Über das Fundament des philosophischen Wissens (1791). Über die Möglichkeit der Philosophie als strenge Wissenschaft (1790): Herausgeber: Schrader, Wolfgang H 9783787303854, 9783787326129, 3787303855

Mit der Abhandlung "Über das Fundament philosophischen Wissens" (1791) macht der Band eine Schrift Reinholds w

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Über das Fundament des philosophischen Wissens (1791). Über die Möglichkeit der Philosophie als strenge Wissenschaft (1790): Herausgeber: Schrader, Wolfgang H
 9783787303854, 9783787326129, 3787303855

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Karl Leonhard Reinhold Über das Fundament des philosophischen Wissens Über die Möglichkeit der Philosophie als strenge Wissenschaft

I.••

KARL LEONHARD REINHOLD

Über das Fundament des philosophischen Wissens Über die Möglichkeit der Philosophie als strenge Wissenschaft

Mit einer Einleitung herausgegeben von

WOLFGANG H. SCHRADER

FELIX MEINER VERLAG HAMBURG

PHILOSOPHISCHE BIBLIOTHEK BAND 299 Für den fotomechanischen Nachdruck ist die Textvorlage des 1. Beitrages »Ueber das Fundament des philosophischen Wissens« dem gleichnamigen Titel entnommen, der 1791 in Jena bei Johann Michael Mauke erschienen ist. Für den 2. Beitrag »Ueber die Möglichkeit der Philosophie als strenge Wissenschaft« entstammt die Textvorlage dem Werk »Beyträge zur Be­ richtigung bisheriger Mißverständniss der Philosophen, Erster Band das Fundament der Elementarphilosophie betreffend«, erschienen 1790 in Jena bei Johann Michael Mauke.

Im Digitaldruck »on demand« hergestelltes, inhaltlich mit der ursprünglichen Ausgabe identisches Exemplar. Wir bitten um Verständnis für unvermeidliche Abweichungen in der Ausstattung, die der Einzelfertigung geschuldet sind. Weitere Informationen unter: www.meiner.de/bod.

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliogra­phi­­ sche Daten sind im Internet über ‹http://portal.dnb.de› abrufbar. isbn 978-3-7873-0385-4 ISBN eBook: 978-3-7873-2612-9

© Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 1978. Alle Rechte vor­ behalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§  53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Gesamtherstellung: BoD, Norderstedt. Gedruckt auf alterungsbeständigem Werkdruck­papier, hergestellt aus 100 % chlor­frei gebleich­tem Zellstoff. Printed in Germany.  www.meiner.de

INHALT Einleitung. Von Wolfgang H. Sehrader ........... . VII* Zeittafel ...................................... . XIX* Auswahl-Bibliographie Werke Reinholds ............................. XXII* Literatur zu Reinhold ........................ XXVI*

Kar! Leonhard Reinhold Ueber das Fundament des philosophischen Wissens (1791) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ueber das Fundament des philosophischen Wissens

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Ueber die Möglichkeit der Philosophie als strenge Wissenschaft (aus: Beyträge zur Berichtigung bisheriger Mißverständnisse der Philosophen, Erster Band das Fundament der Elementarphilosophie betreffend, 1790) 141 0

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Personen- und Sachregister Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 7

VII*

EINLEITUNG Der vorliegende Band macht eine Schrift Reinholds erneut zugänglich, von der J. G. Fichte in einem Brief an deren Verfasser erklärte, er habe sie "mehrere Male gelesen, und sie immer für das Meisterstück unter Ihren Meisterstücken gehalten"l. Reinhold unternimmt darin den Versuch, durch die Explikation des "Fundaments des philosophischen Wissens" die Philosophie "als strenge Wissenschaft, ... als ein Einziges, ganzes, in seinen wesentlichen Theilen unwandelbares System" zu begründen (Beytr. I, 4; vgl. Fund. 68)2. Er knüpft damit unmittelbar an die Thematik seines kurz zuvor veröffentlichten ersten Bandes der "Beyträge zur Berichtigung bisheriger Mißverständnisse der Philosophen" ( 1790) an (vgl. Fund. 4). Dort hatte er in verschiedenen Aufsätzen Überlegungen zum Begriff und über die Möglichkeit der Philosophie als Wissenschaft vorgetragen und auf die Notwendigkeit eines allgemeingeltenden ersten Grundsatzes der Philosophie hingewiesen. Da jedoch die Schrift "Über das Fundament des philosophischen Wissens" der "bündigste Ausdruck und die sicherste Form der Elementarphilosophie" ist~, erscheint sie als Einführung in diese Phase des Reinholdsehen Denkens geeigneter als die früheren "Beyträge". Der beigefügte Aufsatz "Über die Möglichkeit der Philosophie l J. G. Fichte, Briefwechsel, hrsg. von H. Schulz, Leipzig 1925, Bd. I, S. 341. 2 Zitiert wird nach folgendem Abkürzungsschlüssel: Vers. = Versuch einerneuen Theorie des menschl. Vorstellungsvermögens; Beytr. = Beyträge zur Berichtigung bisheriger Mißverständnisse der Philosophen; Fund. = über das Fundament des philosophischen Wissens. 3 K. Fischer, Fichtes Leben, Werke und Lehre, Heidelberg 19003 s. 22/23.

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als strenge Wissenschaft" aus den "Beyträgen" verdeutlicht den im "Fundament des philosophischen Wissens" nur knapp dargestellten Zusammenhang zwischen Reinholds Philosophiebegriff und seiner Forderung eines ersten Grundsatzes der Philosophie. Weitere, vor allem auch aus philosophiehistorischer Perspektive wichtige Aufsätze zur Elementarphilosophie aus den "Beyträgen" werden in einem Anschlußband vorgelegt werden. Nach knappen BemeJkungen in der "Vorrede", in der Reinhold die Bedeutung der ,Philosophie aus einem Prinzip' für die kulturelle Entwicklung der Menschheit erörtert, eröffnet er seine Untersuchungen "Über das Fundament ... " mit der Feststellung, daß es ,Jeder bisherigen Philosophie ... an nichts geringerem als an einem Fundamente" fehle (Fund. 3). Pragmatische Betrachtungen zur Geschichte der Philosophie in der ersten Hälfte der Schrift sollen die These bestätigen; zugleich bereiten sie die eigene Grundlegungsreflexion vor. Diskutiert werden zunächst die "zwey bisher einzig möglichen Systeme, nämlich das des Empirismus und Rationalismus" (Fund. 44) (Locke und Leibniz). Daran schließt sich die Erörterung von Humes "Grundlegung des Skeptizismus" an, einer "alle Philosophie zerstörenden Philosophie" (Fund. 45, 48); denn Hume habe die "Voraussetzungen Lockes und Leibnitzens widerlegt und die Fundamente ihrer Lehrgebäude umgestürzt" (Fund 50). Erst "Kant entdeckte ein neues Fundament des philosophischen Wissens, welches das Wahre, das in den bisher Aufgestellten zerstreut und einseitig enthalten war, in sich begreift, und das Unrichtige davon ausschließt" (Fund. 55/56). Allerdings sei das von Kant aufgestellte Fundament "weder allgemein (umfassend) noch auchfest genug, um das ganze wissenschaftliche Gebäude der Philosophie zu tragen" (Fund. 129). Denn Kants Theorie leiste nicht die Begründung der Philosophie überhaupt, sondern nur eines Teilbereichs der Philosophie, der Metaphysik; und die allgemeingültigen Prinzipien der Vernunftkritik seien nicht durchgängig bestimmt, sondern weiterer Zer-

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gliederung fähig (vgl. Fund. 67, 132). Die kritische Auseinandersetzung Reinholds mit der Philosophie Kants leitet über zur Exposition des ,eigentlichen' Fundaments der Philosophie, der "Thatsache des Bewußtseins", und der Explikation dieses Fundaments durch den ersten allgemeingeltenden Grundsatz, den "Satz des Bewußtseins (Fund. 77/78; vgl. 71/72): "die Vorstellung (wird) im Bewußtseyn durch das Subjekt vom Objekt und Subjekt unterschieden, und auf beyde bezogen" (Fund. 78). Die durch diesen Satz begründete Wissenschaft nennt Reinhold "Elementarphilosophie". Ausführungen zum Verhältnis von Vernunftkritik und Elementarphilosophie bilden den Abschluß der Schrift. Sie verdeutlichen die zentrale Stellung, die Reinhold selbst diesem Thema im Kontext seiner Grundlegungsreflexion beimißt. Die anschließenden Untersuchungen, die in Reinholds systematische Position zur Zeit der Elementarphilosophie einführen sollen, werden daher von Überlegungen zur Kant-Interpretation und -Rezeption Reinholds ausgehen (I). Der dabei gewonnene Vorbegriff der Elementarphilosophie wird vertieft durch die Erörterung des Zusammenhanges von Reinholds philosophietheoretischem Konzept mit seinem Interesse an Aufklärung (11)4·

Bereits in dem 1789 erschienenen "Versuch einer neuen Theorie des menschlichen Vorstellungsvermögens", - in dem "freylich ... (das) Fundament (des philosophischen Wissens) als ein solches mehr angedeutet, als aus4 Die Einleitung in Anschlußband, in dem Aufsätze Reinholds vor allem aus den "Beyträgen" abgedruckt werden, wird uen ersten allgemein geltenden Grundsatz im Zusammenhang mit dem Problem der Ausdifferenzierung der Elementarphilosophie in Fundamentalwissenschaft und in theoretische und praktische Elementarlehre behandeln; ein kurzer Abriß der Wirkungsgeschichte von Reinholds Frühwerk wird die Ausführungen ergänzen.

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führlieh dargestellt'' wird (Fund. 1 08) -, geht es Reinhold um die systematische Explikation, die Begründung und Rechtfertigung der "Prämissen" der Vernunftkritik (vgl. Vers. 67). Kant selbst habe die Prämissen seiner Theorie nicht eigens thematisiert und deren Gültigkeit folglich nicht hinreichend ausgewiesen (vgl. auch Fund. 72 ff., 105 u. ö.). Den unmittelbaren Anlaß, die Frage nach den Voraussetzungen der Kantischen Philosophie zu stellen, nennt Reinhold selbst in der Vorrede des "Versuchs": Der Ruf an die Universität Jena habe ihn genötigt, "über die Methode nachzudenken, die er für den Vortrag der An· fangsgründe der Philosophie nach neuen Prinzipien (d. i. der Kantischen Philosophie) zu wählen hätte" (Vers. 58). Zudem legten es die Klage über die Unverständlichkeit der "Kritik der reinen Vernunft" (Vers. 15) und der anhalten· de, immer verwickelter werdende Streit zwischen den Freunden und Gegnern der Kantischen Philosophie (Vers. 58 ff.) nahe, den vom Verfasser der Vernunftkritik eingeschlagenen "beschwerlicheren Weg ... einer vollstän· digen Zergliederung des Erkenntnisvermögens" zu vermei· den und damit zugleich Mißdeutungen des Werkes auszu· schließen (Vers. 62). Statt einer interpretativen Rekon· struktion der Kantischen Analyse des Erkenntnisver· mögens schlägt Reinhold deshalb vor, zunächst den von Kant unreflektiert gebrauchten Begriff der Erkenntnis zu überprüfen und "über den Unterschied zwischen dem in der Kr(itik) d(er) V(ernunft) aufgestellten Begriff der Erkenntnis, und dem in derselben bloß vorausgesetzten Begrif der Vorstellung nachzudenken" (Vers. 62). Als Konsequenz dieser Überlegungen fordert Reinhold, daß eine Untersuchung des Begriffs der Vorstellung und des Vorstellungsvermögens der Erörterung des Begriffs der Erkenntnis und des Erkenntnisvermögens vorhergehen müsse (vgl. auch Fund. 71). Nicht nur setze der Begriff der Erkenntnis den der Vorstellung voraus (vgl. Fund. 76), sondern der Begriff der Vorstellung gebe auch weniger Anlaß zu Mißdeutungen, da er sich "der geringe· ren Anzahl seiner Merkmale wegen viel leichter er·

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schöpfen (läßt) ... , als der viel kompliciertere Begrif der Erkenntnis" (Vers. 64, 65 ). Die zunächst didaktische Problemstellung gewinnt jedoch unmittelbar philosophisch-systematische Relevanz. Denn mit dem Versuch, die Voraussetzungen der Vernunftkritik Kants zu klären, wird zugleich die Ebene der Theorie verschoben. Während die Vernunftkritik nach Reinhold als Darstellung der allgemeingültigen Prinzipien der Erkenntnis begriffen werden muß, geht die Theorie des Vorstellungsvermögens hinter die von Kant aufgestellten Prinzipien zurück und reflektiert zugleich die Erkenntnis der Prinzipien der ErkenntnisS. Damit hat Reinhold, ohne diesen Sachverhalt im "Versuch" hinreichend deutlich zu artikulieren -, bereits jenen Schritt vollzogen, der hinführt zu einer Theorie, die die Frage nach der Möglichkeit der Philosophie als Wissenschaft zu ihrem Thema macht und daher zu recht "Elementarphilosophie" genannt werden muß. Zwar ist nocht nicht die in den Beyträgen erstmals erreichte Position formuliert, daß der Begriff der Philosophie selbst durch eine "Philosophie der Philosophie" der Bestimmung bedürfe (Beytr. I, 55) und die Philosophie nur "aus einem Verständnis ihrer selbst zu ihren Sachen kommen könne"6, wohl aber ist der Weg dorthin vorgezeichnet. Der im "Versuch" eingeleitete, in den "Beyträgen" und in der Schrift "Über das Fundament des philosophischen Wissens" explizit vollzogene Wandel der philosophischen Problemstellung gegenüber Kant wird jedoch durch Reinholcis Äußerungen über das Verhältnis von Vernunftkritik und Elementarphilosophie (System) eher verdeckt als erhellt, wenn er erklärt: die "philosophierende Vernunft" habe mit Kants "Kritik der reinen Vernunft" "den S Vgl. auch W_ Teichner, Rekonstruktion oder Reproduktion des Grundes, Bonn 1976, S- 240 ff. 6 D.Henrich, Zu Kants Begriff der Philosophie, in: Kritik und Metaphysik, H. Heimsoeth zum 80. Geburtstag, Berlin 1966,

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letzten Schritt zur Auflösung ihres großen Problems gethan" (Fund. 135) und die Kritik sei daher- wie Reinhold unter Berufung auf die ausdrückliche Erklärung Kants ausführt - die Propädeutik des Systems der Philosophie, ,,Mittel zur Wissenschaft, nicht Wissenschaft selbst" (Fund. 133). Die Elementarphilosophie erscheint ins~fern nicht als das Resultat einer gegenüber Kant veränderten Fragestellung, sondern sie wird vorgestellt als das Ergebnis gradlinigen Fortschreitens auf dem von Kant eingeschlagenen Wege. Daß jedoch bereits diese scheinbar im Anschluß an Kant entwickelten Überlegungen zum Verhältnis von Kritik und System bestimmt werden durch das Verständnis der Elementarphilosophie als einer Theorie, die die Reflexion auf die Bedingungen philosophischer Theoriebildung zu ihrer Voraussetzung hat und sie in ihre Darstellung einbezieht, soll der Rekurs auf die Äußerungen Kants zu diesem Thema einsichtig machen. Im Dritten Hauptstück der "Transzendentalen Methodenlehre" der "Kritik der reinen Vernunft" (KrV) unterscheidet Kant an der "Philosophie der reinen Vernunft" die zwei Teilbereiche: die "Propädeutik" (Kritik), "welche das Vermögen der Vernunft in Ansehung der reinen Erkenntnis a priori untersucht", und das "System der reinen Vernunft" (KrV B 841). Die an dieser Stelle nur knappen Bemerkungen zum Verhältnis von Kritik und System werden ergänzt durch Ausführungen in der "Einleitung" zur KrV. Das "System der reinen Vernunft", heißt es dort, sei die "Idee einer Wissenschaft", und die Kritik, die "diese Wissenschaft noch nicht selber ist", entwirft den Plan der Wissenschaft "architektonisch, d. i. aus Prinzipien, ... mit völliger Gewährleistung der Vollständigkeit und Sicherheit aller Stücke, die dieses Gebäude ausmachen" (KrV B 27/28). Vergleicht man diese Aussage mit den Reflexionen Kants zu Beginn der "Transzendentalen Methodenlehre", in denen er den Begriff der Wissenschaft als eines Systems grundsätzlich, d. i. nicht nur in bezug auf die philosophische Erkenntnis, expliziert hatte, gewinnen die Ausführungen in der Einleitung der

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KrV größere Bestimmtheit. Dort definiert er "System" als die "Einheit der mannigfaltigen Erkenntnisse unter einer Idee. Diese ist der Vernunftbegriff von der Form eines Ganzen ... Der szientifische Vernunftbegriff enthält also den Zweck und die Form des Ganzen, das mit demselben kongruiert" (KrV B 860). Die Idee, auf Grund deren philosophische Erkenntnisse sich zum System organisieren, ist die "Gesetzgebung der menschlichen Vernunft", die "sowohl das Naturgesetz, als auch das Sittengesetz (enthält), anfangs in zwei besondern, zuletzt aber in einem einzigen philosophischen System" (KrV B 868). Von unmittelbarer Bedeutung für die Bestimmung des Verhältnisses von Kritik und System sind die auf die Definition des Begriffs der Wissenschaft folgenden Überlegungen Kants. Denn dort fährt er fort: "Die Idet:' bedarf zur Ausführung eines Schemas ... Das Schema ... gründet architektonische Einheit" (KrV B 861). Damit erscheint das Verhältnis von Kritik und System in neuem Licht. Denn insofern die Kritik den Plan des Systems der Vernunft architektonisch entwirft, kann sie begriffen werden als das Schema kat exochen der Idee der "Gesetzgebung der menschlichen Vernunft", - einer Idee die "allenthalben in jeder Menschenvernunft angetroffen wird" (KrV B 867; vgl. B 862). Die Kritik erweist sich daher als notwendige Voraussetzung, als Leitfaden für die Explikation des Systems. Erst die vollendete Ausführung der Idee, die vollständige Darstellung des Systems der reinen Vernunft würde die Kritik als Propädeutik entbehrlich machen. Für Reinhold dagegen sind Kritik und System "wesentlich verschieden" (Fund. 132). Das System kann nicht begriffen werden als die ausführliche und vollständige Darstellung des durch die Kritik auf Grund ihrer Prinzipien a priori entworfenen "Umrisses" der philosophischen Erkenntnis (vgl. KrV B 27 /28); denn Propädeutik ist für Reinhold die Vernunftkritik nur in dem eingeschränkten Sinne eines historisch notwendigen, das System unmittelbar vorbereitenden Schrittes im Gang der

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Selbstexplikation der Vernunft (vgl. Fund. 132, 135). Nicht darin, daß die Kritik den Plan des Systems architektonisch entwirft, sieht Reinhold deren Leistung als Propädeutik. Ihr Verdienst gründet nach Reinhold allein in der Explikation allgemeingültiger Prinzipien der Erkenntnis. Dadurch hat sie die Frage nach den "Prämissen" jener Prinzipien veranlaßt und in der Folge bewirkt, daß die Frage nach dem Fundament des philosophischen Wissens gestellt und durch die Formulierung eines ersten allgemeingeltenden Grundsatzes beantwortet werden konnte. Die unterschiedliche Beurteilung des Verhältnisses von Kritik und System ist jedoch nur das Indiz für eine grundlegendere Differenz zwischen beiden Denkern in der Bestimmung des Begriffs des Systems der Philosophie selbst. Kants Reflexionen über den Zusammenhang von Kritik und System beziehen sich auf die Philosophie nach ihrem "Weltbegriff", nicht nach ihrem "Schulbegriff". Während für den Schulbegriff der Philosophie der Zweck philosophischer Erkenntnis in der logischen Vollkommenheit ihrer Form, in der systematischen Einheit des Wissens, besteht, ist der Philosophie nach ihrem Weltbegriff "die Wissenschaft von der Beziehung aller Erkenntnis auf die wesentlichen Zwecke der menschlichen Vernunft (teleologia rationis humanae), und der Philosoph ist nicht ein Vernunftkünstler, sondern der Gesetzgeber der menschlichen Vernunft" (KrV B 867)7. Reinhold nimmt diese Überlegungen nicht auf. Er orientiert sich bei der Bestimmung des Begriffs des Systems der Philosophie nicht an dem Gedanken, daß die Einheit des philosophischen Wissens durch die "wesentlichen Zwecke" des Menschen als eines Vernunftwesens gestiftet werde. Statt dessen rekurriert er auf den älteren, von Chr. Wolff (und Lambert) 7 Der Philosoph als Gesetzgeber der menschlichen Vernunft ist jedoch ein "Lehrer im Ideal" (KrV B 867), und der Gedanke des ausgeführten Systems der Philosophie nach ihrem Weltbegriff die "bloße Idee von einer möglichen Wissenschaft" (KrV B 866).

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explizierten Systembegriff, nach dem die Einheit der Erkenntnis durch das ihr zugrundeliegende und als Grundsatz zu formulierende Prinzip (Fundament) gewährleistet werde8. Was zunächst nur als terminologische Differenz erscheint, ist jedoch für die Bestimmung des Begriffs der Philosophie als eines Systems folgenreich. Denn der Rekurs auf die wesentlichen Zwecke der Vernunft hatte für Kant die Konsequenz, das System der Philosophie nach ihrem Weltbegriff auf Grund der zwei Gegenstände der Gesetzgebung der Vernunft, Natur und Freiheit, in die "zwei besondern" Systeme, Metaphysik der Natur und Metaphysik der Sitten, einzuteilen (KrV B 869/870). Wenn Reinhold dagegen aus der Bestimmung des Begriffs der Philosophie den Bezug auf die wesentlichen Zwecke des Menschen ausschließt, kann er bei der Grundlegung der Philosophie als eines Systems von den Gegenständen des philosophischen Wissens, Natur und Freiheh, abstrahieren. Statt dessen. kann er nun das philosophische Wissen qua Wissen als eine, allerdings ausgezeichnete Weise des Erkennens begreifen, das dem formalen Kriterium wissenschaftlicher Erkenntnis genügen muß: es muß "systematische Form", "durchgängige Einheit mannigfaltiger Erkenntnisse unter einem Prinzip", aufweisen (Fund. 116). Insofern wird erst durch die Reflexion auf das Fundament alles philosophischen Wissens und die Explikation seines Prinzips in Form eines Grundsatzes der Begriff und die Möglichkeit der Philosophie als Wissenschaft bestimmt (vgl. Fund. 96); die Metaphysik der Natur und die Metaphysik der Sitten werden zu "Theilen der abgeleiteten Philosophie", und die "wissenschaftliche 8Vgl. A. von der Stein, Der Systembegriff in seiner geschichtlichen Entwicklung, in: A. Diemer (Hrsg.), System und Klassifikation in Wissenschaft und Dokumentation, Meisenheim a. Glan, 1968, S. 10 ff.; F. Kambartel, Theorie und Begründung (darin: "System" und "Begründung" als wissenschaftliche und philosophische Ordnungsbegriffe bei und vor Kant), Frankf./M. 1976, s. 41 ff.

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Quelle" für deren Prinzipien ist die Elementarphilosophie (Fund. 117; vgl. 124 f., 129 f., 136, 75/76). 11

Reinholds Konzept einer auf ein erstes allgemeingeltendes Prinzip gegründeten Philosophie ist nicht das bloße Produkt abstrakter Selbstreflexion der Philosophie auf ihre eigenen Bedingungen. Ihm liegt ein ursprünglich praktisches Interesse an Aufklärung zugrunde9. Bereits der oben gegebene Hinweis auf den Zusammenhang zwischen dem didaktischen Interesse Reinholds und seinem Versuch der Begründung und Rechtfertigung der kritischen Philosophie durch die Explikation ihrer Prämissen war ein erstes Indiz dafür. Aufklärung zielt nach Reinhold nicht allein ab auf die Vergewisserung der Erkenntnisfähigkeit des Menschen, sondern ist zugleich von praktischer Relevanz: sie soll wie Reinhold in der Vorrede der Schrift "über das Fundament" erklärt- den menschlichen Geistaus seiner, Unmündigkeit' befreien (Fund. VI/VII; Br. 7, 52), die "sittliche Veredelung des Menschengeschlechts" bewirken und die "wohlthätige Lenkung der handelnden Kräfte durch die denkenden in den öffentlichen Angelegenheiten" veranlassen, so daß das "Schicksal eines Staates" nicht länger dem "blinden Zufalle Preis (ge)geben" sei (Fund. V, VI). Damit diese Ziele erreicht werden können, bedarf es jedoch einer "Reformation der Philosophie". Denn - wie Reinhold in den "Briefen über die Kantische Philosophie" schreibt -die falsche Überzeugung von Sittlichkeit, die sie zu einer bloß "eigennützigen Klugheitslehre" mache, der

9 Vgl. R. Lauth, Fichtes und Reinholds Verhältnis vom Anfange ihrer Bekanntschaft bis zu Reinholds Beitritt zum Standpunkt der Wissenschaftslehre Anfang 1797, in: Lauth (Hrsg.), Philosophie aus einem Prinzip, Bonn 1974, S. 137 ff.; W. Teichner, a. a. 0. S. 166 ff.

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Mißbrauch des Rechts, die Vorurteile in Religionsangelegenheiten, der Abergla~be und der Unglaube haben letztlich ihre "Hauptgrundlage . . . im inneren Zustande der Philosophie selbst" (Br. V, VI; vgl. Fund. VI, VIII). Indem Kant "das große Problem der Entdeckung allgemeingültiger Principien wirklich aufgelöset" hat (Vers. 17), leitet er jene Reformation ein. Durch ihn erhält die Philosophie ihre Kompetenz zurück, die Grundfragen der Menschheit zu entscheiden. Jedoch erst wenn die allgemeingültigen Prinzipien Kants flir "jeden gesunden und philosophischen Kopf" verstehbar werden (Vers. 71 ), läßt sich das Werk der Aufklärung vollenden. Reinholds Theorie des Vorstellungsvermögens ist ein Versuch, den allgemeingültigen Prinzipien der Vernunftkritik durch die Explikation ihrer Prämissen Allgemeingeltung zu verschaffen. Dieser Versuch führte zu einer Revision der Kantischen Position und zu der Einsicht, daß die scheinbar "nie auszufüllende Lücke zwischen Theorie und Praxis" (Fund. X) allein durch eine Elementarphilosophie geschlossen werden könne. Denn durch die Reflexion auf das Fundament des philosophischen Wissens und die Explikation des ersten allgemeingeltenden, nicht nur wahren, sondern zugleich auch evidenten und damit apodiktisch gewissen Grundsatzes wird die Voraussetzung dafür geschaffen, daß auch die besonderen, abgeleiteten Sätze der Philosophie, - die Grundsätze der Religion, der Moralität und des Rechts-, bestimmt und allgemeingeltend werden können (vgl. diesen Bd. 166). Dadurch wird der "vornehmste Zweck der Philosophie" realisiert: "der Menschheit über die Gründe ihrer Pflichten und Rechte in diesem, und in ihrer Erwartung flir das zukünftige Leben allgemeingültige Aufschlüsse zu geben" (Vers. 74). Emphatisch erklärt Reinhold deshalb: "Ich halte einen allgemeingeltenden Grundsatz der Philosophie für das Eine was der Philosophie Noth ist, für dasjenige, was sie erringen muß, wenn sie der Menschheit die Vorteile gewähren soll, welche sie derselben von jeher verheißen hat, welche diese von ihr zu erwarten berechtigt ist, und rleren Bedürfnis

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Wolfgang Sehrader

vielleicht noch nie so hoch als gegenwärtig gestiegen ist" (Beytr. I, 94; vgl. 365, 370). Obwohl die Überzeugung, daß allein durch die systematische Form wissenschaftlicher Erkenntnis der "Zweck der Philosophie" verwirklicht werden könne, wesentlich den theoretischen Ansatz und die Fragestellung Reinholds bestimmt, bleibt die Reflexion auf den Zweck der Philosophie der Bestimmung ihres Begriffs äußerlich. Der Gedanke, daß die Elemtarphilosophie durch eine "wohltätige Revolution in allen übrigen Wissenschaften" die Verwirklichung der Idee der Humanität befördern werde, geht nicht in die argumentative Explikation des Prinzips der Philosophie ein. Indem Reinhold die Einheit der philosophischen Erkenntnis nicht auf die "wesentlichen Zwecke der menschlichen Vernunft", sondern auf ein erstes Prinzip des philosophischen Wissens gründet, kann er im Kontext der Grundlegung der Philosophie. als Wissenschaft die Vermittlung des praktischen Interesses an Aufklärung mit der Forderung einer Philosophie aus einem Prinzip nicht leisten. An deren Stelle tritt die kritische Diagnose des Zeitalters und der durch das philosophietheoretische Konzept Reinholds nicht legitimierte Versuch, aus den gegenwärtigen Bedürfnissen der Menschheit die Notwendigkeit und Dringlichkeit eines allgemeingeltenden Grundsatzes zu rechtfertigen (vgl. Beytr. I, 94). Die Auflösung dieser Aufgabe, den Zusammenhang zwischen den Erfordernissen der Zeit und der ihnen entsprechenden philosophischen Theorie im Rahmen der Theorie selbst zu artikulieren, blieb den Nachfolgern Reinholds vorbehalten.

XIX*

ZEITTAFEL! 26.10.1758 1772 1773 1774

um 1782

1783 1784

Juni 1784

C. L. Reinhold wird als Sohn eines Arsenalinspektors in Wien geboren Eintritt in das Jesuitenkolleg St. Anna in Wien Aufhebung des Jesuiten-Ordens Reinhold wird Mitglied des Barnabitenkollegiums in Wien; er gehört ihm neun Jahre an, davon drei Jahre als Novizenmeister und Lehrer der Philosophie Anschluß an die von Freunden um 1781 gegründete Loge Zur wahren Eintracht im Orient von Wien. Ziel der Loge ist die Beförderung der Aufklärung und damit der Kampf gegen Aberglauben und Schwärmerei. Die aufklärerische Kritik, die sich auch gegen die Ordensgelübde und den Zölibat richtet, bleibt nicht ohne Wirkung auf Reinhold: Er entzieht sich den Ordensverpflichtungen durch die Flucht nach Leipzig Übersiedlung nach Weimar, wo er durch die Vermittlung der Wiener Freunde (Ignaz von Born, Blumauer; von Gemmingen) die Bekanntschaft Wielands macht Reinhold wird Mitarbeiter an dem von

I Dem Abriß liegt die Biographie des Sohnes zugrunde: E. Reinhold (Hrsg.), Carl Leonhard Reinholds Leben und literarisches Wirken, nebst einer Auswahl von Briefen ••• , Jena 1825; für die Wiener Zeit Reinholds vg1. auch· H. Gliwitzky, C. L. Reinho1ds erster Standpunktwechse1, in: R. Lauth (Hrsg.), Philosophie aus einem Prinzip, Bonn 1974. S. 10 ff.

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1785 16:5.1785 1787

1787-1794

Zeittafel Wieland herausgegebenen .,Teutschen Merkur" Nach dem Rücktritt J. J. Bertuchs wird Reinhold Mitherausgeber der Zeitschrift Reinhold heiratet Wielands älteste Toch· ter Sophie Auf Grund seines durch die Publikation der .,Briefe über die Kantische Philosophie" (seit 1786) gewonnenen Ansehens als Philosoph und Interpret Kants wird Reinhold als Professor für Philosophie nach Jena berufen2 Die Jenaer Zeit, in der Reinhold die .,Elemtarphilosophie" ausbildet (Versuch einer neuen Theorie des menschlichen Vorstellungsvermögens, 1789; Beyträge zur Berichtigung bisheriger Missverständnisse der Philosophen, Bd. I, 1790; Über das Fundament des philosophischen Wissens, 1791), erscheint als die Periode seiner größten philosophischen Wirksamkeit. Durch ihn wird Jena zu einem Mittelpunkt für das Studium der Kantischen Philosophie. Zugleich bestimmt die kriti· sehe Auseinandersetzung mit Reinholds Elementarphilosophie, die aus dem Ver-

2 Röttgers hat in einem instruktiven Aufsatz (Die Kritik der reinen Vernunft und K. L. Reinhold. Fallstudie zur Theoriepragmatik in Schulbildungsprozessen, in: Akten des 4. Internationalen Kantkongresses II, 2, S. 789 ff.) Reinholds frühe Kantrezeption und -interpretation unter forschungs-und universitätspolitischer Perspektive dargestellt. Die These, "die Publikation der Briefe (habe) von Anfang an im Dienste der Qualifikation für eine Professur an der Universität Jena" gestanden (794), erscheint auf Grund des von Röttgers beigebrachten Materials plausibel. Es bedeutet jedoch eine überzeichnung, wenn die Kantrezeption Reinholds und die Darstel· lungsweise der "Briefe" wesentlich unter dem Gesichtspunkt opporturtistischen. Reagierens auf die vorgegebene bildungs- und berufungspolitische Situation dargestellt wird.

Zeittafel

1794

10.4.1823

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such hervorging, die Kantische Vernunftkritik zu begriinden, die philosophische Diskussion der Zeit. (Vgl. auch Reinholcis Briefwechsel mitjacobi, Fichte, Maimon.) Reinhold folgt einem Ruf nach Kiel. Die philosophische Biographie Reinholcis während seiner Lehrtätigkeit in Kiel ist gekennzeichnet durch einen mehrfachen "Systemwechsel": 1797 gibt er die Elementarphilosophie auf und wird zu einem Anhänger Fichtes (vgl. Rezension von Fichtes Schriften zur Wissenschaftslehre, 1797; Auswahl vermischter Schriften, Bd. Il, 1797). Nach einer kurzen Phase engerer Anlehnung an F. H. J acobi (vgl. Reinholcis "Sendschreiben an Lavater und Fichte über den Glauben an Gott", 1799), schließt er sich um 1800 der Position des "rationalen Realismus" Bardilis an (vgl. C. G. Bardilis und C. L. Reinholcis Briefwechsel über das Wesen der Philosophie und das Unwesen der Spekulation, 1804; Beyträge zur leichteren Übersicht des Zustandes der Philosophie bei dem Anfange des 19.Jahrhunderts, 1801 ff., vor allem die Hefte 3 und 5). In der letzten Phase seiner philosophischen Entwicklung wendet sich Reinhold sprachtheoretischen Untersuchungen zu (vgl. etwa "Grundlegung einer Synonymik für den allgemeinen Sprachgebrauch in den philosophischen Wissenschaften, 1812; etc.)3 Tod in Kiel

3 V gl. die knappe, aber zugleich differenzierte Skizze der verschiedenen Entwicklungsphasen Reinholds bei M. Zahn, K. L. Reinholds Position in der Phase seiner größten Annäherung an die Wissenschaftslehre, in: R. Lauth (Hrsg.) Philosophie aus einem Prinzip, Bonn 1974, S. 160 ff.

XXII*

AUSWAHL-BIBLIOGRAPHIE Werke Reinholds Selbstständige Publikationen Herzenserleichterungen zweier Menschenfreunde in vertraulichen Briefen über J ohann Caspar Lavaters Glaubensbekenntnis. Frankfurt/Leipzig 1785 Die hebräischen Mysterien oder die älteste religiöse Freymaurerey, in zwei Vorlesungen gehalten vom Bruder Decius. Leipzig 1788 über die gegenwärtige katholische Reformation in Österreich. 1789 Versuch einer neuen Theorie des menschlichen Vorstellungsvermögens. Prag/Jena 1789; 2. (unveränderte) Auflage 1795 (Nachdruck der 1. Auflage: Darmstadt 1963) (zit.: Vers.) Briefe über die Kantische Philosophie. 2 Bde. Leipzig 1790/1792 2. vermehrte Auflage. (Neu herausgegeben v. R. Schmidt, Leipzig 1923) (zit.: Br.) Beyträge zur Berichtigung bisheriger Missverständnisse der Philosophen. 1. Bd.: Das Fundament der Elementarphilosophie betreffend. Jena 1790, 2. Bd.: Die Fundamente des philosophischen Wissens, der Metaphysik, Moral, moralische Religion und Geschmackslehre betreffend. Jena 1794 (zit. Beytr.) Über das Fundament des philosophischen Wissens, nebst einigen Erläuterungen über die Theorie des Vorstellungsvermögens. Jena 1791 (zit.: Fund.) Rede bey der Wiederherstellung des akademischen Ehrengerichts in Kiel; nach dem Auftrag und im Namen des akademischen Konsistoriums gehalten den 1.11.1794. Altona 1795

* Der Bibliographie liegt die erste ausführliche Literaturliste zu Reinhold von W. Teichner (Rekonstruktion oder Reproduktion des Grundes, Bonn 1976, S. 462 ff.) zugrunde.

Auswahl-Bibliographie

XXIII*

Preisschriften über die Frage: Welche Fortschritte hat die Metaphysik seit Leibnitz'ens und Wolf's Zeiten in Deutschland gemacht? von Schwab, Reinhold und Abicht. Berlin I796 (Nachdruck: Darmstadt I97I) Ausw~l vermischter Schriften. Bd. I, Jena I796, Bd. 2, Jena I797 Verhandlungen über die Grundbegriffe und Grundsätze der Moralität, aus dem Gesichtspunkte des gemeinen gesunden Verstandes, zum Behuf der Beurtheilung der sittlichen, rechtlichen, politischen und religiösen Angelegenheiten (Lübeck u. Leipzig I789) Ober die Paradoxien der neusten Philosophie. Harnburg I 799 Sendschreiben an Lavater und Fichte über den Glauben an Gott. Harnburg I 799 Beyträge zur leichteren Übersicht des Zustandes der Philosophie bei dem Anfange des I9. Jahrhundert. 6 Teile, Harnburg I80I-I803 C. G. Bardili's und C. L. Reinhold's Briefwechsel über das Wesen der Philosophie und das Unwesen der Spekulation, herausgegeben von Reinhold. München I804 Anleitung zur Kenntnis und Beurteilung der Philosophie in ihren sämtlichen Lehrgebäuden, ein Lehrbuch ftir Vorlesungen und Handbuch ftir eigenes Studium. Wien I805 Versuch einer Auflösung der von der Berliner Akademie der Wissenschaften für das Jahr I805 aufgestellten Aufgabe, die Natur der Analysis und der analytischen Methode in der Philosophie genau anzugeben und zu untersuchen: Ob - und was es ftir Mittel gebe, ihren Gebrauch sicherer, leichter und nützlicher zu machen. München I805 Versuch einer Kritik der Logik aus dem Gesichtspunkt der Sprache, I806 Anfangsgründe der Erkenntnis der Wahrheit in einer Fibel für noch unbefriedigte Wahrheitsforscher. Kiel I808 Rüge einer merkwürdigen Sprachverwirrung unter den Weltweisen. Weimar I809 Grundlegung einer Synonymik ftir den allgemeinen Sprachgebrauch in den philosophischen Wissenschaften. Kiel 1812

XXIV*

Auswahl-Bibliographie

Das menschliche Erkenntnisvermögen aus dem Gesichtspunkte des durch die Wortsprache vermittelten Zusammenhang zwischen der Sinnlichkeit und dem Denkvermögen untersucht und beschrieben. Kiel 1816 Die alte Frage, was ist Wahrheit, bei den erneuerten Streitigkeiten über die göttliche Offenbarung und die menschliche Vernunft in nähere Erwägung gezogen. Altona 1820 Aufsätze Gedanken über Aufklärung. In: Der Teutsche Merkur (TM) 1784, III, 3ff, 122 ff., 232 ff. Die Wissenschaften vor und nach ihrer Seku1arisation. Ein historisches Gemälde. TM 1784, III, 35 ff. Ober die neuesten patriotischen Lieblingsträume in Teutschland. TM 1784, III, 171 ff., 246 ff. Schreiben des Pfarrers zu ... an den Herausgeber des TM über eine Rezension von Herders Ideen zur Geschichte der Menschheit. TM 1785, I, 143 ff. Ehrenrettung der Reformation. TM 1786, I, 116 ff., 193 ff., II, 42 ff. Briefe über die Kantische Philosophie. TM 1786-1787 Skizze einer Theogonie des blinden Glaubens. TM 1786, II, 229 ff. Über den Einfluß des Geschmacks auf die Kultur der Wissenschaften und der Sitten. TM 1788, I, 167 ff. Ober die nähere Betrachtung der Schönheiten eines epischen Gedichts als Erholung für Gelehrte und Studierende. TM I 788, II, 385 ff. Über die Natur des Vergnügens. TM 1788, IV, 61 ff., 144 ff.; TM I 789, I, 3 7 ff. Über die bisherigen Schicksale der Kantischen Philosophie. TM 1789, II 3 ff., I 13 ff. Allgemeiner Gesichtspunkt einer bevorstehenden Reformation der Philosophie. TM 1789, II, 243 ff; III, 7 5 ff. Von welchem Skeptizismus läßt sich eine Reformation der Philosophie hoffen? Berlinische Monatsschrift. St. 7, 49 ff . .Fragmente über das bisher allgemein anerkannte Vorstellungsvermögen. TM 1789, IV, 3 ff. Wie ist Reformation der Philosophie möglich. Neues Teutsches Museum I 789, St. 1.2.3.

Auswahl-Bibliographie

XXV*

Über den Geist unseres Zeitalters in Teutschland. T:\1 I790, I, 225 ff. Vorschlag und Bitte an die streitenden Philosophen. T:\1 I 790, IV, I34 ff. Ehrenrettung der neuesten Philosophie. TM I 79I, I, 81 ff. über die Grundwahrheit der Moralität und ihr Verhältnis zur Grundwahrheit der Religion. TM 1791, I, 225 ff. Ehrenrettung des Naturrechts. TM 1791, II, 338 ff. Wie und worüber läßt sich in der Philosophie Einverständnis der Selbstdenker erhoffen. TM 1791, II, 134 ff. Über den Begriff der Geschichte der Philosophie, eine akademische Vorlesung in: Beyträge zur Geschichte der Philosophie, hrsg. von G. G. Fülleborn. Bd. 1 1791 Die drey Stände, ein Dialog. TM 1792, I, 217 ff. Die Weltbürger. Zur Fortsetzung des Dialogs ,Die drey Stände'. TM I792 Beytrag zur genaueren Bestimmung der Grundbegriffe der Moral und des Naturrechts, als Beylage zu dem Dialog, der Weltbürger. TM 1792 Über die teutschen Beurteilungen der französischen Re· volution. TM 1793, II, 38 7 ff. Ueber den Unterschied zwischen dem unwillkürlichen aber durch Denkkraft modificirten Begehren und dem eigentlichen Wollen; oder zwischen dem sogenannten nicht sittlichen und dem sittlichen Wollen, in: Philosophisches Journal, hrsg. v. Schmid und Snell, Bd. 1 1793, H. 3, 352 ff. Abhandlung über den philosophischen Skeptizismus, Einleitung zu: D. Humes Untersuchung über den mensch· Iichen Verstand, neu übersetzt von M. W. G. Tennenmann, Jena 1793 Systematische Darstellung aller bisher möglichen Systeme der Metaphysik. TM 1794, I, 3 ff., 235 ff. An seine in Jena zurückgelassenen Zuhörer. TM 1794, 111, 315 ff. über den Geist der wahren Religion. Vorrede zu: Sammlung einiger Predigten welche by besonderen Veranlassungen gehalten wurden von J. Susemihl, herausgegeben mit M. Ehlers, D. H. Hegewisch. Kiel 1 795 Über den Einfluß des gesunden Verstandes auf die philo· sophierende Vernunft, in: Ch. Hornemanns's philoso-

XXVI*

Auswahl-Bibliographie

phisehe Schriften, aus dem Dänischen von Ch. R. Boje und Ch. F. Sander, Altona 1796 Rezension von Fichtes zur Wissenschaftslehre gehörenden Schriften in: "Allgemeine Literaturzeitung", Jena 1798 (Nachdruck in: M. Selling, Studien zur Geschichte der Transzendentalphilosophie, Uppsala 1938, s. 317 ff.) Rezension von Bardilis "Grundriß" in: Allgemeine Literaturzeitung, Nr. 127/8/9, 1800, 5., 6., 7. Mai Rezension von Schellings "System des transzendentalen Idealismus", in: Allgemeine Literaturzeitung, Nr. 231/2, 1800, 13. August Der Geist der Zeitalter als Geist der Filosofie, in: Neuer Teutscher Merkur 1801 Das Streben nach Wahrheit, dargestellt in seinem Kampf gegen zweierley Doppelsinn, in: Vaterländisches Museum, Bd. 1., Harnburg 1810, 737 ff.

Literatur zu Reinhold Adam, H., Carl Leonhard Reinholds philosophischer System-Wechsel. Beiträge zur Philosophie 19. Heidelberg 1930 Baum, G., K. L. Reinholds Elementarphilosophie und die Idee des transzendentalen Idealismus, in: K-St. Bd. 64, 1973, abgedruckt in: Lauth (Hrsg.) Philosophie aus einem Prinzip Baggesen, J., F., Reinholds Todtenfeier. Den 15. April 1823. Ein maurerisches Denkmal. 1824 Baggesen, K. und A. (Herausg., Aus Jens Baggesens Briefwechsel mit Kar! Leonhard Reinhold und Friedrich Heinrichjacobi. Leipzig 1831 Bodi, L., Tauwetter in Wien. Zur Prosa der Österreichischen Aufklärung 1781-1795. Frankf./M. 1977 Cassirer, E., Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit. Dritter Band: Die nachkantischen Systeme. Berlin 1920 (Nachdruck: HUdesheim 1970) Chalybäus, H. M., Historische Entwicklung der speculativen Philosophie von Kant bis Hegel. Zu näherer Ver-

A uswahl-Bz"bliographie

XXVII*

ständigung des wissenschaftlichen Publicums mit der neuesten Schule dargestellt. Dresden 18 3 7 (3. teilweise umgearbeitete Auflage. Dresden/Leipzig 1843) Duboc, E., Des seligen Weltweisen Reinhold Wahrheiten und Lehren über Religion, Glauben, Wissen, Unsterblichkeit, mitgeteilt an seinen Schüler und Verehrer Ed. Duboc; mit einigen Reflexionen des Ietztern über die Anwendung dieses Grundsatzes im Leben, das Wesen der Metaphysik überhaupt und die metaphysische Ansicht Reinholds insbesondere, nebst einer Zuschrift an Krug. Harnburg 1828 Erdmann, J. E., Versuch einer wissenschaftlichen Darstellung der Geschichte der neueren Philosophie. Dritte Abteilung: Die Entwicklung der deutschen Spekulation seit Kant. (Bd. 1) Leipzig 1848 Fichte, J. H., Beiträge zur Charakteristik der neueren Philosophie, oder kritische Geschichte derselben von Descartes und Locke bis auf Hege!. Sulzbach 1829 Fischer, K., Geschichte der neueren Philosophie Ü· G. Fichte und seine Vorgänger) 5. Bd. Heidelberg 19003 Fries, J., Reinhold, Fichte und Schelling, Leipzig 1803 FortJage, C., Genetische Geschichte der Philosophie seit Kant. Leipzig 1852 Gueroult, M., L'Evolution et Ia Structure de Ia Science chez Fichte. Tome I, Paris 1930 Hege!, G. W. F., Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems der Philosophie in Beziehung auf Reinhold's Beiträge zur leichteren Obersicht des Zustandes der Philosophie zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts, Jena 1801 Horstmann, R. P., Maimon's Criticism of Reinhold's "Satz des Bewußtseins" in: Proceedings of the third International Kant Congress (ed. by L. W. Beck), nordrecht 1972 Kalkreuth, H. W. A. von, Was ist die Wahrheit? Eine Abhandlung, veranlaßt durch die alte und ähnliche Frage des K. L. Reinhold. Breslau 1821 Keil, R., Wieland und Reinhold. 1885 -, Wiener Freunde 1784-1808. Beiträge zur Jugendgeschichte der deutsch-österreichischen Literatur, Wien 1883

XXVIII*

A uswahl-Bibliographz'e

Klemmt, A., Karl Leonhard Reinholds Elementarphilosophie. Eine Studie tiber den Ursprung des spekulativen deutschen Idealismus. Harnburg 1958 -, Die Philosophische Entwicklung Kar! Leonhard Reinholds nach 1800. Zeitschrift für philosophische Forschung Bd. 15, 1961 Kroner, K., Von Kant bis Hege!. 2 Bde. Tübingen 1921/24 (2. Auflage Tübingen 1961) Lauth, R. (Hrsg.), Philosophie aus einem Prinzip. K. L. Reinhold. Bonn 1974 Leon, X., Fichte et son temps. Bd. 1, Paris 1922 Michelet, C. L., Geschichte der letzten Systeme der Philosophie in Deutschland von Kant bis Hege!. Bd. I, Berlin 1837 (Nachdruck: Hildesheim 1967) Pupi, A., La Formazione della Filosofia di K. L. Reinhold 1784-1794. Mailand 1966 Reinhold, E., K. L. Reinhold's Leben und litterarisches Wirken, nebst einer Auswahl von Briefen Kant's, Fichte's, Jacobi's und andrer philosophierender Zeitgenossen an ihn. Jena 1825 -, Geschichte der Philosophie nach den Hauptmomenten ihrer Entwicklung, Bd. 11,2, Gotha 1830 Reininger, R., Kant. Seine Anhänger und seine Gegner. München 1923 Rosenkranz, K., Geschichte der Kant'schen Philosophie. In: I. Kant's Sämmtliche Werke, hrsg. von K. Rosenkranz und F. W. Schubert, 12. Teil, Leipzig 1840 Röttgers, K.: Kritik u. Praxis. Berlin/New York 1975 -, Die Kritik der reinen Vernunft u. K. L. Reinhold, in: Akten des 4. Internationalen Kant-Kongresses Mainz, Teil II. 2. Berlin/New York 1974 Schulze, G. E., Aenesidemus oder über die Fundamente der von dem Herrn Professor Reinhold in Jena gelieferten Elementar-Philosophie, nebst einer Verteidigung des Skeptizismus gegen die Anmaßung der Vernunftkritik. 1792 (Neue Ausgabe in der Reihe: Neudrucke seltener philosophischer Werke. Herausg. von der Kantgesellschaft. 1. Bd. besorgt von A. Liebert. Berlin 1911) Selling, M., Studien zur Geschichte der Transzendentalphilosophie. I. Kar! Leonhard Reinholds Elementarphilosophie in ihrem philosophiegeschichtlichen Zu-

Auswahl-Bibliographie

XXIX*

sammenhang, mit Beilagen Fichtes Entwicklung betreffend. Lund 1938 Teichner, W., Rekonstruktion oder Reproduktion des Grundes. Bonn 1976 Weinhandl, F., K. L. Reinhold, ein Kapitel aus der Problemgeschichte des Kritizismus. Veröffentlichungen der Schleswig-Holsteinischen Universitätsgesellschaft Nr. 26, 1930 Zynda, M. von, Kant - Reinhold - Fichte. Studien zur Geschichte der Transzendentalphilosophie. Marburg 1911

Ueber

das

Fundament des

philofophifchen Wiffens von

C.

L.

Reinhold

nebft

einigen Erläuterungen über die

Theorie

des

V o r ft e 11 u n g. s v e r m ö g e n s.

] e n a, bey Johana MiGhael Mauke,

1791.

Dem

H

e r

F r a n z

r

n

p a u I,

Freyherrn

von

Herbert

in Klagenfurth.

Zam Andenken der feeligen Tage, die wir gemeinfchaftlich im Streben nach "\Vahrheit verlebten.

- u1ld nun weift ich, dafs e.r .für den Mmfchen eine Lauterkeit .les Sinnes - mit ihr eine Kraft und Stätigkeit des I'Fillens giebt - eine Erleuchtung, PT alzrlzeit, Eigenheit und Confzjien:. des Iler:.ens und Geijl es, wodurdt ihm der eigentliclte GenuJ1· feiner göttlicheren Natur Rück- zmd Ali.'.Jiclzt wird. AI.LWILLS PAPIERE.

tbl

~ '11

Vorrede. ln der phyfifchen Welt wird man immer zuerft durch das, was wirhlich gefcltiekt~ und in der moralijchen durch das, was gefchelten joll, über dasjenige, was gejchehe11 hann, belehrt, und in foferne viel eher von der Nichtunmöglichkeit überzeugt, als man die Möglichkeit begreift. Dafs fich die Philofophen von Profeffion über die letzten Prin-. cipien iluer 1.Vi1fenfchaft verflehen lernen Jollen, fordert nicht nur das Interelfe tler Wtlfenfchaft, die fie entweder fchon- befitzen, oder auffuchen, fondem anch. ein weit höheres, dem jenes als Mittel zu feinem Zwecke untergeordnet ift, und das man entweder gar nicht kennt,- oder für das- Allerhöchfte anerkennen mufs, - das lntereffe der fittlichen Veredlung der Menfchheit. Nur ein fehr kleiner Theil des fogenanntP-n Lehrflandes in der weiteften Bedeutung diefes 'Yortes, befteht aus Selbftdenkern.

VI

Vorrede

Gleichwohl hat diefer kleine Theil auf die Denkart des gröfseren, und theils durch ihn, theils unmittelbar auf die Kultur der übrigen Stände, entreheidenden Einflufs. So lange nun die Selbfidenker über die letzten Gründe unfere Pflichten und Rechte in diefern -und unferer Erwartung im zukünftigen Leben unter fleh uneinig feyn werden, fo lange wird myftifche Bigott~rie und Libertinismus für Moralität, Anarchie und Despotismus für Recht der Mcnfchheit, Unglauben und Aberglauben für Religion, immer ausdrücklicher und in fchneidenderem Ge• genfatze geprediget, und nicht eben blofs durch den Stumpffinn die Unwiffenlieit und Rohheit des gelehrten Pöbels, fondern felblt durch den philofophifc}:ten Geift, die Gelehrfamkeit und den Zauber der darftellenden Kunft vorzüglicher Schriftfteller verbreitet we1·den. So lange. wird ein künftlicher .Antagonismus , der mit dem Natürlichen zwifchen Vernunft und Sinnlichkeit ja nicht :w. verwechfeln ift, die beftimmte und wohlthätige Lenkung der handelnden Kräfte durch die denkenden in den öffentlichen Angelegenheiten vereiteln, und das Schickfal eines Staates , daffelbe mag nun durch Mehrheit der Stimmen, oder durch den Willen eines Einzigen entfchieden werden, dem blinden Zufalle Preis geben fo lange wird der menfchliehe Geift, der fleh felbft und nach

rarrede

VII

feinen eigenen Gefetzen nur in foferne re. gieren kann, als er über diefe Gefetze mit fleh Jelbfleinig ifl, die Leitung des Ganges feiner Kultur zufälligen Eräugniffen überlaf.,. fen, und unter der Vormundfchaft der Naturnothwendigkei,t, die ihm in den Vel·hält.. niffen drückender wird, als er .feine Kräfte mehr fülllen lernt, unmündig bleiben müffen. Ich nenne eine Plage der Menfchheit ein vermeidliches Uebel, wenn fie ihrer Natur nach das moralifclze Gefühl empö'rt, und folglich die Menfchheit zugleich bedrückt und erniedriget vom o.ffenfiven Kriege, bis zu dem neuerlich in Teutfchland durch einen berühmten Plzilojophen vertheidigten, und im brittifchen Parlernente durch grofse Staatsmä.tmer angefochtenen, aber durch reiche Kaufleute durch gefetzten Sklavenhaudel. Bey U ebeln diefer Art fehreckt mich mehr unIere Denkart über fie, als fie felbfl:. Die Triebfedern, welche in deri Kabinelern und an den Rathstifchen die Beurtheilung derfelben gemeiniglich befti.mmen, betrüben mich nur; denn durch fie erfolgt nichts weiter, als ße.. drückWlg, die der Zufall eben fo gut auf.. heben, als veranlaffen kann. Aber ich fchäme mich, über die Grundfatze, nach welchen jene Uebel von einem beträchtlichen Theile unferer Philofophen von Profeffion beurtheilt werden; denn fie bezeiclmen, be-

VUJ

Vorrede

wirken und verjähren Erniedrigung 'der

Menfchheit. Das Einverftändnifs der Selbftdenker über die letzten Gründe unferer Pflichten und Rechte u. f. w. hängt von fo vielen bis itzt noch unerfüllten Bedingungen ab, dafs man fielt nicht wundern darf, wenn die Möglichkeit fowohl, als die Unentbehrlichkeit deffelben felblt von den meiften Philofophen bezweifel~, von vielen geleugnet und von den wenigften auch nur geahndet wird. Gleichwohl wie viel würde für die Entdeckung und Anerkennung allgemeingeltender Principien det· Moral, des Naturrechtes u. f. w. , nicht fchon damit gewonnen feyn, wenn ihr keine andern, als aufser dem ZuM fiande der Philofophie felblt gelegene Hinderniffe ; wenn ihr. keine andern, als die k-unftlofen Vorur'theile der U nftudirten en tgegenftänden; wenn nicht eben das gefetzlofe,' fch\va.nkende, herumtappende Grübeln und Klügeln, das noch fo ziemlich allgemein für Philofophiren gilt, auch in vorzüglichen Köpfen nicht nur den Geift beym Auffuchen der Principien irre führte, fondern in fo vielen den Wunfch, fie zu finden, unterdrückte! "Allgemeingeltende er.Ll:e Grundfätze der "lVIoral, des Naturrechtes u. f. w. find in der "That etwas Entbehrliches , weil man ihrer "bisher wirklich entbehrt hat." Der berühm-

Porrede

IX

te Philofoph , der mir diefen Einwurf gemacht hat, hält gar manches fei~r eigenen Perfon für unentbehrlich, deffen er doch bis itzt noch entbehret. Und follte er nicht wiffen, dafs es 111ittel geben könne, die zu einem Zwecke unentbehrlich find, und gleichwohl felbft demjenigen, der den Zweck fehr ernftlich will, unbekannt feyn können. 'Vorin befieht die Veredlung der:Menfchheit, die er doch für einen nothwendigen Zweck anerkennt, anders, als in der allmähligen Ent.. deckung und Befriedigung iluer geiftigen Bedürfniffe '? Läfst fich ohne eine Jolche fortfehreitende Veredlung auch nur Wolzlfland der Menfchheit denken'? "Aber auch dierichtigften erften Grund"tätze können, und wenn man nichts andeJS "als fie allein vor Augen hat, mitjfen unrich"tig angewendet werden." Diefes habe iclt in keiner Stelle meiner Schriften geleugnet, und in vielen ausdrücklich behauptet; und doch ift es mir von einem Selbftdenker als ein Einwurf gegen meine Behauptung entgegengeHellt worden, dafs von den erften Grundfätzen der Zuftand der Moral, des Naturrechts u. f. w. , und vermitte1ft deffelben auch der po.fitiven Gefetzgebung, Erziehung u. f. w. abhänge. Wie unmündig müfste der Philofoph feyn , dem es noch neu wäre, dafs zur Anwendung der philofophifchen Principien Beurtheilungskraft gehöre, und

X

Vorrede

dafs diefe zum glücklicheu Erfolg ihres Gefchäfftes ~falzrung, und au.('serdem jederzeit Abwefenheit des böfen, nicht feiten aber Vorhandenfeyn .des pofitiv guten Willens vori!USfetze ! Allein, lalfet die Beurtheilung.s• kraft, (die ja nicht mit dem Vermögen zu urtkeilen verwechfelt werden darf) durch den reinften Willen geleitet, durch die vollftändigften hiftorifchen Einfichten unterftützt feyn; aber legt ihr falfche, oder, welches hier eben fo viel ift, halbwahre, fehwankende, unbeli:immte Grundfätze unter, und fie wird unrichtige, verderbliche Maximen hervorbringen maJ!en, fie wird über die wichtigften Angelegenheiten der Menfchheit urtheilen, wie fie bisher geurtheilt hat "Nicht iu dem Mangel an allgemein"geltenden Principien, auch nicht in diefer ,,oder jener A11 zu philofophiren, fondem ,,in der Natur, im Wefen der Philofophie "überhaupt liegt der Gmnd von den Mifs"verftändnilfen und Streitigkeiten der Phi"lofopheu. Die Beziehung der Philofophie "auf Gegenftände der Erfahrung läfst eine ,.nie ausz.Uüllende Lücke zwifchen Theorie "und Praxis, zwifchen reiner und angewand"ter WiLfenfchaft, offen." Dä von der angewandten Philofophie. wie fchon der Name derfelben an7..eigt, die reine vorausgefetzt wü·d ; diefe abet durch den Mangel der un-

17orretle

XI

ter ihren Kennern und Pflegern allgemeingeltenden Principien noch gar nicht vorhanden ift; fo dürfte wohl jeder Schlufs von demjenigen, was bisher für reine Philofophie galt, auf das, was fie einft feyn wird, zu voreilig feyn; -vrenn auch nicht der fchlimme Einfl.ufs einer unrichtigen fpekulativen Philofophie auf alle fogenannten Realwiflenkhaften, und insbefondere auf diejenigen, welche zunächft mit der moralifchen Kultur zufammenhängen, in fo vielen Thatfachen am Tage läge, und die Mc'iglichkeit des realen Ein.flulTes einer bejferen verbürgte. Die meiften und zwar eben die wichtigften Mifsvgriffes der Vorftellung aus keinem Theile der PhilojfJphie ziehen. Id1 weifs, dafs kritifche Philofophen behauptet haben, dafs der Be· griff der Vorrtellung in der Kritik der reinen Vernunft genugfam beftimmt worden fey, oder dafs er fich au& den in diefern Werke feHgefetzten Begriffen von finnlicher Vorfiel. lung·. Begriff und Idee ableiten laffe. Allein mir habeu diefe Schriftfteller eben dadurch bewielen, dafs es ihnen felbft noch an einem befrimmten Begriffe von Vorftellung fehlen mü.ffe. Die Kritik hat es mit den blofsen Eigenthümlichkeiten der verfchiedenen Arten von Vorfiellungen zu thun, aus denen fich der ßpgriif von Vorlh:llung als Vorflellung fo wenig ableiten läfst, als aus de1· Gleiclzjeitigkeit und Ungleic!ifeitigheit der Begriff eiues Dreyeclis, oder aus dem männlichen und zceibLidum Gefc!zlechtsbegri.ff, der Gefchlechtsbegriff der MenJch!u:it. Gefetzt auch, die Kritik wäre fchon die eigentliche 1/YifJnifc!wj't des ErkenntnijsvermO'gens, welches fie keineswegs ift : fo wii.rden fich auch felbfi dann 11och die wefentlichen Merkmale des Begriffs der Vnrflellung aus ihr nicht erVfeifen laffen. weil der Begriff des Erkennens den Begriff des f/orflellens vorausfetzt, und die Form des Erkennens, ob fi.e gleich ni~bt aus der blofsen Form des Vm.ftellens allein

77

des philofopltifchen I'JTij[ens.

77

abgeleitet werden kann, gleichwohl von derfelbeu wefentlich abhängt. Dasjenige, ·was an der Spitze der El~ ment-arphilofoplue, und folglich aller philofophifchen Erklärungen und Beweife, freiten. mufs, kann durch keinen, aus was immer für einen Theil der Philofophie gezogenen Beweis, ja durch keine, weder bisherige, noch künftige, Philofophie dargethan werden. Daher kann der Begri.fl" der Vorjlellung durch die 'Vii1Emfchaft des V orfrellungsvermögens in Rückficht auf feine wefentlichen lVIe1·kmale nicht bewiejen werden. Sie kann und mufs diefe Merkmale durch eine erfchöpfende Zergliederung aufftcllen; aber fie kann fie nicht herbeyfcha.ffen. Die Z Darfteilung erfchöpfen Iiefsen; noch weniger aber, dafs ihnen die fyftematifche Form fchlechterdings unentbehrlich wäre, wenn fie das Fundament der Philofophie ausmachen follten.

Leibnil't hat an dem Satze- des Widerfpruches, in wieferne er ihn für den Grund.. fatz allernothwendigen undallgemeinen, und

113

des philofop1tif.then WifJens.

in foferm wijfencliaftlifclzen Sätze erklärte, ein Jonnales Fundament angegeben , oder vielmeltr ein Fundament angedeutet, das, i-n wief er n e es erfler Grwul[atz. wäre, das Kriterium des formalen Fundaments zulaffen würde; dem aber das Kriteriwn des materialen in j-eder Rückficht mangelt. In wieferne der Sat'Z des Widerfpruchs das allgemeinfre Merkmal des von der blofsen Denkbarkeil unabhängigen Dinges, des Dinges an- jicho, ausdrücken foll, ift er falfch; in wiefeme er aber das blofse Merkmal der Denkharkeit des Dinges, in wieferne es denkbar ift, ausdrückt: in foferne fehlt -es ihm an dem Kriterhun des materialen Fundament-e;. Denn. das Merkmal Denliharkeit ift nicht einfach, fondern. aus dem Merkmale des Vor. Jiellens überhaupt, und dem Merkmale desjenigen Vorftellens , welches Denken heifst, aus Gattung und Art zufammengefetzt. De1.· Satz des W"ider:fpruchs erhält die durchgä11.,. .gigc Beftimmtheit feines Sinnes nicht durch .fich felbft, fondern zum Theil nnr durch den 8atz, der den Begriff der J/orflellung durchgängig beftimmt. Und wenn er durch denfelben beftimmt ift : fo zeigt fich, dafs er diefern letztem den Rang des erlten Grund.. fatzes der Philofophie überlaffen , Iicl1 mit dem Range des edlen Grundratzes der Logik. begnügen mülfe.

Ueber Jas Fundament

114

Kant hat an der Möglichkeit dt!T' Erfah· rung ein 'FWldament der Metaphyfih. der finnlichen Natur aufgefreUt, das fowohl die Bedingungen des materialen, al-s formalen Fundaments für diefe fYijfenfc!t.aft; aber nicht für die Philofophie überhaupt, und ins. befondere nicht für die Elementarphilo!ophie, erfüllt. In wieferne die MetaphyHk nicht die Elementarphilofophie, nicht die Wilfen!chaft des Fundaments aller theoretifchen und prak.. tifchen Philofophie ifi: und feyn kann : in fo.. ferne kann und darf ihr materiales Fundament keinesweges aus einfachen, unmittelbare Evidem mit fich füluenden, rmmittel bar aus dem Bewufstfeyn durch blofse Reflexion gefchöpften Merkmalen befi:ehen, fondern fie kann und mufs diefe Merkmale aus der Elementarphilofophie vorausfetzen. Das; Kantifche Fundament der Metaphyfik der finnlichen Natur oder der PYijfenjchaft erkennbarer realer Gep;enflände, befi:eht aus den von Kaut fogenannteu Grundjätzen des reinen Verflandes, den metaphyfifchen Naturgefetzen, die einem erflen GruruiJatz.e: "Jeder erltennhare Gegenfland fleht unter den formalen mul materialen Bedingungen der Erfahrung" untergeordnet find. Und diefes Fundament erfüllt durch feine fyfi:ematifche, ftrengwiHEmfchaftliche Form die Bedingung des formalen, und durch die Evidenz, welche Ifüne Grundratze für diejenigen haben, 4

115

des philojDpltifchen Wzjfen.r.

115

die de11 Sinn derfelben verflanden haben, die Bedingung des materialen witfenfchaftlichen Fundamentes. Dafs aber diefe Evidenz und das zu dedelben unentbehrliche Verftehen des eigentlichen Sinnesdiefes Fundaments.fiir di~ Lefer Kants lediglich von der Kritik der feinen. Vernunft als der Vorbereitungswilfenfchaft oder Propädeutik abhänge, werden mir nicht nur Unparteyifche, fondern felbft Antikan... tia.ner und Kantianer zugeben mülfen; die letzten1 um fo mehr, da fie diefe Propädeutik für die wahre ·ei.nz:.g mögliche Eleme.u.. tarphilofophie ausgebe11.

Ich ha-be es nicht mit meinem grofsen Lehrer, der diefes niemals behauptet hat, ich habe es mit denjenigen feiner Schüler zu thun, welclte den Namen Elementarlehre, den er dem einen Theile der Kritik gegeben hat, mifsverftehen, un,!i ihn ~urch folchen etwas behaupten laffen, woran er nie gedacht hat, und nicht denken konnte. Er konnte und wQllte nm •ine Elementarlehre feiner Fropädeutik der Metaphyfik; keine Elementarlehre der gefammten Philo1ophit:, keine E1ementarphilofophie aufftellen. An diefe letztere wäre auch :aie zu denken· gewefen, wenn er nicht die erftere geliefert hätte. Aber., fo wenig als ohne feine Propädeutik der Metaphyfik eine Fundamentalwiffenfchaft der Philofophie möglich gewefen wäre: fo

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Uebcr das flunJament

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wenig ift durch iene Propädeutik diefe Fun. damentalwi!fenfchaft wirklich, die etwas von jener wefentlich Verfchiedenes, etwas aus ei· rter ganz andem Quelle Gefchöpftes ift, und feyn mufs. Dafs eine Propädeutik der l\1etaphyfik Elementarlehre der Philofophie überhaupt feyn und heifsen könne, ka.Im wohl nur der bellaupten, für den Metaphyfik rmd PhiloJopkie Eines find. Aber dafs die Kantifche Propädeutik, auch nur in Rückficht aufMetaphyfik, Vorberettungswiff.!nfch«.Jt fey. kann nur in foferne zugegeben werden'- als ma.rt das Wort I'Yijfenfchaft· in der weitern und fehwankenden 'B~deutung ninunt, in der es wenigftens in der Plrilöfophie, und zwar wenn von einem Theile derfelben die Rede ift, am wenigften gebraucht werden follte. So Qft Kant von der Philofophie als l!Yijfenfohaft fpricht, fordert ~r felblt flematifche Form, durchgängige Einheit mannigfaltigeJ: Erkenntniffe unter einem Princip, und we er den Plan zu einer Wiffenfchaft entwir.&, z. B. zur Metaphyfik der finnlichen Natur: gefclrieht diefes durch genaue Angabe der fyftematifche:ti Grundlage. Wie hätte ihm diefe von ihm felbft geforderte und befolgte Bedingung der Wiffenfchaft entgehen können, wenn er in feiner Kritik, die der Metaphyfik ode1.· gar aller theoretifchen

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und praktifchen Philofophie· vorhergehende TJ7ijfenjchoft und nicht die blofse JTorbereituv~ zu einer folchen hürzftigen Wilfenfchaft, die freylich noch nicht felblt diefe Wilfenkhaft feyn kann und darf, hätte liefern wollen~ Wenn die Kritik der reinen Vernunft fchon ftrenge, eigentliche Wiffenfchaft feyn follte, welche wären denft die Grundfäaes die in Verbindung mit eine~ einzigeu Höchften ihr Fundämeilt ausmachten~ So lange die Kantianer dietes Fundament nicht aufzeigen können: fo lange werden fie vergebens behaupten, dafs in der Kri.. tik der reinen Vernunft auch nur derjenige Theil der Elementarphilofophie, der in der WiJ!e'!-Jchaft des ErkellJltnifs-vertniJgens baftellt, gefcliweige denn die Elementarphilo.. fophi9 ÜBerhaupt\• und insbefondere die in der Wiffenfchaft des Vorftellungsvermögens· beftehende Fundamentallehre derfelben aufgefreUt fey. Sie werden die Kritik der Vernunft mit eben der ,Ab ficht, eben dem Pt echte, aber auch mit eben dem Erfolge Elementarphilofephie nennen , womit nenlich ein .Antikantian~r den Leibnitzifchen Verfucb. über den menfchlichen Verftand eine Kritik der reinen Vetnunft genannt hat.

Die Elementarphilofophie ift die wijfenJchaftliche Quelle der Principien für alle T,heile der abgeleiteten Philofophie; ihr B.efu.ltat

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Ueber das- Fundament

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find die GrundHitze der theoretifcben und praktifchen , und zwar der reinen Philofo• phie unmittelbar; der empiriichen dur-ch die reine. Sie mufs alto nicht blofs für die Meta.. phyfik, fondem auc.h. für die Logik, diejenigen Grundfätze liefern, die an der Spitze diefer WiiTenfchaft .ftelien müiTen, und folglich ihre durchg~ngige Beftimmtheit nicht aus Jerjelben erhalten können. Die Kritik der remen Vernunft hat zwar die zwey letzteren Theile ihrer Elementarlehre : tranfeendentale Analytik und Diolehlikmit dem gemeinfchaftlichen Namen ~iner Logik belegt; aber auch diefe Logik durch den Namen der tranfcenJentalen von der Logik iiberhaupt fowolu, als von der allgemeinen, unterfeineden , zu der fich die tranfeendentale wie ein:e Art von befonderer Logik verhält, diebeyihren Erörterungen fich blofs auf die Regeln, wie gewiffe Gegenftände (hier die tranfcendentalen) gedacht werden mülfen, einfcluänkt. Da diefe tran:fcendentale, fo, wie jede andere bef6ndere Logik, die allgemeine oder viellnehr die eigentliclze, die Lot;ik olwte Beynamen vorausfetzt, wie die Kritik felblt nicht undeutlich behauptet: fo konnte die Kritik fchon aus dem Grunde allein nicht die Elementarphilofophie feyn, weil ihr als der tranJcendentalen die allgemeiM Logik vol'herge-

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des philofopkifclum Wzjfem.

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hen mufs; nicht aber aus ihr abgeleitet werden kam1. Die allgemeine Logikhat allerdingslängR: fcbon manche allgemeingeltende Grund-, Lehr- und Folgefätze; aber nichts weniger, als lauter folche Sätze aufzuweifen gehabt. Viele ihrer Regeln haben einen vieldeutigen Siim, und da es ihr bisher an einem anerkannten erfi:en Grundtatze gefehlt hat, ( welchel' von der Metaphyfik ufwpirt wurde,) Co mufste es auch ihren übrigen Grundrätzen an durchgängiger Beftinuntheit des Sinnes fehlen ; fo war es unmöglicl1, fich der Voll:ftänd:igkeit- und des Ranges diefer theils fich beygeordneten, theils untergeordneten Grund.. llitze zu verfichem; fo hatte fie ihr allgemein anerkanntes Aufehen einigen in Rückficht auf den logifchen Gebrauch allgemeingeltenden Regeln (z. B. einigen aus der Syllogiftik) mehr, als der Beftimmtheit und dem Zufammenhange ihres Inhalts, oder, welches eben fo viel heifst-, ihrer noch unentdeckten fyftematifchen Natur zu danken. Auch felbLt dann, wenn 'vir fchon das wahrE: Sy.ftem der Logik befafsen, würde man in ihr vergebens den durchgängig beftimmten Begriff des Denkens 1luffuchen, von dem fie ausgehen mufs, den fie daher nicht felbft liefern kalll\. Da man diefen wichtigen Umftand bisher Dicht einmal geahndet hat; da man ent-

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Ueber da-s Ftmdarttent

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weder dafür hielt• "was Vorftellen, Den... ;,K.en, Erkennen heifse, müffe man von felbft !1,wiffen, ~' das heifst, der beftimmte Begriff diefer Gegen.Li'ände dringe .Lkh jedermann, olme alle Ge.fah.r zu irren~ von felb.Ll: auf; und da man folglich die durchgängige Beftimrotheit, dasjenige., was die Logik vorausfetzt, unbekümmert ebenfalls vorausfetzte, oder durch ein Paar Erklän.ingen, die noch mehr, als das Erklärte der Erk1ä:rung bedürften - den Begriff des Denkens in der Logik f~lbft erfchöpft zu haben wähnte, und folglich feiNen unbefrimmten Begriff für gänzlich beftimmt anfah: fo ·wurde in jede bisherige Logik der unbeftimmte, vieldeuti.. ge, fehwankende Begriff des Derditms, der• dooh