Die Zweite Lehre: Erscheinungen des Auferstandenen als Rahmenerzählungen frühchristlicher Dialoge 9783110887976, 9783110173352

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Die Zweite Lehre: Erscheinungen des Auferstandenen als Rahmenerzählungen frühchristlicher Dialoge
 9783110887976, 9783110173352

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
1. Quellen
2. Hilfsmittel
3. Sonstige Literatur
4. Abkürzungen
A. Einführung
1. Anliegen und Anlage der Untersuchung
a) Die Aufgabenstellung
b) Ergebnisse und Probleme in der Forschung zu Form und Textsorte der Dialogevangelien
c) Zur Forschung zum Verhältnis zwischen Dialogevangelien und neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten
d) Folgerungen für den Aufbau der Arbeit
2. Zur methodischen Durchführung des Vergleichs mit den neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten
a) Die Problemstellung und das Konzept der Intertextualität
b) Der Ansatz von Holthuis als Grundlage
c) Schwierigkeiten der Anwendung des Konzepts der Intertextualität auf frühchristliche Texte
3. Begründung der Verwendung und Erklärung zentraler Begriffe
a) Dialogevangelium
b) Erscheinungsgeschichte
c) gnostisch
B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien
I. Die Sophia Jesu Christi
1. Einleitung in die Schrift
a) Bezeugung, Sprache, Titel
b) Aufbau und Inhalt
c) Personen
d) Charakter und Absicht, Überlegungen zur Abfassungssituation
e) Das Verhältnis der SJC zu Eug
f) Das Verhältnis der SJC zu HA
g) Abfassungszeit und -ort
2. Die Rahmenerzählung
a) Text und Übersetzung
b) Abgrenzung und Gliederung der Rahmenerzählung
c) Die Einführung (BGp. 77,9-78,11 par. NHC III p.90,14-91,9)
d) Die Erscheinung (BG p. 78,11-79,9 par. NHC IIIp.91,10-20)
e) Die Kontaktaufnahme (BG p. 79,9-80,3 par. NHC IIIp.91,20-92,6)
f) Der Abschluß der Rahmenerzählung (BG p. 126,5-127,10 par. NHC III p.119,1-17)
g) Die Aussage der Rahmenerzählung und ihre Funktion für die Schrift
3. Die Bezüge der Rahmenerzählung zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten
a) Mt
b) Joh
c) Lk
d) Der sekundäre Markusschluß
e) Eigene Akzente
f) Zusammenfassung
II. Das Apokryphon des Johannes
1. Einleitung in die Schrift
a) Bezeugung, Sprache, Titel
b) Aufbau und Inhalt
c) Personen
d) Charakter und Absicht, Überlegungen zur Abfassungssituation
e) Die Entwicklungsgeschichte der Schrift: die Versionen, Erwägungen zur Einheitlichkeit und das Zeugnis des Irenäus
f) Abfassungszeit
2. Die Rahmenerzählung
a) Text und Übersetzung
b) Abgrenzung und Gliederung der Rahmenerzählung
c) Die Einführung (BG p. 19,6-20,19 par. NHC II p. 1,5-29)
d) Die Erscheinung (BG p.20,19-21,13 par. NHC II p.1,30-2,9)
e) Die Kontaktaufnahme (BG p.21,13-22,17par. NHC II p.2,9-26)
f) Der Abschluß der Rahmenerzählung (BG p. 75,15-77,5 par. NHC II p.31,27-32,5)
g) Die Aussage der Rahmenerzählung und ihre Funktion für die Schrift
3. Die Bezüge der Rahmenerzählung zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten
a) Joh und andere „Johannes“ zugeschriebene Schriften
b) Mt
c) Lk
d) Eigene Akzente
e) Zusammenfassung
III. Die Epistula Apostolorum
1. Einleitung in die Schrift
a) Bezeugung, Sprache, Titel
b) Aufbau und Inhalt
c) Personen
d) Charakter und Absicht, Überlegungen zur Abfassungssituation der EpAp und Rückschlüsse auf ihre Gegnerinnen
e) Abfassungszeit
2. Die Rahmenerzählung
a) Achmimischer Text und Übersetzung (EpAp 9-12/ kopt I,11-V,5)
b) Abgrenzung und Gliederung der Rahmenerzählung
c) Jesu Zusammentreffen mit den Frauen
d) Jesu Zusammentreffen mit den Jüngern
e) Der Abschluß der Rahmenerzählung
f) Die Aussage der Rahmenerzählung und ihre Funktion für die Schrift
3. Die Bezüge der Rahmenerzählung zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten
a) Das Verhältnis der EpAp zu den kanonischen Evangelien
b) Lk
c) Joh
d) Mt
e) Der sekundäre Markusschluß
f) Eigene Akzente
g) Zusammenfassung
IV. Das Evangelium nach Maria
1. Einleitung in die Schrift
a) Bezeugung, Sprache, Titel
b) Aufbau und Inhalt
c) Personen
d) Charakter und Absicht, Überlegungen zur Abfassungssituation
e) Einheitlichkeit
f) Abfassungszeit
2. Die Rahmenerzählung
a) Text und Übersetzung
b) Abgrenzung und Gliederung der Rahmenerzählung
c) Die letzten Anweisungen Jesu (p. 8,11-9,4)
d) Das Verschwinden Jesu, Verzagtheit der Jüngerlnnen und Trost Marias (p.9,5-20)
e) Die Diskussion über Jesu Worte (p. 9,20-10,9)
f) Der Streit um Marias Worte (p. 17,7-18,21)
g) Der Abschluß (p. 18,21-19,2)
3. Marias Rede: Die Vision und das Gespräch mit Jesus (p. 10,9-17,7)
a) Das Verhältnis von Vision und Gespräch
b) Die Funktion von Marias Rede im EvMar
4. Die Bezüge der Rahmenerzählung zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten
a) Mt
b) Joh
c) Lk
d) Der sekundäre Markusschluß
e) Anderweitig bezeugte Elemente und eigene Akzente
f) Zusammenfassung
V. Der Brief des Petrus an Philippus
1. Einleitung in die Schrift
a) Bezeugung, Sprache, Titel
b) Aufbau und Inhalt, Textsorte
c) Personen
d) Charakter, Kohärenz und Absicht der EpPt und Überlegungen zur Abfassungssituation
e) Das Verhältnis der EpPt zum EvMar
f) Abfassungszeit
2. Die Rahmenerzählung für das Ölberggespräch
a) Text und Übersetzung
b) Abgrenzung und Gliederung der Rahmenerzählung
c) Einführung und Gebet (p. 133,12-134,9)
d) Die Erscheinung (p. 134,9-18)
e) Die Kontaktaufnahme (p. 134,18-135,8)
f) Das Ende der Rahmenerzählung (p. 138,1-10)
g) Die Aussage der Rahmenerzählung des Ölberggespräches und ihre Funktion für die EpPt
3. Weitere Erscheinungen Jesu
a) Text und Übersetzung 18C
b) Die Geistverleihung (p. 140,1-13)
c) Die Abschlußerscheinung (p. 140,13-27)
d) Das Verhältnis der Erscheinungen in der EpPt
4. Die Bezüge der Rahmenerzählung und der Erscheinungen am Ende zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten
a) Lk/Apg
b) Mt
c) Der sekundäre Markusschluß
d) Joh
e) Anderweitig bezeugte Elemente und eigene Akzente
f) Zusammenfassung
VI. Die erste Apokalypse des Jakobus
1. Einleitung in die Schrift
a) Bezeugung, Sprache, Titel
b) Aufbau und Inhalt
c) Personen
d) Charakter und Absicht, Überlegungen zur Abfassungssituation
e) Einheitlichkeit und verarbeitete Traditionen
f) Das Verhältnis der 1 ApcJac zum EvMar
g) Abfassungszeit und -ort
2. Die Rahmenerzählung
a) Text und Übersetzung
b) Abgrenzung und Gliederung der Rahmenerzählung
c) Die Einführung (p. 30,11-31,1)
d) Erscheinung und Reaktion (p. 31,2-14)
e) Jesu erste Ansprache (p.31,14-32,16)
f) Jesu zweite Ansprache (p.32,16-28)
g) Der Schluß der Erscheinung (p.42,14-24)
h) Die Aussage der Rahmenerzählung und ihre Funktion für die Schrift
3. Die Bezüge der Rahmenerzählung zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten
a) Joh
b) Anderweitig bezeugte Elemente
c) Zusammenfassung
VII. Der Brief des Jakobus
1. Einleitung in die Schrift
a) Bezeugung, Sprache, Titel
b) Aufbau und Inhalt
c) Personen
d) Charakter und Absicht, Überlegungen zur Abfassungssituation
e) Einheitlichkeit
f) Abfassungszeit
g) Das Verhältnis der EpJac zur EpAp
h) Das Verhältnis der EpJac zur lApcJac
2. Die Rahmenerzählung
a) Text und Übersetzung
b) Abgrenzung und Gliederung der Rahmenerzählung
c) Der erste Teil der Rahmenerzählung (p. 2,7-39)
d) Der zweite Teil der Rahmenerzählung (p. 15,5-16,11)
e) Das Verhältnis der beiden Teile der Rahmenerzählung und ihre Funktion für die Schrift
3. Die Bezüge der Rahmenerzählung zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten
a) Lk
b) Joh
c) Anderweitig bezeugte Elemente
d) Zusammenfassung
C. Auswertung
1. Dialogevangelien als Gattung
a) Die Begründung der Gattung Dialogevangelium anhand der Kriterien von Raible
b) Weitere Gemeinsamkeiten: Umfeld und Abfassungssituation der Dialogevangelien
c) Überprüfung anderer Schriften auf Zugehörigkeit zu den Dialogevangelien
d) Beziehungen und inhaltliche Übereinstimmungen unter den Dialogevangelien
e) Der Briefrahmen
2. Die Rolle der JüngerInnen
a) Die direkten Empfängerinnen der Offenbarung und GarantInnen der Tradition
b) Die Sonderrolle des Petrus
c) Die Zwölf als Gruppe in unterschiedlicher Funktion
d) Frauengruppen
II. Die Rahmenerzählung der Dialogevangelien
1. Gemeinsamkeiten und Unterschiede - Bestandsaufnahme
a) Die Struktur
b) Die Szenerie
c) Die Erscheinung
d) Die Kontaktaufnahme
e) Der Abschluß der Erscheinung
2. Die Fragelisten
a) Der Befund in den Dialogevangelien
b) Vorkommen und Bedeutung der Fragelisten
c) Die Funktion der Fragelisten in der Rahmenerzählung
3. Die Funktion der Rahmenerzählung für die Schrift
a) Vorstellung und Legitimation des Offenbaren
b) Die zeitliche und sachliche Einordnung der Offenbarung
c) Die Zusammenführung divergenter Traditionen
III. Das Verhältnis zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten
1. Axt und Umfang der Bezüge auf die neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten in den Dialogevangelien
a) Grundlegung der intertextuellen Beziehung
b) Einzelbezüge zwischen den Erscheinungserzählungen
c) Die Art der Verwendung der neutestamentlichen Bezüge
d) Die verwendeten neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten
2. Aspekte der intertextuellen Interpretation der Texte
a) Vorüberlegungen
b) Die Dialogevangelien
c) Die neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten
3. Struktur und Funktion der Geschichten im Vergleich und einige Folgerungen für die Interpretation der neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten
a) Vorüberlegungen
b) Der Aufbau
c) Die Beziehung zum Kontext
d) Typen von Erscheinungsgeschichten
e) Der Abschluß der Evangelien
f) Zusammenfassung: Ergebnisse für die neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten
IV. Ergebnis und Ausblick
1. Die Entstehung der Dialogevangelien
a) Die SJC als ältestes Dialogevangelium
b) Tendenzen der Verarbeitung von Eug zu SJC
c) Was führte zur Ausprägung gerade dieser Form?
d) Quellen für die Form der Dialogevangelien
e) Entwicklungstendenzen und die Besonderheit der EpAp und EpJac
2. Einige Folgerungen zur historischen Situation der Dialogevangelien
a) Die Position von Frauen im gnostischen Christentum
b) Zur sozialen Einordnung ehr istlich-gnostis eher Gruppen im 2J3. Jahrhundert
Register
1. Stellenregister
2. Personen- und Sachregister (Auswahl)

Citation preview

BERLIN-BRANDENBURGISCHE AKADEMIE DER W I S S E N S C H A F T E N TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN ZUR G E S C H I C H T E DER A L T C H R I S T L I C H E N L I T E R A T U R Archiv für die Ausgabe der Griechischen Christlichen Schriftsteller der ersten Jalirhunderte B E G R Ü N D E T VON 0 . VON G E B H A R D T U N D A . V O N H A R N A C K

B A N D 146

JUDITH HARTENSTEIN

DIE ZWEITE LEHRE ERSCHEINUNGEN DES AUFERSTANDENEN ALS RAHMENERZÄHLUNGEN FRÜHCHRISTLICHER DIALOGE

Akademie Verlag

Dieser Band wurde durch die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung im Akademienprogramm mit Mitteln des Bundes (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie) und des Landes Berlin (Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur) gefördert. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften im Einvernehmen mit der Patristischen Kommission der Akademien der Wissenschaften in Berlin, Düsseldorf, Göttingen, Heidelberg, Leipzig, München und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz von Christoph Markschies und Jürgen Dummer Gutachter dieses Bandes: Hans-Gebhard Bethge und Christoph Markschies

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Hartenstein, Judith: Die zweite Lehre : Erscheinungen des Auferstandenen als Rahmericrzälilungen frühchristlicher Dialoge / Judith Hartenstein. [Hrsg. im Auftr. der Berlin-Brandeiiburgischen Akademie der Wissenschaften im Einvernehmen mit der Patristischen Kommission der Akademien der Wissenschaften in Berlin, Düsseldorf, Güttingen. Heidelberg, Leipzig, München und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz von Christoph Markschies und Jürgen Dummer], Berlin : Akad. Verl., 2000 (Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur ; Bd. 146) Zugl.: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 1997 ISBN 3-05-003534-X

ISSN 0082-3589 © Akademie Verlag GmbH, Berlin 2000 Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. Alle Rechte, insbesondere die der Ubersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schrifdiche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Druck: Druckhaus „Thomas Müntzer", Bad Langensalza Bindung: Norbert Klotz, Jettingen-Scheppach Printed in the Federal Republic of Germany

Vorwort

Die vorliegende Arbeit stellt die für die Drucklegung leicht überarbeitete und mit Registern versehene Fassung meiner im Sommersemester 1997 von der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin angenommenen Dissertation dar. Die seither erschienene Literatur konnte nur vereinzelt berücksichtigt und eingearbeitet werden. Eine solche Arbeit kann nicht ohne Einwirkung und Hilfe von anderen entstehen. Ich schulde vielen Menschen Dank, die auf unterschiedlichste Weise zum Gelingen des Werkes beigetragen haben, von denen ich hier nur wenige nennen will: Zu allererst danke ich meinem Doktorvater Prof. Dr. Hans-Gebhard Bethge, der mich von der ersten Einfuhrung in die koptische Sprache bis zum Abschluß der Arbeit an seinem Wissen und Sachverstand hat teilhaben lassen, der mit mir diskutiert und mich und mein Projekt in wirklich jeder Hinsicht unterstützt und gefordert hat. Sodann danke ich Prof. Dr. Jens Schröter für die Übernahme des Zweitgutachtens und viele hilfreiche und förderliche Anregungen. Ich danke Prof. Dr. Dr. Hans-Martin Schenke für ein weiteres Gutachten sowie ihm und anderen Mitgliedern des Berliner Arbeitskreises für koptisch-gnostische Schriften für die Unterstützung in vielen, insbesondere koptologischen, Einzelfragen. Prof. Dr. Cilliers Breytenbach und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern seines Doktorandenkolloquiums danke ich für die Möglichkeit, an Austausch und Diskussion teilzuhaben. Dr. Silke Petersen danke ich für viele fruchtbringende Gespräche über Einzelheiten und große Zusammenhänge sowie für die Anregung und Bestärkung, die ich von ihr und im Rahmen der Tagungen der Neutestamentlerinnen der ESWTR (European Society of Women in Theological Research) erfahren habe. Weiterhin danke ich der Evangelischen Kirche im Rheinland für die Gewährung eines Promotionsstipendiums und großzügiges Entgegenkommen beim Übergang ins Vikariat. Schließlich danke ich Prof. Dr. Jürgen Dummer und Prof. Dr. Christoph Markschies für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe „Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur". Ich widme diese Arbeit dem Andenken meiner Großmutter Dr. Margarete von Eynern, geborene Maisch, verwitwete Hartenstein. Mit ihrem Namen will ich an die vielen Vorgängerinnen in Universität und Wissenschaft erinnern, ohne die mein eigener Weg nicht denkbar gewesen wäre.

Essen, im Dezember 1999

Judith Hartenstein

Inhaltsverzeichnis

Vorwort Inhaltsverzeichnis

V VII

Literaturverzeichnis 1. Quellen 2. Hilfsmittel 3. Sonstige Literatur 4. Abkürzungen

XV XVII XVIII XXXI

A. Einführung 1. Anliegen und Anlage der Untersuchung a) Die Aufgabenstellung 1 b) Ergebnisse und Probleme in der Forschung zu Form und Textsorte der Dialogevangelien 5 c) Zur Forschung zum Verhältnis zwischen Dialogevangelien und neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten 15 d) Folgerungen für den Aufbau der Arbeit 19 2. Zur methodischen Durchfuhrung des Vergleichs mit den neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten a) Die Problemstellung und das Konzept der Intertextualität 20 b) Der Ansatz von Holthuis als Grundlage 22 c) Schwierigkeiten der Anwendung des Konzepts der Intertextualität auf frühchristliche Texte 26 3. Begründung der Verwendung und Erklärung zentraler Begriffe a) Dialogevangelium 27 b) Erscheinungsgeschichte 28 c) gnostisch 29

vm

Inhaltsverzeichnis

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien I. Die Sophia Jesu Christi 1. Einleitung in die Schrift a) Bezeugung, Sprache, Titel b) Aufbau und Inhalt c) Personen d) Charakter und Absicht, Überlegungen zur Abfassungssituation e) Das Verhältnis der SJC zu Eug f ) Das Verhältnis der SJC zu HA g) Abfassungszeit und -ort 2. Die Rahmenerzählung a) Text und Ubersetzung b) Abgrenzung und Gliederung der Rahmenerzählung c) Die Einführung (BGp.77,9-78,11 par. NHCIIIp.90,14-91,9) d) Die Erscheinung (BG p. 78,11- 79,9 par. NHC III p.91,10-20) e) Die Kontaktaufnahme (BG p.79,9-80,3 par. NHC III p.91,20-92,6) f ) Der Abschluß der Rahmenerzählung (BGp. 126,5-127,10par. NHC III p.l 19,1-17) g) Die Aussage der Rahmenerzählung und ihre Funktion für die Schrift 3. Die Bezüge der Rahmenerzählung zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten a)M t b)Jo h c)L k d) Der sekundäre Markusschluß e) Eigene Akzente f ) Zusammenfassung II. Das Apokryphon des Johannes 1. Einleitung in die Schrift a) Bezeugung, Sprache, Titel b) Aufbau und Inhalt c) Personen d) Charakter und Absicht, Überlegungen zur Abfassungssituation e) Die Entwicklungsgeschichte der Schrift: die Versionen, Erwägungen zur Einheitlichkeit und das Zeugnis des Irenäus f ) Abfassungszeit 2. Die Rahmenerzählung a) Text und Übersetzung b) Abgrenzung und Gliederung der Rahmenerzählung c) Die Einführung (BG p.19,6-20,19 par. NHC II p.l,5-29) d) Die Erscheinung (BGp.20,19-21,13 par. NHC II p.l,30-2,9) e) Die Kontaktaufnahme (BGp.21,13-22,17par. NHC IIp.2,9-26)

35 36 37 39 41 42 44 46 50 50 52 54 55 56 56 57 58 59 59 60 61

63 64 66 68 69 73 74 80 81 83 85

Inhaltsverzeichnis

f ) Der Abschluß der Rahmenerzählung (BGp. 75,15-77,5 par. NHC II p.31,27-32,5) g) Die Aussage der Rahmenerzählung und ihre Funktion für die Schrift 3. Die Bezüge der Rahmenerzählung zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten a) Joh und andere „Johannes" zugeschriebene Schriften b) Mt c)L k d) Eigene Akzente e) Zusammenfassung III. Die Epistula

IX

88 89 90 90 92 94 94 94

Apostolorum

1. Einleitung in die Schrift a) Bezeugung, Sprache, Titel b) Aufbau und Inhalt c) Personen d) Charakter und Absicht, Überlegungen zur Abfassungssituation der EpAp und Rückschlüsse auf ihre Gegnerinnen e) Abfassungszeit 2. Die Rahmenerzählung a) Achmimischer Text und Übersetzung (EpAp 9-12/kopt 1,11-V,5) b) Abgrenzung und Gliederung der Rahmenerzählung c) Jesu Zusammentreffen mit den Frauen d) Jesu Zusammentreffen mit den Jüngern e) Der Abschluß der Rahmenerzählung f ) Die Aussage der Rahmenerzählung und ihre Funktion für die Schrift 3. Die Bezüge der Rahmenerzählung zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten a) Das Verhältnis der EpAp zu den kanonischen Evangelien b) Lk c)Jo h d) Mt e) Der sekundäre Markusschluß f ) Eigene Akzente g) Zusammenfassung

97 98 100 102 107 108 111 112 115 116 117 119 121

122 124 124 125 126

IV. Das Evangelium nach Maria 1. Einleitung in die Schrift a) Bezeugung, Sprache, Titel b) Aufbau und Inhalt c) Personen d) Charakter und Absicht, Überlegungen zur Abfassungssituation e) Einheitlichkeit f ) Abfassungszeit

127 128 130 132 135 137

X

Inhaltsverzeichnis

2. Die Rahmenerzählung a) Text und Übersetzung b) Abgrenzung und Gliederung der Rahmenerzählung c) Die letzten Anweisungen Jesu (p.8,11-9,4) d) Das Verschwinden Jesu, Verzagtheit der Jüngerinnen und Trost Marias (p.9,5-20) e) Die Diskussion über Jesu Worte (p. 9,20-10,9) f ) Der Streit um Marias Worte (p.17,7-18,21) g) Der Abschluß (p. 18,21-19,2) 3. Marias Rede: Die Vision und das Gespräch mit Jesus (p. 10,9-17,7) a) Das Verhältnis von Vision und Gespräch b) Die Funktion von Marias Rede im EvMar 4. Die Bezüge der Rahmenerzählung zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten a) Mt b)Jo h c) Lk d) Der sekundäre Markusschluß e) Anderweitig bezeugte Elemente und eigene Akzente ß Zusammenfassung

137 142 143 145 148 149 152 152 155 156 157 157 158 159 159 160

V. Der Brief des Petrus an Philippus 1. Einleitung in die Schrift a) Bezeugung, Sprache, Titel b) Aufbau und Inhalt, Textsorte c) Personen d) Charakter, Kohärenz und Absicht der EpPt und Überlegungen zur Abfassungssituation e) Das Verhältnis der EpPt zum EvMar f ) Abfassungszeit 2. Die Rahmenerzählung für das Ölberggespräch a) Text und Übersetzung b) Abgrenzung und Gliederung der Rahmenerzählung c) Einföhrung und Gebet (p.133,12-134,9) d) Die Erscheinung (p.134,9-18) e) Die Kontaktaufnahme (p. 134,18-135,8) fi Das Ende der Rahmenerzählung (p. 138,1-10) g) Die Aussage der Rahmenerzählung des Ölberggespräches und ihre Funktion für die EpPt 3. Weitere Erscheinungen Jesu a) Text und Übersetzung b) Die Geistverleihung (p.140,1-13) c) Die Abschlußerscheinung (p.140,13-27) d) Das Verhältnis der Erscheinungen in der EpPt

161 161 163 165 169 171 171 173 174 176 177 178 179 180 181 182 183

Inhaltsverzeichnis

4. Die Bezüge der Rahmenerzählung und der Erscheinungen am Ende zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten a) Lk/Apg b)M t c) Der sekundäre Markusschluß d)Jo h e) Anderweitig bezeugte Elemente und eigene Akzente f ) Zusammenfassung

XI

183 184 185 186 186 186 187

VI. Die erste Apokalypse des Jakobus 1. Einleitung in die Schrift a) Bezeugung, Sprache, Titel b) Aufbau und Inhalt c) Personen d) Charakter und Absicht, Überlegungen zur Abfassungssituation e) Einheitlichkeit und verarbeitete Traditionen f ) Das Verhältnis der lApcJac zum EvMar g) Abfassungszeit und -ort 2. Die Rahmenerzählung a) Text und Ubersetzung b) Abgrenzung und Gliederung der Rahmenerzählung c) Die Einführung (p.30,11-31,1) d) Erscheinung und Reaktion (p.31,2-14) e) Jesu erste Ansprache (p.31,14-32,16) fi Jesu zweite Ansprache (p.32,16-28) g) Der Schluß der Erscheinung (p. 42,14-24) h) Die Aussage der Rahmenerzählung und ihre Funktion für die Schrift 3. Die Bezüge der Rahmenerzählung zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten a) Joh b) Anderweitig bezeugte Elemente c) Zusammenfassung

189 190 191 194 196 197 198 199 201 202 204 206 207 208 210 211 211 213 213

VII. Der Brief des Jakobus 1. Einleitung in die Schrift a) Bezeugung, Sprache, Titel b) Aufbau und Inhalt c) Personen d) Charakter und Absicht, Überlegungen zur Abfassungssituation e) Einheitlichkeit f ) Abfassungszeit g) Das Verhältnis der EpJac zur EpAp h) Das Verhältnis der EpJac zur lApcJac

215 215 216 218 220 221 224 229

XII

Inhaltsverzeichnis

2. Die Rahmenerzählung a) Text und Übersetzung b) Abgrenzung und Gliederung der Rahmenerzählung c) Der erste Teil der Rahmenerzählung (p.2,7-39) d) Der zweite Teil der Rahmenerzählung (p. 15,5-16,11) e) Das Verhältnis der beiden Teile der Rahmenerzählung und ihre Funktion für die Schrift 3. Die Bezüge der Rahmenerzählung zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten a) Lk b)Jo h c) Anderweitig bezeugte Elemente d) Zusammenfassung

232 235 236 238 241 242 243 243 244 244

C. Auswertung I. Dialogevangelien als

Gesamtschriften

1. Dialogevangelien als Gattung 249 a) Die Begründung der Gattung Dialogevangelium anhand der Kriterien von Raible 250 b) Weitere Gemeinsamkeiten: Umfeld und Abfassungssituation der Dialogevangelien 253 c) Überprüfung anderer Schriften auf Zugehörigkeit zu den Dialogevangelien 255 d) Beziehungen und inhaltliche Übereinstimmungen unter den Dialogevangelien ... 259 e) Der Briefrahmen 260 2. Die Rolle der Jüngerinnen 262 a) Die direkten Empfangerinnen der Offenbarung und Garantinnen der Tradition 263 b) Die Sonderrolle des Petrus 265 c) Die Zwölf als Gruppe in unterschiedlicher Funktion 268 d) Frauengruppen 269 II. Die Rahmenerzählung

der

Dialogevangelien

1. Gemeinsamkeiten und Unterschiede - Bestandsaufnahme a) Die Struktur b) Die Szenerie c) Die Erscheinung d) Die Kontaktaufnahme e) Der Abschluß der Erscheinung 2. Die Fragelisten a) Der Befund in den Dialogevangelien b) Vorkommen und Bedeutung der Fragelisten

271 272 273 273 275 276 277

Inhaltsverzeichnis

c) Die Funktion der Fragelisten in der Rahmenerzählung 3. Die Funktion der Rahmenerzählung für die Schrift a) Vorstellung und Legitimation des Offenbarers b) Die zeitliche und sachliche Einordnung der Offenbarung c) Die Zusammenfiihrung divergenter Traditionen III. Das Verhältnis zu neutestamentlichen

XIII

279 280 281 281 282

Erscheinungsgeschichten

1. Art und Umfang der Bezüge auf die neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten in den Dialogevangelien a) Grundlegung der intertextuellen Beziehung 285 b) Einzelbezüge zwischen den Erscheinungserzählungen 287 c) Die Art der Verwendung der neutestamentlichen Bezüge 289 d) Die verwendeten neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten 291 2. Aspekte der intertextuellen Interpretation der Texte a) Vorüberlegungen 294 b) Die Dialogevangelien 295 c) Die neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten 296 3. Struktur und Funktion der Geschichten im Vergleich und einige Folgerungen für die Interpretation der neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten a) Vorüberlegungen 298 b) Der Aufbau 300 c) Die Beziehung zum Kontext 304 d) Typen von Erscheinungsgeschichten 307 e) Der Abschluß der Evangelien 310 f ) Zusammenfassung: Ergebnisse für die neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten 311 IV. Ergebnis und Ausblick 1. Die Entstehung der Dialogevangelien a) Die SJC als ältestes Dialogevangelium b) Tendenzen der Verarbeitung von Eug zu SJC c) Was führte zur Ausprägung gerade dieser Form ? d) Quellen für die Form der Dialogevangelien e) Entwicklungstendenzen und die Besonderheit der EpAp und EpJac 2. Einige Folgerungen zur historischen Situation der Dialogevangelien a) Die Position von Frauen im gnostischen Christentum b) Zur sozialen Einordnung christlich-gnostischer Gruppen im 2./3. Jahrhundert...

313 314 316 319 321 324 324 329

Register 1. Stellenregister 2. Personen- und Sachregister (Auswahl)

335 361

Literaturverzeichnis1

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Auf die Literatur wird durch den Namen des Autors oder der Autorin und gegebenenfalls durch ein Stichwort, in der Regel das erste Hauptwort des Titels, verwiesen. In Sonderfallen ist der verwendete Kurztitel in Klammem nach den bibliographischen Angaben genannt.

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Vgl. Barry, Sagesse, S.29ff. Der Endtitel lautet in NHC III p.l 19,18 nur „Die Sophia/ Weisheit Jesu". " BG p. 103,10-105,14; 118,1-121,13 par. So Till/ H.-M.Schenke, S.55. 12 So Parrott, Eugnostos, S.3 mit Berufimg auf Doresse und Puech. Barry (vgl. Sagesse, S.191f.) nennt als Analogie Titel wie die „Weisheit Salomos", halt aber trotzdem auch eine Anspielung auf die himmlische Gestalt der Sophia für gegeben. 13 Zweimal Philippus, zweimal Matthäus, zweimal Thomas, zweimal Maria (wohl Magdalena, obwohl sie nie so benannt wird) und einmal Bartholomäus. 14 Zweimal N£(|M2l6HTHC (seine Jüngerinnen; BG p,100,3f.; 102,7f. par.), einmal „sie" (Plural; BG p. 107,13), einmal N i n O C T O A O C eTOY¿.a.B (die heiligen Apostelinnen; B G p . l l 4 , 1 2 f . par.). Pirrott hält das Personalsuffix der dritten Person Plural (TT6.XA.Y, BGp.107,13, ohne Parallele in NHC III wegen Blattverlust), für nicht eindeutig lesbar und für sachlich schwierig, weil die Sprecherinnen nicht klar identifiziert werden, und emendiert deshalb zu ne.XA., vgl. Eugnostos, S.141 Anm. Ic der Handschrift ist eindeutig TTe .XA.Y zu lesen (eigene Überprüfung), für eine Emendation sind die Gründe m.E. nicht ausreichend. Mit dem Plural ist vermutlich die ganze Gruppe gemeint, so auch Barry, Sagssse, S.42. 15 Krause (Verhältnis Eugnostosbrief, S.217f.) spricht von 12 Fragen; so auch H.-M.Schenke (Sjstem Sophia, S.269), der die Frage des Phillippus am Übergang der Erscheinungsgeschichte zu den Belehrungen (BG p.79,18-80,3 par.) nicht einbezieht. 10

I. Die Sophia Jesu Christi

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ren. Sein Abbild ist zunächst der „Vater", der Anfang der Erscheinenden. Aus diesem entsteht der „unsterbliche Mensch", der mit seiner Gefährtin „große Sophia" den Menschensohn hervorbringt. Dessen Partnerin ist die Sophia mit dem Beinamen „Agape".16 Aus dem Menschensohn und seiner Gefährtin Sophia wiederum entsteht ein androgynes Licht, der „Erlöser" und die „Pistis Sophia". Allen diesen sind Äonen und Heerscharen von Engeln zugeordnet, und immer wieder wird der unbeschreibbare Jubel, der im ganzen Lichtreich herrscht, betont. Am Ende der Belehrungen wird noch stichwortartig der Fall der Sophia, die Entstehung von Jaldabaoth und die Erschaffung der Welt angedeutet, hier wird allerdings eher Wissen vorausgesetzt als dargelegt. Insgesamt handelt die SJC fast ausschließlich von den oberen Himmeln, dem Lichtreich. Die irdischen Verhältnisse, aber auch die unteren Himmel, der Herrschaftsbereich Jaldabaoths, werden nur kurz gestreift. c) Personen In der SJC ist Jesus nur in der Über- und Unterschrift mit diesem Namen bzw. als Jesus Christus benannt. Von ihm wird meist als C C D T H p geredet, z.B. bei der Erscheinung (BGp.78,12 par.; auch 79,13f.; 83,5; 126,18 par. u.ö.), und so bezeichnet er sich auch selbst (BG p.83,19 par. u.ö.). Angesprochen wird er in NHC III meist mit „Herr", in BG mit „Christus" (z.B. NHC III p.94,1 par. BG p.83,1; NHC III p.95,19 par. BG p.86,7).17 In der himmlischen Welt ist die Gestalt „Menschensohn" (= „Protogenetor" = „Sohn Gottes") mit Christus identifiziert.18 Daneben gibt es aber auch die Gestalt „Erlöser", der Sohn des Menschensohnes und der Sophia (BG p.103,4 par.). Eine Identifizierung Jesu mit ihm legt sich durch seine häufige Bezeichnung als Erlöser nahe, vor allem durch seine Selbstbezeichnung als „großer Erlöser" (BG p.83,19; 105,3 par.) im Zusammenhang von Ausführungen über das Handeln des Erlösers und sein eigenes Handeln. Hier besteht also eine gewisse Unklarheit der Zuordnung. 19 An anderer Stelle sind die beiden Gestalten „Erlöser" und „Menschensohn" jedoch gleichgesetzt,20 die

16

Die Abgrenzung der einzelnen Gestalten, die jeweils zahlreiche Namen und Attribute haben, ist allerdings nicht immer eindeutig (vgl. Till/ H.-M.Schenke, S.56); vor allem könnten die Gestalten „Vater" und „unsterblicher Mensch" auch eine sein, so H.-M.Schenke, System Sophia, S.274. Parrott dagegen (vgl. Eugnostos, S.9f.) differenziert zwischen ihnen bei der Darstellung des Eug bzw. seiner Quellen. Auch ich trenne sie, weil von jeder die Erscheinung berichtet wird (BG p.91,4-13 par. und 93,18-94,11 par.), aber dies kann auch anders verstanden werden. H.-M.Schenke (vgl. System Sophia, S.270) hält dies für den zweimaligen Bericht der Entstehung einer Gestalt. 17 Beides sieht in der abgekürzten Schreibweise auf Koptisch, XC bzw. JCC, sehr ähnlich aus. Parrott erwägt bei BG deshalb ein Versehen beim Abschreiben, wie es eindeutig in BG p.l 12,15.17 vorliegt (vgl. Parrott, Eugnostos, S.208). Mir scheint auch eine absichtliche Änderung möglich, denn BG zeigt auch sonst die Tendenz zu stärkerer Christianisierung (vgl. Till/ H.-M.Schenke, S.55). Auch im AJ des BG wird Jesus mit „Christus" angeredet, nicht mit „Herr" wie in den NHC-Fassungen. 18 NHC III p.104,22 par. BGp.99,16; zusätzlich bietet BG noch zwei Stellen, an denen die Benennung Christus zusätzlich zu oder anstelle von Sohn Gottes steht, BG p.99,9; 101,9. 19 Vgl. Parrott, Eugnostos, S.6. 20 B G p . 108,2-6 (ohne Parallele in NHC III wegen Blattverlusts). In Eug von NHC III (p.85,11-14) begegnet die Gleichsetzung ebenfalls, während Eug von NHC V (p.13,10-14) differenziert.

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B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

doppelte Identifizierung Jesu läßt sich vielleicht von daher verstehen. 21 Aber die Frage, welche der Gestalten gemeint ist und wie sie sich zueinander verhalten, ist ohnehin nur von zweitrangiger Bedeutung. Entscheidend ist dagegen die Tatsache der Herkunft Jesu aus der himmlischen Welt, denn nur dies befähigt ihn zur Belehrung der Jüngerinnen. 22 Eine solche Belehrung hat schon an sich soteriologische Funktion (z.B. B G p . 123,2-6 par.). Wie sich diese himmlische Herkunft Jesu zu seiner irdischen Existenz, die auch die SJC voraussetzt, verhält, wird nicht reflektiert. M.E. ist in der „früheren Gestalt" (BG p.78,12f. par.) Leiblichkeit impliziert, andererseits liegt auch in dieser irdischen Zeit schon ein Verweis auf sein jetziges Wesen (BG p.79,4-9 par.). Es ist also nicht anzunehmen, daß er seinen Status als Botschafter der himmlischen Welt erst durch die Auferstehung erhält, eher daß er ihn erst jetzt deutlich zeigt. 23 In der Rahmenerzählung sind die zwölf Jünger und sieben Jüngerinnen Jesu als Zeuginnen der Erscheinung und Empfängerinnen der Belehrung vorgestellt. Im Dialog stellen fünf namentlich genannte Einzelpersonen, an einigen Stellen aber auch die ganze Gruppe, Fragen. Am Ende sind es wieder „seine Jüngerinnen" 24 , die zu predigen beginnen. Dieser Wechsel zwischen Gruppe und Einzelpersonen weist, zumal auch im Dialog die Gesamtgruppe zu Wort kommt, nicht auf einen Widerspruch zwischen Rahmen und Gespräch hin. 25 Es wird aber eine gewisse Hervorhebung von Einzelpersonen deutlich, ohne daß sie dadurch in Gegensatz zur Gruppe gesetzt werden. Von den Zwölf sind Philippus, Matthäus, Thomas und Bartholomäus mit Namen erwähnt. Diese vier bilden die mittlere Vierergruppe aller Zwölferlisten in den kanonischen Evangelien. Durch die Namen besteht also einerseits eine deutliche Beziehung zu allgemeinchristlicher Tradition, andererseits sind in der SJC nicht die in neutestamentlichen Schriften bekanntesten und am häufigsten genannten Jünger ausgewählt. Die vier sind jedoch in vielen gnostischen Zeugnissen von Bedeutung: Nach Philippus ist ein Evangelium benannt (NHC 11,3) und er tritt auch in der EpPt auf. Thomas spielt im EvThom, im LibThom und in Dial eine zentrale Rolle als Gesprächpartner Jesu, in allen

21

Gegen Parrott (vgl. Eugnostos, S.6) halte ich die Gleichsetzung nicht für einen Versuch, die Schwierigkeiten bei der Einordnung Jesu zu überwinden, denn sie findet sich auch in Eug von NHC III. 22 Vgl. BG p.81,17-82,3; 83,5-19; 87,13-15; 102,1-6; 104,7-105,14; 125,10-126,5 par., wo Jesus Aussagen über seine Herkunft mit seiner Absicht zu offenbaren und dadurch zu erlösen verbindet. Abgesehen von diesen Selbstaussagen wird soteriologische Funktion von den himmlischen Gestalten nur an einer Stelle dem unsterblichen Menschen zugeschrieben (BG p.94,11-19 par., ohne Parallele bei Eug), gleichzeitig aber auch einem „Erklärer" (peqBCDA bzw. ^epMHNeYTHC). Diese Gestalt ist möglicherweise mit Jesus zu identifizieren, denn der „Erklärer" ist durch seine Sendung und sein Mitsein (vgl. Mt 28,20) charakterisiert. Sie erinnert aber auch an den johanneischen Parakleten (Joh 14,16.26). 23 Dagegen ist in der PistSoph (Kap. 2-4) ein Einschnitt innerhalb der nachösterlichen Belehrungen dargestellt: Nach zwölf Jahren sehen die Jüngerinnen eine Himmelfahrt Jesu, durch die er noch erheblich an Lichtglanz zunimmt; erst danach beginnen die eigentlich relevanten Belehrungen. 24 Es gibt keinen Anlaß, hinter N6 c q j H p e N T e Sache gegeben als Kinder des Lichts, um noY ,5 oiN e2CüM mit euren Füßen auf e a N TeY"6oM 2n ihre Macht zu treten. N€TNOYPHTe ALI-F- r a . p NHI3TN

14

17

NA.I 2k.qXOOY NÖI TTMA.18KApiOC NCCÜTHP a.qp (p.l27) iTOYCDN[2] NCA. NBOA M'MOOY 2N

2N'NO6 N p a . o p e

Na.Tqja.xe 4 e p o o y 2M TTlffNä. x i n 5

(A.NeqMa.eHT]HC a.pxecea.1 eTA.qpe' 5 |oeiqp Mney^irreAioN MTTNOYl6[Te neffNäi NA.]e2k.pTON NUja. 11 [e]Ne2 2 3 l M H N

Die Weisheit Jesu

" TCO(f)l2k. NIHC

Dieses sagte der selige Erlöser, und er verschwand von ihnen.

Sie gerieten in große, unbeschreibbare Freude im Geist von jenem Tag an.

N E 2 0 O Y ETMMA.Y

14

[Seine Jüngerinnen] begannen das Evangelium Gottes, des ewigen, unvergänglichen [Geistes], zu predigen. Amen.

Ihr also: Tretet auf ihre Gräber und demütigt ihre Vorsehung, zerbrecht ihr Joch und weckt auf, was mein ist!

a . Y P ' ^ p x e c e a . 1 NÖI NeqM2L7OHTHC eTa.qpeoeiqj8 HneYa.rreA.ioN MTTNOY'Te n e i c ü T NO^A. CN62 N10N3k.TT2lKO OJA. NieNe2 " TCCKJHA. N12IHC

nexpc

Seine Jüngerinnen begannen das Evangelium Gottes, des ewigen Vaters der in Ewigkeit Unvergänglichen, zu predigen.

Die Weisheit Christi

Jesu

50

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

b) Abgrenzung und Gliederung der

Rahmenerzählung

Der Beginn der Erscheinungserzählung fällt mit dem Beginn der Schrift zusammen und folgt unmittelbar auf den am Anfang wie am Ende genannten Titel der Schrift. Mit der Erwähnung der Auferstehung ist sowohl eine zeitliche Einordnung gegeben als auch ein erster Hinweis auf den, der erscheint. Auch der Übergang zum Dialog ist klar markiert, auf Jesu Aufforderung hin wiederholt Philippus zwei Fragen, über die die Jüngerinnen schon vor der Erscheinung ratlos waren. Jesus setzt dann zu grundlegenden Belehrungen an (BG p. 80,4ff.), in denen, anders als bei seiner Rückfrage vorher, die konkrete Situation der Erscheinung keinerlei Rolle mehr spielt. Der Übergang von den Belehrungen zum zweiten Teil der Rahmenerzählung ist weniger eindeutig zu bestimmen. Vor seinem Verschwinden wendet sich Jesus direkt in Anweisungen und Verheißungen an die Jüngerinnen (BG p. 126,6-16 par.), ein deutlicher Stilwechsel gegenüber den belehrenden, auf Jesu Wirken bezogenen Ausführungen zuvor. Diese typische Art des Abschlusses der Belehrungen ist deshalb schon zur Rahmenerzählung zu rechnen. Nach dem Verschwinden wird noch kurz vom weiteren Verhalten der Jüngerinnen berichtet, damit endet die Schrift. Die Erscheinungserzählung hat eine relativ lange Einfuhrung, in der Zeit und Ort, vor allem aber die Jüngerinnen und ihre Ratlosigkeit dargestellt werden. Obwohl grammatisch ein einziger Satz vorliegt, dessen Hauptsatz die Erscheinung selbst bildet, ist vor dieser ein Einschnitt geboten und BG p.77,9-78,11 par. als Einfuhrung der Erzählung abzugrenzen. Zur Erscheinung selbst gehören auch die Beschreibung des Erschienenen bzw. die Sätze, in denen ihre Unmöglichkeit festgestellt wird (BG p.78,11-79,9 par.). Ein neuer Abschnitt der Erzählung beginnt dann mit den Worten, die der Erschienene an die Jüngerinnen richtet und deren Reaktionen. Diese erste Kontaktaufnahme ist noch wesentlich von der Situation der Erscheinung und der ihr vorausgegangenen Stimmung der Jüngerinnen geprägt (BG p.79,9-80,3 par.). Danach beginnen dann die eigentlichen Offenbarungen (BG p.80,4ff. par.). c) Die Einführung (BGp. 77,9-78,11 par. NHC

IIIp.90,14-91,9)

Die Schrift beginnt sofort mit der Erscheinungsgeschichte, mit einem langen Satz, der die näheren Umstände (Zeit, Personen, Ort...) und schließlich die Erscheinung berichtet. 80 Der Einsatz ist fast abrupt und fuhrt sofort mitten ins Geschehen: Der Bezug auf die Auferstehung gibt eine zeitliche Einordnung und charakterisiert zugleich denjenigen, der gleich erscheint, wenn auch äußerst knapp. Es ist nicht einmal ein Name genannt, das Personalpronomen muß aus der Überschrift (Jesus Christus) oder durch das Subjekt zum Erscheinen, nämlich CCüTHp, gedeutet werden. Außer diesem sind noch seine zwölf Jünger und sieben Jüngerinnen beteiligt, die nach Galiläa auf einen bestimmten Berg kommen.

80

Es ist auch möglich, das eYA.TTOf'l (BG p.78,2 p a r ) als „zweites Tempus" aufzufassen, dann beginnt mit ihm der Hauptsatz des ersten Satzes. J L £ J O Y C D N 2 wäre dann schon der nächste Satz. Mit Till/ H.-M.Schenke und Parrott verstehe ich es jedoch als circumstantialis, so daß der Hauptsatz erst mit der Erscheinung selbst beginnt.

I. Die Sophia Jesu Christi

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An dieser Stelle differiert der Text von BG und N H C III: In BG ist vom Kommen nach Galiläa in einem Temporalsatz berichtet (NTepoyei), dessen Subjekt „seine zwölf Jünger und sieben Frauen" sind. Die Frauen sind durch einen Relativsatz näher charakterisiert als welche, die ihm nachfolgten ( N e y M ^ e H T e y e ) . 8 1 Nach einer Näherbestimmung des Berges folgt dann der Umstandssatz, in dem die Fragen der Jüngerinnen aufgelistet werden, und schließlich die Erscheinung. Es handelt sich um ein einziges Satzgefüge, in dem das Erscheinen des Erlösers als Hauptsatz, die Schilderung der Szenerie als Nebensätze gebildet sind. Die Fassung der SJC von N H C III unterscheidet sich hiervon in zwei wesentlichen Punkten: Der Abschnitt enthält statt des Relativsatzes einen Hauptsatz mit M A . e H T e y e und noch eine zusätzliche Information, nämlich daß die Jüngerinnen sich versammeln. Im einzelnen: Nach dem Verweis auf die Auferstehung folgt ein Hauptsatz im Imperfekt über das Jüngersein von seinen zwölf Jüngern und sieben Frauen ( N e p e n e q M N T C N O O Y C ... M 3 k . e H T e Y e ) , dem sich ein Umstandssatz über das Kommen nach Galiläa anschließt. Vor der Frageliste, wie in BG mit e y ^ n o p i eingeleitet, steht dann noch ein Temporalsatz, daß sie sich versammeln. Beide Veränderungen gehören wohl zusammen, jedenfalls verlangt der Hauptsatz über das Jünger-Sein nach einer neuen Einleitung für die Frageliste, denn die Ratlosigkeit würde sich sonst direkt auf das Jünger-Sein beziehen. Vermutlich ist der Text von B G ursprünglicher, denn er hat den komplizierteren Satzbau, der in N H C III vielleicht vereinfacht wurde. Der Hinweis auf das Versammeln löst die leichte Unklarheit über den Ort der Erscheinung, in B G könnte sie auch auf dem Weg nach Galiläa erfolgen, es besteht kein Anlaß, ihn zu tilgen. Auch die Aussage über das Jünger-Sein wird schwerlich nur auf die Frauen bezogen, wenn sie vorher allen galt. N a c h d e m nun also Ort, Zeit und beteiligte Personen eingeführt wurden, wird deren B e finden näher beschrieben. Es ist durch eine R e i h e v o n T h e m e n bestimmt, über die sie sich im Unklaren sind. D i e s e sind nacheinander aufgelistet, w o b e i aber durch die z w e i malige Einführung durch G T B G e i n e Unterteilung deutlich wird. Im ersten Teil der Liste ( B G p . 7 8 , 3 - 7 par.) sind vier sehr a l l g e m e i n e Probleme angesprochen, die keinen B e z u g zur geschilderten Situation haben, sich aber in ähnlicher Form auch in anderen

81 Parrott (vgl. Eugnostos, S.37) scheint in seiner Übersetzung den Relativsatz auf die gesamte Gruppe zu beziehen, so daß sein Aussagegehalt hauptsächlich durch das Imperfekt gegeben ist („continued to be his followers"), ähnlich auch Barry, Sagesse, S.47. Ich halte es jedoch für sinnvoller, ihn als Näherbestimmung der sieben Frauen zu verstehen, die dadurch - wie die zwölf Jünger durch den Possessivartikel - in Beziehung zu Jesus gesetzt werden; so auch Till/ H.-M.Schenke; S.195. Beide Gruppen sind dann gleichermaßen als Jünger bzw. Jüngerinnen Jesu eingeführt. Zur Bezeichnung von Jüngerinnen finden in koptischen Schriften verschiedene Ausdrücke Verwendung: In EvThom Log.61 wird im Singular (Selbstbezeichnung von Salome) M^öHTHC mit femininem Artikel gebraucht. In der lApcJac (NHC V p.38,16-18) werden die sieben Jüngerinnen durch einen Relativsatz mit p MJiOHTHC als solche eingeführt. n a ö r i t p i a wird in der sahidischen Übersetzung von Apg 9,36 mit CCDNe wiedergegeben, in PistSoph (Kap. 136; p.353,17) und 2Jeü (Kap.42; p.99,6f.) wird jedoch MMA.eHTpiA. NC£lMe für die Gruppe der Jüngerinnen verwendet. In 2Jeü (Kap.42; 45; p.99,6f.; 105,23) ist dabei an zwei Stellen eindeutig, daß die Gruppe der NECJMiÖHTHC die Gesamtgruppe aus Jüngern und Jüngerinnen meint.

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B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

gnostischen Schriften finden. 82 Der zweite Teil der Liste (BG p.78,7-11 par.) ist dagegen keine Aufzählung einzelner Fragen, sondern ein Satz, der die oben aufgeführten Punkte mit dem Handeln des Erlösers in Verbindung bringt, er macht etwas mit ihnen (NMMA.Y)Auch hier weichen BG und NHC IE voneinander ab. In NHC HI ist es eindeutig ein Satz, der Erlöser handelt im Geheimnis des heiligen Heilsplanes. BG hat keine Präposition 2 n vor M Y C T H p l O N , der zweite Teil der Frageliste könnte also als aus zwei Fragen bestehend verstanden werden: Nach dem Handeln des Erlösers und nach den Geheimnissen des heiligen Heilsplanes. Es fehlt hier jedoch ein aufzählendes MN wie im ersten Teil der Liste. Wahrscheinlich verbirgt sich in M M Y C T H p i O N die Präposition da dreifache Buchstaben oft nur doppelt geschrieben werden, dann entspräche der Text dem von NHC IE, allerdings mit M y C T H p i O N im Plural. Oder „die Geheimnisse des heiligen Heilsplanes" sind als Erläuterung des Handelns des Erlösers zu verstehen.83 Dieser zweite Teil der Fragen ist fest im Kontext verankert, weil es um das Handeln dessen geht, der gleich erscheint (CCDTHp wird zweimal, hier und bei der Erscheinung, verwendet). Aber auch zum ersten Teil der Fragen besteht eine Verbindung durch die Stichworte „Heilsplan" und „heilig", die im oberen Teil allerdings nicht so kombiniert sind. Außerdem bezieht sich das NMM2k.y (mit ihnen) wohl auf die Aufzählung im ersten Teil der Liste. Der zweite Teil der Frageliste wirkt so als eine Verklammerung des ersten Teils mit der ganzen Geschichte. Vermutlich wurde ein Traditionsstück, wie es auch sonst in gnostischen Schriften vorkommt, um den zweiten Teil erweitert und so in die Erscheinungsgeschichte eingepaßt. Für diese Annahme spricht auch die schlechte Verbindung zwischen dem ersten Teil der Liste und dem Inhalt der Belehrungen, beides paßt nicht zusammen. 84 d) Die Erscheinung (BG p. 78,11-79,9 par. NHC III p.91,10-20) Nachdem nun also die Situation beschrieben ist, wird die Erscheinung des Erlösers O q O Y t D N £ ) kurz festgestellt (BG p.78,1 lf. par.) und in ihrer Art näher erläutert (BG p.78,12-79,9 par.). Dazu werden insgesamt vier Aussagen gemacht. Die erste (BG p.78,12-15 par.) bezieht sich noch auf das Prädikat 2k.qOYCDN2 und klärt die Beziehung des Erschienenen zu seinem früheren Auftreten. Die Identität der Personen ist vorausgesetzt, aber der Erlöser erscheint jetzt nicht in der früheren Gestalt (MOpc{)H), sondern in unsichtbarem Geist. Der nächste Satz erläutert noch genauer, aber in gewisser Spannung zur Vorstellung einer Erscheinung „in unsichtbarem Geist", und vergleicht sein Aussehen (GING) mit dem eines Lichtengels (BG p.78,15-17 par.).

82

Außer anderen Dialogevangelien z.B. HA N H C II p.93,33-94,2; Zostr N H C VIII p.2,24-3,13; TestVer N H C IX p.41,22-42,16; Mar N H C X p.6,18-29; ExcTheod 78,2. Siehe dazu unten, C. II. 2. a/b. 83 Das Objekt zum Handeln ist in NHC III MMOOY, dem entspricht das MMA.Y von BG (vgl. Till/ H.-M.Schenke, S.126 Anm.), die abweichende Schreibung erklärt sich durch Dialekteinfluß (vgl. Till/ H.-M.Schenke, S.19). 84 S.u., C. II. 2. a.

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Die nächsten beiden Sätze (BG p.79,1-9 par.) machen weitere Aussagen, aber aus einer neuen Perspektive, da der Erzähler bzw. die Erzählerin unvermittelt sich selbst einbringt. 85 Er oder sie kann über die Art (CMOT) des Erscheinenden nichts aussagen (BG p.79,lf. par.). 86 Der nächste Satz (BG p.79,2-9 par.) ist entweder als Begründung für diese Unfähigkeit, aber ohne eine entsprechende Partikel, oder als weitere Beschreibung zu verstehen. D.h. das sterbliche Fleisch, das seine Art (oder ihn) nicht ertragen können wird, 87 bezieht sich entweder auf Erzählerin und Leserinnen oder als negative Aussage auf Jesus. Im Gegensatz zum sterblichen Fleisch steht reines, vollkommenes Fleisch, näherbestimmt noch durch eine Belehrung oder Demonstration auf dem Ölberg in Galiläa. Die Konstruktion von TCA.BO mit dem Objekt der Person und e ~ der Sache ist normal,88 schwierig ist jedoch, daß das, was er lehrt oder zeigt, maskulin sein muß ( e p o q ) , und zwar nach beiden Handschriften, ein Versehen ist also sehr unwahrscheinlich. Die beiden naheliegenden Bezugswörter (gE und CA.pX) sind jedoch Feminina. Das e p o q kann also auf Jesus selbst beziehen, eine ähnliche Konstruktion findet sich in AJ BG p.47,20-48,1. Auch ein Bezug auf CMOT ist denkbar, dann ist gemeint, daß Jesus seine Art auf dem Ölberg zeigte. In beiden Fällen ist wohl eher Zeigen als Lehren gemeint.89 Zur Erläuterung des „reinen vollkommenen Fleisches" wird also auf eine Selbstdarstellung Jesu verwiesen; vermutlich die Verklärung.90 Deshalb ist wohl auch hier der Gegensatz zwischen sterblichem und vollkommenem Fleisch auf Jesus zu beziehen, es wird eine weitere Aussage über den Erschienenen gemacht. M.E. wird also in diesem Satz die Erscheinung Jesu als in „reinem vollkommenen Fleisch" dargestellt, das den Jüngerinnen schon von der Verklärung her vertraut ist. Die Verklärung wird also als ein Ereignis verstanden, das schon im irdischen Leben Jesu auf seine wahre Natur, wie sie nach der Auferstehung deutlich wird, hinweist. 91 Interessant ist auch, daß an der „Fleischlichkeit" auch des Auferstandenen festgehalten wird - zumindest sprachlich. Mit dieser Bemerkung ist die Beschreibung des Erscheinenden abgeschlossen. Sie erfolgt also eher indirekt als direkt; nur BG p. 78,15-17 par. geht ansatzweise auf sein 85 Er oder sie wird nirgendwo in der Schrift ausdrücklich identifiziert, auch nicht mit einer Person aus dem Kreis der Jüngerinnen. Anders als z.B. in AJ wird kein Auftrag zum Aufschreiben der Lehre erteilt. 86 Diese Stelle erinnert an HA NHC II p.93,13-17, wo über Eleleth, den großen Engel, inhaltlich Vergleichbares gesagt wird und zwar mit einem ebensolchen plötzlichen Wechsel der Erzählperspektive. 81 Hier differieren NHC III und BG in der Wortwahl, wobei nach Crum (vgl. S.445b; 575a/b) TCDOYN und cytDTT e - kein gemeinsames griechisches Äquivalent haben. Inhaltlich überschneiden sich beide Ausdrücke jedoch, so daß nicht unbedingt ein unterschiedlicher griechischer Text angenommen werden muß. 88 Vgl. Westendorf, S.246. 89 TC2k.BO gibt meistens SeiKVOj^l oder ölödCTKCO wieder, vgl. Concordance II 2, S.767. 90 Vgl. Barry, Sagesse, S.196. Vermutlich handelt es sich um ein Ereignis aus dem irdischen Leben Jesu, auf das hier angespielt wird, denn der Anfang der SJC scheint keine anderen Erscheinungen vorauszusetzen. Zudem ist schon in BG p.78,12f. par. eindeutig auf die Zeit vor Tod und Auferstehung Bezug genommen. 91 Vgl. Perkins, Dialogue, S.39.

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B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

Äußeres ein. BG p.78,12-15 und vor allem p.79,lf. par. verweigern eine genaue Darstellung; dafür wird an zwei Stellen auf früher Erlebtes verwiesen. Dieser doppelte Rückbezug ist auffällig, denn er verbindet die SJC eng mit Darstellungen des irdischen Lebens Jesu. Und in BG p.79,2-9 par. wird eine durchaus positive Kontinuität deutlich. Interessant ist auch, daß der Erzähler oder die Erzählerin sich hier zur Gruppe der damals Belehrten rechnet, an der kanonischen Verklärungsgeschichte sind nur Petrus, Jakobus und Johannes beteiligt. Eine gewisse Unstimmigkeit besteht durch die Lokalisierung auf dem Ölberg in Galiläa, in den kanonischen Evangelien findet die Verklärung in Galiläa statt, während der Ölberg bei Jerusalem liegt. e) Die Kontaktaufnahme (BG p. 79,9-80,3 par. NHC IIIp.91,20-92,6) Als nächstes wird die Geschichte mit einem ausführlichen Friedensgruß Jesu an seine Jüngerinnen fortgesetzt (BG p.79,9-12 par.). Ihre Reaktion, wieder wie am Anfang in der dritten Person Plural, besteht in Verwunderung und Furcht (BG p.79,12f. par.), vermutlich über das Wunderbare der Erscheinung. Daraufhin lacht der Erlöser (BG p.79,13f. par.). Lachen hat in einigen gnostischen Texten eine ganz spezifische Bedeutung. Es zeigt die Dummheit und Ignoranz derjenigen, die ausgelacht werden. So lacht z.B. Jesus in 2LogSeth über den Weltschöpfer, als er behauptet, es gäbe außer ihm keinen Gott (2LogSeth NHC VII p.53,27-34). In derselben Schrift gibt es eine lange Aufzählung all derer - von Adam, den Erzvätern und David bis zu den Archonten - , die aus der Sicht höherer Erkenntnis zum Lachen sind. (2LogSeth NHC VII p.62,27-65,2). Mitunter lacht Jesus bei der Passion über die Dummheit seiner Feinde, weil sie ihn nicht treffen (2LogSeth NHC VII p.56,18-20; ApcPt NHC VII p.81,15-18). 92 In HA und UW lacht die geistige Eva über die Archonten, die ihr nichts anhaben können (HA NHC II p.89,23; UW NHC II p.l 16,26). Wenn das Lachen Jesu in der SJC von solchen - allerdings wohl späteren - Belegen her zu verstehen ist, dann enthält es eine deutliche Kritik an Verwunderung und Furcht der Jüngerinnen. Daß hier eigentlich positive Figuren ausgelacht werden, ist zumindest ungewöhnlich. Allerdings gibt es auch in AJ ein vergleichbares Lachen Jesu auf Fragen des Johannes hin (BG p.45,7; 58,4; 68,3 par.). Das Lachen zeigt die Überlegenheit Jesu und macht das mangelnde Wissen der Jüngerinnen deutlich. Sie sind der Belehrungen, die sie gleich erhalten werden, wirklich bedürftig. Danach erkundigt sich Jesus nach ihren Fragen, und zwar in einer dreigliedrigen Anfrage, in der die Teile weitgehend gleichbedeutend sind (BG p.79,15-18 par.). Durch ¿.TTOpi im mittleren Teil besteht hier deutlich ein Bezug auf die Frageliste zu Beginn der Geschichte. Mit der ersten Frage des Philippus, die beide Teile der Frageliste kurz aufnimmt oder, in der Lesart von NHC HI, die ersten beiden Fragen wiederholt, beginnt dann der Dialogteil der Schrift.

92

Vgl. Tröger, Logos, S.273.

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fi Der Abschluß der Rahmenerzählung (BG p. 126,5-127,10 par. NHC III p.U9,1-17) Die Antwort Jesu auf die letzte Frage im Dialog bietet Ausfuhrungen über sein Erlösungshandeln und seine Wirkung, zu denen auch die Ansage von eschatologischem Heil in verschiedenen Stufen gehören. Die diesen Abschnitt abschließenden Imperative (BG p. 126,5-12 par.) ziehen dann die Konsequenz dieser Lehre fiir das Verhalten der Jüngerinnen: Der ihnen zugesagte Anteil am Lichtreich sprengt ihre irdische Existenz. Vorausgesetzt wird dabei die gnostische Vorstellung der Unterworfenheit der Menschen in ihrem irdischen Leben unter die Macht der Archonten. So sind die „Gräber" als die Körperlichkeit zu verstehen, durch die die Menschen an die Materie gefesselt wurden. 93 Auch TTpONOia. ist als unterdrückendes Mittel der Archonten gemeint, entsprechend der Darstellung der 2IMA.pMeNH in AJ BG p.72,3-12 par. 94 Und das zu zerbrechende „Joch" drückt allgemein die Fremdherrschaft aus. Diese ersten Befehle sind wohl primär individuell zu verstehen. Das „Aufwecken" überwindet das durch Schlaf bewirkte Unwissen über den eigenen Ursprung. Es kann ebenfalls den Lichttropfen in jedem einzelnen Menschen meinen, aber auch eine Art Aufforderung zur Mission sein: Durch Verbreiten der empfangenen Offenbarung können auch andere Menschen, sofem sie von ihrem Wesen her zu Jesus gehören, d.h. Anteil am Lichtreich haben, aufgeweckt werden. Letztere Deutung entspricht dem folgenden Verhalten der Jüngerinnen und auch der Reihenfolge der Aufforderungen. Die ersten behandeln die Konsequenzen fiir die, die schon erweckt sind - danach kann der Blick auf andere gerichtet werden. Zur Unterstützung der Anweisungen wird auf die den Jüngerinnen gegebene Vollmacht und ihren Status als „Kinder des Lichts" hingewiesen (BG p. 126,12-16 par.). Dieser Satz betont nochmals die Bedeutung des Wirkens Jesu, dem sie ihre Möglichkeiten verdanken. Der Anteil am Lichtreich ist eine Konsequenz des soteriologischen Wirkens, er folgt nicht quasi automatisch aus dem Wesen der Jüngerinnen. Nach diesen Worten verschwindet Jesus wieder (BG p. 126,17-127,2). Sprachlich ist dies entsprechend der Erscheinung ausgedrückt. 95 Nähere Umstände sind jedoch nicht geschildert. Dieser Abschluß mündet in zwei Konsequenzen fiir die Jüngerinnen: Sie sind von nun an voll Freude und sie beginnen zu predigen (BG p. 127,2-10). Ersteres zeigt nochmals ihre Beziehung zum Lichtreich, in dem Freude und Jubel ein wesentliches Kennzeichen ist. Die am Anfang festgestellte Ratlosigkeit ist grundlegend überwunden. 96 Der Aufbruch zur Predigt steht dem Gehen zum Berg in Galiläa gegenüber und zeigt so ebenfalls den Fortschritt der Jüngerinnen durch die erhaltene Lehre. Bemerkenswert ist die hier beschriebene allgemeine Verbreitung, es gibt keinen Hinweis auf eine Reservierung der Lehre fiir eine eingeschränkte Gruppe von Menschen. Auch wenn das verbrei-

93 Ausführlich darlegt in AJ BG p.55,3-13; ein entsprechendes Verständnis liegt MgA-OY auch AJ BG p.63,1 lf.; 64,3; 2ApcJac NHC V p.63,6f.; 2LogSeth NHC VII p.59,3 zugrunde. 94 Die Langfassung ist hier noch ausführlicher: AJ NHC II p.28,11-32. Im AJ ist TTpONOia. allerdings eine positive Größe, vgl. die himmlische Gestalt dieses Namens BG p.75,1-3; NHC II p.30,12 u.ö. 95 In den koptischen Fassungen korrespondiert der Ausdruck p 2lTOYN2 (BG p.l26,18f. par.) dem O y t U N J von BG p.78,11 par. Ob dies auch für die griechische Fassung der SJC galt, ist jedoch nicht sicher, s.u., C. II. 1. e. 96 Vgl. Barry, Sagesse, S.275.

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B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

tete Motiv der allgemeinen Predigt nicht überinterpretiert werden sollte, so deutet es doch auf eine große Offenheit der Trägergruppe der Schrift hin. g) Die Aussage der Rahmenerzählung und ihre Funktion fiir die Schrift In der Erscheinungserzählung steht die Erscheinung Jesu (BG p.78,12f. par.) im Zentrum, auf die alles Vorausgehende schon grammatisch hingeordnet ist, während die nächsten Sätze als Erläuterung dienen. Danach folgt nur noch das kurze, dialogartige Stück von Gruß und Reaktionen. Die Erzählung hat aber noch einen weiteren Schwerpunkt durch den Rückbezug Jesu auf die Fragen der Jüngerinnen. Dieser Gedankengang bereitet direkt den Hauptteil der Schrift vor, beim Betrachten der ganzen Schrift ist die Erscheinung Jesu also nicht für sich bedeutsam, sondern nur erwähnenswert, weil er dann die Fragen der Jüngerinnen beantworten kann. Die Beschreibung der Erscheinung ist dabei aber insofern wichtig, als sie seine Fähigkeit zu offenbaren andeutet; sie zeigt schon, daß Jesus zur himmlischen Welt gehört, wie er dann später ausdrücklich sagt (BG 81,17-82,3 par. u.ö.). Die Erscheinungserzählung ist also zweifach mit dem folgenden Dialog verbunden: durch die Erscheinung des Gesprächsfiihrers und durch die Fragen der Jüngerinnen. Beide Punkte sind in der Erzählung betont und bilden so eine wirkungsvolle Einleitung.97 Nach Abschluß des Dialogteils, in dem außer den redenden Personen keine Bezüge auf die Erscheinungserzählung erkennbar sind, wird am Ende der Schrift noch einmal auf die Anfangssituation zurückgegriffen, und zwar korrespondierend zum ersten Teil der Erzählung. Der Erlöser verschwindet (p 2k.TOYCDN2), was seinem Erscheinen entspricht. Die Jüngerinnen sind voll Freude seit jenem Tag, die Ratlosigkeit vom Anfang ist dadurch aufgehoben. Und schließlich steht die Predigt des Evangeliums als Aktivität dem anfänglichen Kommen auf den Berg in Galiläa gegenüber. Die SJC hat also eine Rahmenhandlung, durch die am Anfang und am Ende der Schrift die näheren Umstände des Gespräches beschrieben werden und in der sowohl Veranlassung als auch Wirkung der Offenbarungen Jesu auf die Jüngerinnen widergespiegelt wird. Durch die Konzentration des ersten Teils auf die Erscheinung Jesu wird zugleich der Offenbarer vorgestellt. Die Rahmenerzählung gibt so in verschiedener Weise die Interpretation des Dialogs vor.

3. Die Bezüge der Rahmenerzählung zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten Zunächst gibt es in der Rahmenerzählung der SJC drei allgemeine Anspielungen auf den Inhalt der kanonischen Evangelien. Dies ist einmal der erste Satz „nach seinem Auferstehen von den Toten" (BG p.77,9f. par.), der auf die Passionsgeschichte Bezug nimmt und sie sozusagen als Vorgeschichte für die Schrift ins Gedächtnis ruft. Dann wird das Erscheinen Jesu, als „nicht in seiner früheren Gestalt" (BG p.78,12f. par.) erläutert. Hier 97

Undeutlich in ihrer Funktion für die Gesamtschrift bleiben jedoch Gruß und Reaktionen, das Stichwort Frieden wird ebensowenig wie Verwunderung, Furcht oder Lachen später wieder aufgenommen. In diesem Stück finden sich jedoch deutliche Anklänge an die kanonischen Evangelien, s.u., B. I. 3.

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wird also auf Darstellungen des irdischen Lebens Jesu verwiesen, um die Neuartigkeit des Erscheinens jetzt zu erklären. Und schließlich wird in BG p.79,5-9 par., ebenfalls zur Beschreibung des Erscheinens, ein konkretes und lokalisiertes Ereignis erwähnt, vermutlich die Verklärung. Diese drei Stellen sind nun nicht nur inhaltlich bedeutsam, sondern auch deshalb, weil an ihnen bewußt auf andere Texte 98 verwiesen wird. D.h. die Verweise sind vom Autor beabsichtigt und für die Leserinnen erkennbar gestaltet. Wenn nun also klare, wenn auch eher pauschale Verweise auf die kanonischen Evangelien vorliegen, dann erhöht dies die Wahrscheinlichkeit, daß auch die Übereinstimmungen in der Formulierung bewußte Entlehungen sind, auch wenn es sich nur um Kleinigkeiten handelt. a)Mt Die deutlichste Anlehnung an eine neutestamentliche Erscheinungsgeschichte besteht in einem modifizierten Zitat aus Mt 28,16 in SJC BG p.77,11-16 par. Auch wenn die Satzkonstruktion möglicherweise eine andere ist, denn hinter N T E p o y e i (BG p.77,11) bzw. e a . y e i (NHC III p.90,18f.) steht wohl ein griechisches Partizip, und letzte Sicherheit über die in der griechischen Fassung der SJC verwendeten Verben nicht erreicht werden kann," so stimmt doch der Grundbestand der Sätze überein: Die Erscheinung Jesu wird auf einem noch näher beschriebenen Berg erwartet, dieser Berg befindet sich in Galiläa; die Gruppe der Zeuginnen geht dorthin; es handelt sich um eine be100 stimmte Zahl von Jüngern. Die Lokalisierung einer Erscheinungsgeschichte auf einem Berg in Galiläa findet sich im NT nur im Matthäusevangelium, in der außerkanonischen Literatur des zweiten Jahrhunderts, soweit sie bekannt ist, nur in der SJC. 101 Am See in Galiläa spielt Joh 21 und wohl auch die fehlende Erscheinungsgeschichte am Ende des EvPetr; der Ölberg (bei Jerusalem) ist nach Apg 1 der Ort der Himmelfahrt, nach AJ, EpPt und PistSoph Ort einer Erscheinung Jesu. 102 Die Einleitung einer Erscheinung mit der Bewegung hin zu einem Ort ist für die SJC eigentlich unnötig, da keine früheren Ereignisse an einem anderen Ort berichtet werden wie bei Mt und auch im AJ oder der EpPt. Diese Übereinstimmungen mit der Schlußerscheinung des Mt beweisen eine Abhängigkeit der SJC vom Matthäusevangelium, da die letzte Erscheinungsgeschichte im 98

Text im weiten Sinn - es können auch mündliche Traditionen darunter fallen, obwohl es wahrscheinlich ist, daß hier konkrete Schriften gemeint sind. 99 e i e - (NHC III p.90,19) kann Jtope\X5(iai e'iQ wiedergeben (vgl. Crum, S.70B), die sahidische Fassung von Mt 28,16 bietet jedoch BCUK E2pa.l. Meistens ist e i die Übersetzung von fepj(0|ica, vgl. Concordance I, S.153ff. 100 Differenzen bestehen hinsichtlich der Bezeichnung des Berges und in der Anzahl der |iot0T|'Kxi : Bei Mt sind es 11 Jünger, in der SJC zwölf Jünger und sieben Jüngerinnen. Die Modifikationen könnten nahelegen, statt von einem Zitat von einer Paraphrase zu sprechen, vgl. das Beispiel von Holthuis, S.138. Mir scheint jedoch die Übereinstimmung überwiegend auf der Oberfläche des Textes zu bestehen, weshalb Zitat die angemessenere Bezeichnung ist. 101 In Mk 16,7 wird ein Sehen Jesu in Galiläa angekündigt, aber die Erscheinung selbst wird nicht berichtet. Diese Ankündigung war wohl Grundlage der Bildung der Geschichte Mt 28,16-20. 102 lApcJac: Berg Gaugela. In Mk 13,3 par. ist der Ölberg Ort einer Belehrung durch Jesus, ähnlich auch die äth ApkPetr.

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Matthäusevangelium aller Wahrscheinlichkeit nach eine redaktionelle Bildung des Mt auf der Basis von Mk 16,7 ist.103 Wie groß die sprachlichen Übereinstimmungen des griechischen Originals der SJC mit Mt waren, läßt sich anhand der koptischen Übersetzungen nicht mehr klären; die sachlichen Parallelen lassen sich auch als Aufnahme einer mündlich bekannten Erzählung verstehen. Das Matthäusevangelium muß dem Autor oder der Autorin der SJC also nicht vorgelegen haben, aber in irgendeiner Form bekannt sein, zumindest der Abschnitt 28,16-20.104 Die SJC übernimmt vor allem die Szenerie der Schlußerscheinung des Mt, der Ablauf und vor allem die inhaltlichen Aussagen sind ganz anders. Durch diese Übereinstimmung wird die ganze SJC zu einer Dublette der Mt-Geschichte. Sie kann als ihre Erweiterung oder Alternative verstanden werden, auf jeden Fall partizipiert sie an der Bedeutung der Schlußerscheinung des Mt. Unter der Voraussetzung einer Kenntnis der Mt-Geschichte könnten auch entferntere Parallelen als Aufnahmen verstanden werden. Die Ratlosigkeit der Jüngerinnen in SJC (BG p.78,2 par.) entspricht ungefähr dem Zweifel der Jünger Mt 28,17.105 Am Schluß seiner Belehrungen sagt Jesus in der SJC: „Denn ich habe euch Vollmacht (eXOYClii) über alles gegeben..." (BG p.126,12-14 par.), möglicherweise eine Weiterfuhrung der Selbstaussage in Mt 28,18b.106 Die Aufforderung zum Aufwecken der Seinigen kurz davor (BG p. 126,10-12 par.) könnte eine Neuinterpretation der Aufforderung, alle Völker zu Jüngerinnen zu machen, in Mt 28,19 sein. b) Joh An einer Stelle liegt eine wörtliche Übereinstimmung der SJC mit dem Johannesevangelium vor: Der zweite Teil des Friedensgrußes (BG p.79,10-12 par.) könnte ein Zitat aus Joh 14,27 sein;107 der bekannte Wortlaut der sahidischen Übersetzung des Evangeliums unterscheidet sich allerdings geringfügig. Joh 14,27 ist nicht Teil einer Erscheinungsgeschichte nach Jesu Auferstehung, sondern der Abschiedsreden. Hier ist jedoch auch die nachösterliche Zeit im Blick, gerade die Wiederaufnahme des Friedensgrußes in den Erscheinungsgeschichten schafft eine Verbindung.108 Der Friedensgruß an sich ist natürlich allgemein verbreitet, jedoch nicht wie in Joh 14,27 und SJC in der ersten Person Singular.109 Die Kommentare zum Johannesevangelium nennen zwar Parallelen für die inhaltliche Füllung von „Frieden", nicht jedoch für die Art der Formulierung.110 Diese ist wohl dem Evangelisten zuzuschreiben.111 Dies ist ein Hinweis für die Abhängigkeit der SJC vom Johannesevangelium." 2 Zwar ist der Übereinstimmung an einer 103

Vgl. Lange, S.438 passim. So auch Maijanen, S.61; Köhler, S.400; Luttikhuizen, Evaluation, S.165. 105 So auch Köhler, S.400. 106 Mk 3,15; 6,7 parr. wird den Jüngern eine wenn auch eingeschränke Vollmacht gegeben. 107 Der erste Teil des Grußes findet sich auch Joh 20,19.21.26 und Lk 24,36. Aber die Verwendung dieser üblichen Grußfomel muß nicht viel besagen. 108 Vgl. Schnackenburg, Johannesevangelium III, S.96. 109 Vgl. aber EvMar BG p.8,14f 110 Schulz, NTD, S.192f, stellt explizit das Fehlen einer Parallele in AT und Judentum fest. Vgl. Becker, Das Evangelium nach Johannes II, S.569. 112 So auch Maijanen, S.61. 104

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Stelle, die noch dazu eine sehr einprägsame Wendung bietet, nicht allzuviel Gewicht für die Frage einer direkten Abhängigkeit beizumessen, aber die SJC setzt die Abfassung des Johannesevangeliums wohl voraus. Die erste Bemerkung, die die Geschehnisse nach seiner Auferstehung von den Toten einordnet (BG p.77,9f. par.), hat eine sachliche Parallele in Joh 21,14, dort allerdings als Partizipialkonstruktion. 113 Wörtlich gleich in der sahidischen Übersetzung des NT ist die Formulierung in Apg 10,41. 114 Aber Bezugnahmen auf die Auferweckung Jesu sind so weit verbreitet, daß die Übereinstimmung hier wohl nur ein Zufall ist. c) Lk Die Erscheinungsgeschichte der SJC bietet eine Vielzahl von Parallelen zu Lk 24, meist auf sprachlicher Ebene. Sie sind jedoch nicht prägnant genug, um sie sicher als sprachliche Anlehnungen zu bezeichnen. Ratlosigkeit vor einer Erscheinung (BG p.78,2 par.) ist in Lk 24,4 genannt," 5 betrifft allerdings die Frauen im Grab und ist nicht mit einer Frageliste verbunden. Der erste Teil des Friedensgrußes (BG p.79,10 par.) entspricht Lk 24,36 oder Joh 20,19.21.26. Die Reaktion Verwunderung und Furcht (BG p.79,12f. par.) findet sich ebenfalls in der Schlußerscheinung des Lk (24,41.37).' 16 Die dreigliedrige Rückfrage Jesu (BG p.79,15-18 par.) ist im Text auf die Frageliste bezogen und hat deshalb keine genaue Parallele in den neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten. Aber während der mittlere Teil das ¿.TTOpi wieder aufnimmt, hat der erste Teil Ähnlichkeit mit Lk 24,38b (denken, Meeye) und der letzte mit Lk 24,5 oder Joh 20,15 (suchen/ fragen, cyiNe). Beim Abschluß der Erscheinung am Ende der SJC erinnert das Vcrschwindcn ( ¿ . T O Y t ü N ^ ; BG p.126,18-127,2 par.) an Lk 24,31. Die dann vorhandene große Freude unter den Jüngerinnen (BG p.127,2-5 par.) entspricht Lk 24,52 oder Mt 28,8. Und schließlich hat die nur in NHC III erwähnte Versammlung der Jüngerinnen vor der Erscheinung (NHC III p.91,2f.) eine Parallele in Lk 24,33. Keiner dieser Einzelpunkte kann eine literarische Abhängigkeit der SJC von Lk 24 begründen, zumal es sich zum Teil um auch anderswo vorkommende Motive handelt. In ihrer Gesamtheit sind die Anspielungen jedoch nicht durch Zufall zu erklären, sondern sprechen für eine Kenntnis und Verwendung von Lk 24. Die Beziehungen bestehen hauptsächlich auf der Textoberfläche, es werden Formulierungen rezipiert, nicht aber die mit ihnen ausgedrückten Gedanken. d) Der sekundäre

Markusschluß

Die Bezeichnung der Erscheinung Jesu mit einem Ausdruck, der im sahidischen Dialekt mit OYCDN2 oder o y C ü N ^ GBOA wiedergegeben wird, ist häufig: Mk 16,9.12.14;

113

Vgl. auch Mk 16,9. Vgl. auch Mt 27,53; Mk 9,9 par.; 14,28 par.; Joh 2,22. 115 Dort steht ebenfalls ¿tTtopfecü, das griechische Wort ist aber in der sahidischen Übersetzung nicht erhalten, sondern übersetzt. 116 Furcht ist ein verbreitetes Motiv in Erscheinungsgeschichten, wird aber in Joh 20,19 und Mt 28,8 vor der Erscheinung Jesu festgestellt und kann aus dem Zuspruch Mt 28,10 nur indirekt gefolgert werden. 114

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Joh 21,1.14; Lk 24,34f; Apg 1,3; 9,17; 13,31; 26,16; l.Kor 15,5-8. Aber nur in Mk 16,14 wird so der Auftritt Jesu in einer Geschichte bezeichnet, bei den übrigen Vorkommen handelt es sich um kurze Zusammenfassungen. Der Verweis auf die veränderte Gestalt (BG p.78,12f. par.) erinnert an Mk 16,12. Die am Ende der Schrift erwähnte Predigt des Evangeliums (BG p.127,7-10 par.) findet sich ähnlich in Mk 16,15.20, aber zum Teil auch Lk 24,47; auch in einem textkritisch nicht ursprünglichen Zusatz zu Apg 1,2. Die Bezüge auf den sekundären Markusschluß betreffen also geprägte Formulierungen wie den feststehenden Ausdruck für die Erscheinung und die „Predigt des Evangeliums" als Kurzzusammenfassung der Tätigkeit nach der Erscheinung; die veränderte Gestalt ist nur eine vage inhaltliche Parallele. M.E. sind sie Zeichen für die Entstehung beider Texte nach den übrigen neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten, in einer Zeit, in der solche Formulierungen gängig waren, eine Abhängigkeit muß nicht vorliegen. e) Eigene Akzente Auffällig ist, daß nur wenige Stücke der Erscheinungserzählung keinerlei Bezug zu den neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten haben: Als längere Abschnitte die Frageliste und die Beschreibung des Erscheinenden, dann noch die sieben Jüngerinnen als Zeuginnen, der Name des Berges, die Bezeichnung Jesu als Erlöser und sein Lachen. Von diesen stehen die Frageliste und die Bezeichnung CCDTHp in enger Verbindung zum Hauptteil der Schrift, wo die Fragen mehr oder weniger beantwortet werden und Jesus als Erlöser benannt und vielleicht mit der himmlischen Gestalt identifiziert wird. 117 Auch der Name des Berges als „Weissagung 118 und Freude" ist fast eine Überschrift für die weiteren Geschehnisse, ist also wohl für die Schrift konzipiert. Bei der Beschreibung der Erscheinung kommt die Ansicht des Autors bzw. der Autorin ganz direkt zu Wort. Der Unterschied zum früheren Auftreten Jesu wird herausgestellt, aber auch die Verbindung durch das, was Jesus gezeigt hat. Berichte über das irdische Wirken Jesu sind bekannt und werden vorausgesetzt, die Erscheinung Jesu wird in eigentümlicher Spannung, aber nicht im direkten Gegensatz zu ihnen beschrieben. Die widersprüchliche Lokalisierung der Belehrung auf dem Ölberg in Galiläa läßt sich vielleicht von hier aus erklären. Denn Berge, in Galiläa ebenso wie der Ölberg bei Jerusalem, sind Orte von wichtigen Offenbarungen Jesu, etwa bei der Verklärung, der Bergpredigt oder in Mk 13,3ff. par. Vielleicht sind hier verschiedene Orte kombiniert, um eine Konzentration von theologischer Bedeutung zu erreichen. Daß hier von zwölf Jüngern die Rede ist und nicht von elf wie in der Schlußerscheinung des Mt und im sekundären Markusschluß, ist in einer Schrift, die nicht vom Verrat des Judas berichtet, nicht weiter verwunderlich (vgl. l.Kor 15,5). Die ausdrückli-

117 Der absolute Gebrauch von a o n f i p , fast wie ein Eigenname, ähnlich wie Christus oder Herr, findet sich im NT nicht. Dort ist a c o t i p oft Ergänzung zu Jesus Christus und meist durch einen Genitiv näherbestimmt, es ist ein Titel (vgl. Schelkle, Sp.783f.), aber die inhaltliche Bedeutung des Wortes steht noch im Vordergrund. 118 Zur Begründung des Verständnisses vgl. Parrott, Eugnostos, S. 181.

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che Erwähnung der Frauen ist dagegen ungewöhnlich, in den kanonischen Evangelien sind einzelne Frauen Zeuginnen einer Erscheinung (Mt 28,9f; Joh 20,14-18) oder sie sind in der Gruppe wahrscheinlich mitbeteiligt (Lk 24,36-53; Joh 20,19-31). Daß in der SJC die wichtigste von ihnen Maria (wohl Magdalena) ist, da sie als einzige Frau auch Fragen stellt, stimmt mit den Osterkapiteln der kanonischen Evangelien überein, wo sie stets als erste oder allein genannt ist. Durch die Verwendung der heiligen Zahl sieben wirkt die Gruppe jedoch wie eine Institution neben den Zwölf (vgl. Apg 6,1-6). Diese deutliche Repäsentanz von Frauen in der Gruppe derjenigen, die Jesu Offenbarungen erhalten, scheint ein besonderes Anliegen der SJC zu sein.119 f)

Zusammenfassung

Insgesamt macht die Erscheinungsgeschichte der SJC den Eindruck, als wäre bewußt eine möglichst „neutestamentliche" Geschichte gestaltet worden, die aber an den entscheidenden Punkten eigenständig ist. Die Beziehung zu kanonischen Evangelien steht in der Spannung zwischen Anlehnung und Neugestaltung, wenn etwa Mt 28,16 aufgenommen, an einigen Punkten variiert und mit der folgenden Frageliste neu verbunden wird. Ähnlich verdeutlichen auch die inhaltlichen Verweise bei der Beschreibung der Erscheinung einerseits die Differenz, andererseits die Kontinuität.120 Am stärksten sind die Anlehnungen zum einen bei der Einleitung, zum anderen am Ende vor dem Beginn des Hauptteils der Schrift, also sozusagen im erzählerischen Rahmen der Rahmenerzählung. Das sind gerade die Stücke, die keine große Bedeutung für die Gesamtschrift haben, d.h. hier war eine Anlehnung ohne inhaltliche Konsequenzen möglich. Die Bezüge, die nicht von inhaltlicher Bedeutung sind, haben dann möglicherweise den Sinn, die Beziehung zu den kanonischen Evangelien zu festigen. Die Bezüge der Rahmenerzählung zu den neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten bestehen überwiegend auf der Oberfläche des Textes, als Zitate oder sprachliche Anlehnungen. Anspielungen mit stark inhaltlicher Relevanz finden sich nur am Ende der Schrift. Dieser Befund zeigt die gleiche Tendenz wie schon bei der Verteilung der Bezüge in der Erscheinungserzählung beobachtet: Trotz der vielen Bezüge ist die Erscheinungserzählung der SJC im wesentlichen eigenständig; der auf der Sprachebene sichtbaren Anlehnung entspricht kaum eine Aufnahme von Inhalten. Trotz aller inhaltlichen Eigenständigkeit sind die Parallelen zu den neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten für die Rahmenerzählung der SJC wichtig. Für Leserinnen, die mit den kanonischen Evangelien vertraut sind, wird signalisiert, daß auch in dieser Schrift Jesus zu Wort kommt; sie kann sogar als ausführliche Darstellung der Schlußerscheinung des Mt verstanden werden. Durch den Verweis auf die Verklärung 119 Es gibt dazu kaum Parallelen. Der Anfang des EvMar ist ja leider nicht erhalten. Vergleichbar ist allerdings Dial (NHC 111,5), wo Maria, Judas und Matthäus den Dialog mit Jesus fuhren, aber sie sind Einzelpersonen. Eine Dreierfrauengruppe findet sich in EpAp, aber sie hat dort eine klar andere Funktion als die männlichen Jünger. In den kanonischen Evangelien gibt es in Mk 15,40.47; 16,1 par. eine solche Gruppe, die aber nicht den Zwölf gegenübersteht, sondern eher dem kleinen Männerkreis Mk5,37; 9,2; 13,3 par. In 1 ApcJac ist eine Gruppe von sieben Frauen genannt, die als Größe vorausgesetzt werden. 120 Die Rahmenerzählung ist also auch nach Pfisters Kriterium der Dialogizität intensiv intertextuell. Vgl. Pfister, S.29.

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erscheint die geistige, lichtvolle Erscheinung Jesu als schon in seinem irdischen Leben vorbereitet und angekündigt. Neben dieser Kontinuität zum in den kanonischen Evangelien dargestellten irdischen Leben Jesu werden aber auch Unterschiede deutlich: Jesus ist nicht mehr in seiner früheren Gestalt, er zeigt statt dessen seinen überlegenen Status als Teil der Lichtwelt. Entsprechend überlegen ist auch seine Lehre, durch die die Ratlosigkeit der Jüngerinnen aufgehoben wird und sie Anteil am Lichtreich bekommen. Durch die Elemente der Kontinuität wird die Überlegenheit, die in der S J C ausgedrückt ist, an die kanonischen Evangelien gebunden. Die S J C ist nicht eine neue, fremde Lehre, sondern die Fortsetzung des in den kanonischen Evangelien Gebotenen auf einer höheren Stufe. Für die S J C beginnt diese höhere Stufe mit der Auferstehung, die Bezüge zu den neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten illustrieren die Anknüpfung an diese Phase des Wirkens Jesu.

II. Das Apokryphon des Johannes

1. Einleitung in die Schrift' a) Bezeugung, Sprache, Titel Unter dem Namen „Apokryphon des Johannes" sind, mit leichten Variationen des Titels, insgesamt vier Schriften im sahidischen Dialekt des Koptischen aus der Bibliothek von Nag Hammadi und dem BG bekannt. Es handelt sich um die zweite Schrift des BG (p. 19,6-77,7) sowie die jeweils ersten Schriften von NHC II (p. 1,1-32,9), III (Vorsatz7 -j blatt-p.40,11) und IV (p.l,l-49,28)\ Die vier Abschriften gehören zwei ausgeprägten Typen an, nämlich der sogenannten Kurzfassung (BG,2 und NHC 111,1) und Langfassung (NHC 11,1 und IV,l). 4 Außerdem exzerpiert Irenäus in Haer 1,29 eine Schrift, die große Ähnlichkeit mit AJ hat; seine Zusammenfassung betrifft die erste Hälfte des AJ, ohne die Rahmenhandlung. Damit handelt es sich um die am besten bezeugte gnostische Originalschrift. Dies und auch die prominente Stellung am Anfang der Kodizes belegen die hohe Wertschätzung, die sie genoß. 5 Schon die Kenntnis des AJ bzw. einer verwandten Schrift durch Irenäus spricht für eine ursprünglich griechische Abfassung des Werkes. Dies wird durch Unterschiede in den Versionen bei gleichem Inhalt, die sich am ehesten durch unabhängige Übersetzungen erklären lassen, bestätigt. 6 Die beiden Vertreter der Kurzfassung gehen auf unab-

1

Textausgaben bei Krause/ Labib; Giversen; Till/ H.-M.Schenke; Waldstein/ Wisse. Zu den Handschriften vgl. Waldstein/ Wisse, S.lff. 2 Drei Blätter, p.1-4 sowie p. 19f., fehlen weitgehend. Einige kleine Fragmente sind jedoch erhalten und ein Teil von p. 1 ist als Abdruck auf dem Vorsatzblatt lesbar; vgl. Funk, Seiten, S.99. 3 Diese Abschrift ist nur sehr fragmentarisch erhalten. Da der Text jedoch fast identisch mit NHC 11,1 ist, lassen sich viele Lücken mit großer Sicherheit ergänzen. 4 Ich zitiere AJ nach BG,2, weil diese Abschrift vollständig erhalten und die Kurzfassung wohl ursprünglicher als die Langfassung ist, s.u., B. II. 1. e. Die Langfassung von NHC II wird als Parallele verglichen, die anderen Abschriften werden dagegen nur in Ausnahmefällen einbezogen und dann ausdrücklich genannt. Die Stellenangabe BG p.xy par. verweist also auf ein bestimmtes Stück in BG und NHC II, ohne dabei Angaben über die beiden anderen Abschriften zu machen. 5 Vgl. Kasser, Livre, S.141. 6 Vgl. Waldstein/ Wisse, S.l; Till/ H.-M.Schenke, S . l l f . Dort sind auch weitere Argumente einer ursprünglich griechischen Abfassung des AJ aufgeführt.

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B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

hängige Übersetzungen ins Koptische zurück, 7 die beiden Abschriften der Langfassung jedoch auf eine gemeinsame. 8 Die Schrift wird in allen vier Abschriften, jeweils in einem Endtitel, 9 als 3tTTOK.pY4 > O N bezeichnet. Dies bedeutet zunächst das „Verborgene", „Geheime", im besonderen auch ein geheimes Buch. 1 0 Diesem Titel entsprechen auch Aussagen in der Schrift, in denen der Empfangerkreis begrenzt wird. Garant der Geheimlehre ist in allen Titeln Johannes. Im einzelnen unterscheidet sich der Titel jedoch bei Kurz- und Langfassung. Er lautet bei den Vertretern der Kurzfassung „das Apokryphem des Johannes" (TTA.TTOK.pYON NICÜ2^NNHC, BG p.77,6f.; NHC III p.40,10f.), in der Langfassung dagegen „Apokryphem nach Johannes" (KATA. iCD^^-NNHN Na.TTOK.pY(j>ON, NHC II p. 32,8-10 par. IV p.49,27f.). Es handelt sich vermutlich nicht um eine Übersetzungsvariante, sondern um eine Differenz schon in den griechischen Vorlagen. Denn die Langfassung beruht sicher auf einem griechischen Text, der eine Konstruktion mit Kaxdc enthielt, wie nicht nur die Verwendung dieser griechischen Präposition, sondern auch der stehengebliebene Akkusativ (ICD^A.NNHN) zeigt. Da BG und NHC III voneinander unabhängige Übersetzungen sind, ist ihre übereinstimmende Verwendung der Genitiv-Konstruktion als Wiedergabe eines Kaxdc unwahrscheinlich." Der Titel der Langfassung bietet ein weiteres sprachliches Problem: A.TTOK.pYiepON

enT[o]oy eyMa.6

und ich war sehr trau- i.ycu NeiAynei N2HT rig in mir, als [ich] HTT'qja. s e e i i j x o j MMOC sagte: xe „Wie wurde nun der neue ptu Erlöser erwählt? Und ^YXipOTONI weshalb wurde er in M'TTCCÜp 2LYCU die Welt gesandt durch eTBG OY seinen Vater, der ihn A.Y*TNNO'°OYq eTTKOCMOC 2'TH gesandt hat?

Und wer ist sein Vater? Und welcher Art ist jener Äon, zu dem wir gehen werden?

Er sagte uns, daß dieser Äon als Abbild von jenem unvergänglichen Äon wurde.

NNeTNCIOTe

NTJipi]18CCU[TM] eNAI A.N[OK ÌCD2A.NNHC ak-iKcuTej " eB[0]A 2H n e p n i e e o y M a . NTOOY MN NXAie] 20 à Y t u A.ipAYne[i N 2 o y o 2M n a . 2 H T eiXCÜ] 21 H]MOC

c t b c [ee eT^YTTCucyN MnCCÜTHp] 22 ^ Y t ü xe GTBe [OY ^YTNNOOYq e n K o c M o c ] 23 cboa. 2 ' t n neqei"cuT TTieqeicuT eNTA.qTNNOOYq ^Ytu nim n e nim n e neq]24eicuT neqeiarr eTak-2T(NNOOYq xyiD OY^-cy " N2^ xya> oyxq) N2e] 25 n e najcuN n e ni^icüN e[THMJLY eTHM^Y eTNHN3k.BcuK epoq neTNM^BcuK. e p o q ] 26 OY ra.p eq ¿ . n c c u N T

HneqTce]2,BON

(p.2) [Ich fürchtete mich. Und siehe, ich] sah im Licht [ein Kind, es stand aber] bei mir.

ep^-Tq

NA.I 3 NTA.PINA.IY e p o q Als ich [es] sah, Aqqjcünie e q o [wurde] es wie ein f i e e NOY"NO6 AYCÜ Großer und es NA.qiccp[Te [wandelte seine] Form MTTeiqcHAT e q o zu einem Sklaven. 65 5 N e e NOY2^-*NNÄ.YIO N 2 A - 2 Es waren [nicht viele] M]TT3LMTO C B O A . 6 vor meinem AngeA.YCU N C O Y N sicht, sondern es war eine vielgestaltige o[Yei]Ne e i q o 7 [Erscheinung] in dem N12A-2 MMOpH 2PAI 2H n o Y Q i e i N ] Licht.

Ich folge mit dieser Ergänzung Till/ H.-M.Schenke, S.83. Waldstein/ Wisse (vgl. S.16) ergänzen AY[CU 2ii6cL>ty]T (und ich schaute). 65 M.E. müßte in der Beschreibung der sich wandelnden Gestalten in NHC II wie in BG ein „Greis" vorkommen. Ob der „Große" so zu verstehen ist (so die Übersetzung von Waldstein/ Wisse, S.17), ob 2A.A. so gedeutet werden kann oder ob eine andere Ergänzung der Buchstabenreste möglich ist, kann ich nicht entscheiden.

II. Das Apokryphon des Johannes

NecMopH 11 ^ycu N[ICMA.T] [AYOYCUN12 €BOA NiyoYON^ 8 2 ' ™ l2 2'iTN NeYe [pHY NeYepHY ^[YCü] NAHje ecy.xe ne[CHi.]T N2k.qo oyeie Te Ncyo[M]'T[e] N'^iAea. ocje eco MMopH NCyOHT N£0 [Er sprach zu mir]: ne'4[.xa.q na.1] xe ne:*[A.qi Na.i oce „Johannes, [weshalb] iCüg^NNHC eT"[Be Ycug^NNH zweifelst du und OY e)KO N£HT icü'°[2^N]NH eTBe [fürchtest du dich]? CN^Y e i T * 16 [K.O OY [K.pAl]CTA.2e H

Ihre Gestalten terschienen] durch einander. [Wahrlich]66, tatsächlich, es ist eine [Erscheinung], denn sie ist dreigesichtig!

NGOTG]

Denn du bist [kein] Fremder [für diese Erscheinung]! Sei nicht [kleinmütig]! [Ich] bin es, der alle Zeit mit [euch] ist. Ich bin [der Vater], Ich bin die Mutter. Ich [bin der Sohn], Ich bin der, der (p.22) ewig ist, der Unbefleckbare und der Unvermischbare.

[Jetzt bin ich gekommen], um dich aufzuklären: [Was] ist und was [wurde] und was werden [soll],

66

E T B E O Y " [KO]

77 Und die [Formen] waren durch einander sichtbar, [und] die Form war dreigestaltig.

Er sprach zu mir: „Johannes, Johannes, weshalb zweifelst du? Und weshalb furchtest [du] dich?

N20T6 NTK. OYqjHMO ra.p MH N[TK] QYqjMMO Bist du etwa ein 17 [A.N e ^ i A i e * . ¿ . f e i - A e ^ 12 [ e i j e Fremder für diese Er8 MTTpp KOYI N' [2HT TÄ.I T C Hniepp scheinung, die dies ist? 21^1" cyHM Sei nicht kleinmütig! 13 A.N]OK n e T q p o n ¿.NOK. n e T [ c y o o n Ich bin es, der alle Zeit NMH"[TN NOYlpeiqp NMMHTHYTN] [mit euch ist], NIM NOYOeiqp NIM A.NOK. TTe 20 ¿.NOK 14 [ n e neiCüT Ich [bin der Vater], Ich [TTEltUT] ¿.NOK n e ¿.NOK n e ] TMa.a.Y bin die Mutter. Ich bin TMA.A.Y a n o k 21 [ n e ¿.NOK n e nqjH 1 , [pe der Sohn. ncpHipe ¿.NOK ne ¿.NOK n e Ich bin der UnbefleckneTcyoon (p.22) niä.T]TO)AM a.YCU bare und der Unverq A 6N62 niA.TXCI)2M mischbare, ni2LTTCü[AH HN ni3LT]2MOY-X6 NMMä.q 16 T[CNOY ¿eiei] 3 [TCNOY ¿ i e i Jetzt [bin ich gekomeTOYNOYei2k.TK eTceB]OK [Xie OY men, um dich zu beeB[OA. x e OY n e T U j o o i T 17 [¿.Ycu lehren], was ist [und 4 ne] Tcyoon OY n e T A . 2 t y t u n e was wurde] und was OY ¿-Yicp IO)Y n e T O j e [werden] soll, ne[NTA.qo?a)] 5 ne e 18 [ne i.yci) OY neTecyiqje eTpeqi'qpcune

Waldstein/ Wisse (vgl. S.16) ergänzen zu Neye[pHY OYAje eq)Xe

78

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

damit du [erkennst] die • x e t c a ^ c c i c i e c i M c unsichbaren (Dinge) G]7NULTN2LY und die sichtbaren, { e i e p o o y M[NN NeTOYl'NA.Y e p o o Y und um [dich aufzu- a.YU> klären] über den voll- eT[OYNeia.TK]' GBOA. e T B e kommenen TTIT6A.I[OC NpCÜMe] [Menschen].

eK.NA.MMe GNJGTG NCGOYO[N2 " A.N MN NGTOYON2 Ä.YCU GTCGBO]K GTrG[NG2k. 20 NA.TKIM NTG TTITGA.IOC NPCÜMG

Jetzt also erhebe dein 10 T G N O Y 6 e q i [Gesicht], höre und m t t g k [ 2 0 e 2 P ^ l " e i [empfange, was ich] n t c c u t m ¿ . y t u dir heute sagen werde, N(f\XI NNG*J*]1 2N3L JCOO Y NÄ.K. MTTOOIY 13 [damit] auch du [es xeica.A.c] deinen] Gleichgeistem GKGT2loyoo[Y verkündigst, die [aus] NNeK20)uMOT7NÄ. dem Geschlecht, das N2J CTG 2GN[eBOA. nicht [wankt], des 2'| T N) 15 - f r e N e x vollkommenen Men- GTG M2k.CK[IM NG schen sind." MTTTG] 16AJOC NpCOMG Und [ich bat] zu er- ¿.Ytu aLieixNOYC] 17 kennen. 6NOI

T]GNOY 11 [6G qi MTTGK.20 G2PÄ.I GBOA. JCGJCA.a.]C GKNA.22|XI NN6"|"N3lTCGBOOY cpoK Minooy sie deinen [¿.lyKD 23 n k t j l y o y [und [verNNGKq^BpnjNa. N2J Gleich]geistem 24 kündigst], die [aus] GTCyiOOlTT [GBOA. dem [nicht wankenTrGNGa. den] Geschlecht des N2LTKIM] NTG vollkommenen MenTTITGA.IOC 25 schen sind." [NPCÜMG

Er sagte mir: „[Die TTGJ2Cä.q NÄ.I X[G Einheit] ist eine Ein- TMNTOY]"^. GYMON3lPXIÄ. TG... herrschaft....

BG p.75,15-77,5

Ich aber sage dir dieses, damit du es aufschreibst und deinen Gleichgeistem im Verborgenen gibst.

2lNOK JLG 16 GGIXCD NNA.I GpOK X e 17 GK.2iCa.20Y NrT2kAY Ni8NGK20M0TTNä. 2M TTTT6"eHTr

Jk.Ytü ¿.NOK. ¿.LXNJOYC XGKXXC Gi[N2l]26[MMG GpOC TTG.Xa.qi N3LGI XG TM[0]NJk.C 27 [GOYHONÄ.pXI3k. TG...

damit [du] die unsichtbaren (Dinge) und [die sichtbaren erkennst, und um dich zu belehren] über das [nicht wankende Geschlecht des vollkommenen Menschen], Jetzt [also erhebe] dein [Gesicht, damit] du die (Dinge) [empfängst, die ich dich] heute [lehren werde],

[Und ich, ich bat], daß ich [es erkenne]. [Und er sprach] zu mir: „Die Monade [ist eine Einherrschaft]...

N H C II p.31,27-32,6 ¿.GIXCUK N2LK GBOA. N2CÜB 28 NIM 2P3LI 2N NGKMA.A.XG ¿.NOK AG 29 i . l X e 20)B NIM GpOK XGK2ia.C GKNak.C2^.i30COY NKT^Ä-Y NNGKCyßj5 TTNJk. 2N OY2tüTf

Ich habe dir alles vollendet in deine Ohren. Ich habe dir aber alles gesagt, damit du es aufschreibst und deinen Gleichgeistern im Verborgenen gibst.

79

II. Das Apokryphon des Johannes

Denn dieses Geheimnis gehört dem Geschlecht, das nicht (p.76) wankt. Die Mutter aber kam nochmals vor mich. Dies nun ist, was sie in der Welt gemacht hat: Sie hat ihren Samen aufgerichtet. Ich werde euch mitteilen, was geschehen wird! Denn ich habe dir dies gegeben, um es aufzuschreiben und sicher zu hinterlegen."

TTeiMYCTHpiON

31

;o

e T e MJL.C(76)K.IM

na.ì ra.p

n e

nHycTHpioN

ra.p n a . TreNeak. n e

NTRENEA. NVT32K.IM

Denn dies ist das Geheimnis des nicht wankenden Geschlechts."

TM2k.2k.y A e a . c e i 2 NKecoTT 2 a . T a . 2 n N2LI

3

ON

NeNT2k.ca.a.Y 2 m TTK.04CM0C A.CT2K.2E necnep'MA. •J-N2k.Ta.Me

6

epa.Tq THYTN

eneTNa.cytune 7

KAI r a . p 2j*t* NA.Ì

NJLK. e 8 c a . 2 o y N c e m y ' °Y TJLXPO

a.ycu A.q-f- Na.ei

Und der Erlöser gab ihm dies, damit er es aufschreibe und es sicher hinterlege.

NA.Q NÓI n c c ü p

e q N a . c a . 2 o y 2LYO> N ( j K i . i y 2N oy34Ta..xpo

Dann sprach er zu mir: „Verflucht sind alle, die dies für ein Geschenk hergeben werden oder für Essen oder für Trinken oder für Kleidung oder für etwas anderes, was diesen gleicht."

TOTe

nexa.q

N2L °ei x e

QC2OYOPT NÓI OY"ON NIM E T N ^ - F

N2LÌ eT'-Be JLCüpON H e T B e 6IN"OYCÜM

H eTBe ccu H eTuBe 2Bcco H e T B e Kel52COB eqeiNe NNxei

Er gab ihm dieses Ge- ^ q ^ e T O T q MniMYCTHpi17ON heimnis.

Und er sprach zu ihm: „Verflucht sind alle, x e qc2oyopT die dies für ein GeNÓI O Y O N NIM schenk hergeben were T N a / f Na.1 2^. o y A C J ^ p o N H e T B e den oder für etwas Essen oder für Trinken OY2Ne oycuM H oder für Kleidung oder e T B e oy37ccu H für etwas anderes e T B e oyqpTHN H (p.32) dieser Art." e T B e K 6 2 C Ü B (32) a.yo> n e . x a . q

Na.q 35

NTeiMeiNe

a.ycu N a j ì y t ì ì y Na.q 2 2 n OYMYCTHpiON

Sofort verschwand er N T e y N o y a . q p a.Toyl8cuN2 eBOA von ihm. Nà.q

a.YTU 2N T O Y N O Y a.qp

3

a.ToycuN2

eBOA.

MneqMTO

Und dies wurde ihm in einem Geheimnis übergeben. Und sofort verschwand er von seinem Angesicht.

6BOA.

Und er (p.77) kam zu seinen Mitjüngerlnnen und begann ihnen zu sagen, was ihm vom Erlöser gesagt worden .

A.YCÜ A.Q(77)EI QJA. NeqqpBp

MA.©H2THC

4

a.ycu a.qei qja.

N e q q j B p Ma.©HTHC

a.qpa.pxecea.1

¿.qTe'oyo)

N'XCÜ e p o o y

NNeNT3k.TTCCÜp

NNeNT2k.4XOOY

x o o y

epoq eBOA. 2»TosoTq MTTCCüTHp

6

epooy

Na.q

i c n e x p c 2^MHN

Und er kam zu seinen Mitjüngerlnnen (und) verkündete ihnen, was der Erlöser ihm gesagt hatte.

Jesus Christus Amen.

80

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

b) Abgrenzung und Gliederung der Rahmenerzählung Die Rahmenerzählung ist breit und bunt ausgestaltet. Zur Einführung der Erscheinung dessen, der dann lehrt, werden nicht nur Person und Ort - Johannes auf dem Berg - beschrieben (BG p.20,3-19 par.), sondern sie enthält noch eine einleitende Szene im Tempel (BG 19,6-20,3 par.). Auch diese ersten Sätze bereiten die folgende Erscheinung in einigen Punkten vor. Damit fällt der Anfang der Erscheinungserzählung in der Kurzfassung des AJ mit dem Beginn der Schrift zusammen.67 Auch der Übergang zu den Belehrungen ist klar markiert, auf Wunsch des Johannes hin (BG p.22,16f. par.) setzt Jesus zu Belehrungen an, die völlig unabhängig von der Situation der Erscheinung sind und vorerst nicht durch Fragen des Johannes unterbrochen werden (BG p.22,17ff. par.). Die vorher geschilderte längere Rede Jesu (BG p.21,14-22,16 par.) gehört dagegen noch zur Rahmenerzählung, weil der Erschienene auf die Reaktion des Johannes eingeht, sich vorstellt und grundlegende Auskünfte über die gleich ergehende Offenbarung gibt. Der Übergang zum zweiten Teil der Rahmenerzählung am Ende der Belehrungen ist schwerer zu bestimmen, zumal Kurz- und Langfassung durch den Pronoia-Hymnus in letzterer differieren. Der Aufstieg zum vollkommenen Äon (NHC II p.31,25-27 par. BG p.75,14f.) ist wohl auf Jesu Verschwinden zu beziehen, obwohl er in NHC II auch als Abschluß des Hymnus verstanden werden könnte. Danach folgt nur in der Langfassung ein Satz über die Vollendung der Lehren (NHC EI p.31,27f.), und die konkreten Anweisungen an Johannes über den Umgang mit der Lehre beginnen (BG p.75,15ff. par.). Mit diesem Abschnitt ist deshalb die Rahmenerzählung einzusetzen, obwohl in der Kurzfassung noch einige Sätze über das Handeln der Mutter eingeschoben sind (BG p.76,1-6).68 Nach dem Verschwinden Jesu ist nur kurz vom weiteren Tun des Johannes berichtet (BG p.76,18-77,5 par.), damit endet die Schrift. 69 Die Erscheinungserzählung ist im Verhältnis zu anderen Dialogevangelien ungewöhnlich ausfuhrlich, die Grundstruktur besteht jedoch wie in der SJC aus der Einführung (BG p. 19,6-20,19 par.), der Erscheinung (BG p.20,19-21,13 par.) und der Kontaktaufnahme (BG p.21,13-22,17 par.). Allerdings enthält der letzte Abschnitt schon eine längere Rede Jesu und auch Anweisungen bezüglich der Übermittlung der Lehre. Die Einführung und die Erscheinung lassen sich noch unterteilen, in gewisser Weise schildert die Erscheinungserzählung zwei Einfuhrungen und zwei Erscheinungen: Eine erste Einführung bildet der Streit mit Arimanias (BG p. 19,6-20,3 par.); diese Szene bereitet die Erscheinung vor allem in bezug auf Johannes und seine Stimmung vor.70 Als zweite Einführung wird dann Johannes auf dem Berg beschrieben und - wie in der SJC - eine Liste von Fragen geboten (BG p.20,2-19 par.). Die Erscheinung besteht aus kosmischen Zeichen (BG p.20,19-21,3 par.) und dem Bericht über die eigentliche Erscheinung (BG p.21,3-13 par.), beides ist durch eine erste Reaktion des Johannes getrennt. 67

Die Vorbemerkung in der Langfassung NHC II p.1,1-4 par. IV p. 1,1-5 ist dagegen nicht zur Rahmenerzählung zu rechnen, sondern eher eine längere Überschrift. 68 Waldstein/ Wisse (vgl. S.175) verweisen als Parallele auf NHC II p.23,20-22, mir scheint das Handeln der Mutter zugunsten ihres Samens eher eine sachliche Parallele zum Pronoia-Hymnus zu sein. 69 In der Langfassung mit der Formel .Jesus Christus, Amen" (NHC II p.32,6). 70 Anders als in der EpPt, wo die erste Szene (NHC VIII p.132,12-133,11) praktisch keine Beziehung zur folgenden Erscheinungserzählung hat.

II. Das Apokryphon des Johannes

81

c) Die Einführung (BGp. 19,6-20,19par. NHC IIp. 1,5-29) In der ersten Einfiihrungsszene wird zunächst der Zebedaide Johannes als späterer Empfänger der Offenbarung vorgestellt (BG p. 19,6-9 par ). Der Streit im Tempel (BG p. 19,9-20,3 par.) beleuchtet seine Situation und Verfassung, bietet aber durch den Verweis auf Jesu Tod bzw. sein Gehen zum Vater zugleich eine zeitliche Einordnung der Ereignisse. Andere hier angedeutete Themen wie der Tempel als Ort, die Auseinandersetzung mit dem Pharisäer und seine konkreten Vorwürfe werden jedoch im weiteren Verlauf der Schrift nicht wieder aufgenommen.71 Auffällig ist zunächst die jüdische oder judenchristliche Einbettung: Johannes geht anscheinend ganz selbstverständlich zum Tempel, setzt sich mit einem Pharisäer auseinander und ist von dessen Vorwürfen ernstlich betroffen. Der Name seines Gesprächspartners, Arimanias (BG p.19,12) oder Arimanios (NHC II p.1,9) ist sonst nicht belegt, vermutlich ist er symbolisch zu deuten, Arimanias ist der Gegner schlechthin.72 Seine Anfrage (BG p,19,13f.) setzt vermutlich den Tod Jesu voraus7 und impliziert mit dem Verweis auf Jesu Abwesenheit sein Scheitern. Johannes antwortet mit der Rückkehr Jesu an seinen Herkunftsort (BG p,19,15f. par.), eine typisch johanneische Aussage (Joh 13,3; 16,28 u.ö.). Gemeint ist, daß Jesus „von oben", vom Vater, kam und dorthin zurückkehrte. Die Antwort ist auf Jesus zentriert, ihm entspricht es, wieder zurückzukehren, es ist kein Scheitern. Damit äußert Johannes ein bestimmtes Verständnis der Person Jesu, das anscheinend auch durch Jesu Tod nicht gelitten hat, geht aber nicht auf die eigene Position in Jesu Nachfolge ein, obwohl dies Problem in der Anfrage vorgegeben ist. Der nächste Redebeitrag des Arimanias (BG p. 19,17-20,3 par.) greift nun massiv diese Sicht Jesu durch Johannes an. Jesus wird als Nazarener bezeichnet, also ganz irdisch definiert.74 Ihm wird Betrug vorgeworfen, ausdrücklich und noch in zwei weiteren Aussagen, deren Rekonstruktion allerdings unsicher ist (BG p. 19,17-20,1 par.).75 Worin der Betrug genau bestehen soll, bleibt offen, nur am Ende wird in einer vierten Aussage der Vorwurf konkreter, als Abbringen von der Überlieferung der Väter (BG p.20,1-3 par.). Genau dies geschieht später in der Schrift, wenn sich der Erschienene ausdrücklich gegen Mose wendet. Auch die Frage der Herkunft Jesu ist durch die Art der Erscheinung eindeutig beantwortet. Die Vorwürfe des Arimanias bleiben unwidersprochen stehen, Johannes zieht sich wahrscheinlich zum Ölberg zurück (BG p.20,3-6 par.). Die weitere Zielangabe „zu einem wüsten Ort" kann den Ort auf dem Berg näher bestimmen, vielleicht aber auch ei71

Nur das Abbringen von den Überlieferungen der Väter entspricht der späteren Genesisinterpretation. Vgl. Werner, Apokryphon, S2f.; Giversen, S.152. Allerdings ist gegen Giversen seine Annäherung nicht von vornherein als feindlich zu verstehen, "J" o y o e i gibt mit großer Wahrscheinlichkeit ein Jlpoa£pxo|iCU wieder (vgl. Concordance 11,2, S.1005). 73 Vgl. Giversen, S.140. 74 Der Begriff Na^Cüpdloi; wird in neutestamentlichen Schriften im Sinn von „Nazarener" verwendet, also auf die Herkunft Jesu aus Nazareth bezogen (so explizit Mt 2,23), obwohl er vielleicht ursprünglich eine andere Bedeutung hatte (vgl. Bauer/ Aland, Sp.1077; Kuhli, Sp.l 120f; Berger, Jesus, S.324fT. passim). Auch hier ist er im matthäischen Sinne verwendet. 75 Vgl. Till/ H.-M.Schenke, S.78 Anm. 72

82

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

nen weiteren Ort hinter dem Berg meinen, in diesem Fall fände die Erscheinung dann nicht auf dem Berg selbst statt. Von der Geographie her ist letzteres wahrscheinlicher, denn der Ölberg ist eher kultiviert als wüst. Aber die Logik der Erzählung läuft auf eine Kombination der Orte hin, denn Berg und Wüste sind Orte der Gottesbegegnung. 76 Trotz der Anbindung an die vorausgehende Szene durch den Temporalsatz N T e p i C C U T M € N 2 J liegt in BG p.20,3f. par. ein Einschnitt vor, denn ab jetzt ist Johannes allein und an dem Ort, an dem gleich die Erscheinung stattfindet. So ist die Abwendung vom Heiligtum mehr der Auftakt zu etwas Neuem als die Reaktion auf den Streit. Auffällig ist außerdem der Wechsel im Erzählstil: Im BG ist von hier an von Johannes nicht mehr in der dritten, sondern in der ersten Person berichtet; erst ganz am Ende der Schrift, vor dem Verschwinden des Erlösers, wechselt die Art der Erzählung wieder (BG p.76,15f.). 77 Auch die Traurigkeit des Johannes ist nicht in erster Linie vom Vorausgehenden her zu verstehen, sondern wird durch die folgenden Fragen erläutert und begründet (BG p.20,6-14 par.). 78 Es handelt sich wie bei der SJC um eine Liste von Fragen, die allerdings anders als dort hauptsächlich um den Erlöser kreisen. Johannes fragt nach dessen Erwählung, nach seiner Sendung durch den Vater, nach dem Vater und nach dem zukünftigen Äon. Die letzte dieser vier Fragen ist näher erläutert, und zwar durch einen Rückbezug auf eine schon erfolgte, aber noch unvollständige Belehrung durch den Erlöser (BG p.20,14-19 par.). Das Verhältnis vom gegenwärtigen zum zukünftigen Äon ist klar, es fehlen jedoch Informationen über den zukünftigen Äon, auf den Johannes hofft. Die Frageliste hat so eine ganz ähnliche Struktur wie die der SJC: Nach vier allgemeinen und umfassenden Fragen folgt eine konkrete Bemerkung über das Handeln des Erlösers. Hier im AJ wird jedoch nicht ein kosmisches Handeln (im „Heilsplan") thematisiert, sondern die Unterweisung von Jüngerinnen wie Johannes. Soweit aus diesem Rückblick erkennbar ist, hat die Belehrung sich auf den gegenwärtigen Äon bezogen; vermutlich fand sie zu Zeiten des irdischen Lebens Jesu statt. 79

76

Der Ölberg ist nur in BG p.20,5 eindeutig zu identifizieren, vom Tempel aus gesehen kann „zu dem Berg" (GTTTOOY mit bestimmten Artikel) nur den Ölberg meinen. Vgl. Werner, Apokryphon, S.6 Anm.l; Krause, Verhältnis Apokryphon, S.133. In NHC II p.1,11 ist, sofern der lückenhafte Text richtig ergänzt ist, allgemeiner von einem „bergigen und wüsten" Ort die Rede. Dies ist wohl eine sekundäre Vereinheitlichung der doppelten Ortsangabe der Kurzfassung. 77 In der Fassung von NHC II findet ebenfalls ein solcher Wechsel von dritter zu erster zu dritter Person statt, allerdings jeweils früher als in BG (NHC II p.1,11; 31,32). Ein solcher Wechsel ist nicht unüblich, vgl. Werner, Apokryphon, S.4. Z.B. ApcPl NHC V p.18,13 (mit ihm); 19,10 (zu mir); 19,18 (er) usw. oder HA NHC II p.93,6.8 (Norea, sie) und 93,18.32 (mir, ich). Der Wechsel der Erzählperspektive ist kein Indiz zum Unterscheiden verschiedener Schichten oder Quellen der Schrift, da von der Erscheinung in der ersten Person, vom korrespondierenden Verschwinden jedoch in der dritten Person berichtet ist. 78 Das Imperfekt NeiAYTTGl in BG (p.20,6) bestätigt diese Deutung, denn es drückt einen andauernden Zustand aus. In NHC II steht jedoch das Perfekt atfAYTTei. 79 Im AJ scheint der entscheidene Einschnitt, der das irdische Leben begrenzt, die Rückkehr Jesu an seinen Ausgangsort (BG p.l9,15f. par.) zu sein, nicht sein Tod. Es ist denkbar, daß Johannes auch auf Begegnungen mit Jesus kurz nach seiner Auferstehung, noch vor seinem Gehen „zum Vater" (Joh 20,17) zurückblickt, die dann zur Phase des irdischen Lebens Jesu zu rechnen wären. Die folgende Erscheinung

83

II. Das Apokryphon des Johannes

Die ganze Frageliste paßt relativ gut in den Kontext, in dem die Person Jesu von Arimanias angegriffen und jetzt auch von Johannes hinterfragt wird. Allerdings geht Johannes von der Grundvoraussetzung aus, daß Jesus vom Vater gesandt und jetzt wieder dort ist. Die Fragen korrespondieren den folgenden Offenbarungen nicht genau, aber weitgehend; vor allem die Bezeichnung „Erlöser" wird in ihnen jedoch nicht wieder aufgegriffen. Anders als in der SJC handelt es sich bei der Frageliste nicht um ein eigenständiges Traditionsstück, sondern um ein in der Erzählung eingesetztes Stilmittel. 80 Die Fragen sind nicht spezifisch gnostisch, gehen aber in diese Richtung, besonders die letzte nach dem kommenden Äon. d) Die Erscheinung (BG p. 20, ¡9-21,13 par. NHC IIp.l,

30-2,9)

Sofort danach, als eine Antwort auf die Fragen des Johannes, ereignen sich die ersten kosmischen Zeichen, die die Erscheinung vorbereiten. Die Himmel öffnen sich, die Schöpfung unterhalb leuchtet, und die Welt wankt (BG p.20,19-21,2 par.). Die einzelnen Ereignisse bedingen sich: Die Öffnung der Himmel ermöglicht erst das Aufleuchten der Schöpfung, denn das Licht ist ein wesentliches Kennzeichen der oberen himmlischen Welt und ein Attribut des obersten Gottes (vgl. z.B. BG p.23,1.14; 24,6f.; 25,1 lff. par.). Die Schöpfung (CCÜNT, K.TICIC) ist dagegen Werk Jaldabaoths (BGp.44,10 par.) und gehört deshalb auf die Seite der Finsternis. Durch die geöffneten Himmel wird o 1

also Licht durchgelassen, der obere, „lichte" Bereich dehnt sich aus. Das ist ein wahrhaftig weltbewegendes Ereignis. Das „Wanken" drückt die Erschütterung aus, in die die (untere) Welt durch den Kontakt mit der himmlischen gerät. 82 Es ist von grundsätzlicherer Bedeutung als etwa ein Erdbeben, KIM gibt hier wohl ¿.OY H i p i i . ... (vgl. Schmidt/ Wajnberg, S.2* Anm.). ¿.OY M¿.p©¿. anstelle von Ta.M2k.pe2k. als ursprünglichen Text anzunehmen (vgl. Schmidt/ Wajnberg, S.38 Anm.), scheint mir weniger einleuchtend. 85 Vgl. z.B. die Frauenlisten Lk 24,10 und Mk 16,1: Lk nimmt die für ihn wichtige Johanna (vgl. Lk 8,3) in die Liste auf und läßt dafür Salome als ihm weniger wichtige, unbekannte oder unerwünschte Frau weg. Allerdings ist in der EpAp nicht einfach ein Name durch einen anderen ersetzt, denn nach dem äthiopischen Text werden gleich noch Maria und Sara, nach dem koptischen Martha und Maria erwähnt. 86 Dies gilt aber nur für die Erzählung der EpAp für sich betrachtet. Wenn sie sich auf andere Berichte stützt, in denen die Frauen am Ostermorgen zum Grab kommen, dann ist hier dieser Zeitpunkt als selbstverständlich vorausgesetzt. 87 Der äthiopische Text erklärt noch, wieso sie in das Grab hineinkönnen.

114

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

aber ohne entsprechende Partikel, wahrscheinlich aber als Durchführung ihrer ursprünglichen Absicht, weinen und trauern die Frauen (10,1). Da erscheint ihnen Jesus und spricht sie an. Er fordert sie auf, nicht mehr zu weinen, stellt sich als der von ihnen Gesuchte vor (10,1) und beauftragt dann eine von ihnen, die Botschaft seiner Auferstehung an die Brüder auszurichten (10,2). Der Abschnitt ist folgerichtig aufgebaut, überraschend ist höchstens, daß die Frauen so ohne weiteres ins Grab sehen können, das ja eigentlich verschlossen sein müßte, besonders wenn der Text mit den kanonischen Berichten verglichen wird. Aber auf dem Nicht-Finden des Leibes liegt ohnehin nicht viel Gewicht, es bewirkt keine grundsätzliche Änderung der Absicht der Frauen. Sie weinen und trauern, wie sie es vorgehabt hatten, auch wenn der Leib zum Salben fehlt. Die Wende bringt erst die Erscheinung Jesu, der das Weinen hinterfragt und als der Gesuchte das Nicht-Finden aufhebt. Dadurch entsteht eine ganz neue Situation, die dann als Botschaft an die Brüder konkret formuliert wird: „Der Lehrer ist auferstanden von den Toten." (10,2) Als nächstes folgen zwei parallel aufgebaute Abschnitte, die die Ausrichtung dieser Botschaft zum Thema haben (10,3-7; 10,8-11,1). Zwei der Frauen gehen nacheinander zu den Jüngern und verkünden, was ihnen aufgetragen wurde, finden aber keinen Glauben. Zuerst geht Martha (kopt.) bzw. Maria (äth.). Was sie den Jüngern sagt, ist nur knapp zusammengefaßt („sie sagte es uns", 10,3), der genaue Wortlaut ist also aus dem Auftrag Jesu zu entnehmen (10,2). Die Reaktion der Jünger, hier wie sonst in der Schrift in der ersten Person Plural, weil es sich um die Autoren handelt, ist dagegen ausfuhrlicher dargestellt: Zunächst erfolgt in wörtlicher Rede die Antwort an Martha bzw. Maria (10,4), in der noch einmal Tod und Begräbnis erwähnt werden, was ein Lebendigsein ausschließt. Danach wird die Stimmung der Jünger noch zusammengefaßt als Unglaube bezüglich der Auferstehung des Erlösers (10,5). Die derart Zurückgewiesene kehrt zu Jesus zurück und berichtet ihm vom Unglauben der Jünger (10,6), worauf er eine zweite Frau mit derselben Aufgabe betraut (10,7). Der gleiche Ablauf Gehen - Botschaft ausrichten - Unglaube - Rückkehr - Bericht neue Aufforderung Jesu wiederholt sich nun noch einmal in knapperer Form (10,8-11,1). Diesmal geht Maria (kopt.) bzw. Sara (äth.). Eine direkte Antwort der Jünger fehlt hier, es ist nur Unglaube festgestellt (10,8), und auch von der zurückkehrenden Frau ist nur gesagt, daß sie Jesus berichtet (10,9). Während bis hierher die Verse 10,3-6 verkürzt wiederholt wurden, ist die Aufforderung Jesu diesmal anders: Sie alle sollen zu den Jüngern gehen (11,1). Im folgenden wird jedoch nur noch Jesus erwähnt, der zu den Jüngern kommt, die Frauen treten nicht wieder in Erscheinung. Schon dieser erste Teil der Geschichte ist stark aus der Perspektive der Jünger erzählt; die Frauen stehen dagegen nicht im Zentrum des Interesses und verschwinden 11,2 einfach ohne Erklärung. Die Jünger sind dagegen schon als Empfänger der Botschaft beteiligt, die Darstellung ihrer Position und Reaktionen nimmt weit mehr Raum ein als die Schilderung des Erlebnisses der Frauen. Wörtliche Rede kommt fast nur von Jesus und den Jüngern. Vor allem aber ist die Reaktion der Frauen auf Jesu Erscheinung mit keinem Wort erwähnt, sie scheint völlig unproblematisch zu sein, da sie den Auftrag

III. Die Epistula Apostolorum

115

Jesu dann ohne weiteres ausfuhren. 88 Aber gerade im Vergleich zur späteren ausfuhrlichen Überwindung des Unglaubens der Jünger spricht dies für Desinteresse. Die Frauen sind nicht als eigene Figuren wichtig, sondern nur in ihrer Funktion als Überbringerinnen der Botschaft von der Auferstehung an die Jünger. Diese, besonders ihr Unglaube und seine Überwindung, stehen eigentlich ab 10,3 neben Jesus im Mittelpunkt. Außerdem bietet der Gang der Frauen zum Grab eine Überleitung zwischen den Sätzen zur Passion Jesu, die mit der Grablegung enden, und der Erscheinung Jesu. d) Jesu Zusammentreffen mit den Jüngern Ein zweiter großer Abschnitt berichtet nun vom Zusammentreffen Jesu mit den Jüngern (11,2-12,4); die Frauen sind nicht mehr erwähnt. Obwohl nach 11,1 alle gemeinsam zu den Jüngem gehen wollen, kommt in 11,2 nur Jesus (ä.(j€l, dritte Person Singular Maskulinum). 89 Der Abschnitt berichtet in mehreren Gesprächsgängen von der allmählichen Überwindung des Unglaubens der Jünger. Als erstes ruft der Angekommene die Jünger „heraus" (11,2), sie halten sich „drinnen" auf, haben sich also zurückgezogen oder versteckt. 90 Sie halten ihn für ein Gespenst und glauben nicht, daß er es ist (11,3). Daraufhin betont Jesus, daß er ihr Lehrer ist, und wirft speziell Petrus erneute Verleugnung vor (11,4). Letzteres ist sowohl ein Tadel an Petrus als auch ein Zeichen seiner Identität: Der Erschienene weiß von der Verleugnung durch Petrus. Die Reaktion der Jünger ist dann schon positiver, sie kommen zu Jesus, 91 rechnen aber immer noch mit der Möglichkeit, daß er es doch nicht ist; sie zweifeln (11,5). Gegenüber dem klaren Unglauben von 11,3 scheint dies ein Fortschritt zu sein, aber nur ein geringer. Jesus wirf! ihnen jedenfalls dann Zweifel und Unglauben vor (11,6), beides steht hier gleichbedeutend nebeneinander. Als weiteres Argument für seine Identität verweist er auf seine früheren Worte über sein Fleisch, sein Sterben und sein Auferstehen (11,6). Schließlich fordert er Petrus, Thomas und Andreas auf, ihn zu berühren und zu betrachten, um sich so zu überzeugen, daß er es wirklich ist und nicht ein Gespenst

88

Vgl. Hills, S.83. Es ist möglich, daß die Frauen einfach als mitbeteiligt vorgestellt sind und nur nicht erwähnt werden, weil die Erzählung sich auf Jesus konzentriert. Insofern könnten sie durchaus auch Zeuginnen des folgenden Dialogs sein. Gesprächspartner Jesu und so direkte Empfanger der Offenbarung sind jedoch nur die Jünger, das „Wir" ist eine von den Frauen zu unterscheidende Gruppe. 90 Die äthiopische Überlieferung unterscheidet sich hier von der koptischen und ist auch in sich gespalten. Hills (vgl. S.73-76) diskutiert die Varianten und kommt zu dem Schluß, daß ursprünglich ein „verbergen" gemeint ist, wie es auch im EvPetr erwähnt ist. Dies hat einen abgeschwächten Niederschlag im koptischen („drinnen") und einen verstärkten im äthiopischen Text („verhüllt") gefunden. Allerdings sieht er zu Unrecht als Anlaß für das Verbergen Furcht vor dem Erschienenen, nicht vor anderen Feinden wie im EvPetr und in Joh 20,19. M.E. beginnt die Reaktion auf den Auftritt Jesu jedoch erst in 11,3; in 11,2 ist der Zustand beschrieben, in dem Jesus die Jünger antrifft. 89

91

Vgl. Hills, S.70f. Vielleicht ist gemeint, daß die Jünger noch im Haus sind (11,2), während Jesus draußen bleibt und sie ruft (11,2); diesem Ruf folgen sie erst in 11,5. Plausibler scheint mir allerdings, daß in 11,5 ein Herantreten an Jesus gemeint ist; die Verringerung ihres Abstandes zu Jesus zeigt die allmähliche Überwindung des Unglaubens, in 12,1 berühren sie ihn sogar und äußern ihren Glauben.

116

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

(11,7f.). 92 Zur Widerlegung der Geistannahme dient ein Prophetenzitat (11,8), das aber keiner bekannten Schrift zugeordnet werden kann. 93 Diese Demonstration hat Erfolg, die Jünger sind nun von der Auferstehung Jesu überzeugt und bereuen ihren Unglauben (12,1 f.). Daraufhin hebt Jesus erneut an und kündigt Offenbarungen an (12,3), die himmlische und überhimmlische Dinge betreffen sowie die Ruhe (2k.N2iTTA.YCIC) der Jünger im Himmelreich zum Thema haben. Als Begründung (r2ip) für dieses Offenbaren nennt er die ihm von seinem Vater gegebene Vollmacht, die Jünger und alle Glaubenden mit hinaufzunehmen (12,4). Hier scheint die Anschauung im Hintergrund zu stehen, daß das Hinaufhehmen durch die Offenbarungen bewirkt wird. Diese Ankündigung entspricht den folgenden Offenbarungen allerdings nicht, sie konzentrieren sich eher auf das irdische Leben der Jünger mit seinen Problemen und Aufgaben. Ruhe und Hinaufhahme werden öfter verheißen, aber nur in EpAp 19; 21 näher ausgemalt. Bei der Schilderung von Jesu Herabkommen (13) werden auch die Himmel, die er durchquert, beschrieben; hier scheint auch vorausgesetzt, daß der Vater sich oberhalb der Himmel befindet. 94 Aber der ganz überwiegende Teil der Offenbarungen Jesu gilt irdischen Ereignissen, bis hin zum jüngsten Tag. e) Der Abschluß der Rahmenerzählung In 13,1 werden die Offenbarungen deutlich als solche eingeleitet. Ebenso klar wird in 51 das Ende des Gespräches festgestellt. Danach äußert sich Jesus aber nochmals an seine Jünger gewandt und kündigt sein Weggehen mit dem Vater nach drei Tagen und drei Stunden an. Die Zeitangabe ist wohl im Sinne von „am dritten Tag" (nach der Kreuzigung) zu verstehen, 95 denn direkt danach tritt das angekündigte Ereignis auch ein: Unter theophanen Begleitumständen (Donner, Blitz, Erdbeben) wird Jesus von einer Wolke fortgenommen. Dies ist wohl als ein allmählicher Aufstieg vorgestellt, der von einem Lobpreis durch Engel begleitet ist. Ganz am Ende, beim Erreichen des Himmels, erfolgt noch ein letztes Abschiedswort: „Geht hin in Frieden". Damit endet auch die ganze Schrift. Kap.51 gehört mit 9-12 zusammen, weil in der berichteten Gesprächssituation der Erscheinung Jesu sein Verschwinden entspricht; außerdem findet in beiden Stücken Kommunikation zwischen Jesus und den Jüngerinnen statt, die explizit nicht zum eigentlichen Offenbarungsgespräch gehört. Sonst aber passen beide Teile der Rahmenhandlung wenig zusammen: In 11 sind die Jünger in einem Haus, während 51 eine Situation unter freiem Himmel und vermutlich außerhalb einer Stadt (auf einem Berg?) voraussetzt. Die Erscheinung Jesu ist nicht mit übernatürlichen Begleitumständen/ Theophaniemotiven geschildert, ganz im Gegensatz zu seinem Verschwinden. Die Begleitung seines Aufstieges durch die Engel paßt eher zur Schilderung seiner Herabkunft 92

Möglicherweise ist hier bewußt nicht Joh als exemplarisch Ungläubiger ausgewählt, obwohl er die Liste in 2 anfuhrt. Wenn Johannes als Lieblingsjünger des Johannesevangeliums identifiziert wird, wäre solcher Unglaube äußerst unpassend (siehe Joh 20.8). 93 Vgl. Schmidt/ Wajnberg, S.211; Hills, S.89. Vgl. aber Actloh 93, wo vom irdischen Jesus gesagt wird, daß er keine Spur hinterläßt. 94 Die einzige weitere Erwähnung eines Ortes oberhalb der Himmel findet sich in Kap.21. 95 Vgl. Schmidt/ Wajnberg, S.301.

III. Die Epistula Apostolorum

117

(13), bevor er in Maria eingeht, und auch zur Ankündigung seiner Wiederkunft zum Gericht (16). D.h. die Himmelfahrt ist der Abschluß des irdischen Lebens, während die Erscheinung des Auferstandenen ein Teil von ihm ist - beide Ereignisse entsprechen sich also nicht wirklich, auch wenn sie hier das OfTenbarungsgespräch rahmen. J) Die Aussage der Rahmenerzählung und ihre Funktion fiir die Schrift Glaube bzw. Unglaube ist das zentrale Thema der Erzählung, sein Subjekt sind durchgehend die Jünger (nicht die Frauen), nur am Ende werden weitere Menschen einbezogen (12,4): Dreimal ist Unglaube von den Jüngern ausgesagt (10,5; 10,8; 11,3), dazu kommt noch das Zweifeln (11,5), das wohl Unglaube in schwächerer Form bedeutet. Einmal berichtet die zurückkehrende Martha von diesem Unglauben (10,6), einmal wirft Jesus den Jüngern ihren Zweifel und ihren Unglauben vor (11,6) und schließlich bekennen diese ihren inzwischen überwundenen Unglauben als Sünde (12,2). Am Ende gilt die Hinaufhahme, die Jesus bewirken kann, allen Glaubenden (12,4). 96 M.E. ist Unglaube/ Glaube nicht nur das zentrale und durchgehende Thema der Erscheinungserzählung, sondern auch stets auf die Auferstehung Jesu bezogen, auch wenn verschiedene Aspekte beleuchtet werden. Dagegen sieht Hills zwei zentrale Themen behandelt, nämlich Auferstehung (10,2-11,1; 12,1) und Identität (10,1; 11,2-7),97 es geht einerseits um die Frage, ob die Auferstehung Jesu überhaupt möglich ist, andererseits um die Identität des Auferstandenen. 98 Beide Aspekte begegnen s.E. im Zusammenhang mit der Demonstration der Leiblichkeit (11,7-12,1), 99 die Hills als drittes zentrales Anliegen der Erscheinungserzählung betrachtet. 100 Das Thema Glaube wird dabei nicht berücksichtigt, obwohl Hills es als „thc writcr's principal conccrn" 101 bezeichnet; er scheint es als zur Frage nach der Identität gehörig zu betrachten. 102 Diese Aufteilung nach thematischen Schwerpunkten ist wohl nicht sinnvoll. 103

96

An den meisten dieser Stellen ist das griechische Verb JtUJT£\Xü im koptischen Text erhalten, nur in 11,6 und 12,2 steht a.TNA.2Te wohl für ein ÄJUaTOQ. Vgl. Crum, S.246b. 97 Vgl. Hills, S.84f.87. 98 Vgl. Hills, S.84f. Hills spricht von „(the question) of the identity of the risen one." (S.85, Hervorhebung von mir), obwohl die Jünger erst in 12,1 die Auferstehung akzeptieren. 99 Vgl. Hills, S.87. 100 Vgl. Hills, S.93. 101 Hills, S.85. 102 Vgl. Hills, S.85. 103 Gegen sie läßt sich zunächst einwenden, daß die Absicht Jesu in 11,7 („damit ihr erkennt, daß ich es bin ...") und die erzielte Wirkung in 12,1 („...so daß wir wahrhaftig erkannten, daß er auferstanden war im Fleisch.") eng aufeinander bezogen sind. Die beiden Aussagen über Identität und Auferstehung sind also viel eher verschiedene Formulierungen desselben Umstandes als verschiedene Themen. Auch die Konstruktion der Sätze ist ähnlich, die entscheidende Aussage ist jeweils vom Verb GIMe abhängig. Aber 12,1 ist nicht nur die Entsprechung zu 11,7, sondern auch die abschließende Äußerung von Glauben gegenüber dem gesamten vorausgegangenen Unglauben (12,2). Auch Hills Annahme, in 10,2-11,1 werde grundsätzlich „the possibility of resurrection" (Hills, S.94) thematisiert, ist nicht zuzustimmen. Hills stützt sich auf 10,4, aber auch dort ist die Anfrage der Jünger nicht allgemein formuliert, sondern konkret auf Jesus bezogen (,J)ieser, der gestorben ist ..."). Außerdem bildet 10,4 nur eine Ausschmückung und Begründung der Hauptaussage in 10,5: Unglaube gegenüber Jesu Auferstehung. Dieser Unglaube wird von

118

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

Mein eigener Versuch, den Zusammenhang der verschiedenen Aussagen in der Erscheinungserzählung zu erklären, geht von der durchgehend zentralen Bedeutung von Unglauben sowie der abschließenden Konstatierung seiner Überwindung in 12,1 f. aus. Die Formulierung des schließlich erlangten Glaubens (12,1) unterscheidet sich nur geringfügig von der Formulierung dessen, was die Jünger am Anfang glauben sollen (10,2), aber nicht glauben (10,5): Am Anfang steht Jesu Auferstehung von den Toten, am Ende seine Auferstehung im Fleisch. Letzteres ist eine inhaltliche Zuspitzung und klarere Festlegung der Art von Auferstehung, aber sonst ist am Ende die Absicht vom Anfang, nämlich Glauben an die Auferstehung, erfüllt. Die folgenden Worte Jesu kündigen schon seine Offenbarungen an und leiten so zum Dialog über. Jesu Auferstehung (im Fleisch) anzuerkennen ist also das Ziel, auf das die Erzählung hinläuft. Die Aussagen zur Identität des Erschienenen sind dem einzuordnen, sie bilden kein eigenes Thema. Auch hier wird der Unglaube der Jünger festgestellt, aber nun bezüglich der Frage, ob der Erschienene der Herr ist. Dies ist jedoch nur eine Modifizierung der früheren Äußerung von Unglauben bezüglich der Auferstehung Jesu; in Anwesenheit Jesu lassen sich, da Schwierigkeiten beim Erkennen nicht vorliegen, Zweifel an seiner Auferstehung nur als Zweifel an der Identität des Erschienenen aufrechterhalten. Diese werden in 11,3 zweifach formuliert: Die Jünger halten den Erschienenen für ein Gespenst, und sie glauben nicht, daß es der Herr ist. Letzteres ist die Hauptaussage, die Geistannahme bestimmt sie näher, indem sie ausführt, was die Jünger nun glauben, und erklärt, wie es möglich ist, den Erschienenen nicht als den Herrn anzuerkennen. In 11,5 wird der schon unsicherere Unglaube dann knapper wiederholt: „Er ist es vielleicht nicht." Auf diese Anfragen reagiert der Erschienene, indem er sich mehrfach als der Herr der Jünger darstellt, als der, den sie aus seinem irdischen Leben kennen: Er ist ihr Lehrer (11,4 und mit Verweis auf seine Lehre 11,6), er erinnert an die Verleugnung des Petrus (11,4) und verweist auf die Wundmale der Kreuzigung (11,7). Auch schon den Frauen stellte er sich vor als der, den sie suchen (10,1), also eigentlich als der Leichnam, der begraben wurde. Alle diese Aussagen richten sich indirekt auch schon gegen die Annahme, ein Gespenst sei erschienen, da diese in 11,3 die Alternative zur Anerkennung der Erscheinung des Herrn ist.104 Auf beide Aspekte geht dann 11,7f. ein: Andreas überzeugt sich und alle übrigen davon, daß wirklich nicht ein Gespenst erschienen ist, während Petrus und Thomas anhand der Kreuzigungswunden positiv nachweisen, daß der Erschienene der Gekreuzigte, also der Herr (9,1!) ist. Die verschiedene Zielrichtung der Überprüfung durch Petrus und Thomas einerseits und Andreas andererseits ist also im Aufbau durchaus sinnvoll.105 11,7f. ist aber nicht nur die entscheidende Antwort auf den Unglauben von 11,3, sondern bringt auch als neues Thema die Leiblichkeit des Auferstandenen ein. Martha an Jesus berichtet (10,6) und auch beim knapp erzählten zweiten Versuch erwähnt (10,8), theoretische Überlegungen über die Möglichkeit von Auferstehung spielen dagegen keine Rolle mehr. 104 Eine „geistige" Erscheinung Jesu steht nicht zur Debatte. 105 Gegen Hills, S.88f. Sie wird auch sprachlich durch das den Andreas-Satz einleitende A 6 bestätigt. Daß hier zwei inhaltliche Aspekte von drei Personen abgedeckt werden, liegt an der Vorliebe der Erzählung für die Dreizahl (vgl. Schmidt/ Wajnberg, S.223) sowie an der Kombination von lukanischer und johanneischer Tradition (s.u., B. III. 3. b)

III. Die Epistula Apostolorum

119

Das, was die Jünger schließlich von der Auferstehung Jesu überzeugt, bestimmt zugleich die Art der Auferstehung näher; es handelt sich um eine Auferstehung im Fleisch (12,1).

Die Hauptargumentationslinie der Erzählung zielt also auf Glauben an die Auferstehung Jesu, die schließlich erlangt wird, indem der Erschienene als der (irdische) Herr der Jünger identifiziert wird. Von der Erzählstruktur her ist es ein Nebeneffekt, daß dabei auch die Leiblichkeit des Auferstandenen deutlich wird. Im Kontext der ganzen Schrift ist gerade diese jedoch ein gewichtiges Anliegen als ein Glied in einer Kette von Aussagen zu „Fleisch": Am Anfang steht die Fleischwerdung Jesu (3; 14; 19), 106 und Ziel ist auch für die Jünger Auferstehung im Fleisch (21 f.; 24; 26), die ausdrücklich als Analogie der Auferstehung Jesu aufgefaßt wird (25). Möglicherweise ist der Unglaube gegenüber der Auferstehung Jesu gerade deshalb zentrales Thema der Erscheinungserzählung, weil sich so die Auferstehung im Fleisch nachweisen läßt. Durch die Rahmenerzählung werden einige wesentliche Grundvoraussetzungen bezüglich der Person Jesu für das folgende Gespräch geklärt: Der, der gleich offenbaren wird, ist deijenige, der gekreuzigt und begraben wurde. Er ist im Fleisch auferstanden und auch jetzt noch der Gekreuzigte; er ist derselbe, der früher gelehrt hat. Obwohl die Thematisierung der Auferstehung in Dialogevangelien unüblich ist, hat die Erscheinungserzählung der EpAp einen ähnlichen Effekt wie die Beschreibung der Erscheinung in anderen Schriften: Vor Beginn des Dialogs sind die Leserinnen über den Offenbarer informiert. In bezug auf die Jünger bereitet die Erscheinungserzählung das folgende Gespräch dagegen kaum vor, weder wird ihr Unglaube weiter behandelt, 107 noch geben sie Anlaß für die Belehrungen. Die Notwendigkeit von Belehrungen ergibt sich eher durch die im Briefrahmen angesprochene Situation der Bedrohung durch Irrlehre.

3. Die Bezüge der Rahmenerzählung zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten a) Das Verhältnis der EpAp zu den kanonischen

Evangelien

Anders als etwa bei der SJC oder dem AJ bietet in der EpAp nicht nur die Rahmenerzählung Anklänge an die neutestamentlichen Evangelien, vielmehr wird ihre Kenntnis an vielen Stellen deutlich. Schon die Aufzählung der Wunder Jesu in EpAp 5 läßt eine Kenntnis und Verwendung der kanonischen Evangelien vermuten. Allerdings weichen die Geschichten, wo sie ausführlicher wiedergegeben werden, durchaus vom Wortlaut der bekannten Texte ab. 108 Außerdem erzählt EpAp 4 eine Episode aus der Kindheit

106

In 11,6 gehört zur Lehre des irdischen Jesus die Lehre über sein Fleisch. In 24 lehnen sie Unglaube für sich sogar ausdrücklich ab. 108 Z.B. sagt bei der Heilung des besessenen Geraseners der Dämon etwas anderes als Mk 5,7 oder Lk 8,28, obwohl es sich um die gleiche Geschichte handelt, wie die charakteristischen Züge des Namens „Legion" und des Ausfahrens in die Säue zeigen. Und die Geschichte vom Fisch, in dem das Steuergeld gefunden wird, ist gegenüber Mt 17,24-27 anders eingeleitet und auf alle Jünger bezogen statt nur auf Petrus. 107

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B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

Jesu, die nur außerkanonisch bekannt ist. 109 Die EpAp schöpft also wenigstens in diesem Fall aus einer anderen Quelle als den kanonischen Evangelien; es ist auch für die aus dem NT bekannten Geschichten möglich, daß die EpAp einer unabhängigen oder weitergeführten Überlieferung folgt. 110 Allerdings gilt dies kaum für alle Geschichten, dazu sind die Übereinstimmungen zu groß, auch wenn sie frei wiedergegeben sind. Unter dem Vorbehalt, daß nicht alle Geschichten direkt oder indirekt aus den kanonischen Evangelien stammen müssen, also mit einiger Unsicherheit belastet, kann auf die Kenntnis von kanonischen Evangelien geschlossen werden: Von den erwähnten Geschichten ist die Hochzeit zu Kana nur bei Joh erzählt; die Geschichte vom Fisch gehört zum Sondergut des Mt; der Bericht vom Gerasener könnte sich auf Mk oder Lk stützen; besonders der Geburtsgeschichte des Lk entspricht die Schilderung am Ende von EpAp 3 (auch 14). In EpAp 41 ist Mt 23,9 als ein früheres Wort Jesu zitiert, 111 in 43-45 wird eine zu Mt 25,1-13 parallele Geschichte ausgelegt. An das Johannesevangelium gibt es viele theologisch bedeutsame Anklänge, 112 darunter auch ein Zitat aus Joh 20,29 in EpAp 29, dieses Evangelium hat besonderen Einfluß auf die EpAp gehabt." 3 Wenn also die EpAp ihren Stoff (oder Teile davon) nicht aus ganz anderen Quellen bezieht, dann sind mindestens Mt, Lk und Joh bekannt, 114 und ihre Kenntnis wird auch vorausgesetzt. 115 Die Erscheinungserzählung EpAp 9-12 ist anders als die Aufzählung der Wundertaten eine zusammenhängende und kunstvoll aufgebaute Geschichte, die in ihrer Gestalt eigenständig und einmalig ist. Aber sie enthält eine Vielzahl von Elementen der kanonischen Ostergeschichten, ja wird von ihnen fast vollständig gebildet. Das Verhältnis zum Text des NT ist dabei ganz ähnlich wie in EpAp 5: Große wörtliche Übereinstimmungen fehlen, dafür gibt es Parallelen in charakteristischen Einzelzügen und bei den Grundelementen. 109

KThom 6; 14. Schmidt beobachtet, daß die Glaubwürdigkeit nur der Episode aus der Kindheit ausdrücklich versichert wird, und schließt daraus, daß dies nötig war, weil nur sie nicht den kanonischen Evangelien entstammte, vgl. Schmidt/ Wajnberg, S.228f. " ' Hills (vgl. S.135) hält es nicht unbedingt für ein Zitat, aber der achmimische Text von EpAp 41 (kopt XXXI,14-XXXII,1) kann gut die Übersetzung von Mt 23,9 sein - vgl. die sahidische Fassung! 112 Z.B. das Verhältnis zwischen Jesus und dem Vater (17; 19; 31), sein Hinaufgehen zum Vater (29), Aufforderungen zum Halten von Jesu Geboten (24; 27; 36), das Bild vom Hirten (44). Überwiegend wird auf die Abschiedsreden Bezug genommen. 113 Vgl. Schmidt/ Wajnberg, S.224f.; Hornschuh, Studien, S.9. Dieser Einfluß zeigt sich z.B. in der Apostelliste (2); daß Johannes sie anführt, spricht jedenfalls gegen Homschuhs Vermutung, der EpAp habe das Johannesevangelium noch ohne Verfasserangaben vorgelegen (vgl. Hornschuh, Studien, S.16). Köhler (vgl. S.483) sieht dagegen keine besondere Prägung der EpAp durch das Johannesevangelium, sondern nur die Verwendung typischer Terminologie. 114 So auch Schmidt/ Wajnberg, S.216; Hornschuh, Studien, S.9.12. In bezug auf das Markusevangelium läßt sich m.E. aber weder schließen, daß die EpAp den Kanon der vier Evangelien voraussetzt (so Schmidt/ Wajnberg, S.216), noch daß das Markusevangelium unbekannt war, weil keine eindeutigen Bezüge vorliegen (so Hornschuh, Studien, S . l l ) . 115 In EpAp 14 werden Kenntnisse über die Begegnung von Gabriel und Maria vorausgesetzt. In EpAp 31 wird die Abfassung von Schriften durch die Jünger erwähnt, mit einem möglichen Zitat aus lJoh 1,1 und Joh 19,28 oder 14,20. 110

III. Die Epistula Apostolorum

121

b) Lk Quantitativ und qualitativ am stärksten sind die Parallelen zu Lk 24, und zwar sowohl in der Struktur der Erzählung als auch in vielen Details. Einen Gang von Frauen zum Grab Jesu, um seinen Leib zu salben, berichtet zwar außer Lk (24,1) auch Mk (16,1 f.). Spezifisch lukanisch ist jedoch das Nichtfinden des Leibes (EpAp 9,6/ kopt 11,6; Lk 24,3, NTTOYÖN TTCCDMA. entspricht genau oi>x e^pov xö aco^ict) 1 ' 6 . Bei Mk und Mt wird dagegen erst durch den Engel auf das Leersein des Grabes verwiesen. Die nächste deutliche Übereinstimmung mit Lk besteht bei der Überbringung der Botschaft an die Jünger: EpAp 10,3 entspricht ungefähr Lk 24,10 (bis auf die anderen Namen), die Feststellung von Unglauben auf die Botschaft hin findet sich dann in EpAp 10,5 und Lk 24,11. Die ausfuhrliche Begründung dieses Unglaubens in EpAp 10,4 hat keine Entsprechung bei Lk, in ihr wird jedoch Jesu Auferstehung als „leben" bezeichnet (CDN^, kopt 11,14), eine Terminologie, die in EpAp 10,6 wiederkehrt und in den kanonischen Evangelien nur in Lk 24,5.23 (vgl. auch Apg 1,3) und Mk 16,11 begegnet. 117 Auch die Erinnerung an die frühere Rede Jesu über sein Sterben und Auferstehen (EpAp 11,6) hat eine Parallele in Lk 24,6f. Bei Lk sind klar die Leidensankündigungen wieder aufgenommen, während in EpAp 11,6 knapper zusammengefaßt wird, dafür ist hier noch die Belehrung über „mein Fleisch" erwähnt. Die Schilderung des Zusammentreffens Jesu mit seinen Jüngern in EpAp 11,2-12,4 hat insgesamt große Ähnlichkeit mit Lk 24,36-43, bei beiden wird der Unglaube der Jünger in mehreren Gesprächsgängen und durch verschiedene Argumente Jesu überwunden. Auch die Einzelheiten stimmen dabei oft überein. Eine sprachliche Kleinigkeit ist zunächst in EpAp 11,2 (kopt HI,8) parallel zu Lk: Jesus findet die Jünger wie die Emmausjüngerlnnen ebendiese in Lk 24,33. Ein ganz klarer Bezug liegt dann in EpAp II,3 vor: Die Jünger halten Jesus zunächst für ein Gespenst wie in Lk 24,37, und sie sind ungläubig wie in Lk 24,41. 118 Jesus versucht diesen Unglauben zu überwinden, indem er sich selbst vorstellt (a.N2kX TTe... bzw. feyco e'l(il... EpAp 11,4.6/ kopt III,11 f.; IV,2; Lk 24,39). Er tadelt Zweifel und Unglauben (EpAp 11,6) bzw. Furcht und Zweifel (Lk 24,38). 119 Und schließlich fordert er einige auf, sich durch Berühren und Betrachten davon zu überzeugen, daß der Erschienene kein Gespenst ist (EpAp 11,7; Lk 24,39). Auch wenn die Erwähnung des Thomas sowie das Betasten von Händen (explizit Nägelmale wie Joh 20,25) und Seite (EpAp 11,7 nennt sogar den Joh 19,34 geschilderten Lanzenstich) Joh 20,24-29 entspricht, so stimmt doch das Erwähnen der Füße und ' 16 Die sahidische Fassung des Lukasevangeliums verwendet nicht ÖINC, sondern £ 6 , aber beide Verben sind Äquivalente für ebp'lCTKCL). Vgl. für den sahidischen Dialekt Concordance 11,3; S.1361.1708. 117 Vgl. auch Apk 1,18! 118 Daß Lk 24,37 7tveü^ia, in EpAp 11,3 (})i.NTA.cli steht, braucht nicht zu verwundern, denn J t v e ü | i a konnte wegen der Nähe zu 7lV£\J|ia &yIOV anstößig erscheinen; vgl. auch die v.l. (JxfcvraGlia zu Lk 24,37. Furcht ist in der EpAp schon in 11,4 erwähnt. Für Zweifel ist in EpAp 11,5f. ein griechisches Wort erhalten (Siaxd^oo, vgl. Mt 28,17), das nicht dem lukanischen (SiaXoyiCT^öi;) entspricht. Die Parallele ist also eher sachlich als sprachlich, bezieht sich aber nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf den Stil: Solche tadelnde und vorwurfsvolle Anreden bietet besonders Lk (24,5.25.38; vgl. auch Mk 16,14).

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B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

die ausdrückliche Widerlegung der Geistannahme mit Lk 24,39 überein. EpAp 11,7f. hat zwei Zielrichtungen: Petrus und Thomas überzeugen sich von der Identität des Erschienenen mit dem Gekreuzigten, während Andreas anhand einer grundsätzlichen Charakterisierung von Gespenstern (EpAp 11,8) feststellt, daß der Erschienene keines ist. Diese Doppelheit bietet auch schon Lk 24,39, nicht aber Joh: Zunächst wird Jesus vermutlich anhand der Nägelmale in Händen und Füßen identifiziert, dann wird durch eine allgemeine Aussage über Geister (sie haben nicht Fleisch und Knochen) und ihre Überprüfung am Erschienenen ausgeschlossen, daß er ein Geist ist. 120 Gerade die Kombination von Erzähldetails aus Lk und Joh in EpAp 11,7, wo sowohl die Hände und Füße aus Lk 24,39 als auch Hände und Seite (mit den Kreuzigungswunden) aus Joh 20,27 vorkommen, zeigt die Kenntnis beider Evangelien. Der Abschluß des Dialogs in EpAp 51 ist zunächst sachlich eine Parallele zur Darstellung im lukanischen Doppelwerk, denn im NT wird nur dort von einer sichtbaren Himmelfahrt berichtet. Von den beiden Berichten steht EpAp 51 Apg 1,9-11 näher als Lk 24,50f., ist aber im wesentlichen eigenständig. Nur die Wolke, die Jesus fortnimmt, entspricht Apg 1,9. Die beiden weißgekleideten Männer von Apg 1,1 Of. können als Engel verstanden werden, und Engel werden auch in EpAp 51 erwähnt, allerdings haben sie eine ganz andere Funktion, weil sie sich an Jesus wenden und nicht an die Jünger. Im Aufbau findet sich eine Schwerpunktlegung auf der Erscheinung Jesu vor den Jüngern und der Überwindung ihres Unglaubens weder bei Mt noch bei Joh, wohl aber in Lk 24, wenn auch nicht so ausgeprägt wie in der EpAp. Lk 24 enthält noch anderes Material wie die Emmausgeschichte und die Erwähnung der Erscheinung vor Petrus, das nicht völlig spannungsfrei zusammenpaßt. 121 Lk 24 bietet jedoch nicht nur eine Parallele für den Aufbau von EpAp 9-12, sondern in gewisser Weise auch für die Grobstruktur EpAp 9-51. Denn nach der Überwindung des Unglaubens der Jünger schließen sich in Lk 24,44-49 grundsätzliche Belehrungen an, die mit der Himmelfahrt Jesu (Lk 24,50-53) enden. Genau dies ist auch der Aufbau von EpAp 9-51, auch wenn die Belehrungen in EpAp 13-50 quantitativ nicht vergleichbar sind. 122 c) Joh Die Anspielungen von EpAp 11,7 an Erzähldetails der Thomasgeschichte des Johannesevangeliums wurden schon erwähnt, ein Unterschied zu ihr ist jedoch, daß in der EpAp alle Jünger, nicht nur Thomas, ungläubig sind, auch wenn sich nur drei von ihnen stellvertretend überzeugen. Daß die Jünger sich „innen" (N^OYN EpAp 11,2/ kopt 111,8)

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Was einen Geist bzw. ein Gespenst genau qualifiziert, ist bei Lk und in der EpAp unterschiedlich. Wenn die EpAp (11,8) sich hierbei auf einen Propheten beruft, entspricht dies aber durchaus lukanischem Argumentationsstil, vgl. besonders Lk 24,25. 121 Vgl. z.B. das Bekenntnis zur Auferstehung Jesu Lk 24,34 und der gleich darauf folgende Unglaube 24,36fr. 122 Dem gleichen Schema entspricht auch Apg 1,3-11. Hier kommt dem Belehrungsteil l,3b-8 schon mehr Gewicht zu, und er enthält auch eine Frage der Jünger nach dem Zeitpunkt des Aufrichtens des Reiches für Israel (vgl. EpAp 17!).

III. Die Epistula Apostolorum

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aufhalten, entspricht der in Joh 20,19 geschilderten Situation, noch mehr wenn dies aufgrund der äthiopischen Fassung als verbergen interpretiert wird. 123 Die Formulierung in EpAp 11,3, wo die Jünger nicht glauben, daß „es der Herr ist" (TT.Xa.eiC n e , kopt III, 10, auch EpAp 9,1), findet sich auch in Joh 21,7.12 (0 KvptÖQ e a x i v sahidische Fassung: TTJCOeiC TT6), allerdings einmal als direkte Rede, einmal als von „wissen" (oT5oc) abhängige Aussage. Eine Kleinigkeit erinnert noch an Joh 21: In EpAp 9,1 wird die ganze Erzählung eingeleitet, indem die Jünger von Jesus bezeugen, daß er der Herr ist. Zeuge zu sein ist Auftrag der Jünger in Lk 24,48 und Apg 1,8, aber auch des Lieblingsjüngers in Joh 21,24. Letztere Stelle scheint mir hier näher zu liegen, da der Inhalt des Zeugnisses in EpAp 9,1 genau dem entspricht, was der Lieblingsjünger in Joh 21,7 sagt. Die Erscheinung Jesu vor den Frauen (EpAp 10,1 f.) hat eine Parallele in Joh 20,14-18 und Mt 28,9f. 124 Jeweils beauftragt Jesus sie mit einer Botschaft an die Jünger, die als „Brüder" bezeichnet werden (EpAp 10,2; Mt 28,10; Joh 20,17), allerdings in der EpAp als Brüder der Frauen, bei Mt und Joh als Brüder Jesu. Auch von „suchen" ist bei allen die Rede (EpAp 10,1; Joh 20,15; in der Engelrede: Mk 16,6; Mt 28,5; Lk 24,5). Das Weinen vor der Erscheinung, das dann von Jesus hinterfragt wird (EpAp 10,1), findet sich jedoch speziell bei Joh (20,1 1.15).125 Die Bezeichnung Jesu als Lehrer, wie er sich in EpAp 10,2; 11,4 selbst nennt, hat eine Entsprechung in Joh 20,16: Dort spricht Maria ihn als „Rabbuni" an, als sie ihn erkennt. Der charakteristischste Zug von Joh 20,14-18, nämlich die Probleme beim Erkennen Jesu durch Maria, ist in EpAp 10,1 f. allerdings nicht vorhanden, es fehlt aber auch eine Reaktion der Frauen wie in Mt 28,9f, wo sie Jesus berühren und verehren. Insgesamt sind die Bezüge der Erscheinungserzählung zum Johannesevangelium nicht so stark wie die zu Lk, obwohl die EpAp als ganze inhaltlich stark an Joh anknüpft. Allerdings bestehen Verbindungen zu anderer johanneischer Tradition: Auch in ActJoh 93 wird überprüft, ob Jesus Spuren hinterläßt (EpAp 1 l,7f.), aber mit genau entgegengesetztem Ergebnis. Und in lJoh 1,1 ist Betasten (EpAp 12,1) eine Voraussetzung der dann erfolgenden Verkündigung. 126 Zusammen mit der Hochschätzung des Johannes in der EpAp könnten diese Punkte ftir eine Zugehörigkeit zu einem johanneischen Traditionsstrom sprechen. In der EpAp besteht aber anders als im AJ keine theologische Nähe zu ActJoh, sondern zum lJoh. Es könnte sein, daß Konflikte, die schon im lJoh vorliegen, auch in späterer Zeit noch bestanden haben, wobei sich beide Seiten auf das Johannesevangelium beriefen und möglicherweise auch weiterhin in engem Kontakt zueinander standen.

123

Vgl. Hills, S.73-76; S.o., B. III. 2. d. In Kurzfassung auch Mk 16,9. 125 Vgl. Mk 16,10, wo anders als bei Joh die Kombination weinen und trauern vorliegt, aber in einer anderen Situation, hier weinen die Jüngern, denen Maria die Botschaf) überbringt. 126 Zum lJoh bestehen auch weitere Parallelen im Briefanfang und in den bekämpften Gegnerinnen, die nach Klauck (vgl. Johannesbrief, S.41f.) z.B. entweder eine doketische oder eine Trennungschristologie vertraten. 124

124

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

d) Mt Daß Jesus die Frauen beauftragt, seine Auferstehung von den Toten an die Jünger auszurichten (EpAp 10,2) hat eine ungefähre Parallele in Mt 28,7, auch wenn dies der Auftrag des Engels und nicht der Jesu ist. Auf die Schlußerscheinung des Mt verweist das Vorkommen des Wortes SlCTxd^Cü (EpAp 11,5 f./ kopt 111,14; IV, 1, als griechisches Wort erhalten), das im NT nur Mt 14,31; 28,17 belegt ist. Das Niederfallen der Jünger in EpAp 12,2 ist eine sachliche Parallele zu Mt 28,9.17, auch wenn die Formulierung hier kaum ein griechisches TipOCTKWfecü wiedergibt. 127 Und schließlich spricht Jesus in EpAp 12,4 ähnlich wie in Mt 28,18 von der Vollmacht (eXOYClA., kopt V,4), die er von seinem Vater erhalten hat. Die eher vagen Bezüge beweisen keine Kenntnis des Matthäusevangeliums. Da sie aber aus dem sonst in der EpAp verwendeten matthäischen Material folgt, 128 ist bei den vorhandenen Parallelen eine Nutzung wahrscheinlich. e) Der sekundäre Markusschluß Nach Meinung von Schmidt und Hornschuh war der sekundäre Markusschluß der EpAp bekannt. 129 Als Anspielungen zählen einmal das Weinen und Klagen (EpAp 9,5; 10,1; Mk 16,10), zum anderen die Struktur, nach der die Jünger zweimal die Botschaft von Jesu Auferstehung bekommen, ohne an sie zu glauben, dann aber von Jesu persönlichem Erscheinen überzeugt werden. 130 Weinen von Maria vor dem Grab wird auch Joh 20,11 erwähnt, die Parallele speziell zum sekundären Markusschluß besteht also nur im Doppelausdruck. Solche Formulierungen begegnen jedoch häufiger (z.B. Joh 16,20; Lk 6,25; Apk 18,11 ff) 131 , so daß für EpAp keine Anspielung gerade auf den sekundären Markusschluß angenommen werden muß, zumal die Situation in Mk 16,10 eine andere ist, dort weinen die Jünger, nicht die Frauen. Die klarste Parallele fiir einen Doppelausdruck für die Trauer der Frauen findet sich in EvPetr 12,52.54. 132 Die Struktur, daß die Jünger durch die Frauen die Botschaft von Jesu Auferstehung erhalten, ohne ihr zu glauben, dann aber von Jesus selbst allmählich überzeugt werden, findet sich auch im Aufbau von Lk 24. Die besondere Nähe der EpAp zum sekundären Markusschluß liegt nur darin, daß zweimal Botinnen zu den Jüngern kommen und erst der dritte Versuch (durch Jesus) erfolgreich ist. 133 Dies reicht m.E. als Indiz für eine Abhängigkeit nicht

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Vgl. Crum, S.283a. Mt 17,24-27 in EpAp 5; Mt 23,9 in EpAp 41; Mt 25,1-13 in EpAp 43-45. Vgl. auch Köhler, S.473ff. 129 Vgl. Schmidt/ Wajnberg, S.224; Homschuh, Studien, S.15. Letzterer rechnet mit einer Kenntnis nur des sekundären Markusschlusses, unabhängig vom Markusevangelium. 130 Vgl. Schmidt/ Wajnberg, S.219.222. 131 Die verwendeten Wörter variieren und stimmen nirgendwo genau mit EpAp 9,5; 10,1 überein, wo wohl griechisch und KXa'lCü stand. 132 Im EvPetr trauern sowohl die Jünger (7,27; 14,59) als auch die Frauen, die zum Grab gehen, jeweils mit einem Doppelausdruck beschrieben. 133 Dafür bewirkt Jesu persönliches Auftreten im sekundären Markusschluß sofort Glauben, es sind zumindest keine Probleme ersichtlich, während dies in der EpAp wie bei Lk nicht der Fall ist. 128

III. Die Epistula Apostolorum

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aus, denn die Dreizahl als Strukturprinzip ist typisch für die Erscheinungserzählung der EpAp und auch sonst bei der Reihung von Erscheinungsgeschichten weit verbreitet. 134 ß Eigene Akzente Die Namen der Frauen, die zum Grab gehen, stimmen mit keinem der kanonischen Evangelien überein, weichen aber auch in der koptischen und der äthiopischen Fassung voneinander ab. Bei Mk, Lk und in der EpAp sind jedoch jeweils drei Frauen mit Namen genannt (Mk 16,1; Lk 24,10; EpAp 9,4). 135 Bei allen kanonischen Evangelien sowie beiden Fassungen der EpAp ist Maria Magdalena beteiligt, bei den Synoptikern sowie der koptischen Fassung auch noch eine weitere Maria, die allerdings jeweils unterschiedlich näherbestimmt ist. Auffallig ist jedoch, daß Maria Magdalena in der EpAp als letzte der Frauen genannt ist, während sie im NT stets die Liste anführt. 136 Vielleicht hat die ungewöhnliche Reihenfolge der EpAp nichts mit mangelnder Wertschätzung von Maria Magdalena zu tun, denn auch auf der letztgenannten Frau kann großes Gewicht liegen. 137 Aber denkbar ist auch, daß die Auflistung eine Abwertung der Maria Magdalena intendiert, vielleicht weil sie eine zu große Rolle bei den Gegnerinnen spielte. 13 Eine besondere Rolle des Petrus, der EpAp 11,4.7 persönlich angesprochen und an seine Verleugnung erinnert bzw. zum Berühren aufgefordert wird, gibt es in mehreren Evangelien, z.B. in Lk 24,12.34, ohne daß die Aussagen inhaltlich vergleichbar wären. Auch Mk 16,7 ist er namentlich erwähnt, und zwar in einem Kontext, der an die Verleugnung denken läßt. 139 Auch in Joh 21 hat Petrus eine Sonderrolle, indem er besonders auf Jesus reagiert (Joh 21,7.11), identifiziert wird Jesus allerdings durch den Lieblingsjünger (21,7). Die Beauftragung des Petrus im zweiten Teil des Kapitels enthält in der dreimaligen Frage Jesu, ob Petrus ihn liebe (Joh 21,15-17), vielleicht ebenfalls eine Anspielung auf die Verleugnung. 140 Nur einige wenige Elemente der Erscheinungserzählung der EpAp sind wirklich eigenständig, also nicht als (freie) Aufnahme von Stoff der kanonischen Evangelien erklärbar. Dies ist zunächst die Besonderheit, daß Jesus nur einmal erscheint, dabei aber mit verschiedenen Personen nacheinander zusammentrifft. Dies ermöglicht auch eine Rückkehr der Ausgesandten mit Bericht über den ausgeführten Auftrag (EpAp 10,6.9), wie sie sonst nicht zu finden ist. Eine Besonderheit liegt auch in der Widerlegung der 134 Vgl. Berger, Auferstehung, S.158f. Auch in Lk 24 ist die Erscheinung vor den Jüngern die dritte Geschichte, allerdings stoßen die Emmausjüngerlnnen nicht auf Unglauben mit ihrem Bericht. Joh 20 bietet drei Erscheinungsgeschichten und Joh 21 bezeichnet sich ausdrücklich als die dritte. 135 Beim koptischen Text ist der dritte Name emendiert und auch die Anzahl „drei" ist nur die Ergänzung einer Lücke (kopt 11,2), die aber wegen der äthiopischen Paralle als gesichert gelten kann. 136 Einzige Ausnahme ist Joh 19,25, wo Jesu Mutter die erste, Maria Magdalena die letzte ist. 137 Dies bestätigt vor allem der äthiopische Text, wo Maria Magdalena als letzte aufgezählt (9,4/ äth 54,16), dann aber als erste gesandt (10,3/ äth 54,7) und schließlich als Repräsentantin der Gruppe angesprochen wird (11,1/ äth 55,3). Der koptische Text ist hier unklarer, weil zwei Marien vorkommen, außerdem geht Martha als erste zu den Jüngern. 138 Vgl. SJC und EvMar! 139 Mk 16,7 verweist explizit auf 14,28 zurück, in 14,29-31 kündigt Jesus die Verleugnung des Petrus an. Vgl. L.Schenke, Auferstehungsverkündigung, S.46. 140 Vgl. Thyen, Entwicklungen, S.265.

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B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

Geistannahme durch das Prophetenzitat, nach dessen Aussage Füße von Gespenstern nicht auf der Erde haften, was dann an Jesus überprüft wird. Allerdings ist die Geistannahme selbst und auch ihre Widerlegung durch eine allgemeine Aussage über Geister/ Gespenster (Lk 24,39: Ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen) schon vorgegeben. Ein großer Teil des Materials der neutestamentlichen Ostergeschichten findet in der EpAp keine Verwendung, was durch das Grundprinzip der Erscheinungserzählung, die strikte Konzentration auf den Unglauben der Jünger und seine Überwindung, bedingt ist. So entfällt die Engelerscheinung vor den Frauen - nach dem Leerfinden des Grabes erfolgt gleich die Erscheinung Jesu - und auch die meisten Einzelheiten der Erscheinungen Jesu vor Frauen: Vor allem ihre Reaktion, Schwierigkeiten beim Erkennen wie bei Joh oder Berühren und Verehren wie bei Mt, wird gar nicht berichtet. Andere Erscheinungsgeschichten fehlen völlig. 141 g) Zusammenfassung Obwohl die Erscheinungsgeschichte der EpAp als eigenständige Erzählung betrachtet werden muß, besteht doch eine besondere Beziehung zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten. EpAp 9-12 kann als eine Paraphrase von Lk 24 unter Einbeziehung von Elementen aus Joh 20,24-29, Auslassung der Emmausgeschichte und Zufugung weiterer Gedanken verstanden werden. Dabei wird der bekannte Text neu erzählt und so weitgehend übernommen, es wird nicht über einzelne Anspielungen eine Beziehung zwischen unterschiedlichen Erzählungen hergestellt. Letztlich wird die Identität der Darstellung in der EpAp mit der in den neutestamentlichen Evangelien behauptet, was den Offenbarungen im Hauptteil der Schrift Legitimität verleiht. Gegenüber den neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten wird ein einzelner Aspekt, die Überzeugung der Jünger von der Auferstehung Jesu im Fleisch, ins Zentrum gerückt, um so die theologische Aussage der Schrift zu unterstützen. Dies bedeutet eine Zuspitzung der Thematik einiger Geschichten, eine geringfügig veränderte Interpretation. 142 Eine wirkliche Verarbeitung und Umdeutung von Elementen und die Zufugung von neuem und fremdem Material ist in der EpAp dagegen kaum erkennbar. Im Verhältnis der EpAp zu den kanonischen Evangelien besteht weniger produktive Spannung als in den anderen Dialogevangelien. Es liegt zwar ebenfalls eine nachösterliche Ausweitung der Lehre Jesu vor, aber damit ist ausdrücklich keine neue Qualität verbunden. 143 Die Kontinuität ist stärker als die Neuinterpretation, die Möglichkeiten der Form der Dialogevangelien werden so kaum ausgeschöpft. Allerdings liegt gerade in dieser Kontinuität eines der Hauptinteressen der EpAp: Indem die Erscheinungserzählung den Berichten der kanonischen Evangelien gleicht, wird die Verbindung des Auferstandenen und seiner Lehre zu seinem irdischen Leben und Lehren gefestigt.

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Die Aufnahme von Elementen der Geschichten, in denen der Erschienene nicht gleich erkannt wird, stünde auch in Spannung zum Bericht vom Zusammentreffen der Jünger mit Jesus, in dem zwar seine Leiblichkeit nachgewiesen wird, seine äußerliche Identität jedoch nicht fraglich ist. 142 Bei Lk und Joh ist der Aspekt, daß die Überzeugung von der Auferstehung auch die Fleischlichkeit des Auferstandenen nachweist, weit weniger betont, aber auch vorhanden. 143 So auch EpPt!

IV. Das Evangelium nach Maria

1. Einleitung in die Schrift 1 a) Bezeugung, Sprache, Titel Vom EvMar ist keine vollständige Abschrift erhalten. Als erste Schrift des BG liegen nur p.7,1-10,23 sowie p.15,1-19,5 im sahidischen Dialekt des Koptischen vor; das sind etwa 8 Seiten, während vermutlich 10 weitere (p.1-6 und 11-14) fehlen. Außerdem sind noch zwei griechische Fragmente des EvMar erhalten, PapOxy3525 und PapRyl463. Ihr Umfang entspricht dem koptischen Text von BG p.9,5-10,13 (PapOxy) und p. 17,5-22; 18,5-19,5 (PapRyl), sie bieten also keinen Text zur Rekonstruktion der Lücken des BG. Die griechischen Fragmente entstammen zwei verschiedenen Handschriften aus dem dritten Jahrhundert. 2 Das ist eine breite und sehr frühe Bezeugung. Die Existenz der Fragmente beweist, daß das EvMar ursprünglich griechisch - jedenfalls nicht koptisch - abgefaßt war. 3 Beide griechischen Fragmente sind schlecht erhalten und weichen in einigen Punkten von Text des BG ab. Welchem Text der Vorzug zu geben ist, muß im Einzelfall entschieden werden. Auch wenn beide Fragmente in der Originalsprache vorliegen und etwa zwei Jahrhunderte älter sind als der BG, so sind sie doch nicht automatisch verläßlicher. Besonders PapRyl bietet einen relativ schlechten Text, schon im wenigen erhaltenen Text sind zwei eindeutige Fehler vorhanden.4 Möglicherweise war die Fassung des EvMar im PapRyl etwas länger als die des BG, da sie dort auf p.22 endet, obwohl die Seiten etwas umfangreicher waren. 5 Allerdings muß das EvMar nicht unbedingt die erste Schrift sein, die die Handschrift, zu der PapRyl gehörte, enthielt. Der Titel „Evangelium nach Maria" ist im BG erhalten ( T T [ e ] y i k . r r e A I O N KATa. M2ipl2a.MM; p. 19,3-5) und kann PapRyl p.22,17-19 ergänzt werden. Diese Formulierung entspricht den Bezeichnungen der kanonischen Evangelien. Das EvMar ist das einzige Dialogevangelium, das sich selbst als Evangelium bezeichnet.

' Textausgabe des koptischen Textes bei Pasquier, Wilson/ MacRae, Till/ H.-M.Schenke; der griechischen Fragmente bei Lührmann. Zum Manuskript und zum Forschungsstand vgl. Pasquier, S. 1 ff. 2 Vgl. Lührmann, S.322; PapRyl wird sogar früh ins dritte Jahrundert datiert, vgl. Till/ H.-M.Schenke, S.24; Lührmann, S.335. BG entstammt wohl dem fünften Jahrhundert, vgl. Till/ H.-M.Schenke, S.7. 3 Vgl. Pasquier, S.2. 4 Vgl. Lührmann, S.327. 5 Vgl. Till/ H.-M.Schenke, S.25.

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B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

b) Aufbau und Inhalt Der erhaltene Text des EvMar setzt in p.7,1 mitten in einem Gespräch zwischen Jesus und seinen Jüngerinnen ein, mit einer Frage nach der Auflösung der Materie und Jesu Antwort darauf. Nach einer weiteren Frage - über die Sünde der Welt - und Jesu Antwort ist dieser Gesprächsteil beendet (p.8,11). Es folgt ein gewisser Neueinsatz, weil Jesus die Anwesenden küßt, und dann eine Reihe von abschließenden Anweisungen Jesu an seine Jüngerinnen (p.8,11-9,4). Danach verschwindet er, die Jüngerinnen sind zunächst verzagt, werden aber von Maria getröstet (p.9,5-20). Als nächstes beginnen sie über Jesu Worte zu diskutieren, und Petrus bittet Maria, ihnen Worte Jesu mitzuteilen, die nur sie kennt (p.9,20-10,6), woraufhin sie von einer Vision und einem Gespräch mit Jesus berichtet (p. 10,7-17,7). Dem schließt sich ein Streit um diese Worte an, der von Andreas und Petrus auf der einen, Maria und Levi auf der anderen Seite gefuhrt wird (p. 17,7-18,21). Als Abschluß machen sich alle - nach PapRyl nur Levi - auf, um zu predigen (p. 18,21-19,2). Über den Inhalt der fehlenden Seiten können einige Vermutungen angestellt werden: p.11-14 gehören jedenfalls zum Bericht Marias über ihr Gespräch mit Jesus, wie der Abschluß p. 17,7-9 zeigt. 6 Sicher wurde auf p.14 von der Auseinandersetzung der Seele mit der ersten Gewalt erzählt, da sie sich am Anfang von p. 15 im Dialog mit der zweiten befindet. Im Anschluß an p.10 sind auf p . l l weitere Ausführungen über den Verstand (NOYC) zu erwarten. Da er schon in Beziehung zu Seele und Geist genannt ist (p.l0,20f.), ist auch eine Überleitung zum Thema Seele nicht allzuschwer vorstellbar. 7 Allerdings läßt sich nichts Näheres darüber sagen, es ist auch mit weiteren Fragen der Maria zu rechnen, die Themenwechsel bewirken. Auf den ersten Seiten war aller Wahrscheinlichkeit nach eine Erscheinung Jesu berichtet, 8 die seinem Weggehen (p.9,5) entsprach und zu der typischerweise abschließende Anweisungen gehören, besonders die Aufforderung zur Mission (p.8,21f.). Da der erhaltene letzte Teil des Gespräches nicht eine fortlaufende, durch Fragen unterbrochene Abhandlung zu bieten scheint (wie etwa die SJC), sondern nacheinander verschiedene Punkte behandelt, läßt sich Ähnliches auch für den verlorenen Teil vermuten. Thematisch behandeln die erhaltenen Fragen im ersten Teil des EvMar nach der Auflösung der Materie und der Sünde nicht wie viele andere gnostische Schriften die

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Vgl. Till/ H.-M.Schenke, S.28. Vgl. den Übergang zur Belehrung über den Aufstieg in der lApcJac (NHC V p.32,29-31,1). Problematisch ist allerdings, daß von Erfahrungen der Seele in der Vergangenheit berichtet, keine Verheißung geäußert wird, und daß das Verhältnis der jetzt sprechenden Seele zu den ursprünglichen Dialogpartnerlnnen (spricht Jesus von seiner Seele oder von Marias oder gibt es noch ganz andere Möglichkeiten?) unklar ist. 8 Vgl. King, Gospel, S.602; Till/ H.-M.Schenke, S.25; Tardieu, S.75; Marjanen, S.99. An dieser Stelle sei zumindest darauf hingewiesen, daß die nachösterliche Einordnung des EvMar zwar sehr wahrscheinlich ist, aber keineswegs völlig sicher. Das Weggehen Jesu nach seinen abschließenden Anweisungen könnte auch als Gehen zur Passion verstanden werden (vgl. lApcJac NHC V p.30,7.11-13), erst danach folgt der einzige eindeutige Hinweis auf die zurückliegende Passion (EvMar p.9,10f.). Diese Möglichkeit schafft zwar einige Probleme, würde aber die als Abschluß einer Erscheinung singulare Traurigkeit der Jüngerinnen erklären. 7

IV. Das Evangelium nach Maria

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Entstehung der Welt, sondern eher die Konsequenzen, besonders Voraussetzungen und Möglichkeiten von Erlösung. Wesentlich ist dabei der Ursprung und das wahre Wesen der Dinge, der auch ihr Ende bestimmt (p.7,3-8). Dies wird auch im Seelenaufstieg in Marias Rede deutlich, beschrieben ist die Rückkehr der Seele an ihren Herkunftsort. Im Dialog mit der zweiten Gewalt, die die Seele bei ihrem Aufstieg überwinden muß, ist die Frage nach der Herkunft entscheidend (p. 15,2-8). Die Existenz von Sünde wird dagegen bestritten, sie besteht nur im Fehlverhalten von Menschen und ist eine Funktion der Materie und hat so keinen Bestand (p.7,13-8,10). In den Jüngerinnen ist der „wahre Mensch" schon angelegt, dieses Potential müssen sie nur noch verwirklichen (p.8,18-20; 9,20; 18,15-18). Vermutlich ist damit ein himmlischer Anteil gemeint, der sie von der übrigen Schöpfung unterscheidet und eine Rückkehr ermöglicht. 9 Die so verstandene Erlösung ist das Gesamtthema des EvMar 10 - aber am Anfang kann natürlich auch anderes behandelt worden sein, ein enger Zusammenhang zwischen den einzelnen Fragen mit Anworten bestand nicht notwendigerweise. Im Aufbau des EvMar dominieren zwei ähnlich lange Stücke, in denen durch Jesus (im Dialog) bzw. Maria für die Erlösung wichtige Belehrungen gegeben werden. Sie sind durch Gespräche unter den Jüngerinnen verbunden, heben sich aber thematisch und im Stil von ihnen ab. Durch diesen Aufbau besteht eine Parallelität zwischen Jesus und Maria." Ungleichgewichtig sind die Teile jedoch, weil zunächst Jesus seine Jüngerinnen belehrt, nach seinem Verschwinden jedoch Maria ebenfalls Worte Jesu spricht. Obwohl einmal Jesus und einmal Maria Offenbarungen vermitteln, handelt es sich jedesmal um Worte Jesu, zuerst direkt gegeben, dann durch Maria übermittelt. Dies wirft zeitliche Probleme auf, denn das, was Maria von Jesus berichtet, hat sie jedenfalls vor seinem letzten Gespräch mit den Jüngerinnen gehört, auch wenn es jetzt danach erzählt wird. 12 Zudem bekommt die Schrift so ein Gefälle auf Jesus hin, er steht eindeutig im Zentrum. Das EvMar enthält nicht nacheinander Offenbarungen von Jesus und Maria, sondern nur Offenbarungen Jesu, die aber auf zwei verschiedenen Ebenen liegen: Zunächst äußert er sich direkt, später kommt er im Gespräch der Jüngerinnen durch Maria nochmals zu Wort. D.h. nicht, daß die von Maria wiedergegebenen Worte Jesu etwa weniger authentisch sind als seine direkt gesprochenen, aber es ist eine andere Situation vorausgesetzt: nicht mehr direkte Offenbarung, sondern Erinnerung an sie. Neben diesem sachlichen Gefalle bleibt die Parallelität Jesus-Maria trotzdem bestehen, sie wird sogar durch einige Einzelheiten noch hervorgehoben. 1 ''

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Anders als Schröter (vgl. Menschensohnvorstellung, S.186) meine ich, daß die Rede vom „Menschensohn im Innern" (p.8,18f.) und vom „vollkommenen Menschen" (p.18,16) im EvMar vor dem Hintergrund von mythologischen Ausfuhrungen wie in AJ (BG p.47,14ff. par.) zu verstehen ist, denn diese anthropologischen Theorien machen die Aussagen im EvMar erst möglich. Frühchristliche Traditionen über Jesus als Menschensohn sind damit verbunden. 10 Vgl. Till/ H.-M.Schenke, S.27. " Vgl. King, Gospel, S.626. 12 Vgl. Perkins, Dialogue, S.134. 13 Zu Marias Rede vgl. auch B. IV. 3.

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B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

Das EvMar ist m.E. wegen dieses besonderen Charakters von Marias Offenbarungen kein Beleg für eine fortlaufende Offenbarung durch Visionen. 14 Jesus verschwindet nach dem Gespräch und bleibt auch verschwunden, Maria hat ihre Offenbarung schon vorher erhalten. 15 Sie bringt sie in die Situation nach dem Weggang Jesu ein - als etwas Verborgenes, also etwas verborgen schon Vorhandenes, das jetzt mitgeteilt wird. c) Personen Daß der Offenbarer Jesus nach seiner Auferstehung ist, wird im erhaltenen Text nicht unmittelbar gesagt. Von ihm wird vielmehr in der Regel als „Erlöser" (CCDTHp; CCDp) gesprochen. Maria spricht ihn mit „Herr" an ( X . C \ p.10,11.12.17), daneben begegnet einmal noch die Bezeichnung der „Selige" (MA.K2k.piOC; p.8,12). Benennungen als Jesus oder Christus fehlen, könnten aber im nicht erhaltenen Anfang vorgekommen sein. 16 Daß es sich um den Jesus der neutestamentlichen Evangelien handelt, zeigen jedoch die an einigen Stellen verwendeten Aussprüche (besonders p.8,14-9,4; p,10,15f.), die Parallelen in den kanonischen Schriften haben, und die Namen der Jüngerinnen.' 7 Für eine Betonung der Differenz zwischen dem Auferstandenen und dem Irdischen gibt es auf den erhaltenen Seiten keinen Hinweis; dies wurde, wenn überhaupt, vermutlich bei der Erscheinung thematisiert. Von den Jüngerinnen sind Maria, Petrus, Andreas und Levi mit Namen genannt, es waren aber vermutlich noch andere anwesend und vielleicht auch an den Fragen im ersten Teil beteiligt. 18 Die Hauptperson ist Maria ( M a p i d c ^ - p bzw. M2k.pi22k.M oder M3k.pi22k.MM geschrieben). Sie wird in vielen Nag-Hammadi-Texten erwähnt (EvThom; Dial; SJC; EvPhil) 19 , aber nur im EvPhil ist sie eindeutig als Maria Magdalena identifiziert, vermutlich weil nur dort auch andere Marien vorkommen. 20 Diese ist sicher auch im EvMar gemeint, da Petrus sie als wichtigste Jüngerin anspricht (p.10,1-3). 21 Außerdem bestehen beim Bericht von ihrer Vision (p.10,10-13) Anklänge an Joh 20,18. Der weitgehende Konsens in der Forschung, Maria als Maria Magdalena zu verstehen, ist 14

So aber Pageis, Visions, S.417.420.425; Pasquier, S.6; King, Gospel S.622; Maijanen, S.l 11.120. Zumindest auf der Erzählebene ist dies eindeutig: Zwischen Jesu Verschwinden und Marias Bericht ist kein Raum für den Erhalt von Offenbarungen. Und die Anfrage des Petrus zeigt sogar, daß er an Worte des Irdischen denkt. 16 Vgl. EpJac NHC I p.2,23, wo der Erschienene einmal Jesus genannt wird, dann meist Herr oder Erlöser. 17 Sie werden allerdings nicht als „Jüngerinnen" bezeichnet, sondern nur mit Eigennamen bzw. im Gespräch untereinander als Brüder und Schwester. Auch hier ist zu erwarten, daß sie zu Beginn als Jüngerinnen eingeführt wurden. Auffällig ist der Befund trotzdem, da in anderen Schriften häufiger von Jüngerinnen, auch von Mitjüngerlnnen, die Rede ist. 18 Vgl. die SJC, wo zu Beginn 12 Jünger und 7 Jüngerinnen eingeführt werden, von denen aber nur fünf namentlich im Gespräch vorkommen. " Zweifelhaft ist die Identität der in lApcJac NHC V p.40,25 genannten Maria. Petersen (vgl. Werke, S.251 ff.) argumentiert anhand der verwendeten Namensform und der Position in der Liste der Frauennamen dafür, daß es sich nicht um Maria Magdalena handelt. 20 Auch in PistSoph, wo sie eine große Rolle spielt, aber auch Maria, die Mutter Jesu genannt ist, ist sie an einigen Stellen mit dem Doppelnamen bezeichnet (z.B. PistSoph Kap.87; 89). 21 Vgl. die Frauenlisten in den syoptischen Evangelien, die Maria Magdalena meist anführt (Mk 15,40f. par. u.ö.). 15

IV. Das Evangelium nach Maria

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also gerechtfertigt, 22 obwohl weder im EvMar noch in anderen Schriften Interesse an der historischen Person und ihrer Unterscheidung von anderen Jüngerinnen dieses Namens deutlich wird. Andreas und Petrus wenden sich gemeinsam gegen Maria, wobei Petrus die Hauptrolle spielt, ihm antworten Maria und Levi. Petrus ist auch derjenige, der die einzige vollständig erhaltene Frage im ersten Teil stellt (p.7,10-12); und er fordert Maria zu ihren Belehrungen auf (p. 10,1-6). Er wird also im EvMar vor seinem Streit mit Maria durchaus als wichtiger Jünger eingeführt. Sowohl die Zusammengehörigkeit von Andreas und Petrus als auch der Vorrang des Petrus entsprechen ihrer Darstellung in den Synoptikern, wo beide als Brüder gemeinsam berufen werden (Mk 1,16 par.) und Andreas in einigen Apostellisten direkt nach Petrus genannt wird (Mt 10,2; Lk 6,14). 23 Levi gehört nicht zum Zwölferkreis, seine Berufung durch Jesus wird jedoch Mk 2,14 par. Lk 5,27-29 erzählt. Da der in dieser Geschichte berufene Zöllner Mt 9,9 Matthäus heißt, war es möglich, daß später Levi und Matthäus miteinander identifiziert wurden. 24 Matthäus ist einer der Zwölf und wird auch in einigen Schriften aus Nag Hammadi erwähnt (EvThom, SJC, Dial; LibThom). 25 Deshalb wird in einem großen Teil der Literatur zum EvMar angenommen, daß Levi als anderer Name für Matthäus verwendet wird, analog zur variierenden Bezeichnung von Judas Thomas. 26 Gegen diese Gleichsetzung spricht jedoch, daß für das zweite Jahrhundert kein Beleg für eine Identifizierung von Levi mit Matthäus erhalten ist,27 statt dessen werden beide von Origenes (Cels 1,63) und von Clemens Alexandrinus in einem Herakleonzitat (Strom IV,71,3) als verschiedene Personen nebeneinander aufgeführt. 28 Außerdem ist Levi als eigenständige Person auch in anderen außerkanonischen Werken belegt, und zwar im Zusammenhang mit Erscheinungen des Auferstandenen: Im EvPetr ist er zusammen mit Petrus und Andreas genannt, bevor das Fragment abbricht; vermutlich folgte eine Erscheinung Jesu in Galiläa. 29 Nach Didask 21 erscheint Jesus als erstes Maria Magdalena und einer weiteren Maria, dann geht er zu Levi in sein Haus und erscheint schließlich allen Jüngern. 30 In 1 ApcJac NHC V p.37,6f. gehört Levi in die Überlieferungskette, die die von Jesus an Jakobus gegeben Offenbarungen weitervermitteln soll. Dieser Befund spricht eindeutig dafür, Levi als von Matthäus unabhängige Person anzunehmen. Er ist vermutlich als Jünger Jesu und Erscheinungszeuge, der nicht zu den Zwölf gehört, ausgewählt. Er steht 22

So Tardieu, S.20; Pasquier, S.6; King, Gospel, S.600; Till/ H.-M.Schenke, S.26; Marjanen, S.94f. Lucchesis Vermutung (vgl. S.366), es könne sich auch um Maria, die Mutter Jesu, handeln, ist nicht haltbar. 23 In Mk 3,18; Apg 1,13 wird er erst als vierter, nach den Zebedaiden, aufgezählt. 24 Vgl. W.Bauer, Apostelbild, S.34. 25 Auch in PistSoph und lJeü ist er genannt. 26 Vgl. Parrott, Disciples, S.204; auch Till/ H.-M.Schenke, S.31; King, Gospel, S.633 Anm.72; Lührmann, S.333. Pasquier äußert eher Zweifel, vgl. S.22 Anm.74. Petersen (vgl. Werke, S.166f.) spricht sich gegen eine Gleichsetzung aus. 27 Daß es sich historisch um die gleiche Person gehandelt hat, ist ohnehin ganz unwahrscheinlich, vgl. Pesch, Levi-Matthäus, S.47; Luz, Evangelium nach Matthäus 1/2, S.42. 28 Vgl. W.Bauer, Apostelbild, S.34. 29 Vgl. Schneemelcher/ Maurer, S.181. 30 Connolly (vgl. S.183 Anm.) vermutet eine Abhängigkeit dieser Bemerkung über Levi vom EvPetr.

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B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

dann gemeinsam mit Maria, die ebenfalls Jüngerin, aber nicht eine der Zwölf ist, zwei Spitzenrepräsentanten des Zwölferkreises gegenüber. 31 Da die Tradition des Erscheinungszeugen Levi in Syrien beheimatet zu sein scheint, 32 könnte die Rolle des Levi im EvMar auf eine Herkunft aus Syrien weisen. 33 Allerdings ist das EvPetr auch schon früh in Ägypten verbreitet. 34 Ob das EvMar außer im Namen noch in anderen Zügen des Levi-Bildes Übereinstimmungen mit EvPetr hat (z.B. einen Gegensatz zwischen Petrus und Andreas und Levi!) muß offen bleiben, weil der weitere Text des EvPetr fehlt. d) Charakter und Absicht, Überlegungen zur Abfassungssituation Das EvMar spricht eine Vielzahl von Themen an, und zwar auf verschiedenen Ebenen. In den Offenbarungsteilen wird den Leserinnen direkt heilsrelevantes Wissen übermittelt, in den Gesprächen der Jüngerinnen dazwischen finden dagegen Auseinandersetzungen um ganz konkrete Fragen statt. In p.9,5-20 werden mögliche Verfolgung und Leiden problematisiert, in p. 17,10-18,21 sind das Neuartige der Lehre und die Möglichkeit einer Frau als Offenbarungsträgerin umstritten. Alle diese Punkte könnten durchaus Streitpunkte in einer realen Gemeinde im zweiten Jahrhundert sein, das EvMar würde dann Position in einer solchen Auseinandersetzung beziehen. Besonders beim Streit um Maria am Ende könnte jedoch schon ein Problem aufgegriffen worden sein, das das EvMar als Schrift selbst auslöst. Bevor ich näher auf die im EvMar deutlich werdende Auseinandersetzung und die Absicht des EvMar in ihr eingehe, ist zunächst zu klären, wie gnostisch die Schrift ist, genauer: Ist in den Belehrungsteilen der volle gnostische Mythos vorausgesetzt, und müssen die gemachten Aussagen folglich auf seiner Grundlage interpretiert werden? 35 Oder ist dies nicht der Fall? 36 Kann die Schrift insgesamt als Zeugnis einer christlichgnostischen Gruppe angesehen werden? Im ersten Teil des EvMar sind die Belehrungen, die Jesus über Materie, Sünde etc. gibt, nicht spezifisch gnostisch, passen aber in ein gnostisches Weltbild und stehen ihm auch terminologisch nahe. 37 Im zweiten Teil sind die Aussagen über das Sehen von Visionen und über den Verstand im Verhältnis zu Seele und Geist zu rudimentär erhalten, um sie inhaltlich einordnen zu können. Die Schilderung des Seelenaufstiegs, bei dem einzelne Mächte im Dialog überwunden werden, ist jedoch eine typisch gnostische Vor-

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Petersen (vgl. Werke, S.166f.) weist daraufhin, daß gerade eine Verbindung von Maria Magdalena und Levi mehrfach belegt ist. 32 EvPetr und Didask werden dort lokalisiert, vgl. Connolly, S.LXXXVIIff.; Schneemelcher/ Maurer, S.185. 33 So auch Tardieu, S.24f., der eine Nähe zur Schule des Bardesanes sieht. Pasquier (vgl. S.13f. Anm.55) lokalisiert das EvMar in Ägypten. King (vgl. Gospel, S.628) und Maijanen (vgl. S.99) lassen die Frage offen. 34 Vgl. Schneemelcher/ Maurer, S. 181.185. 35 So Pasquier, S.17ff. 36 So King, Gospel, S.628. 37 So auch Petersen, Werke, S.134 Anm.194.

IV. Das Evangelium nach Maria

133

Stellung.38 Bei der Darstellung des Seelenaufstiegs begegnen auch typisch gnostische Einzelheiten wie der unerkannte Abstieg (p. 15,6-8), die Erlösung von der Fessel des Schlafes (p. 16,21-17,3), Ruhe und Schweigen als Ziel (p.17,5-7). Solche Sprachfiguren finden sich aber auch in der übrigen Schrift: Das Bild vom Kranksein (p.7,21f.), der Menschensohn im Innern bzw. zu Menschen gemacht zu werden, das Nichtwanken von Maria (p.l0,14f.; vgl. AJ BG p.64,19-65,3 par.) und schließlich das Anziehen des vollkommenen Menschen (p. 18,15f.). Dieses häufige und breit verteilte Vorkommen von gnostischer Terminologie spricht für eine Interpretation des EvMar auf dem Hintergrund gnostischer Vorstellungen, zumal keine Indizien dem entgegenstehen. Dies betrifft nicht nur einzelne Teile der Schrift, etwa den Seelenaufstieg, sondern ihre gesamte Aussage, da das „Anziehen des vollkommenen Menschen" (p.l8,15f.) ein erklärtes Ziel ist. Daß der Weltentstehungsmythos fehlt, kann am schlechten Erhaltungszustand des EvMar liegen, aber auch an der spezifischen Intention des Schrift: Auf den erhaltenen Seiten sind vor allem die Konsequenzen aus einem gnostischen Weltbild, besonders für die Erlösung, thematisiert. Im EvMar werden mindestens zwei verschiedene Arten von Auseinandersetzung thematisiert, nämlich zum einen der Streit unter den Jüngerinnen, zum anderen eine Feindschaft von außen, die alle Jüngerinnen trifft (p.9,10-12; 18,9f.). Es ist sehr naheliegend, aus der geschilderten Diskussion direkte Rückschlüsse auf die Abfassungssituation des EvMar zu ziehen. Dies ist jedoch insofern problematisch, als das EvMar ein literarisches Werk ist, das eine bestimmte Position vertritt, sowohl inhaltlich als auch in bezug auf die Rolle der Maria - die Darstellung ist deshalb vermutlich weniger Abbildung von Realität als Mittel der Argumentation. Auch die Frage, ob das EvMar ein Beitrag zu einem Dialog zwischen verschiedenen Gruppen sein soll oder sich nur an eine Seite richtet, ist für die Deutung des Dargestellten wesentlich. Zunächst ist der im EvMar beschriebene Stil der Auseinandersetzung auffällig, er scheint eher auf Verständigung zu zielen als auf Polemik. Petrus wird nicht ausschließlich negativ gezeichnet, sondern erkennt am Anfang Marias besonderen Status durchaus an (p. 10,1-6). Sowohl Maria als auch Levi argumentieren in einer Weise, die in der Logik des Petrus überzeugend sein könnte, und beide setzen auch eine gemeinsame Basis voraus. Letzteres zeigt sich in der Anrede als Bruder (p,18,2f.) und in der enormen Hochschätzung Jesu als Erlöser, die Maria und Levi auch bei Petrus vermuten. Daneben enthält das EvMar aber eine deutliche Polemik gegen Petrus (und damit gegen alle, die sich auf ihn berufen), die nur zum kleinen Teil im direkten persönlichen Angriff besteht. Statt dessen wird er auf raffinierte Art ins Unrecht gesetzt. Er gibt selbst den besonderen

38

Vgl. Rudolph, Gnosis, S.186ff. lApcJac NHC V p.33-35 mit der Parallele Iren Haer 1,21,5, 2Jeü Kap.52, auch ApcPl NHC V p.23, ist ähnliches dargestellt wie im EvMar. Es handelt sich um die Rückkehr des Teiles des Menschen nach oben, der auch schon von oben gekommen ist; durch diese Herkunft ist er den Mächten überlegen, was im Dialog ausgedrückt wird. Die Antworten sind im Jeü eher magische Formeln. Allerdings ist nur im EvMar dieser Wiederaufstieg von der Seele berichtet, Irenaus schließt sie sogar ausdrücklich aus. Ob einfach von Personen (wobei ihre himmlischen Anteile gemeint sind) geredet wird oder spezifischer von der Seele, scheint variabel zu sein. Daß gerade die Seele aufsteigt, ist jedoch auch an anderen Stellen erwähnt (ExAn NHC II p.l34,10f.).

134

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

Status Marias zu (p. 10,1-3), der in seiner Formulierung auch gar nicht zu leugnen ist,39 verweigert dann aber die naheliegenden Konsequenzen, wodurch er als kleinlich und eifersüchtig erscheint (p. 17,18-22). Auch seinen Angriff gegen Maria fuhrt er nicht wirklich durch, seine Spitze wird erst von ihr in ihrer Entgegnung formuliert - und dadurch gegen ihn gewendet (p. 18,2-5). Außerdem wird er durch Marias Verteidigung in eine Position gebracht, in der er die gemeinsame Basis verlassen oder Maria vorbehaltlos akzeptieren muß. Ingesamt vertritt die Verfasserin oder der Verfasser die eigene Position mit sehr viel Raffinesse, aber doch klar und entschieden. Diese Art der Darstellung des Streites zielt m.E. nicht auf eine Verständigung mit denjenigen, die Petrus und Andreas repräsentieren, sondern auf eine Bestätigung der Gruppe, die sich auf Maria und Levi beruft. Sie werden als sachlich und moralisch überlegen bestärkt, die anderen diskreditieren sich durch die haltlosen Angriffe selbst.40 Vermutlich sind die Fronten klar. Wo allerdings die realen sachlichen Differenzen liegen, ist schwer zu entscheiden. Der Status von Maria oder von lehrenden Frauen allgemein kann ein oder sogar der zentrale Streitpunkt gewesen sein - aber möglicherweise steht er nur deshalb im Vordergrund, weil er sich leicht entkräften läßt. Auf Andreas Einwand gegen das Neuartige der Lehre wird jedenfalls nicht eingegangen, im Verhältnis zu anderen Zeugnissen der Lehre Jesu ist er jedoch durchaus berechtigt. M.E. bildet er für die Trägergruppe des EvMar den schwerwiegenderen Angriff, dem durch die Anlage der Schrift, durch die Verarbeitung von Jesustradition und durch die Widerlegung anderer Einwände begegnet wird. Trotzdem ist auch der Streit um die Rolle von Frauen wohl nicht völlig unmotiviert. Möglicherweise ist sie im Zusammenhang mit dem Verbot, Gesetze zu erlassen, zu sehen, das durch die Stellung am Ende von Jesu Ausführungen (p.8,22-9,4) und die Wiederholung durch Levi (p. 18,19-21) besonders betont ist. Die Tatsache, daß es so nachdrücklich gegeben wird, setzt eine entsprechende Praxis voraus; d.h. für die intendierten Leserinnen des EvMar lag es durchaus im Bereich des Möglichen, im Sinne von „Gesetze erlassen" tätig zu sein. Vermutlich gab es im Umfeld Menschen, die sich so verhielten, von denen das EvMar sich absetzen will.41 Die Dringlichkeit der Mahnung und der Bezug auf Jesu eigene Anordnungen zeigt, daß es sich um innerkirchliche Gesetze handelt. Das Verbot steht im Kontext der Aufforderung zum Predigen, bei der Wiederholung durch Levi erscheint es sogar als nähere Bestimmung von diesem. Da später Marias Lehre u.a. deshalb angegriffen wird, weil sie eine Frau ist, könnte hier an Gesetze, die Frauen von der öffentlichen Lehre ausschließen (z.B. lTim 2,12), gedacht

39

In den synoptischen Evangelien ist Maria immer die erste der Jüngerinnen. Diese Wirkung entfaltet das EvMar auch heute noch! 41 Vgl. Berger, Offenbarung, S.291. Nach Maijanen (vgl. S.121) ist es ein typischer Vorwurf gnostischer Gruppen an die „Großkirche", daß sie Gesetze erläßt - aber das erklärt die inhaltliche Bedeutung des Vorwurfes noch nicht. 42 Lührmann, vgl. S.334, vermutet eine Gegnerschaft zu EvThom Log. 114, weil dort Frauen, sofem sie nicht männlich werden, von der Erlösung ausgeschlossen sind. Log. 114 richtet sich jedoch wie EvMar gegen Petrus, der Maria aussschließen will - daß sie dort männlich werden soll, ist nur eine androzentri40

IV. Das Evangelium nach Maria

135

Neben diesen aus der Argumentationsstruktur erschlossenenen Angaben zu möglichen Gegnerinnen, finden sich im Text noch zwei direkte Hinweise: p,18,9f. wirft Levi Petrus vor, daß er gegen die Frau streitet „wie die Feinde" griechisch PapRyl: „wie ihr Feind". 43 Dies kann eine Formulierung ohne spezifischen Sinn sein und etwa „feindlich" bedeuten. Es ist aber auch möglich, daß hier bestimmte Feinde gemeint sind, die Frauen oder speziell Maria feindlich gegenüberstehen. 44 Sie sind eine andere Gruppe als die durch Petrus und Andreas repräsentierte, Levi setzt voraus, daß sie auch bei diesen als Feinde gelten. D.h. hier handelt es sich nicht um eine interne Auseinandersetzung. Eine interessante Parallele bietet lTim 5,14, wo ebenfalls der ÖtvciKEi|j.evo

„Weint nicht und seid nicht

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Sicherlich kennt der Erlöser sie genau, deshalb hat er sie mehr als uns 80 geliebt.

Vielmehr laßt uns uns schämen und den vollkommenen 17 NT6AIOC Menschen anziehen und ihn N3lN uns hervorbringen 81 , wie er uns aufgetragen hat, und das NT2K.Q182A}N 6 T O O T N Evangelium predigen, wobei N T N T i q ^ e o e i c y 19 wir keine andere Regel und M n e y a . r r e A i o N GNKCU ezpaui 2 0 N K e ^ o p o c o y ^ e auch kein anderes Gesetz erlassen neben dem, was der KeNOMOc TT2k.2'pA. Erlöser gesagt hat. 82 neNTÄ.nccup j c o o q H3k.AA.ON MA.PN

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„Rabbi, ich habe dich gefunden. Ich habe von deinen Leiden gehört, die du erlitten hast, und ich war sehr traurig, du kennst meine Barmherzigkeit.

Der Text folgt der Ausgabe von Schoedel, Apocalypse, Abweichungen habe ich genannt. Statt der Übersetzung mit „Zeichen" wäre auch „Charakter" oder „Art und Weise" möglich. 53 Oder es (das Zeichen). 54 Ergänzung und Emendation nach Vorschlag von Funk, mündlich; ähnlich auch Böhlig/ Labib; vgl. auch die Übersetzung von Funk, erste Apokalypse, S.261. Schoedel, Apocalypse, und Veilleux versuchen keine Ergänzung des Textes, sondern lesen p.30,23f.: NÄ.CJN [ . . ] . MMGOY NNOYpeq-J-. 55 Vorschlag von H.-M.Schenke in Korrektur einer früheren Ergänzung (vgl. H.-M.Schenke, Rez. Böhlig/ Labib, Sp.28.) Schoedel, Apocalypse, und Veilleux lassen die Lücke von etwa sieben Buchstaben in p.30,26 ungefüllt. 52

200

B. Die einzelnen Dialogevangelien

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201

Und die beiden setzten sich auf einen Felsen. Der Herr sprach zu ihm: „Jakobus, du wirst also diese Leiden erleiden. Aber sei nicht barmherzig! Denn das Fleisch ist verzagt. Es wird bekommen, was ihm bestimmt ist. Du aber sei [unverzagt] und furchte dich nicht!" Der Herr [hörte auf]. Als [aber] Jakobus dies hörte, [wischte] er seine Tränen ab, die in [seinen Augen und] sehr bitter...

....

ÜLKCUBOC Der Herr [sprach] zu [ihm: Jakobus, siehe] GIC] 2 H T G -F*NA.(p ASIÖCDAFI' NA.K. G B O A ich werde (p.33) dir deine Erlösung offenN E X E ] n ^ c o e i c NA.[Q

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aber werde gehen und ich werde [überwechseln] 57 , weil sie an dich geglaubt haben, damit sie überzeugt werden ihnen zum Segen und Heil, und (damit) diese Offenbarung geschehe. Und er ging sogleich (und) wies die [Zwölf] zurecht.

MniMNT'22ICNO]pYC IK.QNOY.XE N O Y T C Ü T ' N2HT

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Und er warf [in] 58 sie Gewißheit über den Weg der Gnosis...

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b) Abgrenzung und Gliederung der

Rahmenerzählung

Die Erzählung vom Erscheinen und Verschwinden rahmt nicht die gesamte Schrift, sondern nur das zweite Gespräch zwischen Jesus und Jakobus; die Erscheinungserzählung verbindet daneben das vorösterliche Gespräch mit den späteren Offenbarungen. Die 57

Ergänzungsvorschlag von Funk, mündlich. Schoedel, Apocalypse, liest •fNiOYCDIN^ 6BO]A, so auch Böhlig/ Labib und Veilleux. Zur Begründung dieser Variante s.u., B. VI. 2. g. 58 Ergänzung von Böhlig/ Labib. Schoedel, Apocalypse, liest p.42,22f. i q N O Y X e [eBOA] N£[H]TOY (er warf aus ihnen), so auch Veilleux. Weiteres zu dieser Stelle s.u., B. VI. 2. g.

202

B. Die einzelnen Dialogevangelien

Erscheinungserzählung beginnt mit dem Passionssummarium (p.30,11-13), das den Übergang vom vorösterlichen Gespräch markiert. Die Ankündigung der Offenbarung der Erlösung (p.32,29-33,1), mit der auf die vor der Passion gestellten Fragen des Jakobus zurückgegriffen wird, signalisiert dann den Abschluß und den Beginn des zweiten Lehrgespräches. Obwohl die so abgegrenzte Erscheinungserzählung schon ein längeres Gespräch enthält, finden sich doch im ganzen Abschnitt kleine Erzählelemente, wie es sie sonst in der Schrift nicht gibt. Sie gehören als Reaktion des Jakobus auf Jesu und seine eigene angekündigte Passion zusammen, und erst als er seine Trauer überwunden hat, ist die Erscheinungserzählung vollendet. Wie in anderen Dialogevangelien geht der Erschienene auf die Reaktion von Jakobus ein und versucht, eine Veränderung zu bewirken. Anders als in diesen handelt es sich aber um die Reaktion auf die Passion, nicht auf die Erscheinung. Die Erscheinungserzählung bietet einen relativ langen einfuhrenden Teil, in dem Ort, Personen und Stimmung beschrieben werden und zu dem auch die kurze Erwähnung der Passion Jesu gehört (p.30,11-31,1). Dann folgt die Erscheinung, die nicht näher beschrieben ist, an die aber unmittelbar eine Reaktion des Jakobus anschließt (p.31,2-14). Danach werden zwei Gesprächsgänge geschildert, in denen jeweils Jesus redet und Jakobus nonverbal reagiert (p.31,14-32,16 und 32,16-28). Ab p.32,28 setzt Jesus dann zur langen Offenbarungsrede an, zu der Jakobus nichts beiträgt, obwohl er direkt angesprochen ist. Das Ende der Erscheinung ist wegen des schlechten Erhaltungszustands der letzten Seiten schwer zu bestimmen. Vermutlich wird jedoch das Verschwinden Jesu gar nicht festgestellt, sondern das Weggehen des Jakobus (p.42,20). Der letzte erhaltene Abschnitt von Jesu Rede bietet aber zumindest eine Ankündigung seines Gehens (p.42,14f.) und dann einen Satz mit verheißendem Charakter (p.42,16-19). Auch Jakobus Zusammentreffen mit den Zwölf ist zum Abschluß der Erscheinung zu rechnen (p.42,20-24). Nach einer Lücke von mehreren Zeilen ist dann vermutlich ein Stück Erzählung über das Martyrium des Jakobus erhalten, es gehört jedenfalls nicht mehr zur Erscheinung. c) Die Einführung (p.30,11-31,1) Die Einfuhrung zur Erscheinung Jesu läßt sich noch unterteilen, sie beginnt mit einigen allgemeinen Sätzen u.a. auch über die Passion Jesu (p.30,11-18). Erst danach wird genauer in die Situation eingeführt, in die hinein Jesus erscheint, Jakobus ist auf dem Berg anwesend (p.30,18-31,1). Dieser zweite Teil wird noch zusätzlich verkompliziert, weil neben Jakobus noch andere Personen auftreten, die aber noch vor der Erscheinung wieder verschwinden. Diese werden neben, in Bezug auf und im Kontrast mit Jakobus genannt: Am Ende heißt es, daß die Menge sich zerstreut, während Jakobus bleibt (p.30,27-29). Vorher sind sie die Begleitung des Jakobus auf dem Berg Gaugela und zweifach beschrieben, als „seine Jüngerinnen" und als die, die „auf ihn hören". 59 Diese 59

Zunächst ist unklar, ob „seine" und „ihn" Jakobus oder Jesus meinen. Vom näheren Kontext her bietet sich Jakobus an, trotzdem sind die Jüngerinnen m.E. Jesu Jüngerinnen, denn nur auf ihn sind sonst Jüngerlnnen bezogen (p.38,17f.). Vermutlich handelt es sich um eine feste, unabhängig vom Kontext auf

VI. Die erste Apokalypse des Jakobus

203

Jüngergruppe bei Jakobus ist es wohl, die später als „Menge" bezeichnet wird. Möglicherweise wird die Bezeichnung M i i ö H T H C vermieden, weil sie ja Jakobus verlassen und nicht mehr auf ihn hören. Auch wenn wegen des schlecht erhaltenen Textes p.30,23-26 nicht klar ist, was zu dieser Trennung fuhrt, so ergibt sich doch eine sinnvolle Abfolge der Ereignisse p.30,18-31,1: Jakobus, die Hauptperson, befindet sich auf dem Berg Gaugela 60 zusammen mit einigen Getreuen, die ihn aber verlassen, so daß er allein im Gebet zurückbleibt. In dieser Situation erscheint dann Jesus. Unklar sind jedoch einige Einzelheiten der Erzählung, vor allem p.30,23-26 sind nicht vollständig erhalten und schwer rekonstruierbar. Zunächst wird eine Aussage über Jakobus gemacht, in der vermutlich seine Unwissenheit bezüglich der Existenz eines Trösters festgestellt wird. Danach folgt eine wörtliche Rede, in der vielleicht - auch dies ist nur eine Ergänzung - der Berg als zweiter Lehrort angekündigt wird. Sprecher dieser Worte kann Jakobus sein, 61 m.E. ist es jedoch sinnvoller, sie dem Tröster zuzuschreiben. Denn dieses Textverständnis vermeidet zwei gegensätzliche Aussagen über Jakobus, zum einen ist er unwissend, zum anderen trifft er eine wichtige Feststellung, bei denen die zweite auch noch als Umstandssatz an die erste gebunden ist. Außerdem bekommt der Tröster durch die wörtliche Rede eine Funktion. Im Kontext der Gesamtschrift ist die Ankündigung des zweiten Lehrortes sinnvoll, zumal die Erscheinungserzählung eine Verbindung zwischen dem vor- und dem nachösterlichen Dialog mit Jesus bildet. Der Tröster wird jedoch sonst nicht erwähnt. Diese Zeilen sind dann einerseits eine Vorschau auf die weiteren Offenbarungen, andererseits wird die Stimmung des Jakobus charakterisiert, der nicht weiß, daß sie jetzt zu erwarten sind. An der Stelle der Erscheinungserzählung, an der in SJC und AJ eine Fragelistc die Ratlosigkeit der Jüngerinnen ausdrückt und die Leserinnen auf die folgenden Belehrungen einstimmt, wird also auch in der 1 ApcJac die Belehrungsbedürftigkeit des Jakobus deutlich und die folgende Lehre angekündigt. Das Weggehen der Menge ist vermutlich nicht durch diese Aussagen veranlaßt, sondern nur nötig, damit Jakobus allein die Offenbarungen empfangen kann. Der Beginn der Einführung zur Erscheinungserzählung erwähnt zunächst einmal Jesu Passion und Jakobus Reaktion auf sie (p.30,11-15). Das Vollenden dessen, was sein muß, umfaßt in der Perspektive der 1 ApcJac nicht nur irdisches Leiden, sondern auch den Aufstieg zum Seienden mit der Überwindung der Mächte. Die Formulierung

Jesus bezogene Formulierung. Der, auf den sie hören, ist dagegen vermutlich Jakobus. Beide Beschreibungen sind als substantivierter Relativsatz konstruiert, so daß sie wohl als parallele, gleichermaßen die Gruppe charakterisierende Aussagen zu verstehen sind, vgl. die Übersetzungen von Veilleux und Schoedel, Apocalypse. Funk (erste Apokalypse, S.261) übersetzt den zweiten Satz als Näherbestimmung der im ersten Satz erwähnten MA.OHTHC, so sind die Hörenden nur ein Teil aller möglichen Jüngerinnen. 60 Nach Schoedel (vgl. Apocalypse, S.80f. Anm.), dem sich Veilleux (vgl. S.82) anschließt, ist der Name Gaugela eine über das Syrische vermittelte Form von Golgatha. Böhlig/ Labib (vgl. S.40 Anm.) lokalisieren ihn in der Nähe von Jericho. Ich halte ersteres nicht unbedingt für überzeugend, zumal die vorliegende Fassung jedenfalls nicht mehr als Golgatha gelesen wird. Wichtig ist, daß der Berg im Gegensatz zu Jerusalem und dem Volk gesehen wird (p.31,11), dazu ist eine weitere Entfernung eher plausibel. 61 So die Übersetzung von Funk, erste Apokalpyse, S.261; H.-M.Schenke, Rez. Böhlig/ Labib, Sp.28. Böhlig/ Labib (vgl. S.40) sehen hier einen allgemeinen Ausspruch über den Tröster eingeleitet.

204

B. Die einzelnen Dialogevangelien

mit c y c y e wird später wieder aufgegriffen, wenn Jakobus feststellt, daß das Volk das macht, was unangemessen (2eNTT2k.pA. T T G T e t y c y e N€; p.31,13f.) ist. Eine Vollendung pCCDK.) seines Loses auf der Erde kündigt Jesus p.29,9 an, und auch schon ganz am Anfang, fast als eine Überschrift über die Belehrungen, fordert er Jakobus auf, die „Vollendung seiner Erlösung" zu sehen (p.24,12). Weil die Passionsereignisse den Aufstieg schon mit umfassen, ist für eine eigene Erwähnung der Auferstehung kein Raum, Tod und „Himmelfahrt" sind eins. Der Zusammenhang zwischen Leiden und Aufstieg wird jedoch von Jakobus in seiner Reaktion nicht begriffen, obwohl er ihn vorher gesehen hat (p.29,16-19). Jakobus hört von Jesu Leiden und ist daraufhin selbst sehr betrübt. Die Bezeichnung der Passionsereignisse als Leiden zeigt eine bestimmte Sicht des Jakobus, die unangemessen ist und später von Jesus selbst zurückgewiesen wird (p.31,18-22). Das daraus resultierende Leid des Jakobus bleibt für den ganzen Abschnitt bestimmend. Hier ist ein wesentlicher Aspekt der Ausgangssituation für die Erscheinung Jesu gegeben. Zwischen der Reaktion des Jakobus auf die Passion Jesu und dem Gehen auf den Berg wird nun noch eine Aussage gemacht, die schwer interpretierbar ist (p.30,16-18). Zunächst heißt es, daß sie auf ein Zeichen (TyTTOC) seines Kommens warten. Ein erneutes Zusammentreffen hat Jesus angekündigt (p.29,14-21), problematisch ist hier jedoch die 3.Person Plural. Wer hier gemeint ist, läßt sich aus dem vorausgehenden Kontext nicht erheben; aus dem folgenden kann geschlossen werden, daß es sich um Jakobus und die Jüngerinnen handelt. Hier wird aber keine Spur der späteren Differenzierung zwischen beiden deutlich. Auch die Verwendung von TyTTOC ist ungewöhnlich, in der Schrift meint das Wort sonst „Abbild" und charakterisiert eine irdische Größe als TYTTOC einer himmlischen oder umgekehrt (p.31,24; 36,2). Aber hier ist es wohl allgemein, im Sinn von Zeichen, verwendet. Ein weiteres Problem liegt im Nachsatz: Er (Jesus) oder es (das Zeichen) kam nach einigen Tagen. Wenn sich das ¿.(JCI auf TyTTOC bezieht, dann wird hier von einem Ereignis gesprochen, das der Erscheinung vorausgeht und vermutlich den Gang zum Berg auslöst. Auf ein solches „Signal" weist jedoch nichts in der lApcJac hin,62 es gibt auch kaum eine sinnvolle Erklärung in anderen frühchristlichen Schriften. Deshalb ist vermutlich Jesus gemeint, der Satz kann als ein zusammenfassender Vorgriff auf die weiteren Ereignisse verstanden werden. Zu einem solchen zusammenfassenden Charakter paßt auch der unbestimmte Plural der Aussage über das Warten. Für die folgende Erscheinung liefert diese „Überschrift" eine Zeitangabe für die weiteren Ereignisse, die wenige Tage nach der Passion stattfinden. d) Erscheinung und Reaktion

(p.31,2-14)

Die Erscheinung Jesu, hier wie auch sonst als „der Herr" bezeichnet, ist einfach nur festgestellt (p.31,2). Der Erscheinende ist weder beschrieben noch sind irgendwelche Begleitumstände genannt. Stattdessen erfolgt gleich eine Reaktion des Jakobus, der von

62

MA.eiN p.24,13.18 ist im sahidischen NT kein Äquivalent für xtiTtOQ, vgl. Concordance 11,1, S.369. Die Stelle ist unklar, bezieht sich aber wohl auf das Folgende.

VI. Die erste Apokalypse des Jakobus

205

seinem Gebet abläßt, Jesus umarmt und küßt und ihn anspricht. 63 Umarmen und Küssen zeigt die enge Verbindung des Jakobus zu Jesus, die sicherlich (auch) auf einer geistigen Ebene gemeint ist. Auch ein Anklang an liturgische Praxis ist möglicherweise vorhanden. Aber ich nehme nicht an, daß hier durch den Kuß Jakobus Gnosis verliehen wird. 64 Denn zum einen küßt Jakobus Jesus und nicht umgekehrt, wie es bei der Übermittlung von Gnosis zu erwarten wäre und z.B. EvPhil NHC II p.63,35f. gesagt ist. 65 Außerdem bewirkt diese Szene keine Veränderung des Jakobus, er berichtet Jesus p.31,6f. von seiner Stimmung, die noch genau der von p.30,13-15 entspricht. Jakobus ist einerseits von Anfang an wesensmäßig Gnostiker (p.24,14f.), andererseits zeigt er aber Schwächen, die er erst beim Ablegen des Leibes wirklich überwindet (p.27,3-10). 66 Auch das Aufhören mit dem Gebet wird m.E. zu weitgehend interpretiert, wenn es als Abwendung des Jakobus vom Judentum verstanden wird. 67 Ein jüdischer Hintergrund des Gebetes muß nicht angenommen werden, beten ist schließlich auch eine christliche und christlich-gnostische Gewohnheit. 68 Das Aufhören mit dem Gebet ist ein weiteres Zeichen der Zuwendung zu Jesus, Jakobus zieht den Kontakt zum Himmel über Jesus dem durch das Gebet vermittelten vor. Es gehört als eigener Akt zum Umarmen und Küssen, denn alle drei werden von Jesus später wieder genannt (p.32,5-8). Auch der erste Satz, den Jakobus an Jesus richtet „Rabbi, ich habe dich gefunden" entspricht genau seiner Handlungsweise; Jakobus mißt dem Zusammentreffen mit Jesus große Bedeutung zu. Das Finden hebt das Warten vom Anfang (p.30,16f.) auf, legt aber mehr Betonung auf die Aktivität des Jakobus als eigentlich angemessen wäre. Anscheinend ist das Warten des Jakobus nicht nur passiv zu verstehen, sondern als ein Suchen. Alle diese Umstände signalisieren die Bereitschaft des Jakobus, sich auf Jesus und seine Offenbarung einzulassen; er ist so sehr positiv charakterisiert. Als nächstes berichtet er von seiner Reaktion auf Jesu Passion, die weitgehend der p.30,13-15 genannten entspricht. Jakobus hat von Jesu Leiden gehört und ist selber sehr traurig. Hier in p.31,6-8 ist die Betrübnis des Jakobus vom Satzbau her nicht so eindeutig an Jesu Leiden gebunden wie dies durch den Temporalsatz p.30,13f. zum Ausdruck kommt. Dafür folgt ein Nachsatz, der diese Verbindung um so deutlicher herstellt: Jakobus verweist auf Jesu Wissen um seine Barmherzigkeit. Hier ist also eine Erklärung für die Trauer des Jakobus gegeben, sie gründet im Mitleid, nicht etwa, was ja auch denkbar wäre, in Angst um das eigene Leben oder in Trauer um den Verlust des Lehrers.

63

Umarmen und Küssen zeigen, daß der Erschienene als leibliches Wesen vorgestellt ist, dazu paßt auch ihr später erwähntes gemeinsames Sich-Setzen (p.32,15f.), vgl. Luttikhuizen, Herrenworte, S.93. Wie dies mit dem schon erfolgten Aufstieg zusammenpaßt, wird nicht reflektiert, anders als in 2ApcJac p.57,11-14. 64 So Luttikhuizen, Hen-enworte, S.95; Veilleux, S.83. 65 Der Satz an sich ist nicht eindeutig, aber sowohl im gleich folgenden Umstandssatz wie im ersten der drei Verbalsätze ist Jakobus das Subjekt, so daß dies auch für Umarmen und Küssen angenommen werden muß. 66 Ein gewisser Einschnitt ist auch in p.38,12-15 erkennbar, wo Jakobus wohl überzeugt ist bzw. Gewißheit erlangt hat. 67 So Luttikhuizen, Herrenworte, S.95; Veilleux, S.83. 68 Vgl. z.B. EpPt p.133,20-134,9 in vergleichbarer Situation oder 2ApcJac p.62,14f., dort spricht Jakobus ein anderes Gebet als gewohnt.

206

B. Die einzelnen Dialogevangelien

Zugleich betont dieser Nachsatz erneut das besondere Verhältnis Jesu zu Jakobus, er kennt ihn wie schon p.24,16f gesagt. 69 Aus dieser Einstellung zur Passion zieht Jakobus nun Folgerungen, die sein Verhältnis zum „Volk" 70 betreffen. 71 Er will es nicht mehr sehen, sondern es soll gerichtet werden für das, was sie gemacht haben. Dies ist auch noch näher begründet, sie handelten nicht wie sie sollten. 2 Diese Kritik stellt das Volk in klaren Gegensatz zu Jesus, der gerade das macht, was nötig ist (p.30,12f.). Das c y c y e bringt hier wie in p.30,13 einen äußeren Maßstab ins Spiel, vermutlich Gottes Willen. Allerdings besteht ein Widerspruch, weil Jesu Passion als ihm gemäß gilt, das Verhalten des Volkes, das sie bedingt, jedoch nicht. Der Wunsch, das Volk nicht mehr zu sehen, motiviert auch nachträglich Jakobus Aufenthalt auf dem Berg. Er hielt sich dort nicht in Erwartung einer Erscheinung auf. e) Jesu erste Ansprache

(p.31,14-32,16)

Jesus geht in einer langen Rede (p.31,15-32,12) ausführlich auf Jakobus und sein Verhalten ein, indem er teils bestätigt, teils zurechtrückt. Die letzten Zeilen von p.31 sind schlecht erhalten, davor antwortet Jesus auf die von Jakobus genannte Einstellung zum Leiden Jesu und zum Volk. Er verbietet ihm, sich um beide zu sorgen (p.31,15-17) und begründet dies nacheinander für seine Person und für das Volk; jeweils beginnt er mit einer Seinsaussage. Er selbst definiert sich als der, der in ihm war (p.31,17f.), also sozusagen als sein eigener innerer Mensch, und erklärt dann dreimal hintereinander in verschiedener Formulierung, daß er nicht gelitten hat (p.31,18-22). Der offenkundige Widerspruch zu dem, was Jakobus von Jesu Leiden weiß, löst sich, weil es eben den inneren, eigentlichen Jesus nicht traf. Dies ist eine Variante einer gnostischen Sicht der Passion. 73 Es wird zwischen dem wahren Jesus und seinem äußeren, fleischlichen Leib differenziert, 74 wobei diese Unterscheidung wohl nicht nur für ihn, sondern auch für Jakobus (und alle anderen Gnostikerlnnen) gilt (p.32,19-21). 75 In der letzten Aussage über das nicht erlebte Leiden ist das Volk erwähnt, über das dann die nächste grundsätzliche Aussage gemacht wird (p.31,23f.). 76 Das Volk wird als 69

An beiden Stellen sind verschiedene koptische Termini verwendet, COOYN (p.3l,8f.) und e i M e (p.24,17). Möglicherweise gibt beides ein griechisches yivcDCTKO) wieder, vgl. Concordance 11,1, S.184 und 11,2, S.848. 70 Der hier verwendete griechische Terminus X6.0C, bezeichnet das jüdische Volk, das als für Jesu Passion verantwortlich angesehen wird (p.31,21 f.). Die Römer werden nicht erwähnt, was eigentlich verwunderlich ist, wenn die 1 ApcJac Verfolgung durch den Staat voraussetzt. 71 Die Satzkonstruktion ist etwas merkwürdig, weil der x e - S a t z von NeiOYtLKl} oder von e i M e e Y G abhängig kein könnte, beides zusammen aber nicht recht Sinn ergibt. 72 Wörtlich: gegen (napdc) das, was sein muß. OJOpe gibt wohl ein CXfieiXüJ oder ein 6 e i wieder, vgl. Concordance 11,3, S.1311. 73 Ganz anders dagegen EpPt p.139,15-28. 74 Vgl. Koschorke, Polemik, S.196. 75 Vgl. Funk, erste Apokalypse, S.258. 76 Die Deutung des TTA.I (p.31,23) auf TTeiA.i.OC (p.31,21) ist nicht selbstverständlich, so aber Schoedel, Apocalypse, und Veilleux. Ein Bezug auf NA.i.A.Y M T i e T 2 0 0 Y (p.31,22) ist ebenfalls denkbar, so die Obersetzungen von Funk, erste Apokalypse, S.261, und Böhlig/ Labib. Aber das A 6 (p.31,23) spricht

VI. Die erste Apokalypse des Jakobus

207

Abbild der Archonten beschrieben und ist deshalb würdig, durch sie aufgelöst zu werden. Diese Aussage paßt zur Beschreibung Jerusalems als Wohnort von Archonten und verweist wohl auf die Zerstörung Jerusalems. Jesus lehnt so Jakobus Wunsch nach einem Gericht über das Volk ab. Was zu dieser „innerarchontischen" Auseinandersetzung fuhrt, ist nicht deutlich, möglicherweise steht sie in Zusammenhang mit Jakobus Überwindung der Archonten. 77 Die folgenden Zeilen sind zu fragmentarisch erhalten für eine Interpretation. Der zweite Teil der Rede handelt dann von Jakobus, der vielfach gelobt wird. Sein Beiname „der Gerechte" wird erklärt (p.32,1-3) und sein Verhalten auf die Erscheinung Jesu hin findet Zustimmung, es ist sogar der unmittelbare Ausdruck seines Gerechtseins (p.32,5-8). Diese Darlegung mündet in eine Ansage, die als Amen-Wort besonders betont ist. Jakobus hat eben durch sein gutes Verhalten Zorn auf sich gezogen, hat also wie Jesus Verfolgung zu erwarten. Auf diese Rede reagiert nun Jakobus wieder, aber ohne etwas zu sagen. Er ist verzagt und weint und ist immer noch sehr traurig. Seine Stimmung hat sich also nicht geändert, wohl aber der Grund für sie. Jetzt ist es nicht mehr Jesu Passion, die sein Leiden auslöst, hierin waren die Belehrungen Jesu erfolgreich. Vielmehr scheint er sich vor seinem eigenen Leiden, das Jesus ankündigt, zu furchten. Bevor nun Jesus nochmals anhebt, setzen sich beide auf einen Felsen. Dies ist eine rätselhafte Bemerkung, die wohl tiefere Gründe haben muß, als nur Jesu Zuwendung zu zeigen. Das Setzen ist zunächst ein Gegensatz zum Gehen ( M O O C y e ) des Jakobus auf dem Berg (p.30,19), zeigt also vielleicht nochmals den Abschluß der Suche. Vielleicht ist auch eine Steigerung des Berges intendiert, 78 aber warum setzen sie sich dann? Möglicherweise besteht auch ein Bezug zum Martyrium des Jakobus (Steinigung?) am Ende der Schrift, aber dort ist der Text nicht erhalten. f ) Jesu zweite Ansprache (p. 32,16-28) Jesus wendet sich erneut an Jakobus und versucht, seine Trauer zu beheben. Daß er leiden muß, wird nochmals bekräftigt, aber er soll kein Erbarmen haben, weil nur das Fleisch leidet. Das Fleisch ist verzagt, aber es bekommt, was ihm bestimmt ist. Jakobus soll sich nicht furchten. Jesus, der selber vor seiner Passion Verzagtheit geäußert hat (p.28,3f.), und zwar auch in einem ganz ähnlichen Kontext, nämlich wie Jakobus angesichts von Zorn gegen ihn, kann jetzt sozusagen aus eigener Erfahrung beruhigen. Wie bei Jesus ist also auch bei Jakobus eine Unterscheidung zwischen innerem, wahren Menschen und äußerer Gestalt vorausgesetzt. 79 Die Worte Jesu antworten auf die gerade zuvor geschilderten Empfindungen des Jakobus, vor allem auf das Stichwort verzagt (ÖA-B^HT). Dann führen sie aber auch dafür, daß hier eine neue Aussage gemacht wird, die z.B. den zweiten Teil des Eingangssatzes p.31,15-17 behandelt. Außerdem bedeutet ICH e 2 p a . l „be laid down, exist" (vgl. Crum, S.98a. Es ist ein Äquivalent für Keinen, seine Komposita oder auch für £l|J.i, vgl. Concordance 11,1, S.260.) und läßt sich mit folgendem N~ der Identität gut als Seinsaussage lesen. 77 So Schoedel, Interpretation, S.177. 78 So Funk, erste Apokalypse, S.256. 79 Vgl. auch p.27,5f., wo das Fleisch als Fessel bezeichnet wird.

208

B. Die einzelnen Dialogevangelien

Jesu letzte Rede weiter, weil das dort Angekündigte (Zorn gegen Jakobus) jetzt konkreter (Jakobus wird leiden) formuliert wird. Aber auch zur Reaktion des Jakobus auf Jesu Erscheinung gibt es eine Verbindung durch das Stichwort Mitleid (OJN^HT; p.32,19/ MNTOjaiNT^HT; p.31,9). Das von Jakobus geäußerte Mitleid wird abgewiesen, jedenfalls sofern es sich auf Leiden des Fleisches bezieht. 80 Auf einen noch weiteren Kontext verweist das abschließende „furchte dich nicht". Jakobus hat solche Furcht p.28,29f. geäußert, direkt bevor er die Fragen stellte, die Jesus jetzt in der Offenbarungsrede beantworten wird. Und schon in p.25,13-15 steht eine ähnliche Aufforderung im Zusammenhang mit der Ankündigung der Gefangennahme des Jakobus. Jesus hat mit seinen Trostworten Erfolg, denn Jakobus wischt sich die Tränen ab (p.32,24f.), sofern dies aus dem lückenhaften Text ersichtlich ist. Damit ist eine neue Ausgangssituation geschaffen, in die hinein Jesus seine wichtigsten Offenbarungen äußert. Durch das Aufheben des ganz zu Anfang geschilderten Leidens des Jakobus ist der Abschnitt geschlossen. g) Der Schluß der Erscheinung

(p.42,14-24)

Der Text bietet schon aufgrund des schlechten Erhaltungszustands einige Probleme. Zunächst ist zu klären, wer p.42,14-19 spricht. Zuletzt hatte Jakobus p.41,19ff. eine Frage gestellt, auf die eine größere Lücke folgte, in der Jesus wohl antwortete. Sicher spricht er in p.42,9f., denn „du hast [...] der Gnosis empfangen" ist als Satz an Jesus kaum vorstellbar. Auch das in p.42,13 erhaltene K.Nä.6[ sieht nach einer Verheißung für Jakobus aus,81 an die das A.NOK. (ich aber) von p.42,14 direkt anschließt. Danach ist kein Platz mehr für einen Wechsel der redenden Person. 82 Außerdem passen die letzten, verheißenden Worte gut als Rede Jesu, es ist überhaupt wahrscheinlich, daß er das letzte Wort im Gesprächsteils hat. Wenn der Abschnitt also eine Rede Jesu ist, dann kündigt dieser p.42,14 sein Weggehen an, nachdem vorher über Jakobus gesprochen wurde. Die nächste Zeile bietet eine parallel konstruierte Aussage, von der das Verb aber nur teilweise erhalten ist (-fN^OYCD[ ). In der Regel wird es zu ^NÄ.OYCU[N2 GBO]A (ich werde erscheinen oder offenbaren) ergänzt. 83 Die Ansage von weiteren Offenbarungen oder Erscheinungen ist jedoch an dieser Stelle unplausibel, denn die sind ja bis hierher erfolgt. Kein Dialogevangelium endet mit der Ankündigung weiterer Erscheinungen; sie widersprächen auch den Überlieferungsanweisungen in der lApcJac, zu denen Jesu erneutes Ein80

Daß es einmal um Mitleid des Jakobus mit Jesus, einmal mit sich selbst geht, spielt keine Rolle, wichtig ist nur: es ist jeweils Mitleid mit äußerlichem Leiden. 81 Üblicherweise wird zu KNA.[6lNe (du wirst finden) ergänzt. Das ist eine sinnvolle Möglichkeit, denkbar wäre aber auch KNi.6lOJA.fT 6BOA. (du wirst offenbaren) analog zu p.36,15. 82 Veilleux (vgl. S.97) vermutet zwar, daß p.42,15-19 Jakobus redet, erklärt aber nicht, wie und an welcher Stelle ein Wechsel stattfindet. Böhlig/ Labib (vgl. S.51 Anm.) halten p.41,11-42,19 ganz für eine Rede des Jakobus, aber das ist nicht nur aufgrund des Inhalts, sondern auch wegen der Länge sehr unwahrscheinlich. Sonst folgt auf Fragen sofort eine Antwort; in der einzigen längeren Rede des Jakobus (p.28,5-29,3) stellt er erst am Schluß die Fragen. 83 So Schoedel, Apocalypse; Böhlig/ Labib; H.-M.Schenke, Rez. Böhlig/ Labib, Sp.29; Veilleux; anders Funk, erste Apokalypse, S.263, der eine Lücke läßt.

VI. Die erste Apokalypse des Jakobus

209

greifen nicht paßt.84 Und schließlich paßt der Verweis auf den Glauben an Jakobus (p.42,16) 85 wenig zu weiteren Aktivitäten Jesu,86 Mir scheint deshalb eine Ergänzung zu •j*N2k.OYCD[TB GBO]A (ich werde überwechseln) sinnvoller.87 Dem Weggehen Jesu steht auf der anderen Seite Glaube an Jakobus gegenüber, Ziel ist dabei das Heil der Glaubenden.88 Sie sollen überzeugt oder gewiß werden, und die Offenbarung (TTeiOYCDN^) soll geschehen. Dies kann sich auf p.41,14f., wo die Offenbarung/ das Erscheinen der Kraft Gottes angekündigt ist, zurückbeziehen.89 Es kann aber auch die Offenbarung in der ganzen Schrift oder besonders die Aufstiegsworte meinen, in dem Sinne, daß sie wirklich weitergegeben werden und den Aufstieg zum Seienden bewirken. Hiermit sind jedenfalls die Offenbarungen der lApcJac abgeschlossen. Es folgt noch ein Stück Erzählung, in der vermutlich Jakobus90 weggeht und die Zwölf zurechtweist. Daß keine Bemerkung über das Verschwinden Jesu gemacht wird, ist für Dialogevangelien singulär, paßt aber zur schwachen Betonung der Erscheinung Jesu. So wie die Erscheinung Jesu am Anfang nur nötig ist, um Jesus und Jakobus zusammentreffen zu lassen, so ist nur eine Trennung wichtig, nach der das Augenmerk dann auf Jakobus gerichtet wird. Das für die Zurechtweisung p.42,21f. verwendete Wort C O O £ e begegnet in der lApcJac mehrfach.91 In p.28,1 kündigt Jesus im Zusammenhang mit seiner Passion an, daß er sie (vermutlich die für die Passion Verantwortlichen, 84

Allerdings ist p.30,lf. eine Erscheinung Jesu angesagt, die wohl nach den in der lApcJac beschriebenen Ereignissen stattfindet: Jesus kündigt im vorösterlichen Gespräch mit Jakobus Offenbarungen nach seiner Passion an ihn an, die zum Glauben einer Menge Menschen fllhren sollen (p.29,19-29). Und danach wiederum will er zur Zurechtweisung der Archonten erscheinen (p.30,1-6). Mit *J*NOY ( j e t z t ) eingeleitet folgt dann in p.30,7 die Ankündigung des Weggehens ("("NA.BCUK) in der unmittelbaren Zukunft, d.h. die Passion. Die Erscheinung vor den Archonten scheint also ein eschatologischer Ausblick zu sein, der erst nach Verbreitung und Durchsetzung der Jakobus gegebenen Offenbarungen erfolgt. In p.42,15 wird auch etwas angekündigt, das in Bezug zu denen steht, die an Jakobus geglaubt haben, ihr Heil und das Geschehen der Offenbarung ist im Blick. Aber er geht um eine nähere Zukunft und eine Verbindung zu Archonten läßt sich kaum herstellen. 85 epOK. ist eine ziemlich sichere Ergänzung, nach der Faximile-Ausgabe ist z.B. €>poi nicht möglich, weil vom letzten Buchstaben Reste rechts und links unten erhalten sind. 86 Das Perfekt im Satz über den Glauben an Jakobus ist aber in jedem Fall auffällig, weil ein Glaube an Jakobus, also doch wohl an die von ihm übermittelten Offenbarungen, während des Gespräches, in dem er sie erst erhält, nicht vorausgesetzt werden kann. 87 Ein Vorschlag von Funk, mündlich. Diese Doppelaussage über Jesu Weggehen hat eine Analogie in EpJac p.2,21 Ä.K.BCJDK a.K.OYi.eie ¿.pjLN (du bist gegangen und hast dich von uns entfernt). 88 Vermutlich derselben, die auch schon p.29,22-29 angesprochen sind. 89 Der Text vor p.41,14 ist schlecht erhalten, deshalb ist der genaue Zusammenhang der Aussage nicht ersichtlich. 90 So der Konsens in der Forschung. Vom Text her könnte es auch Jesus sein, dann wäre es aber Jesus, der mit den Zwölf zusammentrifft, was nicht dem sonst üblichen Ablauf entspricht (vgl. AJ, EpJac). 91 C 0 0 2 6 hat mehrere Bedeutungen, einmal „entfernen", „remove" (vgl. Westendorf, S.210; Crum S.380a), zum anderen die Grundbedeutung „aufstellen", „be set up" für die auch die Unterbedeutung „richtigstellen, tadeln", „reprove, correct" (Westendorf, S.210, Crum, S.380b) existiert. In der lApcJac ist wohl immer das zweite Wort gemeint, vgl. die Übersetzungen von Funk, erste Apokalypse; Schoedel, Apocalypse; Veilleux. In p.28,8f. ist auch die Bedeutung „entfernen" erwägenswert - allerdings ergibt sich nur ein geringfügiger Sinnunterschied.

210

B. Die einzelnen Dialogevangelien

das Volk) nicht zurechtweisen wird. In p.30,lf. verheißt er eine Erscheinung in fernerer Zukunft zur „Zurechtweisung der Archonten". Im Hymnus auf Jesus spricht Jakobus vom Zurechtweisen oder auch Aufrichten des Vergessens (p.28,7f.) und der Unwissenheit (p.28,9f.) durch Jesus, der mit Wissen und Erinnerung gekommen ist. Das Subjekt zu COOe ist also stets durch eine fundamentale Überlegenheit gekennzeichnet, die Objekte sind ausgesprochen negativ gesehen. Dieser Gebrauch des Wortes in der lApcJac spricht dafür, C O O ^ e auch in p.42,21f. als Zurechtweisung im Sinne einer scharfen Kritik zu verstehen. Von der Wortbedeutung her ist jedoch auch ein positiveres Verständnis, im Sinne von aufrichten, möglich. 92 Ob die nächste Handlung des Jakobus die Zwölf schlecht darstellt oder nicht, hängt von der Ergänzung der Lücke am Anfang von p.42,23 ab. Ist [GBOA.] N £ [ H ] T O Y zu lesen, 93 dann wirft er etwas aus ihnen heraus, soll [ e 2 P ^ . I ] N 2 [ H ] T O y ergänzt werden, 94 dann gibt er etwas in sie ein. Objekt des Werfens ist eine noch näher bestimmte Überzeugung oder Gewißheit (TCÜT N2HT). 9 5 M.E. ist die zweite Variante vorzuziehen, da TCÜT N £ H T ¡ n d e r lApcJac stets positiv gebraucht wird (p.38,12f.; 42,16f.) und hier zudem noch durch Gnosis näherbestimmt ist. Dies bedeutet, daß die Zwölf trotz der Kritik die wichtige Offenbarung erhalten und nicht im Gegensatz zu den Glaubenden von p.42,16f. stehen. 96 Nach diesem Satz sind die nächsten Zeilen weitestgehend verloren. Es könnten weitere Handlungen des Jakobus berichtet sein oder eine Reaktion der Zwölf. Es ist nicht einmal sicher, ob die Diskussion auf p.43 zwischen neu eingeführten Personen stattfindet oder ob hier die Zwölf beteiligt sind. h) Die Aussage der Rahmenerzählung und ihre Funktion jur die Schrift Auffällig ist die Geschlossenheit des ganzen Abschnitts um die Erscheinung Jesu. Nicht nur ist Jakobus Leiden ein roter Faden, das die Struktur bestimmt, bis es am Ende überwunden ist, sondern es gibt auch zahlreiche Rückbezüge und Verbindungen. Jesus geht tatsächlich in seinen beiden Reden auf alles ein, was Jakobus macht und sagt, und zwar sowohl in Korrektur wie in Bestätigung. Obwohl also Jakobus Verhalten nicht in allen Punkten Bestand hat, wird keine grundsätzliche Kritik an ihm geäußert, er bleibt eine sehr positive Figur trotz seiner Fehleinschätzungen. Der ganze Erzählabschnitt ist auf Jesu Passion, genauer auf Jakobus Sicht von ihr, konzentriert. Die Erscheinung Jesu ist dabei ein Mittel für ein erneutes Zusammentreffen der beiden, über sie selbst wird nicht reflektiert. Ausfuhrlich dargestellt ist nur Jakobus, sowohl in seiner Stimmung wie in seiner Reaktion auf die Erscheinung! Auch in 92

So H.-M.Schenke, Rez. Böhlig/ Labib, Sp.29. So Schoedel, Apocalypse; Veilleux; die Übersetzung von Funk, erste Apokalypse, S.263. 94 So Böhlig/ Labib; H.-M.Schenke, Rez. Böhlig/ Labib, Sp.29. 95 Zu TCUT N£HT s.o., B. VI. 1. c. Die Ergänzung der folgenden Lücke (p.42,24) wird unterschiedlich vorgenommen. Schoedel, Apocalypse liest [GTBG " f n j o p o i i . N T e von 7lopeia (das Gehen, auch „the way, the course"); so auch die Übersetzung von Funk, erste Apokalypse, S.263. Veilleux liest [6TB6 "|*2k.TT]OpO!A. NTG von ¿tjcoppoia (Ab-, Ausfluß). Ersteres ist vorzuziehen, weil es besseren Sinn ergibt. Unsicher ist auch die Satzabgrenzung. 96 Anders dagegen EpJac p. 16,2-5!

93

VI. Die erste Apokalypse des Jakobus

211

seinen Redestücken geht Jesus primär auf Jakobus ein; wenn er über sich redet, dann über seine Passion. Was die nachösterlichen Offenbarungen der lApcJac von den vorösterlichen unterscheidet, ist die dazwischenliegende Passion, sie ist die Basis für die Aufstiegsworte. Daß Jesus erscheint, ist also notwendig, aber nicht wichtig. Anders als in allen anderen Dialogevangelien bildet in der lApcJac nicht die Erscheinung den Interpretationsrahmen für die folgenden Offenbarungen, sondern die Passion. Jesus ist zur Übermittlung der Offenbarungen qualifiziert, weil er die Passion schon hinter sich hat, aufgestiegen bzw. im Aufstieg begriffen ist. Diese Darstellung setzt die übliche Form der Dialogevangelien voraus und wandelt sie der Aussageabsicht entsprechend ab: Um das zentrale Thema Leiden zu behandeln, räumt die lApcJac der Passion Jesu einen wichtigen Platz ein, indem sie im ersten Gespräch vorbereitet und im zweiten interpretiert wird. Die Fähigkeiten Jesu als Offenbarer, die in SJC, AJ und EpPt durch die Art der Erscheinung dokumentiert werden, gelten in der lApcJac auch schon vorösterlich. Wie in anderen Dialogevangelien ist jedoch die zweite Lehre besonders qualifiziert durch den erfolgten Aufstieg, als der die Passion verstanden wird.

3. Die Bezüge der Rahmenerzählung zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten In der ganzen lApcJac gibt es keine wirklich klaren Zitate oder Anspielungen auf die kanonischen Evangelien. 97 Übereinstimmungen bestehen nur bei einigen grundlegenden Fakten wie Jakobus als Herrenbruder, der Passion Jesu oder der Existenz von Jüngerinnen. Allerdings scheint hier, vor allem über Jakobus, eher spätere Tradition vorausgesetzt. 98 Trotzdem ist eine Kenntnis der neutestamentlichen Evangelien wegen der vermuteten Abfassungszeit und der selbstverständlichen Bezugnahme auf Grundtatsachen wahrscheinlich. a) Joh Trotz dieses zunächst weitgehend negativen Befundes lassen sich in einigen Punkten Berührungen zur Erscheinung vor Maria Magdalena in Joh 20 erkennen. Hier ist zuerst die Anrede Rabbi zu nennen (lApcJac p.31,5; Joh 20,16). Sie ist in der lApcJac die übliche Anrede des Jakobus an Jesus, aber immer außer bei der Erscheinung mit einer Frage verbunden. 99 Diese Anrede ist extrem ungewöhnlich, lApcJac ist die einzige Nag-Hammadi-Schrift, die dieses Wort verwendet. 100 Die Feststellung des Jakobus, er habe Jesus gefunden (lApcJac p.31,6), entspricht in ihrer Gegenteiligkeit der Suche der Maria (Joh 20,15). Ähnliches gilt auch für Küssen und Umarmen des Jakobus (lApcJac

97

Vgl. Evans/ Webb/ Wiebe, S.241-243. Nichtleibliches Bruderverhältnis, enge Beziehung schon vorösterlich. 99 An zwei Stellen im Gespräch, an denen Jakobus Jesus anspricht, ohne sofort eine Frage zu äußern, steht sie dagegen nicht! 100 Vgl. Siegert, Nag-Hammadi-Register, S.298. In der EpAp wird Jesus allerdings als Lehrer ( C i g ) angesprochen, C i . 2 begegnet auch in AJ BG p. 19,13 par. 98

212

B. Die einzelnen Dialogevangelien

p.31,4f.) und die Ablehnung von Marias Berührung durch Jesus Joh 20,17.101 Weinen und Trauer werden von Maria und Jakobus ausgesagt, aber in verschiedenem Kontext; dies ist ohnehin ein verbreitetes Motiv. Eine bemerkenswerte Parallele liegt noch auf thematischem Gebiet. In Joh 20,17 kündigt Jesus seinen Aufstieg zum Vater an; ein solcher Aufstieg ist das Hauptthema der auf die Erscheinungserzählung folgenden Offenbarungsrede in der lApcJac. Schließlich erwähnt Jesus seine Erscheinung vor Jakobus im Rückblick als „der du mich gesehen hast" (eT2LK.NA.Y e p o e i ; lApcJac p.32,4f.), ähnlich berichtet Maria in Joh 20,18 (a.eiNa.y e n J C O e i C ) . Eine weitere, sehr vage Gemeinsamkeit liegt in der Beteiligung von Nebenfiguren: In Joh 20,1-18 wie bei der Erscheinung in lApcJac sind außer der Hauptperson noch andere Personen am Ort der späteren Erscheinung, die ihn aber verlassen, bevor Jesus auftritt. Auch wenn die äußeren Umstände, vor allem die Lokalisierung der beiden Geschichten, nicht übereinstimmen, so halte ich es doch für wahrscheinlich, daß Joh 20 die Darstellung der lApcJac beeinflußt hat. Die zahlreichen Parallelen in Erzähldetails ermöglichen, von einer Paraphrase zu sprechen, sofern diese die Möglichkeit von Modifikationen einschließt.102 Jakobus Zusammentreffen mit Jesus ist dabei teils in Parallelität, teils in Überbietung zur Geschichte von Maria geschildert. Jakobus ist ihr überlegen, weil er Jesus sofort erkennt, ihn „gefunden" hat, und ihn auch berührt, was von Jesus sogar positiv hervorgehoben, nicht abgelehnt wird.103 Dem entspricht der überlegene Inhalt der Offenbarungen Jesu, der nicht nur seinen Aufstieg ankündigt, sondern Jakobus die Mittel überläßt, es ihm gleichzutun. Aber auch in Joh 20,17 wird durch die Formulierung eine gewisse Parallelität im Gottesverhältnis Jesu und seiner Jüngerinnen deutlich. Diese transformierende Paraphrase verwendet nicht nur die Geschichte aus Joh 20, sondern setzt ihre Kenntnis auch bei den Leserinnen voraus, da nur so die Besonderheit des Jakobus deutlich wird. Daneben bestehen auch einige Bezüge zum zweiten Teil von Joh 21. Dort (Joh 21,18) wird an Petrus wie in lApcJac p.32,9-11 an Jakobus in einem Amen-Wort eine Martyriumsankündigung gegeben. Petrus leidet auch (Ximfeco in Joh 21,17 entspricht MK.a.2 N £ H T in lApcJac p.32,14f.) wie Jakobus.104 Beide verweisen Jesus auch auf seine Kenntnis ihrer Person (Joh 21,15-17; lApcJac p.31,8f.). Möglicherweise ist eine Parallelisierung von Petrus und Jakobus angestrebt, aber die Bezüge sind nicht klar und zahlreich genug, um dies mit Sicherheit sagen zu können. Außerdem fehlt ein Äquivalent zur Beauftragung des Petrus, die Parallele zwischen beiden Figuren liegt primär in der Ankündigung des Martyriums. 101

Joh 20,27 wird Thomas ein Berühren Jesu erlaubt, dessen Art jedoch ganz anders ist als in der lApcJac: Thomas soll sich durch Betasten der Kreuzigungswunden von der leiblichen Auferstehung Jesu überzeugen. Bei Maria kann j e d o c h eine Berührung angenommen werden, die wie bei Jakobus eine Kontaktaufnahme mit d e m gefundenen Gesuchten ist. 102

Holthuis (vgl. S.136f.) scheint den Begriff eher eng zu fassen, sieht aber einen fließenden Übergang zu weiterreichenden Transformationen. Da das Phänomen in meiner Untersuchung nicht häufig ist, scheint eine weitere Fassung angemessen; m.E. können beide Geschichten für äquivalent gehalten werden. 103

Deshalb ist es auch kein Argument gegen den Einfluß von Joh 20, daß der zentrale Punkt der Erzählung, die Überwindung der Erkennensschwierigkeiten, in lApcJac nicht begegnet. 104

Der Anlaß ist aber unterschiedlich.

VI. Die erste Apokalypse des Jakobus

213

An die johanneischen Abschiedsreden erinnert die Erwähnung des Trösters (lApcJac p.30,24f.; Joh 14,16.26; 15,26; 16,7). 7iapdcKA,T|TO(; wird in der sahidischen Übersetzung des Johannesevangeliums nicht durch p e c j ' f N i . M T 6 wiedergegeben, sondern als griechisches Wort erhalten, aber es ist ein mögliches Äquivalent. 1 0 5 Auch theologische Gedanken wie die Herkunft Jesu vom Seienden/ Vater ( l A p c J a c p.24,22f.; Joh 16,28) und seine Rückkehr zu ihm (lApcJac p.29,18f.; Joh 14,12.28; 16,10; 20,17) und die Wegbereitung durch Jesus (lApcJac p.29,9-13; Joh 14,3) sind der lApcJac mit Joh, besonders den Abschiedsreden, gemeinsam. b) Anderweitig

bezeugte

Elemente

Außer diesen Anklängen an das Johannesevangelium bestehen kaum Bezüge zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten. Ein Berg als Ort der Erscheinung begegnet Mt 28,16, aber dies ist ein sehr unspezifisches Motiv, außerdem befindet sich der Berg Gaugela der lApcJac kaum in Galiläa. Auch bei Lk wird über Jesu Leiden reflektiert (24,7.26.46). Es bewirkt wie in lApcJac Traurigkeit bei den Jüngerinnen (Lk 24,17ff.) und seine Notwendigkeit wird festgestellt. 106 Dies ist wohl eine Anspielung auf einen theologischen Gedanken, der vielleicht auf eine traditionsgeschichtliche Verbindung zum Lukasevangelium verweist, vielleicht aus den Erscheinungsgeschichten des Lk entlehnt ist. Das Hauptinteresse der 1 ApcJac bei der Passionsdeutung, die Erklärung als Aufstieg und das Nichtbetroffensein des eigentlichen Jesus vom Leiden, ist aber ganz anders. Daß Jakobus einer besonderen Erscheinung Jesu gewürdigt wird, ist schon IKor 15,7 erwähnt. Im EvHebr existiert eine ausgeführte Erzählung, 107 in der auch der Titel „Jakobus der Gerechte" (so auch lApcJac p.32,2f.) begegnet. Aber die dort erzählte Geschichte hat sonst nichts gemein mit der Schilderung der lApcJac. c)

Zusammenfassung

Die Erscheinungserzählung der lApcJac ist weitgehend durch ihre Ausrichtung auf die Deutung der Passion Jesu geprägt. Durch sie sind die Ansprachen Jesu, aber auch die traurige Stimmung des Jakobus bestimmt. Deshalb hat auch die Erscheinung selbst einen geringen Stellenwert, sie wird weder beschrieben noch irgendwie problematisiert. Jakobus reagiert positiv auf den Erschienenen, spricht dann aber sofort die Passion Jesu an, deren Deutung zur Übermittlung der Aufstiegsworte hinfuhrt. In seiner Reaktion auf die Erscheinung fehlen deshalb typische Elemente wie Furcht oder Verwunderung. Trotzdem weist die Reaktion wie auch in anderen Dialogevangelien Bezüge zu neutestamentlichen Erscheinungsgeschichten auf, und zwar besonders zu der Geschichte (Joh 20,14-18), die durch das Thema Aufstieg zur lApcJac paßt. Die Modifizierung der Elemente macht dann das zweite Anliegen der Erscheinungserzählung der lApcJac deutlich, die Hervorhebung der Position des Jakobus. Ihr dient auch das Verschwinden der Jüngerlnnen vor der Erscheinung, besonders wenn mein Verständnis von lApcJac 105 106 107

Vgl. Crum, S.226a. _ Das SEI Lk 24,7.26 entspricht evt. dem c y c y e von lApcJac p.30,13. Vgl. Vielhauer/ Strecker, S.147.

214

B. Die einzelnen Dialogevangelien

p.30,23-26 zutrifft und auch Jakobus ausdrücklich nicht weiß, daß eine Erscheinung zu erwarten ist, aber trotzdem bleibt. Die lApcJac bietet nicht wie andere Dialogevangelien eine eigenständige Erscheinungserzählung, in die einzelne Bezüge auf neutestamentliche Erscheinungsgeschichten integriert sind. Vielmehr ist die Erscheinungserzählung als ganze durch die Bedeutung der Passion in ihrer Aussagerichtung verschoben, so daß nur wenige für Erscheinungserzählungen typische Passagen bleiben. In diesen ist besonders Joh 20,14-18 stark modifiziert verarbeitet. In der lApcJac wird die Beziehung zu dieser Geschichte nicht ausdrücklich signalisiert, sie wird nur als Hintergrund benutzt, von dem sich die eigene Aussageabsicht und die Besonderheit sowohl des Jakobus als auch der gebotenen Lehre abhebt.

VII. Der Brief des Jakobus

1. Einleitung in die Schrift 1 a) Bezeugung, Sprache, Titel Die EpJac ist nur in einer einzigen Abschrift, als zweite Schrift von NHC I (p. 1,116,30), überliefert. Der Text ist insgesamt gut erhalten, nur die ersten Zeilen der ersten Seiten weisen größere Lücken auf. Die Schrift ist in dem subachmimischen (lykopolitanischen) Dialekt des Koptischen geschrieben, in dem auch andere Schriften von Nag Hammadi vorliegen (Lö oder Lnh)-2 Es handelt sich um eine Übersetzung aus dem Griechischen, wie u.a. ein stehengebliebener Dativ (p.1,16) beweist; dies ist wohl auch die Ursprache. 3 Die Abschrift der EpJac in NHC I nennt weder am Anfang noch am Ende einen Titel. Der Text stellt sich jedoch als Werk des Jakobus dar und bietet Anhalt für zwei mögliche Bezeichnungen: Er ist von seiner äußeren Form her ein Brief des Jakobus, in dem dieser nach eigener Aussage eine Geheimlehre (A.TTOK.pY^ON; p-1,10) übermittelt, die dann den Hauptteil der Schrift ausmacht (p.2,7-16,11). Eine Benennung als „Brief des Jakobus" bzw. „Epistula Jacobi" ist also ebenso berechtigt wie als „Apokryphon des Jakobus". 4 Ich ziehe die an der äußeren Form orientierte Bezeichnung als Brief vor, dies ist auch die im deutschsprachigen Raum übliche Bezeichnung. 5 b) Außau und Inhalt Die EpJac beginnt als ein Brief, dessen Adressat (p. 1,2) wegen einer Lücke rekonstruiert werden muß. Lesbar ist nur noch das Ende des Namens -0OC. Die von H.-M.Schenke 1

Kritische Textausgaben bei Malinine et al.; F.E.Williams, Apocryphon; Kirchner, Epistula; Rouleau. Zur Beschreibung der Handschrift und zur Forschungsgeschichte vgl. Kirchner, Epistula, S.lfF.; Rouleau, S.lff. 2 Vgl. Funk, Subakhmimic Dialects, S.135. 3 Vgl. Kirchner, Brief, S.235; Rouleau, S.2. 4 Die Bezeichnung als „Epistula Iacobi apocrypha" (so Malinine etal.; ähnlich auch Kirchner, Epistula; Rouleau) verbindet beides und unterscheidet diesen Brief vom kanonischen Jakobusbrief. Sachlich ist sie jedoch eigentlich nicht angemessen, weil in der Schrift selbst zwischen dem Apokryphon und dem Brief differenziert wird. F.E.Williams nennt als Titel „Apocryphon of James", das ist die in der englischsprachigen Literatur übliche Bezeichnung, vgl. Cameron, Sayings Traditions; Perkins, Johannine Traditions; Hedrick, Sayings. 5 Die EpPt bietet einen analogen, im Manuskript selbst genannten Titel.

216

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

vorgeschlagene Ergänzung zu KHpiN]OOC ist verlockend, aber nicht völlig sicher.6 Die direkte Anrede an den Adressaten findet sich p.1,1-2,7 sowie am Ende p.16,12-30. 7 Jakobus gibt begleitende Informationen zu seinem „Apokryphon", das er übersendet, und betont besonders dessen esoterischen Charakter. Dieses macht dann den Hauptteil der EpJac aus und besteht in einem Bericht des Jakobus über eine Erscheinung Jesu nach seiner Auferstehung vor den zwölf Jüngern (p.2,7-39), in deren Verlauf er Jakobus und Petrus besondere Offenbarungen zukommen läßt (p.2,39-15,6). Nach seinem Weggang erleben die beiden eine visionäre Himmelsreise (p. 15,6-28), und schließlich wird noch kurz über das weitere Verhalten der Jünger und des Jakobus berichtet (p. 15,2816,11). Wie die EpAp besteht die EpJac also aus drei Ebenen: Dem eigentlichen Dialog zwischen Jesus, Jakobus und Petrus, der Rahmenerzählung, in der auch die übrigen Jünger beteiligt sind, und dem Brief, den Jakobus schreibt. Die Offenbarungen Jesu bestehen aus einer Fülle von einzelnen Sprüchen „in Formen, die uns vor allem aus den kanonischen Evangelien wohl vertraut sind (Seligpreisungen, Weherufe, Drohworte, Gleichnisse, Ich-Worte, Prophetensprüche, Paränesen usw.)." 8 Sie sind von insgesamt sechs Gesprächsbeiträgen von Jakobus und Petrus, überwiegend in der ersten Hälfte der Schrift, und zwei nonverbalen Reaktionen unterbrochen. Das zentrale Thema, das die ganze Schrift durchzieht, ist die Möglichkeit der Erlangung des Heils bzw. des Eingehens ins Himmelreich. Zu den Voraussetzungen dafür gehört, erfüllt zu sein (p.2,29-33; 3,34-4,22), aber auch der Glaube an das Kreuz Jesu, verbunden mit der Bereitschaft, selbst zu leiden (p.4,22-6,21). Das Heil wird durch Gnosis erreicht (p.8,26f.) bzw. durch Glaube und Gnosis (p. 14,8-10); es erscheint teils als sehr schwer zu erlangen (p. 12,13-17), teils als schon präsent (p. 14,8-19). Weitere thematisch zusammenhängende Stücke handeln von der (früheren) Lehre Jesu in Gleichnissen (p.7,1-8,11), von Jesu Sendung (p.8,37-10,32) und von der Anrufung des Vaters (p. 10,32-12,13). Auffällig sind die Aufforderungen Jesu, ihn zu übertreffen (p.6,19; 7,14f.), denen entsprechende Aussagen des Jakobus korrespondieren: Er sieht seinen Glauben und sein Verständnis als unvollkommen gegenüber dem des Adressaten und der noch Späteren an (p. 16,8-19; auch p. 1,35-2,4). c) Personen Der Offenbarer ist Jesus, er wird an einer Stelle ausdrücklich mit diesem Namen bezeichnet (p.2,23). Sonst wird von ihm als „Erlöser" (CCDTHp oder CCDp; z.B. bei der Erscheinung) oder als „Herr" ( J C ^ e i C oder z.B. im Gespräch) geredet, letzteres ist auch die Anrede. Am Ende wird er einmal als „Lehrer" (C2l£; p. 15,32) bezeichnet. 9

6

Vgl. H.-M.Schenke, Jakobusbrief, Sp.119. Ihm schließen sich Kirchner (vgl. Epistula, S.59-64) und Heldermann (vgl. Epistula, S.37) an. Skeptisch äußern sich dagegen Dehandschutter (vgl. S.4532), F.E.Williams (vgl. Apocryphon, S.16f.) und Rouleau (vgl. S.93f.). 7 Wo nicht anders angegeben, stütze ich mich auf den von Kirchner, Epistula, rekonstruierten Text; wegen der Lücken im oberen Teil von p.2 ist auch durchaus eine andere Gliederung aufgrund einer anderen Ergänzung denkbar. 8 H.-M.Schenke, Jakobusbrief, Sp.l 17. 9 Nach Franzmann (vgl. S.96) drückt sich in diesem Titel das geringere Verständnis der Jünger aus.

VII. Der Brief des Jakobus

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Seine Kreuzigung und Auferstehung sind vorausgesetzt, ebenso daß auch schon früher Belehrungen stattfanden. 10 Auffällig ist das Fehlen des Titels „Christus". Die Dialogpartner oder besser Offenbarungempfänger sind Jakobus und Petrus. Jakobus ist stets zuerst genannt und auch sonst hervorgehoben: Er hat schon früher allein Offenbarungen von Jesus erhalten; er ist der Anfuhrer der Jüngergruppe, der sie wegschicken kann; und er gilt als der Autor der ganzen Schrift. Jakobus wird als einer der Zwölf betrachtet (p. 1,22-25), müßte also der Zebedaide Jakobus sein. Die Verbindung mit Jerusalem macht es jedoch wahrscheinlich, daß der Herrenbruder Jakobus gemeint ist." Dafür spricht auch das hohe Ansehen, das der Herrenbruder in gnostischen Kreisen genoß, wie die beiden Apokalypsen unter seinem Namen in NHC V und EvThom Log. 12 zeigen. Wenn, wie ich meine, die lApcJac von der EpJac vorausgesetzt wird, 12 dann ist eindeutig Jakobus, der Bruder Jesu gemeint. Allerdings besteht wohl die Tendenz, beide Gestalten in eins zu setzen. 13 Neben Jakobus bleibt Petrus eine blasse Figur ohne eigenständige Bedeutung. Er ist am Dialog mit Jesus und an der visionären Himmelreise ebenso beteiligt wie Jakobus, die Interaktion mit den Jüngern bestreitet jedoch hauptsächlich dieser. Und es ist Jakobus, der die empfangene Offenbarung aufschreibt und weiterleitet, hierbei spielt Petrus nicht die geringste Rolle, obwohl Jakobus ihn auch schon im Brief als weiteren Offenbarungsempfänger erwähnt (p. 1,10-12). D.h. Petrus wird zwar von den übrigen Zwölf unterschieden, indem er an den Offenbarungen beteiligt wird, erscheint aber nicht als relevanter Offenbarungsübermittler für die Adressatinnen der Schrift. Diese Darstellung ordnet ihn klar Jakobus unter, grundsätzliche Kritik oder eine negative Wertung wird jedoch m.E. nicht geäußert. 14 Fraglich ist dann aber seine Funktion für die EpJac. Petrus wird als Zeuge für die Anschauungen der EpJac in Anspruch genommen, obwohl nur Jakobus als Traditionsgarant der Trägergruppe dargestellt wird. Dies spricht für eine polemische Absicht, vermutlich ist die Darstellung des Petrus vor dem Hintergrund anderer Anschauungen über ihn zu verstehen. 15 Die Gruppe der Jünger ist dagegen eindeutig kritisch gesehen. Sie werden von Jesus von den Belehrungen ausgeschlossen (p. 1,22-25) und erweisen sich am Anfang und am 10 Dies sind einerseits Belehrungen des irdischen Jesus, die an alle Jünger erging und durch Gleichnisse gekennzeichnet war, vgl. p.2,10-14; 7,1-4. Andererseits wird auch eine nachösterliche Belehrung erwähnt, die möglicherweise zum Teil allen (p.8,1-4), mindestens aber Jakobus allein galt (p.1,28-32; 13,37-14,1). 11 Vgl. H.-M.Schenke, Jakobusbrief, Sp.l 18; Kirchner, Brief, S.236; Rouleau, S.20 Anm.50. Dehandschutter (vgl. S.4538f.) stellt dagegen diese Zuordnung in Frage. 12 Zu dieser Frage s.u., B. VII. 1. h. 13 Vgl. Hornschuh, Apostelbild, S.49. Vgl. auch das ähnliche Phänomen bei der Vermischung des Jüngers Philippus mit dem Evangelisten Philippus in der EpPt, s.o., B. V. 1. c. 14 So Rouleau, S.15ff. S.E. ist Petrus nicht nur Jakobus nachgeordnet, sondern disqualifiziert sich auch durch seine Gesprächsbeiträge, die ihn anders als Jakobus als unverständig erweisen (p.3,38-4,2; 13,26-36). Aber auch Jakobus äußert Meinungen, die von Jesus zurückgewiesen werden (p.4,22-31; 5,356,1). Auch wenn die Darstellung des Petrus ihn sicher nicht als vorbildlich ausweist, so wird doch keine klare Kritik deutlich; außerdem zeichnet ihn seine Beteiligung am Dialog vor den anderen Jüngern aus. M.E. ist die EpJac offen für eine negative Sicht des Petrus, aber sie liefert sie nicht selber. 15 So auch Rouleau, S.16f. M.E. funktioniert diese Polemik auch ohne eine dezidiert negative Darstellung des Petrus. Vgl. auch Tröger, Passion, S.27f. Zur Rolle des Petrus in den Dialogevangelien s.u., C. I. 2. b.

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B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

Ende als unverständig. Entscheidend ist dabei vor allem ihr Zorn auf die Späteren (p,16,14f.). Aufgrund dieser Darstellung ist ihr Abfassen von Schriften und auch ihre „Aussendung" am Ende als Polemik zu interpretieren. In der EpJac besteht so ein Gegensatz zwischen Jakobus und der Jüngergruppe, der möglicherweise die einigermaßen positive Sicht des Petrus erklärt: Es könnte Teil einer Argumentationsstrategie sein, den Zusammenhalt von Petrus und der Jüngergruppe aufzubrechen. Von zentraler Bedeutung für die EpJac ist schließlich eine in der Schrift selbst erst angekündigte Gruppe: Diese Nachkommenden, die „Kinder" (p.l5,38f.), werden dreifach seliggepriesen (p. 14,41-15,5). Sie übertreffen nicht nur Jakobus im Glauben, sondern Jakobus und die Jünger sind für ihre Erlösung auf sie angewiesen (p.15,38-16,2; 16,9-30). Der Adressat des Jakobus bildet den Anfang dieser Nachkommenden (p,16,12f.). Vermutlich hat sich die Trägergruppe der EpJac zu ihnen gerechnet.16 Es sieht so aus, als ob an einigen Stellen die direkte Anrede durch Jesus nicht Jakobus und Petrus gilt, sondern den Leserinnen der Schrift.17 d) Charakter und Absicht, Überlegungen zur Abfassungssituation Eine Besonderheit des Stils der EpJac liegt in der oft paradoxen Ausdrucksweise (z.B. p. 10,1-6). Einige Befehle sind anderen Aussagen direkt entgegengesetzt, so daß unmöglich alles gleichermaßen gültig sein kann. Vermutlich werden hier gegnerische Meinungen aufgegriffen, aber nicht als solche kenntlich gemacht, sondern ironisch verwendet.18 Besonders deutlich wird dies p. 10,32-34, wo die Anrufung des Vaters gefordert wird, während p. 11,29-35 ebendiese als sinnlos erscheint. Auch an anderen Stellen kann angenommen werden, daß der Autor oder die Autorin genau das Gegenteil von dem vertritt, was er oder sie schreibt.19 Diese Beobachtung hat gravierende Folgen für die Interpretation der Schrift, weil mit solcher Ironie nun auch an anderen Stellen gerechnet werden muß, wo sie für uns nicht ohne weiteres ersichtlich ist, wohl aber für die ursprünglich erwarteten Leserinnen. Ein alter Streitpunkt bei der Interpretation der EpJac ist die Frage, ob es sich um eine wirklich gnostische Schrift handelt. Es fehlen typisch gnostische mythologische Vorstellungen, dafür sind die Wertschätzung des Martyriums und die Betonung der Heilsbedeutung des Kreuzes Jesu eher in „orthodoxer" Theologie zu erwarten.20 Auf der anderen Seite begegnet in der EpJac gehäuft gnostische Terminologie;21 der esoterische Charakter wie die Hochschätzung der nachösterlichen Offenbarung sind ebenfalls ty16

Vgl. Kirchner, Epistula, S.68. Z.B. sind mit „ihr" in p.3,24f. vermutlich die angesprochen, die Jesus nicht gesehen haben (p.3,18-24). Auch p. 10,27-32 richtet sich vermutlich nicht an Jakobus und Petrus, sondern an die späteren „Kinder", denn diese werden sonst als „Geliebte" bezeichnet und bewirken Heil (p.15,38-16,2; 16,9-11). 18 Vgl. Kirchner, Menschenbild, S.144f.; Epistula, S.83f. Anm.158. Auch Koschorke (vgl. Suchen, S.64) verweist auf die absichtlichen Widersprüche. 19 Kirchner nennt noch 3,12f.; 13,14f. Ich würde auch 9,19f. zu den ironischen Imperativen rechnen. 20 Vgl. Heldermann, Epistula, S.37f. Ähnlich auch schon van Unnik, Origin, passim. 21 Vgl. Heldermann, Epistula, S.39ff. Zu nennen sind z.B. die Gegensätze trunken-nüchtern (p.3,9f.), Fülle-Mangel (p.4,4ff. u.ö.), schlafen-wachen (p.9,31-35) oder die Verbindung von Herrschaft und Ruhe (p.3,25-29). 17

VII. Der Brief des Jakobus

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pisch für gnostische Schriften. Diese Indizien legen es nahe, daß die EpJac die Schrift einer gnostischen Gruppe ist. 22 Trotzdem bleibt auffällig, daß eindeutige inhaltliche Aussagen fehlen. Die meisten charakteristisch gnostischen Elemente betreffen Kosmogonie und Anthropogonie, 23 Themen, die in der EpJac nicht behandelt werden. In bezug auf die Christologie variieren die in gnostischen Schriften vertretenen Ansichten erheblich. 24 Zudem lassen sich auch die Aussagen in der EpJac nur schwer interpretieren.25 Mir drängt sich der Eindruck auf, daß die EpJac eine inhaltliche Festlegung bewußt vermeidet. 26 Einziger wirklich handgreiflicher Hinweis auf eine gnostische Einordnung bleibt - neben der möglichen Ergänzung des Namens Kerinth - nur die negative Darstellung der Jüngergruppe. 27 Auch die Darstellung der Erscheinung ist in keiner Weise festgelegt, sie ist weder als lichtvoll noch als leiblich charakterisiert.28 Diese Zurückhaltung in bezug auf klar gnostische Aussagen kann taktischen Erwägungen geschuldet sein: 29 In ihrer jetzigen Form ist die Schrift für alle akzeptabel, aber die Eingeweihten wissen, wie sie genau gemeint ist - bei den übrigen wird aber zumindest die Autorität der Zwölf untergraben. Die EpJac ist nach eigener Aussage eine esoterische Schrift, die nur wenigen weitergegeben werden soll, wie Jakobus an seinen Adressaten schreibt (p. 1,20-22). Auch Jesu Belehrungen werden nur Jakobus und Petrus, nicht den übrigen Jüngern, zuteil. Dieser geäußerte Anspruch wird auch vom Inhalt der Belehrungen bestätigt: 30 Eine Schrift, die mit ironischen Imperativen arbeitet, ist tatsächlich nur für einen relativ kleinen Kreis verständlich, nämlich für die, die schon vorher wissen, welche Positionen 22

So Kirchner, Brief, S.238; F.E.Williams, Apocryphon, S.21f.; Pcrkins, Johannine Traditions, S.403; Rouleau, S.21; Malinine etal., S.XXIVf.; Rudolph, Forschungsbericht 1969, S.172f. Pratscher (vgl. S.161) hält die EpJac für das Zeugnis einer noch wenig entwickelten Gnosis; ähnlich auch Ward, S.796. Die EpJac als Zwischenstufe auf dem Weg zu wirklich gnostischen Schriften anzusehen, scheint mir jedoch vom Befund nicht gedeckt. Denn die typische Terminologie steht nicht am Anfang der Ausprägung gnostischer Systeme, sondern setzt sie voraus. Die EpJac ist mindestens in der Wortwahl von schon vorliegenden gnostischen Vorstellungen beeinflußt, fraglich kann nur sein, wie weitgehend dieser Einfluß die Schrift bestimmt. 23 Vgl. z.B. H.-M.Schenke, Die Gnosis, S.380-382; Markschies, S.403f.; s.o., A. 3. c. 24 Vgl. die Vielfalt der von Franzmann (vgl. S.71 ff. passim) erhobenen Vorstellungen von Jesus in Schriften von Nag Hammadi. 25 Kirchner (vgl. Epistula, S.90.104f.) findet in EpJac p.3,12-25; 6,19-21 Hinweise auf eine Abwertung des Irdischen gegenüber dem Nachösterlichen. Diese Stellen deuten auf einen solchen Bruch hin, aber andere zeigen eher eine Kontinuität: Die Lehre in Gleichnissen wird nun auf höherer Ebene fortgesetzt, ihr wird nicht widersprochen (EpJac p.7,1-6; vgl. Joh 16,25). Der Erscheinende wird als Jesus benannt (p.2,23); und auch die Kreuzigung wird nicht relativiert (p.5,10-20; 5,35-6,4; 8,37-9,1). Von einem realen Leiden ist allerdings nicht ausdrücklich die Rede, auch wenn Jesus Glauben an sein Kreuz fordert. Rouleau (vgl. S.23f.) hält die Christologie der EpJac für archaisch, nicht für gnostisch, aber auch seine Argumente sind nicht zwingend. 26

So auch Rouleau, S.18. Vgl. Koschorke, Polemik, S.136. 28 Vielleicht erklärt sich die Zurückhaltung bei der Rahmenerzählung aber auch durch die Anwesenheit der Jünger, ihnen sollen keine „himmlischen" Erlebnisse zuteil werden. 29 Vgl. Perkins, Johannine Traditions, S.403. 30 Anders als z.B. im AJ: Auch diese Schrift ist vom Anspruch her esoterisch, inhaltlich aber allgemeinverständlich, sogar eine Einführungsschrift, s.o., B. II. 1. d. 27

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B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

abzulehnen sind. Eine wirkliche Auseinandersetzung, um andere zu überzeugen, erfolgt nicht, es geht um die Bestätigung des eigenen Kreises und die polemische Abwertung aller anderen. Die EpJac verweist nicht explizit auf eine Auseinandersetzung, in der sie sich befindet, indirekt läßt sich eine solche jedoch erschließen. Viele der Anweisungen Jesu, besonders einige Wehe-Rufe (p.3,17f.; 3,27-29), scheinen sich gegen Gruppen mit anderem Verständnis zu richten. Der Zorn der übrigen Jünger auf die verheißenen Späteren (p,16,4f.) deutet eine Frontstellung an, denn die Trägergruppe der EpJac identifiziert sich mit diesen ,Tündern". 31 Sie sieht sich mit Feindschaft konfrontiert, die hier durch die übrigen Jünger repräsentiert wird. Diese zeigen durch ihr Verhalten zugleich ihr grundlegendes Unverständnis gegenüber den Offenbarungen Jesu, in denen die Späteren eine zentrale Rolle spielen. M.E. zeigt dieser scharfe Gegensatz zu den Jüngern, daß es schon zu einem Bruch gekommen ist. In der Darstellung der EpJac wird keine Verständigung mehr angestrebt,32 statt dessen ist die Gruppe der Jünger samt ihren Schriften und ihrer Predigt als unverständig abgewertet.33 Ob dieser Bruch als reale Trennung von der Kirche verwirklicht wurde oder nur im Bewußtsein der Trägergruppe besteht, läßt sich aus der Schrift nicht erheben.34 Während diese Stellen sich auf eine innerchristliche Auseinandersetzung beziehen, weist die Ankündigung des Martyriums (z.B. p.5,9-20) eher auf staatliche Verfolgung. e)

Einheitlichkeit

Der dreischichtige Aufbau der EpJac mit Briefrahmen, Rahmenhandlung, in der die Jünger agieren und Jesus erscheint, und Dialog bietet Anlaß zu literarkritischen Überlegungen, besonders da im Dialogteil Jakobus und Petrus weitgehend gleichberechtigt erscheinen, während der Briefrahmen die Priorität des Jakobus zeigt. Hinzu kommt noch, daß sich im Gespräch zwei unmotivierte Bemerkungen Jesu finden (p.8,31-36; 13,38-14,1), die Jakobus als den Empfänger besonderer Offenbarungen herausstreichen und wie sekundäre Einschübe wirken. Kirchner rechnet deshalb mit einer Überarbeitung des Dialogs Jesu mit Jakobus und Petrus, bei der der Briefrahmen sowie die beiden Bemerkungen über besondere Offenbarungen an Jakobus und die Erwähnung seiner Beschäftigung bei der Erscheinung Jesu (p.2,15f.) zugefugt wurden.35 Gegen diese These der Rahmung und nur geringfügigen Überarbeitung einer schon vorliegenden Schrift spricht zunächst, daß das Ende der Ur31

Vgl. H.-M.Schenke, Jakobusbrief, Sp.l 18; Kirchner, Epistula, S.68f. Anders dagegen das vom EvMar entworfene Bild! Auch die lApcJac sieht trotz klarer Unterordnung der Zwölf diese wohl in einem positiven Verhältnis zu Jakobus. 33 Rouleau (vgl. S.19) folgert aus der indirekten Polemik, daß noch kein offener Bruch mit der „Großkirche" vollzogen ist. M.E. läßt sich dieser Befund jedoch auch gegenteilig interpretieren: Der Graben ist schon so tief, daß keine direkte Auseinandersetzung mehr stattfindet. Und daß der Ton der EpJac friedlich sei (so Rouleau, S.22), kann ich nicht finden. 34 In bezug auf die soziale Einordnung der Trägergruppe der EpJac ist Kirchner (vgl. Menschenbild, S.144f.) zuzustimmen, der ihre Haltung für die einer Minderheit hält, die sich gegenüber einer Mehrheit behaupten muß. 35 Vgl. Kirchner, Brief, S.236. 32

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VII. Der Brief des Jakobus

sprungsschrift nicht klar zu bestimmen ist. 36 Auch ist die Anfangsszene, in der die Jünger Bücher schreiben, für die Rahmenhandlung eines Dialogevangeliums höchst ungewöhnlich, 37 paßt jedoch zum Briefrahmen, der von Schriften handelt, ist also wohl mit ihm zusammen entstanden. M.E. hat also, wenn der EpJac überhaupt ein fertiger Dialog vorausging, eine stärkere Bearbeitung stattgefunden, als Kirchner annimmt. Und zumindest der erste mögliche Einschub über Jakobus (p.2,15f.) kann kein Einschub des Verfassers oder der Verfasserin des Briefrahmens sein, wenn die ganze Szene zusammen mit dem Brief gestaltet wurde. Auch die beiden anderen Bemerkungen können durchaus zur Gesamtschrift gehören, wenn Interesse an einer Hervorhebung des Jakobus TQ

bestand, aber trotzdem Petrus beteiligt werden sollte. Auch Rahmenerzählung und Dialog lassen sich kaum trennen, da schon in der Erscheinungserzählung wichtige Aussagen zu einem der Hauptthemen des Gespräches gemacht werden. Und schließlich sprechen stilistische Besonderheiten für den Zusammenhang von Briefrahmen und Dialog. 39 Es scheint mir also am sinnvollsten, die EpJac als einheitliches Werk zu behandeln, wobei sich der Briefrahmen als Vorwort verstehen läßt. 40 Mögliche Vorstufen will ich damit nicht grundsätzlich ausschließen, aber sie sind am vorliegenden Text nicht direkt greifbar 41 Der Versuch, aus dem Stoff der EpJac altes Spruchgut zu rekonstuieren, ist ein ganz eigenes Thema, das in meiner Arbeit nicht behandelt werden kann. 42 fi

Abfassungszeit

Die Datierung der EpJac ist äußerst umstritten. Von vielen wird sie früh datiert, auf Anfang des zweiten, eventuell schon Ende des ersten Jahrhunderts. 43 Andere vermuten eine Entstehung Ende des zweiten oder Anfang des dritten Jahrhunderts. 44 Für die frühe Datierung werden vor allem zwei Argumente vorgebracht: Die EpJac zeigt sich, wenn sie den kanonischen Evangelien verwandtes Material bringt, unbeeinflußt von den dortigen Formulierungen und verarbeitet von diesen unabhängige Traditionen, woraus gefolgert wird, daß sie einer Zeit entstammt, in der mündliche Tradition noch lebendig war und die neutestamentlichen Evangelien noch keine kanonische Geltung besaßen. Außerdem wird der Formulierung in der Rahmenerzählung, daß die Jünger sich an die Worte Jesu erinnern (p.2,10-12), große Bedeutung zugemessen, denn diese Wendung wird bis zur Zeit des Papias, nicht aber später, zur Einleitung von mündlicher Spruchtradition ver36

Vgl. Kirchner, Epistula, S.143f.l46. Gegen Kirchner, Brief, S.236. Bücher zu schreiben impliziert, daß das eigene Wissen einigermaßen umfassend ist. Dagegen sind in SJC und AJ die Jüngerinnen von Fragen gequält und in EpPt hilfebedürftig. Das Verfassen von Büchern vor dem Erhalt der Offenbarung ist zudem Teil der negativen Sicht der Jünger in der EpJac. 38 Zum Problem dieser Stücke vgl. auch B. VII. 1. h. 39 Vgl. F.E.Williams, Apocryphon, S.18. 40 S.u., C. I. I . e . 41 Vgl. F.E.Williams, Apocryphon, S.19; Dehandschutter, S.4542ff. 42 Vgl. aber Hedrick, Sayings, S.6fT.; Cameron, Sayings Traditions, S.7-90; Köster, Gospels, S. 187-200. 43 So Kirchner, Brief, S.235; Cameron, Other Gospels, S.56; van Unnik, Origin, S.155f. 44 So Perkins, Johannine Traditions, S.413f.; F.E.Williams, Apocryphon, S.26f. Dehandschutter (vgl. S.4547ff.) geht wohl auch von einer späten Datierung aus. 37

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B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

wendet. Daß sie hier begegnet, weist die EpJac nach Meinung einiger Vertreter einer frühen Datierung ebenfalls der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts zu. 45 Zugunsten einer späteren Datierung bringt dagegen Perkins vor, daß die EpJac durchaus mit den kanonischen Evangelien vertraut ist, aber aus theologischen Gründen Zitate vermeidet.46 Perkins findet darüber hinaus Ähnlichkeiten der Argumentationsstruktur zu Irenäus, die auf eine Auseinandersetzung mit einer von ihm beeinflußten Theologie hinweisen. 47 Bei den meisten in der EpJac vorliegenden möglichen Anspielungen auf die kanonischen Evangelien48 ist ein stichhaltiger Beweis einer Kenntnis kaum zu erbringen.49 Aber die Aufzählung von Gleichnissen in p. 8,6-10 legt eine Kenntnis von Sammlungen der Worte Jesu, möglicherweise der synoptischen Evangelien, nahe.50 Aufgrund dieser Stelle scheint es mir plausibel, die Vertrautheit der EpJac mit den kanonischen Evangelien vorauszusetzen. Ein klares Argument ist nun die von Cameron durchgeführte Untersuchung über den Gebrauch der Wendung „sich erinnern an die Worte des Erlösers" ( E l p e MTTMeeYe NN€NT2i2^TTCCl>THp ^ o o y ) , wenn sie sich als stichhaltig erweisen sollte. Cameron zeigt, daß in einigen neutestamentlichen Schriften, im lKlem und bei Papias „sich erinnern" ((ll(lvflCTKOp.ai) eine feste Wendung zur Einfuhrung mündlich überlieferter Sprüche Jesu oder Spruchsammlungen ist, die später in dieser Funktion 45

Dieses Argument entwickelt Cameron, Sayings Traditions, S.91-124. Kirchner (vgl. Brief, S.235) und Köster (vgl. Gospels, S.34 Anm.2) schließen sich ihm an. 46 Vgl. Perkins, Johannine Traditions, S.406; auch Dehandschutter, S.4549. 47 Vgl. Perkins, Dialogue, S.161. 48 Vgl. Perkins, Johannine Traditions, S.407f. für Joh und Dehandschutter, S.4547f. für die Synoptiker. 49 Röhl (vgl. S.44ff.) geht ausführlich auf mögliche Anspielungen auf das Johannesevangelium ein und zeigt inhaltliche Differenzen auf, muß aber zugeben, daß EpJac p.12,41-13,1 vermutlich ein Zitat aus Joh 20,29 vorliegt, vgl. S.76ff.87. 50 Vgl. Köster, Gospels, S.196f., der den Abschnitt aber für eine Interpolation hält, unter anderem weil die Synoptiker vorausgesetzt werden. Es werden dort 7 Gleichnisse jeweils mit einem kurzen Titel erwähnt, die mehr oder weniger eindeutig als aus den kanonischen Evangelien und dem EvThom bekannte Geschichten identifiziert werden können. Der erste Titel „die Hirten" (NC^OOC; p.8,6) könnte auf Lk 15,4-6 anspielen, auch wenn dort nur ein Hirte vorkommt; F.E.Williams (vgl. Notes, S.21) vermutet eine Kombination mit Joh 10. „Das Säen" (TTJCO; p.8,7) könnte Mk 4,3-9 parr. (auch EvThom Log.9) meinen, aber auch Mk 4,26-29 oder Mt 13,24-30 (auch EvThom Log.57). „Das Bauen" (TTK.CDT; p.8,7) verweist wohl auf Mt 7,24-27 par.; bei den „Lampen der Jungfrauen" (N^BC NMTTJipöGNOC; p.8,7f.) steht sicher die Geschichte von Mt 25,1-13 im Hintergrund, ebenso wie beim „Lohn der Arbeiter" (TTBeice N N e p r ^ T H C ; p.8,8f.) Mt 20,1-16. Die „Doppeldrachmen" (NeK.eia.-f-; p.8,9) meint wohl Lk 15,8-10, aber bei „die Frau" ( T C ^ I M e ; p.8,9f.) bestehen wieder mehrere Möglichkeiten: Lk 18,1-8 ist denkbar, oder das Gleichnis vom Sauerteig Mt 13,33 par., das aber in der Variante von EvThom (Log.96) den Titel „Frau" eher nahelegt, oder EvThom Log.97. Kirchner versteht die beiden letzten Stichworte „die Doppeldrachmen und die Frau" (p.8,9f.) als einen einzigen Titel (vgl. Epistula, S.21), der dann das Gleichnis von Lk 15,8-10 benennt, was jedoch nicht überzeugt, weil J i Y U in der ganzen Liste zur Reihung verwendet wird; zur Verbindung wäre eher ein Genetiv zu erwarten. Die kurze Erwähnung der Gleichnisse setzt voraus, daß sie auch den Leserinnen bekannt waren. Sie lassen sich jedoch nicht einem bestimmten Traditionsstrom zuordnen, sondern sind uns aus einer Vielzahl von Quellen (Q, Sondergut Mt, Mk, Sondergut Lk, EvThom) überliefert. Diese breite Streuung der Belege macht es unwahrscheinlich, daß die Vertrautheit mit diesen Gleichnissen auf mündliche Tradition oder einzelne, den kanonischen Evangelien vorausgehende Quellenschriften gründet.

VII. Der Brief des Jakobus

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nicht mehr nachweisbar ist. 51 Auf der anderen Seite verwendet Papias „sich erinnern" aber auch, um das Verfassen der Evangelien durch die Jünger, die sich an Jesu Worte erinnern, zu beschreiben. 52 Die Bedeutung dieses Befundes für die EpJac besteht nun darin, daß dort s.E. der erste, nur bis Mitte des zweiten Jahrhunderts nachweisbare Gebrauch von „sich erinnern" vorliegt: „In this scene (2.7-16), the technical term of 'remembering' ( e y e i p e MTTMeeye) is used in a programmatic way to introduce those sayings which compose the body of discourse and dialogue in the Ap.Jas,"53 Daraus folgt dann notwendig eine entsprechend frühe Datierung der EpJac. 54 Der Haupteinwand gegen Camerons Beweisführung ist nun, daß in EpJac p.2,10f. die Wendung „sich erinnern" nicht in der Art zur Einführung von Spruchtradition gebraucht wird wie in den von ihm aufgeführten frühchristlichen Schriften bis Papias. Denn in der Rahmenerzählung der EpJac werden mit „sich erinnern" nicht die Worte Jesu an Jakobus und Petrus eingeleitet, die den Hauptteil der Schrift ausmachen und die möglicherweise mündlicher Tradition entstammen; es folgt überhaupt kein Zitat eines Wortes Jesu auf die Wendung. 55 Vielmehr wird so die Beschäftigung der Jünger beschrieben, die sich an Jesu Worte erinnern und sie in Büchern niederlegen. Es geht hier um andere Schriften als die EpJac! Diese Szene entspricht der anderen Verwendung von „sich erinnern", in der es im Zusammenhang mit dem Verfassen von Evangeliumsschriften steht, die Cameron bei Papias aufzeigt. Auch Justins Bezeichnung der Evangelien als „Erinnerungen der Apostel" beschreibt die Situation. 56 Bei den früheren Stellen (Apg, lKlem) folgt dagegen das Jesuswort (aus der mündlichen Tradition) auf die Einleitungswendung; bei den Leserinnen wird Vertrautheit mit ihm vorausgesetzt. Diese Vorstellung, wonach die Jünger ihre Erinnerungen aufschreiben, spricht für eine Datierung der EpJac frühestens in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts. Ich neige dazu, sie noch deutlich später anzusetzen, denn die ganze Rahmenhandlung weist in eine Zeit, in der die mündliche Überlieferung der Worte Jesu keine Rolle mehr spielte: In der EpJac liegen sowohl die Erinnerungen der Jünger als auch die Offenbarungen an Jakobus, also die relevante Tradition, nur in Buchform vor; es besteht eine Konkurrenz zwischen Schriften, die sich auf unterschiedliche Gewährsleute berufen. 57 Die Eingangsszene wertet bestimmte Schriften, u.a. wohl die kanonischen Evangelien, ab, was dafür spricht, daß diese schon als maßgeblich anerkannt waren. 58 Weitere Indizien für eine eher späte Entstehung der EpJac sind der lange, genau festgelegte Zeitraum (550 Tage; EpJac p.2,19f.) zwischen Auferstehung und Erscheinung, der polemische Charakter der Schrift sowie die selbstverständliche Verwendung 51 Vgl. Cameron, Sayings Traditions, S.92ff. Z.B. lKlem 13,1 f.; 46,7f.; Apg 20,35; Jud 17f.; Papias bei Eus HistEccl III,39,3f. Ähnlich auch Köster, Kerygma-Gospel, S.374f. 52 Vgl. Cameron, Sayings Traditions, S.l 12. Papias bei Eus HistEccl 111,39,15f. 53 Cameron, Sayings Traditions, S.l22. 54 Vgl. Cameron, Sayings Traditions, S.123. 55 Vgl. dagegen EvMar BG p,10,4ff.! 56 Vgl. Cameron, Sayings Traditions, S.l 15. Justin lApol 67,3; Dial 103,6.8; 104,1 u.ö. 57 Ganz anders ist die Situation im EvMar BG p.9,20ff., wo über Jesu Worte diskutiert wird und sie auch direkt ins Gespräch eingebracht werden. 58 Vgl. Perkins, Dialogue, S.l61.

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B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

des Zwölferkreises bei Nichtbeteiligung von Frauen. Auch sieht die Trägergruppe der EpJac, die sich als die verheißenen „Kinder" versteht, einen erheblichen Abstand zwischen sich und den Offenbarungen Jesu, da sie erst die dritte Generation nach Jakobus und seinem Adressaten bildet. Auch die Schilderung der Verfolgung (p.5,9-20) weist, wenn sie ein Reflex der tatsächlichen Situation zur Zeit der Abfassung ist, auf eine staatliche und systematische Verfolgung hin. Auch dies spricht gegen eine frühe Datierung. Und schließlich kann auch die von mir angenommene Kenntnis der lApcJac 59 durch die EpJac angeführt werden. Eine solche relativ späte Datierung der EpJac gilt für die Schrift in ihrer vorliegenden Form, da sie sich wesentlich auf die Rahmenhandlung stützt. Im Dialog können durchaus sehr viel ältere Traditionen verarbeitet sein. g) Das Verhältnis der EpJac zur EpAp Eine besondere Nähe zwischen EpJac und EpAp wird häufig festgestellt, jedoch nicht im einzelnen ausgeführt, 60 und soll deshalb hier relativ ausführlich behandelt werden. Die Beziehung zwischen beiden Schriften besteht nicht in Zitaten oder wörtlich gleichen Textpassagen, sondern in Ähnlichkeiten sowohl auf formaler wie auf inhaltlich-thematischer Ebene. Zu ihnen gehören Übereinstimmungen ebenso wie genau gegenteilige Ansichten. Ich rechne dabei auch die Gegensätze, die bei zwei Schriften mit entgegengesetzter Intention zu erwarten sind (die EpAp ist explizit antignostisch), zu den Bezugspunkten. Ob eher die Gegensätze oder die Übereinstimmungen das Verhältnis beider Schriften charakterisieren, wird unterschiedlich aufgefaßt: Heldermann sieht eine große zeitliche und oft auch konzeptuelle Nähe zwischen beiden. 61 Kirchner betont eher die Gegensätze bei gleichen Themen und vermutet, ohne literarische Abhängigkeit anzunehmen, „daß die EpAp auf eine geistige Situation reagiert, deren einer Repräsentant die EpJac ist." 62 Eine bemerkenswerte Gemeinsamkeit beider Schriften ist der Name Kerinth, falls die Ergänzung des Adressaten in EpJac p. 1,2 so vorzunehmen ist. In EpAp 1 und 7 werden Kerinth und Simon als Irrlehrer dargestellt, die die Abfassung der EpAp zu ihrer Bekämpfung veranlassen. In der EpAp gilt Kerinth also als Repräsentant der Gegnerinnen, während er in der EpJac ein Garant der Tradition wäre; es bestünde eine enge Verbindung bei entgegengesetzter Position. Allerdings erscheint mir die Ergänzung des Namens in der EpJac nicht sicher genug, um auf dieser Basis das Verhältnis der beiden Schriften zu bestimmen. Eher kann der Aufweis einer engen Beziehung die Ergänzung bestätigen. Eine Parallelität zwischen EpJac und EpAp besteht zunächst im Aufbau: Beide Schriften bieten nicht nur einen Dialog, der von einer Rahmenerzählung, in der Jesus erscheint und verschwindet, umschlossen ist, sondern sind noch zusätzlich durch einen Brief gerahmt. Die EpJac führt diese Form konsequenter durch, indem sie am Ende den 59

S.u., B. VII. l . h . Vgl. Dehandschutter, S.4547; Heldermann, Epistula, S.43; Kirchner, Brief, S.235; Malinine et al., S.XIV; Pratscher, S.161; Puech, Evangelien, S.249; Rudolph, Forschungsbericht 1969, S.175; Vielhauer, Geschichte, S.688f.; Wilson, Apokryphen II, S.340. 61 Vgl. Heldermann, Epistula, S.43. 62 Kirchner, Brief, S.235. 60

VII. Der Brief des Jakobus

225

Briefrahmen wieder aufnimmt, was in der EpAp fehlt. Der Briefrahmen erklärt bei beiden die Absicht der Schrift und gibt Anweisungen für ihre Weiterverbreitung, die aber völlig unterschiedlich ausgerichtet ist: Während die EpAp für die ganze Welt (EpAp 1), die Kirchen aller Himmelrichtungen (EpAp 2) bestimmt ist, soll der Adressat der EpJac sie gerade nicht an viele weiterreichen (EpJac p. 1,20-22). Beiden Schriften gemeinsam ist auch die ausführliche Schilderung einer Himmelfahrt, die als allmählicher Aufstieg, unter anderem mit Beteiligung von Engeln, vorgestellt ist. 63 In beiden Schriften spielen die zwölf Jünger eine große Rolle. In der EpAp sind sie die Autoren der Schrift und als Dialogpartner Jesu die Empfänger der Offenbarung. In der EpJac werden sie dagegen negativ dargestellt: Sie erleben zwar die Erscheinung Jesu, sind aber vom Gespräch mit ihm ausgeschlossen und erweisen sich anfangs und am Ende als unverständig. Einen gemeinsamen Zug haben die Zwölf jedoch bei allen Unterschieden in der Wertung: Sie verfassen Bücher. Nach EpAp 2 sind sie die Autoren der Schrift; nach EpJac p.2,7-15 sitzen sie zusammen und schreiben Bücher aus den Worten Jesu, als dieser erscheint. Aber auch diese Tätigkeit ist unterschiedlich gewertet, nach der EpAp schreiben sie wesentliche Offenbarungen; nach der EpJac schreiben sie, bevor die entscheidende Offenbarung erfolgt ist und ohne etwas verstanden zu haben. 64 Die entscheidend positive Gruppe sind in der EpJac dagegen die nachkommenden „Kinder", erst sie werden vollkommen verstehen und glauben; nur durch sie können die Jünger und auch Jakobus Heil erlangen. Solche „Kinder" sind auch in EpAp 19 erwähnt, allerdings sind es hier die Jünger, die sie durch ihre Predigt zum Heil (in den Himmel) führen. 65 Ein Predigtauftrag an die Jünger findet sich in der EpJac nicht, aber sie werden von Jakobus an verschiedene Orte geschickt. Diese Entsendung dient jedoch nicht dem Glauben der Späteren, sondern ist im Zorn der Jünger auf diese begründet (EpJac p. 16,4-8)! Beide Schriften kennen Berichte über das irdische Leben Jesu und setzen solche Kenntnis auch voraus, indem sie in abgekürzter Form auf Ereignisse Bezug nehmen. In EpAp 5 wird eine Aufzählung von Wundem geboten, in EpJac p.8,6-10 eine Liste von Gleichnissen, von denen eines in EpAp 43-45 ausführlich behandelt wird. Beide gehen davon aus, daß Jesus früher in Gleichnissen lehrte, jetzt aber nicht mehr (EpAp 32; EpJac p.7,1-6). EpAp 4 belegt die Verwendung von nichtkanonischem Material, die

63

Sie bildet in beiden Fällen kein rechtes Äquivalent zur Erscheinung Jesu: In EpAp 51 entspricht Jesu Himmelfahrt eher seiner Herabkunft zur Inkarnation als seiner Erscheinung, was wohl mit der theologischen Einordnung der Auferstehung und Erscheinung Jesu in seine fleischliche Existenz zusammenhängt. In EpJac p. 15,8-28 erleben Jakobus und Petrus eine eigene Himmelfahrt, sie ist aber mit Jesu Aufstieg verbunden. Hier sind Vorstellungen von der Himmelfahrt Jesu oder vom Aufstieg der Seele vorausgesetzt, die dann auf Jakobus und Petrus bezogen im Kontext eine eigentümliche Mischung aus Himmelfahrtsschilderung und Vision bilden. 64 EpJac p.3,1-7 (Ergänzung von Kirchner); vgl. Berger, Offenbarung, S.301. 65 Vgl. Kirchner, Epistula, S.142. In EpAp 29 sieht es so aus, als ob Spätere, die Jesus nicht gesehen haben und „Kinder" genannt werden (vgl. Heldennann, Epistula, S.42), den Jüngern, die Jesus sehen und hören, als überlegen gegenübergestellt werden. In der Argumentation von EpAp 29f. fuhrt jedoch die Hochschätzung des Glaubens der Nicht-Sehenden zu einem Predigtauftrag an die Jünger, um ihn zu bewirken. Das Verhältnis zu den Jüngern ist also wie in EpAp 19, die Jünger sind nicht abgewertet.

226

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

auch für EpJac angenommen werden kann. Auffällig ist auch bei beiden eine Nähe zu johanneischen Gedanken.66 In beiden Schriften ist Verfolgung ein zentrales Thema, wenn auch in leicht variierter Ausprägung. In EpAp 15 ist die Notwendigkeit des Martyriums angesprochen,67 sonst wird Verfolgung als Haß, Schmähung und Verachtung beschrieben (EpAp 38; 50; auch 35 als Zusammenstellung von Psalmzitaten). Sofern hier reales Erleben im Hintergrund steht, ist die Trägergruppe der EpAp nicht staatlicher Verfolgung ausgesetzt, sondern eher in ihrem sozialen Umfeld, vielleicht sogar innerhalb der christlichen Gemeinde, diskriminiert. In EpJac p.5,9-20 wird jedoch offenbar eine staatliche Verfolgung geschildert;68 es findet eine Auseinandersetzung um die Gefahr, den Tod zu erleiden, statt, er soll sogar gesucht werden (EpJac p.6,7-9.17f.). Hier scheint eher eine organisierte Verfolgung von offizieller Seite vorausgesetzt.69 Die theologische Interpretation der bedrängten Situation ist jedoch recht ähnlich: Die Verfolgung trifft notwendig diejenigen, die auf der richtigen Seite stehen; sie werden zur Standhaftigkeit aufgefordert; und ihnen wird himmlischer Lohn versprochen. Einige Themen werden in beiden Schriften behandelt und weisen dabei kleine, aber entscheidende Differenzen auf. In der EpAp werden immer wieder Glaube und Werke bzw. Gehorsam gegenüber Jesu Geboten gefordert (EpAp 26f.; 36; 39). Ähnliches findet sich auch in der EpJac, etwa bei der Interpretation des Weizenkomgleichnisses durch die Trias Glaube, Liebe, Werke (EpJac p.8,11-25) und bei der Aufforderung zum Gehorsam gegenüber Jesus (EpJac p. 12,31-33). Ein gravierender Unterschied liegt jedoch in der Hochschätzung der Gnosis in der EpJac (z.B. EpJac p.8,26f.), die mit Glauben verbunden wird (EpJac p. 14,8-10), während sie ihm in der EpAp unversöhnlich gegenübersteht (EpAp 43).70 Auch die aus Joh 20,29 bekannte Seligpreisung derer, die nicht sehen, aber doch glauben, wird in beiden Schriften verarbeitet. In EpAp 29 wird sie von Jesus einer Seligpreisung, die die Jünger sich aufgrund ihres Sehens selbst zusprechen, gegenübergestellt und überbietet diese. Im Anschluß an diese beiden Seligpreisungen wird dann der Predigtauftrag der Jünger behandelt, denn durch sie wird der Glaube der Nicht-Sehenden ermöglicht (EpAp 29f.). Trotz der besonderen Hochschätzung der Nicht-Sehenden bleiben diese also auf die Jünger - die, die gesehen haben - angewiesen. Der Seligpreisung der Sehenden wird nicht widersprochen, vielmehr haben sie weiterhin grundlegende Bedeutung, weil sie durch ihre Verkündigung die Verbindung zu den Nicht-Sehenden schaffen. In der EpJac ist das Verhältnis zwischen Jüngern und Späteren umgekehrt, die Jünger bedürfen der „Kinder" zum Heil. In EpJac p.3,12-25 sind Sehende und 66

Vgl. B. III. 3. c. und B. VII. 3. b. Möglicherweise ist der Abschnitt konkret auf Petrus bezogen, dessen Gefangnisaufenthalt vorher beschrieben ist. 68 Möglicherweise ist hier ein Stück Jakobus-Tradition verarbeitet (vgl. Homschuh, Apostelbild, S.50). Die Passion Jesu steht zwar im Hintergrund und wird verglichen, aber hier sind die beiden Jünger angesprochen, ihnen wird solche Behandlung angekündigt. 69 Gegen Heldennann, Epistula, S.39. 70 Aber in EpAp 38 (kopt XXVII,2f.) sind die Guten die, die „wandeln in Wahrheit und in der Erkenntnis des Glaubens" (TTCiYNe NTTTICTIC).

67

VII. Der Brief des Jakobus

227

N i c h t - S e h e n d e gegensätzlich aufgefaßt, ersteren gilt ein Weheruf, letzteren eine Seligpreisung. D a s Stichwort Glaube b e g e g n e t hier nicht. Vollständig wird die Seligpreisung der N i c h t - S e h e n d e n in EpJac p. 12,35-13,1 verwendet. Sie bildet den A b s c h l u ß einer Kette v o n vier A u s s a g e n und ist als Gegenpart zum ihr direkt v o r a u s g e h e n d e n Weheruf über die, die gehört, aber nicht geglaubt haben, zu verstehen. 7 1 In d i e s e m Abschnitt ist Hören ein Äquivalent z u N i c h t - S e h e n ; es handelt sich nicht um ein direktes Hören Jesu w i e in EpJac p . 3 , 1 6 , sondern um ein Hören auf die Botschaft v o n OfTenbarungsempfäng e m w i e in EpJac p . l 6 , 2 f . D.h. hier ist irgendeine Art v o n Verkündigung als Grundlage für den Glauben (oder Nicht-Glauben!) der N i c h t - S e h e n d e n vorausgesetzt, o h n e daß sie w i e in E p A p ausdrücklich thematisiert würde. Ein weiterer Berührungspunkt z w i s c h e n beiden Schriften ist die Behandlung der Frage, w e s h a l b Jesus kam. In der E p A p ist sie unterschiedlich beantwortet: In E p A p 21 (kopt X I V , 15) erklärt Jesus, daß er kam, um auch den Jüngern A u f e r s t e h u n g zu ermöglichen. In E p A p 3 9 (kopt X X X , 3 f . ) k o m m t er dagegen z u m Gericht für diejenigen, die seine Worte verderben. 7 2 EpJac bietet drei Texte z u m Thema, w o b e i p. 13,8-11 ein W e heruf denen gilt, derentwegen Jesus gesandt ist, während p. 1 0 , 2 7 - 2 9 Jakobus und Petrus (oder auch die „Kinder") diejenigen sind, derentwegen er herabkam und die gleich noch als „Geliebte" bezeichnet werden ( p . l 0 , 2 9 f . ) . 7 3 D i e dritte Stelle p . l 0 , 1 5 - 2 0 ist ein ausnehmend s c h w e r verständlicher Satz, der gegensätzlich gedeutet wird. 7 4 A u f j e d e n Fall äußern sich beide Schriften mehrfach und j e w e i l s mit widersprüchlichem Inhalt. 75

71

Text EpJac p.l2,35-13,1: „Erinnert euch aber an mich, weil ich bei euch war, (aber) ihr habt mich nicht erkannt. Die mich erkannt haben, werden selig sein! Wehe denen, die gehört, aber nicht geglaubt haben! Die nicht gesehen, [aber geglaubt] haben, werden selig sein!" Der Übersetzung liegt der Text von F.E.Williams, Apocryphon, S.46, zugrunde. In p.l2,36 halte ich die von Kirchner vorgenommene Emendation zu Neeiq;OOTT nicht für erforderlich; in p.l3,1 ergänzt F.E.Williams MTTOYNEY A.Y(Ni.2Te], Kirchner dagegen MTTOYNeY AtYlT^WgOYT]. M.E. ist beides möglich, auch nach Kirchners Angaben zum am Original erkennbaren Buchstabenresten (vgl. Epistula, S.128), und ergibt auch keinen Sinnunterschied, aber F.E.Williams Ergänzung scheint mir naheliegender. Die Stichwortverbindungen nicht erkennen - erkennen und nicht glauben - glauben legen eine paarweise Zusammenfassung der Sätze nahe, jeweils werden komplementäre Aussagen gemacht, vgl. Cameron, Sayings Traditions, S.45. (Eine andere Aufteilung zeigt die Zeichensetzung in der Übersetzung von F.E.Williams, vgl. Apocryphon, S.47.) Der erste Satz richtet sich ausdrücklich an die Jünger, diejenigen, die Jesus gesehen haben, der letzte dagegen an die Nicht-Sehenden, also Spätere. Die unterschiedlichen Bezugsgruppen gelten wohl jeweils für das ganze Paar. Aufgrund dieser Struktur des Abschnitts kann sich der Weheruf an die Hörenden, aber nicht Glaubenden, nicht auf Petrus beziehen, wie Kirchner (vgl. Kirchner, Epistula, S.128) meint. 72 Die äthiopische Überlieferung weicht hier ab. 73 Auch in EpJac p.8,37-9,1 dient das Herabkommen Jesu der Erlösung der Angeredeten - die ganze Formulierung des Handelns Jesu hat viel Ähnlichkeit mit EpAp 39 (kopt XXX,3-7). 74 Übersetzung: „Wahrlich, ich sage euch: Wäre ich gesandt worden zu denen, die mich hören, und hätte ich mit jenen geredet, ich wäre niemals auf die Erde herabgekommen!" Nach F.E.Williams (vgl. Notes, S.25) ist Jesus zur Rettung der Unverständigen gesandt. Kirchner (vgl. Epistula, S.121) meint, daß Jesus nur zu den „Kindern" gesandt ist, nicht zu denen, die den irdischen Jesus gehört haben bzw. sich auf seine Worte berufen. Daß dieser Satz im Hintergrund von Jesu Herabkomen zum Gericht über die „Verderber der Worte" in EpAp 39 steht, wie Kirchner (vgl. Epistula, S.121 Anm.345) meint, halte ich jedoch für unwahrscheinlich, der gegnerische Anspruch (Jesus kam wegen uns) würde kaum so weitgehend aner-

228

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

Stärker ist der Gegensatz der Schriften beim Thema Fürbitte. Die EpAp fordert ausdrücklich Fürbitte für diejenigen, die abtrünnig geworden sind (EpAp 40; 43; 45), obwohl das Ergebnis offen bleibt (EpAp 45). In EpJac p. 11,29-35 wird dagegen die Möglichkeit, den Vater durch Bitten umzustimmen, grundsätzlich abgelehnt.76 In EpAp 19 wird den Jüngern verheißen, die „Größe des Vaters" zu sehen, was weder Engel noch Herrschaften erlangen. In EpJac dagegen wird dies Jakobus und Petrus bei ihrer Himmelsreise verwehrt (EpJac p. 15,23-28), und zwar aufgrund der Intervention der Jünger (r2ip; p. 15,28). Die Möglichkeit scheint also durchaus zu bestehen, z.B. für die „Kinder". Auch an dieser Stelle wird der Unterschied in der Darstellung der Jünger deutlich: Während sie in EpAp 19 besonders ausgezeichnet sind als die, die sehen dürfen, sind sie in der EpJac nicht nur vom Sehen ausgeschlossen, sondern verhindern es sogar für andere! Insgesamt bestehen also viele Berührungen, wenn auch kaum wörtliche Übereinstimmungen. Angesichts der gegensätzlichen Ausrichtung der Schriften ist es überraschend, daß sich nur wenige inhaltliche Gegensätze finden; es liegen eher Variationen des gleichen Stoffes vor. Neben der unterschiedlichen Art der Weiterverbreitung ist nur die Rolle und Position der Jünger wirklich entgegengesetzt dargestellt; als Gegenpart ist dazu gegebenenfalls auch die unterschiedliche Wertung des Kerinth zu rechnen. Die Berührungen bei den behandelten Themen können kaum eine Abhängigkeit eindeutig beweisen oder ihre Art klären, sprechen aber für die Zugehörigkeit beider Schriften zum gleichen Traditionsstrom: Es ist nicht anzunehmen, daß sie in großer geographischer Entfernung oder in völlig divergierenden Kontexten entstanden sind. Aufschlußreicher ist die Übereinstimmung in der äußeren Form: Beide Schriften bieten, anders als die übrigen Dialogevangelien,77 den zusätzlichen Briefrahmen mit seiner spezifischen Funktion. Dies macht eine Kenntnis einer Schrift durch die andere schon wahrscheinlicher, aber wenn der Briefrahmen als Vorwort verstanden wird, ist auch die unabhängige Entwicklung dieser Form denkbar.78 Und schließlich richtet sich die Polemik der EpJac gegen die Jünger als Gruppe gegen eine andere Auffassung; die Darstellung der EpAp würde da sehr gut passen, vor allem, weil sie jeweils schreiben.79 Wenn nun eine literarische Beziehung angenommen wird, d.h. eine Schrift die Kenntnis der anderen voraussetzt, dann zeigt schon die Darstellung der Jüngergrupe in der EpJac, daß die EpAp die primäre sein muß. Die EpJac geht davon aus, daß die Jünger als Offenbarungsträger anerkannt sind, daß sie schreiben und predigen, und nutzt dies als Basis für eine andere Sicht. Auch die EpAp baut selbstverständlich auf eine kannt. Von der Form her (Irrealis) scheint sich eher EpJac p.l 0,15-20 gegen eine andere Meinung zu richten, aber gegen welche genau, läßt sich kaum klären. 75 Hornschuh, Studien, S.52, betont die inhaltliche Übereinstimmung zwischen dem Weheruf EpJac p.l3,8-11 und EpAp 39 76 Die Aufforderung zur Anrufung (EpJac p.l0,32-34) ist als ironischer Imperativ zu verstehen, vgl. Kirchner, Epistula, S.121. 7 ' Der Brief der EpPt hat einen anderen Charakter. 78 S.u., C. I. 1. e. Möglich ist auch ein Einfluß des Lukasevangeliums in beiden Schriften. 79 Nach W.Bauer, Apostelbild, S.17, treten die Apostel als gemeinsame Autoren außer in der EpAp erst in der Didask und der apostolischen Kirchenordnung auf.

VII. Der Brief des Jakobus

229

solche positive Wertschätzung der Jünger; es gibt aber keine Auseinandersetzung mit einer Kritik an diesem Bild. Hinzu kommt noch, daß die EpJac die Meinungen, gegen die die EpAp sich vorrangig wendet, gar nicht ausdrücklich behandelt. Die EpJac ist sicher nicht die Schrift, gegen die die EpAp ihre Polemik richtet, falls diese sich gegen schriftliche Zeugnisse wendet. Weitere Einzelheiten stützen diese Sicht: Bei der Aufnahme und Verarbeitung der Seligpreisung der Nicht-Sehenden setzt die EpJac voraus, daß ihr Glaube durch Predigt ermöglicht wird, was in EpAp 29f. im Zusammenhang mit dieser Seligpreisung ausdrücklich ausgeführt wird. Auch die wahrscheinliche Abfassungszeit der Schriften spricht für den zeitlichen Vorrang der EpAp, der durch den unterschiedlichen Charakter von Verfolgung bestätigt wird. Und schließlich datiert die EpJac selbst ihre Offenbarung später, nämlich 550 Tage nach der Auferstehung, als die EpAp. Als Fazit läßt sich festhalten, daß, wenn eine direkte Abhängigkeit beider Schriften besteht, die EpJac auf die EpAp aufbaut, nicht umgekehrt. Ob eine solche Abhängigkeit allerdings wirklich vorliegt, scheint mir weniger eindeutig gesichert, aber immerhin wahrscheinlich. Diese Annahme hilft auch, einige Besonderheiten der EpJac zu erklären: Besonders die karge Darstellung der Erscheinung Jesu wird vor dem Hintergrund der demonstrativen Leiblichkeit in der EpAp verständlich. Auch die visionäre Himmelsreise nimmt dann den Stoff von EpAp 51, kombiniert mit der Frage, ob die Größe gesehen werden kann (EpAp 19), auf, stellt sie aber nicht als Himmelfahrt Jesu dar, um den Bezug zur Inkarnation, die die EpJac gar nicht thematisiert, zu vermeiden. Die Polemik in der Rahmenhandlung der EpJac, die die Jünger als Gruppe betrifft, paßt, wenn sie sich gegen die Darstellung der EpAp wendet, nun gut zu einer positiven Wertung des dort negativ gesehenen Kerinth. Hier liegt dann zunächst eine Umwertung von Erzählfiguren vor; die Jünger von positiv zu negativ, Kerinth umgekehrt. 80 Ob die EpJac sich auch inhaltlich auf Kerinth beruft und ob es Anhängerinnen von ihm gab, zu denen sich die EpJac rechnet, muß allerdings offen bleiben. 81 Es ist möglich, aber vor allem die christologischen Aussagen der EpJac sind alles andere als eindeutig. Die Annahme ist nicht unbedingt nötig, zudem hat der Adressat auch keine ausgeprägte Rolle, viel wichtiger sind die „Kinder". h) Das Verhältnis der EpJac zur lApcJac Die beiden Dialogevangelien, in denen Jakobus der zentrale Offenbarungsempfänger ist, haben neben der besonderen Wertschätzung dieser Person einige Gemeinsamkeiten. Inhaltlich ist hier die positive Wertung des Martyriums zu nennen, beide Schriften set80

Bei der ironischen Anlage der EpJac ist es auch durchaus möglich, daß Petrus in gewisser Weise die Umdeutung des Simon der EpAp ist. Allerdings gibt es dafür keine klaren Hinweise und es wäre auch nur ein Aspekt der Petrusfigur. 81 H.-M.Schenke (vgl. Jakobusbrief, Sp.119) hält die EpJac für eine Schrift der Kerinthianer, stützt sich dabei aber vor allem auf die Namensergänzung. Schon von ihm genannte Bezugspunkte wie die mögliche Differenz zwischen Jesus und dem Sohn des heiligen Geistes (EpJac p.6,19f.) und die Aufforderung, Jesus zu übertreffen, werden von Kirchner ausführlicher dargelegt (vgl. Epistula, S.60-64); s.E. bestehen Beziehungen zwischen kerinthisch-harpokratianischen Traditionen und der EpJac. F.E.Williams (vgl. Apocryphon, S.22) lehnt dagegen eine Zuordnung zu den Karpokratianem als zu schwach begründet ab.

230

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

zen eine Verfolgungssituation voraus und fordern geradezu zum Martyrium auf. Außerdem sind jeweils die Zwölf erwähnt, aber eher negativ gesehen und deutlich Jakobus untergeordnet. Der Überlieferungsweg ist bei beiden über mehrere Personen festgelegt, Jakobus ist zwar der erste Empfänger der Offenbarungen, aber nicht deijenige, der sie verbreitet; er gibt sie an einzelne weiter. Auffällig sind auch die Parallelen bei der Darstellung der Erscheinung Jesu. In beiden Jakobusschriften ist sie sehr knapp, ohne eine Beschreibung des Erscheinenden, also auch ohne das Lichtelement, das in SJC, AJ und EpPt wichtig ist. Als weitere Besonderheit gehört zur Erscheinung, daß Jesus nicht zuerst das Wort ergreift (auch nicht zu einem Gruß), sondern angesprochen wird. Jeweils sind auch Personen vor (lApcJac) oder bei (EpJac) der Erscheinung beteiligt, die die Offenbarungen nicht erhalten. Das sind immerhin drei bemerkenswerte Züge der Erscheinungsgeschichten, die beide Jakobusschriften gemeinsam haben. Außerdem sind noch einige Einzelheiten parallel, etwa lApcJac p.30,16-18 und EpJac p.2,17-20 (Stichwort Warten, er kam nach ... Tagen) oder das Vorkommen eines Amen-Wortes (lApcJac p.32,9-12; EpJac p.2,29-33). Trotz dieser Parallelen sind beide Schriften in Inhalt und Stil sehr unterschiedlich: In der lApcJac sind valentinianisch-gnostische Elemente selbstverständlich vorausgesetzt, in der EpJac ist der gnostische Charakter eher getarnt, der einzige mögliche Hinweis auf einen valentinianischen Hintergrund ist der Kodex, in dem die Schrift überliefert ist. Der Stil der EpJac mit seiner ironisch-paradoxen Ausdruckweise ist ganz anders als die seelsorgerlich-tröstende Ausrichtung der lApcJac. Auch versucht die EpJac an alte Jesusüberlieferung anzuknüpfen - in Aufnahme tatsächlich vorhandener Traditionen oder in Nachahmung - , während dies in der lApcJac keine Rolle spielt. Wie sind nun aber die Gemeinsamkeiten zu erklären? Daß gerade Jakobus der Garant einer Tradition ist, die das Martyrium propagiert, ist sehr naheliegend, zumal wenn diese mit einer der Geringschätzung der Zwölf verbunden ist. Einige der inhaltlichen Gemeinsamkeiten bedingen sich also gegenseitig und können durchaus Zufall sein. Sehr viel schwerer sind die Übereinstimmungen in der Struktur der Erscheinungsgeschichte zu deuten. Hinzu kommt noch ein weiteres: Die EpJac verweist an mehreren Stellen auf eine früher an Jakobus allein ergangene Offenbarung Jesu (p.1,28-35; 82 8,31-36; 13,38-14,1), was oft als rhetorisches Stilmittel gilt. 83 In EpJac p.8,31-36 wird in drei Sätzen der Inhalt dieser Offenbarung an Jakobus beschrieben, es geht um Erlösung, um Jakobus Nachfolge und um sein Verhalten vor Archonten. 84 Das ist eine genaue Charakterisierung der lApcJac! Die Bedeutung der Erlösung ist in der lApcJac an vielen Stellen be-

82

Ein Rückbezug auf die im Brief genannte Schrift erfolgt in p.2,15f. So Kirchner, Epistula, S.73; auch Rouleau, S.97; F.E.Williams, Apocryphon, S.20. Malinine et al. (vgl. S.38f.; 59f.) und Rudolph (vgl. Forschungsbericht 1969, S.170) erwägen einen Verweis auf die lApcJac. 84 EpJac p.8,31-36 in der Übersetzung von Kirchner: ,.- Wiederum dir allein, o Jakobus, habe ich gesagt: Sei um deine Erlösung bemüht! Ich habe dir auferlegt, daß du mir nachfolgen sollst, und ich habe dich belehrt über das Verhalten vor den Herrschern - " Kirchner erwägt (vgl. Epistula S.l 15f.), ob die Archonten der letzten Aussage im Sinne der lApcJac zu verstehen sind, verwirft diese Möglichkeit aber. Malinine et al. (vgl. S.59f.) stellen die Übereinstimmung mit lApcJac p.29,6-8 fest. 83

VII. Der Brief des Jakobus

231

tont, 85 das Martyrium des Jakobus wird im Zusammenhang mit der Deutung der Passion Jesu angekündigt (lApcJac p.31,6-32,20) und schließlich werden an zentraler Stelle Worte geboten, mit denen die feindlichen Mächte beim Aufstieg überwunden werden können (lApcJac p.33,2-36,14). 86 Mit diesen Punkten sind die wichtigsten Anliegen der lApcJac erfaßt. M.E. können diese Übereinstimmungen kein Zufall sein, sondern die Sätze über die frühere Offenbarung an Jakobus zielen auf die 1 ApcJac, sie sind mit Kenntnis dieser Schrift und im Blick auf sie verfaßt. 87 Möglich ist jedoch, daß sie nicht zum ursprünglichen Bestand der EpJac gehören, sondern als nachträgliche Glossen zu interpretieren sind. Dagegen spricht jedoch die Anzahl der Verweise. Außerdem ist die erste Erwähnung der früheren Offenbarung organischer Bestandteil des Briefes, auf die in der Erscheinungserzählung zurückgegriffen wird, hier ist eine Lösung der Bemerkung aus ihrem Kontext nicht so leicht möglich wie bei den späteren im Dialogteil. 88 M.E. ist es am naheliegendsten, die Verweise auf die frühere Offenbarung an Jakobus als Bestandteil der EpJac zu verstehen. Dann kennt die EpJac die 1 ApcJac und setzt solche Kenntnis auch bei den Leserinnen voraus, sie stellt sich ausdrücklich in diese Tradition. Daß dies zu meinen Entscheidungen in zwei Einzelfragen, nämlich zum gnostischen Charakter und der Datierung der EpJac, paßt, verleiht der Hypothese weitere Plausibilität. Es ist nicht eine neue Sicht der EpJac nötig, sondern die auf anderem Wege erlangten Annahmen werden bestätigt. 89 Im Kontext der EpJac haben die Verweise auf die lApcJac vor allem eine legitimierende Funktion, sie unterstreichen die Glaubwürdigkeit der durch Jakobus übermittelten Offenbarung und betonen seine Stellung. Die Anerkennung der lApcJac durch die Leserinnen ist dabei vorausgesetzt. Eine inhaltliche Beziehung besteht dagegen kaum, die EpJac ist nicht die Fortsetzung der in der lApcJac geäußerten Gedanken. Aber die Lehre der lApcJac wird doch für wichtig und sogar für grundlegend gehalten, sonst wären die zusammenfassenden Sätze in EpJac

85

Meist findet der Ausdruck CCDTG Verwendung. Schon p.24,13 wird Erlösung als Thema eingeführt, in p.29,6-8 wird Jakobus aufgefordert, sich um nichts anderes als seine Erlösung zu kümmern. 86 Wörtliche Parallelen liegen nicht vor, was aber durch die unabhängige Übersetzung beider Schriften erklärbar ist. Außerdem handelt es sich bei den Sätzen nicht um Zitate, sondern um eine Kurzzusammenfassung des Inhalts der ganzen Schrift. 87 Wenn dies für EpJac p.8,31-36 gilt, dann sind auch die anderen, weniger ausführlichen Stellen in der EpJac auf die lApcJac zu beziehen. In ihnen ist jeweils nur gesagt, daß Jakobus Offenbarungen erhalten hat (EpJac p. 1,31 f.; 13,39). Als Offenbarungen kündigt Jesus seine Lehre an Jakobus auch in der lApcJac an (lApcJac p.25,5-7; 29,12f.; 32,29-33,1), auch diese Kurzbeschreibung ist also sehr passend. Zudem sind die verwendeten Ausdrücke (6d)A.TT, OYtUNJ GBOA) mögliche Äquivalente für ÖCTtOKOlXijnTCO (vgl. Concordance 11,2, S.1069 und 11,3, S.1693), können sich also sogar auf den Titel der lApcJac beziehen. 88 Es sind auch kompliziertere Entwicklungen denkbar, etwa daß die Erwähnung im Brief als Stilmittel gedacht war, aber dann als Anspielung auf die lApcJac verstanden wurde, was zur Zufügung der beiden anderen Verweise führte. 89 Die Annahme klärt sogar ein weiteres Problem, nämlich wieso die EpJac in einem Kodex mit valentinianischen Schriften überliefert ist, vgl. Malinine et al., S.XXVff. Wenn sie sich ausdrücklich in die Tradition einer valentinianischen Schrift wie der lApcJac stellt, dann gehört sie auch selbst zu dieser gnostischen Strömung, auch wenn eindeutige inhaltliche Bezüge fehlen.

232

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

p.8,31-36 nicht sinnvoll. 90 Für die EpJac gehört die lApcJac mit anderen früheren Belehningen Jesu zusammen, die noch richtig verstanden werden müssen (EpJac p. 14,1 f.). Daß in der EpJac ausdrücklich auf ein anderes Dialogevangelium verwiesen wird, ist eine Besonderheit der Schrift. Auch andere Dialogevangelien kennen vermutlich Schriften dieser Form, aber sie verstehen sich jeweils als die einzige nachösterliche Offenbarung, wobei nur die Beziehung zu den kanonischen Evangelien reflektiert wird. Die EpJac dagegen stellt sich als dritte Stufe der Belehrungen dar.

2. Die Rahmenerzählung: a) Text und Übersetzung91 NHC I p.2,7-40 6Y21M2LCT N A C

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und sich an das erinnerten, was der Erlöser einem jeden von ihnen, sei es im Verborgenen oder öffentlich, gesagt hatte, und es zu Büchern ordneten,

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[und] ich das schrieb, was in [diesem ist],

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siehe, da erschien der Erlöser, [der] von [uns] gegangen war, wobei [wir] auf ihn [warteten] 92 - 550 Tage nachdem er auferstanden war von den Toten.

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Wir sprachen zu ihm: „Du bist gegangen und hast dich von uns entfernt!"

Fraglich ist, ob nicht emstliche Widersprüche zwischen inhaltlichen Aussagen beider Schriften bestehen, vor allem bezüglich der Passion. M.E. betont die EpJac die äußerliche Realität der Passion ohne anzudeuten, daß der wahre Jesus nicht wirklich gelitten hat, aber auch ohne eine solche Interpretation auszuschließen. Die Formulierung EpJac p.8,37-9,1 steht Aussagen der lApcJac (z.B. p.29,8-13; 30,11-13) durchaus nahe! Die Aufforderung zum Glauben an Jesu Kreuz (EpJac p.6,3-7) kann einfach als Aufforderung zum Martyrium verstanden werden, vgl. Tröger, Passion, S.39. " Der Text folgt der Ausgabe von Kirchner, Epistula, Abweichungen habe ich genannt. 92 Text nach F.E. Williams, Apocryphon, S.30. Kirchner (Epistula, S.10) liest 2L]2(N6]CDO;[T] NCCUq (wir haben auf ihn gewartet).

VII. Der Brief des Jakobus

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233

Jesus aber sprach: „Nein. Aber ich werde zu dem Ort, von dem ich kam, gehen. Wenn ihr mit mir kommen wollt, kommt!"

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Sie alle antworteten, sie sprachen: „Wenn du uns befiehlst, kommen wir." Er sprach: „Amen ich sage euch: Niemand wird jemals in das Himmelreich eingehen, wenn ich ihm befehle, sondern weil ihr erfüllt seid.

Bewilligt mir Jakobus und Petrus, damit ich sie erfülle!" Und als er die beiden gerufen hatte, nahm er sie beiseite. Er befahl den übrigen, sich mit dem zu beschäftigen, mit dem sie beschäftigt waren. Der Erlöser sprach: ...

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Als er dies gesagt hatte, ging er. Wir aber beugten die Knie - ich und Petrus - , wir dankten, und wir sandten unser Herz hinauf zu den Himmeln. Wir hörten mit unseren Ohren und sahen mit unseren Augen den Lärm von Kriegen und Trompetenklang und große Erschütterung. Und als wir jenen Ort nach oben durchschritten hatten, sandten wir unseren Verstand höher hinauf.

234

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

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Und wir sahen mit unseren Augen hörten mit unseren Ohren Hymnen Lobpreisungen der Engel und Jubel Engeln; und die Größen 9 3 der Himmel gen,

und und von san-

und auch wir jubelten mit. Nach diesem wollten wir auch unseren Geist nach oben bis zur Größe senden. Und als wir hinaufstiegen, ließen sie uns nichts sehen oder hören. Denn die übrigen Jünger riefen uns,

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93

sie fragten uns: „Was habt ihr vom Lehrer gehört?" Und: „Was hat er euch gesagt?" Und: „Wohin ging er?" Wir aber antworteten ihnen: „Er ging hinauf." Und: „Er gab uns eine Zusage, und er versprach uns allen das Leben, und er offenbarte uns Kinder, die nach uns kommen (und) die er (p.16) [uns zu] lieben befahl, weil wir wegen jenen [Heil erlangen] werden." Und als sie das hörten, glaubten sie zwar an ihr Leben, aber sie waren wütend über die, die geboren werden sollen. Weil ich ihnen aber nicht Anlaß zur Sünde geben wollte, sandte ich einen jeden an einen anderen Ort. Ich selbst aber ging hinauf nach Jerusalem, betend, daß ich einen Platz bei den Geliebten erwerbe, 94 die erscheinen werden.

Text nach F.E. Williams, Apocryphon, S.50. Kirchner (Epistula, S.32) emendiert zu £eNMNTNA.6. 94 Zur Übersetzung von Q Y M e p o c MN vgl. Bauer/ Aland, Sp.1026, denn der Ausdruck entspricht wohl (bis auf das Verb) griechisch ( £ x E l v ) HEf^ Tivoq.

VII. Der Brief des Jakobus

235

b) Abgrenzung und Gliederung der Rahmenerzählung Die Abgrenzung der Rahmenerzählung der EpJac gegenüber dem Briefrahmen und gegenüber dem eigentlichen Dialog ist nicht ganz einfach. Die ersten Zeilen von p.2 sind schlecht erhalten, so daß sie kaum mit letzter Sicherheit ergänzt werden können. In p.2,7 beginnt jedoch, wie das N J L C zeigt, ein neuer Satz, der mit Kirchner sinnvoll als der Erscheinung Jesu (p.2,17) zuzuordnender Umstandssatz aufgefaßt wird und den Anfang der Erscheinungserzählung bildet. 95 Der Abschnitt ist abgeschlossen, wenn, nach der Absonderung von Jakobus und Petrus, die Jünger wieder in ihrer Ausgangssituation sind (p.2,37-39). In p.2,39f. beginnt dann der eigentliche Dialogteil, in dem Jesus, jetzt nur an Jakobus und Petrus gewandt, zu reden ansetzt. Ungewöhnlich ist jedoch, daß auch schon im kurzen Gespräch zwischen den Jüngern und Jesus (p.2,21-35) ähnliche Themen wie im späteren Dialog behandelt werden, die kaum im Bezug zur Erscheinung Jesu stehen. Einige Worte Jesu an die Jünger vor Beginn des eigentlichen Dialogs gehören jedoch stets zu den Erscheinungserzählungen der Dialogevangelien; ihre besondere inhaltliche Ausrichtung hier ist zwar erklärungsbedürftig, ändert aber nichts an ihrer Zuordnung. Nach dem Ende des Dialogs ist der Beginn des zweiten Teils der Rahmenerzählung deutlich durch den Weggang Jesu markiert (p,15,5f.). Dieses Ende des Gespräches ist seit p. 14,19ff vorbereitet, Jesus spricht von seinem Weggehen und bietet als allerletzte Worte zwei Seligpreisungen. Diese sind noch Teil der Belehrungen, nicht eine persönliche Anrede an Jakobus und Petrus. Aber sie entsprechen in ihrem verheißenden Charakter den Schlußworten Jesu in anderen Dialogevangelien. Nachdem Jesus verschwunden ist, werden zunächst die weiteren Erlebnisse von Jakobus und Petrus geschildert; dann treten wieder die Jünger auf. Ab p. 16,12 wendet sich jedoch Jakobus wieder an seinen Adressaten, hier liegt also die Fortsetzung des Briefes vom Anfang vor. Allerdings besteht ein gewisser Bruch auch schon in p.16,5, weil plötzlich Jakobus in der ersten Person singular berichtet und allein agiert, nicht mehr zusammen mit Petrus. 96 Aber eine solche Beschreibung von Jüngern und Jakobus findet sich auch p.2,7-16; außerdem gehört der Abschnitt wegen der Schilderung von Handlung zur Rahmenerzählung. Sie umfaßt also p.2,7-39 vor dem Dialogteil und p.15,5-16,11 nach seinem Ende. Die beiden Teile der Rahmenerzählung sind anders als in anderen Dialogevangelien relativ gleich gewichtig und entsprechen sich im Aufbau weitgehend. Als Einführung wird die Situation und Beschäftigung von Jakobus und den Jüngern beschrieben (p.2,7-16). Dann erfolgt die Erscheinung Jesu, die noch zeitlich näherbestimmt, aber nicht beschrieben ist (p.2,17-21). Die Kontaktaufhahme geht von den Jüngern aus, die Jesus ansprechen, und fuhrt zur Absonderung von Jakobus und Petrus (p.2,21-39), an die dann die Belehrungen ergehen. Nach ihrem Ende wird das Verschwinden Jesu ohne weitere Begleitumstände, aber mit folgender Reaktion von Jakobus und Petrus festgestellt (p. 15,5-7), danach erleben Jakobus und Petrus eine visionäre Himmelsreise (p. 15,8-29). Es schließt sich ein Gespräch zwischen den Jüngern und Jakobus und 95 96

Vgl. Kirchner, Epistula, S.75f. Vgl. Kirchner, Epistula, S.143.

236

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

Petrus an (p. 15,29-16,4), und am Ende ist wieder die jetzt veränderte Situation der Jünger und des Jakobus geschildert (p. 16,5-11). c) Der erste Teil der Rahmenerzählung

(p.2,7-39)

Der erste Teil der Rahmenerzählung bietet eine Erscheinungserzählung, durch die die am Dialog Beteiligten zusammentreffen und dieser vorbereitet wird. Er beginnt mit einem einzigen langen Satz (p.2,7-21), dessen zentrale Aussage, der Hauptsatz, die Erscheinung des Erlösers bildet (p.2,17).97 Ihr gehen vier parallele Umstandssätze voraus, in denen die Situation beschrieben wird, in die hinein Jesus erscheint: Die zwölf Jünger sitzen zusammen, sie erinnern sich an Jesu Worte, sie gestalten aus ihnen Bücher und Jakobus schreibt an der im Brief erwähnten Schrift. Der Gegenstand ihres Erinnern, nämlich das, was Jesus gesagt hat, ist noch zweifach näherbestimmt. Es handelt sich um Worte an jeden einzelnen, die privat oder öffentlich übermittelt wurden. Diese Erläuterung verweist auf eine frühere Zeit, vermutlich die Zeit des irdischen Jesus, vielleicht QO

auch frühere Erscheinungen des Auferstandenen. Vermutlich ist an ganz konkrete Schriften gedacht." Wenn die geheime und die öffentliche Lehre Jesu als auf verschiedene Schriften aufgeteilt vorgestellt ist, dann wird hier nicht nur z.B. mit den kanonischen Evangelien, sondern mit esoterischer, vermutlich gnostischer, Tradition, z.B. dem EvThom, gerechnet.100 Nach der Feststellung der Erscheinung Jesu, die noch mit SIC (siehe) betont wird, folgen drei weitere abhängige Sätze in etwas unklarer Konstruktion.101 In ihnen wird die Erscheinung zeitlich eingeordnet, sie findet 550 Tage nach der Auferstehung statt. Außerdem wird die Situation der Jünger zwischen Jesu Weggehen und seinem jetzigen Erscheinen charakterisiert, sie ist durch die Trennung von Jesus und ihr Warten auf ihn 97

So die überzeugende Ergänzung von Kirchner (vgl. Epistula, S.75fT.). Kirchner (vgl. Epistula, S.74.79) meint, daß die EpJac nur von einer Erscheinung Jesu nach seiner Auferstehung ausgeht. Aber die Offenbarungen an Jakobus sind wohl nachösterlich vorgestellt, weil Jakobus sie vor zehn Monaten (p. 1,28-32) übersandt hat, vgl. Rouleau, S.98; 132f. Erinnerungen beziehen sich jedoch in p.3,12-17; 5,33f.; 12,35-37 auf den irdischen Jesus. 99 Vgl. Koschorke, Polemik, S.33 Anm.27. 100 Vgl. das Incipit vom EvThom! 101 Problematisch ist, daß der Temporalsatz (p.2,19f.) zur zeitlichen Näherbestimmung des Hauptsatzes (p.2,17) von diesem getrennt und vor allem mit i Y t U angeschlossen ist. Zwischen beiden stehen zwei weitere Sätze, deren Konjugationselemente aber nicht völlig erhalten sind. Am sinnvollsten sind beide als circumstantialis zu verstehen: Vor ¿.cjei (p.2,18 Anfang) muß am Ende von p.2,17 ein e ergänzt werden, so Kirchner, Epistula, S.10; F.E.Williams, Apocryphon, S.30. Am Ende von p.2,18 ist wohl e[N6)CUq;[T] zu lesen, so F.E.Williams, Apocryphon, S.30. Kirchner (vgl. Epistula, S.10.78) liest a.]2[N6]COOp[T], nach der Faksimile-Ausgabe können aber m.E. die Buchstabenreste ebensogut e wie 2 sein, die erste Variante ist jedoch aus Platzgründen vorzuziehen und weil sie den besseren Sinn, nämlich einen weiteren Umstandssatz, ergibt. Das JiYtü (p.2,19) ist dann eine Anknüpfung, mit der nach dieser Abweichung wieder auf den eigentlichen Satz zurückgeführt wird, vgl. SJC BG p.78,11. Die beiden vorausgehenden Umstandssätze für einen späteren Einschub zu halten, wie Kirchner (Epistula. S.78f.) meint, halte ich nicht für nötig. F.E.Williams (Apocryphon, S.31) Textverständnis, mit i . y c u (p.2,19) den nächsten Satz beginnen zu lassen und die Zeitangabe so auf den ersten Gesprächsbeitrag der Jünger zu beziehen (p.2,21f.), löst die grammatischen Probleme, ist aber inhaltlich nicht sinnvoll, da die Zeitbestimmung zur Erscheinung Jesu, nicht aber zu einer Redeeinleitung paßt. 98

VII. Der Brief des Jakobus

237

geprägt. 102 Diese Beschreibung der Jünger setzt einen anderen Akzent als das vorher erwähnte Abfassen von Büchern, aber die Beschäftigung mit Jesu Worten kann der Verarbeitung der Trennung dienen. 103 Nach diesem erzählenden Teil folgt ein Gespräch zwischen den Jüngern und Jesus (p.2,21-35). Die Jünger sprechen Jesus an, indem sie p.2,17-19, die Trennung von Jesus, wieder aufnehmen. Kirchner versteht die beiden kurzen Sätze als Frage, weil das MTT6 der Antwort Jesu eine vorausgehende Frage nahelegt. 104 Dies bedeutet jedoch, daß das ¿.K.BCÜK. von p.2,22 eine etwas andere Bedeutung haben muß als das G].2k.Cjei von p.2,17f., da es nicht sinnvoll ist, etwas zu fragen, was gerade festgestellt wurde, e i und BCDK. werden jedoch synonym verwendet, eine besondere Qualifizierung des BCJÜK. findet sich erst p.2,23-25. M.E. ist es plausibler, p.2,22 als Aussage, möglicherweise mit vorwurfsvollem Unterton, aufzufassen. Dieser Satz der Jünger ist dann im Stil parallel zu p.2,27f., in beiden Fällen äußern die Jünger Ansichten, die von Jesus massiv zurückgewiesen werden. In p.2,23-26 verneint er die Behauptung der Jünger und setzt ihr eine eigene, in mehreren Punkten abweichende entgegen: Das Weggehen wird für die Zukunft angesagt und dabei auch konkretisiert, es handelt sich um ein Gehen an seinen Herkunftsort. Und dieses Weggehen bedeutet nicht notwendig eine Trennung von den Jüngern, vielmehr können sie mitgehen. Letzteres steht im Gegensatz zur Haltung von p.2,18f., dem Warten, und p.2,22, der Feststellung von Entfernung. Die Möglichkeit zum Mitgehen hängt in erster Linie vom Willen der Jünger ab, wenn er vorhanden ist, gilt die Aufforderung Jesu. Die Jünger stellen nun wieder eine Behauptung auf (p.2,26-28), die die Frage des Mitkommens weiter behandelt und durchaus als Weiterführung des Gedankenganges zu verstehen ist. Sie greift Jesu Aufforderung zum Kommen auf, verschiebt aber insofern den Akzent, als die Initiative jetzt allein bei Jesus liegt. Auch diese Aussage wird von Jesus glatt zurückgewiesen (p.2,28-33), sogar besonders betont durch ein Amen-Wort. Nicht sein Befehl ist es, der das Eingehen ins Reich bewirkt, sondern die Jünger müssen erfüllt sein, es hängt alles von ihnen ab. 105 Das Thema Erfülltsein wird später im Dialogteil noch näher behandelt. Zunächst aber will Jesus speziell Jakobus und Petrus erfüllen (p.2,33-35). Vermutlich meint diese Ankündigung das ganze folgende Gespräch mit den beiden. „Erfüllen" erscheint also als von zentraler Bedeutung für die EpJac, es ist die Eingangsvoraussetzung ins Himmelreich, aber auch das, was im Hauptteil der Schrift geleistet wird. An dieses Gespräch schließt wieder ein Stück Erzählung an (2,35-39), in dem wie angekündigt Jakobus und Petrus beiseite genommen werden, während die übrigen Jünger ihre Tätigkeit vom Anfang, vor der Erscheinung Jesu, wieder aufnehmen. Diese Wendung der Erzählung ist bemerkenswert. Jakobus und Petrus werden gegenüber den 102

Ein Weggehen Jesu muß nicht unbedingt eine Trennung bedeuten, wie p.2,23-26; 10,22-27 zeigen. So auch EvMar p.9,20ff. 104 Vgl. Kirchner, Epistula, S.80. Anders die Übersetzung von Malinine et al., S.98. Nach Till (Grammatik, §410) bestreitet M T T 6 , „daß sich etwas ereignet hat." 105 Auf den ersten Blick wirkt es, als seien die Jünger für ihre Erfüllung selbst verantwortlich. Der folgende Satz Jesu zeigt jedoch, daß dies durch ihn bewirkt wird oder werden kann. Sprachlich bietet p.2,33 einen Stativ, der offenläßt, wie die Jünger in den Zustand des Erfülltseins kommen sollen. 103

238

B. Untersuchung der einzelnen Dialogevangelien

anderen bevorzugt, weil nur sie erfüllt werden sollen - die übrigen sind damit indirekt vom Himmelreich ausgeschlossen (p.2,29-33). Außerdem sollen sie weiterhin Bücher verfassen, obwohl sie nicht erfüllt sind und sich als ausgesprochen unverständig erwiesen haben! Die Erscheinungserzählung ist insgesamt auf einige wenige Punkte konzentriert und berichtet anderes nur sehr knapp oder gar nicht. So wird zur Einführung die Beschäftigung der Jünger, bevor Jesus erscheint, ausfuhrlich geschildert (p.2,7-16). Die Personen selbst sind dagegen nur knapp als „die zwölf Jünger" (p.2,9f.) eingeführt, über ihre Stimmung und über ihre allgemeine, nicht nur die aktuelle Beschäftigung betreffende Lage werden keine Aussagen gemacht. 106 Sie scheinen weder trostbedürftig (so EpPt, lApcJac) noch ratlos (so S J C , A J ) zu sein, anders als in den anderen Dialogevangelien sind die Belehrungen nicht durch eine Notsituation motiviert. Es fehlt auch jede Ortsangabe. Das Zusammensitzen (p.2,7-9) und die Beschäftigung mit Schreiben (p.2,14-16) läßt jedoch auf den Aufenthalt in einem Haus schließen. 107 Das Haus befindet sich vermutlich nicht in Jerusalem selbst, weil Jakobus am Ende dorthin geht (p.l6,8f.). Der Zeitpunkt der Erscheinung ist dagegen genau bestimmt (p.2,19-21). Die Erscheinung selbst wird nur knapp festgestellt (p.2,17). Es sind weder Begleitumstände genannt noch wird der Erschienene beschrieben. Auch ein Gruß oder eine erste Anrede Jesu an die Jünger erfolgt nicht. Als erste Reaktion auf Jesu Erscheinung sprechen die Jünger ihn an, beziehen sich aber nicht auf die Erscheinung, sondern auf die Zeit, die ihr vorausging. Sie knüpfen direkt an p.2,17-19 an, die Erscheinung Jesu hat anscheinend nichts an ihrer Situation geändert, abgesehen davon, daß Jesus jetzt als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Die Erscheinung Jesu bedeutet weder einen Wende- noch einen Höhepunkt in der Erzählung, obwohl grammatisch die vorausgegangenen und die nachfolgenden Sätze ihr zugeordnet sind. Sie bewirkt weder einen Umschwung der Stimmung noch wird ausfuhrlich über sie reflektiert. Statt dessen wird über Jesus und seine Funktion diskutiert, was auch vor seiner Erscheinung und nach seinem Verschwinden relevant ist. d) Der zweite Teil der Rahmenerzählung

(p.

15,5-16,11)

Das Verschwinden Jesu ist ebenso lapidar festgestellt wie vorher seine Erscheinung, er geht (2l