropp et al. 2016, Tropp et al. 2019). Zusammenfassend geht es darum, die Rezeption von Marketing-Kommunikation mit einem Added Value auszustatten, der das Marketing-Kommunikationsangebot über den kommunizierten Basis- und Zusatznutzen des Marketinggegenstands hinaus aufwertet. Beispiele für Branded Utility

Die damalige Agentur Tribal DDB 2007 hat für das Unternehmen Nike Deutschland die heutige Nike+ Run Club App entwickelt, die als Personal Trainer dient. https://www. nike.com/de/de_de/c/nike-plus/running-app-gps Die Agentur Plan.Net Innovation Studio hat 2016 für BMW Motorrad Deutschland Eye Ride kreiert, eine virtuelle Motorrad-Probefahrt für die Oculus Rift.

Auf dem Zeitstrahl in Abb. 125 sind wichtige Meilensteine in der Entwicklung des UM zusammenfassend dargestellt.

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Abb. 125 Meilensteine in der Entwicklung des UM (eigene Darstellung)

2.3.3 Das Prinzip der intersystemischen Hybridisierung des UM In der Dimesion der Mediennutzung (Kontext der Rezeptionssituation) der Konsumenten basiert UM auf dem Prinzip der intersystemischen Hybridisierung, mit der das Rezeptionsrelevanzdefizit heutiger Werbung umgangen werden soll. Es findet eine organisatorische und inhaltliche Vermischung von Marketing-Kommunikations- und Mediensystem statt. In der Dimension des Alltags der Konsumenten (Kontext der Lebenswelt) findet eine Vermischung von Marketing-Kommunikationssystem und allgemeiner Lebenswelt der Zielpersonen statt. Siva K. Balasubramanian (1994) legte mit seinem Konzept der Hybrid Messages den Grundstein für die Forschung zum Thema Branded Entertainment. Sein Grundgedanke ist es, die Vorteile aus der Werbung und der medialen Öffentlichkeit miteinander zu verbinden. Für sein Modell greift Balasubramanian auf die Definition von Dorothy Cohen (1988) zurück, die Werbung wie folgt definiert: „… advertising refers communications that are paid for, and which clearly identify the message sponsor …“ (zit. n. Balasubramanian 1994: 29). Öffentlichkeit wird dagegen defi niert als: „… publicity represents messages, that are not paid for, and which do not identify the sponsor“ (ebd.). Balasubramanian argumentiert, dass beide Formen, die der Werbung wie auch die der Öffentlichkeit, sowohl Vor- als auch Nachteile haben. Für die Werbung identifiziert Balasubramanian als größten Vorteil, dass der Geldgeber die Kontrolle

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über die Gestaltung des Inhalts und des Formats hat. Als Hauptnachteil gilt die Identifikation des Sponsors, durch die die Glaubwürdigkeit der Botschaft reduziert wird. Genau umgekehrt verhält es sich bei öffentlicher Kommunikation. Da das Unternehmen nicht für die Publizität bezahlt, hat es keinen Einfluss auf Inhalt und Format der Botschaft. Dadurch, dass die Botschaft nicht erkauft wurde, ist sie frei vom Verdacht der Einflussnahme, wodurch das Vertrauen des Rezipienten ihr gegenüber größer ist (vgl. ebd.: 48). Wie in Abb. 126 dargestellt, wird als Hybrid Message eine Botschaft verstanden, die den Vorteil der Kontrolle über Gestaltung und Inhalt durch den Geldgeber mit dem Vorteil der Anonymität gegenüber dem Rezipienten kombiniert. Balasubramanian (ebd.: 31) unterscheidet zwischen etablierten und aufkommenden Formen hybrider Botschaften. Als bereits bestehende beziehungsweise etablierte hybride Botschaften kennzeichnet er •



das Product Placement als „… a paid product message aimed at influencing movie (or television) audiences via the planned and unobtrusive entry of branded product into a movie (or television program)“, den Program Tie-In als „… a paid product message because of a quid-pro-quo arrangement between a program source (e. g., a television network) and a product sponsor“ und

Abb. 126 Modell der Hybrid Messages (eigene Darstellung nach Balasubramanian 1994: 30)

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den Program-Length Commercial als „… a paid product message broadcast to television audiences using a format that resembles a legitimate program in both content and length“.

Als aufkommende Typen hybrider Botschaften bezeichnet Balasubramanian die Masked-Art Hybrid Message, die Masked-News und die Masked-Spokesperson Message. Unter einer Masked-Art Hybrid Message versteht er jedes Kunstwerk (Gemälde, Skulptur, Lied oder literarisches Werk), mit dem Marketing-Gegenstände absichtlich, aber für den Rezipienten nicht offensichtlich mit kommerziellen Interessen dargeboten werden. Unter hybriden Botschaften der Art Masked-News fasst er in Nachrichten- und Informationsquellen eingebettete kommerzielle Botschaften bis hin zu kompletten Fachzeitschriften werblicher Art. Die Masked-Spokesperson-Botschaften unterteilt Balasubramanian in die zwei Kategorien der Masked-Expert- und der MaskedCelebrity-Mitteilungen. Erstere vermitteln Glaubwürdigkeit, indem sie von einem Experten präsentiert werden. Als Beispiel für eine Masked-Expert-Botschaft nennt Balasubramanian (ebd.: 32) den Frequent-PrescriberMarketingplan der Wyeth-Ayrest Laboratories. Dieser sah vor, jedem Arzt, der deren Medikament Inderal verschrieb, 1000 Bonusmeilen von American Airlines gutschreiben zu lassen. Klar ist, dass der Einsatz derartiger Maßnahmen im Hinblick auf moralische und rechtliche Aspekten intensiv abzuwägen und zu diskutieren ist und dass dies im Unternehmen wohl letztlich unter dem Einfluss seiner jeweiligen Kultur geschieht. Masked-Expert-Mitteilungen können auch medial distribuiert werden. Als Beispiel können die Weintipps der Sommelière Natalie Lumpp in der Zeitschrift Brigitte genannt werden (s. Abb. 127). Abb. 127 Beispiel einer medial distriDas Prinzip der Masked Celebrity hingegen buierten Masked-Expert-Mitteilung bedient sich Berühmtheiten, die ihre Rolle als (Quelle: Brigitte 21/2007: 197)

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Abb. 128 Beispiel einer medial distribuierten Masked-Celebrity-Mitteilung (Quelle: Revue 52/2007: 53, 54)

bezahlter Fürsprecher verheimlichen, um einem Produkt zu höherer Bekanntheit zu verhelfen (vgl. ebd.: 33, s. Abb. 128). Dieses Prinzip der Hybridisierung, wie es Balasubramanian vorgelegt hat, berücksichtigt zwar nur die UM-Dimension der Rezeptionssituation und lässt den Kontext der lebensweltlichen Situationen und Handlungen von Zielpersonen außer Acht. Dennoch kann es in seiner konzeptionellen Ausrichtung als grundlegend für die Kommunikationsdisziplin des UM angesehen werden. Vor allem macht es deutlich, dass der im Jahr 2001 im Umfeld der „The Hire“-Kurzfilmreihe von BMW kreierte Begriff des Branded Entertainment eigentlich zu kurz greift. Hybride Mitteilungen müssen keinesfalls nur „unterhaltsamer“ Art sein, sondern können auch als „masked news“ beispielsweise in Form eines Infomercials – eine Werbesendung im Stil einer Informationssendung oder eines Dokumentarfilms, die bzw. der das Publikum detailliert über Produkte oder Dienstleistungen informiert (vgl. Koschnick o. J.) – gestaltet werden. Das Pendant im Printmedien-Bereich sind die Advertorials. Hierbei handelt es sich um Anzeigen, die sich in ihren Gestaltungsmerkmalen (Schrift, Layout, Aufmachung etc.) kaum oder gar nicht von ihrem redaktionellen Umfeld unterscheiden. Sie sind nach § 10 der Länderpressegesetze als ein Marketing-Kommunikationsangebot zu kennzeichnen, indem sie mit dem Wort „Anzeige“ überschrieben werden (vgl. Abb. 129).

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Abb. 129 Beispiel für ein Advertorial (Quelle: Brigitte 16/2009: 121)

Aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht ist die Differenzierung in Unterhaltung versus Information jedoch wenig fruchtbar. Die Funktion der Unterhaltung für den Rezipienten – darüber sind sich die meisten Autoren einig (vgl. im Überblick Schweiger 2007: 104 f.) – kann nicht über den Unterschied zur Information bestimmt werden. Vielmehr ist mediale Unterhaltung als ein bloßes Genießen des Mediennutzungsaktes, der Rezeptionssituation, aufzufassen, ohne Vorhandensein irgendeiner Motivation instrumenteller oder utilitaristischer Art. Informationsaufnahme, die also der augenblicklichen kognitiven Stimulation und nicht einem konkreten oder eventuellen späteren Nutzen dient, ist damit auch als Unterhaltung aufzufassen. Besonders deutlich wird dies am Beispiel der Quizsendungen im TV. Auch wenn diesen hin und wieder eine Bildungsfunktion nachgesagt wird, kann als dominierendes Rezeptionsmotiv in der Regel die augenblickliche kognitive Stimulation und damit Unterhaltung angenommen werden (vgl. ebd.: 110). Fruchtbarer wäre es daher, anstelle von Branded Entertainment in der Tradition von Balasubramanian von Branded Hybrid Content zu sprechen, was aber hier aufgrund der mittlerweile stark verbreiteten Nutzung des Branded-Entertainment-Begriffs und dessen mittlerweile erlangten Status eines Gattungsbegriffs als wenig pragmatisch eingeschätzt und daher nicht weiter verfolgt wird. Die Kommunikationswissenschaft hat traditionell großes Interesse an hybriden Marketing-Kommunikationsformen (vgl. z. B. Baerns 1996, 2004; Hartwig 1998, Schmalz 2012, Schmidt 1995, Spitzer 1996), da sie nur bedingt oder überhaupt nicht als Marketing-Kommunikation erkennbar nachhaltig auf die redaktionellen Angebo-

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te der öffentlichen Kommunikation des Mediensystems Einfluss nehmen. So haben Gabriele Siegert und Dieter Brecheis (2017) den IPI Cube zur Systematisierung der Konkretisierungsformen der Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft konzipiert (vgl. Abb. 130). Die Integrationsdimension der Matrix beschreibt das Ausmaß der Verquickung der Werbeform mit dem redaktionellen Umfeld. Dabei verstehen die Autoren, kompatibel mit dem Konzept von Balasubramanian, unter programmintegrierter Werbung und hybriden Werbeformen nur bedingt oder nicht als solche erkennbare Werbung: „Um … Werbevermeidung zu überwinden, generell die Werbeleistung zu erhöhen und Schaltkosten zu reduzieren, wird Werbung mehr oder weniger intensiv in redaktionelle Kontexte integriert … Zwar sind diese Werbeformen teilweise immer noch explizit als Werbung gekennzeichnet, teilweise sind sie aber so integriert, dass sie nur noch bedingt oder eben gar nicht als Werbung erkennbar sind. Damit ist ihnen also ein gewisses Täuschungspotenzial inhärent.“ (ebd.: 215)

Abb. 130 IPI Cube zur Systematisierung von Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft mit exemplarischer Verortung ausgewählter Werbeformen (Quelle: Siegert/Brecheis 2017: 220)

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In der Personalisierungsdimension werden die Werbeformen nach der quantitativen Ausrichtung der Werbeadressierung systematisiert, wobei unterschieden wird, ob sich das Marketing-Kommunikationsangebot an eine anonyme Masse, eine ausgewählte definierte Zielgruppe oder an eine einzelne Zielperson richtet. In der Interaktivitätsdimension schließlich werden die Werbeformen nach dem Grad, in dem die Nutzer partizipieren können bzw. müssen, unterschieden. Dabei wird unterschieden in Werbung als Information im Sinne von Ein-Weg-Kommunikation mit geringer oder gar keiner Interaktionsmöglichkeit seitens der Nutzer, als Interaktion im Sinn von Zwei-Wege-Kommunikation und in Werbung als Transaktion im Sinne von aktivem Austausch, derart, dass Nutzer im Rahmen des Werbeformats zu Kommunikations- und Handelspartnern werden, weil sie aktiv mit Geld oder persönlichen (geldwerten) Daten und Inhalten mitwirken (Siegert/Brecheis 2017: 214 f.). Von zentraler Bedeutung im Kontext von Branded Entertainment ist die Frage, auf welche Weise Rezipienten verschiedene Kommunikationsangebote verstehen und verarbeiten. Zur Beantwortung dieser Frage identifiziert Jens Woelke (2004) für das Medium TV drei Ebenen kommunikativer Abgrenzungen von Werbung und Programm: Die vom Rezipienten erfolgte Zuschreibung einer Beeinflussungsabsicht des Kommunikationsangebots, die unterschiedlichen Wirkungen (Gedächtnisleistungen, Einstellungen) von redaktionellen und werblichen Aussagen und drittens unterschiedliche Verarbeitungs- und Urteilsprozesse von werblichen und redaktionellen Kommunikationsangeboten. Die experimentelle Überprüfung dieser Abgrenzungskriterien hat jedoch zum Ergebnis, dass „eine für Werbung und deren vermeintliche Angebote einheitliche und typische Rezeptionsweise und Wirkung … aber nicht feststellbar [ist]“ (ebd.: 261). Zu heterogen sind die Ergebnisse in den Bereichen Einstellungen sowie Verarbeitungs- und Urteilsprozesse, als dass ein genereller Rezeptionsmodus der Werbung beschrieben werden könnte, der sich von der Rezeptionsweise redaktioneller Angebote eindeutig abgrenzen lässt. Dies wird besonders deutlich, wenn, so Woelke (ebd.), Werbespots und redaktionelle Fernsehangebote nicht mehr als inhaltlich unterschiedliche Kommunikationsangebote verstanden werden. Genau aus diesem Rezeptionsstil, bei dem Werbung nicht über einen Unterschied zu anderen Fernsehgattungen (z. B. Film, Serie, Nachrichten) als störende Werbung identifiziert wird, zieht das Utility Marketing in Form des Branded Entertainments seine heutige Bedeutung als Methode der Aufmerksamkeitsgewinnung und der Vermittlung von als relevant wahrgenommenen Botschaften, hinter denen sich Zielsetzungen kommerzieller Art verbergen. Die Instrumente und Erscheinungsformen des UM lassen sich entsprechend den beiden elementaren Kontexten, an denen sich das UM orientiert – die Rezeptionssituation und die Lebenswelt der Zielpersonen –, in die Kategorien Branded Entertainment und Brand Content einerseits und Branded Services andererseits einteilen.

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2.3.4 Branded Entertainment Unter Branded Entertainment, das auf den Nutzen in der Rezeptionssituation abzielt, sind im Wesentlichen die sechs oben genannten, von Balasubramanian aufgeführten Formen hybrider Botschaften zu fassen: Product Placement, Program Tie-In (auch als Programm-Bartering oder Programming bezeichnet), Program-Length Commercial, Masked-Art Hybrid Message, Masked-News und die Masked-Spokesperson Message. Ein Blick auf einschlägige Definitionen des Begriffs Branded Entertainment zeigt, dass über die Rolle des Merkmals der Hybridisierung der Kommunikation als konstitutiver Eigenschaft von Branded Entertainment Einigkeit besteht (vgl. z. B. Duttenhöfer 2012, Hudson/Hudson 2006: 492, Schmalz 2012: 65 f., Tsvetkova 2007: 44). Anhand dieses Merkmals fällt es leicht, Branded Entertainment von Advertainment zu unterscheiden. Advertainment zielt auf ein hohes Amüsement der Rezipienten und nutzt die klassischen Werbemöglichkeiten zur Distribution der Kommunikationsangebote. Es geht im Vergleich zum Branded Entertainment gewissermaßen den umgekehrten Weg. TV-Zuschauer rezipieren also einen TV-Spot oder nutzen ein anderes werbliches Medienangebot, das als solches ausgezeichnet ist, freiwillig und bewusst (vgl. Schmalz 2012: 84). Zentrales Abgrenzungskriterium zwischen Advertainment und Branded Entertainment ist damit die vom Rezipienten eindeutig vorgenommene Zuordnung des Advertainments zur Gattung Werbung. Es handelt sich, zusammenfassend formuliert, bei Advertainment also schlicht um unterhaltende Werbung. Da das Placement als die älteste marketing-kommunikative Hybridform sehr ausdifferenziert ist, soll es im Folgenden etwas näher beleuchtet werden. Zunächst kann Placement definiert werden als „die geplante Platzierung verschiedener Objekte in kompatiblem Umfeld gegen Entgelt“ (Hormuth 1993: 82). Es gibt mehrere Ansätze, wie Placements systematisiert werden können. So können sie unterschieden werden nach den verschiedenen Mediengattungen und Kommunikationsangeboten, in denen sie erfolgen. Dies können beispielsweise TV-Shows, Nachrichtensendungen, Dokumentationen oder Reality-TV-Formate sein. Solche Placements sind jedoch durch rechtliche Einschränkungen besonders in Deutschland problematisch. Beim Placement wird weiterhin zwischen zwei Stufen der Programmintegration unterschieden, dem On-Set-Placement und dem Creative Placement. Werden beim On-Set-Placement die Objekte nur statisch integriert, ohne sie näher in die Handlung im Medium einzubeziehen, werden beim Creative Placement hingegen die Objekte zum aktiven Bestandteil einer Handlung und möglichst kreativ inszeniert (vgl. ebd.: 79). Letztgenannte Form hat im Rahmen der Branded-Entertainment-Entwicklung stark an Bedeutung gewonnen. Für ein On-Set-Placement lassen sich mittels spezialisierter Agenturen in Realisation befindliche Film- und TV-Projekte ausfindig machen, in die Markenartikel nach dem Vorschlag der Drehbuchautoren und nach einem sogenannten Script Break-

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down (Auflistung aller Elemente, die für die Produktion eines Beitrags (i. w. S.) in einem audiovisuellen Medium benötigt werden) integriert werden (vgl. Pepels 2004: 722). Das werbende Unternehmen nimmt dabei eine rein passive Funktion ein. Dahingegen wird beim Creative Placement die inhaltliche Verknüpfung zwischen Marke und Inhalt aktiv und von vornherein geplant, sodass das gesamte Konzept stimmig wirkt. Somit fällt der Entscheidungsspielraum weitaus größer aus als beim klassischen Placement. „If the scene requires a car, a beer or suit then it is likely that Ford, Budweiser or Hugo Boss would be potential brands for placement. For branded entertainment, you must take a step back from your film and evaluate the messages that it communicates.“ (Grove 2003: 317)

Peter G. Bourdeau und Mary-Lou Galician (2004) haben in einer Langzeitstudie die Entwicklung des Creative Placement untersucht. Dazu haben sie die Placements der jeweils 15 monetär erfolgreichsten US-Kinofilme aus den Jahren 1977, 1987 und 1997 analysiert. Sie haben festgestellt, dass Platzierungen mit geringer Handlungsintensität leicht abgenommen haben, während sich die Anzahl an Produktplatzierungen mit hohem Plot-Involvement annähernd verdoppelt hat. Weiterhin konnten die beiden Autoren eine Zunahme von Schlüsselplatzierungen, sogenannten Key Placements, registrieren. „These key placements – some of them lasting as long as 10 minutes or more – often entailed an extended series of shots that featured the brand in an idealized display frequently characterized by rapid shifts in perspective and lightning-quick editing. Notable among them was a scene in Tomorrow Never Dies (1997), in which Pierce Brosnan, as Agent 007, escapes from thugs with the help of a BMW motorcycle.“ (ebd.: 22)

Dieses Ergebnis zeigt, dass Marken über das Creative Placement die Rolle des reinen Requisits ablegen und, je nach Grad der Einflussnahme auf das Drehbuch, in der Handlung eines Filmes oder einer Serie eine zentrale Bedeutung innehaben können. Als weiteres Unterscheidungskriterium wird in verschiedenen Studien die von Gupta und Lord entwickelte Trennung zwischen prominent und subtle Placements verwendet. „Highly prominent placements were large, bright, central to the narrative and/or distinctive. Subtle placements, on the other hand, were often placed in the background, amid a clutter environment, and/or were not directly referenced.“ (Schneider/Cornwell 2005: 324)

Teilweise findet sich für besonders starke Placements auch der Begriff program integration, womit eine intensiv mit der Handlung verwobene Platzierung und Präsenz über die gesamte Dauer des Unterhaltungsangebots gemeint ist.

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B II

Output

Als weiteres Unterscheidungskriterium kann schließlich die Art des angesprochenen Sinnesorgans dienen. Es wird unterschieden, ob das Placement auditiv, visuell oder in beiden Modi präsentiert wird (vgl. Hormuth 1993: 80 f.). Im Folgenden wird das Placement in seiner traditionellen Systematik nach Art des platzierten Objektes in die Untergruppen des Product Placement, Corporate Placement, Service Placement, Country Placement und Idea Placement aufgeteilt dargestellt (vgl. Hormuth 1993: 67 f.). Product Placement Product Placement bezieht sich auf die Platzierung von Produkten oder Produktnamen in kompatiblen medialen Umfeldern gegen Entgelt. In der neueren, vor allem angloamerikanischen Literatur wird anstelle von Product Placement immer öfter der Begriff „brand placement“ verwendet: „The term ‚brand placement‘ is used synonymously with product placement to distinguish marketer-specific products from others in the category, and is considerd by some researcher to be a more accurate description since brands are placed rather than specific products“ (Babin/Carder 1996, zit. n. Morton/Friedman 2002: 34). Das Product Placement hat mehrere Unterformen, das Innovation Placement, das Generic Placement, das Image Placement und das Historic Placement (vgl. Auer/Diedrichs 1993: 18, Auer et al. 1988: 94 f.): •

Innovation Placement Als Innovation Placement wird die Platzierung einer Produktneuheit in einer internationalen Spielfilmproduktion bezeichnet. Dabei kann es sich um ein eben auf den Markt gekommenes Produkt handeln oder auch um ein Produkt, das noch nicht auf dem Markt erhältlich sind. Gerade in letzterem Fall führt das Innovation Placement zu einem Aha-Erlebnis. Ein gutes Beispiel für ein Innovation Placement findet sich im Film „Zurück in die Zukunft“ mit Michael J. Fox. In dem Film ist Fox unter anderem mit einer Video-Kamera des Herstellers JVC ausgerüstet. Diese hatte als erste ein in der Kamera integriertes Band und somit keinen Aufnahmekasten, der zusätzlich zur eigentlichen Kamera am Körper getragen werden musste. • Generic Placement Generic Placement im engeren Sinne bezeichnet die Platzierung von Warengattungen (z. B. Zigaretten, Tee, Jeans, Wackelpudding) in einem Film oder anderen Fernsehgattungen. Diese Placement-Maßnahme ist vor allem für Unternehmen interessant, deren Artikel einen hohen Marktanteil oder gar die Marktführerschaft innehaben. Weiterhin bietet es sich für eine Gemeinschaftswerbung ganzer Industriezweige an. Häufig handelt es sich beim Generic Placement auch um reinen Zufall, da Produktgattungen als Requisiten für eine realistische Darstellung benötigt werden. Das Generic Placement im weiteren Sinne meint die Verwendung von anonymisierten Markenprodukten. Diese Form des Placements geht auf das in vielen Län-

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dern wirksame Verbot für Product Placement im Fernsehen zurück. Grundgedanke dieser Technik ist der Wiedererkennungseffekt, den eine Verpackung oder ein Produkt aufgrund der charakteristischen Form oder Farbe auslöst, auch ohne dass der Name explizit genannt wird. Häufig wird das Produkt mit einem namenlosen Etikett versehen, das von der Gestaltung des Originaletikettes kaum abweicht, wie das Beispiel in Abb. 131 zeigt. Das obere Etikett enthält das Budweiser-Logo, das untere das Generic-Logo zur Verwendung in USTV-Serien. • Image Placement Image Placement wird von Auer et al. (1998: 98) als diejenige Variante des Product Placement aufgefasst, bei der das gesamte Thema und der Inhalt eines Films auf ein Produkt oder eine Marke zugeschnitten sind. Diese Form wertet bei richtiger Umsetzung das Image einer (Wirtschafts-)Organisation, eines Produktes oder einer Institution auf. Sie stellt eine gewisse Sonderform des Product Placement dar, da hier nicht nur kurz ein Produkt oder eine Marke in einem Film präsen- Abb. 131 Beispiel für ein Generic tiert wird, sondern das Produkt bzw. die Mar- Placement (Quelle: Auer/Diedrichs ke die ganze Zeit über im Film explizit oder 1993: 18) implizit präsent ist. Ein Beispiel für ein gelungenes Image Placement ist die amerikanische Produktion Top Gun. Die sich um den jungen Navy-Piloten Maverick (gespielt von Tom Cruise) drehende Handlung spielt in einer Fliegerschule der US-Navy. Der Film stellt diese Ausbildung äußerst positiv und aufregend dar. Nach seinem Anlaufen war ein deutlicher Anstieg der Bewerbungen zur Pilotenausbildung zu verzeichnen. • Historic Placement Das Historic Placement beschreibt die Platzierung von Markenprodukten oder Marken in einem historischen Film oder anderen historischen Kontext. Hierfür wird das Produkt in seiner damals aktuellen Form in das Medienangebot eingebettet. Besonders für alte, traditionsbewusste Unternehmen bietet sich so die Möglichkeit, implizit auf ihre lange Geschichte und die daraus resultierende Erfahrung hinzuweisen. Corporate Placement Corporate Placement beschreibt die Platzierung einer Marke oder eines Markennamens in einem Kommunikationsangebot. Es erfolgt nicht wie beim Product Placement die Platzierung eines spezifisches Produktes.

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B II

Output

Service Placement Service Placement ist das Unterbringen einer Service- bzw. Dienstleistung im Inhalt eines Mediums zur Verbesserung des Ansehens einer Berufsgruppe. Country Placement Beim Country Placement werden Länder, Regionen oder Städte in verschiedene Kommunikationsangebote eingebettet und in einem positiven Licht präsentiert, um deren Popularität zu steigern. Diese Variante bietet die Möglichkeit, durch eine positive Darstellung das Interesse der Rezipienten zu wecken, wovon vor allem der Tourismus profitieren kann. Idea Placement Beim Idea Placement sind die platzierten Objekte Ideen oder Mitteilungen, die sowohl von Profit- als auch von Non-Profit-Organisationen stammen können. Als ein Beispiel kann die Einbettung von Aidskranken-Charakteren in diversen Soaps genannt werden, die die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf das Problem und die Gefahren einer HIV-Infektion richten sollen (vgl. Hormuth 1993: 73). Die Umsetzungsvarianten der Erscheinungsformen des Branded Entertainment in konkrete Kommunikationsangebote sind äußerst vielfältig. Grundsätzlich können sie danach unterschieden werden, ob sie auf Initiative eines Unternehmens geschaffen werden (Brand Entertainment) oder ob sie – in der Regel über ein Placement – in einem nicht auf Initiative des Unternehmens entstandenen Kommunikationsangebot realisiert werden (Branded Entertainment) (vgl. Reijmersdal et al. 2009: 430). Jedes Medium ist für Brand/-ed-Entertainment-Maßnahmen geeignet. Der Überblick (s. Tab. 14) erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern dient nur der exemplarischen Veranschaulichung unterschiedlicher Realisationsarten.

2.3.5 Content Marketing Content Marketing ist die jüngste Weiterentwicklung des Placement- und BrandedEntertainment-Konzepts (vgl. Baetzgen/Tropp 2013). Es ist eine Erscheinungsform des Utility Marketings, die im Sinne eines elaborierten Corporate Publishings, allgemein formuliert, definierte Zielgruppen informieren, unterhalten und beraten will. Dabei ist häufig nur ein indirekter Bezug zum Leistungsangebot des Unternehmens gegeben (vgl. Frühbrodt 2016: 19, Kreutzer 2017: 44). Die Inhalte werden dramaturgisch aufbereitet, wobei das Konzept des Storytelling im Mittelpunkt steht (vgl. Albers/Handke 2013). In der Literatur besteht Konsens darüber, dass das Content Marketing seine Inhalte nach Maßgabe ihrer Relevanz für eine definierte Zielgruppe erstellen muss. Dies kommt bereits in einer der ersten Definitionen zum Ausdruck, die von Joe Pulizzi, Gründer des Content Marketing Institute, stammt.

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Moderne Kommunikationsdisziplinen

Tab. 14

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Exemplarischer Überblick über Brand/-ed-Entertainment-Maßnahmen

Brand/-ed-EntertainmentKommunikationsangebote

Beispiele

Branded Film

James Bond-Reihe (diverse Markenprodukte besonders aus den Kategorien Automobil, Uhren, Mobiltelefon und Schreibgeräte), The Italian Job (MINI Cooper), Cast Away – Verschollen (FedEx)

Branded TV-Serie

Sex and the City (Apple, Manolo Blahnik, Absolut), South Park (Sony PlayStation Portable)

Branded Show

Pimp my Ride (West Coast Customs, Galpin Auto Sports; Cooper Tire, Castrol, Microsoft X-Box etc.), The Apprentice (Pepsi, Staples, Dove etc.), Einsatz in vier Wänden (Ikea)

Branded Artwork (Masked-Art Hybrid Message)

Kunstwerke von Milton Glaser, Robert Risko und Ruben Toledo, die die Stadt New York als Shopping-Paradies in Szene setzen (Target), Absolut Art: diverse namhafte Künstler für Absolut (s. Abb. 132)

Branded Speech (medial distribuierte Masked-Celebrity Mitteilung)

ZDF-Moderatorin Andrea Kiewel in der Sendung von Johannes B. Kerner vom 23. 01. 2007 (Weight Watchers) (vgl. Brauck 2007)

Branded und Brand Printprodukte

Krimi „Bienzle und der Klinkenmörder“ (FSB), KNAX-Comics (Sparkasse), diverse Product-Placement-Möglichkeiten in nahezu allen Zeitschriften, Lurchi (Salamander), Scandal (BMW)

Branded Games: • In-Game Advertsing • statisch (nicht veränderbare Botschaften) • dynamisch (alternierende Motive über Online-Anbindung der Spiele-Hardware) • Advergames (Brand Game)

Platzierung von Botschaften in und über Computer- und Videospiele Burnout Paradise (Gillette), Worms 3D (Red Bull) Webracer (Panasonic), Entern oder Kentern (Hanuta)

Im Auftrag eines Unternehmens produziertes oder an die Anforderungen eines Unternehmens angepasstes Spiel: Moorhuhn (Johnnie Walker), BMW M3 Challenge (BMW), Sneak King, Big Bumpin’ und Pocket Bike Racer (Burger King)

Brand Movie

The Hire (BMW), Terry Tate (Reebok), The Call und Mission Zero (Pirelli), The Porter (Mercedes-Benz), Romeo & Juliet with Love from H&M (H&M)

Brand TV

mercedes-benz.tv, tv.audi.de, bmw-web.tv

Brand Audiobook

Text Tracks (Mercedes-Benz), Beautiful Ride (BMW)

Brand Music

„Hello“ von Christina Aguilera (Mercedes Benz A-Klasse), „Breathe“ von Lenny Kravitz (Absolut)

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B II

Output

Abb. 132 Beispiele für Branded Artworks (Absolut) (Quelle: absolutad.com; Zugriff: 22. 11. 2018)

▶ Definition (Pulizzi 2012) „Content marketing is the marketing and business process for creating and distributing relevant and valuable content to attract, acquire, and engage a clearly defined and understood target audience – with the objective of driving profitable customer action.“

Beim Content Marketing darf nicht übersehen werden, dass der Content im Sinne von „veredelten“ (Burkhardt/Schönpflug 2011: 30) Inhalten für den Leser oder Nutzer zwar einen Mehrwert bieten muss, damit er dank seiner Attraktivität freiwillig rezipiert wird. Das darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass in Anbetracht der Informatonsflut in modernen Mediengesellschaften das Generieren von Aufmerksamkeit für eben diesen Content dennoch von elementarer Bedeutung ist (vgl. Eck/ Eichheimer 2014: 198). Der Pull-Ansatz von Inhalten, der dem Content Marketing inhärent ist, realisiert sich daher nicht von selbst, sondern muss sich, wie jede andere Kommunikation auch, mit der unvermeidbaren Selektivität von Kommunikaton befassen. Der Content muss gewissermaßen erst einmal zu seiner Zielgruppe gepusht werden, damit er im Folgenden rezipiert wird und seine Relevanz entfalten kann. Die heute stattfindende Professionalisierung des Content Marketings kann sich im Extremfall derart äußern, dass sich Konsum- und Gebrauchsgütermarken zu eigenständigen Content-Anbietern entwickeln, die ähnlich wie Filmstudios, Fernsehsender oder Verlagshäuser hochwertige Medieninhalte produzieren (lassen) oder kuratieren, um diese zu ihrem eigenen Vorteil zu verbreiten und/oder als Ware zu vermarkten. So streamte beispielsweise Burberry 2011 seine Show auf der London Fashion Week live ins Netz, was Chefdesigner Christopher Bailey kommentierte mit:

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„Burberry is now as much a media-content company as we are a design company, because it’s all part of the overall experience“ (zit. n. Huffpost Tech 2011). Weitere Beispiele sind: •

Deutschlands Automobilhersteller bieten umfangreiche TV-Programme und Video-Portale im Online-Bereich an (Websites, youtube channels). Beispielsweise produziert die Marke Smart unter dem Namen „smart. studio.“ ein Unterhaltungsund Serviceformat in den Metropolen Europas und verbreitet dieses u. a. über youtube und facebook. • Red Bull betreibt mit dem Red Bull Media House eigene TV-Sender und TVFenster, Online-Foren, Mobilfunkangebote und Zeitschriften („The Red Bulletin“, „Servus“) und hat mit einem vernetzen Angebot aus Events, Filmen, Dokumentationen, Serien, Games und Musik scheinbar ein neues Geschäftsfeld für die Marke erschlossen (s. http://www.redbullmediahouse.com), das mittlerweile aktiv vermarktet wird. Marken gehen damit heute weit über bekannte Formen des Corporate Publishings (z. B. Kundenzeitschrift) oder Branded Entertainment hinaus. Die klassischen Funktionen des unternehmens- und marketing-kommunikationspolitischen Instrumentariums (Darstellungsfunktion, Marketingfunktion, Dialogfunktion, vgl. Bruhn 2016a) werden um eine Medienfunktion ergänzt. Durch Content Marketing entstehen innovative Kommunikationsplattformen, die als Markenmedien oder owned media bezeichnet werden können (Tropp 2013b: 294, Tropp/Baetzgen 2013: 5). ▶ Definition (s. Baetzgen/Tropp 2014: 219) Ein Markenmedium („owned medium“) ist die von einer Marke – deren originäre Wertschöpfung nicht im Medienmarkt liegt – initiierte Produktion und der anschließende institutionalisierte Betrieb einer gebrandeten Kommunikationsplattform. Ihr Zweck ist die wirtschaftlich vorteilhafte Instrumentalisierung zentraler Funktionen der Medien (insbesondere Information, Unterhaltung, soziale Interaktion).

Zentrale Kennzeichen von Markenmedien sind (vgl. Tropp/Baetzegn 2013: 5): •

Die Marke wird zum Initiator und Anbieter („owner“) von Content. Sie kommuniziert über eigene Medien (Markenmedien) zum Kunden, die sie inhaltlich und formal kontrollieren und frei ausgestalten kann. • Häufig werden diese Content-Angebote vom Konsumenten nicht als Werbung wahrgenommen. Auch wenn ihre Intention letztlich werblich ist, dominiert ihr redaktioneller Charakter. • Markenmedien haben für die Zuschauer und User einen Eigenwert (z. B. Information, Unterhaltung, Vernetzung) und werden somit aktiv und freiwillig genutzt. Es sind Angebote.

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• •







B II

Output

Meist ist nicht die Marke oder das Produkt Inhalt der Kommunikation, sondern es geht um ein daraus abgeleitetes Spektrum aufmerksamkeitsstarker Themen. Viele Content-Angebote sind deshalb eigenständig gebrandet. Medienformate wie Laviva oder The Red Bulletin, die nur indirekt auf die Herausgeber Rewe und Red Bull schließen lassen, sind hierfür Beispiele. Markenmedien kreieren für die Marke ein exklusives Umfeld, um deren Erlebniswelt zu inszenieren bzw. durch die Nutzer inszenieren zu lassen. Sie schaffen ihren eigenen medialen Kontext. Markenmedien verbinden professionellen und User-Generated Content, um den Kunden und die Community aktiv in die Kommunikation einzubeziehen. Zudem schaffen sie eine Kommunikationsplattformen für die Kommunikation der Menschen untereinander. Markenmedien sind in aller Regel langfristig ausgerichtet, d. h. sie zielen auf die institutionalisierte und regelmäßige Produktion und Verbreitung von Inhalten. Mit wachsendem Angebot können spezialisierte Abteilungen oder Organisationseinheiten entstehen, die für die Produktion und die Vermarktung der Inhalte verantwortlich sind (z. B. Red Bull Media House, P&G Entertainment). Damit werden wichtige Voraussetzungen geschaffen, dass sich das Markenmedium zu einer Medienmarke entwickeln kann (vgl. Tropp/Baetzgen 2013a).

Diese Kennzeichen lassen darauf schließen, dass die Marken mit ihrem über die Markenmedien verbreiteten Content in eine neue Evolutionsstufe ihrer Kommunikation eintreten (s. Abb. 133). Kommunikative Evolutionsstufen der Marke Marke als selbstbezügliche Kommunikation

Marke in redaktionellen Kontext integriert

Marke als Medium für Kommunikation

Erscheinungsform

Trennung von werblicher und redaktioneller Kommunikation

Werbung als integraler Bestandteil des redaktionellen Kontext

Brand Content: redaktionell aufbereitetes Fernseh-/Online-/Print-Angebot

Beispielhafte Instrumente

Klassische Werbung (u. a. TV-Spot, Plakat, Banner)

Placement, Sponsoring, Produkt-PR, Campaigning

Corporate Publishing, Content Marketing

Verhältnis Marke – Medien

Paid Media

Paid Media, Earned Media

Owned Media

Ziele

Aufmerksamkeit, Werbeerinnerung, Imageaufbau

Imagetransfer, Involvement, Reaktanzvermeidung

Interaktion, Nutzwert der Kommunikations- und Medienangebote

Wahrnehmung

passives Reiz-Reaktionsmuster

aktive Zuwendung zum redaktionellen Kontext

aktive Zuwendung zum Kommunikations- und Medienangebot der Marke

Abb. 133 Brand Content als neuer Typus der Marketing-Kommunikation (Quelle: Tropp/ Baetzgen 2013: 4)

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Moderne Kommunikationsdisziplinen

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2.3.6 Branded Services Die Branded Services realisieren sich als ein hybrides Angebot an der Schnittstelle von Marketing-Kommunikationssystem und Lebenswelt der Zielpersonen. Sie sind eine sehr junge Hybridisierungsform, die sich erst in den 2000er Jahren im Marketing-Kommunikationssystem entwickelt hat. Der Utility-Strategie kommt bei der Konzeption von Branded Services eine zentrale Bedeutung zu (s. Kap. B I 2.5.2). Im Mittelpunkt steht der einfache Gedanke, dass die Marke für Zielpersonen in ihrer Lebenswelt von einem Nutzen sein soll, der über den an den unmittelbaren Konsum und Gebrauch geknüpften Nutzen des Markenprodukts hinausgeht. Die Marke soll eine Servicefunktion innehaben und zum integralen Bestandteil lebensweltlicher Situationen und Handlungen von Zielpersonen werden. Mit Jack Cheng (2006) kann das Konzept der Branded Services zusammengefasst werden: „You can spend millions on a flashy ‚interactive‘ campaign that people try to ignore or you can put that money towards building something that could actually improve their lives; something that they could use and interact with every single day; something that they’d actually seek out. At a time when people are constantly asking ‚what’s in it for me ?‘, isn’t it blatantly obvious that the best way to engage someone is to be useful to them ?“

Das UM konfrontiert durch diese Entwicklung der Branded Services die Kommunikationsagenturen mit der Notwendigkeit, ihre Rolle zu überdenken. Diejenigen Agenturen, die sich als Full-Service-Anbieter oder als moderne Kommunikationsagentur positionieren, können sich nicht länger nur als Dienstleister für traditionelle marketing-kommunikative Aufgaben begreifen. Neu hinzu kommt heute die Entwicklung von kreativen Lösungen im Service-Bereich. Jack Cheng (ebd.) fordert sogar als Konsequenz ein, dass Agenturen sich mit dem Gedanken anfreunden müssen, in dem Geschäftsfeld der Produktentwicklung Fuß zu fassen. Branded Services können sich über jegliche denkbare Erscheinungsform realisieren, die kompatibel mit der Positionierung der Marke ist. Dabei muss es sich keinesfalls zwingend um die Neuentwicklung eines Services oder Service-Produktes handeln. Die Services können auch die Form eines kostenlosen Produkttests haben oder als „Service-added“ in einem Werbemittel, z. B. einer Anzeige, integriert sein (s. Tropp et al. 2019). Weiterhin fallen auch die mittlerweile zahlreichen, zum Download bereitstehenden mobilen Applikationen unter die Rubrik der Branded Services. Beispiele für Branded Services

• Die oben bereits erwähnte App von Nike stellt ihren Nutzern eine Personal-TrainerFunktion im Laufbereich zur Verfügung.

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B II

Output

• Wrangler installierte auf Musikfestivals Waschsalons. Festival-Besucher konnten dort kostenlos ihre Kleidung waschen lassen und bekamen übergangsweise für den Rest des Tages einen Wrangler-gebrandeten Overall zur Verfügung gestellt (vgl. Bernardin/Kemp-Robertson 2008: 133). • Samsung hat weltweit auf Flughäfen gebrandete Aufladestationen für Laptop- und Mobiltelefon-Akkus installiert, die kostenlos Reisenden zur Verfügung stehen (vgl. ebd.). • Die WWW-Site 43things.com widmet sich der Erfüllung von Wünschen und Zielen der Nutzer sowie der Vernetzung von Nutzern mit ähnlichen Wünschen und Zielen: „What if Citibank pioneered 43things … ? It brings home the ‚there’s more to life than money‘ tagline so much better than any 30-second spot could“ (Cheng 2006). • Die Deutsche Post bietet unter https://m.deutschepost.de eine Applikation für mobile Endgeräte an, mit der Services wie Filial-Suche, PLZ-Suche, Sendungsverfolgung Brief, Sendungsverfolgung Paket/DHL, Brief & Postkarte schreiben, Handyporto, Preise & Formate sowie Mobile Banking/Postbank genutzt werden können. • Der Autovermieter Sixt bietet eine mobile Applikation zur Buchung von Mietwagen an. Darüber hinaus wird mit RadAlert ein Service zur Verfügung gestellt, der vor Radarfallen in der Nähe warnt. • Die Agentur Crispin Porter + Bogusky kreierte für das US-amerikanische Handelsunternehmen Best Buy den Service „Twelpforce“. Die Kampagne wurde beim Cannes Lions International Advertising Festival 2010 mit dem Grand Prix in der Kategorie Integrated und Titanium Lions ausgezeichnet: „A digitized army of Best Buy employees available 24/7 on Twitter. And not to push products – but to provide twelp. A new term for technical help in tweet form. Anyone with a question could shoot a tweet to @twelpforce, at any time. And over 2000 expert Blue Shirts would race to give the fastest, bestest answers.“ (Crispin Porter + Bogusky 2010) • Die Agentur Cheil Worldwide schuf für den Lebensmittelhändler Tesco die Homeplus Subway Virtual Stores. Die Konsumenten konnten in U-Bahnstationen mit ihren Smartphones die QR-Codes von Produkten in virtuellen Regalen scannen und so die Produkte bestellen. Diese wurden ihnen anschließend nach Hause geliefert.

Auch die marketingtreibenden Unternehmen, die originär nicht zur Dienstleistungsbranche zählen, kommen damit in die Situation, sich darüber Gedanken zu machen, welche positionierungskonformen Dienstleistungsangebote sie neben ihrem Kerngeschäft anbieten können. Als Suchfeld kann die im Rahmen des Dienstleistungsmarketing-Ansatzes vorgenommene zweidimensionale Systematisierung von Dienstleistungen nach ihrer zeitlichen Art und nach der Art der Beziehung zwischen Dienstleister und Konsument dienen (vgl. Abb. 134). Dabei kommt den Branded Services, die kontinuierlich und nicht nur zu bestimmten Zeitpunkten erstellt werden (diskrete Erstellung) und die darüber hinaus von der Art einer mitgliedschaftsähnlichen Beziehung sind, die strategisch größte Bedeutung zu.

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Art der Beziehung zwischen Dienstleister und Konsument Mitgliedschaftsähnliche Beziehung

Keine formale Beziehung

Kontinuierliche Erstellung

• • • •

Versicherung Telefonanschluss Kontoführung (Bank) Autoclub

• • • •

Polizei Autobahnmeisterei Feuerwehr Öffentlicher Nahverkehr

Diskrete Erstellung

• • • •

Theaterabonnement Finanzamt Lesezirkel Vorlesung

• • • •

Autoverleih Post-Zustellwesen Münzfernsprecher Taxiunternehmen

Art der Dienstleistungserstellung

Abb. 134 Zweidimensionale Typologisierung von exemplarischen Dienstleistungen nach ihrer zeitlichen Art und der Art der Beziehung zwischen Dienstleister und Konsument (vgl. Meffert/ Bruhn 2006: 46, Lovelock/Wirtz 2004: 359)

Branded Services, die in diesen Bereich verortet sind, bieten die besten Ansatzpunkte für ein Kundenbindungsmanagement. Selbstverständlich müssen aber bei den Überlegungen zu Branded-Services-Möglichkeiten auch Kostenerwägungen und damit eine Kosten-Nutzen-Analyse vorgenommen werden.

2.3.7 Rechtlicher Rahmen des UM Die in der Disziplin des UM aktiven Akteure müssen bei ihren Branded-Entertainment- und Brand-Content-Aktivitäten mit dem rechtlichen Rahmen ihrer Möglichkeiten vertraut sein. Im deutschen Rundfunk gelten strenge Regelungen für den Einsatz von Werbung, die auch für Branded Entertainment und Brand Content gültig sind. Die rechtlichen Bestimmungen zum Umgang mit Werbung in den Medien finden sich im Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag – RStV) sowie im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Branded Entertainment und Brand Content haben über ihre häufige Nutzung des Placements unmittelbar Berührungspunkte mit dem juristischen Konstrukt der Schleichwerbung, die im Staatsvertrag wie folgt definiert ist: „Schleichwerbung ist die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Programmen, wenn sie vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zwecks dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt.“ (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 RStV)

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B II

Output

Grundsätzlich gilt der Grundsatz der Erkennbarkeit von Werbung (vgl. Fringuelli/ Kamps 2013: 250). Für den Rundfunk sind vor allem folgende Bestimmungen maßgeblich: • Verbot inhaltlicher und redaktioneller Beeinflussung des übrigen Programms durch Werbung oder Werbetreibende (§ 7 Abs. 2 RStV), • Gebot der Trennung von Werbung und Programm (§ 7 Abs. 3 RStV), • Zulässigkeit von Dauerwerbesendungen (§ 7 Abs. 5 RStV), • Verbot von Schleichwerbung (§ 7 Abs. 6 RStV), • Verbot unlauteren Wettbewerbs (§ 3 UWG i. V. m. den Tatbeständen der § 4 Nr. 3 und 11 und § 7 UWG) (vgl. Kreile 2006). Hieraus ergeben sich starke Limitierungen für den Einsatz des Branded Entertainment sowohl im öffentlich-rechtlichen als auch im privaten Rundfunk. Placements sind abgesehen von einer Ausnahme nicht zulässig. Die Ausnahme-Regelung nach § 7 Abs. 6 besagt: „Die Einfügung virtueller Werbung in Sendungen ist zulässig, wenn 1. am Anfang und am Ende der betreffenden Sendung darauf hingewiesen wird und 2. durch sie eine am Ort der Übertragung ohnehin bestehende Werbung ersetzt wird.“ Trotz dieses strikten rechtlichen Rahmens lässt sich die Verwendung von Marken und Produkten aus rein dramaturgischen Gründen oft nicht vermeiden. Daher ist ein erlaubtes Placement immer dann gegeben, wenn durch die Produktpräsentation nicht in unzulässiger Weise in die Gestaltung des Programms eingegriffen wird und das Produkt zum Handlungsablauf gehört – wie es ja ganz im Sinne des Creative Placement ist. Grundsätzlich verboten sind jedoch Placements, die gegen Entgelt erfolgen (vgl. Krimphove 2004: 124). Folglich könnte eigentlich der Großteil der Branded-Entertainment-Kommunikationsangebote nicht gesendet werden, es sei denn, die Ausstrahlung würde über die Kennzeichnung als Dauerwerbesendung erfolgen. Für die Aufsicht über die Einhaltung dieser Regeln sind in Deutschland die Landesmedienanstalten verantwortlich. Die Programme werden dort aber nur stichprobenartig und in sehr geringem Maße verfolgt. Oftmals ist es Hinweisen von Zuschauern oder Konkurrenten des Unternehmens zu verdanken, dass ein Verstoß überhaupt entdeckt wird (vgl. Baerns 2003: 102). Und auch wenn ein Verstoß entdeckt wurde, wie bei Pro7 und Sat.1, die Dauerwerbesendungen ohne entsprechende Kennzeichnung im Abendprogramm ausstrahlten, wurden die Sender lediglich mit einer Beanstandung der Landesmedienanstalt konfrontiert (vgl. Niggenmeier/Schader 2005: 33). Mögliche Änderungen des Rundfunkrechts im Fernsehen konnten durch die im Herbst 2007 verabschiedete EU-Fernsehrichtlinie erfolgen. In dieser hat das Europäische Parlament der Deregulierung des Werbemarktes stattgegeben und der Reform der derzeit gültigen EU-Fernsehrichtlinie zugestimmt. Die neu gefasste Richtlinie „Audiovisuelle Mediendienste ohne Grenzen“ ist seit 2009 in Kraft (vgl. Europäische Kommission 2007). Das Ziel ist es, die ungleichen Wettbewerbsbedingungen aufgrund unterschiedlicher rechtlicher Rahmenbedingungen zu beseitigen, den Rechts-

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rahmen für Fernsehen und lineare audiovisuelle Dienste, insbesondere im Bereich der Werbung, zu modernisieren und zu vereinfachen sowie den Anwendungsbereich der Richtlinie an den technologischen Fortschritt anzupassen (vgl. Europäische Kommission 2007a). Schleichwerbung soll zwar aufgrund ihrer nachteiligen Wirkung auf die Verbraucher weiterhin verboten bleiben (für Beispiele erwiesener Schleichwerbung in Deutschland s. Fassihi 2008: 165 f.). Allerdings ist nach der Neufassung Product Placement und somit auch Branded Entertainment teilweise zulässig, wenn im Vor- oder Abspann ausdrücklich darauf hingewiesen wird. In Kinderprogrammen, Nachrichtensendungen und anderen Informationssendungen wird das Placement auch nach der neuen EU-Fernsehrichtlinie aber grundsätzlich ausgeschlossen. Es obliegt den einzelnen nationalen Gesetzgebern, inwieweit sie die Änderungen in nationales Recht umsetzen. In Deutschland ist am 01. 04. 2010 mit dem 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag auch die neue Regelung für das Product Placement in Kraft getreten. Eine zunehmende Liberalisierung des deutschen Werberechts ist nach US-amerikanischem Vorbild in Bezug auf vergleichende und Splitscreen-Werbung bereits vor Jahren durchgeführt worden. Dies deutet auf eine Orientierung an den USA hin und kann als Trend zur Lockerung der Werberichtlinien in Deutschland interpretiert werden (vgl. Friedrichsen/Wysterski 2004: 235 f.). Ein nationales Verbot jeglicher hybriden Programmform gilt für Deutschland als kaum haltbar. Zu groß wären die Wettbewerbsnachteile der deutschen Produzenten gegenüber anderen EU-Mitgliedsstaaten, wenn diese als einzige auf Produktplatzierungen verzichten müssten. Für die Printmedien ist, analog zum Rundfunkstaatsvertrag, die Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt im jeweiligen Landespressegesetz verankert (vgl. Duttenhöfer 2012). Doch auch im Printmedien-Sektor ist eine Verfolgung begangener Verstöße nahezu nicht vorhanden. Der Presserat verfolgte beispielsweise im Jahr 2001 zwölf von 682 Beschwerden wegen Verstoßes gegen das Trennungsgebot. Dies war kein Ausnahmefall, denn auch in den Jahren 2000 und 1999 wurde mit 13 von 534 und 21 von 456 Verstößen nur ein Bruchteil geahndet (vgl. Baerns 2003: 103). Auch hat sich durch die Rechtsprechung eine Legitimation für Branded-EntertainmentAktivitäten im Printmedien-Bereich ergeben. „In fundamental contradiction to the principle of separation discussed above, editorial marketing or communication marketing in publishing houses, and increasingly in broadcasting companies, constructs thematic links between editorial texts and advertisements or between programmes and commercial spots. As far as the print media are concerned, this active acquisition policy, as it is called, is normal practice and, incidentally, has been ruled legitimate by the highest courts referring to ‚by now usual practice‘.“ (Baerns 2003: 105)

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2.4

B II

Output

Corporate-Social-Responsibility-Kommunikation (CSR-Kommunikation) – kommunizieren, gut zu sein

2.4.1 Kommunikationsqualitative Zielsetzung der CSR-Kommunikation Von den drei kommunikationsqualitativen Kriterien fokussiert der Output der Corporate-Social-Responsibility-Kommunikation (CSR-Kommunikation) besonders die Rezeptionsrelevanz, also den Umstand, dass Marketing-Kommunikationsangebote als relevant erlebt werden sollen. Im Unterschied zur UM-Disziplin, die dies über die Schaffung eines situativen Nutzens der Marketing-Kommunikation und damit auch der Marke löst, wirkt die CSR-Kommunikation dabei aber nicht über Einflussnahme auf die Kontexte der Rezeptionssituation und der Lebenswelt von Zielpersonen, sondern über den der Marke. Die Marke erfährt über den Inhalt der Marketing-Kommunikation eine Relevanzaufladung in Richtung eines gesellschaftlichen Nutzens, da sich das Unternehmen in moralischer Hinsicht scheinbar einwandfrei verhält. Das Unternehmen verknüpft dazu in der Kommunikation Aspekte seiner gesellschaftlichen Verantwortungsübernahme mit seiner Leistungserstellung im Wirtschaftssystem. Das Ziel ist, als gesellschaftlich nützliches und damit moralisch korrektes Unternehmen im Markt und in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden.

2.4.2 Begriffliche Abgrenzungen und Definition Im wissenschaftlichen wie im praktischen Diskurs der Verantwortungskommunikation ist eine Vielzahl von Begriffen angesiedelt, die häufig synonym verwendet werden und inhaltlich ineinander verschwimmen. Die Abb. 135 gibt eine erste Hilfestellung, CSR begriff lich zu verorten. Die Begriffe der Nachhaltigkeit und der nachhaltigen Entwicklung haben international besonders durch den Brundtland-Bericht 1987, einen Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (WCED = World Commission on Environment and Development) unter Vorsitz der ehemaligen norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland, sowie durch die Umweltkonferenz 1992 in Rio de Janeiro einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht. „Die Menschheit ist einer nachhaltigen Entwicklung fähig – sie kann gewährleisten, dass die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt werden, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse zu beeinträchtigen.“ (Brundtlandreport 1987, zit n. Dosch et al. 2013)

In Zeiten, in denen der Verbrauch von Ressourcen durch den Menschen kontinuierlich zunimmt (vgl. Abb. 136), wird es immer wichtiger, Regeln zur Erhaltung dieser Ressourcen einzuführen.

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Moderne Kommunikationsdisziplinen

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Abb. 135 Systematik der Begriffe im Diskurs der Verantwortungskommunikation (Quelle: in Anlehnung an Loew et al. 2004: 70 f.)

Der Begriff der Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus der Waldwirtschaft. Dort meint er in erster Linie eine wirtschaftlich langfristige Nutzung des Waldes im Sinne eines dauerhaften Holzertrages. Im 19. Jahrhundert wurde der Begriff um den Erhalt der Landschaft und um ökologische Gesichtspunkte wie Wasserspeicherung, Sauerstoffproduktion und den Schutz vor Bodenerosion erweitert (vgl. Elsemann/Gerdes 2003: 65). Auf diesem Gedanken der Langfristigkeit bauen auch die heutigen Definitionen von nachhaltiger Entwicklung auf. Es geht um eine Form des Wirtschaftens, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre Bedürfnisse ebenfalls zu befriedigen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ 2010 – 2013) spricht auf seiner Homepage hinsichtlich nachhaltiger Entwicklung von einem Konzept, das dazu dient, „die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden. Dabei ist es wichtig, die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – wirtschaftlich effizient, sozial gerecht, ökologisch tragfähig – gleichberechtigt zu betrachten. Um unsere globalen Ressourcen langfristig zu erhalten, sollte Nachhaltigkeit die Grundlage aller politischen Entscheidungen sein.“ Auch Unternehmen sollen sich laut der Kommission an dieser nachhaltigen Entwicklung beteiligen und auf einzelwirtschaftlicher Ebene dazu beitragen. Es geht bei Corporate Sustainability (CS, unternehmerische Nachhaltigkeit) also darum, dass Unternehmen nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit so wirt-

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B II

Indikator

Maßeinheiten

Bevölkerung

Milliarden Personen

Megastädte

Städte > 8 Mio. Einwohner

Lebensmittel

Durchschnittliche Tagesproduktion in Kalorien pro Kopf

Fischerei

Jährlicher Fischfang in Mio. t

Wasserverbrauch

Output

1950

1972

2,5

3,8

5,8

2

9

25

1 980

2 450

2 770

19

58

91

Jährliche Wassernutzung in Mio. t

1 300

2 600

4 200

Fahrzeuge

Millionen angemeldete Fahrzeuge

70,3

279,5

6291)

Einsatz v. Düngemittel

Millionen t

36,52)

83,7

140,33)

Regenwaldfläche

Index der Waldfläche 1950 = 100

100

85

70

Elefanten

Millionen Tiere

6

2

0,6

1)

1997

Angaben für 1994, 2) Angaben für 1961, 3) Angaben für 1994

Abb. 136 Steigende Ressourcennachfrage der Menschheit (Quelle: World Resources Institute, zit. n. Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2001: 55, vgl. auch Pietsch 2006)

schaften, dass die eingesetzten Ressourcen auch noch nachfolgenden Generationen in gleichem Maße und in gleicher Qualität zur Verfügung stehen. Corporate Sustainability soll damit zu einer nachhaltigen Entwicklung des (globalen) Wirtschaftssystems führen, bedeutet aber gleichzeitig für das einzelne Unternehmen eine dauerhaft Sicherung der Grundlagen seines unternehmerischen Erfolgs, indem es das Prinzip der Kapitalerhaltung ernst nimmt. Während es bei wirtschaftlichen Belangen eine Selbstverständlichkeit ist, vom Einkommen und nicht vom Kapital zu leben, ist die Anwendung dieser Logik auf das ökologische Kapital (z. B. Erdöl, Wasser, Klima) und auf das soziale Kapital (z. B. Unterstützung, Vertrauen, Reputation) auch heute noch alles andere als selbstverständlich (vgl. Schaltegger/Dyllick 2002). Corporate Social Responsibility (CSR) ist als Teilbereich von unternehmerischer Nachhaltigkeit zu sehen. Sie steht für die Übernahme und das Bekenntnis zu gesellschaftlicher Verantwortung durch das Unternehmen und soll dadurch zur nachhal-

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tigen Entwicklung des Wirtschaftssystems beitragen. Während das breitere Konzept der CS auch auf eine dauerhafte Sicherung der Kapitalbasis ausgerichtet ist, stehen beim Konzept der gesellschaftlichen Verantwortung primär die Beziehungen zur Gesellschaft und deren Anliegen im Vordergrund. Die EU-Kommission gab 2001 ein Grünbuch heraus, in dem sie ihre Strategie zur wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Erneuerung der EU vorgestellt und ein einheitliches CSR-Begriffsverständnis eingeführt hat, über das im CSR-Diskurs heute weitestgehend Konsens besteht (vgl. z. B. Hirsan/Siegert 2009: 142, Loew et al. 2004: 73, Mast/Stehle 2009: 173). Übertragen in einen kommunikationsdisziplinären Zusammenhang kann dann unter CSR folgendes verstanden werden: ▶ Definition Die Kommunikationsdisziplin Corporate-Social-Responsibility-Kommunikation (CSRKommunikation) vermittelt das auf Freiwilligkeit beruhende Managementkonzept der gesellschaftlichen Verantwortungsübernahme von Unternehmen, welches den Aspekt der Nachhaltigkeit in die Unternehmenstätigkeit und in die Interaktionen mit den Stakeholdern aufnimmt und das sich auf die drei Säulen Wirtschaft, Soziales und Umwelt stützt.

Wirtschaft, Soziales und Umwelt sind drei gleichwertige und nicht voneinander isoliert betrachtbare unternehmerische Handlungsbereiche. Sie bilden das Nachhaltigkeitsdreieck (triple-bottom-line). Wirtschaftlicher Erfolg eines Unternehmens wird im Kontext der CSR-Diskussion entsprechend auch als das Resultat seiner Tätigkeiten im ökologischen und sozialen Bereich angesehen. Die CSR-Herausforderung für die Unternehmen liegt in der Schaffung von Synergien zwischen diesen Bereichen, wobei besonderes Augenmerk auf die Unterbindung von Zielverletzungen gelegt werden muss, die aus den Interdependenzen dieses dreistelligen Wirkungsgefüges resultieren (vgl. Kuhlen 2005). Dieses CSR-Verständnis liegt auf einer Linie mit Archie Carrolls CSR-Definition aus dem Jahr 1979 (vgl. Carroll 1979: 500), das in der weitverbreiteten und in Wissenschaft wie Praxis gleichermaßen allgemein akzeptierten CSR-Pyramide mündet (vgl. Abb. 137). Demnach muss ein Unternehmen unterschiedlichen Ebenen der Verantwortung genügen: einer (1) ökonomischen, einer (2) gesetzlichen, einer (3) ethischen – im Sinne der Einhaltung von informellen moralischen Rahmenbedingungen, also von Handlungsnormen, die nicht formell im Recht verankert sind (Stichwort: nachhaltige Produktion von Gütern) – und einer (4) philanthropischen Ebene, die sich auf die Gemeinwohlförderung bezieht, z. B. in Form von Spenden. Diesem integrativen CSR-Verständnis zufolge muss gesellschaftlich verantwortliches Handeln den Unternehmen zumutbar sein; in der Terminologie der ökonomischen Ethik formuliert: Es muss anreizkompatibel sein (vgl. Suchanek 2007: 49, Suchanek/Lin-Hi 2008: 74). Von keinem Unternehmen kann erwartet werden, dass es

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B II

Output

Abb. 137 CSR-Pyramide (Quelle: Carroll 1991: 42)

im Namen von Moral beziehungsweise Verantwortung systematisch gegen sein Interesse der Profitmaximierung handelt. Das CSR-Konzept liefert den Überbau für Corporate Citizenship (CC), das als derjenige Managementbereich von CSR zu aufzufassen ist, der sich mit der Beziehung des Unternehmens zu seinen lokalen und regionalen Gemeinschaften beschäftigt. Während sich CSR mit der strategisch ausgerichteten Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung des Unternehmens befasst, geht es bei Corporate Citizenship hauptsächlich um gesellschaftsbezogene Tätigkeiten eines Unternehmens ohne einen notwendigen Zusammenhang mit seinem Geschäft (vgl. Hirsan/Siegert 2009: 143). CC umfasst Spenden, Sozial-, Öko- und Kultur-Sponsoring (Corporate Giving), die Gründung von gemeinnützigen Unternehmensstiftungen (Corporate Foundation) sowie das Engagement für soziale Zwecke unter direktem Einbezug der Mitarbeiter (Corporate Volunteering). Durch dieses bürgerschaftliche Engagement in sozialen und kulturellen Bereichen wollen Unternehmen erreichen, dass sie von ihren Stakeholdern als konstruktive Mitglieder der Gesellschaft angesehen werden (vgl. Werther/Chandler 2014). Dabei soll sowohl ein Nutzen für das Unternehmen, vor allem ein Imagegewinn, als auch für das Gemeinwesen entstehen (Win-win-Situation). Ein wichtiger Punkt bei CC ist die bewusste und gezielte Kommunikation des gesellschaftlichen Engagements gegenüber möglichst vielen Zielgruppen. Die exter-

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ne Kommunikation von CSR bezieht sich deshalb häufig schwerpunktmäßig auf publikumswirksame CC-Aktivitäten mit der Absicht, das Ansehen des Unternehmens in der Öffentlichkeit zu steigern. Corporate Governance (CG) ist ein weiterer Teilaspekt von CSR. Sie bezieht sich auf die Funktionsweise der Leitungsorgane im Unternehmen, ihre Zusammenarbeit und die Kontrolle ihrer Handlungen. Die Auseinandersetzung mit Anreiz- und Kontrollstrukturen zielt vor allem darauf, Fehlverhalten des Managements zu vermeiden (vgl. Bassen et al. 2006: 234 f., Plessis et al. 2005: 2, Spira 2002: 3). CG bezeichnet also den rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen für die Leitung und Kontrolle eines Unternehmens im Sinne einer freiwilligen Selbstverpflichtung (vgl. Gazdar et al. 2006). Dies betrifft die Regelung sowohl interner als auch externer Vorgehensweisen bei der Unternehmensführung. Die Unternehmen verpflichten sich, ihren jeweiligen individuellen Corporate-Governance-Verhaltenskodex vollständig einzuhalten. Dadurch soll das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Transparenz des Unternehmens bzw. der Unternehmensführung gestärkt werden. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei Social Marketing nicht, wie vielfach angenommen, um das Marketing sozialer Belange seitens der Unternehmen handelt. Es bezieht sich vielmehr auf das Marketing von Organisationen, die nichtkommerzielle Ziele verfolgen, also um das Marketing von Non-Profit-Organisationen, die sich mit der Lösung von sozialen und ökologischen Aufgaben befassen (vgl. Tropp 2005). Das Social Marketing, inklusive des Fundraisings, hat in den vergangenen Jahren eine enorme Professionalisierung erfahren. Dies spiegelt sich nicht zuletzt in der Tatsache wider, das der Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA im Jahr 2005 den Social EFFIE ins Leben gerufen hat, einen Preis, der unter den Kommunikationsagenturen für „Leistungen in der gesellschaftlich relevanten Kommunikation“ vergeben und der mittlerweile in den EFFIE integriert wurde.

2.4.3 Entwicklung der CSR-Kommunikation 2.4.3.1 Geschichtliche Entwicklung des CSR-Konzeptes und der CSR-Kommunikation

Ein kurzer Blick auf die geschichtliche Entwicklung des CSR-Konzeptes zeigt, dass die Debatte über die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen keinesfalls neu ist. Bereits Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts haben Unternehmen mit sozialen Leistungen Verantwortung für ihr unternehmerisches Unfeld übernommen. Genannt werden können beispielsweise Andrew Carnegie, Henry Ford, George Cadbury oder auch Alfred Krupp. Indem sie Gesundheitsprogramme für ihre Mitarbeiter aufsetzten und Wohnungen für die Arbeitskräfte bereitstellten, verbesserten die Unternehmer die Lebensbedingungen in ihrem unmittelbaren Umfeld (vgl. Bassen et al. 2005: 231). In der historischen Betrachtung gilt der inhaltliche Schwer-

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B II

Output

punkt des CSR-Konzeptes somit der sozialen und nicht der ökologischen Komponente des Nachhaltigkeitsdreieckes, wie es auch der Begriff widerspiegelt. In den 1930er Jahren wurden dann seitens der Wissenschaft die ersten CSR-Konzepte entwickelt, wobei die Publikation „Social Responsibilities of the Businessmen“ von Howard R. Bowen (1953) den Beginn der modernen CSR-Forschung markiert. Bowen argumentiert aus der Erkenntnis heraus, dass das Wirtschaftsleben in vielen Bereichen Einfluss auf das Leben und die Umwelt der Bürger nimmt. Er leitet daraus einen Fragenkatalog hinsichtlich der Verpflichtungen ab, die sich daraus für die Unternehmen ergeben. Bowen kommt zu der Schlussfolgerung, dass sich die soziale Verantwortung der Unternehmer an den gesellschaftlichen Erwartungen und Werten orientieren muss. Daher hebt er die Notwendigkeit hervor, dass Unternehmer neben dem wirtschaftlichen Erfolg auch Verantwortung für gesellschaftliche Belange übernehmen müssen. In den Folgejahren war die Diskussion über das CSR-Verständnis von zwei zentralen Punkten dominiert. Zum Ersten wurde von einigen Autoren betont, dass die soziale Verantwortungsübernahme von Unternehmen auf Freiwilligkeit beruhen muss. CSR wird aus dieser Perspektive als Handlungsbereich begriffen, der mehr oder minder abgekoppelt von ökonomischen und rechtlichen Überlegungen in Unternehmen existiert. Als Repräsentanten dieser Sichtweise können Henry Manne und Henry Wallich (1972: 5) angeführt werden: „Another aspect of any workable definition of corporate social responsibility is that the behavior of the firms must be voluntary“. Zum Zweiten wurde grundsätzlich an dem Begriff „social responsibility“ Kritik geübt. Stellvertretend können Robert Ackerman und Raymond Bauer (1976: 6) genannt werden, die argumentieren, dass „social responsibility“ nur die Absicht und Motivation zu sozialer Verantwortungsübernahme der Unternehmen fokussiert und zu wenig die konkrete Handlungsebene konnotiert, weswegen der Begriff der „social responsiveness“ vorzuziehen sei. „Responding to social demands is much more than deciding what to do. There remains the management task of doing what one has decided to do, and this task is far from trivial.“ (ebd.)

Diese Begriffsdiskussion führte schließlich dazu, dass der Begriff Corporate Social Performance (CSP) entstand, mit dem die Maßnahmenebene des Unternehmens soziale Belange in seiner Umwelt betreffend betont wurde. Obwohl diese Perspektive breiten Zuspruch fand, so auch beispielsweise von Archie Carroll (1991: 40), wurde terminologisch aufgrund des historischen Hintergrundes an „social responsibility“ festgehalten, wobei aber fortan stets die Ebene der konkreten Maßnahmen und der Implementierung unternehmerischer Verantwortungskonzepte impliziert war. „While we recognize the vitality of the performance concept, we have chosen to adhere to the CSR terminology for our present discussion. With just a slight change of focus, how-

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ever, we could easily be discussing a CSP rather than a CSR pyramid. In any event, our long-term concern is what managers do with these ideas in terms of implementation.“ (ebd.)

Die hohe Bedeutung der CSR-Handlungsebene findet heute ihren Niederschlag im Nachhaltigkeitsbericht der Unternehmen, in dem sie ihre gesellschaftlichen und ökologischen Leistungen detailliert und nachprüfbar darstellen, sowie in der Debatte über Greenwashing, womit die Kluft zwischen der unternehmerischen CSR-Handlungsebene und der Kommunikation von CSR-Maßnahmen zu Imagezwecken gemeint ist (vgl. Mies 2009: 197 f.). In den 2000er Jahren hat eine regelrechte Explosion der CSR-Kommunikation stattgefunden, was auf eine deutliche Bedeutungszunahme von CSR in der deutschen Unternehmenslandschaft hindeutet. Dies verdeutlicht ein Blick auf die Entwicklung der CSR-Kommunikationsangebote in Form von Anzeigen. Der Anteil der Unternehmensanzeigen, die mit gesellschaftlichem und/oder ökologischem Engagement werben, ist von 2002 bis 2008 in den Zeitschriften Spiegel, Focus und WirtschaftsWoche überproportional gestiegen (s. Abb. 138, 139).

Abb. 138 Prozentuale Anteilsentwicklung der CSR-Anzeigenwerbung (Basiswerte: 2002: Der Spiegel n = 811, Focus n = 949, WirtschaftsWoche n = 619; 2003: Der Spiegel n = 800, Focus n = 812, WirtschaftsWoche n = 560; 2004: Der Spiegel n = 775, Focus n = 694, WirtschaftsWoche n = 529; 2005: Der Spiegel n = 692, Focus n = 702, WirtschaftsWoche n = 560; 2006: Der Spiegel n = 828, Focus n = 766, WirtschaftsWoche n = 658; 2007: Der Spiegel n = 646, Focus n = 620, WirtschaftsWoche n = 542; 2008: Der Spiegel n = 584, Focus n = 528, WirtschaftsWoche n = 489) (Quelle: Mögele/Tropp 2009: 352)

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B II

Output

Abb. 139 CSR-Anzeigen am Beispiel der Unternehmen EnBW und BASF aus dem Jahr 2006

So nahm der Anteil der CSR-Anzeigenwerbung an der gesamten Anzeigenwerbung von Unternehmen in den untersuchten Ausgaben der drei Zeitschriften von 1,93 auf 10,07 Prozent zu, was einer Steigerung von 421 Prozent entspricht. Im Einzelnen stieg der Anteil • • •

im Spiegel von 2 Prozent (16 Anzeigen) im Jahr 2002 auf 10,8 Prozent (63 Anzeigen) im Jahr 2008 (+ 448 Prozent) in der WirtschaftsWoche von 1,6 Prozent (10 Anzeigen) im Jahr 2002 auf 9,0 Prozent (44 Anzeigen) im Jahr 2008 (+ 455 Prozent) und in der Zeitschrift Focus von 2,2 Prozent (21 Anzeigen) im Jahr 2002 auf 10,4 Prozent (55 Anzeigen) im Jahr 2008 (+ 371 Prozent).

2.4.3.2 Evolutionstreiber des CSR-Konzeptes und seiner Kommunikation

Zur Erklärung der rasanten Entwicklung der CSR-Kommunikation in der jüngeren Zeit können Evolutionstreiber identifiziert werden. Sie sorgen unterm Strich dafür, dass sich die Unternehmen heute unumgänglich der unternehmenskommunikativen Herausforderung CSR strategisch qua ihrer Bearbeitung in einer eigenständigen Kommunikationsdisziplin annehmen müssen. Diese Evolutionstreiber liegen näm-

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lich primär auf einer gesellschaftlichen Makroebene und damit außerhalb des unmittelbar beeinflussbaren Entscheidungs- und Gestaltungsspielraumes des einzelnen Unternehmens. Erklärungen, die im Rahmen eines instrumentellen Ansatzes ausschließlich auf der Mesoebene ansetzen und normativ Handlungsanleitungen für Unternehmen bereithalten, damit diese beziehungsweise ihre Marken über eine moralische Positionierung einen ökonomisch definierten Wettbewerbsvorteil erlangen können (vgl. z. B. Porter/Kramer 2003), greifen daher zu kurz. Thesenartig sind vor allem folgende Evolutionstreiber zu nennen: • Zunehmender Bedarf an moralischer Absicherung der Wirtschaftslogik: Ausgehend von Freemans (1984) Stakeholder-Theorie ist die Zunahme an Verantwortungskommunikation der Unternehmen das Resultat ihrer Kontrolle durch eine Anzahl unterschiedlicher interner (Mitarbeiter, Aktionäre, Investoren) und externer (Kunden, Non-Profit-/Nichtregierungsorganisationen, Arbeitnehmerund Arbeitgeberverbände, Medien etc.) Anspruchsgruppen. Entsprechend ist zu folgern, dass die Erwartungen der Stakeholder an unternehmerisches Handeln in punkto moralischer Korrektheit gestiegen sind und die Unternehmen diese Erwartungshaltung ihrem Wirtschaften zugrunde legen müssen, wollen sie nicht ihre license to operate riskieren. Die Amoralität der zentralen, Sinn konstituierenden Unterscheidung des Wirtschaftssystems, nämlich Zahlen/Nichtzahlen, fordert damit – so kann mit Niklas Luhmann (2016) gefolgert werden – in verstärktem Maße eine moralische Absicherung ein. So wie im Sport ein zweifelsfreies moralisches Urteil über Doping besteht, das den Code des Sportsystems Siegen/Verlieren stützt, im Wissenschaftssystem diese moralische Absicherung über die Beurteilung des Plagiats und in der Politik über die der Korruption erfolgt, so übernimmt in der Wirtschaft verstärkt die moralische Verurteilung gesellschaftlicher Verantwortungslosigkeit die Sicherung der Identität des ökonomischen Systems (vgl. ebd.: 172). Diese Entwicklung muss im Zusammenhang mit einer Umstrukturierung der Verantwortungsverhältnisse in der Gesellschaft gesehen werden. • Verschiebung gesellschaftlicher Verantwortungsübernahme vom politischen System zu den Unternehmen Vor einem gesellschaftspolitischen Hintergrund kann die Hypothese aufgestellt werden, dass sich die von Dirk Matten und Jeremy Moon (2004) diagnostizierte Verschiebung in der Balance von impliziter und expliziter CSR in Richtung expliziter CSR in Deutschland bemerkbar macht. Die Unternehmen übernehmen demnach gemäß ihrer Corporate Policy zunehmend explizit Verantwortung für gesellschaftliche Themen, gleichzeitig verliert der formelle und informelle institutionelle Bezugsrahmen des politischen Systems zur Regelung der unternehmerischen Verantwortung, die implizite CSR, an Bedeutung. Inwiefern dies in einem Zusammenhang mit Interventionen des politischen Systems in den Geldmarkt und auch in die Bestandssicherung einzelner Wirtschaftsorganisationen in den

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Output

Jahren 2008/2009 zu sehen ist, bedarf noch der Klärung. Grundsätzlich lässt sich aber konstatieren, dass gesellschaftliche Verantwortung stärker als in der Vergangenheit der individuellen Entscheidungsfreiheit der Unternehmen überlassen wird, so wie es in den USA traditionell der Fall ist. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielschichtig und liegen nicht nur in den von Matten und Moon (ebd.: 344) genannten Regierungsversäumnissen, sondern sind vor allem auch im Bereich soziostruktureller Veränderungen und Marktentwicklungen zu finden. • Soziostrukturelle Veränderungen und Marktentwicklungen Nico Stehr (2007: 49 f.) hat eine Reihe derartiger Entwicklungen identifiziert, die die Moralisierung der Märkte mitbestimmen und von denen angenommen werden kann, dass sie auch zur Moralisierung der Unternehmens- und MarketingKommunikation beitragen. Stichpunktartig sind zu nennen: • Das Wachstum des Wissens, nicht zuletzt auch dank des Internets, lässt die Konsumenten nicht länger als passive und hilflose, sondern als aktive und kritische Akteure erscheinen, deren Handlungsoptionen, soziale Bindungen, Bedürfnisse, Werte und Interessen sich verbessert und verändert haben. • Die soziale Extension der Märkte erfasst zunehmend Aktivitäten und Dinge, die traditionell nicht unter dem Einfluss der Wirtschaftslogik standen, wie z. B. das Gesundheits- und Bildungssystem. • Die Globalisierung bringt einen zunehmenden Einfluss transnationaler Organisationen (z. B. EU, OECD, Weltbank, NAFTA) mit sich, die weltweit relevante Marktregeln verabschieden. • Marktentwicklungen wie die materiellen Erfolge der Marktwirtschaft, die Fehlentwicklungen und das Fehlverhalten einzelner Marktteilnehmer (z. B. im Bereich der Bilanzierung) und die demografische Strukturverschiebung der Marktteilnehmer führen zu einer Veränderung der Interessen, Wertevorstellungen und Geldverteilung mit Konsequenzen für die moralischen Ansprüche und Erwartungshaltungen der Marktakteure. • Medialisierungseffekte im Wirtschaftssystem Schließlich kann noch ergänzt werden, dass sich die beträchtliche Zunahme an CSR-Kommunikation den Medialisierungsprozessen im Wirtschaftssystem verdankt (vgl. Kap. A 4.2). Den Medien kommt heute auf der gesellschaftlichen Makroebene besondere Bedeutung zu, wie es die Redeweise von der Mediengesellschaft ja auch zum Ausdruck bringt. Die moralische Aufladung der Unternehmenskommunikation einschließlich der Marketing-Kommunikation kann dann als Reaktion auf die präferierte Skandalierungskommunikation der Medien aufgefasst werden. Korruption, Manipulation und intransparentes Handeln seitens der Unternehmen sind bei den Medien willkommene Themen der Berichterstattung, die diese angereichert mit moralisch aufgeladenen Begriffen und Urteilen wie „Abzocker“ und „Heuschrecken“ der Gesellschaft präsentieren. Die Unternehmen werden bedingt durch die Reflexivitätsverhältnisse der Kommunikation so indirekt durch die Medien dazu gezwungen, sich zu ihrer gesellschaftlichen

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Verantwortung zu bekennen. Sie erwarten die Moralerwartungen der Öffentlichkeit und müssen basierend auf diesen Erwartungserwartungen kommunizieren und agieren, wenn sie nicht das Risiko eingehen wollen, sich der Skandalorientierung des Mediensystems auszuliefern (vgl. auch Schranz 2007: 128 f.).

2.4.4 Konzeptionelle CSR-Positionen Was heißt es für ein Unternehmen, gesellschaftlich verantwortlich zu sein und dies zu kommunizieren ? In der Debatte über die konzeptionelle Ausrichtung der gesellschaftlichen Verantwortung eines Unternehmens lassen sich drei grundsätzliche Positionen unterscheiden. Zunächst ist festzuhalten, dass CSR, unabhängig von seiner jeweiligen unternehmensspezifischen konzeptionellen Basis, innerhalb der Unternehmensethik, einem Teilbereich der angewandten Ethik, einzuordnen ist. Analog zur wissenschaftlichen Betrachtung der Moral durch die Ethik befasst sich die Unternehmensethik mit Fragen der moralischen Unternehmensführung (vgl. Pieper 2017). CSR geht also aus der Unternehmensethik hervor, folglich kann sie nur dann erfolgreich praktiziert werden, wenn in einem Unternehmen ein individuelles ethisches Grundverständnis besteht und fest in der Unternehmenskultur verankert ist. Die Unternehmenskultur stellt als Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg damit auch die Grundlage für die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung dar. Innerhalb dieser konzeptionellen Rahmung lassen sich zwei Extrempositionen sowie eine integrierende, vermittelnde Haltung identifizieren. Die erste Extremposition ist eng an den Namen Milton Friedman und an den neoliberalen Ansatz geknüpft. Sie polarisiert Markt versus Moral und begreift gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen ausschließlich als die Maximierung des Gewinns im Interesse der Shareholder mit legalen Mitteln. „Few trends could so thoroughly undermine the very foundations of our free society as the acceptance by corporate officials of a social responsibility other than to make as much money for their stockholder as possible.“ (Friedman 1962: 133)

Dieser Position steht der traditionelle individualethische Ansatz gegenüber, der sich über Kant hinaus schon bei Seneca findet und der das Gute als absolut setzt. Dieses ist um seiner selbst willen anzustreben, womit Lohnmoral strikt abgelehnt wird (vgl. Schumacher 1999: XLII). Die Frage, ob es sich lohnt, gut zu sein, kann sich also erst gar nicht stellen, da Moral und Verantwortungsfähigkeit an der Pflicht festgemacht werden, aus normativer Hörigkeit auch gegen die eigenen Interessen zu handeln (vgl. Beckmann/Pies 2008: 58). Die dritte, Markt- und Moralorientierung integrierende Position liegt dem Mainstream der heutigen CSR-Debatte zugrunde und führt Wirtschaft, Soziales und Um-

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B II

Output

welt in einem CSR-Ansatz zusammen, was auch in der CSR-Definition und Archie Carrolls CSR-Pyramide zum Ausdruck kommt (vgl. Kap. B II 2.4.2). Der neoliberale Ansatz mit seinem festen Glauben an den Markt und an Shareholder-Value verliert als konzeptionelle CSR-Position zunehmend an Akzeptanz. Die nicht erwünschten Nebenwirkungen der Globalisierung und der Dynamik freier Marktkräfte wie Massenentlassungen bei Rekordgewinnen, Standortverlegungen und die Schließung hiesiger Betriebe sowie die Finanzkrise des Jahres 2008 erschüttern das Vertrauen in das neoliberale Gesellschaftsmodell schwer (vgl. Söllner/Mirković 2009: 86). Ganz anders steht es um den traditionellen individualethischen Ansatz. Theorie und Praxis der CSR und ihrer Kommunikation sind nicht gut beraten, wenn sie diesen Ansatz heute komplett ausblenden und sich zügig dem Common Sense der integrativen CSR-Theorie anschließen. Die starke Verwurzelung der Dichotomie von Geld versus Moral, besonders seitens des Konsumenten, die ja gerade für die Wahrnehmung des Greenwashing-Phänomens verantwortlich zeichnet, würde zu wenig berücksichtigt und gewissermaßen zugunsten theoretischer Stringenz im Zeichen des Vernetzungsparadigmas empirisch eingeebnet werden. So haben beispielsweise Urša Golob et al. (2008) in einer Studie nachgewiesen, dass die postulierte ökonomische Dimension in Archie Carrolls CSR-Pyramide aus Konsumentensicht nicht Teil des CSR-Konstruktes ist, wie es von der einschlägigen Literatur aber vorgeschlagen wird (vgl. ebd.: 92). Sie kommen zu dem Schluss: „Maybe a more sound definition (from a consumer or stakeholder point of view) would be that CSR incorporates all societal obligations that are expected of the companies beyond economic (and legal) ones or activities that are based on some ethical or philanthropic motivation“ (ebd., vgl. auch Wichert 2009: 101). Die Beziehung von Geld und Moral steuert also die Lesart des CSR-Konzeptes als Business Case und die Rezeption der CSR-Marketing-Kommunikationsangebote. Verantwortungsübernahme und ihre Kommunikation ist für das Unternehmen daher idealerweise eine lohnende Investition in den betriebswirtschaftlichen Erfolg, die vorökonomische und ökonomische Wirkungen zeitigt und auf die auch in Krisenzeiten nicht zu verzichten ist (vgl. Hansen/Schrader 2005: 384, s. Abb. 140, kritisch dazu Imhof 2009: 20). Es ist aber keinesfalls zu folgern, dass CSR unter betriebswirtschaftlicher Betrachtung als eine Synthese von Moral und Geld verstanden werden muss, dass CSR also zwingend an ökonomische Zielsetzungen gekoppelt ist. Ursula Hansen und Ulf Schrader (ebd.: 387) verweisen auf die Vielzahl von unternehmerischen Entscheidungsträgern, vor allem im mittelständischen Bereich, die sich explizit darüber im Klaren sind, dass ihr gesellschaftliches Engagement keinen positiven Einfluss auf das Geschäftsergebnis hat. Hier handelt es sich dann gemäß der Taxonomie der Begriffe im Diskurs der Verantwortungskommunikation (vgl. Kap. B II 2.4.2) um Corporate Citizenship, die nicht in ein umfassendes CSR-Konzept integriert ist. Hansen und

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Abb. 140 Der Business Case für CSR (Quelle: Hansen/Schrader 2005: 385)

Schrader kommen zu dem Ergebnis: „Wer von CSR nur etwas als Business Case versteht, versteht auch davon nichts“ (ebd.). Auch Bryan Husted und José De Jesus Salazar (2006: 76 f.) sehen die Möglichkeit der Dichotomisierung von Geld versus Moral und modellieren eine Kosten-NutzenAnalyse von CSR, bei der sie zwischen unterschiedlichen CSR-Arten unterscheiden. Altruistische CSR bezeichnet Unternehmensmaßnahmen, die ausschließlich auf soziale und/oder ökologische Wirkungen zielen, ungeachtet ihres Einflusses auf das monetäre Unternehmensergebnis. Die erzwungene CSR ist das Ergebnis von Regulierungsmaßnahmen seitens des Staates, und erst Maßnahmen der strategischen CSR verknüpfen das gesellschaftliche Engagement mit dem Erzielen ökonomischer Vorteile. Zusammenfassend lässt sich die eingangs des Kapitels gestellte Frage, was es für ein Unternehmen heißt, gesellschaftlich verantwortlich zu sein und dies zu kommunizieren, dahin gehend beantworten, dass die jeweilige Unternehmenskultur die Ausrichtung der konzeptionellen CSR-Position steuert und dass der Standpunkt eines integralen Verhältnisses von Geld und Moral, wie es die moderne CSR-Forschung postuliert, bei den Marktakteuren lediglich gegeben sein, aber nicht als gegeben vorausgesetzt werden kann.

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Output

2.4.5 Erscheinungsformen der CSR-Kommunikation Die Erscheinungsformen der CSR-Kommunikation sind äußerst vielfältig. Inhaltlich reichen sie von der • Aufforderung zum sparsamen Umgang mit Papier in der E-Mail-Signatur (z. B.: „Please consider the environment before printing this email“, Agentur Rapp/London 2009) über • die Nutzung eines Öko- oder Sozial-Labels, das Ausdruck der Zertifizierung durch eine unabhängige Organisation ist (vgl. Abb. 141) und • die Thematisierung der Unterstützung von lokalen und regionalen Projekten (z. B. Initiative „Bunte Kreise“ des Pharmaunternehmens Betapharm) bis hin zu • Mitteilungen betreffend die Initiierung von Foren und Thinktanks für nachhaltige Entwicklung und die Gründung von Stiftungen (z. B. Dove Self-Esteem-Fund des Unternehmens Unilever, McDonald’s Kinderhilfe Stiftung des Unternehmens McDonald’s) oder sogar • Berichten über die Schaffung und die Arbeit von nationalen und internationalen Interessenvertretungen (z. B. csrgermany, csreurope, econsense) (vgl. auch Söllner/Mirković 2009: 88). Auch hinsichtlich der Art, wie die Unternehmen ihre CSR-Aktivitäten kommunizieren, lässt sich ein sehr heterogenes Bild ausmachen, das von einer eher zurückhaltenden und dezenten Kommunikation bis hin zu einer, die mit erheblichem Mediadruck realisiert wird, reicht. Der Grund für dieses breite Spektrum an CSR-Erscheinungsformen ist wieder in der jeweiligen Spezifik der Unternehmenskultur zu sehen, die den Umgang mit Moral und deren Kommunikation regelt. Trotz dieser Heterogenität Inhalt und Art der Kommunikation betreffend deutet die rasante Entwicklung von CSR als Marketing-Kommunikationsdisziplin doch zweifelsfrei auf die bestehende Gemeinsamkeit hin, dass die Unternehmen Ziele im Bereich der langfristigen Reputations- und Wertsteigerung verfolgen und sie die Kommunikation dieser Ziele und entsprechender Maßnahmen als relevant für den Rezipienten und Konsumenten einstufen.

Abb. 141 Beispiele von Öko- und Sozial-Labels

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Zwei Erscheinungsformen der CSR-Kommunikation sind besonders hervorzuheben, da sie mittlerweile, zumindest unter den Großunternehmen, zum CSR-kommunikativen Standardrepertoire gezählt werden können: die Nachhaltigkeitsberichterstattung und die Cause-related-Marketing-Kommunikation.

2.4.6 Nachhaltigkeitsberichterstattung Das zentrale Instrument der unternehmerischen Nachhaltigkeitsberichterstattung ist der Nachhaltigkeitsbericht. Die Unternehmen belegen mit diesem jährlich oder halbjährlich veröffentlichten Bericht, dass sie ihre gesellschaftliche Verantwortung nachprüfbar ernst nehmen. Der Nachhaltigkeitsbericht gilt als offizieller Beleg der Umsetzung von CSR-Maßnahmen, wenngleich, so merkt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU 2009: 5 f.) an, die Existenz eines derartigen Berichts noch keine Garantie dafür ist, dass Unternehmen tatsächlich eine nachhaltige Unternehmenspolitik verfolgen. Das BMU (ebd.) weist darauf hin, dass der Nachhaltigkeitsbericht als Instrument der internen und externen Unternehmenskommunikation einerseits börsennotierten Unternehmen zunehmend dazu dient, Investoren und Analysten neben ihren Finanz- und Geschäftsberichten auch eine ökologische und soziale Bilanz vorlegen zu können, was die hohe Qualität des Unternehmens dokumentieren soll. In kleineren Unternehmen ist andererseits die Nachhaltigkeitsberichterstattung häufig eine Folge der Einführung von Umweltmanagementansätzen. Unabhängig von dem jeweiligen konkreten unternehmerischen Hintergrund soll sich die Nachhaltigkeitsberichterstattung an den folgenden Grundsätzen orientieren (vgl. BMU 2009: 6): • Wahrheit: Die im Nachhaltigkeitsbericht getroffenen Aussagen sollen den Tatsachen entsprechen und ausgewogen positive wie negative Sachverhalte darstellen. So soll eine angemessene Einschätzung der Nachhaltigkeitsleistung ermöglicht werden. • Wesentlichkeit: Die relevanten Informationen über die wichtigen Nachhaltigkeitsaspekte sollen im Nachhaltigkeitsbericht enthalten sein. Dabei sollen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende vermutete Risiken erwähnt werden. Falls branchenübliche Daten und Informationen nicht dargestellt werden, sollte dies erklärt werden. • Klarheit: Der Nachhaltigkeitsbericht soll übersichtlich gegliedert sowie klar, eindeutig und verständlich formuliert sein. • Stetigkeit und Vergleichbarkeit: Der für die Bilanzierung maßgebliche Zeitraum und das Gebiet sollen angegeben werden. Um eine Vergleichbarkeit im Zeitablauf sicherzustellen, soll die inhaltliche Struktur des Nachhaltigkeitsberichts eines Unternehmens beibehalten werden. Ebenfalls sollen Erhebungs- und Bewertungsmethoden dauerhaft angewendet und im Internet veröffentlicht werden. Kenn-

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Output

zahlen sollen sich an allgemein anerkannten Definitionen orientieren und die Quellen von Benchmarks, auf die Bezug genommen wird, sollen genannt werden. Öffentlicher Zugang zu Informationen: Der Nachhaltigkeitsbericht soll problemlos für die Öffentlichkeit, beispielsweise über das Internet, einsehbar sein.

Um zu einer Standardisierung und Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu gelangen, wurde 1997 die Global Reporting Initiative (GRI) gegründet. Sie verfolgt dieses Ziel mittels der Etablierung global anwendbarer Richtlinien, die zu einer Optimierung der Qualität, Anwendbarkeit und Detailgenauigkeit der Berichterstattung führen sollen. Kompatibel mit den oben genannten Grundsätzen der Nachhaltigkeitsberichterstattung des BMU basieren die GRI-Guidelines auf den zehn Prinzipien: A Prinzipien zur Festlegung des Berichtsinhalts: • Berücksichtigung der Erwartungen und Interessen der Stakeholder („Stakeholder Inclusiveness“) • Nachhaltigkeitskontext („Sustainability Context“) • Relevanz der Inhalte („Materiality“) • Vollständigkeit („Completeness“) B • • • • • •

Prinzipien zur Festlegung der Berichtsqualität Ausgeglichenheit (positive und negative Aspekte) („Balance“) Vergleichbarkeit („Comparability“) Genauigkeit („Accuracy“) Regelmäßigkeit („Timeliness“) Verständlichkeit („Clarity“) Zuverläßigkeit („Reliability“)

Diese sind Teil des GRI-Leitfadens, der in der vierten überarbeiteten Fassung (G4) vorliegt (vgl. GRI 2013: 16 f.). Neben der GRI sind in den letzten Jahren eine Reihe von nationalen und internationalen Ratings und Rankings für Nachhaltigkeitsberichte geschaffen worden (z. B. Sustainability-Ranking, Oekom-Ranking, AccountAbility-Rating), die die ökologische, soziale und ökonomische Performance der Unternehmen, oftmals in Anlehnung an die GRI-Guidelines, analysieren und bewerten. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung hat mittlerweile auch die Kommunikationsbranche erreicht. So hat die Kommunikationsagentur Johanssen + Kretschmer 2008 als erste Agentur in Deutschland einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht, der sich an dem G3-Berichtsrahmen der GRI orientiert (vgl. Johanssen + Kretschmer 2008). Natürlich soll diese Maßnahme der Agentur auch der Neugeschäftsanbahnung dienen, indem sie zukünftig im Markt ihr Wissen um die Erstellung derartiger Berichte belegen und eine entsprechende Dienstleistung anbieten kann. Desweiteren wird

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von den Agenturen versucht, das Thema Nachhaltigkeit auch kreativ in Kommunikationsangeboten aufzubereiten. Beispiel für kreative nachhaltige Kommunikation

Die Agentur Serviceplan hat für das Unternehmen Austria Solar einen Geschäftsbericht kreiert, der erst durch Sonnenlicht rezipierbar wird. Unter künstlichem Licht bleiben die Seiten vollkommen weiß. Erst unter Sonneneinstrahlung kommen Texte und Abbildungen in verschiedenen Farben zum Vorschein und verschwinden ohne natürliches Licht wieder.

Seit 1999 ist die Zahl der Berichte, die sich an den GRI-Guidelines orientieren, kontinuierlich gestiegen. Für 2012 konnten über 2000 berichtende Unternehmen gezählt werden, wobei die meisten angelsächsischer Herkunft sind (vgl. GRI o. J.). Die positive Entwicklung bei der Berichterstattung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die weltweit herausgegebene Anzahl von Nachhaltigkeitsberichten immer noch sehr gering ist. Berichte werden vor allem von großen Konzernen aus hoch entwickelten Ländern veröffentlicht, diese machen jedoch lediglich circa 2 Prozent aller international operierenden Unternehmen aus (vgl. BMU 2007: 5). In Deutschland weist die Entwicklung der Publikation von Nachhaltigkeitsberichten von 2000 bis 2006 ein Wachstum von 58 Prozent auf. Circa 100 Unternehmen legen hier aktuell Nachhaltigkeitsberichte vor, wobei es sich vor allem um die börsennotierten Großkonzerne handelt. So berichten 75 Prozent der DAX-30-Unternehmen über ihr integriertes ökonomisches, soziales und ökologisches Handeln. Im internationalen Vergleich gehört Deutschland mit einem Anteil von 4 Prozent an den weltweit veröffentlichten Berichten jedoch zu den Nachzüglern. An der Spitze liegen Großbritannien (16 Prozent), die USA (9 Prozent) und Japan (7 Prozent) (vgl. ebd.). Als Gründe für die Konzentration der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Großunternehmen können die größeren Kommunikationsbudgets dieser Unternehmen genannt werden. Vor allem ist aber auch der durch den gesellschaftlichen Meta-Prozess der Medialisierung herrschende enorme öffentliche Rechtfertigungs- und Skandal-Präventionsdruck auf die Großunternehmen anzuführen, und zwar nicht mehr nur in den traditionellen ökologiekritischen Branchen – beispielsweise im Energieund Mineralölverarbeitungsbereich oder in der chemischen Industrie und der Verkehrsbranche –, sondern quer über alle Branchen hinweg. Dies ist besonders auf die Bedeutungszunahme der sozialen Komponente im Nachhaltigkeitsdreieck zurückzuführen, wie unter anderem das Beispiel der Mitarbeiterbespitzelung beim Handelsunternehmen Lidl aus dem Jahr 2008 in Deutschland deutlich gemacht hat.

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2.4.7 Cause-related-Marketing-Kommunikation (CrM-Kommunikation) Kommuniziert ein Unternehmen seine CSR-Aktivitäten mit einem erheblichen Mediadruck und unter Einsatz gängiger Marketing-Kommunikationsangebote wie TVSpots, Anzeigen, Plakate etc., ist in der Regel konzeptionell ein Business Case hinterlegt, der als Cause-related-Marketing-Kommunikation (CrM-Kommunikation) realisiert wird. Diese Form der CSR-Kommunikation zeichnet sich durch die Eigenschaften erstens der Partnerschaft zwischen einer kommerziellen und einer Non-Profit-Organisation (NPO) und zweitens durch die gleichzeitige Verfolgung ökonomischer und sozialer oder ökologischer Ziele aus (grundlegend zur Markenkooperation von Unternehmen und Non-Profit-Organisationen s. Tropp 2013a). ▶ Definition Cause-related-Marketing-Kommunikation (CrM-Kommunikation) ist die partnerschaftliche, marktgerichtete Kommunikation eines profitorientierten Unternehmens und einer Non-Profit-Organisation (NPO), die ökonomische Ziele verfolgt und gleichzeitig Aufmerksamkeit und Mittel für ein gesellschaftliches Anliegen generiert.

Über dieses CrM-Verständnis herrscht im Kern Einigkeit. In der noch jungen Geschichte der CrM-Forschung ist es lediglich in Abhängigkeit vom jeweiligen Autor breiter oder enger gefasst worden (vgl. z. B. Adkins 2007, Marconi 2002: 3, Meffert/ Holzberg 2009: 48, Oloko/Balderjahn 2009: 363, Tropp 2005: XVII, Varadarajan/ Menon 1988: 60). Kern der Kommunikation ist die Mitteilung an den Konsumenten, dass beim Kauf des Produktes oder der Nutzung der Dienstleistung ein Teil des Erlöses einem wohltätigen Zweck („cause“), der von einer NPO repräsentiert wird, als Spende zukommt. Als die weltweit erste CrM-Kampagne gilt die des Unternehmens American Express aus dem Jahr 1983. Das Unternehmen spendete jeweils einen Cent pro Kreditkartentransaktion für die Restaurierung der New Yorker Freiheitsstatue. In Deutschland kommt die Vorreiterrolle einer Kampagne von Pedigree, Whiskas und Trill aus dem Jahr 2001 zu. Allerdings erhielt erst durch die Krombacher-Kampagne „Krombacher Regenwaldprojekt“ aus dem Jahre 2002 in Deutschland das Thema CrM in der breiten Öffentlichkeit größere Aufmerksamkeit. Im ersten Halbjahr 2008 stellt sich der Status quo derart dar, dass sich die Anzahl der in Deutschland durchgeführten CrM-Kampagnen gegenüber 2004 fast verzehnfacht hat (vgl. Abb. 142). Ein Blick auf die Branchenverteilung zeigt, dass der Nahrungsmittelbereich (z. B. CrM-Kampagnen von Ritter Sport 2005, Iglo 2006, Capri Sonne 2007) vor der Textilbranche (z. B. CrM-Kampagnen von P&C 2007, s. Oliver 2008, Spreadshirt 2008) liegt (vgl. Abb. 143). Mit einer ungestützten Bekanntheit von 67,6 Prozent für das „Regenwaldprojekt“ von Krombacher (NPO-Partner: WWF) und 27,7 Prozent für die „Trinkwasser-Initiative“ von Volvic (NPO-Partner: Unicef) sind die beiden CrM-Kampagnen die-

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Abb. 142 Entwicklung durchgeführter CrM-Kamapgnen in Deutschland (Quelle: Oloko/ Balderjahn 2009: 365)

Abb. 143 Verteilung der CrM-Kampagnen in Deutschland nach Branchen im Zeitraum von 2002 bis zum 1. Hj. 2008 (Quelle: Oloko/Balderjahn 2009: 366)

ser Marken die am häufigsten erinnerten in Deutschland (vgl. Oloko 2008: 5) (vgl. Abb. 144). Die hohe Bedeutung, die die CrM-Kommunikation erlangt hat, wird auch durch die hohe Aufmerksamkeit widergespiegelt, die ihr innerhalb der Kommunikationsbranche zuteil wird. So war 2008 die CrM-Kampagne der Agentur Mortierbrigade/ Brüssel „Black Boy wanting Water“, die sie für den Radiosender Studio Brüssel und das Rote Kreuz entwickelt hat, die erfolgreichste Kampagne des Werbefestivals in Cannes.

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Abb. 144 CrM-Kampagnen von Volvic (Quelle: http://www.volvic.de/unicef ) und Krombacher (Quelle: http://www.krombacher.de/regenwald/index.php; Zugriffe: 22. 11. 2018)

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Beispiel CrM-Kampagne

Im Rahmen der CrM-Kampagne „Black Boy wanting Water“ des Radiosenders Studio Brüssel und des Roten Kreuzes (Agentur: Mortierbrigade/Brüssel) rannte ein kleiner farbiger Junge während der Primetime in die Live-Shows im belgischen Fernsehen, trank kommentarlos das Glas Wasser des Moderators aus und verschwand wieder. Erst nach 3 Tagen und zahlreichen Berichten über den Zwischenfall in den Medien wurden die Zuschauer mit einem TV-Spot aufgeklärt, der einen Spendenaufruf zur Unterstützung der Verbesserung der Trinkwasserversorgung in Ländern der dritten und vierten Welt enthielt. Die Kampagne wurde beim Werbefestival in Cannes 2008 mit einem silbernern Media-Löwen, einem goldenen Löwen in der Kategorie Direct und dem Titanium Lion ausgezeichnet.

Mittlerweile haben die Veranstalter des jährlich in Cannes/Frankreich stattfindenden International Festival of Creativity, dem weltweit größten und renommiertesten Werbefestival, eine eigenständige Preiskategorie „Good“ hinzugefügt, in der Marketing-Kommunikationsarbeiten mit Preisen für „Sustainable Development Goals“ und „Glass: The Lion for Change“ ausgezeichnet werden (canneslions.com, Zugriff: 22. 11. 2018). Auch setzen sich Akteure der Kommunikationsbranche im interdisziplinären Diskurs mit der Thematik auseinander (vgl. z. B. Engel 2009, Huber/Grenzebach 2009, Nickel/Pascaud 2009, Pauli 2009, Vieregge 2009). Wirft man einen Blick auf die Motive der CrM-Kommunikation der Unternehmen, so deckt die Studie von Shamsey Oloko (2008: 35 f.) auf, dass mit 88,5 Prozent das altruistische Motiv in Form der Förderung der gemeinnützigen Organisation und des wohltätigen Zwecks neben dem Motiv der öffentlichen Demonstration von gesellschaftlicher Verantwortungsübernahme mit 92,3 Prozent in der Spitzengruppe liegt. Unmittelbar ökonomische Motive wie Absatzsteigerung oder spätere Preiserhöhung spielen eine nachgelagerte beziehungsweise gar keine Rolle. Werden jedoch die Konsumenten nach den Motiven der Unternehmen gefragt, zeigt sich, dass die Vernetzung von Geld und Moral durch CrM-Kampagnen eine hoch diffizile und kommunikativ äußerst anspruchsvolle Angelegenheit ist. Das oben dargestellte moderne, integrative CSR-Konzept mit seiner postulierten Komplementarität von Geld und Moral konfligiert im Alltag mit der Moralisierungsunterstellung der Konsumenten: Es wird eine Instrumentalisierung von Moral zu ökonomischen Zwecken unterstellt (vgl. Tropp 2009: 244 f.). So schätzen, entgegengesetzt zu den Angaben der Unternehmen, nur 20 Prozent der Konsumenten das altruistische Motiv als für die Unternehmen bedeutsam ein. Hingegen halten knapp 97 Prozent der Konsumenten die Verbesserung des Markenimages, gefolgt von der Absatzsteigerung mit 85,2 Prozent für die wichtigsten Motive für die Initiierung von CrM-Kampagnen (vgl. Oloko 2008: 7).

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Heribert Meffert und Martin Holzberg (2009: 49 f.) haben drei Erfolgsvoraussetzungen für CrM-Kampagnen identifiziert, mit denen Unternehmen der Moralisierungsunterstellung der Konsumenten entgegenwirken können und eine Win-winwin-Situation zwischen Unternehmen, NPO und Konsumenten erzielt werden kann. Neben den spezifischen kommunikativen Anforderungen an CSR und CrM, auf die im folgenden Kapitel detaillierter eingegangen wird, ist dies die Sicherstellung des Cause-Fit, womit der inhaltliche Bezug zwischen gesellschaftlichem Anliegen und mindestens einem zentralen Markenattribut gemeint ist, wie es beispielsweise bei der CrM-Kampagne des Mineralwasserproduzenten Volvic (gemeinsam mit Unicef) zur Trinkwasserversorgung gegeben ist (vgl. auch Blumberg/Conrad 2006: 21, Mast/ Stehle 2009: 176). Der Partner-Fit stellt die dritte Erfolgsvoraussetzung dar. Dieser wird besonders mit einer Kompatibilität der Organisationskultur von Unternehmen und NPO sichergestellt und äußert sich in vertrauensvollen Interaktionen und Kommunikationen der beteiligten Akteure seitens des Unternehmens und der NPO.

2.4.8 Kommunikationsmodell der CSR-Kommunikation Die Unternehmen stehen, bedingt durch die problematische Geld-Moral-Beziehung und die resultierende Moralisierungsunterstellung der Konsumenten in der CSRKommunikation, vor der Herausforderung, in einem Spannungsfeld zu kommunizieren, das von der Paradoxie geprägt ist, Gutes zu tun und davon zu profitieren, ohne dass die Konsumenten dies negativ bewerten. Den meisten Managern wird nämlich nicht zugetraut, dass sie bei ihrem wirtschaftlichen Handeln auch an das Gemeinwohl der Gesellschaft denken (vgl. Behnke et al. 2006: 83). Verschärft wird die Situation durch das in der deutschen Gesellschaft ohnehin ausgeprägte Misstrauen gegenüber großen Unternehmen im Vergleich zu anderen Organisationen und Institutionen sowie durch die überwiegende Wahrnehmung des Wirtschaftssystems als grundsätzlich ungerecht (vgl. ebd.: 43, 56). In der Konsequenz bedeutet dies, dass die konkreten kommunikativen Verantwortungshandlungen des einzelnen Unternehmens von den strukturellen Wirkungen der CSR-Kommunikation überlagert und beeinflusst werden. CSR-Kommunikation ist somit hochgradig selbstreferentiell. Das Thema der Kommunikation – Moral – wirkt, bedingt durch die Offenlegung des basalen kommunikativen Mechanismus der Unterstellung (vgl. Kap. A 1.2), auf den Prozess der CSR-Kommunikation zurück und fordert eine moralische Gestaltung der Unternehmenskommunikation ein. Vor diesem Hintergrund sind die Unternehmen nicht gut beraten, in ihrer CSRKommunikation schwerpunktmäßig auf CrM-Kampagnen und CSR-Werbung zu setzen. Denn wenn die Unternehmen mit ihrem gesellschaftlichen Engagement werben, verschärfen sie das Risiko, dass ihnen Moralisierung unterstellt wird. Der Werbung ist strukturell per se ein Glaubwürdigkeitsproblem immanent, wodurch die Moralisierungsunterstellung der CSR-Kommunikation weiter an Plausibilität gewinnen

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kann. Jeder weiß, dass es der Werbung doch eigentlich nur darum geht, folgenreiche Aufmerksamkeit zu erlangen. Weshalb sollte man also den werblichen Deklarationen der Verantwortungsübernahme der Unternehmen glauben und ihnen nicht vielmehr unterstellen, dass es ihnen einzig und allein um ihren eigenen ökonomischen Vorteil geht, sie also Green- oder Sociowashing betreiben ? So überrascht es nicht, dass Wolfgang Mayerhofer et al. (2008: 99) in ihrer Untersuchung zum Einfluss von CSR auf die Einstellung zu Unternehmen und Marken unter anderem zu dem Ergebnis kommen, dass Werbung mit der Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung – knapp hinter der Erwähnung des CSR-Engagements im Beitrag einer Tageszeitung – zwar die auffälligste CSR-Kommunikationsform, aber unter den siebzehn untersuchten CSR-Informationsquellen auch die unglaubwürdigste ist (vgl. Abb. 145). Das übergeordnete Ziel von CSR-Kommunikationsprozessen kann somit nur sein, der Moralisierungsunterstellung zu entgehen. Die Unternehmen stehen also vor der Aufgabe, einen CSR-Kommunikationsprozess zu gestalten, der möglichst keinen Raum für bewusste Unterstellungen lässt. Dafür empfiehlt sich ein ausgewogener dialogischer Kommunikationsprozess, in dem sich Unternehmen und Stakeholder gegenseitig achten und vertrauen, da die Machtverhältnisse im Kommunikationsprozess gleich aufgeteilt sind. Es findet keine kommunikative Gewalt in Form herkömmlicher marketing-kommunikativer Mechanismen – beispielsweise viele einseitig erzwungene Kontakte des Kommunikationspartners mit dem Verantwortungsbekenntnis des

Abb. 145 CSR-Kommunikationsangebote und deren Glaubwürdigkeit (Quelle: Mayerhofer et al. 2008: 99)

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Unternehmens – statt. Zusammengefasst: Der Kommunikationsprozess wird vom Unternehmen nachhaltig ausgerichtet. Verantwortungskommunikation muss immer auch größtes Augenmerk auf die Konzeption ihres Prozesses legen, der selbst bereits Verantwortungsübernahme zum Ausdruck bringen muss, und darf sich nicht nur auf Aspekte der inhaltlichen Ebene beschränken. Damit ist nicht gemeint, dass sich die CSR-Kommunikation grundsätzlich von unilateraler, massenmedialer Kommunikation distanzieren muss. Und mit der CSR-Kommunikation geht auch keine Revitalisierung der Medienkritik einher, die Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jahre unter dem Begriff der „Kommunikationsökologie“ betrieben wurde und die die Unterwanderung und Verdrängung der persönlichen, „natürlichen“ Kommunikation durch die Medien anprangerte (vgl. Eurich 1980: 14, Mettler-Meibom 1987: 97 f., Langenbucher/Fritz 1988: 257). Vielmehr ist heute mit Kommunikationsnachhaltigkeit eine Haltung während der Entwicklung der CSRKommunikationsstrategie impliziert, die Verständigung und damit Anschlusshandlungen anstatt Kontakte sowie kommunikative Qualität anstatt Quantität priorisiert. Damit steht die CSR-Kommunikation an der Spitze der übergreifenden Entwicklung der kommunikationsqualitativen Orientierung in der Marketing-Kommunikation, die beispielhaft mit Thomas Strerath (2008: 19), ehemaliger Vorstand der Agentur Jung von Matt, beschrieben werden kann: „Markenaufbau funktioniert nicht mehr, indem man einen Konsumenten per TV-Spot bis zur Erschöpfung penetriert. Und Direktmarketing nicht mehr, indem man Briefkästen mit irrelevanten Botschaften voll stopft.“ Die Ergebnisse einer skandinavischen CSR-Studie (Morsing et al. 2008) haben genau diese Notwendigkeit einer Sensibilität für Kommunikationsnachhaltigkeit aufgedeckt, die die Autoren als „the catch 22 of communicating CSR“ bezeichnen. Die Unternehmen in Dänemark sind in der paradoxen Situation, dass auf der einen Seite die Öffentlichkeit erwartet, dass sich Unternehmen im CSR-Bereich engagieren. Auf der anderen Seite lehnt die Mehrheit der dänischen Bevölkerung es aber gleichzeitig ab, dass die Unternehmen ihr CSR-Engagement in einer auffallenden Art kommunizieren bzw. es überhaupt kommunizieren (vgl. ebd.: 108). Auch der Vorschlag von Abagail McWilliams et al. (2006: 5), bei Werbung mit CSR zwischen einer persuasiven und einer informativen Art zu unterscheiden, spiegelt die Einsicht in die Notwendigkeit eines ausgewogenen Kommunikationsprozesses wider. Während erstere bei den Konsumenten eine Präferenz für Produkte mit CSR-Attributen bewirken will, zielt die informative CSR-Werbung auf die Bereitstellung von Informationen über die CSR-Managementpraxis eines Unternehmens. Zusammenfassend ergibt sich also die Frage, wie Unternehmen für ihre Verantwortungskommunikation mittel- bis langfristig einen automatistischen Beobachtungsmechanismus schaffen können, der diese Kommunikation nicht zum Gegenstand einer Beobachtung 2. Ordnung mittels einer Geld-versus-Moral-Unter-

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scheidung erhebt. Dies kann als Voraussetzung für die Glaubwürdigkeit von CSRKommunikation und für die Schaffung von Vertrauen in das CSR-Engagement angesehen werden. Für diese angestrebte license to communicate CSR empfiehlt sich ein kommunikationsnachhaltiges Managementmodell, das die heute vorliegenden zentralen Erkenntnisse zur Gestaltung effektiver CrM-Kampagnen beinhaltet (vgl. Fries 2010). Dessen Grundsätze sind folgende: •

Organisation Die CSR-Kommunikation muss organisatorisch abteilungsübergreifend auf gesamtunternehmerischer Kommunikationsebene angesiedelt sein. Das heißt, eine Instrumentalisierung von Moral zur abteilungsspezifischen Funktionserfüllung von beispielsweise Marketing, Marketing-Kommunikation, PR, Investor Relations etc. sollte vermieden werden. Auch ist auf der Ebene des einzelnen Individuums die Verankerung von gesellschaftlicher Verantwortungsübernahme in Zielvereinbarungen empfehlenswert, vor allem bei Vorständen und Führungskräften. • Inside-out-Perspektive Konzeptioneller Ausgangspunkt der CSR-Kommunikation ist das Unternehmen selbst. Bevor eine auf externe Stakeholder gerichtete Kommunikation stattfindet, muss sichergestellt sein, dass der spezifische Geld-Moral-Bezug des Unternehmens bei den internen Stakeholdern, allen voran bei den Mitarbeitern, in seiner Sinnschöpfung unstrittig ist. Die Moralisierungsunterstellung darf also nicht der internen formellen und/oder informellen Unternehmenskommunikation zugrunde liegen. Dazu werden die Mitarbeiter als aktiv Handelnde in das CSR-Engagement des Unternehmens eingebunden und konstituieren dieses damit. • Strategie In der Tradition der Entdeckung von Paul Lazarsfeld et al. (1944) wird in einem zweistufigen Prozess primär indirekt mit der Öffentlichkeit und den Konsumenten kommuniziert. Mette Morsing et al. (2008: 105) bezeichnen diese zwei Stufen als „expert CSR communication process“ und „endorsed CSR communication process“. Der auf Experten gerichtete CSR-Kommunikationsprozess wendet sich an Meinungsführer (Non-Profit-Organisationen, Nichtregierungsorganisationen, Politiker, Journalisten etc.), denen Vertrauenswürdigkeit zugesprochen wird und die in einem zweiten Schritt das CSR-Engagement des Unternehmens befürwortend und glaubwürdig, weil frei von Unterstellungsbeobachtungen, an die Öffentlichkeit (Konsumenten) weiterkommunizieren. Beispiel einer CSR-Kommunikationsstrategie

Ole Daugbjerg, Vice President Corporate Communications and Reputation Management des Unternehmens Danfoss, beschreibt, wie das Unternehmen in Dänemark eine

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führende Stellung im CSR-Bereich erlangen konnte, folgendermaßen: „I do not think the general public minds that something is said about CSR – they just do not want us to say it. If the media communicates it, then it is okay. The evident part is third party endorsement – that it is not you who say you are good, but someone else. That is a key factor that we are highly aware of in our CSR communication. Reactions depend on the communication channels. When an international company makes an advertising campaign on their corporate trucks explaining how they bring out medicine to the poor and suffering people in Africa, it makes the Danes feel sick. If WHO made a documentary from Africa where it was mentioned, then it would have been great !“ (zit. n. Morsing et al. 2008: 107)

• Art der CSR-Kommunikation Die direkt an Stakeholder gerichteten CSR-Kommunikationsprozesse der Unternehmen sind vornehmlich dialogisch ausgerichtet. Im Sinne des zweiseitigen, symmetrischen Kommunikationsmodells von James Grunig und Todd Hunt (1984: 23) findet die inhaltliche Abstimmung des CSR-Engagements im Dialog mit den Stakeholdern statt. Die Non-Profit-Organisation AccountAbility hat 1999 mit dem AA-1000-Standard eine Normierung derartiger Dialoge entwickelt. Angebracht ist aus Gründen der Glaubwürdigkeit eine Normierung auch im Bereich der CSR-Berichterstattung mittels der GRI-Richtlinien (vgl. Kap. B II 2.4.6). Kommt eine CrM-Kampagne zum Einsatz, muss dem latenten Glaubwürdigkeitsdefizit dieser CSR-Kommunikationsvariante über eine transparente Kommunikation im Hinblick auf den Verlauf der Kampagne, vor allem was das Spendenaufkommen angeht, einen ausreichend hohen Spendenbeitrag sowie eine angemessene Kampagnendauer entgegengewirkt werden (vgl. Oloko 2008: 10 f.). • Inhalt der CSR-Kommunikation (Cause-Fit) Die Sinnschöpfung der CSR-Kommunikation muss kompatibel mit der Wertschöpfung des Unternehmens sein. Das CSR-Engagement betrifft einen Bereich, der mit der Wertschöpfung des Unternehmens logisch verbunden ist und damit die Synthese von Geld und Moral unternehmensspezifisch nachprüfbar verwirklicht. Das Risiko der Moralisierungsunterstellung kann noch weiter begrenzt werden, indem sich das Unternehmen freiwillig unter institutionelle Aufsicht stellt beziehungsweise diese fördert und damit keine Lücke zwischen der Corporate Social Performance und deren Kommunikation schafft. Das Unternehmen liefert sich also nicht dem Vorwurf des Green- und Sociowashings aus, da es kommunikativ und wertschöpfend im Einklang handelt. Beispiel für einen Cause-Fit

Der niederländische Konsumgüterkonzern Unilever – der größte Weißfischverarbeiter weltweit – hat im Mai 2005 die gesamte Fischstäbchenproduktion auf bestandserhaltende Fischerei umgestellt. Das heißt, es wird nur so viel Fisch gefangen, dass

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sich gefährdete und vom Aussterben bedrohte Fischarten wie etwa Kabeljau, Scholle und Seezunge erholen können und die Meerespopulationen langfristig im Gleichgewicht bleiben. Ermöglicht wird dies durch eine von Unilever initiierte Kooperation mit dem World Wide Fund for Nature (WWF), aus der sich das Marine Stewardship Council (MSC) entwickelte, das als unabhängiges Institut nachhaltig wirtschaftende Fischfangbetriebe zertifiziert. Unilevers Vorstandschef Antony Burgmans kommentiert die Corporate-Social-Responsibility-Philosophie des Konzerns folgendermaßen: „Nachhaltiges Wirtschaften garantiert die Lebensfähigkeit des Konzerns und steht im Interesse von Verbrauchern und Aktionären.“ (zit. n. Handelsblatt 27. 04. 2005: B2)

Evident ist, dass das Risiko der Moralisierungsunterstellung den Unternehmen einen Umgang mit konsumentengerichteter Verantwortungskommunikation nahelegt, der das traditionelle Marketing-kommunikationsinstrumentelle Denkkorsett sprengt. Kurt Imhof (2009: 20) fragt entsprechend, ob es überhaupt sinnvoll ist, dass sich die Wirtschaft „mit der Last der Moral herumschlägt, obwohl gerade sie denkbar ungeeignet ist, moralische Probleme zu lösen, dafür aber geeignet sein sollte, auf effiziente Weise Güter und Dienstleistungen zu produzieren“. Dies darf nicht als ein Plädoyer für den neoliberalen CSR-Ansatz missinterpretiert werden, sondern ist als ein Warnhinweis zu lesen, dass die Marktlogik nicht Gefahr laufen darf, der Moral untergeordnet zu werden (vgl. ebd.: 21). Die Unternehmen sitzen aber längst in der „Moralfalle“ (ebd.: 20). Die Evolutionstreiber des CSR-Konzeptes und der CSR-Kommunikation haben zu einer moralischen Aufladung des wirtschaftlichen Handelns geführt, die bei den Unternehmen zu neuen Formen moralischer Selbstverpflichtung führt, die wiederum den Medien das Aufspüren und die Skandalisierung moralischer Defizite seitens der Unternehmen erleichtert. Die zu konstatierende Professionalisierung der CSR-Kommunikation mit ihrer damit einhergehenden Ausdifferenzierung als eigenständige Kommunikationsdisziplin, um den strategischen Umgang mit dem gesellschaftlich hoch relevanten Thema der Moral sicherzustellen, ist somit die schlüssige Konsequenz dieser Entwicklung.

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Guerilla Marketing (GM) – unkonventionell kommunizieren

2.5.1 Kommunikationsqualitative Zielsetzung und Definition des GM Der Output des Guerilla Marketing (GM) zielt primär auf die Aufmerksamkeitsgewinnung von Zielgruppen und -personen und konzentriert sich damit auf das kommunikationsnotwendige Kriterium der Selektivität (s. Kap. A 1.3.1). Daneben kommt beim Ambient Media Marketing, einer Erscheinungsform des Guerilla Marketings, auch dem Kriterium der Kontextualität (s. Kap. A 1.3.3) eine wichitge Funktion bei der Suche nach geeigneten Ambient Media zu. Indirekt wird auch die Zielsetzung verfolgt, äußere Anschlusshandlungen auszulösen, besonders in Form medialer Be-

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richterstattungen über die Guerilla-Marketing-Maßnahmen und in Form von Anschlusskommunikationen über die Maßnahmen in den sozialen Netzwerken der Konsumenten (Earned Media). Guerilla Marketing stellt sich damit, wie es typisch für die modernen Marketing-Kommunikationsdisziplinen ist, als eine verzahnte, integrative Disziplin dar, die im Zusammenspiel mit Campaigning (s. Kap. A 4.2.1) und WOM-Marketing (s. Kap. B II 2.6) sowie klassischen Kommunikationsdisziplinen Synergieeffekte hinsichtlich der Aufmerksamkeitsgewinnung der Konsumenten anstrebt. Der Begriff Guerilla („kleiner Krieg“) – in der Literatur findet sich auch die Schreibweise Guerrilla – hat seinen Ursprung im spanischen Unabhängigkeitskrieg gegen die Fremdherrschaft Napoleons zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Gemeint ist der Kampf kleiner Verbände oder von Partisanen gegen eine feindliche, übermächtige Armee. Konstitutive Merkmale von Guerilla-Handlungen sind das Überraschungsmoment und die Unkonventionalität (vgl. Kutzborski 2014, Pradel/Schulte 2004: 17 f.). Übertragen auf das Marketing kann dann unter GM – weitestgehend im Einklang mit bestehenden Definitionen (vgl. z. B. Breitenbach/Schulte 2005, Levinson o. J., Nufer/Bender 2008: 6, Zerr 2003: 1) – heute Folgendes verstanden werden. ▶ Definition Guerilla Marketing (GM) ist eine Marketing-Kommunikationsdisziplin, mit der möglichst effizient Aufmerksamkeit und Publizität für Marketing-Gegenstände erzielt werden soll. Dies geschieht mittels einer überraschenden, unkonventionellen inhaltlichen und medialen Realisation der Marketing-Kommunikation.

2.5.2 Entwicklung und Grundauffassungen des GM Dass der Begriff Guerilla Karriere machte, hat viel mit Ernesto Che Guevara zu tun, der als eine der Schlüsselfiguren der kubanischen Revolution Ende der 1950er Jahre mittels der Guerillataktik zahlreiche kämpferische Erfolge gegen die Armee des Diktators Fulgencio Batista erzielen konnte. Taktische Flexibilität, Einsatz von Überraschungseffekten, ideelle Überzeugung der Guerilleros für das Ziel, gute Kenntnisse der Umgebung sowie Unterstützung der Bevölkerung und Hilfsbereitschaft gegenüber dieser sind zentrale Elemente des Guerillakampfes, wie ihn „Che“ definiert (vgl. Guevara 1962: 10 f.). Im Zuge des Wandels vom Verkäufer- zum Käufermarkt und dem damit einhergehenden verschärften Wettbewerb fand Mitte der 1960er Jahre in den USA die Guerillataktik Eingang in das Marketing, was die Geburtsstunde des Guerilla Marketings markiert (vgl. o. V. 2005a: 4, Schulte 2012). Zu dieser Zeit stand der Guerilla-Begriff, bedingt durch die Berichterstattungen über den Vietnamkrieg, stark im Fokus der Öffentlichkeit, was dessen Transfer in den Marketing-Kontext unterstützte. Denn wie kann es sein, dass eine so große Nation wie die USA mit ihrer bestens ausgerüsteten

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Armee durch einen vergleichsweise so schlecht ausgestatteten Feind wie den Vietcong vor so große kämpferische Herausforderungen gestellt wird (vgl. o. V. 2005a: 4) ? Der Guerilla-Taktik wurde also ein enormes Erfolgspotenzial zugeschrieben, das – so der Gedanke – sich auch im Marketing bewähren kann. Aber erst Mitte der 1980er Jahre wurde das Thema Guerilla Marketing erstmalig durch Jay C. Levinson (1983) systematisch aufbereitet. In dieser ursprünglichen Form ist es als Konzept für Unternehmensgründer und kleine Unternehmen konzipiert, die sich mit geringen finanziellen Ressourcen gegen überlegene, marktbeherrschende Großunternehmen durchsetzen müssen. Dabei kommt ihnen vor allem ihr weitaus höherer Grad an Flexibilität zugute, der es ihnen ermöglicht, schnell auf Umweltentwicklungen (Marktveränderungen, neue Medien, Servicenischen etc.) zu reagieren (vgl. Levinson 2018). Als weiterer Meilenstein in der Entwicklung des GM wird in der Literatur einheitlich die Arbeit von Al Ries und Jack Trout (1986a) genannt. Konsequent wird von den beiden Autoren unter dem Titel Marketing Warfare die Terminologie der Kriegsführung und des Militärs in den Marketing-Kontext transferiert: „The true nature of marketing today is not serving the customer; it is outwitting, outflanking, outfighting your competitors. In short, marketing is war where the enemy is the competition and the customer is the ground to be won.“ (Ries/Trout 1986a: VI)

Neben der schon von Levinson betonten hohen Flexibilität nennen Ries und Trout (ebd.: 101 f.) als weitere zentrale Prinzipien das Ausfindigmachen und Verteidigen von Marktnischen sowie eine schlanke Organisationsstruktur. Im Laufe der Entwicklung des GM-Konzeptes haben sich vier unterschiedliche Grundauffassungen über diesen Marketing-Ansatz herausgebildet. 1) GM als strategische Grundhaltung für kleine Unternehmen und Selbstständige Diese Auffassung entspricht dem originären Konzept, wie es Levinson (2018) vertritt. GM ist demnach vor allem eine Option für kleine Unternehmen und Selbstständige, die nur über ein sehr begrenztes finanzielles Marketing-Budget verfügen und die den Schwerpunkt auf eine durchschlagende Wirkung ihrer MarketingMaßnahmen legen müssen, indem sie im Markt für Verblüffung sorgen (vgl. Levinson 2018). Anstelle in einen direkten Wettbewerb mit dem Marktführer zu treten, muss eine Marktnische (z. B. ein spezielles Leistungsangebot in einer Produkt-/Dienstleistungskategorie) gefunden werden, die dann dank schlanker Organisationsstruktur und hoher Handlungsflexibilität erfolgreich erobert wird. 2) GM als Angriffsstrategie Weniger eine strategische Grundhaltung, sondern mehr die ursprüngliche Semantik des Guerilla-Begriffs charakterisiert ein Verständnis von GM, das Marketing als einen martialischen Akt begreift, um den Gegner (Wettbewerber) anzugreifen. Dieses Verständnis findet sich vornehmlich in der US-amerikanischen Marketingwissenschaft, die unterschiedliche Angriffsstrategien (Frontal-, Flanken-,

438

B II

Output

Umzingelungs-, Vorbei- und Guerilla-Angriff) zur Wahl vorhält. Kennzeichen des Guerilla-Angriffs sind kleine, sich kontinuierlich wiederholende Offensiven in unterschiedlichen Geschäftsfeldern des Gegners. Ziel ist es, so eine Entmutigung und Zermürbung des Gegners zu erreichen, die zum eigenen Erfolg in diesen Segmenten beiträgt (vgl. Kotler et al. 2010). 3) GM als marketingpolitische Grundhaltung GM kann als eine marketingpolitische Grundhaltung begriffen werden, die sich keinesfalls nur für kleine Unternehmen empfiehlt. Auch Großunternehmen können GM nutzen, um ihre Marke(n) mit unkonventionellen Methoden zu profilieren. So konzipiert Konrad Zerr (2003: 1) GM als eine Marketingmix-übergreifende Basisstrategie, die abseits der bekannten Verfahren der Marktbearbeitung nach neuen, ungewohnten, bisher übersehenen oder sogar verpönten Möglichkeiten des Instrumentaleinsatzes sucht (vgl. auch Nufer/Bender 2008: 5). 4) GM als Marketing-Kommunikationsdisziplin In der Praxis wird GM heute überwiegend als ein Kommunikationsinstrument beziehungsweise als eine Kommunikationsdisziplin aufgefasst, die von immer mehr Unternehmen (kleinen wie großen) zwecks Aufmerksamkeitsweckung für Marketing-Kommunikationsgegenstände eingesetzt wird (vgl. Kutzborski 2014). Auch ist zu konstatieren, dass der Haupteinsatzbereich von GM heute das kommunikationspolitische Segment ist und den anderen Elemente des Marketingmix (Produkt-, Preis-, Distributionspolitik) eine deutlich untergeordnete Rolle bei GM-Konzeptionen zukommt (vgl. Kanbach 2012, Reinhard 2012, Welling 2005: 9). Beispiel

Die Agentur McCann Erickson/Tel Aviv hat 2009 für den Optikerhändler Opticana im WWW mit einem Budget von 500,– US-Dollar eine Guerilla-Kampagne realisiert, bei der sie sich des sogenannten Typosquattings, auch als URL-hijacking bezeichnet, bedient hat. Wird die Webadresse einer der 10 beliebtesten Seiten in Israel, die ein User im Internet aufrufen möchte, im Browserfenster falsch eingegeben – beispielsweise ein Form eines unbeabsichtigten Rechtschreibfehlers (z. B. www.nsm.co.il anstatt von www.msn. co.il) – erscheint nicht eine Error-Page („The page cannot be found“), sondern eine Seite, auf der der User zu einem Augentest eingeladen wird und einen Coupon erhält, mit dem er rabattiert eine Brille bei Opticana kaufen kann (s. Abb. 146).

Als gemeinsame Klammer dieser vier Grundauffassungen des GM lässt sich die Unkonventionalität der Marketing-Maßnahmen ausmachen, wie sie auch in obiger Definition als zentrales Charakteristikum des GM festgehalten ist. Entsprechend können unter systemtheoretischer Betrachtung allgemein Verstöße gegen das vorhandene Marketing-Kommunikationswissen als konstitutiv für GM betrachtet werden (s. Kap. A 3.1). Erwartungen seitens der Konsumenten die inhaltliche und mediale Realisation der Marketing-Kommunikation betreffend werden ausgehebelt, indem

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Moderne Kommunikationsdisziplinen

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Abb. 146 Guerilla-Marketing-Kampagne von McCann Erickson/Tel Aviv für den Optikhändler Opticana (Quelle: youtube.com; Zugriff: 13. 11. 2018)

Unternehmen und Agenturen gegen bestehendes intersubjektiv gültiges Wissen über die Marketing-Kommunikation einer Gesellschaft verstoßen. Damit sichern sie sich unabhängig von der kognitiven Verarbeitungstiefe der Botschaft die Aufmerksamkeit für ihre Kommunikationsangebote. Die konkreten Erscheinungsformen des GM lassen sich in zwei Kategorien einteilen: das Ambient Media Marketing und das Ambush Marketing. In der Literatur werden im Kontext des GM darüber hinaus des Öfteren auch die Marketing- und Kommunikationskonzepte beziehungsweise -instrumente des Viral Marketing, der Chats, Blogs etc. sowie des Sensation Marketing genannt (vgl. z. B. Nufer/Bender 2008: 11 f., Esch et al. 2016: 219.). Das Virale Marketing wird hier stattdessen als eine spezifische Erscheinungsform des WOM-Marketing aufgefasst (s. Kap. B II 2.6.3), da es einen anderen kommunikationsqualitativen Schwerpunkt als das GM hat, der stärker im Bereich der Anschlusshandlungen der Konsumenten liegt. Online-Instrumente wie Chats oder Blogs stehen heute für den Einsatz grundsätzlich jeder Kommunikationsdisziplin zur Verfügung, weswegen sie hier nicht separat abgehandelt werden, und das Sensation Marketing wird hier im Anschluss an die Ambient-Media-Fachliteratur (s. z. B. Wehleit 2005: 27, Westermeier 2008: 5) als eine spezifische Form des Ambient Media Marketings aufgefasst und als Stunt Ambient Media bezeichnet.

2.5.3 Ambient Media Marketing Der Begriff Ambient Media erschien erstmals im Jahre 1997 in der britischen Handelspresse (Campaign, 23. 05. 1997; Marketing, 03. 07. 1997) und bezeichnet ursprünglich alle nichtklassischen Marketing-Kommunikationsformen im Out-of-Home-Bereich (OoH) (vgl. Shankar/Horton 1999: 306). Der OoH-Begriff gilt dabei als Weiterentwicklung der Bezeichnung von Marketing-Kommunikationsformen im OutdoorBereich (z. B. Großflächenplakate, Litfaßsäulenplakate), die durch die Durchsetzung von Marketing-Kommunikationsangeboten im öffentlichen „Indoor“-Bereich

440

B II

Output

(z. B. Kino, Fitness-Studio) notwendig wurde. Entsprechend bezeichnet OoH allgemein das direkte Lebensumfeld des Konsumenten im öffentlichen Kommunikationsraum. Prominente Beispiele von Ambient Media sind Toiletten-Plakate in Gaststätten, Bierdeckel, Tankstellen-Zapfpistolen, Pizzakartons oder Gratispostkarten in der Trend- und Szenegastronomie, die bereits im Jahre 1992 von dem Unternehmen Edgar Medien AG in Deutschland (Hamburg) eingeführt wurden (vgl. Rinsum 2006: 44, Wehleit 2005: 11, Westermeier 2008: 7). Ganz im Sinne des GM sollen mit Ambient Media die Konsumenten überrascht werden und es soll mit tradierten Erwartungen an Marketing-Kommunikationsformen gebrochen und entsprechend für Aufmerksamkeit gesorgt werden (s. Abb. 147, Abb. 148). Die Mitglieder des 2001 gegründeten deutschen Fachverbandes Ambient Media (FAM) bezeichnen sich folgerichtig in ihrem Verbandshandbuch, der FAM-Fibel, als „Agenten“, deren Auftrag es ist, die „Werbewelt vor Langeweile und Eintönigkeit zu retten“ (Fachverband Ambient Media o. J.: 4). So verbreitet und etabliert Ambient Media mittlerweile im Marketing-Kommunikationssystem ist – das Umsatzvolumen der sechsundzwanzig in Deutschland im FAM organisierten Unternehmen belief sich 2013 auf 35 Mio. Euro brutto (vgl. Fachverband Ambient Media o. J.: 8) –, so wenig Beachtung hat es bisher in der wissenschaftlichen Marketing-Kommunikationsforschung gefunden. Die 1999 von Avi Shankar und Brett Horton getroffene Feststellung „… interest in ambient media amongst the academic community is negligible“ (Shankar/Horton 1999: 306) hat bis heute ihre Gültigkeit, wie ein Blick in die seitdem erschienenen Ausgaben der einschlägigen wissenschaftlichen Fachzeitschriften (Journal of Advertising, International Journal of Advertising, Journal of Advertising Research, Journal of Marketing

Abb. 147 Guerilla-Kommunikationsmaßnahme eines Foto-Einzelhandelsgeschäftes (Quelle: Breitenbach 2005)

Abb. 148 Zebrastreifen als Ambient Medium (Quelle: http://visualfunhouse.com; Zugriff: 10. 01. 2010)

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Moderne Kommunikationsdisziplinen

441

Communications etc.) aufzeigt. Ein Suchlauf in Google Scholar mit dem Suchwort „Ambient Media“ im Titel eines Artikels hat für den Zeitraum 0-2017 lediglich 308 Artikel zum Ergebnis (Suche durchgeführt am 23. 11. 2018). Sicherlich ist es auch dieser mangelnden wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Thema Ambient Media zu verdanken, dass sich bislang keine breit akzeptierte Definition von Ambient Media durchsetzen konnte. Als weiterer Grund für diese wenig zufriedenstellende Situation ist die Entwicklung des Begriffs zu sehen. In Großbritannien wurden in den 1990er Jahren Ambient-Media-Kampagnen entwickelt, um mit Konsumenten möglichst nah am Point-of-Purchase in Kontakt zu treten (vgl. Shankar/Horton 1999: 312, o. V.: 2004). Einkaufswagen und Instore-TV können entsprechend als typische Ambient Media angesehen werden. In der Konsequenz resultiert die Frage, ob Ambient Media Marketing dann als eine Weiterentwicklung der klassischen Disziplin der Verkaufsförderung und nicht als eine Erscheinungsform von GM anzusehen ist. Andererseits zeigt sich auch eine historisch verankerte Überschneidung mit den Medien der Außenwerbung. Denn in Großbritannien wurde der Begriff anfangs auch genutzt, um den stark wachsenden Sektor von neuen, nichtklassischen Formen der Außenwerbung zu bezeichnen (vgl. Wehleit 2005: 27), die dann aufgrund von Abgrenzungsproblemen zu Werbeformen im öffentlichen Indoor-Bereich in die Gattung der OoH-Marketing-Kommunikation eingegliedert wurden. Schließlich steuert auch die technologische Entwicklung der letzten Jahre zur begriff lichen Unschärfe bei. Daniela Krautsack (2007) weist auf die digitalen Datenübertragungs- und Datenspeichermöglichkeiten hin, aus denen neue Kommunikationsmöglichkeiten und Medien im öffentlichen Raum resultieren (vgl. auch o. V. 2004). Entsprechend wären dann beispielsweise auch digitale Video-Screens in U-Bahnhöfen oder interaktive Kioske als Ambient Media aufzufassen. Heutige Definitionen von Ambient Media tun sich folglich schwer, den Begriff eindeutig zu fassen. Auffallend und symptomatisch für das Dilemma ist, dass für die Erstellung der zweiten Auflage dieses Lehrbuchs (2014) noch keine Definition von Ambient Media auf den Internetseiten des FAM auf findbar war. Dies hat sich nun geändert. ▶ Definition „Ambientmedien erreichen Zielgruppen in ihrem „natürlichen“ Lebensumfeld in Bereichen des täglichen Lebens. Durch das vielfältige Angebot an Formaten und Umfeldern erlauben Ambientmedien die gezielte Präsenz von Marken und Unternehmen an Orten, an denen die Zielgruppe überproportional stark vertreten ist. Die Kommunikation mit Ambientmedien soll überraschen, begeistern, ein Markenerlebnis schaffen und letztlich die Marken- und Werbebotschaft tief im Gedächtnis verankern.“ (Fachverband Ambient Media (FAM) o. J. a: 3)

Über diese Definition herrscht jedoch kein Konsens. Kolja Wehleit (2005: 32) begreift unter Ambient Media „Medienformate, die im out-of-home-Bereich der Zielgruppe

442

B II

Output

planbar konsumiert werden“, und Pedro Anacker (2004: 6), ehemaliger Vorstand des FAM, definiert Ambient Media ähnlich als alle „nicht-klassischen, planbaren Wer-

beformate, die im Out-of-Home-Bereich wirken. Sie sind überwiegend distributiv oder fest im direkten Lebens- und Freizeitumfeld der Zielgruppen installiert“. Problematisch an diesen Begriffsfassungen wie auch an der Definition des FAM ist zweierlei. Erstens werden mit der Einschränkung auf den OoH-Bereich medial genutzte Gegenstände in der Lebenswelt von Zielpersonen ausgeschlossen, mit denen ein Kontakt privat im In-Home-Bereich stattfindet. Der Pizzakarton der nach Hause gelieferten Pizza ist hierfür ein typisches Beispiel (s. Abb. 149). Zweitens verbirgt sich hinter der Charakterisierung von Ambient Media als „planbar“ ein Widerspruch. Damit Medien für Unternehmen und ihre Agenturen von Relevanz für die Ausgestaltung des Marketing-Kommunikationsprozesses sind, müssen sie hinsichtlich ihres Kosten-Nutzen-Verhältnisses bewertbar sein. Diese Bewertbarkeit anhand von Daten wie Abb. 149 Pizzabox der Kampagne „DopReichweite, OTS, GRPs und TKPs steuert pelt Käse erzählen für 1 Cent“ für ein CallYa-Angebot von Vodafone (Quelle: www. die Planung für den Medieneinsatz und ist dank der Ambient Media Analyse auch pizzboxx.de; Zugriff: 08. 01. 2010) zur Entscheidungsgrundlage für den Einsatz von Ambient Media geworden. Dieses Planbarkeitskriterium konfligiert aber mit dem Wesen von GM, wie es auch in obigem Zitat die Aufgabe des FAM betreffend zum Ausdruck kommt. Das Unkonventionelle, Überraschende und Neue steht im Widerspruch zur nachvollziehbaren Forderung und Notwendigkeit der erfahrungs- und damit datenbasierten Planung im Rahmen des wirtschaftlich verantwortungsvollen Umgangs mit Mediabudgets. Daran schließt sich die Frage an, inwieweit Ambient Media überhaupt nichtklassisch im Sinne von nichtplanbar sein darf. Dem kommunikationsqualitativen Ziel der Aufmerksamkeitsgewinnung durch Unkonventionalität mittels des Ambient-Media-Einsatzes steht also die Anforderung der ökonomischen Handlungslogik des MarketingKommunikationssystems diametral entgegen. So verwundert es auch nicht, wenn in der Branche die Edgar-Gratispostkarte heute paradoxerweise als „klassisches Ambient Medium“ (Rinsum 2006: 44) bezeichnet wird. Die Unschärfe des Ambient-Media-Begriffs kann noch weiter gesteigert werden, indem nach dem grundsätzlichen Verhältnis der Medien – nicht nur im OoH-Seg-

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Moderne Kommunikationsdisziplinen

443

ment – zur heutigen Lebenswelt der Menschen gefragt wird. Ohne Zweifel sind die Medien heute integraler Bestandteil der Lebenswelten, des Ambiente der Mitglieder von Mediengesellschaften. Wir realisieren heute Gesellschaft und Wirklichkeit durch und in Medien, unabhängig davon, ob wir Out-of-Home oder In-Home sind, uns im öffentlichen oder privaten Kommunikationsraum befinden. Durch den Gebrauch von Medien schaffen wir Wirklichkeit und damit Ambiente und nehmen gleichzeitig diese geschaffene Wirklichkeit medial wahr (vgl. Merten et al. 1994). Dieser Argumentationslinie folgend können dann alle unkonventionellen und überaschenden GM-Maßnahmen in oder mittels Medien plausibel auch als Ambient Media Marketing bezeichnet werden (s. die Beispiele in Abb. 147 und Abb. 148). Zu klären ist dann natürlich auch die Frage, ob in einer Mediengesellschaft an dem tautologischen Begriff Ambient Media überhaupt festgehalten werden sollte. Ein Ausweg aus diesem Begriffsdilemma könnte sich anbieten, wenn das Wesen von Ambient Media nicht an einer Mediengattung, also an OoH, festgemacht wird, sondern einerseits an den für Kommunikation notwendigen Kriterien, besonders an denen der Selektivität (s. Kap. A 1.3.1) und Kontextualität (s. Kap. A 1.3.3, B I 2.5), und andererseits an den gesellschaftlichen Meta-Prozess der Medialisierung (s. Kap. A 4) anknüpfen würde. Dann wird zunächst deutlich, dass bei Ambient Media Marketing die Überlistung der Selektivität des Rezipienten und der Kontextbezug der Marketing-Kommunikationsangebote – und zwar in Form der Rezeptionssituation – eine konzeptionell zentrale Rolle spielen. Entsprechend steht die Utility-Strategie (s. Kap. B I 2.5.2) bei der Entwicklung von Ambient-Media-Kampagnen im Mittelpunkt. Es geht um die Beantwortung der Frage, wie eine nutzenstiftende Rezeption eines Marketing-Kommunikationsangebots in einer spezifischen Situation für die Zielgruppe erreicht werden kann. Die unkonventionelle und damit selektivitätsüberwindende, aufmerksamkeitserregende Umsetzung des Marketing-Kommunikationsangebots sorgt dafür, dass dieser Nutzen häufig im kontextgebundenen Wahrnehmungsakt des Marketing-Kommunikationsangebots selbst liegt. Es wird in dieser spezifischen Situation als originell, witzig oder gar spektakulär wahrgenommen. Andererseits fördern Ambient Media die zunehmende kommunikationsinstrumentelle Durchdringung unserer Gesellschaft und sind Resultat des gesellschaftlichen Medialisierungsprozesses. Alles in der Umwelt der Menschen wird im Marketing-Kommunikationssystem auf seine kommunikationsinstrumentelle und darüber hinaus mediale Tauglichkeit – verstanden als Marketing-Kommunikationsangebot, das Thema der Medien sein kann – geprüft. Sonia Livingstone, 2008 Präsidentin der International Communication Association (ICA), betitelte ihre „Presidential Address“ mit „On the Mediation of Everything“ und fragte damit genau nach diesem Punkt, wie der kommunikationswissenschaftliche Umgang mit der Beobachtung aussehen müsse, „… that information and communication technologies now mediate every dimension of society“ (Livingstone 2009: 1 f.). Werden die Punkte der Selektivität, Kontextualität und der Medialisierung zusammengeführt, ergibt sich für das Ambient Media Marketing die handlungsleiten-

444

B II

Output

de Kernfrage: Was kann als Kommunikationsinstrument in einer Situation, in der sich Zielpersonen befinden, aufmerksamkeitsstark genutzt werden und hat dies darüber hinaus einen Nachrichtenwert in dem Sinne, dass die Medien über dieses Kommunikationsangebot berichten ? Allgemein kann Ambient Media dann als Resultat von mehr oder weniger unkonventionellen und planbaren Medialisierungen lebensweltlicher Situationen von Zielgruppen aufgefasst werden. Dabei gilt: Je unkonventioneller das Ambient Medium ist, desto weniger planbar ist dessen Einsatz und Ergebnis aufgrund nicht gegebener Erfahrungswerte, aber desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zum Thema redaktioneller Berichterstattung wird, es also Campaining-Potenzial hat.

2.5.3.1 Kategorisierung

Zwecks der Schaffung eines Überblicks über die Vielzahl der verschiedenen Ambient Media ist eine Kategorisierung hilfreich. Als Kategorisierungskriterien kommen unterschiedliche Möglichkeiten in Betracht, von denen sich zwei Varianten durchgesetzt haben – nach kommunikationsinstrumenteller Gattung oder nach dem Ort beziehungsweise der Situation. Letzteres Verfahren ist von dem auf Ambient Media spezialisierten britischen Unternehmen Concord entwickelt worden und fokussiert stärker den Rezipienten im Ambient-Media-Kommunikationsprozess, während erstere Variante mehr die unterschiedlichen Spezifika der Ambient-Media-Formate aus Anbietersicht berücksichtigt (vgl. o. V. 2004). Daraus resultiert dann folgende Kategorisierung (s. auch Abb. 150). Poster Unter Poster fallen nichtklassische Posterformate mit einer Postleitzahlenzuordnung. Dadurch soll eine Abgrenzung zu den unterschiedlichen mobilen Posterformaten ermöglicht werden.

Abb. 150 Ambient Media aus Anbietersicht (Quelle: Wehleit 2005: 36)

2

Moderne Kommunikationsdisziplinen

445

Mobile Billboards Alle erdgebundenen, postleitzahlenübergreifende Posterformate fallen unter die Kategorie Mobile Billboards. Mit „erdgebunden“ wird die Abgrenzung zu den luftmobilen Werbeformen vorgenommen. Sponsorship Sponsorship als Ambient-Media-Kategorie verdankt sich der engen Verknüpfung von Ambient Media mit der klassischen Kommunikationsdisziplin Sponsoring, wie sie auf dem britischen Markt anzutreffen ist. In Deutschland ist eine Einsortierung von Sponsorship unter das Ambient-Media-Dach weniger gängig. Gemeint sind Ambient-Media-Formate in Form von auf Veranstaltungen gekennzeichneten Objekten oder Flächen, die primär nicht der Präsentation von Marketing-Kommunikationsangeboten dienen. Screens Alle Formen bewegter Bilder oder Projektionen im OoH-Bereich fallen unter die Kategorie der Screens. Hierunter ist beispielsweise die Großleinwand, der interaktive Kiosk, Projektionen auf Häuserwände oder Straßen wie auch der Info-Screen in der U-Bahn-Station zu fassen. Aerials Als Pendant zu den Mobile Billboards fallen in die Kategorie der Aerials alle luftbeweglichen Ambient-Media-Formate, sei es der Zeppelin, das Flugzeugbanner oder der Heißluftballon. Distributives Ambient-Media-Formate, die einen haptischen Kontakt mit dem Konsumenten erzielen, die von ihm mitgenommen werden können und die von der Distribution an den Konsumenten abhängig sind, fallen unter die Distributives. Die Gratispostkarte ist hier ebenso einzuordnen wie das Sampling von Werbeträgern (z. B. Zeitschriften) oder Werbeartikeln in der Szenegastronomie. Diese anbieterorientierte Kategorisierung der Ambient Media nach kommunikationsinstrumentellen Gattungen ist aufgrund fehlender Eindeutigkeit nicht unproblematisch. So ist die Abgrenzung zwischen den Kategorien Poster und Mobile Billboards unscharf. Ein nichtklassisches Poster in einem Verkehrsmittel (z. B. Zug) gilt aufgrund nicht gegebener örtlicher Zurechenbarkeit mittels einer Postleitzahl nicht als Poster – wohl aber das Poster auf einem LKW, solange sich dieser dauerhaft innerhalb eines PLZ-Bereichs aufhält. Auch finden sich gemäß dieser Kategorisierung die Promotion-Agenturen nicht nur im Verkaufsförderungsbereich, sondern auch im Ambient-Media-Segment wieder. Sorgen sie doch unter anderem für die Verteilung von Distributives im OoH-Bereich (vgl. Wehleit 2005: 35 f.). Für die Media-Planung

446

B II

Output

schließlich ist die anbieterorientierte Segmentierung der Ambient Media wenig hilfreich. Eine zielgruppenausgerichtete Ambient-Media-Planung ist mittels dieser Kategorisierung nicht möglich. Eine bessere Planungsgrundlage, die sich auch zunehmend durchsetzt, ergibt sich, wenn die Ambient Media nach dem Ort, an dem sich Zielpersonen aufhalten, also nach unterschiedlichen Kontexten in Form von Rezeptionssituationen segmentiert werden. Den sich daraus ergebenden Vorteil fassen Avi Shankar und Brett Horton (1999: 306) folgendermassen zusammen: „This enables the practitioner to target precisely discrete groups in places where they are likely to be“. Die britische AmbientMedia-Spezialagentur Concord (1998) hat als erste eine derartige Klassifikation eingeführt. Es werden sechs Lebenswelten mit ihren jeweiligen typischen Orten und Ambient Media unterschieden (vgl. Tab. 15). Weitere Segmentierungen, die derselben Kategorisierungslogik folgen, sind denkbar. So weist die Ambient Media Analyse 2013 Leistungswerte für stationäre, mobile und digitale Ambient-Werbeträger in Kategorien wie Gastronomie, Kinos, Schulen, Hochschulen, Lebensmitteleinzelhandel, Tankstellen, Fitness-Studios, Bahnhöfe, Verkehrsmittel und Straße, Indoor-Spielplätze, Videotheken, Freibäder und Flughäfen aus (vgl. Fachverband Ambient Media o. J.). Aus Großbritannien stammt eine Kategorisierung, die ähnlich die Ambient Media in sieben Lebensumfelder segmentiert (vgl. Wehleit 2005: 37 f.): •

Point of Transport/Point of Travel (Ambient Media, die in einem Reise- oder Transportbezug stehen, z. B. Bustickets, Zapfpistolen, nichtklassische Plakate an Flughäfen, U-Bahn-Stationen);

Tab. 15

Ambient Media nach Lebensumwelten und Orten (Quelle: Shankar/Horton 1999: 307)

Environment

Locations

Ambient media vehicles

Retail

Shopping centres; car parks; petrol stations; supermarkets; post offices; fast food outlets

Trolley advertising; take-away lid advertising; postcard racks; floor advertising; egg advertising; carrier bags

Leisure

Cinemas; sports stadium; pubs, clubs and restaurants; fitness clubs; music venues

Postcard racks; toilet wall advertising; beer mat advertising; washroom floor advertising

Travel

Underground; train and buses/coaches (vehicles and stations); bus-stops; petrol and service stations; airports etc.

Posters on lorries, coaches, buses etc.; petrol pump nozzles; stair riser adver tising; car park barrier advertising; ticket advertising;

Community

Playgrounds; emergency services

Sponsorship opportunities

Corporate

Council offices; company buildings

Payroll advertising

Other

Aerial and mobile media; schools, universities and colleges; libraries

Sponsored balloons; sky-writing posters; video screens; payroll advertising; bookmarks; litter bins

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Moderne Kommunikationsdisziplinen



Point of Leisure (Ambient Media an allen Orten, die der Freizeit gewidmet sind, z. B. Freibäder, Sportstadien, Kinos, Freizeitparks, Trend- und Erlebnisgastronomie); Point of Sports (Ambient Media an allen dauerhaften Sport- und Freizeiteinrichtungen, z. B. Fitness Club, Tennishalle, oder an saisonalen sportiven Treffpunkten, z. B. in Skigebieten); Roadside (Ambient Media, die in einem Bezug zum öffentlichen Raum der Straße stehen, z. B. Telefonzelle, Bushaltestellen); Point of Sale (Ambient Media im Handel, z. B. Einkaufswagen, Kassenbon, Fußboden); Point of Education (Ambient Media in Bildungseinrichtungen wie Kindergärten, Schulen oder Universitäten, z. B. Ausmalheft, Mensa-Tablett, Mousepad); Other (Ambient Media an Orten, die in einem anderen Kontext stehen als die zuvor genannten, z. B. Altenheim, Krankenhaus).



• • • •

447

Auch der deutsche Fachverband Ambient Media nutzt eine Kategorisierung nach Rezeptionsorten zur Ordnung der unterschiedlichen Ambient Media (s. Tab. 16). Es kann hier nicht detailliert auf die einzelnen Ambient Media eingegangen werden, weswegen für eine nähere Beschreibung auf die WWW-Seiten des FAM verwiesen wird (www.fachverband-ambientmedia.de). Der Hinweis des Fachverbandes Ambient Media (o. J.: 56), dass der Katalog der Ambient Media niemals komplett sein kann, ist dem Wesen des GM zu verdanken. Die Realisation überraschender, unkonventioneller Kommunikationsangebote ist untrennbar mit dem Einsatz neuartiger Kommunikationsinstrumente verknüpft, die das Kommunikationsangebot materialisieren. Ambient Media offenbart daher besonders nachdrücklich den dynamischen Charakter des GM. Die Folge ist, dass an jeder Ambient-Media-Kategorisierung schnell der Zahn der Zeit nagt, was ständig Erweiterungen bestehender Kategorisierungen erfordert. Als weitere „Ambient Specials“ – in oben aufgeführter britischer Kategorisierung von Concord als „Other“ bezeichnet – können aktuell beispielsweise Ambient Media genannt werden, die sich in Bundeswehr-Mannschaftsheimen (z. B. Survival Pakete), Friseur-Salons (z. B. Spiegelwerbung) oder Schwimmbädern (z. B. Umkleidekabinen) finden (vgl. Fachverband Ambient Media o. J.: 56).

448

B II

Output

Tab. 16 Kategorisierung der Ambient Medien gemäß dem deutschen Fachverband Ambient Media (Quelle: Fachverband Ambient Media/FAM o. J.) Orte/Situationen Ambient Media

Gastronomie

Tankstellen/ Raststätten

InHome

Fitness- Kino center

Aufblasbare Plakatwände

Point of Sale

×

Aufsteller

×

Banner

×

×

×

×

×

×

×

×

×

×

×

×

×

×

Bauzaunwerbung

×

BeachClubTower

×

Bodengrafiken

×

×

×

×

CityCruiser

× ×

×

Duschraumwerbung

×

Einkaufswagen-Poster

×

Fahrräder/Scooter mit CLP-Fläche*

×

Flugzeug-Klapptische

×

Gebrandete Basketballboards

×

Gebrandete Fahrzeuge Gebrandete Tische

× ×

Gebrandete Tüten

×

Getränkeuntersetzer

×

Gratispostkarten

×

×

×

×

Großbanner/Blow-ups Hinterleuchtete Plakate

× ×

Hinterleuchtetes Motion-CLP* Kleiderbügel

× ×

Lebensmittelverpackung

×

Logofrüchte

×

Malhefte/Malblöcke

×

Mobile 18/1 Plakate (auch in Tubeform) MotionAds

Kindergarten, Schule & Uni

×

Aufkleber lebensgroß

Coffee-to-go-Becher

Out-ofHome

× ×

2

Moderne Kommunikationsdisziplinen

449

Orte/Situationen Ambient Media

Gastronomie

Tankstellen/ Raststätten

InHome

Fitness- Kino center

Out-ofHome

Point of Sale

Mousepads in Computerräumen

×

ParfumPoint

×

Pausenhof-Großschirm

×

Pizzabox

×

Plakat Plakatrahmen

× ×

×

Popcorntüten

×

×

×

×

PosterMover

×

ProductMover

×

Sampling

Kindergarten, Schule & Uni

×

×

×

×

×

Sandwichman

×

×

×

×

Schaufensterwerbung

×

×

Schulhefte

×

Schulmilch

×

Showtruck

×

Spiegelwerbung

×

Stahlblechplakate

×

×

×

×

Stromkastenwerbung

×

×

Stundenpläne

×

Thekenaufsteller Tischaufsteller

×

Toilettenplakate

×

×

×

×

×

×

Türwerbung

×

Videoboards an Kassen

×

Videoscreen

×

Welcome Bag

×

Türwerbung

×

Zapfpistolen

×

* CLP = City-Light-Poster

450

B II

Output

2.5.3.2 Stunt Ambient Media

Der Grad der Unkonventionalität steuert das Campaigning-Potenzial einer AmbientMedia-Kampagne und damit das mögliche Ausmaß ihrer Publizität. Für hoch unkonventionelle Ambient-Media-Einsätze hat sich der Begriff Stunt Ambient Media etabliert. Die Unkonventionalität der Situation wird hier weniger über die Art des Kommunikationsinstrumentes als vielmehr über eine konkrete Handlung erzielt. Kolja Wehleit (2005: 27) spricht daher von „Aktionsformen, die zur Kommunikation einer (Werbe-)Aussage genutzt werden“. Darunter können Events, Happenings, Installationen und Inszenierungen, Flashmobs und weitere Veranstaltungen jeglicher Art fallen, die sich zur Berichterstattung in den Medien eignen. Grundsätzliches Ziel ist die Schaffung von breiter Aufmerksamkeit mittels redaktionell erzeugter und damit kostenloser Publizität für das eigene Marketing-Kommunikationsangebot. Die der Aufmerksamkeitsgewinnung bei Zielgruppen dienende Unkonventionalität – und damit das Interesse der Medien – wird durch einen Schockeffekt oder Tabubruch in der Ambient-Media-Aktion erreicht. Zusammenfassend geht es also um die Kommunikation des situativ Unerwarteten. Beispiele

Um Mitternacht am 09. 05. 1999 hat die britische Guerilla-Marketing-Agentur Cunning Stunts im Auftrag der Kommunikationsagentur Bartle Bogle Hegarty (BBH) zur Bewerbung des vom Männermagazin FHM durchgeführten Wettbewerbs „100 Sexiest Women“ ein 25 Meter hohes Bild des nackten Models Gail Porter an das britische Parlamentsgebäude projiziert. Daneben stand der Aufruf „Vote Gail“. Die Aktion dauerte nur ca. 10 Minuten und fand in der nationalen und internationalen Presse große Beachtung. Sie wurde von BBC Radio 4 zum „Stunt of the Century“ gekürt (vgl. Abb. 151).

In der Konsequenz ist ein zentrales Kennzeichen von Stunt Ambient Media die Einmaligkeit, die Nichtwiederholbarkeit der Aktion. Mangelnde Planbarkeit von Stunt Ambient Media ist die logische Folge. Im Vorfeld Aussagen zu Reichweite, Kontakten oder Effekten zu treffen, ist nahezu unmöglich. Eine Analyse kann nur ex post erfolgen. Damit die Medien über den Ambient Stunt berichten, ist es unerlässlich, diese vorab zu informieren. Denn häufig dauern die Aktionen nur einige Minuten, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie sich häufig an der Grenze der Legalität bewegen und das verantwortliche Unternehmen mit Abmahnungen zu rechnen hat.

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Abb. 151 Ambient Media Stunt des Magazins FHM/ UK vom 09. 05. 1999 (Quelle: http://www.cunning.com/ wall/vote-gail-porter; Zugriff: 23. 11. 2018)

2.5.4 Ambush Marketing Das Prinzip des Ambush Marketings als eine Erscheinungsform des GM lässt sich einleitend anhand von Beispielen gut illustrieren: Beispiele

Der 100-Meter-Sprinter Linford Christie erschien bei einer Pressekonferenz während der Olympischen Spiele 1996 in Atlanta mit Kontaktlinsen, die das Puma-Logo zeigten (s. Abb. 152), und die Sprinterin Merlene Ottey trug im 200-Meter-Finale Puma-Ohrringe. Offizieller Sponsor (aus der Sportartikelbranche) dieser Spiele war Reebok. Fußballer Mario Götze trat bei seinem ersten offiziellen Auftritt für den FC Bayern München 2013 mit einem T-Shirt auf, das das Nike-Logo trug. Offizieller Sponsor des FC Bayern München ist Adidas. Nike verteilte vor dem Finale der FußballWM 1994 zwischen Brasilien und Italien Abb. 152 100-Meter-Sprinter Linford 70 000 Baseballcaps in den Farben der bra- Christie mit Puma-Linsen (Quelle: A. silianischen Mannschaft und mit den Nike- Schober 1998) Swoosh. Diese wurden von vielen Zuschauern während des Spiels getragen, sodass das Stadion einem „Nike-Meer“ glich. Offizieller Ausrüster der brasilianischen Mannschaft war Umbro (vgl. Heermann 2006: 359).

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B II

Output

American Express führte im Vorfeld der Winterolympiade 1994 in Lillehammer eine Werbekampagne mit der Aussage durch: „If you’re travelling to Norway this winter, you’ll need a passport but – you don’t need a visa.“ Offizieller Veranstaltungssponsor war Visa (vgl. Bruhn/Ahlers 2003: 276).

So unterschiedlich diese Beispiele auch sind – von der Individualhandlung eines Sportlers über das Massen-Sampling eines Unternehmens bis hin zur Botschaftsgestaltung einer Kampagne –, der grundlegende Gedanke des Ambush Marketing kommt doch deutlich zum Ausdruck. Unternehmen wollen von der Veranstaltung eines Großereignisses profitieren, ohne dafür dem Veranstalter eine Gegenleistung zu erbringen. Sie entrichten also nicht wie die Sponsoren und Lizenznehmer derartiger Veranstaltungen zum Teil erhebliche Beträge, sondern agieren als „Trittbrettfahrer“, um die Marketingmöglichkeiten solcher Veranstaltungen auszunutzen (vgl. Bruhn/ Ahlers 2003: 272, Kanbach 2012, Pechtl 2007: 1). Prinzipiell kann es sich dabei um jedes Ereignis handeln, das ein Marketingpotenzial für Unternehmen hat und das von Sponsoren und Lizenznehmern (mit-)finanziert wird. Ambush Marketing kann daher nicht nur bei Großveranstaltungen im Sportbereich zum Einsatz kommen, auch wenn es dort heute die größte Bedeutung hat, sondern grundsätzlich bei jedem medienpräsenten, gesponserten Kultur-, Sozial- oder Umweltereignis eingesetzt werden. Das Guerilla-Wesen des Ambush Marketings spiegelt sich im deutschsprachigen Raum in der Bedeutung des Wortes ambush wider. Im Pons-Englisch/Deutsch-Wörterbuch (1985: 34) heißt es: „ambush = (place) Hinterhalt; (troops etc.) im Hinterhalt liegende Truppe/Guerillas etc.; (attack) Überfall (aus dem Hinterhalt) … to ambush (aus dem Hinterhalt) überfallen“. Häufig ist der Begriff negativ konnotiert. So werden beispielsweise im KompaktLexikon Marketing als Synonyme angegeben: Parasite Marketing und Schmarotzermarketing (vgl. Poth et al. 2008: 17). Manfred Bruhn und Grit Mareike Ahlers (2003: 286) weisen aber mit Michael Payne, dem ehemaligen IOC-Marketing-Direktor, darauf hin, dass dieser eher abschätzigen Betrachtung der Ambush Marketing treibenden Unternehmen (= Ambusher) als „thieves knowingly stealing something that does not belong to them“ eine eher respektvolle Einschätzung der Ambusher als „inspired marketers“ diametral gegenüber steht. In diesem Licht erscheint der Ambusher als Unternehmen, das sich durch innovative Marketingfähigkeiten auszeichnet und erfolgreich die hohen Sponsoringgebühren umgeht. Jerry Welsh, ehemaliger weltweiter Marketing-Chef von American Express, sieht im Ambush Marketing sogar eine Möglichkeit, dem Sponsorenmarkt zu mehr Effizienz zu verhelfen: „Successful ambush strategies feed on ill-conceived sponsorships and inept sponsors; in that regard, Ambush-Marketing is the natural result of healthy competition and has the long-range effect of making sponsored properties more valuable, not less, in that successful ambushes over time help to weed out inferior sponsorship proposition.“ (zit. n. J. Müller 2006: 101)

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Moderne Kommunikationsdisziplinen

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Der Begriff Ambush Marketing wurde Francis Farrelly et al. (2005: 340) zufolge erstmals 1988 von A. Bayless im Wall Street Journal verwendet: Er beschrieb damit die im Markt vorhandene falsche Assoziation eines Unternehmens mit einem nicht von diesem gesponserten Event, sodass dieses daraus dieselben Vorteile wie offizielle Sponsoren ziehen kann. An diesem grundlegenden Verständnis von Ambush Marketing hat sich bis heute nicht viel geändert. Die Definitionen variieren allenfalls nach dem Grad ihrer expliziten oder impliziten Wertung des Ambush Marketings im Sinne der oben genannten beiden Positionen. So kommt beispielsweise eine eher negative Konnotation in der häufig zitierten Definition von Tony Meenaghan (1994: 79) zum Ausdruck: „The practice whereby another company, often a competitor, intrudes upon public attention surrounding the event, thereby deflecting attention toward themselves and away from the sponsor.“ (vgl. auch ders. 1996: 106)

Ähnlich sprechen im deutschsprachigen Raum Elisa Bortoluzzi Dubach und Hansrudolf Frey (2011) von „unerlaubtem Trittbrettfahren“ und begreifen damit, in Anbetracht seiner Realisationsformen nicht haltbar, Ambush Marketing sogar ausschließlich als einen Rechtsverstoß. Eine neutralere und weniger polemisch wirkende Definition legt Gerd Nufer (2005: 211) vor, der von der Signalisierung einer autorisierten Verbindung zu einem Event spricht, „obwohl das Unternehmen keine legalisierten oder lediglich unterprivilegierte Vermarktungsrechte an dieser (von Dritten gesponserten) Veranstaltung besitzt“. Noch deutlicher bemühen sich Hans Pechtl (2007: 2) und Uta Jüttner (2008: 34) in ihren Definitionen um eine neutrale Position. In Anlehnung an diese kann unter Ambush Marketing dann Folgendes verstanden werden. ▶ Definition Bei Ambush Marketing handelt es sich um Guerilla-Marketing-Aktionen, die sich auf ein medial präsentes Ereignis beziehen oder dieses als Plattform nutzen, um daraus einen ökonomischen Nutzen zu ziehen, ohne dass vom Unternehmen (Ambusher) ein eigener, das Ereignis unterstützender Beitrag als Sponsor oder Lizenznehmer geleistet wird.

Aus den einleitenden Beispielen und den begriff lichen Ausführungen können die zentralen Merkmale des Ambush Marketings folgendermaßen zusammengefasst werden (vgl. Bruhn/Ahlers 2003: 273): •

Es handelt sich um einen bewussten und geplanten Versuch eines Unternehmens, eine Assoziation mit einem Ereignis oder einer Person zu erwirken, ohne eine offizielle Sponsorship zu übernehmen.

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B II

Output



Offizielle Sponsoren werden durch Ambusher benachteiligt, da sie vertraglich definierte Finanz-, Sach- oder Dienstleistungen für eine erwartete marketing-kommunikative Gegenleistung erbringen. • Ambusher und Sponsor stammen in der Regel aus derselben Branche und sind Konkurrenten. • Die Zielgruppe wird getäuscht, da eine Verbindung zwischen dem Ereignis und dem Ambusher suggeriert wird. Daraus resultiert • ein Wirkungsverlust der offiziellen Sponsorship, da die Aufmerksamkeit zugunsten des Ambushers verschoben wird. Ganz im Sinne des Guerilla Marketings steht hinsichtlich der Ziele des Ambush Marketings das effiziente Erreichen von breiter, medial erzeugter Aufmerksamkeit für die Marke beziehungsweise das Unternehmen im Mittelpunkt. Mit einem im Vergleich zum offiziellen Sponsor deutlich reduzierten finanziellen und personellen Aufwand werden dieselben Ziele wie im Sponsoring schlechthin verfolgt. Es wird eine Steigerung des Bekanntheitsgrades für die Marke/das Unternehmen angestrebt sowie ein Imagetransfer von Dimensionen des Ereignisses (z. B. im Fall einer Sportveranstaltung: Dynamik, Leistungsfähigkeit, Teamstärke) auf das Image des Ambushers. Hinzu kommt das Zielen auf einen Imagegewinn durch die (vermeintliche) Unterstützung eines gesellschaftlichen Ereignisses, womit Goodwill für das Unternehmen geschaffen werden soll. Schließlich ist an das Ambush Marketing auf der Outflow-Ebene auch die Zieldimension der Gewinn- oder Umsatzsteigerung geknüpft, was aber aufgrund der Zurechnungsproblematik (s. Kap. B I 2.4.1) kritisch zu betrachten ist. Von diesen eigenorientierten Zielen kann das konkurrenzorientierte Ziel der Minderung der kommunikativen Wirkung der offiziellen Sponsorships eines Ereignisses unterschieden werden. Hier stehen dann beispielsweise die Behinderung der Sponsorenwerbung, die Verringerung der Exklusivität der Sponsorenschaft und die Reduktion des Share of Voice der Sponsoren im Mittelpunkt. Abb. 153 gibt einen zusammenfassenden Überblick über die Zielstruktur des Ambush Marketing. In Abb. 154 werden die unterschiedlichen Ziele mit unterschiedlichen Arten des Ambush Marketings verknüpft, die sich zu einer Kategorisierung der vielfältigen Ambush-Marketing-Aktionen anbieten. Diese Kategorisierung kann jedoch aufgrund der Vielfältigkeit der Stoßrichtungen der einzelnen Aktionen nicht immer trennscharf sein, weshalb die überwiegende Charakteristik einer Ambush-Marketing-Aktion das für ihre Einordnung entscheidende Kriterium ist. Demnach kann zunächst auf der obersten Ebene zwischen direktem und indirektem Ambush Marketing, das sich wiederum in Ambush Marketing by Intrusion und Ambush Marketing by Association unterteilen lässt, unterschieden werden (s. Abb. 153) (vgl. im folgenden Pechtl 2007: 3 f.). Zentrales Merkmal des direkten oder auch „plumpen“ Ambush Marketings ist, dass derartige Aktionen unmittelbar auf das Sponsoring oder die Vermarktungsrechte des Veranstalters zielen. Folgende Gruppen von Ambush-Marketing-Aktionen fallen in diese Kategorie:

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Moderne Kommunikationsdisziplinen

Abb. 153 Zielstruktur des Ambush Marketing (vgl. Pechtl 2007: 21)

Abb. 154 Arten des Ambush Marketings (vgl. Pechtl 2007: 3)

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B II

Output

• Verwendung von veranstaltungsbezogenen Kennzeichen Der Ambusher bietet in Form von Merchandisingwaren (Produkte, die Kennzeichen tragen, die auf das Ereignis bezogen sind) Produkte an (z. B. Trikots, Schals), die mit rechtlich geschützten Symbolen oder Bezeichnungen ausgestattet sind, deren Verwendung den offiziellen Lizenznehmern und Sponsoren vorbehalten ist. Beispiel

Ein Unternehmen versuchte anlässlich der Europameisterschaft 2004, Fußbälle mit dem Aufdruck „EURO 2004“ in Umlauf zu bringen. Die UEFA hatte sich aber hierfür eine Wort/Bild-Marke im Markenregister eintragen lassen.



Nicht autorisierte Verwendung von auf das Event bezogenem Bild-/Filmmaterial Berichtet ein Medienunternehmen in Form von selbst produzierten Berichten oder Übertragungen über ein Ereignis, ohne von dessen Veranstalter beispielsweise durch eine Übertragungslizenz dazu autorisiert zu sein, liegt ebenfalls direktes Ambush Marketing vor. Dies gilt auch für die Verwendung von rechtlich geschützten veranstaltungsbezogenen Kennzeichen. Die Veranstaltung von Public Viewings hingegen – auch in Gaststätten –, ist, solange keine Eintrittsgelder erhoben werden, von der FIFA anlässlich der WM 2010 als eine nichtkommerzielle Veranstaltung klassifiziert und ohne Erwerb einer gebührenpflichtigen Lizenz für zulässig erklärt worden. Dies steht im Einklang mit dem deutschen Urheberrecht (vgl. FIFA o. J., Reinholz 2010). • Vortäuschen von Sponsorenschaft Der Ambusher suggeriert mit seinem kommunikativen Auftritt, er sei ein offizieller Sponsor. Zumeist geschieht dies durch eine entsprechende, in der Kommunikation implizierte Aussage. Beispiel

Anlässlich der Olympischen Spiele 2000 in Sydney schaltete Quantas die Kampagne „Spirits of Australia“ mit zahlreichen Athleten der Olympischen Spiele. Die Sponsoringoffizielle Fluglinie war Ansett und der Slogan „Share the spirits“ gehörte zu den geschützten Formulierungen dieser Spiele (vgl. Bruhn/Ahlers 2003: 281 f.).

• Angriffe wegen der Sponsorenschaft Wird versucht, das Markenzeichen eines Sponsors auf einer Veranstaltung oder im Rahmen der medialen Berichterstattung physisch zu verdecken, um es der Wahrnehmung zu entziehen, liegt ebenfalls direktes Ambush Marketing vor. Hier agiert häufig der persönliche Sponsor eines Veranstaltungsteilnehmers gegenüber dem Mannschaftssponsor als Ambusher.

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Moderne Kommunikationsdisziplinen

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Beispiel

Bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona erschienen die von Nike gesponserten Basketballspieler Charles Barkely und Michael Jordan zur Medaillenverleihung mit einer US-Flagge, die auf den Trainingsanzügen das Logo des offiziellen Sponsors der amerikanischen Basketballmannschaft Reebok bewusst verdeckte (vgl. Bruhn/Ahlers 2003: 276).

Im Gegensatz zum direkten, plumpen Ambushing dient beim indirekten Ambush Marketing das Ereignis dem Ambusher als Anlass für eigene Marketing-Kommunikationsmaßnahmen. Das Schaffen neuer, ereignisbezogener Produkte (z. B. Merchandisingwaren, Medienberichte) steht hier nicht im Mittelpunkt. Unterschieden wird das intelligente Ausnutzen einer guten Gelegenheit (Ambush Marketing by Intrusion) von Marketing-Kommunikationsmaßnahmen des Ambushers, die mehr oder weniger explizit das von Dritten gesponserte Ereignis beziehungsweise die Veranstaltung zum Thema haben (Ambush Marketing by Association). In der Kategorie des Ambush Marketings by Intrusion können drei Gruppen von Ambush-Marketing-Maßnahmen unterschieden werden: •

Durchführung eigener Werbung und Präsentation eigener Markensymbole im geografischen Umfeld des Sportevents Bei derartigen Ambush-Marketing-Aktionen ist es das Hauptziel, die Besucher eines Ereignisses, in der Regel einer Sportveranstaltung, für eigene MarketingKommunikationsziele zu nutzen. Maßnahmen sind das Aufstellen und Anbringen von Plakaten, das Verteilen von Werbematerial im Umfeld des Stadions oder im Medienzentrum sowie am Ort der Medaillenverleihung, solange sich diese nicht im Stadion befindet. Hans Pechtl (2007: 9) zählt auch das Ausstatten von an der Veranstaltung teilnehmenden Sportlern mit dem eigenen Logo zu dieser Gruppe von Ambush-Marketing-Aktionen (s. oben die Beispiele von Linford Christie und Merlene Ottey). Im Vordergrund steht, positive Effekte auf den Bekanntheitsgrad zu erzielen, aber auch, dem Publikum zu suggerieren, das der Ambusher offizieller Sponsor der Veranstaltung ist. Beispiel

Nike hat während der Olympiade 1996 in Atlanta große Werbeflächen in der Stadt gemietet und auf diesen Plakate mit Sportlern und dem Nike-Logo präsentiert. Des Weiteren wurde ein großes Nike-Center in direkter Stadionnähe errichtet und Flaggen mit dem Nike-Swoosh wurden an die Zuschauer verteilt. Der offizielle Sponsor aus der Sportartikelbranche war Reebok, der sich in „Niketown“ wiederfand (vgl. Wittneben/ Soldner 2006: 1176).

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B II

Output

Durchführung eigener Werbung im medialen Umfeld des Sportevents Diese Variante von Ambush-Marketing-Aktionen zielt auf die Nutzung der medial ermöglichten hohen Zuschauerzahl und damit Reichweite der Übertragung von Sportgroßereignissen. Die Belegung von Werbeplätzen, die kurz vor, nach oder während der Übertragung der Veranstaltung durch einen Fernsehsender liegen, ist die gängigste Maßnahme des Ambushers. Darüber hinaus kann auch das Programmsponsoring zum Einsatz kommen. Beispiel

Kodak erhielt bei der Olympiade 1988 in Seoul das Programmsponsoring für die Übertragung der Wettkämpfe. Offizieller Sponsor der Olympiade war Fuji.

• Erbringung publikumswirksamer Dienstleistungen im Umfeld des Sportevents Werden von einem Unternehmen publikumswirksame Dienstleistungen im Umfeld eines Ereignisses erbracht, obwohl aus derselben Branche eine Sponsorship gegeben ist, handelt es sich ebenfalls um Ambush Marketing by Intrusion. Auch hier steht die gewollte Wahrnehmung des Ambushers als offizieller Sponsor letztlich im Mittelpunkt. Beispiel

Das Zustellunternehmen TNT verteilte bei den Olympischen Spielen in Sydney die Eintrittskarten an die Zuschauer. Sogenannter TOP-Partner der Olympischen Spiele war seit vielen Jahren UPS (vgl. Bruhn/Ahlers 2003: 275).

Beim Ambush Marketing by Association wird das Ereignis mehr oder weniger explizit als Thema der Marketing-Kommunikation vom Ambusher genutzt. Auch hier können veranstaltungsbezogene Kennzeichen zum Einsatz kommen, die aber nicht zur Schaffung neuer Produkte im weitesten Sinne genutzt werden. Vielmehr dient das Ereignis als kommunikativer Rahmen, als Plattform für die Vermarktung des eigenen Angebots. Zwei Gruppen können unterschieden werden: •

Sportevent als Leitidee für die eigene Kommunikationsstrategie Folgende Beispiele verdeutlichen die Charakteristik der Ambush-Marketing-Aktionen dieser Gruppe. Beispiele

Nach dem Ausscheiden der niederländischen Mannschaft bei der Fußball WM 2006 in Deutschland schaltete der Elektronikhändler Media Markt einen Spot, in dem der Entertainer Oliver Pocher trauernden holländischen Fans in einem Wohnwagen einen

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Moderne Kommunikationsdisziplinen

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Weltmeisterschaftspokal mit dem durch Rudi Carell bekannt gewordenen Spruch überreicht: „Das wäre ihr Preis gewesen“. Vor dieser WM startete der Schreibgerätehersteller Edding eine Outdoor-Kampagne mit verschiedenen WM-bezogenen Motiven. Ein Motiv trug den Slogan „Wir halten durch bis zum Finale“ und zeigte drei Edding-Marker, die in den Farben schwarz, rot, gold die deutschen Farben nachzeichneten.

• Einsatz von Teilnehmern als „Persona“ in der eigenen Werbung Ebenfalls können bekannte Sportler oder Repräsentanten eines Ereignisses für die Kommunikation genutzt werden, um mit dem Ereignis assoziiert werden. Beispiel

Burger King schaltete in Deutschland zur Fußball EM 2004 die „Burger King Kahn Aktion“ mit Nationaltorhüter Oliver Kahn als Celebrity/Persona. McDonald’s war einer der neun offiziellen Sponsoren des Events (vgl. Drengner/Sachse 2005: 76).

Ergänzend soll noch auf folgende Kategorisierungen von Ambush-Marketing-Aktionen hingewiesen werden: Manfred Bruhn und Grit Mareike Ahlers (2003: 274) dient das Kriterium der Art der Platzierung von Marken zur Sortierung der unterschiedlichen Erscheinungsformen des Ambush Marketings. Die Art der Platzierung wird unterschieden nach den beiden Kriterien des Ereignisortes (innerhalb vs. außerhalb des Ereignisses) und des Markenzeichenträgers (durch Objekte vs. durch Personen), die in einer Vier-Felder-Matrix zueinander in Beziehung gesetzt werden (s. Abb. 155).

Erscheinungsformen von Maßnahmen des Ambush Marketing Platzierung von Marken durch Objekte

Platzierung von Marken durch Personen

Platzierung von Marken innerhalb des Ereignisses

• Platzierung von Banden und anderen Werbeformen auf dem Veranstaltungsgelände • Anlieferung von Getränken und Verpflegung für Restaurantbetriebe, VIP-Bereiche etc.

• Ausrüstung der Sportler mit Trikots und anderen Utensilien, die das Logo des Ambushers tragen • Verdeckung der Logos offizieller Sponsoren auf der Ausrüstung der Sportler

Platzierung von Marken außerhalb des Ereignisses

• Programmsponsoring • Außenwerbung, z. B. Plakate, Luftwerbung • Klassische TV-Spots in Werbepausen der TV-Übertragungen eines Events • Themenbezogene Mediawerbung • Andeutungen in der Mediawerbung

• Einsatz von Sportlern in der Verkaufsförderung, auf Messen, im Rahmen unternehmensinitiierter Events o. Ä. • Mediaauftritte der Sportler mit dem Logo des Ambushers

Abb. 155 Erscheinungsformen von Maßnahmen des Ambush Marketings nach Bruhn/Ahlers (2003: 274)

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B II

Output

Michael Noth (2007: 47 f.) nutzt die Tatsache, dass Marketing-Kommunikation durch Ambusher stets in einer bestimmten Beziehung zu einem Ereignis steht, als Ordnungskriterium. Er unterscheidet dann die fünf Ambush-Marketing-Gruppen: Werbung mit einem Eventzeichen, Werbung mit dem Austragungsort, Werbung vor Ort, Werbung mit am Event Beteiligten und Werbung mit anderen eventbezogenen Gegenständen. Marcus Stumpf (2006: 29) nutzt einerseits ähnlich wie Bruhn/Ahlers das Kriterium der auf den Erscheinungsort bezogenen Platzierung von Marken und andererseits das der rechtlichen beziehungsweise der ethischen Bewertung, wodurch auch er zu einer Vier-Felder-Matrix der Ambush-Marketing-Erscheinungsformen gelangt (s. Abb. 156). Gerd Nufer und Christian Simmerl (2008: 10) kategorisieren nach dem Kriterium der Durchführbarkeit von Ambush-Marketing-Maßnahmen und gelangen damit zu den vier Kategorien: •

eindämmbares Ambush Marketing, worunter Maßnahmen fallen, denen die Veranstalter nicht hilflos ausgesetzt sind, sondern die sie auf der einen Seite rechtlich beziehungsweise auf der anderen durch eigene Präventionsmaßnahmen verringern oder verhindern können. • Offenes Ambush Marketing, worunter Maßnahmen fallen, deren Einsatz völlig legitim ist und denen ein Veranstalter meist hilflos gegenübersteht, da er keine Möglichkeit hat, gegen die Unternehmensaktivitäten vorzugehen. • Sonderfall: Werbung im Umfeld Hierunter fallen Maßnahmen, die trotz der Einrichtung sogenannter Bannmeilen stattfinden. Diese sollen die Exklusivität der Maßnahmen offizieller Sponsoren im räumlich unmittelbaren Umfeld des Veranstaltungsortes, einschließlich des Luftraumes, schützen. Dennoch können Ambusher auf privatem Grund, der sich der Kontrolle der Veranstalter entzieht, in direkter Nähe zum Veranstaltungsort aktiv werden. Derartige Ambush-Marketing-Aktionen sind also weder vollkommen „eindämmbar“ noch eindeutig der Gruppe der „offenen“ Aktionen zuzuordnen.

rechtlich-gesetzlich zu bewerten

ethisch-moralisch zu bewerten

räumlich begrenzt auf das Sportereignis

z. B. Maßnahmen im Rahmen einer Subkategorie

z. B. Verdeckung der Logos offizieller Sponsoren

im Umfeld des Sportereignisses

z. B. Programmsponsoring

z. B. themenbezogene Mediaund Außenwerbung

Abb. 156 Erscheinungsformen von Maßnahmen des Ambush Marketings nach Stumpf (2006: 29)

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Moderne Kommunikationsdisziplinen

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Geduldetes Ambush Marketing umfasst Maßnahmen, die als nicht autorisierte Maßnahmen vom Veranstalter geduldet werden, weil sie sich nicht negativ auf die offiziellen Sponsorships auswirken. Vor allem handelt es sich dabei um lokale, kleinere Betriebe, bei denen das Gelingen des Vortäuschens einer offiziellen Sponsorship nahezu komplett ausgeschlossen werden kann (z. B. die WM-Brötchen vom Bäcker).

Die genannten Kategorisierungen unterscheiden sich nach dem Forschungs- und Erkenntnisinteresse ihrer Autoren. So werden in unterschiedlicher Gewichtung jeweils marketing-kommunikative, rechtliche, ethische oder pragmatische Aspekte als Kategorisierungsleitlinie genutzt, um die Vielzahl an Ambush-Marketing-Erscheinungsformen sinnvoll und übersichtlich ordnen und untersuchen zu können. Die eine letztlich gültige und allgemein verbindliche Kategorisierung kann es also nicht geben. Hinzu kommt, dass, wie im Ambient-Media-Bereich, auch beim Ambush Marketing das Wesen des Guerilla Marketings einer endgültigen Ordnung zuwiderläuft. Das Entdecken und die Realisation neuer, innovativer und damit aufmerksamkeitsstarker Aktionen ist konstitutiv für jede Erscheinungsform des Guerilla Marketings und lässt das Bemühen um eine zeitlich stabile und absolut trennscharfe Ambush-MarketingKategorisierung als ein wenig fruchtbares Unterfangen erscheinen. Hinsichtlich der Wirkung von Ambush Marketing kommen Manfred Bruhn und Grit Mareike Ahlers (2003: 292) zu dem Ergebnis, dass sich ein beträchtliches Defizit an wissenschaftlichen Erkenntnissen offenbart. Vor allem die Lücke zwischen der geringen Anzahl an vorliegenden Untersuchungen und der rasanten Verbreitung des Ambush Marketings ist zu beklagen. Hans Pechtl (2007: 21) konstatiert in seinem knappen Überblick zur Wirkung von Ambush Marketing, dass in den vorliegenden Studien zumeist anhand von Recall- oder Recognitiontests (vgl. Kap. B IV 2.2.2) untersucht wird, wie viele Besucher oder Fernsehzuschauer eines Ereignisses die offiziellen und vermeintlich offiziellen Sponsoren nennen. Die Ergebnisse dieser Studien sind uneinheitlich. Deutlich wird jedoch zum einen, dass der Branchenzugehörigkeit der Unternehmen eine wichtige Rolle im Wirkungszusammenhang zukommt. So können Ambusher bei Sportveranstaltungen durchaus höhere Erinnerungswerte erzielen als tatsächliche Sponsoren. Dies gilt besonders für Unternehmen, die bekannt und in einem sportnahen Bereich tätig sind, in dem sich mtihin die (mediale) Rezeptionssituation (z. B. beim TV) durch eine kontextuelle Passung der Markenpräsentation mit dem redaktionellen Umfeld auszeichnet (vgl. Kap. B I 1.2.2.2). So werden beispielsweise Nike oder Adidas von den Zuschauern einer Sportveranstaltung automatisch als Sponsor klassifiziert, auch wenn sie Ambusher sind. Jedoch kann sich andererseits auch ein Ambusher, der in seinem Geschäftsbereich nicht sportaffin ist, durch kommunikative Maßnahmen im Umfeld einer Sportveranstaltung sogar erfolgreicher als (vermeintlich) offizieller Sponsor positionieren, als dies den tatsächlichen Sponsoren gelingt. Dies ist das Ergebnis einer Studie zur Wahrnehmung der Sponsoren bei den Olympischen Spielen 1992 in Albertville (vgl. Abb. 157).

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B II

Kategorie

Output

Wahrnehmung (in %) richtig (offizieller Sponsor)

falsch (kein offizieller Sponsor)

Kreditkarten

46,0 (Visa)

24,3 (American Express)

Lieferservice

13,2 (Express Mail)

60,4 (Federal Express) 19,6 (UPS)

Kaffee

25,5 (Maxwell House)

41,7 (Folger’s)

Einzelhandel

11,9 (J. C. Penney)

34,7 (Sears) 27,7 (Kmart) 14,9 (Wal-Mart)

Schmerzmittel

15,0 (Nuprin)

41,0 (Tylenol)

Abb. 157 Wahrnehmung der Sponsoren bei den Olympischen Spielen 1992 in Albertville (Quelle: Meenaghan 1996: 108)

Über die Gründe, warum geschäftlich nicht sportnahe Unternehmen sich erfolgreich gegen offizielle Sponsoren aus derselben Branche in der Wahrnehmung des Publikums durchsetzen können, herrscht in der Literatur Konsens. Der Gedanke, dass allein die Markenproduktkategorie nahe Sponsorenschaft zu einem Marketingerfolg führt, ist in Anbetracht der Aggressivität und des Einfallsreichtums der Ambusher heute nicht mehr haltbar. Vonnöten sind integrierte Marketing-Kommunikationsprogramme, die die Sponsorship einbinden, in die massiv investiert wird und denen entsprechend in den Unternehmen die Auffassung zugrunde liegt, dass die Partnerschaft mit einer Veranstaltung eine langfristige, strategische Marketingchance darstellt (vgl. Farrelly et al. 2005: 346, Meenaghan 1996: 108, Pechtl 2007: 60). Dies impliziert natürlich auch, dass im Vorfeld heute mehr denn je eine kritische Auseinandersetzung mit der Frage stattfinden muss, ob eine Sponsorship oder ein Lizenzerwerb für Merchandisingprodukte für das jeweilige Unternehmen überhaupt eine erfolgversprechende Marketing- und Marketing-Kommunikationsstrategie ist oder man sich nicht besser anderen strategischen Optionen zuwenden sollte – inklusive der Frage, ob nicht ein Guerilla-Marketing-Ansatz in Form von Ambush Marketing eine Option sein könnte. Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, kann in einem ersten Schritt die Beantwortung folgender Teilfragen hilfreich sein, die auf die Voraussetzungen für die Realisation eines erfolgreichen Ambush Marketings abzielen (vgl. Jüttner 2008: 35): •

Sollen wir Ambush Marketing einsetzen ? • Ein Auf- beziehungsweise Ausbau unserer angestrebten Imagedimensionen ist möglich. • Unsere Zielgruppen können erreicht werden und es bestehen attraktive Möglichkeiten der Kontaktpflege. • Es kann eine kontextuelle Passung zwischen unseren Leistungsangeboten und dem Ereignis hergestellt werden.

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Moderne Kommunikationsdisziplinen



Können wir Ambush Marketing einsetzen ? • Die finanziellen und personellen Ressourcen zur Ambush-Marketing-Nutzung des Ereignisses können zur Verfügung gestellt werden. Dürfen wir Ambush Marketing einsetzen ? • Wir sind bereit, rechtliche Rahmenbedingungen zu prüfen und Spielräume inoffizieller Engagements auszuschöpfen. • Ambush Marketing ist mit der Kultur unseres Unternehmens und besonders mit unseren ethisch-moralischen Wertvorstellungen gut vereinbar.



2.6

463

Word-of-Mouth-Marketing (WOM-Marketing) – zur Kommunikation anregen

2.6.1 Kommunikationsqualitative Zielsetzung und Definition des WOM-Marketings Das Verständnis des seit rund 60 Jahren im Marketing-Kommunikationskontext kursierenden Begriffs des Word of Mouth (WOM) hat sich im Laufe der Zeit nicht wesentlich gewandelt. William Whyte veröffentlichte 1954 in der Zeitschrift Fortune einen Artikel, in dem er sich mit der Wirkung von WOM auf die Kaufhandlungen US-amerikanischer Konsumenten befasste. Gemeint war der persönliche Einfluss Dritter auf individuelle Kaufentscheidungen. Johan Arndt (1967) legte der Advertising Research Foundation (ARF) eine erste umfassende Analyse des Forschungsstandes zu diesem Bereich vor, in der er zu dem Ergebnis kommt, dass sich WOM zu der wichtigsten Informationsquelle für den Konsumenten entwickelt (vgl. Keller 2007: 449). Bezeichnet wird mit WOM heute üblicherweise die Kommunikation zwischen Konsumenten über die Charakteristika von Unternehmen, Produkten, Marken oder Services (vgl. z. B. Carl 2008: 226, Christiansen/Tax 2000: 185, Mason 2008: 207, Romaniuk 2007: 462, Westbrook 1987: 261). Dieses Verständnis wird auch seitens der Praxis geteilt. Die 2004 gegründete US-amerikanische Word of Mouth Marketing Association (WOMMA) fasst unter WOM allgemein „the act of consumers providing information to other consumers“ (Word of Mouth Marketing Association/WOMMA 2005: 2). Inhaltlich kann WOM positiv oder negativ sein. Aber erst wenn auf diese Kommunikation zwischen den Konsumenten seitens eines Unternehmens oder in dessen Auftrag von Dritten Einfluss genommen wird, handelt es sich um Marketing-Kommunikation, und erst dann kann von Word-of-Mouth-Marketing gesprochen werden. Folgerichtig begreift die WOMMA (ebd.) unter WOM-Marketing, dass den Konsumenten ein Grund gegeben wird, über Produkte und Services zu reden und das Stattfinden derartiger gegenseitig vorteilhafter Kommunikationen zwischen Konsumenten und zwischen Konsumenten und Unternehmen zu erleichtern. Unter kommunikationsqualitativer Betrachtung liegt die Zielsetzung von WOMMarketing vorrangig im Bereich der Mitteilung von für den Konsumenten relevanten

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B II

Output

Marketing-Kommunikationsangeboten und dem Evozieren von äußeren Anschlusshandlungen in Form des Anstoßens von Kommunikationsprozessen zwischen den Konsumenten. Einer der Kommunikationspartner handelt dabei verdeckt oder unverdeckt im Auftrag eines Unternehmens, das WOM-Marketing betreibt, und den informellen Charakter der Kommunikation ausnutzen. Den Zusammenhang zwischen Relevanz und Anschlusshandlungen des WOMMarketings beschreiben Dee Allsop et al. (2007: 404) folgendermaßen: „The more personally relevant our product and messages are, the more likely consumers are to engage with the product, and more likely to pass along messages to others“. Zusammenfassend kann unter Word-of-Mouth-Marketing Folgendes verstanden werden. ▶ Definition Word-of-Mouth-Marketing (WOM-Marketing) ist eine Marketing-Kommunikationsdisziplin, die den informellen Charakter der Kommunikationsprozesse unter Konsumenten zu Marketing-Zwecken nutzt, wobei sie auf eine Relevanz der Inhalte dieser Kommunikationsprozesse sowie auf Anschlusskommunikationen, die diese Inhalte betreffen, unter den Konsumenten zielt.

2.6.2 Entwicklung und Konzept des WOM-Marketings Der Hinweis von Johan Arndt (1967) in der oben erwähnten Studie hinsichtlich der hohen informatorischen Bedeutung von WOM für den Konsumenten ist heute aktueller denn je. Es findet sich kaum eine Abhandlung zu dem Thema, die nicht auf die herausragende Bedeutung von WOM für die Marketing-Kommunikation hinweisen würde. Diese Bedeutung wird in der Regel mit der Einflussstärke von WOM auf Meinungen und Kaufentscheidungen begründet, wofür stellvertretend Marsha Richins (1983: 69) zitiert werden kann: „… it is well accepted by marketing scholars and managers that nonmarketing dominated sources of information are given substantial weight by consumers in forming opinions and making product decisions“. Während Joseph Plummer (2007: 385) in seinem Editorial einer Ausgabe des Journal of Advertising Research (4/2007), die sich ausschließlich diesem Thema widmet und damit dessen heutige Bedeutung weiter unterstreicht, schreibt, dass sich WOM von einer zufälligen Begleiterscheinung vielleicht zu einer neuen Kommunikationsdisziplin entwickelt, kann in Anbetracht der fortschreitenden Ausdifferenzierung mit einhergehender Institutionalisierung des WOM-Marketings in Form spezialisierter Agenturen (z. B. Territory Influence, Pulse Advertising, Lucky Shareman) und Vermarktungsplattformen (z. B. Incircles, Famebit) in Deutschland von der tatsächlich stattfindenden Etablierung einer neuer Kommunikationsdisziplin gesprochen werden. Dies wird heute auch seitens der Wissenschaft so eingeschätzt, wie es deutlich bei Kimmel/Kitchen (2014) in ihrem einleitenden Artikel eines Special Issue des

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Journal of Marketing Communications zum Thema Word of Mouth and Social Media zum Ausdruck kommt. Passend zu dieser Entwicklung nutzt die WOMMA (2005: 3) Word-of-MouthMarketing als einen Gattungsbegriff, unter dem sie die unterschiedlichsten Formen der Consumer-to-Consumer-Kommunikation (C2C-Kommunikation) bündelt, von denen in Anbetracht ihrer Verbreitung unter den Unternehmen besonders das Virale Marketing (s. Kap. B II 2.6.3), das Social Media Marketing (s. Kap. B II 2.6.4) du die Influencer Kommunikationzu nennen sind. Plausibel scheint die Feststellung, dass das WOM-Marketing seit Mitte der 1990er Jahre, bedingt durch die kommunikationstechnologische Entwicklung in Form der Omnipräsenz und mobilen Nutzbarkeit des Internet auf eine Vervielfältigung der Möglichkeiten der medienvermittelten Individualkommunikation (E-Mail, Mobiltelefon, Blog, Chat, Social-Media-Plattformen wie youtube, facebook etc.) blicken kann und damit zukünftig eine noch größere Bedeutung erlangen wird, als ihm ohnehin bislang schon zugeschrieben wurde (vgl. Ahrens/Dressler 2011: 84 f., Allsop et al. 2007: 398, Pattloch/Rumler 2013: 278, Schulz et al. 2011, Vázquez-Casielles et al. 2013: 43 f.). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass der Anteil neuer, digitaler Medien an WOM heute noch verhältnismäßig gering ist. So realisiert sich in den USA WOM mit deutlichem Abstand in Face-to-Face-Kommunikationen (76 Prozent), gefolgt von Telefonaten (17 Prozent) und Online-Kommunikationen (10 Prozent) (vgl. Keller 2007: 450). Ein vergleichbarer Befund liegt für Deutschland vor, wenn auch hier die Online-Kommunikationen nahezu gleichauf mit den Telefonaten liegen (vgl. Franz 2010: 32). Es zeigt sich aber, dass bei den 14- bis 39-Jährigen Online- und Faceto-Face-Kommunikation gleichermaßen für WOM genutzt werden (vgl. ebd.: 33).

2.6.2.1 Vertrauen

Unabhängig von der medialen Realisationsfrage von WOM ist zu fragen, wie die hohe Einflussstärke auf Meinungen und Kaufentscheidungen, die der C2C-Kommunikation zugeschrieben wird, grundsätzlich erklärt werden kann. Dazu wird häufig auf die Attributionstheorie (Kelley 1973) zurückgegriffen (vgl. für das Folgende Lee/Youn 2009: 475 mit zahlreichen Literaturhinweisen). Die Attributionstheorie zeigt auf, wie Rezipienten Schlussfolgerungen in Abhängigkeit davon ziehen, dass ein Kommunikator eine bestimmte Position befürwortet, sich für etwas einsetzt oder in einer bestimmten Weise handelt. Unterschiedliche Arten von Attributionen führen dabei zu unterschiedlichen Persuasionsgraden. Unterschieden wird zwischen der StimulusAttribution und der Non-Stimulus-Attribution. Bei der Stimulus-Attribution wird die Mitteilung des Kommunikators vom Rezipienten den Eigenschaften des Stimulus (z. B. einem Produkt) zugeschrieben, der Inhalt der Mitteilung ist. Bei der NonStimulus-Attribution schreibt hingegen der Rezipient die Mitteilung des Kommunikators anderen Gründen und Umständen zu, die unabhängig von den Eigenschaften

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des Stimulus dem Inhalt der Mitteilung zugrunde liegen (z. B. Incentivierung, um eine Mitteilung zu tätigen). Dabei wird von der Attributionstheorie postuliert: Je stärker der Rezipient/Konsument die Äußerungen des Kommunikators über ein Produkt als tatsächliche Eigenschaften dem Produkt attribuiert (Stimulus-Attribution), desto glaubwürdiger wird der Kommunikator von dem Konsumenten wahrgenommen, desto stärker ist der Glaube des Konsumenten in die Richtigkeit der Mitteilung, und zwar dahin gehend, dass das Produkt die mitgeteilten Eigenschaften aufweist, und desto stärker überzeugt die Mitteilung den Konsumenten. Andererseits besagt das Discounting-Prinzip der Attributionstheorie: Je mehr der Konsument vermutet, dass die Äußerungen des Kommunikators auf Non-Stimulus-Faktoren, also auf anderweitigen Umständen, beruhen, desto weniger wird der Konsument die tatsächlichen Eigenschaften des Produktes als Grund für die Mitteilung des Kommunikators einschätzen, desto mehr wird der Konsument den Kommunikator als befangen wahrnehmen und desto weniger überzeugt die Mitteilung den Konsumenten. Vergleichbares wird von dem Persuasion Knowledge Model (PKM) postuliert (vgl. Friestadt/ Wright 1994, s. Kap. B III 1.2.2). Überträgt man dessen Konzeption in den WOMKontext, dann wird ein Konsument einen Kommunikationspartner, den er als mit anderweitigen Motiven für die Kommunikation ausgestattet wahrnimmt, eher als weniger aufrichtig in seinen Mitteilungen einschätzen (vgl. Carl 2008: 226, 238). Früh hat dies bereits aus motivationspsychologischer Perspektive auch Ernest Dichter (1966: 147 f.) formuliert: „When the consumer believes that an advertisement is more of a sales tool than information and guidance, he feels threatened. He turns for a solution of his buying problem to Word-of-Mouth.“

Folgt man, so eine weitere theoretische Option, der Prinzipal-Agenten-Theorie, so dient das unterstellte fehlende Eigeninteresse aufseiten des Kommunikationspartners dazu, die eigene Unsicherheit zu reduzieren, die aus dem Informationsvorsprung resultiert, den üblicherweise ein Anbieter/Verkäufer im Markt gegenüber einem Nachfrager hat (vgl. Saam 2002: 19, Weiber/Meyer 2005: 42). Gleichgültig, welcher theoretische Ansatz favorisiert wird – als zentrales Konstrukt, mit dem das Persuasionsausmaß in Kommunikationen erklärt wird, stellt sich theorieübergreifend das Vertrauen zum Kommunikationspartner heraus. Dieses Vertrauen, so die Annahme im WOM-Zusammenhang, ist bei den Kommunikationspartnern in C2C-Kommunikationssituationen größer als in Business-to-Consumer-Kommunikationskonstellationen (B2C). Ein Konsument vertraut eher einem anderen Konsumenten als dem Unternehmen oder dem Händler, der das Produkt herstellt beziehungsweise vertreibt. Die Relevanz des WOM-Kommunikationsangebots für den Konsumenten speist sich demnach vorrangig aus dem Kontext der Kommunikationssituation, der das Ausmaß an Vertrauen in den Kommunikationspartner steuert.

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Die Beschaffenheit dieses Vertrauens muss jedoch genauer betrachtet werden. Verbreitet und sicherlich für die Bedeutungskarriere von WOM mitverantwortlich ist die auch in den unterschiedlichen theoretischen Ansätzen zum Ausdruck kommende Annahme, dass dessen persuasive Kraft auf dem gegenseitigen Vertrauen der Kommunikationspartner beruht, nicht aus Eigeninteresse – vor allem materieller Art – zu handeln. Aktuelle Studien decken jedoch die Abhängigkeit des Vertrauensausmaßes von der persönlichen Beziehung zwischen den WOM-Kommunikationspartnern auf. Besteht zwischen den Partnern eine über die Zeit gewachsene persönliche Beziehung, schmälert selbst die Offenlegung durch einen der WOM-Kommunikationspartner, dass er im Auftrag eines Unternehmens Produktempfehlungen gibt und Teilnehmer eines organisierten WOM-Marketingprogramms ist (= WOM-Agent), nicht seine Vertrauenswürdigkeit. Im Gegenteil wirkt sich die Bekanntheit der Unternehmensverbindung des Kommunikationspartners auf dessen wahrgenommene Vertrauenswürdigkeit sogar positiv aus, weil seine Selbst-Offenbarung, dass er als WOM-Agent handelt, seine Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit sogar noch weiter festigen kann (vgl. Carl 2008: 236 f.). Die Erklärung hierfür liegt in dem Umstand, dass die dem Kommunikationspartner mitgeteilte Teilnahme an einem organisierten WOM-Marketingprogramm vor dem Hintergrund früherer Gespräche und der gesamten Historie der Beziehung der Partner interpretiert wird, in der der WOM-Agent seine Vertrauenswürdigkeit bewiesen hat. In eine vergleichbare Richtung können die Ergebnisse der Studie von Mira Lee und Seounmi Youn (2009) interpretiert werden. Konsumenten, die Produktbesprechungen auf einer unternehmenseigenen Marken-Website oder auf einer unternehmensunabhängigen Produkttest-Website wahrnehmen, unterscheiden sich nicht hinsichtlich ihren Attributionen in Bezug auf die Intentionen der Autoren der Produktberichte und nicht hinsichtlich ihrer Produktbeurteilungen. Bei Konsumenten, die einen Produktbericht in einem persönlichen Blog gelesen haben, ist die Wahrscheinlichkeit überraschenderweise jedoch höher, dass sie anderweitige Interessen des Bloggers vermuten, die der Produktbesprechung zugrunde liegen, als im Falle der Rezeption eines Produktberichts auf einer Marken- oder unabhängigen ProdukttestWebsite. Gemäß dem Discounting-Prinzip der Attributionstheorie empfehlen die Konsumenten das Produkt, über das sie in einem Blog gelesen haben, ihren Freunden mit geringerer Wahrscheinlichkeit als Konsumenten, die auf den anderen beiden WWW-Plattformen den Produktbericht rezipiert haben (vgl. ebd.: 490, s. auch Xue/ Phelps 2004). Als Grund kann das Nichtvorhandensein einer persönlichen Beziehung zum Blog-Betreiber und entsprechend dessen Wahrnehmung als Fremder angenommen werden, was beim Konsumenten zu dem Schluss führt, dass sich anderweitige Motive und Interessen hinter dem Blogeintrag verbergen (vgl. ebd.: 491). Erklärt werden kann die bedeutende Rolle, die der persönlichen Beziehung im Zusammenhang mit Vertrauen zukommt, mit dem „Gesetz des Wiedersehens“ (Luhmann 2014: 46). Weisen sich soziale Zusammenhänge von Kommunikationspartnern

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durch eine relative Dauer, wechselnde Abhängigkeiten und ein Moment der Unvorhersehbarkeit aus, sind die besten Voraussetzungen für eine Vertrauensbeziehung gegeben. Vertrauensbrüche werden erschwert, wollen die Partner sich auch zukünftig in die Augen blicken können. Die Voraussetzungen für Vertrauensaufbau sind also im Fall gegebener andauernder Interdependenzen der Kommunikationspartner als besonders günstig einzustufen (vgl. ebd.). Damit wird die Vertrauensproblematik des eWOM sofort offensichtlich. Sie liegt in dem für eWOM typischen Fehlen einer persönlichen Beziehung zwischen den Kommunikationspartnern: „… the anonymous nature of eWOM can make it difficult for consumers to determine the quality and credibility of the eWOM“ (Lee/Youn 2009: 474). Den zweifelsohne gegebenen Vorteilen von eWOM gegenüber traditionellem WOM (Geschwindigkeit, Convenience, One-to-many-Reichweite, Empfehlungsvielfalt und das Fehlen der Komplexität von Face-to-Face-Kommunikationssituationen) steht somit ein Vertrauensdefizit in den Kommunikationspartner gegenüber (vgl. auch Sun et al. 2006). Hinsichtlich der Frage nach den Maßnahmen, mit denen eWOM realisert werden kann, darf vor dem Hintergrund des heutigen Erkenntnisstandes der privat betriebene Blog und auch Influencer Marketing (s. Kap. B II 2.6.5) in seinem Persuasionspotenzial also nicht pauschal überbewertet werden. Besonders im Fall der BlogKommunikation wirkt sich die in der Regel fehlende persönliche Beziehung zum Blog-Betreiber deutlich negativ auf die Vertrauenswürdigkeit dort veröffentlichter Produktbesprechungen und -empfehlungen aus. Eine Alternative ist durchaus, die eigene Marken-Website des Unternehmens als ein Forum zu nutzen, in dem Konsumenten ihre Produkterfahrungen teilen können (vgl. Lee/Youn 2009: 492). Vertrauen spielt für die Erklärung von WOM aber nicht nur auf Seite der Konsumenten eine bedeutende Rolle. Auch wird die WOM-Aktivität des WOM-Kommunikators signifikant von dem Vertrauensmaß bestimmt, das dieser in ein Unternehmen, über das er kommuniziert, hat. Zu erklären ist dies damit, dass der WOM-Kommunikator das Vertrauen, das er in seinem sozialen Netzwerk genießt, nicht durch Empfehlungen riskiert, die sich im Nachhinein als falsch erweisen könnten. Daher gilt, je stärker das Vertrauen des Kommunikators in den WOM-Gegenstand (z. B. Unternehmen, Marke, Service), desto stärker seine positive WOM-Aktivität (vgl. De Matos/Rossi 2008: 582).

2.6.2.2 Empfehlung

Der Empfehlung kommt als Inhalt von WOM hohe Bedeutung zu. In der Förderung positiver Empfehlungen unter (potenziellen) Kunden sieht die Wissenschaft wie die Praxis ein wichtiges Marketing-Kommunikationsziel. Dies ist leicht einsehbar, denn Empfehlungen können im Kaufentscheidungsprozess für den Empfänger von hoher Relevanz sein und handlungssteuernden Einfluss haben. Unter einer Empfehlung (synonym: Weiterempfehlung, Kundenempfehlung) kann im WOM-Kontext eine ne-

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gative, neutrale oder positive Mitteilung eines Konsumenten oder Kunden über die wahrgenommenen Merkmale eines Unternehmens oder dessen angebotene Leistungen an andere Konsumenten/Kunden verstanden werden (vgl. Eggert et al. 2007: 234, Helm 2000b: 7, Wangenheim 2003: 55). Die Abgabe einer Empfehlung hängt von verschiedenen Faktoren ab. So werden in der C2C-Kommunikation nicht alle Produktkategorien gleichermaßen thematisiert. Entsprechend empfiehlt sich für die Unternehmen, den Einsatz von WOM-Marketing auch in Abhängigkeit von ihrer Branchenzugehörigkeit zu analysieren. In einer sehr groben Unterscheidung kann zunächst festgehalten werden, dass es den Anschein hat, dass grundsätzlich Dienstleistungen ein größeres WOM-Potenzial als Produkte haben (vgl. Christiansen/Tax 2000: 186). Erst ein differenzierter Blick auf die einzelnen Produkt-/Servicekategorien kann jedoch Hinweise auf das WOM-Potenzial der einzelnen Branchen geben. So ist in den USA die führende WOM-Kategorie die Gastronomie (Restaurants), gefolgt von Medien und Unterhaltung (Computer, Filme), Sport und Hobbys, Getränken sowie dem Einkaufen und Geschäften. Am wenigsten unterhalten sich Konsumenten über Finanzdienstleistungen, Haushaltsprodukte, Pflege- und Schönheitsartikel sowie Reisen (vgl. Keller 2007: 450, Allsop et al. 2007: 401). Ganz ähnlich sieht es in Deutschland aus. Geschäfte/Einkaufsstätten (1) liegen vor (2) PC/Computer (Hard- und Software) sowie (3) Telekommunikation und Online/Internet. Auf dem letzten Platz der abgefragten 16 WOM-Themenkategorien liegen Putz- und Reinigungsmittel hinter Versicherungen/Finanzen (15) und Sportbekleidung, -schuhen und -geräten (14) (vgl. Franz 2010: 29). Ein etwas anderes Bild ergibt sich, wenn nur eWOM in Betracht gezogen wird. Dort dominieren dann hochpreisige, komplexe und begehrte Produkte aus den Kategorien Technologie, (Unterhaltungs-)Elektronik (z. B. Computer, DVD-Player, TVGeräte) sowie Telekommunikation und Autos (vgl. ebd.: 35, Riegner 2007: 443). Als weitere Determinanten der Abgabe von Empfehlungen sind in einer umfangreichen empirischen Untersuchung für den B2C-Bereich folgende Variablen identifiziert worden (vgl. Wangenheim 2003: 86 f., 258 f.): •

Die Variable der Kundenzufriedenheit ist in ihrem Einfluss auf die Abgabe einer Empfehlung bereits in zahlreichen Studien als Determinante bestätigt worden (s. die Literaturhinweise bei Wangenheim 2003: 86). Sie kann verstanden werden als das Ergebnis eines kognitiv-emotionalen Soll-Ist-Vergleichs zwischen den erfahrungsbasierten Erwartungen, wie sie aus der Historie der Geschäftsbeziehungen resultieren, und der wahrgenommenen Leistung. Wenig überraschend ist, dass mit höherer Kundenzufriedenheit die Abgabe positiver Empfehlungen steigt und die Abgabe negativer Empfehlungen sinkt. Als Maßnahmen zur Steigerung der Kundenzufriedenheit nennt Florian von Wangenheim (ebd.: 259) nicht nur die eigentlich selbstverständliche Sicherstellung der Qualität des Leistungsangebots, sondern darüber hinaus das positive, zuvorkommende Verhalten der Unternehmensmitarbeiter in Kundenkommunikationen und -interaktionen, was

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besonders für den Dienstleistungsbereich von Bedeutung ist, sowie das Evozieren von positiven Emotionen wie Freude oder Erleichterung beim Kunden. Das Produktinvolvement im Sinne der wahrgenommenen Wichtigkeit des Marketing-Gegenstandes spielt ebenfalls eine zentrale Rolle bei der Erklärung von Empfehlungsabgaben. Ist diese Variable stärker ausgeprägt, führt dies zu einem erhöhten Aufkommen an Empfehlungshandlungen. Zur Steigerung des Produktinvolvements kann das Unternehmen prüfen, seine Produkte mit neuen Produkteigenschaften auszustatten, beispielsweise aus dem CSR-Bereich. Das Marktinvolvement, verstanden als das nicht produktspezifische generelle Interesse von Konsumenten an konsumtiven Handlungen, spielt bei der Abgabe von Empfehlungen – besonders Produktbereiche betreffend, die durch ein geringes Produktinvolvement gekennzeichnet sind – eine zentrale Rolle. Für die Unternehmen folgt daraus, dass sie sich um die Identifikation von market mavens, von Personen, die aus Motiven der Selbstdarstellung und des Altruismus Empfehlungen aussprechen (vgl. Dichter 1966: 154, Feick/Price 1987: 85, Stokburger-Sauer/Hoyer 2009: 101), in ihrem Kundenstamm bemühen sollten. Unternehmen hingegen, die Produkte aus dem High-Involvement-Bereich (z. B. Elektronik, Computer, Automobile) oder Dienstleistungen anbieten, sollten der Gruppe der Innovatoren verstärkte Beachtung schenken (s. Kap. B II 2.6.3). Schließlich kann auch von einem Einfluss des situativ erhöhten Involvements ausgegangen werden. Davon betroffen ist vor allem die Phase kurz nach dem Kauf beziehungsweise nach der Wahl eines Anbieters. Hier ist darauf zu achten, dass neben der Erbringung einer zufriedenstellenden Leistung auch das Beschwerdemanagement funktioniert, in dem Sinne, dass etwaige Unzufriedenheiten dem Unternehmen mitgeteilt werden und damit der Abgabe negativer Empfehlungen nach Möglichkeit vorgebeugt werden kann. Als letzte Determinante der Empfehlungsabgabe ist das wahrgenommene Risiko zu nennen. Gemeint ist damit die Erwartung möglicher Verluste als Folge einer Kaufentscheidung. Diese können sozialer Art sein, wie beispielsweise die Nichtakzeptanz eines gekauften Produktes in der Bezugsgruppe, oder auch funktioneller Art, wenn das gewählte Produkt die Erwartungen in qualitativer Hinsicht nicht erfüllen kann (vgl. Wangenheim 2003: 103). Wird entsprechend der Kauf von Kunden als risikoarm wahrgenommen, kann von einer Erleichterung des Kunden ausgegangen werden, die dem positiven Empfehlungshandeln förderlich ist.

Auch hinsichtlich des Einflusses der Empfehlung beim Empfehlungsempfänger konnten in der empirischen Forschung Determinanten identifiziert werden (vgl. ebd.: 136 f., 223). So hat die wahrgenommene Ähnlichkeit des Kommunikators, des Empfehlungsgebers, hinsichtlich seines persönlichen Ziel- und Wertesystems mit dem des Rezipienten, des Empfehlungsempfängers, einen hoch signifikanten positiven Einfluss auf die Einflussstärke der Empfehlung. Dasselbe gilt für das wahrgenommene

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Expertentum des Empfehlers, also dessen Fähigkeit, fundierte Informationen über einen Gegenstand geben zu können. Und auch aus der Perspektive des Empfehlungsempfängers kommt den produktbezogenen Variablen des Produktinvolvements sowie des psycho-sozialen und des finanziell-funktionellen Risikos eine hohe Bedeutung zu. Beide Risiken stehen in einem hoch signifikanten positiven Zusammenhang mit dem Involvement des Empfängers, wobei das psycho-soziale Risiko des Kaufs wiederum signifikant positiv mit dem Einfluss der Empfehlung korreliert. Die plausible Erklärung hierfür ist, dass die Nachteile eines als wichtig erachteten Kaufs als bedeutend empfunden werden, womit das Risiko derartiger Käufe als hoch wahrgenommen wird (vgl. ebd.: 224). Die bedeutende Rolle, die der Mitteilungsart der Empfehlung in der Praxis der Marketing-Kommunikation zugesprochen wird, spiegelt sich im Indikator des Net Promoter Score (NPS) wider. Diese von den Unternehmen Satmetrix und Bain & Company gemeinsam mit Fred Reichheld entwickelte Kennzahl zur Messung der Kundenloyalität hat es dank ihrer Einfachheit in der Anwendung und der postulierten Korrelation von NPS-Werten und Umsatzwachstum zu beachtlicher Popularität in der Praxis gebracht. Mit nur einer ultimativen Frage – „the ultimative question“ (Reichheld 2006) – wird der NPS ermittelt. Im Mittelpunkt dieser Frage steht die Empfehlungsbereitschaft des Kunden, mit der das Konstrukt der Kundenzufriedenheit operationalisiert wird, um damit zu Aussagen betreffend die Kundenbindung zu gelangen (s. Kap. B IV 2.2.8). Als etablierte Erscheinungsformen des WOM-Marketings sind heute Virales Marketing. Social Media Marketing und Influencer Kommunikation zu nennen. Auch wenn diese Formen nicht trennscharf voneinander unterschieden werden können, haben sie jedoch jeweils eigene charakteristische Schwerpunkte.

2.6.3 Virales Marketing Das Virale Marketing hat seinen Schwerpunkt in der Geschwindigkeit der Ausbreitung von WOM und in der resultierenden großen Anzahl an informierten Personen. Dies soll in Analogie zum Phänomen des Virus zum Ausdruck gebracht werden: die epidemische, flächendeckende und wirkungsvolle Verbreitung einer Marketing-Botschaft innerhalb eines Netzwerkes. Der Begriff viral marketing erschien erstmals 1989 in einem Artikel der Zeitschrift „PC User“. Thema war die Einführung von Macintosh-Computern in einem Betrieb: „At Ernst & Whinney, when Macgregor initially put Macintosh SEs up against a set of Compaqs, the staff almost unanimously voted with their feet as long waiting lists developed for use of the Macintoshes. The Compaqs were all but idle. John Bownes of City Bank confirmed this. ‚It’s viral marketing. You get one or two in and they spread throughout the company‘.“ (Carrigan, zit. n. Kirby 2006: 89)

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Im Dezember 1996 veröffentlichte Jeffrey Rayport in dem Wirtschaftsmagazin „Fast Company“ den Artikel „The Virus of Marketing“, der die weitere Entwicklung des Viralen Marketings nachhaltig prägte. Rayport lud die Leser zu einem Gedankenspiel ein: „Think of a virus as the ultimate marketing program. When it comes to getting a message out with little time, minimal budgets, and maximum effect, nothing on earth beats a virus“ (ebd.). Diesen Gedanken überführte er in Analogie zu biologischen Viren und Computerviren in ein neues Marketing-Modell, das er viral marketing oder v-marketing nannte. Er schloss seinen Beitrag mit den Worten „So spread the word“ und der Begriff Virales Marketing verbreitete sich in der Tat selbst wie ein Virus. Bereits zwei Jahre später, im Dezember 1998, wurde der Begriff von dem Online-Marketing-Magazin Iconcast zum „Buzzword des Jahres“ gekürt, wobei unter dem häufig im Kontext von Ausführungen zu WOM-Marketing anzutreffenden Begriff „buzz“ das Ergebnis von Viralem Marketing begriffen werden kann (vgl. Bampo et. al. 2008: 273). Eines der ersten Beispiele für Virales Marketing, das es mittlerweile zu beträchtlicher Berühmtheit gebracht hat und in nahezu jeder Abhandlung zum Thema Virales Marketing erwähnt wird, stammt von Hotmail, einem Anbieter kostenfreier E-Mail-Accounts. Beispiel (vgl. Juvertson/Draper 1997)

Sabeer Bhatia und Jack Smith, zwei junge US-Unternehmer, hatten bereits bei mehreren Venture Capitals vorgesprochen, bei denen sie jedoch erfolglos ihre Idee einer Internetfirma für Datenbanktools präsentiert hatten. Als die beiden ihr Konzept bei Draper Fisher Jurvetson (DFJ) vorstellten, waren auch diese Investoren zunächst nicht von der Geschäftsidee überzeugt. Ein kleiner Teil des Projekts interessierte sie jedoch näher: ein kostenloser webbasierter E-Mail-Dienst. Dies war die Geburtsstunde von Hotmail. Die beiden erhielten 300 000 US-Dollar Startkapital, von dem sie 50 000 US-Dollar für Marketingmaßnahmen einplanten. Bei dem ersten Meeting wurde ein Vorschlag von Tim Draper, Geschäftsführer von DFJ, diskutiert. Er wollte, dass neben den klassischen Kommunikationsinstrumenten auch jede von einem Hotmail-User verschickte E-Mail mit einem anklickbaren Text-Link („tagline“) versehen wird („Get your free e-mail at Hotmail“). Damit wurde die epidemische Verbreitung von Hotmail in Gang gebracht: Die Hotmail-Nutzer fungierten in ihren persönlichen E-Mail-Kommunikationen als Überträger des Virus. Nach sechs Monaten, im Dezember 1996, hatten sich bereits über eine Million Nutzer registriert und nach eineinhalb Jahren konnte Hotmail über 12 Millionen Nutzer verzeichnen.

Evident ist, dass sich das Internet besonders gut für die schnelle und große, also: virale Verbreitung von Marketing-Botschaften und im Fall von digitalen Produkten

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oder Services – wie beim Hotmail-Beispiel – sogar für diese selbst eignet. Viele Autoren grenzen daher auch Virales Marketing auf WOM-Maßnahmen im Online-Bereich ein (s. z. B. Brown et al. 2010: 49, Frosch-Wilke/Raith 2002: 233, Helm 2000: 1, Kotler/Armstrong 2006: 571, Rosen 2005: 159). Für Virales Marketing die mediale Realisierungsart als konstitutives Charakteristikum anzusetzen, wie dies auch in den manchmal synonym gebrauchten Bezeichnungen „Word-of-Mouse-Marketing“ oder „Word-of-Modem-Marketing“ zum Ausdruck kommt, greift aber zu kurz. Unabhängig von der zweifelsohne bedeutenden Rolle, die dem Internet qua seiner medialen Spezifika bei WOM-Marketing-Maßnahmen zukommt, konnte und kann sich in sozialen Systemen WOM auch internetunabhängig schnell durch Kombinationen von indirekten und direkten Kommunikationen unter den Systemmitgliedern verbreiten. Angebrachter ist es daher, von einer durch das Internet ausgelösten Renaissance der Mund-zu-Mund-Propaganda zu sprechen (vgl. auch Langner 2009: 18). Dies führt zu folgender Definition. ▶ Definition Virales Marketing ist eine WOM-Marketingform, die mittels des Kommunikationsangebots eines Unternehmens schnell und zahlreiche Anschlusskommunikationen unter den Konsumenten beabsichtigt.

Beim viralen Marketing steht also weniger die hoch vertrauenswürdige Produktempfehlung unter sich lange persönlich kennenden Personen im Vordergrund. Es geht mehr um eine Gelegenheitsempfehlung, die sich kurzfristig und situativ ergibt. Dies kann eine Geschichte oder ein Gerücht sein, ebenso können es Tipps wie beispielsweise der Hinweis auf eine interessante Website, eine App, ein Online-Spiel, ein neues Produkt oder einen lustigen Werbespot sein (vgl. Langner 2009: 17). Als primäres Marketing-Kommunikationsziel resultiert aus diesem Verständnis von Viralem Marketing die Steigerung der Markenbekanntheit (brand awareness). Die viral erzeugte hohe Reichweite des Marketing-Kommunikationsangebots soll zu einer höheren Markenbekanntheit führen, indem sich Konsumenten mit dem Virus beschäftigen (z. B. ein Onlinespiel nutzen) und dabei – und sei es auch nur in geringer kognitiver Verarbeitungsintensität – die Marke als Absender des Virus wahrnehmen (vgl. ebd.: 19). Kombiniert werden kann diese Zielsetzung mit dem Ziel der Gewinnung von Kundendaten. Wollen Konsumenten sich mit dem Virus infizieren, müssen sie dann vorab personenbezogene Daten wie beispielsweise ihren Namen und ihre (E-Mail-)Adresse angeben, die vom Unternehmen in der Folge für DirektmarketingMaßnahmen genutzt werden können. Zur Erklärung, dass die Möglichkeit besteht, das primäre Marketing-Kommunikationsziel der Steigerung der Markenbekanntheit mittels Viral Marketings überhaupt erreichen zu können, bieten sich folgende theoretische Ansätze an.

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Memetik Der Evolutionsbiologe Richard Dawkins entwickelte 1976 die Memetik – begriff lich eine Synthese aus Memory und Genetik – die sich mit der Entwicklung und Verbreitung von Memen beschäftigt. Unter einem Mem wird eine kleine Informationseinheit verstanden, die Element einer Kultur ist und die sich nicht genetisch, sondern durch Imitation verbreitet. Diese Verbreitung hat analog zur darwinschen Evolutionstheorie die Form eines Wettbewerbs („Survival of the fittest“). Nur die stärksten Meme überwinden die Selektivität der menschlichen Wahrnehmung. Vergleichbar zu Parasiten nutzen Meme den Menschen als Wirt („host“) – in dem Sinne, dass er das Mem verhaltenswirksam verinnerlicht – und verbreiten sich von dort auf andere Menschen weiter. Beispiele für Meme sind Ideen, Glauben, Werte, Gedanken, Schlagworte, Verhaltensmuster, Stile oder eben auch Marketing-Botschaften, die von Dritten nachgeahmt und von diesen wiederum kopiert werden und sich so fortlaufend replizieren. Dabei können sie sich verändern oder mit alten Memen eine Kombination eingehen, was zur Entstehung von neuen Memen führen kann. Grundlegender Gedanke dabei ist, dass die Imitationsmechanik konstitutiv für die menschliche Evolution ist, ohne die sich das Wissen des Menschen auf das beschränken müsste, was er im Laufe seines Lebens nur selbst erfahren hat, und somit Gesellschaft und Kultur nicht möglich wären (vgl. Dawkins 1994: 308 f., Blackmore 2000: 43 f.). Soziale Netzwerke Das Netzwerkkonzept ist schon 1955 von Elihu Katz und Paul Lazarsfeld (2005) in die Kommunikationsforschung eingeführt worden. Das Potenzial dieses Ansatzes wurde zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht voll entfaltet, da die Konzentration der Identifikation von Meinungsführern und dem two-step flow of communication galt (s. Kap. B III 2.5.1). Die ein Netzwerk konstituierende Rolle der interpersonalen Beziehungen und damit Fragen zur Netzwerkstruktur wurden erst später fokussiert, einhergehend mit der Entwicklung von Methoden der Erhebung und Analyse umfangreicher Netzwerkdaten (vgl. Schenk 1987: 241 f., 1995: 14 f., 1984, Jansen 2016). Es liegt auf der Hand, dass für das Virale Marketing Kenntnisse über die soziale Struktur des anvisierten Publikums eine große Bedeutung haben, gibt das Muster der interpersonalen Beziehungen doch wichtige Aufschlüsse über die Verbreitung des Virus. Dies ist hinreichend empirisch abgesichert: „Our findings show that social network structures have a significant impact on campaign performance“ (Bampo et al. 2008: 286). Wichtig ist in diesem Zusammenhang der Grundsatz der „Strength of weak ties“ (Granovetter 1973). Die sozialen Beziehungen zwischen den Netzwerkmitgliedern können unterschiedlich stark sein. Die Beziehungsstärke wird als eine Kombination aus den Faktoren Zeitaufwand, emotionale Intensität, Intimität in Bezug auf das gegenseitige Vertrauen und Dienste, die sich gegenseitig erwiesen werden, definiert (vgl. ebd.: 1362). Es lassen sich grundsätzlich zwei Arten von sozialen Beziehungen unterscheiden:

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Starke Beziehungen (strong ties) finden sich zwischen Freunden, in der Familie und unter Arbeitskollegen. Es handelt sich um Beziehungen, die nicht thematisch oder situativ spezifiziert sind, sondern sich durch dauerhafte, emotionale und wechselseitige Unterstützung auszeichnen. Sie weisen ein hohes Maß an Homophilie aus: Ist die Beziehung zwischen zwei Personen stark, sind sich die Personen auch in vielfacher Hinsicht ähnlich (vgl. Schenk 1995: 18). Diese Beziehungen führen zu Netzwerken mit einem dichten Beziehungsgefüge: „densely knit groups“ (Boase/ Wellman 2001: 5). • Schwache Beziehungen (weak ties) finden sich zwischen Bekannten oder entfernt lebenden Freunden und zeichnen sich durch heterophile Kommunikationen aus. Geringere Zeitintensität und häufig fehlende Dauerhaftigkeit kenzeichnen sie. Diese Beziehungen liegen Netzwerken zugrunde, die stärker verästelt sind und eine Struktur geringerer Dichte aufweisen: „ramified networks“ (ebd.: 8). Zu ergänzen ist, dass neben diesen beiden idealtypischen Netzwerktypen empirisch häufig die „glocalization“ (ebd.: 4) vorgefunden wird, eine Netzwerk-Mischform aus dichtem und weniger dichtem Beziehungsgefüge (s. Abb. 158). Besondere Bedeutung kommt den schwachen Verbindungen zu, wie sie häufig in weit verzweigten Netzwerken vorkommen („ramified“). Hier können viele nichtredundante Kontakte erzeugt werden, weil die Beziehungen nicht auf indirektem Weg wieder zu denselben Personen führen, wodurch kein Informationsgewinn stattfinden würde. Freunde oder enge Bekannte („densely knit“) hingegen kennen nahezu alle dieselben Personen, nutzen dieselben Informationsquellen, sodass aufgrund vieler redundanter Kontakte kaum ein Informationsgewinn stattfindet (vgl. Burt 1992:

Abb. 158 Typen von Netzwerkstrukturen (Quelle: Boase/Wellman 2001: 5)

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17). Auch dienen die schwachen Bindungen der Übertragung von Botschaften von einem Netzwerk in ein anderes. Besteht ein Netzwerk aus mehreren Unternetzwerken, werden die strukturellen Löcher („structural holes“) durch nichtredundante Beziehungen von „Gatekeepers“ überbrückt. Gatekeeper verknüpfen unterschiedliche soziale Welten, indem sie einen Schnittpunkt ansonsten unverbundener Netzwerke verkörpern (vgl. Burt 1992: 18, Schweizer 1996: 126). Zusammenfassend kommt der strukturellen Position, die eine Person in einem Netzwerk einnimmt, bei der Erklärung viraler Marketing-Effekte eine bedeutende Rolle zu. Personen, die besonders vielfältige interpersonale Beziehungen haben oder die verschiedene Netzwerke miteinander verbinden, sind für das Virale Marketing von besonderer Bedeutung. Ebenfalls wird deutlich, warum das Internet die virale Verbreitung von Botschaften unterstützt. Es hilft nämlich, die wichtigen schwachen Verbindungen aufrechtzuerhalten. Emanuel Rosen (2000: 82 f.) bemerkt zu Recht, dass Personen, die sich weniger nahe stehen, eher per E-Mail kommunizieren als dass sie telefonieren oder sich gar treffen. Auch können problemlos neue Verbindungen mit nur geringem Zeitaufwand aufgebaut und alte Beziehungen gepflegt werden. Diffusion Der individuellen Adoption und sozialen Verbreitung von Neuem (im weitesten Sinne) gilt das Interesse der Diffusionsforschung. Wie auch das Netzwerkkonzept kann die Diffusionsforschung auf eine beachtliche Tradition zurückblicken. Ihr Beginn ist mit der berühmten Iowa-Studie markiert, in der die Verbreitung eines neuen Saatgutes unter Farmern untersucht wurde (s. Ryan/Gross 1943). Anders als beim Netzwerkansatz steht nicht die Struktur sozialer Beziehungen im Mittelpunkt, sondern der Prozess der Übernahme einer Innovation, womit die Frage nach der Zeit virulent wird, in der eine Innovation, hier im Sinne eines MarketingKommunikationsangebots, durch potenzielle Adoptoren angenommen wird. Everett Rogers, der die Diffusionsforschung nachhaltig geprägt hat, definiert in seinem Modell Diffusion als einen spezifischen Kommunikationsprozess: „Diffusion is the process in which an innovation is communicated through certain channels over time among the members of a social system. It is a special type of communication, in that the message is concerned with new ideas“ (Rogers 2003: 5). Die Diffusion ist abhängig von der Innovationsbereitschaft, von dem Grad an Offenheit gegenüber Neuem, den die Mitglieder des sozialen Systems haben. Dieser variiert unter den Individuen. Innovationen werden nicht von allen Personen zur gleichen Zeit aufgenommen. Einige nehmen sie schneller auf als andere. Daraus resultieren fünf Adopterkategorien (vgl. ebd.: 282 f.), die in der typischen Glockenkurve der Adoption abgebildet werden können (s. Abb. 159). Diese ergibt sich aus der Gaußschen Normalverteilung um den Mittelwert (X) der Adoptionszeiten aller Personen, die die Innovation übernehmen.

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Abb. 159 Adopterkategorien im Diffusionsprozess (Quelle: Rogers 2003: 281)











Innovatoren („Innovators“) sind die ersten 2,5 Prozent der Individuen, die eine Neuerung annehmen. Sie gelten als risikofreudig und verfügen über beachtliche finanzielle Ressourcen, die es ihnen ermöglichen, die Unsicherheit und etwaige Verluste, die aus einer unprofitablen Innovationsübernahme resultieren, zu kompensieren. Indem sie die Innovation in das System importieren, nehmen sie eine Gatekeeper-Funktion ein, was mit einer hohen Zahl an intersystemischen sozialen Kontakten einhergeht. Die frühen Adoptoren („Early Adopters“), die nächsten 13,5 Prozent der Individuen, die eine Innovation annehmen, genießen eine hohe soziale Stellung und werden von den übrigen Systemmitgliedern als kompetente Ratgeber zu Innovationsfragen respektiert. Die frühe Mehrheit („Early Majority“), die folgenden 34 Prozent der Individuen, die eine Neuerung übernehmen, übernimmt diese schneller als der Durchschnitt im Sozialsystem, wobei sie aber dennoch überlegt entscheiden. Selten sind hier Meinungsführer anzutreffen, eher Individuen, die sich durch ihre hohe Anzahl an Verbindungen innerhalb des sozialen Systems auszeichnen. Zu der späten Mehrheit („Late Majority“), den sich anschließenden 34 Prozent der Innovationsübernehmer, zählen Personen, die im Vergleich zum Sozialsystemdurchschnitt Innovationen gegenüber sehr skeptisch und vorsichtig sind. Erst wenn keine Risiken und Unsicherheiten mehr bestehen und die Mehrheit bereits die Neuerung angenommen hat, sind sie adoptionsbereit – häufig aber nur aufgrund von wirtschaftlicher Notwendigkeit oder Gruppendruck. Nachzügler („Laggards“) sind die letzten 16 Prozent der Individuen, die eine Innovation annehmen. Sie halten an Traditionen fest, sind Neuerungen gegenüber sehr misstrauisch und nehmen dementsprechend diese erst dann an, wenn sie für die übrigen Sozialsystemmitglieder bereits als tradiert gelten. Zudem haben sie äußerst reduzierte Kommunikations- und Sozialbeziehungen, woraus eine Art sozialer Isolation resultiert.

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B II

Output

Soll ein Marketing-Kommunikationsangebot innovativen Charakter haben, damit es wie beschrieben in ein Sozialsystem diffundiert, ist es hilfreich, die von Rogers (ebd.: 15 f.) ermittelten Merkmale von Innovationen im Auge zu haben. Demnach haben Innovationen einen relativen Vorteil gegenüber früheren Ideen, sind kompatibel mit den bestehenden Werten, bisherigen Erfahrungen und Bedürfnissen der potenziellen Adoptoren, sind nicht komplex, können also schnell und unproblematisch verstanden und gehandhabt werden, können von potenziellen Adoptoren ausprobiert werden, bevor diese sie übernehmen, und sind schließlich beobachtbar, in dem Sinne, dass die Ergebnisse einer Innovation erfahren werden können. Marketing-Kommunikationsangebote verbreiten sich demnach umso schneller, • • • • •

je eher sie zu einem relativen Vorteil verhelfen, je kompatibler sie mit dem Common Ground des Sozialsystems sind, je geringer der Grad ihrer inhaltlichen Komplexität ist, je eher der kommunizierte Marketing-Gegenstand ausprobiert werden kann und je besser ihre Wirkungen beobachtet werden können.

Tipping Point Malcolm Gladwell (2016) popularisiert mit seiner These, dass die Verbreitung von Ideen, Botschaften, Produkten und Verhaltensweisen dem Muster von Epidemien und Seuchen folgt, vorliegende Erkenntnisse aus der Diffusions- und Netzwerkforschung. Danach verbreiten sich diese nicht in einem linearen Verlauf, sondern wie ein Virus. Es wird plötzlich der sogenannte Tipping Point erreicht, „… der Moment der kritischen Masse, die Schwelle, der Hitzegrad, bei dem Wasser zu kochen beginnt“ (Gladwell 2016: 18). Es handelt sich um den Punkt, ab dem eine Entwicklung nicht mehr zu stoppen ist, ab dem sich aus einer Virusübertragung eine Epidemie entwickelt. Drei elementare Faktoren sind für das Erreichen des Tipping Points verantwortlich: •

Das Gesetz der Wenigen („the law of the few“) Soziale Epidemien hängen von sehr wenigen ungewöhnlichen Menschen und deren Engagement ab. Sie verfügen über eine Anzahl besonderer und seltener Fähigkeiten. Gladwell segmentiert sie in die drei Gruppen Vermittler, Kenner und Verkäufer. • Der Vermittler („connnector“) Vermittler kennen beruflich und privat viele Menschen aus den unterschiedlichsten sozialen Systemen, Szenen und Subkulturen und verstehen es, Beziehungen zu pflegen. Sie haben also die besondere Gabe, „die Welt zusammenzubringen“ (ebd.: 52). • Der Kenner („maven“) Der Kenner ist ein Spezialist für Informationen und sozial motiviert, anderen Menschen mit seinem Wissen zu helfen. Dadurch übt er einen beträchtlichen

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Moderne Kommunikationsdisziplinen

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Einfluss auf die Kaufentscheidungen anderer aus (vgl. ebd.: 76). Das maßgeblich von Lawrence Feick und Linda Price (1987) entwickelte Konzept der market mavens fasst als solche „… individuals who have information about many kinds of products, places to shop, and other facets of markets, and initiate discussions with consumers and respond to requests from consumers for market information“ (ebd.: 85). Es liegt einer Vielzahl von Studien zur interpersonalen Kommunikation unter Konsumenten zugrunde (s. für einen Überblick z. B. Stokburger-Sauer/Hoyer 2009). • Der Verkäufer („salesman“) Der Verkäufer besitzt die Fähigkeit, viele Menschen zu überzeugen und zum Handeln zu bewegen. Seine Überzeugungskraft ist höher als die durchschnittlicher Menschen (vgl. Gladwell 2016). • Der Verankerungsfaktor („the stickiness factor“) Neben den oben genannten Boten, die das Virus übermitteln, ist auch der Inhalt der Botschaft von zentraler Bedeutung, um den Tipping Point zu erreichen. Botschaften müssen so interessant und einprägsam gestaltet sein, dass es ihnen gelingt, sich im Empfänger zu verankern, vom Empfänger gelernt zu werden. Erst dann hat die Botschaft eine Chance auf eine epidemische Verbreitung. Oft tragen dazu kleine und unscheinbare Botschaftselemente bei (vgl. ebd.). • Die Macht der Umstände („the power of context“) Als dritten Faktor für das Auslösen einer Epidemie macht Gladwell die Umstände aus, unter denen Menschen auf ein Ereignis treffen. Ob sich ein Ereignis zur Epidemie entwickelt, hängt von den Bedingungen und Umständen der Zeit und des Ortes ab, unter denen Menschen den Virus wahrnehmen. Passen Umstände und Virus (z. B. eine Marketing-Botschaft) zusammen, ist die Voraussetzung für eine epidemische Verbreitung gegeben (vgl. ebd.). Diese Auflistung theoretischer Ansätze zur Erklärung von Viralem Marketing erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Angeführt werden könnten beispielsweise auch noch die Chaostheorie (s. z. B. Mason 2008: 208 f.) oder infektionsepidemiologische, mathematische Modelle (s. z. B. Krämer/Reintjes 2003). Die hier genannten sind jedoch die populärsten theoretischen Konzepte zur Erklärung der Funktionsweise von Viralem Marketing und reichen aus, um dessen grundlegendes Prinzip aus unterschiedlichen Perspektiven zu verdeutlichen. Für vornehmlich im Internet realisierte Viral-Marketing-Kampagnen können zwei grundsätzlich verschiedene Arten von Viralem Marketing unterschieden werden: aktives und passives Virales Marketing. Unterschieden werden die beiden Arten nach dem Beitrag, den der Nutzer/Konsument im Diffusionsprozess übernimmt (vgl. Bryce 2012, Helm 2000a: 160, Riemer/Totz 2005: 83). Bei einem passiven Ansatz des Viralen Marketings, der auch als frictionless bezeichnet wird, verbreiten die Konsumenten die Marketing-Botschaften häufig bereits beim Nutzen der vermarkteten Dienstleistung – also gewissermaßen reibungslos. Somit ist meistens kein oder

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B II

Output

nur ein sehr geringer Aufwand der Nutzer notwendig. Es wird auch keine Belohnung für die Weiterleitung des Marketing-Kommunikationsangebots in Aussicht gestellt. Als Beispiele können Taglines genannt werden, die automatisch beim Versenden einer E-Mail unter das Ende der persönlichen Nachricht gesetzt werden (z. B.: „Sent by BlackBerry“, „Get your free e-mail at Hotmail“). Auch erfordert ein „send this story to a friend“- oder „Share“-Button auf einer Website wenig Aktivität des Nutzers. Beim aktiven Viralen Marketing hingegen übernimmt der Nutzer aktiv die Rolle des Kommunikators zwecks der Verbreitung eines Angebots. Diese Art des Viralen Marketings kann weiter unterschieden werden in servicebasiertes und anreizbasiertes aktives Virales Marketing (vgl. Schulz et al. 2011). Bei Letzterem werden Gutscheine, Rabatte oder dergleichen eingesetzt, um die Nutzer zur Verbreitung der Botschaft zu motivieren. In dem Sinne kann auch Affiliate Marketing als eine Form des anreizbasierten aktiven Viralen Marketings aufgefasst werden. Ein Website-Betreiber (Affiliate) integriert auf der eigenen WWW-Site einen Mini-Shop oder einen Link zum Shop eines Unternehmens. Der Partner wirbt also auf seiner Website für Produkte oder Leistungen eines anderen Unternehmens (Merchant) und erhält im Gegenzug für jede definierte, ausgeführte Handlung (in der Regel den Kauf eines Produktes), die auf seine Werbemaßnahme zurückgeführt wird, eine Provision (s. z. B. https:// partnernet.amazon.de). Des Weiteren sind die Kunden-werben-Kunden-Kampagnen (KwK-Kampagnen) eine Form des anreizbasierten aktiven Viralen Marketings. Bei diesen gern von Verlagen und Finanzdienstleistern genutzten Empfehlungskampagnen wird die erfolgreiche Anwerbung eines Neukunden durch einen Bestandskunden mit einer Prämie (z. B. Geschenk, Geldbetrag) honoriert (s. im Überblick Helm 2000b: 327 f., s. Abb. 160). Dies ist jedoch vor dem Hintergrund des Discounting-Prinzips, wie es in der Attributionstheorie herausgearbeitet wird, kritisch zu sehen (s. Kap. B II 2.6.2.1). Auch fallen in der Regel die viralen Effekte deswegen gering aus, weil sich werbender und geworbener Kunde gut kennen und damit keine Vermittler („connectors“, s. o.) zwischen sozialen Netzwerken in KwK-Kampagnen involviert sind. Auch kann in diesem Kontext das schon seit Längerem etablierte und stellenweise sehr kritisch diskutierte Multi-Level-Marketing (synonym: Network-Marketing, Strukturvertrieb) genannt werden. Der Konsument eines bestimmten Produktes ist gleichzeitig auch Verkäufer dieses Produktes und versucht weitere Verkäufer anzuwerben und an das Multi-Level-Marketing-Unternehmen vertraglich zu binden. Im Erfolgsfall erhält er einen Anteil der Verkaufsprovision dieser von ihm geworbenen neuen Verkäufer, muss aber auch selbst einen Anteil seiner Verkaufsprovisionen an den ihm direkt übergeordneten Verkäufer (Vertriebspartner) abgeben. Im Ergebnis läuft dies auf einen strikt vertikalen Aufbau des Vertriebssystems hinaus, in dessen Mittelpunkt aus der Perspektive des einzelnen Verkäufers häufig nicht mehr das Leistungsangebot des Unternehmens, sondern die Firma selbst mit ihren Erlösmöglichkeiten steht (vgl. Kaminski 2004, Zacharias 2008).

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Abb. 160 KwK-Kampagne der Commerzbank (Quelle: www.commerzbank.de; Zugriff: 25. 11. 2018)

Beim serviceorientierten aktiven Viralen Marketing beruht die Motivation der Weiterleitung der Botschaft hingegen auf Eigenschaften der Botschaft selbst (z. B. Unterhaltungswert) oder auf der Attraktivität oder dem Nutzwert des in ihr kommunizierten Marketing-Gegenstandes, der von den Nutzern aus dem Internet heruntergeladen und auf dem eigenen Rechner installiert werden muss (z. B. Spotify, Skype). Bei der Umsetzung viraler Kampagnen kommt zwei Faktoren besondere Bedeutung zu. Diese verdankt sich dem Umstand, dass die Diffusion des Angebots nicht dem Steuerungszugriff des Unternehmens und seiner Agentur unterliegt, die Verbreitung des Virus also nicht gemanagt werden kann und Prognosen über den Erfolg viraler Kampagnen nahezu unmöglich sind. Der erste Faktor, der mit entsprechender Sorgfalt geplant und umgesetzt werden muss, ist der Virus selbst, also das Kampagnengut. Dieses materialisiert sich als konkretes Kommunikationsangebot und muss sich durch eine hohe diffusionsanregende Attraktivität bei der Zielgruppe auszeichnen. Diese Attraktivität bezieht sich in der Regel nicht auf den Marketing-Gegenstand (Produkt, Dienstleistung, Marke, Unternehmen etc.), sondern auf die semiotische Realisation des Kommunikationsangebots. Die oben im Zusammenhang mit dem Diffusionsmodell genannten Eigenschaften innovativer Marketing-Kom-

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B II

Output

munikationsangebote, die für deren schnelle Verbreitung förderlich sind, können in Bezug auf das Kampagnengut viraler Kampagnen um folgende Werteeigenschaften ergänzt werden (vgl. Langner 2009: 21): • Unterhaltungswert Das Kampagnengut ist ungewöhnlich, abwechslungsreich und überzeugt durch seinen hohen Unterhaltungswert (s. „Evian Roller Babies“, der als der bislang erfolgreichste Viral Clip aller Zeit gilt). • Neuigkeitswert Das Kampagnengut ist in dieser Art noch nie dagewesen. • Nutzwert Das Kampagnengut ist im Sinne eines Branded Service (s. Kap. B II 2.3.6) von hoher Nützlichkeit. • Ökonomischer Wert Das Kampagnengut ist kostenlos erhältlich und nutzbar. • Pragmatischer Wert Das Kampagnengut kann einfach Gegenstand von Anschlusskommunikationen werden. Es kann einfach kopiert oder weitergeleitet werden. Das Kampagnengut kann als Kommunikationsangebot in unterschiedlichen Formaten umgesetzt werden. Häufig verwendete Formate sind: • Viral Clip, auch einfach „Viral“ genannt: ein speziell für das Internet produziertes Video; Beispiel: das beim International Advertising Festival in Cannes 2006 mit einem Grand Prix in der Kategorie Cyber Lions ausgezeichnete Viral „Still free“; • Spoof: Fälschung/Parodie eines existierenden Viral Clips; Beispiel: Viral: Dove Evolution; Spoof: Slob Evolution (Abb. 161); • Adgame: Spiel, das kostenlos zum Download oder zum Online-Spielen auf einer WWW-Site angeboten wird; maßgeblich geprägt von der Whisky-Marke Johnnie Walker und ihrem 1999 erstmals downloadbaren Moorhuhn-Spiel (www.moor huhn.de); • Website: eigens für eine virale Kampagne geschaffen WWW-Site; • Easter Egg: versteckte Daten in Software, PC-Spielen, Websites, Mobiltelefonen/ Smartphones sowie CDs/DVDs (s. den Überblick auf www.mogelpower.de/easter/ index.php); • „Share“- oder „Sent to“-Button: auf einer Webseite integrierter Button, mit dem Inhalte der Seite weitergeleitet werden können oder auf diese hingewiesen werden kann; • Kommunikationsangebote von (modernen) Kommunikationsdisziplinen, die zum Thema viraler Kommunikationsprozesse werden, besonders aus den Bereichen explizite PMK, Branded Services, Ambient Media und Stunt Ambient Media.

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Moderne Kommunikationsdisziplinen

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Abb. 161 Viral Spot „Dove Evolution“ und Spoof „Slob Evolution“ (Quelle: youtube.com; Zugriff: 25. 11. 2018)

Der zweite Faktor, dem besondere Beachtung bei der Umsetzung viraler Kampagnen zukommen muss, ist das Seeding, das zielgruppenspezifische Streuen des Kampagnengutes. Ziel ist es, dass der Diffusionsprozess, wie er oben im Diffusionsmodell von Rogers abgebildet ist (s. Abb. 159), in Gang gesetzt wird. Unterschieden werden kann ein eher passives Seeding, auch als „einfaches Seeding“ (Langner 2009: 23) bezeichnet, von einem aktiven oder „erweiterten“ (ebd.: 24) Seeding. Das passive Seeding zielt darauf, dass das Kommunikationsangebot von der Zielgruppe selbst entdeckt wird. Die Aktivität seitens des Unternehmens beschränkt sich darauf, Kunden, Verwandte, Freunde und Bekannte von Mitarbeitern des Unternehmens beziehungsweise der Agentur über das Kommunikationsangebot zu informieren. Die Kosten bleiben dabei sehr gering. Erfolgversprechender ist das strategisch ausgerichtete aktive Seeding. Hier wird die Marketingbotschaft gezielt in Umlauf gebracht. Es wird versucht, möglichst viele Mitglieder der Zielgruppe innerhalb kürzester Zeit zu „infizieren“. Dazu müssen diffusionsförderliche Personen in Zielgruppen angesprochen werden, auf die die unterschiedlichen, in den oben aufgeführten theoretischen Modellen identifizierten Merkmale zutreffen (z. B. Vermittler, Kenner, Verkäufer, Gatekeeper, Innovatoren). Auch empfiehlt sich die Ansprache situativ hoch involvierter Personen wie beispielsweise soeben gewonnener Neukunden, bei denen die Wahrscheinlichkeit einer Weiterempfehlung besonders hoch ist (vgl. Kap. B II 2.6.2.2). Im Vergleich zum einfachen Seeding sind die Kosten des aktiven Seedings weitaus höher, da in der Regel auf externe spezialisierte Dienstleister (Viral-Agenturen) zurückgegriffen werden muss. Beispiele

Procter & Gamble hat 2002 „Tremor“ gegründet, eine Marketing-Einheit, deren Leistungen auch von unternehmensfremden Marken in Anspruch genommen werden

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B II

Output

können. Tremor hat Zugriff auf ca. 500 000 Mütter in den USA, die sich als Vermittler („connectors“) qualifiziert haben und die mit viralen Kampagnen gezielt angesprochen werden, damit sie das Kampagnengut in ihren sozialen Netzwerken weiterverbreiten. Bei „The Real Network Dialogue (TRND)“, einer Viral-Marketing-Agentur mit Sitz in München, können sich Konsumenten für die Teilnahme an Kampagnen ihrer Wahl bewerben. Bei erfolgreicher Bewerbung erhalten sie Informationsmaterial zum Produkt sowie Testprodukte, um aktiv WOM in ihren Netzwerken zu betreiben. Die Vergütung erfolgt über „Wombats“. Dies sind Punkte, die in Abhängigkeit von der Anzahl und dem Umfang der Berichte, die der Teilnehmer über geführte produktbezogene Gespräche angefertigt hat, vergeben und nach einem Bonussystem eingelöst werden können (vgl. www.trnd.com; Zugriff: 25. 11. 2018). Dem auftraggebenden Unternehmen stellt TRND die angefallenen „Costs per Experience“ in Rechnung, wobei es sich um vollzogene Empfehlungen handelt. Pro Produktempfehlung („experience“) wird ein Betrag zwischen 10 und 60 Cent fällig, der sich bei durchschnittlichen Kampagnen auf insgesamt 70 000,– bis 125 000,– Euro summiert (vgl. Reitz 2008: 68).

Die Identifizierung und Ansprache von potenziellen Adoptoren ist nicht die einzige Maßnahme eines aktiven Seeding-Konzeptes. Sie sollte vielmehr Bestandteil eines integrierten Maßnahmen-Pakets sein, zu dem folgende weitere Aktionen zählen können: • • • •

Platzierung eines Viral Clip auf verschiedenen, stark besuchten WWW-Plattformen (z. B. youtube.com), exklusive Mitteilungen an ausgewählte Blogger und Communitys, die in einem Bezug zum Marketing-Gegenstand stehen, Nutzung unternehmenseigener WWW-Sites, Blogs, Foren etc., Nutzung von Microblogging-Diensten (z. B. twitter.com).

Hinsichtlich der Erfolgsmessung von viralen Kampagnen können Aussagen weitaus einfacher über online realisierte als über off line und face-to-face umgesetzte Kampagnen getroffen werden. So ist es bei Off line-Kampagnen nahezu unmöglich, die Diffusion eines Marketing-Kommunikationsangebots nachvollziehen zu können und zu verlässlichen Aussagen den Erfolg des „gesäten Virus“ betreffend zu gelangen. Im Online-Bereich kann ein quantitativer von einem qualitativen Ansatz unterschieden werden. Die quantitative Erfolgsmessung basiert auf der Auswertung von Logfiles, der Anfragen, die von einem Rechner an einen Server gerichtet und aufgezeichnet werden. Neben den üblichen auswertbaren Daten wie Visits, Page Impressions, Downloads, Daten zur Konfiguration und zum Standort des anfragenden Rechners etc. ist für das Virale Marketing der Weitergabekoeffizient von besonderem Interesse. Denn schließlich interessieren besonders die durch Multiplikation erziel-

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ten Kontakte, die sich dem Seeding anschließen (vgl. Förster et al. 2010: 577 f.). Der Weitergabekoeffizient gibt Aufschluss über das Ausmaß der Verbreitung einer Datei im Internet. Technisch wird dies durch die Integration einer HTTP-Request-Routine in die Datei (z. B. in den Viral Spot) realisiert, die bei jeder Öffnung eine Anfrage an den eigenen Server sendet, inklusive der IP-Adresse des Nutzers sowie Datum und Uhrzeit des Zugriffs (vgl. Langner 2006: 92, 2009: 30). Medienunabhängig kann auch ein „Mund-zu-Mund-Multiplikator“ ermittelt werden, mit dem eine Einschätzung der Größenordnung erfolgen kann, in der WOM den ökonomischen Wert eines durch Marketing-Kommunikation ausgelösten Kaufs beeinflusst (s. Hogan et al. 2006: 28 f.). Mit der qualitativen Erfolgskontrolle können Aussagen zur Art der Kommentierung des Kampagnengutes getroffen werden. Wird es von der Zielgruppe eher positiv oder negativ bewertet ? Als Quellen kommen Weblogs, Foren, Portale oder auch redaktionell betriebene Online- und Off line-Magazine in Betracht, die regelmäßig beobachtet werden sollten (s. hierzu detaillierter Kap. B II 2.6.4).

2.6.4 Social Media Marketing Anders als beim Viralen Marketing steht beim Social Media Marketing nicht so sehr die Geschwindigkeit der Ausbreitung von WOM und die große Anzahl an informierten Personen im Vordergrund. Der Fokus liegt vielmehr auf den Interaktionen der Internetnutzer, die selbstverständlich aber virale Effekte zur Folge haben können. Mit dem Begriff Social Media wird entsprechend auf das Charakteristikum der Gegenseitigkeit von Kommunikation, auf aufeinander bezogenes Handeln der Nutzer hingewiesen, das auf bestimmten Internet-Plattformen (= Social Media) themen- oder funktionsspezifisch ermöglicht wird. Die dort stattfindenden Kommunikationen sind reziprok, insofern als Kommunikatoren und Rezipienten fortlaufend interagieren und ihre Rollen tauschen können, sich also wie im Gespräch aufeinander wechselseitig beziehen und damit Sozialität als typisches Merkmal dieser Art von Kommunikation im WWW konstituieren. Dies geschieht konkret, indem Kommunikationsangebote (Texte, Fotos, Videos etc.) von den Nutzern selbst geschaffen, bewertet, kommentiert, verlinkt, klassifiziert oder weitergeleitet werden (vgl. Safko/ Brake 2012, Tuten 2008: 20). Der Begriff Social Media ist von dem des Web 2.0 zu unterscheiden. Letzterer wurde von dem US-amerikanischen Verleger Tim O’Reilly im Rahmen einer Konferenz im Oktober 2004 geprägt und anschließend von ihm in einem viel beachteten Text weiter fundiert (O’Reilly 2005). Schnell fand der Begriff Verbreitung und gilt mittlerweile als Chiffre für die Zusammenfassung einer Reihe von Veränderungen, die ökonomische, soziale und technische Aspekte des Internets betreffen. Er suggeriert mit seinem Zusatz „2.0“, der typisch für die Benennung von Software-Versionen ist, einen Sprung des WWW auf eine neue Entwicklungsstufe, der mit einem tief greifen-

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B II

Output

den Wandel und einer neuen Phase des Internets einhergeht. Diese Implikation trifft jedoch auf Kritik, die vor allem geltend macht, dass es Web-2.0-Anwendungen bereits lange vor 2004 gab und daher die Vorstellung eines abrupten Sprungs des Internets auf eine neue Version nicht zutreffend ist (vgl. Reitler 2007: 34, J. Schmidt 2008: 21). In der Literatur wird zumeist die Meinung angetroffen, das Social Media – häufig auch synonym mit „Social Software“ genutzt – ein Teilbereich des Web 2.0 ist, und zwar derjenige, der eben Sozialität unter den Nutzern ermöglicht (vgl. z. B. Ebersbach et al. 2016, Gouthier/Hippner 2011, Hippner 2006, J. Schmidt 2008: 22). Mittlerweile wird an der Entwicklung des Web 3.0 gearbeitet, das auf die Formel Web 2.0 + Semantic Web gebracht werden kann. Es handelt sich dabei um die Anwendung formaler Beschreibungssprachen, mit denen sogenannte Ontologien (maschinenlesbare Wissensrepräsentationen) beschrieben werden (Ultes-Nitsche 2010: 7) Aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht erscheint jedenfalls der Begriff Social Media als tragfähiger. Betont er doch die medial ermöglichten sozialen Strukturen und Interaktionen der Nutzer, weist weiterhin auf den heute wichtigen Aspekt der Vergesellschaftungskraft von Marken hin (s. Kap. B II 2.2.6) und lenkt das Augenmerk weniger auf technologische Aspekte. Die Social-Media-Plattform Facebook kann zurzeit Altersgruppen übergreifend mit Abstand die höchsten Nutzerzahlen in Deutschland vorweisen. Instagram ist in der Altersgruppe der 18 – 29-jährigen Nutzer mit 74 Prozent auf Rang 2, gefolgt von Snapchat mit 57 Prozent (s. Abb. 162, für eine laufend aktualisierte Auflistung von erschienenen Social-Media-Studien s. http://www.socialmedia-institute.com). Ähnlich

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Anteil der Befragten

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0% Facebook

Instagram

18 bis 29 Jahre

30 bis 39 Jahre

Snapchat

Twitter

40 bis 49 Jahre

Abb. 162 Nutzung von Social-Media-Plattformen nach Altersgruppen in Deutschland im Jahr 2018 (Quelle: statista.de, Zugriff: 25. 11. 2018)

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60

Tägliche Nutzungsdauer in Minuten

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10

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0 YouTube

Facebook

Instagram

Pinterest

Twitter

Snapchat

Abb. 163 Durchschnittliche Nutzungsdauer von Social-Media-Plattformen pro Tag in Deutschland im Jahr 2018 (Quelle: statista.de 2018, Zugriff: 08. 04. 2019)

stellt sich die Nutzungssituation sozialer Medien in Deutschland dar (Abb. 163). Auch hier ist Facebook (47 Minuten/Tag), knapp nach YouTube (49 Minuten/Tag), die zeitlich deutlich stärker genutzte Plattform im Vergleich zu Instagram (22 Minuten/Tag), Pinterest (11 Minuten/Tag), Twitter (10 Minuten/Tag) und Snapchat (9 Minuten/Tag). Werden diese oder andere Social-Media-Plattformen für Marketingzwecke genutzt, handelt es sich um Marketing-Kommunikation und entsprechend kann von Social Media Marketing gesprochen werden. ▶ Definition Social Media Marketing ist eine WOM-Marketingform, bei der interaktive Plattformen (Social Media) genutzt werden, die es Nutzern ermöglichen, sich zu vernetzen und Inhalte zu erstellen, zu teilen, zu kommentieren und weiterzuverarbeiten.

Eine Kategorisierung der unterschiedlichen Social-Media-Plattformen und -Anwendungen kann mittels des Kriteriums ihrer Funktion erfolgen. Es lassen sich vier unterschiedliche Basisfunktionen unterscheiden (vgl. Zerfaß/Sandhu 2008: 285 f., s. Abb. 164). Publizistisch-expressive Möglichkeiten stehen bei Weblogs (Blogs), Podcasts, Videocasts und Microblogging-Diensten (z. B. www.twitter.com) im Vordergrund; die Strukturierung und das Management von Wissen ist die primäre Funktion von Wi-

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Funktion

B II

Social-SoftwareAnwendung

Output

Beschreibung

Publizieren und Darstellen

Weblog Podcast Videocast

Internet-Angebote mit Beiträgen in Text, Ton oder Bewegtbild von einzelnen Personen oder Institutionen, häufig expressiv und authentisch sowie mit Kommentar und Abonnementfunktionen; Microcontent, der durch gegenseitige Referenzierung (Trackbacks), Tagging und/oder RSS in Social Networking Platforms und im ganzen Social Web verknüpft ist

Wissen strukturieren

Wiki

Kollaborative Internet-Plattformen, auf der Nutzer mit einfachen Editoren Inhalte erstellen, verändern und verknüpfen können

 

Social Bookmarking

Sammlung, Publikation und Austausch von Verweisen („bookmarks“) auf relevante Informationen im Internet, sowohl auf individueller als auch auf kollektiver Ebene

 

Tagging

Individuelle Vergabe beliebiger Schlagworte („tags“) für Inhalte jeder Art, insbesondere Text-, Ton- oder Bewegtbildbeiträge (Microcontent), die damit klassifiziert und strukturiert werden können

Informieren

RSS (Really Simple Syndication)

Protokoll, das beliebige Änderungen der Inhalte einer abonnierten Website automatisch an den Nutzer überträgt und in speziellen Leseprogrammen sammelt; ermöglicht einen schnellen Informationsüberblick

Vernetzen

Social Networking Platforms

Internet-Plattformen bzw. -Communitys, die über die Angabe persönlicher oder beruflicher Profile soziale Beziehungen zwischen Personen herstellen und verwalten

Abb. 164 Funktionen von Social Media (Quelle: Zerfaß/Sandhu 2008: 286)

kis, Social Bookmarking und Tagging; Informationsverbreitung geschieht über Really Simple Syndication (RSS) und die soziale Vernetzung ist die Basisfunktion der unterschiedlichen sozialen Netzwerke und Communitys (z. B. www.xing.com). Für die in der Unternehmensumwelt stattfindende Marketing-Kommunikation spielen vor allem die Social-Media-Plattformen, die dem Publizieren und Darstellen sowie der Vernetzung dienen, eine zentrale Rolle. Im Rahmen des Managements von Markengemeinschaften bietet sich den Unternehmen die Möglichkeit, eine soziale Netzwerk-Plattform als Mittelpunkt aller Interaktionen und Kommunikationen den Mitgliedern der Community zur Verfügung zu stellen (vgl. Kap. B II 2.2.6). Andere Kategorisierungen der Social-Media-Plattformen als die in Abbildung 164 sind aber durchaus möglich und werden auch in der Literatur angetroffen. Beispielsweise ordnen Zhu/Chen (2015) anhand der beiden Kriterien Art der Beziehung zwischen den Nutzern (Profil versus Content basiert) und Individualisierung von Nachrichten (Grad der Individualisierung einer Nachricht zur Befriedigung individueller Nutzerpräferenzen) die diversen Plattformen und gelangen damit zu folgender Kategorisierung:

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Moderne Kommunikationsdisziplinen



Relationship-Plattformen: Profil basiert, bestehen vornehlich aus individualisierten Nachrichten (z. B. Facebook, LinkedIn); Self-media-Plattformen: Profil basiert, Nutzer können ihren eigenen Kanal managen (z. B. Twitter); Creative-outlet-Plattformen: Content basiert, Nutzer können ihre Interessen und kreativen Content sharen (z. B. Youtube; Instagram); Collaboration-Plattformen: Content basiert, Nutzer können Fragen stellen, Rat einholen oder aktuelle und interessante Nachrichten finden (z. B. Blogs).

• • •

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Einen Überblick über die diversen Kategorisierungen der Social-Media-Plattformen findet sich bei Voorveld et al. (2018: 40 f.). Aus der unterschiedlichen Spezifik der diversen Social-Media-Plattformen resultiert eine Vielzahl an plattform-gebundenen Social-Media-Marketing-Kommunikationsmöglichkeiten. So nutzen Unternehmen beispielsweise Instagram, um ansprechende Fotos/Bilder zu posten; Snapchat, um Sponsored Lenses zur Verfügung zu stellen oder Twitter zum Posten von Kurznachrichten. Die Plattformauswahl sollte sich nach den Zielsetzungen richten, die ein Unternehmen mit seinem Social Media Marketing verfolgt. Newberry (2018) gibt einen Überblick über die plattform-spezifischen Ziele und die konkreten Social-Media-Marketingmöglicheiten auf Facebook, Instagram, Twitter, Snapchat, Linkedin, Pinterest und Youtube. Beispiel

T-Mobile hat 2007 zur Einführung seines neuen Services „MyFaves“ 100 Influencer (sozial gut vernetzte Mobilfunkexperten) selektiert und ihnen ein MyFaves-fähiges Handy sowie Informationsmaterial zugesendet. Erfahrungsberichte über den neuen Service wurden in einem eigens geschaffenen Blog (www.365wom.com/myfaves) veröffentlicht, der von Mitarbeitern einer WOM-Marketingagentur (Webguerillas) moderiert wurde.

Unternehmen sollten, wenn möglich, soziale Netzwerk-Plattformen gemäß deren Thematik kontextuell für ihre Marketing- und Markenkommunikation nutzen oder gar eigene nach dem Grundsatz der Kontextualität aufbauen, sodass sich ein thematisch-inhaltlicher Fit von Social-Media-Plattform und Marketing-Gegenstand oder -Maßnahme ergibt. Beispiele

Hewlett-Packard hat 2009 vor der Markteinführung seines neuen Druckers HP Officejet Pro 8500 diesen in der Shopping-Community ciao.de zum Testen angeboten. Nur Community-Mitglieder konnten sich für den kostenlosen zweiwöchigen Test, der exklusiv auf dieser Plattform angeboten wurde, bewerben.

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B II

Output

Auf der Community-Plattform sitorsquat.com können Nutzer Standorte sauberer öffentlicher Toiletten eingeben und suchen. Die Site wird von der Toilettenpapier-Marke Charmin (Procter & Gamble) betrieben.

Grundsätzlich stellt sich die Situation jedoch immer noch so dar, dass Wissenschaftler wie Praktiker nach wie vor einen fundierten allgemeinen Überblick vermissen, wie Unternehmen und Organisationen Social Media für Marketingzwecke nutzen können. Die meisten Studien konzentrieren sich auf spezielle Social-Media-Plattformen und fokussieren entsprechend nur die entsprechenden Marketingmöglichkeiten (s. Knoll 2016: 292). Anknüpfend an die Ausführungen zum Vertrauensprinzip (s. Kap. B II 2.6.2.1) ist das von Unternehmen und Agenturen häufig angedachte und wohl auch praktizierte verdeckte Marketing auf Social-Media-Plattformen, „Stealth Marketing“ (Carl 2008: 225) genannt, kritisch zu betrachten. Plattformen, die diese Marketingform fördern, wie beispielsweise payperpost.com – Nutzer erstellen verdeckt gegen Vergütung positive Blogbeiträge zu Produkten –, fördern das Misstrauen der Nutzer gegenüber Produktbesprechungen in privaten Blogs. Ebenso erweckt es Misstrauen, wenn „people … flood chat rooms or online review sites with positive commentary about one’s own products or negative commentary about other company’s products“ (ebd.: 225 f.). Sollten derartige Stealth-Marketingtechniken gar von den Nutzern oder den Medien aufgedeckt werden, ist in der Regel ein erheblicher Reputationsverlust für das Unternehmen die Folge. Das Risiko eines Reputationsverlusts ist jedoch der Social-Media-Kommunikation unvermeidlich inhärent. Das Unternehmen ist hier nicht mehr in der Situation, dass es Kontrolle über die medial kommunizierten Inhalte ausüben kann. Etliche Beispiele liegen mittlerweile vor, die es zum Teil dank breiter medialer Aufmerksamkeit zu beträchtlicher Berühmtheit gebracht haben. Beispiel

Zwei Mitarbeiter der US-Pizzakette Domino filmten sich dabei, wie sie sich den Pizzateig unter anderem erst in ein Nasenloch schoben, bevor er in einer Pizza verarbeitet wurde. Das Video veröffentlichten sie auf YouTube und es wurde Thema in US-Nachrichtsendungen. Patrick Doyle, CEO der Pizza-Kette, kommentierte, ebenfalls in einem Video auf YouTube, diesen Vorfall: „Es macht mich krank, dass die Tat von zwei Personen unser großartiges System, für das 125 000 Menschen arbeiten, so beeinflussen kann“ (zit. n. Sonnenschein 2009: 20).

Die Ziele, die mit Social Media Marketing verfolgt werden, sind vielschichtig. In kommunikationsqualitativer Hinsicht lässt sich aber die Steigerung der Unterbreitung rezeptionsrelevanter Kommunikationsangebote als dominierende Zielsetzung identifizieren. Daraus resultiert als operatives Hauptziel die Erhöhung der Nennung

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des Marketing-Gegenstandes (Produkt, Unternehmen, Marke etc.) im Rahmen von WOM auf Social-Media-Plattformen (Awareness-Steigerung). Damit zusammen-

hängend spielt aber auch die inhaltliche Ausformung der Kommunikation unter den Nutzern bezüglich des Marketing-Gegenstandes eine Rolle. Daraus folgt als mögliche Zielsetzung, die Haltung gegenüber dem Marketing-Gegenstand und dessen Bewertung durch die Nutzer im WOM zu optimieren (Imageprofilierung). Mit diesen unmittelbar WOM-gerichteten Zielen sind weitere indirekte Ziele verknüpft. Besonders für Unternehmen und Marken, die ihre Websites im Internet vermarkten (z. B. die oben genannten Medienmarken) – aber auch für herkömmliche Unternehmens- und Marken-Sites – kann eine Zielsetzung die Steigerung der Besucherzahlen auf der eigenen Website sein, die aus dem Anklicken von Links auf Social-Media-Plattformen resultiert (vgl. Weinberg 2015). Auch kann im Rahmen der Suchmaschinenoptimierung (Search Engine Optimization/SEO) mittels Social Media Marketing auf einen höheren Platz der Website im Ergebnisranking gezielt werden. So war es neben dem Anstoßen von WOM und der virusartigen Diffusion der Kommunikation in obigem „MyFaves“-Beispiel ein weiteres Ziel, über die rege Diskussion im Kampagnen-Blog relevante Schlagworte zu gewinnen, über die sich „MyFaves“ im Suchmaschineneranking einen guten Platz sichern konnte (vgl. Webguerillas 2007). Ziele können auch im Bereich der Produktpolitik definiert werden. Zur Identifikation neuer Eigenschaften und Funktionalitäten bestehender Produkte oder gar zur kompletten Produktinnovation können aus den Kommunikationen und Interaktionen der Nutzer in Blogs und auf sozialen Netzwerk-Plattformen wertvolle Hinweise gewonnen werden. Für die unternehmensinterne Marketing-Kommunikation, also für die Kommunikation im Unternehmen über Marketing-Kommunikation (s. Kap. A 2.1.2), sind die Social-Media-Anwendungen hilfreich, die der Funktion der Wissensstrukturierung oder der Information dienen. Mit Corporate Social Media oder -Social-Software wie Wikis (s. für einen Überblick z. B. Ebersbach et al. 2016) kann das Wissensmanagement unter den Mitarbeitern im Marketing- und Marketing-Kommunikationsbereich organisiert werden, indem Briefings, Marktforschungsergebnisse, Workflows etc. schnell und in leicht verständlicher Form zur Verfügung gestellt und miteinander verknüpft werden. Mit Social Bookmarking können die Mitarbeiter für sie relevante Links anlegen, verwalten und verschlagworten („Tagging“) oder sich mittels RSS automatisiert über Änderungen im Corporate Blog des Unternehmens informieren. Hinsichtlich der Frage der datenbasierten Planbarkeit und Erfolgskontrolle von Social Media Marketing werden die verantwortlichen Akteure in Unternehmen, Agenturen und Vermarktungsorganisationen vor beachtliche neue Herausforderungen gestellt. Denn je nach Zielsetzung des Social Media Marketings ist die Erfolgsmessung (Monitoring) alles andere als trivial. Aßmann und Pleil (2014: 588) weisen zu Recht darauf hin, dass die Messgrößen für klassische Medien nicht einfach auf Social Media übertragen werden können. Aufgrund der Funktionalität von Social-Media-Plattformen (s. Abb. 164) sind selbst die auf der Messlogik des Online Marketings basieren-

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B II

Output

Abb. 165 Metriken zur Messung des Erfolgs von Social Media-Marketingaktivitäten in Österreich, Deutschland und der Schweiz; Erhebung April bis August 2013; n = 186 Unternehmen (Quelle: statista. de, Zugriff: 27. 11. 2018)

den Messkriterien unzureichend. Dennoch dominieren Reichweiten-Kennzahlen das Ranking der Metriken, die zur Messung des Erfolgs von Social-Media-Marketingaktivitäten genutzt werden (s. Abb. 165). Der Versuch nicht nur ein umfassendes allgemeingültiges Social-Media-Kennzahlensystem, sondern sogar eine Social-Media-Währung zu etablieren, wie es die 2088 gegründete Arbeitsgemeinschaft Social Media (AG Social Media) verfolgte, ist kritisch zu beurteilen. Sie soll ein kombiniertes Reichweiten- und Intensitätsmaß sein, das dem besonderen Vernetzungsgrad und Engagement der Nutzer auf Social-Media-Plattformen besser entspricht als die herkömmlichen Abruf- und Leistungsmaße. Diese Währung soll aus zwei Komponenten bestehen. Zum einen aus einer Reichweite, die zusätzlich zur primären Reichweite von Werbeträgern in Social Media auch noch Abstrahl- und Mundpropagandaeffekte berücksichtigt. Dieses erweiterte Reichweitenmaß soll zum anderen mit einem Intensitätsmaß kombiniert werden, das die Höhe des jeweiligen Share of Voice beziehungsweise Share of Buzz (Anteil der Kommunikationen zu einem bestimmten Thema in Bezug auf alle Kommunikationen auf einer Plattform) abbildet (vgl. Arbeitsgemeinschaft Social Media 2009). Trotz der konzeptionellen Schlüssigkeit einer derartigen Währung ist das Vorhaben, eine solche zu schaffen und zu etablieren, aus verschiedenen Gründen als problematisch einzustufen:

2

Moderne Kommunikationsdisziplinen

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Die unterschiedlichen Ziele, Interessen, Befindlichkeiten und Ansprüche von Unternehmen und Organisationen (z. B. Social-Media-Vermarkter), die von der Schaffung einer derartigen Währung betroffen wären, sind zu vereinbaren. • Die Ergebnisse von Initiativen, die auf internationaler Ebene bereits stattfinden, müssen berücksichtigt werden. So hat der Branchenverband AMEC (International Association for Measurement and Evaluation of Communication) 2013 das Papier „Social Media and the Need for an Affordable Model“ entwickelt, das Richtlinien zur Evaluation von Social Media enthält (s. www.amecorg.com). Ähnlich hat das Interactive Advertising Bureau (IAB) die „Social Media Ad Metrics Definitions“ veröffentlicht, ein Papier, in dem bereits auf einer sehr konkreten Ebene Kennzahlen zur Planung und Evaluation von Social-Media-Marketingmaßnahmen auf Plattformen der drei Kategorien Social Media Sites, Blogs sowie Widgets & Social Media Applications definiert werden (s. Interactive Advertising Bureau 2009). • Die aus kommunikations- und medienwissenschaftlicher Sicht größte Herausforderung liegt in dem Umstand, dass das Ziel der Etablierung einer Währung eine Standardisierung der Messbarkeit der kommunikativen Leistung von SocialMedia-Plattformen impliziert, die plattformübergreifend für die unterschiedlichsten Social-Media-Arten (Blogs, soziale Netzwerke, Microblogging-Dienste, Video-Kanäle, Wikis etc.) Gültigkeit hat. Dies erscheint aber als wenig sinnvoll, da der marketing-kommunikative Wert der Spezifika der einzelnen Plattformen bei einer Standardisierung eingeebnet würde. „Wenn ein unabhängiger Blogger seine Erfahrungen mit einem Produkt beschreibt, hat das für Menschen im Entscheidungsprozess eine höhere Relevanz als ein emotionaler TV-Spot, der bei YouTube eingestellt wird“, formuliert entsprechend Jens Nagel-Palomino (zit. n. U. Langer 2009: 37). Die Einsatzgebiete von Social Media Monitoring sind vielfältig. Sie erstrecken sich von der PR-Evaluation, Krisenprävention, Kampagnenanalyse bis hin zum Produktund Innovationsmanagement und der Identifikation von Influencern (s. Stavrakantonakis 2012: 54, Eckenhofer et al. 2014: 69). In Abhängigkeit vom Einsatzgebiet und den resultierenden Zielsetzungen können aus folgenden sieben Messkategorien jeweils spezifische Kennzahlen zur Messung des Social-Media-Marketingerfolgs ausgewählt werden (vgl. Lembke 2011: 165 f.): • •



Reach (Reichweite der Social-Media-Aktivität) Location (Passung der Plattform gemäß dem eWOM-Volumen, auch Konversationsvolumen genannt, und der eWOM-Dichte (synonym: Konversationsdichte beziehungsweise Share of Voice/Share of Buzz) bezüglich eines Themas, Produktes, Unternehmens, einer Marke etc. Sentiment (Tonalität: Anzahl an positiven/negativen Kommentaren im Verhältnis zu allen Kommentaren über den Marketinggegenstand)

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B II

Output

• User (Anzahl an für den Marketinggegenstand relevanten Influencern, Authoritans, Connectors und Advocates auf den unterschiedlichen Plattformen) • Network (Viralität: Anzahl der Weiterleitungen der Nutzer) • Engagement (Aktionen der Nutzer wie Shares, Kommentare, Likes, Donwloads etc.) (s. auch Kap. A 2.1.5) • Awareness (Mentions per Time Period: Anzahl der Nennungen des Marketinggegenstandes innerhalb eines bestimmten Zeitraums). Zur Erfolgskontrolle bieten sich eine Vielzahl von Social-Media-Monitoring-Programmen an. Im Internet finden sich diverse Plattformen, die Überblicke über die verschiedenen Tools geben und diese bewerten. Da, wie oben erwähnt, sich der Nutzwert eines Monitoring-Tools aus den angestrebten Zielen des Social Media Marketings ergibt, empfiehlt sich eine unternehmensindividuelle Gewichtung der Anforderungen. Hiilfreich kann dabei das Evaluationssystem von Stavrakantonakis et al. (2012: 54 f.) sein, das Monitoring Tools anhand der drei Evaluationskategorien Messkonzepte, Technologie und User Interface begutachtet.

2.6.5 Influencer Kommunikation Während die beiden WOM-Erscheinungsformen des Viral Marketings und des Social Media Marketings ihren Wirkungsschwerpunkt in der Geschwindigkeit der Ausbreitung und der Anzahl von Anschlusskommunikationen (Viral Marketing) bzw. in den Interaktionen mit Nutzern (Social Media Marketing) haben, fokussiert Influencer Kommunikation die Instrumentalisierung des Vertrauens (s. Kap. B II 2.6.2.1) für die Marketing-Kommunikation. Der hier genutzte Begriff der Influencer Kommunikation spiegelt die zunehmende Vermischung von Marketing-Kommunikation und PR wider (s. Kap A 2.1.2). Die üblich gewesene Differenzierung in Influencer Relations (PR) und Influencer Marketing (Marketing) fällt in der Praxis hinsichtlich der Zielsetzungen und in der konkreten Zusammenarbeit mit Influencern in sich zusammen. Dies spiegelt auch den Stand der wissenschaftlichen Diskussion wider, in der verstärkt der Schulterschluss von PR/Organisationskommunikation und Marketing-Kommunikation gesucht wird (s. Pleil et al. 2018: 64). Das Phänomen der Influencer Kommunikation ist keineswegs neu. Jahnke (2018: 2) weist darauf hin, dass bereits 1760 Josiah Wedgwood, Gründer der Porzellanmanufaktur Wedgwood, ausgewählte Personen, u. a. die britische Königsfamilie, für die Verbreitung seiner Unternehmensbotschaften nutzte, um Begehrlichkeiten zu wecken. 1944 veröffentlichten Paul Lazarsfeld et al. (1944) erstmalig das Konzept des two-step flow of communication, nach dem bestimmte Personen (Meinungsführer, engl.: opinion leader) einen großen Einfluss auf die Wahlentscheidung anderer haben (s. Kap. B III 2.5.1). In der Blütezeit des linearen Fernsehens in den 1980er- bis 2000er

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495

Jahren wurden bekannte Personen des öffentlichen Lebens aus Musik, Film, TV, Sport etc. in Celebrity-Endorsement-Kampagnen eingesetzt, um ihren Bekanntheitsgrad und ihr Ansehen für werbliche Zwecke zu nutzen. Heute kooperieren die Unternehmen mit Meinungsmachern und -führern besonders auf Social-Media-Plattformen, um auf deren Nutzerschaft für Marketing-Kommunikationszwecke Einfluss nehmen zu können. Daher kann Influencer Kommunikation in Abgrenzung von anderen Marketing-Kommunikationsformen, bei denen Meinungsmacher oder -führer eingesetzt werden, als eine spezifische Form des electronic Word of Mouth (eWOM) aufgefasst werden (Hotz-Behofsits et al. 2018: 19). Ein Blick auf die in der Literatur angebotenen Definitionen des Influencer-Kommunikations/-Marketingbegriffs zeigt ein weitestgehend konsistentes Begriffsverständnis auf. Auffallend ist jedoch der unterschiedliche Umgang mit dem Reichweitenkriterium. Während in einigen Definitionen die Reichweite des Influencers ein zentrales Element in der Definition ist (s. z. B. Seeger/Kost 2019: 41, Situm et al. 2018: 67, Jahnke 2018: 4) wird in anderen Definitionen dieses Kriterium nicht herangezogen (s. z. B.: Pleil et al. 2018: 64, Carter 2016: 2; Word of Mouth Marketing Association/WOMMA 2013: 6). Die Auffassung, dass die Reichweite eines Influencers definitorisch relevant ist, wird hier nicht geteilt. Die Moderne Marketing-Kommunikation betont grundsätzlich nicht den Quantitäts-, sondern den Qualitätsaspekt der Kommunikation (s. Kap. A 2.1.3). In der Praxis ist erkannt worden, dass Influencer mit einer relativ kleinen Followerschaft von unter 100 000 Followern, sogenannte Micro Influencer, qualitativ bessere Beziehungen zu ihren Followern – im Sinne des Engagements der Follower und eines reziproken Verhaltens des Influencers gegenüber seinen Anhängern – haben als Macro Influencer (s. Tegtmeier 2017, Bauer 2017). Dies wird seitens der Wissenschaft bestätigt (De Veirman et al. 2017, Trusov et al. 2010). ▶ Definition Influencer Kommunikation ist die Social Media basierte, strategische profitorientierte Word-of-Mouth-Marketingkooperation eines Unternehmens und einer Person (= Influencer), die in ihrer sozialen Gruppe Vertrauen genießt und die auf deren Mitglieder (= Follower) überdurchschnittlich großen Einfluss ausübt.

Mit welchen Konzepten kann die hohe Einflusskraft der Influencer auf ihre Follower erklärt werden ? Neben dem Konzept der Opinionleadership, das grundlegend auf der Hypothese des two-step flow of communication beruht (s. Kap. B III 2.5.1), und der ebenfalls bereits skizzierten Attributionstheorie (s. Kap. B II 2.6.2.1) kommt dem Konstrukt der Glaubwürdigkeit des Influencers im Rahmen persuasionstheoretischer Überlegungen (s. Hovland et al. 1953) hohe Bedeutung zu. Dieses konstituiert sich über folgende Faktoren: die hohe Aktivität des Influencers auf Social-Media-Plattformen, seine relativ große Anhängerschaft, der dem Influencer zugeschriebene Expertenstatus sowie dessen Vertrauenswürdigkeit (vgl. Jin/Phua 2014, Schneider/Esch

496

B II

Output

2018). Schneider/Esch (2018: 61) haben empirisch nachgewiesen, dass die Glaubwürdigkeit des Influencers, operationalisiert anhand der beiden Faktoren Expertentum und Vertrauenswürdigkeit, einen signifikanten direkten Effekt auf die Werbewirkungsvariablen Einstellung gegenüber der Marke, Markenimage, Markenvertrauen, Kaufabsicht, Empfehlungsbereitschaft sowie auf das Image des Influencers hat. Die Beziehung zwischen Follower und Influencer kann medienpsychologisch als eine parasoziale Interaktion gefasst werden, die in parasozialer Identifikation der Follower mit dem Influencer mündet. Gerade die Funktionalität der sozialen Medien fördert die Illusion, dass eine direkte Face-to-Face-Beziehung, ein tatsächlicher persönlicher Kontakt mit dem Influencer gegeben ist (vgl. Horton/Wohl 1956). Follower bewerten das Verhalten des Influencers anhand derselben kognitiven Kategorien, mit denen sie auch das Verhalten von Menschen in alltäglichen, nicht-medialen Begegnungen beurteilen (vgl. Rubin/Perse 1987). Dies führt seitens des Followers zu einer Auffassung über die Persönlichkeit des Influencers, was im Folgenden zur Wahrnehmung des Influencers als ein Vertrauter (z. B. Freund) führen kann. Daraus resultierend können die parasozialen Interaktionen mit dem „Freund“ Influencer, mit denen Follower Charakteristika, Überzeugungen, Interessen etc. teilen, die Evaluation des Followers betreffend seine Selbst-Charakteristika oder seine Selbstachtung positiv beeinflussen. Zusammenfassend sind Follower also nicht nur empfindlich für die Meinungen und das Verhalten des Influencers, sondern nutzen auch die wahrgenommene Imageübereinstimmung mit dem Influencer, um ihre Selbst-Charakteristika zu komplementieren und zu stärken. Dies hat einen positiven Effekt auf das Engagement der Follower mit gebrandetem, vom Influencer distribuiertem Content (vgl. Chen et al. 2018: 68). Folgt man dem Discounting-Prinzip der Attributionstheorie (s. Kap. B II 2.6.2.1) oder dem Persuasion Knowledge Model (PKM) (s. Kap. B III 1.2.2) dürfte die Effektivität von Influencer Kommunikation nur gering sein beziehungsweise könnte Influencer Kommunikation gemäß des PKM sogar zu einem Widerstand gegenüber dem Influencer und dessen Ablehnung führen. In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass jedoch die Offenlegung persuasiver Absichten eines WOM-Kommunikationspartners sogar dessen Vertrauenswürdigkeit steigern kann (Carl 2008, Wei et al. 2008). Der Grund dafür liegt in der Qualität der Kommunikation und damit der Beziehung zwischen Influencer und Follower. Je besser diese ist, desto weniger wirken sich das Discounting-Prinzip und Persuasion Knowledge negativ auf die Effektivität der Influencer Kommunikation aus. Die Differenzierung in Micro und Macro Influencer deutet bereits an, dass es wenig zielführend ist, alle Influencer über einen Kamm zu scheren. Entsprechend findet sich mittlerweile eine Vielzahl von Influencer-Typologien, von denen zwei kurz vorgestellt werden sollen. Die WOMMA (2013) hat fünf unterschiedliche Influencer-Typen identifiziert: • Advocate: von der Marke unabhängiger, unbezahlter Bewunderer/Fan

2

Moderne Kommunikationsdisziplinen

497

• Ambassador: ein von der Marke bezahlter oder andersartig mit dieser verbundener Influencer, der eine Leidenschaft für die Marke hat und diese unterstützt • Citizen Influencer: ausgeglichener Mensch, der in seinem sozialen Netzwerk, in dem er als authentisch und glaubwürdig gilt, Einfluss ausübt • Professional/Occupational Influencer: etablierte und hoch angesehene Menschen, die bedingt durch ihre Tätigkeit in der Position sind, andere über ihre Äußerungen zu beeinflussen (z. B. der Werber und Agenturinhaber Jean Remy von Matt). • Celebrity Influencer: Berühmtheit mit großer medialer Präsenz aus den Bereichen Sport, Musik, Film etc. Eine Typologie, die weniger generisch ist, sondern den Anspruch hat, als konkrete Hilfestellung bei der gezielten Auswahl von Influencern hilfreich sein zu können, stammt von Enke/Borchers (2018: 186 f.). Die beiden Autoren unterscheiden drei Influencer-Rollen, die kombiniert mit vier Influencer-Typen zu einer praxisorientierten Kategorisierung von Influencern führt (s. Abb. 166). • Multiplikator-Rolle: Fokus des Influencers liegt auf Distribution und Reichweitensteigerung von Botschaften • Content-Creator-Rolle: Fokus liegt auf der Contentproduktionskompetenz des Influencers, Rolle kann nur in Kombination mit einer der beiden anderen Rollen realisiert werden (Content muss den Followern zugänglich gemacht werden) • Protagonist-Rolle: Fokus liegt auf der Bekanntheit und der sozialen Vernetzung des Influencers. Zur näheren Typologisierung werden die Kriterien Reichweite, Thema, Plattform und Ursprung/Bekanntheit des Influencers genutzt und ein Profil des gesuchten Influencers erstellt.

Abb. 166 Influencer-Rollen und-Typen (Quelle: Enke/Borchers 2018: 186)

498

B II

Output

Beispiel

Ein Touristik-Unternehmen kommt in Abhängigkeit seiner Zielsetzungen zu dem Schluss, dass es mit einem Influencer kooperieren möchte, der als Reiseexperte gilt (Thema), und der in den Rollen eines Content Creators und Multiplikators als Micro Influencer (Reichweite < 100 000 Follower) in seinem Instagram-Netzwerk (Plattform) seine Erfahrungen, die er in ausgewählten Reisedestinationen gemacht hat, postet.

Wie findet das Unternehmen einen Influencer ? In einem ersten Schritt gilt es, die aus der Zielsetzung der Kampagne resultierende Relevanz von Influencer-Auswahlkriterien zu prüfen, die grundsätzlich zur Verfügung stehen. Darunter fallen (vgl. Enke/ Borchers 2018: 190) (1) die Passung zwischen Influencer und Unternehmen. Passen das Influencer- und das Unternehmensimage zusammen ? Passt die thematische Expertise des Influencers zur Marke oder zur Kampagne oder spielt diese für das Erreichen der Ziele keine Rolle ? Passt die Bildsprache und Tonalität des Influencers zur Marke und ihrer Kommunikation ? Dem Kriterium der Passung kommt besonders bei Kampagnen, bei denen Produkte in Co-Kreation mit einem Influencer entwickelt/ designt werden, eine große Bedeutung zu. Beispiele für Co-Kreation Influencer/Unternehmen

H&M hat mit Nyden eine neue Marke gegründet, die ausschließlich von Influencern designte Kollektionen anbietet (z. B. Instagram-Influencer Doctor Woo, 1,3 Mio. Follower) (https://nyden.com/, Zugriff: 04. 12. 2018). Die deutsche Macro Influencerin Caro Daur (> 1 Mio. Follower auf Instagram) engagierte sich in der Produktentwicklung für Marken wie Calzedonia, MAC oder Superga.

Weiterhin sind (2) die Anforderungen, die Organisationen und Unternehmen an die Fähigkeiten und Kompetenzen des Influencers haben, ein Auswahlkriterium. Hat der Influencer die notwendige Contentproduktionskompetenz für bestimmte Social-Media-Plattformen und verfügt er über eine generelle Professionalität ? Anhand von (3) Kennzahlen wie der Reichweite des Influencers (Anzahl Fans, Follower, Abonnenten), Engagement-Rate und Valenz der Kommentare kann die Selektion weiter verfeinert werden. Schließlich wird mit der (4) Definition negativer Ausschlusskriterien, wie beispielsweise die Zusammenarbeit des Influencers mit konkurrierenden Unternehmen oder eine generell hohe Anzahl an Unternehmenskooperationen des Influencers, die Erstellung des Influencer-Profils abgeschlossen. Im Internet findet sich eine Vielzahl von Plattformen, die Tools vorstellen (z. B. brandwatch.com, gruenderkueche.de), um gemäß des erstellten Profils einen geeig-

2

Moderne Kommunikationsdisziplinen

499

neten Influencer zu finden. Diese Tools sind zumeist mit einem Freemium-Modell ausgestattet. Auch werden Bewertungsportale entwickelt (z. B. Hallmarx von der Agentur Fuse/Omnicom Media Group), auf denen Influencer-Profile u. a. mit Kriterien wie Exklusivität, Transparenz sowie die Zahl deutscher Follower bewertet werden. Damit soll der Intransparenz vieler Influencer-Profile entgegengewirkt werden, besonders was die Follower-Zahlen angeht. Denn im Netz finden sich mittlerweile zahlreiche Anbieter, bei denen Social-Media-Follower entgeltlich erworben werden können. Beispiele für Follower-Erwerb

Social Boost Market bietet Instagram Follower, Instagram Likes oder Facebook Fanpage Likes. So kosten beispielsweise 5 000 Instagram Follower EUR 49,99 (Lieferzeit 48 Stunden) (https://sbmarket.de/, Zugriff: 04. 12. 2018). Die Firma Snatap betreibt in Russland rund 20 Automaten, an denen Instagram Likes gekauft werden können. So kosten bspw. 100 Likes 200 Rubel (ca. 3 EUR) ((https://blog. reachhero.de/der-insta-like-automat-in-moskau/kanaele/, Zugriff: 04. 12. 2018).

Die Zielsetzungen, die Unternehmen mit Influencer Kommunikation verbinden und die die Influncer-Auswahl maßgeblich steuern, können anhand der Phasen des Marketing-Kommunikationsprozesses kategorisiert werden (s. Kap. B I 2.4.2). Folgende Ziele können dann unterschieden werden (vgl. Enke/Borchers 2018: 183 f., Herrmann 2018: 24 f., Seeger/Kost 2019: 76 f.). Auf der Input-Ebene kann die Intensität der sozialen Beziehungen des Influencers mit seinen Followern genutzt werden, aus der die von den Unternehmen stets gewünschte Authentizität und Glaubwürdigkeit des Influencers resultiert. Daneben sind auf der Input-Ebene die Nutzung der Contentproduktions- und Distributionskompetenz des Influencers zwei weitere Zieldimensionen, die entsprechend der Influencer-Typologie (s. Abb. 166) eine Rolle spielen können. Mit der Contentproduktionskompetenz des Influencers soll ein höchstmögliche formale, handwerkliche Qualität, inhaltliche Qualität sowie kreative Qualität des Inputs erzielt werden. Auf der Output-Ebene dienen die Reichweite und die Suchmaschinenoptimierung als mögliche Dimensionen für konkrete Zielformulierungen. Im Outgrowth-Bereich können Ziele der Bekanntheitsgradsteigerung, des Brandings oder der Markenbildung eine wichtige Rolle spielen. Auf der Outcome-Ebene können Zielsetzungen die Generierung von App-Downloads oder von User generated Content, diverse Follower Engagements (Likes, Posts etc.) oder auch die Erzeugung von Leads (Anzahl Neukundenkontakte) sein. Ein Blick auf die Vorteile, die Unternehmen in der Influencer Kommunikation gegenüber klassischem Online-Marketing sehen (s. Abb. 167) zeigt, dass dem Input-Bereich mit seiner Zielsetzung der Authentizität, die vom Influencer und seiner

500

B II

Output

73%

Mehr Authentizität

Verbesserung der Kommunikation mit einer Zielgruppe

65%

58%

Generierung von Content

41%

Stärkere Reichweite

29%

Geringere Kosten

Effizienz

26%

Geringere Streuverluste

26%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

Anteil der Befragten

Abb. 167 Vorteile von Influencer Kommunikation im Vergleich zu klassischem Online Marketing (Quelle: Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) 2018, n = 86 Personen aus Unternehmen, die Influencer Kommunikation nutzen oder den Einsatz prüfen, statista.de, Zugriff: 03. 12. 2018

Kommunikation auf den Marketinggegenstand abstrahlen soll, die höchste Priorität eingeräumt wird. Schließlich ist auf der Outflow-Ebene die Steigerung von Online-Verkäufen als Zielsetzung kritisch zu sehen. Der Grundsatz der Zurechenbarkeit, dass das Erreichen von Sollzuständen (Zielen) auf den Einsatz von Marketing-Kommunikationsmaßnahmen kausal zurückgeführt werden kann (s. Kap. B I 2.4.1), gestaltet sich bei der Erfolgsmessung der Influencer Kommunikation als schwierig. Von 86 befragten Unternehmen, die Influencer Kommunikation nutzen oder deren Einsatz prüfen, sagen 65 Prozent, dass deren Messbarkeit die größte Herausforderung ist (s. Abb. 168). Um den Return on Investment (ROI) zu ermitteln, wäre es notwendig, die Customer Journey (s. Kap. B III 2.3) von der Rezeption eines beispielsweise Blog- oder InstagramPosts bis zum Kauf (Outflow-Ebene) nachzeichnen zu können, was in vielen Fällen in Abhängigkeit vom Produkt, dessen Vertrieb und dem Media-Mix kaum möglich ist. Folglich konzentriert sich die große Mehrheit der Unternehmen bei der Erfolgsmessung auf den Outcome-Bereich und nutzt zur Evaluation das Engagement der Follower (90 % der Unternehmen), Clicks (59 %) und Impressions (55 %) (Linqia 2018). Bei der Erfolgsmessung auf der Input-Ebene kommen unter anderem der Weiterverarbeitungsfähigkeit des Contents in anderen Kanälen und der Reziprozität des Influencers Bedeutung zu.

2

Moderne Kommunikationsdisziplinen

501

65%

Messbarkeit

62%

Zuverlässigkeit der Influencer

48%

Qualitätssicherung

38%

Steuerbarkeit

28%

Kosten

26%

Streuverluste

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

Anteil der Befragten

Abb. 168 Herausforderungen der Influencer Kommunikation (Quelle: Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) 2018, n = 86 Personen aus Unternehmen, die Influencer Kommunikation nutzen oder den Einsatz prüfen, statista.de, Zugriff: 03. 12. 2018

Auf der Output-Ebene ist bei der Erfolgsmessung zwischen Followern und Impressions zu differenzieren. Die Kennzahl Follower gibt keine Auskunft darüber, ob Posts eines Influencers auch tatsächlich rezipiert wurden, wohingegen Impressions eine Content bezogene Kennzahl ist und darüber informiert, wie häufig Content, auch mehrmals von derselben Person, abgerufen wurde. Auch kann die Verbesserung der Platzierung im organischen Suchmaschinen-Ranking dienen, um zu Aussagen über den Erfolg von Influencer Kommunikation im Output-Bereich zu gelangen. Denn eine solche Verbesserung deutet darauf hin, dass der vom Influencer und dessen Followern produzierte Content qualitativ hochwertig ist, in dem Sinne, dass er Algorithmus-kompatibel die Suchmaschinenergebnisse positiv beeinflusst. Zur Erfolgsmessung des Erreichens der Outgrowth-Ziele des Influencer Kommunikation muss, wie bei allen Outgrowth Zielen der Marketing-Kommunikation, auf Indikatoren zurückgegriffen werden (z. B. Recall zur Messung des Bekanntheitsgrads), mit denen kommunikativ (z. B. Befragung) der Erfolg indirekt gemessen wird (s. Kap. B I 2.4.2). Schließlich werden im bereits oben erwähnten Outcome-Bereich die unterschiedlichen verhaltens-/interaktionsbasierten Social-Media-Engagement-Kennzahlen (u. a. Likes, Shares, Posts, Downloads, Comments oder Verweildauer) zur Erfolgsmessung genutzt (s. auch Kap A 2.1.5).

502

B II

Output

Hinsichtlich der Kosten von Influencer Kommunikation kann festgestellt werden, dass die Unternehmen, zumindest in den USA, ihre diesbezüglichen Budgets in 2018 erhöhen wollten (39 Prozent) und nur fünf Prozent planten, ihre Investitionen zu verringern (s. Linqia 2018: 2). Der größte Anteil der Unternehmen (30 Prozent) gibt zwischen 25 000 bis 50 000 USD für eine Influencer Kommunikationskampagne aus, 24 Prozent sogar zwischen 50 000 bis 100 000 USD (s. ebd.: 3). Zur Schätzung der jährlichen Aufwendungen der Unternehmen für Influencer Kommunikation ist es weiterhin hilfreich zu wissen, dass die deutliche Mehrheit der Unternehmen zwei bis fünf Influencer-Kampagnen pro Jahr durchführt (46 Prozent), gefolgt von Unternehmen, die ein bis zwei (24 Prozent) und fünf bis zehn Kampagnen (21 Prozent) pro Jahr realisieren (s. ebd.). Bei der Vergütung der Influencer kann zwischen einer monetären Vergütung (Honorar) und geldwerten Leistungen (Produkte, Services, Zugang zu exklusiven Events und Orten, Selbst-Promotion des Influencers) unterschieden werden (vgl. Enke/Borchers 2018: 186). Zur Honorarkalkulation eines Influencers kann beispielsweise die Plattform influencerfee.com genutzt werden, auf der nach definierten Kriterien Influencer selektiert werden können und einen Preis pro Post kalkuliert wird. Anknüpfend an die Honorierung des Influencers soll abschließend kurz auf die schwierige rechtliche Situation hingewiesen werden, in der sich Influencer befinden. Grundsätzlich gilt auch für die Influencer Kommunikation der Trennungsgrundsatz, nach dem journalistische und kommerzielle Inhalte deutlich voneinander unterscheidbar sein müssen (s. Kap. B II 2.3.7). Wie das Utility Marketing wird auch die Influencer Kommunikation jedoch noch von zahlreichen juristischen Grauzonen und ungeklärten Fragen durchzogen. Im Kern dreht es sich um den zentralen Punkt, welche Influencer Posts (monetär und auch mit geldwerten Leistungen vergütete Posts ?) wie gekennzeichnet werden müssen (s. den Überblick zum rechtlichen Rahmen bei Seeger/Kost 2019: 129 f.)

2.7

Synopse moderner Kommunikationsdisziplinen

In Tab. 17 sind die vorgestellten modernen Kommunikationsdisziplinen noch einmal synoptisch aufbereitet. Für detaillierte Erörterungen wird auf die vorangehenden Kapitel des Teils B II 2 verwiesen.

Word-of-Mouth-Marketing (WOM-Marketing)

Guerilla Marketing (GM)

Corporate-Social Responsibility-Kommunikation (CSR-Kommunikation)

Utility Marketing (UM)

Erzielen von Aufmerksamkeit, Rezeptionsrelevanz und äußeren Anschlusshandlungen;

Partizipative MarketingKommunikation (PMK)

Konsumenten und Kunden

Konsumenten, Journalisten

Mitarbeiter, aktuelle und potenzielle Kunden, Journalisten, mediale Öffentlichkeiten, Investoren, Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Konsumenten, mediale Öffentlichkeiten

aktuelle und potenzielle Kunden des Unternehmens; Markenenthusiasten

Primäre Zielgruppen

direkt, gegenseitig, privat, mehrstufig, analog und (zunehmend) digital

indirekt, einseitig, mehrstufig, öffentlich, digital (online) und analog

direkt (unternehmensintern) und indirekt, ein- und gegenseitig, unternehmensintern und öffentlich, ein- und mehrstufig

indirekt, einseitig, eher einstufig, öffentlich

indirekt, gegenseitig, öffentlich und privat, ein- und mehrstufig, analog und digital (online), auch expressiv (interne Kommunikation der Markengemeinschaften)

Kommunikationsart

Viral Marketing, Social Media Marketing, Influencer Kommunikation

(Stunt) Ambient Media Marketing, Ambush Marketing

Nachhaltigkeitsberichterstattung, Cause related Marketing, CSRKampagne (in Verbindung mit den diversen Instrumenten des Nachhaltigkeits-Managements (Corporate Giving, Corporate Citizenship, Corporate Volunteering etc.))

Branded Entertainment (z. B. Branded Film, Branded Show, Brand Movie), Content Marketing, Branded Services (z. B. digitale Applikationen)

Consumer Generated Advertising (CGA), Markengemeinschaften

Typische Erscheinungsformen

Moderne Kommunikationsdisziplinen

Nutzung des informellen Charakters von C2C-Kommunikationen

vorwiegend Erzielung von Rezeptionsrelevanz und Anschlusskommunikationen in sozialen Netzwerken;

unkonventionelle Realisation des Outputs

effiziente Aufmerksamkeitsgewinnung, Publizität;

Vermittlung gesellschaftlicher Verantwortungsübernahme und nachhaltigen unternehmerischen Handelns in den Bereichen Soziales und/oder Umwelt

vorrangig Erzielung von Rezeptionsrelevanz;

Ausstattung der Kommunikation mit einem rezeptionssituativen Nutzen, Integration von Marketing-Gegenständen in die Lebenswelt von Zielpersonen

vorrangig Aufmerksamkeitsgewinnung und Erzielung von Rezeptionsrelevanz;

explizite Integration von Konsumenten in die Output-Erstellung

kommunikationsqualitative Ziele/ Leistungen

Synopse moderner Marketing-Kommunikationsdisziplinen

Beschreibungskriterium Kommunikationsdisziplin

Tab. 17

2 503

Teil B Prozess und Management der Modernen Marketing-Kommunikation

B III Outgrowth

Als Outgrowth wird das Ergebnis der Bedeutungskonstruktion und der kognitivemotionalen Verarbeitung des wahrgenommenen Kommunikationsangebots seitens des Rezipienten/Konsumenten bezeichnet. Konkret stehen damit die Selektionsprozesse der Rezipienten im Mittelpunkt, die • • • •

die Auswahl des Mediums und des Marketing-Kommunikationsangebots, die Auswahl einzelner Teile aus einem Marketing-Kommunikationsangebot (z. B. die Überschrift einer Anzeige), die selektive, sozial und kulturell geregelte Sinn- und Bedeutungszuschreibung sowie die Auswahl der internen, mehr oder weniger bewussten, reflektierten oder automatisierten Verarbeitungsweise des Marketing-Kommunikationsangebots konstituieren (vgl. Abb. 16).

Da allgemeiner Konsens besteht, dass Marketing-Kommunikation als eine spezifische Art menschlicher Kommunikation, genauer: als Organisations- beziehungsweise Unternehmenskommunikation, und damit als ein Zeichenprozess aufgefasst werden kann, rückt aus semiotischer Perspektive in der Outgrowth-Phase die pragmatische Dimension der Zeichen, also ihre kontextgebundene Interpretation und kognitiv-emotionale Verarbeitung in den Mittelpunkt (s. z. B. Mick/Buhl 1992, Kenyon et al. 2008). Wichtig ist zu betonen, dass es sich bei Outgrowth um das Resultat interner Prozesse im kognitiv-emotionalen System des Rezipienten handelt, die nicht direkt und unmittelbar von Dritten (z. B. Unternehmen, Agenturen, Marktforschungsinstituten) beobachtet werden können. Die Feststellung des Outgrowth bedarf daher unvermeidbar Interaktions- und Kommunikationssituationen (z. B. Pretests), in denen der Outgrowth des Rezipienten im Marketing-Kommunikationsprozess erhoben und interpretiert und somit in Unternehmen oder Agenturen kommunikativ verarbeitet werden kann (vgl. Kap. B IV 2).

507

1

Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth

Abstract Aufmerksamkeit, Marketing-Kommunikationswissen und Rezeptionsrelevanz sind die kritischen kommunikationsqualitativen Konstrukte der Outgrowth-Phase, die aus den kommunikationsnotwendigen Kriterien der Selektivität, Reflexivität und Kontextualität resultieren. Sie haben maßgeblichen Einfluss auf die Effekte von Marketing-Kommunikationsangeboten. Die Aufmerksamkeitsforschung hat eine lange Tradition (Kap. B III 1.1). Der Überblick über ihre Theorien fördert die zentralen Elemente des modernen Aufmerksamkeitskonzeptes zutage: Kapazitätsbegrenzung, Selektionszeitpunkt und Willkürlichkeit beziehungsweise Unwillkürlichkeit der Aufmerksamkeit. Im marketing-kommunikativen Zusammenhang ist heute die Gewinnung der Aufmerksamkeit des Konsumenten äußerst problematisch. Die Unternehmen und ihre Agenturen befinden sich in einer Aktivierungsspirale, die das ohnehin schon knappe Gut der Aufmerksamkeit immer weiter verknappt und mit einer wachsenden Abwehrhaltung der Konsumenten gegenüber den traditionellen werblichen Techniken einhergeht. Die Konzepte des Marketing-Kommunikationswissens (Kap. B III 1.2) und der Rezeptionsrelevanz (Kap. B III 1.3) haben hingegen erst in der jüngeren Zeit ihre hohe Bedeutung erlangt. Während mit dem Persuasion Knowledge Model bereits ein elaborierter theoretischer Ansatz zur Spezifikation des reflexiv wirksamen Marketing-Kommunikationswissens vorliegt, ist Relevanz bislang vorrangig in der Praxis der Marketing-Kommunikation zu einem wichtigen, wenn nicht zu dem heute bestimmenden Thema im Outgrowth-Bereich geworden. Über die Diskussion der beiden theoretischen Relevanz-Ansätze von Alfred Schütz sowie von Dan Sperber und Deirdre Wilson lassen sich zentrale Charakteristika von Relevanz gewinnen; ebenso kann auf diesem Wege eine Abgrenzung zum Involvement-Konzept vorgenommen werden. Allgemein kann Rezeptionsrelevanz als der kontextuelle Nutzen aufgefasst werden, der der sich während der Rezeption eines Marketing-Kommunikationsangebots einstellt.

Analog zur Input-Phase sind auch auf der Outgrowth-Ebene die notwendigen Kommunikationskriterien der Selektivität, Reflexivität und Kontextualität wirksam (vgl. Abb. 37). In der Modernen Marketing-Kommunikation spielen diese im OutgrowthBereich im Zusammenhang mit den Konstrukten der Aufmerksamkeit, des Marketing-Kommunikationswissens und der Rezeptionsrelevanz eine bedeutende Rolle (s. Abb. 169). Die Kommunikationsqualität Moderner Marketing-Kommunikation 509 © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 J. Tropp, Moderne Marketing-Kommunikation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-25318-9_9

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B III

Outgrowth

MarkĞƟŶŐͲ KŽŵŵƵŶikaƟŽŶƐͲ ǁŝƐƐĞŶ

AchƚƐĂŵkeit

AufmerkƐĂŵkeit Eīekte

/ŶƉƵtͲ RelevaŶz

Input: Marketer

RezeƉƟoŶƐͲ relevaŶz

Outgrowth: Konsument

Abb. 169 Zusammenhang von Aufmerksamkeit, Marketing-Kommunikationswissen, Rezeptionsrelevanz sowie Effekten (eigene Darstellung)

und damit das Engagement der Konsumenten (s. Kap. A 2.1.5, A 2.1.6) wird in der Outgrowth-Phase zunehmend von diesen drei Faktoren geprägt. Unternehmen und Agenturen müssen sie daher in der Input-Phase strategisch und konzeptionell berücksichtigen. So ist die Funktion von Aufmerksamkeit, Selektion und damit die Reduktion von Umweltkomplexität zu ermöglichen, was die Voraussetzung dafür ist, dass der Konsument überhaupt etwas als Information (im weitesten Sinne) wahrnehmen kann. Die Funktion von Reflexivität liegt in der Handlungsorientierung anhand von unter Konsumenten und Zielgruppen geteiltem Marketing-Kommunikationswissen und die Funktion von Kontextualität lässt sich in der Ermöglichung von Sinn- und Relevanzzuschreibungen ausmachen, die der Konsument während der Rezeption eines Marketing-Kommunikationsangebots vollzieht (vgl. Kap. A 1.3, 1.4). Aufmerksamkeit, Marketing-Kommunikationswissen sowie Rezeptionsrelevanz können als interdependente, kommunikationsqualitative Outgrowth-Prämissen der Wirkungen und Effekte, einschließlich des Advertising Engagements, von Marketing-Kommunikationsangeboten aufgefasst werden, auf die sie gemäß ihren jeweiligen Ausprägungen (z. B. wenig vs. hoch relevant) einen wesentlichen Einfluss ausüben (s. Abb. 169). Interdependent ist ihr Verhältnis, weil • Aufmerksamkeit auf energetischer Ebene sicherstellt, dass Rezeptionsrelevanz und Marketing-Kommunikationswissen überhaupt kognitiv-emotional prozessiert werden können,

1

Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth

511



Persuasionswissen als ein Teilbereich des Marketing-Kommunikationswissens zu einer Uminterpretation von Marketing-Kommunikationsangeboten führt, was Einfluss auf die Relevanzzuschreibung hat, und Marketing-Kommunikationswissen, organisiert in Form von kognitiven Schemata, gleichzeitig auch top-down die willentliche Aufmerksamkeit von Konsumenten beeinflusst, • Rezeptionsrelevanz die willentliche Aufmerksamkeit kontextuell steuert und Marketing-Kommunikationswissen situativ aktiviert.

1.1

Aufmerksamkeit

Aufmerksamkeit hat im Kontext der Marketing-Kommunikationsforschung eine lange Tradition. So spielte sie bereits in den ersten Konzepten der Werbeforschung eine wesentliche, wenn nicht die zentrale Rolle schlechthin. In der 1898 von Elias St. Elmo Lewis entwickelten AIDA-Formel (Akronym für Attention, Interest, Desire, Action) markiert sie den Ausgangspunkt des Werbewirkungsprozesses und der Psychologe Walter Dill Scott identifiziert in seiner Werbetheorie aus dem Jahr 1903 die Gewinnung von Aufmerksamkeit als diejenige Zielsetzung, die jeglicher Werbung immanent ist. „What does the advertiser seek to accomplish by his advertisements ? The answers to this question differ merely as to form of expression or point of view. One says: ‚The aim of advertising is to attract attention and to sell goods‘ another statement would be that the purpose of advertising is to attract attention to the goods and to create such a favorable impression for them that the reader will desire to posses them. Whatever the statement may be, this seem certain – one aim of every advertisement is to attract attention.“ (Scott 1903: 6)

Aufmerksamkeit, so lässt sich einleitend und mit einem Blick in das Lexikon Kommunikations- und Medienwissenschaft zunächst festhalten (vgl. Brosius 2013: 22), wird im (marketing-kommunikativen) Wahrnehmungs- und Verarbeitungsprozess als eine frühe, selegierende Instanz verstanden, die die Voraussetzung für spätere, nachgelagerte kognitiv-emotionale Prozessresultate von Mitteilungen (Verstehen, Erinnern, Gefallen etc.) stellt, was ihre Notwendigkeit für die Marketing-Kommunikation, gerade hinsichtlich ihres instrumentellen und zielgerichteten Charakters unterstreicht.

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B III

Outgrowth

1.1.1 Der Begriff und seine Entwicklung Natürlich ist der Begriff der Aufmerksamkeit keine Erfindung der Werbeforschung aus dem späten 19., frühen 20. Jahrhundert. Begriffe wie der des Konzeptes der Aufmerksamkeit sind Gegenstand verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen, in historischer Betrachtung besonders der Philosophie und der Psychologie. Auch in der Kommunikations- und Medienwissenschaft sowie im Marketing hat Aufmerksamkeit nicht nur im Rahmen der Werbewirkungsforschung an Bedeutung gewonnen (vgl. den Überblick bei Wirth 2001: 83 f., Meffert 1998: 671 f.), sondern wird auch unter einer medienökonomischen Perspektive analysiert (vgl. u. a. G. Franck 2015, Gräser/ Welling 2003: 4 f.). Der Aufmerksamkeitsbegriff entzieht sich allerdings einer einheitlichen Definition und hat stattdessen viele Bestimmungsversuche erfahren. In der aktuellen Aufmerksamkeitsforschung wird deshalb nicht von einem einheitlichen Konzept der Aufmerksamkeit ausgegangen und häufig auf eine explizite Definition verzichtet. In Anlehnung an Werner Wirth (2001: 82) und dessen kompakten Überblick über die unterschiedlichen konzeptionellen Aspekte lässt sich aber sehr wohl feststellen, dass sich über die Zeit zentrale konzeptionsübergreifende Kennzeichen des modernen Aufmerksamkeitsbegriffs herausgebildet haben, die wie folgt zusammengefasst werden können. ▶ Definition (vgl. Wirth 2001: 82) Aufmerksamkeit ist ein kapazitätsbegrenzter psychologischer und psychophysiologischer Prozess, in dem mindestens ein Wahrnehmungsgegenstand selektiert wird, indem ihm Ressourcen willkürlich oder unwillkürlich in einem Top-down- oder Bottom-up-Prozess zugewiesen werden. Aufmerksamkeit umfasst die Zustände der Aktivierung und der Anstrengung.

Bevor auf die einzelnen Elemente der Definition näher eingegangen wird, erfolgen zur besseren Einordnung ein kurzer Abriss der Begriffsentwicklung in der Philosophie und ein kurzer Überblick über die Entwicklung der Theorien der modernen Aufmerksamkeitsforschung. Die deskriptive Behandlung des Begriffs Aufmerksamkeit sowie dessen theoretische Bedeutung spielen in der Geschichte der Philosophie und Psychologie eine bemerkenswerte Rolle und haben ihren Ursprung in der wissenschaftlichen Seelenkunde der Antike (vgl. Port 1995: 3). Auch wenn sich bereits vor Aristoteles (* 384 v. Chr., † 322 v. Chr.) zahlreiche Philosophen des Altertums mit der Seelenlehre und damit mit Bewusstseinsprozessen beschäftigt hatten, so berührten doch deren Ausführungen nicht die Frage, welche Rolle die Aufmerksamkeit für die subjektive Wahrnehmung spielt (vgl. Busse 1911: 7 f., Port 1995: 4 f.). Ein Aufmerksamkeitsphänomen in dem speziell auf den Wahrnehmungsprozess bezogenen Sinn erwähnt erstmals Aristoteles in seiner kleinen Schrift „De Aminia“. Er entwickelt seine Überlegungen

1

Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth

513

anhand der Frage, „ob es möglich sei, gleichzeitig zwei Gegenstände in derselben und ungeteilten Zeit wahrzunehmen oder nicht“ (Aristoteles 1911: 79 f.), und erkennt, dass ein Sinneseindruck unbemerkt bleiben kann, solange die Seele zugleich mit einer anderen Tätigkeit intensiv beschäftigt ist. Während für Aristoteles der Hinweis auf dieses „Engeproblem“ lediglich die Unmöglichkeit belegen soll, mehrere Inhalte zugleich wahrnehmen zu können, geht Lukrez (* um 97 v. Chr.; † um 55 v. Chr.) von einer zwischen mehreren Wahrnehmungen aktiv wählenden Seele aus. Anhand seiner Bildertheorie kann er erklären, dass nur die Gegenstände erfasst werden, auf die die Wahrnehmung einer Person aktiv gerichtet ist (vgl. Lukrez 1973: 315). Bei Lukrez kommt nun der Tätigkeitsaspekt hinzu, denn die Augen müssen sich angestrengt auf einen Gegenstand richten, um eine scharfe Wahrnehmung zu erreichen. Als wissenschaftlicher Terminus taucht Aufmerksamkeit (attentio, intentio) erstmals bei Augustin (* 354, † 430) auf, der den Tätigkeitsaspekt als Willensakt bestimmt (vgl. Augustinus 2002: 87 f.). Die wenigen Beschreibungen von Aufmerksamkeit im Mittelalter versuchen, den Enge- und den Tätigkeitsaspekt weiter zu verbinden. Aufbauend auf den Überlegungen des Aristoteles begründet Thomas von Aquin (* 1225, † 1274) die Unmöglichkeit, zwei Gegenstände gleichzeitig bewusst zu erfassen, modal. Denn das Denken sei eine Bewegung, die nicht gleichzeitig in verschiedene Richtungen verlaufen kann. Andererseits – und hier Augustin folgend – erkennt er Aufmerksamkeit als eine Willenserscheinung an (vgl. L. Schütz 1958: 71). Johannes Buridan (* um 1300, † um 1358) präzisiert den Begriff entscheidend, indem er das Konzept der Klarheit einführt. In seinem Kommentar zu Aristoteles Schrift „De sensu et sensato“ resümiert er, dass mehrere Inhalte gleichzeitig, nicht aber alle Teile mit demselben Deutlichkeitsgrad bewusst erfasst werden können (vgl. Port 1995: 14 f.). In der Neuzeit tritt der Engeaspekt gegenüber dem Klarheits- und Tätigkeitsaspekt in den Hintergrund (vgl. Port 1995: 17). Indem René Descartes (* 1596, † 1650) zwischen spontaner sinnlicher Aufmerksamkeit (admiration) und willentlicher Aufmerksamkeit (attention) unterscheidet, erschließt er zwei neue Bestimmungskriterien des Phänomens. Während bei der spontanen sinnlichen Aufmerksamkeit neue und starke Umweltreize eine Affektion der Seele veranlassen, diese Eindrücke stärker zu beachten, sieht er in der willentlichen Aufmerksamkeit eine von äußeren Eindrücken unabhängige Willenshandlung. Die Seele vermag somit nicht nur, einen Eindruck über eine bestimmte Zeitspanne festzuhalten (Fixierungsaspekt), sondern kann auch auf die Sinnesorgane einwirken und damit die Auffassung des Eindrucks erleichtern (effektorischer Aspekt) (vgl. Descartes 1984: 109). Bei John Locke (* 1632, † 1704) verschmilzt der Klarheits- und Tätigkeitsaspekt in einem Denkmodus, der auf einem Kontinuum von festem Schlaf bis zu höchster Konzentration angeordnet ist. Die jeweiligen Phasen sind durch unterschiedliche Tätigkeitsmerkmale und durch Abstufungen der Klarheit der gefassten Ideen gekennzeichnet (vgl. Locke 1995: 92). Gottfried Leibniz (* 1646, † 1716) bezeichnet Aufmerksamkeit als Übergang von unbewusster zu bewusster Wahrnehmung und fügt damit den motivationalen Aspekt

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hinzu. Denn die Aufmerksamkeit richtet sich auf Gegenstände, die von der Seele gegenüber anderen vorgezogen werden (vgl. Leibniz 1986: 155). Am Ende des 17. Jahrhunderts sind damit alle wesentlichen Merkmale des deskriptiven Aufmerksamkeitsbegriffs herausgebildet. Die Psychologie des 18. Jahrhunderts hebt den Tätigkeits- und Klarheitsaspekt weiter hervor, ohne die von Descartes angedeutete Unterscheidung von unwillkürlicher und willkürlicher Aufmerksamkeit sowie die von Locke stammende Einteilung in sinnliche und intellektuelle Aufmerksamkeit aufzugeben. Daneben tritt auch der Engeaspekt wieder in den Vordergrund. Wie bei Buridan wird er von den meisten Autoren mit dem Klarheitsaspekt verbunden. Die Fixierungs- und motivationalen Aspekte werden unter praktisch-psychologischem Gesichtspunkt erörtert. Anlass und Länge der Aufmerksamkeit unterliegen demnach einer individuell variierenden Fähigkeit, die vom jeweiligen Interesse beeinflusst wird, das vom beobachtbaren Gegenstand ausgeht. Damit ist die Entwicklung des Aufmerksamkeitsbegriffs in seiner phänomendeskriptiven Bedeutung abgeschlossen (vgl. Neumann 2007).

1.1.2 Theorien der modernen Aufmerksamkeitsforschung Die in den 1950er Jahren aufkommende und mit neuer Methodik ausgestattete Aufmerksamkeitsforschung der Psychologie kann entlang der Theorieentwicklungen in vier – sich teilweise zeitlich überlappende – Phasen eingeteilt werden. Die meisten Aufmerksamkeitstheorien enthalten Annahmen über das Wesen und die Funktionen der Aufmerksamkeit, ohne Bezüge zu den bereits vorhandenen Erkenntnissen aus der Philosophie explizit herzustellen. Vielmehr stehen die Fragen im Mittelpunkt, welche Aufmerksamkeitsmechanismen existieren und welche Aufgaben sie erfüllen (vgl. Neumann 1996b: 561). Donald Broadbents (1958) Filtertheorie und die daran anschließenden Diskussionen beherrschten in der ersten Phase die Aufmerksamkeitsforschung für über ein Jahrzehnt. Die Filtertheorie entstand aus experimentellen Arbeiten der angewandten Psychologie und versteht den Menschen als ein System zur Informationsübertragung. Die damalige Nachrichtentechnik (Kanalmetapher) beeinflusste deutlich die Theoriebildung in der Psychologie. Dabei lieferte die mathematische Informationstheorie von Shannon und Weaver die zentrale Idee eines begrenzten Kanals (vgl. Shannon 1949: 34, Wirth 2001: 70, Kap. A 1.1). Anstoß der Untersuchungen waren Fluglotsen in Kontrollzentren, die zu mehreren Flugzeugen gleichzeitig Sprechkontakt hielten. Broadbent konnte nachweisen, dass die Leistung der Versuchspersonen beeinträchtigt wurde, sobald zwei verschiedene Fragen sich zeitlich überlappten. Anhand der empirischen Beobachtungen wurden die wesentlichen Bestandteile der Filtertheorie entwickelt: Die Ursache der Interferenz – womit die Hemmung eines biologischen Vorgangs bezeichnet wird, die durch einen gleichzeitigen und gleichartigen anderen Prozess verursacht wird – liegt in einem kapazitätsbegrenzten zentralen Kanal be-

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth

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gründet, der nur eine bestimmte Menge an Informationen bewältigen kann. Störeinwirkungen unerwünschter Mitteilungen kann das System mittels eines Filters verhindern. Schließlich ist eine Kurzzeitgedächtnis-Komponente vor dem Filter angeordnet, sodass Input-Spitzenwerte bewältigt werden können (vgl. Broadbent 1958: 297 f., 1971: 132 f., Posner 1976: 198 f.). Die Mitte der 1960er Jahre einsetzende zweite Phase stand unter dem Einfluss der aufkommenden Computertechnologie und sah die Kapazitätsbegrenzung nicht in einem Kanal, sondern in der Leistung einer zentralen Verarbeitungseinheit (Central Processing Unit/CPU) begründet. Außerdem differenzierten zahlreiche empirische Befunde die bisherigen Annahmen zur Interferenz und zeigten, dass die Hemmung in Abhängigkeit von den psychischen Vorgängen graduell unterschiedlich stark ausfallen kann. Somit wurde von bestimmten „fest verdrahteten Prozessen“ ausgegangen, die keine Kapazität benötigen (vgl. Posner 1976: 206 f.). Aus dieser Vermutung heraus entstanden sogenannte Zwei-Prozess-Theorien, die zwischen automatischer und gesteuerter Verarbeitung unterschieden. Dabei belastet nur die gesteuerte Verarbeitung den kapazitätsbegrenzten Teil des Systems. Daniel Kahneman (1973: 9) führte den Begriff der „unspezifischen Kapazität“ ein und vereinte damit die zentralen Bestandteile der Filtertheorie: Der Vorrat an Kapazität ist demnach, wie die Übertragungskapazität des Kanals, begrenzt und kann – gleich dem Filter – bestimmten Inputs zugewiesen und anderen vorenthalten werden. Spätestens seit Mitte der 1980er Jahre wurde deutlich, dass eine spezifische – anstelle der noch von Kahneman (ebd.: 11) angenommenen allgemeinen, unspezifischen – Interferenz die Regel ist. Zahlreiche Studien bestätigten, dass eine Hemmung sowohl von der Schwierigkeit als auch von der Struktur der Aufgaben ausgeht (vgl. Navon/Gopher 1980: 298 ff.). Interferenz-Beispiele

Die Interferenz wird bei Mehrfachtätigkeiten neben der Schwierigkeit auch von der Art und Weise bzw. der Struktur der Aufgabe (z. B. sprechen, zeigen, hören, sehen) bestimmt. Somit werden die Modalitäten der simultan zu erledigenden Aufgaben (z. B. vom Blatt ein Instrument spielen und einen vorgesagten Text nachsprechen oder einen vorgegebenen Text abtippen und einen anderen Text nachsprechen) zu intervenierenden Variablen einer nicht mehr allgemeinen, sondern strukturell bedingten und damit spezifischen Hemmung: Bei einer starken Interferenz greifen die Handlungen auf gleiche Ressourcen zurück. Es ist beispielsweise unmöglich, gleichzeitig in zwei verschiedene Richtungen zu blicken oder zwei Texte gleichzeitig aufzusagen; hier müssen die Aufgaben zeitlich nacheinander verrichtet werden. Im Fall einer schwachen Interferenz benötigen die Tätigkeiten unterschiedliche Ressourcen. Zum Beispiel gelingt es einem Redner problemlos, während seiner Rede (sprachliche Aufgabe) gleichzeitig auf relevante Abbildungen seiner Präsentation hinzuweisen (manuelle Aufgabe).

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Die Befunde führten zum Konzept der spezifischen Ressourcen und leiteten damit die dritte Phase der modernen Theorien der Aufmerksamkeitsforschung ein. Die Kernidee war, dass „jeder Mechanismus … seine eigene Kapazität haben könnte, die mit derjenigen anderer Mechanismen nicht ausgetauscht werden kann“ (Sanders 1979: 55). Die Ausarbeitung dieser Position erfolgte in zwei Richtungen: Ein Teil der Forschung versuchte, die einzelnen Ressourcen eindeutig zu identifizieren (vgl. Wickens 2014), während ein anderer den formellen Status der Ressourcen analysierte. Die zum Teil sehr komplexen Ressourcentheorien weisen aber eindeutige Schwächen auf, weshalb sie lediglich eine andere Form der Beschreibung der Phänomene lieferten und weniger als Erklärung geeignet waren. Diese Kritik entfällt jedoch, wenn sich der Ressourcenbegriff lediglich auf die energetischen Aspekte der Aufmerksamkeit beschränkt. So kann er die Experimentalpsychologie und die Neurophysiologie nützlich verbinden (vgl. Neumann 1996b: 567). Die bisherigen Theorien teilten die Überzeugung, dass die Kerneigenschaft der Aufmerksamkeit die limitierte Kapazität ist, und begriffen andere Merkmale als logisch-funktionelle Konsequenzen eines kapazitätsbegrenzten Systems (vgl. ebd.: 668). In der Anfang der 1990er Jahre beginnenden vierten Phase entstanden erste theoretische Gegenentwürfe, die sich zwei Trends zuordnen lassen. Zum einen vollzog sich eine Schwerpunktverlagerung von der Interferenz bei Doppeltätigkeit hin zur sensorischen Aufmerksamkeit, innerhalb der der Fokus auf der visuellen Aufmerksamkeit liegt, was maßgeblich zur Entwicklung des Indikators des Blickverlaufs zur Messung von Aufmerksamkeit beigetragen hat (vgl. Heijden 1996: 6 f., Kap. B IV 2.2.1). Zum anderen begann der Konnektionismus die Aufmerksamkeitstheorien zu beeinflussen. Der Konnektionismus ist ein Problemlösungsansatz in der Forschungsrichtung der künstlichen Intelligenz. Um intelligente und kognitive Handlungen bei Maschinen nachzubilden, geht der Konnektionismus nicht mehr vom bisher üblichen Aufbau von Computern aus. Stattdessen orientiert sich dieser Ansatz an Netzwerkmodellen, die einige wichtige Anleihen an der Funktionsweise des menschlichen Gehirns (verstanden hier als neuronales Netzwerk) nehmen. Informationen werden somit durch eine große Anzahl von relativ einfachen Prozessoren (Units) verarbeitet, die in einem dichten Netzwerk miteinander verbunden sind. Diese Prozessoren arbeiten unabhängig von- und kommunizieren über Signale miteinander. Die Signale werden über die entsprechenden Netzwerkverbindungen gesendet (vgl. Dorffner 1991: 15 f.). Die neue Theoriebildung konzentrierte sich auf die deskriptive und funktionale Analyse von spezifischen Aufmerksamkeitsmechanismen. Auf einer allgemeinen Ebene wurde dabei versucht, verschiedene Aufmerksamkeitsmechanismen systematisch zu beschreiben. In speziellen Bereichen der Aufmerksamkeitsforschung führten zahlreiche Studien zu verschiedenen Modellen und Theorien der Aufmerksamkeit (s. den umfassenden Überblick bei Neumann 1996a). Für die visuelle Aufmerksamkeit fand Anne Treismans Idee der Verklebung besondere Beachtung. Danach dient die Bündelung der Aufmerksamkeit auf einzelne Reize dazu, Merkmale eines Objekts zu integrieren und so deren Bedeutung zu generieren (vgl. Treisman 1995: 16 f.).

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1.1.3 Zentrale Elemente des modernen Aufmerksamkeitskonzeptes 1.1.3.1 Kapazität

Die meisten Theorien und Modelle eint die unterschiedlich konkretisierte Vorstellung einer Kapazitätsbegrenzung. So handelt es sich im Filtermodell um einen begrenzten Übertragungskanal, der Aufmerksamkeit somit strukturell beschränkt (vgl. Norman 1973: 39 ff.). Modelle des CPU-Paradigmas gehen von einer limitierten Verarbeitungsleistung aus. Schließlich konzipiert das Ressourcenmodell Aufmerksamkeit als eine begrenzte energetische Substanz (vgl. Neumann 1996b: 572 f., 575 f.). Unterschiedliche Auffassungen bestehen darüber, ob ein einziges, aufgabenunspezifisches, zentrales Aufmerksamkeitssystem oder eine große Anzahl von mehreren aufgabenspezifischen Instanzen kapazitätsbegrenzt ist. Ältere Theorien sind tendenziell eher als Einkanaltheorien konzipiert und prinzipiell der Filtertheorie verpflichtet, während jüngere Autoren der Mehrkanaltheorie und dem energetischen Ressourcenansatz näher stehen (vgl. Heijden 1996). In der Aufmerksamkeitsforschung findet seit Kahneman (1973) der energetische beziehungsweise physiologische Aspekt von Aufmerksamkeit verstärkt Beachtung. Personen, die sich auf bestimmte, subjektiv als relevant erachtete Aufgaben konzentrieren, setzen mehr in ihrer Verarbeitungsfähigkeit begrenzte kognitive Ressourcen frei. Dabei sind Interferenzen bei konkurrierenden Aufgaben (modalspezifische Kapazitätsgrenzen) stärker als bei nicht konkurrierenden (beispielsweise auditiven und visuellen) Aufgaben (vgl. Wirth 2001: 77). Kognitiv-energetische Theorien differenzieren mehrere Ressourcen, die in unterschiedlichen Verarbeitungsstufen aktiv werden. So ist zwischen den Ressourcen der Aktivierung und der Anstrengung zu unterscheiden. Aktivierung umfasst die physiologischen und biologischen Grundlagen der Aufmerksamkeit. Das sogenannte aufsteigende retikuläre Aktivierungssystem (ARAS) erhält Meldungen von den sensorischen Nervenbahnen auf ihrem Weg zum Gehirn und projiziert dabei unspezifisch zur Endhirnrinde. Daraus resultiert eine allgemeine Aktivierung der gesamten Endhirnrinde, was eine Voraussetzung für Wachsein und Bewusstsein darstellt (vgl. Kempter/Bente 2004: 277). Es ist zu unterscheiden zwischen tonischer Aktivierung, die sich auf eine länger anhaltende Bewusstseinslage (Wachheitsgrad) und damit grundlegend auf die Aufrechterhaltung der Handlungsbereitschaft bezieht, und der phasischen Aktivierung. Letztere, auch als (kortikale) Erregung („cortical arousal“) bezeichnet (s. z. B. Wirth 2001: 76), meint kurzfristige Aktivierungsschwankungen, die auf der Grundlage des momentanen tonischen Aktivierungsniveaus (z. B. Schläfrigkeit, Wachheit, Erregung) auftreten, und die die Leistungsfähigkeit und den Aufmerksamkeitsgrad steuern (vgl. Kroeber-Riel et al. 2009: 61). Der Zusammenhang von Leistung und Aktivierung wird häufig als eine umgekehrte U-Funktion beschrieben (Lambda-Hypothese) (vgl. Abb. 170).

518

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Abb. 170 Beziehung zwischen Aktivierung und Leistung (Quelle: Kroeber-Riel 1984: 73); Anmerkung: Die unterschiedlichen Abschnitte des Aktivierungskontinuums ergeben sich aus spezifischen Erregungszuständen mit jeweils bestimmten elektrodermalen Reaktionsmustern (EDR)

Demnach steigt bei zunehmender Stärke der Aktivierung zunächst die Leistung eines Individuums, die dann ab einer bestimmten Aktivierungsstärke wieder fällt. Die empirische Gültigkeit dieser Funktion wird mittlerweile jedoch kontrovers diskutiert (s. den Diskussionsüberblick bei Kroeber-Riel et al. 2009: 85 f.). Relevanz hat die Unterscheidung in phasische und tonische Aktivierung für die Marketing-Kommunikation insofern, als dass nur auf die phasische Aktivierung Einfluss genommen werden kann und so eventuell kognitive Leistungen wie beispielsweise Erinnern gefördert oder gehemmt werden können. Anstrengung („effort“) steuert den gesamten Prozess der Aufmerksamkeit und ist auf der Stufe der Verarbeitungsauswahl des Umweltreizes als Ressource dem Individuum willentlich zugänglich. Forschungsergebnisse zeigen, dass aber weder von einer linearen und unvermittelten Beziehung zwischen Aktivierung, Anstrengung und Aufmerksamkeit noch zwischen Aktivierung, Aufmerksamkeit und Leistung ausgegangen werden kann, wie es ja auch die Lambda-Hypothese bereits zum Ausdruck bringt (s. Abb. 170) (vgl. Molen 1996: 362 f., Sanders 1971: 184 f.).

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth

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1.1.3.2 Frühe versus späte Selektion

Die Vorstellung begrenzter Kapazitäten lässt die Selektion als logisch-konsequente und demnach zentrale Funktion der Aufmerksamkeit erscheinen. Neue Modelle unterscheiden noch weitere Funktionen, die nicht mehr auf der Idee der Kapazitätsbegrenzung beruhen. Unabhängig davon wurde kontrovers die – gerade für die Marketing-Kommunikation relevante – Frage diskutiert, wo und wann die Selektion stattfindet, also ob es sich um eine frühe oder späte Selektion handelt (vgl. Neumann 1996b: 600 f.). Nach den Theorien der frühen Selektion, z. B. der Filtertheorie, werden Reize bereits auf physikalischer Ebene ausgewählt und andere ignoriert, bevor sie identifiziert, kategorisiert und mit einem Mindestmaß an Bedeutung versehen werden. Laut diesen Theorien gehen von ignorierten Reizen keine Wirkungen aus. Theorien der späten Selektion vertreten genau das Gegenteil: Auch nicht beachtete Informationen werden semantisch analysiert. Nur so sei es zu erklären, dass es subjektiv hochrelevanten Reizen gelingt, bewusste Aufmerksamkeit zu erzeugen, wie am Beispiel des „Cocktailparty-Problems“ deutlich wird (vgl. Hoopen 1996: 116 f.): Personen können ihren Namen aus einem Stimmengewirr heraushören, obwohl sie in eine Unterhaltung eingebunden sind. Gemäß dieser Position gelingt es auch unbeachteten Reizen, eine Wirkung auf Individuen zu entfalten. Trotz leicht variierender Annahmen zur späten Selektion stimmen die meisten Forscher dieser Position generell zu (vgl. Wirth 2001: 76). Auch sprechen die Forschungsergebnisse zum MereExposure-Effekt, der eine Wirksamkeit nicht decodierter Reize postuliert (vgl. Kap. B III 2.4.4), für eine späte Selektion.

1.1.3.3 Willkürliche und unwillkürliche Aufmerksamkeit

Je nachdem, ob der Handlungs- oder Wahrnehmungsaspekt im Vordergrund steht, lässt sich in willkürliche und unwillkürliche Aufmerksamkeit unterscheiden. Demnach können Individuen sich einerseits bewusst einem Reiz widmen, andererseits kann dieser unwillkürlich Aufmerksamkeit erzeugen – eine Unterscheidung, die bereits in der klassischen Aufmerksamkeitsforschung zu finden ist (vgl. u. a. Dürr 1914: 69 f., Henning 1925: 192 f., Kohn 1895: 3 f.). Willkürliche Aufmerksamkeit, womit Aufmerksamkeit gemeint ist, die nur die Selektion betrifft, oder kontrollierte Aufmerksamkeit, die darüber hinaus auch noch den Verarbeitungsprozess einschließt (vgl. Eimer et. al. 1996: 220), bezieht sich auf von „innen“ gesteuerte Handlungen und steht in engem Zusammenhang mit der Relevanz, die einem Wahrnehmungsobjekt (Marketing-Kommunikationsangebot) zugeschrieben wird. Evident wird hier die wichtige Rolle, die den Consumer Insights bei der Gestaltung von Kommunikationsangeboten zukommt, sollen sie willentlich die Aufmerksamkeit von Zielpersonen erhalten. Diese Art der Aufmerksamkeit erfolgt in einem durch Schemata gesteuerten Top-down-Modus (vgl. Kap. B 1.3.1.1). Ressour-

520

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cenmodelle sehen die durch Anstrengung mögliche willkürliche Vermehrung von Aufmerksamkeit bei schwierigen und/oder wichtigen Aufgaben vor. Je mehr Ressourcen für die Aufmerksamkeit verwendet werden, also je stärker fokussiert wird, desto weniger Aufmerksamkeit bleibt für alternative Aufgaben übrig. Diese Zusammenhänge werden durch Lernprozesse und Integration beeinflusst. Die benötigte Kapazität für bestimmte Handlungen verringert sich proportional zu deren Übung und kann letztlich zu automatisierten Handlungen führen (vgl. Wirth 2001: 73). Prozesse unwillkürlicher Aufmerksamkeit werden von „äußeren“ Umwelteinflüssen gesteuert und sind unkontrollierter, aber durchaus bewusster Natur. Sie erfolgen im Bottom-up-Modus. Diese Art von Aufmerksamkeitsprozessen ist für die Marketing-Kommunikation aufgrund ihrer in der Regel äußerst flüchtigen Wahrnehmung traditionell von größerem Interesse und wurde in der Werbeforschung bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Walter Dill Scott thematisiert. „If I am interested in guns, take up a magazine, look for the advertisements of guns and read them through, my attention is voluntary. If, while looking for guns, something else catches my eyes for a moment and I think ‚that is an advertisement for clothing‘, then my attention is involuntary. In the first case I sought out the advertisement with a conscious purpose. In the second there was no such conscious purpose, but the advertisement thrust itself upon my attention.“ (Scott 1903: 8)

Die von Scott genannten sechs Prinzipien der Gewinnung unwillkürlicher Aufmerksamkeit (s. Tab. 18) haben bis heute weitestgehend Bestand und finden in der Praxis der Marketing-Kommunikation bei der Gestaltung von Kommunikationsangeboten ihre implizite oder auch explizite Berücksichtigung. In der verhaltenswissenschaftlich orientierten Werbeforschung werden sie heute unter dem Begriff der Aktivierungstechniken diskutiert (vgl. Kroeber-Riel/Esch 2015).

1

Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth

Tab. 18 1.

521

Prinzipien der Gewinnung unwillkürlicher Aufmerksamkeit nach Scott (1903)

Eindeutigkeit (Alleinstellung)

„The first principle is that the power of any object to force itself into our attention depends on the absence of counter attractions.“ (Scott 1903: 9) Umsetzung in der Praxis: Ungeteilte Aufmerksamkeit sicherstellen (1/1-Seite oder Doppelseite für Anzeigen verwenden)

2.

Eindringlichkeit

„The second principle is that the power of any object to attract our attention depends on the intensity of the sensation aroused.“ (ebd.: 12) Umsetzung in der Praxis: Einsatz gestalterischer Elemente wie beispielsweise intensiver Farben (z. B. rot), Bewegungen, Schriftgröße

3.

Ungewöhnlichkeit (Kontrast)

„The third principle is that the attention value of an object depends upon the contrast it forms to the object presented with it, preceding or following it.“ (ebd.: 15) Umsetzung in der Praxis: Gezielter Bruch mit erwarteten Darbietungsformen wie typografische oder orthografische Verletzungen (z. B. IBM-Werbemotiv: schreIBMaschinen) (s. Werner Gaede (2002), der dieses Prinzip von Scott zum Konzept der Abweichung als zentrales Kennzeichen kreativer Werbung weiter ausgearbeitet hat).

4.

Verständlichkeit

„The fourth principle is that the power which any object has to attract our attention, or its attention value, depends on the ease with which we are able to comprehend.“ (ebd.: 18) Umsetzung in der Praxis: Notwendigkeit der Sicherstellung des konsistenten Erscheinungsbildes der Marke bei gleichzeitig notwendiger kontinuierlicher Aktualisierung und Erneuerung der Marke

5.

Frequenz

„The fifth principle is that the attention value of an object depends on the number of times it comes before us, or on repetition.“ (ebd.: 24) Umsetzung in der Praxis: Mindestanzahl an Kontakten gemäß dem Kontaktmodell der Werbeplanung realisieren (vgl. Kap. B I 2.6.1).

6.

Valenz

„The sixth and last principle is that the attention value of an object depends on the intensity of the feeling aroused.“ (ebd.: 29) Umsetzung in der Praxis: Einsatz eher emotional anmutender Motive, die auffallen (Beispiel: erschreckende Spots für Kfee (Kaffee in Dosen) von der Agentur Jung von Matt von 2004/2005)

1.1.4 Aufmerksamkeitsproblematik der Marketing-Kommunikation Die Aufmerksamkeit des Konsumenten als kapazitätsbegrenzter Prozess mit selegierender Funktion hat sich im Marketing-Kommunikationskontext in den letzten Jahren für Unternehmen und Agenturen zu einer enormen Problematik entwickelt. Die ohnehin gegebene Informationsüberlastung in modernen Gesellschaften ist durch die Marketing-Kommunikation, vor allem durch die Werbung, die sich auf

522

B III

Outgrowth

den Einsatz von Aktivierungstechniken zur Gewinnung der unwillkürlichen Aufmerksamkeit der Konsumenten konzentriert hat, weiter vorangetrieben worden. Um überhaupt noch die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu erlangen, werden Kommunikationsangebote mit immer reizintensiveren Elementen distribuiert, von denen sich Unternehmen und Agenturen eine hohe Aktivierungskraft erhoffen. Dass dies, bedingt durch die Konkurrenzverhältnisse in polypolen Märkten, zu einer „Aktivierungsspirale“ (Kroeber-Riel et al. 2009: 657) führt, ist die unausweichliche Folge dieser Entwicklung: In einem Prozess der wechselseitigen Verstärkung neutralisieren sich die konkurrierenden Unternehmen, und die zunehmende Drastik und Radikalität der Gestaltung der Marketing-Kommunikationsangebote hat längst die Grenze des guten Geschmacks überschritten und lässt sich nur schwerlich mit positionierungsstrategischen Überlegungen zur Markenführung verbinden, die auf eine Bedeutungsaufladung von Produkten und Leistungen zielt (vgl. die jedes Jahr vom Deutschen Werberat gerügten Kampagnen). Begleitet und gefördert wird diese Aktivierungsspirale durch den gesellschaftlichen Meta-Prozess der Medialisierung, von dem auch und gerade das MarketingKommunikationssystem nicht verschont bleibt (s. Kap. A 4.2). Vor allem die Orientierung am Nachrichtenfaktor der Skandalisierung fördert seitens der Unternehmen und Agenturen die Produktion von aktivierungstechnizistischen Kommunikationsangeboten, die zuallererst an die Zielgruppe der Journalisten gerichtet sind, in der Absicht, durch deren Berichterstattung über die Kampagne einen kostengünstigen multiplikativen Aufmerksamkeitseffekt zu erzielen. Marketing-Kommunikation, so lässt sich heute diagnostizieren, verschärft das Knappheitsproblem der Aufmerksamkeit in doppelter Hinsicht: Sie vermehrt einerseits kontinuierlich das bereits vorhandene Übermaß von Medieninhalten, das Aufmerksamkeit verknappt. Andererseits unterstützt Marketing-Kommunikation die Produzenten von Gütern und Leistungen dabei, die prinzipiell qualitativ gleichwertigen Produkte durch Markierungen von Marktpositionen zu individualisieren, womit die Komplexität des Marktes gesteigert und die Wahrscheinlichkeit der Aufmerksamkeit noch geringer wird. Siegfried J. Schmidt (1991: 8 f.) bezeichnet dies als das doppelte Paradox der Werbung. Radikaler wird die Situation von Herbert Willems und Andreas Hesse (1999: 90) beschrieben, die der Werbebranche jegliche strategische Weitsicht und damit die Möglichkeit des Ausstiegs aus dem von ihr selbst geschaffenen Teufelskreis ihrer Akzeptanzproblematik absprechen: „Die ‚dumm‘ zu nennenden genretypischen Prinzipien der Drastik, Einfachheit, Eingängigkeit, Wiederholung (Redundanz) usw. referieren funktional auf publikumsdispositionelle Konditionen wie Desinteresse, Informationsüberlastung, Reaktanz usw. Diese Bedingungen verschärfen sich wiederum infolge der strategischen ‚Dummheit‘ der Werbung, die also zu einer eskalatorischen Selbstverstärkung ihrer Akzeptanzprobleme tendiert.“ (ebd.)

1

Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth

523

Die wachsende Abwehrhaltung der Konsumenten gegenüber den aktivierungstechnizistischen Botschaften erklärt sich aus den mittlerweile gut gesicherten wissenschaftlichen Kenntnissen über die Struktur des Aufmerksamkeitskonstrukts. Die Komponente der top-down-aktiven, willkürlichen, handlungssteuernden Aufmerksamkeit ist gewissermaßen heute korrigierend im Rezeptionsprozess wirksam und deckt immer stärker die fehlende Relevanz von Marketing-Kommunikationsangeboten auf. Dieser großteils selbst produzierten Aufmerksamkeitsproblematik muss sich die Moderne Marketing-Kommunikation mit höchster Priorität annehmen, und sie muss diese Problematik kommunikationsstrategisch einer Lösung zuführen. Denn, so lässt sich zusammenfassen, Marketing-Kommunikation ist in doppelter Hinsicht auf Aufmerksamkeit angewiesen: Einerseits benötigt sie selbst die (willkürliche) Aufmerksamkeit ihrer spezifischen Zielgruppe, um zu gewährleisten, dass die produzierten Medieninhalte angemessen kognitiv verarbeitet werden. Andererseits bezweckt Marketing-Kommunikation letztlich gerade mit ihren Mitteilungen, die (unwillkürliche) Aufmerksamkeit für Produkte, Leistungen, Personen oder Mitteilungen bei den entsprechenden Zielgruppen zu erzeugen. Aufmerksamkeit ist somit einerseits notwendige Voraussetzung für Marketing-Kommunikation und deren Erzeugung ist gleichzeitig die Minimalfunktion von Marketing-Kommunikation.

1.2

Marketing-Kommunikationswissen (Reflexivität)

1.2.1 Reflexivitätsverhältnisse In der Input-Phase Moderner Marketing-Kommunikation haben Consumer Insights die Funktion, als Wissen über Personen und über deren Rollen als Kommunikationspartner und Konsument den in Agenturen und Marketing-Abteilungen Tätigen bei der Produktion von Marketing-Kommunikationsangeboten als Handlungsorientierung zu dienen. Diese Funktion basiert auf dem notwendig reflexiven Charakter der Kommunikation: Kommunikatoren erwarten implizit oder explizit, automatisch oder kontrolliert die Erwartungen ihrer Kommunikationspartner. Analog hat auch Reflexivität für den Konsumenten und Kunden die Funktion, seinem Handeln im Marketing-Kommunikationssystem Orientierung zu geben, indem er intersubjektiv geteiltes Marketing-Kommunikationswissen unterstellen kann. Hier im Outgrowth-Bereich sind die Reflexivitätsverhältnisse aber etwas anders gelagert. Sind die zeitlichen Reflexivitäten (R1 und R3, s. Abb. 18) vergleichbar geartet, fungiert die Reflexivität in der sozialen Dimension (R4) zwar auch als Handlungsorientierung. Sie dient aber primär nicht der Produktion von unternehmensgerichteten, relevanten Mitteilungen, sondern steuert vorrangig im Inneren des Individuums die Handlungen des Verstehens und der Verarbeitung der Mitteilung, die in der Regel nicht durch die Intention einer Anschlusskommunikation im Sinne der Eröffnung oder Aufrechterhaltung eines persönlichen Dialogs mit einem Unternehmensvertre-

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Outgrowth

ter gekennzeichnet sind. Marketing-Kommunikation ist eben nicht gleich einem Gespräch unter Freunden, auch wenn sich dies die Unternehmen heute häufig wünschen. Das Zurücksenden eines Fragebogens, das Ausfüllen einer Teilnahmekarte für ein Preisausschreiben oder die Produktbestellung über einen Anzeigencoupon dürfen nicht als Akte lebensweltlicher privater Kommunikation, die womöglich sogar unter Abwägung ihrer Relevanz für das Unternehmen entstanden sind, missinterpretiert werden. Vielmehr sind sie stets als (häufig mit einem Incentive versehene) Handlungen eines Konsumenten oder Kunden im spezifischen Sinnzusammenhang des Marketing-Kommunikationssystems zu sehen, der gegenüber dem marketingtreibenden Unternehmen in der Regel kein ausgeprägtes Mitteilungsbedürfnis hat. Vor diesem Hintergrund ist es demnach im Outgrowth-Bereich nicht angebracht, in Analogie zu Consumer Insights von „Corporate Insights“ zu sprechen. Von einem durch professionalisierte Reflexivität gewonnenem Wissen über die elementaren Kontexte (individuelle berufliche Lebenswelt, Unternehmenskultur, Markt), die den Handlungen der Angestellten in den marketingtreibenden Unternehmen und Agenturen ihren erklärbaren Sinn verleihen, um ihnen relevante Kommunikationsangebote unterbreiten zu können – wie es die zentrale Funktion der Consumer Insights ist (vgl. Kap. B I 1.2.1) –, kann keine Rede sein. Hinzu kommt als typisches Kennzeichen medialer, allgemein adressierter Kommunikation die Reflexivität des Wissens und Meinens der Konsumenten und Kunden: Der Konsument weiß oder meint, dass auch andere Konsumenten und Kunden über Marketing-Kommunikation und Marken Bescheid wissen (R5). Hier orientiert also das reflexiv ausgebildete und stabilisierte Marketing-Kommunikationswissen konsumtives Handeln in Richtung auf Konsumenten, woraus das Phänomen der sozialen Distinktion mittels Markennutzung resultiert.

1.2.2 Das Persuasion Knowledge Model Zur konsumentenseitigen Spezifizierung des Begriffs und Konzeptes des MarketingKommunikationswissens, des Common Ground des Marketing-Kommunikationssystems (vgl. Kap. A 3.1), ist es unabdingbar, auf das in der psychologischen Konsumentenforschung stark beachtete Persuasion Knowledge Model (PKM) von Marian Friestad und Peter Wright (1994, 1995) zurückzugreifen. Dieses Modell (vgl. Abb. 171) beschreibt, wie die Konsumenten/Zielpersonen („Target“) hinsichtlich der von Kommunikatoren („Agent“), hier: Unternehmen und ihre Agenturen, initiierten Beeinflussungsprozesse versuchen, Kontrolle über den Beeinflussungsversuch („Persuasion Attempt“) zu behalten. Der Beeinflussungsversuch umfasst die Gesamtheit der Konsumentenvorstellungen und -eindrücke, die das strategische Handeln eines Unternehmens in der Input-Phase des Marketing-Kommunikationsprozesses betreffen, um Meinungen, Einstellungen, Entscheidungen oder Handlungen von Konsumenten zu beeinflussen.

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth

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Abb. 171 Das Persuasion Knowledge Model (Quelle: Friestad/Wright 1994: 2)

Hiervon zu unterscheiden ist die „Persuasion Episode“ als das vom Konsumenten direkt beobachtbare Ergebnis der Input-Handlungen des Unternehmens, sprich: sein Output in Form der diversen Marketing-Kommunikationsangebote der zum Zuge kommenden Kommunikationsdisziplinen. Friestad und Wright gehen davon aus, dass Konsumenten bei der Wahrnehmung von auf Beeinflussung zielenden Kommunikationsangeboten stets das übergeordnete Ziel haben, schlicht die Kontrolle über das Ergebnis ihrer kognitiv-emotionalen Prozesse zu haben. Dies umfasst auch die Handlungen der Antizipation sowie der rückblickenden Reflexion von Beeinflussungsversuchen („Persuasion Coping Behaviors“). Deutlich wird hier, dass dem PKM das Menschenbild eines zielorientiert handelnden Individuums und nicht das eines reaktiven Verhaltensbündels zugrundeliegt: „This term (to cope, J. T.) implies resourceful participants who pursue their own goals and have the ability to select response tactics from their own repertoire, akin to the way agents select persuasion tactics.“ (Friestad/Wright 1994: 3)

Damit bricht das dem PKM zugrundeliegende Persuasionsverständnis mit der im Paradigma der Persuasiven Markenkommunikation verankerten Grundorientierung an

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Outgrowth

einem behavioristischen Stimulus-Organismus-Response-Modell (S-O-R-Modell) (vgl. Kap. A 2.6.1), indem es auf Interaktion und Gemeinsamkeiten von Kommunikator und Rezipienten sowie mit dem „Change-of-Meaning Principle“ (s. u.) auf Bedeutungskonstruktion abhebt („[t]oward an integrated theory of the behavior of persuasion targets and agents“; Friestad/Wright 1994: 22). Die Kontrollhandlungen der Konsumenten bezüglich der marketing-kommunikativen Beeinflussungsversuche werden maßgeblich von drei interagierenden Bereichen des Marketing-Kommunikationswissens angeleitet: Persuasionswissen („Persuasion Knowledge“), Kommunikatorwissen („Agent Knowledge“) und Themenwissen („Topic Knowledge“), auf die im Folgekapitel detailliert eingegangen wird. Diese drei Wissensbereiche finden sich auch kommunikatorseitig, wobei hier an die Stelle des Kommunikatorwissens Zielgruppenwissen („Target Knowledge“) in Form von Consumer Insights tritt (vgl. Kap. B I 1.2). Zusammenfassend beschreibt also das PKM, wie Zielpersonen vor, während und nach Beeinflussungsversuchen Wissensstrukturen aktivieren, die es ihnen ermöglichen, Beeinflussungsversuche zu erkennen, zu interpretieren und kontrolliert mit den Beeinflussungsstrategien und -taktiken der Unternehmen umzugehen.

1.2.2.1 Persuasionswissen, Kommunikatorwissen, Themenwissen

Persuasionswissen, Kommunikatorwissen und Themenwissen sind spezifische Bereiche des Marketing-Kommunikationswissens einer Gesellschaft und damit auch von Zielgruppen. Unter das Kommunikatorwissen fällt das Wissen über die Eigenschaften, Kompetenzen und Ziele des Unternehmens, wohingegen das Themenwissen das Wissen über das Thema und den Inhalt der Marketing-Kommunikationsangebote umfasst, sei es über ein Produkt, eine Marke, eine Dienstleistung, ein soziales Verantwortungsfeld im CSR-Bereich etc. Dem Persuasionswissen schließlich kommt im PKM besondere Bedeutung zu. Auch wird diesem Wissenstyp in der neueren Konsumenten- und Marketing-Kommunikationsforschung große Aufmerksamkeit geschenkt (vgl. z. B.: Ashley/Oliver 2010: 122, Carl 2008: 238, Cowley/Barron 2008: 90, Smit et al. 2009: 81, Wirth et al. 2009: 67 f.). Persuasionswissen umfasst das in einer Gesellschaft breit geteilte persuasionspsychologische Wissen, das Individuen im Laufe ihrer Sozialisation und Mediennutzung reflexiv ausbilden. So kann jeder annehmen, dass jeder andere im Prinzip über dasselbe Persuasionswissen verfügt (vgl. Kap. A 1.3.2). Es wird als „commonsense conception of persuasion“ (Friestadt/Wright 1995: 63) von Marketers und Konsumenten geteilt, leitet damit sowohl die Produktion von als auch den Umgang mit Beeinflussungsversuchen an, und hilft Konsumenten und Marketers – ganz im Sinne des Common-Ground-Konzeptes –, sich zu verstehen und ihre soziale Beziehungen zu steu-

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth

527

ern. In den Worten von Marian Friestad und Peter Wright (ebd.): „… it consists of a core set of shared beliefs about the fundamental nature of the persuasion process as it occurs across persuasion contexts that are prominent in the lives of a culture’s members. In essence, it provides people a stored implicit conception, model, or theory that they use to generate situation-specific beliefs that are of immediate interest“. Das Persuasionswissen über Werbung fasst Niklas Luhmann (2017: 85) wie folgt zusammen: „Die Werbung sucht zu manipulieren, sie arbeitet unaufrichtig und setzt voraus, daß das vorausgesetzt wird.“

Natürlich drängt sich die Frage auf, ob Experten (z. B. Mitarbeiter einer Kommunikationsagentur oder Kommunikationswissenschaftler) nicht ein von Persuasionslaien, den Zielgruppen, abweichendes Persuasionswissen haben. Hierzu haben Friestad und Wright in einer empirischen Studie das Persuasionswissen von Laien (n = 251) mit dem vom Wissenschaftlern, Mitgliedern der Association for Consumer Research (ACR) (n = 144), verglichen. In der Tat haben sie große Übereinstimmungen in den Wissensstrukturen der beiden Gruppen festgestellt. Sie begründen diese mit der hohen gesamtgesellschaftlichen, soziokulturellen Bedeutung von Persuasionswissen, wodurch sich dieses zum Bestandteil des Common Ground moderner Gesellschaften im Allgemeinen und des Marketing-Kommunikationswissens im Speziellen entwickelt hat. „Discovering similarities between lay and researcher beliefs is not surprising once we appreciate that in any culture persuasion is too important a matter to be left to persuasion researchers. Because persuasion-related tasks are so important in everyday life, the acquisition and sharing of persuasion ‚expertise‘ is an ongoing socio-cultural process in which lay people and researchers actively take part. Those of us who became researchers were first trained in our thinking by cultural folk knowledge, and we relied on that folk knowledge for many years to the same degree as did others in our lay cohort. Then we began to assimilate into our folk knowledge various ideas from persuasion theories and research streams that caught for attention. A researcher’s belief system at any moment represents a mingling of beliefs from folk knowledge and from persuasion theory.“ (ebd.: 72)

Hinzugefügt werden kann, dass Persuasionswissen als Wissen über eine spezifische Art von Kommunikation niemals den Spezialisierungs- und Formalisierungsgrad erreichen kann, wie andere Bereiche in der Gesellschaft (z. B. Medizin, Biologie, Recht) ihn haben. Das Kommunizieren über (persuasive) Kommunikation – gleich ob in der Wissenschaft oder im Alltag – lässt unvermeidbar Raum für alltagssprachliche Interpretationen und Rekonstruktionen von Bedeutungskonstruktionen und Beeinflussungsversuchen. Diese können sich keinesfalls auf der Ebene der hohen Exaktheit und Spezialisierung wie beispielsweise im Fall einer medizinischen Diagnose bewegen. Die alltäglich an lebensweltlicher Kommunikation zu erfahrende Unexaktheit

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und Kontingenz bei ihrer gleichzeitigen Omnipräsenz und Unvermeidbarkeit erhebt Kommunikation zum Wissens- und Untersuchungsgegenstand der breiten Gesellschaft und fordert regelrecht von jedem Einzelnen ein, dass er kollektiv geteilte alltagstheoretische Annahmen über die Funktionsweise von (persuasiver) Kommunikation ausbildet, will er sozial reüssieren. In Abhängigkeit vom konkreten Marketing-Kommunikationsangebot variiert die Intensität der Aktivierung der einzelnen Wissensstrukturen (Persuasion, Kommunikator, Thema). Beispiel (vgl. Friestad/Wright 1994: 4)

Kommunikationsangebote der Einführungskampagne für ein neues Produkt, die ein Konsument zum ersten Mal rezipiert, werden unter starkem Zugriff auf das Wissen über die Produktkategorie (Themenwissen) decodiert. Mit zunehmender Häufigkeit der Rezeption dieser oder ähnlicher Kommunikationsangebote nimmt dann zulasten des Themenwissens der Rückgriff auf das Persuasionswissen zu.

Mit der Ausbildung intersubjektiv geteilten Persuasionswissens geht die Entwicklung von Überzeugungen hinsichtlich der Zielsetzungen, die Konsumenten im Umgang mit den Persuasionsversuchen verfolgen, einher. Friestad und Wright (1994: 6) listen Ziele auf, von denen Konsumenten wissen, dass sie diese im Umgang mit Persuasionsversuchen einzeln oder kombiniert verfolgen, und zwar unabhängig von einer eventuell stattfindenden Einstellungsbildung oder -änderung gegenüber dem Produkt, Service, Unternehmen oder der Marke. Beispiele dafür sind: •

das Management der langfristigen Beziehung mit dem Unternehmen über den unmittelbaren Persuasionsakt hinaus, indem dessen Persuasionsaktivitäten evaluiert werden; • das Upgrading des allgemeinen Wissens über Marketing-Kommunikation und Verkaufen; • das Management der kognitiven Ressourcen zur Interpretation des Persuasionsversuchs und zur Ausführung von Taktiken des Umgangs mit dem Persuasionsversuch; • das Management des Images, das Verwandte, Freunde und Bekannte von einem selbst in puncto Persuasionsexpertise haben. Schließlich ist in diesem Zusammenhang noch zu erwähnen, dass sich auch der Begriff des Advertising Creative Knowledge findet, hinter dem sich die Engführung des Konzeptes des Persuasionswissens in einem ausschließlich werblich-kreativen Untersuchungsbereich verbirgt (vgl. West et al. 2008: 36).

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth

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1.2.2.2 Struktur und Inhalte des Persuasionswissens

Aus folgenden ineinander verwobenen Inhalten setzt sich das Persuasionswissen zusammen (vgl. Friestad/Wright 1994: 4 f., 1995: 65 f.): •

Kenntnisse über psychische Prozesse, die vom Unternehmen instrumentalisiert werden Hierunter fallen kognitiv-emotionale Prozesse, von denen Konsumenten annehmen, dass Unternehmen diese mit ihren Marketing-Kommunikationsangeboten beeinflussen wollen: • annehmen („assume“): etwas über ein Produkt annehmen/vermuten, was nicht explizit im Marketing-Kommunikationsangebot erwähnt wird; • aufmerksam sein („attend“): dem Kommunikationsangebot und seinen Inhalten hohe Aufmerksamkeit schenken; • kategorisieren („categorize“): ein Produkt als ähnlich oder unterschiedlich im Vergleich mit bestimmten anderen Produkten einstufen; • verbinden („connect“): ein Produkt mit einer Person, einem Ort oder Gegenstand verbinden, zu der/dem bereits starke Emotionen ausgebildet sind; • fühlen („emotion“): bestimmte Gefühle wie Freude, Trauer, Fröhlichkeit etc. erleben; • rahmen („frame“): im Prozess der Kaufentscheidung in einer bestimmten Weise denken; • vorstellen („imagine“): sich eine bestimmte Situation vorstellen; • gefallen („like“): ein grundsätzlich positives Gefühl für ein Produkt haben; • erinnern („remember“): sich lang anhaltend deutlich an Inhalte aus dem Kommunikationsangebot erinnern; • begründen („reason“): selbst eine Schlussfolgerung oder ein Urteil ein Produkt betreffend ziehen/fällen; • vertrauen („trust“): den in einem Kommunikationsangebot mitgeteilten Produktinformationen Glauben schenken; • verstehen („understand“): klar verstehen, was über das Produkt in dem Kommunikationsangebot mitgeteilt wird; • begehren („want“): sich intensiv die Erfahrungen oder Vorteile wünschen, die mit dem beworbenen Produkt verbunden sind. • Kenntnisse über Taktiken der Marketing-Kommunikation treibenden Unternehmen Hierunter fällt das Wissen über Gestaltungspraktiken und Mitteilungstechniken von Kommunikationsangeboten, das mit dem Wissen über oben genannte kognitiv-emotionale Prozesse, auf deren Instrumentalisierung die Unternehmen zielen, kausal verbunden wird, wodurch Persuasionstaktiken erkennbar werden.

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Beispiel

Der Einsatz einer berühmten Persönlichkeit („Celebrity“) in einem Marketing-Kommunikationsangebot erfolgt zur Gewinnung von Aufmerksamkeit (aufmerksam sein) und zur Übertragung von Imagemerkmalen dieser Person auf das Produkt (verbinden).



Kenntnisse über die eigenen Taktiken im Umgang mit Persuasionsversuchen Konsumenten entwickeln Wissen hinsichtlich ihrer kognitiv-emotionalen oder physischen Aktionen, die sie ausführen können, um mit den Effekten aus dem Persuasionsversuch umzugehen. Sie haben Überzeugungen im Hinblick darauf, welche der oben genannten kognitiv-emotionalen Prozesse sie einfach kontrollieren können und wie diese untereinander vernetzt sind. Beispiel

Eine wahrgenommene Persuasionstaktik des Unternehmens wird ignoriert, indem selektiv die Stelle im Marketing-Kommunikationsangebot, an der die Persuasionstaktik offensichtlich ist, ausgeblendet wird („Die berühmte Persönlichkeit ist nur eine Taktik, ignoriere was sie sagt !“).



Kenntnisse über die Effektivität und Eignung der Taktiken des Marketing-Kommunikation treibenden Unternehmens Konsumenten teilen Überzeugungen hinsichtlich der kausalen Beziehungen zwischen den Handlungen eines Unternehmens, der psychischen Effekte, die diese Handlungen beim Konsumenten auslösen können, sowie der anschließenden, beobachtbaren Handlungen auf der Outcome-Ebene. Beispielhaftes Effektivtätswissen

Das Zeigen von Babys soll emotionale Reaktionen beim Konsumenten hervorrufen, die Einfluss darauf haben, dass das beworbene Produkt gekauft wird.



Kenntnisse über die Persuasionsziele des Unternehmens und die Ziele des Konsumenten im Umgang mit wahrgenommenen Persuasionsversuchen Außer den bereits oben genannten Kenntnissen die spezifischen Ziele im Umgang mit wahrgenommenen Persuasionsversuchen betreffend teilen Konsumenten auch Überzeugungen bezüglich der Ziele der Unternehmen. Als übergeordnetes Ziel für sich selbst wie für die Unternehmen wird Effektivität angenommen. Seitens des Konsumenten selbst beinhaltet die Effektivitätsannahme den Umgang mit wahrgenommenen Persuasionsversuchen hinsichtlich Selbstkontrolle und Kompetenz. Seitens der Unternehmen wird Effektivität von der Produktion eines Persuasionsversuchs angenommen, derart, dass dieser größtmöglichen Einfluss

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth

531

auf Einstellungen und Wissen das im Marketing-Kommunikationsangebot thematisierte Produkt betreffend nehmen soll.

1.2.2.3 Das Prinzip des Bedeutungswandels

Das PKM postuliert, dass beim Konsumenten im Falle des Erkennens einer kommunikativen Maßnahme eines Unternehmens als eine Taktik im Rahmen eines Persuasionsversuchs ein Bedeutungswandel („change of meaning“) stattfindet. Das Wissen der Konsumenten um die Taktiken der Marketing-Kommunikation treibenden Unternehmen ist wesentlicher Teil der Grundlage für die kontextuelle Konstruktion der Bedeutungen der Marketing-Kommunikationsangebote. Wird dieses Wissen kontextuell wirksam und infolge dessen eine Persuasionstaktik erkannt, wird dem Kommunikationsangebot eine von der Intention des Marketers abweichende Bedeutung zugeschrieben. Dies hat weitreichende Folgen für die Effekte von Marketing-Kommunikationsangeboten und für deren wahrgenommene Qualität. Dies wird zukünftig ein kritisches Feld in der Marketing-Kommunikationsforschung sein (vgl. Friestad/Wright 1994: 4). So wird beispielsweise der Verstehens- und Verarbeitungsprozess von themenbezogenen Aussagen oder Bildern durch das Erkennen einer Persuasionstaktik unterbrochen, da sich die Aufmerksamkeit des Konsumenten dann nicht mehr seinem Themenwissen, sondern seinem Persuasionswissen verdankt. Genau mit dieser Problematik hat der Greenwashing-Effekt zu kämpfen. Wird moralisch einwandfreies Handeln wie die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung im Rahmen eines CSR-Programms vom Unternehmen kommuniziert, läuft es unweigerlich Gefahr, dass seine diesbezüglichen Mitteilungen vom Konsumenten durch die Brille der Persuasion und nicht durch die der Ökologie und der Gesellschaft wahrgenommen werden: Verantwortungsübernahme wird dann als Persuasionstaktik klassifiziert, unabhängig von der Ernsthaftigkeit des Verantwortungsengagements des Unternehmens in der Sache selbst. Spätestens mit diesem Prinzip des Bedeutungswandels des PKM wird in der Praxis der Marketing-Kommunikation der kommunikationstheoretische Grundsatz der Konstruktivität von Bedeutungen offensichtlich.

1.2.3 Advertising und Brand Literacy Das Konzept des Persuasionswissens weist konzeptionelle Parallelen zum älteren Literacy-Ansatz auf; beide ergänzen sich fruchtbar. Mit Literacy wird im strengen Sinne auf die Fähigkeit des Lesens und Verstehens von Texten hingewiesen, wobei sich in jüngerer Zeit ein breiteres Begriffsverständnis durchsetzt. Die Produktion, das Verstehen und die Nutzung von Texten in kulturell angemessener Art und Weise ist gemeint, wobei zunehmend erkannt wird, dass auch Filme, TV-Programme, Musik,

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Bilder oder eben Marketing-Kommunikationsangebote als „Texte“ aufgefasst werden können (vgl. O’Donohoe/Tynan 1998: 469). Advertising Literacy kann daher ganz ähnlich dem Ansatz des Persuasionswissens als ein Teilbereich des Marketing-Kommunikationswissens einer Gesellschaft aufgefasst werden. Sie stellt die Fähigkeit der Analyse und Evaluation der Persuasivität von Marketing-Kommunikationsangeboten sicher, und zwar über die unterschiedlichsten Kontexte und Medien hinweg (vgl. Te’eni-Harari/Lehman-Wilzig 2009: 206). Advertising Literacy stützt sich dabei auf das generische Gattungswissen über die grundsätzlichen Gattungselemente der Marketing-Kommunikation, das es Individuen ermöglicht, Kommunikationsangebote dieser Gattung zuzuordnen. Ruth Ayaß (2001: 215) zeigt in einer empirischen Studie am Beispiel der Fernsehwerbung auf, wie enorm hoch das Wissen um die Gattung Werbung ist. Dieses Wissen bildet sich bereits in der Kindheit aus. Kinder im Alter von zehn Jahren können wichtige persuasive Taktiken, die in der Marketing-Kommunikation genutzt werden, erkennen (z. B.: Einsatz von Celebrities. Humor oder wiederholte Darbietung eines Werbemittels) (vgl. Rozendaal et al. 2011: 339 f.). Auch finden sich Versuche, Konsumenten anhand des Kriteriums der Advertising Literacy zu segmentieren. So haben Stephanie O’Donohoe und Caroline Tynan (1998) in einer qualitativen Studie unterschiedliche Dimensionen von Advertising Literacy identifiziert und zur Typologisierung von Konsumenten genutzt (vgl. ebd.: 472 f.): •

Der kompetente Konsument („competent consumer“) zeichnet sich durch seine durchdachte Einschätzung von Konventionen, Stilen und Trends im MarketingKommunikationssystem aus; • der Alias-Stratege („surrogate strategist“) ist vertraut mit Sprache, Konzepten, Zielen und Effektivitätsnachweisen im Marketing-Kommunikationsbereich; • die Freizeit-Experten („casual cognoscenti“) kennen sich besonders mit Produktionstechniken und -prozessen aus und reflektieren auch den Kostenaspekt bei der Produktion von Werbung. Dass der Literacy-Ansatz noch stärker als das Konzept des Persuasionswissens auf die Kulturgebundenheit von Bedeutungszuschreibungen in Kommunikationen hinweist, wird beim Konzept der Brand Literacy deutlich. Brand Literacy umfasst die Fähigkeit des Konsumenten, die kulturelle Bedeutung einer Marke zu verstehen, die unterhalb der oberflächlichen lexikalischen Decodierung von Wörtern und Symbolen liegt, die mit der Marke assoziiert werden. Um markenkulturell relevant zu handeln, womit gemeint ist, dass man in einem Kontext angemessen agieren kann, in dem die Marke sozial konstruiert wird – beispielsweise in einer Markengemeinschaft (vgl. Kap. B II 2.2.6) –, ist es unabdingbar, über ein Wissen hinsichtlich dessen zu verfügen, was andere Konsumenten über diese Marke denken und für sie empfinden (vgl. Bengtsson/Firat 2006: 377). Dieses Wissen kann als markenspezifischer Com-

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mon Ground aufgefasst werden und ist die Voraussetzung, dass konform mit der Kultur der Marke, mit ihrem im Laufe der Zeit ausgebildeten und intersubjektiv geteilten Wertesystem gehandelt werden kann.

1.2.4 Problematik des Marketing-Kommunikationswissens Die Problematik des Marketing-Kommunikationswissens stellt sich bei Weitem nicht so drastisch dar wie die der Aufmerksamkeit des Konsumenten im Marketing-Kommunikationsprozess (vgl. Kap. B III 1.1.4). Dies liegt schlicht darin begründet, dass das Konzept des Marketing-Kommunikationswissens quasi geschichtslos ist und sich in der Praxis der traditionellen Marketing-Kommunikation bisher nicht als erfolgskritische Variable etablieren konnte. Im Einklang mit der (neo-)behavioristischen Grundorientierung galt das Interesse eben seit Beginn des 20. Jahrhunderts primär dem Aufmerksamkeitsphänomen. Erst mit der Durchsetzung des Paradigmas der beziehungsorientierten Direktmarketing-Kommunikation, der damit verbundenen Idee der Herstellung von interaktiven Beziehungen zwischen Unternehmen und Zielpersonen und der im Rahmen von CRM-Kampagnen verfolgten Maxime der Transformation von Kundendaten in Kundenwissen rückt Marketing-Kommunikationswissen nun immer stärker in den Fokus. Noch wird aber unternehmensseitig nahezu ausschließlich dem Themen- und Zielgruppen-/Zielpersonenwissen („Topic Knowledge“, „Target Knowledge“) die Aufmerksamkeit geschenkt. Die hohe Bedeutung, die dem Persuasionswissen hinsichtlich seines Einflusses auf die Effektivität von Marketing-Kommunikation zukommt, wird bislang noch nicht explizit in der Praxis thematisiert und bearbeitet. Hier liegt für die Zukunft eine große Herausforderung. Optimistisch stimmt hier, dass sich schon heute mit den modernen Marketing-Kommunikationsdisziplinen, allen voran dem WOM-Marketing, deutliche Anzeichen einer zunehmenden Sensibilisierung für die Einflussstärke dieser Wissensstruktur erkennen lassen. So wäre es denkbar zu überprüfen, ob Konsumenten nicht anhand des Kriteriums des Persuasionswissens segmentiert werden können, woraus kommunikationsqualitative Konsequenzen für die einzusetzenden Kommunikationsdisziplinen und Persuasionstaktiken gezogen werden könnten. Beispielsweise könnte es sein, dass einige Konsumenten kein umfassendes Wissen über die psychischen Prozesse haben, auf deren Instrumentalisierung die Unternehmen zielen, und nur einige von diesen kennen (z. B. aufmerksam sein, gefallen); andere hingegen könnten ein ausgeprägtes Wissen über die Taktiken der Marketing-Kommunikation treibenden Unternehmen haben, aber geringe Kenntnisse über die Taktiken im Umgang mit Persuasionsversuchen etc. In puncto Erforschung des Marketing-Kommunikationswissens ist zu konstatieren, dass Erkenntnisse über das Persuasionswissen seitens der Unternehmen quasi nicht existieren. In den Worten von Friestad und Wright (1994: 26): es „… is virtual-

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ly nonexistent“. Diese Feststellung reiht sich in die Klagen ein, dass grundsätzlich zu wenig Wissen über die von Marketers implizit oder explizit eingesetzten Sozialtechniken, ihre kognitiv-emotionalen Prozesse oder ihre zum Zuge kommenden Wissensbestände bei der Produktion von Marketing-Kommunikationsangeboten vorliegt (vgl. Cayla 2008: 8). Als wichtige Konsequenz für die empirische Marketing-Kommunikationsforschung ergibt sich aus dem PKM, besonders aus seinem Prinzip des Bedeutungswandels, die Forderung nach der Vermeidung von Forced-exposure-Bedingungen. Mit Experimenten, in denen das Persuasionswissen der Probanden unterdrückt oder fehlgeleitet wird, indem sie beispielsweise nicht über das auf Persuasion zielende Design des Experimentes aufgeklärt werden, können keine Ergebnisse produziert werden, die Rückschlüsse auf Konsumentenhandlungen in ihrer natürlichen Umwelt erlauben (vgl. Friestad/Wright 1994: 24 f.). Dort ist nämlich Persuasionswissen aktiv präsent.

1.3

Rezeptionsrelevanz (Kontextualität)

Kaum ein anderer Begriff findet in der Marketing-Kommunikationspraxis seit dem Beginn dieses Jahrtausends eine derartig starke Beachtung und sorgt für Diskussionen wie der der Relevanz. „Relevanz, Relevanz, Relevanz – Die Werbebranche in Deutschland auf dem Prüfstand ! Wie kann Markenkommunikation morgen noch gelingen ?“ So lautete das Motto des 1. Horizont Jahreskongresses Werbung 2009. Als Thema von Podiumsdiskussionen, Leitartikeln und Interviews (s. z. B. Kassaei 2013: 28 f.) über die Prüfung von Relevanz auf Tauglichkeit als Bewertungskriterium für Jurys angesehener Kreativ-Wettbewerbe (vgl. Fuhr 2009: 18, Unckrich 2010: 2) bis dahin, Relevanz zum neuen Kriterium der Media-Planung zu küren, um über „relevante Kontakte“ (Rehker, zit. n. Scharrer 2010: 18) wieder wirksamere Kampagnen zu planen – der Relevanzbegriff hat eine beachtliche Karriere gemacht. Der nach dem Kreativranking „The Big Won“ 2009 weltweit meistausgezeichnete Creative Director, Amir Kassaei, internationaler Kreativchef der Werbeagentur DDB und zwischenzeitlich Sprecher des Art Directors Club Deutschland, hat erheblich zu dieser Entwicklung beigetragen und das Thema der relevanten Werbung immer wieder auf die Agenda gesetzt. Sein Mantra der letzten Zeit lautete: „[M]ehr Relevanz !“ (zit. n. Fuhr 2009a: 2). Nicht geklärt ist aber bislang in der Praxis, was sich hinter dieser Forderung nach Relevanz konkret verbirgt, was stellenweise zu Irritationen und Sorge um das Selbstverständnis der Kreativen führt. So fordert beispielsweise André Kemper: „Exzellente Kreation darf der Debatte um Relevanz nicht zum Opfer fallen“ (zit. n. Horizont 51-52/2009: 22). Die Gründe für das Aufkommen der Relevanzdiskussion in der Praxis sind den unterschiedlichen, miteinander verknüpften Entwicklungen im Marketing-Kommunikationssystem geschuldet. Aus diesen ist die Gestaltung qualitativ hochwertiger

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth

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Kommunikationsprozesse – und damit unter anderem die Frage der Relevanz – als zentrales sinngebendes Kriterium bei der Produktion von Marketing-Kommunikationsangeboten emergiert. Zweck der öffentlichen Überlegungen und der Diskussion über Relevanz als erfolgskritische Eigenschaft von Marketing-Kommunikationsmaßnahmen könnte demnach nicht zuletzt die Schaffung eines Bewusstseins sein, wie Kommunikationsagenturen unter veränderten Rahmenbedingungen auch weiterhin effiziente und effektive Kommunikationsmaßnahmen planen und umsetzen können, die zur Realisation der Ziele der Auftraggeber beitragen.

1.3.1 Begriff und Konzept Analog zur Input-Phase sorgt auch im Outgrowth-Bereich das kommunikationsnotwendige Kriterium der Kontextualität dafür, dass Individuen – hier: in ihren Rollen als Rezipienten und Konsumenten – Marketing-Kommunikationsangeboten Bedeutung, Sinn und damit auch Relevanz geben. Als elementare Kontexte für die Rezeption von Marketing-Kommunikationsangeboten sind im Zusammenhang mit den Ausführungen zu Consumer Insights bereits die Lebenswelt, die Rezeptionssituation und die Marke eingeführt worden (vgl. Kap. B I 1.2.2). Die aus diesen Kontexten resultierenden Erfolgsfaktoren der Alltagspassung, des Erlebniswertes und der Konsistenz sind mit für das Ausmaß an Relevanz zuständig, die der Rezipient einem Marketing-Kommunikationsangebot zuschreibt (= Rezeptionsrelevanz). Vor dem Hintergrund der hier dargestellten kommunikationstheoretischen Konzeption von Kontextualität (s. Kap. A 1.3.3; B I 1.2.2) und im Vorgriff auf die Ausführungen zu spezifischen relevanztheoretischen Ansätzen kann Rezeptionsrelevanz wie folgt definiert werden: ▶ Definition Rezeptionsrelevanz ist der kontextuelle Nutzen von Marketing-Kommunikationsangeboten.

Rezeptionsrelevanz ergibt sich aus dem Verhältnis von Aneignungsaufwand eines Marketing-Kommunikationsangebots und dessen Ausmaß der Befriedigung von Bedürfnissen, wie es in der Rezeption aus der kontextgesteuerten Interpretation dieses Angebots resultiert. Je geringer dabei der Aneignungsaufwand ist, der zeitlicher, monetärer und/oder kognitiver Art sein kann, und je höher das Ausmaß der Bedürfnisbefriedigung seitens des Rezipienten/Konsumenten ist, desto relevanter – im Sinne von kontextuell nützlich – ist das Marketing-Kommunikationsangebot. Bevor auf die einzelnen Elemente der Definition näher eingegangen wird, erfolgt zum besseren Verständnis ein kurzer Überblick über die wissenschaftlichen Anwendungsfelder des Relevanzbegriffs und -konzeptes sowie über zwei wichtige theoretische Zugänge.

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B III

Outgrowth

Wendet man sich in der Hoffnung, die Frage nach der Bedeutung und Konzeption von Relevanz im Kontext der Marketing-Kommunikation beantwortet zu bekommen, der Wissenschaft zu, so muss man feststellen, dass auch hier nur eingeschränkt Erklärungsansätze geboten werden. Die traditionell zuständigen verhaltenswissenschaftlich und/oder entscheidungstheoretisch fundierten Disziplinen der Werbewirkungs- und Konsumentenforschung erheben zwar den Anspruch, wie Joachim Bongard (2000: 135 f.) zu Recht feststellt, ein anwendungsorientiertes Wissenschaftsfundament für die Werbepraxis liefern zu können. Dennoch bieten sie aktuell keine relevanztheoretischen Überlegungen oder Ansatzpunkte für derartige Gedankengänge (s. z. B. Foscht/Swoboda 2017, Kroeber-Riel et al. 2009, Kuß/Tomczak 2018). Dies heißt aber nicht, dass das Relevanzphänomen wissenschaftlich komplett brachliegt. Bereits seit einigen Jahrzehnten setzen sich Wissenschaftler unterschiedlichster Provenienz theoretisch und empirisch damit auseinander. Mehr oder weniger eigenständige Theorien, Konzepte und Gedankengänge zur Relevanz finden sich in einer Vielzahl von Veröffentlichungen diverser Disziplinen, so zum Beispiel in den epistemologischen Arbeiten von Jean Piaget (vgl. Overton 1990: 18 f.) und den kognitionspsychologischen Überlegungen von Daniel Morrow und Steven Greenspan (1989). Auch auf dem Gebiet der Informationswissenschaft wird man fündig: Stefano Mizzaro hat bereits 1998 um die 160 Papiere aus dieser Disziplin zusammentragen, die sich mit Relevanz befassen. Im kommunikationswissenschaftlichen Segment wird der Relevanzbegriff häufig als Nachrichtenfaktor angesetzt und untersucht, wie Georg Ruhrmann und Roland Göbbel in ihren Überblicken zeigen (Göbbel/Ruhrmann 2007: 28 f., Ruhrmann/Göbbel 2007: 13). Patrick Weber und Werner Wirth (2013) konzipieren hingegen Relevanz nicht als Nachrichtenfaktor, sondern betrachten in Anschluss als Eilders (1997) Nachrichtenfaktoren als in einer Gesellschaft kollektiv geteilte Indikatoren für Relevanz und können dies für die Faktoren Kontroverse, Nähe und Schaden empirisch nachweisen (vgl. ebd.: 527 f.). Auch wird Relevanz zur Konzeption des Gesellschaftssystems Journalismus genutzt, indem relevant/irrelevant als dessen Leitcode und Relevanz als wichtiges journalistisches Qualitätskriteriums bestimmt wird (vgl. K. Arnold 2008: 493 f.). Die wenigen wissenschaftlichen Aussagen zur Relevanz im Kontext der Marketing-Kommunikation werden in Arbeiten aus Fachrichtungen angestellt, die üblicherweise nicht die Marketing-Kommunikation als zentrales Erkenntnisobjekt haben. Zu nennen sind hier besonders sprachwissenschaftliche Arbeiten (vgl. z. B. Forceville 1998: 85 f., Taillard 2000: 155, Tanaka 1994) und medienökonomische Veröffentlichungen (vgl. z. B. Baetzgen 2007: 170 f.). Lediglich in Arbeiten zur werbewissenschaftlichen Erforschung des Kreativitätsphänomens kann eine deutliche fachliche Nähe zum hier interessierenden Erkenntnisobjekt der marketing-kommunikativen Relevanz ausgemacht werden. Dort wird

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth

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Relevanz allerdings sehr eingeschränkt auf ihre Eignung als ein Bestimmungsfaktor des Kreativitätskonstrukts untersucht (vgl. Smith et al. 2007: 820, Smith et al. 2008: 48, West et al. 2008: 40, 43, Yang/Smith 2009: 936 f.). Zusammenfassend muss also konstatiert werden, dass hinsichtlich des Relevanzbegriffs und -konzeptes aktuell noch eine beachtliche Lücke zwischen dem Vorhandensein diesbezüglicher Marketing-kommunikationstheoretischer Überlegungen und empirischer Forschungsarbeiten auf der einen Seite und der Diskussionsintensität und dem Klärungsbedarf in der marketing-Kommunikationspraxis andererseits klafft. Die Synopse (vgl. Tab. 19) gibt einen Überblick über Veröffentlichungen, die sich mit dem Relevanzkonzept im Marketing-kommunikationsthematischen Zusammenhang und im Kontext medienvermittelter öffentlicher Kommunikation befassen, und das ihnen zugrundeliegende Relevanz-Verständnis. Es wird nicht der Anspruch erhoben, sämtliche Veröffentlichungen zu erfassen, die den Relevanzbegriff in diesen beiden Kontexten behandeln. Eine Reihe von Aufsätzen sprachwissenschaftlicher Provenienz, die hier noch aufgeführt werden könnten, können dem umfassenden Literaturverzeichnis zur Relevanztheorie von Francisco Yus (o. J.) entnommen werden. Auffallend ist bei den aufgeführten Arbeiten die Dominanz des Bezugs auf zwei Theorien: die soziologische Theorie der Relevanz von Alfred Schütz und die kognitionswissenschaftliche Relevanztheorie von Dan Sperber und Deirdre Wilson.

1.3.2 Relevanztheorien 1.3.2.1 Theorie der Relevanz nach Alfred Schütz

Das Konzept der Relevanz zieht sich wie ein roter Faden durch das Werk von Alfred Schütz, der es als „… vielleicht das wichtigste und zugleich schwierigste Problem, das es in der Beschreibung der Lebenswelt zu lösen gilt“ (Schütz/Luckmann 2003: 253), charakterisiert und mithin als „… the central concept of sociology and of the cultural sciences“ (Schütz: 1996: 3, zit. n. Straßheim 2010: 1413) bezeichnet. Beeinflusst von den Überlegungen zur verstehenden Soziologie Max Webers, den sozialphänomenologischen Betrachtungen Edmund Husserls und den zeittheoretischen Gedankengängen Henri Bergsons dient Schütz die systematische Beschreibung der Alltagswelt als soziale Wirklichkeit als erkenntnisleitende Problemstellung seiner wissenschaftlichen Tätigkeit (vgl. Krallmann/Ziemann 2006, Schütz/Luckmann 2003: 17). Entsprechend ist von fundamentaler Wichtigkeit für das Verständnis der von Alfred Schütz angestellten Relevanzüberlegungen seine Vorstellung der alltäglichen Lebenswelt. Diese kann anhand folgender Charakteristika beschrieben werden (vgl. Schütz/Luckmann 2003: 29 f.).

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B III

Outgrowth

Tab. 19 Synopse zu Arbeiten des Relevanzkonstrukts im Kontext der Marketing- und medienvermittelten öffentlichen Kommunikation Kontext

Disziplin

Veröffentlichung

theoretischer Bezug auf

Relevanz-Verständnis

MarketingKommunikation

Sprachwissenschaft

Tanaka (1994): Advertising Language. A Pragmatic Approach to Advertisements in Britain and Japan

Sperber/ Wilson

Relevanz als Funktion von kognitiven Effekten und des Verarbeitungsaufwands (vgl. ebd.: 21 f.)

Forceville (1996): Pictorial Metaphor in Advertising

Sperber/ Wilson

Relevanz als Funktion von kognitiven Effekten und des Verarbeitungsaufwands (vgl. ebd.: 87)

Taillard (2000): Persuasive communication: The case of marketing

Sperber/ Wilson

Relevanz kommt in Form effizienter Verarbeitungsleistung zum Ausdruck: „[…] cognitive resources are used in communication and cognitive benefits gained“ (ebd.: 155)

Medienökonomie

Baetzgen (2007): Kontextbasierte Markenkommunikation. Ein handlungstheoretischer Planungsansatz

Schütz

„Alltagsrelevanz“ i. S. von Nutzen (vgl. ebd.: 170); Relevanz als Selektionskriterium: Botschaften werden hinsichtlich ihres Beitrags zur Erreichung eines Handlungsziels ausgewählt (vgl. ebd.: 184)

Werbeforschung

West et al. (2008): Practitioner and Customer Views of Advertising Creativity

./.

Relevanz als inhaltsanalytische Codierungskategorie im Rahmen einer empirischen Arbeit

Smith et al. (2008): The Impact of Advertising Creativity on the Hierarchy of Effects

Motivationstheorie (MacInnis/ Jaworski 1989)

Relevanz als Eigenschaft von Marketing-Kommunikationsangeboten, um kognitive Verarbeitungsprozesse zu stimulieren (vgl. Smith et al. 2008: 48)

Merten (1973): Aktualität und Publizität. Zur Kritik der Publizistikwissenschaft

Schütz

Aktualität = f (Information × Relevanz); Relevanz als qualitative Bewertung von Erwartungen (vgl. ebd.: 219)

Ruhrmann (1989): Rezipient und Nachricht. Struktur und Prozeß der Nachrichtenkonstruktion

Schütz und Sperber/ Wilson

Relevanz als Oberbegriff für die inhaltliche Dimension einer Nachricht und als Selektionskriterium des Rezipienten (vgl. ebd.: 42), in Studie abgefragt mittels Skala und zusätzlicher Variablen (vgl. ebd.: 74)

K. Arnold (2008): Qualität im Journalismus – ein integratives Konzept

Systemtheorie (Luhmann 1997)

Relevanz als Code und Qualitätskriterium des Journalismus

medienvermittelte öffentliche Kommunikation

Kommunikationswissenschaft

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth

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Die alltägliche Lebenswelt 1) ist als Wirklichkeit subjektspezifisch konstruiert. Sozial handeln können wir in ihr aufgrund unserer gemeinsamen Sozialisation. So ist beispielsweise der Bereich der „Außenweltdinge“ für Mitmenschen grundsätzlich der gleiche, weil es einen gemeinsamen Interpretationsrahmen für ihn gibt (vgl. ebd.: 31). 2) wird als jener Wirklichkeitsbereich aufgefasst, der fraglos erlebt wird und bis auf weiteres unproblematisch ist. Im Laufe seiner Sozialisation hat jeder Mensch einen ausreichend großen Vorrat an Erfahrungen gesammelt (eigene wie auch von Mitmenschen übermittelte), um zu wissen, was ihn im Alltag erwartet (vgl. ebd.: 33). Dabei bedarf das Erwartete keiner besonderen Bewusstwerdung mehr: Schaltet man das Fernsehgerät an und es läuft Werbung, hinterfragt man nicht weiter, warum dies so ist. Es ist einfach so. Die Vertrautheit der Lebenswelt resultiert also aus dem Erfahrungsvorrat. Der Mensch handelt in ihr routinemäßig auf Basis von Interpretationen vorangegangener Erfahrungen, die als Problemlösungen im Wissensvorrat abgelegt wurden. Wenn eine neue Erfahrung in diese Bezugsschemata „hineinpasst“, wird eine Situation als unproblematisch wahrgenommen. Problematisch wird eine Situation, wenn sich eine aktuelle Erfahrung nicht hinreichend mit den Elementen des Wissensvorrats deckt und daher interpretiert werden muss (vgl. ebd.: 37 f.). 3) ist wissensbasiert. Die im Wissensvorrat abgelegten Erfahrungen werden zu spezifischen Typen von Erfahrungen zusammengefasst, die als Erwartungen zukünftige Erfahrungen bestimmen. Das heißt, aktuelle Erfahrungen werden immer im Abgleich und hinsichtlich ihrer Passung mit in der Situation relevanten Typen von Erfahrungen rezipiert (vgl. ebd.: 38). Elementar ist für Schütz das Problem der Relevanz, weil einerseits Aspekte der oben beschriebenen Charakteristika der Alltagswelt relevanzbedingt sind: die Bestimmung einer Situation, das Problematischwerden gewisser Erfahrungen und deren Interpretation sowie die Sedimentierung der Interpretationsresultate im Wissensvorrat. Andererseits ist Relevanz aber vor allem deshalb so interessant für Schütz, weil sie eine selbstbezügliche Struktur aufweist. Relevanzbedingte Erfahrungen, die wir heute machen (z. B. die Auseinandersetzung mit einem Thema), werden von unseren in der Vergangenheit gemachten relevanten Erfahrungen bestimmt. Anders formuliert: Aus vergangenen Erfahrungen werden Erwartungen, die unser zukünftiges Handeln determinieren. Man kann daher sagen: „Alle Erfahrungen und alle Handlungen gründen in Relevanzstrukturen. Jede Entscheidung stellt außerdem den Handelnden mehr oder minder explizit vor eine Reihe von Relevanzen“ (ebd.: 253). Ganz ähnlich wird diese Selbstreferenz von Relevanz im Übrigen auch aus der Sicht der Systemtheorie beschrieben, was die Plausibilität einer derartigen Relevanzkonzeption weiter stützt:

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B III

Outgrowth

„Ein lebendes System ist aufgrund seiner zirkulären Organisation ein induktives System und funktioniert in prognostizierender Weise; was einmal geschehen ist, ereignet sich wieder. Seine Organisation (die genetische wie die sonstige) ist konservativ und wiederholt nur das, was funktioniert. Aus diesem gleichen Grunde sind lebende Systeme historische Systeme. Die Relevanz eines bestimmten Verhaltens oder Verhaltensklasse wird immer in der Vergangenheit determiniert.“ (Maturana 1985: 52, Hervorh. J. T.)

Alfred Schütz differenziert drei grundlegende zusammenhängende Formen der Relevanz: thematische Relevanz, Interpretationsrelevanz und Motivationsrelevanz. • Unter der thematischen Relevanz subsumiert Schütz • die auferlegte thematische Relevanz: Die Relevanz eines Themas wird auferlegt beziehungsweise ein Thema erzwingt Aufmerksamkeit, wenn es sich nicht automatisch in typische Erwartungen einordnet, sondern vor dem Hintergrund von Vertrautem als etwas Unvertrautes hervorsticht (vgl. Schütz/Luckmann 2003: 261); • die motivierte thematische Relevanz: Die Relevanz eines Themas ist als motiviert zu erachten beziehungsweise einem Thema wird sich freiwillig zugewandt, falls in einer Situation von vornherein nicht mit einer automatischen, routinemäßigen Einordnung des Themas in typische Erwartungen gerechnet werden kann, weil die Gesamtsituation unvertraut ist. Das heißt, dass man motiviert ist, die Situation und/oder Aspekte der Situation rechtzeitig „von sich aus“ auslegend zu thematisieren (vgl. ebd.: 264); • die hypothetische Relevanz: Ein Thema besitzt hypothetische Relevanz, weil Erfahrungen im Wissensvorrat zumeist als typische Ereignisse abgelegt werden, die hypothetisch gewisse Verhaltensweisen nach sich ziehen, beispielsweise: „wenn Ereignisse X, dann Verhaltensweisen Y oder Z“ (ebd.: 270). Es muss also ausgelegt werden, ob das Ereignis wirklich vom Typus X war und dementsprechend entweder Y oder Z zum Zuge kommt. • Die Interpretationsrelevanz unterteilt Schütz in eine „auferlegte“ und eine „motivierte“. Sie ist eng mit der thematischen Relevanz verwoben. Sie erklärt, was passiert, wenn ein Thema bewusst wird, wenn es „in den Griff des Bewußtseins“ kommt (vgl. ebd.: 272 f.). • Die interpretative Relevanz eines Themas ist „auferlegt“, wenn das Thema problemlos in die verfügbaren Bezugsschemata des Wissensvorrats hineinpasst, wenn es sich wegen typischer Merkmale hinreichend mit bestimmten Elementen des Wissensvorrats deckt, die Erfahrung daher routinemäßig ablaufen kann und es keiner Interpretation im Sinne einer Problemlösung bedarf (vgl. ebd.: 272).

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth

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• Die interpretative Relevanz ist „motiviert“, wenn ein Problem aus der nicht routinemäßigen Deckung von Thema und Wissenselementen entsteht und das Thema ausgelegt werden muss (vgl. ebd.: 277). Auferlegte und motivierte Interpretationsrelevanz ergeben sich dabei stets aus der Deckung von Aspekten des Themas mit sedimentierten Wissenselementen, die sich wechselseitig „wecken“. Diese Form der Relevanz ist demnach situationsbedingt und eine Funktion des Wissensvorrats, also der Biografie des Individuums (ebd.: 279). • Die dritte Form der Relevanz, die Motivationsrelevanz, gliedert sich in die Motivation in Um-zu-Zusammenhängen und in die Motivation in Weil-Zusammenhängen und beeinflusst die zuvor genannten Formen der thematischen Relevanz und der Interpretationsrelevanz (vgl. ebd.: 286 f.). • Ein Thema wird in einem Um-zu-Motivationszusammenhang relevant, weil es als Teilhandlung zur Erfüllung eines modo futuri exacti entworfenen Handlungsziels beiträgt (vgl. Kap. A 1.2). Motivationsrelevanzen können in diesem Fall in verketteten Um-zu-Sätzen formuliert werden. Jedes „Um-zu“ in den Sätzen stellt ein Glied in einer Kette von Motivationsrelevanzen dar, und das, was getan werden soll, motiviert jenes, was als Voraussetzung hierzu „zuerst“ getan werden muss (vgl. ebd.: 291). Ein Beispiel, angelehnt an jenes von Schütz (vgl. ebd.: 290 f.): Um zu sehen, ob der fraglich gewordene schwarze Fleck in der Ecke meines Zeltes eine Spinne oder ein Schatten ist, muss ich den Fleck mit einem Stock berühren. Aufgrund der in meinem Wissensvorrat sedimentierten Typisierungen weiß ich, dass sich „echte“ Spinnen daraufhin bewegen würden. Um den Fleck zu berühren, muss ich einen Stock benutzen, weil ich einen Ekel vor Spinnen habe. Um einen Stock auf diese Weise verwenden zu können, muss ich meinen Arm in routinemäßiger Art bewegen und die Finger ebenso in gewohnheitsmäßiger Manier öffnen und schließen usw. • Motivationsrelevanz in einem Weil-Zusammenhang wird nicht wie die zuvor erwähnte Um-zu-Motivation von einem antizipierten Handlungsresultat bedingt, sondern motiviert den Entwurf des Handelns selbst. Dies geschieht auf Basis von im Wissensvorrat sedimentierten Erfahrungen, die die subjektspezifische Biografie bilden (vgl. ebd.: 295 f.). In Bezug auf das Beispiel oben heißt das: Ich benutze einen Stock, weil ich einen Ekel von Spinnen habe, weil mir als Kind beim Spielen ein besonders dickes Exemplar ins Gesicht gefallen ist etc.

1.3.2.2 Theorie der Relevanz nach Dan Sperber und Deirdre Wilson

Der französische Anthropologe Dan Sperber und die englische Sprachwissenschaftlerin Deirdre Wilson haben geleitet von dem Interesse, wie Verständigung im Prozess zwischenmenschlicher Kommunikation funktioniert, auf dem Feld der pragma-

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tischen Linguistik eine kognitionswissenschaftliche Theorie der Relevanz entwickelt. Seitdem ihr Buch „Relevance. Communication and Cognition“ (1986) erstmalig erschienen ist, hat die Theorie eine Vielfalt an Arbeiten in angrenzenden Disziplinen inspiriert, eine Reihe Kritiker auf den Plan gerufen und konsequenterweise Überarbeitungen an einigen Stellen erfahren (vgl. Sperber/Wilson 1995: 255 f.). Das Fundament für Sperber/Wilsons Theoriegebäude sind zwei Grundgedanken der Pragmatik, die auf Ideen des englischen Philosophen H. Paul Grice (* 1913, † 1988) zurückgehen: • Zum einen stützen sie sich auf ein Kommunikationsverständnis, das das klassische Code-Modell um ein Inferenz-Modell ergänzt, welches auf Grices Untersuchungen zur Unterscheidung zwischen ‚Gemeintem‘ und ‚Gesagtem‘ zurückgeht (vgl. Sperber/Wilson 2007: 469 f.). Dem Code-Modell liegt die Annahme zugrunde, dass – vergleichbar mit der Container-Metapher der Kommunikation (vgl. Kap. B 1.1) – Aussagen Signale sind, die Botschaften codieren und die zur Verständigung lediglich decodiert werden müssen. Dem Inferenz-Modell liegt hingegen die Prämisse zugrunde, dass Aussagen keine Signale, sondern Beweise für die vom Sprecher intendierte Bedeutung sind. Verständigung wird hierbei durch einen Folgerungsprozess erzielt, bei dem der Hörer die beabsichtigte Bedeutung der dargebotenen Beweise unter Berücksichtigung des Kontextes ableitet. Sperber/Wilson führen diese beiden Grundgedanken zusammen: Aussagen sind immer linguistisch codierte Beweise, die decodiert werden müssen, um Verständigung zu ermöglichen. Allerdings ist die linguistisch decodierte Bedeutung nur einer von vielen Inputs in einem Verarbeitungsprozess, der zur Interpretation der intendierten Bedeutung führt (vgl. Sperber Wilson 2002: 249). • Zum anderen nehmen Sperber/Wilson den Gedanken von Grice, dass Sprecher und Hörer im Kommunikationsprozess kooperativ handeln, zum Ausgangspunkt ihrer Relevanz-Theorie. Demnach hält sich der Sprecher beim Formulieren von Aussagen an soziale Regeln, die den Hörer überhaupt erst zum Schluss auf die intendierte Bedeutung der Beweise befähigen. Grice beschreibt diese Regeln in einem allgemeinen Kooperationsprinzip und in Maximen der Quantität (Informativität), der Qualität (Wahrhaftigkeit), der Relation (Relevanz) und der Modalität (Klarheit) und postuliert, dass ein rational agierender Hörer Aussagen auf jene Weise interpretiert, welche dem Kooperationsprinzip und den Maximen am ehesten entspricht (vgl. Sperber/Wilson 2002: 250). Anhand dieser beiden grundlegenden Gedanken der Pragmatik entwickeln Sperber/ Wilson ihre Relevanz-Theorie und entfernen sich dabei teilweise weit von den Griceschen Grundgedanken. Der bedeutendste Unterschied zu Grice dürfte sein, dass Sperber/Wilson argumentieren, dass es keines Kooperationsprinzips und keiner Maximen bedarf, die ein Sprecher zu beachten hat, um Verständigung zu realisieren. Ein

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grundlegendes Prinzip reicht laut Sperber/Wilson aus, um den Hörer während des Kommunikationsakts zur intendierten Bedeutung des Sprechers zu führen, nämlich Relevanz: „… the very act of communicating raises precise and predictable expectations of relevance, which are enough on their own to guide the hearer towards the speaker’s meaning“ (Sperber Wilson 2007: 473). Relevanz gründet in kognitionstheoretischen Überlegungen und wird von Sperber/Wilson (vgl. 2002: 250 f., 2007: 473 f.) folgendermaßen definiert: Relevanz ist eine Eigenschaft von Inputs, die in kognitive Prozesse eingehen. Relevante Inputs können externe Stimuli sein, die man wahrnimmt und beachtet (z. B. Gesprächspartner und ihre Aussagen oder Werbeanzeigen und TV-Spots). Sie können aber auch interne Repräsentationen sein, die man speichert und abruft (z. B. Gedanken, Erinnerungen, konstruierte Bedeutungen). Ein Input wird relevant für ein Individuum, wenn er in Verbindung mit dem Kontext zu positiven kognitiven Effekten verknüpft werden kann (z. B. wenn eine offene Frage beantwortet, das Wissen zu einem bestimmten Thema angereichert oder eine falsche Annahme richtiggestellt wird). Sofern alles andere gleich bleibt, gilt: Je mehr positive kognitive Effekte bei der Verarbeitung eines Inputs erreicht werden, umso größer ist die Relevanz des Inputs für das Individuum in dem Moment. Die erwarteten positiven Effekte entscheiden jedoch nicht allein über die Auswahl eines Inputs aus der Masse konkurrierender Stimuli. Die Selektion eines Inputs führt zu kognitivem Aneignungsaufwand, „… some function of time and degree of attention expended“ (Sperber/Wilson: 1982: 74). Daher gilt, sofern alles andere gleich bleibt: Je größer der Aufwand zur Aneignung eines Inputs, umso geringer ist die Relevanz des Inputs für das Individuum in dem Moment. Relevanz ist also eine Funktion von Effekt und Aufwand. Ein Input kann immer nur zu einem gewissen Grad relevant für ein Individuum sein und muss immer im Verhältnis zu anderen Inputs betrachtet werden (vgl. Sperber/Wilson 1986/1996: 123 f., 2002: 253). Von dieser Definition leiten Sperber/Wilson zwei Grundannahmen ab, ein kognitives und ein kommunikatives Prinzip der Relevanz: „Cognitive Principle of Relevance Human cognition tends to be geared to the maximization of relevance. […] Communicative Principle of Relevance Every ostensive stimulus conveys a presumption of its own optimal relevance.“ (Sperber/Wilson 2002: 254, 256, Hervorh. i. Orig.)

Das kognitive Prinzip der Relevanz ergibt sich aus dem konstanten Selektionsdruck, dem Individuen ausgesetzt sind und der dazu führt, dass der Wahrnehmungsapparat und das kognitive System des Menschen darauf abzielen, Inputs möglichst effizient

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zu verarbeiten. Dieses kognitive Prinzip ist dabei mit dem Kommunikationsprozess gekoppelt: Wenn sich Aufmerksamkeit und Verarbeitungsressourcen automatisch am relevantesten Stimulus ausrichten, dann kann sich der Produzent eines Stimulus auf dieses Prinzip einstellen. Genau hier setzt das kommunikative Prinzip der Relevanz an: Weil der Produzent weiß, dass sein Kommunikationspartner nur einem relevanten Stimulus Aufmerksamkeit schenken wird, regt er mit der Produktion eines Stimulus seinen Kommunikationspartner automatisch zu der Annahme an, dass der Input ein Mindestmaß an Relevanz hat, um in einem kognitiven Prozesses verarbeitet zu werden. Somit erzeugt jeder Stimulus eine Annahme bezüglich seiner eigenen Relevanz, woraus Sperber und Wilson das Prinzip der Optimalen Relevanz formulieren. Es drückt aus, was ein Empfänger eines kommunikativen Stimulus in punkto Aufwand und Effekt erwarten darf: „Optimal relevance An ostensive stimulus is optimally relevant to an audience if: a. It is relevant enough to be worth the audience’s processing effort; b. It is the most relevant one compatible with communicator’s abilities and preferences.“ (Sperber/Wilson 2002: 256, Hervorh. i. Orig.) Beispiel

Zur Illustration der Relevanztheorie von Sperber und Wilson kann folgendes Beispiel dienen (s. für weitere Beispiele auch Sperber/Wilson 1982: 74 f., 1995: 125 f.). Folgender Kontext ist gegeben: 1

a) Berufstätige, die viel fliegen, nehmen in der Regel am Lufthansa-Miles-& MoreBonusprogramm teil. b) Berufstätige, die viel reisen, kommunizieren auch viel mobil. c) Frau Mustermann fliegt morgen beruflich mit Lufthansa nach Moskau.

Welchen Effekt würden nun die Aussagen 2) und 3) in diesem Kontext haben ? 2) „Sehr geehrte Frau Mustermann, im kommenden Monat genießen Sie mit unserem Partner X-Line von Griechenland aus beste Verbindungen zu Freunden und Geschäftspartnern – und profitieren dabei doppelt. Sie sammeln bis zum xx.xx.xxx beim Telefonieren doppelte Meilen.“ 3) „Sehr geehrte Frau Mustermann, bei Ihrem nächsten Besuch in Russland genießen Sie mit unserem Partner Beeline beste Verbindungen zu Freunden und Geschäftspartnern – und profitieren dabei doppelt.“ (s. Abb. 172)

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Abb. 172 Vorder- und Rückseite der Lufthansa-Miles-&-More-/Beeline-Promotion-Postkarte (eigene Quelle)

In Verbindung mit dem Kontext (1 a – c) führen sowohl Aussage 2) wie auch Aussage 3) zu positiven kognitiven Effekten. Genauer: Sie sind nützlich, da sie beide Frau Mustermann aufzeigen, wie sie auf einer Reise durch ihre mobile Kommunikation beim Lufthansa-Miles-&-More-Programm Meilen sammeln kann. Beide Aussagen sind also relevant. Weil Aussage 3) im Kontext (1 a – c) aber zu mehr kognitiven Effekten als Aussage 2) führt – da Frau Mustermann aufgezeigt bekommt, wie sie auf einer Reise durch ihre mobile Kommunikation beim Lufthansa-Miles-&-More-Programm Meilen sammeln kann und dass sie dies morgen realisieren kann –, ist 3) relevanter als 2). Bisher hat das Beispiel nur den Effekt-Aspekt der Theorie berührt. Um auch den Aspekt des Aufwands zu verdeutlichen, wird die Aussage 3) um eine weitere Aussage ergänzt: 3) „Sehr geehrte Frau Mustermann, bei Ihrem nächsten Besuch in Russland genießen Sie mit unserem Partner Beeline beste Verbindungen zu Freunden und Geschäftspartnern – und profitieren dabei doppelt.“ 4) „Sehr geehrte Frau Mustermann, bei Ihrem nächsten Besuch in Russland genießen Sie mit unserem Partner Beeline beste Verbindungen zu Freunden und Geschäftspartnern – und profitieren dabei doppelt. Übrigens, der Airbus A330-300 bietet 221 Passagieren Platz.“ Im Kontext (1 a – c) führen beide Aussagen zu den gleichen kognitiven Effekten – sind demnach also beide gleich relevant. Die zusätzliche Information, die Aussage 4) bietet, hat jedoch keinen Bezug zum Kontext und führt zu keinen Effekten. Die Zusatzinformation von Aussage 4) erhöht jedoch den Verarbeitungsaufwand der Aussage. Weil Aussage 4) im Vergleich mit Aussage 3) im Kontext (1 a – c) die gleichen Effekte ermöglicht, bei der Verarbeitung aber mehr Aufwand erzeugt, ist Aussage 4) weniger relevant als Aussage 3).

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Outgrowth

1.3.3 Zentrale Charakteristika von Relevanz Die beiden Theorien von Schütz und Sperber/Wilson sind allein schon bedingt durch die Unterschiedlichkeit der Disziplinen und damit der Wissenshintergründe sowie die verschiedenen Entstehungszusammenhänge und Epochen, in denen die Theorien entwickelt wurden, sehr unterschiedlich. So kann die Theorie von Alfred Schütz auf dem Feld der Soziologie verortet werden; sie entstand in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts, geprägt vom Denken Edmund Husserls und Max Webers und weitgehend unbeeinflusst von Erkenntnissen der Kybernetik, der Systemtheorie und der Kognitionswissenschaft. Die Relevanztheorie von Dan Sperber und Deirdre Wilson ist dem Feld der Sprachwissenschaft, genauer der Pragmatik, zuzurechnen. Der Grundstein für die Theorie wurde gegen Ende des 20. Jahrhunderts gelegt. Die Theorie baut auf den Arbeiten von H. Paul Grice auf und das zentrale Werk „Relevance. Communication and Cognition“ zeigt bereits im Titel einen kognitionswissenschaftlichen Bezug auf. Trotz dieser Unterschiedlichkeit lassen sich beiden Ansätzen wertvolle Hinweise für eine erste theoretische Fundierung des Relevanzkonstrukts im Marketing-Kommunikationskontext entnehmen.

1.3.3.1 Funktion von Effekt und Aufwand

Beide Theorien untersuchen, wie und warum sich ein Individuum mehr oder weniger bewusst aus einer unendlichen Fülle von Möglichkeiten für eine konkrete Selektion entscheidet, und sie erklären diese Selektion mit einem Konzept der Relevanz als einer besonderen Art der Verknüpfung zwischen früheren und zukünftigen Selektionen. Die unmittelbare Verknüpfung mit dem Aufmerksamkeitskonzept wird hier deutlich. Der Ansatz von Sperber/Wilson operiert jedoch mit einem klarer definierten Konzept von Relevanz als der von Alfred Schütz. Ersterer erscheint daher in Anbetracht des Mangels an fundierten und konkreten Bestimmungen von Relevanz in der marketing-kommunikativen Praxis und in ihrer wissenschaftlichen Erforschung als besonders hilfreich (vgl. auch Straßheim 2010: 1425). Das bedeutet nämlich, dass der Relevanzbegriff vor der Konnotation einer neuen marketing-kommunikativen Floskel – solche werden, so wird der Praxis nachgesagt, in dieser ja gern geschaffen – geschützt werden kann, da er bereits in fundierten theoretischen Ansätzen elaboriert vorliegt, er ausgehend von diesen in einer Arbeitsdefinition im marketing-kommunikativen Kontext konkretisiert und für zukünftige notwendige Forschungsarbeiten aufbereitet werden kann. Ein Input in Form eines Marketing-Kommunikationsangebots wird relevant für den Konsumenten, wenn dessen Rezeption vor dem individuellen Hintergrund der Lebenswelt (z. B. Common Ground, Persuasionswissen, Ziele und Interessen, emo-

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tionale Dispositionen etc.), der Rezeptionssituation (Spezifika, die die Rezeptionssituation vor und in dem Medium charakterisieren) und der Marke (Brand Literacy, Produktkategorienwissen) ohne großen Aneignungssaufwand zur Befriedigung aktueller Bedürfnisse führt. Daraus folgt, dass ein Marketing-Kommunikationsangebot in einem Moment umso relevanter für den Konsumenten ist, je größer das Ausmaß der Bedürfnisbefriedigung ist, das sich bei der kontextgebundenen Rezeption des Kommunikationsangebots einstellt, und je geringer der zeitliche, monetäre oder kognitive Aneignungsaufwand ist. Bei Relevanz handelt sich demnach um ein Phänomen mit zwei Seiten, das als Funktion von Effekt und Aufwand beschrieben werden kann. Bedürfnisbefriedigung, die sich aus der kontextgebundenen Rezeption von Inputs ergibt, auf der einen Seite steht dabei dem Aneignungsaufwand, der zur Rezeption benötigt wird, auf der anderen Seite gegenüber (vgl. Sperber/Wilson 1995: 123 – 132, 2002: 251 f.). Zur näheren Bestimmung der Art der Bedürfnisse kann für die medial realisierte Marketing-Kommunikation auf die Bedürfnisse zur Mediennutzung zurückgegriffen werden, wie sie aus der Nutzungsforschung bekannt sind. Zu nennen sind •

das Informationsbedürfnis (Bedürfnis nach Orientierung in der Umwelt, Ratsuche, Neugier, Lernen, Sicherheit durch Wissen etc.) • Bedürfnis nach Identität (Bestärkung persönlicher Werte, Suche nach Verhaltensmodellen, Identifikation mit anderen, Selbstfindung etc.) • Bedürfnis nach Integration und sozialer Interaktion (Zugehörigkeitsgefühl, Kontaktsuche etc.) • Unterhaltungsbedürfnis (Ablenkung, Entspannung, emotionale Entlastung, Zeitfüller etc.) (vgl. Hasebrink 2003: 113, s. auch Kap. B III 2.6). Rezeptionsrelevanz, so lässt sich also zusammenfassend sagen, ist der kontextuelle Nutzen, den ein Marketing-Kommunikationsangebot für den Konsumenten hat, wie er sich aus dem Verhältnis von Aneignungsaufwand des Kommunikationsangebots und dessen Bedürfnisbefriedigungsausmaß ergibt.

1.3.3.2 Eigenschaften

In der Abb. 173 ist das Rezeptionsrelevanzkonstrukt zusammenfassend dargestellt. Folgende Eigenschaften weist es auf: Relevanz ist kontextgebunden Relevanz ist, sowohl der Theorie von Alfred Schütz wie auch der von Dan Sperber und Deirdre Wilson folgend, jeweils Relevanz für ein Individuum in einer spezifi-

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Outgrowth

Lebenswelt

MarketingKommunikationsangebot

R e l e v a n z

Aneignungs aufwand

Rezeptionssituation Bedürfnisbefriedigungs ausmaß

Marke

= Kontext

Abb. 173 Das Rezeptionsrelevanzkonstrukt der Marketing-Kommunikation (eigene Darstellung)

schen Situation. Das bedeutet, dass Relevanz niemals objektiv sein kann und sich stattdessen prinzipiell und generell subjektspezifisch und situativ konstituiert (vgl. Forceville 1996: 89, Straßheim 2010: 1416). An diesem Punkt wird deutlich, dass beide Theorien Kontextualität und Relevanz als notwendig aufeinander bezogen betrachten und Kontextualität die Funktion innehat, subjektive Relevanzzuschreibungen zu ermöglichen. Die Relevanz einer Sache für ein Individuum ist kontextgebunden, und handelt es rezipierend im Marketing-Kommunikationssystem, dann kann davon ausgegangen werden, dass die Kontexte der Lebenswelt, der Rezeptionssituation und der Marke einen elementaren Einfluss auf die Relevanz haben, die dieses Individuum in seiner Rolle als Konsument einem Marketing-Kommunikationsangebot zuschreibt. Relevanz ist relational Den relevanztheoretischen Überlegungen von Alfred Schütz sowie von Dan Sperber und Deirdre Wilson zufolge ergibt sich die Relevanz eines Marketing-Kommunikationsangebots aus der speziellen Verbindung, die ein Konsument mehr oder weniger bewusst zwischen der aktuellen Erfahrung und früheren Erfahrungen beziehungsweise zwischen dem selegierten Kommunikationsangebot und früheren Selektionen herstellt. Eine derartige Auffassung von Relevanz hat zur Folge, dass Relevanz weder am Kommunikationsangebot, noch am rezipierenden Konsumenten festzumachen ist. Relevanz ist keine konstante Eigenschaft, die einem Kommunikationsangebot wie zum Beispiel einem Werbespot oder dem dort beworbenen Produkt inhärent ist. Relevanz konstituiert sich stattdessen erst in der jeweiligen Rezeptionssituation aus der

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Relation von Spezifika des Kommunikationsangebots und sinnstiftenden Kontexten des Konsumenten. Relevanz ist selbstreferentiell Die Frage, warum eine konkrete Selektion zustande kommt, beantworten beide, Schütz und Sperber/Wilson, mit einer Konzeption von Relevanz in Form einer besonderen Art der Verknüpfung zwischen vergangenen Erfahrungen auf der einen und zukünftigen Erfahrungen auf der anderen Seite. Besonders deutlich kommt dies bei Alfred Schütz mit seinem Gedanken der im Wissensvorrat sedimentierten Relevanzstrukturen zum Ausdruck (vgl. Schütz/Luckmann 2003: 38, 252 f.). Ein Individuum entscheidet sich unter konkreten Umständen mehr oder weniger bewusst angesichts der Fülle von Möglichkeiten für eine konkrete Selektion, weil sich diese Selektion auf spezielle Weise mit früheren Selektionen verbindet. In diesem Prinzip der Verknüpfung von vergangenen und zukünftigen Selektionen kommt somit Selbstreferenz, genauer: eine reflexive Struktur in zeitlicher Dimension zum Vorschein. Es lässt sich daher sagen, dass ein Input für ein Individuum in einem konkreten Moment relevant ist, weil für das Individuum bereits in früheren Momenten ein Input relevant geworden ist. Und zukünftig wird ein Input für ein Individuum relevant werden, weil aktuell, in einer konkreten Situation, ein Input für das Individuum relevant ist. Relevanz ist aufmerksamkeitsfördernd Die Relevanz eines Marketing-Kommunikationsangebots lässt sich nicht in absoluten Aussagen beschreiben, sondern muss immer im Verhältnis zu konkurrierenden Inputs betrachtet werden. Dadurch kommt aber die Frage auf, wie es sein kann, dass die Selektion eines Inputs auf einer zugeschriebenen Eigenschaft basiert, die erst verfügbar ist, nachdem der Input beachtet wurde. Die Theorien der späten selektiven Aufmerksamkeit, die sich in der Aufmerksamkeitsforschung weitestgehend durchgesetzt haben (vgl. Kap. B III 1.1.3.2), vermögen dieses Paradoxon zu erklären. Diese Theorien gehen nämlich von der Prämisse aus, dass auch nicht beachtete Informationen semantisch analysiert werden. Deutlich kommt hier das komplementäre Verhältnis von Relevanz und Aufmerksamkeit zum Vorschein. So sorgt nämlich umgekehrt Aufmerksamkeit auf energetischer Ebene dafür, dass Rezeptionsrelevanz als kognitiv-emotionales Phänomen einem Marketing-Kommunikationsangebot überhaupt zugeschrieben werden kann.

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1.3.4 Relevanz und Involvement Aus der aufgezeigten, bislang mangelnden Aufarbeitung des Relevanzkonzeptes im marketing-kommunikativen Kontext darf nicht geschlossen werden, dass der Begriff an sich dort nicht verwendet wird. Im Gegenteil, er kann mit Regelmäßigkeit in der Marketingwissenschaft, in der Werbewirkungsforschung und der Konsumentenforschung angetroffen werden. Er wird dort aber bislang nicht als eigenständiges Phänomen behandelt, sondern häufig zur Erklärung eines anderen Konstrukts herangezogen, dem Involvement-Konstrukt. Zurückgeführt werden kann dieser Rückgriff auf die Arbeiten von Judith Lynne Zaichkowsky zur Messung des Involvement-Konstrukts (1985, 1994), die dieses bestimmt als „… a person’s perceived relevance of the object based on inherent needs, values and interests“ (Zaichkowsky 1985: 341, Hervorh. J. T.). Seitdem wird zur Erklärung von Involvement gern mit dem Relevanzbegriff gearbeitet (vgl. z. B. Te’eniHarari/Lehman-Wilzig 2009, Stokburger-Sauer/Hoyer 2009: 103).

1.3.4.1 Hintergrund und Definition des Involvement-Konstrukts

Mit Involvement oder Ich-Beteiligung kann zunächst sehr unspezifisch die „Wertwichtigkeit“ und „Wertinstrumentalität“ bezeichnet werden, die ein Objekt oder Sachverhalt für eine Person hat (vgl. F. Unger 1986a: 47). Bernd Six und Bernd Schäfer (1985: 56) sprechen von der „Bedeutung“, die ein Einstellungsgegenstand für eine Person besitzt. Seinen Ursprung hat das Involvement-Konzept in der Sozialpsychologie, wo es im Rahmen des Social-Judgement-Ansatzes eine zentrale Rolle in den Untersuchungen von Muzafer Sherif und denen seiner Kollegen spielte (vgl. Sherif/Cantril 1947). Erkenntnisobjekt im Social-Judgement-Ansatz waren Wirkungsmöglichkeiten von Kommunikation in Abhängigkeit von einem individuellen Involvement-Niveau (vgl. Bongard 2002: 300). Das Forscherteam um Sherif ging dabei von der Grundannahme aus, dass Kommunikationsangebote immer vor dem Hintergrund individueller Einstellungen, die als Prädispositionen für die Wahrnehmung und Bewertung fungieren, verarbeitet werden. Sie kamen zu dem Schluss, dass die Möglichkeit einer Einstellungsänderung negativ von der Größe des Involvements – gedacht als das Maß, in dem ein Kommunikationsangebot bereits vorhandene, zentrale Einstellungen eines Individuums aktiviert – abhängt: Individuelle Einstellungen werden mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit verändert, je größer das Involvement ist; Einstellungsänderungen finden nur dann statt, wenn Involvement als Filtermechanismus relativ gering oder gar nicht aktiviert ist (vgl. Halff 1998: 8, 45, Wirth 2006: 200). Herbert E. Krugman (1965) hat das Konzept für die Konsumentenforschung entdeckt. Hierbei bezog er sich jedoch nicht direkt auf das Involvement-Konstrukt, wie es in der Social-Judgement-Theorie entwickelt worden ist. Krugman bevorzugte

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stattdessen einen kognitionswissenschaftlichen Standpunkt zur Beantwortung der forschungsleitenden Frage nach unterschiedlichen Wirkungsverläufen kommunikativer Vorgänge (vgl. Bongard 2002: 300, Wirth 2006: 200). Krugman definiert das Konstrukt als „… the number of conscious ‚bridging experiences‘, connections, or personal references per minute that the subject makes between the content of the persuasive stimulus and the content of his own life.“ (Krugman 1966: 584)

Das Involvement-Konstrukt, so wie Krugman es konzipierte, wirkt sich zwar nicht direkt auf Persuasion und Medienwirkung aus, nimmt aber Einfluss auf den Wirkungsprozess und somit letztlich indirekt auch auf dessen Resultat. Unterschiedliche Wirkungsprozesse werden dabei mit situationsspezifischen Faktoren und nicht mit einzelnen Merkmalen der Komponenten (Medium oder Rezipient) erklärt (vgl. Halff 1998: 34 f.). Unter wenig involvierenden Bedingungen ist es unwahrscheinlich, dass der Rezipient Selektions- oder Abwehrmechanismen einsetzt, um der Persuasionswirkung entgegenzusteuern. Weil sich der Rezipient aber nicht intensiver mit dem Informationsangebot auseinandersetzt, kann trotzdem nicht von einer ungefilterten Einstellungsänderung gesprochen werden. Viel mehr verändern niedrig involvierende Kommunikationsangebote langfristig den kognitiven Rahmen, mit dem das Individuum kommunikative Angebote rezipiert, die sogenannten „frames of reference“ oder „perceptual structures“ (Krugman 1965: 353, 355). Einstellungen wandeln sich erst mit der (Re-)Aktivierung dieser Strukturen durch das Handeln des Rezipienten (vgl. Halff 1998: 35). Während einer hoch involvierenden Kommunikationssituation kommt es zu aktivem Auswahlverhalten und einer intentionalen Verarbeitung des Kommunikationsangebots. Das kommunikative Angebot wird mit vorhandenen Wissensbeständen und Einstellungen verglichen. Auch in diesem Fall kommt es jedoch nicht zu einer unmittelbaren Einstellungsänderung. Zum einen kann eine Gegenargumentation seitens des Rezipienten einsetzen. Zum anderen kann eine kognitive Verarbeitung auf tieferer Ebene resultieren. Erst durch Letztere kann eine Wissensänderung erreicht werden, die für eine Einstellungsänderung notwendig ist (vgl. ebd.: 36). Angeregt von den Arbeiten Sherifs und vor allem von den Untersuchungen Krugmans hat sich eine Reihe von Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Disziplinen dem Involvement-Konzept theoretisch und empirisch angenommen. Einen Überblick über die unterschiedlichen Forschungstraditionen und die verschiedenen Strömungen der Involvement-Forschung findet sich beispielsweise bei Werner Wirth (2006). Trotz des großen Interesses muss Joachim Bongard (2000: 304) nach seiner Analyse des Stands der Werbewirkungsforschung konstatieren, dass die InvolvementForschung bis dato große Schwierigkeiten hat, sich auf eine fundamentale Definition und Konzeption des Konstruktes zu einigen. Noch pessimistischer ist Gregor Halff

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(1998: 94). Er stellt fest, dass es selbst mehrere Jahrzehnte nach den Krugman-Thesen unmöglich ist, einen Erkenntnisstand der Involvement-Forschung zu skizzieren: „Die Involvement-Studien haben keine derartige Evidenz hervorgebracht, daß sie widerspruchsfrei kumuliert oder gar zu konsentierten Erkenntnissen integriert werden können“ (ebd.). Das Involvement-Konzept hat unter der Fülle der entstandenen Arbeiten eher gelitten: „Die Quantität hat […] nicht zur Qualität beigetragen“ (ebd.). Wie kommt es, dass ein so stark beackertes Feld wie die Involvement-Forschung mit derartigen Problemen zu kämpfen hat ? Die Gründe wurzeln in den Anfängen der Involvement-Forschung. Krugman hat Involvement ursprünglich prozessual konzipiert, also weder als Voraussetzung noch als Resultat eines Wirkungsverlaufs (vgl. Bongard 2000: 301). Das Konstrukt ist bei ihm eine relationale Größe, die sich erst aus der Interdependenz von Informationsangebot, Inhalt und situativen Rahmenbedingungen der Rezeptionssituation ergibt und sich so auf den Verlauf des Medienwirkungsprozesses auswirkt, der ebenfalls erst aus dieser Interdependenz resultiert (vgl. ebd., Halff 1998: 41). In anderen Worten: Involvement entsteht durch die trimodale Relationierung von Medium, Aussage und Rezipient und beeinflusst den weiteren Wirkungsverlauf, der ebenfalls erst durch diesen wechselseitigen Zusammenhang entsteht. Das Involvement-Konstrukt integriert damit verschiedenartige Wirkungsthesen und Wirkungskomponenten und ermöglicht es somit, mehreren Forschungssträngen gleichzeitig ‚ihr‘ jeweiliges Involvement-Konzept gleichberechtigt und den eigenen Anforderungen entsprechend zu entwickeln (vgl. ebd.: 95). So wird stellenweise in der Konsumentenforschung Involvement als der zentrale Begriff der Werbeforschung (Kroeber-Riel/Esch 2015) angesehen. Um die Facettenvielfalt der Involvement-Forschung grob zu strukturieren, kann mit Gregor Halff (1998: 100) beispielsweise auf den Ansatz von Andrews et al. (1990: 29) zurückgegriffen werden. Als Strukturierungskriterium dient die Unterscheidung zwischen den Voraussetzungen und den Folgen von Involvement (s. Abb. 174). Den Voraussetzungen („Antecedents“) für Involvement werden Bedürfnisse, Ziele und Eigenschaften eines Individuums sowie situationale und entscheidungsrelevante Randbedingungen zugeordnet. Unter den Konsequenzen („Consequences“) können Suchverhalten, Informationsverarbeitungsprozesse sowie Einstellungsänderungen subsummiert werden. Anhand dieser Unterscheidung können unterschiedliche wirkungstheoretische Dimensionen des Involvement-Konstrukts identifiziert werden. So gelangt Joachim Bongard (2000: 307 f.) mit Rekurs auf Carolyn Costley (1988: 554) zu den folgenden drei Forschungsrichtungen: • Arbeiten, die Involvement als unabhängige Variable, d. h. als permanente Beziehung zwischen einem Individuum und einem Objekt beziehungsweise als situationsunabhängige Prädisposition eines Individuums auffassen; • Ansätze, die Involvement in Abhängigkeit von der Situation als intervenierende Variable definieren;

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Abb. 174 Strukturierung der Involvement-Forschung nach Ursachen und Folgen (Quelle: Andrews et al. 1990: 29, n. Halff 1998: 100)



Forschungsrichtungen, die das Konstrukt als abhängige Variable, also als eine Wirkung von Kommunikation verstehen, die sich als beobachtbare Reaktion des Rezipienten bemerkbar macht.

Eine zweite grundsätzliche Möglichkeit der Strukturierung ergibt sich, wenn man nach den Objekten fragt, auf die sich Involvement beziehen soll. Mit Verweis auf Darrel Muehling et al. (1993) schreibt entsprechend Wirth (2006: 201): „When comparing the results of empirical studies, one always has to consider the objects towards which the involvement measured is directed“. In der Konsumentenforschung wird Involvement zumeist in Bezug auf das beworbene Produkt, die Person, den verwendeten Werbeträger (Medium), das Werbemittel sowie die Situation untersucht (vgl. Trommsdorff 2018). Die aus der weit diversifizierten Forschungslage resultierende Schwierigkeit, eine griffige und möglichst umfassende, integrierende Definition von Involvement zu geben, löst Joachim Bongard (2002: 325), indem er gerade die Vielfältigkeit der wirkungstheoretischen Ansätze der Involvement-Forschung als zentrales strukturelles Charakteristikum des Involvement-Konstrukts ansetzt. Dazu stützt er sich explizit auf die ursprünglichen Krugman-Studien und betont somit den prozessualen Charakter von Involvement. Dieses wird damit weder als eine Antezedens-Bedingung für Wirkung noch als deren Resultat aufgefasst. Stattdessen liegt der Fokus auf der Relation der drei Komponenten Kommunikationsangebot (Medium, Produkt, Werbung), Rezipient (Wissen, Einstellungen etc.) sowie Situation (externe Randbedingungen). Daraus ergibt sich folgende Definition. ▶ Definition Involvement im Sinne der Ich-Beteiligung an Erlebtem ist Ergebnis der prozessual entwickelten trimodalen Relationierung aus Kommunikationsangebot, Rezipient und Si-

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tuation und ist somit als eine Wirkung aufzufassen. Diese „… geht jedoch gleichzeitig als Voraussetzung in den weiteren Kommunikations- und Wirkungsprozess ein und bestimmt hier den Wirkungsverlauf von Kommunikation und damit indirekt den Ausgang dieses Prozesses. ‚Involvement‘ kann daher als eine ‚Wirkung katalysierende Wirkung‘ verstanden werden, womit auch der reflexiven Struktur des Kommunikations- und Wirkungsprozesses Rechnung getragen wird“ (Bongard 2000: 325, Hervorh. i. Orig.).

1.3.5 Problematik der Rezeptionsrelevanz Die Problematik der Rezeptionsrelevanz ist, wie die des Marketing-Kommunikationswissens, bei Weitem nicht so komplex wie die der Aufmerksamkeit des Konsumenten im Marketing-Kommunikationsprozess (vgl. Kap. B III 1.1.4). Auch hier liegt die Begründung in der erst jungen Geschichte des Relevanzkonstrukts im Kontext der Marketing-Kommunikation. Anders als im Fall des Persuasionswissens hat sich jedoch in der Praxis bereits eine hohe Sensibilität für Rezeptionsrelevanz als erfolgskritische Variable der Marketing-Kommunikation ausgebildet. Da bisher das Bedeutungsfeld marketing-kommunikativer Rezeptionsrelevanz weder in der Praxis noch in der Wissenschaft klar umrissen wurde, erscheint die aktuelle begriff liche Vermischung von Relevanz und Involvement als unglücklich, aber nachvollziehbar. Weisen die beiden Konstrukte doch mindestens folgende drei wichtige Eigenschaften gemeinsam auf. Zunächst geben beide eine Begründung dafür, warum sich Individuen mit bestimmten Kommunikationsangeboten intensiver auseinandersetzen als mit anderen. Darüber hinaus betonen beide einerseits den Aspekt der Relationalität verschiedener Komponenten beziehungsweise von Kontexten, die im Verarbeitungsprozess von Kommunikationsangeboten wirksam sind. Andererseits wird der Aspekt der Selbstreferenz herausgearbeitet, womit sie der reflexiven Struktur von Kommunikation und Wirkung gerecht werden: Beide werden bewirkt und wirken aber gleichzeitig auch auf den weiteren Prozessverlauf und dessen Effektivität ein. Neben diesen Gemeinsamkeiten sind vor allem zwei grundlegende Unterschiede offensichtlich: Das Relevanzkonstrukt verharrt zum Ersten nicht – wie der Involvement-Ansatz – bei der Deskription des wichtigen Aspekts der Relationalität von Wirkungszusammenhängen, sondern betont die sich daraus ergebende Bewertung des Kommunikationsangebots in Form von seinem Nutzen, der sich aus dem kontextuell eingebundenen Verhältnis von Aneignungsaufwand des Kommunikationsangebots und Bedürfnisbefriedigungsausmaß ergibt. Zum Zweiten wird über die Eigenschaft der Kontextgebundenheit von Relevanz die Intersubjektivität der Kommunikation stärker betont, als es beim InvolvementKonstrukt der Fall ist. Bei Letzterem werden unter anderem zwar auch der Rezipient und die Situation in der Konzeption des Wirkungszusammenhangs als Komponenten berücksichtigt. Allerdings erfolgt dies nicht mit dem Nachdruck, wie es beim

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Kommunikationsqualitative Kriterien des Outgrowth

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Relevanzkonstrukt der Fall ist, das Kontextualität nicht auf die Wirkungsfrage von Kommunikation verengt, sondern sie kommunikationstheoretisch begründet als notwendig für Kommunikation schlechthin annimmt. Dies führt zu dem elementaren Unterschied zwischen den beiden Konstrukten. Relevanz ist weitaus stärker ein an eine genuin kommunikationswissenschaftliche Perspektive gebundenes Konstrukt, während sich Involvement mit seiner sozialpsychologischen Tradition zu einem vornehmlich psychologischen Wirkungs- und Bewirkungskonstrukt entwickelt hat: „… there is no doubt that involvement is a psychological construct located within the individual“, stellt auch Werner Wirth (2006: 201) fest. Dies ist deswegen hervorhebenswert, weil beim Relevanzkonstrukt die Rolle des Kommunikators nicht aus den Augen gerät und damit der Kommunikationsprozess als Ganzes und nicht nur ein psychologisches Phänomen seitens des Rezipienten fokussiert wird. Genau dies kommt auch deutlich beim oben skizzierten Prinzip der Optimalen Relevanz von Sperber/Wilson zum Ausdruck. Im Kontext der Modernen Marketing-Kommunikation spiegelt sich dies in der Differenzierung von Input- und Rezeptionsrelevanz wider. Dem Wissen, das das Unternehmen und seine Agentur(en) über die Kontexte der Zielgruppe oder -person hat (= Consumer Insights), um Schlüsse auf die Gestaltung rezeptionsrelevanter Marketing-Kommunikationsangebote ziehen zu können, kann von den Marketers selbst erst unter dem produktionsseitigen Einfluss der Kontexte der beruflichen Lebenswelt, der Unternehmenskultur und des Marktes eine Relevanz (= Input-Relevanz) zugeschrieben werden (vgl. Kap. B I 1.3). Marketing-kommunikative Relevanz konstituiert sich daher aus dem Verhältnis von Input- und Rezeptionsrelevanz. Unternehmen und Konsumenten streben im Sinne einer Win-win-Situation jeweils einen kommunikativen Gewinn an. Diese im Kommunikationsprozess verankerte Wechselseitigkeit des Relevanzkonstrukts ist der fundamentale Unterschied zum Involvement-Konstrukt, das ausschließlich rezipientenseitig zu verorten ist und damit relativ an Erklärungskraft einbüßt. Denn würden die Unternehmen in der Hoffnung auf optimale Kommunikationseffekte nach der Maxime „Hauptsache Involvement“ ihre Kommunikationsangebote entwickeln, wären aus Sicht der Unternehmen zwar lauter involvierende, aber irrelevante Botschaften im Markt, wovon aber nicht auszugehen ist.

Wirkungen und Effekte

Abstract In der verhaltenswissenschaftlich ausgerichteten Werbewirkungsforschung wird mit einem aus den Naturwissenschaften entlehnten Wirkungsbegriff gearbeitet, in dessen Zentrum eine Kausalitätsannahme steht. Ein kommunikativer Stimulus ist demnach die Ursache für eine Veränderung von Einstellungen und Verhalten. Diese sich zäh haltende, falsche Vorstellung von Kommunikationswirkungen wird durch ein Verständnis ersetzt, das die reflexive Struktur von Kommunikationswirkungen herausstellt (Kap. B III 2). Eine weitere zentrale Problematik der Wirkungsforschung ist die Frage nach der Abfolge von Effekten, die eher kognitiver, affektiver oder konativer Art sind. Die aus der AIDA-Formel hervorgegangenen Stufenmodelle der Werbewirkung postulieren eine unterschiedliche Anzahl und verschiedene Abfolgen von Werbewirkungsstufen. Diese individualzentrierten Modelle klammern in ihren Erklärungen von Werbewirkungen soziale und situative Komponenten rezeptiven Handelns ebenso aus wie den bedeutungsgebenden Kontext des Markenwissens. Relationale Modelle, die von Interaktionen unter den Effekten und von einem Einfluss des kommunikationsqualitativen Wirkungszusammenhangs (Aufmerksamkeit, Marketing-Kommunikationswissen, Rezeptionsrelevanz) auf dieses Interaktionsgefüge der Effekte ausgehen, werden weitaus eher der Komplexität reflexiv strukturierter Wirkungsverhältnisse in der Modernen Marketing-Kommunikation gerecht. Sie liegen dem Konzept der Customer Journey zugrunde (Kap. B III 2.2). Die grundsätzliche Klassifikation von Effekten in implizite und explizite weist auf die Notwendigkeit einer wohlüberlegten Methodenauswahl bei der Untersuchung von Kommunikationseffekten hin (Kap. B III 2.3). Auch können Effekte der Marketing-Kommunikation dahin gehend kategorisiert werden, ob sie eher kommunikationspsychologischer oder kommunikationssoziologischer Art sind. Der Überblick über bekannte und in der einschlägigen Literatur häufig erwähnte Effekte orientiert sich an dieser Einteilung (Kap. B III 2.4, 2.5). Das Hauptkapitel schließt mit der Darstellung des Konzeptes der Rezipientenaktivität, das genau umgekehrt zum (neo-)behavioristischen Wirkungsansatz fragt: „What do people do with advertising ?“ Aus dieser Perspektive rückt als kritische Komponente der Wirkung von Marketing-Kommunikation die Funktion, die ein Kommunikationsangebot für den Konsumenten hat, in den Mittelpunkt der Betrachtung. Mit der Zunahme der Online-Kommunikation, der Ausbildung des Utility Marketings und des Relevanz- und Engagementkonzeptes gewinnt dieser Ansatz zunehmend an Bedeutung, gleichwohl auch er natürlich nicht von Kritik ausgenommen ist (Kap. B III 2.6). 557 © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 J. Tropp, Moderne Marketing-Kommunikation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-25318-9_10

2

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Aufmerksamkeit, Marketing-Kommunikationswissen und Marketing-Kommunikationsangeboten zugeschriebene Rezeptionsrelevanz konstituieren einen Zusammenhang kommunikationsqualitativer Rezeption, der auf die Wirkungen und Effekte von Marketing-Kommunikationsangeboten einwirkt. Bevor auf diese näher eingegangen wird, soll vorab geklärt werden, was überhaupt unter Kommunikationswirkungen zu verstehen ist.

2.1

Was sind Kommunikationswirkungen ?

Dass sich die Moderne Marketing-Kommunikation der Frage, was Kommunikationswirkungen sind, zuwenden muss, ist auf die notwendige Klärung eines sich zäh haltenden Missverständnisses zurückzuführen, das aus dem schweren Erbe der mathematischen Informationstheorie und dem in dieser entfalteten Kommunikationsverständnis resultiert (vgl. Kap. A 1.1). Dieses Kommunikationsverständnis hat mit einem Wirkungsbegriff operiert, der der Naturwissenschaft entlehnt ist. Die Folge ist eine Kausalitätsannahme, die eine strenge Beziehung von Ursache und Wirkung unterstellt. In diesem Sinne wäre der Marketing-Kommunikation eine kausal strukturierte Wirkungsbeziehung inhärent, wobei Wirkung – wie in der Physik – als eine Veränderung begriffen wird, die sich nun auf definierte personenbezogene Objektbereiche, nämlich Wissen, Einstellungen und Verhalten bezieht (vgl. Merten 1994: 294, Schenk 1987: 34). Wirkung kann demnach nur entstehen, wenn zuvor ein kommunikativer Stimulus (= Marketing-Kommunikationsangebot) als Ursache gedient hat. Die Historie dieser kommunikativen Kausalitätsannahme ist beträchtlich, wie Klaus Merten (ebd.: 296) anmerkt. Bereits Aristoteles geht in seiner Theorie der Rhetorik davon aus, dass ein vom Kommunikator richtig präparierter Stimulus definitiv die intendierte und prognostizierbare Wirkung haben muss. In den Sozialwissenschaften ist das Kausalitätsprinzip zuerst von der Psychologie aufgegriffen und als Stimulus-Response-Modell für die Erklärung bewusster und unbewusster Reaktionen genutzt worden, bevor es dann Harold Lasswell 1927 in die Kommunikationsforschung einführte (vgl. Bongard 2002: 68, Merten 1994: 294). Heute findet sich in der verhaltenswissenschaftlich ausgerichteten Werbeforschung überwiegend das auf dem Kausalitätsprinzip beruhende Wirkungsverständnis. So führen beispielsweise Werner Kroeber-Riel und Franz-Rudolf Esch (2015) den Begriff der Sozialtechnik zur Beeinflussung von Menschen ein und nehmen dabei explizit Bezug auf einen Technikbegriff als die systematische Anwendung der naturwissenschaftlichen Gesetze zur Gestaltung der unbelebten Umwelt. Wenn Kausalität zwischen kommunikativem Stimulus und bewirktem Wissen sowie bewirkten Einstellungen und Verhaltensveränderungen gegeben sein soll, müssen mindestens vier Bedingungen erfüllt sein (vgl. Merten 1994: 300 f.):

2 Wirkungen und Effekte

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• •

temporale Antezedens der verursachenden Größe vor der bewirkten Größe, überzufälliger Zusammenhang (signifikante Korrelation) zwischen verursachender und bewirkter Größe, • valider Zusammenhang (keine Scheinkorrelation) zwischen verursachender und bewirkter Größe, • raumzeitliche Indifferenz (die Kausalität muss unabhängig von Raum und Zeit vorliegen). Diese Bedingungen zu erfüllen, ist ungemein schwierig, und dass sie erfüllt werden, ist unwahrscheinlich. Die Konsequenz ist die Einsicht, dass die Unterstellung von Kausalität bei Kommunikationswirkungen äußerst riskant ist. „Doch selbst wenn die hier genannten Bedingungen sämtlich erfüllt sind, sind damit nur notwendige, aber keineswegs hinreichende Bedingungen für Kausalität erfüllt. Damit steht die auf dem Prinzip der Kausalität beruhende Medienwirkungsforschung auf ungeklärtem, wenn nicht unsicherem erkenntnistheoretischen Terrain.“ (ebd.: 301)

Für die Marketing-Kommunikationspraxis heißt dies, dass ihr Vertrauen auf die Existenz kausaler Wirkungen schwer haltbar ist. Die Probleme beginnen schon damit, dass überhaupt nicht alle am Marketing-Kommunikationsprozess beteiligten Faktoren klar identifiziert und ihre Beziehungen eindeutig spezifiziert werden können, da eine unscharfe Vielzahl von Größen, die in unzähligen Wechselwirkungen zueinander stehen, einen netzwerkartigen UrsacheWirkungs-Zusammenhang konstituieren. Die Erforschung Moderner Marketing-Kommunikation kann aufgrund dieser offensichtlichen Unsicherheiten nicht mit einem Wirkungsbegriff operieren, der auf dem Kausalitätsprinzip beruht. Aus ihrem modernen Kommunikationsverständnis resultiert, dass sie von Reflexivität statt von Kausalität ausgeht (vgl. Kap. A 1.2). Kommunikationswirkungen haben in zeitlicher, sachlicher und sozialer Hinsicht eine reflexive Struktur: Vergangene Effekte gehen als Voraussetzungen zukünftiger Effekte in den Kommunikationsprozess ein; Marketing-Kommunikationsangebote eines Unternehmens aus dem einen Medium werden im Rahmen eines integrierten Kommunikationsansatzes zur Bewertung von Marketing-Kommunikationsangeboten dieses Unternehmens in einem anderen Medium herangezogen; Unternehmen und Konsumenten orientieren sich in ihren kommunikativen Handlungen wechselseitig an den Erwartungen des Kommunikationspartners, sodass erwartete Erwartungen handlungsorientierend sind. Als Fazit kann festgehalten werden, dass sich Praxis wie Wissenschaft von überholten Vorstellungen in Sachen Kommunikationswirkungen, „deren vordergründige Plausibilität ihnen nichts von ihrer wissenschaftlichen Vergeblichkeit nimmt“

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(Bongard 2002: 71), verabschieden sollten. Eine Sensibilisierung für die Notwendigkeit eines zeitgemäßen Wirkungsverständnisses kann zweifelsohne beobachtet werden. So haben beispielsweise aktuell Lothar Rolke und Ansgar Zerfaß (2010: 54) vorgeschlagen, von einer „korridoralen Kausalität“ zu sprechen, die „… sich bei komplexen, nichtlinearen und häufig auch wechselseitigen Ursache-Wirkungs-Beziehungen [findet], deren Wirkkräfte zwar eine erkennbare Richtung haben, aber die sich kontextabhängig innerhalb von Schwankungsbreiten zeigen“ (ebd., Hervorh. J. T.).

2.2

Die Customer Journey: Effekte und ihr Verhältnis zueinander

Ohne die Kausalitätsproblematik kommunikativer Wirkungen explizit zu thematisieren und ohne damit zusammenhängend den Bezug zu wirkungsbeinflussenden kommunikationsqualitativen Aspekten herauszuarbeiten, hat die traditionelle Werbewirkungsforschung sich aber sehr wohl mit dem Gedanken des Verhältnisses von Effekten untereinander beschäftigt und eine Reihe von interessanten Befunden hervorgebracht. Die Werbewirkungsforschung hat ihre Wurzeln in einer Vielzahl von wissenschaftlichen Disziplinen, darunter die Psychologie, Betriebswirtschaftslehre, Soziologie und Kommunikationswissenschaft. Im Laufe der Zeit wurde vor diesem Hintergrund eine Vielzahl von Modellen entwickelt (s. die Synopse bei Bongard 2002: 167). Die zentrale Funktion dieser Modelle ist es, die Entstehung der Werbewirkung im Sinne von Effekten zu erklären. Sie unterscheiden dabei oft verschiedene Ebenen und Bedingungen, unter denen Kommunikationsangebote verarbeitet werden (vgl. Moser 1997: 282 f.). Effekte können als hypothetische Konstrukte aufgefasst werden, die Vorgänge innerhalb des Rezipienten beschreiben und deren Auswirkungen auf den Empfänger der Botschaft durch Beobachtung und Messung erschlossen werden können (vgl. Schenk et al. 1990: 104). Die heute zuweilen in der Werbewirkungsforschung immer noch anzutreffende Formel zur Strukturierung des Massenkommunikationsprozesses von Howard D. Lasswell (1948) dient dabei als Orientierung, um Effekte zu erklären: „Who says what in which channel to whom with what effect ?“ (Lasswell 1948: 37)

Die Formel beschreibt und parzelliert den Verlauf des gesamten Kommunikationsprozesses, an dessen Ende die kausal gedachte Wirkung, der Effekt, steht. Frühe Modelle von Medienwirkungen entstanden vor dem Hintergrund des ersten Weltkriegs und den Erfahrungen mit der Wirkung von einseitiger Propaganda auf ganze Völker sowie vor dem des damaligen Standes der Psychologie (vgl. Bongard 2002: 171 f.). Nach dem Paradigma der persuasiven Markenkommunikation mit seinem anfangs zugrundeliegenden Stimulus-Response-Modell (S-R-Modell) (vgl. Kap. A 2.6.1) erzeugt ein (Massen-)Kommunikationsangebot, also der Stimulus als unabhängige

2 Wirkungen und Effekte

561

Variable, eine immer gleichförmige Reaktion, Response als abhängige Variable, beim Empfänger. Was sich zwischen Stimulus und Response abspielt, wird dabei nicht berücksichtigt und mithilfe einer „Blackbox“ erklärt (vgl. Felser 2015). Die Effekte von Kommunikation liegen bei diesem Modell also innerhalb der in ihrer Funktion nicht weiter bestimmten Blackbox. Das diesem Modell zugrunde liegende mechanistisch-lineare Menschenbild eines manipulierbaren Individuums als Teil einer großen Masse wurde schnell als unzureichend empfunden und führte zu der Erkenntnis, dass es neben dem Stimulus weitere Faktoren und Prozesse geben muss, um die individuell unterschiedlichen Reaktionen einer Person auf Werbung zu beschreiben (vgl. Bongard 2002: 173). Das Verständnis, dass der Empfänger einer Botschaft diese individuell verarbeitet und die Reaktion auf die Botschaft von dessen Verarbeitung abhängt, wird im Stimulus-Organismus-Response-Modell (S-O-R-Modell) dargestellt. Das Konzept wird mit dem Organismus um eine intervenierende Variable erweitert, die die messbare Werbewirkung beeinflusst. Die Effekte der Kommunikation als Erklärung der Werbewirkung sind also ohne Berücksichtigung der intervenierenden Variablen zwischen Stimulus und Response nicht möglich. Der Organismus, der zunächst als Blackbox ausgeklammert wurde, wird nun mithilfe verschiedener Modelle in seiner Funktion erklärt. Es wird somit versucht, die Blackbox zu öffnen und ihre innere Funktionsweise zu erklären. Das sozialpsychologische Konstrukt der Einstellungen wird im S-O-R-Modell als intervenierende Variable gesehen und als Erklärung für die Blackbox herangezogen. Einstellungen sind Abstraktionen, die aus messbaren Reaktionen erschlossen werden müssen. Hier hat sich ein Drei-Komponenten-Ansatz durchgesetzt (vgl. Schenk et al. 1990: 103 f.). Die affektive Komponente bringt positive und negative Bewertungen zum Ausdruck. Zu ihr zählen Faktoren wie Interesse, Gefühl, Bewertung und Zustimmung. Messbare Variablen sind zum Beispiel Reaktionen des autonomen Nervensystems und verbale Äußerungen über Gefühle. Die kognitive Komponente steht für die Art und Weise der Wahrnehmung. Sie setzt sich unter anderem aus Aufmerksamkeit, Bewusstsein, Verständnis und Lernen zusammen. Messbare Variablen sind Wahrnehmungsurteile und verbal geäußerte Überzeugungen. Die konative Komponente drückt eine Verhaltenstendenz aus. Messbare Variablen sind Auskünfte über das beobachtbare Handeln. Zu den konativen Effekten zählen im Besonderen Absichten und Angewohnheiten (vgl. ebd.: 16, 104, Bongard 2002: 213). Die auf die Einstellung wirkenden Effekte lassen sich als theoretische Konstrukte in struktureller Hinsicht und analog zu der Systematisierung der Marketing-Kommunikationsziele in der Outgrowth-Phase (vgl. Kap. B I 2.4.2) somit in kognitive („LEARN“), affektive („FEEL“) sowie konative („DO“) Elemente aufteilen (vgl. Lavidge/Steiner 1961: 59 f., Ray 1973: 149 f.). Das Wirkungsverständnis von MarketingKommunikation ist nachhaltig durch die AIDA-Formel geprägt worden: ein Modell,

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B III

Outgrowth

das den Ablauf der Wirkung, die durch einen werblichen Stimulus verursacht wird, anhand der vier aufeinander abfolgenden Stufen Attention (Aufmerksamkeit) → Interest (Interesse) → Desire (Kaufwunsch) → Action (Kaufhandlung) erklärt. Diese bereits im Jahr 1898 von E. St. Elmo Lewis konzipierte Formel war ursprünglich als eine Art Verkaufsleitfaden für Handelsvertreter gedacht. Sie fand erst später Eingang in die Werbewirkungsforschung (vgl. Koschnick 2005: 107 f., Vakratsas/Ambler 1999: 25). Das Modell beschreibt die Phasen der Reise, wie der Konsument zum Käufer wird, seine Customer Journey. Die klassische AIDA-Formel ist ein streng lineares Modell, in dem die Reaktionen des Wirkungsprozesses in einer fest definierten Reihenfolge aufeinander folgen. Der Konsument soll demnach erst die Werbebotschaft wahrnehmen. Dies wird durch die entsprechenden Werbemaßnahmen erreicht. Er soll durch das Versprechen eines neuartigen, ungewöhnlichen Nutzens ein persönliches Interesse entwickeln. Durch die Verknüpfung seiner spezifischen Problemstellung mit der dargestellten Problemlösungseigenschaft soll er zu der Bewertung gelangen, dass das Produkt das für seine Zwecke richtige ist. Den letzten Schritt bildet die Kaufhandlung (vgl. Kroeber-Riel 1984: 617). Aus der AIDA-Formel haben sich unzählige sogenannte Stufenmodelle entwickelt. Sie haben ihren Einzug in die Werbewirkungsforschung gefunden, da sie den Anspruch haben, die verschiedenen Arten der Effekte von Werbung aufzuschlüsseln. Der Praxis dienen sie dazu, die Customer Journey heute differenzierter und zeitgemäßer als wie mit dem AIDA-Modell zu strukturieren, zum Beispiel in die Phasen: aware, appeal. ask, act, advocate (vgl. Kotler et al. 2017: 79). Häufig unterscheiden sich die Wirkungsmodelle bzw. Customer Journeys nur in der Benennung und in dem Grad der Ausdifferenzierung der Phasen (s. Abb. 175 auf den folgenden Seiten). Das „Hierarchy of Effects“-Modell von Robert J. Lavidge und Gary A. Steiner (1961) ist eines der am meisten beachteten Stufenmodelle der Werbewirkung (vgl. Bongard 2002: 219). Auch dieses besagt, getreu der AIDA-Formel, dass die Effekte der Werbekommunikation in einer festen Abfolge von Stufen vom Rezipienten verarbeitet werden. Die Stufen der Werbewirkung werden in diesem Modell als kausal angesehen, das heißt sie bedingen einander. Diese Annahme mündet somit in einem hierarchischen Stufenmodell, in dem die einzelnen Stufen der Effekte streng in der Reihenfolge Kognition Lernen LEARN

→ → →

Affekt Einstellungsänderung FEEL

→ → →

Konation Verhalten DO

geordnet sind. Diese Kausalkette ist die Grundlage für einen Lernprozess, in dessen Ablauf, wie beim Abgehen von Treppenstufen, die Botschaftsinhalte nach und

Jahr

1898

1938

1940

1945

1945

1950

1951

1953

1953

1953

1954

1955

Autor/Bezeichnung

Elmo St. Lewis AIDA

E.K. Strong

H.D. Kitson

Rowse und Fish I (AIDCA-Modell)

Rowse und Fish II (AIDCAS-Modell)

G.B. Hotchkiss

Arthur Lisowsky

Heinz M. Goldmann (DIBABA-Formel)

Eugen J. Maecker I

Hans Wündrich-Meißen

Edmund Sundhoff

Erich Gutenberg

Aufmerksamkeitswirkung

Sinneswirkung

Blickfang/Neugiererweckung durch eine Schlagzeile

Unbewusste Wahrnehmung

Definitionsstufe

Sinnergreifung

Aufmerksamkeit und Interesse

Attention (Aufmerksamkeit)

Attention (Aufmerksamkeit)

Aufmerksamkeit

Want (Bedarf )

Attention (Aufmerksamkeit)

Stufe I

Vertrauen

Stufe IV

Erwünschte Gedankenverbindung

Beweisstufe

Seelenformung

Wunsch

Verlust

Annahmestufe

Desire (Kaufwunsch) Conviction (Überzeugung)

Desire (Kaufwunsch) Confidence (Zutrauen)

Wunsch

Action (Handlung)

Desire (Kaufwunsch)

Stufe III

Einstellung

Begierdestufe

Action (Handlung/ Kaufakt)

Entscheidung

Stufe V

Gedächtniswirkung

Aufmerksamkeitswirkung

Hinstimmung

Gedächtniswirkung

Vorstellungswirkung/ Willenswirkung/ Gefühlswirkung Weiterpflanzungswirkung

Die Moral aus der Weckung des BeGegenüberstellung EinwandwiderStory/Überleitung zur darfs nach gebotener von Dienst und Preis legung gebotenen Leistung Leistung

Bewusste Wahrnehmung

Identifikationsstufe

Seelengewinnung

Überzeugung

Interest (Interesse)

Interest (Interesse)

Interesse

Solution (Lösung)

Interest (Interesse)

Stufe II

Stufen der Werbewirkung (Werbezielinhalte) Stufe VI

Verkettung

Kaufwirkung/ Umsatzwirkung/ Gewinnwirkung

Antrieb zum Handeln

Wunsch und Bedürfnis

Abschlussstufe

Seelenentladung

Handlung

Satisfaction (Zufriedenheit)

Action (Handlung/ Kaufakt)

Handlung und Zufriedenheit

Satisfaction (Zufriedenheit)

Action (Handlung/ Kaufhandlung)

2 Wirkungen und Effekte 563

Awareness (Bewusstheit)

Awareness (Bekanntheit)

1960

1961

1961

1962

1963

1963

1963

1966

Horst Machill

Russel H. Colley (DAGMAR Model)

Robert J. Lavidge, und Gary A. Steiner (Hierarchy-of-Effects Modell)

Eugen J. Maecker II

K. Christian Behrens

Friedhelm Jaspert

Paul W. Meyer

Rudolf Seyffert

Awareness (Bewusstheit)

1967

1967

Philip Kotler

C. H. Sandage und V. Fryburger

Message Presentation (Darbietung der Werbebotschaft)

William J. McGuire

Stufe II

Stufe III

Stufe IV

Attention (Aufmerksamkeit)

Erstkauf

Wahrnehmung

Knowledge (Kenntnis)

Image

Aufmerksamkeitswirkung

Information

Aufmerksamkeitswirkung

Beeindruckungs-erfolg

Aufmerksamkeitswirkung

Knowledge (Kenntnis)

Comprehension (Einsicht)

Gedächtniswirkung

Preference (Präferenz)

Comprehension (Einsicht)

Liking (Schätzung)

Nutzen

Yielding (der Einsicht Folge leisten)

Integration

Preference (Präferenz)

Präferenz

Vorstellungswirkung Gefühlswirkung

Hinstimmung

Vorstellungswirkung Gefühlswirkung

Gedächtnis- oder Er- Interessenweckungsinnerungserfolg erfolg

Vorstellungs-wirkung Gefühlswirkung/ Gedächtniswirkung

Liking (Schätzung)

Conviction (Überzeugung)

Gefühls- und Willenswirkung

Führung der erregten Weitergabe des Wer- Schaffung einer Aufmerksamkeit beinhaltes günstigen Stimmung

Retention (Behalten)

Gedächtniswirkung

Gedächtniswirkung

Verstandeswirkung/ Apell/Hinstimmung

Conviction (Überzeugung)

Stufe V

Stufe VI

Behavior (Verhalten)

Handlung

Loyalty (Treue)

Handlung

Willenswirkung

Handlungsanstoss

Willenswirkung

Aktionserfolg

Verkettung/Argumentation

Purchase (Kauf )

Action (Handlung)

Handlung (Anfrage und Kauf )

Auslösung einer Kaufhandlung

B III

1969

Produktkenntnis

Claycamp/Liddy (Ayer 1969 New Product Model)

Kontakt

Bekanntheit

Hans M. Fischerkoesen 1967

Sinneswirkung

Bekanntmachung

Sinneswirkung

Berührungserfolg

Sinneswirkung

Aufmerksamkeitswirkung

Erregung der Aufmerksamkeit

Stufe I

1958

W. Koch

Stufen der Werbewirkung (Werbezielinhalte)

Jahr

Autor/Bezeichnung

564 Outgrowth

1969

1971

1973

1974

1975

1975

1976

1978

1980

1982

1982

D.B. Montgomery und G.L. Urban

Thomas S. Robertson (Adoptions-ProzessModell)

Hermann Junk

A.S.C. Ehrenberg (A-T-R-Modell)

David A.Aaker und John G. Myers (DAGMAR MOD II)

Johannes Bidlingmaier

M. Wayne DeLozier

I. Mazanec

Werner Kroeber-Riel

Wilhelm Hill

Ivan L. Preston (Association-Model)

Stufe II

Trial Purchase (Probekauf )

Verständnis

Comprehension (Einsicht)

Awareness (Bewusstheit)

Exposure (Kontakt)

Berührungs- oder Streuerfolg

Aufmerksamkeit

passive und aktive Markenbe-kanntheit

Bewusstsein

Bedürfnisweckung

Awareness (Kenntnis)

Aufmerksamkeitswirkung

gedankliche Verarbeitung

Aufmerksamkeit

Verbesserung des Informationsstands

Presentation (Präsen- Attention (Auftation) merksamkeit)

Awareness (Bewusstheit)

Bekanntheit

Awareness (Bewusstheit)

Exposure (Kontakt)

Stufe I

Perception (Empfindung)

Gefühlswirkung

affektive Haltung

Markenwahlabsicht (Verbalverhalten)

Verstehen

Bildung von Präferenzen

Comprehension (Verständnis)

Repeat Purchase (Wiederholungskauf )

Einstellung

Attitude (Einstellung)

Attitude (Einstellung)

Stufe III

Stufen der Werbewirkung (Werbezielinhalte) Stufe IV

Trial (Ausprobieren)

Stufe V

Wiederkaufabsicht (Verbalabsicht)

Evaluation (Bewertung)

Erinnerungswirkung positive Hinstimmung und Interessenweckung

Kaufabsicht

Markenwahl (Realverhalten)

Einstellungsentwick- Lernen lung und -veränderung

Weckung von Kaufinteresse

Yielding (Nachgeben) Retention (Behalten)

Motivation

Legitimation (Legitimation)

Sales (Verkäufe)

Abb. 175 Stufenmodelle der Werbewirkungsforschung in chronologischer Reihenfolge (vgl. Bongard 2002: 215 f.)

Jahr

Autor/Bezeichnung Stufe VI

Action (Handlung)

Auslösung der Kaufhandlung

Kauf

Wiederkauf (Realverhalten)

Handlung

Auslösung von Kaufhandlungen

Behavior (Verhalten)

Reinforcement (Verstärkung)

Kaufakt

Adoption (Annahme)

Profits (Gewinne)

2 Wirkungen und Effekte 565

566

B III

Outgrowth

nach gelernt werden und sich die Präferenz für eine Marke herausbildet (vgl. Ray 1973: 150). Der Werbewirkungsprozess geht hier zunächst von der Unbekanntheit des beworbenen Produktes aus und wird in sechs darauf aufbauende Stufen unterteilt (1. Awareness/Bekanntheit, 2. Knowledge/Kenntnis, 3. Liking/Schätzung, 4. Preference/Präferenz, 5. Conviction/Überzeugung, 6. Purchase/Kauf). Dieses Stufenmodell fand große Verbreitung in der Werbeforschung, da es Lewis’ AIDA-Formel um die grundlegende Auffassung erweiterte, dass aus uninformierten potenziellen Konsumenten nicht unmittelbar überzeugte Käufer werden, sondern dass Werbung beim Konsumenten vielmehr einen mehrstufigen Prozess in Gang bringt, an dessen Ende möglicherweise erst nach mehrmaligem Kontakt mit der werblichen Kommunikation die Kaufhandlung steht (vgl. Mayer 1990: 64 f.). Da diese einzelnen „Treppenstufen“ eine Art Lernprozess darstellen, wird das „Hierarchy of Effects“-Modell oft auch als „Lerntheorie“ der Werbewirkung bezeichnet (vgl. Ray 1973: 150). Die klassischen Stufenmodelle bieten einen ersten Ansatz, um zu verstehen, welche inneren Prozesse Werbung im Konsumenten entfalten kann. Zahlreiche empirische Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass die in den hierarchischen Modellen angenommene strenge Reihenfolge der Effekte oft nicht gegeben ist. Dies liegt auch daran, dass diesen Modellen die Annahme eines stets aufmerksamen und an der Kommunikation interessierten Empfängers zugrunde liegt, was aber, wie gezeigt, wenig realistisch ist (vgl. Kap. B III 1.1). Auf diesen Umstand wies Herbert E. Krugman (1965: 349 f.) hin, als er untersuchte, wie Fernsehwerbung wirkt. Mit seinem von ihm in die Werbeforschung eingeführten Involvement-Konzept zeigte er, dass bei geringer Ich-Beteiligung des Konsumenten die Botschaft meist ohne Einstellungsänderung aufgenommen wird und dass Werbebotschaften durch häufige Wiederholung lediglich ein unbewusstes Lernen hervorrufen (vgl. Kap. B III 1.3.4.1). Dies geschieht zunächst ohne bewusste Steuerung. Die Bildung einer Einstellung zum Produkt erfolgt erst nach der Kaufhandlung und dem Gebrauch des Produktes (vgl. Schenk et al. 1990: 20 f.). Die Low-Involvement-Lernhierarchie lautet also: Kognition Lernen LEARN

→ → →

Konation Verhalten DO

→ → →

Affekt Einstellungsänderung FEEL

Michael L. Ray (1973: 147 f.) führt die von den beiden Modellen postulierte Effektabfolge mit ihrer strukturellen Unterschiedlichkeit zusammen. Dies geschieht durch die Annahme, dass bei hoher Ich-Beteiligung des Konsumenten die klassische Lernhierarchie für die Erklärung der Werbewirkung herangezogen werden kann, bei geringer Ich-Beteiligung jedoch die Low-Involvement-Lernhierarchie. Mit dieser Konkretisierung wird ein Metakonzept geschaffen, das zeitlich unterschiedliche Abfolgen der Werbewirkungseffekte vom Involvement des Konsumenten abhängig macht. Die von Ray durchgeführten empirischen Studien zeigen, dass das Ausmaß der Ich-Betei-

2 Wirkungen und Effekte

567

Abb. 176 Das Planungsmodell von Vaughn (Quelle: Vaughn 1986: 58)

ligung des Rezipienten einen wesentlichen Einfluss auf die Art der Verarbeitung von Werbekommunikationsangeboten hat (vgl. Ray 1973: 164). Ausgehend von dieser Erkenntnis wurde eine ganze Reihe von erweiterten Stufenmodellen entworfen, die unter Beachtung von intervenierenden Faktoren verschiedene lineare Wirkungsverläufe der Werbeeffekte in umfassende Modelle integrieren. Ein Beispiel hierfür ist das Planungsmodell von Richard Vaughn (1980, 1986), bei dem die Intensität der Ich-Beteiligung des Konsumenten und die verschiedenen Arten der Kaufentscheidung, die hier in „Testkauf “ (= „Feel“) und „Kauf aus Überzeugung“ (= „Think“) unterschieden werden, eine wichtige Rolle spielen und somit vier verschiedene Wirkungspfade beschrieben werden (s. Abb. 176). Auch das „Modell der Wirkungspfade“ von Werner Kroeber-Riel (Kroeber-Riel/ Weinberg 2003: 612 ff.), bei dem die Art der Werbung (informativ oder emotional) und das Ausmaß des Involvements des Konsumenten den Vorgang der Werbewirkung bestimmt, zählt hierzu. Ebenso ist das Integrated Information Response Model von Robert E. Smith und William R. Swinyard (1982: 81 f.) zu nennen, das den genauen Wirkungsverlauf der Werbebotschaft von der Akzeptanz der Werbeinformation abhängig macht und zusätzlich das Ergebnis der Kauferfahrung einbezieht. Bei hohem Involvement wird eine hohe Akzeptanz der Information und damit die klassische Lernhierarchie LEARN → FEEL → DO unterstellt. In diesem Fall sind die kognitiven und affektiven Effekte stark ausgeprägt. Bei geringem Involvement werden aufgrund geringer Akzeptanz der Werbeinformation nur schwache Effekte erzeugt und die Einstellung wird aufgrund von Testkäufen gebildet, auf deren Basis sich dann eine hohe Akzeptanz ausbilden kann sowie im Folgenden starke kognitive und affektive Folgeeffekte ablaufen. In diesem Fall ergibt sich eine Abfolge der Effekte, die hierarchisch als LEARN → FEEL → DO → LEARN → FEEL → RE-DO beschrieben werden kann (s. Abb. 177). Joachim Bongard (2002: 253 f.) stellt in einer Kritik dieser erweiterten Stufenmodelle, die auch als integrierte Stufenmodelle bezeichnet werden, dar, dass sich zwar

568

B III

Outgrowth

Abb. 177 Das Integrated Information Response Model von Smith und Swinyard (vgl. Smith/ Swinyard 1982: 85)

im Laufe der Zeit sowohl in Bezug auf die unterschiedlichen Wirkungsbedingungen als auch auf die Wirkungsverläufe der Kommunikationseffekte anspruchsvollere, differenziertere Ansätze entwickelt haben. Dennoch klammern diese Modelle soziale und situationale Komponenten der Werbewirkung, also den externen Kontext des Empfängers, aus und konzentrieren sich ausschließlich auf eine individualzentrierte Sichtweise. Zu ergänzen ist, dass auch der Kontext der Marke hier unberücksichtigt bleibt, was zusätzlich unterstreicht, wie wichtig heute die kommunikationsqualitative und damit unter anderem kontextbasierte Konzeption der kognitiv-emotionalen Prozesse im Outgrowth-Bereich Moderner Marketing-Kommunikation ist. Dieser Kritikpunkt gilt auch für das Totalmodell von John A. Howard und Jagdish N. Sheth (1969: 30), das den Anspruch hat, das komplette Kaufverhalten zu erklären. Wolfgang Koschnik (2005: 113) zufolge ist es das umfassendste und bekannteste Totalmodell. Es versucht, den Vorgang zu erklären, wie Konsumenten am Markt erhältliche Produkte vergleichen und auswählen. Dabei stützt sich dieses Modell wie die klassischen Hierarchiemodelle auch auf das S-O-R-Paradigma sowie auf die hierarchische Unterteilung der psychologischen Werbeeffekte in Kognition, Affekt und Konation. Interne und externe Kontexte wie Persönlichkeitsmerkmale oder das soziale Umfeld des Konsumenten werden zwar integriert, in ihrer Wirkung jedoch nicht erklärt (vgl. Bongard 2002: 260 f.). Relationale Modelle schließen diese Lücke, indem sie den Empfänger mit dem Kommunikationsangebot in ein Verhältnis setzen und die Wirkung als ein Ergebnis dieser Relation beschreiben. Dabei konzipieren sie Kommunikationswirkungen tri-

2 Wirkungen und Effekte

569

modal aus der Relation zwischen Informationsangebot (Stimulus), dem internen und dem externen Kontext des Rezipienten (vgl. Merten 1994: 312) und lösen sich so vom klassischen S-O-R-Modell. Diese Modelle können als „transklassisch“ (Halff 1998: 67) bezeichnet werden. In der Werbewirkungsforschung lassen sich alle Modelle als relational bestimmen, die das Involvement-Konstrukt als entscheidenden Faktor der Werbewirkung betrachten (vgl. Bongard 2002: 293). Auch die Erforschung der Wirkungen Moderner Marketing-Kommunikation geht von einem derartigen relationalen Wirkungsverständnis aus, das in dem Zusammenhang von Aufmerksamkeit für ein Marketing-Kommunikationsangebot, Marketing-Kommunikationswissen und kontextgebundener Rezeptionsrelevanz den zentralen Ansatzpunkt zur Erklärung von Marketing-Kommunikationswirkungen sieht. Als ein derartiges relationales Modell ist das Elaboration-Likelihood-Model von Richard E. Petty und John T. Cacioppo (2011) zu nennen, das den Ablauf der Werbewirkung über zwei unterschiedliche Wege beschreibt (vgl. Kap. B 2.5.1). Bei hohem Involvement des Empfängers wird die zentrale, rational-kognitive Route der Verarbeitung eingeschlagen, die der klassischen Lernhierarche LEARN → FEEL → DO ähnelt. Bei niedrigem Involvement des Rezipienten kommt die entgegengesetzte periphere, affektive Route zum Zug, die oberflächliche und in ihrem Bestand labile Effekte hervorbringt (s. Abb. 21). Der Wert dieses Modells liegt vor allem in seinem integrativen Potenzial, das die Interdependenz zwischen Medium, Rezipient und Situation erfasst. Gleichwohl ist die Operationalisierung des Modells für empirische Forschungen nicht unproblematisch, was aber nichts an dessen hoher Relevanz für die Wirkungsforschung ändert (vgl. Bongard 2002: 358 f.). Hinsichtlich des Anspruchs der empirischen Prüfbarkeit von Wirkungsmodellen ist heute zu konstatieren, dass es aufgrund der Komplexität der Wirkungsbedingungen von Marketing-Kommunikation unmöglich erscheint, ein umfassendes, für die empirische Forschung geeignetes Wirkungsmodell zu entwickeln. Auf der Suche nach einer befriedigenden Antwort auf die Frage: „Wie wirkt Werbung ?“ analysieren Demetrios Vakratsas und Tim Ambler (1999: 26) in einer Studie über 250 in jüngerer Zeit erschienene Arbeiten aus dem englischsprachigen Raum, die sich mit diesem Thema befassen. Die Autoren nehmen anhand der Abfolge der Effekte eine Systematisierung der Werbewirkungskonzepte vor (s. Tab. 20). Vakratsas und Ambler kommen in der Auswertung der Konzepte zu dem Schluss, dass es durchaus sinnvoll ist, bei Untersuchungen der Werbewirkung kognitive und affektive Prozesse sowie die (Produkt-)Erfahrung zu berücksichtigen. Die These, dass diese Komponenten der Wirkung in einer bestimmten hierarchischen Reihenfolge ablaufen, lässt sich empirisch aber nicht nachweisen. Vielmehr schlussfolgern auch diese beiden Autoren, dass die einzelnen Effekte miteinander interagieren und sich bedingen – die Wirkung von Marketing-Kommunikation also ein relationales Konstrukt ist. Welcher Effekt dabei besonders zur Werbewirkung und anschließenden Handlung beiträgt, ist dabei von bestimmten internen Faktoren, beispielsweise vom Involvement und – so kann theoretisch begründet vermutet werden – von der Re-

570

B III

Outgrowth

Tab. 20 Übersicht der Werbewirkungsmodelle nach Abfolge der Hierarchien (vgl. Vakratsas/ Ambler 1999: 27) Kategorie

Abfolge der Effekte

Anmerkungen

Market Response Models

Es werden keine Effekte in Betracht gezogen

Marktuntersuchungen in der Tradition des S-RModells, z. B. zur Vorhersage von Werbeerfolg

Cognitive Information Models

THINK ® DO

Modelle gehen von einem rein rationalen Verbraucherverhalten aus. Werbung liefert Informationen an den informierten Empfänger

Pure Affect Models

FEEL ® DO

Konzentration auf emotionale Reaktionen des Empfängers. Werbung wirkt auf Einstellung

Persuasive Hierarchy Models

THINK ® FEEL ® DO

Die Modelle gehen von einem Werbewirkungsprozess über mehrere Stufen aus

Low-Involvement Hierarchy Models

THINK ® DO ® FEEL

Die Modelle postulieren bei geringem Involvement einen großen Einfluss der Produkterfahrung auf das Verhalten

Integrated Models

Abfolge abhängig von weiteren Faktoren wie Produkteigenschaften/Involvement

Kognition, Affekt und Konation werden mit einbezogen, deren Abfolge ist jedoch situativ unterschiedlich

Hierarchy-Free Models

Es existiert keine Abfolge von Effekten

Modelle, die sich der unterschiedlichen Einteilung der Effekte entziehen

zeptionsrelevanz und die diese beeinflussenden Kontexte, der Aufmerksamkeit sowie dem Marketing-Kommunikationswissen (z. B. Brand Literacy, Wissen über die Produktkategorie, über die Lebenszyklusphase in der sich das Produkt befindet) abhängig (vgl. Vakratsas und Ambler 1999: 35 f.). Ähnlich formuliert Wolfgang Koschnik (2005: 112), allerdings sehr radikal, dass die Stufenmodelle der Kommunikationsforschung „tot“ seien und weist darauf hin, dass Werbungtreibende, der Werbeträger, das Werbemittel und der Umworbene allesamt Akteure im Wirkungsprozess sind (Koschnik 2005: 117). Auch aus diesem Befund lässt sich die heutige Notwendigkeit für kommunikationstheoretische relationale Modelle der Werbe- und Marketing-Kommunikationswirkung herauslesen, die ein handelndes Individuum und kein reaktives Verhaltensbündel zum Ausgangspunkt von Überlegungen zu Kommunikationswirkungen haben.

2 Wirkungen und Effekte

2.3

571

Explizite und implizite Effekte

Im Zusammenhang mit Überlegungen und Untersuchungen zur Wirkungsweise von Marketing-Kommunikation findet sich seit Mitte des ersten Jahrzehnts der 2000er Jahre verstärkt die Unterscheidung von expliziten und impliziten Effekten (vgl. z. B. Scheier/Held 2018, Fehse 2009). Diese Unterscheidung geht auf die Klassifikation von Gedächtnisleistungen zurück, wobei zwei Grundtypen unterschieden werden: das deklarative, elaborierte beziehungsweise kontrollierte, explizite Gedächtnis auf der einen Seite und das prozedurale, automatisierte, implizite Gedächtnis auf der anderen (vgl. Roth 2009). Die Tab. 21 stellt die jeweiligen Spezifika der Prozesse, die in diesen beiden Gedächtnistypen ablaufen, gegenüber. Die Informationsverarbeitung impliziter Prozesse ist überwiegend paralleler Art. Sie orientiert sich an auffälligen Merkmalen, ist flach und hat einfache Bedeutungskonstrukte zum Ergebnis. Sie dient der schnellen und intuitiven Handlungssteuerung, beispielsweise bei unmittelbar zu treffenden Entscheidungen, dem automatischen Analysieren und dem Lernen von Mustern und Schemata. Explizite Prozesse beruhen nach überwiegender Meinung hingegen auf serieller Informationsverarbeitung, die komplexe Bedeutungen produziert. Sie konstituieren alles, was Menschen bewusst und durchdacht sagen oder tun, seien es bewusste Erinnerungen, geäußerte Meinungen oder Erklärungen für eigene Handlungen. Auch wenn es um die Lösung neuartiger, kognitiv oder motorisch schwieriger Probleme

Tab. 21

Eigenschaften impliziter und expliziter Gedächtnisprozesse (vgl. Roth 2001: 229 f.)

Implizite Prozesse

Explizite Prozesse

unabhängig von der Begrenzung kognitiver Ressourcen

stark abhängig von der Bereitstellung kognitiver Ressourcen (z. B. notorische Begrenztheit des Arbeitsgedächtnisses)

willentliche Kontrolle der Prozesse ist schwach oder nicht vorhanden

willentlich kontrollierbar

Aufmerksamkeit und Bewusstsein sind nicht notwendig bzw. stören

benötigen Aufmerksamkeit und Bewusstsein

schnell und mühelos

langsam (Sekunden bis Minuten) und mühevoll

meist unimodale, oberflächliche Informationsverarbeitung

benötigen intensiven Zugriff auf das Langzeitgedächtnis

geringe Fehleranfälligkeit

sehr störanfällig

verbessern sich durch Übung und sind gleichzeitig nach erfolgter Einübung bzw. Konsolidierung schwer veränderbar

geringe Übungseffekte, aber schnell veränderbar

sind in ihren Details sprachlich nicht berichtbar

sind sprachlich berichtbar

572

B III

Outgrowth

geht, kommen immer explizite Prozesse im Gedächtnis zum Tragen (vgl. Roth 2009, Scarabis/Heinsen 2008: 30). Das Verhältnis von expliziten und impliziten Prozessen der Informationsverarbeitung formuliert Manfred Spitzer (2002: 146) treffend: „Wir nehmen zwar nicht immer alles wahr, aber wir sind nicht in der Lage, unser Wahrnehmungssystem daran zu hindern, immer so viel wie möglich wahrzunehmen.“

Die Differenzierung in implizite und explizite Bewusstseinsprozesse ist im Kontext der Marketing-Kommunikation keineswegs neu. In anderer Terminologie formuliert, beruht auf ihr der Mythos der geheimen Verführer, wie er von Vance Packard (1957) kreiert wurde. Demnach können werbliche Stimuli implizite Effekte hervorrufen, indem sie kognitiv ungefiltert direkt ins Unterbewusstsein gelangen und dort verhaltenssteuernd wirken. Entsprechend kam mit der Neuromarketing-Forschung, der besonders die Wiederentdeckung der beiden Gedächtnistypen im Zusammenhang mit Fragestellungen zu Marketing-Kommunikationswirkungen zu verdanken ist, anfangs die naive Vorstellung auf, dass das Gehirn über einen spezifischen Kaufentscheidungsmechanismus verfügen könnte. Die Hypothese eines neuronalen „Kaufknopfes“, die besagt, dass es einen spezifischen Hirnbereich gibt, der für das Kaufen von Waren und Dienstleistungen zuständig ist, wurde jedoch rasch widerlegt (vgl. Kenning 2014). Ebenfalls widerlegte die Neuromarketing-Forschung das lange Zeit gelehrte und in der Praxis weit verbreitete Zwei-Hemisphären-Modell der Wahrnehmung, nach dem Menschen eine linke, rationale und eine rechte, emotionale Hirnhälfte haben. Beide Gehirnhälften sind vielmehr durch über 200 Millionen Nervenfasern miteinander verbunden, wodurch kognitive und emotionale Vorgänge gleichzeitig in verschiedenen Regionen des Hirns stattfinden (vgl. Scheier/Held 2018). Aber auch diese, im Zusammenhang mit der Neuromarketing-Erforschung von impliziten und expliziten Gedächtnisprozessen kommunizierte Erkenntnis ist nicht neu – ist sie doch bereits von Luc Ciompi (1999, 2007) im Rahmen einer Affektlogik entwickelt oder schon von Werner Kroeber-Riel (1987: 43) seiner Konsumentenforschung zugrunde gelegt worden. Das implizite Wirken des in Kapitel B III 2.4.6 behandelten Priming-Effekts ist inzwischen mehrfach beschrieben und untersucht worden (vgl. Scarabis/Florack 2007: 475 f.; Scheier/Held 2018). In diesem Zusammenhang kann auch das Phänomen des Mere-Exposure-Effekts (Kapitel B III 2.4.4) genannt werden, der ebenfalls unbewusst wirkt. Vampir-Effekte (Kapitel B III 2.4.8), die Ablenkung von der Werbebotschaft durch bestimmte Reize in der Marketing-Kommunikation, sind ebenfalls impliziter Natur, werden also nicht bewusst vom Rezipienten gesteuert. Diesen stehen aber eine Reihe kommunikationspsychologischer Effekte gegenüber, die mit einer expliziten Bewertung der Wahrnehmung einhergehen. Beispielsweise entsteht der BumerangEffekt (Kapitel B III 2.4.7) erst, wenn der Rezipient aufgrund von persönlich wahr-

2 Wirkungen und Effekte

573

genommener Reaktanz gegenüber einer Werbebotschaft seine Meinung ändert. Die Theory of Planned Behaviour geht ebenfalls von einem Rezipienten und Konsumenten aus, der seine Anschlusshandlungen bewusst im Einklang mit seinen Einstellungen und Möglichkeiten intentional plant (Kapitel B III 2.4.3). Die Erkenntnis darüber, dass viele das Kaufverhalten steuernde Prozesse implizit ablaufen, hat hinsichtlich der empirischen Wirkungsforschung weitreichende Auswirkungen: Die Wirkung von Marketing-Kommunikation kann durch die herkömmlichen Methoden der Konsumentenbefragungen umfassend nur schwer erfasst werden, denn fast alle klassischen Methoden der quantitativen und qualitativen Marktforschung zielen auf das Erfassen expliziter Prozesse im Gehirn der Konsumenten. So erfordern beispielsweise die in der Marktforschung häufig eingesetzten (schriftlichen oder mündlichen) Befragungen vor der Beantwortung durch den Befragten explizite Prozesse in Form der Erinnerung relevanter Wissenselemente, einer reflektierten Urteilsbildung und der Formulierung einer Auskunft (vgl. Scarabis/Florack 2007: 467). Zum Teil beruht die Fokussierung auf das explizite System in der Marktforschung sicherlich auf der Dominanz der wirtschaftsorientierten Sicht des Menschen als rational handelnden „homo oeconomicus“, die sich auch in zahlreichen psychologischen Theorien wiederfindet (vgl. Raab et al. 2013). Christan Scheier und Dirk Held (2018 halten hierzu fest, dass die klassische Marktforschung an ihre Grenzen stößt. Das Methodenrepertoire muss daher um Verfahren ergänzt werden, die geeignet sind, implizite Wirkungen beim Verbraucher zu messen und zu quantifizieren: Eine Sorte derartiger Verfahren, um Einsichten in implizite und automatisch ablaufende Prozesse zu erhalten, sind apparative Methoden (zum Beispiel Messungen per Tachistoskop oder Eye-Tracking). Moderne bildgebende Verfahren, die Gehirnaktivitäten abbilden, liefern Hinweise auf die neuronalen Auswirkungen bestimmter kommunikativer Stimuli. Qualitative Verfahren aus der Experimentalpsychologie wie das Picture Sorting, bei dem unterschiedliche Bildmotive (z. B. Markenlogos oder Packshots) spontan bestimmten Eigenschaften zugeordnet werden sollen, Collagetechniken sowie tiefenpsychologische Interviews werden ebenfalls eingesetzt, um implizite Effekte aufzudecken (vgl. Scarabis/Heinsen 2008: 31). Besonders zu erwähnen sind die reaktionszeitbasierten Methoden, die in der psychologischen Grundlagenforschung seit Jahrzehnten zur quantitativen Messung des Impliziten eingesetzt werden. Die Probanden werden hier nicht gefragt, woran sie sich erinnern oder welche Präferenzen sie haben. Vielmehr werden ihre Reaktionen betrachtet und die dafür erforderliche Zeit wird gemessen (Reaktionszeitmessung). Eine Gruppe um David A. Aaker beschrieb bereits 1980 einen Test, der Produktpräferenzen anhand der Antwortzeiten auf Fragen bewertet (vgl. Aaker et al 1980). Moderne, computerbasierte Versuchsanordnungen erlauben inzwischen sehr exakte Methoden, beispielsweise den Implicit Association Test (IAT): Hier werden die Verknüpfungen von dichotomen Kategorien (wie „gut“ und „schlecht“ oder „innovativ“ und „traditionell“) mit Marken untersucht. Per Knopfdruck auf einer Tastatur (Reaktion) soll der Teilnehmer den gezeigten Kombinationen zustimmen oder sie ableh-

574

B III

Outgrowth

nen (s. ausführlich Scarabis/Florack 2007: 472 f.). Analysiert werden die Reaktionszeiten, die Aufschluss über implizite und explizite Assoziationen geben. Da jedoch auch reaktionszeitbasierte Methoden Schwächen aufweisen (z. B. eine in der Regel geringere Reliabilität als standardisierte Befragungen, schwierigere Durchführbarkeit), empfehlen Martin Scarabis und Arnd Florack (2007: 480) in Abhängigkeit von der Zielsetzung im Sinne des angestrebten Erkenntnisgewinns einen kombinierten Methodeneinsatz, bei dem implizite und explizite Effekte in jeweils unterschiedlicher Gewichtung erfasst werden.

2.4

Kommunikationspsychologische Effekte

Im Folgenden werden einige kommunikationspsychologische Effekte vorgestellt, die in der Literatur im Zusammenhang mit Ausführungen zu den Wirkungen der Marketing-Kommunikation immer wieder genannt werden. Die Auflistung ist nicht nach dem Kriterium der Vollständigkeit, sondern dem der eingeschätzten Prominenz des einzelnen Effekts erfolgt. Das Konzept und die bedeutende Rolle des Customer und Advertising Engagements für die Moderne Marketing-Kommunikation ist bereits dargestellt worden, weswegen hier ein Verweis auf das Kapitel A 2.1.5 genügt. Unter kommunikationspsychologischen Effekten sollen als spezifische Outgrowth-Art diejenigen Effekte verstanden werden, die mit Prozessen im kognitivemotionalen System des Rezipienten/Konsumenten erklärt werden, und zwar unter weitestgehender Ausblendung situativer, sozialer oder medialer kontextueller Einflussfaktoren. Ebenfalls steht bei den Erklärungen kein Bezug zum für Kommunikation notwendigen Kriterium der Reflexivität im Vordergrund. Auch wenn zumindest in eingeschränkter Art das Kriterium der Selektivität seine Berücksichtigung findet – beispielsweise in Form der selektiven Mitteilungsaufnahme als Folge kognitiver Dissonanz oder in Form des Versuchs der Aufmerksamkeitsgewinnung beim Vampir-Effekt –, können die Effekte dennoch nur schwerlich in kommunikationsqualitativer Hinsicht interpretiert werden. Zusammenfassend können die kommunikationspsychologischen Effekte also als Beschreibungen kommunikationsinduzierter psychischer Veränderungen eines Menschen aufgefasst werden, die auf einem kausal gedachten Ursache-Wirkungs-Zusammenhang beruhen, der aus dem komplexen und dynamischen Gesamtzusammenhang isoliert und psychologisch analysiert wird.

2.4.1 Kognitive Dissonanz Nach der „Theorie der kognitiven Dissonanz“ von Leon Festinger (1957) versucht ein Individuum nach der Wahrnehmung von Mitteilungen, deren Bedeutungen nicht der eigenen Einstellung entsprechen, die dabei entstehenden kognitiven Spannungen zu

2 Wirkungen und Effekte

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reduzieren. Festinger geht davon aus, dass die kognitiven Elemente eines Menschen normalerweise miteinander in Einklang stehen. Unter kognitiven Elementen versteht er Meinungen, Erfahrungen oder Überzeugungen, die entweder in einer gewissen relevanten Beziehung zueinander stehen oder völlig irrelevant füreinander sein können. Für das Entstehen von Dissonanz sind nur relevante Relationen bedeutend. Festinger (1957: 13) postuliert: „… two elements are in a dissonant relation, if considering these two alone, the obverse of one dement would follow from the other. To state it a bit more formally, X and Y are dissonant if not-X follows from Y.“ Die Dissonanztheorie wurde auf verschiedene Problemkreise angewandt und getestet. Eine Vielzahl von Experimenten und Feldstudien hat die wichtige Rolle der kognitiven Dissonanz bei der Veränderung von Einstellungen und (Kauf-)Handlungen aufgezeigt (vgl. Crano/Prislin 2006, Eagly/Chaiken 2010). Kognitive Dissonanz kann verschiedenen Quellen entspringen: Logische Inkonsistenz ist nicht die einzige Ursache. Es können auch persönliche Erfahrungen und Überzeugungen, der kulturelle oder soziale Hintergrund eine Rolle spielen. Kognitive Dissonanz ist somit immer bezogen auf individuell-situative Kontexte. Beispielsweise können die zwei Kognitionen „Ich rauche viel“ und „Raucher gelten als männlich“ in einem durchaus konsonanten Verhältnis für einen Mann stehen, jedoch weniger für eine Frau (vgl. Schenk 2007: 149 f.). Das genaue Ausmaß an Dissonanz ist von zwei Dingen abhängig (vgl. Festinger 1957: 16 f.): Der Effekt ist umso stärker, je größer die Bedeutung der kognitiven Elemente für eine Person ist. Zudem ist die Dissonanz umso stärker, je mehr dissonante Kognitionen in der Menge aller relevanten Kognitionen enthalten sind. Werner Kroeber-Riel und Peter Weinberg (2003: 184) fassen diesen Zusammenhang in folgender Formel zusammen (Abb. 178):

Dissonanzstärke =

Anzahl dissonante Kognitionen Anzahl gesamte Kognitionen

× Bedeutung der kognitiven Elemente

Abb. 178 Bestimmung des Ausmaßes der kognitiven Dissonanz (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003: 184)

Für die Marketing-Kommunikation folgt daraus, dass für ein persönlich unwichtiges Konsumgut die Dissonanz geringer ausfällt als für sozial oder ökonomisch bedeutungsvolle Produkte (vgl. Schenk et al. 1990: 56 f.). Entsprechend hängt von dem Ausmaß der Dissonanz ab, wie stark die Motivation ausgeprägt ist, die entstandene Dissonanz zu reduzieren (vgl. Schenk 2007: 151). So merkt auch Eva Heller (1984: 183) zu Recht an: „Kein Kaugummikäufer informiert sich nachträglich, um seine Entscheidung zu rechtfertigen. Schmeckt ihm das Zeug nicht, kauft er das nächste Mal ein andere Marke oder lässt es ganz.“

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Hinsichtlich der Auswirkungen von Dissonanz auf das Individuum trifft Festinger (1957: 3) zwei grundlegende Annahmen: 1) Kognitive Dissonanz erzeugt einen als unangenehm empfundenen (Spannungs-) Zustand, der die betreffende Person dazu motiviert, die Dissonanz zu reduzieren und möglichst Konsonanz herzustellen. 2) Zusätzlich wird die Person aktiv Situationen und Informationen meiden, die vermutlich zu einem Anstieg der Dissonanz führen. Die Folge der ersten Annahme für die Marketing-Kommunikation ist, dass permanent auch mit denjenigen Personen kommuniziert werden muss, die das beworbene, persönlich relevante Produkt bereits konsumiert oder in Gebrauch haben, um sie in ihren Handlungsweisen zu bestärken (vgl. Raffée et al. 2013). Die Dissonanz nach Kaufentscheidungen spielt somit eine wichtige Rolle im After-Sales-Marketing und in der Ansprache von Bestandskunden mittels Direktmarketings. Wie erwähnt, ist der Druck zur Reduktion kognitiver Dissonanz umso ausgeprägter, je größer die persönliche Bedeutung des Resultates der Kaufhandlung ist („Kaufreue“). In der Praxis sieht man beispielsweise, dass insbesondere kommunikative Maßnahmen der Nachkaufwerbung im Automobilsektor von großer Bedeutung sind. Leon Festinger hat bereits 1964 auf eine empirische Untersuchung von Danuta Ehrlich et al. (1957) hingewiesen, in der festgestellt wurde, dass Konsumenten nach dem Erwerb eines neuen Autos bevorzugt Werbeanzeigen über den von ihnen erworbenen Wagentyp gelesen haben (vgl. Festinger 1964: 32). Der Theorie der kognitiven Dissonanz zufolge geht dem letztlich vollzogenen Kauf eines Kraftfahrzeuges eine Auswahlentscheidung zwischen diesem Produkt und in Erwägung gezogenen alternativen Wagentypen voraus. Bei der Entscheidung zugunsten eines Wagentyps werden die positiven Merkmale der konkurrierenden Produkte verdrängt oder abgewertet, womit der Sachverhalt der kognitiven Dissonanz gegeben ist: Der vollzogene Kauf wird als nicht übereinstimmend mit den Informationen erlebt, die vorher über den erworbenen Wagen und den mit ihm konkurrierenden Autotypen gesammelt wurden. Anhand des Lesens von Werbeanzeigen über das gekaufte Auto, in denen gerade die Vorteile dieses Produktes dargestellt werden, versucht der Konsument, die getroffene Entscheidung nachträglich zu rechtfertigen, um so die wahrgenommene Dissonanz herabzumindern, bis sein kognitives System wieder einen konsistenten Zustand erreicht hat (vgl. Festinger 1964: 32). Aus der zweiten Annahme von Festinger ist für die Marketing-Kommunikation zudem abzuleiten, dass die Richtigkeit einer Aussage noch lange keine Gewähr dafür ist, dass sie von den Rezipienten, die diese Information erhalten, auch akzeptiert wird. So scheitern beispielsweise viele Kampagnen auf dem Sektor des Social Marketings an diesem grundlegenden kommunikativen Prinzip der individuellen Bedeutungskonstruktion. Viele Informationen zur Krebsvorsorge oder zu anderen gesundheitsrelevanten Themen unterliegen bei den Zielgruppen Vermeidungsmechanismen: Un-

2 Wirkungen und Effekte

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bequeme Informationen über gesundheitliche Gefahren werden abgewertet oder für die eigene Person als nicht relevant eingestuft.

2.4.2 Halo-Effekt Der Halo-Effekt (engl.: (Licht-)Hof, Schein, Heiligenschein) wurde von Edward Lee Thorndike (1920) entdeckt und beschreibt ein Phänomen der Wahrnehmung, bei dem einzelne Eigenschaften so dominant wirken, dass sie einen „überstrahlenden“ Gesamteindruck erzeugen. Der Effekt beschreibt also den Einfluss eines allgemeinen Eindrucks auf einen speziellen. Der Halo-Effekt ist in allen Bereichen der menschlichen Urteilsbildung zu finden. Er tritt immer dann auf, wenn bei der Wahrnehmung beispielsweise eines Produktes oder einer Dienstleistung aufgrund von einer Eigenschaft auf weitere Eigenschaften geschlossen wird (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003: 310). Grundlage des Effekts ist die Regel vom ersten Eindruck, den man von einer Person oder einer Sache hat. Es wurde festgestellt, dass er sogar noch stärker auf die Einstellung des Rezipienten wirkt, wenn die Wahrnehmung ohne bewusste Aufmerksamkeit erfolgt, als wenn diese bewusst abläuft (vgl. Nisbett/Wilson 1977: 256). Die psychologische Erklärung für den Halo-Effekt liegt im Streben nach der Vermeidung von kognitiver Dissonanz (vgl. vorheriges Kap. B III 2.4.1). Wird ein Objekt oder eine Person positiv beurteilt, so werden andere Eigenschaften, auch wenn sie nicht wahrgenommen wurden und in keinem Zusammenhang mit der bisherigen Wahrnehmung stehen, ebenfalls positiv beurteilt (vgl. Forgas 1987: 61 f.). Als Beispiel für den Halo-Effekt in der Marketing-Kommunikation kann bei der Country-of-Origin-Strategie die Nennung des Herkunftslandes bei einigen (meist hochwertigen) Produktgruppen genannt werden. Bestimmte Länderstereotype färben auf das Produkt ab: So gelten Automobile aus Deutschland als besonders hochwertig und innovativ und italienische Schuhe als modisch (vgl. Kotler/Bliemel 1995: 301 f.). Auch das Celebrity Endorsement (die werbliche Empfehlung eines Produktes durch einen Prominenten) nutzt den Halo-Effekt, indem positive Eigenschaften einer bekannten Person auf das Produkt ausstrahlen, zum Beispiel der professionelle Erfolg eines Athleten, der für Sportartikel wirbt (vgl. Felser 2015).

2.4.3 Intentionalität Wie konstituiert sich der Effekt der Intention des Konsumenten, eine bestimmte Handlung zu vollziehen ? Eine viel besprochene Antwort liefert die Theory of Planned Behavior/TOPB („Theorie des geplanten Verhaltens“) von Icek Ajzen (1985), die aufgrund ihrer Einfachheit zu den populärsten Theorieansätzen in der Wirkungsforschung zählt und

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als Grundlage für zahlreiche Studien dient (vgl. den Überblick bei Bauer et al. 2004: 300). Wie ihr Name zum Ausdruck bringt, handelt es sich um eine Theorie, in deren Mittelpunkt die Absicht einer Handlung und damit die Planung der Handlung stehen. Ihr Ausgangspunkt liegt in dem Zusammenhang von Einstellung und Verhalten, wobei sie aber als eine Weiterentwicklung der klassischen Einstellungstheorie mit ihrem Drei-Komponenten-Modell, bestehend aus affektiven, kognitiven und konativen Elementen, aufzufassen ist. Die TOPB formuliert den Zusammenhang des Einflusses von Einstellungen auf beobachtbare Handlungen unter Berücksichtigung weiterer Faktoren, vor allem dem der Intentionalität. Intentionen werden als Indikatoren aufgefasst, wie intensiv sich Individuen bemühen, eine bestimmte Handlung auszuführen (vgl. Ajzen 1991). Ausgangsposition der Theory of Planned Behavior ist die von Icek Ajzen und Martin Fishbein (2002) entwickelte Theorie des überlegten Handelns (vgl. Schenk et al. 1990: 127 f.), deren Fokus auf den beiden Faktoren „soziale Norm“ und „Einstellung“ liegt. Durch die Ergänzung des dritten einflussnehmenden Faktors, dem der „wahrgenommenen Handlungskontrolle“, erfolgte die Weiterentwicklung zur Theorie des geplanten Verhaltens. Die Intention („Intention“) wird als die nahezu einzige Determinante von äußeren Handlungen („Behavior“) aufgefasst. Wenn man diese verstehen möchte, etwa zu Zwecken der Vorhersage, werden Daten über die Prädiktoren benötigt, welche der Handlungsabsicht zugrunde liegen. Diese sind einerseits die Einstellungen als Summe aus Erwartungen und Bewertungen gegenüber einer Handlung („Attitude towards the behavior“) sowie die subjektiven Normen („Subjective Norm“), welche den sozialen Druck reflektieren, der von der Person nahestehenden Menschen in Bezug auf die Aus- bzw. die Nichtausführung einer bestimmten Handlung ausgeht. Eine Person wird nach Ajzen eine Handlung dann ausführen, wenn sie diese positiv bewertet und wenn sie glaubt, dass für sie bedeutsame Personen die Ausführung dieser Handlung ebenfalls positiv bewerten würden. Sollte es für die Person keine relevanten Bezugspersonen geben, so wird die Einstellungsdeterminante ein größeres Gewicht bekommen. Auf der anderen Seite ist es möglich, dass die starke Verankerung der Person in einer Gruppe bewirkt, dass der subjektiv erlebte Druck den primären oder sogar einzigen Prädiktor der Handlungsabsicht darstellt und die Einstellungen für die Handlungsvorhersage irrelevant werden. Als drittes Konstrukt der Handlungsintention wird neben der Einstellung gegenüber der Handlung und der subjektiven Norm die wahrgenommene Handlungskontrolle („Perceived behavioral control“) angesetzt. Diese bezeichnet den erwarteten Aufwand bei der tatsächlichen Ausführung der beabsichtigten Handlung. Damit wird die Überzeugung einer Person, wie leicht oder wie schwierig eine Handlung für sie auszuführen ist, berücksichtigt. Faktoren können hierbei die individuelle Fähigkeit zum Vollzug der Handlung oder verfügbare Ressourcen wie Zeit oder Geld sein. Die wahrgenommene Handlungskontrolle kann die Handlung zum einen indirekt über die Intention beeinflussen, sich aber zum anderen auch direkt auf die Handlung aus-

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Abb. 179 Das Konzept der Theory of Planned Behavior von Ajzen (1991: 182)

wirken. Demnach sagt die Intention nur den Versuch der Handlungsausführung vorher und nicht auch notwendigerweise deren Ausführung final voraus. Außer dass die drei Prädiktoren auf die Intention und die Handlung wirken, stehen sie auch in einem Verhältnis wechselseitigen Einflusses (vgl. Abb. 179). Durch die Analyse des Zustandes der Intentionalität von Zielpersonen in Bezug auf marken- oder produktgruppengerichtetes Handeln können geeignete Strategien für die Marketing-Kommunikation gefunden werden, die es erlauben, effektiv und zielgerichtet auf die Prädiktoren der Intention einzuwirken, sodass auf diese Weise Einfluss auf das konsumtive Handeln genommen werden kann (vgl. Ajzen 2008: 539 sowie das Beispiel der ökologischen Lebensmittel bei Bauer et al. 2004).

2.4.4 Mere-Exposure-Effekt Klassische Mediawerbung wird in den meisten Fällen nicht mit gezielter Aufmerksamkeit betrachtet. Die Relevanz, die Zielpersonen werblichen Kommunikationsangeboten zuschreiben, ist in der Regel gering. Dennoch kann Werbung auf die Einstellung zum beworbenen Objekt einwirken, auch wenn sie nicht bewusst wahrgenommen wird. Zum Beispiel ist eine gängige Werbestrategie zur Vermarktung neuer Musikstücke deren wiederholtes Spielen im Radio. In der politischen Marketing-Kommunikation sollen Politiker durch ständige Wiederholung und Darbietung auf Wahlplakaten bekannt und populär gemacht werden (vgl. Felser 2015). Die blo-

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ße Darbietung eines Reizes (mere exposure) ist also bereits im Sinne der klassischen Konditionierung eine hinreichende Bedingung dafür, dass eine affektive Reaktion ausgelöst und dieser Stimulus bei einer späteren Begegnung positiver bewertet wird. Dieser so genannte Mere-Exposure-Effekt (MEE) wurde von Robert B. Zajonc (1968) das erste Mal systematisch beschrieben und empirisch nachgewiesen. Er formuliert die These: „Mere repeated exposure of the individual to a stimulus is a sufficent condition for the enhancement of his attitude towards it.“ (Zajonc 1968: 1)

Die bisherige Literatur über den MEE, seine Auswirkungen und die Prozesse, die zu seiner Entstehung führen, ist umfangreich und interdisziplinär. Im Hinblick auf die Forschung der Marketing-Kommunikationswirkung wurde ebenfalls eine große Anzahl von Studien durchgeführt. Hier ist der MEE vor allem bezüglich der Einstellungsänderung gegenüber Marken relevant (vgl. Grimes/Kitchen 2006: 193 f.). So wurde gezeigt, dass Marken umso positiver bewertet werden, je öfter diese dem Publikum dargeboten werden. In einer Meta-Analyse wertet Robert Bornstein (1989) über 130 empirische Untersuchungen zum MEE aus (vgl. die Zusammenfassung bei Felser 2015): •













Mere-Exposure-Effekte lassen sich mit ganz unterschiedlichen Stimuli erzeugen, seien es visuelle (z. B. geschriebene Wörter, Personen, Gegenstände, Markenlogos), auditive (Klänge, Melodien, Markenjingles), olfaktorische (Produktgerüche) oder gustatorische (Geschmäcker) Reize. Komplexe Reizvorgaben verstärken den Mere-Exposure-Effekt: Zu einfache Reize, wie simple Formen im Vergleich zu komplexen geometrischen Figuren, erzeugen auch nach häufiger Darbietung vergleichsweise geringe Affektverbesserungen. Der Mere-Exposure-Effekt lässt sich aber nicht beliebig steigern. Trotz verschiedenartiger Ergebnisse folgert Bornstein, dass sich der größte Effekt einstellt, wenn von einer vergleichsweise geringen Anzahl der Wiederholungen (etwa zehn) Gebrauch gemacht wird. Je länger die Darbietungszeit ist, desto geringer wird der Mere-Exposure-Effekt. Eine Präsentation von weniger als einer Sekunde Dauer führt zu den stärksten Effekten. Der Mere-Exposure-Effekt hängt nicht davon ab, ob der Empfänger der Botschaft den Stimulus bereits kennt oder nicht. Er ist somit kein Wiedererkennungseffekt. Bewusste Erinnerung dämpft den Effekt sogar. Mere-Exposure-Effekte sind am stärksten, wenn die Zielperson nicht direkt nach der Darbietung den Inhalt des Stimulus bewerten soll. Eine zeitliche Distanz zwischen Reiz und Bewertung steigert den Effekt. Jüngere Versuchspersonen, insbesondere Kinder, zeigen schwächere Mere-Exposure-Effekte.

2 Wirkungen und Effekte

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Für die Marketing-Kommunikation ist besonders interessant, dass der Mere-Exposure-Effekt nicht auf der Vertrautheit einer Vorlage beruht und dass das bewusste Wiedererkennen für die Entfaltung des Effekts sogar eher hinderlich ist (vgl. Bornstein 1989: 281). Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass jede beiläufige Präsentation zu einer positiveren Einstellung zum Produkt oder zur Marke führen kann, empfiehlt sich somit für das marketingtreibende Unternehmen jeder Anlass der Darbietung. Die Folge ist, idealerweise kontinuierlich mit Marketing-Kommunikationsangeboten präsent zu sein. Insbesondere für die Kommunikationsdisziplinen Programm- und Eventsponsoring (vgl. Bennett 1999: 294 f.), Product Placement (vgl. Schemer et al. 2007) sowie Werbung im WWW (vgl. Briggs/Hollis 1997) konnte der Mere-Exposure-Effekt empirisch nachgewiesen werden.

2.4.5 Primacy-/Recency-Effekt Bei der kreativen Gestaltung von Marketing-Kommunikationsangeboten stellt sich wie auch bei der Media-Planung die Frage nach der effektivsten Anordnung der werblichen Aussagen. Erzielt das erstgenannte Argument beziehungsweise der erste Spot in einem Werbeblock einen stärkeren Effekt auf die Einstellung („Primacy“) oder das beziehungsweise der letztgenannte („Recency“) ? Über den Einfluss der temporalen Reihenfolge bei der Präsentation von Argumenten im Prozess der persuasiven Kommunikation wurden in der Literatur zunächst zwei einander entgegengesetzte Hypothesen vertreten (Schenk 1987: 54 ff.). Der Primacy-Effekt, der auch als Primäreffekt bezeichnet wird, beschreibt, dass die zuerst erhaltene Information die Beurteilung relativ stark beeinflusst und der erste Eindruck für Bewertungen oft entscheidend ist. Das Law of Primacy wurde zuerst von Frederick H. Lund (1925: 183 ff.) postuliert. Harvey Cromwell (1950: 105 ff.) stellte dagegen eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür fest, dass der Rezipient in einem Prozess der zweiseitigen Kommunikation am stärksten von den zuletzt vorgetragenen Argumenten beeinflusst wird. In einer umfassenden kommunikationspsychologischen Studie von Carl I. Hovland und Wallace Mandell (1957: 13 ff.) kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass sich der Primacy-Effekt nicht bei allen empirischen Tests nachweisen ließ – obwohl sie die von Lund durchgeführten Experimente teilweise exakt replizierten. Im Gegensatz dazu sind die letztgenannten Argumente oftmals sogar etwas stärker wahrgenommen worden, was von den beiden Forschern als RecencyEffekt bezeichnet wurde. Aktuellere Untersuchungen zur Leistung des Gedächtnisses haben ergeben, dass bei Darbietung einer Folge die zuletzt dargebotenen Inhalte am häufigsten, die zuerst dargebotenen Items am zweithäufigsten und die dazwischen dargebotenen Items am wenigsten erinnert werden (vgl. Mayer 1990: 29 f.). Insgesamt sind also die erste und die letzte Information, die der Empfänger einer Botschaft erhält, besonders einprägsam. Sie spielen daher bei der Urteilsbildung eine besonders wichtige Rolle.

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Abb. 180 Primacy-Recency-Kurve für Werbespots (Quelle: Felser 2001: 168)

Eines der ersten Experimente zum Primacy-/Recency-Effekt im Kontext von Marketing-Kommunikation wurde im Bereich der TV-Werbung durchgeführt (Webb/Ray 1979). Es bestätigten sich die beschriebenen Auswirkungen des Primacy-/RecencyEffekts auf verschiedene Kriterien wie Einstellungsänderung, Markenerinnerung und Kaufabsicht. Abb. 180 zeigt die typische Recall-Kurve von TV-Spots innerhalb eines Werbeblocks: Die Spots am Anfang und am Ende des Blocks werden deutlich besser erinnert. Als Konsequenz für die Praxis ergibt sich daraus, dass bei der kreativen Gestaltung der Marketing-Kommunikation Schlüsselinformationen wie der Marken- oder Produktname vorzugsweise am Ende (Recency-Effekt) sowie, wenn das Gestaltungskonzept der Mitteilung es zulässt, auch am Anfang (Primacy-Effekt) der Botschaft genannt werden sollten. Bei der Media-Planung sollten die Erkenntnisse des Primacy-/ Recency-Effekts dahin gehend umgesetzt werden, dass versucht wird, Schaltungen am Anfang und am Ende einer bestimmten Werbeeinheit, zum Beispiel am Anfang und Ende des Werbeblocks bei TV- und Rundfunkwerbung, zu erzielen, was aus buchungstechnischen Gründen jedoch nicht immer möglich ist.

2.4.6 Priming Wahrgenommene Umweltereignisse können bestimmte Wissenseinheiten im Gedächtnis aktivieren, welche bei der Wahrnehmung und Beurteilung von späteren Ereignissen oder Umweltinformationen verwendet werden (vgl. Schenk 2007: 305). Diese Wirkung von bestimmten Informationen auf die spätere Informationsverarbeitung wird als Priming (engl.: „to prime“ = präparieren, bereitmachen) bezeichnet und kann als „assoziative Bahnung“ übersetzt werden (vgl. Felser 2015).

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Fasst man das menschliche Gedächtnis als ein assoziatives Netzwerk auf, in welchem Begriffe, Ideen, Konzepte etc. als Knoten des Netzwerkes gespeichert und mit anderen solchen Elementen über semantische Pfade verknüpft sind, dann kann Priming als Aktivierung solcher Knoten durch externe Stimuli verstanden werden. Ein auf diese Weise aktivierter Knoten dient als eine Art Filter, interpretativer Rahmen oder als Prämisse für die weitere Informationsverarbeitung und Urteilsbildung. Wird ein solcher Knoten aktiviert, erhöht sich dadurch die Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte, mit ihm verbundene Gedanken und Vorstellungen bewusst werden. Diese Gedanken und Vorstellungen sind damit als Wissenseinheiten temporär zugänglich (vgl. Berkowitz/Rogers 1986: 57 ff.). In welchem Maße der Priming-Effekt wirkt, hängt davon ab, wie lange das Priming zurückliegt und wie intensiv es war. Primes (= auf die spätere Verarbeitung von Information wirkende Reize), die erst kürzlich gesetzt wurden, sind wirksamer als längere Zeit zurückliegende (vgl. Higgins et al. 1985: 68). Die Intensität des Primes bezieht sich auf die Häufigkeit und die Dauer der Präsentation. Allgemein sind Primes von großer Intensität wirksamer. Sie begünstigen nicht nur stärkere Anbahnungseffekte, sondern auch nachhaltigere Effekte, verblassen somit langsamer als geringer intensive Primes. Generell sind jedoch Priming-Effekte nicht von allzu langer Dauer, sondern verschwinden bald wieder (vgl. Higgins/Brendl 1995: 218). Sowohl Bild- als auch Wortinformationen können semantische, affektive oder episodische Verknüpfungen zu verwandten Informationen herstellen. Die kognitiven Vorgänge, die die Einstellung gegenüber einem Gegenstand oder einem Sachverhalt beeinflussen, können also stark davon abhängen, welche kognitiven Abläufe vorangegangen sind (vgl. Felser 2015). Für die Marketing-Kommunikation ist vor allem das persuasive Priming interessant: marketing-kommunikativ unabhängige Reize der Umwelt wirken auf Entscheidungen des Konsumenten. Beispiele

Als im Jahr 1997 die NASA-Sonde Pathfinder auf dem Mars aufsetzte und weltweit LiveBilder von dem Planeten übertragen wurden, stieg für eine kurze Zeit der Absatz der Mars-Schokoladenriegel auf der ganzen Welt (vgl. Berger/Fitzsimons 2008: 1). Kurz vor Halloween werden in den USA mehr orangene Konsumgüter erinnert – weil die Farbe Orange durch die omnipräsente Dekoration durch Kürbisse einen PrimingEffekt auslöst (vgl. ebd.: 3 f.).

Auch wurde gezeigt, dass neutrale Produkteigenschaften, die in einer Anzeige mitgeteilt werden, je nach redaktionellem Kontext, der als Prime fungiert, positiver oder negativer bewertet wurden (vgl. Yi 1990). Georg Felser (2015) beschreibt die banalste Anwendung von Priming in der Marketing-Kommunikation: die ständige Darbie-

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Abb. 181 Priming am Beispiel von Motiven aus der Marketing-Kommunikation des Mietwagenunternehmens Sixt

tung von Produktinformationen am Point of Sale. Durch die Wahrnehmung von Produktinformationen in Geschäften sollen bestimmte assoziative Bahnungen vor anderen bewirkt und dann in einer möglichen Entscheidungssituation handlungswirksam werden. Ableiten lässt sich zudem auch, dass aktuelle Themen der Medien einen guten Rahmen für die kreative Gestaltung von Marketing-Kommunikationsangeboten bilden, da diese Themen gezielt als Primes eingesetzt werden können und damit den Marketing-Gegenstand aktuell halten (s. Abb. 181). David Meerman Scott (2011) bringt dies mit dem Konzept des Newsjacking zum Ausdruck, bei dem aktuelle Themen der Nachrichten in die eigene Marketing-Kommunikation integriert werden (s. auch Fischer-Appelt 2013: 71).

2.4.7 Reaktanz und Bumerang-Effekt Glaubt eine Person, in einer bestimmten Situation grundsätzlich frei handeln zu können, und erlebt dann eine Einengung, sodass die Freiheit geringer wird oder ganz aufgehoben ist, entsteht psychologische Reaktanz. Diese Reaktion wird als ein Zustand der Motivation von Menschen verstanden, die eine oder mehrere ihrer individuellen Freiheiten als bedroht erleben. Die Person wird zu einem Handeln motiviert, dessen Absicht darin besteht, den eingeengten oder vorenthaltenen Freiheitsspielraum wieder herzustellen. „Reaktanz ist ein Zustand, der die Energien des Menschen darauf richtet, Freiheit wiederherzustellen. Das bedeutet, dass ein Mensch, dessen Freiheit bedroht oder eliminiert ist, sein Handeln danach ausrichtet, diese Freiheit wieder zu gewinnen.“ (West/Wicklund 1985: 255)

2 Wirkungen und Effekte

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Dieses Konzept der menschlichen Widerstands-Reaktion auf kognitive Freiheitseinengung wurde als „Theorie der psychologischen Reaktanz“ von Jack W. Brehm (1966, vgl. auch Brehm/Brehm 1981) zum ersten Mal vorgestellt. Seitdem sind etliche Veröffentlichungen zu dieser Theorie erschienen, die das ursprüngliche Konzept fast ausnahmslos bestätigen (vgl. die Übersicht bei Burgoon et al. 2007). Hat der Rezipient einer Botschaft das Gefühl, nicht mehr frei entscheiden zu können, so versucht dieser, sich der Einengung zu widersetzen. Die Reaktion auf Freiheitseinengung kann unterschiedlich ausfallen: von rein kognitiven Verarbeitungsstrategien wie die der inneren Aufwertung der ausgeschalteten Alternative über äußere Handlungen, beispielsweise diejenige, die bedrohte Alternative dennoch auszuüben, bis zu offen aggressivem Verhalten gegenüber der Quelle der Einschränkung. Psychologische Reaktanz ist umso stärker, je mehr Freiheiten bedroht sind, je höher die bedrohte Freiheit geschätzt wird und je stärker die Freiheitsbedrohung wahrgenommen wird (vgl. Gniech/Gabitz 1984). Als Folge der kommunikationspsychologischen Reaktanz kann auf die MarketingKommunikation bezogen der Bumerang-Effekt eintreten (vgl. Clee/Wicklund 1980: 391 f.): Der Betroffene lehnt aufgrund der subjektiv wahrgenommenen Einschränkung der Wahlfreiheit die persuasive Botschaft nicht nur ab, er entwickelt gerade für die eigene bedrohte Meinung und für Alternativen, von denen abgeraten wird, ein besonderes Engagement und Interesse. Dies geschieht zum Beispiel, wenn der persuasive Charakter der Kommunikation als zu offensichtlich und als „plump“ wahrgenommen wird, womit sich theoretisch ein Anschluss an das Persuasion Knowledge Model mit seiner Wissensstruktur des Persuasionswissens eröffnet (vgl. Kap. B III 1.2.2.1). Die Beeinflussung erreicht damit genau das Gegenteil von dem, was sie soll. In der Praxis ergeben sich folgende Schlussfolgerungen für die Marketing-Kommunikation: Im Idealfall gewinnt der angesprochene Konsument überhaupt nicht den Eindruck, dass seine Entscheidungsfreiheit eingeengt sei. Die wohl bedeutendste Strategie zur Vermeidung von Reaktanz im Bereich der Marketing-Kommunikation besteht darin, den Konsumenten gar nicht erst merken zu lassen, dass seine Entscheidungsfreiheit beschränkt werden soll. Je relevanter daher das Kommunikationsangebot für den Rezipienten beziehungsweise Konsumenten ist, desto schwächer – so kann vermutet werden – wird eine Beeinflussungsintention wahrgenommen. Besonders durch den Einsatz der modernen Kommunikationsdisziplinen soll unter anderem ja gerade die Rezeptionsrelevanz des Outputs in der Marketing-Kommunikation erhöht werden. Aber auch die Distribution der Kommunikationsmittel über besonders glaubwürdige Medien, der Einsatz kompetenter und unabhängiger Experten oder die redaktionelle Berichterstattung über den Marketing-Gegenstand im Rahmen von Public-Relations-Maßnahmen zielen auf die Vermeidung des Reaktanz-Effektes (vgl. Schweiger/ Schrattenecker 2005: 202 f.). Außerdem kann die Marketing-Kommunikation das Prinzip der Reaktanz bei der Verfolgung der eigenen Kommunikationsziele nutzen. Beim Konsumenten soll gezielt Reaktanz hervorgerufen werden, die erst durch den Kauf des Produktes wieder besei-

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tigt werden kann. Eine gängige Kommunikationsstrategie, vor allem im Bereich des persönlichen Verkaufs, aber auch hinsichtlich der Formulierungen in Kommunikationsmitteln, ist die Aufwertung des Marketing-Gegenstandes durch Unzugänglichkeit: Die Verfügbarkeit des beworbenen Objektes wird tatsächlich oder nur scheinbar verknappt, zeitlich begrenzt oder an bestimmte Bedingungen geknüpft. Die bedrohte Wahlfreiheit durch die Limitierung erzeugt Reaktanz und wertet das Objekt auf (vgl. Felser 2015).

2.4.8 Vampir-Effekt Wie kann ein Marketing-Kommunikationsangebot Aufmerksamkeit für sich generieren ? Voraussetzung für eine Sensibilisierung des Individuums gegenüber einem Kommunikationsangebot ist eine temporäre Erhöhung der Aktivierung. Mit Aktivierung wird die innere Spannung oder Erregung bezeichnet. Der Organismus wird mit Energie versorgt und in den Zustand der Leistungsbereitschaft versetzt (vgl. Kapitel B III 1.1.3.1). Dieses Aktivierungskonzept liegt dem Vampir-Effekt in der MarketingKommunikation zugrunde. Vor allem in der Werbung werden oft archetypische oder emotionale Schlüsselreize wie erotische Darstellungen, humorvolle Situationen oder das Kindchenschema mit Babys oder neugeborenen Tieren zur Überwindung der Selektivität und zur gezielten Aktivierung des Rezipienten eingesetzt, um so die Aufmerksamkeit für die Botschaft zu steigern. Dabei ist aber zu beachten, dass stark aktivierende Elemente eines Marketing-Kommunikationsangebots in einer Beziehung zur Botschaft stehen müssen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass diese Elemente die Aufmerksamkeit zu sehr auf sich ziehen und von der eigentlichen Botschaft ablenken (vgl. Kroeber-Riel/ Weinberg 2003: 138, Kroeber-Riel/Meyer-Hentschel 1982: 87). „Der Betrachter einer Anzeige für Autoreifen soll sich nicht darum bemühen, das hübsche Mädchen kennenzulernen, das als Modell im Werbemittel gezeigt wurde und ihn heftig aktivierte; er soll vielmehr mit dem Namen des Reifenherstellers vertraut werden, soll seine Einstellung zu dessen Produkten verbessern und letztlich zum Kauf dieser Reifen animiert werden.“ (Rosenstiel/Neumann 1982: 147)

Es ist also zu befürchten, dass ein zu starkes Interesse am aktivierenden Reiz die Aufmerksamkeit vom beworbenen Produkt ablenkt. In dem in Abb. 182 dargestellten Beispiel werden zwei fast identische Anzeigen miteinander verglichen: In der linken Anzeige zieht die Darstellung des Kindes einen Großteil der Aufmerksamkeit auf sich und entzieht diese somit der Abbildung des beworbenen Produktes. Bei diesem sogenannten Vampir-Effekt wird die Werbebotschaft umso schlechter erinnert, je mehr der aktivierende Reiz die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Man spricht daher auch vom Ablenkungseffekt. Die Aktivierungsreize stimulieren dann

2 Wirkungen und Effekte

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Abb. 182 Beispiel für die Auslösung des Vampireffektes durch die Darstellung eines Kindes (Quelle: Kroeber-Riel/Meyer-Hentschel 1982: 88)

vorrangig die Verarbeitung der auslösenden Reize, nicht die der Botschaft (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003: 99). Der Effekt beschreibt also den ungewollten Umstand, dass ein Kommunikationsmittel zwar über seinen Inhalt die volle Aufmerksamkeit auf sich zieht, der Marketing-Gegenstand aber kaum beziehungsweise überhaupt nicht wahrgenommen wird. Der Beworbene erinnert sich zwar an das Kommunikationsangebot – aber nicht mehr an das beworbene Produkt. Dieser Effekt wurde auch bei Marketing-Kommunikationen mit erotischen Gestaltungselementen empirisch nachgewiesen (vgl. Abb. 183). Es konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass der Einsatz von nackter (weiblicher) Haut zwar die Aufmerksamkeit und die Spot-Erinnerung steigerte, dass aber gleichzeitig die Verarbeitung der Werbeinformation nachließ (vgl. Brosius/Fahr 1998: 41 f., Felser 2015). Um den Vampir-Effekt in der Praxis zu vermeiden, bieten sich quantitative Werbewirkungstests wie das Recall-Verfahren (vgl. Kapitel B IV 2.2.2) mit alternativen Bildmotiven oder als Instrument der experimentellen Wahrnehmungspsychologie die Tachistoskop-Messung sowie das Eye-Tracking von Printanzeigen, Webseiten oder TV-Spots an (vgl. Keitz 2016).

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Abb. 183 Recall Werte von Werbung bei verschiedenen Graden der Aktivierung durch Erotik (n = 90) (Quelle: Neuhaus et al. 1979: 154)

2.5

Kommunikationssoziologische Effekte

Wie für die Skizzierung kommunikationspsychologischer Effekte gilt im Folgenden auch für die Vorstellung kommunikationssoziologischer Effekte, dass sie keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, sondern eine Auswahl derjenigen Effekte ist, die häufig im Zusammenhang mit Ausführungen zu den Wirkungen der MarketingKommunikation erwähnt werden. Unter kommunikationssoziologischen Effekten sollen diejenigen spezifischen Outgrowth-Effekte verstanden werden, bei denen Veränderungen durch Interaktionen, durch den wechselseitigen Einfluss unter Konsumenten erklärt werden. Sie können also als Beschreibungen kommunikationsinduzierter psychischer Veränderungen eines sozial eingebundenen Individuums aufgefasst werden. Diese Beschreibungen beruhen auf einem kausal gedachten Ursache-Wirkungszusammenhang, der aus dem komplexen und dynamischen Gesamtzusammenhang isoliert und sozialpsychologisch analysiert wird.

2 Wirkungen und Effekte

589

2.5.1 Opinionleadership In einer Studie zum amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf im Jahre 1940 von Paul Lazarsfeld et al. (1944, 1969) erwies sich die Wirkung von Massenmedien auf die Einstellung und das Verhalten von Wählern als wesentlich schwächer als der Einfluss von Freunden und Bekannten. Im Bekanntenkreis und der jeweiligen Peergroup hatten wiederum bestimmte Personen besonders großen Einfluss. Nach den Autoren der Studie fließen „… Ideen oft von Rundfunk und Presse zu den Meinungsführern hin und erst von diesen zu den weniger aktiven Teilen der Bevölkerung“ (Lazarsfel et al. 1969: 191). Eine These, die die damals vorherrschende Meinung über die direkte Wirkung von Massenmedien im Sinne des Stimulus-Response-Modells (vgl. Kapitel A 2.6.1) erschütterte. Vielmehr schien ein solcher Einfluss nur indirekt zu erfolgen, vermittelt über eine besonders aktive Gruppe von Rezipienten, den sogenannten Meinungsführern. Diese sind definiert durch ihre Handlungsdisposition, neue Informationen aus den Massenmedien als Erste aufzunehmen (Rezeption) und diese an Nichtmeinungsführer, an weniger aktive Rezipienten weiterzugeben. Die Meinungsführer gelten in ihren sozialen Netzwerken als einflussreicher als andere, bezeichnen sich selbst als gut informiert und werden von Dritten nach ihrer Meinung gefragt. Der festgestellte geringe Einfluss der Massenmedien auf die Wahlentscheidung des Einzelnen wurde mit dem Einwirken der interpersonalen Kontakte erklärt, was dann zur Formulierung der Hypothese des two-step flow of communication („zweistufiger Kommunikationsfluss“) führte. Demnach haben die persönlichen Kontakte einen größeren Einfluss auf die Wahlentscheidung der Wähler als die Massenmedien und es gibt bestimmte Individuen, die Opinionleader („Meinungsführer“), die sich bedeutend mehr mit den Massenmedien beschäftigen als die übrigen und die auf die Wahlentscheidung anderer durch persönliche Gespräche einen bestimmenden Einfluss genommen haben. Der Massenkommunikationsprozess stellt sich demnach zweistufig als eine Kombination von direkter und indirekter Kommunikation dar (s. zusammenfassend Katz 1964: 104 und Abb. 184). Meinungsführer sind naturgemäß für die Marketing-Kommunikation besonders interessant, da sie auf die Einstellungen vieler Konsumenten einen großen Einfluss haben. Unternehmen haben also ein begründetes Interesse daran, einen Opinionleadership-Effekt für ihre Produkte im Markt zu erzeugen. Die gezielte Ansprache von Meinungsführern ist allerdings schwierig, da sie über keine eindeutig identifizierbaren soziodemografischen, psychografischen oder sonstigen typbildenden Eigenschaften verfügen. Wie identifiziert man also Meinungsführer ? Hierzu wurden verschiedene Studien durchgeführt, die folgende Merkmale dieser Personen zutage brachten (vgl. Schweiger/Schrattenecker 2005: 9 f., Trepte/Boecking 2009: 456 f.): •

Meinungsführer gibt es in allen sozialen Schichten. Der Einfluss erfolgt demnach horizontal. Die Orientierung erfolgt auch an Personen mit ähnlichem sozialen Status und nicht nur an sozial höher stehenden Gesellschaftsmitgliedern.

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B III

Outgrowth

Abb. 184 Klassisches Modell des two-step flow of communication (Quelle: Schenk 2007: 352)

• •



• •

Meinungsführer sind weitaus kommunikativer als Meinungsfolger, sie haben mehr Kontakt zu ihren Mitmenschen. Meinungsführer sind auf die Beratung in bestimmten Themenbereichen spezialisiert. Glaubte man lange, dass sich Meinungsführer durch ein spezifisches Wissen auf diesen Gebieten auszeichnen, zeigt sich heute, dass „Wissen keine notwendige Voraussetzung für Meinungsführerschaft [ist]“ (Trepte/Boecking 2009: 457). Meinungsführern wird Respekt von ihren Meinungsfolgern entgegengebracht, was vermutlich eine notwendige Bedingung für Meinungsführerschaft ist. Diese Akzeptanz kann auch durch ein besonders selbstbewusstes Auftreten erreicht werden, das den Aspekt der tatsächlichen Sachkompetenz des Meinungsführers in den Hintergrund drängen kann. Es gibt Personen, die auf mehreren Produktmärkten meinungsführend sind, besonders, wenn sich diese in ihrem zugrunde liegenden Angebot ähneln. Opinionleader nutzen Massenmedien nicht überdurchschnittlich viel, dafür aber überdurchschnittlich Fachmedien und erhalten so mehr markt- und produktgruppenbezogene Informationen.

Natürlich unterliegt der Einfluss von Meinungsführern Einschränkungen (vgl. Gawronski/Erb 2001: 201 f.): So werden Meinungsführer nicht zur Einstellungsbildung herangezogen, wenn die rezipierten Argumente überzeugend und verständlich sind und das Publikum stark involviert ist. Empfehlenswert ist die konzeptionelle Berücksichtigung von Opinionleadern hingegen im umgekehrten Fall, wenn die in den Medien präsentierten Informationen eher schwer verständlich oder mehrdeutig sind, wie es häufig bei Produkten der Fall ist, bei denen die technischen Eigenschaften ein

2 Wirkungen und Effekte

591

wichtiges Marketing-Argument sind (z. B. im TIME-Segment: Telekommunikation, Informationstechnologie, Medien, Entertainment). Die streng hierarchische und chronologische Struktur der ursprünglichen Hypothese vom zweistufigen Kommunikationsfluss (Massenmedien → Meinungsführer → Meinungsfolger) wurde durch verschiedene empirische Studien infrage gestellt (vgl. Schweiger/Schrattenecker 2005: 10). Hauptkritikpunkte sind, dass die Medien schon immer praktisch die gesamte Bevölkerung erreicht haben, nicht nur die Opinionleader, und dass viele Menschen, die nicht in sozialen Gruppen vernetzt und integriert sind, von einem Meinungsführer überhaupt nicht erreicht werden können. Zudem orientieren sich Meinungsführer wiederum selbst an Meinungsführern, die in der Hierarchie weiter oben stehen. Es ist zudem zu beachten, dass Meinungsführerschaft nicht nur auf direktem (Face-to-Face-)Kontakt, sondern auch auf medial erzeugtem Kontakt zu virtuellen Meinungsführern (Testimonials, Influencer, Slice-Of-Life-Werbeformate) beruhen kann (vgl. Grefe/Müller 1976). Dies führte zu der Fortentwicklung des Modells, wie es in Abb. 185 dargestellt ist. Als Konsequenz aus diesem mehrschichtigen Modell resultieren die hohe Bedeutung von integrierten Kommunikationskonzepten und die damit verbundene gezielte Ansprache verschiedener Zielgruppen und Zielpersonen innerhalb einer Kampagne. Beispielsweise werden bei der Vermarktung von Pharmaprodukten Ärzte und Wissenschaftler in ihrer Rolle als Opinionleader gezielt mit relevanten und zugeschnittenen Informationen über Fachmedien und Fachevents angesprochen, während die Verbraucher mithilfe klassischer Werbung in Publikumsmedien und über Direktmarketing-Maßnahmen Informationen zum Produkt erhalten.

Abb. 185 Opinionleader und Meinungsfolger im Kommunikationsprozess (Quelle: Grefe/ Müller 1976a: 4028)

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B III

Outgrowth

Neuerliche Aktualität hat die Erforschung sozialer Netzwerke und damit auch das Opinionleader-Konzept durch das Internet und seine Dienste erhalten. Es liegt auf der Hand, dass vor allem im Rahmen von eWOM-Marketing genaue Kenntnisse in Bezug auf die Diffusion neuer Informationen von erheblicher strategischer Bedeutung für den Absender sind (vgl. Kap. B II 2.6). Interessant für die Unternehmen könnte hier etwa das Ausmaß an Meinungsführerschaft sein, das Influencer innehaben. Zur Messung von Meinungsführerschaft stehen diverse Skalen zur Verfügung (s. den Überblick bei Trepte/Boecking 2009: 445 f.). In Studien konnten beispielsweise mit der Skala von Childers (1986) hinsichtlich Reliabilität und Validität gute Werte erzielt werden. Diese Skala weist am Beispiel politischer Meinungsführerschaft folgende Items auf (vgl. Trepte/Boecking 2009: 460, s. auch Stokburger-Sauer/Hoyer 2009: 114): 1) Wie häufig reden Sie mit ihren Freunden und Bekannten über Politik ? (1) „sehr häufig“ bis (5) „nie“ 2) Wenn Sie sich mit Bekannten oder Freunden über Politik unterhalten. (1) „Bringe ich viele Informationen ein“ bis (5) „Bringe ich wenig Informationen ein“ 3) Wie viele Personen aus Ihrem Bekanntenkreis wurden von Ihnen in den letzten sechs Monaten über Politik informiert ? (1) „viele Personen“ bis (5) „Niemand“ 4) Verglichen mit Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis: Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie nach Ihrer Meinung zu Politik gefragt werden ? (1) „sehr wahrscheinlich“ bis (5) „sehr unwahrscheinlich“ 5) Wenn Sie sich mit Bekannten oder Freuden über Politik unterhalten, welche Situation ist wahrscheinlicher ? (1) „Sie sind tonangebend“ bis (5) „Ihre Freunde sind tonangebend“ 6) Wie häufig werden Sie in Diskussionen mit ihren Freunden und Bekannten als Ratgeber für Politik herangezogen ? (1) „sehr häufig“ bis (5) „nie“

2.5.2 Effekt der vermuteten Mehrheitsmeinung Die von Elisabeth Noelle-Neumann (1996, 2001) in den 1970er Jahren formulierte Theorie der Schweigespirale zählt zu der dritten von Denis McQuail (2012, vgl. Kap. B 1.3.1) identifizierten Phase der Medienwirkungsforschung – zu der Phase, in der eine Wiederentdeckung direkter Medienwirkungen erfolgte („powerful media rediscovered“) und sich die Forschung unter anderem verstärkt langfristigen Wirkungen im sozialstrukturellen Bereich zuwendete. Die Theorie der Schweigespirale ist eine der bekanntesten deutschen Kommunikationstheorien. Sie wurde vor dem Hintergrund der medialen Berichterstattung um die Bundestagswahl in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1976 entwickelt und knüpft an die Experimente des Sozialpsychologen Solomon Asch (1951) zum gruppenkonformen Handeln an. Demnach sind Menschen darum bemüht, soziale Iso-

2 Wirkungen und Effekte

593

lation zu vermeiden. Elisabeth Noelle-Neumann (1996: 164 f.) benutzt das Bild eines „quasi-statistischen Wahrnehmungsorganes“, eine Art soziales Gleichgewichtsorgan. Hiermit können Individuen in der Gesellschaft ziemlich genau die Relation von Bestätigung und Ablehnung innerhalb ihrer Bezugsgruppe und der anonymen Öffentlichkeit in Bezug auf Themen und Überzeugungen erkennen. In diesem Zusammenhang beleuchtet Noelle-Neumann den Begriff „öffentliche Meinung“ in umfassender Weise und kommt zu dieser Definition: „Öffentliche Meinung, das sind Meinungen, Verhaltensweisen, die man in der Öffentlichkeit äußern oder zeigen muss, wenn man sich nicht isolieren will.“ (Noelle-Neumann 2001: 257)

Nach Noelle-Neumann (2001: 36, 222, 326) stehen den Individuen in der Mediengesellschaft für ihre Umweltbeobachtungen im Wesentlichen zwei Quellen zur Verfügung: zum einen die direkte Umweltwahrnehmung im unmittelbaren sozialen Kontext, zum anderen die indirekte Umweltwahrnehmung über die Medien als „Beimischung von Öffentlichkeit“. Weiterhin haben die Medien in diesem Prozess eine Artikulationsfunktion: Sie machen bestimmte Themen zum Gegenstand öffentlicher Diskussionen, sie stellen bei diesen Themen bestimmte Standpunkte stärker heraus als andere und liefern hierfür sprachliche Darstellungen, sodass denjenigen Menschen, die diese Standpunkte selbst vertreten, die Artikulation im sozialen Kontext leichter fällt als den Mitgliedern der Meinungsfraktion, die diese Artikulationshilfe von den Medien nicht haben. Die Kommunikationsbereitschaft von Menschen ist davon abhängig, wie sie die derzeitige und künftige Mehrheitsmeinung einschätzen. Um die erwähnte soziale Isolation zu vermeiden, tendieren sie dazu, sich nur dann zu Wort zu melden, wenn sie die Mehrheitsmeinung auf ihrer Seite vermuten. Wenn Menschen glauben, die gegenwärtige und/oder zukünftige Mehrheitsmeinung gegen sich zu haben, verfallen sie in Schweigen. Im Zeitverlauf wird die (scheinbar) dominante Meinung immer stärker, während die (scheinbar) schwächer vertretene Meinung in den Hintergrund rückt (vgl. Abb. 186). Die Theorie der Schweigespirale bietet eine Erklärungsgrundlage für normativ behaftetes Konsumentenhandeln. Rezipienten orientieren sich demnach an der öffentlichen Meinung. Diese Ausrichtung an der Mehrheit verschafft Sicherheit und Stabilität, vermeidet eine befürchtete soziale Isolation und beeinflusst die individuelle (Kauf-)Entscheidung (vgl. Schenk et al. 1990: 221). Schafft es Marketing-Kommunikation, die Wahrnehmung des Rezipienten auf die (vorgebliche) Mehrheitsmeinung gegenüber dem Marketing-Gegenstand zu lenken, wird dieser seine Präferenz mit hoher Wahrscheinlichkeit ändern, wenn er davon ausgehen muss, dass seine ursprüngliche Einstellung gegenüber einem Marketing-Gegenstand nicht der der Mehrheit entspricht. Guido Zurstiege (2007: 196) beschreibt, welche kommunikativen Maßnahmen geeignet sind, um diesen „Mehrheitseindruck“ beim Rezipienten zu erzeugen: Zu-

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B III

Outgrowth

Abb. 186 Dynamisches Modell der öffentlichen Meinung nach der Theorie der Schweigespirale (Quelle: Schenk 2007: 530)

nächst einmal ist die Höhe des kommunikativen Drucks für die Konsumalternative bedeutend. Dieses quantitative Maß ist wichtig, um die Wahrnehmung beim Empfänger sicherzustellen. Der Inhalt der werblichen Kommunikation sollte dann so gestaltet werden, dass neben den speziellen Vorzügen des Marketing-Gegenstandes auch Hinweise auf die besondere Akzeptanz in der Bevölkerung gegeben werden, zum Beispiel durch die ostentative Darbietung getroffener Konsumentscheidungen das beworbene Produkt betreffend. Dies kann beispielsweise durch die Kaufbekundung von Prominenten oder anhand der Präsentation von Ergebnissen aus Kundenbefragungen geschehen.

2.5.3 Third-Person-Effekt Wie wirkt Marketing-Kommunikation auf mich selbst ? Die Tendenz vieler Menschen ist es zu glauben, dass die Medien andere Individuen stärker beeinflussen, als sie selbst von diesen beeinflusst werden. Dieses Phänomen von verzerrter Wahrnehmung wird als Third-Person-Effekt (Dritte-Person-Effekt) bezeichnet. Die Entdeckung, Beschrei-

2 Wirkungen und Effekte

595

bung und Benennung dieses kommunikationssoziologischen Effektes geht zurück auf Philips Davison: „A person exposed to a persuasive communication in the mass media sees this as having a greater effect on others than on himself or herself. Each individual reasons: ‚I will not be influenced, but they (the third persons) may well be persuaded‘.“ (Davison 1983: 1)

Davison fand heraus, dass Befragte einen starken Einfluss besonders von (unmoralischen) Medieninhalten wie Pornografie, Gewaltdarstellungen, Suchtmittelwerbung oder Einseitigkeit in der politischen Berichterstattung auf andere befürchten, jedoch keinen auf sich selbst. Eine Meta-Analyse von 32 publizierten und unpublizierten Studien zum Third-Person-Effekt zeigt, dass dieses Phänomen relativ robust und konsistent auftritt (vgl. B. Paul et al. 2000, s. auch den Überblick über den Forschungsstand bei Wolf 2008: 17 f.). In näheren Analysen des Third-Person-Effekts wurden folgende Faktoren identifiziert, die auf die Stärke des Effekts Einfluss haben (vgl. Moser/Hertel 1998: 148 f., Brosius/Engel 1997: 340 f.): •





• •

Glaubwürdigkeit der persuasiven Botschaft: Der Dritte-Person-Effekt ist besonders deutlich zu beobachten, wenn die Botschaften wenig glaubhaft und eindeutig tendenziös sind, sowie dann, wenn eine hohe persuasive Absicht erkennbar ist. Inhalt der persuasiven Botschaft: Greifen die Botschaften sozial unerwünschte oder als negativ angesehene Themen (z. B. übertriebenes Modebewusstsein, Alkohol, Zigaretten) auf, wird ebenfalls ein deutlicher Dritte-Person-Effekt gefunden. Sind die Themen dagegen im sozialen Umfeld eher erwünscht (z. B. Bildung, Werbung gegen Ausländerfeindlichkeit), kann sogar eine Umkehrung des DrittePerson-Effekts („reverse third-person effect“ oder „first person effect“) festgestellt werden (vgl. Huck/Brosius 2007: 356). Die Erklärung dafür bietet das Konzept des Self Enhancement (s. u.): Bei positiven Medieninhalten fühlt sich der Empfänger selbst empfänglicher für die Botschaft, als er es anderen zugesteht (vgl. hierzu Brown 1986). Soziale Distanz: Der Dritte-Person-Effekt ist umso ausgeprägter, je „abstrakter“ die anderen (d. h. die „Dritte Person“) sind; mit zunehmender sozialer Distanz wächst der Unterschied zwischen eingeschätzter Wirkung auf die eigene Person und auf andere. Alter: Ältere Menschen zeigen einen größeren Dritte-Person-Effekt. Wissen: Je mehr Wissen sich ein Rezipient auf einem Gebiet zutraut, desto eher hält er andere bei diesem Thema für beeinflussbarer als sich selbst.

Trotz der Stabilität des Phänomens und seiner vergleichsweise einfachen Erfassungsmöglichkeit ist empirisch weiterhin ungeklärt, welche Ursachen der Third-PersonEffekt hat. Inga Huck und Hans-Bernd Brosius (2007: 362 f.) skizzieren mögliche Erklärungsmodelle. Zunächst kann der Dritte-Person-Effekt als eine Variante des so-

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Outgrowth

zialpsychologischen Optimistic-Bias-Effekts – auch unter der Bezeichnung Unrealistic-Optimism-Effekt besprochen – aufgefasst werden: Personen neigen dazu, drohende Gefahren für sich als weniger akut als für andere einzuschätzen; dies äußert sich in einem unrealistischen Optimismus für die eigene Person. Man könnte den ThirdPerson-Effekt als einen Spezialfall von Optimistic Bias bezeichnen, wenn man davon ausgeht, dass Medienwirkung (beispielsweise als Einfluss von Werbung) als etwas Negatives wahrgenommen wird, und dass man andere dieser negativen Wirkung eher ausgesetzt sieht als sich selbst. Nach dem Konzept des Self Enhancement (Selbstwertschutz) sind Menschen bestrebt, ein möglichst positives Bild von sich selbst zu erzeugen und aufrechtzuerhalten. Vermutete Medieneinflüsse können dabei eine Rolle spielen und man kann daher das Wahrnehmungsphänomen des Dritte-Person-Effekts durch die menschliche Bemühung um ein positives Selbstbild erklären. Der Effekt kann aber auch durch Impersonal Impact (Psychologische Distanz) erklärt werden: Menschliche Urteile lassen sich in solche mit gesellschaftlichem Bezug einerseits und persönlichem Bezug andererseits klassifizieren. Erstere werden auf der Basis interpersonaler Kommunikation oder durch medienvermittelte Informationen gebildet, da der Urteilsgegenstand meist außerhalb der persönlichen Erfahrungswelt liegt. Persönliche Urteile dagegen beruhen auf Primärerfahrungen. So kann es bei ein und demselben Problem zwischen den beiden Urteilsebenen zu Diskrepanzen kommen, die darin bestehen, dass der Einfluss auf die eigene Person als geringer eingeschätzt wird als auf die „Masse“ der anderen (unbekannten) Menschen. Das Hostile-Media-Phänomen beschreibt wiederum eine generalisierte negative Einstellung gegenüber den Medien: Man glaubt, dass Medien verzerrt berichten – und zwar entgegen der eigenen Meinung. Es ist also anzunehmen, dass bei Menschen ein umso größerer Third-Person-Effekt beobachtbar ist, je mehr sie Medien als ungerecht einstufen. Der Rezipient glaubt, die vermeintliche „Manipulation“ durch die Botschaften der Medien zu durchschauen, hält aber an dem Glauben der Irreführung des Großteils der anderen Empfänger fest. Die Relevanz des Third-Person-Effekts liegt nach Davison (1983: 3) vor allem darin, dass die wahrgenommene stärkere Medienwirkung auf andere Rezipienten auch Konsequenzen für das eigene Handeln des Betroffenen hat. So hat sich der Schwerpunkt der Erforschung des Effekts in den letzten Jahren immer mehr auf die Verhaltenskomponente verlagert (vgl. Huck/Brosius 2007: 357). Verhaltenswirksame Konsequenzen des Third-Person-Effekts wurden in verschiedenen Arbeiten vor allem im Hinblick auf die Befürwortung der Zensur von Medieninhalten oder Medien insgesamt untersucht und bestätigt. Es wird aufgrund des (oft unbewusst wirkenden) Third-Person-Effekts unterstellt, dass der einzelne Rezipient leicht durch unerwünschte Medieninhalte gesteuert werden kann und deshalb geschützt werden muss (vgl. Rojas et al. 1996: 181). Damit kann der Dritte-Person-Effekt auch als Erklärung dafür dienen, weshalb von Verbänden, Parteien und anderen gesellschaftlichen

2 Wirkungen und Effekte

597

Gruppen oft der Ruf nach stärkerer inhaltlicher Kontrolle der Marketingkommunikation laut wird (vgl. Huck/Brosius 2007: 362). Die Auswirkungen des Third-Person-Effekts sind auch im Outcome-Bereich der Marketing-Kommunikation bei der Gestaltung von wirkungsmessenden Verfahren für Marketing-Maßnahmen zu beachten. Soll der Rezipient den Einfluss einer Marketing-Kommunikationsmaßnahme auf sich selbst bewerten, spielt auch die Wortwahl in der Befragung eine Rolle: So fallen die Antworten signifikant anders aus, wenn in Befragungen bezüglich der Wirkung von Marketing-Kommunikation von „stimulieren“ statt von „beeinflussen“ gesprochen wird (vgl. Brosius/Engel 1997: 333). Offensichtlich verbinden die befragten Personen das Verb „beeinflussen“ mit einer negativen Wirkung von Medien, deren Konsequenzen für sich selbst sie weit weniger extensiv einschätzen als für den Durchschnitt aller Empfänger werblicher Botschaften. Das Wort „stimulieren“ hat diese negative Konnotation offensichtlich nicht, die verzerrte Wahrnehmung bleibt aus. Weiterhin äußert sich der Einfluss des Faktors der sozialen Distanz auf den ThirdPerson-Effekt dahin gehend, dass, wenn Probanden allgemein zu Marketing-Kommunikation befragt werden, diese aufgrund der großen sozialen Distanz zur Allgemeinheit ein hohes Beeinflussungspotenzial von Marketing-Kommunikation annehmen. Wird nach den eigenen Erfahrungen im Umgang mit spezifischen werblichen Medienangeboten gefragt, schrumpft indessen die soziale Distanz auf null, da die Befragten nämlich über sich selbst Auskunft geben. Sie unterstellen vergleichsweise geringe Beeinflussungspotenziale und üben somit weniger Kritik (vgl. Zurstiege 2007: 207).

2.6

Rezipientenaktivität

Dem Konzept der Rezipientenaktivität liegt ein Wirkungsverständnis zugrunde, das genau entgegengesetzt zum dem des Behaviorismus und dem des Paradigmas der Persuasiven Markenkommunikation steht (vgl. Kap. A 2.6.1). Aus dem klassischen Verständnis resultiert als zentrales Forschungsinteresse die Analyse der dargestellten kommunikationspsychologischen und -soziologischen Effekte. Dies impliziert als Ansatzpunkt derartiger Forschungen die grundlegende Fragestellung „what do the media do to people ?“, wie es Katz und Foulkes (1962: 378) formulieren. Selbst der Einbezug intervenierender Variablen (im Sinne des „Organismus“ im S-O-R-Modell, vgl. ebenfalls Kap. A 2.6.1) ändert nichts an dieser grundsätzlichen Orientierung: Effekte werden auch hier auf die Ursachen, die letztlich der Kommunikator verantwortet, zurückgeführt. Die Wirkungsforschung fixiert also den Kommunikator und dessen Handlungen, um den Rezipienten im Sinne seiner Vorstellungen zu beeinflussen. Eine Eigenständigkeit, Zielstrebigkeit und Intentionalität des Rezipienten wird im Rahmen dieses Wirkungsansatzes als von außen bewirkt aufgefasst.

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B III

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Das Konzept der Rezipientenaktivität, wie es vor allem im Rahmen des Usesand-Gratifications-Ansatzes genutzt wird (vgl. Blumler/Katz 1974, Renckstorf 1973, 1977) nimmt dagegen den Empfänger selbst als obersten Bezugspunkt und fragt somit „what do people do with the media ?“ (Katz/Foulkes 1962: 378). Folgende Grundannahmen liegen dem Uses-and-Gratfications-Ansatz zugrunde (vgl. Katz et al. 1974: 21 f.): • •

Das Publikum ist aktiv und stellt Erwartungen an die Massenmedien. Der Rezipient ist die zentrale Figur, da er darüber entscheidet, ob ein Kommunikationsprozess stattfindet oder nicht. • Die Massenmedien konkurrieren mit Alternativen zur Bedürfnisbefriedigung. • Die Rezipienten sind dazu fähig, ihre Ziele und Bedürfnisse bei Befragung anzugeben. • Die Motive der Rezipienten werden in deren eigenen Kategorien ermittelt, also so, wie sie selbst ihre Nutzung der Massenmedien verstehen. Der Ansatz geht also von einem Publikum aus, das die Medien bewusst und selektiv nutzt, um seine Bedürfnisse zu befriedigen und um auf diese Weise durch die Mediennutzung Belohnungen (engl.: „gratifications“) zu erhalten. Heinz Bonfadelli (2004: 168 f.) schlägt dabei die Unterscheidung in kognitive, affektive, soziale und habituelle Bedürfnisse vor. Dieser Forschungsansatz liegt einer Vielzahl von Untersuchungen zugrunde, beispielsweise solchen zur Nutzung einzelner Mediengattungen, IntermediavergleichsUntersuchungen sowie Ansätzen Inhalte und Formate von Medienkommunikation betreffend (vgl. die Übersicht bei Schweiger 2007: 64). Jedoch ist auch dieses Konzept kritisiert worden. Kritische Anmerkungen betreffen vor allem die die folgenden Punkte: •

Die Fokussierung auf die intentionale und zielgerichtete Mediennutzung blendet ein habituelles und ritualisiertes Medienhandeln, wie es, mit Bonfadelli, oben genannt wurde, zu stark aus. Neben dem aktiven Publikum existiert auch ein Publikum, das beispielsweise Fernsehen überwiegend aus Gewohnheit konsumiert (vgl. Rubin 1983, 1984). Die Vorstellung einer situationsabhängigen graduellen Rezipientenaktivität ist daher zutreffender. • Als Aktivität des Rezipienten wird vor allem in der präkommunikativen Phase die selektive Zuwendung zu bestimmten Medienaussagen interpretiert. Die Aktivität während des eigentlichen Rezeptionsprozesses in Form der Bedeutungskonstruktion wird ebenso vernachlässigt wie die Aktivität in Form der Informationsverwertung in der postkommunikativen Phase. • Ursprünglich ist das Konzept des „aktiven Rezipienten“ angelegt worden, um einen Gegenpol zum Stimulus-Response-Modell mit seiner Annahme der Omnipotenz der Medien zu bilden. Es hat sich aber denselben Vorwurf eingehandelt

2 Wirkungen und Effekte

599

wie die kommunikator- und medienzentrierte Forschung zuvor, nämlich den der prozessualen Polarisierung. Die während der Input-Phase des Kommunikationsprozesses auf Kommunikatorseite stattfindenden Selektionsprozesse, die sich als Kommunikationsangebote in den Medien materialisieren, werden ausgeblendet. Darüber hinaus werden auf der Makroebene gesellschaftliche und mediale Entwicklungen wie z. B. Moden, Trends und die Entwicklung neuer Medien nicht berücksichtigt. Beide Aspekte haben aber einen nicht zu übersehenden Einfluss auf die Inhalte wie auf die Struktur massenmedialer Kommunikationsprozesse. Dieser Kritikpunkt führte zur Entwicklung des dynamisch-transaktionalen Ansatzes, der auf die Integration von kommunikatorzentrierter Wirkungsforschung und rezipientenorientierter Nutzenperspektive zielt (vgl. Früh 1991, Früh/Schönbach 1982). Im Kontext der Marketing-Kommunikationsforschung haben Judie Lannon und Peter Cooper (1983: 195) obige Frage von Katz und Foulks aufgenommen und formulieren: „If work until now asked the question ‚What does advertising do to people‘, what happens if the question is turned on its head: ‚What do people do with advertising‘ ?“

Die Aktualität beziehungsweise das Revival dieses Konzeptes im Zusammenhang mit Fragestellungen zur Wirkungsweise von Marketing-Kommunikation verwundert nicht. Die Interaktivität des Internets eröffnet dem Konsumenten die Möglichkeit zur aktiven Teilnahme, ja sogar zur aktiven Initiierung und Gestaltung eines multimedialen Kommunikationsprozesses. Aber schon für die Zeit vor der Nutzung des Internets in der Marketing-Kommunikation lassen sich Funktionen identifizieren, die die Marketing-Kommunikation für die Rezipienten bereitgehalten hat und heute auch immer noch bereit hält. Judie Lannon und Peter Cooper (1983: 201) beschreiben diese Funktionen anhand des Konstrukts des „sophisticated consumer“ (des „anspruchsvollen Konsumenten“), das zwei unterschiedliche Typen vorhält, nämlich im engeren Sinne einen aktiven Konsumenten von Waren und Dienstleistungen sowie im weiteren Sinne einen erfahrenen Mediennutzer: •

Der anspruchsvolle Konsument im engeren Sinne schreibt den Waren, Gütern und Marken seiner Umgebung eine Bedeutung zu. Marketing-Botschaften übernehmen dabei die Funktion der Identitätsstiftung, indem sie durch ostentative oder beispielhafte Verwendung Gruppenidentitäten schaffen. Weiterhin bietet werbliche Kommunikation lebensweltliche Hilfe, indem sie dem Publikum gesellschaftliche Werte und Normen präsentiert sowie über die sozial erlaubten und erforderlichen Arten des Konsums aufklärt. Die Marketingkommunikation dient darüber hinaus zudem als Orientierungshilfe in einer von Ubiquität geprägten Konsumwelt (vgl. ebd.: 207).

600



B III

Outgrowth

Der anspruchsvolle Konsument im weiteren Sinne ist aber auch ein Individuum, das durchaus Gefallen an werblichen Angeboten findet. Lannon und Cooper (ebd.: 208) beschreiben einige der Nutzen, die Marketing-Kommunikation im Hinblick auf einen Rezeptionsgenuss haben kann: Werbliche Kommunikation bedient sich bei der kreativen Gestaltung oft der Stilmittel der übertriebenen Bildsprache, der Herausstellung der Produkteigenschaften, des pointierten Humors, der überraschenden Bedeutungstransfers oder des Tabubruchs. Damit wird beim Empfänger Energie freigesetzt. Oft wird auch eine bestimmte Faszination dadurch ausgelöst, dass sich der Empfänger bei der werblichen Ansprache als Umworbener fühlen kann. Weiterhin kann sich der Rezipient für kurze Zeit in Idealbilder, dramatisierte Geschichten oder gar irreale Welten einleben. Hinzu kommt die direkte Ansprache von anthropologisch tief verwurzelten Motiven und Bedürfnissen. Schließlich bietet Marketing-Kommunikation oftmals einen sozialen Nutzen im Hinblick darauf, dass sie einen Teil der Alltagskultur bildet und damit Gesprächsgegenstand im unmittelbaren gesellschaftlichen Umfeld des Empfängers ist.

Für die Gestaltung von Marketing-Kommunikationsangeboten impliziert das Konzept der Rezipientenaktivität vor allem die Schlussfolgerung, dass die Angebote die Bedürfnisse der Menschen in ihrer Rolle als Mediennutzer und nicht nur in der als Konsumenten berücksichtigen müssen. Dies gilt besonders in Anbetracht der Digitalisierung der Medien und der damit einhergehenden steigenden Rezipientenaktivität.

Teil B Prozess und Management der Modernen Marketing-Kommunikation

B IV Outcome

Auf der Outcome-Ebene stehen die beobachtbaren Wirkungen beim Empfänger der Kommunikation im Mittelpunkt der Betrachtung. Outcome bezeichnet folgerichtig die von marketingtreibenden Unternehmen, Kommunikationsagenturen oder Marktforschungsinstituten festgestellte Wirkung des Angebots, auf die über äußere, dem Output zugerechnete Anschlusshandlungen des Rezipienten geschlossen wird. Der Zweck der Outcome-Ermittlung liegt in der Praxis in der Schaffung der Möglichkeit, Output und Wirkungen – wider allen wissenschaftlichen Zweifeln am Kausalitätsprinzip hinsichtlich der Kommunikationswirkungen (vgl. Kap. B III 2.1) – in einen Kausalzusammenhang und diesen in eine für die Input-Phase kommunizierbare Form zu bringen, um so den Akteuren in den Unternehmen und Agenturen pragmatische Kommunikationen über die zielorientierte Gestaltung des Inputs und des Outputs zu ermöglichen. Es kann zwischen dem direkten und dem indirekten Outcome unterschieden werden (s. Abb. 187).

direkter Outcome Input

Output

Outgrowth

indirekter Outcome (Indikatoren)

Outflow

Legende: = indikatorengestützte Auswertung des Outgrowth

Abb. 187 Direkter und indirekter Outcome im Marketing-Kommunikationsprozess

603

1

Direkter Outcome

Abstract Der direkte Outcome ignoriert weitestgehend den Outgrowth-Bereich und konzentriert sich auf die beobachtbaren, äußeren, dem Output unmittelbar zurechenbaren Anschlusshandlungen von Rezipienten im Marketing-Kommunikationsprozess. Es können fünf Kategorien von Anschlusshandlungen unterschieden werden, die (1) in Absatzmärkten, (2) in sozialen Netzwerken der Konsumenten und Kunden, (3) in Beschaffungsmärkten, (4) im Unternehmen selbst sowie (5) in den Medien vonstattengehen. Für die einzelnen Kategorien werden die wichtigsten Anschlusshandlungen vorgestellt, einschließlich der Methoden ihrer empirischen Erhebung sowie der dabei häufig verwendeten Kennzahlen (Kap. B IV 1.1 – 1.5).

Direkter Outcome bezieht sich auf die Feststellung der äußeren Anschlusshandlungen der Rezipienten im Marketing-Kommunikationsprozess (z. B. die der Konsumenten, Kunden, Lieferanten, (potenziellen) Mitarbeiter, Journalisten), ohne dass eine kommunikative Intervention des marketingtreibenden Unternehmens erfolgt. Das heißt, es erfolgt eine Zurechnung zum Output der Marketing-Kommunikation, ohne dass dabei – mittels entsprechender Methoden der Markt- und Konsumentenforschungen (z. B. Befragung, Experiment) – Effekte im kognitiv-emotionalen System des Rezipienten explizit berücksichtigt werden. Diese Art der Outcome-Evaluation ist also stark behavioristisch orientiert, was natürlich nicht ausschließt, dass implizit oder auch explizit Vermutungen und Rückschlüsse kognitiv-emotionale Effekte betreffend angestellt werden. Anschlusshandlungen dienen als Indikatoren für die Beurteilung des Erfolgs von Kommunikationsmaßnahmen, wobei sie hinsichtlich der Kriterien der Art, Häufigkeit und Ausgestaltung ausgewertet werden. Letztlich kommt dabei der Handlung des Kaufs des beworbenen Produktes oder der Inanspruchnahme der angebotenen Dienstleistung die größte Priorität zu. Dies gilt besonders in konjunkturell angespannten Zeiten, in denen in der Praxis der Performance-Orientierung eine bedeutende Rolle zukommt. Daneben werden aber noch weitere Anschlusshandlungen wie beispielsweise Kommunikationen in sozialen Netzwerken der Konsumenten, die Anforderung von Informationsmaterial bei Unternehmen oder die Reaktion der Medien auf die Marketing-Kommunikation der Unternehmen berücksichtigt. 605 © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 J. Tropp, Moderne Marketing-Kommunikation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-25318-9_11

606

B IV

Outcome

Für diese Art der Outcome-Evaluation können gemäß dem modernen Marketing-Kommunikationsverständnis (vgl. Kap. A 2.1) insgesamt folgende fünf Kategorien von Anschlusshandlungen unterschieden werden: 1) Anschlusshandlungen von Akteuren in Absatzmärkten (Konsumenten, Kunden) in Richtung der Unternehmen beziehungsweise deren Marken; 2) Anschlusshandlungen in sozialen Netzwerken der Konsumenten und Kunden; 3) Anschlusshandlungen von Akteuren in Beschaffungsmärkten (z. B. Lieferanten, Jobsucher, Personalberater) in Richtung der Unternehmen beziehungsweise deren Marken; 4) Anschlusshandlungen zwischen den Unternehmensangehörigen, 5) Mediale Anschluss-Berichterstattung über die Marketing-Kommunikation des Unternehmens (Earned Media). Im Folgenden werden wichtige Anschlusshandlungen der einzelnen Kategorien, Methoden zu deren Outcome-Erhebung sowie dabei häufig verwendete Kennzahlen angegeben. Der Begriff der Kennzahlen oder Kennziffern stammt aus dem betriebswirtschaftlichen Controlling und bezieht sich auf Größen, die beobachtbare Zusammenhänge in einer verdichteten und quantitativ operationalisierten Form wiedergeben (vgl. Reichmann 2001, Geiß 1986: 42). Begriffe wie Kontrollgröße, Kontrollziffer, Kontrollzahl, Messziffer oder Messzahl werden dabei synonym verwendet. Anhand der Kennziffern der Marketing-Kommunikation erfolgt ein Rückschluss auf die Güte und den Umfang der Handlungen, die in der Praxis als direkt beobachtbare Wirkungen auf die Präsentation konkreter Marketing-Kommunikationsangebote interpretiert werden. Damit dienen sie – wie auch die Indikatoren des indirekten Outcome – der Messung, ob die Ziele der Marketing-Kommunikation erreicht wurden oder nicht.

1.1

Anschlusshandlungen in Absatzmärkten

Unter einem Markt kann allgemein die Interaktion von Käufern und Verkäufern verstanden werden, um Preise festzulegen und Güter und Dienstleistungen auszutauschen (vgl. Samuelson/Nordhaus 2005: 26). Als Absatzmarkt wird der nachgelagerte Markt bezeichnet, auf dem die hergestellten Waren oder Dienstleistungen angeboten werden. Er umfasst neben den Anbietern die tatsächlichen sowie die potenziellen Abnehmer (Kunden bzw. Konsumenten). Folgende wichtige Handlungen der Abnehmer, die sich den Marketing-Kommunikationsangeboten der Unternehmen anschließen, können genannt werden (s. Tab. 22). Neben der Anzahl der Posteingänge und der Responsequote (s. Kap. B I 2.6.2.4) kann die Beschwerdequote für die Auswertung der schriftlichen Kontaktaufnahme des Konsumenten/Kunden mit dem Unternehmen hilfreich sein. Die Beschwerdequote

1

Direkter Outcome

Tab. 22

607

Direkter Outcome in Form von Anschlusshandlungen im Absatzmarkt

Anschlusshandlungen im Absatzmarkt in Richtung der Unternehmen beziehungsweise deren Marken Anschlusshandlungen der Konsumenten/Kunden

Methoden der Outcome-Erhebung

Häufig verwendete Kennzahlen

Schriftliche Kontaktaufnahme mit dem Unternehmen per E-Mail, Brief, Fax etc.

Elektronische Auswertung der Quantität und Qualität des Kontaktes durch Customer-Relationship-ManagementSysteme (CRM-Systeme)

Anzahl der Posteingänge; Responsequote; Beschwerdequote

Mündliche Kontaktaufnahme mit dem Unternehmen per Telefon

Elektronische Auswertung der Quantität und Qualität des Kontaktes durch Automatic-Call-Distribution-Systeme (ACD-Systeme) und CRM-Systeme

Anzahl der Anrufe; Durchschnittliche Dauer der Anrufe; Lost Calls; Beschwerdequote; Responsequote

Besuch der Web-Site des Unternehmens/der Marke

Elektronische Auswertung der Logfiles

Page Impressions; Visits; Unique Users; Conversion Rate

PoS-Besuch

Statistische Auswertung von Handelsund Vertriebsdaten durch CRM-Systeme; Mystery Shopping

Umsatzveränderungen pro Kunde; Verbundkäufe; Besuchsfrequenz und Verweildauer; Dienstleistungsqualität

Gewinnspielteilnahme Produkttest (z. B. Probefahrt, Teilnahme an Produkttests)

Manuelle und/oder computergestützte Auswertung durch CRM-Systeme

Responsequote

Tätigkeit im Kundenbeirat

Auswertung von Datenbanken oder Nachrichtenforen; Protokoll- und Berichtauswertungen

Anzahl und Qualität der Innovationsideen für Service/Produkte

Partizipation an der Erstellung des Marketing-Kommunikationsangebots

Auswertung von Zugriffsprotokollen und Einsendungen

Quantität der erstellten Kommunikationsangebote (Up-Loads); Anzahl der Bewertungen der eingereichten Kommunikationsangebote

Erst- und Wiederkauf des Marketing-Gegenstandes

Auswertung der (segmentierten) Vertriebszahlen durch Data Mining und CRM-Systeme

Absatzzahlen; Wiederkaufrate; Feldanteil

Produktnutzung/-gebrauch

Auswertung von Produktregistrierungen, Reparaturrückläufen oder Folgekäufen von Verbrauchsmaterial; Abrechnung von Dienstleistungen

Anzahl der Produktregistrierungen; Reparaturquoten; Umsatz des Verbrauchsmaterials pro Kunde

Retoursendung (Versandhandel)

Auswertung mittels EnterpriseResource-Planning-Systemen (ERPSystemen)

Häufigkeit einzelner Gründe für Rücksendung; Retourquote (absolut und relativ, pro Produkt oder Kunde)

608

B IV

Outcome

ist der prozentuale Anteil aller eingehenden Kontakte, die explizit als Beschwerde definiert werden können. Sie vermittelt einen ersten Einblick über die Unzufriedenheit der Kunden mit Produkten, Dienstleistungen, der Kommunikation oder dem Unternehmen selbst. Die Berechnung der Beschwerdequote setzt voraus, dass die anfallenden Beanstandungen systematisch dokumentiert und ausgewertet werden. Die Vergleichbarkeit der in diesem Zuge anfallenden Daten kann sichergestellt werden, indem eine entsprechende Checkliste angefertigt wird, nach der der kommunikative Kontakt bewertet und eingestuft wird. In der Praxis wird häufig fälschlicherweise unterstellt, dass eine geringe Beschwerdequote unmittelbar auf eine hohe Kundenzufriedenheit schließen lässt. Hierbei gilt es jedoch zu bedenken, dass sich in der Regel nur ein Bruchteil der unzufriedenen Kunden dem Unternehmen gegenüber äußert (vgl. Schneider/Hennig 2008: 59 f.). Für die telefonische Kontaktaufnahme werden heutzutage in den großen Unternehmen Callcenter eingerichtet, um das hohe Anrufaufkommen zufriedenstellend und computergestützt auswertbar durch Computer Telephony Integration (CTI), also die Integration von Telefonanlage und CRM-Systemen, bearbeiten zu können (vgl. Schümann/Tisson 2006: 17). Bestimmte Kennzahlen lassen Rückschlüsse über die Quantität der Anschlusshandlungen zu, trivialerweise dient dazu die Anzahl der Anrufe in einer bestimmten Zeitperiode in Korrelation mit erfolgten kommunikativen Maßnahmen des Unternehmens. Auf die Zufriedenheit der Konsumenten und Kunden lässt die oben beschriebene Beschwerdequote schließen; ferner kann die durchschnittliche Dauer des Anrufs und die Kennzahl der Lost Calls herangezogen werden, mit der die Anzahl der vorzeitig abgebrochenen Anrufe bezeichnet wird (vgl. ebd.: 76). Soll auf die Anschlusshandlungen in Form von Websitebesuchen geschlossen werden, bietet sich eine reiche Auswahl von Kennzahlen an. Diese werden fast ausschließlich durch die Auswertung der sogenannten Logfiles (Protokolldateien) gewonnen, die den Netzwerkzugriff auf die Webserver des Unternehmens dokumentieren (vgl. Conrady 2006: 673 f.). Mit Page Impressions (synonym gebraucht: Page Views) wird die Anzahl der vollständig geladenen Webseiten bezeichnet. Unter Visits wird die Anzahl der Besuche einer Website gefasst (vgl. auch Kap. B I 2.6.2.1). Während des Besuchs einer Website werden in der Regel mehrere Webseiten abgerufen: Deshalb beinhalten Visits meist mehrere Page Impressions. Als Unique User (synonym: Visitor) schließlich wird die Anzahl der Zugriffe von unterschiedlichen Internet-Usern bezeichnet (vgl. ebd.: 681 f.). Page Impressions, Visits und Unique Users zählen zu den am häufigsten gebrauchten Kennzahlen im Online-Bereich. Als weiterer Hinweis zur Beurteilung des Outcome kann noch die Conversion Rate hinzugezogen werden. Im Online-Umfeld definiert sich diese als der prozentuale Anteil der tatsächlichen Transaktionen an der Anzahl der Visits (vgl. Lammenett 2017). Die Transaktionen können Käufe, Downloads, Kommentarbeiträge oder andere Handlungen sein, die als Marketing-Kommunikationsziel des Unternehmens definiert werden. Bezüglich der Besuche des Kunden am Point of Sale (PoS) des Unternehmens ergeben sich aus der elektronischen Auswertung der in einem Data Warehouse (der

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Direkter Outcome

609

zentralen Datensammlung) gespeicherten Handelstransaktionen diejenigen Kennzahlen, mit denen Aussagen über die Anschlusshandlungen erfolgter Kommunikation ermöglicht werden. Sollen diese jedoch auf individuelle Rezipienten zurechenbar sein, ist die Voraussetzung, dass diese namentlich bekannt sein müssen. Im Handel geschieht dies meist über die Sammlung von Adressen (zum Beispiel mit Couponing oder Gewinnspielen) oder durch Kundenkarten. Relevante Kennzahlen sind hier die Veränderungen beim Umsatz/Absatz pro Kunde beziehungsweise hinsichtlich der erworbenen Waren/in Anspruch genommenen Dienstleistungen. Auch können Muster von Verbundkäufen – des Kaufs sachlich und/oder zeitlich zusammengehöriger Leistungen – zur Beurteilung des direkten Outcomes im Anschlusshandlungsbereich des PoS-Besuchs dienen. Zudem liefern Beobachtungsverfahren Zahlen wie die der Veränderungen bei der Besuchsfrequenz oder die der Verweildauer innerhalb des Geschäftslokales. Mit der Methode des Mystery Shopping (engl., etwa: „verdecktes Einkaufen“) wird der PoS-Besuch qualitativ ausgewertet, indem die wahrgenommene Dienstleistungsqualität untersucht wird. Dazu treten speziell geschulte Beobachter verdeckt als Kunden auf und bewerten Kundensituationen am PoS (vgl. Platzek 1997: 364 f.). Das Dienstleistungsgeschehen wird dabei nach einem zuvor festgelegten Kriterienkatalog evaluiert. Dabei ist die Beurteilung von Aspekten wie Beratungsqualität, Attraktivität des Ladenlokales oder das Auftreten des Personals („Look & Feel“) zentraler Gegenstand des Verfahrens, das sich beispielsweise bei einer kommunizierten PoS-ServiceOffensive eines Handelsunternehmens anbietet. Beispiel

Das Baumarktunternehmen OBI startete 2008 seine „WIE, WO, WAS weiß OBI“-Kampagne, mit der die hohe Kompetenz der Mitarbeiter am PoS kommuniziert werden soll, die über ein Mystery-Shopping überprüft werden kann (s. Abb. 188). „Bei OBI findet der Heimwerker den besten Rat, die übersichtlichsten Märkte und das umfassendste Sortiment für seine Bedürfnisse. Kein Wunsch bleibt unerfüllt, wenn OBI seine größten Stärken ausspielt. Garant dafür sind in erster Linie die OBI-Mitarbeiter: Sie sind das Rückgrat des neuen Werbeauftritts. ‚Es sind die Menschen, die bei OBI den Unterschied ausmachen‘, sagen OBI Kunden in regelmäßig stattfindenden Marktforschungen. Mit Rat und Tat stehen die OBI-Mitarbeiter gleichzeitig dem Laien und dem Geübten zur Seite: kompetent, freundlich, zuverlässig.“ (OBI-Pressemitteilung 24. 02. 2008)

Auch bei der Evaluation der Gewinnspielteilnahme und der Einladung zu einem Produkttest (z. B. Probefahrt) stellt die Responsequote die in der Praxis am häufigsten verwendete Kennzahl dar.

610

B IV

Outcome

Abb. 188 Key Visual der OBI-Kampagne „WIE, WO, WAS weiß OBI“ aus dem Jahr 2008 (Quelle: www.obi.de; Zugriff: 21. 06. 2010)

Tätigkeiten der „lead user“ (der trendführenden Kunden) eines Unternehmens in einem Kundenbeirat können wichtige Hinweise auf die Bewertung und Nutzung von Produkten geben sowie als Anstoß für Innovationen dienen (vgl. Hippel 2010). Anschlusshandlungen von Mitgliedern moderierter Nutzergruppen im Internet („Communities of Innovation“ oder „User Knowledge Groups“), die speziell für die Mitarbeit im Unternehmen ausgewählt und geschult wurden, können durch die maschinelle oder manuelle Auswertung der Einträge in Datenbanken oder Nachrichtenforen erfasst werden. Bei Treffen mit physischer Präsenz dieser Kunden können Protokolle und Berichte ausgewertet werden. In beiden Fällen kann das Feedback der Teilnehmer qualitativ und quantitativ hinsichtlich eventueller Innovationsideen für Services und/oder Produkte evaluiert werden (vgl. Hinterhuber 2009). Der Anstoß zur expliziten Partizipation an der Erstellung der Marketing-Kommunikation kann unternehmensinitiiert sein oder ohne explizite Aufforderung seitens des Unternehmens von besonders enthusiastischen Anhängern der Marke kommen. Diese Art der Anschlusshandlungen ist eine zentrale Zielsetzung der modernen Kommunikationsdisziplin der PMK (vgl. Kap. B II 2.2.4). Dabei wird vor allem das Internet als Interaktionsplattform genutzt. Auch hier spielen, wie bei allen online ausgeführten Handlungen der Rezipienten/Konsumenten, Auswertungen von Zugriffsprotokollen, verbunden mit möglichst eindeutigen Kennungen der einzelnen Nutzer, eine wichtige Rolle. In welchem Umfang nutzergenerierte Marketing-Kommunikationsangebote nach der Aufforderung durch ein Unternehmen geschaffen werden, lässt sich an der Quantität der eingereichten Vorschläge, also anhand der Uploads auf

1

Direkter Outcome

611

eine eigens für die PMK-Kampagne geschaffene Plattform im Internet ermitteln. Diese Uploads können von anderen Nutzern bewertet werden, wofür sich in der Praxis der Begriff des Voting etabliert hat. Hier ist die Anzahl der Bewertungen dieser eingereichten Kommunikationsangebote durch andere Nutzer eine dienliche Kennzahl. Vergleichbar dienen die Anzahl der „Likes“ im Bereich der Social Media dafür, zu einer Einschätzung des Gefallens von Marketing-Kommunikationsangeboten (z. B. Posts auf Facebook-Seiten) zu gelangen. Durch die Entwicklung leistungsstarker Computersysteme ermöglichen die Techniken des Data Mining die umfassende Auswertung von Absatzzahlen. Die statistische Analyse der Verkaufsdaten lässt auch wertvolle Rückschlüsse auf Käuferverhalten, Einkaufsmuster und Trends bei bevorzugten Produkten zu. Die britische Einzelhandelskette TESCO hatte in den 1990er Jahren eine Pionierrolle dabei inne, die im Rahmen eines Kundenkarten-Programms anfallenden Daten der Einkäufe und individuelle Kundendaten systematisch auszuwerten (vgl. McCawley 2006: 13). Kaufhandlungen lassen sich dadurch mit vorangegangener Marketing-Kommunikation kausal in Verbindung bringen. So lassen sich detailliert Erkenntnisse über das direkte Outcome erzielen (vgl. Han/Kamber 2012). Können Einkäufe zum Beispiel mit Couponing oder Kundenkarten bestimmten Empfängern von Kommunikationsangeboten zugeordnet werden, können Kaufhandlungen bis auf die Individualebene nachverfolgt werden. Bei allgemein adressierten Kommunikationsangeboten von Unternehmen ohne Möglichkeit der eindeutigen Zuordnung einer anschließenden Kaufhandlung seitens des Konsumenten oder Kunden sollte aufgrund der Zurechnungsproblematik nicht aus einer Veränderung des Marktanteiles auf die Wirkung von Marketing-Kommunikationsangeboten geschlossen werden (vgl. Kap. B I 2.4.1). Die Zuordnung kann jedoch im Rahmen eines Testmarktes zweifelsfrei möglich gemacht werden. Ein solcher – mit 3500 Haushalten in der rheinland-pfälzischen Kleinstadt Haßloch – wird beispielsweise von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) mittels des Behavior-Scan-Tests untersucht. Die Stichprobe stellt soziodemografisch ein statistisch durchschnittliches Abbild der Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland dar. Durch besonderen technischen und organisatorischen Aufwand können hier Marketing-Kommunikationsangebote variiert und deren unterschiedliche Auswirkungen auf die Kaufhandlungen direkt im örtlichen Einzelhandel registriert werden (vgl. Högl/Hertle 2008: 975 f., Kap. B V 2.2). Da als typisches Kennzeichen eines Panels die personelle Zusammensetzung der Stichprobe über die Zeit repräsentativ ist und gleich bleibt, erlaubt dieses Verfahren auch, Aussagen über die Veränderung der Wiederkaufrate (Rate of Repurchase) als Indiz für erfolgte Wiederkäufe infolge von Kommunikation zu treffen. Unter der Wiederkaufrate eines Produktes versteht man den Prozentsatz derjenigen Käufer, die das Produkt nach dem erstmaligen Kauf in einem bestimmten Zeitraum mindestens ein weiteres Mal erwerben (vgl. Heidel 2008: 338). Insbesondere bei Produkteinführungen kann der Feldanteil (auch Verbraucheranteil) der Marke zu einer Beurteilung der Kommunikationsleistung – unter Berück-

612

B IV

Outcome

sichtigung der Wirkung des gesamten Marketingmix – herangezogen werden. Der Feldanteil errechnet sich aus der Anzahl der Käufer, die eine Marke zumindest einmal gekauft haben, im Verhältnis zu der angestrebten Anzahl aller Käufer der Produktkategorie, unabhängig von der Menge des Einkaufs (vgl. Schneider/Hennig 2008: 125). Diese Kenngröße misst somit den Anteil an Käufern, nicht den am Umsatz. Vergleicht man nach Einführung einer Marke den Marktanteil mit dem Feldanteil, kann durch die Gegenüberstellung dieser beiden Größen eine Prognose bezüglich des Absatzes durchgeführt werden, da Einmalkäufer und Stammkäufer unterschiedlich gewichtet werden. Hat eine Marke beispielsweise einen hohen Feld- bei gleichzeitig kleinem Marktanteil, so existieren überwiegend Einmalkäufer und wenige Stammkäufer und damit auf lange Frist gesehen eher negative Absatzaussichten (vgl. Koschnick 2003: 875 f.). Die Nutzung des Produktes respektive die Inanspruchnahme von Dienstleistungen führen ebenfalls in vielen Fällen zu einer Handlung des Konsumenten, die von marketingtreibenden Unternehmen rezipiert und registriert werden kann. Bei vielen Produkten bieten Unternehmen Produktregistrierungen an, die dem Verbraucher Vorteile wie verlängerte Garantien, Clubmitgliedschaften, Gewinnspielteilnahmen oder den regelmäßigen Bezug von Informationen ermöglichen. Der Verbraucher überträgt dabei freiwillig persönliche Daten (Name, Adresse, Kontaktdaten) sowie die Produktart, das Kaufdatum sowie möglicherweise weitere personenbezogene Informationen an das Unternehmen. Diese sind natürlich zunächst einmal für den Datenbestand des Unternehmens interessant, um zielgerichtete Mitteilungen im Rahmen des Direktmarketings gestalten zu können. Darüber hinaus können die Registrierungen auch Aufschluss über die soziodemografische Zusammensetzung der Käuferschaft geben. Die Eigenart mancher Produkte erlaubt des Weiteren auch die Erfassung von Reparaturquoten oder von Umsätzen mit Verbrauchsmaterial, über die ebenfalls Rückschlüsse auf die Produktnutzung gezogen werden können. Der Versandhandel erlebt durch die Verschiebung vom traditionellen Kataloghandel hin zum e-Commerce eine Entwicklung, die es dem Kunden erlaubt, schnell und interaktiv Produkte zu erwerben. Durch die deutsche Gesetzgebung zum Fernabsatz (§ 312 BGB) hat der Konsument das Recht zur Ansicht und Rückgabe der Ware ohne Angabe von Gründen. Dennoch wird bei den meisten Retoursendungen um eine kurze Stellungnahme gebeten, warum das Produkt zurückgesendet wird. Dabei wird meist die Möglichkeit des Ankreuzens verschiedener vorformulierter Gründe gegeben (z. B. „Ware passt nicht“, „weicht von Beschreibung ab“, „Ware beschädigt“). Durch die Auswertung der Daten, die ein Enterprise-Ressource-Planning-System (ERP-System) für Lager- und Retourenmanagement zur Verfügung stellt, können statistische Angaben über die Häufigkeit einzelner Gründe für Rücksendungen sowie eine Retourquote für einzelne Produkte oder individuelle Kunden(-segmente) erstellt werden (vgl. Stahl et al. 2012).

1

Direkter Outcome

1.2

613

Anschlusshandlungen in sozialen Netzwerken

Schon die Columbia-Studien von Paul Lazarsfeld et al. (1944) förderten die beeinflussende Wirkung von persönlicher Kommunikationen im sozialen Umfeld auf das Handeln einzelner Personen zutage und legten damit den Grundstein für die heutige hohe Bedeutung, die WOM in der Modernen Marketing-Kommunikation für sich verbuchen kann (vgl. Kap. B II 2.6). Auch wenn heute die Zweiteilung des massenmedialen Informationsflusses in indirekte und direkte Kommunikation, wie es das originäre Modell des two-step flow of communication postuliert, als widerlegt anzusehen ist (vgl. Kap. B III 2.5.1), bleibt davon die Erkenntnis unberührt, die das hohe Beeinflussungspotenzial interpersoneller Interaktionen und Kommunikationen in sozialen Netzwerken betrifft. Diese können als Geflechte sozialer Beziehungen aufgefasst werden, in die das einzelne Individuum, Gruppen oder Organisationen eingebettet sind und deren Relationen sich unter anderem durch unternehmens-, produkt- oder markenbezogene Interaktionen und Kommunikationen konstituieren (vgl. Jansen 2016). In Tab. 23 sind für die Marketing-Kommunikation wichtige, direkt beobachtbare Handlungen, die sich mitgeteilten Marketing-Kommunikationsangeboten in sozialen Netzwerken anschließen können, aufgelistet.

Tab. 23 Direkter Outcome in Form von Anschluss-Interaktionen und -Kommunikationen in sozialen Netzwerken der Konsumenten und Kunden Anschlusshandlungen in sozialen Netzwerken Anschlusshandlungen der Konsumenten/Kunden

Methoden der OutcomeErhebung

Verwendete Kennzahlen

Produktnutzung/-konsum

Beobachtungen von Trendscouts

(Definition unternehmens-/produktindividueller Beobachtungskriterien)

Empfehlung geben

Automatisches oder manuelles Monitoring; Bonifizierungen auswerten

Anzahl und Güte von Empfehlungen im Internet; Rang auf Bewertungswebsites; personenbezogene Anzahl der Empfehlungen

neue Kunden rekrutieren

Bonifizierungen auswerten

Anzahl der durch einen Bestandskunden gewonnenen neuen Kunden (absolut und pro Bestandskunde)

Kommunikationsangebote weiterleiten, sharen, liken, posten

softwarebasiertes Monitoring

Konversationsvolumen; Share of Buzz;

Publizieren und Kommentieren

Comments, Shares, Likes, Posts, Downloads etc.;

Engagement (in der konativen Dimension (s. Kap. A 2.1.5))

diverse softwareabhängige Evaluationskriterien

614

B IV

Outcome

Innerhalb sozialer Netzwerke von Verbrauchern können Unternehmen für ihre Branche relevante Produktnutzungs- und Konsumeigenarten mit Trendscouts evaluieren, die als verdeckte Beobachter in den Netzwerken aktiv sind und dem Unternehmen als Informationsbeschaffer entsprechend definierten unternehmens-/ produktindividuellen Beobachtungskriterien dienen. Inzwischen bieten TrendscoutAgenturen derartige professionelle Beobachter an, die neben der Beobachtung und der Auswertung aktueller Konsumgewohnheiten und Produktnutzungen auch das Aufkommen neuer Trends erfassen und hinsichtlich ihrer Implikationen für konsumtives Handeln auswerten. Bei der Beobachtung von Produktnutzung und -konsum steht aufgrund der Zurechnungsproblematik weniger die Korrelation konsumtiver Handlungen mit spezifischen unternehmens-/markenbezogenen Marketing-Kommunikationsangeboten im Vordergrund als vielmehr – auf einer Makroebene – die Beobachtung bestehender und die Entdeckung neuer grundlegender branchenrelevanter Konsum- und Produktgebrauchsmuster, wie sie vor allem unter den Rahmenbedingungen einer Mediengesellschaft emergieren. Den Internetplattformen mit Fokus auf Marken-/Produktempfehlungen oder Produktbewertungen, besonders im Bereich hochpreisiger Produkte, die durch ein erhöhtes Kaufrisiko gekennzeichnet sind, kommt mittlerweile eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der konkreten Ausformung der Kaufabsichten der Konsumenten zu. Webmonitoring kann hierbei die Anzahl der Empfehlungen oder Bewertungen aufzeigen. Dazu werden die Nennungen von Marken- oder Produktnamen auf vorher definierten Plattformen des Internets gezählt und bewertet. Dies kann manuell oder automatisch, mithilfe eigens dafür entwickelter Software, erfolgen. Eine komplett automatisierte ist dabei gegenüber einer manuell lektorierten Auswertung der verschiedenen Plattformen und Kanäle oft kostengünstiger, hat jedoch den Nachteil, dass die semantische Analyse des Kontextes, die notwendig ist, um zu Aussagen die Güte der Empfehlung betreffend zu gelangen, (noch) nicht zuverlässig ist. Die Resultate einer automatisierten Suche sollten also vor der abschließenden Evaluation genau begutachtet werden. Darüber hinaus erlauben Bewertungswebsites auch die Sortierung der Produkte in einer Liste nach dem Rang ihrer positiven Empfehlungen (z. B. Golocal, Yelp). Das Geben einer Empfehlung kann die einfache, nicht anreizbasierte Form eines „Tell a Friend !“-Buttons auf einer Webseite haben, dessen Nutzung über Webmonitoring quantitativ ausgewertet werden kann. Daneben gibt es anreizbasierte Formen des Empfehlens wie auch des Rekrutierens neuer Kunden. Hier werden die Bonifizierungen derjenigen Konsumenten und Kunden ausgewertet, die im Rahmen des aktiven viralen Marketings, von Kunden-werben-Kunden-Kampagnen (KwK-Kampagnen), von Affiliate-Marketing-Programmen oder des Multi-Level-Marketings Empfehlungen gegeben oder neue Kunden für das Unternehmen gewonnen haben (vgl. Kap. B II 2.6.3). Die resultierenden Kennzahlen sind die der personenbezogenen Anzahl der Empfehlungen und die der Anzahl der durch einen Bestandskunden gewonnenen neuen Kunden, die absolut oder pro Empfehler/Bestandskunde dargestellt werden können.

1

Direkter Outcome

615

Ferner können die Anschlusshandlungen der Weiterleitung von Marketing-Kommunikationsangeboten, des Publizierens und Kommentierens von unternehmensoder markenspezifischen Kommunikationsangeboten sowie des Engagements mittels softwarebasierten Monitorings ausgewertet werden. Kennzahlen, die hier interessieren, sind das Konversationsvolumen (marken- oder unternehmensspezifisches eWOM-Volumen nach Plattformen), die Konversationsdichte, wofür sich in der Praxis der Begriff des Share of Buzz (marken- oder unternehmensspezifischer eWOMAnteil auf einer Plattform) eingebürgert hat, sowie die diversen mit der konativen Dimension des Engagement-Konstrukts verknüpften Handlungen wie beispielsweise Comments, Shares, Likes, Posts oder Downloads. Es gibt weitere jeweils softwareabhängige Evaluationskriterien, von denen im Folgenden einige exemplarisch genannt werden: • Trackbacks/Pingbacks sind automatisierte Benachrichtigungen an den Blogbetreiber, dass jemand einen Link auf seinen Blogeintrag eingerichtet hat (vgl. Weinberg 2015). • Tags sind verkürzte Metadaten, die beispielsweise an öffentliche Bookmarks oder in sozialen Netzwerken an verbreitete Mitteilungen angehängt werden. Sie geben Aufschluss über die Kategorisierung bestimmter Inhalte durch Nutzer (vgl. ebd.: 224). • Anzahl der Tweets: In wie vielen über twitter.com versendeten Kurznachrichten wird der Marketing-Gegenstand genannt und wie viele werden weitergeschickt (Retweets) ? Welche Themen oder Marken werden in welchem Umfang mit einem Hashtag versehen und damit explizit zum suchbaren Thema für Nutzer gemacht (vgl. ebd.: 165) ?

1.3

Anschlusshandlungen in Beschaffungsmärkten

Der Beschaffungsmarkt ist der der Produktion vorgelagerte Markt, auf dem Unternehmen als Nachfrager und andere Unternehmungen als Anbieter auftreten. Bei der Marketing-Kommunikation in Beschaffungsmärkten im Sinne der Business-toBusiness-Kommunikation (B2B-Kommunikation) steht in erster Linie das sachliche Informieren im Mittelpunkt, weniger die Unterbreitung emotional gefärbter Kommunikationsangebote. Die Anschlusshandlungen an die Rezeption werden in der Regel nicht nur einer Person, sondern meist einer Gruppe von Entscheidungsträgern zugerechnet werden müssen (vgl. Koppelmann 2006: 41 f.). Neben den Anschlusshandlungen, die dem B2B-Bereich zugeordnet werden können, sind auch die Handlungen von Stellensuchenden im Personalbeschaffungsmarkt den Kommunikationsangeboten von Unternehmen (z. B. Stellenanzeige) zurechenbar (vgl. Tab. 24).

616

Tab. 24

B IV

Outcome

Direkter Outcome in Form von Anschlusshandlungen in Beschaffungsmärkten

Anschlusshandlungen in Beschaffungsmärkten in Richtung der Unternehmen beziehungsweise deren Marken Anschlusshandlungen

Methoden der Outcome-Erhebung

Verwendete Kennzahlen

Angebot

Lieferantenanalyse; Checklisten

Soll/Ist-Vergleichswerte mit den vorher festgelegten Bedarfskennzahlen; Scoring

Gemeinsame Workshops mit Lieferanten

Eventcontrolling

Teilnehmeranzahl; No-Show-Rate; Soll/Ist-Vergleich mit angestrebten Zielen der Workshops

Bewerbung; Vorstellungsgespräch

Auswertungsbogen; Einstellungstests; Auswertungen von Personalbeschaffungskosten

Anzahl der Bewerbungen pro Stelle; Punktwert pro Bewerber; Cost-Per-Hire; Time-to-Fill; (Kündigungsquote/Fluktuationsrate)

In Form von Ausschreibungen werden potenzielle Lieferanten zur Abgabe von Angeboten aufgefordert, für das Unternehmen Dienstleistungen zu erbringen oder Güter zu produzieren. Dies kann mündlich oder schriftlich über verschiedene Plattformen und Medien erfolgen (beispielsweise Ausschreibungen in Wirtschaftszeitungen oder Anzeigeblättern, bei Messen oder auf Plattformen im Internet). Die Anschlusshandlung in Form eines verbindlichen Angebots ist die Reaktion auf die Anfrage und legt die Bedingungen fest, unter denen der Anbieter bereit ist, Waren zu liefern oder Dienstleistungen zu erbringen. Diese Anschlusshandlung kann dann von der Einkaufsabteilung des Unternehmens mithilfe des Instruments der Lieferantenanalyse geprüft werden. Das Ziel dieser Analyse ist es, Einkäufern im Unternehmen die Möglichkeit zu geben, strategische Fragen wie „Soll unser Unternehmen mit diesem Lieferanten zusammenarbeiten ?“ und taktische Fragen wie „Kann der Lieferant unseren Bedingungen an Preis, Qualität und Menge entsprechen ?“ zu beantworten (vgl. Büsch 2013). Es gibt eine breite Palette verschiedener Formen dieser Analyse. Mario Büsch schlägt die Messung anhand von Kriterien wie „strategische Eignung“, „operative Fähigkeiten“, „Rentabilität“ sowie Fragestellungen zu Bestandskunden des Lieferanten und dessen Innovationsfähigkeit vor. Diese Faktoren können schlussendlich anhand von Checklisten zu Kennzahlen und Scores zusammengefasst werden (vgl. ebd.: 73 f.). Unternehmen stellen oftmals eine Zwischenstufe zwischen dem Hersteller eines Produktes und dem Verbraucher dar, so beispielsweise der Lebensmitteleinzelhändler den Mittler zwischen Nahrungsmittelherstellern und Endverbrauchern oder der Mobilfunkbetreiber das Verbindungsglied zwischen Mobiltelefonherstellern und Handynutzern. Für bestimmte Unternehmensgruppen kann es also sinnvoll sein, im Rahmen der PMK nicht nur Konsumenten und Kunden, sondern auch Lieferanten oder ergänzende Dienstleister in die Entwicklung der eigenen Marketing-Kommuni-

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Direkter Outcome

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kation einzubeziehen, um den kommunikativen Anforderungen des Kunden im Absatzmarkt besser entgegenkommen zu können. So führt beispielsweise die Deutsche Telekom seit 2006 regelmäßige Workshops mit Toplieferanten ihr CSR-Engagement betreffend durch, initiiert gemeinsame Projekte und definiert Prozessziele (Deutsche Telekom 2009: 19). Zum Controlling der durchgeführten Workshops mit vorgelagerten Geschäftspartnern lassen sich Kennziffern des Eventcontrollings wie die Teilnehmeranzahl oder die No-Show-Rate (Anzahl der nicht erscheinenden, aber angemeldeten Teilnehmer) ansetzen. Auch kann ein Soll/Ist-Vergleich der vom einladenden Unternehmen angestrebten Ziele mit dem Ergebnis des Workshops bei der OutcomeErhebung hilfreich sein. Personalmarketing hat zum Ziel, ein Unternehmen langfristig mit qualifizierten und motivierten Mitarbeitern zu versorgen und diese an sich zu binden. Diese Art der Kommunikation richtet sich somit an Bewerber für im Unternehmen zu besetzende Stellen, aber auch an vorhandene Mitarbeiter (vgl. Jung 2017). Anschlusshandlungen können hier eingehende Bewerbungen der beworbenen Zielgruppe sowie Vorstellungsgespräche sein. Als einfache Kennzahl zur Auswertung von Stellenausschreibungen lässt sich die Anzahl der Bewerbungen für eine Stelle ausweisen. Dies kann auch vergleichend nach den Medien geschehen, in denen eine Stellenanzeige veröffentlicht wurde. Mittels eines standardisierten Auswertungsbogens kann eine Bewertung für den einzelnen Bewerber erfolgen. Der resultierende Punktwert kann auf Grundlage der Bewerbungsunterlagen, aber auch in einem nächsten Schritt im persönlichen Vorstellungsgespräch oder im Rahmen eines Assessment Centers, an dem mehrere Bewerber teilnehmen, unter Berücksichtigung der gruppendynamischen Umgebung ermittelt werden. Hans Jung (2017) schlägt eine Evaluation von Eigenschaften wie „Fachwissen“, „Motivation“, „Auftreten“ und „Selbstständigkeit“ mit einer 5-stufigen Skala vor. Die auf Personalmarketing-Kommunikationsangebote (z. B. Stellenanzeigen) zurückführbaren Einstellungen lassen sich mit der Kennzahl Cost per Hire (CpH, dt.: „Kosten pro Stellenbesetzung“) unter Kostenaspekten auswerten. Um diese Kennzahl zu gewinnen, werden sämtliche auf die Rekrutierung des Mitarbeiters zurechenbaren Ausgaben zusammengefasst. Als Ausgaben für die Rekrutierung können über die unmittelbaren Kommunikationsprozesskosten für die Schaltung von Anzeigen in Zeitungen, Zeitschriften oder auf elektronischen Plattformen hinaus beispielsweise auch die Personalkosten der Personalabteilung des Unternehmens – des Human-Ressources-Bereichs –, die Ausgaben für Assessment Center Facilities oder die Kosten für Personalmarketing-Events veranschlagt werden (vgl. Trost 2007: 3). Als weitere Kennzahl kann die Time-to-Fill (dt.: „Zeitspanne bis zur Stellenbesetzung“) angesetzt werden. Hierbei wird die Zeit von der Entstehung des Personalbedarfes über die Präsentation des Stellenangebots im Markt und das Auswahlverfahren unter den Bewerbern bis hin zum Ablauf der Probezeit der dann besetzten Stelle gemessen (vgl. ebd.: 4).

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B IV

Outcome

Da das Personalmarketing auch zum Ziel hat, Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden, sollen hier ergänzend auch die Kennziffern der Fluktuationsrate sowie der Kündigungsquote genannt werden, obwohl sich diese auf Handlungen von Mitarbeitern im Unternehmen und nicht auf die von potenziellen Mitarbeitern im Personalbeschaffungsmarkt beziehen. Der Begriff Fluktuation bezeichnet im Allgemeinen das Ausscheiden von Mitarbeitern. Es wird differenziert zwischen nicht beeinflussbarer natürlicher Fluktuation (Pensionierung, Ende eines Zeitvertrages, Arbeitsunfähigkeit und Tod), unternehmensinterner Fluktuation (dem Wechsel innerhalb von Unternehmensteilen und Versetzungen) und der unternehmensfremden Fluktuation (vorrangig in Form von Kündigungen von Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberseite). Die Fluktuationsrate ist der prozentuale Anteil der Abgänge, bezogen auf den durchschnittlichen Personalbestand in einem vorher definierten Zeitraum (vgl. Hafner/Polanski 2015). Die Kündigungsrate gibt die durchschnittliche Dauer der Betriebszugehörigkeit von ordentlich gekündigten Mitarbeitern wieder (vgl. ebd.: 106). Diese Kennzahlen können dann als erster Indikator für die Arbeitszufriedenheit (auf die natürlich auch die Kommunikation des Unternehmens einwirkt) herangezogen werden. Offensichtlich ist, dass die Arbeitszufriedenheit nur als ein Faktor von vielen zu begreifen ist, weshalb in die Bewertung von Unternehmensaustritten stets auch Analyseergebnisse von Austrittsgesprächen mit den ausscheidenden Mitarbeiter einfließen sollten (vgl. ebd.: 80).

1.4

Anschlusshandlungen im Unternehmen

Gemäß dem hier dargelegten Verständnis Moderner Marketing-Kommunikation beinhaltet dieses auch die unternehmensinterne Kommunikation über die MarketingKommunikation des Unternehmens (vgl. Kap. A 2.1). Unter die interne Unternehmenskommunikation fallen sämtliche kommunikativen Prozesse, die sich zwischen den Angehörigen eines Unternehmens abspielen (vgl. Mast 2006: 255). Als wenig dienlich erscheint es, wenn Unternehmen diese Anschlusshandlungen mittels direkter Beobachtung quantitativ anhand von Kennzahlen evaluieren – auch wenn in der Praxis vereinzelt Bemühungen angetroffen werden können, Regelungen wie beispielsweise die Festlegung einer Höchstdauer von Besprechungen einzuführen. Natürlich existieren zwar auch im Zusammenhang mit der internen Unternehmenskommunikation Kennzahlen. Die interne Unternehmenskommunikation wird dann aber einerseits als Voraussetzung für die Leistungsermöglichung der Mitarbeiter gesehen, die beispielsweise anhand der Mitarbeiterzufriedenheit, Informiertheit, Fairnessbeurteilung des Vergütungssystems, Fehlzeitquote oder der Leistungsbereitschaft ermittelt werden kann. Andererseits wird die interne Kommunikation dann auch als Voraussetzung für die Justierung des Arbeitskräfteeinsatzes begriffen, wofür sich Kennzahlen wie die Kenntnis der Unternehmensstrategie, Vorbildstärke

1

Direkter Outcome

619

des Vorgesetzten, Selbsteinschätzung des Mitarbeiters über seinen Beitrag für das Unternehmen oder die Übereinstimmung von Unternehmenspositionierung und Markenverständnis des Mitarbeiters eignen (vgl. Rolke 2007: 579 f., Straeter 2010: 317 f.). Deutlich ist, dass die Ermittlung dieser Kennzahlen erstens nicht anhand direkter Beobachtung der Handlungen der Unternehmensangehörigen erfolgen kann (Ausnahme: Fehlzeitquote), sondern nur indirekt in extra für die Kennzahlenermittlung konzipierten Kommunikationen (z. B. durch Mitarbeiterbefragungen, persönliche Interviews). Zweitens kann mit diesen Kennzahlen nichts über einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Output der Marketing-Kommunikation und deren Wirkung gesagt werden, da sie als Messgrößen abhängiger Variablen konzipiert sind, die von der internen allgemeinen Unternehmenskommunikation (unabhängige Variable) beeinflusst werden. Dienlich ist daher zunächst die Feststellung, dass die unternehmensinternen Marketing-Kommunikationen diejenigen Anschlusshandlungen ausmachen, die die Input-Phase der Marketing-Kommunikation konstituieren, wodurch der zirkuläre und selbstbezügliche Charakter der Marketing-Kommunikation manifest wird. So wird beispielsweise in Meetings unter den Mitarbeitern der Marketing- und MarketingKommunikationsabteilungen über den Outcome der letzten Kampagne diskutiert, Schlussfolgerungen werden gezogen und Entscheidungen den Output und den anvisierten Outgrowth der nächsten Kampagne betreffend getroffen. Dies geht einher mit der Verabschiedung der strategischen und konzeptionellen Grundlagen, die den Mix der einzusetzenden Kommunikationsdisziplinen oder die gestalterische Ausrichtung einzelner Kommunikationsangebote betreffen. Der internen Kommunikation als Outcome von Marketing-Kommunikationsprozessen ist daher durchaus seitens der Unternehmens-, Marketing- und MarketingKommunikationsleitung große Aufmerksamkeit zu schenken. Dabei darf aber nicht die quantitativ-orientierte direkte Beobachtung von Kommunikationen im Mittelpunkt stehen, sondern es muss die verstehende Analyse der unternehmensinternen Kommunikationssituation und -prozesse als Voraussetzung für Bestrebungen fokussiert werden, die Kommunikationsqualität in der Input-Phase zu optimieren (vgl. Kap. B I 1). Die Ergebnisse einer Befragung unter Unternehmen (PR-Agenturen) fördern wichtige Herausforderungen und Probleme dieser unternehmensinternen Anschlusshandlungen zutage (vgl. Mast 2006: 259 f.): •

unternehmensgrößenspezifische Probleme der internen Kommunikation Während in kleinen und mittleren Unternehmen Verständnis und Interesse für eine geplante und integrierte Kommunikation allgemein geringer ist, stehen bei großen Unternehmen Probleme der Zuständigkeit, der Anonymität oder der Einbindung von Mitarbeitern im Vordergrund.

620













B IV

Outcome

Nachholbedarf mittelständischer Unternehmen Start-ups und kleine Unternehmen verfügen dank ihrer Größe über eine natürliche interne Kommunikationsfähigkeit, große Unternehmen investieren mittlerweile kräftig in die interne Kommunikation. Hingegen liegt die interne Kommunikation mittelständischer Unternehmen unter einem ihnen angemessenen Niveau. Informelle Kommunikationen und damit auch Gerüchte dominieren hier das interne Kommunikationsgeschehen. Ungleichgewicht zwischen interner und externer Kommunikation Vor allem in am Shareholder-Value ausgerichteten Unternehmen wird der externen Kommunikation eine größere Bedeutung als der internen beigemessen. Zulasten der internen Kommunikation wird versucht, den Aktienkurs des Unternehmens über enorme Anstrengungen im Bereich der Investor Relations und in dem der extern gerichteten Marketing-Kommunikation zu beeinflussen. Beeinflussung der Unternehmenswahl bei Berufseinsteigern Die während eines Praktikums in einem Unternehmen gewonnenen Erfahrungen vor allem in puncto offenes und konstruktives Betriebsklima beeinflussen die Wahl des Wunscharbeitgebers nach Abschluss der Ausbildung nachhaltig. Informations- versus Kommunikationsdefizite Klagen der Mitarbeiter über unzureichende Informationen zur Unternehmenslage und -strategie sowie zu Unternehmenszielen etc. verschleiern das eigentliche Bedürfnis der Mitarbeiter nach mehr Mitwirkung, Dialog und persönlicher Ansprache des Einzelnen – zusammengefasst: nach Kommunikation (vgl. auch Borg 2007: 340). Denken in Einzelmaßnahmen anstatt in Prozessen Der Einbindung der Mitarbeiter und Führungskräfte in die interne Kommunikation und damit der Gestaltung der Möglichkeit des Austausches muss die Priorität gelten, nicht der Verwirklichung einer isolierten Aktion – beispielsweise der Herausgabe einer Mitarbeiterzeitschrift –, die eher Symbol der hierarchischen Topdown-Kommunikationsverhältnisse im Unternehmen ist. Achtung des Grundsatzes der Reflexivität Nicht das absendergeleitete Informieren, sondern die adressatenorientierte Kommunikation muss die Ausrichtung der internen Kommunikation leiten.

Als Formen der unternehmensinternen Kommunikation lassen sich formelle Kommunikationen (z. B. Besprechungen und Meetings) von informellen Kommunikationen (z. B. Gespräche in der Kaffeeküche, der Kantine oder bei der Weihnachtsfeier, „Flurfunk“ im Büroalltag, Austausch in Foren und Blogs des Intranets) unterscheiden, wobei auch und gerade Letzteren im Zuge der Selbstorganisationsprozesse im Sozialsystem Unternehmen und damit auch beim Management der Marketing-Kommunikation eine bedeutende Rolle zukommt (vgl. Kap. A 3.4). Mittlerweile steht für die interne Unternehmenskommunikation eine Vielzahl an Medien zur Verfügung (s. Tab. 25), die sich nach der Art der Realisation des Kom-

1

Direkter Outcome

Tab. 25

621

Medien der unternehmensinternen Kommunikation (Quelle: Mast 2006: 274)

Kommunikationswege Mündliche Kommunikation

Schriftliche, gedruckte Kommunikation

Elektronische Kommunikation

Tagungen, Konferenzen …

Hauszeitschriften, gedruckte Informationsdienste …

Corporate TV, Intranet, E-Mail …

Gruppenübergreifende Kommunikation

Besprechungen, Workshops …

Protokolle, Arbeitspapiere …

Intranet, E-Mail …

Kommunikation in der Gruppe

Gespräch Mitarbeiter und Manager, Dialoge zwischen Kolleginnen und Kollegen …

Briefe …

E-Mail …

Kommunikation zwischen Personen

munikationsangebots (mündlich, schriftlich, elektronisch) und nach dem Teilnahmekreis an der Kommunikation (gruppenübergreifend, innerhalb der Gruppe, zwischen Personen) ordnen lassen.

1.5

Mediale Anschluss-Berichterstattung (Earned Media)

Mit der Medialisierung der Marketing-Kommunikation (vgl. Kap. A 4.2.1) geht in den Unternehmen und Agenturen ein verstärktes Interesse an der medialen Berichterstattung einher, die sich an spezifische Marketing-Kommunikationsmaßnahmen anschließt und die als Earned Media bezeichnet wird. Zur Auswertung dieser Outcome-Kategorie können diejenigen Methoden und Kennzahlen verwendet werden, die traditionell bei der Evaluation der Unternehmenskommunikation zum Einsatz kommen (vgl. Tab. 26). Aufgrund der Vielzahl an zur Verfügung stehenden Kennzahlen erfolgt eine Konzentration auf die in der Literatur wie in der Praxis gängigsten Größen. Clippings (engl., to clip = „ausschneiden“) bezeichnen die Sammlung und Auszählung von Veröffentlichungsbelegen in Medien, in denen Häufigkeit und Umfang von Beiträgen zu einem Thema, einer Marke oder einem Unternehmen nach Medium und Veröffentlichungsdatum erfasst werden. Werden Clippings nur auf Printmedien bezogen, indem sie als das Registrieren von Abdruckbelegen und Abdruckdaten aufgefasst werden (vgl. Mast 2008: 159), wird damit implizit an die früheren „Ausschneiddienste“ erinnert. Heute werden in der Praxis Clippings nicht mehr nur zur Auswertung von Druckerzeugnissen, sondern vor allem auch von Veröffentlichungen in Online-Medien eingesetzt. Allgemein kann formuliert werden, dass das Clipping mithin die Präsenz von Suchbegriffen in einem möglichst repräsentativen Medien-

622

Tab. 26

B IV

Outcome

Direkter Outcome in Form von medialer Anschluss-Berichterstattung (Earned Media)

Mediale Anschluss-Berichterstattung über die Marketing-Kommunikation des Unternehmens Anschlusshandlungen

Methoden der OutcomeErhebung

Verwendete Kennzahlen (Auszug)

Berichterstattung über die marketing-kommunikativen Maßnahmen des Unternehmens

Clipping (Pressespiegel);

Veröffentlichungsrate; Reichweite; Werbeäquivalenzwert; Affinitätswerte; Durchdringungsindex; Themenquotient; Share of Voice, Share of Discussion; Initiativquotient; Resonanzquotient; Text-Bild-Quotient; Akzeptanzquotient

Anfragen von Journalisten nach Informationen, Interviews etc.

Unternehmensindividuelle Auswertung und Verarbeitung der Anfragen

Medienresonanzanalyse (MRA)

sample dokumentiert. Die nötige Recherche für Clippings wird entweder nichtautomatisiert von Lektoren oder automatisiert mithilfe von Suchabfragen in Volltexten durchgeführt. Basierend auf den ermittelten Daten kann die Veröffentlichungsrate ermittelt werden, indem die absolute Anzahl der Veröffentlichungen in ein Verhältnis zu der Anzahl der Redaktionen gesetzt wird, die eine Pressemitteilung erhalten haben. Aus der kumulierten Reichweite der veröffentlichenden Medien lässt sich die Reichweite einer Mitteilung (im Sinne der Brutto-Reichweite) ableiten. Das Clipping kann mit einem Pressespiegel, der die wichtigsten Veröffentlichungen enthält, angereichert werden. Es eröffnet so Mitarbeitern beziehungsweise dem Management die Möglichkeit einer ersten detaillierteren inhaltlichen Auswertung medialer Anschlusshandlungen. Aber erst die Medienresonanzanalyse (MRA) gibt auf einer inhaltlichen Ebene zuverlässig Aufschluss zu Fragestellungen die mediale Berichterstattung betreffend. Methodisch beruht sie auf der empirischen Sozialforschungsmethode der Inhaltsanalyse. Im Zusammenhang mit der Auswertung der Anschluss-Berichterstattung zu Marketing-Kommunikationsmaßnahmen gibt sie einen Überblick über das Was, Wer, Wie und Wo der Marketing-kommunikationsspezifischen Berichterstattung (Mast 2008: 160). In quantitativer Hinsicht liefert die MRA wie das Clipping formale Informationen zur Berichterstattung anhand von Kriterien wie Medium, Auflage oder Reichweite. Ergänzt werden diese häufig durch die Angabe des Werbeäquivalenzwertes (WÄW). Dieser rechnet die Größe beziehungsweise die Sendedauer des redaktionellen Berichts in den entsprechenden Gegenwert einer Werbeschaltung um (vgl. Besson 2008:

1

Direkter Outcome

623

149, Mathes/Zerfaß 2010: 105, Plauschinat et al. 2009: 9). Damit soll die Frage beantwortet werden: „Was hätte dieser Bericht als Werbeschaltung gekostet ?“ Der WÄW wird sehr kritisch gesehen, erfreut sich aber gleichzeitig einer hohen Beliebtheit. Als Kritik kann angemerkt werden, dass der WÄW Werbung und PR miteinander vergleicht. Nanette Besson (2008: 149) stellt zu Recht fest, dass hier Äpfel mit Birnen verglichen werden, da Werbung und PR verschiedene Ziele verfolgen. Dem Streben nach Aufmerksamkeit seitens der Werbung und anderer Marketing-Kommunikationsdisziplinen steht das PR-Bemühen um die Glaubwürdigkeit der Kommunikationsangebote entgegen. Beim WÄW wird dies aber ignoriert und davon ausgegangen, dass beides die gleiche Wirkung entfaltet. Zudem gibt es Kritik am Berechnungsverfahren. Ein redaktioneller Beitrag übermittelt Inhalte, die vom WÄW nicht oder nur unzureichend berücksichtigt werden. Hierzu gehören beispielsweise die Aufmachung des Artikels, die Tonalität oder die Platzierung. Als mögliche Maßnahme zum Umgehen dieser Kritik wird der gewichtete WÄW angesehen. Mit diesem wird versucht, die qualitativen Inhalte eines Beitrags zu berücksichtigen und mit in die Berechnung einfließen zu lassen. Allerdings steht kein einheitliches und validiertes Verfahren zur Verfügung, wie diese Kriterien in die Berechnung einfließen sollen (vgl. Plauschinat et al. 2009: 9 f.). Trotz dieser Kritik wird der WÄW bei Agenturen und Unternehmen häufig angewendet. Seine Stärke liegt in der einfachen und schnell zu ermittelnden monetären Leistung der PR-Schaffenden, womit er als Maßstab für die Effizienz der Medienarbeit, sei es im Zeitvergleich oder im Benchmarking innerhalb eines Konzerns oder einer Branche, durchaus geeignet ist (vgl. Besson 2008: 149, Mathes/Zerfaß 2010: 105 f.). In qualitativer Hinsicht steht bei der MRA vor allem die inhaltliche Analyse der Berichterstattung im Mittelpunkt. Folgende Kennzahlen können unterschieden werden (vgl. Besson 2008: 150 f., Raupp/Vogelgesang 2009: 107, Rolke 1994, Mast 2008: 160 f.). Affinitätswerte geben die inhaltliche Nähe eines Mediums zu einer zuvor definierten Position des Unternehmens an. Ausgehend von einem Soll/Ist-Abgleich mit der kommunikationspolitischen Position kann innerhalb einer Expertengruppe jedem Medium auf einer mehrstufigen Skala ein solcher Wert zugewiesen werden. Der Durchdringungsindex der Marketing-Kommunikation beschreibt, wie häufig ein Thema, ein Name, eine Marke, ein Akteur oder ein Produkt mit Relevanz für die Marketing-Kommunikation in Relation zur Gesamtzahl der Berichte über das Unternehmen in den Medien genannt wird. Der Themenquotient verkleinert den analytischen Auflösungskegel, indem er die Anteile einzelner Themen der Marketing-Kommunikation an der gesamten Berichterstattung über die Marketing-Kommunikation widerspiegelt. Der Anteil der Berichte über die Marketing-Kommunikation des Unternehmens im Verhältnis zu denen der Wettbewerber wird anhand des Share of Voice, der auch eine Kennzahl der Media-Planung ist, beziehungsweise des Share of Discussion ausgewiesen.

624

B IV

Outcome

Der Initiativquotient gibt das Verhältnis von selbst- zu fremdinitiierten Beiträgen über die Marketing-Kommunikation an. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, ob die Berichterstattung im Kontrollbereich des Unternehmens liegt oder fremdgesteuert ist. Einerseits würde eine zu hohe Selbstinitiierung bedeuten, dass sich ohne Zutun niemand für das Unternehmen interessiert. Andererseits wäre bei einer zu hohen Fremdsteuerung fraglich, ob das Unternehmen noch die Kontrolle über die Kommunikation hat oder ob es sich einer völligen Machtlosigkeit im Prozess der Meinungsbildung gegenübersieht. In der Fachliteratur wird häufig das Verhältnis von eigen- zu fremdinitiierten Beiträgen mit 70:30 als optimal ausgewiesen (vgl. Rolke 2006: 3, Mast 2006: 171, Plauschinat et al.: 2009: 10). Es sollte aber beachtet werden, dass dieser Wert unter anderem branchenspezifischen Schwankungen unterliegt und daher von Unternehmen als eigener empirischer Erfahrungswert verstanden werden sollte. Resonanzquotienten geben Aufschluss über Anzahl und Verteilung der Berichte in verschiedenen medialen Zielgruppen. Der Text-Bild-Quotient benennt das Verhältnis von Texten mit Illustrationen zu Texten ohne Illustrationen. Dies ist insofern bedeutend, da Berichte mit Illustrationen/Bildern in der Regel eine höhere Aufmerksamkeit erzielen können. Hinsichtlich des Akzeptanzquotienten (synonym: Tonalität) findet sich auch die Auffassung, dass dieser nicht zu den qualitativen, sondern zu den quantitativen Kennzahlen der MRA zählt (vgl. Mathes/Zerfaß 2010: 104). Da er sich auf das Verhältnis von positiven, neutralen oder negativen Medienbeiträgen zu der Gesamtzahl der Berichte bezieht und somit die inhaltliche, semantische Dimension konstitutiv in die Analyse eingeht, wird hier aber eine Verortung dieser Kennzahl im qualitativen Teil der MRA präferiert. Der medialen Berichterstattung können im Rahmen der Recherche Anschlusshandlungen von Journalisten vorausgehen, indem sie beim Unternehmen nach Informationen zur Marketing-Kommunikationsmaßnahme (Event, Kampagne, Promotion etc.) fragen oder um ein Interview mit den Verantwortlichen seitens der Marketing-Kommunikationsabteilung und/oder der Agentur bitten. Dieser Outcome wird in der Regel kennzahlenungestützt unternehmensindividuell ausgewertet und verarbeitet.

2

Indirekter Outcome

Abstract Ignoriert der direkte Outcome weitestgehend den Outgrowth-Bereich, liegt beim indirekten Outcome hingegen genau darauf der Schwerpunkt. Die indikatorengestützte Auswertung von physiologischen und kognitiv-emotionalen Zuständen und Prozessen, die für das Erreichen von Zielen im direkten Outcome-Bereich als relevant eingestuft werden, steht hier im Mittelpunkt. Methodisch kommen dazu Pre- und Posttests sowie Tracking-Studien zum Einsatz (Kap. B IV 2.1). Trotz der Bedenken, die gegenüber Kausalannahmen zur Erklärung von Wirkungen in Kommunikationsprozessen bestehen, liegt vielen Testverfahren – aus historischen Gründen – das Prinzip der naturwissenschaftlichen, laborexperimentellen Kausalforschung zugrunde. Es können Kernindikatoren zur Messung der inneren Wirkungen identifiziert werden, die nahezu jedes Standardinstrument der Marktforschungsinstitute aufweist. Sie können je nach ihrem gemessenen Wirkungsschwerpunkt in eher kognitive beziehungsweise emotionale Einzelwirkungen oder den kognitiv-emotionalen Wirkkomplex unterschieden werden. Der Vorstellung dieser Indikatoren (Kap. B IV 2.2.1 – 2.2.8) schließt sich eine kritische Würdigung an, in der die Problematik der indirekten Outcome-Ermittlung zusammenfassend dargestellt wird. Diese stellt sich als komplex dar und kann in kommunikationslogischer, theoretischer, gesellschaftssystemischer und operativer Hinsicht analysiert werden (Kap. B IV 2.3).

Der indirekte Outcome bezieht sich auf äußere Anschlusshandlungen, die die Feststellung von physiologischen Wirkungen und kognitiv-emotionalen Outgrowth-Effekten seitens des Konsumenten bezwecken (s. Abb. 187). Da trivialerweise (aber zum Glück) niemand in den Kopf des anderen hineinsehen kann, um zu Aussagen innere kognitiv-emotionale Verstehens- und Verarbeitungsprozesse betreffend zu gelangen, sind eben hierzu Interaktionen und Kommunikationen zwischen marketingtreibendem Unternehmen beziehungsweise in dessen Auftrag handelnden Dienstleistern (z. B. Marktforschungsinstitute) und Mitgliedern der Zielgruppe notwendig. In diesen Kommunikationen und Interaktionen (z. B. Befragung, Experiment) werden sprachliche und nichtsprachliche Handlungen (z. B. Antworten, Blickverlauf) beobachtet und mittels Indikatoren, die der Erschließung der inneren Prozesse des Konsumenten dienen, ausgewertet, um so eine theoriegeleitete 625 © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 J. Tropp, Moderne Marketing-Kommunikation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-25318-9_12

626

B IV

Outcome

Interpretation des kognitiv-emotionalen Outgrowth als Ursache für direkten Outcome (z. B. Kauf) zu ermöglichen. Beim indirekten Outcome handelt es sich also, zusammenfassend betrachtet, um eine kommunikative Kategorie, die es den für Marketing-Kommunikation verantwortlichen Akteuren der Input-Phase (Unternehmen, Agenturen, Marktforschungsinstitute etc.) ermöglicht, äußere Handlungen von Zielpersonen als Folge von wahrgenommenen und kognitiv-emotional verarbeiteten Kommunikationsangeboten aufzufassen und sich darüber erklärend zu verständigen.

2.1

Pre- und Posttests, Tracking-Studien

Zum Management des indirekten Outcome stehen dem Unternehmen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass beim OutcomeManagement des Unternehmens die Charakteristik kommunikativer Handlungen deutlich zutage kommt. So beziehen die unterschiedlichen Outcome-Messungen ihren kommunikativen Sinn aus dem für Handeln typischen Prinzip der Intentionalität und des Denkens modo futuri exacti sowie aus dem bewertenden Abgleichen von Widerfahrnissen, und zwar dahin gehend, ob das gewünschte Handlungsresultat eingetreten oder ausgeblieben ist (s. Kap. A 1.2). Outcome-Messungen können in einem ersten Schritt anhand des Kriteriums des Zeitpunkts der Messung voneinander unterschieden werden. Werden Wirkungen vor der Veröffentlichung eines Kommunikationsangebots oder gar der Durchführung einer kompletten Kampagne gemessen, handelt es sich um einen Pretest, mit dem prognostisch eine fallbezogene Wirkungsabschätzung vorgenommen wird. Allgemein soll mit einem Pretest die Frage beantwortet werden, welche Wirkung zu erwarten ist, wenn in dieser Form marketing-kommunikativ vorgegangen wird (vgl. Steffenhagen 1984: 78). Die Funktion, die Pretests erfüllen, ist offensichtlich. Das ökonomische Risiko, eine nichteffektive Kommunikationsmaßnahme durchzuführen, soll reduziert werden, wozu alternativ entwickelte Maßnahmen vorab bewertet werden. Es soll derjenige Gestaltungsentwurf identifiziert werden, mit dem die definierten Zielsetzungen am ehesten erreicht werden können, und es soll festgestellt werden, anhand welcher Modifikationen der Kommunikationsmittel die Zielerreichungsaussicht verbessert werden kann (vgl. Hossinger 1982: 57, Schub von Bossiazky 1992: 177, Trommsdorff 2003: 36). Dem Pretesting liegt das Prinzip der naturwissenschaftlichen, laborexperimentellen Kausalforschung zugrunde, mit allen daraus resultierenden Problemen (vgl. Trommsdorff 2003: 32, Kap. B III 2.1, B IV 2.3). In den 1970er Jahren führte dieses Prinzip zu einer regelrechten Euphorie in der damaligen Werbeforschung, wozu besonders die Arbeiten von Werner Kroeber-Riel an der Universität des Saarlandes beigetragen haben, die strikt der laborexperimentellen Messung verschrieben waren. Zum Einsatz kamen beispielsweise psychosomatische Testverfahren, bei denen unwillkür-

2

Indirekter Outcome

627

liche Körperreaktionen bei der Wahrnehmung von Werbemitteln apparativ gemessen wurden. So misst das Pupillometer Veränderungen der Größe der Pupillenfläche, das Psychogalvanometer den Zustand des vegetativen Nervensystems über den Hautwiderstand oder das Elektroenzephalogramm/EEG Veränderungen der Gehirnströme – jeweils in Abhängigkeit von der Wahrnehmung eines Kommunikationsmittels. Ergänzt werden können hier heute neuronale Messungen wie die Messung der Stoffwechselaktivität mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT), die Einblicke in Strukturen und Prozesse des Gehirns ermöglicht. Neben derartigen psychosomatisch-neuronalen Testverfahren kann die Vielfalt der Methoden, die im Pretesting zum Einsatz kommen (s. z. B. Esch 2008: 1157 f., Trommsdorff 2003: 148 f., Unger/Fuchs 2005: 559 f.), anhand der Kategorien der • • • • •

explorativen (z. B. Tiefeninterview), aktualgenetischen (z. B. Tachistoskop), mechanischen (z. B. Blickregistrierung), projektiv-assoziativen (z. B. Wort-Assoziations-Test/WAT) oder sonstigen (Storyboard-Test, Expertensysteme)

Testverfahren geordnet werden (vgl. Pepels 2001: 157 f.). Um sich der Komplexität psychischer Prozesse seitens des Konsumenten in der Outgrowth-Phase der Marketing-Kommunikation anzunähern, werden in der Praxis von den Marktforschungsinstituten nicht isoliert einzelne Wirkungsmaße erhoben, sondern mittels einer Kombination unterschiedlicher Messverfahren Prognosen über den Outcome getroffen. Dies spiegelt auch den Erkenntnisstand der neobehavioristischen Wirkungsforschung wider, die von einem ganzen System von zueinander in Beziehung stehenden Reaktionen ausgeht. Dabei werden die im Organismus (O) verorteten physischen Vorgänge in momentane Reaktionen und dauerhafte Gedächtnisreaktionen differenziert (vgl. Abb. 189). Die Ergebnisse aus dem Pretest können aber ihren prognostischen Charakter nicht überwinden und sind hinsichtlich ihrer diagnostizierten Wirkungen stets und unvermeidbar mit einem Unsicherheitsfaktor behaftet. Daher werden nach der Durchführung der marketing-kommunikativen Maßnahmen diese im Rahmen von Posttests auf ihren tatsächlichen Zielerreichungsgrad überprüft. Mit einem Posttest wird entsprechend zusammenfassend die Frage beantwortet, welche Wirkung eingetreten ist, nachdem in dieser Form marketing-kommunikativ vorgegangen wurde (vgl. Steffenhagen 1984: 78). Posttests dienen damit der Wirkungskontrolle. Ihnen kommt die Funktion zu, dem Unternehmen ein Korrekturhandeln zu ermöglichen, indem über einen Soll-Ist-Vergleich die festgestellten Wirkungen der realisierten Maßnahmen mit den vorab definierten Zielsetzungen abgeglichen werden. Posttests werden, anders als Pretests, seltener im Teststudio oder Labor, sondern häufiger als eine Erhebung im Feld, also im Markt, durchgeführt. Es kann zwischen zeitpunkt- und zeitraumbezogenen Posttests unterschieden werden.

628

B IV

Outcome

Abb. 189 Beziehungen zwischen kommunikativen Reizen und unterschiedlichen Reaktionen der Adressaten gemäß dem neobehavioristischen S-O-R-Schema (vgl. Steffenhagen 1984: 81)

Letztere werden als Tracking-Studien bezeichnet. Sie werden in regelmäßigen zeitlichen Abständen als Wellenerhebungen durchgeführt, bei denen wechselnde, aber gleich große Zielgruppen-Stichproben mit einem festen Befragungsdesign interviewt werden (vgl. Berekoven et al. 2009, Steffenhagen 1999: 294). Dadurch überwinden diese Studien die Momentaufnahme des zeitpunktbezogenen Posttests, der sich lediglich für die Ad-hoc-Überprüfung durchgeführter Kommunikationsmaßnahmen anbietet. Hier zählen die diversen Varianten von Wiedererkennungs- (recognition) und Erinnerungstests (recall) zu den verbreitetsten Verfahren (vgl. Esch 2008: 1171, Kloss 2012, Pepels 2001: 174 f., Unger/Fuchs 2005: 590 f.). Trackingstudien können hingegen als kontinuierliche Posttests aufgefasst werden, die über Erinnerung und Bekanntheit hinaus Kriterien abfragen, die sich auf unterschiedliche Wirkungen (z. B. Imageeffekte, Kaufabsicht, Einstellungsänderung) in Abhängigkeit vom Mediaeinsatz und vom Wettbewerbsumfeld beziehen (vgl. Berekoven et al. 2009, Esch 2008: 1174 f.). Bei Franz-Rudolf Esch (2008: 1174 f.) findet sich ein Überblick über in der Praxis verbreitete Tracking-Studien.

2

Indirekter Outcome

2.2

629

Indikatoren

Welche Indikatoren zur Benennung des indirekten Outcome vom Unternehmen herangezogen werden, ist vom jeweiligen unternehmerischen Zielsystem sowie von dem explizit oder implizit vertretenen Werbewirkungsmodell abhängig. Standardindikatoren, die universelle Messungen der inneren Wirkungen von Marketing-Kommunikationsangeboten beim Konsumenten erlauben, liegen nicht vor. Wohl kann aber festgestellt werden, dass in den standardisierten Instrumenten der unterschiedlichen Marktforschungsinstitute und in theoretischen wie empirischen Studien zur Kommunikationswirkung bestimmte Indikatoren immer wieder erscheinen, diskutiert und geprüft werden und daher gewissermaßen als Kern-Outcome-Indikatoren bezeichnet werden können. Wichtige dieser Indikatoren lassen sich anhand der Dimensionen ihres gemessenen Wirkungsschwerpunkts (eher kognitive bzw. emotionale Einzelwirkung, kognitiv-emotionaler Wirkkomplex) und ihres Bezugsobjektes (Produkt/Marke, Marketing-Kommunikationsangebot/Kampagne) unterscheiden und sind in Tab. 27 aufgeführt. Ergänzend ist in dieser Tabelle auch ein Indikator für den grundlegenden Bereich der notwendigen Kriterien für Kommunikation angegeben, und zwar für das Kriterium der Selektivität (Aufmerksamkeit), das auf kognitiv-energetischer Ebene für das Zustandekommen von (Marketing-)Kommunikation notwendig ist (vgl. Kap. A 1.3.1, Kap. B III 1.1). Dass die beiden anderen kommunikationsnotwenigen Kriterien der Reflexivität (Marketing-Kommunikationswissen, Brand Literacy etc.) und Kontextualität (Relevanz) nicht im Instrumentarium der Marktforschungsinstitute ihren Niederschlag finden, verdankt sich der verbreiteten Unzulänglichkeit der Outgrowth-Messungen, vor allem in theoretischer und gesellschaftssystemischer Hinsicht (s. Kap. B IV 2.3). Dem Umstand, dass menschliches Erleben als ein affektlogischer Prozess aufzufassen ist, in dem sich Denken und Fühlen untrennbar miteinander verschränken, ist es geschuldet, dass analytisch lediglich eher kognitive von eher emotionalen Einzelwirkungen unterschieden werden können (vgl. Kap. A 1.2). Damit sind auch die Indikatoren unvermeidbar als Messkonstrukte mit unterschiedlicher Fokussierung im kognitiv-emotionalen Wirkungszusammenhang aufzufassen. Mit ihnen wird in der Messung versucht, kognitive oder emotionale Wirkungsschwerpunkte zu erfassen oder aber gerade den Zusammenhang des kognitiv-emotionalen Wirkkomplexes zu berücksichtigen.

630

Tab. 27

B IV

Outcome

Wichtige Kern-Outcome-Indikatoren der Outgrowth-Messung (eigene Darstellung) Bezugsobjekt Produkt/Marke

Marketing-Kommunikationsangebot/ Kampagne

Schwerpunkt der Messung Selektivität (Aufmerksamkeit als kognitiv-energetische Kommunikationsnotwendigkeit)

• Blickverlauf

eher kognitive Einzelwirkung

• Recall • Recognition

eher emotionale Einzelwirkung

• Likeability

kognitiv-emotionaler Wirkkomplex

• • • •

Attitude toward the brand Kaufabsicht Image Markenloyalität

• Attitude toward the ad

• Empfehlungsbereitschaft

2.2.1 Blickverlauf Mittels der Methode des Blickverlaufs (Eye-Tracking) werden Daten erhoben, die Aufschluss über den Blickverlauf der Rezipienten während der Betrachtung eines Untersuchungsgegenstandes, zum Beispiel einer Anzeige oder WWW-Seite, geben. Der Blickverlauf dient dabei als Indikator zur Messung der Aufmerksamkeit während der Rezeption. So ergibt sich eine Zugangsmöglichkeit zu Aufmerksamkeits- und Mitteilungsverarbeitungsprozessen von Nutzern von Marketing-Kommunikationsangeboten, woraus wichtige Hinweise zur Optimierung der visuellen Gestaltung des Kommunikationsangebots abgeleitet werden können (vgl. den Überblick bei Bente 2004). Gemessen wird der Blickverlauf anhand der Anzahl und Dauer der Fixationen innerhalb eines definierten Areals sowie anhand der Gesamtdauer der Observation dieses Areals. Unter einer Fixation versteht man die Verweildauer des Blicks auf einem Objekt. Darüber hinaus lassen sich Fixationssprünge, Sakkaden, feststellen, während derer keine visuellen Informationen aufgenommen werden (Duchowski 2007: 46, Rayner 1998: 373). Als wichtigste Auswertungsmöglichkeiten bietet die Blickregistrierung die Ausgabe der erhobenen Daten in Tabellenform oder via „Heatmaps“. Eine Heatmap liegt über dem betrachteten Bild und zeigt an, wie lange die Probanden die einzelnen Betrachtungsbereiche fixiert haben (Duchowski 2007: 187). Areale, die intensiv beachtet wurden, werden mit zunehmender Fixation „wärmer“ und färben sich von grün (wenig Beachtung) über gelb hin zu rot (starke Beachtung) (s. Abb. 191).

2

Indirekter Outcome

631

Beispiel

Abb. 191 zeigt die Heatmap einer Gore-Tex-Anzeige (Abb. 190), die verdeutlicht, welche Bereiche der Anzeige besonders häufig fixiert wurden (= rot). Abb. 192 und Abb. 193 zeigen den Blickverlauf eines Probanden bei zwei beziehungsweise sechs Sekunden dauernder Betrachtung der Anzeige. Die Überschrift, die den Markennamen enthält, wird durchschnittlich erst nach 2,3 Sekunden und das Logo erst nach 2,6 Sekunden fixiert. Die Abbildung zeigt, dass das Logo erst an sechster Stelle des Blickverlaufs wahrgenommen wird. Geht man davon aus, dass eine Anzeige im Schnitt höchstens 2 Sekunden betrachtet wird, zeigt sich ein deutliches Optimierungspotenzial für diese Anzeige (vgl. Hofer/Mayerhofer 2010: 208 f.).

Bei der Messung des Blickverlaufs ist genauestens festzulegen, was überhaupt gemessen werden soll, und zu prüfen, ob dies auch in der Tat gemessen wird. Ist die visuelle Aufmerksamkeit von Interesse, steht die Dauer der Observation im Mittelpunkt: „A prominent, aggregated measure of eye-movement data is gaze duration, which is defined as the sum of fixation durations on a stimulus element or on the stimulus as a whole. Research demonstrates the validity of gaze durations as an indicator of visual attention.“ (Rosbergen et al. 1997: 305 f.)

Abb. 190 Anzeige für Gore-Tex (Quelle: Hofer/Mayerhofer 2010: 204)

Abb. 191 Heatmap der Gore-Tex-Anzeige (Quelle: Hofer/Mayerhofer 2010: 208)

632

Abb. 193 Blickverlauf bei zwei Sekunden dauernder Darbietung (Quelle: Hofer/ Mayerhofer 2010: 209)

B IV

Outcome

Abb. 192 Blickverlauf bei sechs Sekunden dauernder Darbietung (Quelle: Hofer/ Mayerhofer 2010: 209)

Interessieren hingegen stärker Erinnerungseffekte als Folge des Blickverlaufs, richtet sich das Augenmerk vor allem auf die Variable der Anzahl der Fixationen: „These results are consistent with previous research on eye movement and memory, which has shown that number of eye fixations predicts memory performance, whereas fixations duration does not.“ (Christianson et al. 1991: 698)

Es ist aber zu konstatieren, dass sich hierzu in der Literatur kein einheitliches Bild findet, da sich auch der Zusammenhang von Observationsdauer und Erinnerung, gemessen anhand des Indikators Recognition, als signifikant positiv erwiesen hat (s. z. B. Grammens/Vyncke 2009: 68). Angesprochen wird damit die Problematik der Validität der Messung. Es kann zwar von einem grundsätzlichen positiven Zusammenhang von visueller Aufmerksamkeit und nachgelagerten Erinnerungseffekten ausgegangen werden, was für die Vorhersagevalidität gemessener visueller Aufmerksamkeit mittels Blickregistrierung spricht (vgl. Hofer/Mayerhofer 2010: 203) und was darüber hinaus auch die Rolle von selektierender Aufmerksamkeit als kognitiv-energetische Kommunikationsnotwendigkeit unterstreicht. Dennoch sind aber Abstriche in puncto externer Validität zu machen. Hartwig Steffenhagen (2000: 51) weist zu Recht auf

2

Indirekter Outcome

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die Künstlichkeit der Testsituation der Blickregistrierung hin, die von einer möglichst realitätsnahen, biotischen Darbietung eines Marketing-Kommunikationsangebots weit entfernt ist. Dies gilt besonders für Eye-Tracking-Studien, die mittels eines auf dem Kopf des Probanden montierten Head-mounted-Systems durchgeführt wurden (vgl. Abb. 194). Die Entwicklung geht aber hin zu stationären Eye-Tracking-Monitoren. Hierbei werden über Infrarotkameras die Blickverläufe ohne den Probanden störende Gerätschaft erfasst. Der Nutzer agiert frei mittels Maus und Tastatur vor dem Monitor. Des Weiteren werden über integrierte Kamera und Mikrofon Abb. 194 BlickaufzeichnungsGestik sowie verbale Äußerungen aufgezeichnet, was Kamera von 1989 (Quelle: unter anderem die Integration der Methode des Lau- Küpper 1989: 1) ten Denkens in eine Eye-Tracking-Studie ermöglicht.

2.2.2 Recall und Recognition Die durch Marketing-Kommunikation angestoßenen Lernprozesse führen beim Konsumenten idealerweise zu Wissen und Bekanntheit von Marketing-Gegenständen. Erinnerungstests stellen eine Methode dar, die auf die Messung dieser eher als kognitiv klassifizierten Wirkung von Kommunikationsangeboten abzielt. Sie wurden von George Gallup und Claude Robinson bereits in den 1930er Jahren entwickelt und werden heute sowohl für Marken und Produkte als auch für einzelne MarketingKommunikationsangebote oder ganze Kampagnen eingesetzt (vgl. Reinecke et al. 2016). Die Kenntnis eines Marketing-Gegenstandes oder -Kommunikationsangebots wird in der Praxis als Awareness und die entsprechende marketing-kommunikative Zielsetzung als Awareness-Steigerung bezeichnet. Bei der Messung der Awareness kann hinsichtlich der zum Einsatz kommenden Indikatoren zwischen Unaided Recall (dt.: „ungestützte Erinnerung“) und dem Aided Recall (dt.: „gestützte Erinnerung“) beziehungsweise der Recognition (dt.: „Wiedererkennung“) unterschieden werden. Gelegentlich wird die Meinung angetroffen, dass es sich hierbei um Indikatoren zur Messung der Aufmerksamkeit handelt (s. z. B. Brosius/Fahr 1998: 35, Mattenklott 2004: 624), was aber problematisch ist, da dabei außer Acht gelassen wird, dass aufgrund des Phänomens des Vergessens die Erinnerung kein valider Indikator für die Aufmerksamkeitsleistung sein kann (vgl. Hofer/ Mayerhofer 2010: 199). Allgemein kann der Recall aufgefasst werden als die Messung des Wissens über einen Marketing-Gegenstand oder ein Merkmal der Marketingkommunikation (Werbebotschaft, Markennamen, Bildzeichen, Claim etc.) mittels Befragung eines

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repräsentativen Querschnitts der Zielgruppe der Kommunikation (vgl. Felser 2015, Schmidt 2004a: 250). Beim Unaided Recall wird ermittelt, ob das Kommunikationsangebot überhaupt wahrgenommen wurde. Dabei wird auf sämtliche Gedächtnisstützen, die auf das zu messende Objekt hinweisen könnten, verzichtet. Der Unaided Recall ist somit eine Messgröße, welche die Wissensleistung der Testpersonen in freier Erinnerung ermittelt. Je nach Tiefe der Befragung kann nach Top of Mind (dt. etwa: „Spitze der Erinnerung“, nur die erste Angabe) oder Total Recall (alle erinnerten Objekte) unterschieden werden (vgl. Reinecke/Janz 2007: 249). Exemplarische Fragen für freies Erinnern können sein: „Welche Anzeigen waren in der gestrigen Ausgabe der Zeitung X ?“ oder ohne Bezug auf ein Medium: „Können Sie sich an Werbung für den Produktbereich Y erinnern ?“ (vgl. die Fragestellungen bei Brosius/Fahr 1998: 35, Reinecke/Janz 2007: 250). Durch die Methodik des Aided Recall wird der Bekanntheitsgrad eines Marketing-Gegenstandes über die Erinnerungsleistung an Elemente aus seinem kontextuellen Zusammenhang erhoben (vgl. Felser 2015). Konkret wird die Messung durchgeführt, indem den Versuchspersonen Erinnerungs- und Identifikationshilfen wie beispielsweise Originalverpackungen, Abbildungen, Listen, Kartenspiele mit Werbemotiven oder ähnliches vorgelegt werden, die die passive Erinnerung unterstützen. Fragestellungen könnten demnach lauten „War eine Anzeige eines Autoherstellers dabei ?“ oder „Können Sie sich an Werbung der Marke Z erinnern ?“ (vgl. Koschnick 2003: 773, Reinecke/Janz 2007: 250). Im Folgenden werden kurz einige in der Praxis gängige Recall-Messverfahren vorgestellt und erläutert (vgl. Pepels 2001: 174 f., Unger/Fuchs 2005: 592 f.): •

Foldertest/Portfoliotest: Hierbei werden spezielle Mappen mit Werbeanzeigen zusammengestellt, die sich die Probanden ansehen. Das Ziel ist es, nach der Rückgabe der Mappen die Erinnerung an Produkte, Marken oder Botschaften zu ermitteln. Dazu wird der ungestützte Recall für die Anzeigen in den Mappen abgefragt. Anschließend werden die nicht genannten Marken oder Produkte per gestütztem Recall abgefragt. Die Messung kann noch durch die Befragung zur Beurteilung der gesehenen Anzeigen ergänzt werden. • Print-Day After Recall (Print-DAR): Diese Methode ähnelt dem Folder-/Portfoliotest. Anstelle von Anzeigenmappen wird hier mit aktuellen Zeitschriften gearbeitet, in denen Andrucke von Testanzeigen montiert sind. Die Hefte werden dann mit dem Hinweis, dass die Titel interessanter und ansprechender gestaltet werden sollen, zur Ansicht an Testpersonen verteilt, die diese oder ähnliche Titel lesen. Nach zwei Tagen werden die Probanden dann zu ihrer Werbeerinnerung befragt. • TV-Day After Recall (TV-DAR) ist das Standardverfahren der Recall-Messung für Werbespots im Fernsehen (vgl. Kloss 2012). Am Folgetag der Ausstrahlung eines Werbespots wird meist per telefonischer Befragung ermittelt, ob der Spot, dessen Inhalt und die darin beworbene Marke wahrgenommen wurden. Dies kann grundsätzlich gestützt oder ungestützt erfolgen. Im TV-Bereich ist diese Messung

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vor allem aufgrund ihrer Einfachheit und geringen Kosten weit verbreitet (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003: 363, Reinecke/Janz 2007: 252 f.). • Beim Same Day Recall (SDR) erfolgt der Erinnerungstest noch am selben Tag, an dem der Kontakt mit einem Werbemittel, vor allem einem TV-Spot, stattfand. Nach der Ausstrahlung der Spots wird durch eine Telefonbefragung – in der Regel bei Haushalten, die auch zur Werbeträgerkontaktmessung (Telemeter) zur Verfügung stehen – geprüft, ob und welche Werbeinhalte des zuletzt gesehenen Werbeblocks in Erinnerung geblieben sind. • Der Controlled Exposure Day After Recall (CEDAR) ist ein Test, mit dem versucht wird, die durch eine künstliche Laborumgebung hervorgerufene Verzerrung der Testergebnisse möglichst gering zu halten. Hierzu erfolgt in einer weitestgehend biotischen Situation die Rezeption des zu testenden Marketing-Kommunikationsangebots (Anzeige oder TV-Spot). Der Proband wird unter einem Vorwand (z. B. dem eines Produkttests) in das Studio eingeladen und mit einer absichtlichen Wartesituation konfrontiert. Zum Zeitvertreib läuft im TV ein Werbeblock mit redaktionellem Umfeld oder es liegen Zeitschriften aus. In den Medien sind die zu testenden Kommunikationsmittel montiert. Am nächsten Tag erfolgt eine telefonische DAR-Messung. Überflüssig zu erwähnen, dass die Wartesituation in einem Testlabor nicht der lebensweltlichen Mediennutzungssituation der Testperson, beispielsweise seiner häusliche Fernsehnutzung, entspricht und daher auch der CEDAR-Test mit Validitätsproblemen behaftet ist. Als Kritikpunkte die Validität und Reliabilität der Recall-Testverfahren betreffend können stichpunktartig unter anderem genannt werden (vgl. Kloss 2012, Schmidt 2004a: 250): • Verbalisierungsprobleme emotionaler erinnerungsrelevanter Verarbeitungsergebnisse der Testpersonen, • hoher versus geringer Verwenderanteil der Produkte beeinflusst die Erinnerungsleistung, • Interferenzen verzerren die Erinnerung (z. B. Überstrahlungseffekte von Botschaften des Marktführers der Produktkategorie), • nicht eigenständige versus eigenständige Positionierung einer Marke beeinflusst die Erinnerungsleistung, • Trend zur übertriebenen Angabe von Erinnerungen („Overreporting“), • Ausblendung des Mere-Exposure-Effekts (vgl. Kap. B III 2.4.4). Trotz der Kritikpunkte hat die Erinnerungsmessung ihren festen Platz in der Praxis. Angebracht ist es aber unbedingt, bei der Auswahl eines Testverfahrens in Abhängigkeit von den Erhebungszielen die unterschiedliche Validität der einzelnen Verfahren zu berücksichtigen (vgl. Schmidt 2004a: 251).

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Verfahren der ungestützten Erinnerung (Unaided Recall) sind überall dort zu empfehlen, wo es in der realen Kaufsituation erforderlich ist, die Marke und gegebenenfalls ihre Merkmale aktiv zu erinnern. Die aktive Erinnerung sorgt bei bewussten und überlegten Kaufentscheidungen dafür, dass die Marke zur Menge der bei der Wahl berücksichtigten Alternativen gehört. Von Vorteil ist, dass in das Ergebnis des ungestützten Recall nur diejenigen Marken einfließen, an die sich die Versuchsteilnehmer tatsächlich erinnern können. Nachteilig ist aber, dass sie sich in der spezifischen Situation einer Befragung möglicherweise nicht an ein Befragungsobjekt erinnern, mit dem sie dennoch Kontakt hatten und das womöglich sogar bedeutsam für ihre Kaufentscheidungen oder ihre Konsumhandlungen ist. Die Erhebung des Ausmaßes an gestützter Erinnerung (Aided Recall) beziehungsweise simpler Wiedererkennung (Recognition) ist überall dort angebracht, wo es in der konkreten Kaufsituation für den Kaufentschluss ausreicht, den MarketingGegenstand oder Elemente aus dessen Kommunikation wiederzuerkennen. Beispiel hierfür können alle Käufe sein, die mit geringem Involvement getätigt werden. Wiedererkennungstests (Recognition-Tests) haben ihre Wurzeln in der Anzeigenforschung und gehören zu den ältesten angewandten Methoden der Marktforschung (vgl. Unger/Fuchs 2005: 596). Sie liefern ausschließlich eine Antwort auf die Frage, ob der dargebotene Wahrnehmungsgegenstand (Anzeige, TV-Spot, Marke, Produkt, Logo etc.) erlernt und identifiziert werden kann, also wiedererkannt wird. Die klassischen Recognition-Tests in der Werbewirkungsforschung sind der Copytest und der Starch-Test: •

Der Starch-Test wurde 1931 von dem amerikanischen Medienforscher Daniel Starch entwickelt. Den Befragten wird ein tatsächlich erschienenes Zeitschriftenexemplar mit Werbeanzeigen vorgelegt, das gemeinsam mit dem Interviewer durchgeblättert wird („through the book-technique“). Bei jeder einzelnen Anzeige wird gefragt, ob die Testperson die Anzeige wiedererkennt („noted“) und wenn ja, ob sie sich an die beworbene Marke oder andere kommunikative Elemente erinnert („seen associated“). Des Weiteren erfolgt mit „read most“ eine dritte Klassifikation, die Starch als das Vorhandensein eines höhergradigen Interesses bei der Testperson interpretiert. Voraussetzung hierfür ist, dass mehr als die Hälfte der Anzeige gelesen wurde (vgl. Erichson/Maretzki 1993: 548, Fuchs/Unger 2005: 596 f.). • Copytests werden hauptsächlich von Zeitschriftenverlagen durchgeführt, die neben der Abfrage von redaktionellen Inhalten auch die Erhebung zu Motiven von Anzeigenkunden anbieten. Dabei werden mit Methoden ähnlich wie beim StarchTest bei Lesern einer Zeitschrift Seite für Seite die Beachtungs- und Erinnerungswerte zu Anzeigen, Produkten, Marken, Bildern und Texten erhoben. Auf jeder einzelnen Seite des Mediums wird die Intensität der Nutzung in verschiedenen Abstufungen abgefragt (vgl. Pepels 2001: 182). • Der Online-Copytest ist eine Variante zur Messung der Wiederkennung von Online-Werbung und wird von werbefinanzierten Webseiten betrieben. Dabei

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werden Besucher von Webseiten, die vor kurzem Kontakt mit einem bestimmten Kommunikationsangebot (Banner, Sponsornennung etc.) hatten, per Pop-Up befragt, ob und an welche Einzelheiten (z. B. Text, Claim oder Produkt) sie sich erinnern können (vgl. ausführlich Koschnick 2003: 560). Der Hauptkritikpunkt im Hinblick auf Wiedererkennungstests ist, dass die Korrektheit der Antworten nicht überprüft werden kann. Da Menschen in Befragungen im Zweifelsfall eher zustimmend als ablehnend antworten, kann es in diesem Zusammenhang zu stark überhöhten Werten kommen. Mit fiktiven Kontrollanzeigen können unplausible Antwortmuster gefunden werden (vgl. Erichson/Maretzki 1993: 548). Problematisch ist ebenfalls, dass – wie bei den Recall-Verfahren – auch hier ein Overreporting stattfinden kann: Das Darbieten der abgefragten Mitteilung kann zur Verzerrung der Gedächtnisleistung führen, sodass der Proband, obwohl er die Anzeige in der Testsituation zum ersten Mal dargeboten bekommt, bei der Befragung später fälschlicherweise angibt, sich zu erinnern, sie vor der Befragung gesehen zu haben (vgl. Unger/Fuchs 2005: 597).

2.2.3 Likeability Eine eher emotionale Einzelwirkung der Marketing-Kommunikation kann mittels des vor allem in der Praxis weit verbreiteten Indikators der Likeability (dt.: „Gefallen“) gemessen werden. Er stammt aus einer groß angelegten, mehrjährigen Studie der Advertising Research Foundation (ARF) zur Erforschung des Beitrags der Anzeigengestaltung zur Verkaufswirkung. In der Auswertung des Copy Research Validity Project hat sich vor allem das Gefallen („Likeability“) des Werbemittels als derjenige Faktor herauskristallisiert, der sich am meisten auf den späteren Verkaufserfolg auswirkt (vgl. ARF 1991: 44, Haley/Baldinger 1991: 29 f.). „Undoubtedly the most surprising finding in the study was the strong relationship found to exist between the likability of the copy and its effects on sales.“ (Haley/Baldinger 1991: 29)

Die der Likeability zugeschriebene prädominierende Rolle wurde aber auch kritisiert und Likeability wurde eher als ein Faktor unter vielen bei der Auswirkung von Werbung auf Verbraucher verortet (vgl. Rossiter/Eagleson 1994: 29). Jedenfalls konnte in jüngeren Folgestudien das Gefallen einer Anzeige beziehungsweise einer Kampagne als ein zentraler Indikator für den Erfolg der Marketing-Kommunikation weiter bestätigt werden (vgl. Pelsmacker et al. 2001: 121, Putte 2009: 680, Smit et al. 2006: 80). Neben der Evaluation der Likeability, die sich auf die Marketing-Kommunikation selbst bezieht, kann ergänzend hierzu eine Befragung zu Likes/Dislikes (dt.: „Vorlieben/Abneigungen“) durchgeführt werden, bei der mithilfe offener Fragen die positi-

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ven oder negativen Assoziationen einer Marke oder eines Produktes festgestellt werden können (vgl. Heidel 2008: 78, 180 f.). Basierend auf der Auswertung mehrerer internationaler Studien gelangt Wolfgang Koschnick (2003: 1026 f.) hinsichtlich der Likeability von Werbung zu folgenden zentralen Punkten: Die Bewertung eines Marketing-Kommunikationsangebots ist vor allem auf längere Sicht wichtig, wenn die Botschaft mehrmals wiederholt wird. Gefällige Spots werden weniger umgangen („weggezappt“) oder ignoriert. Likeability ist aber kein Selbstzweck, sondern dient dazu, die spezifischen Eigenschaften der Marke zu dramatisieren. Koschnick spricht von „produktiver Likeability“, bei der sich das Gefallen der Werbebotschaft aus der kreativen Präsentation des Produktnutzens speist, weniger aus einer bloßen Aneinanderreihung ästhetischer Motive.

2.2.4 Attitude toward the ad, Attitude toward the brand Eng verwandt mit dem Indikator der Likeability ist der der Attitude toward the ad (Aad) beziehungsweise der Attitude toward the brand (Abr). Vereinzelt wird sogar argumentiert, dass „ad likeability“ und Attitude toward the ad konzeptionell als äquivalent aufgefasst werden können und im Rahmen einer Single-Item-Messung Attitude toward the ad mit dem einem Item „like-dislike“ gemessen werden kann (vgl. Rossiter/Bergkvist 2009: 9). Entsprechend wird in einigen Studien unter der Einstellung zum Werbemittel der rein affektive Grad der Sympathie für eine bestimmte Werbebotschaft verstanden (vgl. die Überblicke bei Gardner 1983: 315, Phelps/Thorson 1991: 202). Diese Auffassung vertrat anfangs auch Richard Lutz (1985: 46) im Rahmen seiner umfangreichen Forschungsarbeiten zu dem Thema. Seine Definition von Aad konzipierte er, wie er im Folgenden ausführt, zu Beginn seiner Forschungen explizit als eine ausschließlich affektive Reaktion des Rezipienten: „… Aad [Attitude toward the ad, J. T. ] is defined as a predisposition to respond in favorable or unfavorable manner to a particular advertising stimulus during a particular exposure occasion.“ (ebd.)

Dem steht gegenüber, das eine Einstellung als komplexer kognitiv-emotionaler Wirkungszusammenhang aufzufassen ist, der sich nach übereinstimmender Meinung gemäß der Drei-Komponenten-Theorie aus affektiven, kognitiven und konativen Elementen zusammensetzt. Eine Einstellung beinhaltet strukturell also nicht nur die gefühlsmäßige Bewertung, sondern auch das erkenntnismäßige Wissen und die Handlungstendenzen bezüglich eines Sachverhalts, die entsprechend in der Messung berücksichtigt werden müssen (vgl. Kap. A 2.6.1). Im Kontext der Attitude-toward-the-ad-Forschung bedeutet dies, dass die Einstellung zum Werbemittel auch durch hedonistische und utilitaristische Dimensionen sowie durch das Interesse ge-

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prägt werden kann (vgl. Olney et al. 1991: 440 f., s. auch die Übersicht zu uni- und mehrdimensionalen Aad-Konstrukten bei Muehling/McCann 1993: 26). Dass es Hinweise auf die Erhebungswürdigkeit von Einstellungen zu MarketingKommunikationsangeboten gibt, wurde von Albert Poffenberger bereits 1925 anhand der Analyse einer Reihe von Studien zur Werbewirkung festgestellt. Er folgerte, dass die durch Werbung hervorgerufenen Assoziationen des Produktes in Form menschlicher Bedürfnisse und Wünsche sich auf das Kaufverhalten auswirken (vgl. Poffenberger 1925: 36), und mahnte an: „all the devices of science and the arts need to be called upon to make an appeal effective“ (ebd.: 566). Ausgearbeitet wurde das Konzept außer von Richard Lutz (1985) besonders auch in den Arbeiten von Terence Shimp (1981) sowie Andrew Mitchell und Jerry Olson (1981). Sie lieferten empirische Belege dafür, dass die Einstellung zu einem Werbemittel als eine determinierende Variable für die Einstellung zur beworbenen Marke (= Attitude toward the Brand) anzusehen ist. Richard Lutz et al. (1983) fassen die Erkenntnisse zu einem Konzept zusammen, das dem Großteil der nachfolgenden Forschung zur Hypothesengewinnung diente. Das von den Autoren in der Folge weiterentwickelte Attittude-toward-the-ad-Konstrukt stellt, wie auch bei Shimp (1981) und Mitchell/Olson (1981), die Einstellung zum Werbemittel (Aad) als den die Einstellung zur Marke (Abr) determinierenden Faktor dar (vgl. Abb. 195). Nach diesem Modell beruht der Indikator der Aad konzeptionell im Wesentlichen auf fünf Antezedenzien (vgl. MacKenzie/Lutz 1989: 51 f.): •









Glaubwürdigkeit der Werbung („Ad Credibility“) gibt Auskunft darüber, für wie glaubwürdig der Konsument die gemachten Aussagen der werblichen Kommunikation einschätzt. Dabei werden bereits früher gemachte Erfahrungen, die Glaubwürdigkeit der Werbung allgemein sowie die des Absenders berücksichtigt. Wahrnehmung der Werbung („Ad Perceptions“) wird bestimmt durch die Einstellung zu Werbung im Allgemeinen und gegenüber dem werbenden Unternehmen im Speziellen sowie durch die Wahrnehmung konkreter Gestaltungsmerkmale der angebotenen Botschaften. Einstellung gegenüber dem Werbenden („Attitude toward the Advertiser“) ist eine relativ stabile Komponente, die sich aus der über längere Zeit aufgebauten Haltung gegenüber dem Werbenden speist. Einstellung gegenüber der Werbung allgemein („Attitude toward advertising“) wirkt direkt auf die Einstellung zur Werbung (Aad), ist aber auch intervenierende Variable bei der Wahrnehmung von werblichen Angeboten und hängt eng mit der Glaubwürdigkeit der empfangenen Botschaft zusammen. Stimmung („Mood“) ist eine sehr variable Determinante, die einerseits von persönlichen Eigenschaften des Empfängers, aber auch von situativ spezifischen Kontexten sowie von Eigenschaften des Werbemittels abhängt.

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Abb. 195 Das Attitude-toward-the-ad-Konstrukt (Quelle: MacKenzie/Lutz 1989: 53)

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Auch wird der Komplexität des kognitiv-emotionalen Wirkungszusammenhangs Rechnung getragen, indem Markenkognitionen (Brand Cognitions) und Werbekognitionen (Ad Cognitions) in das Modell eingefügt werden und damit Attitude toward the ad nicht mehr wie zu Beginn der Forschung als ein Indikator zur Messung vorwiegend emotionaler Wirkungen aufgefasst wird (vgl. MacKenzie/Lutz 1989: 51). Wie der Abb. 195 zu entnehmen ist, stellt sich das Verhältnis von Attitude toward the ad und Attitude toward the brand derart dar, dass, wie bereits erwähnt, erstere letztere determiniert. Die Einstellung zur Marke wiederum wird als Determinante für die Kaufabsicht konzipiert (vgl. z. B. Bongard 2002: 365, Mitchell/Olson 1981: 327, Rossiter/Bergkvist 2009: 12 f.). Hierzu ist aber festzustellen, dass in Studien nachgewiesen wurde, dass die Markeneinstellung nur bedingt als kaufverhaltensrelevant angesehen werden kann, da der Typik des spezifischen Kaufentscheidungsmusters, besonders der jeweilige Grad an Produktinvolvement, und der Art der Einstellungsmessung eine entscheidende Rolle zukommt (vgl. im Überblick Steffenhagen 2000: 227 f.). Neben der oben erwähnten Single-Item-Messung (like/dislike) des Indikators Attitude toward the ad kann im Rahmen des semantischen Differenzialverfahrens eine Multiple-Item-Messung stattfinden, bei der anhand von mehreren Gegensatzpaaren (z. B. gut/schlecht, angenehm/unangenehm, informativ/nicht informativ) die Einstellung gegenüber dem Kommunikationsangebot auf einer mehrstufigen Skala gemessen wird. Nahezu identisch wird der Wert des Indikators Attitude toward the brand ermittelt, wobei aber das Gegensatzpaar informativ/nicht informativ gegen nützlich/nutzlos ausgetauscht wird (vgl. Rossiter/Bergkvist 2009: 12, s. auch den auf einer Meta-Analyse basierenden Überblick bei Smit et al. 2006: 74).

2.2.5 Kaufabsicht Martin Fishbein und Icek Ajzen definieren die Intention (Absicht) als die subjektive Wahrscheinlichkeit, mit der ein Individuum ein bestimmtes Verhalten zeigt (vgl. Fishbein/Ajzen 1975: 288), und bezeichnen gleichzeitig eine bestimmte Handlungsintention (z. B. die Absicht zum Kauf eines Produktes) als den zuverlässigsten Indikator für die Vorhersage des Verhaltens eines Individuums (vgl. ebd.: 369). Entsprechend platziert Werner Kroeber-Riel in seinem im deutschsprachigen Raum weit verbreiteten Modell der Wirkungspfade die Kaufabsicht als letzte Vorstufe für das tatsächliche Verhalten des Konsumenten (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003: 614 ff.). In mehreren Untersuchungen ist die prognostische Aussagekraft dieses Indikators für das Kaufverhalten bestätigt worden. So haben beispielsweise Manohar Kalwani und Alvin Silk (1982: 243 f., 280 f.) ein auf Befragungen gestütztes lineares Kaufabsicht-Kauf-Modell für Konsumgüter entworfen. Gleichzeitig ist aber auch hier wieder anzumerken, dass in der Einstellungsforschung mittlerweile erhebliche Zweifel existieren, ob es eine direkte Beziehung zwischen gemessener Einstellung, Handlungsabsicht und tatsäch-

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licher, beobachtbarer Handlung überhaupt gibt (vgl. Kap. A 2.6.1, auch Schweiger/ Schrattenecker 2005: 346). Auch in der Theory of Planned Behavior, die sich intensiv mit dem Indikator der Kaufabsicht befasst, wird der Zusammenhang von Intention und Handlungsdurchführung zurückhaltend formuliert, da die Intention nur den Versuch der Handlungsausführung, aber nicht die tatsächliche Handlung vorhersagt (vgl. Kap. B III 2.4.3, auch Melles 2007: 39 f.). Operationalisiert wird die Kaufabsicht mittels einer Frage nach der Wahrscheinlichkeit, ein bestimmtes Produkt innerhalb eines definierten Zeitraums zu erwerben. Die Antwort kann abgestuft zwischen „sehr unwahrscheinlich“ und „sehr wahrscheinlich“ erfolgen (vgl. Abb. 196):

How likely is it, that you will buy …? „not at all likely to buy”

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„very likely to buy“

Abb. 196 Exemplarische Erhebung der Kaufabsicht (Quelle: Mitchell/Olson 1981: 323)

2.2.6 Image Dass dem Image einer Marke als Indikator in der Outgrowth-Messung traditionell eine bedeutende Rolle zugesprochen wird, verwundert nicht. Auch heute noch wird es von Marktforschungsexperten als die relevanteste Wirkungsebene in der kommerziellen Werbewirkungsforschung eingestuft (Keil/Ottler 2018: 33). Schließlich wird im Rahmen des Paradigmas der persuasiven Markenkommunikation (vgl. Kap. A 2.6.1) von einer kaufbeeinflussenden Wirkung von Images ausgegangen. Das Image, verstanden als das Bild, das sich ein Individuum von einem Gegenstand macht, umfasst im Marketing-Kommunikationskontext die subjektiven Ansichten und Vorstellungen von einer Marke. Es kann damit als ein mehrdimensionales Einstellungskonstrukt aufgefasst werden (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 2003: 197). Als bekannteste Methode der Image-Messung ist das Semantische Differenzial zu nennen (vgl. Abb. 197). Das Semantische Differenzial ist von Charles Osgood (1952, Osgood et al. 1957) entwickelt worden, um die Bedeutung von Objekten – ihre Semantik – anhand von Assoziationen zu messen (vgl. Friedrichs 2002). Dazu wird anhand mehrerer Gegensatzpaare der semantische Raum eines Objektes, hier von Automarken, definiert. Den Versuchspersonen wird diese Liste mit der Bitte vorgelegt, jeweils durch ein Kreuz auf der Skala eines jeden Gegensatzpaares anzugeben, wie sie die Marken beurteilen. Weiterhin besteht auch die Möglichkeit, projektive, assoziative und auch nonverbale Methoden einzusetzen (vgl. Pierdzioch 1983: 42 f., Felser 2015).

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Abb. 197 Imagemessung mittels Semantischen Differenzials am Beispiel von zwei Automarken (Quelle: Hammann/Erichson 2000: 349)

2.2.7 Markenloyalität Der Kundenbindung kommt im Rahmen des Paradigmas der beziehungsorientierten Direktmarketing-Kommunikation (s. Kap. A 2.6.2) zentrale Bedeutung zu. Im Bereich der Messung des direkten Outcomes steht hierfür die Wiederkaufrate zur Verfügung (s. Kap. B IV 1.1), wohingegen in der Outgrowth-Messung Kundenbindung über den Indikator der Markenloyalität gemessen wird. Basierend auf dem Markenwertmodell von David Aaker (1996) kann angenommen werden, dass die Verbundenheit der Konsumenten mit einem Produkt oder einer Marke einen wesentlichen Einfluss auf den Markenwert hat, was als zentraler Grund für die hohe Bedeutung des Markenloyalitätsindikators angesehen werden kann (vgl. ebd.: 105 f.). Dabei wird Markenloyalität aus zwei Komponenten konzipiert und kann durch eine Befragung ermittelt werden: 1) Price Premium: Der Mehrbetrag, den Konsumenten für ein Produkt einer bestimmten Marke im Vergleich zu einem der Mitbewerber bereit sind zu zahlen; zur Erfassung dieses Wertes schlägt Aaker einerseits eine einfache „dollar metric“ vor, also die direkte Befragung im Stil „Welchen Betrag würden Sie zusätzlich ausgeben, um sich einen Mittelklassewagen der Marke X anstatt von Marke Y zu kaufen ?“ Eine genauere Erfassung dieses Wertes bietet allerdings die Conjoint-Analyse, mit der sich exakte Präferenzen und deren Werthaltigkeit bei Konsumenten ermitteln lassen (vgl. ebd.: 106).

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2) Satisfaction: Die Zufriedenheit eines bestehenden Kunden; die Messung der Zufriedenheit eines Kunden ist ein besonders verbreitetes Verfahren im Bereich der Dienstleistungsbranchen (Hotels, Autovermietungen, Banken etc.). Von Interesse ist, ob die in der Marketing-Kommunikation formulierten Merkmale der Serviceleistungen und die entsprechend geschürten Ansprüche der Kunden erfüllt werden können. Eine Frage zur Erhebung könnte nach Aaker (1996: 108) kurz lauten: „Waren Sie mit unserer Dienstleistung: mehr als zufrieden – zufrieden – unzufrieden ?“ David Aaker sieht das Price Premium als Summe aller auf den Markenwert einzahlenden Faktoren als die pragmatischste und günstigste Art an, die Markenloyalität zu messen. Ausschließlich in Märkten, in denen Preisunterschiede keine Rolle spielen (beispielsweise in regulierten Marktumfeldern), verliert dieses Maß seine Validität. Richard Oliver (1999) bezeichnet die Zufriedenheit („Satisfaction“) mit einer Marke als notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für die Schaffung von Brand Loyalty. Das Konstrukt Markentreue wird hier in drei aufeinanderfolgenden Stufen konzeptualisiert, was an die Stufenmodelle der Werbewirkung erinnert (vgl. Kap. B III 2.2). Zunächst stellt sich kognitive Loyalität ein (der Konsument bevorzugt die Marke gegenüber Alternativen aus objektiven Gründen), gefolgt in einem nächsten Schritt von der affektiven Loyalität (aufgrund der Zufriedenheit mit Aspekten der Marke ändert sich die emotionale Einstellung zu ihr) und dem konativen Aspekt der Loyalität (hier ist der Wunsch manifestiert, die Marke regelmäßig zu kaufen), was am Ende in tatsächliche wiederholte Käufe mündet (vgl. Oliver 1999: 35 f.). Ebenfalls basierend auf der Drei-Komponenten-Theorie schlagen Worhtington et al. (2010) ein Modell der Markenloyalität vor, das sich aus affektiven, kognitiven und konativen Dimensionen zusammensetzt. Um die Loyalität für eine bestimmte Marke festzustellen, wird von jedem Probanden die Ausprägung der einzelnen Dimensionen („hoch“ oder „niedrig“) bestimmt, was der Identifikation unterschiedlicher Typen von markentreuen Kunden dient (vgl. Worthington et al. 2010: 247, Abb. 198). Die Markenbindung ist umso größer, je mehr Dimensionen der Loyalität mit „hoch“ eingestuft werden. Je nachdem, welches Segment quantitativ besonders stark ausgeprägt ist, geben die Autoren unterschiedliche Strategien für die Marktkommunikation vor (vgl. ebd.: 248 f.).

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Brand loyalty audit High emotional loyalty

High behavioural loyalty Low behavioural loyalty

Low emotional loyalty

High cognitive loyalty

Low cognitive loyalty

High cognitive loyalty

Low cognitive loyalty

Stable loyals

Passionate

Vulnerables

Hot potentials

Hopefuls

Functional loyals Cold potentials

Disloyals

Abb. 198 Das dreidimensionale Brand Loyalty Model (Quelle: Worthington et al. 2010: 247)

2.2.8 Empfehlungsbereitschaft Mit der Bedeutungszunahme des WOM-Marketings geht die zunehmende Relevanz des Indikators der Empfehlungsbereitschaft einher. In der Praxis weit verbreitet ist dessen Messung anhand der Kennzahl des Net Promoter Score (NPS), der von den Unternehmen Satmetrix und Bain & Company gemeinsam mit Fred Reichheld entwickelt wurde. Folgende Frage, „the ultimative question“ (Reichheld 2006), dient der Messung: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Unternehmen/Produkt/Dienstleistung XYZ einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen werden ?“ (Ebert o. J.) Kunden, die diese Frage auf einer 10er-Skala mit den Werten 9 oder 10 beantworten, was heißt, dass es höchstwahrscheinlich ist, dass sie zufrieden sind und eine Weiterempfehlung aussprechen werden, gelten als Fürsprecher („Promoter“). Kunden mit den Werten 7 oder 8 bilden die Gruppe der Unentschiedenen („Passives“). Der Rest der Kunden (0 – 6) wird als Kritiker („Detractor“) klassifiziert. Der Net Promoter Score wird in Prozent angegeben und ergibt sich aus der Differenz der relativen Anteile von Fürsprechern und Kritikern. Hat ein Unternehmen mehr Kritiker als Fürsprecher, ist der Net Promoter Score negativ, maximal −100 Prozent. Beispiel

Bain & Company hat 2012 in einer Studie die NPS-Werte europäischer Energieversorger ermittelt (n = 8000 Versorgungskunden). Die Ergebnisse zeigen, dass unter den Energieversorgern hohe Kundenzufriedenheitswerte nur „Markteinsteiger und Discounter“ sowie „lokale Anbieter“ erreichen. (vgl. www.bain.de; Zugriff: 18. 11. 2013).

In einer zweiten, offenen Frage wird nach dem Grund für die soeben vorgenommene Bewertung gefragt, um Bedürfnisse und Erwartungen des Kunden zu erfahren, die für die Gestaltung des Beziehungsmanagements hilfreich sein können.

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B IV

Outcome

Kritisch am NPS ist einerseits einzuschätzen, dass der Wert durch höchst unterschiedliche Verteilungen von Fürsprechern und Kritikern erreicht werden kann, was bei einer alleinigen Betrachtung des Endwertes zu verzerrten Interpretationen führen kann (20 Prozent Fürsprecher – 40 Prozent Kritiker = −20 Prozent; ebenso: 5 Prozent Fürsprecher – 25 Prozent Kritiker = −20 Prozent). Auch sollte der NPS stets nur branchenspezifisch betrachtet werden, da davon ausgegangen werden kann, dass die Empfehlungsbereitschaft in Abhängigkeit von der Branche variiert. Andererseits ist Kritik angebracht, wenn der NPS von Unternehmen über die Messung der Empfehlungsbereitschaft hinaus schlicht aufgrund seiner hohen Praktikabilität zur zentralen Kundenbindungsmessgröße avanciert. Bereits seit Längerem herrscht Konsens, dass allein mit Erkenntnissen über die Kundenzufriedenheit, hier operationalisiert über den Indikator der Empfehlungsbereitschaft, keine verlässlichen Aussagen zur Kundenbindung getroffen werden können, wie sogar von Reichheld (1999: 53) selbst betont wird. Neben der Zufriedenheit ist beispielsweise auch die Relevanz des Marketing-Gegenstandes für den Konsumenten, das Involvement oder die Attraktivität der Alternativen in ihrem Einfluss auf die Kundenbindung zu berücksichtigen. Auch ist zu beachten, dass die Zielsetzung der Steigerung der Kundenzufriedenheit nicht ausschließlich auf marketing-kommunikativen Maßnahmen zurückgerechnet werden kann, sondern dass auch preis-, vertriebs- und produkt- beziehungsweise servicebezogene Aspekte neben spezifischen internen und externen Kontexten des Konsumenten einen Einfluss auf den Grad der Kundenzufriedenheit haben. Streng genommen können daher aus der Messung der Empfehlungsbereitschaft, konzipiert als Indikator für Kundenzufriedenheit, keine verlässlichen Erkenntnisse zur Gestaltung der Marketing-Kommunikation gewonnen werden. Fasst man hingegen Empfehlungsbereitschaft im Sinne von kommunikativer Anschlusshandlungsbereitschaft als Indikator für WOM-Volumen auf („Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie einen Freund oder Kollegen über das Kommunikationsangebot Z informieren werden ?“), kann sehr wohl eine Zurechnung auf die Marketing-Kommunikationsaktivitäten des Unternehmens erfolgen.

2.3

Kritische Würdigung

Resümierend ist festzustellen, dass die Verfahren der Messung des Outgrowth als indirekte, da nur kommunikativ realisierbare Outcome-Ermittlung bislang wenig zufriedenstellend sind. Es liegt zwar eine Vielzahl von Studien vor, jedoch mit widersprüchlichen Ergebnissen, besonders was die Beziehungen zwischen den Indikatoren und ihren jeweiligen Wirkfaktoren angeht. Von einem geschlossenen und konsistenten Indikatorensystem zur Messung von Marketing-Kommunikationswirkungen kann keine Rede sein.

2

Indirekter Outcome

647

Die hier zum Ausdruck kommende Problematik ist zwar auch auf der operativen Ebene der Pre- und Posttests sowie der Tracking-Studien zu verorten, ist aber vor allem zunächst einmal kommunikationslogischer, theoretischer und gesellschaftssystemischer Art und damit kaum vom einzelnen Unternehmen behebbar. •

In kommunikationslogischer Hinsicht ist Marketing-Kommunikation als eine spezifische Art menschlicher Kommunikation unvermeidbar täuschungs- und enttäuschungsanfällig (vgl. Kap. A 1.2). Die der Kommunikation genuine Eigenschaft der Fallibilität kann nicht mit Testverfahren aus der Welt geschaffen werden. Marketing-Kommunikation und auch die Kommunikation über MarketingKommunikation anhand von Testergebnissen in Unternehmen und Agenturen ist kommunikationslogisch grundsätzlich unzuverlässig. Dasselbe gilt für die Testergebnisse selbst. Sie sind als methodisch generierte kommunikative Konstrukte mit einem grundsätzlichen Unsicherheitsfaktor versehen, der auch nicht auf der operativen Ebene durch ein Streben nach methodischem Perfektionismus eliminiert werden kann. Dass der Marketing-Kommunikation dieser unauflösbare Widerspruch von ökonomisch unabdingbarer Instrumentalität und Zielorientierung auf der einen Seite und kommunikationslogisch bedingter Unschärfe und Unsicherheit auf der anderen Seite inhärent ist und dass sie sich damit selbst im Wege stehen muss, kommt in der Praxis des Testens eindrucksvoll zum Ausdruck. Die Grenzen des Kommunikationsmanagements werden hier nachdrücklich aufgedeckt. • In theoretischer Hinsicht nährt sich die Unzulänglichkeit der Outgrowth-Messung aus der Tatsache, dass ihr ein neobehavioristischer Ansatz zugrunde liegt, der kampagnen- und individualzentriert von einem Verhalten des Konsumenten als Folge von Mitteilungen und von mentalen Strukturen und Prozessen ausgeht. Damit wird bei den Testverfahren aber mit einem kommunikationswissenschaftlich überholten Theoriefundament gearbeitet, das sich besonders auf kommunikationspsychologische Outgrowth-Effekte beruft, die den Konsumenten als fremdgesteuertes Verhaltensbündel begreifen (vgl. Kap. B III 2.4). Angebrachter ist es heute vielmehr, den Konsumenten als ein aktives, selektierendes, kontextuell eingebundenes und sinngebendes Individuum zu begreifen. Eine derartige „Personenzentrierung“ (Brosius/Jandura 2010: 261) kann als Weiterentwicklung des Konzeptes der Rezipientenaktivität (vgl. Kap. B III 2.6) gelten und zieht auf der Ebene der Testverfahren die Forderung nach komplexen Testdesigns nach sich, die die Wechselbeziehungen zwischen einer Vielzahl von Faktoren (besonders demografische, psychische, soziale, situative, semiotische und mediale) berücksichtigen. Nur so könnte die Eingeschränktheit empirisch gewonnener Erkenntnisse von Testverfahren, die sich der Orientierung am Kausalitätsprinzip und an Reiz-Reaktions-theoretischen Grundlagen in der Tradition der YaleStudies verdankt, überwunden werden.

648

B IV

Outcome

• Unter gesellschaftssystemischer Betrachtung wird deutlich, warum durch einen neuen angemessenen theoretischen Bezugsrahmen mit einem damit einhergehenden Komplexitätssprung die Outgrowth-Messung in der Praxis optimiert werden könnte – aber nicht kann. Denn obwohl seitens der Praxis durchaus die Notwendigkeit zur Verabschiedung des starren Sender-Empfänger-Modells und der Annahme der Monokausalität von Ursache und zeitlich folgender Wirkung erkannt wird (vgl. z. B. Wilkens 1995: 21 f.), können die Akteure in den Unternehmen, Agenturen und Marktforschungsinstituten des Marketing-Kommunikationssystems gar nicht anders, als an der Simplizität und der resultierenden Inadäquatheit ihrer Testverfahren festzuhalten. Der ökonomischen Handlungslogik des Marketing-Kommunikationssystems entspringt eine bezahlte Erfolgserwartung an die produzierten und distribuierten Kommunikationsangebote, die nach sich zieht, dass das „Werbesystem … seine Effizienz schnell erweisen [muss], sonst entfällt die Geschäftsgrundlage zwischen Auftraggeber und Werbeagentur“ (Schmidt/Spieß 1994: 31). Daher erscheint es eigentlich auch überhaupt nicht bemerkenswert, wie Sven Reinecke et al. (2016: 14) bezüglich der Recall-Messungen meinen, „… dass bis heute darüber diskutiert wird, ob diese Art der Wirkungsforschung valide und reliable Messungen liefern kann“. Dass seitens der Wissenschaft bereits seit Längerem komplexe Ansätze ungenutzt bereitstehen, beispielsweise der dynamisch-transaktionale Ansatz von Werner Früh und Klaus Schönbach (1982, 1984), oder qualitative Methoden aus dem Bereich der Kognitions- und Rezeptionsforschung (s. z. B. den Überblick bei Woelke 2005: 128 f., 141; grundlegend: Schreier 2004, Kepper 2008) nur verhaltenen Anklang in der Marktforschungspraxis finden, verweist somit auf die bis dato kaum überbrückbare Vorherrschaft positivistischer marketing-kommunikativer, kommerzieller Test-Praxis wie sie als logische Folge aus den unterschiedlichen handlungsleitenden Systemlogiken in Wirtschaft und Wissenschaft resultiert. • Auf der operativen Ebene des Testens und Messens schließlich wird von den Akteuren bislang eine Reihe von mittlerweile hinlänglich bekannten Anforderungen ignoriert. Stichpunktartig können unter anderem genannt werden (vgl. Esch 2008: 1193 f.): • Mangelnder Fit von Indikatoren und Marketing-Kommunikationszielen, • Vernachlässigung der Marketing-Kommunikationsaktivitäten der Konkurrenz und dadurch Nichtbeachtung von Interferenz-Effekten in der Praxis, • Pretests werden unter Forced-exposure-Bedingungen und nicht in einer quasi-natürlichen Rezeptionssituation durchgeführt, wodurch das Phänomen des Framing, der situationsspezifischen Bahnung von kognitiv-emotionalen Prozessen, ausgeblendet wird (vgl. Silberer et al. 2010: 32), • Dominanz der Befragung als Erhebungsmethode im Rahmen von schematischen „08/15-Testmustern“ (Esch 2008: 1193) trotz Existenz validerer Methoden hinsichtlich zu messender Indikatoren.

2

Indirekter Outcome

649

Kritisch ist auch anzumerken, dass für die kommunikationsqualitative Orientierung und die spezifischen Zielsetzungen der modernen Kommunikationsdisziplinen bislang kaum adäquate Indikatoren zur Verfügung stehen. Das vorhandene Repertoire stammt zum Großteil aus der Zeit der klassischen Mediawerbung und der Hochphase des Paradigmas der persuasiven Markenkommunikation. So bedürfen beispielsweise heute Rezeptionsrelevanz, Persuasionswissen, Partizipationswille oder die Unternehmen-Konsumenten-Interaktionsgüte dringend der Operationalisierung für Testzwecke.

Teil B Prozess und Management der Modernen Marketing-Kommunikation

B V Outflow

Auf der Outflow-Ebene geht es um die Feststellung des marketing-kommunikativen Outcome unter strategischen und/oder finanziellen Aspekten (z. B. Umsatz) sowie des Aufbaus materieller und/oder immaterieller Werte als Ressourcen der Kapitalbildung (z. B. Markenwert, Unternehmenskultur). Zusammenfassend gesagt, gilt hier den betriebswirtschaftlichen Wirkungen der Marketing-Kommunikation das Interesse – also dem Beitrag der Kommunikation zur Wertschöpfung des Unternehmens –, wie es auch in dem vierstufigen, hierarchisch organisierten Prozess der Integrierten Marketing-Kommunikation von Don E. Schultz und Philip J. Kitchen deutlich zum Ausdruck kommt (vgl. Kap. A 2.6.3). Das Management möchte wissen, wie und in welchem Ausmaß die Kommunikation zur Unterstützung beziehungsweise zum Erreichen strategischer Unternehmensziele beiträgt (vgl. Rolke/Zerfaß 2010: 56, Sass/ Zerfaß 2008: 8). Ist es auf der Ebene des Outcome bereits äußerst riskant, Wirkungen in einem Kausalzusammenhang mit dem Output der Marketing-Kommunikation zu betrachten, so tritt diese Problematik auf der Outflow-Ebene in noch einmal verschärfter Form zutage. Verschärft, weil der Funktionsweise der Marketing-Kommunikation nicht nur ein Kausalitätsprinzip unterstellt wird, sondern darüber hinaus auch noch eine Umrechnung erzielter Kommunikationsleistung in monetäre Werte erfolgt. Mit anderen Worten: Was ist beispielsweise der Preis für ein als relevant wahrgenommenes Kommunikationsangebot der Marke X im Marktsegment Y ? Über diese Problematik herrscht in der Literatur weitestgehend Konsens. Victor Porák et al. (2007: 543) stellen hierzu fest, dass eine „eindeutige Rückführung bestimmter Umsatz-, Gewinn- oder Unternehmenswertanteile oder -veränderungen auf bestimmte Kommunikationsmaßnahmen […] derzeit als sehr schwierig, wenn nicht als unmöglich betrachtet werden [kann]“; Claudia Mast (2005: 28) meint, dass derartige Versuche „in eine Sackgasse“ führen, und Manfred Piwinger und Victor Porák (2005: 32) führen aus, dass „Kommunikation keinen marktgängigen Preis [hat], weder käuflich, noch verkäuflich [ist]“, da sie kein Wert ist, sondern Werte schafft. Allerdings lassen die Entwicklungen im Marketing-Kommunikationssystem keinen Zweifel daran, dass die Outflow-Ebene im Kommunikationsprozess an Bedeutung gewinnt und die Marketing-Kommunikationsverantwortlichen in den Unternehmen wie auch die Agenturen pragmatische Lösungen entwickeln müssen, um den Beitrag der Kommunikation zum Finanzergebnis des Unternehmens aufzeigen zu können. So bezeichnet beispielsweise Uwe Becker, ehemaliger Vorsitzender der 653

654

BV

Outflow

Organisation Werbungtreibende im Markenverband/OWM, die Erbringung eines klaren Effizienznachweises der medial realisierten Kontakte mit den Konsumenten als die Herausforderung der nächsten Jahre. „Wir wollen wissen, wie viel alle Kontakte, die eine Person hatte, zur Kaufentscheidung beigetragen haben“ (zit. n. Rinsum/ Schröter 2010: 22).

1

Kommunikationscontrolling

Abstract Kommunikationscontrolling ist die Basis für Managemententscheidungen, indem es die funktionenübergreifende Messung und Bewertung der Unternehmenskommunikation liefert. Besonders die Diskussion um die Intangible Assets von Unternehmen, vor allem über Markenwerte, hat dem Kommunikationscontrolling zu seinem rasanten Aufschwung verholfen. Es existieren unterschiedliche Modelle, um Kommunikation als immateriellen Vermögenswert zu fassen. Sie wird als intellektuelles Kapital, Kommunikationskapital oder Sozialkapital konzipiert (Kap. B V 1.1). Unabhängig davon, welches Verständnis von Kommunikation als immateriellem Vermögenswert zum Tragen kommt, ist in bilanztechnischer Hinsicht zu konstatieren, dass auch nach dem Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) 2009 die grundsätzliche Möglichkeit der Aktivierung kommunikativer Werte in Deutschland nicht gegeben ist.

Untrennbar mit der Outflow-Ebene ist der Begriff des Kommunikationscontrollings verbunden. Dieser darf aber nicht auf Kontrolle oder Evaluation verkürzt werden. Kommunikationscontrolling hat vielmehr mit Fokus auf den Outflow des Unternehmens eine Unterstützungs- und Steuerungsfunktion im Prozess des Kommunikationsmanagements inne. Die unterschiedlichen Definitionen weisen im Wesentlichen Übereinstimmung hinsichtlich des generellen Ziels von Kommunikationscontrolling auf (vgl. z. B. Arnaout 2005: 12, Ruud/Pfister 2005: 60 f., Will 2007: 289). Es soll die Grundlage für die disziplinenübergreifende Messung und Bewertung des Kommunikationserfolgs als Basis für effektive und effiziente Entscheidungen des Managements stellen. Beispielhaft kann die Definition von Ansgar Zerfaß aufgeführt werden. ▶ Definition „Das Kommunikationscontrolling steuert und unterstützt den arbeitsteiligen Prozess des Kommunikationsmanagements, indem Strategie-, Prozess-, Ergebnis- und FinanzTransparenz geschaffen sowie geeignete Methoden, Strukturen und Kennzahlen für die Planung, Umsetzung und Kontrolle der Unternehmenskommunikation bereitgestellt werden.“ (Zerfaß 2014: 59) 655 © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 J. Tropp, Moderne Marketing-Kommunikation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-25318-9_13

656

BV

Outflow

Ein derartiges Verständnis von Kommunikationscontrolling impliziert eine Perspektive, von der aus über eine funktionsbezogene, disziplinorientierte Betrachtung (Sponsoring, Werbung, WOM-Marketing, CSR etc.) hinaus der finanzielle und/oder strategische Ergebnisbeitrag von Marketing-Kommunikation integriert und über alle Prozessebenen der Kommunikation hinweg (Input, Output, Outgrowth, Outcome) sowie im Zusammenspiel aller unternehmenskommunikativen Maßnahmen betrachtet wird. Letzteres liegt dabei voll und ganz auf einer Linie mit der zunehmenden Hybridisierung der unterschiedlichen unternehmenskommunikativen Disziplinen, die eine funktionsbezogene Betrachtung erschwert. Darüber hinaus ist zu konstatieren, dass das Senior Management in Unternehmen schlicht nur ein geringes Interesse an funktionsspezifischen Kennzahlen hat (z. B. Gross Rating Points, Cost per Order, Recall) und sich stattdessen für seine Entscheidungen auf zentrale übergeordnete Kennzahlen stützt, die auf einer abstrakteren Ebene Ausdruck der Logik wirtschaftlichen Handelns sind. So zeigt eine Befragung unter US-amerikanischen Senior Marketing Managern die deutliche Dominanz von finanzbezogenen Kennzahlen, die als sehr nützlich („very useful“) eingestuft werden. Lediglich zwei traditionelle Marketing-Kennzahlen, die Kundenzufriedenheit („Customer Satisfaction“) und die Kundenbindung („Loyalty“), sind unter den Top 10 der insgesamt 110 abgefragten Kennzahlen zu finden. Kennzahlen der Marketing-Kommunikation wie zum Beispiel die Kaufabsicht („Purchase Intention“) oder die Bekanntheit der Werbung („Ad Awareness“) sucht man hier vergebens (vgl. Bendle et al. 2010: 20 f.). Die übrigen acht der Top 10 sind typische Zahlen zur Ausweisung des finanziellen Unternehmensergebnisses (vgl. Tab. 28). Fragt man nach dem Hintergrund der Entwicklung des Kommunikationscontrollings, sind folgende Punkte zu nennen (vgl. Piwinger/Porák 2005: 13, Sass/Zerfaß 2008: 4 f.): •



Mit dem Vordringen neuer Managementsysteme wie beispielsweise Value Based Management, Total Quality Management, Balanced Scorecards und Zertifizierungen aller Art in Organisationen (Unternehmen, Verwaltungen, Behörden etc.) geht einher, dass alle Organisationsbereiche ihr Handeln systematisch abbilden und mit Kennzahlen unterlegen. Ziel ist es, so ständige Verbesserungsprozesse in Gang zu setzen. In Anbetracht der Zunahme von Kommunikationsdisziplinen, Anspruchsgruppen und Medien stehen Budgetverantwortliche unter einem zunehmenden Entscheidungsdruck wie auch unter einem zunehmenden Legitimationsdruck im Hinblick auf ihre Entscheidungen. So hatte das Marketing Science Institute (MSI) für den Zeitraum 2008 – 2010 „Accountability and ROI of Marketing Expenditures“ als ein Thema mit höchster Priorität angesetzt. Vergleichbar hat der Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA – der sich dabei am Vorbild des US-amerikanischen Marketing Accountability Standards Board (MASB) orientiert – 2010 eine Initiative gestartet, die das Ziel hat, ein Instrumentarium zur Bezifferung des

1

Kommunikationscontrolling

657

Tab. 28 Top-10-Kennzahlen des Marketing-Managements (n = 194 US-amerikanische Senior Marketing Manager) (Quelle: Bendle et al. 2010: 21) Rang

Kennzahl

Prozentualer Anteil der Befragten, die die Kennzahl als „sehr nützlich“ einstufen

1

Net Profit

91

2

Margin %

78

3

Return on Investment

77

4

Customer Satisfaction

71

5

Target Revenues

71

6

Sales Total

70

7

Target Volumes

70

8

Return on Sales

69

9

Loyalty

69

Annual Growth %

69

10

Wertbeitrags von Marketing- und Agenturleistungen zu schaffen (vgl. Amirkhizi 2010: 13). • In der Diskussion um die Intangible Assets von Unternehmen herrscht Einigkeit, dass den immateriellen Vermögenswerten wie Patenten, Verträgen, der Managementerfahrung oder Markenwerten hinsichtlich des Wertes eines Unternehmens eine bedeutende Rolle zukommt. Dieser Wertbeitrag, Goodwill genannt, resultiert aus der Lücke zwischen Buch- und Marktwert eines Unternehmens und ist wesentlich kommunikationsbedingt.

1.1

Kommunikation als immaterieller Vermögenswert

Die Diskussion um die Intangible Assets hat dem Kommunikationscontrolling enormen Aufwind gegeben. Liegt doch der geschätzte Anteil der Markenwerte am Unternehmenswert in Deutschland durchschnittlich bei circa 56 Prozent, bei Markenartikelunternehmen sogar bei über 90 Prozent (vgl. Piwinger/Porák 2005: 13). Dies zeigt deutlich die hohe Bedeutung, die der Kommunikation als immateriellem Vermögenswert zukommt, da der Aufbau und Erhalt starker Marken heute wesentlich auch auf eine effektive Kommunikation zurückgeführt wird. Dennoch findet Kommunikation als Bestandteil des intellektuellen Kapitals eines Unternehmens – anders als das ebenfalls dem intellektuellen Kapital zuzurechnende Human- oder Strukturkapital – in den Modellen und Systemen der Forschung zu immateriellen Vermögenswerten bis-

658

BV

Outflow

lang kaum explizit Eingang (vgl. den Überblick über Methoden und Instrumente zur Bewertung oder Messung immaterieller Vermögenswerte bei Sveiby 2010: o. S.). Ali Arnaout (2005: 122) vermutet als Ursache hierfür die Schwierigkeit der Einordnung der Unternehmenskommunikation, da sich ihr Relevanzbereich über alle Arten des intellektuellen Kapitals erstreckt (vgl. Abb. 199). Mit anderen Worten: Kommunikation konstituiert das Sozialsystem Unternehmen und ist unweigerlich prozessuale Basis für die Schaffung und den Erhalt der Identität des Systems und seiner Merkmale sowie die unterschiedlichen Arten intellektuellen Kapitals. Mit der zunehmenden Verbreitung der Erkenntnis der hohen Bedeutung von Kommunikation und ihrem Management in der Wertschöpfung der Unternehmen gehen mittlerweile vereinzelte Versuche einher, den Ansatz des intellektuellen Kapitals auf die Unternehmenskommunikation zu übertragen. Beispielsweise kann das Modell des Kommunikationskapitals von Nando Malmelin (2007: 302) genannt werden, in dem sich das Kommunikationskapital aus vier Kapitalbereichen zusammensetzt (s. Abb. 200). • • •

Das organisatorische Kapital („Organizational Capital“) beinhaltet die Unternehmenskultur, Kommunikationssysteme und Management-Spezifika. Humankapital („Human Capital“) umfasst das Wissen, die Informationen und die Erfahrungen, über die die Mitarbeiter verfügen. Die Beziehungen des Unternehmens mit seinen Stakeholdern, die in Reputation und Markenwert münden, bilden das Beziehungskapital („Relational Capital“).

Abb. 199 Systematisierung und Abgrenzung des intellektuellen Kapitals (Quelle: Arnaout 2005: 122)

1

Kommunikationscontrolling

659

Communication Capital

Abb. 200 Modell des Kommunikationskapitals (Quelle: Malmelin 2007: 302)



Das juristische Kapital („Juridical Capital“) schließlich beinhaltet alle gesetzlich wirksamen Rechte und Informationen, über die das Unternehmen verfügt.

Ein ähnliches Modell stammt von Manfred Piwinger und Victor Porák (2005: 14 f.). Ausgangspunkt ihres Modells des Sozialkapitals ist die Feststellung, dass sich Kommunikation zu einer zentralen Größe des Wirtschaftens entwickelt hat und Unternehmen heute mehr denn je gefordert sind, sich über den Aufbau und die Pflege von Marken, Image und Reputation von ihren Wettbewerbern zu differenzieren. Nicht mehr die sachlich-funktionalen Unternehmenseigenschaften sind wahrnehmungsrelevant, sondern die Bedeutungskonstruktionen der Stakeholder auf der symbolischen Ebene der Kommunikation. Als Sozialkapital fassen die Autoren folglich sehr umfassend den maßgeblich durch Information und Kommunikation generierten Anteil des immateriellen Unternehmenswertes auf. Dabei greifen sie auf eine Studie der Europäischen Kommission zurück, in der als Intangible Assets alle Phänomene definiert werden, die keine physische Substanz haben, die wirtschaftlich nützlich sind und die nicht finanztechnischer Art sind (z. B. Aktien oder Rentenpapiere). „This Study adopts a broad definition: non-physical sources of expected future benefits … From an economic point of view, an ‚asset‘ is an item that is expected to yield its controller future benefits (usually economic). An asset is intangible when the item in question does not have physical substance. This definition has been narrowed to exclude financial assets (for example, equities or bonds) from its scope.“ (Europäische Kommission 2003: 17)

660

BV

Outflow

Den allgemein anerkannten immateriellen Vermögenswerten des intellektuellen Kapitals, des Humankapitals, der Organisation und der Innovation fügen sie die kommunikationsbasierten Werte der Reputation und des Markenwertes hinzu, wobei das Sozialkapital als Bindeglied zwischen den einzelnen Vermögenswerten fungiert (vgl. Abb. 201). Die Diskussion um Kommunikation als immateriellen Vermögenswert wird von der Frage nach ihrer Bilanzierung begleitet. Mit Blick auf Deutschland ist zu konstatieren, dass mit dem Anfang 2009 in Kraft getretenen Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) der Gesetzgeber eine Annäherung des HGB-Bilanzrechts an die International Financial Reporting Standards (IFRS) vorgenommen hat. Galt bisher nach § 248 Abs. 2 HGB, dass für immaterielle Vermögenswerte nur dann ein Aktivposten angesetzt werden kann, wenn sie entgeltlich erworben wurden, gilt nun, dass ein Ansatzwahlrecht für selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens besteht – mit Ausnahme der Kommunikation (vgl. Maul 2005: 107 f., Straeter 2010: 178). Diese kann allenfalls als Leistung in der Entwicklungsphase, aber nicht als Aufwand in der Forschungsphase angesetzt werden. In der Entwicklungs-

Abb. 201 Sozialkapital als zentraler immaterieller Vermögenswert (Quelle: Piwinger/Porák 2005: 15)

1

Kommunikationscontrolling

661

phase erbrachte Leistungen dürfen nämlich aufgrund eines daraus zu erwartenden Ertrags bilanziert werden. Konform mit dem International Accounting Standard (IAS 38 Abs. 63) gilt aber ein klares Aktivierungsverbot für nicht entgeltlich erworbene Marken, Verlagsrechte, Druckmittel, Kundenlisten und vergleichbare Werte (vgl. Maul 2005: 114, Straeter 2010: 184). Grund dafür ist, dass der Entwicklungsaufwand nicht eindeutig zu identifizieren beziehungsweise nicht klar von den anderen Unternehmensaufwendungen abzugrenzen ist. Von einer grundsätzlichen Möglichkeit, selbst geschaffene immaterielle Vermögenswerte aktivieren zu können, gleich ob nach HGB oder IFRS, kann also keine Rede sein – besonders nicht hinsichtlich kommunikativer Werte.

2

Methoden und Kennzahlen des Outflow-Managements

Abstract Funktionsübergreifende strategische Ansätze des Outflow-Managements setzen auf der strategischen Managementebene an. Unterschieden werden können hier unterschiedliche Scorecard-basierte Ansätze, Markenbewertungsmethoden und Verfahren der Cultural Due Diligence (Kap. B V 2.1.1 – 2.1.3). Funktionsbezogene operative Ansätze des Outflow-Managements werden vornehmlich im Direktmarketing und in der Media-Planung angetroffen. Hier stehen unterschiedliche ökonomische Kennzahlen zur Bezifferung und Planung des Outflow zur Verfügung. Aufgrund der beachtlichen Höhe anfallender Kommunikationskosten und des damit vorhandenen Risikos, besonders auch bei Produktneueinführungen, können unterschiedliche experimentelle prognostische Verfahren eingesetzt werden (Kap. B V 2.2).

Die Methoden und Kennzahlen des Outflow-Managements können in solche unterteilt werden, die den Outflow stärker funktionsbezogen und disziplinorientiert auf der eher operativen Managementebene erheben, und solche, die stärker im Sinne des Kommunikationscontrollings funktionsübergreifend und integrativ auf einer eher strategischen Managementebene angesiedelt werden können.

2.1

Funktionsübergreifende strategische Ansätze

Bei den funktionsübergreifenden strategischen Ansätzen sind an erster Stelle die diversen Varianten zu nennen, die auf dem Balanced-Scorecard-Ansatz aufsetzen und die – teilweise ergänzt um Gedanken aus dem Value-Based-Management-Konzept – versuchen, diesen mit kommunikationsbezogenen Kennzahlen zu operationalisieren. Daneben kommen vor allem bei Unternehmensakquisitionen und -fusionen die Markenwertermittlung und die kulturelle Unternehmensüberprüfung, die Cultural Due Diligence, zum Einsatz. Aktuell gibt es auch erste Versuche, die Data Envelope Analysis (DEA), ein produktionswirtschaftlich orientiertes Benchmarking-Konzept, für die Messung der Kommunikationseffizienz zu nutzen (s. Schwarz 2013: 54 f.). Da es in der Praxis jedoch bislang kaum Anwendung findet, wird hier nicht näher darauf eingegangen. 663 © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 J. Tropp, Moderne Marketing-Kommunikation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-25318-9_14

664

BV

Outflow

2.1.1 Scorecard-Ansätze Das Konzept der Balanced Scorecard (BSC) wurde in den 1990er Jahren von Robert S. Kaplan und David P. Norton entwickelt. Es stellt im Vergleich zu rein finanzwirtschaftlichen Kennzahlenmodellen ein ausgewogenes Managementsystem dar, welches als mehrdimensionales Steuerungssystem finanzielle Kennzahlen gleichermaßen berücksichtigt wie immaterielle Vermögenswerte (vgl. Kaplan/Norton 1997: 2). „Die Balanced Scorecard ergänzt finanzielle Kennzahlen vergangener Leistungen um die treibenden Faktoren zukünftiger Leistungen“, so Kaplan und Norton (ebd.: 8). Hinsichtlich der zukünftigen Leistungen ergeben sich für die BSC folgende vier wichtige Perspektiven (vgl. Abb. 202): Finanzen, Kunden, interne Geschäftsprozesse sowie Lernen und Entwicklung. Ausgehend von der Unternehmensvision und -strategie werden für die einzelnen Perspektiven konkrete Ziele abgeleitet sowie deren Kennzahlen zur Messung festgelegt. Anschließend werden die einzelnen Kennzahlen der Scorecard über Ursachen-Wirkungs-Ketten, die Value Links, miteinander verknüpft, um so eine „balance“ zwischen den einzelnen Perspektiven zu schaffen. Dadurch wird schnell ersichtlich, welche Faktoren beziehungsweise Treiber einen Einfluss auf die einzelnen Kennzahlen haben (vgl. ebd.: 28 f.). Es besteht die Möglichkeit, die Scorecards beziehungsweise Ziele auf einzelne Funktionen oder Abteilungen herunterzubrechen und deren Beitrag am Erfolg der

Abb. 202 Die Balanced Scorecard (Quelle: Kaplan/Norton 1997: 9)

2

Methoden und Kennzahlen des Outflow-Managements

665

Vision und der Strategie des Unternehmens aufzuzeigen. Dieser Ansatz führte letztlich dazu, dass „sich die Balanced Scorecard von einem verbesserten Kennzahlensystem zu einem wichtigen Führungssystem entwickelt“ (ebd.: IX) hat. Als eine Art Weiterentwicklung der BSC entstand später das Prinzip der sogenannten Strategy Maps (vgl. Kaplan/Norton 2004: VII). Die Strategy Maps stellen die Struktur der umfangreichen Ursachen-Wirkungs-Verbindungen zwischen den Zielen der einzelnen Perspektiven dar. Dabei werden auch sämtliche Wertschöpfungsprozesse analysiert und mit den Zielen der verschiedenen Perspektiven verknüpft (vgl. ebd.: 8 f., s. Abb. 203). Dadurch liefert nicht nur das Endergebnis, die fertige Strategy Map, wertvolle Erkenntnisse, sondern auch der Entstehungsprozess an sich. „Das Erstellen einer Strategy Map zwingt eine Organisation dazu, ihre Logik, wie und für wen sie Wert schaffen will, klarzustellen.“ (ebd.: 29)

Abb. 203 Aufbau einer Strategy Map (Quelle: Kaplan/Norton 2004: 10)

666

BV

Outflow

2.1.1.1 Corporate Communications Scorecard

Aufbauend auf der BSC von Robert S. Kaplan und David P. Norton entwickelt Ansgar Zerfaß die Corporate Communications Scorecard (CCS). Den vier bereits bestehenden Perspektiven fügt er eine fünfte hinzu (vgl. Abb. 204). Diese fünfte, gesellschaftspolitische Perspektive soll dafür sorgen, „dass der Bedeutung der gesellschaftspolitischen Öffentlichkeit für Akzeptanz, Image und Reputation Rechnung getragen wird“ (Zerfaß 2005: 106). Für die einzelnen Perspektiven sind die Erfolgsfaktoren, Werttreiber, Leistungskennzahlen sowie die strategischen Programme zu identifizieren beziehungsweise abzuleiten. Dabei wird wie folgt vorgegangen: Zuerst werden für die Unternehmensstrategie (1) die wichtigsten Erfolgsfaktoren (2) bestimmt. Anschließend werden die Werttreiber identifiziert, welche einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Erfolgsfaktoren leisten (3). Dann werden für diese Werttreiber Leistungskennzahlen und Zielvorgaben definiert, wozu die Kennzahlen des direkten und indirekten Outputs dienen (4). Schließlich werden strategische Kommunikationsprogramme (5) abgeleitet, die in konkrete Einzelmaßnahmen münden (vgl. Abb. 205). Anhand der grau markierten Felder ist deutlich zu erkennen, wie die Kommunikation letztendlich Einfluss auf die Unternehmensstrategie hat und wie die Bemühungen der Kommunikationsverantwortlichen durch Entwicklungen in anderen Bereichen unterstützt oder konterkariert werden.

Abb. 204 Die erweiterte Balanced Scorecard nach Zerfaß (Quelle: Zerfaß 2004: 5)

2

Methoden und Kennzahlen des Outflow-Managements

667

Unternehmensstrategie (1) z Ableiten

Finanzperspektive Welche Ziele leiten sich aus den Erwartungen der Kapitalgeber ab ?

Gesellschaftspolitische Perspektive Welche Ziele leiten sich aus den Erwartungen von Bürgern, Anwohnern, Politikern … ab ?

Strategische Erfolgsfaktoren (2)

Kostenstruktur optimieren

Aktienkurs steigern

Corporate Citizenship ausbauen

Akzeptanz in Standortkommunen herstellen

a) Effizienz der Verwaltung

a) Image bei Kaufentscheidern für Aktien

a) Bekanntheit bei NGOs und Politikern

Akzeptanz in Standortkommunen herstellen

b) Übernahme von Verantwortung für die Umwelt

b) Produktion ohne Störfälle

zy Werttreiber (3)

b) Kreditkosten

c) Politik der offenen Tür

zy Leistungskennzahlen und Zielvorgaben (4)

a1) Verwaltungskosten vom Umsatz Ziel: < 6 %

a1) Imageprofil bei Analysten Ziel: besser als XY AG

a1) Bekanntheitsgrad Ziel: 60 % ungestützt

a1) Arbeitsplätze Ziel: > 850 Vollzeitstellen und > 40 Azubis

b2) Fremdkapitalzinsen Ziel: < 9 %

a2) Berichterstattung in der Finanzpresse Ziel: monatlich 10 Abdrucke

b1) Co-Audit Ziel: erfolgreiche EU-Zertifikation

b1) Anzahl der Störfälle Ziel: 0

c1) Zielgruppenkontakte Ziel: > 4 pro Bürger

zy Strategische Kommunikationsprogramme (5) messen y

a11) Ausbau des Analysten-Netzwerks a21) IR Pressekampagne

a11) Neuausrichtung von Lobbyismus und Dialogkommunikation

c11) CommunityRelationship-Konzept (Sponsoring, Events)

Abb. 205 Auszug aus einer exemplarischen Corporate Communications Scorecard (Quelle: Zerfaß 2005: 107)

Die CCS kann auf zwei unterschiedlichen Ebenen eingesetzt werden. Zum einen auf der Makroebene, welche die Unternehmensstrategie mit den strategischen Kommunikationsprogrammen verbindet, und zum anderen auch auf der Mikroebene, auf der die operativen Maßnahmen der strategischen Kommunikationsprogramme effizient umzusetzen sind (vgl. Zerfaß 2004: 6, 2005: 108).

668

BV

Outflow

2.1.1.2 Communication Scorecard

Gemeinsam mit der CCS von Ansgar Zerfaß genießt unter den deutschen DAX-Unternehmen die Communication Scorecard (CSC) von Ralf Hering et al. (2004) mit rund 31 Prozent den höchsten gestützten Bekanntheitsgrad unter den BSC-Modellen des Kommunikationscontrollings (vgl. Lopez/Jäger 2007: 5). Anders als Zerfaß fügen Hering et al. der originären Scorecard von Kaplan und Norton keine fünfte Dimension hinzu, vielmehr gliedern sie die CSC als Instrument der Umsetzung der Kommunikationsstrategie in das Gesamtkonzept der wertorientierten, Scorecard-basierten Unternehmensführung ein (vgl. Abb. 206). Die Implementierung der CSC umfasst sieben Schritte. Sie ist als rollierender, sich wiederholender Prozess gedacht (vgl. Abb. 207, Schuppener 2004: 10 f.): •



• •





Die Initialisierung als erster Prozessschritt beinhaltet die gründliche Analyse des Unternehmens. Folgende Punkte fließen hier ein: • Analyse der unternehmerischen Basis, • Mission, Vision, • Strategische Zielsetzungen, • operative Ergebniskennzahlen und operative Werttreiber definieren, • Schwerpunktsetzung auf Rendite, Risiko, Unternehmenswachstum, • Marktstrategie, • Kernkompetenzen, • Wettbewerbsposition, • SWOT-Analyse, • Synchronisation betriebswirtschaftlicher Parameter mit Kommunikationslage, • Abgleich von Selbst- und Fremdwahrnehmung. Im Rahmen der Deduktion werden die kommunikativen Ergebniskennzahlen und Werttreiber aus den operativen Ergebniskennzahlen und Wertreibern top-down abgeleitet. Das Scoring dient der Quantifizierung der Erfolgsparameter und der Einbindung ins übergeordnete Controlling. Geleitet vom Konzept einer integrierten Kommunikation und Markenführung nach Manfred Bruhn (2006: 93 f.) werden im Rahmen der Konzeptionierung die kommunikationsstrategischen Leitlinien festgelegt. Das heißt, dass Kommunikationsdisziplinen-übergreifend eine Planung sämtlicher Maßnahmen stattfindet, und zwar hinsichtlich ihrer funktionalen, zeitlichen und hierarchischen Beziehungen. Im Zuge der Implementierung erfolgt, basierend auf der Kommunikationsstrategie, die kreative Entwicklung, Ausgestaltung und Umsetzung der Kommunikationskonzeption. Die Evaluation befasst sich mit dem Messen und Bewerten des Kommunikationserfolgs mittels der strategisch definierten Ergebniskennzahlen.

2

Methoden und Kennzahlen des Outflow-Managements

Abb. 206 Die Communication Scorecard nach Hering et al. (Quelle: Schuppener, o. J.: 9)

Abb. 207 Die sieben Prozessschritte der CSC (Quelle: Hering et al. 2004: 97)

669

670



BV

Outflow

Die Konsolidierung schließlich gilt der Überprüfung und Maximierung des funktionalen Beitrags zur Steigerung des Unternehmenswertes.

2.1.1.3 BrandScoreCard

Grund für Richard Linxweiler (2001), die BrandScoreCard (BSC) zu entwickeln, ist seine Überzeugung, dass ein integrativer Ansatz fehlt, der die Marke als den zentralen Erfolgsfaktor im gesamten Unternehmensprozess in den Gesamtzusammenhang von Entscheidungskennzahlen einbettet. Darüber hinaus geht es ihm um die Schließung der Implementierungslücke in der Markenführung, wie sie sich zwischen der Visions- und Strategieebene einerseits und der Umsetzungs- und Kontrollebene andererseits darstellt und zu beklagen ist (vgl. ebd.: 107). Die BSC weist zwei Dimensionen auf. Die strukturelle Dimension gibt dieser ihre Architektur, die aus drei Bereichen besteht: • • •

markenrelevante Perspektiven, Bereiche und Prozesse, markenrelevante perspektivenabhängige Erfolgsfaktoren (z. B. Kreativität, Kundenzufriedenheit, Finanzkraft), Kennzahlen der Erfolgsfaktoren zwecks der quantitativen Bestimmung ihrer Zustände.

Die prozessuale Dimension bezieht sich auf den Ablauf des Scorecard-Prozesses: von der Statusanalyse über die Formulierung von Visionen und Zielen, der Definition von Strategien und der Durchführung konkreter Maßnahmen bis hin zur Erfolgskontrolle. Die markenrelevanten Erfolgsfaktoren und ihre Kennzahlen variieren mit der Perspektive der Anspruchsgruppe. Linxweiler nennt fünf Hauptperspektiven (Marke, Unternehmen, Handel, Umfeld, Kunden), betont aber die Notwendigkeit der unternehmensspezifischen Festlegung und Gewichtung der Perspektiven (vgl. ebd.: 124). Abb. 208 zeigt den Aufbau der BSC im Überblick. Hinsichtlich der Perspektiven ordnet Linxweiler der Markenperspektive eine Sonderstellung zu, da diese „… das Ergebnis der Verknüpfung aller Perspektiven [ist] und damit die Bündelung aller Leistungen darstellt, die aus dem betrieblichen Wertschöpfungsprozess der Bereiche hervorgehen“ (ebd.: 137). Im Einklang mit der gängigen markentheoretischen Auffassung, dass sich Marken durch ökonomische und nichtökonomische Erfolgsfaktoren ausweisen, unterscheidet Linxweiler für die Markenperspektive zwischen Kennzahlen wie Umsatz, Marktanteil, Gewinn usw. und Kennzahlen, die die kommunikativen Erfolgsfaktoren operationalisieren, wie beispielsweise Markenbekanntheit, -sympathie, -vertrauen oder -loyalität (vgl. ebd.: 140, 152). Linxweiler lässt die Frage offen, wie letztlich der über das Markenmanagement erzielte Outflow auf strategischer und/oder finanzieller Ebene integriert über alle Per-

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Methoden und Kennzahlen des Outflow-Managements

Struktur (Aufbau) Prozess (Ablauf )

Marke

• Erfolgsfaktoren • Kennzahlen

671

Unternehmen

Handel

Umfeld

Kunden

• Erfolgsfaktoren • Kennzahlen

• Erfolgsfaktoren • Kennzahlen

• Erfolgsfaktoren • Kennzahlen

• Erfolgsfaktoren • Kennzahlen

1. Status/Bewertung und Visionen 2. Ziele und Strategien 3. Maßnahmen und Umsetzung 4. Kontrolle/ Feedback und Lernen

Abb. 208 Die Struktur- und Prozess-Perspektiven der BrandScoreCard (Quelle: Linxweiler 2001: 131)

spektiven hinweg ausgewiesen wird. Der von Hering et al. in der Implementierung der CSC als „Deduktion“ bezeichnete Prozessschritt (vgl. Kap. B V 2.1.1.2), hier also die Verbindung der ökonomischen Ergebniskennzahlen mit den kommunikativen Erfolgsfaktoren der Marke, bleibt ungeklärt. Diese Lücke in den Ursache-WirkungsKetten der BSC spiegelt genau die eingangs skizzierte zentrale Kausalitäts- und Umrechnungsproblematik der Outflow-Ebene wider (vgl. Kap. B V), die sich auch im Communications Value System wiederfindet.

2.1.1.4 Communications Value System

Das grundlegende Prinzip moderner Managementmethoden liegt auch dem Communications Value System (CVS) der Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA) zugrunde: Analyse von Ursache-Wirkungs-Ketten, Identifikation der Werttreiber, Festlegung der Indikatoren zur Messung ihrer Leistung und Soll/Ist-Abgleich der Leistungen mit den definierten Zielen. So geht es dem CVS wie den zuvor vorgestellten Methoden ebenfalls um „die strategische Anbindung von Kommunikation an Unternehmensziele und ihre Steuerung“ (Lange 2005: 200). Im CVS wird daraus ein neues Verständnis von integrierter Kommunikation abgeleitet. Nicht mehr der Abstimmung der Kommunikationsmaßnahmen untereinander gilt das primäre Interesse, sondern der Integration von Kommunikation in Unternehmenssteuerungsprozesse. Durch die Ableitung der Kommunikationsziele aus der betriebswirtschaftlichen Ebene und die Integration der Ergebniskennzahlen in das allgemeine

672

BV

Outflow

Unternehmenscontrolling wird der Kommunikationsbereich transparent und so dem Topmanagement die Möglichkeit gegeben, Kommunikation im Zusammenspiel aller Werttreiber sinnvoll zu steuern (vgl. ebd.: 204 f.). Dabei betont allerdings Mirko Lange (ebd.: 202), dass Kommunikation nicht als einzelner Faktor isoliert gemessen und in „Euros“ ausgedrückt werden kann. Vielmehr soll das Zusammenspiel der vielen, in einem Unternehmen vorhanden Werttreiber in einem System erfasst und deren Beziehung zueinander aufgezeigt werden (vgl. Abb. 209). Dies schließt natürlich die Messbarkeit der Leistung jedes einzelnen Werttreibers für sich genommen, auch von Kommunikation, nicht aus. Damit thematisiert Lange die genannte verschärfte Problematik, die auf der Outflow-Ebene im Vergleich zum Outcome-Bereich angetroffen wird: die über die Unterstellung eines Kausalitätsprinzips hinausgehende monetäre Bewertung erzielter Kommunikationsleistungen (vgl. Kap. B V). Auch die Umsetzung des CVS erfolgt wie die der CSC in sieben Schritten, allerdings ohne die Ebenen der Konzeption, Implementierung, Evaluation und Konsolidierung zu berücksichtigen (vgl. Lange 2005: 205 f.): •

Selektion der Unternehmensziele nach Kommunikationsrelevanz („Kann oder muss dieses Unternehmensziel durch strategische Kommunikation erreicht bzw. unterstützt werden ?“)

Abb. 209 Kommunikation im Wertschöpfungsprozess des Unternehmens (Quelle: Lange 2005: 203)

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Methoden und Kennzahlen des Outflow-Managements



Bezug der Unternehmensziele auf Stakeholder („Welche Stakeholder bzw. Dialoggruppen müssen angesprochen, integriert, aktiviert oder gegebenenfalls neutralisiert werden, damit wir das Ziel erreichen ?“) Entwicklung betriebswirtschaftlicher Wirkungsziele („Welche betriebswirtschaftlichen Wirkungen sollen durch das Unterstützungspotenzial der Dialoggruppe für das Ziel eintreten ?“) Entwicklung kommunikationsbezogener Wirkungsziele („Wie muss sich die Dialoggruppe verhalten oder welche Einstellung muss sie haben, damit wir das Ziel erreichen können ?“) Entwicklung unterstützender Ziele („Welche unterstützenden Ziele (beispielsweise Anzahl der Kontakte zur Dialoggruppe sowie etwaige, auf die Kommunikationsfunktion bezogene interne Prozess-, Entwicklungs- und Lernziele) müssen zur Erreichung der Kommunikationsziele gesetzt werden ?“) Festlegung von Messgrößen und Kennzahlen („Woran erkennen wir, ob bzw. in welchem Umfang wir das Ziel erreicht haben ?“) Zusammenführung in eine Gesamt-Scorecard („Mit welchen strategischen Zielen unterstützt Kommunikation die Unternehmensstrategie effizient und effektiv ?“)







• •

673

Christoph Lautenbach und Andreas Severin (2006: 10 f.) betonen die Rolle, die den Stakeholdern im CVS zukommt. Sie gehen davon aus, dass Kommunikation nicht direkt Erträge erwirtschaftet, sondern als Treiber wesentlich zum Unternehmenserfolg beiträgt. Zudem hat Kommunikation einen essenziellen Einfluss auf andere Werttreiber, welche wiederum einen direkten Einfluss auf das Ergebnis haben. Allerdings werden die Anspruchsgruppen der einzelnen Werttreiber unterschiedliche Interessen verfolgen, die es bei der Kommunikation zu berücksichtigen gilt (siehe Abb. 210). Während sich die Interessen von manchen Anspruchsgruppen überschneiden, können sie bei anderen wiederum entgegengesetzt gelagert sein. Daraus resultiert die Notwendigkeit der differenzierten Analyse der Stakeholder-Interessen und deren Berücksichtigung bei den Zielformulierungen.

2.1.1.5 Kommunikationscontrolling im Value Based Management

Das Value Based Management (VBM) beziehungsweise die wertorientierte Unternehmensführung verfolgt das Ziel, für die Anteilseigner eine Wertsteigerung des Unternehmens zu erzielen. Hierfür liegt das Hauptaugenmerk des VBM auf der finanziellen Perspektive; als Steuerungsinstrument nutzt das VBM dementsprechend finanzielle Kennzahlen. Dabei hat sich der Economic Value Added (EVA) als Spitzenkennzahl zur Messung der Wertsteigerung etabliert. Der EVA wird wie folgt berechnet: EVA = operatives Ergebnis nach Steuern vor Zinsen (NOPAT) – Gesamtkapitalkosten (Fremd- und Eigenkapital). Daraus ergibt sich, vereinfacht ausgedrückt, die

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Outflow

Abb. 210 Das Stakeholder-Modell (Quelle: Lautenbach/Severin 2006: 11)

Wertsteigerung aus der Differenz des erwirtschafteten Gewinns zum eingesetzten Kapital (vgl. Weber/Schäffer 2006: 171 f., Abb. 211). Für die Ermittlung des EVA werden zunächst die finanziellen und operativen Werttreiber identifiziert und mit einer Messgröße in Form einer Spitzenkennzahl beziehungsweise eines Key Performance Indicator (KPI) versehen. Nach Weber und Schäffer (ebd.: 182) stellt ein Werttreiber „einen beeinflussbaren Faktor dar, der eine hohe Relevanz für das wirtschaftliche Ergebnis eines Unternehmens(bereichs) besitzt“. In einem Hierarchiesystem werden die einzelnen Werttreiber miteinander verknüpft. Dabei werden, ausgehend von der Spitzenkennzahl, die finanziellen Werttreiber auf ihre Bestandteile heruntergebrochen, um dann mit den operativen Werttreibern verknüpft zu werden. Das führt dazu, dass operative Bereiche ihren Einfluss auf die finanziellen Kennzahlen erkennen und somit zur Steigerung der Spitzenkennzahl beitragen können. Beim Kommunikationscontrolling im Value Based Management werden die regulären Controllingprozesse mit denen der Kommunikation verzahnt. Damit wird die Kommunikation zum Werttreiber des EVA. Die Implementierung erfolgt in drei Schritten (vgl. Pfannenberg 2005: 133 f.):

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Methoden und Kennzahlen des Outflow-Managements

675

Abb. 211 Zusammensetzung und Berechnung des EVA (Quelle: Weber/Schäffer 2006: 183)



Identifizierung der Value Links Im ersten Schritt werden unter Berücksichtigung der Kommunikation, die sich an die vier Stakeholder-Gruppen (vgl. Abb. 210) richtet, in der Stratgey Map des Unternehmens die Value Links (Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den Werttreibern) identifiziert. Es resultiert eine um die Kommunikation erweiterte Strategy Map im Sinne des BSC-Ansatzes von Kaplan/Norton. • Festlegung der Key Performance Indicators (KPIs) und Auswahl der Evaluationsmethoden Für jede Stakeholder-Kommunikation werden aussagekräftige KPIs festgelegt, die für die Zielerreichung des Unternehmens relevant sind. Pfannenberg (ebd.: 135) weist darauf hin, das „aus Übersichtlichkeitsgründen … die Zahl der KPIs im Value Based Management stark begrenzt werden [muss], dabei wird Unvollständigkeit in Kauf genommen.“ Auch kann nicht von einem einheitlichen Set von Kennziffern und von einer standardisierten Gewichtung dieser Kennziffern für alle Unternehmen ausgegangen werden. Die übergeordneten Ziele, Prozesse sowie deren Werttreiber und Beziehungen variieren in Abhängigkeit vom Unternehmen.

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BV

Outflow

Integration des Kommunikationscontrollings in das Controlling des Unternehmens Im letzten Schritt wird das Kommunikationscontrolling in den VBM-Prozess integriert. Hierfür werden die finanziellen Multiplikatoren der KommunikationsKPIs für den EVA geschätzt und mit dem bereits vorhandenen Controllingsystem des Unternehmens verzahnt. Im Laufe der Controllingzyklen wird regelmäßig überprüft, ob es eine Korrelation zwischen den Veränderungen bei den KPIs und der Zielerreichung bei den Unternehmenszielen gibt. So sollen sich über Jahre hinweg „Best Practise“-Ansätze für die Kennzahlen-Sets der Kommunikation sowie Benchmarks entwickeln.

Kritisch einzuschätzen ist sicherlich die Abschätzung der finanziellen Multiplikatoren für die KPIs. Wird doch genau damit versucht, einen Umrechnungskurs von Kommunikationsleistungen in Geld festzulegen. Pfannenberg (ebd.: 140) sieht diese Problematik durchaus und befürwortet einen über die Jahre durchzuführenden Vergleich der Korrelationsentwicklung der Kennzahlen, was mittel- bis langfristig zu einer Validierung des Systems führen soll (vgl. ebd.: 140).

2.1.1.6 CommunicationControlCockpit

Wie das Kommunikationscontrolling im Value Based Management lehnt sich auch das CommunicationControlCockpit (CCC) stark am Value-Based-ManagementAnsatz mit seiner zentralen Kennzahl der EVA an. Das CCC ist von Lothar Rolke (2005) entwickelt worden und soll als Kennzahlensystem den Zusammenhang zwischen Kommunikationsleistung, Imagewert und Unternehmenserfolg messbar machen (ebd.: 123). Dazu bezieht sich Rolke auf internationale Untersuchungen, die eine Korrelation zwischen positiven Imagewerten und dem Erfolg eines Unternehmens aufzeigen. Danach soll das Image eines Unternehmens einerseits zu mehr Erfolg führen, umgekehrt der Erfolg zu einem besseren Image. Mit Rekurs auf Schwalbach (2013) und Stern et al. (2002), den Erfindern des EVA, setzt Rolke (ebd.) Innovationsfreudigkeit und Kommunikationsfähigkeit als die beiden Faktoren an, die einen besonders hohen Einfluss auf das Image eines Unternehmens haben. Folglich führen Investitionen in diesen beiden Bereichen zu einem höheren Unternehmenswert. Aus diesen Prämissen folgert Rolke (ebd.): „Wem es gelingt, seine (innovationsgetriebenen) Kernkompetenzen den wichtigen Stakeholdern verständlich zu machen (Kommunikationsfähigkeit), wird dafür von den Märkten belohnt und steigert seinen Unternehmenswert (EVA). Doch auch die umgekehrte Botschaft gilt: Wer einen hohen Unternehmenswert besitzt (= Erfolgsausweis), dem unterstellt man, dass er seine Stakeholder gut versteht und entsprechend gut bedient. Infolgedessen verfügen diese Unternehmen über das erwünscht gute Image.“

2

Methoden und Kennzahlen des Outflow-Managements

677

Da es aber aufgrund der vielen verschiedenen Gruppierungen, mit denen ein Unternehmen zu tun hat, nicht nur ein allgemeingültiges Image eines Unternehmens geben kann, orientiert sich das CCC ebenfalls an dem Stakeholder-Modell (vgl. Abb. 210). Die bei den unterschiedlichen Stakeholder-Gruppen ausgeprägten Images werden nach ihrer Wichtigkeit für das einzelne Unternehmen spezifisch gewichtet (z. B.: bestehende und potenzielle Kunden: 43 Prozent, Öffentlichkeit/Medien: 26 Prozent, Mitarbeiter: 14 Prozent, Aktionäre/Analysten: 17 Prozent) (vgl. ebd.: 125). Die Summe aus den daraus resultierenden verschiedenen Stakeholder-Images ergibt dann das Gesamtimage des Unternehmens. Rolke bezeichnet diesen Wert als ImEx. Dieser Wert wird dann ins Verhältnis zum Unternehmenserfolg, dem Economic Value Added (EVA), sowie zu den verschiedenen eingesetzten Etats gesetzt (vgl. ebd.: 126). Es resultieren drei strategische Kennzahlen, die der kommunikationswertorientierten Steuerung des Unternehmens dienen (vgl. Abb. 212). • Value-Value-Relation (V2R) Die Kennzahl V2R zeigt als Imagerendite das Verhältnis zwischen dem Gesamtimage ImEx und dem EVA. Rolke geht davon aus, dass sich diese beiden Faktoren üblicherweise in dieselbe Richtung entwickeln. Dies soll aber nicht bedeuten, dass anders verlaufende Tendenzen gänzlich ausgeschlossen werden können. Entwickelt sich der ImEx beispielsweise infolge einer Imagekampagne stärker positiv als der EVA, ergeben sich für das Unternehmen Preisreserven, die gegenfalls über eine Preiserhöhung realisiert werden können.

Abb. 212 Das CommunicationControlCockpit (CCC) – Kennzahlensystem für die Ermittlung von Imagerendite, Wertbeitrag und Kommunikationseffizienz (Quelle: Rolke 2005: 127)

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BV

Outflow



Return on Communication (RoCom) Beim RoCom erfolgt eine Orientierung am Return on Investment (RoI). Es werden die Investments in Form der einzelnen Kommunikationsbudgets (Werbung, PR, Direktmarketing etc.) ins Verhältnis zum EVA gesetzt. Damit soll geprüft werden, ob sich die Kommunikationsinvestitionen lohnen und in einem höheren Unternehmenswert widerspiegeln. Steigt der RoCom, wird davon ausgegangen, dass die Kommunikation zielführend bzw. wertsteigernd eingesetzt wurde. Sinkt der RoCom, ist dies ein Anzeichen dafür, so Rolke (ebd.: 128), dass etwas nicht nach Plan verläuft und eine Ursachenforschung notwendig wird. Diese kann dann eine Ursache aufdecken, die nicht zwingend im Bereich der Kommunikation liegt, sondern ebenso in anderen Bereichen (wie zum Beispiel Produkt- oder Vertriebspolitik) ihren Ursprung haben kann. • Kommunikationseffizienz (KomEf) Die Kommunikationseffizienz (KomEf) weist das Verhältnis des Gesamtimages (ImEx) zum eingesetzten Kommunikationsbudget aus. Sie kann als Gradmesser dafür stehen, ob die Kommunikation gut arbeitet, sprich: ob das eingesetzte Kapital sinnvoll eingesetzt wird und somit eine Steigerung des Images herbeiführt. Dies kann im Einzelfall unter den Kommunikationsdisziplinen zu Budgetverlagerungen führen, um einen besseren ImEx-Wert zu erzielen. Die drei strategischen Ergebniszahlen sollen aufzeigen, ob beispielsweise ein zusätzlicher Imageaufbau vonnöten ist, ob die Budgets optimal verteilt sind und ob die Kommunikation sich tatsächlich am Unternehmenswert orientiert. Was sich auf den ersten Blick wie ein schlüssiges und überzeugendes System mit einigen Vorzügen, vor allem im Bereich der Quantifizierung, präsentiert, zeigt bei genauerem Hinsehen einige Schwächen. So weist Ansgar Zerfaß (2005a: 196) zu Recht darauf hin, „dass diese Vorzüge dadurch erkauft werden, dass der Zusammenhang von Kommunikation und Unternehmenserfolg als ‚black box‘ betrachtet wird.“ Eine Korrelation in diesem Bereich ist noch kein Beweis für die Gültigkeit der Erklärung dieses Wirkungszusammenhangs. Als Beispiel führt Zerfaß die Kennzahl RoCom an. Diese definiert sich aus dem Verhältnis von Unternehmenswertsteigerung (EVA) zum eingesetzten Kommunikationsbudget. Wie oben gezeigt, geht Rolke davon aus, dass bei steigendem RoCom die Kommunikation zielführend eingesetzt wurde. Entweder, weil der Unternehmenswert bei gleichbleibenden Kommunikationsbudgets gesteigert werden konnte, oder weil der Unternehmenswert bei geringeren Kommunikationsbudgets konstant bleibt. Zerfaß kritisiert hier zu Recht, dass der positive Effekt ausschließlich auf die Kommunikation zurückgeführt wird und andere Einflussfaktoren (z. B. Produktqualität, Vertriebsstruktur) vollkommen ausgeblendet werden. Eine Korrelation führt nämlich nicht zwangsläufig zu einem Kausalzusammenhang, „wie das beliebte Beispiel der Statistik illustriert, wonach in Gegenden mit höherem Aufkommen von Störchen auch mehr Kinder zur Welt kommen“ (Bürker/ Baudisch 2009: 65).

2

Methoden und Kennzahlen des Outflow-Managements

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Auch ist die Dominanz des Gesamtimages (ImEx) zur Bestimmung der Kommunikationseffizienz (KomEf) zu hinterfragen. Die verschiedenen Kommunikationsdisziplinen, traditionelle wie moderne, die sich im Laufe der Jahre ausdifferenziert haben, sind mit spezifischen eigenen Zielsetzungen verknüpft, die nicht pauschal über einen Image-Kamm geschert werden können. Gerade das Erkennen, dass neben dem Image, für das klassisch die Werbung und die PR zuständig sind, heute auch andere Ziele von hoher Bedeutung für die Marketing-Kommunikation sind (z. B. Verkaufsförderung: Abverkauf; Guerilla Marketing: Aufmerksamkeit; Utility Marketing: Rezeptionsrelevanz etc.), haben zu einem modernen Marketing-Kommunikationsverständnis geführt, das in Abhängigkeit von der speziellen Situation des Unternehmens und seinen Rahmenbedingungen ein spezifisches Kommunikationszielsystem einfordert und das vor allem der Kommunikationsqualität höchste Aufmerksamkeit schenkt.

2.1.2 Markenbewertungen Vornehmlich im Zuge von Unternehmens- oder einzelnen Markenveräußerungen und zur Steuerung des Markenmanagements (strategische Markenplanung und Markencontrolling) wird über eine Markenwertermittlung versucht, den Wert einer Marke zu bestimmen (vgl. Sattler 2002: 21, s. auch die Zweckkataloge der Markenbewertung bei Irmscher 1997: 62 f., Menninger 2010: 143). Jährlich werden Rankings veröffentlicht, die die Werte globaler und/oder nationaler Marken, teilweise auch nach Branchenzugehörigkeit, ausweisen. Hohe Bekanntheit in der Praxis genießen beispielsweise die Rankings von Interbrand und Kantar Millward Brown. Vergleicht man die ermittelten Markenwerte miteinander, werden eklatante Wertunterschiede sichtbar (vgl. Abb. 213). Der Grund hierfür ist in den unterschiedlichen Verfahren zu sehen, die angewendet werden. Eine allgemein anerkannte Standardbewertung hat sich bislang nicht durchgesetzt und wird es wahrscheinlich auch zukünftig nicht geben. Zu unterschiedlich ist bereits das grundlegende Verständnis davon, was eine Marke überhaupt ist, und infolgedessen, wie diese zu bewerten ist. Selbst die im Jahr 2010 publizierte DIN-ISO-Norm 10668 zur monetären Markenwertmessung schreibt kein bestimmtes Verfahren zur Wertermittlung vor, sondern überlässt die Auswahl dem Gutachter, der seine Wahl aber sorgfältig begründen muss (vgl. DIN 2010: 8). Kriterien für die Auswahl des Verfahrens sind der Bewertungsanlass, das Wertkonzept sowie Markencharakteristika (vgl. ebd.). Der eigentliche Nutzen dieser DIN-Norm liegt in der Festlegung der Kriterien der Berichterstattung, sodass nun ein verbindlicher Rahmen mit festgelegten inhaltlichen Kategorien zur Markenwertmessung vorliegt (vgl. ebd.: 15 f.). In der Literatur und in der Praxis findet sich eine kaum überschaubare Vielzahl von Modellen zur Markenwertermittlung (s. die Überblicke bei Bentele et al. 2009,

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Marke

BV

Outflow

10 wertvollsten globalen Marken 2018 nach Interbrand

10 wertvollsten globalen Marken 2018 nach Kantar Millward Brown BrandZ

Rang

Rang

Markenwert (Mio. $)

Markenwert (Mio. $)

1

214,480

2

300,595

2

155,506

1

302,063

3

100,764

3

207,594

4

92,715

4

200,987

5

178,99

7

145,611

9

45,168

6

162,106

10

43,417

8

116,223

9

113,401

10

106,698

Abb. 213 Die 10 wertvollsten globalen Marken in 2018, sortiert nach ihren kombinierten Markenwerten von Interbrand und Kantar Millward Brown BrandZ (Quellen; https://www. interbrand.com/best-brands/best-global-brands/2018/ranking/#?listFormat=ls; http://brandz. com/charting/54#; Zugriff: 06. 12. 2018)

2

Methoden und Kennzahlen des Outflow-Managements

681

Schimanski 2004, Salinas 2013). Folgt man der systematischen Untersuchung solcher Modelle von Günter Bentele et al. (2009), können in einem ersten Zugang nach dem disziplinären Charakter der Modelle drei Klassen unterschieden werden: • • •

betriebswirtschaftliche Modelle (finanzorientiert, unternehmensbezogen), psychografische bzw. verhaltensorientierte Modelle (verhaltenswissenschaftlich, konsumentenbezogen), betriebswirtschaftlich-verhaltenswissenschaftliche Kombinationsmodelle (integriert, marktbezogen) (vgl. auch Irmscher (1997: 85 f.).

In Zeiten zunehmender Unternehmensfusionen und -übernahmen kommt besonders der finanzorientierten Markenbewertung verstärktes Interesse zu. Unterschieden werden können marktpreis-, kapitalwert- und kostenorientierte Verfahren der Markenwertermittlung (vgl. Franzen 2011: 50, Menninger 2010: 146). Die Mehrgewinnmethode ist ein weitverbreitetes, spezifisch kapitalwertorientiertes Verfahren und fasst den Markenwert als „Kapitalwert abgezinster zukünftiger markenspezifischer Einzahlungsüberschüsse“ (Sattler 2002: 20) auf. Eine marketingorientierte Bestimmung des Markenwertkonstrukts hingegen, die auf das Management der Marke abhebt, operiert mit einer verhaltenswissenschaftlichen Definition: „Der Markenwert kann als das Ergebnis der unterschiedlichen Reaktionen von Konsumenten auf Marketingmaßnahmen einer Marke im Vergleich zu identischen Maßnahmen einer fiktiven Marke aufgrund spezifischer, im Gedächtnis gespeicherter Markenvorstellungen verstanden werden.“ (Esch/Andresen 1997: 13, unter Bezug auf Keller 1993)

Bentele et al. (2009: 161) kommen in ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in vielen Modellen die Marketing-Kommunikation und ihre möglichen Wirkungen beim Konsumenten berücksichtigt werden. Dies drückt sich in dem aggregierten Hauptfaktor der Markenstärke aus, der sich aus psychografischen Modellen herausgebildet hat und auch in betriebswirtschaftlich-verhaltenswissenschaftlichen Kombinationsmodellen integriert ist. Dieser bündelt Einzelfaktoren wie Markenbekanntheit und -sympathie oder Kaufabsicht. Gleichzeitig ist aber zu beklagen, dass darüber hinaus Faktoren anderer unternehmenskommunikativer Art, sei es aus dem Bereich der PR oder der internen Unternehmenskommunikation, sowie die Rolle der Öffentlichkeit und des Mediensystems bei der Markenwertbestimmung zurzeit gänzlich unberücksichtigt bleiben: „Damit weisen alle Markenbewertungsmodelle aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht erhebliche Defizite auf “ (ebd.: 160, Hervorh. i. Orig.). Bentele et al. (ebd.) folgern daraus, dass es Aufgabe zukünftiger Forschung sein muss, eine aggregierte Größe der Kommunikationsstärke der Marke zu entwickeln, die, ähnlich wie der psychologische Faktor der Markenstärke, diverse kommunikative Einzelfaktoren zusammenführt (vgl. Abb. 214).

682

BV

Outflow

Abb. 214 Der Faktor der Kommunikationsstärke und mögliche Einzelfaktoren (Quelle: Bentele et al. 2009: 162)

Darüber hinaus muss die Forschung zur Modernen Marketing-Kommunikation den verhaltenswissenschaftlich entwickelten Faktor der Markenstärke hinterfragen. Blendet er doch die kommunikationswissenschaftliche Perspektive auf den Konsumenten als ein aktives, sinngebendes, intentional handelndes Individuum zulasten eines reaktiven Verhaltensbündels aus, wodurch der Faktor der Kommunikationsqualität in den aktuellen Markenbewertungsmodellen keine Berücksichtigung findet. Wie jedoch schließlich der Finanzwert der Marke, die Markenstärke sowie die Stärke und die Qualität der Markenkommunikation zu einer ökonomischen Kennzahl zusammengeführt werden können, ist vollkommen offen. Hier wird dieselbe grundlegende Problematik angetroffen, mit der sich auch die Scorecard-basierten Ansätze konfrontiert sehen, nämlich die nicht gegebene Gültigkeit des Kausalitätsprinzips von Kommunikationswirkungen und das Fehlen eines Umrechnungskurses von marketing-kommunikativem Outcome in einen monetären Wert.

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Methoden und Kennzahlen des Outflow-Managements

683

2.1.3 Cultural Due Diligence Die Überprüfung der Unternehmenskultur (Cultural Due Diligence/CDD) zielt nicht wie die Scorecard-Ansätze und die Markenbewertung primär auf die Ermittlung eines monetären Wertes. Bei ihr steht die Feststellung des Outflow unter strategischen Aspekten im Vordergrund, meistens im Zusammenhang mit Unternehmensfusionen. In der Praxis ist schon seit Längerem bekannt, dass der Fusionserfolg von Unternehmen und die daran geknüpften erwarteten Synergieeffekte maßgeblich von der gelungenen beziehungsweise missglückten Integration der Unternehmenskulturen abhängt (vgl. Krystek 1992: 548, Matuschka 1990: 109). Dies ist nicht verwunderlich, wenn man sich die bedeutende Rolle der Unternehmenskultur als sinnstiftenden Kontext für die Handlungen der Akteure im Unternehmen vergegenwärtigt (vgl. Kap. B I 1.3.2.2). Ihre handlungssteuernde Wirkung auf die Mitglieder von Sozialsystemen kann als unbestritten gelten (vgl. z. B. Krystek 1992: 541, Pümpin 1983: 98, Sackmann 1983: 394). Ausgangspunkt der CDD ist entsprechend die Grundüberlegung, dass der Grad der Übereinstimmung der beiden fusionierenden Unternehmen erfolgsbestimmend ist. Je höher der Übereinstimmungsgrad ist, desto geringere Anpassungsprobleme und eine umso reibungslosere Umsetzung der Fusion sind zu erwarten (Grüter 1991: 86 f.). Der Zweck der CDD kann sich aber nicht nur auf die vergleichende Analyse der Kulturen begrenzen, sondern sollte Ansatzpunkte zu Veränderungen in beiden Unternehmungen aufzeigen. Als zentrale Aufgabenstellung der CDD resultiert, die Voraussetzungen für die Entwicklung einer konsistenten Unternehmenskultur zu schaffen, die aus den beiden Kulturen der beteiligten Unternehmen hervorgeht. Ansatzpunkt hierfür ist die Evaluation der Kulturen. Das Unternehmen, das an der Akquisition eines anderen Unternehmens interessiert ist, führt eine Kulturdiagnose durch, die die Basis für den später durchzuführenden Kulturvergleich mit dem Zielunternehmen ist. Anhand der Ausprägungen beider Kulturen kann die Frage nach dem Kulturfit beantwortet werden. Dabei wird entschieden, ob die Kulturen so stark voneinander abweichen, dass eine Akkulturation der Unternehmen – eine Einwirkung auf die Kulturen – notwendig ist oder sogar von der Akquisition und damit Fusion der Kulturen Abstand genommen werden sollte (vgl. M. Kirchner 2014). Das Instrumentarium, das bei der Kulturdiagnose zum Einsatz kommt, erstreckt sich von Dokumentenanalysen über Beobachtungen während Firmenrundgängen bis hin zu Interviews und Gruppendiskussionen mit den Unternehmensangehörigen. In letztgenannten wird versucht, die unternehmensspezifischen Ausprägungen der fünf zentralen Kulturdimensionen (Umweltkonstruktion, Menschenbild, Organisationsform, Gefühle sowie Moral und Wertorientierungen) zu identifizieren, die festlegen, wie Unternehmen mit Problemen umgehen und diese lösen (vgl. Kap. B I 1.3.2.2; s. auch den diesbezüglichen Interviewleitfaden bei Schmidt 2004: 203 f.). Münden kann die Kulturdiagnose in Organisationskulturprofile der beiden Unternehmen. Anhand

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Outflow

Abb. 215 Organisationskulturprofile als Grundlage der vergleichenden Kulturanalyse (Quelle: M. Kirchner 1991: 241)

eines semantischen Differenzials werden die Ausprägungen der Faktoren in den analysierten Dimensionen gegenübergestellt (vgl. Abb. 215). Zu beachten ist, dass aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Analysezeit in einem Akquisitionsprozess besonders das Analyseergebnis für das Akquisitionszielunternehmen allenfalls nur für eine oberflächliche Ad-hoc-Einschätzung dienlich sein kann. In einem zweiten Schritt wird in der Kulturanalyse die Veränderbarkeit der beiden Unternehmenskulturen untersucht. Anhand einer Einschätzung der Kulturen des Zielunternehmens und des akquirierenden Unternehmens aus der Perspektive des akquirierten Unternehmens (Wahrnehmung der Kulturattraktivität des akquirierenden Unternehmens vs. Ausmaß der Wertschätzung der eigenen Unternehmenskultur) können kulturelles Problempotenzial und vier idealtypische Verlaufsmuster für den kulturellen Entwicklungsverlauf im Fusionsfall identifiziert werden (vgl. Nahavandi/Malekzadeh 1988: 82 f.): •

Integration Die Unternehmensangehörigen des akquirierten Unternehmens wollen ihre Kultur und Identität wahren und autonom bleiben. Gleichzeitig sind sie aber gewillt, in die akquirierende Unternehmung eingegliedert zu werden. Dies geht einher mit einer sehr positiven Einschätzung der Kulturattraktivität des akquirierenden Unternehmens. Die gegenseitigen kulturellen Anpassungen bleiben auf kleinere graduelle Veränderungen beschränkt. Es soll sich keine dominierende Unternehmenskultur herausbilden.

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Methoden und Kennzahlen des Outflow-Managements

685

• Assimilation Auch in diesem Fall erfolgt eine sehr positive Einschätzung der Kulturattraktivität des akquirierenden Unternehmens. Jedoch ist die Wertschätzung der eigenen Unternehmenskultur sehr gering. Das akquirierte Unternehmen übernimmt die Kultur, Identität und Struktur des anderen Unternehmens. Das Ergebnis ist ein Unternehmen. • Separierung Dieses Muster ist gekennzeichnet durch eine niedrige Einschätzung der Kulturattraktivität des akquirierenden Unternehmens. Das akquirierte Unternehmen hingegen hat eine sehr hohe Wertschätzung der eigenen Kultur. Das akquirierte Unternehmen behält seine eigene Kultur, Identität und Struktur. Es bleibt eigenständig. Die Einflussnahmen sind lediglich finanzieller Art. Die kulturelle Anpassung beschränkt sich auf ein Minimum. • Dekulturation Im Fall der Dekulturation erfolgt eine negative Einschätzung beider Kulturen. Als Folge findet keine Assimilation statt. Dieses Muster ist gekennzeichnet durch kollektive und individuelle Konfusion und Desorientierung. Offensichtlich ist, dass die Separation und die Dekulturation aufgrund ihrer kulturellen Dysfunktionalitäten als problematisch gelten. Hier sind nicht die Voraussetzungen gegeben, dass die Kultur den Unternehmensangehörigen eine eindeutige und unzweifelhafte Handlungsorientierung geben kann. Die Anerkennung einer gemeinsamen Struktur und Strategie ist gefährdet. Insgesamt macht die CDD nachdrücklich auf den immateriellen Wert von Kommunikation aufmerksam, die ohne eine Unternehmenskultur ständig um die Sinnfrage kreisen und nach handlungsanleitenden Fixpunkten suchen würde. Die Umrechnungsproblematik in eine ökonomische Kennzahl stellt sich hier nicht. Auch wenn die CDD zweifelsohne auf einem Verständnis integrierter Unternehmenskommunikation aufsetzen muss, wird das Unternehmensmanagement sich speziell mit der Marketing-Kommunikation auseinandersetzen müssen. Konkret muss es sich der Bedeutung und Tragweite seiner markenstrategischen Entscheidungen bewusst sein. So macht es in Anbetracht der Identifikationsfunktion einer Marke für die Mitarbeiter einen grundlegenden Unterschied, ob im Fall einer Unternehmensfusion eine Dachmarken- oder eine Monomarkenstrategie verfolgt und umgesetzt wird, ob also die Symbolik der Unternehmenskultur des akquirierten Unternehmens eliminiert oder beibehalten wird.

686

2.2

BV

Outflow

Funktionsbezogene operative Ansätze

Es sind vor allem zwei Bereiche der Marketing-Kommunikation zu nennen, in denen funktionsbezogen im operativen Management ökonomische Kennzahlen zur Bezifferung und Planung des Outflow zum Einsatz kommen: Direktmarketing und MediaPlanung. Da im Kontext der Ausführungen zur Media-Strategie und -Planung (vgl. Kap. B I 2.6) sowie zu den Segmentierungsmethoden (vgl. Kap. B I 2.3.4) bereits auf diese Kennziffern eingegangen wurde, reicht eine synoptische Darstellung der wichtigsten ökonomischen Kennzahlen aus diesen beiden Bereichen aus (vgl. Tab. 29 und Tab. 30). Es fällt auf, dass die ökonomischen Kennzahlen der Media-Planung lediglich Auskunft über die Kosten geben, die des Direktmarketings hingegen durch ihre stellenweise Berücksichtigung der Ertragsseite auch Hinweise zur Rentabilität liefern (BEP, Rohgewinn). Der Grund hierfür liegt in den unterschiedlichen Strukturen der Kommunikationsprozesse, die der Outflow-Ermittlung zugrunde liegen. Während die Struktur des Direktmarketings bidirektionaler Art ist und dadurch die Zurechnung von Bestell- oder Kaufhandlungen ermöglicht, liegt der Planung medial vermittelter öffentlicher Kommunikation die Struktur eines unidirektionalen, öffentlichen Kommunikationsprozesses zugrunde, der keine Zurechnungen von Erträgen auf MediaKosten ermöglicht. Da die Media-Kosten erhebliche Ausmaße annehmen können, besonders im Falle einer Produktneueinführung, behelfen sich die Unternehmen häufig mit dem Einsatz experimenteller prognostischer Verfahren für die Outflow-Bezifferung. Folgende Verfahren können unterschieden werden (vgl. Erichson 2007: 409 f., Huth/Pflaum 2005: 356 f., Pepels 2001: 148 f.). •

elektronischer Mikro-Markttest Das Testverfahren findet an ausgewählten und entsprechend präparierten Orten statt und ist eine Kombination aus Haushaltspanel zwecks Erfassung des Konsumverhaltens, Scannerkassen am PoS zwecks Abverkaufskontrolle in den Geschäften (mittels EAN-Strichcode und Identitätskarte), örtlich gesteuertem TV- und PrintWerbeeinsatz sowie zusätzlicher Proben- und Handzettelverteilung. Besonders etabliert hat sich in Deutschland der GfK-Behavior-Scan-Test der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), der in Haßloch (Pfalz) durchgeführt wird. Ein vergleichbares Verfahren bietet das Marktforschungsunternehmen Nielsen mit dem Telerim-Testmarketing-System an (z. B. in Bad Kreuznach). • vergleichender Gebietsverkaufstest Städte oder Regionen, die bevölkerungsstrukturell denen der Zielgruppe ähneln, fungieren als Test- beziehungsweise Kontrollmarkt. In beiden Märkten, die keine Ausstrahlungseffekte aufeinander haben dürfen – wobei solche in der Regel aber unvermeidbar sind (Pendler, Media-Streuung) – und die strukturidentisch sind hinsichtlich des Handels, Wettbewerbs und der Mediensituation, werden

2

Methoden und Kennzahlen des Outflow-Managements

Tab. 29

687

Synopse der wichtigsten ökonomischen Kennzahlen des Direktmarketings

Kennzahl

Beschreibung

Kosten pro Kontakt („Cost per Contact/CpC“)

Teilung der Gesamtkosten der Direktmarketing-Maßnahme durch die Anzahl der kontaktierten Personen

Kosten pro Interessent („Cost per Interest/CpI“)

Teilung der Gesamtkosten der Direktmarketing-Maßnahme durch die Anzahl der Interessenten

Kosten pro Bestellung („Cost per Order/CpO“)

Teilung der Gesamtkosten der Direktmarketing-Maßnahme durch die Anzahl der Bestellungen oder Käufe

Umsatz pro Bestellung

Umsatz, den Besteller/Käufer zurechenbar auf eine DirektmarketingMaßnahme durchschnittlich getätigt haben (nach Abzug der Retouren)

Break-Even-Point (BEP) in Prozent

Teilung der Gesamtkosten der Direktmarketing-Maßnahme pro kontaktierter Person (CpC) durch den Deckungsbeitrag pro Bestellung oder Kauf, multipliziert mit 100

Rohgewinn

Gesamtumsatz (nach Retouren), abzüglich Gesamtdeckungsbeitrag und Gesamtkosten der Direktmarketing-Maßnahme

Kundenwert

ein- oder mehrdimensionale Verfahren der Kundenwertermittlung (z. B. ABC-Analyse, Kundendeckungsbeitragsanalyse, Scoring-Modelle, Kundenwerttypologie)

Tab. 30

Synopse der wichtigsten ökonomischen Kennzahlen der Media-Planung

Kennzahl

Beschreibung

Tausend-Kontakt-Preis (TKP)

Teilung der Schaltkosten eines Kommunikationsmittels durch die Anzahl der Kontakte in der Zielgruppe, multipliziert mit 1000

Tausend-Nutzer-Preis (TNP)

Teilung der Schaltkosten eines Kommunikationsmittels durch die Nettoreichweite eines Mediums, multipliziert mit 1000

Media-Kosten

Gesamtkosten der Media-Schaltungen in einem Betrachtungszeitraum

688

BV

Outflow

unterschiedliche Marketing-Kommunikationsmaßnahmen für ein Produkt, in der Regel Media-Werbung, eingesetzt und zum Umsatz in Beziehung gesetzt. Im Vergleich von Test- und Kontrollmarkt wird dann die Umsatzdifferenz als werbebedingter Umsatzerfolg interpretiert. • Wird das Experiment ohne einen Kontrollmarkt durchgeführt, handelt es sich um einen kontrollierten Markttest. So bietet beispielsweise Nielsen über 200 Testgeschäfte verteilt über ganz Deutschland an, um die Erfolgschancen neuer Produkte zu prüfen. • Auch kommen vereinzelt laborgestützte Testmarktersatzverfahren mit mehrstufigen Befragungsexperimenten zum Einsatz. Hier ist aber aufgrund der Laborsituation das Problem der geringen externen Validität der Ergebnisse gegeben. Ein gänzlicher anderer Ansatz, den Outflow zu bestimmen, liegt dem sogenannten Modeling zugrunde, das zu den multivariaten Methoden, auch als ökonometrische Verfahren bezeichnet (vgl. Pichler 1999: 78, Thurau et al. 2010: 261), zu rechnen ist. Hierzu zählen alle statistischen Versuche, eine ausgesuchte Zielgröße (z. B. Umsatz) mittels multivariater Regressionsanalyse mit Marktdaten, Mediadaten und Rahmenbedingungen in Beziehung zu setzen, um so den ökonomischen Erfolg von Marketing-Kommunikation oder PR zu prognostizieren (vgl. z. B. Broadbent/Haarstick 1999: 173 f., Thurau et al. 2010: 264 f.). Auch wird versucht, die Erkenntnisse aus diesen Einzelanalysen, die beispielsweise kampagnenbezogen sind, zu generalisieren und zu allgemein gültigen Formeln zu verdichten. Das Modeling ist aber mit einigen Problemen behaftet (s. den Überblick bei Koschnick 2007a: 455 f.). Besonders hervorzuheben, da damit wieder die Grundproblematik der Outflow-Ebene zum Ausdruck kommt, ist, dass der Marketing-Kommunikation ein Kausalitätsprinzip unterstellt wird und eine Umrechnung von Kommunikationsleistung in monetäre Werte erfolgt. Letzteres geschieht, indem zur Bestimmung der Kommunikationsleistung schlicht keine kommunikationspsychologischen oder -soziologischen Effekte – geschweige denn Aspekte der Kommunikationsqualität – berücksichtigt werden, sondern die Kommunikationsleistung lediglich aus quantitativen Input-Variablen zusammengesetzt wird. So werden beispielsweise unter anderem die jeweiligen Aufwendungen für TV-Werbung, Anzeigen, Direktmailings oder Kataloge in Beziehung zur Zielgröße (z. B. Umsatz) gesetzt und aus ihrem jeweiligen Regressionskoeffizienten wird auf ihren Beitrag zur Erklärung beziehungsweise Prognose der abhängigen Variable (hier: Umsatz) geschlossen. Damit schließt sich der Kreis, da ich an dieser Stelle auf das schwere Erbe der mathematischen Informationstheorie hinweisen muss, mit dem sich die MarketingKommunikation leider immer noch herumschlägt und das auch der Ausgangspunkt dieses Buchs gewesen ist (vgl. Kap. A 1.1).

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Register

A Ablenkungseffekt 586 Achtlosigkeit 168 f. AC-Nielsen-Gebiete 293 Action Goal 306 f. Adoptoren 476 – 478, 484 Adressverlage 87 Adstock 317, 344 Advertainment 394 Advertising Creative Knowledge 528 Advertising Literacy 532 Advertorial 71, 390 Affiliate Marketing 480 Affinitätsindex 325 – 327, 330 Affinitätswert 622 f. After-Sales-Marketing 576 AIDA 22, 511, 557, 561 – 563, 566 Aktivierung 134, 512, 517 f., 528, 551, 582 f., 586, 655 Aktivierungsspirale 509, 522 Aktivierungstechniken 520, 522 Aktualität 145, 147, 226, 236, 538, 591 f. Akzeptanzquotient 622, 624 Alltagspassung 160, 165, 183 – 185, 190, 208, 535 All-you-can-afford-Methode 341 f. Ambient Media 57, 186, 313, 439 – 448, 450, 461, 482, 503 Ambient Media Analyse 446 Ambient Media Analyse (AMA) 442 Ambush Marketing 439, 451 – 454, 456 – 463, 503 direktes 454, 456 indirektes 454, 457 American Marketing Association (AMA) 41, 245 Aneignungsaufwand 535, 543, 547, 554 Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) 120 Arbeitsgemeinschaft Online Forschung (AGOF) 274 Art Directors Club Deutschland (ADC) 534 Attitude toward the ad (Aad) 630, 638, 641 Attitude toward the brand (Abr) 630, 638 f., 641

Attributionstheorie 465 – 467, 480 Auflage 89, 313, 323 – 325, 336, 622 Awareness 308, 491, 564 – 566, 633, 656

B Backloading 323 Balanced Scorecard 656, 664 f. Baumdiagramm 271 Behavior-Scan-Test 611, 686 Beratung 340, 590 Beschwerdequote 606 – 608 Bilanzierung 418, 423, 660 Blickverlauf 72, 516, 625, 630 – 633 Blog 66, 144, 193, 439, 465, 467 f., 484, 487, 489 – 493, 620 bottom-up 23, 169, 200, 374, 512, 520 brand community 373, 375 Branded Entertainment 137, 385 – 387, 390 f., 393 f., 398 f., 405 – 407, 503 Branded House 262 Branded Service 403 Branding 242, 262, 370 Brand Literacy 188, 531 f., 547, 570, 629 BrandScoreCard (BSC) 664 – 666, 668, 670 f., 675 Break-Even-Point (BEP) 253, 336, 686 f. Briefing 114, 203 – 207, 298, 353, 377, 491 Bruttokontakte 315, 320 Bruttoreichweite (BRW) 318 f. Budget 45, 71, 141, 150, 165, 171, 208, 211, 283 f., 311, 321, 331, 333, 339 – 344, 364, 437 f., 678 Bumerang-Effekt 572, 584 f.

C Carry-Over-Effekt 344 Cause-Fit 430, 434 Cause related Marketing (CrM) 426, 429 f., 434, 503 change of meaning 531 Clippings 621 f. Clusteranalyse 270, 272, 283

769 © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 J. Tropp, Moderne Marketing-Kommunikation, https://doi.org/10.1007/978-3-658-25318-9

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Clustermethode 270 hierarchische 270 interdependenzanalytische 270 partitionierende 272 Common Ground 13 f., 28 – 31, 33 f., 37, 107, 112 f., 116, 139, 178, 373, 378, 478, 524, 527, 532, 546 CommunicationControlCockpit (CCC) 676 Communication Insights 151 Communication Scorecard (CSC) 289, 668, 671 f. Communications Value System (CVS) 671 f. Conjoint-Analyse 219, 643 Consumer Benefit 298 – 302, 305 f., 308, 310 Consumer Generated Advertising (CGA) 365, 503 Consumer-Generated Advertising (CGA) 56, 127, 369, 370, 372, 377 f. Consumer-Generated Media (CGM) 370, 379 Consumer Insights 61 f., 74, 151, 160, 163, 178 – 180, 182 – 188, 190 – 192, 194, 197 f., 216, 218, 233, 279, 294, 296, 305, 307, 357, 367, 375, 519, 523 f., 526, 535, 555 Container-Metapher 10, 12, 19, 86, 542 Controlling 159, 363, 606, 617, 668, 676 Conversion Rate 607 f. Cookies 273 f. Copy-Strategie 31, 228, 294, 295 – 299, 301 f., 304 – 306 Copytest 636 Corporate Citizenship 412, 420, 503, 667 Corporate Communications Scorecard (CCS) 666 Corporate Giving 412, 503 Corporate Governance (CG) 413 Corporate Placement 396 f. Corporate Social Performance (CSP) 414, 434 Corporate Social Responsibility (CSR) 59 f., 148, 160, 178, 202, 262, 355 f., 408, 410 – 423, 426, 429 – 435, 470, 503, 526, 531, 617, 656 Corporate Sustainability 409 f. Corporate Volunteering 412, 503 Cost per Click 335 Cost per Contact (CpC) 334, 336, 341, 687 Cost per Hire (CpH) 617 Country Placement 396, 398 Cultural Due Diligence 663, 683 Customer Journey 500, 557, 560, 562 Customer Relationship Management (CRM) 89, 94, 105, 131, 533, 607 f.

Register

D Darbietung 182 Dendrogramm 271 Deutsche Public Relations Gesellschaft (DPRG) 159 Deutscher Dialogmarketing Verband (DDV) 90 – 92, 361 Deutscher Werberat 152, 522 Dialogmarketing 90, 92, 131, 357 – 361 dichte Beschreibung 180, 193 Differenzierungsfunktion 242, 248 Diffusion 12, 150, 280, 476, 478 f., 481, 483 f., 491, 592 Digitalisierung 66, 144, 338 Direktmarketing interaktionsorientiertes 358 passives 358 reaktionsorientiertes 358 Discounting-Prinzip 466 f., 480, 496 Drei-Komponenten-Ansatz 561 Dualismus 111 Durchdringungsindex 622 f.

E Earned Media 61, 141, 149 – 151, 155, 402, 436, 606, 621 f. Economic Value Added (EVA) 673 f., 676 – 678 Effekte explizite 571, 574 implizite 237, 570 – 572, 574 Einstellung 19, 33, 58, 62, 73, 78, 80 f., 84, 86, 150, 180, 184 f., 221, 273, 278, 288 – 290, 352, 374, 384, 393, 431, 524, 528, 531, 550 – 553, 557 f., 561, 563, 565 – 567, 570, 573, 575, 577 – 581, 583, 586, 588 f., 593 f., 596, 617, 628, 638 f., 641, 644, 673 Elaboration-Likelihood-Modell 82, 569 Elektroenzephalogramm/EEG 627 elektronischer Mikro-Markttest 686 Ellbogen-Kriterium 271, 283 Emergenz 132, 134 f. Empfehlungsbereitschaft 471, 630, 645 f. enabling 380 Engagement 54 – 56, 59, 64, 184 f., 355, 357, 361, 365 f., 370, 372, 412, 415, 420 f., 430 – 434, 463, 478, 492, 494 – 496, 498 – 501, 510, 531, 557, 574, 585, 613, 615, 617 Engagement Marketing 370 Erlebniswert 124, 160, 165, 183 f., 186, 190, 208, 246, 294 f., 307, 535 Erwartungserwartung 27 f., 61 f., 113, 179, 367, 419

Register

Essentialismus 233 f., 310 Eye-Tracking 587 f., 630, 633

F Fachverband Ambient Media (FAM) 440 f., 446 f. Feldanteil 607, 611 f. Filtertheorie 514 f.5, 517, 519 Fixation 285, 630, 632 Flighting 323 Fluktuationsrate 616, 618 Forced-exposure 534, 648 Fragmentierung 96, 266, 338 Framing 648 Frequency Capping 274 Frontloading 323

G Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA 115, 129, 293, 385, 413, 656 Gesellschaft für Public Relations Agenturen (GPRA) 671 Glaubwürdigkeit 59, 81, 126, 150, 262, 359, 375, 388 f., 430, 433 f., 467, 595, 623, 639 Global Reporting Initiative (GRI) 424, 434 Goodwill 251, 254, 256, 259, 454, 657 Greenwashing 415, 420, 531 Gross Rating Points (GRP) 319, 656 Guerilla Marketing (GM) 57, 64, 70, 160, 186, 226, 355 f., 435 – 437, 450, 453 f., 461 f., 503, 679

H Halo-Effekt 237, 576 f. Heatmap 630 f. Hierarchy of Effects 538, 562, 564, 566 High Reliability Organizations (HRO) 170, 172, 175 homo oeconomicus 200, 573 House of Brands 262 Hybridisierung 57, 338, 385, 387, 390, 394, 403, 656

I Ich-Beteiligung 550, 553, 566 f. Idea Placement 396, 398 Identifikationsfunktion 82, 202, 240, 248, 685 Image 84 – 86, 184 f., 212, 216, 220, 222, 241, 251, 259, 289, 352, 356, 376, 396 f., 454, 528, 564, 630, 642, 659, 666 f., 676 – 679 Imagedifferenzial 219

771

Indikator 62, 95, 138, 147, 176, 289, 410, 471, 516, 578, 605 f., 618, 625, 629 f., 632 f., 637 – 639, 641 – 643, 645 f., 648 f., 671 individualethisch 419 Individualkommunikation 65 f., 74, 86 – 90, 266, 276, 313, 325, 335, 338, 360, 465 Industriezeitalter 82, 240 Influencer 371, 465, 468, 489, 493 – 503, 591 f. Influencer Kommunikation 60, 471, 496 Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. (IVW) 274, 324 Initiativquotient 622, 624 Innovatoren 470, 477, 483 Intangible Assets 655, 657, 659 Integrated Information Response Model 100, 567 Integrated Marketing Communications (IMC) 97 f., 100, 103 – 105, 179, 367 intellektuelles Kapital 655, 657 Intentionalität 57, 60, 577 – 579, 626 Interaktion 28, 64, 66, 87, 93, 96, 107 f., 114, 121, 126, 128, 132, 139, 184, 186, 188, 191, 196, 202 f., 246 f., 262, 275, 277, 305, 363, 367 f., 374 f., 379, 411, 430, 485 – 488, 491, 526, 557, 588, 606, 613, 625 Interaktionssystem 109, 139 Interaktivität 65 f., 91, 94, 139, 148, 150, 338, 364, 368, 599 Interferenz 514 – 517, 635, 648 Intermediavergleich 598 Intramedia 313 Involvement 73, 82, 86, 100, 323, 375, 395, 470 f., 509, 550 – 555, 566 f., 569 f., 636, 646 IP-Adresse 273 f., 485

K Kapazität 515 – 517, 519 f. Kaufabsicht 81, 221 f., 289, 291, 581 f., 614, 628, 630, 641 f., 656, 681 Kausalität 19, 86, 558 – 560 Kausalitätsannahme 557 f. Kausalitätsprinzip 286, 558 f., 603, 647, 653, 672, 682, 688 Kennzahl 96, 313 f., 319 f., 323 – 325, 338, 471, 492 f., 605 – 609, 611, 613 – 619, 621 – 624, 645, 655 – 657, 663 f., 666, 670, 673 f., 676 – 678, 682, 685 – 687 Key Benefit 228 f. Key Performance Indicator (KPI) 674 Klassifikation 211, 264, 276, 446, 570 f., 636 Kognitive Dissonanz 21, 258, 574 – 576

772

Kommunikationscontrolling 289, 655 – 657, 663, 668, 673 f., 676 Kommunikationsdisziplin 64, 70, 97, 159 f., 186, 268, 286 – 289, 349, 351 f., 355 – 358, 361, 380, 385, 390, 411, 416, 422, 435 f., 438 f., 445, 464, 482, 502 f., 525, 533, 580 f., 610, 619, 623, 649, 656, 668, 678 f. Kommunikationsinstrumente 45, 57, 88, 99, 104, 142 – 144, 179, 349, 351, 367, 438, 444, 447, 450, 472 Kommunikationskapital 655, 658 Kommunikationskompetenz 229 Kommunikationskultur 229 Kommunikationsnachhaltigkeit 432 Kommunikationsökologie 432 Kommunikationsqualität 39, 45 f., 64, 76, 105, 128, 163, 195, 509, 619, 679, 682, 688 Kommunikationsstärke 681 Kommunikationswege 621 Kommunikationswirkungen 81, 100, 104, 287 f., 557 – 559, 568 – 570, 572, 580, 603, 629, 646, 682 Kommunikationszwecke 16, 37, 68, 71, 283 Komplexitätsmanagement 166 Kongruenzhypothese 215 Konsistenz 101, 160, 165, 184, 188, 190, 208, 233 f., 259, 297, 535 Konstruktivismus 5 Konsumententypologie 277 f. Kontakt 6, 20 f., 40, 65 f., 69, 71, 84, 86, 90, 92 f., 97, 120, 129, 177, 240, 291, 313 – 327, 330, 332 – 335, 352, 359, 361, 369, 431 f., 441 f., 445, 450, 475, 477, 485, 521, 534, 565 f., 589 – 591, 607 f., 635 – 637, 654, 673, 687 Kontaktbewertungskurve 316 f., 322 Kontaktklassen 316, 333 f. Kontext-Strategie 211, 294, 304, 306, 310 f. Kontingenzplan 171 Konversationsdichte 493, 615 Konversationsvolumen 493, 613, 615 Kopplungsfunktion 247 f. Kosten pro Bestellung (Cost per Order/ CpO) 94, 335, 341, 656, 687 Kosten pro Interessent (Cost per Interest/ CpI) 335, 687 Kostenvergleichswerte 334 Kreation 296 f., 371, 534 Kreationsabteilung 197, 296, 302, 305 kreativ 89, 159, 169, 191, 205, 295 – 298, 302, 304 f., 317, 343, 349, 371, 394, 403, 528, 582 – 584, 600, 638, 668

Register

Kreativität 74, 160, 297, 380, 670 Kulturfit 683 Kundenbedarfslebenszyklus 280 Kundenbeirat 359, 607, 610 Kundenberater 109, 177 Kundenberatung 177 Kundenbeziehungslebenszyklus 280, 288 Kundenwert 93, 96, 341, 687 Kundenwerttypologie 269, 280, 687 Kundenzufriedenheit 469, 471, 608, 646, 656, 670 Kündigungsquote 616, 618 Kybernetik 546

L Lambda-Hypothese 517 f. Lebenswelt 58, 94, 115, 182 – 184, 186 – 188, 190 – 192, 195 f., 202 f., 237, 276, 279, 296, 302, 305, 382, 387, 393, 403, 408, 442 f., 446, 503, 524, 535, 537, 539, 546, 548, 555 Leserschaft pro durchschnittliche Ausgabe (LpA) 314 license to communicate 433 license to operate 417 Likeability 630, 637 f. Listbroker 335 Logfiles 273 f., 484, 607 f. Lost Calls 607 f. Low-Involvement-Hierarchie 86

M Makroebene 4, 107 – 110, 122, 128, 138, 147, 194 f., 202, 417 f., 599, 614, 667 Marke, fraktale 234 Markenarchitekturen 256 f., 262, 264 Markenentwicklung 238 Markenführung 233 f., 248, 262, 264, 362 f., 366 f., 373, 375, 377, 380, 522, 668, 670 Markengemeinschaft 373 – 376, 378 – 380, 487, 488, 503, 532 Markenkultur 373 f. Markenloyalität 630, 643 f. Markenpersönlichkeit 215, 244, 295 f. Markenstärke 258 f., 369, 681 f. Markenstrategie Dachmarkenstrategie 212, 252, 255 f., 258 f., 262 Einzelmarkenstrategie 252 Familienmarkenstrategie 253 – 255, 258 Monomarkenstrategie 251 f., 685 Produktmarkenstrategie 252, 255, 259 Markentheorie 124, 234, 262

Register

Markenwert 289, 643 f., 653, 655, 657 f., 660, 679, 681 Marketing-Kommunikationswissen 18, 31, 61, 63, 70, 76, 107, 113, 116, 148, 160, 163, 165, 178, 188, 208, 288, 311, 349, 438, 509 – 511, 523 f., 526 f., 532 f., 554, 557, 569 f., 629 Marketingziele 286, 287, 359 market mavens 470, 479 Markierungsphase 82, 239 f. Marktforschungsinstitute 95, 113, 180, 190, 230, 507, 603, 625 – 627, 629, 648 Markt-Media-Studien 278, 280, 282 f., 325, 330, 335 Massenmedien 20 f., 62, 81, 117, 124, 144, 356, 589 – 591, 597 f. Media-Agenturen 18, 70, 129, 155, 190, 198, 273, 294 f., 338 Media-Analyse (MA) 314 f., 319 Medialisierung 141, 146 – 151, 154, 247, 364 f., 367 f., 376, 378, 418, 425, 443 f., 522, 621 Media Multiplier Effekt (MME) 98, 100, 105 Media-Planung 65, 112, 127, 203, 247, 277, 311 – 318, 320, 322 – 325, 334, 338, 343, 445 f., 534, 582, 623, 663, 686 Mediaplanungs-Dialog-System (MDS) 325 Media-Strategie 205, 211, 247, 304, 311 – 313, 339, 686 Mediengattung 22, 70 f., 325, 335, 443 Mediengattungen 312 f., 394, 598 Medienökonomie 538 Medienresonanzanalyse (MRA) 622 Mehrgewinnmethode 681 Meinungsführer 267, 353, 433, 474, 477, 588 – 591 Memetik 474 Mere-Exposure 288, 519, 572, 579 – 581, 635 Mesoebene 109, 127, 147, 195, 198, 202, 364, 417 Meta-Prozess 141, 147, 247, 425, 443, 522 Mikroebene 109, 127, 147, 159, 194 – 196, 364, 667 Modeling 688 Modell der Wirkungspfade 567, 641 Moralisierungsunterstellung 429 – 431, 433 – 435 multidimensionale Skalierung 219 multiple Positionierung 234 Mystery Shopping 607, 609

N Nachhaltigkeit 408 – 411 Nachhaltigkeitsbericht 415, 423 – 425, 503 Nachhaltigkeitsdreieck 411, 414, 425 Nachrichtenauswahlforschung 22 Nachrichtenfaktor 21 – 23, 147, 151, 522, 536 Naturwissenschaft 557 f.

773

neoliberal 419 f., 435 Net Promoter Score (NPS) 471, 645 Nettoreichweite (NRW) 313, 315, 318 – 320, 326, 343, 687 Neuromarketing 85 Neuromarketing-Forschung 572 Newsjacking 584 No-Show-Rate 616 f. Nutzen 18, 40, 60, 84, 131, 186, 194, 214, 230, 232, 241, 246, 258, 281 f., 299 – 302, 305 – 308, 310, 355, 360, 380 – 382, 386, 391, 394, 403 f., 412, 421, 442 f., 453, 479, 503, 679 Nützlichkeit 380, 482

O Objective-and-Task-Methode 342 Open Source Branding 370 Open Source Marketing 148, 370 Opinionleadership 588 f. Opportunity to hear (OTH) 315, 334 Opportunity to see (OTS) 315, 333 Outcome direkter 605, 609, 611, 625 f., 643 indirekter 289, 603, 606, 62 f., 629 Out-of-Home (OoH) 439 – 443, 445, 448 Outside-In 97, 101, 104 f., 179, 264, 367 Owned Media 401 f.

P Page Impressions (PI) 274, 484, 607 f. Panel 95, 611 Partizipation explizite 367 f., 376, 379, 610 implizite 367 f. Partner-Fit 430 Persona 277, 459 Persuasion 64, 78 f., 82, 178 f., 466, 496, 509, 524 – 526, 528, 531, 534, 551, 585 Persuasion Knowledge Model (PKM) 178, 466, 496, 509, 524, 585 Persuasionswissen 178, 511, 526, 527, 528 f., 531 – 534, 546, 554, 585, 649 Philosophie 380, 435, 512, 514 Pixel-Tracking 274 Placement 45, 137, 383 – 385, 388, 394 – 399, 405 – 407, 581 Planungsmodell 567 Point-of-Purchase 441 Positionierung, dynamische 234 Positionierungsmodelle 216 f., 219 – 221, 223, 228, 230 Positionierungsstrategien 218, 220, 224, 229, 310

774

Positioning 220, 224 Posttest 625 – 628, 647 Präsentationen 13, 71, 74, 185, 198, 206, 352, 377, 445, 457, 515, 565, 580 f., 594, 606, 617, 638 Preiswettbewerb 213 Pretest 94, 340, 507, 626 f., 648 Primacy-Effekt 581 f. Priming 572, 582 f. Prinzipal-Agenten-Theorie 466 Product Placement 45, 137, 383 – 385, 388, 394, 396 f., 407, 581 Produktparität 214 Produkt-PR 353, 402 Programmatic 59, 311 f., 337 f. Prosument 361 – 363, 367, 380 Prozent-vom-Gewinn-Methode 340 Prozent-vom-Umsatz-Methode 340 Psychogalvanometer 627 Publizität 117, 120, 139, 148, 153, 368, 388, 436, 450, 503, 538 Pulsing 323 Pupillometer 627

Q QR-Code 404

R Rangreihe 325, 330 reaktionszeitbasierte Methoden 573 f. Reaktivität 94, 237 Reason Why 298 f., 301 f. Recall Aided 633 f., 636 Unaided 633 f., 636 Recency-Effekt 81, 581 f. Recency-Frequency-Monetary-Ratio-Methode (RFMR-Methode) 269 Recency-Planning-Ansatz 318 Recognition 628, 630, 632 f., 636 relationale Modelle 557, 568 f. Resonanzquotient 622, 624 Response 78, 90, 92 f., 100, 313, 317, 323, 336, 343 f., 352, 368, 526, 560 f., 567, 570, 588 f., 598 Response-Funktion 317, 343 f. Reverse Marketing 127, 148, 370 Rezeptionsrelevanz 18, 58, 184, 194, 272, 276, 294, 357, 380, 408, 503, 509 – 511, 534 f., 547, 549, 554 f., 557 f., 569, 585, 649, 679 Rezeptionsstil 393 Rundfunkrecht 406

Register

S Sakkade 630 Scheinkorrelation 559 Schleichwerbung 57, 405 – 407 Search Engine Marketing (SEM) 275 Seele 513 f. Segmentierung 265 f., 268 – 270, 272 – 275, 277, 279 – 281, 446 Segmentierungsmethoden 269, 272, 283, 686 Segment-of-One 266, 276 Selbstkongruenzforschung 215 Selbstkonzept 215 f., 234 self-generated advertising 370 Semantisches Differenzial 641 f., 684 Sender-Empfänger-Modell 12, 363, 366, 648 Sensation Marketing 439 Service Placement 396, 398 Share of Advertising (SoA) 320, 341 Share of Buzz 492 f., 613, 615 Share of Discussion 622 f. Share of Mind (SoM) 320 f. Share of Voice (SoV) 320 f., 341, 454, 492 f., 622 f. Sinnschöpfung 213, 433 f. Sinnzusammenhang 32 f., 36, 58, 73, 107, 109 f., 116, 126, 131 f., 135, 137, 146, 179, 181 f., 185, 195, 524 Situation Benefit 306 – 308, 311 Soap Opera 382 f. Social Marketing 413, 576 Social Media Marketing 465, 471, 485, 487, 490 f., 503 Social Networking Platforms 488 Social Web 488 Soziale Netzwerke (Social Networks) 289, 436, 474, 480, 484, 503, 589, 605 f., 613, 615 Sozialkapital 655, 659 f. Spezialtypologien 278 – 280 Spill-over-Effekt 252 Sponsoring 45, 287, 353, 383, 385, 412, 445, 454, 456, 656, 667 Stakeholder 42, 97, 200, 228, 236, 267, 359 f., 411 f., 417, 431, 433 f., 658 f., 673, 675 – 677 Starch-Test 636 Strategic Planning (Strategische Planung) 74 Strategy Map 665, 675 Streuverlust 89, 267, 272 Stunt Ambient Media 439, 450, 482 symbolischer Nutzen 84, 124, 232, 246, 258

Register

T Tachistoskop 587 f., 627 Targeting 272 – 276 Tausend-Kontakt-Preis (TKP) 120, 291, 325 f., 330, 333 f., 687 Tausend-Nutzer-Preis (TNP) 325 f., 333 f., 687 Tests 91, 94, 335, 489, 573, 581, 611, 627, 635 f., 648, 686, 688 Text-Bild-Quotient 622, 624 Themenquotient 622 f. Theorie der Schweigespirale 29, 592 f. Theory of Planned Behaviour (TOPB) 572 f. Third-Person-Effekt 594 – 597 Time-to-Fill 616 f. Tipping Point 478 f. Tonalität 69 f., 230, 623 f. Tonality 298 f., 301 f., 310 top-down 23 – 25, 72, 169, 200, 374, 511 f., 519, 523, 620, 668 Totalmodell 568 Tracking-Studie 625 f., 628, 633, 647 triple-bottom-line 411 two-step flow of communication 20, 267, 474, 589, 613 Typologie 183, 276 – 278, 280 – 283, 288

U Umbrella Brand 255 Umweltkomplexität 19, 178, 510 Unique Advertising Proposition (UAP) 310 Unique Communciation Proposition (UCP) 310 Uniqueness 310 Unique Selling Proposition (USP) 220, 234, 259, 310 Unique Situation Experience (USE) 310 f. Universaltypologie 279 Unternehmenskultur 94, 103 f., 174, 196, 198 – 202, 233, 359, 374, 419, 421 f., 524, 555, 653, 658, 683 – 685 Unterscheidungsfunktion 241 f. Useful Brand Experience 381 User Created Content (UCC) 370 User-Generated Branding 370 User-Generated Content (UGC) 370 Utility Marketing (UM) 57, 59, 160, 186, 307, 355 f., 380 – 382, 385, f., 503, 557, 679 Utility-Strategie 211, 294 – 298, 304 – 308, 311, 338, 403, 443

775

V Value Based Management 656, 673 – 676 value exchange 274 Value Links 664, 675 Vampir-Effekt 586 – 588 Verarbeitungsaufwand 538, 545 Verbundkäufe 607, 609 Vergesellschaftungskraft 369, 373, 379, 486 vergleichender Gebietsverkaufstest 686 Vermarkter 274 Veröffentlichungsrate 622 Vertrauen 150, 173 – 175, 217, 243 f., 248, 262, 290, 388, 410, 413, 420, 433, 465 – 467, 474, 559, 563, 670 Video on Demand (VoD) 121 Vigilante Marketing 370 Voting 611

W Web 2.0 485 f. Weltmarke 249 Werbeäquivalenzwert (WÄW) 154, 622 Werbemittel-Kontakt 315 Werbemittel-Kontaktchance 314 Werbeträger-Kontakt 314 Werbewirkungsforschung 512, 550 f., 557, 560, 562, 569, 636 Wertschöpfung 95, 148, 289, 434, 653, 658, 665, 670 Wiederkaufrate (Rate of Repurchase) 607, 611, 643 WOM-Agent 467 Word of Mouth Marketing Association (WOMMA) 463, 465 Word-of-Mouth-Marketing (WOM-Marketing) 60 f., 186, 355 f., 436, 439, 463 – 465, 469, 471 – 473, 503, 533, 592, 645, 656 Word of Mouth (WOM) 160, 371, 375, 463 f., 466 – 468, 473, 484 f., 487, 489 – 491, 613

Z Zeichen 12, 108, 112, 142, 238 f., 241, 245, 507 Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft e.V. (ZAW) 360 Ziele außerökonomische 287 ökonomische 245, 287, 426 Zunftmarke 240 Zurechenbarkeit 62, 239, 285 f., 292 – 294, 343, 345, 445 Zusatznutzen 84, 124, 232, 246, 300, 310 Zwei-Hemisphären-Modell 572