Das Treppenhaus im königlichen Albertinum zu Dresden [6 ed.]

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Das treppenhaus im Königlichen Albertin um zu Dresden. Paul Herrmann

.

DR.

PAUL HERRMANN

DAS TREPPENHAUS

KÖNIGLICHEN ALBERTINUM

ZU DRESDEN

6.

AUFLAGE



MIT

5

ILLUSTRATIONEN

AMELANG SCHE KUNSTHANDLUNG BERLIN-CHARLOTTENBURO 1907

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ie kflnsderisdie

hauses

ist

Raumgestaltung des Treppen-

die

Schöpfung von

einheitliche,

geschlossene

HERMANN PRELL.

Im

ursprünglichen Plan des Architekten, der

den Umbau des alten Zeughauses für die Zwecke der Skulpturensammlung leitete, war allein eine Ausmalung der Decke in drei Feldern vorgesehen, zu deren Ausführung das Königliche Ministerium die Mittel aus Kunstfonds

bereitgestellt hatte.

dem

Aus der zur Erlangung

geeigneter Entwürfe im Jahre 1890 ausgeschriebenen

Konkurrenz ging Hermann Prell als Sieger hervor. Indessen kam der Künstler zu der Überzeugung,

daß das schwere Rahmenwerk der ursprünglichen Deckendekoration die Wirkung eingesetzter Gemälde müßte.

Seine

stark

beeinträchtigen

seine

neuen Vorschlfige, die

Bedenken und

fassende Erweiterung des ursprünglichen einschlössen, fanden bei bereitwilliges

dem

eine umProgramms

gleichzeitig

Königlichen Ministerium

Gehör, und im Jahre

1898 wurde ein

neuer Beschluß gefaßt, den ganzen Raum des TreppenhauseS)

einschließlich der

zu den Sammlungsräumen

des oberen Stockwerkes führenden Loggia, einer künstlerischen

Neugestaltung zu unterwerfen,

alleiniger AusfiQhrung Prell beauftragt

mit deren

wurde.

Der Künstler sah

sich damit vor

erweiterte Aufgabe gestellt

eine großartig

dem dem Maler

Hatte es sich bei

ursprünglichen Projekt lediglich

um

einen

Preii erteilten Auftrag zur Ausführung einiger gefaandeiti so waren demselben Künstler

Gemälde

jetzt die

Dar-

stellungsmittel der drei yerschwisterten Künste: Architektur, Malerei

und

Plastik zur Verwirklichuiig seiner

künstlerischen Ideen in die

Aus dem

Hand gegeben.

Zusammenwirken dieser drei« wie es von einem Willen regiert, von einer Hand geleitet wurde, ist das Werk zur Vollendung gediehen.

Bedenken gegen die architektonisch- dekorative Anlage des Raumes hatten den Anstoß zu dessen Neugestaltung gegeben, und an diesem Punkte setzte die Arbeit des Künstlers ein.

wurde

lediglich der

erhielten

die

Von den

alten Bauteilen

Treppenaufgang beibehalten, doch

Wandflflchen

eine

Verkleidung

violettem,

reich

geädertem Nassauer Marmor.

bilden

ihrer

geschlossenen

in

dunkelen Tönung eine

Struktur

feste Basis,

leichtere Architekturgerüst

und

von der

aus Sie ihrer

sich das

der oberen Wandteüe und

die reiche Farbigkeit der Malereien in wirkungsvollem

Gegensatz abheben.

Für diese, die nach dem neuen Entwurf nicht nur die Decke, sondern auch die beiden Oberwflnde schmücken sollten, große, geschlossene Bildfiächea zu schaffen, war ein Hauptbestreben des Künstlers.

Eine solche von kolossalen Abmessungen wurde auf der ursprünglich dreiteiligen Decke hergestellt. Die

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Seitenwände erhielten ein neues dekoratives Architektur«*

Formen

gerOst in einfachen, kräftigen

große,

rundbogig

überwölbte

festgehalten,

zwei

die

Es wurde dabei

schmaleres Mittelfeld einfassen. Fiktion

je

jSlr

Bildfelder,

ein

die

daß die ganze Wandfläche eine

geschlossene Einheit bildet, hinter deren Scheinarkaden eine weite, durchlaufende Landschaft die

drei Biidflächen

sich

ausbreitet,

zu einem Ganzen vereinigend.

Vor den nischenartig umrahmten Mittelfeldern wurden auf vergoldeten Konsolen Statuen eingeordnet, welche^ frei

vor den Bildern stehend,

doch gedanklich einen

und den Innenraum des Saales mit der idealen Außenwelt der Gemälde verbinden. Bei der Ausftkhrung der Statuen wurde verschiedenfarbiges Teil dieser bilden

Material

verwendet.

Die

Figuren

Seravezza-Marmor gemeißelt und Fisch auf

dem

Fußgestell

griechischem Marmor,

andern

aus

Serpentin.

sind

aus

leicht getönt,

der

selbst

der einen aus

der mächtige



Die

Kopf

anstoßende

grauem, bei

der

Loggia

des oberen Stockwerkes erhielt eine neue Eindeckuug

inForm einesTonnengewölbes mit drd eingeschnittenen Oberlichtfenstem, die durch breite, mit Reliefe auf

farbigem Grunde geschmückte Gurte getrennt sind. Die

Wände wurde im Sinne größerer und kräfdgerer Wirkung umgestaltet, der Teil der Rückwand als flachgewGlbte, wie mit

Piiasterstellung der

Einfachheit mittlere

getriebenen Metallplatten ausgelegte Nische behandelt.

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Der Gedanke, von dem der Zyklus ron GemUlden an Decke und Wfinden und der eingefügte plastische Schmuck getragen werden^ geht aus von der Bedeutung des Raumes und des ganzen Gebäudes, er als Eingangshalle

Dem

dient.

menschliche Kunst geschaffen,

Erlesensten,

was

hier eine Heimstfitte

Ist

In seiner Kunst aber feiert der

bereitet.

dem

Mensch den

höchsten Triumph Uber die Hemmungen, die sein Leben

umlauem und den trachten,

freien

Flug seiner Seele zu lähmen

aus denen in heißem Ringen der Einsatz

stärkster Kräfte

Den

erst zur Befreiung führt.

Sieg

Mächte über widerstrebende rohe Gewalten das Hauptgemälde an der Decke in den alten

geistiger

kleidet

Mythus vom Kampf der olympischen Götter gegen die erdgeborenen Titanen.

ragenden

des

Gipfel

und stürmen von dort gegen

den

Sitz

Diese

Berges aus,

der Götter

haben den hoch-

Othrys

erklommen

Felsblöcke schleudernd, heran.

Dichtes Wetter-

gewölk umlagert den heiligen Götterberg Olympos,

und aus diesem

bricht^

wie von rollenden Donnern

getragen, Zeus Kronion auf

und

wirft sich mit

den Frevlern entgegen.

Wucht

goldenem

Wagen

drohend geschwungenem

Wild bäumen

henror

Blitzstrahl

sich unter der

des Anpralls die Rosse des Göttergespannes

empor, deren Ungestüm von zwei geflügelten Jünglingsgcstaltcn Bia

sam gebändigt sich

und Kratos (Kraft und Gewalt) müh-

wird.

Von Kampfeswut

ergriffen hat

der Adler des Zeus auf einen der Titanen ge-

stürzt

und ihm den Rücken

zerfleischt.

Den von unten

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nachdrängenden Scharen der Titanen streckt Athena, mit Helm und Ägis gerüstet und in sausendem Fluge das furchtbare Gorgonenhaupt ent-

abwttrts eilend,

gegen.

Und

dasselbe Ziel suchen Apollons Pfeile, die

der Gott, auf Wolken schwebend, von seinem goldenen

Bogen hinabsendet. atmet ruhiges

Die Haltung des Götterjünglings

Kraftbewußtsein

und

stolze

Sieges-

zuversicht, seine Lichtgestalt strahlt siegreiche Helle

aus: vor

dem Schirmer

der Finsternis steigen aus

der Künste müssen die Mächte

weichen,

und unter seinem

leuchtendem Gewölk die Musen

Schutz befreit

empor, deren Führerin begeistert und den Gott begeisternd die goldenen Saiten von Apollons eigener Leier rührt,

das

Lied,

rischen

um

ein Sieges-

dessen Verse

Hymnen dem

und

Preislied anzustimmen,

im Rhythmus der Home-

Friese unter

der Decke auf-

geschrieben sind: Zeus Kronion, Dich

Schirm des Olympos, Es schmetterte schlafloser Donner Krone» hinab, den Urgeborenen, und der Titanen Heiliger Helfer der

sing' ich, Erdhalter,

Menschen

!

Unheilvolles Geschlecht; nun deckt sie Tartaros Schatten. Aber befreit empor cum Äther kreisen die Musen, HochheUstimmige Töchter des Zeus; es tönet der Erdkreis.

Ausgang und Folgen des Kampfes schildern die Gemälde auf den beiden Schmalwänden der Halle. Sie tragen die Inschriften

heit^,

^chicksal^^ und

Schön-

zur Bezeichnung der beiden Mächte, deren

Wirkungen Leben und Kunst

erfüllen

und beherrschen.

Die unmittelbare Überleitung von der Decke

ist

in

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den Darstellungen der westlichen sals'^

gegeben.

In

des

„Wand

des Schick-

„Tartaros Schatten'*

das Gemälde zur Linken.

Zu

führt

ewiger Qual verdammt

wird der greise Kronos, der Fuhrer der Titanen, an ragender Felsklippe angeschmiedet, die schon einen seiner Gefährten trägt.

Schulterflügeln,

ziehen an

ihm

Zwei Jünglinge mit mächtigen

die Hekatoncheiren die Strafe.

der Sage,

Der Frevel

der Sieg der neuen Götter entschieden.

ist

voll-*

gesühnt,

Noch

sendet

der Ort der Finsternis, wie letzte Zuckungen der ge-

bändigten Unheilsgewalten, dunkel drehendes Gewölk, von verborgenen Flammengluten angeglüht empor, aber im Höhersteigen lichten sich die trüben Massen

und lösen sich auf in dem leuchtenden Äther, der von rechts her sich ergießend den Raum des zweiten Bildes in heitere Klarheit taucht. Auf einsam ragendem Felsgipfel sind hier die drei Parzen gelagert. Den goldenen Faden des Schicksals spinnend walten

sie

Ordnung und Recht in der Welt Unter ihren Füßen entspringt der Quell und über dem Schaum des Wassers ent-

weise ihres Amtes,

zu hüten. des Styx^

schwebt der Adler des Zeus, der Diener seines Zornes wider die Titanen, hernieder zur Erde^ Botschaft zu künden den Menschenkindern von der neuen Weltordnung, die junge Götter kraft in heißem Streite den

drohenden Umsturzmächten abgerungen.

Aber der die Menschen selbst, aus dumpfemTraum« leben sie erlösend, hinaufhob in die Lichtregionen und sie

zu Teilhabern machte der neu errungenen Selig-

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war

keiten,

Zeus

nicht



Mit Eifersucht wachen die

Olympier über ihrenBesitz und achten nicht desSehnens nach oben, das sie selbst dem Menschen eingeflößt, da sie seinen Blick für das Schauen derneuen Lichtwelt

Da

entschleierten.

Dem

Geschlechte

dereinst

den Menschen ein Erlöser, oben imd unten: Prometheus.

ersteht

ein Mittler zwischen

der Tiüuien

entsprossen

hat

er

den Olympiern gegen seine eigenen Brüder

beigestanden und ihren Sieg erkämpfen helfen.

Nun

empört ihn der Eigennutz der Götter und tiefes Erbarmen erfaßt ihn zu den Menschen, die seine eigenen

Der Sonne raubt er einen Funken

Geschöpfe sind. ihres göttlichen

Feuers und trägt ihn zur Erde hinab,

und mit diesem Geschenk

bringt er den Erdenkindem Segnungen der Kultur, erweckt sie aus unbewußtem Dämmerieben zur Klarheit des Bewußtseins und entdie

zündet in ihnen den Funken der Erkenntnis: er macht die „Sterblichen

beschwört

er

den Göttern gleidi^. Dadurch aber Rache der Olympier, die sich in

die

ihrer Alleinherrschaft bedroht sahen, auf sich herab.

Wie derdnst Kronoa, so läßt Zeus auch Prometheus an den Felsen schmieden und in täglich wiedeiholter Qual den Leib des Titanen durch seinen Acficr zerAber nicht sind Prometheus Leiden wie Kronos ewig: Der Göttersohn Herakles, aus dem Bunde des Zeus mit einer Erdentochter entsprossen, fleischen.

die des

befreit ihn aus seiner Marter.

Die Wohltat, die Pro-

metheus der Menschheit erwiesen, erhält damit

die

Anerkennung und Billigung der Götter; Götterlos

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schwebt nicht mehr in unerreichbaren

Femen über

der irdischen Welt, das Sehnen und der Drang nach

Teilnahme daran

ist

als

beglückendes Geschenk der

Menschenbrust eingesenkt und die voll umfassende

Harmonie des Alls ist hergestellt. Die Tat, das Leiden und die Erlösung des Prometheus bilden den Abschluß des grandiosen Dramas, das in der Götter-

Form gewonnen, und

schlacht

das Bild dieser

tief-

sinnigsten Gestaltj welche die sagenbildende Phantasie

der Griechen geschaffen, verlangte daher gebieterisch ihren Platz in der künstlerischen Darstellung dieses

Kampfes.

In

dem

Mittelfeld

besprochenen

Gemälden

Prometheus.

Die

zwisdien den beiden

steht

erduldet ^6tit tru» Uot» ^tünjza

sehr er die Menschen

ihm

singt,

scheinen

mit

ihn

Leiden, die er

ßQwm^

„weil allzu-

geliebt^,

lastender

dem

seiner Mutter Gäa,

die

Hand

Schwere zu bedrücken.

schmerzdtirchfurchten Haupte er

die Ketten trug, mit

Seine linke

das

wie Aschylos von durchzittern seine gebeugte Gestalt und

Sein Knie ruht auf

dann

Marmorbild des

das

Mühen und

selbst

besiegen half,

die

denen Zeus ihn gebändigt.

umschließt die glimmende Fackel,

mit der er sein Erlösungswerk vollbracht, und die

Rechte

tastet

wie träumend nach der letzten

um

seine

Brust geschlungenen Fessel, die im Fallen ihm Befreiung

von seinen Qualen gebracht

Tief neigt er

das Haupt, versenkt in Erinnerungen und Bilder der Geschehnisse, in Gedanken an das was war und

kommen

wird.

— was

Denn der ^Vorbedachte'^ schaut auch

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Die

drei Grazien. L Kj i.i^Lo

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— u — ahnenden

sem

wird.

schaffen,

daß

Geistes,

sein

Werk

und MenschenbeglUckung

befreiung

Was

die

zu walten.

der

nicht

Menschenvoilkommen

weise Vorsicht errungen und ge-

Unbedachtsamkeit weiß des Gutes nicht

Die beiden gelagenen Gestalten auf

dem

Giebel über der Nische geben diesem Gedanken Aus^

Zur Linken Pandora, die Zeus gebildet, um von Prometheus geläuterte Menschheit zu prüfen,

druck. die

dem verhängnisvollen Gefäß beschenkt Not und alles Leiden in sich birgt Rechts E^iimetfaeos, der „Nachbedachte^^, der alle Warnungen und

die er mit

hat) das

seines Bruders

Prometheus mißachtend

der Götter bei sich aufgenommen hat

lockungen erlegen das

GefM

£r

ist.

geöffnet,

und

die

Sendbotin

und ihren Ver-

hat in raschem Vorwitz

die unseligen Polgen seiner

unbedachten Tat gewahrend wird er nun von Reue gefoltert, die in Gestalt

von Schlangen sichtbar gemacht

und mit ihren nagenden Bissen quftlt Das Urbild menschlicher Reue und die Fügving des gerechten Geschicks ist auf dem kleinen Goldrelief ihn umwindet

zwischen den beiden gelagerten Figuren dargestellt: der für den Frevel des Muttennordes von den Furien verfolgt wird.

Orestes,

Volles Götterlos

ist

dem

Sterblichen nicht

be-

Aber die Ahnung des Göttlichen ist ihm geblieben. Es ist der Fünke des himmlischen Feuers, den Prometheus zur Erde gebracht. Er entzündet

schieden.

hier unten das

Sehnen nach dem reinen Licht, dessen

Abglanz der Mensch

als

Schönheit empfindet

Sie

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wirkt und weckt selbst die Kraft, die uns zu ihr hin-

Das Walten dieser beiden Mächte, an der Götterwelt in das Erdenleben hineinstrahlen, schildern die Darstellungen an der

ziefaty

die Liebe.