Die zivilrechtlichen Aspekte des Immobilienverzehrkreditvertrages: Eine rechtsdogmatische Untersuchung unter Einbeziehung der US-amerikanischen Rechtslage [1 ed.] 9783428559794, 9783428159796

Die Arbeit untersucht die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages gem. § 491 Ab

158 123 3MB

German Pages 478

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Die zivilrechtlichen Aspekte des Immobilienverzehrkreditvertrages: Eine rechtsdogmatische Untersuchung unter Einbeziehung der US-amerikanischen Rechtslage [1 ed.]
 9783428559794, 9783428159796

Citation preview

Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Peter O. Mülbert, Uwe H. Schneider und Dirk A. Verse

Band 215

Die zivilrechtlichen Aspekte des Immobilienverzehrkreditvertrages Eine rechtsdogmatische Untersuchung unter Einbeziehung der US-amerikanischen Rechtslage

Von

Lars Allstadt

Duncker & Humblot · Berlin

LARS ALLSTADT

Die zivilrechtlichen Aspekte des Immobilienverzehrkreditvertrages

Un t e r s u c h u n g e n ü b e r d a s Spar-, Giro- und Kreditwes en Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von

Prof. Dr. Peter O. Mülbert, Prof. Dr. Dr. h. c. Uwe H. Schneider, Prof. Dr. Dirk A. Verse

Band 215

Die zivilrechtlichen Aspekte des Immobilienverzehrkreditvertrages Eine rechtsdogmatische Untersuchung unter Einbeziehung der US-amerikanischen Rechtslage

Von

Lars Allstadt

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat diese Arbeit im Jahre 2020 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D29 Alle Rechte vorbehalten © 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7352 ISBN 978-3-428-15979-6 (Print) ISBN 978-3-428-55979-4 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Familie

Geleitwort Der Immobilienverzehrkredit (reverse mortgage) ist eine Kreation der a­ nglo-amerikanischen Kautelarpraxis. Er dient typischerweise dazu, betagten Immobilieneigentümern mit geringem sonstigem Vermögen und niedrigen Alterseinkünften die Liquidation des in der selbstbewohnten Immobilie gebundenen Vermögens zu ermöglichen, ohne sie zu einer lebzeitigen Veräußerung des Wohneigentums und damit zu einem Umzug zu nötigen. Realisiert wird diese Zielsetzung durch die Gewährung grundpfandrechtlich besicherter Darlehen, die erst mit dem Tod des Darlehensnehmers zur Rückzahlung fällig werden. Faktisch sind damit regelmäßig die Erben der Darlehensnehmer zur Rückzahlung verpflichtet, die allerdings aufgrund vertraglicher non ­recourse-Abreden nur mit dem belasteten Objekt, nicht aber mit dem sonstigen Nachlass haften. Sie haben folglich die Wahl, ob sie die Immobilie durch Begleichung der offenen Schuld auslösen oder die Versteigerung hinnehmen. Namentlich das US-amerikanische Recht kann auf langjährige Erfahrungen mit diesem speziellen Kreditprodukt zurückblicken, insbesondere weil der amerikanische Staat es überhaupt erst durch diverse Förderprogramme markt­ fähig gemacht hat. Denn ohne staatliche Absicherung hätten die Kreditgeber das Risiko zu tragen, das ihnen bei einer größeren als der erwarteten Lang­ lebigkeit des Darlehensnehmers erwächst. Im deutschen Recht führen Immobilienverzehrkredite bislang ein Schattendasein, weil Wohneigentum hierzulande vergleichsweise wenig verbreitet ist und Verzehrkredite nicht staatlich gefördert werden und daher aus Sicht der Kreditwirtschaft zu riskant sind. Die Thematik hat daher erst durch die Wohnimmobilienkreditrichtlinie von 2014 ernstlich an Brisanz gewonnen, da dieser europäische Rechtsakt Immobilienverzehrkredite explizit von seinem Anwendungsbereich ausnimmt. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Negativregelung zum Anlass einer spiegelbildlichen Bereichsausnahme genommen mit der Folge, dass Immobilienverzehrkredite insgesamt nicht dem deutschen Verbraucherdarlehensrecht unterliegen. Dies wirft Fragen nicht nur nach Inhalt und Umfang dieser Begrenzung auf, sondern selbstverständlich auch nach dem an Stelle der §§ 491 ff. BGB für Immobilienverzehrkredite de lege lata und de lege ferenda geltenden Rechtsregime. In seiner Arbeit analysiert Allstadt die aufgeworfenen Fragen vor dem Hintergrund einer profunden rechtsvergleichenden Untersuchung des USamerikanischen Rechts und der wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten.

8 Geleitwort

Insbesondere ordnet er den Immobilienverzehrkredit in die Vertragstypologie des BGB ein, überprüft das allgemeine deutsche Zivil- und Verbraucherrecht darauf, ob bzw. in welcher Weise seine Institute dazu geeignet sind, die ­Verbraucher vor den spezifischen Risiken dieser sehr eigenen vertraglichen Konstruktionen zu schützen. Im Anschluss unterbreitet Allstadt konkrete Vorschläge, wie eine etwaige Regelung des Rechts der Immobilienverzehrkredite im nationalen Recht aussehen könnte. Aufgrund dieses gegenwarts- und zukunftsbezogenen Ansatzes handelt es sich bei der Arbeit von Allstadt um die aktuelle Messlatte in der juristischen Literatur zum Immobilienverzehrkredit. Erlangen, im April 2020

Prof. Dr. Robert Freitag, Maître en droit

Danksagung Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Robert Freitag für die hervorragende Betreuung und Unterstützung sowie die fachlichen Ratschläge und wertvollen Anmerkungen. Auch möchte ich Prof. Dr. Jochen Hoffmann für die Erstellung des Zweitgutachtens und die gleichsam wertvollen Anmerkungen im Rahmen der Veröffentlichung danken. Weiterhin gilt mein Dank meinen Eltern und Geschwistern, die mir stets mit offenem Ohr zur Seite gestanden haben. Von Herzen danke ich Katharina für die stetige Ermutigung und liebevolle Unterstützung. Rechtsprechung und Literatur befinden sich auf dem Stand von Fe­ bruar 2020. Nürnberg, im März 2020

Lars Allstadt

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Einleitung  A. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Demographischer Wandel und Altersvorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Altersabsicherung durch Immobilienverzehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtlicher Ausgangspunkt: WIKr-RiL und Umsetzungsgesetze . . . . . . . IV. Notwendigkeit gesetzlicher Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 31 31 34 40 42

B. Forschungsstand und Forschungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 C. Konkretisierung von Untersuchungsgegenstand, Fragestellung und Arbeitsmethodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 D. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Kapitel 2

Wirtschaftliche Grundlagen des Immobilienverzehrs 

50

A. Der wirtschaftswissenschaftliche Begriff des Immobilienverzehrs . . . . . . . . . I. Die wirtschaftliche Struktur des Immobilienverzehrs . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Dualismus von Darlehen und Kauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Darlehensmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Konzeption des Darlehensmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Produktformen des Darlehensmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verkaufsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abgrenzung zu sonstigen Instrumenten zur Nutzung von Wohnaktiva . .

50 50 51 51 51 54 56 58

B. Parteien und Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Kreditgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirtschaftliche Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonstige Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Kreditnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Liquiditätsbedürfnis und Eigenkapitalbindung . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewohnbarkeit der Immobilie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erbschaftsmotiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59 59 59 60 60 64 64 65 65 67 67

12 Inhaltsverzeichnis d) Abgrenzung zu sonstigen Formen der Immobiliennutzung . . . . . 2. Wirtschaftliche Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Insolvenz- bzw. Ausfallrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inflations- und Zinsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68 70 70 71

C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Kapitel 3

Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts 

72

A. Methodische Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 I. Arbeitshypothese und Wahl der Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 II. Arbeitsmethodik: Mikro- und Funktionsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Systematisierung der typischen Verbraucherrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Informationsdefizit des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtliche und wirtschaftliche Komplexität . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Irreführende Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Auswirkungen des Informationsdefizits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gefahr der verfrühten Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Predatory Lending und Cross-Selling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schutz dritter Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Bundesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Dualität des US-amerikanischen Bundesrechts . . . . . . . . . . . . . . 2. National Housing Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsquellen und Regelungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundlagen der HECM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überblick und Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Pflichten des Kreditgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Auszahlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die gesetzliche Begrenzung der Auszahlungshöhe . . . . . cc) Die Pflichten des Kreditnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Rück- und Zinszahlungsverpflichtung . . . . . . . . . . . (2) Die Pflicht zur Hypothekenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Pflicht zur Zahlung zinsunabhängiger Entgelte . . . . dd) Verfahren nach Eintritt der Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Exkurs: Die Ausfallversicherung der FHA im Überblick . . . c) Verbraucherschützende Rechtsinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zulassungsvoraussetzungen des Kreditgebers . . . . . . . . . . . . bb) Beratungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Kreditwürdigkeitsprüfung und LESA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Pflicht zur Prüfung der Kreditwürdigkeit . . . . . . . . . . . .

75 75 75 76 78 80 81 83 85 87 87 89 89 91 91 94 94 96 98 98 101 103 103 106 107 108 108 112 113 113

Inhaltsverzeichnis13 (2) Rechtsfolgen der Kreditwürdigkeitsprüfung: LESA . . . . ee) Verbot des cross-sellings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Der Schutz sonstiger Parteien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Schutz des überlebenden Ehegatten . . . . . . . . . . . . . (a) Aufschub des Fälligkeitszeitpunkts . . . . . . . . . . . . . (b) Auslöse des Sicherungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . (2) Der Schutz sonstiger Grundstückseigentümer . . . . . . . . . (3) Der Schutz der Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kritik am Regelungsregime der HECM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Festlegung der Fälligkeitsereignisse . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kritik an der Beratungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Auszahlungslimit, LESA und Kreditwürdigkeitsprüfung . . . dd) Der Schutz der nicht am Vertrag beteiligten Personen . . . . . 3. Truth in Lending Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsquellen und Regelungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeiner Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Spezieller Anwendungsbereich für Reverse MortgageVerträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verbraucherschützende Rechtsinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeine Informationspflichten für grundpfandrechtlich gesicherte Kredite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Spezielle Informationspflichten für Reverse Mortgages . . . . cc) Zulässiger Vertragsinhalt für Reverse Mortgages . . . . . . . . . dd) Rücktrittsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Kreditwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kritik am Regelungsregime von TILA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeine und spezielle Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Reformvorschlag des Board of Governors of the Federal Reserve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rücktrittsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Real Estate Settlement Procedures Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Dodd-Frank-Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das einzelstaatliche Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

115 117 118 118 118 122 122 123 124 125 125 126 128 129 130 130 131 131

C. Zusammenfassende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bewertung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Informationsdefizit des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beratungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

146 146 148 148 148 149

132 133 133 133 135 136 137 137 139 139 139 141 142 143 144 145

14 Inhaltsverzeichnis c) Kreditwerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Cross-selling  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verfrühte Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begrenzung der Auszahlungshöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kreditwürdigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kündigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schutz sonstiger Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schutz des überlebenden Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schutz der Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsfolgen und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abschließende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

150 150 150 151 151 151 153 153 154 154 155

Kapitel 4

Die Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im deutschen Recht 

157

A. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 II. Aufstellung der relevanten Abgrenzungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 1. Ausgangspunkt: Die Rückzahlungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . 159 2. Aufstellung praktischer Abgrenzungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Rechtsbindungswille und Rückzahlung durch die Erben . . . . . . . 163 b) Unterscheidung von Bestand und Durchsetzung der Rückzahlungsforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 c) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 III. Anlegung der Abgrenzungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 1. Abgrenzung vom Kaufvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 a) Rückzahlung durch den Darlehensnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 aa) Ordentliche Kündigung des Darlehensnehmers, § 489 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 bb) Außerordentliche Kündigung durch beide Parteien . . . . . . . . 169 cc) Kein Ausschluss der Rückzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 b) Rückzahlung durch die Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 aa) Verbleib eines nennenswerten Restwerts . . . . . . . . . . . . . . . . 171 bb) Faktische Möglichkeit zur Rückzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . 174 c) Parteiinteresse und Unbilligkeiten bei Umqualifizierung . . . . . . . 174 d) Rechtsvergleichende Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Abgrenzung von der Schenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 3. Abgrenzung von der Leibrente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 4. Abgrenzung vom Versicherungs- bzw. Rentenversicherungsvertrag . 178 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 B. Der Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB . . 181 I. Normgenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

Inhaltsverzeichnis15 1. Der Immobilienverzehrkreditvertrag nach der WIKr-RiL . . . . . . . . . 2. Der Immobilienverzehrkreditvertrag nach BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Europarechtliche Färbung des Tatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beschränkte Leitbildfunktion des Tatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Überblick über die Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auslegung des Tatbestands: Immobilienverzehrkreditvertrag . . . . . . . . . . 1. Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Begriff des Kreditgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Begriff des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Verbraucher als Kreditnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Ehegatte des Verbrauchers und sonstige Dritte . . . . . . . (1) Der Ehegatte und sonstige Dritte als Vertragspartner . . . (2) Der Ehegatte und sonstige Dritte ohne Beteiligung am Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Weiter Verbraucherbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Analoge Anwendung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB . . (c) Regelungsgehalt der Analoge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Pauschale und regelmäßige Zahlungen, andere Formen der Kreditauszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Begriff der Wohnimmobilie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Wohnzweck der Immobilie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Sonderprobleme: Vermietung und dual use . . . . . . . . . . . bb) Der Begriff der Immobilie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) „Im Gegenzug nur“: Veräußerungserlös oder Recht an der Wohnimmobilie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zinsrechtliches Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rückzahlungsrechtliches Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . cc) Haftungsrechtliches Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Wirtschaftliches Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grammatische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Zins- und rückzahlungsrechtliches Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Wirtschaftliches Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . (c) Haftungsrechtliches Begriffsverständnis . . . . . . . . . . (2) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Wirtschaftliches Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . (b) Haftungsrechtliches Begriffsverständnis . . . . . . . . . . (3) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Rechtsvergleichende Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Abwägung und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Entgeltlichkeit des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

182 183 187 190 192 194 194 195 196 196 197 197 198 199 200 201 201 201 204 205 205 207 209 211 211 213 213 215 217 217 217 218 219 220 220 221 222 223 224 225

16 Inhaltsverzeichnis e) Fälligkeitszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rückzahlungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Tod des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kündigung infolge Verstoßes gegen vertragliche Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zinszahlungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechtsfolgen und Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausschluss der §§ 491 ff. BGB und §§ 655a ff. BGB  . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte Leitbildfunktion und Ausstrahlungswirkung . . . . . . . . . 3. Faktischer Ausschluss sonstiger Gestaltungen des Immobilienverzehrkredits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundpfandrechtlich besichertes Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kombination von Darlehen und betagtem Kaufvertrag . . . . . . . . c) Durch Sicherungsübereignung besichertes Darlehen . . . . . . . . . . d) Stellungnahme zur Konstruktion des Verzehrkredits . . . . . . . . . . aa) Kombination von Darlehen und betagtem Kaufvertrag . . . . . bb) Sicherungsübereignung und durch Grundpfandrecht besichertes Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Stellungnahme zum Tatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB . . . . . . . . . . . 1. Formelle Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einheitliche Dichotomie des Darlehensrechts . . . . . . . . . . . . . . . . c) Formulierung des Überschuldungsverzichts . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Formulierung des Fälligkeitszeitpunkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Materielle Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Festlegung des Fälligkeitsereignisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Bestimmung des Fälligkeitszeitpunktes der Zinszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Öffnung des Tatbestandes für jegliche Art der Grundstücks­ nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zwischenergebnis: Vorschlag einer einheitlichen Terminologie . . . . . . . .

226 226 226

C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages . . . . . . . . I. Risikostruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen der Risikoverteilung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Langlebigkeitsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Immobilienwertrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wirksamkeit des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Formerfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Direkte Anwendung von § 311b Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . b) Analoge Anwendung von § 311b Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . aa) Vergleichbare Interessenlage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

256 256 256 256 257 258 258 258 259 259 262

227 230 231 231 234 235 236 238 240 244 244 245 246 247 247 248 248 249 250 250 251 252 253 254

Inhaltsverzeichnis17 2. Schuldrechtliche Implikationen unbestimmter Forderungshöhe . . . . . 263 3. Sachenrechtliche Implikationen unbestimmter Forderungshöhe . . . . 264 a) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 b) Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 aa) (Verdeckte) Höchstbetragshypothek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 bb) Abstrakte Verkehrshypothek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 cc) Grundschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 4. Wirksamkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 a) Äquivalenzstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 aa) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 bb) Abgrenzung: Verwirklichung vertragstypischer Risiken . . . . 271 (1) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 (2) Keine Äquivalenzstörung bei Eintritt des Überschreitungsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 cc) Kriterien zur Bestimmung eines marktgerechten Zinses . . . . 273 (1) Bestimmung des maßgeblichen Marktes . . . . . . . . . . . . . 274 (2) Allgemeine Kriterien zur Bestimmung eines markt­ gerechten Zinses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 b) Anfängliche Übersicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 aa) Rückzahlungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 bb) Grundschuldzinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 c) Nachträgliche Übersicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 d) Spekulation auf den Tod des Darlehensnehmers . . . . . . . . . . . . . . 278 5. AGB-Kontrolle, §§ 307 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 a) Kein Verstoß gegen § 309 Nr. 6 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 b) Inhaltskontrolle, § 307 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 aa) Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . 280 bb) Leitbildfunktion und Abweichung von wesentlichen Grundgedanken, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 6. Widerrufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 III. Die rechtsgeschäftliche Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 1. Die Rechtsnatur der Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 a) Der Begriff der Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 b) Die gegenständlich beschränkte Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 c) Haftung als materieller Teil des Schuldverhältnisses . . . . . . . . . . 289 2. Der Umfang der Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 3. Die Wirkung der Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 IV. Kündigungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 1. Vertraglich vereinbarte außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 a) Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298

18 Inhaltsverzeichnis aa) Abbedingbarkeit und Zumutbarkeit, § 314 Abs. 1 BGB bzw. § 307 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sittenwidrigkeit, § 138 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abwägungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abwägungskriterien zugunsten des Darlehensgebers . . . . . . bb) Abwägungskriterien zugunsten des Darlehensnehmers . . . . . cc) Dogmatische Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wirksamkeit einzelner Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Veräußerungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zumutbarkeit und Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verstoß gegen § 1136 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verbot der Vermietung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Hauptwohnsitzpflicht und Leerstand der Immobilie . . . . . . . dd) Pflicht zur Zahlung von Grundlasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Instandhaltungs- und Versicherungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sonstige außerordentliche Kündigungsmöglichkeiten des ­Darlehensgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausschluss sonstiger außerordentlicher Kündigungsmöglich­ keiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeine Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anwendbarkeit von § 490 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Anwendbarkeit von § 313 Abs. 3 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kündigung wegen wesentlicher Verschlechterung, § 490 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kündigung wegen Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 Abs. 3 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ordentliche Kündigung des Darlehensgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kündigung durch den Darlehensnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Verfahren nach Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . 1. Rückzahlung des Darlehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Freihändiger Verkauf der Wohnimmobilie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Übertragung des Grundeigentums auf den Darlehensgeber . . . . . . . . 4. Abwarten der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

298 302 303 303 304 305 306 307 307 308 310 311 312 313 313 313 313 315 316 316 316 318 319 319 321 321 322 323 323

D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 Kapitel 5

Der Verbraucherschutz im deutschen Recht 

A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Informationsdefizit des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Spezialgesetzliche Informationspflichten gem. §§ 491 ff. BGB . . . . . 2. Informationspflichten nach allgemeinen Grundsätzen . . . . . . . . . . . .

326 328 328 329 330

Inhaltsverzeichnis19 a) (Konkludent) geschlossener Beratungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . 331 aa) Abgrenzung Anlage- und Finanzierungsberatung . . . . . . . . . 331 bb) Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 (1) Aufstellung der Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 (2) Anwendung der Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 cc) Umfang/Inhalt der Beratungspflicht und Rechtsfolge . . . . . . 336 (1) Inhalt der Beratungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 (2) Umfang der Beratungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 (3) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 b) Vorvertragliche Aufklärungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 aa) Grundsatz und klassischer Vierer-Kanon der Recht­ sprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 bb) Wissensvorsprung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 (1) Wissensvorsprung bezüglich des zu finanzierenden Geschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 (2) Wissensvorsprung bezüglich der Kreditgewährung . . . . 345 cc) Überschreitung der Kreditgeberrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 dd) Gefährdungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 ee) Interessenkollision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 3. Notarielle Beurkundung gem. § 311b Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . 350 4. Widerrufsrecht gem. § 495 und § 312g BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 5. Information durch AGB-rechtliche Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 II. Schutz vor verfrühter Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 1. Schutz durch § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 a) Festlegung des Fälligkeitszeitpunkts und Ausschluss der ordentlichen Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 b) Vereinbarung vertraglicher außerordentlicher Kündigungsgründe (default events) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 2. Präventiv wirkende Rechtsinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 a) Zivilrechtliche Kreditwürdigkeitsprüfung gem. §§ 505a, 505b BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 b) Aufsichtsrechtliche Kreditwürdigkeitsprüfung gem. § 18a KWG . 354 aa) Pro: Wortlaut, Telos und Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 bb) Contra: Normhistorie und historischer Gesetzgeberwille . . . 356 c) Auszahlungssperre und Pflicht zur Bildung von Rücklagen . . . . 358 III. Schutz vor cross-selling-Praktiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 IV. Schutz des Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 1. Schutz durch die vertragliche Gestaltung und § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 2. Schutz durch die sachenrechtliche Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . 360 a) Alleineigentum des nicht am Vertrag beteiligten Ehegatten . . . . . 361 b) Mitteigentum des nicht am Vertrag beteiligten Ehegatten . . . . . . 361 c) Alleineigentum des darlehensnehmenden Gatten   . . . . . . . . . . . . 362

20 Inhaltsverzeichnis 3. Schutz durch die güterrechtliche Zuordnung der Vermögensmassen . 362 a) Zugewinngemeinschaft, § 1365 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 aa) Verfügung über das Vermögen im Ganzen, § 1365 Abs. 1 BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 (1) Aufstellung der Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 (2) Anwendung der Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 bb) Ersetzung der Zustimmung, § 1365 Abs. 2 BGB  . . . . . . . . . 367 (1) Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung . . . . . . . . . . . 367 (a) Aufstellung der Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 (b) Anwendung der Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 (2) Ausreichende Gründe zur Verweigerung . . . . . . . . . . . . . 369 (a) Aufstellung der Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 (b) Anwendung der Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 b) Gütergemeinschaft, § 1424 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 c) Gütertrennung, § 1414 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 V. Schutz der Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 1. Schutz der vermögensrechtlichen Basis der Erbmasse . . . . . . . . . . . . 374 2. Recht zur Auslöse des Sicherungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 VI. Schlussfolgerung: Der Schutzumfang de lege lata  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 1. Informationsdefizit des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 a) Beratungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 b) Allgemeine vorvertragliche Informationspflichten . . . . . . . . . . . . 376 c) AGB-rechtliches Transparenzgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 d) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 2. Verfrühte Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 a) Nachprüfung der vereinbarten Kündigungsgründe . . . . . . . . . . . . 377 b) Präventiv wirkende Rechtsinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 c) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 3. Schutz vor cross-selling-Praktiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 4. Schutz des Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 5. Schutz des Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Erfordernis einer Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wirtschaftliche und rechtstatsächliche Notwendigkeit . . . . . . . . . . . . 2. Europarechtliche Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Korrektur der zweiten Umsetzungsrunde der WIKr-RiL . . . . . . . . . . 4. Vermeidung von Wertungswidersprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Regelungskompetenz des deutschen Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . III. Der systematische Standort der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Der Inhalt der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

381 381 381 382 382 383 384 384 386 387

Inhaltsverzeichnis21 2. Vorvertragliche Informationspflichten, § 491a BGB . . . . . . . . . . . . . 387 a) Informationspflichten gem. § 491a Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . 387 aa) Angaben bzgl. der Kreditwürdigkeitsprüfung, Art. 247 § 1 Abs. 1 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 bb) Verwendung des ESIS-Merkblatts, Art. 247 § 1 Abs. 2 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 (1) Die Informationstauglichkeit des ESIS-Merkblatts . . . . . 388 (2) Vorschlag alternativer Informationspflichten . . . . . . . . . 389 cc) Weitere vorvertragliche Pflichten, Art. 247 § 1 Abs. 3 und 4 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 b) Anspruch auf Vertragsentwurf gem. § 491a Abs. 2 BGB . . . . . . . 392 c) Erläuterungspflicht gem. § 491a Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . 393 aa) Telos und Übertragbarkeit der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . 393 bb) Erläuterungs- vs. Beratungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 d) Keine Übertragbarkeit von § 491a Abs. 4 BGB . . . . . . . . . . . . . . 396 3. Schriftformerfordernis und Vertragsinhalt, § 492 i. V. m. § 494 BGB . 396 a) Schriftformerfordernis, § 492 Abs. 1 i. V. m. § 494 Abs. 1 BGB . 396 aa) Telos und Übertragbarkeit der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . 396 bb) Schriftform vs. notarielle Beurkundung . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 b) Mindestvertragsinhalt, § 492 Abs. 2 BGB i. V. m.. . Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 aa) Telos der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 bb) Übertragbarkeit der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 cc) Vorschlag eines vertraglichen Mindestinhalts . . . . . . . . . . . . 399 c) Rechtsfolgen von Formmängeln, § 494 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . 400 aa) Nichtigkeitsfolge und Heilung, § 494 Abs. 1 und 2 BGB . . . 400 bb) Angabe des effektiven Jahreszinses, § 494 Abs. 3 BGB . . . . 401 cc) Die übrigen Rechtsfolgen, § 494 Abs. 4–6 BGB . . . . . . . . . . 402 d) Anspruch auf Vertragsabschrift, § 492 Abs. 3 S. 1 BGB . . . . . . . 402 e) Anspruch auf Tilgungsplan, § 492 Abs. 3 S. 2 BGB . . . . . . . . . . 402 f) Formvoraussetzungen von Vollmachten, § 492 Abs. 4 BGB . . . . 402 g) Form nachvertraglicher Erklärungen, § 492 Abs. 5 BGB . . . . . . . 403 h) Nachholung von Angaben, § 492 Abs. 6 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 403 i) Vereinbarung eines veränderlichen Sollzinssatzes, § 492 Abs. 7 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 4. Verbot von Kopplungsgeschäften und Ausnahmen, §§ 492a, 492b BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 a) Grundsatz: Verbot von Kopplungsgeschäften, § 492a BGB . . . . . 404 aa) Telos und Übertragbarkeit der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . 404 bb) Weitergehender Schutz durch funktionale Abtrennung . . . . . 406 b) Zulässige Kopplungsgeschäfte, § 492b BGB . . . . . . . . . . . . . . . . 406 aa) Eröffnung eines Zahlungs- oder Sparkontos, § 492b Abs. 1 Nr. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 (1) Zweckbindung nach § 492b Abs. 1 Nr. 1 lit. a)  . . . . . . . 407

22 Inhaltsverzeichnis

5.

6. 7.

8.

9.

(2) Zweckbindung nach § 492b Abs. 1 Nr. 1 lit. b) und c)  . 408 bb) Erwerb oder Halten eines Anlage- oder privaten Rentenproduktes, § 492b Abs. 1 Nr. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 cc) Abschluss eines Darlehensvertrages mit Wertbeteiligung, § 492b Abs. 1 Nr. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 dd) Abschluss einschlägiger Versicherungen, § 492b Abs. 2 BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 ee) Genehmigte Geschäfte, § 492b Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . 410 ff) Regulatorische Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 Informationen während der Vertragslaufzeit, § 493 BGB . . . . . . . . . 410 a) Informationspflichten bei Ende der Sollzinsbindung, § 493 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 b) Informationspflichten bei Ende der Vertragslaufzeit, § 493 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 c) Wirksamkeit des veränderlichen Sollzinssatzes, § 493 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 d) Informationspflichten gem. § 493 Abs. 4 und 5 BGB . . . . . . . . . 412 e) Erstreckung der Pflichten auf den neuen Gläubiger, § 493 Abs. 6 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 f) Statuierung darüber hinausgehender Informationspflichten . . . . . 412 Widerrufsrecht und Bedenkzeit, § 495 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 Einwendungsverzicht, Wechsel- und Scheckverbot, § 496 BGB . . . . 416 a) Einwendungsverzicht, § 496 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 b) Unterrichtungspflicht bei Abtretung, § 496 Abs. 2 BGB . . . . . . . 417 c) Wechsel- und Scheckverbot, § 496 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . 417 Verfahren nach Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 a) Unbilligkeiten der Rechtslage nach §§ 491 ff. BGB . . . . . . . . . . . 418 aa) Das Verfahren nach Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 bb) Unbilligkeiten des Verfahrens nach Fälligkeit . . . . . . . . . . . . 419 cc) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 b) Rechtstechnische Umsetzung: § 497a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 aa) Informationspflichten, § 497a Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . 421 bb) Temporärer Ausschluss der Zwangsvollstreckung, § 497a Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 (1) Dogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 (2) Rechtspolitische Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 cc) Verzugszinsen und Verzugsschadensersatz, § 497a Abs. 3 BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 (1) Dogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 (2) Rechtspolitische Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 dd) Sonderregelung für den Ehegatten, § 497a Abs. 4 BGB . . . . 425 ee) Sonderregelung für den Erbfall, § 497a Abs. 5 BGB . . . . . . 427 ff) Anwendung allgemeiner Vorschriften, § 497a Abs. 6 BGB . 428 Gesamtfälligstellung bei Teilzahlungsdarlehen, § 498 BGB . . . . . . . 428

Inhaltsverzeichnis23 10. Kündigungsrecht des Darlehensgebers, Leistungsverweigerung, § 499 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausschluss der Vereinbarung ordentlicher Kündigungsrechte, § 499 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Leistungsverweigerungsrecht, § 499 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . c) Beendigung wegen Falschangaben bei Kreditwürdigkeits­ prüfung, § 499 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Vorzeitige Erfüllbarkeit und Vorfälligkeitsentschädigung, §§ 500–502 BGB, § 493 Abs. 5 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Umwandlungsrecht bei Fremdgewährschuld, § 503 BGB und § 493 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Überziehungsmöglichkeiten, §§ 504–505 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Kreditwürdigkeitsprüfung, §§ 505a, 505b, 505d BGB . . . . . . . . . . . . a) Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung und Grundlagen, §§ 505a, 505b BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Telos und Übertragbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Modifizierte Kreditwürdigkeitsprüfung, §§ 505a Abs. 4, 505b Abs. 2 S. 4 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung, § 505a Abs. 4 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Grundlagen der Kreditwürdigkeitsprüfung, § 505b Abs. 2 S. 4 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtsfolgen bei Verstoß gegen die Kreditwürdigkeits­ prüfung, § 505d BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Weitere Pflichten gem. § 505c BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassung: Das Regelungsregime de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . I. Änderungen des Verbraucherdarlehensrechts und PangV . . . . . . . . . II. Änderungen des KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Änderungen der ImmoKWPLV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Änderungen des EGBGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

428 428 429 429 429 431 431 431 431 431 432 432 433 434 435 435 435 439 440 441

Kapitel 6

Zusammenfassung in Thesen 

446

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472

Abkürzungsverzeichnis 5th Cir. United States Court of Appeals for the Fifth Circuit 9th Cir. United States Court of Appeals for the Ninth Circuit a. A. andere Ansicht a. a. O. am angegebenen Ort AARP American Association of Retired Persons Abl. Amtsblatt Abs. Absatz AcP Archiv für die civilistische Praxis a. F. alte Fassung aff’d affirmed AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AGBG Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Alb. L. Rev. Albany Law Review A.L.R. Fed. 3d American Law Reports, Federal Third Alt. Alternative Am. Bankr. L. J. American Bankruptcy Law Journal Am. Law. Inst. American Law Institute Anh. Anhang Anm. Anmerkung AO Abgabenordnung Ariz. St. L. J. Arizona State Law Journal Art. Artikel BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BankR Bankrecht BayObLG Bayerisches Oberstes Landesgericht BayObLGZ Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen BB Betriebsberater Begr. Begründer BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof

Abkürzungsverzeichnis25 BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bifocal The Commission on Law and Aging’s bi-monthly journal BKR Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht BMG Bundesmeldegesetz BNotO Bundesnotarordnung BRat Bundesrat BR-Drs. Bundesratsdrucksache BReg Bundesregierung bspw. beispielsweise BT-Drs. Bundestagsdrucksache BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BWNotZ Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise CFPB Consumer Financial Protection Bureau C.F.R. Code of Federal Regulations Consumer Fin. Consumer Finance Law Quarterly Report L. Q. Rep Corp. Corporation CRR Capital Requirements Regulation DB Der Betrieb D.D.C. United States District Court for the District of Columbia Del. Law. Delaware Lawyer ders. derselbe Destatis Statistisches Bundesamt DGVZ Deutsche Gerichtsvollzieher Zeitung d. h. das heißt DJZ Deutsche Juristen-Zeitung DNotZ Deutsche Notar-Zeitschrift Dodd-Frank-Act Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act D. P. R. United States District Court of Puerto Rico Ed. Edition E. D. Cal. United States District Court for the Eastern District of California E. D. Mich. United States District Court for the Eastern District of Michigan EG Europäische Gemeinschaft

26 Abkürzungsverzeichnis EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Einl. Einleitung Elder L. J. Elder Law Journal endg. endgültig ErbBauRG Erbbaurechtsgesetz ESIS European Standardised Information Sheet etc. et cetera EU European Union EuErbVO Verordnung (EU) 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines europäischen Nachlasszeugnisses EuGH Europäischer Gerichtshof EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWIR Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Ex. rel. Ex relatione f./ff. folgend/fortfolgend F.3d Federal Reporter, Third Series FamRZ Zeitschrift für das gesamte Familienrecht F.A.Z. Frankfurter Allgemeine Zeitung Fed. Appx. Federal Appendix Fed. Reg. Federal Register FHA Federal Housing Administration Finanzaufsichtsrecht- Gesetz zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsaufsichts ergänzungsgesetz rechts im Bereich der Maßnahmen bei Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems und zur Änderung der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie v. 06.06.2017 FinAufsRergG Finanzaufsichtsrechteergänzungsgesetz Fn. Fußnote FS Festschrift FSA Financial Services Authority F. Supp. Federal Supplement F. Supp. 2d Federal Supplement, Second Series F. Supp. 3d Federal Supplement, Third Series FSMA 2000 Financial Services and Markets Act 2000 GAO Government Accountability Office gem. gemäß

Abkürzungsverzeichnis27 GesE Gesetzesentwurf Gesetz zur weiteren Gesetzesantrag der Länder Baden-Württemberg, Hessen und Umsetzung der Bayern, Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Umsetzung WIKr-RiL der Wohnimmobilienkreditrichtlinie vom 05.10.2016 GewArch Gewerbearchiv GFE Good Faith Estimate ggf. gegebenenfalls GPR Zeitschrift für das Privatrecht der Europäischen Union GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht HalbB. Halbband Harv. J. on Legis. Harvard Journal on Legislation HECM Home Equity Conversion Mortgage HERA Housing and Economic Recovery Act HGB Handelsgesetzbuch HIKrG Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz HLre Houston Law Review h. M. herrschende Meinung Hrsg. Herausgeber Hs Halbsatz HUD Department of Housing and Urban Development i. H. v. in Höhe von ImmoKWPLV Verordnung zur Festlegung von Leitlinien zu den Kriterien und Methoden der Kreditwürdigkeitsprüfung bei Immobi­ liar-Verbraucherdarlehensverträgen i. R. d. im Rahmen des/der i. S. d. im Sinn des/der i. S. v. im Sinne von i. V. m. in Verbindung mit JuS Juristische Schulung JZ Juristenzeitung Kom Kommission KWG Kreditwesengesetz LänderE Länderentwurf Law & Contemp. Probs. Law and Contemporary Problems LESA Life Expectancy Set Aside lit. litera LMK Lindenmaier-Möhring – Kommentierte BGH-Rechtsprechung Marq. Elder’s Advisor Marquette Elder’s Advisor MCOB Mortgage Code of Business Handbook

28 Abkürzungsverzeichnis Md. B.J.

Maryland Bar Journal

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

Mio. Millionen MittBayNot

Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins

MittRhNotK

Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer

Mortg. Mortgage m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

N. A.

National Association

NAELA J.

National Academy of Elder Law Attorneys Journal

N. C. Banking Inst.

North Carolina Banking Institute

N. D. Cal.

United States District Court for the Northern District of California

n. F.

Neue Fassung

NHA

National Housing Act

NJ

Neue Justiz

N. J. Law.

New Jersey Lawyer

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NJW-RR

Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungs-Report

No. Number Notar

Notar: Monatsschrift für die gesamte notarielle Praxis

Nr. Nummer NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NZM

Neue Zeitschrift für Mietrecht

NZS

Neue Zeitschrift für Sozialrecht

OLG Oberlandesgericht o.V.

ohne Verfasser

P.3d

Pacific Reporter, Third Series

PAngV Preisangabenverordnung Pepp. L. Rev.

Pepperdine Law Review

PfandlV Pfandleiherverordnung Pub. L. No.

Public Law Number

Quinnipiac Prob. L. J. Quinnipiac Probate Law Journal RAM

Reverse Annuity Mortgage

RegE Regierungsentwurf RESPA

Real Estate Settlement Procedures Act

Rev. Banking & Fin. L. Review of Banking and Financial Law ReWir

Recklinghäuser Beiträge zu Recht und Wirtschaft

RG Reichsgericht

Abkürzungsverzeichnis29 Rgbl. Reichsgesetzblatt RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

Rn. Randnummer RPfleger

Der Rechtspfleger

Rspr. Rechtsprechung S.

Satz; alternativ: Seite

SchuMoG Schuldrechtsmodernisierungsgesetz Sec. Section SGB Sozialgesetzbuch SHIP

Safe Home Income Plans-Kodex

sog.

sogenannt(e, er, es en)

Stat.

Statutes at Large

Stetson L. Rev.

Stetson Law Review

StGB Strafgesetzbuch TALC

Total Annual Loan Cost

Tenn. B. J.

Tennessee Bar Journal

Tex. B. J.

Texas Bar Journal

TILA

Truth in Lending Act

u. a.

unter anderem

UAbs. Unterabsatz U. Louisville L. Rev.

University of Louisville Law Review

Urt. Urteil US

United States

USA

United States of America

U.S.C.

United States Code

U.S. Const.

United States Constitution

USD

United States Dollar

u. U.

unter Umständen

v.

vom, alternativ: von

Va. L. Rev.

Virginia Law Review

Var. Variante VerbrKr-RiL Verbraucherkreditrichtlinie vgl. vergleiche VO Verordnung Vor. Vorbemerkung VuR

Verbraucher und Recht

VW Versicherungswirtschaft Wash. App.

Washington Appellate Reports

30 Abkürzungsverzeichnis WEG Wohnungseigentumsgesetz WIKr-RiL Wohnimmobilienkreditrichtlinie WIKr-RiL-UmsG Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11.03.16 WiRO Wirtschaft und Recht in Osteuropa WL Westlaw WM Wertpapiermitteilungen WuB Entscheidungsanmerkungen zum Wirtschafts- und Bankrecht ZAP Zeitschrift für die Anwaltspraxis z. B. zum Beispiel ZBB Zeitschrift für Bankrecht und Bankpraxis ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZfIR Zeitschrift für Immobilienrecht ZfPW Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft ZGS Zeitschrift für Vertragsgestaltung, Schuld- und Haftungsrecht ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZPO Zivilprozessordnung ZVertriebsR Zeitschrift für Vertriebsrecht ZVG Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung ZZP Zeitschrift für Zivilprozess Im Übrigen wird verwiesen auf Kirchner, Hildebert (Begr.), Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 8. Aufl., Berlin u. a., 2015 (bearbeitet von Böttcher).

Kapitel 1

Einleitung A. Problemaufriss I. Demographischer Wandel und Altersvorsorge Die staatliche Absicherung des Ruhestandes hat in Deutschland eine lange Tradition, deren Wurzeln bis zur Bismarck’schen Sozialgesetzgebung des Jahres 1891 zurückreichen.1 Selbst nach den sich anschließenden Wirrungen der Geschichte hat das System der gesetzlichen Rentenversicherung auch in der heutigen Bundesrepublik Deutschland, wenngleich mit einigen gewichtigen Änderungen,2 noch immer Bestand.3 In den kommenden Jahren sieht sich das deutsche Rentensystem aufgrund des demographischen Wandels allerdings vor eine große Herausforderung gestellt.4 Zentraler Problempunkt ist hierbei die nach § 153 Abs. 1 SGB VI als Umlageverfahren bezeichnete Finanzierung der Rentenversicherung.5 Nach dieser trifft die gegenwärtige Generation der Beitragszahler nach §§ 157, 158 SGB VI die Pflicht, die Abführung eines Rentenversicherungsbeitrags von deren Arbeitsentgelt zu dulden, der zur Auszahlung an die vormalige, nun leistungsberechtigte Generation der Beitragszahler herangezogen wird (sog. Generationenvertrag6).7 1  Siehe hierzu das Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Alterssicherung vom 22.06.1889, RGBl. 1889 I, S. 97–144; hierzu aus der Literatur Kaltenstein, NZS 2017, 1; Kreikebohm/Kreikebohm, Einl. Rn. 3. 2  Siehe ausführlich zur geschichtlichen Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung in der BRD der Nachkriegszeit Kaltenstein, NZS 2017, 1 ff.; siehe auch Kreikebohm/Kreikebohm, Einl. Rn. 5. 3  Kreikebohm/Kreikebohm, Einl. Rn. 3. 4  Siehe allgemein zum Überblick Kreikebohm/Kreikebohm, Einl. Rn. 14–16; im Kontext der Reverse Mortgage siehe statt vieler Leis, Reverse Mortgage, S. 7. 5  Hierzu sogleich; siehe zum Überblick an dieser Stelle bereits Kreikebohm/Kreikebohm, Einl. Rn. 7; Ruland, NZS 2016, 721, 722. 6  Kreikebohm/Kreikebohm, Einl. Rn. 34; KassKomm/Wehrhahn (Stand 12/19), § 153 SGB VI Rn. 3. 7  Kreikebohm/Kreikebohm, Einl. Rn. 34; Ruland, NZS 2016, 721; KassKomm/ Wehrhahn (Stand 12/19), § 153 SGB VI Rn. 3.

32

Kap. 1: Einleitung

Die Funktionsfähigkeit des Umlagemodells ist jedoch nur sichergestellt, wenn die demographische Entwicklung des Landes stabil bleibt, also genügend Menschen im Erwerbsalter nachfolgen, die die Rente der empfangsberechtigen Personen zu finanzieren imstande sind, während die Zahl der Leistungsberechtigten nicht übermäßig ansteigt.8 Wirft man indes einen Blick auf die voraussichtliche9 Bevölkerungsentwicklung Deutschlands bis in das Jahr 2060, so ergibt sich ein hierzu konträres Bild.10 Zwar wird die Geburtenzahl zunächst vom Ausgangszeitpunkt 2013 bis in das Jahr 2020 konstant bei 700.000 Neugeborenen liegen, jedoch dann bis zum Jahr 2060 auf 500.000–550.000 Geburten pro Jahr sinken.11 Der Trend wird sich im Zeitverlauf fortsetzen und für einen weiteren Rück8  Kreikebohm/Kreikebohm, Einl. Rn. 7; Ruland, NZS 2016, 721, 722 f.; zu den negativen Auswirkungen des demographischen Wandels auf die gesetzliche Rentenversicherung siehe Leis, Reverse Mortgage, S. 40 ff. 9  Die nachfolgenden Zahlen beziehen sich auf eine Erhebung des statistischen Bundesamts aufgrund der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung und geben dabei lediglich den Korridor einer möglichen Bevölkerungsentwicklung aufgrund acht verschiedener Szenarien und drei verschiedener Modellrechnungen wieder, siehe hierzu Pötzsch/Rößger, Bevölkerung Deutschlands bis 2060 – 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, S. 9; zu aktualisierten Zahlen, die im Rahmen der Veröffentlichung dieser Arbeit leider nicht mehr berücksichtigt werden konnten, siehe Destatis, Bevölkerung im Wandel – Annahmen und Ergebnisse der 14. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung, wobei die in der 13. Erhebung gefundenen Ergebnisse weiterhin geltung beanspruchen, vgl. a. a. O. S. 5 („Die 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung zeigt deshalb im Vergleich zur vorherigen Bevölkerungsprojektion kein völlig neues Bild der demografischen Zukunft Deutschlands“). Unberücksichtigt geblieben ist dabei die starke Zuwanderung in den Jahren 2014 und 2015. Es finden sich indes aktualisierte Zahlen, die sich an Szenario zwei (Kontinuität bei stärkerer Zuwanderung) der Vorausberechnung orientieren, bei Destatis, Aktualisierung der 13. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung – Basis 2015. Nachdem sich die Aktualisierung jedoch nur auf eines der acht Szenarien bezieht und das statistische Bundesamt selbst einräumt, dass es eines längeren Zeitraums zur fundierten Bewertung der Zahlen bedürfte (siehe Destatis, Aktualisierung der 13. Koordi­ nierten Bevölkerungsvorausberechnung – Basis 2015), wird sich im Folgenden an den zuerst genannten Trends orientiert. Beide Voraussagen weichen zudem lediglich hinsichtlich der konkreten Zahlen ab: Der hier zur Veranschaulichung der Probleme der privaten Rentenvorsorge herangezogene Grundtenor (Abnahme der Gesamtbevölkerung bei gleichzeitiger Alterung der Gesellschaft) lautet in beiden Erhebungen gleich, siehe hierzu die folgende Darstellung sowie Destatis, Aktualisierung der 13. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung – Basis 2015. Siehe eingehend zu den Auswirkungen der Zuwanderung zudem Destatis, Pressemitteilung Nr. 021 vom 20.01.2016: Alterung der Bevölkerung durch aktuell hohe Zuwanderung nicht umkehrbar. 10  Siehe hierzu die folgenden Ausführungen und Nachweise. 11  Pötzsch/Rößger, Bevölkerung Deutschlands bis 2060 – 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, S. 5.



A. Problemaufriss33

gang der Geburtenrate sorgen.12 Denn zum einen werden die Generationen ab dem Jahr 2060 aufgrund ihrer geringeren Größe über weniger Frauen bzw. potentielle Mütter als ihre Vorgängergenerationen verfügen.13 Unterstellt man, dass die Kinder dieser Generation ebenfalls nicht den zur Erhaltung der Bevölkerung notwendigen Geburtenschnitt von 2,1 Kindern erreichen werden, so wird zum anderen der Anteil potentieller Mütter noch weiter absinken, so dass folglich auch der Abwärtstrend der Geburtenrate weiter Fahrt aufnehmen wird.14 Selbst die Zuwanderung wird hieran nichts ändern.15 Weiterhin ist das Altern der geburtsintensiven mittleren Jahrgänge und die damit verbundene Verschiebung der Altersstruktur zu beachten:16 Setzte sich die Bevölkerung im Jahr 2013 noch aus 18 % Kindern und Jugendlichen unter 20 Jahren, 61 % 20–65-Jährigen und 21 % der über 65-Jährigen zusammen, so wird diese im Jahr 2060 aus nur noch 16 % Kindern und Jugend­ lichen unter 20 Jahren, 51–52 % 20–65-Jähriger und 32–33 % der über 65-Jährigen bestehen, wobei hiervon 5,4 % als hochbetagt (80 Jahre und älter) eingestuft werden.17 Hieraus folgt, dass im Vergleich zum Jahr 2013 mit 49,2 Millionen Menschen im Erwerbsalter (20–64 Jahre) im Jahr 2060 nur noch 34–38 Millionen Menschen zur Finanzierung der Rentenversicherung zur Verfügung stehen werden.18 Auch wird die Lebenserwartung weiter steigen.19

12  Pötzsch/Rößger, Bevölkerung Deutschlands bis 2060 – 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, S. 5. 13  Pötzsch/Rößger, Bevölkerung Deutschlands bis 2060 – 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, S. 5. 14  Pötzsch/Rößger, Bevölkerung Deutschlands bis 2060 – 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, S. 5. 15  Die entsprechende Studie geht hierbei von zwei Szenarien aus, wobei sich Variante eins auf eine schwächere und Variante zwei auf eine stärkere Zuwanderung bezieht. Auch wenn die Bevölkerungszahl bei starker Zuwanderung mit 73,1 Millionen im Vergleich zu 67.6 Millionen bei schwächerer Zuwanderung deutlich höher ausfällt, wird die Höhe der Gesamtbevölkerung dennoch unweigerlich sinken; siehe zum Gesagten Pötzsch/Rößger, Bevölkerung Deutschlands bis 2060 – 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung – 2015, S. 5 (zur Beschreibung der Szenarien) und S. 6 (zur Abnahme der Bevölkerung); zu den aktualisierten Zahlen aufgrund der starken Zuwanderung in den Jahren 2014 und 2015 siehe die Nachweise in Fn. 5. 16  Siehe die Anmerkung in Fn. 5. 17  Pötzsch/Rößger, Bevölkerung Deutschlands bis 2060 – 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, S. 6. 18  Pötzsch/Rößger, Bevölkerung Deutschlands bis 2060 – 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, S. 6. 19  Pötzsch/Rößger, Bevölkerung Deutschlands bis 2060 – 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, S. 5.

34

Kap. 1: Einleitung

Insgesamt20 wird die Kombination aus Geburtenrückgang bzw. schwindender Bevölkerungszahl und der starken Alterung der Gesellschaft infolge der steigenden Lebenserwartung und Alterung der geburtsintensiven mittleren Jahrgängen eine Verschlechterung der gesetzlichen Altersversicherungssysteme zur Folge haben: Finanzierten 2013 100 Erwerbstätige die Rente von nur 34 leistungsberechtigten Personen, so wird die gleiche Anzahl an Erwerbstätigen im Jahr 2060 bereits 61–65 Personen zu finanzieren haben.21 Um das System vor einem Kollaps zu bewahren, müssten, wie bereits in der Vergangenheit geschehen, entweder die Rentenbeitragssätze und/oder das Renteneintrittsalter erhöht oder die auszuzahlende Rente gekürzt werden.22 Legt man diese Betrachtung zu Grunde, so wird man der privaten Altersvorsorge eine immer bedeutendere Rolle zusprechen müssen.23 Fragen der privaten Anlage von Geld zur Altersvorsoge und damit verbunden der Regulierung verschiedener Altersvorsorgemodelle werden folglich zwangsläufig in das Zentrum juristischer Diskussion rücken müssen und einen Großteil zukünftiger juristischer Tätigkeit ausmachen.24

II. Altersabsicherung durch Immobilienverzehr Ein mögliches Instrument zur privaten Altersabsicherung und somit zur Unabhängigkeit vom Auszahlungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung könnten sog. Immobilienverzehrprodukte sein.25 Diese aus dem angloamerikanischen Rechtskreis stammenden26 und dort unter dem Schlagwort Home Equity-Release27 zusammengefassten Rechtsinstitute haben gemein, 20  Siehe ausführlich zum demographischen Wandel im Kontext der Reverse Mortgage Leis, Reverse Mortgage, S. 8–21. 21  Pötzsch/Rößger, Bevölkerung Deutschlands bis 2060 – 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, S. 7. 22  Ruland, NZS 2016, 721, 722 und 728. 23  Kulms, ZfIR 2002, 614; Leis, Reverse Mortgage, S. 35; Richter, HanseLR 2010, 39, 40; Ruland, NZS 2016, 721, 722 und 729; Schnabl, NZM 2007, 714. 24  So auch Spiegl, Die vertraglich begründete Leibrente, S. 4. und Fn. 25. 25  Kulms, ZfIR 2002, 614; Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 55; Leis, Reverse Mortgage, S. 495; Reifner/Clerc-Renaud/PérezCarrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 58 ff.; Schnabl, NZM 2007, 714; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 28. 26  Siehe hierzu im Folgenden den Abriss über die geschichtliche Entwicklung der Immobilienverzehrprodukte in den USA und in Großbritannien sowie Reifner/ClercRenaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 1; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Einl. §§ 1113 ff. Rn. 22. 27  Siehe zum Begriff des Home-Equity-Release die Ausführungen bei Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 5 f.



A. Problemaufriss35

dass durch sie das in der Wohnimmobilie gebundene Eigenkapital, das dem Grundeigentümer ansonsten nicht zur Verfügung stünde, in liquide Mittel umgewandelt werden kann, ohne dass der Grundeigentümer die Immobilie sogleich verlassen müsste.28 Rechtstechnisch kann dies durch eine Kombination aus Darlehensvergabe und grundpfandrechtlicher Absicherung geschehen, bei welcher die Rückzahlung der Darlehensvaluta erst nach Eintritt eines vertraglich festgesetzten Ereignisses fällig wird (sog. Loan-Modell) oder durch den Verkauf der Immobilie, Einräumung eines Wohnrechts sowie Zahlung eines einmaligen oder laufenden Geldbetrags (sog. Sale-Modell).29 Der lokale Ausgangspunkt der Entwicklung des Immobilienverzehrs nach dem Darlehensmodel liegt dabei (vermutlich)30 in der Stadt Portland im USBundesstaat Oregon, wo 1961 die erste, noch nicht standardisierte Reverse Mortgage31 angeboten wurde.32 Nach der Entwicklung weiterer, standardisierter Angebotskonzepte33 lässt sich der erste regulatorische Ansatzpunkt der Revese Mortgage auf das Jahr 1989 in den Vereinigten Staaten von Amerika datieren, in welchem erstmals durch die Federal Housing Administration (FHA) versicherte sog. Home Equity Conversion Mortgages (HECMs) angeboten wurden.34 Diese durch das U.S. Department of Housing und Urban Devolopment (HUD) entworfene und danach in Gesetz umgesetzte, staatliche Versicherung sieht einen Ausfallschutz durch die FHA vor, wenn bestimmte gesetzliche Voraussetzungen bei Vergabe der Reverse Mortgage eingehalten werden.35 Bis 28  Siehe zum ersten Überblick Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 5; zur näheren Auseinandersetzung mit weiteren Nachweisen siehe unten Kapitel 2: A., Der wirtschaftswissenschaftliche Begriff des Immobilienverzehrs, S. 50. 29  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I, S. 5 ff. Siehe ausführlich zur rechtstechnischen Umsetzung der beiden Modelle Kapitel 2: A.II., Der Dualismus von Darlehen und Kauf, S. 51. 30  Siehe die Bedenken bei Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mort­gages, S.  49. 31  Reverse Mortgage ist der gängige US-amerikanische Begriff für die dort angebotenen Immobilienverzehrprodukte, die dem Loan-Modell folgen, siehe ausführlich und mit Nachweisen unten Kapitel 2: A.II.1.b), Produktformen des Darlehensmodells, S. 54. 32  Nelson, 13 N.C. Banking Inst. (2009), 337, 340; Schieke, 47 Md. B.J., 26, 28 (2014). 33  Siehe ausführlich zur Entwicklung Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 49 ff. 34  Nelson, 13 N.C. Banking Inst. (2009), 337, 340; Schieke, 47 Md. B.J., 26, 28 (2014). 35  Nelson, 13 N.C. Banking Inst. (2009), 337, 340; Schieke, 47 Md. B.J., 26, 28 (2014); siehe ausführlich hierzu unten Kapitel 3: B.II.2.b)ee), Exkurs: Die Ausfallversicherung der FHA im Überblick, S. 106.

36

Kap. 1: Einleitung

in das Jahr 2013 waren die gesetzlichen Voraussetzungen einem stetigen legislativen Wandel ausgesetzt.36 Auch im Vereinigten Königreich bildeten sich verschiedene Möglichkeiten des Immobilienverzehrs heraus: Die sog. Lifetime-Mortgage, welche in ihrer Konzeption der Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts entspricht, sowie der sog. Home Reversion Plan37 bilden dabei die prominentesten Formen des Home-Equity-Release.38 Im Gegensatz zum amerikanischen Markt griff der britische Gesetzgeber jedoch weder in Form einer Ausfallversicherung in das Marktgeschehen ein, noch regulierte er anfangs die Vergabe von Immobilienverzehrprodukten.39 Dies änderte sich erst 2004 als die damalige Finanzdienstleistungsaufsicht Financial Services Authority (FSA) zur Regulierung des Immobilienverzehrmarktes ermächtigt40 wurde und in den Kapiteln 8 und 9 des Mortgage Code of Business Handbook (MCOB) verschiedene Anforderungen an den Vertriebsprozess von Immobilienverzehrprodukten stellte.41 Ebenfalls andere europäische Staaten entdeckten das wirtschaftliche Potential des Immobilienverzehrs und unterwarfen diesen einer gesetzlichen Regelung: So hatten bereits Italien im Jahr 2005, Frankreich im Jahr 2006, Spanien im Jahr 2007 und Belgien im Jahr 2008 Gesetze zur Regulierung erster Immobilienverzehrprodukte erlassen oder auf den Weg gebracht.42

36  Nelson, 13 N.C. Banking Inst., 337, 340 (2009); Schieke, 47 Md. B.J., 26, 28 (2014); siehe ausführlich hierzu unten Kapitel 3: B.II.2.a), Rechtsquellen und Regelungsstruktur, S. 89. 37  Home Reversion Plan ist der gängige britische Begriff für die dort angebotenen Immobilienverzehrprodukte, die dem Sale-Modell folgen, siehe ausführlich und mit Nachweisen Kapitel 2: A.II.2., Das Verkaufsmodell, S. 56. 38  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 5; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 64. 39  Die verschiedenen Anbieter von Immobilienverzehrprodukten in Großbritannien sollten sich dabei selbst regulieren und an den selbst ausgearbeiteten Safe Home Income Plans-Kodex (SHIP) halten, siehe hierzu Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 65 m. w. N. 40  Siehe zur Ermächtigungsgrundlage Sec. 138 ff. des Financial Services and Markets Act 2000 (FSMA 2000). 41  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 65 m. w. N. 42  Siehe zur Übersicht über die europäische Entwicklung von Immobilienverzehrprodukten Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S.  75 m. w. N.; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 41 m. w. N.



A. Problemaufriss37

In Deutschland ließen sich gleichfalls Tendenzen zur Bildung eines Marktes für Immobilienverzehrprodukte ausmachen,43 wobei sich erste Angebote auf die Jahre 2000 bzw. 2001 zurückdatieren lassen: Die Dresdner Bausparkasse erwog ein Konzept unter dem Namen Heim und Rente, setzte dieses jedoch letztlich nicht um.44 Im Jahr 2010 brachte die Investitionsbank Schleswig-Holstein unter dem Namen IB Immo-Rente eine Umkehrhypothek auf den Markt,45 welche jedoch bereits im Jahr 2013 wieder eingestellt wurde.46 Im Jahr 2017 nahm schließlich die R+V-Versicherung, vermutlich als letzte große Anbieterin von Umkehrhypotheken,47 ihr Immobilienrente genanntes Produkt vom Markt.48 Die Beispiele verdeutlichen, dass sich ein Markt für Immobilienverzehrprodukte in Deutschland bislang nicht bilden konnte,49 zumindest nicht in 43  Die nachfolgende Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und dient lediglich der Veranschaulichung der schwierigen Marksituation für Immobilienverzehrprodukte in Deutschland. Siehe daher weiterführend zur Marktsituation unter Auswertung der konkreten Hindernisse Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/ Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 99 ff. (zwar sind die Zahlen bereits zehn Jahre alt, allerdings mangelt es an aktuellen Erhebungen); siehe auch sehr ausführlich, jedoch veraltet den Überblick bei Schneider, Kalkulation von Lifetime- bzw. Reverse Mortgages, S. 99 ff.; siehe darüber hinaus Brozio, ReWir 2012 Ausgabe 10, 1, 4 f., der indes seine Forschungsmethoden nicht offenlegt, so dass Bedenken gegen die wissenschaftliche Exaktheit bestehen. Zudem ist auch diese Erhebung mittlerweile nicht mehr aktuell. 44  Müller, VW 2010, 924; Rosengart, Tausche Haus gegen Rente, Die Zeit v. 27.10.2005, Beilage Geld Spezial; Schneider, Kalkulation von Lifetime- bzw. Reverse Mortgages, S. 100 m. w. N. 45  Rave, Immobilien & Finanzierung 2010, 384. 46  Czycholl, Wie das Haus Rente zahlt, Die Welt v. 12.03.2016, S. IM 1. 47  Zweifel an dieser Aussage ergeben sich insoweit, als sich weitere Angebote bereits bei einer oberflächlichen Online-Recherche finden lassen, siehe bspw. VMTImmofinanz, Umkehrhypothek: Das Prinzip ist ganz einfach. Vorzugswürdig ist es daher davon zu sprechen, dass die großen bzw. seriösen Anbieter den Markt verlassen haben, siehe hierzu die Einschätzung der Verbraucherschutzzentralen bei o.V., Focus Online vom 15.11.2017: Verbraucherschützer warnen Finger weg von Umkehrhypotheken: Geben Sie ihr abbezahltes Haus bloß nicht her! 48  O. V., VW 2017, S. 7. 49  Bohnenkamp/Eckstein/Wetjen, Capital 2007 (Heft 20), 56 ff.; Leis, Reverse Mortgage, S. 495; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 99; aus neuerer Zeit siehe o.V., Focus Online vom 15.11.2017: Verbraucherschützer warnen Finger weg von Umkehrhypotheken: Geben Sie ihr abbezahltes Haus bloß nicht her!; siehe auch die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsaufsichtsrechts im Bereich der Maßnahmen bei Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems und zur Änderung der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (Finanzaufsichtsrechtsergänzungsgesetz) vom 10.02.2017 (im Folgenden BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG), BR-Drs. 815/16, S. 20; siehe auch den Befund bei Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 2 und die Marktanalyse

38

Kap. 1: Einleitung

Form der Reverse bzw. Lifetime-Mortgage.50 Potential hierfür wäre jedoch gegeben: So wird geschätzt, dass drei Millionen Haushalte die gängigen Vergabekriterien (Mindestalter: 60 Jahre, Mindestimmobilienwert: 100.000 Euro) erfüllen, womit ein Kreditvolumen von 90 Milliarden Euro im Raum steht.51 Auch die wirtschaftswissenschaftliche Literatur geht mehrheitlich davon aus, dass potentiell Nachfrage nach Immobilienverzehrprodukten, zumindest in Form der Reverse bzw. Lifetime-Mortgage, und somit die Möglichkeit einer Marktbildung in Deutschland besteht.52 Dennoch wird der Angebotsrückgang durchweg mit mangelnder Nachfrage begründet,53 welche sich im Wesentlichen54 auf zwei Aspekte zurückführen lässt. Zum einen wurden die angebotenen Produkte in der Vergangenheit als finanziell wenig attraktiv wahrgenommen, da der Auszahlungsbetrag im Verhältnis zum Grundstückswert, aufgrund der vielfältigen Kalkulationsrisiken und daraus folgender konservativer Kalkulationsweise,55 als zu gering erach-

bei 3 ff., die in Anbetracht des Alters jedoch nur indiziell herangezogen werden kann; sowie die rechtstatsächliche Erhebung bei Richter, HanseLR 2010, 39, 47 f., die jedoch aufgrund des kleinen Datensatzes wenig Aussagekraft besitzt und die Aussage daher nur verdeutlichen kann. 50  Der Markt für Immobilienverzehr in Form des Sale-Modells hat hingegen in letzter Zeit einige Angebote hervorgebracht. Beispielhaft sei hier das durch ein Nießbrauchrecht abgesicherte Modell HausplusRente angeführt, siehe hierzu HausPlusRente, Immobilienverrentung. Ob sich diese Angebote durchsetzen können, bleibt indes abzuwarten. Von einer Marktentwicklung kann jedoch schwerlich gesprochen werden. 51  Wesierski, Immobilien & Fianzierung 2010, 382, 383. 52  Arentz, Immobilienverzehr, S.  123 f.; Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 100; Leis, Reverse Mortgage, S. 361, 496; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 2; Vetter, Altersvorsorge und Immobilien, S. 119; a. A.: Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 100 f.; Stork, Immobilienverzehrpläne, S. 357; differenzierend hingegen Tiffe, Immobilien & Finanzierung 2007, 586, 587 und 589. 53  Empirisch hierzu Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 99; siehe auch Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 2; siehe zudem aus der tagesaktuellen Berichterstattung Brockmann, Wenn das Haus die Rente zahlt, Süddeutsche Zeitung v. 17.03.2017, S. 24; Czycholl, Wie das Haus Rente zahlt, Die Welt v. 12.03.2016, S. IM 3; Frühauf, Umkehrhypotheken Rente aus Stein, F.A.Z. v. 02.12.2015, S. C2; o.V., VW 2017, S. 7. 54  Zu einer rechtstatsächlichen Beschreibung der Probleme, die verhindert haben, dass sich Immobilienverzehrprodukte in Deutschland etablieren konnten, siehe bspw. Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 11 ff. 55  Siehe zu den Schwierigkeiten der Kalkulation von Reverse Mortgages Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 131; ausführlich mit weiteren Nachweisen siehe unten Kapitel 2: B.I.2., Wirtschaftliche Risiken, S. 60.



A. Problemaufriss39

tet wurde.56 Zum anderen hemmten rechtliche Unsicherheiten, mit denen sich Anbieter und Nachfrager konfrontiert sahen, die Nachfrage und damit korrespondierend die Verbreitung weiterer Angebote.57 Die Unsicherheit betraf vornehmlich58 die Komplexität der Produkte und damit einhergehend die Frage nach der rechtlichen Wirksamkeit der Verträge nach deutschem Recht.59 Zudem ist bislang ungeklärt, ob die Vergabe von Immobilienverzehrprodukten aufgrund des Langlebigkeitsrisikos des Eigentümers eine nach Versicherungsrecht relevante Tätigkeit darstellt, so dass folglich eine Bank­ lizenz zur Vergabe von Immobilienverzehrprodukten nicht ausreichen würde.60 Auch insbesondere im Bereich der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie61 und der Frage, ob Immobilienverzehrprodukte der neugefassten Regelung des §§ 491 ff. BGB unterfallen, wurden weitere Unsicherheiten gesehen.62

56  Mit empirischer Grundlage Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 100; siehe darüber hinaus Czycholl, Wie das Haus Rente zahlt, Die Welt v. 12.03.2016, S. IM 3; Frühauf, Umkehrhypotheken Rente aus Stein, F.A.Z. v. 02.12.2015, S. C2; Hillemacher, Umkehrhypothek als Alternative – Mit einer Immobilie die Rente aufbessern? 57  Mit empirischer Grundlage Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 100; siehe auch Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 2; siehe aus der tagesaktuellen Berichterstattung Czycholl, Wie das Haus Rente zahlt, Die Welt v. 12.03.2016, S. IM 3; Frühauf, Umkehrhypotheken – Rente aus Stein, F.A.Z. v. 02.12.2015, S. C2; Hillemacher, Umkehr­ hypothek als Alternative – Mit einer Immobilie die Rente aufbessern? 58  Daneben wird stellenweise das Zinses-Zins-Verbot des § 248 BGB als mögliche Ursache genannt, siehe hierzu Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 100; sowie Schneider, Kalkulation von Lifetime- bzw. Reverse Mortgages, S. 126. 59  BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/16, S. 20. 60  BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/16, S. 20; Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 100; Schneider, Kalkulation von Lifetime- bzw. Reverse Mortgages, S. 126. 61  Richtlinie 2014/17/ЕU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.  Fe­ bruar 2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 vom 28.02.2014, ABL. L 60/34, (Wohnimmobilienkreditrichtlinie (im Folgenden abgekürzt als WIKr-RiL)); siehe hierzu eingehend Zapf, ZEuP 2016, 656; zum Überblick siehe Omlor, ZIP 2017, 112; Rott, BKR 2015, 8; Schürnbrand, ZBB 2014, 168. 62  Hillemacher, Umkehrhypothek als Alternative – Mit einer Immobilie die Rente aufbessern?

40

Kap. 1: Einleitung

III. Rechtlicher Ausgangspunkt: WIKr-RiL und Umsetzungsgesetze Der Immobilienverzehr in seinen verschiedenen Ausgestaltungen dürfte jedoch nicht nur den meisten Nachfragern in Deutschland, sondern auch den meisten deutschen Juristen bislang verborgen geblieben sein.63 Regulatorischer Ansatz- und Berührungspunkt des Immobilienverzehrs im deutschen Rechtsraum stellt die im Jahr 2014 erlassene Wohnimmobilienkreditrichtlinie dar, in welcher gem. deren Art. 3 Abs. 2 lit. a) von „Equity-Release credit agreements“ bzw. „Immobilienverzehrkreditverträgen“ die Rede ist. In der Sache beschränkt sich die Richtlinie indes auf die Definition des Immobilienverzehrkreditvertrages sowie auf einen Ausschluss des Richtlinien­ anwendungsbereichs für selbige, so dass kaum von einer genuinen Regelung des Immobilienverzehrs gesprochen werden kann. Erwägungsgrund (16) WIKr-RiL führt hierzu an, dass Immobilienverzehrprodukte im Vergleich zu klassischen Immobilienkrediten spezifische Besonderheiten aufwiesen, die nicht mit den sonstigen Bestimmungen der Richtlinie in Einklang gebracht werden könnten. Beispielhaft wird der umgekehrte Zahlungsstrom von Immobilienverzehrprodukten angeführt, der eine Kreditwürdigkeitsprüfung erübrige. Auch seien grundlegend unterschiedliche vorvertragliche Informationen von Nöten und Immobilienverzehrprodukte nach dem Home ReversionModell nicht als Kredite zu qualifizieren. Die Umsetzung der Richtlinienvorgaben erfolgte in Deutschland in zwei Runden.64 In der ersten Umsetzungsrunde im Jahr 201665 wurden die Anforderungen der Richtlinie hauptsächlich im bürgerlichen Verbraucherdarlehensrecht der §§ 491 ff. BGB66 sowie im KWG67 niedergelegt.68 Überraschend war, dass das neue Regime des Verbraucherdarlehensvertrags, welches gem. § 491 Abs. 1 S. 2 BGB nunmehr zwischen Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen (§ 491 Abs. 2 BGB) und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen (§ 491 Abs. 3 BGB) unterscheidet, die Ausnahme des Art.3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL bezüglich Immobilienverzehrkreditverträgen nicht aufgriff.69 Ob 63  Siehe

hierzu Kapitel 1: B., Forschungsstand und Forschungsbedarf, S. 44. ausführlich hierzu unten Kapitel 4: B.I, Normgenese, S. 182. 65  Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11.03.16, BGBl. 2016 I, S. 396 (WIKr-RiLUmsG). 66  Siehe hierzu Art. 1 WIKr-RiL-UmsG. 67  Siehe hierzu Art. 12 WIKr-RiL-UmsG. 68  Eingehend zu den Änderungen Omlor, ZIP 2017, 112. 69  Eingehend hierzu Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1878; siehe auch Omlor, ZIP 2017, 112, 118; ders., NJW 2017, 1633, 1634. 64  Siehe



A. Problemaufriss41

Immobilienverzehrkreditverträge somit als Akt überschießender Richtlinienumsetzung70 dem geltenden Verbraucherdarlehensregime als Allgemeinoder Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag unterfallen sollten, war ungewiss und selbst zwischen der Bundesregierung71 und den Ländern72 streitig.73 Nach einiger medialer Aufmerksamkeit74 und Kritik75 an der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie sah sich der deutsche Gesetzgeber zu weiteren Anpassungen veranlasst: So haben in der zweiten Umsetzungsrunde sowohl die Bundesregierung76 als auch ein Zusammenschluss der Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen und Bayern77 Gesetzesentwürfe zur Änderung des Umsetzungsgesetzes auf den Weg gebracht. Beide Entwürfe waren sich dabei einig, Immobilienverzehrkreditverträge aus dem Regime des Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrages auszuklammern.78 Uneinigkeit bestand indes darüber, ob Immobilienverzehrkreditverträge generell dem An70  Siehe bereits Omlor, ZIP 2017, 112, 118; siehe auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877. 71  Der Regierungsentwurf zur Änderung des Umsetzungsgesetzes spricht von einer Klarstellung dahingehend, dass Immobilienverzehrkreditverträge nicht dem Recht des Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrages unterfallen. Der Entwurf geht also davon aus, dass die Verträge bislang ebenfalls nicht den §§ 491 ff. BGB unterfallen sind, siehe hierzu RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 38 f. 72  Der Länderentwurf zur Änderung des Umsetzungsgesetzes ging hingegen davon aus, dass Immobilienverzehrkreditverträge den §§ 491 ff. BGB unterstehen, siehe hierzu Gesetzesantrag der Länder Baden-Württemberg, Hessen und Bayern, Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie vom 05.10.2016, BR-Drs. 578/16, S. 4, 8 (Gesetz zur weiteren Umsetzung der WIKr-RiL); Bayern war dem Antrag erst im Nachhinein beigetreten vgl. Plenarprotokoll der 949. Sitzung des Bundesrates vom 14. Oktober 2016, S. 414. 73  Auch der Bundesrat folgt in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf der Ansicht der Länder Baden-Württemberg, Hessen und Bayern, siehe hierzu BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/16, S. 22. 74  Bünger, Kreditrichtlinie für Senioren noch immer mangelhaft, Der Tagesspiegel v. 24.12.2016, S. I01; Hesse, Ende der Gratiskultur, Der Spiegel v. 06.08.2016, S. 72/ Wirtschaft; Hölper, Müssen jetzt die Eltern helfen?, Die Zeit v. 22.09.2016, S. 10/Zeit Geld; Siedenbiedel, Nicht weniger Baukredite – aber große Rechtsunsicherheit, F.A.Z. v. 30.12.2016, S. 31. 75  Siehe bspw. Feldhusen, NJ 2016, 182, 188; Stamenković/Michel, VuR 2016, 132, 140 (noch zum Gesetzesentwurf und insbesondere zur Kreditwürdigkeitsprüfung); v. Klitzing/Seiffert, WM 2016, 774, 779 f. (ebenfalls zum Gesetzesentwurf mit Fokus auf Informations- und Beratungspflichten); eine Zusammenfassung der Kritikpunkte findet sich bei Omlor, NJW 2017, 1633. 76  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935. 77  LänderE-Gesetz zur weiteren Umsetzung der WIKr-RiL vom 06.10.2016, BRDrs. 578/16. 78  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 16; LänderE-Gesetz zur weiteren Umsetzung der WIKr-RiL vom 06.10.2016, BR-Drs. 578/16, S. 2.

42

Kap. 1: Einleitung

wendungsbereich des Verbraucherdarlehensrechts entzogen werden79 und damit einhergehend entweder einem etwaigen Regelungsregime sui generis zu unterstellen seien80, gänzlich ungeregelt81 bleiben oder zumindest den Regelungen über den Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag82 unterstellt werden sollten. Letztlich hat sich im Gesetzgebungsverfahren der Regierungsentwurf durchsetzen können, welcher am 06.06.2017 unter dem Namen Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz in Kraft getreten ist.83 § 491 Abs. 2 S. 2 Nr. 6 und Abs. 3 S. 4 BGB enthält nunmehr eine Definition des Immobilienverzehrkreditvertrages und schließt die Anwendbarkeit des gesamten Verbraucherdarlehensrechts (sowohl Allgemein- als auch Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag) für den Verzehrkredit aus.84

IV. Notwendigkeit gesetzlicher Regulierung Der kurze Abriss über die Entwicklung des deutschen Marktes für Immobilienverzehrprodukte hat gezeigt, dass bestehende Möglichkeiten und Potentiale in der Vergangenheit aufgrund mangelnder Nachfrage, verursacht durch konservative Kalkulation und Rechtsunsicherheit, nicht genutzt wurden und bei unveränderter Rechtslage zukünftig auch nicht genutzt werden.85 Eine für den Kreditnehmer günstigere Kalkulation mit höheren Auszahlungsbeträgen könnte jedoch nur dann betrieben werden, wenn ein infolge der Entwicklung des Primärmarktes aufblühender Sekundärmarkt die Ausfallrisiken der Kreditgeber auslagern und damit abfangen könnte (securitization)86 oder der

79  So

der RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 16. Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/16,

80  BRat,

S. 22. 81  BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/16, S. 22. 82  So der LänderE-Gesetz zur weiteren Umsetzung der WIKr-RiL vom 06.10.2016, BR-Drs. 578/16, S. 2. 83  Gesetz zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsaufsichtsrechts im Bereich der Maßnahmen bei Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems und zur Änderung der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz) v. 06.06.2017, BGBl. 2017 I, S. 1495; siehe ausführlich hierzu Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877. 84  Zu den rechtlichen Auswirkungen der neu eingeführten Ausnahmeregelung siehe mit umfangreichen Nachweisen unten Kapitel 4: B.IV., Rechtsfolgen und Regelungsgehalt, S. 231. 85  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 1: A.II., Altersabsicherung durch Immobilienverzehr, S. 34. 86  Kulms, ZfIR 2002, 614, 622; hierzu auch Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 13 f.; Richter, HanseLR 2010, 39, 48.



A. Problemaufriss43

Staat mittels Subventionen, etwa in Form einer Ausfallversicherung,87 korrigierend in das Marktgeschehen eingreifen würde. Dieser wirtschafts- und rechtspolitische Problemkreis ist jedoch nur in einem zweiten Schritt anzugehen. Von grundlegenderer Bedeutung ist die Bekämpfung der Rechtsunsicherheit, die bezüglich des Immobilienverzehrs auf Anbieter- und Nachfragerseite besteht.88 Zwar wurde mit Verabschiedung des Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz ein Teil dieser Rechtsunsicherheit dahingehend aufgelöst, dass nun feststeht, dass Immobilienverzehrkreditverträge nicht dem Regelungsregime der §§ 491 ff. BGB unterfallen sollen,89 doch hilft diese Erkenntnis für sich genommen den Parteien langfristig nicht weiter. Nur wenn klar definiert ist, was dem Tatbestand des Immobilienverzehrkreditvertrages unterfallen soll und sich die Parteien über ihre jeweiligen Rechte und Pflichten im Klaren sind und nicht fürchten müssen, dass dem Vertrag im Nachhinein aufgrund zivilrechtlicher Bestimmungen (bspw. §§ 138, 307 BGB) der Boden der Wirksamkeit entzogen wird, kann von Rechtssicherheit gesprochen werden. Auch nach Verabschiedung des Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetzes fehlt es indes an diesem verbindlichen und ordnenden Rechtsrahmen, so dass die Verabschiedung des Gesetzes lediglich als Schnellschuss des Gesetzgebers qualifiziert werden kann.90 Es ist bspw. nicht verständlich, warum diejenigen Verbraucher, die die Möglichkeiten des Immobilienverzehrs in Anspruch nehmen wollen, schlechter gestellt werden als Verbraucher, die Kredite zur Finanzierung des Erwerbs einer Wohnimmobilie aufnehmen.91 Trotz Verabschiedung des Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetzes gilt es daher nach dem richtigen Maß gesetzlicher Regulierung des Immobilienverzehrkreditvertrages zu fragen. Insbesondere ist de lege lata bislang nicht abschließend geklärt, wie der Immobilienverzehrkreditvertrag in die Vertrags­ typologie des BGB einzuordnen ist und welche (verbraucherschützenden) Rechtsinstitute sinnhafterweise einem hierfür eingeführten Regelungsregime de lege ferenda unterstellt werden sollten. Nur auf diese Weise lassen sich die beschriebenen Unklarheiten beseitigen und die für die Marktbildung in Deutschland dringend notwendige Rechtssicherheit schaffen.

87  Kulms, ZfIR 2002, 614, 622; Schnabl, NZM 2007, 714, 718; siehe auch Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 15; Richter, HanseLR 2010, 39, 48. 88  Ähnlich Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 2; Schnabl, NZM 2007, 714. 89  Siehe hierzu ausführlich mit Nachweisen unten Kapitel 4: B.IV.1., Ausschluss der §§ 491 ff. BGB und §§ 655a ff. BGB, S. 231. 90  So bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879; siehe ausführlich zur Kritik an der kryptischen bzw. misslungenen Umschreibung des Tatbestandes unten Kapitel 4: B.V.1., Formelle Kritik, S. 247. 91  Ähnlich bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882.

44

Kap. 1: Einleitung

B. Forschungsstand und Forschungsbedarf Bevor im Weiteren darauf eingegangen wird, welche Themenbereiche von der vorliegenden Arbeit explizit behandelt werden sollen, ist es zunächst notwendig, die zu wählende Fragestellung von derjenigen Forschungsarbeit abzugrenzen, die bislang auf dem Gebiet des Immobilienverzehrs in Deutschland geleistet wurde. Während sich die Wirtschaftswissenschaften bereits ausgiebig dem Thema des Immobilienverzehrs gewidmet haben,92 wurde der Themenbereich aus rechtlicher Sicht bislang nicht tiefergehend gewürdigt: Es finden sich lediglich vereinzelte Zeitschriftenbeiträge,93 Kommentarstellen,94 Handbücher,95 92  Besonders hervorzuheben ist die Arbeit von Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, welcher tiefgehend und unter Aufarbeitung der einschlägigen Literatur die internationalen Immobilienverzehr-Märkte (mit Fokus auf die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts) untersucht und hierbei alle Kalkulationsrisiken systematisiert; siehe darüber hinaus Arentz, Immobilienverzehr; Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland; Leis, Reverse Mort­gage; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage; Stork, Immobilienverzehrpläne; Vetter, Altersvorsorge und Immobilien, S. 92–120. 93  Grundlegend im deutschen Recht Kulms, ZfIR 2002, 614 ff.; ebenfalls ausführlich Schnabl, NZM 2007, 714 ff.; siehe darüber hinaus Brozio, ReWir 2012 Ausgabe 10, 1 ff.; siehe auch Richter, HanseLR 2010, 39 ff.; knapp zur WIKr-RiL Schäfer, VuR 2014, 207, 212 und 215; aus neuerer Zeit nach Umsetzung des FinAufsRErgG siehe grundlegend Omlor, ZIP 2017, 112, 118; ders., JuS 2017, 397, 398; ders., NJW 2017, 1633, 1634 f.; siehe ausführlich zum Immobilienverzehrkreditvertrag Freitag/ Allstadt, WM 2017, 1877; siehe auch Binder, ZIP 2018, 1201, 1203; Buck-Heeb, WM 2017, 1329, 1330; Fischer, ZAP Fach 8, 585, 588 ff.; zur rechtstatsächlichen Situation siehe Krauß, notar 2017, 312, 320 f.; ders., ErbR 2017, 312, 320 f.; bloß am Rande Maier, VuR 2017, 142, 148; gleichsam Rank/Schmidt-Kessel, EuCML 2017, 176, 179. 94  Jauernig/Berger, §  491 Rn. 6; Bülow/Artz/Bülow, Einf. Rn. 13g, 71, § 491 Rn. 96i, 181d – 181h, § 506 Rn. 14a; BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 1, 43, 97.1, 112, 127–134; MünchKommBGB/Lieder, § 1113 Rn. 108; BeckOKBGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019 § 491 Rn. 89; Erman/Nietsch, Vor. § 491 Rn. 16, § 491 Rn. 24 und 32; PWW/Nobbe, § 491 Rn. 39 f.; Schwintowski/Samhat, BankR, Kap. 15 Rn. 87 ff.; BeckOK-EStG/Schmidt, 05 Ed. 01.11.2019, § 20 Rn. 847.1; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 3, 82 und 90 ff.; JurisPK-BGB/ Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 59 und 71  ff.; Palandt/Weidenkaff, § 491 Rn. 21; HK-BGB/Wiese, § 491 Rn. 2, 4 und 7; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Einl. §§ 1113 ff. Rn. 22; siehe auch, jedoch bloß am Rande Depré/Cranshaw, § 12 Rn. 2 dort Fn. 3. 95  MAH BankR/Fandrich/Hofmann, § 6 Rn. 7c, 109 (dort Fn. 271), 119c; Reifner/ Feldhusen/Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, § 9 Rn. 73; Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried/Merz/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Kreditgeschäfte mit Verbrauchern Rn. 5.10; Tamm/Tonner/ Brönneke/Rott, § 16 Rn. 48; Schulze/Grziwotz/Lauda/Steinbach-Martens/Prasse, § 491 Rn. 2.



B. Forschungsstand und Forschungsbedarf45

eine rechtsvergleichende Dissertation96 sowie eine von der EU-Kommission97 in Auftrag gegebene Studie98 zum Immobilienverzehr in Europa aus dem Jahr 2007.99 Der Großteil100 der Kommentarstellen und Handbücher gehen bei der Erörterung des Immobilienverzehrkreditvertrages indes zu oberflächlich vor und erschöpfen sich zumeist in der Feststellung, dass das Instrument der Reverse Mortgage dem anglo-amerikanischen Rechtsraum entstamme101 oder geben bei der Auslegung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB lediglich den Tatbestand oder die Gesetzesbegründung des FinAufsRErgG wieder.102 Die Kommentierungen können damit im Ergebnis zu keinem Erkenntnisgewinn beitragen und stellen höchstens einen ersten Ansatzpunkt der rechtlichen Auf­ arbeitung dar. Hinsichtlich der erschienenen Aufsätze gilt es hingegen zu differenzieren. Ein Großteil der Aufsätze wurde vor Verabschiedung des FinAufsRErgG verfasst, so dass es denklogisch an einer Auseinandersetzung mit dem Tat­ bestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB fehlt und lediglich unter Herausarbeitung erster Problemfelder versucht wurde, Antworten aus allgemeinen Rechtssätzen abzuleiten.103 Die dort gefundenen Ergebnisse werden naturgemäß je96  Spiegl, Die vertraglich begründete Leibrente; vgl. auch, jedoch bloß am Rande und deshalb nicht gesondert aufzulisten, Dietzel, Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, S. 136–140, der sich gleichsam nicht mit § 491 BGB beschäftigt. 97  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 9. 98  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU. 99  Siehe zudem den Hinweis in der Monographie von Josten, Kreditvertragsrecht, S. 102 Rn. 285, der jedoch auch lediglich die Gesetzesbegründung wiedergibt. 100  Anders nur Bülow/Artz/Bülow, Einf. Rn. 13g, 71, § 491 Rn. 96i, 181d–181h, § 506 Rn. 14a; BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 127–134; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 3, 82, 90 ff. 101  MünchKommBGB/Lieder, § 1113 Rn. 108; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Einl. §§ 1113 ff. Rn. 22. 102  Jauernig/Berger, § 491 Rn. 6; MAH BankR/Fandrich/Hofmann, § 6 Rn. 7c, 109 (dort Fn. 271), 119c; Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried/Merz/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Kreditgeschäfte mit Verbrauchern Rn. 5.10; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 491 Rn. 89; Erman/Nietsch, Vor. § 491 Rn. 16, § 491 Rn. 24 und 32; PWW/Nobbe, § 491 Rn. 39  f.; BeckOK-EStG/Schmidt, 05 Ed. 01.11.2019, § 20 Rn. 847.1; JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 59 und 71 ff.; Palandt/ Weidenkaff, § 491 Rn. 21; HK-BGB/Wiese, § 491 Rn. 7; eine Sonderstellung nimmt Tamm/Tonner/Brönneke/Rott, § 16 Rn. 12 und 48 ein, der den Immobilienverzehrkreditvertrag bereits vor Verabschiedung des FinAufsRErgG in den Blick genommen hat. 103  Grundlegend im deutschen Recht Kulms, ZfIR 2002, 614 ff.; ebenfalls ausführlich Schnabl, NZM 2007, 714 ff.; siehe auch Brozio, ReWir 2012 Ausgabe 10, 1 ff.;

46

Kap. 1: Einleitung

doch weder dazu fruchtbar gemacht, auf einer übergeordneten Ebene nach der systematischen Einordnung des Immobilienverzehrs in das deutsche Recht zu fragen, noch dazu, ein angemessenes Regelungsregime für diesen zu entwerfen. Auch konnte nicht an die Terminologie bzw. Definition des Immobilienverzehrkreditvertrages nach Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL bzw. § 491 Abs. 3 S. 4 BGB angeknüpft werden. Weiterhin wird in der Sache insgesamt zu undifferenziert vorgegangen und beispielsweise nicht hinreichend genug zwischen dem sogenannten Loan-Modell und dem Sale-Modell, die die beiden Grundtypen des Immobilienverzehrs bilden,104 unterschieden.105 Die Aufsätze nach Verabschiedung des Gesetzes gehen hingegen auf die Rechtsnatur des Immobilienverzehrkreditvertrages, auf die Auslegung des Tatbestandes und rechtspolitische Fragestellungen ein,106 können jedoch nicht in die hierfür notwendige Tiefe gehen. Die rechtsvergleichende Monographie von Spiegl behandelt im Schwerpunkt lediglich zwischen Privatpersonen geschlossene Leibrentenverträge und damit das Kaufmodell.107 Nachdem die Wohnimmobilienkreditrichtlinie zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Dissertation noch nicht verabschiedet war, konnte sich die Verfasserin ebenfalls nicht auf die Definition des Immobilienverzehrkreditvertrages stützen und von dieser ausgehend nach der Verwirklichung des Immobilienverzehrkreditvertrages108 im deutschen Recht fragen. Eine Dissertation zum Darlehensmodell oder zum Tatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB ist hingegen – soweit ersichtlich – nicht erschienen.

sowie Richter, HanseLR 2010, 39 ff.; siehe auch knapp zur WIKr-RiL Schäfer, VuR 2014, 207, 212 und 215. 104  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 5. 105  Exemplarisch sei auf die Ausführung von Kulms, ZfIR 2002, 614, 620 ff. verwiesen, der Darlehens- und Kaufvertrag miteinander kombinieren möchte, siehe ausführlich hierzu unten Kapitel 4: B.IV.3.b), Kombination von Darlehen und betagtem Kaufvertrag, S. 238. 106  Grundlegend Omlor, ZIP 2017, 112, 118; ders., JuS 2017, 397, 398; ders., NJW 2017, 1633, 1634 f.; siehe ausführlich zum Immobilienverzehrkreditvertrag Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877; siehe auch Fischer, ZAP Fach 8, 585, 588 ff.; vorallem aus rechtstatsächlicher Sicht Krauß, notar 2017, 312, 320 f.; ders., ErbR 2017, 312, 320 f.; nur am Rande Buck-Heeb, WM 2017, 1329, 1330; gleichsam Binder, ZIP 2018, 1201, 1203; gleichsam Maier, VuR 2017, 142, 148; gleichsam Rank/SchmidtKessel, EuCML 2017, 176, 179. 107  Spiegl, Die vertraglich begründete Leibrente. 108  Es ist nicht eindeutig, ob der Tatbestand des Immobilienverzehrkreditvertrages auch das Kaufmodell umfasst (siehe hierzu unten Kapitel 4: B.III.2.c)dd), Wirtschaftliches Begriffsverständnis, S. 215), so dass auch im Kontext einer kaufrechtlichen Abhandlung die Erörterung des Tatbestandes von Bedeutung gewesen wäre.



C. Untersuchungsgegenstand, Fragestellung und Arbeitsmethodik47

Die Studie zum Immobilienverzehr in Europa befasst sich zwar mit der Rechtslage in Deutschland,109 besitzt jedoch aufgrund ihres Alters nunmehr mangelnde Aussagekraft. Zudem zieht die Studie auch keine Rückschlüsse für das deutsche Recht, sondern geht rein rechtskundlich vor. Die bereits oben benannten wirtschaftswissenschaftlichen Arbeiten110 haben sich stellenweise ebenfalls mit der Rechtslage in den USA auseinandergesetzt, jedoch gilt auch hier, dass die Arbeiten bereits einige Zeit zurückliegen und die Rechtslage lediglich darstellen, ohne dabei Rückschlüsse für eine Implementierung des Immobilienverzehrs nach deutschem Recht zu ziehen. Es fehlt demnach insgesamt an einem umfassenden Rechtsvergleich, der sich ausschließlich mit dem Darlehensmodell bzw. der Auslegung des Tatbestandes des Immobilienverzehrkredits auseinandersetzt. Nachdem die bereits vorhandenen Arbeiten vornehmlich wirtschaftswissenschaftlicher Natur und die einzigen erschienen rechtswissenschaftlichen Beiträge bruchstückhaft sind, zum Teil lange zurückliegen und keine expliziten Bezüge zur Einbettung des Immobilienverzehrs in das deutsche Rechtssystem aufweisen, ist eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Thema, insbesondere unter dem Eindruck der Neuordnung des Verbraucherdarlehensrechtes durch die Wohnimmobilienkreditrichtlinie, geboten.

C. Konkretisierung von Untersuchungsgegenstand, Fragestellung und Arbeitsmethodik Da bereits Arbeiten existieren, die sich um die Aufarbeitung der mit dem Kaufmodell verbundenen rechtlichen Fragen beschäftigen,111 und es an einer systematischen Aufarbeitung des Immobilienverzehrkreditvertrages bzw. des Tatbestands des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB mangelt, soll der Immobilienverzehrkreditvertrag Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sein. In concreto soll zum einen die Frage der Einordnung des Immobilienverzehrkreditvertrages in die Vertragstypologie des BGB untersucht werden. Hierzu ist zuallererst die Frage aufzuwerfen, wie das Konstrukt des Immobilienverzehrkreditvertrages, wie es in Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL und § 491 Abs. 3 S. 3 BGB definiert und konkretisiert112 wird, in das deutsche Zivilrechtssystem (insbesondere hinsichtlich dessen Rechtsnatur) einzuordnen ist. 109  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 97 ff. 110  Siehe hierzu Fn. 88. 111  Siehe hierzu oben Kapitel 1: B., Forschungsstand und Forschungsbedarf, S. 44. 112  Siehe zur Gegenüberstellung der wirtschaftlichen und juristischen Definition des Immobilienverzehrs Kapitel 4: B.VI., Zwischenergebnis: Vorschlag einer einheitlichen Terminologie, S. 254.

48

Kap. 1: Einleitung

Zum anderen soll der Tatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB einer ausführlichen Auslegung zugeführt und einer umfassenden Kritik unterzogen werden. Hieran anschließend sollen mit dem Verzehrkredit zusammenhängende zivilrechtliche Folgeprobleme aufgeworfen und beantwortet werden, etwa hinsichtlich der Frage der Sittenwidrigkeit des Vertrages nach § 138 BGB. Abschließend soll die Frage untersucht werden, ob die Entscheidung des Gesetzgebers, Immobilienverzehrkreditverträge vom Anwendungsbereich der §§ 491 ff. BGB auszunehmen, Unterstützung verdient. Hierfür ist es zunächst erforderlich, das Verbraucherschutzniveau de lege lata zu untersuchen, um hierauf aufbauend einen Vorschlag für eine Regelung de lege ferenda ausarbeiten zu können. Um wiederum diese Frage beantworten zu können, ist es notwendig die Ausgangs- und Interessenlage der beteiligten Parteien zu analysieren, um hierauf aufbauend typische soziale Konfliktsituationen zu systematisieren, die bei Abschluss eines Immobilienverzehrkredits entstehen können. Anschließend ist zu fragen, ob insbesondere die herausgearbeitete Schutzwürdigkeit einer der beteiligten Parteien eine gesetzliche Regelung rechtfertigen und wie eine solche Regelung mit Rechtsinstituten des deutschen Rechts erreicht werden könnte. Sind diese Fragen geklärt, lässt sich evaluieren, ob der Komplex des Immobilienverzehrkreditvertrages, sollte dieser tatsächlich einer Regulierung bedürfen, dem Recht des Verbraucherdarlehensvertrages nach §§ 491 ff. BGB unterstellt, explizit von diesem ausgenommen oder als Vertrag sui generis geregelt werden sollte. In Anbetracht der mannigfaltigen zivilrechtlichen Problemstellungen und den fehlenden Grundlagen im Bereich des Immobilienverzehrs, wird auf eine eingehende113 Auseinandersetzung mit aufsichtsrechtlichen Fragestellungen, sowohl hinsichtlich des bank- als auch des versicherungsspezifischen Aufsichtsrechts, oder Problemen mit dem PfandBG verzichtet. Ebenfalls wird nicht auf die Rolle von zwischengeschalteten Parteien, wie etwa Darlehensvermittlern nach §§ 655a ff. BGB, eingegangen. Auch steuer- und sozialrechtliche Fragestellungen werden ausgespart. Arbeitsmethodisch sollen die skizzierten Fragestellungen vornehmlich rechtsdogmatisch bearbeitet werden. Nachdem sich der Markt für Immobilien­ verzehrprodukte jedoch vor allem im US-amerikanischen Rechtsraum gebildet hat,114 bietet es sich an, die Erfahrungen des US-amerikanischen Gesetz113  Ein Überschneidungspunkt bei Erörterung der Kreditwürdigkeitsprüfung wird sich indes nicht vermeiden lassen, da diese sowohl im Zivil- als auch Aufsichtsrecht geregelt ist, siehe hierzu unten Kapitel 5: A.II.2., Präventiv wirkende Rechtsinstitute, S. 353.



D. Gang der Untersuchung49

gebers in die Überlegungen miteinzubeziehen. Neben der rechtsdogmatischen Arbeitsmethodik soll deshalb weiterhin nach der von Zweigert und Kötz begründeten funktionalen Methode der Rechtsvergleichung vorgegangen werden.115 Dies bedeutet, dass bei der Formulierung der im Ausgangspunkt zu stellenden Arbeitshypothese danach gefragt werden muss, wie die zu untersuchende ausländische Rechtsordnung einen bestimmten sozialen Konflikt löst, ohne dabei den Systemvorstellungen und der Dogmatik des eigenen Rechts verhaftet zu sein.116 Die Fragestellung ist folglich allgemein und abstrakt zu formulieren.117 Gemünzt auf die Thematik der vorliegenden Arbeit sollen durch den Rechtsvergleich Antworten auf die Fragen der Rechtsnatur, der zivilrechtlichen Folgeprobleme und der typischen Verbraucherschutzrisiken gefunden werden. Der funktionale Rechtsvergleich soll dabei nicht die übergeordneten Rechtsprinzipien und Methoden der angesprochenen Rechtsordnungen miteinander vergleichen (sog. Makrovergleich118), sondern die einzelnen Rechtsprobleme, die im Zusammenhang mit dem Immobilienverzehr auftreten können, sowie diejenigen Rechtsinstitute der ausländischen Rechtsordnung, die dem Schutz des Verbrauchers dienen (sog. Mikrovergleich119), untersuchen.

D. Gang der Untersuchung Vor diesem Hintergrund soll zunächst ein Überblick über die wirtschaftlichen und tatsächlichen Gegebenheiten des Immobilienverzehrs gegeben sowie die Interessenlagen der beteiligten Parteien beleuchtet werden (Kapitel 2). Daran anschließend soll in das US-amerikanische Recht der Reverse Mortgage eingeführt und deren Regelungen im Detail herausgearbeitet werden (Kapitel 3). Darauffolgend sollen mit der Bestimmung der Rechtsnatur, der Auslegung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB und der Erörterung der zivilrechtlichen Folgeprobleme die Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im deutschen Recht gelegt werden (Kapitel 4), um abschließend den Verbraucherschutz de lege lata und de lege ferenda zu erörtern (Kapitel 5). Es folgt eine Zusammenfassung in Thesen (Kapitel 6). 114  MünchKommBGB/Lieder, § 1113 Rn. 108; Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 1; Staudinger/Wolfseiner, 2015, Einl. §§ 1113 ff. Rn. 22; siehe hierzu ausführlich unten Kapitel 3: A.I., Arbeitshypothese und Wahl der Rechtsordnung, S. 72 ff. 115  Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, § 3 II S. 33. 116  Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, § 3 II S. 33. 117  Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, § 3 II S. 33. 118  Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, § 1 II S. 4. 119  Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, § 1 II S. 4.

Kapitel 2

Wirtschaftliche Grundlagen des Immobilienverzehrs Bevor im weiteren Verlauf der Untersuchung auf die rechtlichen Fragen des Immobilienverzehrkredits eingegangen wird, soll im Folgenden zunächst der Begriff des Immobilienverzehrs von seiner wirtschaftlichen Seite betrachtet und zugleich ein Blick auf international übliche Gestaltungsformen geworfen werden.1 Hierauf aufbauend wird die Interessenlage der Parteien beleuchtet.

A. Der wirtschaftswissenschaftliche Begriff des Immobilienverzehrs I. Die wirtschaftliche Struktur des Immobilienverzehrs Auch wenn sich die in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion aufzufindenden Definitionsansätze des Immobilienverzehrs in Nuancen unterscheiden, lässt sich aus den verschiedenen Kategorisierungen eine einheitliche Definition der wirtschaftlichen Natur des Immobilienverzehrs destillieren. Demnach geht es beim Immobilienverzehr um die Liquidierung des im Grundeigentum gebundenen Eigenkapitals zur Generierung eines (zeitlich festumrissenen oder lebenslangen) Zahlungsstroms unter Erhaltung des Wohnrechts2 des Grundeigentümers, wobei die untechnisch zu verstehende Rückzahlung der valutierten Gelder aus der Wohnimmobilie erfolgt.3 Diese Definition ist nicht an eine bestimmte Auszahlungsform, den Fälligkeitszeit1  Die nachfolgenden Ausführungen sind, der Internationalität der wirtschaftswissenschaftlichen Untersuchungen geschuldet, bewusst untechnisch gehalten und betrachten den Immobilienverzehr losgelöst von der Terminologie des deutschen Rechts. 2  Der Begriff des Wohnrechts ist in diesem Kontext untechnisch zu verstehen und umschreibt lediglich die Möglichkeit des Grundeigentümers, die Wohnimmobilie weiterhin zu Wohnzwecken nutzen zu können. 3  Arentz, Immobilienverzehr, S. 5  ff.; Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 55; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 19; Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 9; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 5 und 9; Stork, Immobilienverzehrpläne, S. 76; eine Zusammenfassung findet sich bereits bei Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877.



A. Der wirtschaftswissenschaftliche Begriff des Immobilienverzehrs51

punkt etwaig zu zahlender Zinsen oder die Vereinbarung eines Überschuldungsverzichts gebunden, unabhängig davon, ob derlei Vertragsgestaltungen in der Praxis üblich sind.4

II. Der Dualismus von Darlehen und Kauf Weitergehend besteht Einigkeit darüber, dass sich der Immobilienverzehr rechtstechnisch auf zwei Wegen verwirklichen lässt.5 Zum einen können die Parteien einen grundpfandrechtlich gesicherten Darlehensvertrag (Darlehensmodell bzw. loan model)6 schließen, zum anderen kann das Grundstück verkauft (Verkaufsmodell bzw. sale model)7 werden.8 1. Das Darlehensmodell a) Konzeption des Darlehensmodells In der Grundkonzeption des Darlehensmodells zahlt der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer einen vereinbarten Darlehensbetrag aus, wobei die Rückzahlungsverpflichtung so lange nicht fällig gestellt wird, wie der Dar­ lehensnehmer die Wohnimmobilie bewohnt.9 Die Auszahlung der Valuta er4  Siehe hierzu sogleich Kapitel 2: A.II.1.a), Konzeption des Darlehensmodells, S. 51. 5  Explizit und abstrahiert benennen dies Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/ Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 5; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 8; die übrigen Arbeiten implizieren diese Unterteilung lediglich auf Ebene der verschiedenen Produkte; siehe zusammenfassend hierzu grundlegend im deutschen Recht bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877 f.; siehe auch MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 92. 6  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 5; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 8. 7  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 5; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 8. 8  Arentz, Immobilienverzehr, S. 12, sowie auf der gleichen Seite Fußnote 11; Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 55 f.; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 22 f. und 25; Reifner/Clerc-Re­ naud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 5; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 8; Stork, Immobilienverzehrpläne, S.  77 f.; Wesierski, Immobilien & Finanzierung 2010, 382; siehe zusammenfassend hierzu bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877; siehe auch MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 91 und 93. 9  Arentz, Immobilienverzehr, S.  13; Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 55 ff.; Maier, Home Reversion und Reverse Mort­

52

Kap. 2: Wirtschaftliche Grundlagen des Immobilienverzehrs

folgt entweder in einer einzigen Summe, als periodische Zahlung, Kreditlinie oder als Kombination derselben.10 Auch ist die Vereinbarung einer lebenslangen, mit der dem deutschen Recht bekannten Leibrente (§§ 759 ff. BGB) vergleichbaren Auszahlung möglich, bei welcher zu Vertragsbeginn nicht feststeht, wie hoch der Rückzahlungsanspruch im Fälligkeitszeitpunkt sein wird.11 Abgesichert wird die Rückzahlungsverpflichtung durch die Bestellung eines Grundpfandrechts an der Wohnimmobilie.12 Einer expliziten Einräumung eines Wohnrechts bedarf es demnach nicht, da der Grundeigentümer sein Eigentum an der Immobilie behält.13 In der Vielzahl der Fälle wird ein Überschuldungsverzicht vereinbart (non-recourse),14 durch welchen die Haftung des Kreditnehmers auf den durch die Zwangsverwertung der Immobilie rea-

gage, S. 25; Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 7; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 15; Stork, Immobilienverzehrpläne, S. 77; Wesierski, Immobilien & Finanzierung 2010, 382; siehe auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 91. 10  Siehe hierzu die grundlegende Analyse des europäischen Marktes von Reifner/ Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 37 f. sowie die internationale Marktanalyse von Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 19. Vgl. zur Auszahlungsmethode der US-amerikanischen Reverse Mortgage zudem grundlegend Hammond, 1 Elder L. J. 1993, 75, 91 (1993); siehe auch Arentz, Immobilienverzehr, S. 13; Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 56; Leis, Reverse Mortgage, S. 76; hierzu auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877 f.; MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 91. 11  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 18; hierzu auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877 f.; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 92. 12  Siehe grundlegend hierzu Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 7; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 15. Siehe speziell zur US-amerikanischen Reverse Mortgage Arentz, Immobilienverzehr, S. 13; Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 56; Leis, Reverse Mortgage, S. 61; siehe auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 91. 13  Leis, Reverse Mortgage, S. 74; Stork, Immobilienverzehrpläne, S. 92; vgl. auch Dietzel, Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, S. 139; Omlor, JuS 2017, 397, 398. 14  Siehe zum Begriff des non-recourse im Kontext der Reverse Mortgage bspw. Alsup, 55 Consumer Fin. L. Q. Rep., 207, 209 (2001); ders., 68 Tex. B. J., 1076, 1077 (2005); Nelson, N. C. Banking Inst. 13, 337, 343 (2009); aus neuerer Zeit Schieke, 47 Md. B. J., 26, 31 (2014); siehe auch zusammenfassend Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; hierzu auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877 f.; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 92.



A. Der wirtschaftswissenschaftliche Begriff des Immobilienverzehrs53

lisierbaren Erlös beschränkt wird.15 Überschreitet der Auszahlungsbetrag den Immobilienwert, erleidet der Kreditgeber folglich einen Verlust, weshalb sich für diesen ein Interesse an der genauen Kalkulation der Auszahlungsbeträge16 sowie an einer positiven Entwicklung des Immmobilienwerts ergibt.17 Vor diesem Hintergrund ist auch die Vereinbarung von Instandhaltungsklauseln zu sehen, also die vertragliche Verpflichtung des Kreditnehmers zur Instandhaltung der Immobilie.18 Darüber hinaus können schuldrechtliche Verkaufsund Vermietungsverbote vereinbart werden, die bezwecken sollen, dass nur der Kreditnehmer, dessen Verhalten der Kreditgeber durch den persönlichen Kontakt abschätzen kann, die Immobilie bewohnt und somit eine zuverlässige Instandhaltung gewährleistet wird.19 Jedoch ist der Verkauf der Immobilie nicht zwingend dergestalt, dass die Rückzahlungsverpflichtung nur durch die Verwertung der Immobilie beglichen werden könnte: Haben die Erben des Kreditnehmers ein Interesse am Erhalt der Wohnimmobilie, können diese die Rückzahlungsverpflichtung auch unter Verwendung anderer, liquider Mittel tilgen (sog. redemption).20 Bei Vereinbarung eines Überschuldungsverzichts können die Parteien hierzu jedoch nicht gezwungen werden.21 Auch können Sonderkündigungsrechte vereinbart werden, durch welche bei Eintritt eines vertraglich vereinbarten Ereignisses die Rückzahlung vorzeitig fällig gestellt werden kann (default events).22 Beispiele hierfür sind Kündigungsklauseln bei Auszug des Grundstückseigentümers, längerer Va-

15  Siehe grundlegend hierzu Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 42; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 46; siehe auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 92. 16  Siehe näher hierzu Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko, S. 60 f. 17  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 121 ff. 18  Vgl. Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 122; siehe auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 92. 19  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 131. 20  Kulms, ZfIR 2002, 614, 617; siehe weiterhin Lang, Reverse Mortgage als ­Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 58; Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 6; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 13 Fn. 2; siehe auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 92. 21  Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 58 Reilly, 5 Elder L. J., 17, 19 (1997); Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 51. 22  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 131.

54

Kap. 2: Wirtschaftliche Grundlagen des Immobilienverzehrs

kanz der Immobilie oder einem Verstoß gegen sonstige vertragliche Pflichten, z. B. der Instandhaltungspflicht.23 b) Produktformen des Darlehensmodells Es gilt indes, die Begrifflichkeit des Darlehensmodells von den in den jeweiligen Ländern unter unterschiedlichen Namen bekannten Produktformen zu unterscheiden, deren Bezeichnung sowohl von der Wahl des zugrunde liegenden Modells als auch den Produktkonditionen abhängt. Produkte, die dem Darlehensmodell zugeordnet werden können, werden im US-amerikanischen Recht klassischerweise als Reverse Mortgage bezeichnet, während sich in Großbritannien der Begriff der Lifetime Mortgage durchgesetzt hat.24 International hat sich in Anlehnung an das US-amerikanische Recht hingegen ebenfalls der Begriff des Reverse Mortage etabliert.25 Der Begriff der Lifetime Mortgage rückt dabei die Verknüpfung der Vertragslaufzeit mit dem Leben des Darlehensnehmers in den Vordergrund,26 da die Parteien vereinbaren, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung erst im Todeszeitpunkt des Darlehensnehmers fällig werden soll.27 Zwar ist dies auch bei der Reverse Mortgage der Fall, doch stellt der Begriff der Reverse Mortgage im Schwerpunkt darauf ab, dass der wirtschaftliche Wert der Immobilie angesichts der sich aufsummierenden Rückzahlungsverpflichtung im Zeitverlauf immer weiter abnimmt.28 Im Gegensatz hierzu nimmt die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung beim klassischen Tilgungsdarlehen mit fortschreitender Vertragslaufzeit tendenziell ab.29 Letztlich handelt es sich jedoch um terminologische Fragen, da beide Begriffe das gleiche Phänomen be23  Schneider,

Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 131. spricht das U.S. Department of Housing and Urban Development von Reverse Mortgages, siehe hierzu beispielhaft U.S. Department of Housing and Urban Development, Home Equity Conversion Mortgages for Seniors, während die englische Financial Conduct Authority von Lifetime Mortgage spricht, vgl. hierzu Rn. 1.2.2. (2) des Mortgage and Home Finance: Conduct of Business sourcebook (MCOB); zusammenfassned so auch Arentz, Immobilienverzehr, S. 12; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 15 und S. 64; Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsintrument in Deutschland, S. 75; Leis, Reverse Mortgage, S. 59; zusammenfassend Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877  f.; siehe auch MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 91 und 93. 25  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 15. 26  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 15. 27  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 15. 28  Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 56; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 16. 29  Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 56; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 16. 24  So



A. Der wirtschaftswissenschaftliche Begriff des Immobilienverzehrs55

schreiben.30 In Deutschland hat sich vor Verabschiedung des Finanzaufsichtsrechteergänzungsgesetzes31, in Anlehnung an die Reverse Mortgage, der Begriff der Umkehrhypothek etabliert.32 Problematisch an dieser begrifflichen Festlegung ist jedoch, dass die Absicherung im Einzelfall nicht zwangsläufig durch eine Hypothek, sondern auch durch eine Grundschuld erfolgen kann,33 so dass der Begriff zu eng erscheint. Zudem ist die Begrifflichkeit nicht durch das BGB vorgegeben und verkürzt den gesamten Vorgang, der aus dem Abschluss des Darlehensvertrages und der Sicherungsabrede sowie der Bestellung des Grundpfandrechts besteht, auf die bloße sachenrechtliche Besicherung. Weiterhin impliziert der Begriff, dass sich hinter der Umkehrhypothek ein eigenes sachenrechtliches Rechtsinstitut verbirgt.34 Wie der weitere Verlauf der Untersuchung zeigen wird, ist es vorzugswürdig den Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, wie er nun dem deutschen Recht durch § 491 Abs. 3 S. 4 BGB bekannt geworden ist, zu verwenden.35 Je nach Ausgestaltung der Zahlungsmodalitäten und der Festlegung des Fälligkeitszeitpunktes haben sich am (internationalen) Markt verschiedene Unterformen der Reverse- bzw. Lifetime Mortgage herausgebildet. Die international gängigste Form ist dabei die sog. Roll-Up-Reverse- bzw. Lifetime Mortgage.36 Bei dieser schuldet der Darlehensnehmer keine laufenden Til30  Schneider schlägt in diesem Kontext den Begriff der Reverse Lifetime Mortgage vor, da nur dieser Begriff beide Elemente des Immobilienverzehrs vereinen würde, misst dieser Frage angesichts der etablierten Bezeichnung der Reverse bzw. Lifetime Mortgage jedoch keine weitere Bedeutung zu, siehe hierzu Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 15. 31  Siehe hierzu ausführlich mit Nachweisen unten Kapitel 4: B.I., Normgenese, S. 182. 32  Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 3; Depré/Cranshaw, § 12 Rn. 2 dort Fn. 3; Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 56; Münch­ KommBGB/Lieder, § 1113 Rn. 108; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 19; Metz, Immobilien & Finanzierung 2010, 388; Müller, VW 2010, 924; Rave, Immobilien & Finanzierung 2010, 384; Schnabl, NZM 2007, 714; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 16; Stork, Immobilienverzehrpläne, S.  76 ff.; Richter, HanseLR 2010, 39, 41; Vogt, Immobilien & Finanzierung 2010, 386; Tiffe, Immobilien & Finanzierung 2007, 586; Wesierski, Immobilien & Finanzierung 2010, 382; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Einl. §§ 1113 ff. Rn. 22; insgesamt hierzu und weiteren Begriffen siehe auch Reifner/Feldhusen/Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, § 9 Rn. 73. 33  Kulms, ZfIR 2002, 614, 621; Schnabl, NZM 2007, 714, 716. 34  So zu Recht der Einwand von Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Einl. §§ 1113 ff. Rn. 22. 35  Ausführlich zur Auslegung des Tatbestands des Immobilienverzehrkreditvertrages siehe unten Kapitel 4: B.III., Auslegung des Tatbestands: Immobilienverzehrkreditvertrag, S.  194 ff. 36  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 18.

56

Kap. 2: Wirtschaftliche Grundlagen des Immobilienverzehrs

gungen bzw. Zinszahlungen, vielmehr erfolgt die Rückzahlung des überlassenen Betrags nebst Zinsen, wie bei einem tilgungsfreien bzw. endfälligen Darlehen,37 durch Zahlung eines Einmalbetrags (bullet repayment38) bei Fälligkeit.39 Kombiniert wird diese Art der Reverse- bzw. Lifetime Mortgage am häufigsten mit der Auszahlungsform der Einmalauszahlung zu Vertragsbeginn.40 Schuldet der Darlehensnehmer laufende Zinszahlungen und bei Fälligkeit die bloße Rückzahlung des überlassenen Geldbetrages, spricht man von Home Income Plan.41 Wird hingegen ein fester Zinsbetrag vereinbart, der gleich zu Beginn der Vertragslaufzeit zu leisten ist, handelt es sich um eine Fixed Repayment (bzw. Fixed Debt) Lifetime- bzw. Reverse Mortgage.42 Werden überhaupt keine oder sehr niedrige Zinsen und zugleich eine Teilhabe an der positiven Wertentwicklung der Immobilie vereinbart, handelt es sich um eine Shared Appreciation Lifetime- bzw. Reverse Mortgage.43 In rechtstatsächlicher Hinsicht ließen sich im Jahr 2007 im europäischen Raum 39.700 Verträge nachweisen, die das Darlehensmodell zum Gegenstand hatten.44 2. Das Verkaufsmodell Im Gegensatz zum Darlehensmodell trifft den Grundstückseigentümer im Fall des Verkaufsmodells die Pflicht, das Eigentum an der Wohnimmobilie an den Vertragspartner zu übertragen.45 Dieser wiederum ist verpflichtet, dem ehemaligen Grundstückseigentümer ein Wohnrecht einzuräumen und den Kaufpreis für die Immobilie zu leisten.46 Der Kaufpreis kann dabei 37  Siehe zum tilgungsfreien bzw. endfälligen Darlehen statt vieler Staudinger/ Freitag, 2015, § 488 Rn. 29. 38  Siehe zum Begriff des bullet repayments statt vieler Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 29. 39  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 18. 40  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 18. 41  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 18. 42  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 18 f. 43  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 18. 44  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 21. 45  Grundlegend hierzu Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 7; vgl. zudem zusammenfassend aus deutscher Sicht Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 22; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 10 f.; Wesierski, Immobilien & Finanzierung 2010, 382; siehe auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877  f.; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 93. 46  Grundlegend Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 7; siehe auch Maier, Home Reversion und



A. Der wirtschaftswissenschaftliche Begriff des Immobilienverzehrs57

entweder als einmaliger Betrag, als beständige Rente bis zum Lebensende des Grundstückseigentümers, als Kreditlinie oder als Kombination derselben ausgezahlt werden.47 Wirtschaftlich betrachtet hat der Kreditgeber48, zumindest im Fall der Rentenauszahlung, ein Interesse daran, dass der ehemalige Grundstückseigentümer früh verstirbt, damit die Belastung mit der Auszahlungspflicht zeitlich möglichst gering ausfällt.49 Auch hat der Kreditgeber ein Interesse daran, den Wert der Immobilie über die Vertragslaufzeit hinweg zu erhalten, da er diese mit dem Tod des ehemaligen Grundstückseigentümers selbst verwerten wird, um die vorgeschossenen Auszahlungsbeträge zu kompensieren.50 Ein Ausfallrisiko besteht deswegen, weil die aufsummierten Rentenauszahlungsbeträge den Wert der Immobilie übersteigen51 können und beim Grundstückseigentümer kein Rückgriff für die Differenz zwischen Auszahlungsbetrag und Immobilienwert genommen werden kann.52 Jedoch verbleiben etwaige Überschüsse beim Kreditgeber und werden nicht an die Erben ausgekehrt, falls nichts Gegenteiliges vereinbart wurde oder der Kreditgeber nicht vollständig Eigentum erworben hat.53 In vielen Fällen wird den Erben indes ein Rückkaufsrecht eingeräumt.54 Reverse Mortgage, S. 21 ff.; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S.  10 f.; Wesierski, Immobilien & Finanzierung 2010, 382; siehe auch Freitag/ Allstadt, WM 2017, 1877, 1878; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 93. 47  Grundlegend Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 37 f.; siehe auch Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 21 ff.; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S.  11 m. w. N. 48  Terminologisch wird in der vorliegenden Arbeit auch im Falle des Sale-Modells vom Kreditnehmer gesprochen. Dies rechtfertigt sich aus der wirtschaftlichen Erwägung heraus, dass der Verkauf der Immobilie nach dem Tod des ehemaligen Grundstückseigentümers nur ein notwendiges Zwischenstadium darstellt, um den vorgeschossenen Auszahlungsbetrag zu kompensieren, vgl. hierzu die nachfolgenden Ausführungen. Obgleich rechtstechnisch ein Verkauf vorliegen mag, verschafft der Kreditgeber dem Grundstückseigentümer, der folgerichtig als Kreditnehmer bezeichnet wird, Kaufkraft auf Zeit und damit Kredit, siehe zum Kreditbegriff statt vieler Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 22; siehe darüber hinaus die Nachweise in Fn. 247. 49  Vgl. Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 122. 50  Siehe hierzu grundlegend Shiller/Weiss, Real Estate Economics 2000, 1 ff.; siehe hierauf aufbauend Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mort­ gages, S. 125. 51  Vgl. Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 119 f. 52  Schnabl, NZM 2007, 714, 715. 53  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 12; hierzu auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877 f.; ähnlich MünchKommBGB/Schürnbrand/ Weber, § 491 Rn. 93. 54  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 12 Fn. 3.

58

Kap. 2: Wirtschaftliche Grundlagen des Immobilienverzehrs

Ebenso wie beim Darlehensmodell besteht für den Käufer beim Verkaufsmodell ein Interesse an der Erhaltung der Wohnimmobilie, weswegen auch hier Instandhaltungsklauseln vereinbart werden können.55 Produkte, die dem Sale-Modell folgen, sind in Großbritannien als Home Reversion Plan bekannt.56 Rechtstatsächlich ist das Verkaufsmodell mit 19.712 nachgewiesenen Vertragsschlüssen im europäischen Raum für das Jahr 2007, also mit 20.000 Abschlüssen Differenz zum Darlehensmodell, weit weniger verbreitet als letzteres.57

III. Abgrenzung zu sonstigen Instrumenten zur Nutzung von Wohnaktiva Abzugrenzen ist der Immobilienverzehr in seinen Spielformen von Darlehen und Kauf von Instrumenten, die aus wirtschaftlicher Perspektive ebenfalls der Nutzung von Wohnaktiva dienen.58 Zunächst ist der schlichte Verkauf des Grundstücks nicht vom Begriff des Immobilienverzehrs umfasst,59 da dem Grundeigentümer in diesem Fall kein Wohnrecht an der Wohnimmobilie zusteht.60 Auch eine erneute (bloße) Beleihung der Immobilie unterfällt nicht dem wirtschaftlichen Begriff des Immobilienverzehrs.61 Gleiches gilt für private oder professionelle „Sale and lease back“-Gestaltungen oder die bloße Vermietung der Immobilie.62 Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 122. zur begrifflichen Definition des Home Reversion Plans Art. 63B (3) Regulated Activites Order; vgl. zudem Arentz, Immobilienverzehr, S. 12; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 21 f.; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 64. 57  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 21. 58  Siehe die grafische Übersicht bei Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/ Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 10. 59  Arentz, Immobilienverzehr, S. 9 (Zuordnung zum Überbegriff der Eigenkapital­ entnahme, zu welchem Verkauf und Immobilienverzehr Untergruppen darstellen); Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 55; Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 10; anders Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 9, der den Verkauf dem Immobilienverzehr im weiteren Sinn zuordnet. 60  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 10. 61  Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 20 f.; Reifner/Clerc-Renaud/ Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 10; wiederum anders Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mort­ gages, S. 9, der die erneute Beleihung zumindest dem Immobilienverzehr im weiteren Sinn zuordnet. 55  Vgl.

56  Siehe



B. Parteien und Interessenlage59

B. Parteien und Interessenlage I. Der Kreditgeber In rechtstatsächlicher Hinsicht werden Immobilienverzehrprodukte in Europa allen voran von Banken und Versicherungsunternehmen sowie eigens hierauf spezialisierten Kreditgebern und Immobilieninvestoren vergeben.63 1. Interessenlage Die Interessenlage des Immobilienverzehrkreditgebers ist im Fall der Darlehensvariante64 im Ausgangspunkt nicht anders zu bewerten als die des klassischen Darlehensgebers. So hat der Kreditgeber ein Interesse an der Rückzahlung der von ihm ausgezahlten Raten bei Fälligkeit durch den Kreditnehmer.65 Die Bereitstellung bzw. Belassung des Kreditbetrages bis zum Fälligkeitszeitpunkt lässt sich der Kreditgeber durch ein Entgelt in Form von Zinsen bezahlen.66 Im Unterschied zum klassischen Darlehensgeschäft ist die Kalkulation des Auszahlungsbetrages jedoch weitaus komplexer und die Kreditvergabe somit risikoreicher.67 Kulminationspunkt der Risiken sind Fallgestaltungen, in denen die Rückzahlung einzig durch die Verwertung der Immobilie geleistet werden soll, die Grundstückseigentümer bzw. deren Erben also nicht persönlich haften („non-recourse“).68 Ist die Wertermittlung der eingesetzten Sicherheit bereits bei Gewährung eines regulären Darlehens ein maßgeblicher Kalkulationsschritt, so gilt dies nach dem soeben Gesagten erst recht für Modelle des Immobilienverzehrs.69 Der Kreditgeber hat deshalb ein gestei62  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 10; dagegen Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 9 für die Einbeziehung von Sale and Lease Back-Gestaltungen. 63  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 27. 64  In Anbetracht des Untersuchungsgegenstandes wird im Folgenden vornehmlich das Darlehensmodell untersucht. 65  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 8. 66  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 8. 67  Siehe hierzu Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko, S. 60 f. 68  Siehe bereits die Nachweise in Fn. 14; der Begriff non-recourse entstammt dem US-amerikanischen Recht, eine international gängigere Bezeichnung für den Überschuldungsverzicht ist Non Negative Equity Guarantee (NNEG), siehe hierzu Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 46. 69  Vgl. zu dieser Einschätzung Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 118.

60

Kap. 2: Wirtschaftliche Grundlagen des Immobilienverzehrs

gertes Interesse an der Wertentwicklung der Immobilie, da er im Fälligkeitszeitpunkt, insofern die Erben das Grundstück nicht auslösen wollen, nicht im Wege der Zwangsvollstreckung auf die übrigen Vermögensgegenstände des Kreditnehmers zugreifen kann, um den Ausfall zu kompensieren.70 Anders als beim Verkaufsmodell steht dem Darlehensgeber zwar kein Recht auf den die Schuld übersteigenden Teil des Immobilienwerts zu, so dass nicht von einer Wette auf den frühen Tod des Darlehensnehmers im Sinne eines Spekulationsgeschäfts gesprochen werden kann.71 Nachdem jedoch der Zinsgewinn für den Darlehensgeber dann am höchsten ist, wenn der Darlehensnehmer zum kalkulierten Termin hin verstirbt, da dort das Optimum72 zwischen Gewinn und Werthaltigkeit des Grundstücks bzw. Verlust­ risiko erreicht wird,73 und dieses Ziel mit Blick auf die Haftungsbeschränkung ebenfalls von Unwägbarkeiten abhängt, enthält das Geschäft zumindest spekulative Züge. Es scheint daher vorzugswürdig von einer Wette auf den zeitlich kalkulierten Tod des Darlehensnehmers zu sprechen.74 Auf die Risiken des Immobilienverzehrs lässt sich der Darlehensgeber dennoch ein, um Zinsen von Personen generieren zu können, denen ansonsten kein Darlehen hätte ausgezahlt werden können.75 2. Wirtschaftliche Risiken a) Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko Das zentrale Risiko bei der Vergabe von Immobilienverzehrprodukten liegt im sog. „Überschreitungsrisiko (crossoverrisk)“76. Dieses beschreibt den 70  Schneider,

Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 119. NZM 2007, 714, 716. 72  Diese Einsicht ist dem Umstand geschuldet, dass ein zu früher Tod des Darlehensnehmers einen kalkulatorischen Zinsverlust nach sich zieht, während ein zu später Tod – vor allem in Fällen einer vereinbarten Haftungsbeschränkung – dazu führt, dass die Schuldhöhe den Immobilienwert übersteigt und der Darlehensgeber somit zumindest hinsichtlich eines Teils der Schuld ausfällt. Ein bloßes Vorversterben ist somit – anders als in Fällen des Verkaufsmodells – gerade nicht im Interesse des Darlehensgebers. Siehe hierzu sogleich ausführlich und mit Nachweisen Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 60 ff. 73  Siehe hierzu sogleich ausführlich und mit Nachweisen Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 60 ff. 74  Andere Ansicht Schnabl, NZM 2007, 714, 716, der dem Darlehensmodell jegliche spekulativen Züge in Folge der ungewissen Lebensdauer des Darlehensnehmers abspricht. 75  So indirekt Rave, Immobilien & Finanzierung 2010, 384. 76  Zum Begriff des Crossover Risk siehe Chinloy/Megbolugbe, Journal of the American Real Estate and Urban Economics Association 1994, 367, 372; diese auf71  Schnabl,



B. Parteien und Interessenlage61

Punkt, an welchem der ausgezahlte Kreditbetrag (insbesondere bei lebenslanger Auszahlung) bzw. die Höhe der Zinslast (im Falle der endfälligen Zahlung) den Wert der Immobilie überschreiten werden.77 Aufgrund des üblicherweise vereinbarten Überschuldungsverzichts sieht sich der Kreditgeber einem Ausfall der ausstehenden Rückzahlungsverpflichtung für den Fall gegenüber, dass die Erben des Kreditnehmers von ihrem Recht zur Auslösung des Grundstücks keinen Gebrauch machen.78 Ob der Wert der Rückzahlungsverpflichtung den Wert der Immobilie übersteigt, hängt dabei von drei wesentlichen Parametern ab, die sich jedoch gegenseitig bedingen und beeinflussen: den Laufzeitrisiken, dem Zinsrisiko und dem Risiko schwankender Immobilienpreise.79 Das erste in die Kalkulation einzubeziehende Risiko ist das sog. Laufzeitrisiko, also das Risiko, dass die angedachte und die tatsächliche Vertragslaufzeit voneinander abweichen.80 Denn der Kreditgeber hat ein Interesse an einer exakten Bestimmung derselben, um die Höhe der ausgezahlten Raten greifend grundlegend in der deutschen wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 120; siehe darüber hinaus Arentz, Immobilienverzehr, S. 126; auch wird von crossover point gesprochen, siehe hierzu Phillips/Gwin, 44 Transactions Of Society Of Actuaries, 289, 293 (1992); oder von collateral bzw. equity risk, siehe hierzu Miceli/Sirmans, Journal of the American Real Estate and Urban Economics Association 1994, 433. 77  Grundlegend zu den Risikoarten Phillips/Gwin, 44 Transactions Of Society Of Actuaries, 289, 293 (1992); diese mit teils verschiedenen Übersetzungen der Risikoarten aufgreifend Arentz, Immobilienverzehr, S. 126 ff.; Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland; S. 58; Leis, Reverse Mortgage, S. 147; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 41 ff.; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 121; im Ansatz auch Vetter, Altersvorsorge und Immobilien, S. 98. 78  Siehe zum Überschuldungsverzicht mit Nachweisen bereits oben Kapitel 2: A.II.1.a), Konzeption des Darlehensmodells, S. 52. 79  Grundlegend zu den Risikoarten Phillips/Gwin, 44 Transactions Of Society Of Actuaries, 289, 293 (1992); diese mit teils verschiedenen Übersetzungen der Risikoarten aufgreifend Arentz, Immobilienverzehr, S. 126 ff.; Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland; S. 58; Leis, Reverse Mortgage, S. 147; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 41 ff.; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 121; im Ansatz auch Vetter, Altersvorsorge und Immobilien, S. 98; siehe hierzu, jedoch wesentlich knapper, auch Rave, Immobilien & Finanzierung 2010, 384, 385; Wesierski, Immobilien & Finanzierung 2010, 382, 383. 80  Grundlegend im Bereich des Immobilienverzehrs Phillips/Gwin, 44 Transactions Of Society Of Actuaries 44, 289, 295 (1992), welche allerdings undifferenziert auf die verbleibende Zeit des Kreditnehmers in der Immobilie abstellen; sowie diese aufgreifend Mitchell/Piggott, Unlocking Housing Equity in Japan, S. 24; darauf aufbauend und Unterkategorien bildend Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 121; siehe weiterhin Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 57; Leis, Reverse Mortgage, S. 109.

62

Kap. 2: Wirtschaftliche Grundlagen des Immobilienverzehrs

sowie die Zinsmarge gewinnbringend kalkulieren zu können.81 Wird einerseits die Lebensdauer des Kreditnehmers zu kurz geschätzt und damit einhergehend die Vertragsdauer zu kurz angesetzt, besteht das Risiko, dass die ausgezahlten Beträge (im Fall der lebenslangen Auszahlung) bzw. die Zinsen (in den sonstigen Fällen) den Immobilienwert übersteigen und somit ein Verlust entsteht.82 Wird andererseits die Lebensdauer des Kreditnehmers zu lang und damit folgend die Vertragsdauer zu lang geschätzt, realisieren sich einkalkulierte Zinsen nicht, die anderenfalls angefallen wären (kalkulatorischer Verlust).83 Aber nicht nur die Ungewissheit über die Lebensdauer des Kreditnehmers (sog. Langlebigkeitsrisiko) bedingt eine exakte Festlegung der Vertragsdauer, sondern auch die Ungewissheit über eine sonstige verfrühte Fälligstellung der Rückzahlungspflicht, etwa infolge eines unerwarteten Auszugs des Kreditnehmers aus der Immobilie (Mobilitätsrisiko) oder einer sonstigen verführten Kündigung84 (Sonderkündigungsrisiko) seitens einer der Vertragsparteien.85 Hierunter fällt auch das Risiko einer verfrühten Rückzahlung des Darlehens durch den Darlehensgeber, wobei dem Darlehensgeber in diesem Fall zumindest eine Vorfälligkeitsentschädigung zusteht.86 Dem Langlebigkeitsrisiko kann dabei durch die Einbeziehung von Sterbetafeln in die Kalkulation in gewissen Maßen entgegengewirkt werden.87 Als zweites stellt sich die Frage nach der exakten Kalkulation der Zinsen (sog. Zinsrisiko).88 Unterteilt werden kann das Zinsrisiko wiederum in das Kongruenzrisiko und das Anpassungsrisiko.89 Das Kongruenzrisiko be81  Schneider,

Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 122. Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 122. 83  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 122. 84  Grundlegend hierzu Klein/Sirmans, Journal of the American Real Estate and Urban Economics Association 1994, 409, 430 f.; siehe auch Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 122. 85  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 121 f. 86  Leis, Reverse Mortgage, S. 137; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 122. 87  Leis, Reverse Mortgage, S. 109; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S.  53 ff.; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 127. 88  Grundlegend zum Zinsrisiko Phillips/Gwin, 44 Transactions Of Society Of Actuaries, 289, 293 und 298 (1992); siehe auch Boehm/Ehrhardt, Journal of the American Real Estate and Urban Economics Association, 387; diese aufgreifend Arentz, Immobilienverzehr, S. 145; Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 56; Leis, Reverse Mortgage, S. 116; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 47; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mort­ gages, S. 123. 89  Siehe zu dieser begrifflichen Einteilung Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 123. 82  Schneider,



B. Parteien und Interessenlage63

schreibt das bei Verwendung von Zinsanpassungs- bzw. Zinsgleitklauseln90 bestehende Verlustrisiko, das sich daraus ergeben kann, dass die Zinshöhe stärker ansteigt als erwartet und somit der Überschreitungsbetrag früher als kalkuliert erreicht wird.91 Gegenteiliges beschreibt das Anpassungsrisiko: Wird zum einen auf die Vereinbarung einer Zinsanpassungsklausel verzichtet und zum anderen die gesamtwirtschaftliche Zinsentwicklung zu pessimistisch eingeschätzt, können vom Kreditnehmer nur die im Vergleich zum Marktzins geringeren Zinsen vereinnahmt werden, so dass wiederum ein kalkulatorischer Verlust entsteht.92 Abschließend ist das Risiko schwankender Immobilienpreise in die Kalkulation einzubeziehen.93 Wird der Immobilienwert zu Vertragsbeginn zu hoch angesetzt und nimmt er im Zeitverlauf ab, so wird der Überschreitungszeitpunkt früher erreicht als einkalkuliert, so dass bei weiterhin bestehender Auszahlungspflicht zwangsläufig ein Verlust entsteht.94 Dieses Immobilienpreisrisiko lässt sich unterteilen in ein allgemeines Immobilienmarktrisiko und das speziell vom Kreditnehmer abhängige Moral-Hazard-Risiko.95 Das Moral-Hazard-Risiko beschreibt die Gefahr eines abnehmenden Immobilienwertes infolge mangelnder Instandhaltung durch den Kreditnehmer trotz bestehender vertraglicher Instandhaltungspflichten.96 Vor diesem Hintergrund erklärt sich das Interesse des Kreditgebers an der genauen Bestimmung der (Rest)Lebensdauer des Kreditnehmers, an der exakten Bestimmung des Zinses sowie an einem konstant bleibenden bzw. steigenden Immobilienwert.

90  Siehe zur Funktionsweise von Zinsanpassungs- bzw. Zinsgleitklausel und deren Abgrenzung statt vieler MünchKommBGB/Berger, § 488 Rn. 171 ff.; Staudinger/ Freitag, 2015, § 488 Rn. 190 ff. 91  Kulms, ZfIR 2002, 614, 616; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 123. 92  Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 60; Leis, Reverese Mortgage, S. 99 f.; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 123. 93  Kulms, ZfIR 2002, 614, 616; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 124. 94  Kulms, ZfIR 2002, 614, 616; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 124. 95  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 124. 96  Grundlegend zum immobilienverzehrspezifischen Moral-Hazard-Problem Miceli/Sirmans, Journal of the American Real Estate and Urban Economics Association 1994, 433 ff.; Shiller/Weiss, Real Estate Economics 2000, S. 1 ff.; zusammenfassend Leis, Reverse Mortgage, S. 128; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 125.

64

Kap. 2: Wirtschaftliche Grundlagen des Immobilienverzehrs

Eine teilweise Absicherung dieser Risiken lässt sich durch die Vereinbarung von Zinsanpassungs-97 und Instandhaltungsklauseln erreichen.98 b) Sonstige Risiken Neben dem Hauptrisiko der Überschreitung des antizipierten Versorgungswertes ergeben sich für den Kreditgeber weitere, untergeordnete Risiken. So kann eine gescheiterte Einführung bzw. mangelhafte Konzeption von Immobilienverzehrprodukten zu Reputationsschäden führen.99 Auch können Liquiditätsengpässe auftreten, wenn der Kreditgeber kurzfristig einen hohen Geldbetrag zur Verfügung stellen muss.100 Abschließend besteht das Risiko von Informationsasymmetrien (adverse Selektion), Ausgabenrisiken für die erstmalige Kalkulation des Produkts sowie Abwicklungsrisiken (Bewertung der Immobilie, Auseinandersetzung mit den Erben etc.).101

II. Der Kreditnehmer Der Definition des Immobilienverzehrs folgend nutzten europäische Kreditnehmer das Darlehensmodell zwingend zu privaten und gerade nicht zu gewerblichen Zwecken.102 In der Vergangenheit schloss eine Vielzahl von Anbietern Verträge lediglich mit Personen ab, die ein Alter von mindestens 55 Jahren erreicht hatten (andere Anbieter legten das Alterslimit bei 60 oder 65 Jahren fest), so dass das Durchschnittsalter des Kreditnehmers 72 Jahre betrug.103 Der durchschnittliche Kreditnehmer verfügte über 300.000 Euro Grundvermögen, wohnte in einem städtischen Gebiet und nutzte die zusätzlichen Mittel für Konsumausgaben.104 97  Jedoch ist die Verwendung dieser Klauseln auch mit Gefahren verbunden, siehe hierzu soeben unter Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 63. 98  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 122 f. 99  Lang, Reverse Mortgages als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 62; Leis, Reverse Mortage, S. 141; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 126. 100  Leis, Reverse Mortgage, S. 140. 101  Näher hierzu Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S.  125 f. 102  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 28. 103  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 28; zusammenfassend Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877; prägnant auch MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 91. 104  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 28; zusammenfassend Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877;



B. Parteien und Interessenlage65

1. Interessenlage a) Liquiditätsbedürfnis und Eigenkapitalbindung Nach der von Modigliani und Brumberg begründeten Lebenszyklushypothese, die das Konsum- und Sparverhalten von Privatpersonen sowie die Entwicklung ihrer Vermögenswerte in verschiedenen Lebensabschnitten zum Gegenstand hat, bauen Individuen während ihrer Erwerbszeit Ersparnisse auf, um diese nach Austritt aus dem Erwerbsleben wieder abzubauen.105 Ziel dieses Vorgangs ist es, einen konstanten Konsum über die gesamte Lebenszeit der Person hinweg zu ermöglichen.106 Die Entsparung dient dabei der Kompensation des ab dem Eintritt in das Rentenalter geminderten regelmäßigen Einkommens.107 Darüber hinaus besteht ein erhöhtes Liquiditätsbedürfnis, da die Dauer des Kapitalverbrauchs infolge der Ungewissheit über die eigene Lebensdauer nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden kann und zudem unerwartete Ausgaben (Ausgabenschocks) nicht mit in die Kalkulation einfließen können.108 Problematisch hierbei ist jedoch, dass der Immobilienwert regelmäßig den größten Vermögenswert der Privatperson ausmachen wird,109 d. h. das Eigenkapital in der Immobilie gebunden ist.110 Zwar könnte die Wohnimmobilie verkauft werden, um den darin gebundenen Eigenkapitalwert wieder zu ver-

prägnant auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d; MünchKommBGB/Schürnbrand/ Weber, § 491 Rn. 91. 105  Grundlegend hierzu Modigliani/Brumberg, Post-Keynesian Economics, S. 388, 390 ff.; Modigliani/Brumberg, The Collected Papers Of Franco Modigliani Volume 2, S. 128; zur empirischen Untermauerung siehe bspw. Modigliani/Ando, The Collected Papers Of Franco Modigliani Volume 2, S. 275 ff.; zusammenfassend Arentz, Immobilienverzehr, S.  73 ff.; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 26. 106  Grundlegend hierzu Modigliani/Brumberg, Post-Keynesian Economics, S. 388, 390 ff.; Modigliani/Brumberg, The Collected Papers Of Franco Modigliani Volume 2, S. 128; zusammenfassend Arentz, Immobilienverzehr, S. 73 ff.; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 26; siehe auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 91. 107  Grundlegend hierzu Modigliani/Brumberg, Post-Keynesian Economics, S. 388 und 390 ff.; Modigliani/Brumberg, The Collected Papers Of Franco Modigliani Volume 2, S. 128; zusammenfassend Arentz, Immobilienverzehr, S. 73 ff.; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 26. 108  Arentz, Immobilienverzehr, S. 77; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 27 f. 109  Metz, Immobilien & Finanzierung 2010, 388; Rave, Immobilien & Finanzierung 2010, 384. 110  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 5.

66

Kap. 2: Wirtschaftliche Grundlagen des Immobilienverzehrs

flüssigen, jedoch wäre hiermit auch der Auszug aus der Immobilie verbunden, den der Eigentümer regelmäßig scheuen wird.111 Diesem Problem treten die verschiedenen Immobilienverzehrinstrumente entgegen. Im Fall der grundpfandrechtlichen Besicherung des Grundstücks ist zu Lebzeiten keine Eigentumsübertragung geschuldet, im Falle der Verkaufslösung wird ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt.112 Somit kann der (vormalige) Grundstückseigentümer seine Immobilie weiterhin bewohnen und erhält dennoch einen Teil113 des in der Immobilie gebundenen Eigenkapitals ausgezahlt.114 Das zusätzlich ausgezahlte Kapital kann dabei verschiedenen Konsumzwecken dienen: Zum einen können bereits aufgelaufene Rückzahlungsverpflichtungen aus anderen Darlehensverträgen getilgt werden.115 Zum anderen kann das zusätzliche Kapital genutzt werden, um Instandhaltungsarbeiten an der Immobilie vorzunehmen oder zusätzliche Reserven für plötzlich auftretende Ausgaben, Pflegekosten oder Versicherungen zu bilden.116 Auch können die Einnahmen schlicht der Erhöhung des Lebensstandards bzw. dessen Erhaltung nach Renteneintritt dienen.117 Schließlich kann der Grundstückseigen­ tümer die Auszahlungen auch aus altruistischen oder egoistischen Gründen 111  Schneider stellt in diesem Kontext darauf ab, dass ältere Menschen nicht das Risiko eingehen wollen, dass der ausgezahlte Betrag infolge einer unterschätzen Lebensdauer völlig aufgezehrt wird, siehe hierzu Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 27. Siehe zum Bedürfnis, die Immobilie weiterhin bewohnen zu können, auch Kapitel 2: B.II.1.b), Bewohnbarkeit der Immobilie, S. 67. 112  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 5 f. 113  Aufgrund der vielseitigen Kalkulationsrisiken wird die Bank einen Sicherheitsabschlag vornehmen, so dass die Auszahlungen von einem verminderten Verkehrswert berechnet werden, siehe hierzu aus rechtstatsächlicher Sicht Verbraucherzen­ trale, Umkehrhypothek und Leibrente: Mietfrei im zuvor eigenen Haus wohnen; wo die Rede von einem 25 %igen Abschlag ist; siehe zudem auch Krauß, notar 2017, 312, 320. Das Eigenkapital wird also nur in dem Fall komplett ausgezahlt, in welchem die Bank das zu erwartende Alter falsch angesetzt hat, siehe hierzu Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 46; vgl. auch Kulms, ZfIR 2002, 614, 618 und 620. 114  Kulms, ZfIR 2002, 614; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 5 und 7; unhaltbar hingegen Omlor, JuS 2017, 397, 398, der davon spricht, dass durch den Immobilienverzehrkreditvertrag der Erwerb der Immobilie angestrebt werde. 115  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 30. 116  Kulms, ZfIR 2002, 614, 615; Sawyer, 26 Stetson L. Rev., 617, 620 (1996); PWW/Nobbe, § 491 Rn. 39; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mort­ gages, S. 30. 117  Kulms, ZfIR 2002, 614, 615; Nelson, 13. N.C. Banking Inst., 337 (2009); Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 30.



B. Parteien und Interessenlage67

an seine potentiellen Erben weiterleiten, also sein Erbe bereits zu Lebzeiten verteilen.118 b) Bewohnbarkeit der Immobilie Wie bereits angedeutet besteht seitens des Grundstückseigentümers ein Interesse daran, die Immobilie weiterhin bewohnen zu können.119 Ursächlich hierfür dürfte überwiegend ein gesteigertes Affektionsinteresse an der Immobilie sein.120 Zum einen sind mit dieser persönliche Erinnerungen verbunden.121 Zum anderen arbeiten Haushalte tendenziell ihr gesamtes Erwerbs­ leben dafür, die Wohnimmobilie abzuzahlen, also die für den Kauf der Immobilie aufgenommene Darlehensverpflichtung zu begleichen.122 Das Gewicht dieser These wird dadurch verdeutlicht123, dass Modelle, die einen Eigentumsübergang vor dem Todeszeitpunkt des Eigentümers vorsahen, in der Regel schlechter angenommen wurden als solche, bei denen das Eigentum erst nach dem Tod des Kreditnehmers übergegangen ist.124 c) Erbschaftsmotiv Schließlich ist noch das Verhältnis des Grundstückseigentümers zu seinen Erben zu beleuchten. So werden diejenigen Grundstückseigentümer keine Immobilienverzehrverträge abschließen, die das Eigentum an der Wohnimmobilie als Teil der Erbmasse auf den oder die Erben übergehen lassen wollen.125 118  Schneider,

Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 30. 1 Elder L. J., 75, 78 (1993); Leis, Reverse Mortgage, S. 374; Sawyer, 26 Stetson L. Rev., 617, 620 (1996); Shimeall, 4 Del. Law., 48 (1985). 120  Schnabl, NZM 2007, 714, 715; siehe darüber hinaus die folgenden Nachweise. 121  Ausführlich hierzu Stucki, Use Your Home to Stay at Home, S. 46; siehe auch Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 19; Schneider spricht insofern davon, dass dies eine bloße Hypothese ohne empirische Grundlage sei, Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 28. 122  Wesierski, Immobilien & Finanzierung 2010, 382, 383. 123  Siehe den Hinweis zur mangelnden Empirik dieser Aussage in Fn. 121. 124  So wurden die ersten am US-Markt erhältlichen Reverse Mortgage-Verträge, welche eine befristete Vertragslaufzeit vorsahen und somit den Auszug des Eigentümer bereits zu dessen Lebzeiten zur Folge hatten, von den Kunden nicht angenommen, siehe hierzu Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 27. 125  Eingehend zum Erbschaftsmotiv Arentz, Immobilienverzehr, S. 106, der die Hypothese aufstellt, dass das Vererbungsmotiv zukünftig immer weiter in den Hintergrund treten wird; siehe hierzu auch Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungs­ instrument in Deutschland, S. 63; Leis, Reverse Mortgage, S. 165; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 91 ff.; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 27. 119  Hammond,

68

Kap. 2: Wirtschaftliche Grundlagen des Immobilienverzehrs

Allerdings scheint dieses Motiv zunehmend in den Hintergrund zu treten.126 Denn zum einen sind die Kinder der Grundstückseigentümer, die im Regelfall als Erben anzusehen sein werden, mobiler als früher, so dass die Übernahme des elterlichen Hauses immer weniger in deren Lebenskonzept passt.127 Zum anderen haben die Kinder ein Interesse daran, dass ihre Eltern auf längere Zeit selbstbestimmt und wirtschaftlich unabhängig leben können, welches einem etwaigen Erbschaftsmotiv übergeordnet wird.128 Weiterhin muss das Erbschaftsmotiv der Nutzung des Immobilienverzehrs nicht zwangsläufig im Wege stehen: So kann das an den Grundstückseigentümer ausgezahlte Kapital von diesem bereits zu dessen Lebzeiten an die potentiellen Erben weitergegeben werden.129 d) Abgrenzung zu sonstigen Formen der Immobiliennutzung Insgesamt ist damit zu konstatieren, dass ältere Menschen, auf die die Beschreibung „home rich but cash poor“130 zutrifft, ein erhöhtes Liquiditätsbedürfnis aufweisen, um Konsumzwecke im Alter zu verfolgen. Aus den soeben erörterten Gründen kommt auch eine anderweitige Nutzung der Immobilie für betroffene Grundeigentümer nicht in Betracht:131 Als erste Alternative zum Immobilienverzehr drängt sich die Selbstnutzung der Immobilie durch bloßes Abwohnen auf.132 Zwar erspart sich der Grundeigentümer monatliche Mietzahlungen,133 jedoch würde er darüber hi126  Metz,

Immobilien & Finanzierung 2010, 388. Immobilien & Finanzierung 2010, 384. 128  Metz, Immobilien & Finanzierung 2010, 384. 129  Siehe hierzu Leis, Reverse Mortgage, S. 165. 130  Der Begriff „home rich but cash poor“ zieht sich durch weite Teile der deutschund englischsprachigen Literatur zum Immobilienverzehr und dient dabei als prägnantes Schlagwort, um die Charakteristika desselben auf den Punkt zu bringen, siehe hierzu beispielsweise Alsup, 68 Tex. B. J., 1076 (2005); Askin, 156 N. J. Law. 36, (1993); Hammond, 1 Elder L. J., 75, 76 (1993); Kulms, ZfIR 2002, 614, 615; Schnabl, NZM 2007, 714, 715; Stork, Immobilienverzehrpläne, S. 195; Rave, Immobilien & Finanzierung 2010, 384. 131  Siehe ausführlich hierzu Hammond, 1 Elder L. J., 75, 77 (1993); siehe weiterhin einzelne Aspekte erläuternd Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 55; Leis, Reverse Mortgage, S. 256; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 19; Schneider, Die Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 9. 132  Arentz, Immobilienverzehr, S. 8 f.; Lang, Reverese Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 55; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S.  19 ff. 133  Lang, Reverese Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 55; Maier, Home Reversion und Reverse Mortage, S. 9; Stork, Immobilienverzehrpläne, S. 74. 127  Metz,



B. Parteien und Interessenlage69

naus keine laufenden Auszahlungen generieren, so dass das Eigenkapital weiterhin in der Immobilie gebunden bliebe.134 Als weitere Möglichkeit der Liquiditätsgewinnung drängt sich der Verkauf der Wohnimmobilie und der daran anschließende Umzug in eine kleinere Immobilie bzw. Eingehung eines Mietverhältnisses auf.135 Anstelle eines verminderten Versorgungswertes könnte so der Marktpreis der Wohnimmobilie realisiert werden.136 Der damit verbundene obligatorische Auszug aus der Immobilie steht jedoch im direkten Widerspruch zum Wunsch nach der Bewohnbarkeit der Immobilie und macht diese Möglichkeit daher oftmals uninteressant.137 Eine alternative (Teil-)Vermietung der Immobilie dürfte in den meisten Fällen aufgrund einer mangelnden baulichen Trennung ebenfalls ausgeschlossen sein.138 Abschließend könnten Immobilienbesitzer ein Darlehen aufnehmen und die Wohnimmobilie als Realsicherheit einsetzen.139 Hiergegen sprechen jedoch zwei Gesichtspunkte. Zum einen fehlt es gerade an liquiden Mitteln zur laufenden Befriedigung des Darlehens.140 Zudem wäre hiermit das Risiko eines verfrühten Auszugs aus der Immobilie verbunden, wenn das Darlehen nicht bedient werden könnte und die Immobilie folglich zwangsverwertet werden müsste.141 Zum andern steht in Frage, ob betroffene Personen in Deutschland wegen §§ 505a, 505b Abs. 2 S. 3 BGB und § 18a Abs. 4 S. 3 KWG ein Darlehen erhalten würden.142 Denn gem. § 505a Abs. 1 BGB 134  Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 55; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, 21; Stork, Immobilienverzehrpläne, S. 74. 135  Hammond, 1 Elder L. J., 75, 79 f. (1993); Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 55; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 19; Schneider, Die Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 9; Stork, Immobilienverzehrpläne, S. 74; zum Mietkauf und zu Sale-and-LeaseBack-Gestaltungen Schnabl, NZM 2007, 714, 715. 136  Schneider, Die Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 11 und 46 und 136. 137  Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 55; Leis, Reverse Mortgage, S. 256; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 19. 138  Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 21. 139  Hammond, 1 Elder L. J., 75, 80 (1993); Leis, Reverse Mortgage, S. 256; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 20; Schneider, Die Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 9; Stork, Immobilienverzehrpläne, S. 74. 140  Hammond, 1 Elder L. J., 75, 80 (1993); Leis, Reverse Mortgage als Alters­ sicherungsinstrument in Deutschland, S. 256 f.; Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage, S. 21; Stork, Immobilienverzehrpläne, S. 74; Richter, HanseLR 2010, 39, 40. 141  Hammond, 1 Elder L. J., 75, 80 (1993). 142  Hierzu allgemein Schneider, Kalkulation von Lifetime- bzw- Reverse Mort­ gages, S. 22; siehe auch Richter, HanseLR 2010, 39, 40.

70

Kap. 2: Wirtschaftliche Grundlagen des Immobilienverzehrs

und § 18a Abs. 1 KWG ist das Kreditinstitut verpflichtet, die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers zu prüfen und gem. § 505a Abs. 1 S. 2 BGB, § 18a Abs. 1 S. 2 KWG die Darlehensvergabe zu verweigern, wenn eine Rückzahlung durch diesen als unwahrscheinlich gilt. Nicht hauptsächlich abgestellt werden darf auf den Wert der Immobilie (§505b Abs. 2 S. 3 BGB, § 18a Abs. 4 S. 3 KWG). Mangels laufenden Einkommens müsste das Kreditinstitut die Darlehensvergabe folglich ablehnen.143 2. Wirtschaftliche Risiken Auch wenn das Immobilienverzehrgeschäft vor allem für den anderen Vertragsteil mit teils erheblichen Risiken behaftet ist,144 sieht sich der Grundstückseigentümer ebenfalls einigen Risiken ausgesetzt.145 a) Insolvenz- bzw. Ausfallrisiko Wie bei jedem privatrechtlichen Rechtsverhältnis besteht die grundsätz­ liche Gefahr, dass der andere Vertragsteil infolge einer Insolvenz die vereinbarten Zahlungen nicht mehr erbringen kann.146 Im Bereich des Immobilienverzehrs hängt der Grad des Risikos vor allem von der Art der Auszahlung147 sowie der Art des Immobilienverzehrinstruments ab: So verwirklicht sich das Insolvenzrisiko bei einer geschuldeten Einmalauszahlung nur dann, wenn der andere Teil zwischen Vertragsschluss und Auszahlungszeitpunkt in die Insolvenz fallen sollte.148 Dies ist allerdings aufgrund des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs zwischen Vertragsschluss und Auszahlung, insbesondere bei Banken, als unwahrscheinlich zu bewerten.149 Bei einer vereinbarten Rentenzahlung oder der Einräumung einer Kreditlinie besteht das Risiko im 143  RegE-FinAufsRErgG

vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. hierzu bereits oben Kapitel 2: B.I.2., Wirtschaftliche Risiken, S. 60. 145  Vorliegend wird nur kurz auf die wirtschaftlichen Risiken des Immobilienverzehrs eingegangen. Zu einer eingehenden Auseinandersetzung sowohl der wirtschaftlichen als auch rechtlichen Risiken, speziell mit Fokus auf das US-amerikanische Recht, siehe unten Kapitel 3: B.I., Systematisierung der typischen Verbraucherrisiken, S. 75. 146  Grundlegend im Bereich des Immobilienverzehrs Mitchell/Piggott, Unlocking Housing Equity in Japan, S. 24; sowie diesen Gedanken aufgreifend Leis, Reverse Mortgage S. 147 f.; siehe auch Stork, Immobilienverzehrpläne, S. 192 f. 147  Siehe zu den Auszahlungsarten im US-amerikanischen Recht unten Kapitel 3: B.II.2.b)bb)(1), Die Auszahlungsformen, S. 94. 148  Dies ist jedoch praktisch zu vernachlässigen, siehe hierzu Leis, Reverse Mortgage, S. 147; sowie Mitchell/Piggott, Unlocking Housing Equity in Japan, S. 24. 149  Leis, Reverse Mortgage, S. 148. 144  Siehe



C. Zusammenfassung71

Zeitverlauf hingegen konstant.150 Insgesamt dürfte das Insolvenzrisiko jedoch gering ausfallen, da regelmäßig solvente Kreditinstitute als Vertragspartner auftreten.151 b) Inflations- und Zinsrisiko Insofern kein variabler Auszahlungsbetrag vereinbart wird, sieht sich der Kreditnehmer zudem dem Risiko ausgesetzt, dass, eine entsprechende wirtschaftliche Entwicklung vorausgesetzt, der reale Wert der Auszahlungsraten infolge der Inflation abnimmt.152

C. Zusammenfassung Unter Immobilienverzehr in wirtschaftswissenschaftlicher Hinsicht wird die Liquidierung des im Grundeigentum gebundenen Eigenkapitals zur Gewinnung eines Auszahlungsanspruchs unter Erhaltung des Wohnrechts verstanden. Rechtstechnisch lässt sich der Immobilienverzehr entweder durch darlehens- oder kaufartige Gestaltungen verwirklichen. Von diesen abstrakten Konstruktionsmöglichkeiten zu unterscheiden sind die verschiedenen Produktgestaltungen: Reverse- bzw. Lifetime-Mortgage und Home Reversion Plan, in deren unterschiedlichen Gestaltungsformen (unterschiedlicher Fälligkeitszeitpunkt von Rück- und oder Zinszahlungsverpflichtung, Auszahlungsform oder Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung). Im Falle des Darlehensmodells entspricht die Interessenlage des Kredit­ gebers derjenigen eines herkömmlichen Darlehensgebers: Durch die Überlassung des Kapitals soll ein Ertrag in Form von Zinsen gewonnen werden. Insbesondere bei Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung ist das sog. Überschreitungsrisiko zu beachten, welches sich aus den Unterkategorien des Laufzeit-, Zinsänderungs- und Immobilienwertrisikos zusammensetzt. Der Kreditnehmer ist hingegen auf die Liquidierung des im Grundeigentum gebundenen Eigenkapitals unter Verwendung des Darlehensmodells angewiesen, da er ansonsten über keine Liquidationsmöglichkeiten verfügt, bei welchen die Wohnimmobilie in seinem Eigentum verbleibt. Ein etwaiges Erbschaftsmotiv ist von zunehmend geringerer Bedeutung.

150  Leis,

Reverse Mortgage, S. 148.

151  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch,

Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 27; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 34. 152  Leis, Reverse Mortgage, S. 149.

Kapitel 3

Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts A. Methodische Vorüberlegungen Bevor im Weiteren die Regelungen des US-amerikanischen Rechts über den Immobilienverzehr untersucht werden, bedarf es einiger methodischer Vorüberlegungen. Zunächst soll die zu untersuchende Arbeitshypothese1 aufgestellt werden, die den weiteren Fortgang der Untersuchung konturiert. Zudem werden die Gründe dargelegt, warum sich insbesondere das USamerikanische Recht eignet, nach dem erfolgten Rechtsvergleich Rückschlüsse für das deutsche Recht zu ziehen. Abschließend wird die hier zugrunde gelegte Arbeitsmethodik dargestellt.

I. Arbeitshypothese und Wahl der Rechtsordnung Wie gesehen hat bislang keine tiefgehende Auseinandersetzung mit den praktischen und rechtlichen Problemen des Immobilienverzehrkreditvertrages im deutschen Recht stattgefunden,2 obgleich hiermit zahlreiche Rechtsprobleme verbunden sind. Zu nennen sind etwa die Fragen der Rechtsnatur des Immobilienverzehrkreditvertrages, der Auslegung der Begriffsbestimmung in § 491 Abs. 3 S. 4 BGB, dessen rechtliche Konstruktion oder die sich hieraus ergebenden zivilrechtlichen Weiterungen.3 Auch wird die Entscheidung des Gesetzgebers, den Immobilienverzehrkreditvertrag aus dem Schutzregime der §§ 491 ff. BGB auszunehmen, zu untersuchen und zu bewerten zu sein. Es stellt sich jedoch die Frage, warum gerade das US-amerikanische Recht zur Beantwortung dieser Fragen herangezogen werden sollte, das mit seinen dem Common Law angehörenden Rechtstraditionen und seiner Fokussierung auf das Fallrecht in dessen Grundlagen fundamental vom kontinentaleuro­ päischen Recht und seiner Kodifizierungspraxis abweicht.4 1  Siehe zu diesem methodischem Vorgehen Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, § 3 II S. 33. 2  Siehe hierzu oben Kapitel 1: B., Forschungsstand und Forschungsbedarf, S. 44. 3  Siehe hierzu unten Kapitel 4: Die Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im deutschen Recht, S. 157. 4  Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, § 14 I S. 177 ff.



A. Methodische Vorüberlegungen73

Zum ersten ist hierbei der Umstand zu nennen, dass das US-amerikanische Recht bezüglich des Immobilienverzehrs auf eine gewisse Rechtstradition zurückblicken kann.5 So wurde der erste in den Grundzügen der Reverse Mortgage angenäherte Kredit in den USA bereits im Jahr 1978 vergeben, während sich wenig später in den 1980er Jahren ein ganzer Markt für Reverse Mortgage-Verträge bildete.6 Ferner ist die durch die Federal Housing Administration (FHA) vergebene Förderung der sog. Home Equity Conversion Mortgage (HECM) zu nennen, bei welcher der Staat das Ausfallrisiko beider Vertragsparteien übernimmt.7 Auch Erfahrungen, die die US-amerikanische Rechtsordnung mit Missbrauchs- und Betrugsfällen gemacht hat,8 lassen deren Eignung für die hier formulierte Arbeitshypothese klar zum Vorschein treten. Darüber hinaus besitzen die vom US-amerikanischen Recht aufgestellten Rechtsregeln insoweit Aussagekraft, als der Immobilienverzehr dort bis heute einen wirtschaftlichen Faktor darstellt und kein bloßes Nischendasein fristet.9 Hieraus lässt sich ableiten, dass probates Recht geschaffen wurde. Den Untersuchungsgegenstand bildet hierbei allen voran das US-amerikanische Bundesrecht, welches die Vergabekriterien der Ausfallversicherung statuiert, sowie sonstiges Bundesrecht, das flankierend dem Verbraucherschutz im Kontext der Reverse Mortgage dient. Die Beschäftigung mit einem Markt, der auf eine gewisse Rechtstradition zurückblicken kann,10 verspricht folglich einen zweifachen Erkenntnisgewinn. Zum einen kann allein aus dem Bestand der Regulierung abgeleitet werden, dass der US-amerikanische Gesetzgeber ein Ordnungsproblem als so gravierend angesehen hat, dass er sich zu einer Regulierung der Materie veranlasst gesehen hat.11 Es kann demnach auf die Erfahrungen des USGesetzgebers zurückgegriffen werden, die das deutsche Recht angesichts des jungen Alters des Immobilienverzehrs bislang nicht sammeln konnte. Zum 5  Zu diesem Gedanken ebenfalls Richter, HanseLR 2010, 39, 41; eingehend zur Geschichte der Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht Twomey/Jurgens, Subprime Revisited, S. 4 f. 6  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 64. 7  Siehe hierzu ausführlich unten Kapitel 3: B.II.1., Die Dualität des US-amerikanischen Bundesrechts, S. 87. 8  Siehe hierzu Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S.  54 ff. 9  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 49 ff., speziell zur HECM siehe S. 59. 10  Siehe hierzu Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 49. 11  Allgemein hierzu bzw. dem Nutzen der Rechtsvergleichung Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, § 2 III S. 16 ff.

74

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

anderen kann die ausländische Regulierung hinsichtlich ihrer Lösung für das zuvor gefundene Ordnungsproblem untersucht werden. Der Rechtsvergleich bietet damit Lösungen bezüglich des „obs“ und des „wies“ der Kodifikation.

II. Arbeitsmethodik: Mikro- und Funktionsanalyse Aus der soeben vorgenommenen Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes folgt bereits zwingend die methodische Festlegung der Untersuchung auf einen Mikrovergleich12 der infrage stehenden Rechtsinstitute. Im Folgenden werden demnach nicht die grundlegenden Funktionsweisen der US-amerikanischen Rechtsordnung untersucht, sondern die zuvor beschriebenen Regelungen, die die Rechtsnatur, Konstruktion und den Verbraucherschutz der Revese Mortgage betreffen, um diese mit dem in Deutschland vorherrschenden Schutzniveau zu vergleichen.13 Hierbei werden nicht nur die zivilrechtlichen Verbraucherschutzregelungen, wie sich diese im deutschen Recht allen voran im BGB finden lassen, betrachtet, sondern alle Regelungen, die unabhängig von ihrer konkreten Stellung in der fremden Rechtsordnung funktional dem Verbraucherschutz dienen.14 Für das US-amerikanische Bundesrecht bedeutet dies, dass auch die von der FHA aufgestellten Regelungen über die Vergabekriterien der Ausfallversicherung betrachtet werden müssen. Zwar stellen diese kein zwingendes Recht dergestalt dar, dass eine Nichteinhaltung zur zivilrechtlichen Unwirksamkeit des Reverse Mortgage-Vertrages führen würde.15 Jedoch stellen ausfallversicherte HECM-Reverse-Mortgages einen Großteil der in den USA vergebenen Reverse Mortgages dar,16 womit die Versicherungsregelungen, in Anbetracht des wirtschaftlichen Verlustrisikos bei Realisierung der Überschreitung, rein faktisch von maßgeblicher praktischer Bedeutung sind.17

zum Mikrovergleich Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, § 1 II S. 4 f. Rechtsvergleichung, § 1 II S. 4 f. 14  Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, § 3 II S. 33. 15  Siehe hierzu ausführlich unten Kapitel 3: B.II.1., Die Dualität des US-amerikanischen Bundesrechts, S. 87. 16  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 59 spricht von 90 bis 95 % des gesamten Marktanteils, stellt jedoch auch fest, dass diese Zahl nie belegt worden sei. 17  Siehe hierzu unten Kapitel 3: B.II.1., Die Dualität des US-amerikanischen Bundesrechts, S. 87. 12  Siehe

13  Zweigert/Kötz,



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht75

B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht In den Vereinigten Staaten von Amerika ist der Immobilienverzehr nach dem Darlehensmodell, Reverse Mortgage, weit verbreitet.18 Regelungen über deren Ausgestaltung und den anzulegenden Verbraucherschutz lassen sich hierbei sowohl dem Bundes- als auch dem einzelstaatlichen Landesrecht entnehmen. Bevor im Folgenden auf diese eingegangen wird, sollen jedoch zunächst die Verbraucherschutzrisiken dargestellt werden, die den entsprechenden Regelungen zugrunde liegen.

I. Systematisierung der typischen Verbraucherrisiken Das Verbraucherschutzniveau auf dem Reverse Mortgage-Markt beschäftigt seit jeher die US-amerikanische Rechtswissenschaft19 sowie Bundesbehörden, bspw. das Consumer Financial Protection Bureau (CFPB)20 und das United States Government Accountability Office (GAO),21 die Studien zu den Verbraucherschutzrisiken der Reverse Mortgage angefertigt haben. 1. Informationsdefizit des Verbrauchers An erster Stelle einer Systematisierung der Verbraucherschutzrisiken ist das Informationsdefizit zu nennen, dem Verbraucher hinsichtlich der grundlegenden Funktionsweise der Reverse Mortgage und deren Produktoptionen und -alternativen unterliegen, so dass ein Vergleich verschiedener Produkte erschwert wird.22 Im Wesentlichen lässt sich dieses Informationsdefizit auf 18  CFPB, Report to Congress, S. 14. Zwar macht der Reverse Mortgage-Markt nur einen kleinen Teil des Hypothekenmarktes aus, hat jedoch aufgrund der nun in den Ruhestand tretenden Generation der Baby-Boomer ein hohes Wachstumspotential, siehe a. a. O. 19  Siehe grundlegend Askin, 156 N. J. Law., 36 (1993); sowie Hammond, 1 Elder L. J., 75, 99 ff. (1993), bei denen der Grundton noch positiv ist; pessimistisch dagegen bereits Reilly, 5 Elder L. J., 17, 20 und 73 (1997); aus späterer Zeit insbesondere Black, 8 Naela J., 87 ff. (2012); Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569 ff. (2016/2017); Hawkins, 80 Law & Contemp. Probs., 43 ff. (2017); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183 ff. (2016); Juergens, 6 HLRe, 209 ff. (2016); Latona, 23 Elder L. J., 417 ff. (2016); Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299 ff. (2014). 20  CFPB, Report to Congress; dies., Reverse Mortgage Advertisements and Consumer Risks; zur Rolle des CFPB bei der Regulierung von Reverse Mortgage-Verträgen siehe Kapitel 3: B.II.3.a), Rechtsquellen und Regelungsstruktur, S. 130. 21  GAO, Reverse Mortgages. 22  CFPB, Report to Congress, S. 111; dies., Reverse Mortgage Advertisements and Consumer Risks, S. 6; GAO, Reverse Mortgages, S. 13 ff.; siehe hierzu aus der Literatur Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 578 (2016/2017) (im Kontext von Werbeaus-

76

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

zwei Umstände zurückführen. Zum einen sind Reverse Mortgages in ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Ausgestaltung komplex und damit schwer erfassbar, wobei dieser Umstand durch kognitive Einschränkungen des Verbrauchers im Entscheidungsprozess begünstigt wird.23 Zum anderen ver­ suchen Kreditgeber sich das Informationsdefizit durch das Streuen von Fehl­ informationen und irreführender Werbung zu Nutze zu machen.24 a) Rechtliche und wirtschaftliche Komplexität Reverse Mortgages sind wirtschaftlich und rechtlich komplexe Finanzprodukte.25 Neben der Wahl der Auszahlungsform, der Frage eines festen oder eines variablen Zinssatzes sowie der Höhe und der Art der sonstigen Kreditkosten beruht diese Einschätzung allen voran auf der wirtschaftlichen Struktur der Reverse Mortgage.26 Verbrauchern bereitet hierbei die „rising balance, falling equity“-Natur des Kredits Verständnisprobleme,27 also der Umstand, dass das Kreditvolumen im Zeitverlauf ansteigt, während der Wert des Grundeigentums mangels laufender Tilgung durch die zunehmende Belastung wirtschaftlich abnimmt.28 Gleiches gilt für die Bewertung der Gesamtkostenstruktur, der monatlichen Kreditkosten sowie des Einflusses von Zinssatz und Immobilienwert auf diese Posten.29 Verstärkt wird das Unverständnis dadurch, dass ein Großteil der Kosten, einschließlich Service-Gebühren, Zinsen und ein Teil der Versicherungszahlungen, erst am Ende der Kreditlaufzeit mit Fälligstellung zu begleichen sind.30 Verbraucher unterliesagen); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 195 (2016); Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337, 355 (2009). 23  Siehe hierzu die Nachweise unter Kapitel 3: B.I.1.a), Rechtliche und wirtschaftliche Komplexität, S. 77. 24  Siehe hierzu die Nachweise unter Kapitel 3: B.I.1.b), Irreführende Werbung, S. 78. 25  CFPB, Report to Congress, S. 111; GAO, Reverse Mortgages, S. 14; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 195 f. (2016); Juergens, 6 HLRe, 209, 217 f. (2016); Latona, 23 Elder L. J., 417, 437 f. (2016). 26  CFPB, Report to Congress, S. 111 f.; GAO, Reverse Mortgages, S. 14; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 195 (2016); Latona, 23 Elder L. J., 417, 438 (2016); Redfoot/Scholen/Brown, Reverse Mortgages, S. 115 i. V. m. Anhang B; S. 117. 27  Grundlegend Redfoot/Scholen/Brown, Reverse Mortgages, S. 115 i. V. m. Anhang B; S. 117; siehe darüber hinaus CFPB, Report to Congress, S. 111 f.; GAO, Reverse Mortgages, S. 14; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 195 (2016); Latona, 23 Elder L. J., 417, 438 (2016). 28  Statt vieler Schneider, Kalkulation von Lifetime- bzw. Reverse Mortgages, S. 114. 29  CFPB, Report to Congress, S. 111; GAO, Reverse Mortgages, S. 14; aus der Literatur hierzu Latona, 23 Elder L. J., 417, 438 (2016).



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht77

gen hierdurch der Fehlvorstellung, dass es sich bei Reverse Mortgage-Verträgen im Grundsatz nicht um Kreditgeschäfte handelt, bei welchen die recht­ liche Verpflichtung besteht, den ausgezahlten Kreditbetrag samt Zinsen bei Fälligkeit zurückzuzahlen.31 Jedoch auch der der Reverse Mortgage zugrunde liegende Entscheidungsprozess ist komplex und erfordert neben einem grundlegenden Verständnis der Funktionsweise derselben einen Überblick über die am Markt angebotenen Konditionen, eine Einschätzung der eigenen Bedürfnisse sowie der Eintrittswahrscheinlichkeit gewisser Ereignisse, etwa der Häufigkeit von Reparaturen, als auch eine rationale Abwägung all dieser Faktoren.32 So müssen Verbraucher bspw. diejenige Auszahlungsmethode wählen, die es ihnen erlaubt, weiterhin die laufenden Grundstückskosten zu bedienen bzw. die ausgezahlte Summe derart zu budgetieren, dass den laufenden Verpflichtungen nachgekommen werden kann.33 Menschen unterliegen in diesem Entscheidungsfindungsprozess allerdings kognitiven Fehlurteilen,34 die sich negativ auf die Entscheidung auswirken und dadurch wohlfahrtsmindernde Auswirkungen zeitigen.35 Zu nennen ist etwa der Fehlschluss, dass gegenwärtigem Konsum („temporal discounting effect“) oder bereits vorhandenen Wertgegenständen („endowment effect“) mehr Nutzen zugeschrieben wird als zukünftigem Konsum bzw. zukünftigem Nutzen, so dass hierdurch die Einteilung des Budgets oder die Wahl der passenden Auszahlungsform nicht bedarfsgerecht vorgenommen wird.36 Beispielsweise entscheiden sich Verbraucher häufig für eine Gesamtauszahlung der Kreditsumme, um hiervon sogleich ein Gebrauchsgut erwerben zu können, obwohl eine monatliche Auszahlungsvariante besser zur Bewältigung wiederkehrender Kosten geeignet gewesen wäre, so dass die Mittel in der Konsequenz nicht mehr zur Begleichung laufender Kosten ausreichen.37 Auch der Umstand, dass Menschen ihr individuelles Risiko weit weniger hoch einschätzen als das Risiko Dritter („optimistic bias“), führt zu einer verzerrten Bewertung relevanter Entscheidungsfaktoren, etwa hinsichtlich der Einschät30  CFPB, Report to Congress, S. 111; dies., Reverse Mortgage Advertisements and Consumer Risks, S. 6; GAO, Reverse Mortgages, S. 14. 31  CFPB, Report to Congress, S. 112; dies., Reverse Mortgage Advertisements and Consumer Risks, S. 6; GAO, Reverse Mortgages, S. 14. 32  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 334 ff. (2014) m. w. N. 33  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 336 f. (2014). 34  Zu einem vollständigen Überblick über alle kognitiven Defizite im Zusammenhang mit der Entscheidungsfindung bezüglich Reverse Mortgages siehe die Tabelle bei Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 359 ff. (2014). 35  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 334 ff. (2014) m. w. N. 36  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 338 (2014) m. w. N. 37  Vgl. Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 337 f. (2014).

78

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

zung der eigenen Lebensdauer oder der quantitativen Notwendigkeit von ­Reparaturen, die sich wiederum auf die Budgetierung auswirken.38 Auch der eigentliche Entscheidungsfindungsprozess wird durch die Verwendung kognitiver Abkürzungen („heuristics“) torpediert, beispielsweise dadurch, dass ein Produkt gewählt wird, das einen singulären, als besonders positiv wahrgenommenen Einzelaspekt bietet, z. B. einen günstigen Zinssatz, sich jedoch in der Gesamtheit nachteilig auf den Nutzen auswirkt („take the best“).39 Darüber hinaus unterliegen speziell Senioren weiteren, alterstypischen Einschränkungen.40 Einerseits nimmt die kognitive Leistungsfähigkeit im Alter ab, so dass es Senioren schwerer fällt, sich auf relevante Details zu konzentrieren und die gesammelten Informationen im Langzeitgedächtnis vorrätig zu halten.41 Andererseits unterliegen Senioren weiteren, kognitiven Verzerrungen, beispielsweise dem „positivity effect“, der zur Folge hat, dass sich ältere Menschen vornehmlich auf die positiven Aspekte eines Gegenstandes fokussieren und die negativen Aspekte vernachlässigen.42 Folglich unterschätzen Senioren u. a. das Risiko einer verfrühten Zwangsvollstreckung oder die Höhe der Gesamtkosten.43 b) Irreführende Werbung Das Informationsdefizit kann zudem durch irreführende Werbung verstärkt werden.44 So ergab eine 2009 vom GAO durchgeführte Studie zum Thema der irreführenden Werbung auf dem HECM-Markt, dass die Produktwerbung relevante Informationen ungenau oder unvollständig darstellte, so dass ein falscher Eindruck über das Leistungsspektrum der HECM vermittelt wurde.45 Im Kern lassen sich sechs Arten von falschen Aussagen ausmachen:46 38  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell,

46 Ariz. St. L. J., 299, 342 (2014) m. w. N. 46 Ariz. St. L. J., 299, 340 ff. (2014) m. w. N. 40  Grundlegend hierzu Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 320 ff. u. 328 ff. (2014); siehe zudem Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 575 f. (2016/2017); CFPB, Report to Congress, S. 111; Juergens, 6 HLRe, 209, 217 (2016); im Kontext von Kreditkartenverträgen siehe Paulsen, 17 Elder L. J., 125, 133 f. (2009). 41  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 334 f. (2014) m. w. N. 42  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 333 (2014) m. w. N. 43  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 337 (2014) m. w. N. 44  Grundlegend hierzu CFPB, Report to Congress, S. 113; dies., Reverse Mortgage Advertisements and Consumer Risks, S. 3; sowie GAO, Reverse Mortgages, S. 15; siehe zudem aus der Literatur speziell zum Problem der irreführenden Werbung Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 577 ff. (2016/2017); Juergens, 6 HLRe, 209, 218; (2016); Latona, 23 Elder L. J., 417, 431 ff. (2016); sowie aus verhaltensökonomischer Perspektive Hawkins, 80 Law & Contemp. Probs., 43, 56 ff. (2017). 45  GAO, Reverse Mortgages, S. 15. 46  GAO, Reverse Mortgages, S. 15. 39  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell,



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht79

1. Der Kreditnehmer schuldet hinsichtlich der Rückzahlung nie mehr als den Wert des besicherten Grundstücks.47 Zwar sorgt der Überschuldungsverzicht dafür, dass der Kreditgeber nicht mehr als den durch die Zwangsversteigerung zu realisierenden Grundstückswert zur Rückzahlung fordern kann.48 Jedoch ist diese Angabe insofern unvollständig, als der Kreditnehmer bzw. dessen Erben den gesamten Kreditbetrag samt Zinsen zurückzahlen müssen, wenn das Grundstück nach Fälligstellung weiterhin in Familienhand verbleiben und eine Zwangsversteigerung vermieden werden soll.49 2. Bei Reverse Mortgage-Verträgen handelt es sich nicht um grundpfandrechtlich gesicherte Kreditverträge, sondern um nicht rückzahlungsbedürftige Sozialleistungen.50 3. Reverse Mortgages sichern ein lebenslanges Einkommen bzw. könne der Kreditnehmer den Kredit nicht überleben.51 Dies trifft jedoch nur auf die Auszahlungsform des Tenure-Plans zu und auch diese sichert nicht in jedem Fall ein lebenslanges Einkommen, bspw. wenn die Rückzahlung frühzeitig infolge eines Verstoßes gegen vertragliche Pflichten fällig gestellt wird.52 4. Der Verbraucher kann zu Lebzeiten stets sein Grundstück bewohnen.53 Hierbei wurde häufig verschwiegen, dass der Kredit infolge einer Pflichtverletzung vorzeitig fällig gestellt werden kann, wodurch eine Zwangsvollstreckung in das Grundstück begünstigt wird.54 5. Die Kredite werden direkt durch die Bundesregierung der Vereinigten Staaten vergeben.55 Die staatliche Mitwirkung beschränkt sich indes auf die Versicherung des Vertrages.56 47  GAO,

Reverse Mortgages, S. 21. Reverse Mortgages, S. 21; siehe zu den Auswirkungen des Überschuldungsverzichts mit Nachweisen unten Kapitel 3: B.II.2.b)dd), Verfahren nach Eintritt der Fälligkeit, S. 103. 49  GAO, Reverse Mortgages, S. 21; siehe hierzu aus der Literatur Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 578 (2016/2017); Latona, 23 Elder L. J., 417, 431 ff. (2016). 50  GAO, Reverse Mortgages, S. 21; siehe hierzu aus der Literatur Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 578 (2016/2017); Latona, 23 Elder L. J., 417, 432 (2016). 51  GAO, Reverse Mortgages, S. 22. 52  GAO, Reverse Mortgages, S. 22. 53  GAO, Reverse Mortgages, S. 22. 54  GAO, Reverse Mortgages, S. 22; siehe hierzu aus der Literatur Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 578 (2016/2017); Latona, 23 Elder L. J., 417, 433 f. (2016). 55  GAO, Reverse Mortgages, S. 22; siehe hierzu aus der Literatur Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 578 (2016/2017); Latona, 23 Elder L. J., 417, 431 ff. (2016). 56  Siehe ausführlich zur Rolle der Regierung unten mit Nachweisen Kapitel 3: B.II.1., Die Dualität des US-amerikanischen Bundesrechts, S. 87. 48  GAO,

80

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

6. Die Verfügbarkeit von HECMs unterliegt zeitlichen und geografischen Grenzen.57 Ergänzt und bestätigt wurden die Ergebnisse durch eine im Jahr 2015 durchgeführten Studie des CFPB.58 Neben der Bestätigung, dass Verbraucher sowohl über die Natur der Reverse Mortgage als Kredit59 als auch die Rolle der Regierung60 getäuscht wurden, fand die Studie heraus, dass diese Fehlvorstellungen insbesondere auf unvollständigen und ungenauen Informationen sowie der Verwendung von Kleingedrucktem basierten.61 Aus verhaltensökonomischer Perspektive dient die irreführende Werbung einer gezielten Ausnutzung der eingeschränkten kognitiven Leistungsfähigkeit des Verbrauchers.62 So werden Allgemeinplätze in den Fokus der Werbung gerückt, während kritische Kreditdetails lediglich im Kleingedruckten erwähnt werden, so dass infolge der eingeschränkten Aufnahmefähigkeit die Gesamtkosten des Vertrages unterschätzt werden.63 Durch die Berufung auf bekannte Organisationen (z. B. die Bundesregierung) soll das für diese Organisationen vom Verbraucher verspürte Sicherheitsgefühl ausgenutzt werden („halo effect“).64 Details zu den Fälligkeitsereignissen werden verschwiegen, um den „optimism bias“, also die Tendenz des Verbrauchers, Risiken als weniger wahrscheinlich wahrzunehmen, auszunutzen und zu verstärken.65 c) Auswirkungen des Informationsdefizits Reverse Mortgage-Verträge sind Finanzprodukte, die auf die spezielle Interessenlage eines eng umgrenzten Personenkreises zugeschnitten sind.66 In wirtschaftlicher Hinsicht sind diese nur für solche Verbraucher von Bedeutung, die über keine Liquidität, jedoch über Grundeigentum verfügen und für die herkömmliche Bankkredite nicht in Frage kommen.67 In einer Mehrheit 57  GAO, Reverse Mortgages, S. 22; siehe hierzu aus der Literatur Latona, 23 Elder L. J., 417, 435 (2016). 58  CFPB, Reverse Mortgage Advertisements and Consumer Risks, S. 3 ff. 59  CFPB, Reverse Mortgage Advertisements and Consumer Risks, S. 6. 60  CFPB, Reverse Mortgage Advertisements and Consumer Risks, S. 8. 61  CFPB, Reverse Mortgage Advertisements and Consumer Risks, S. 6 f.; siehe hierzu aus der Literatur Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 579 f. (2016/2017). 62  Hawkins, 80 Law & Contemp. Probs., 43, 70 f. (2017). 63  Hawkins, 80 Law & Contemp. Probs., 43, 66 (2017). 64  Hawkins, 80 Law & Contemp. Probs., 43, 68 (2017). 65  Hawkins, 80 Law & Contemp. Probs., 43, 67 (2017). 66  Siehe hierzu ausführlich mit Nachweisen oben Kapitel 2: B.II.1., Interessenlage, S. 65. 67  Siehe hierzu ausführlich mit Nachweisen oben Kapitel 2: B.II.1., Interessenlage, S. 65.



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht81

von Fällen stehen indes alternative Finanzprodukte zur Verfügung, die den Interessen des Verbrauchers besser Rechnung tragen.68 Unterliegt der Verbraucher demnach beispielsweise einer Fehlvorstellung hinsichtlich der Kreditkosten oder seiner vertraglichen Rechte und Pflichten und entscheidet er sich für eine Reverse Mortgage, obwohl diese für ihn objektiv nicht geeignet ist, entsteht dem Verbraucher ein wirtschaftlicher Schaden.69 Doch auch wenn die Reverse Mortgage im Grundsatz der Interessenlage des Verbrauchers entspräche, kann ein uninformierter und überstürzter Vertragsschluss zu Opportunitätskosten führen,70 wenn sich der Verbraucher für eine ungeeignete Produktvariante entscheidet.71 Unabhängig von diesem Wohlfahrtsverlust wird durch das Informationsdefizit die Gefahr von Kopplungsgeschäften und einer verfrühten Zwangsvollstreckung72 begünstigt sowie die Rechte von Ehegatten und Erben gefährdet.73 2. Gefahr der verfrühten Zwangsvollstreckung Im Grundsatz ist die Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung sowohl bei Proprietary Reverse Mortgages als auch bei Home Equity Conversion Mortgages an den Todeszeitpunkt des Kreditnehmers geknüpft.74 Hiervon abweichend kann der Kredit jedoch vorzeitig fällig gestellt werden, wenn der Kreditnehmer seine vertraglichen Pflichten verletzt.75 Im Fall der HECM betrifft dies beispielsweise die Pflicht zur Instandhaltung des Grundstücks oder zur Zahlung von Grundsteuern und Versicherungsprämien.76 Ausgehend hiervon besteht das größte Risiko eines Reverse Mortgage-Vertrages darin, dass der Kredit unter den genannten Voraussetzungen vor der eigent­lichen Zeit fällig gestellt wird, so dass der Kreditnehmer das Grundstück mangels 68  CFPB,

Report to Congress, S. 111. Report to Congress, S. 111; siehe hierzu auch Latona, 23 Elder L. J., 417, 438 (2016). 70  CFPB, Report to Congress, S. 112. 71  CFPB, Report to Congress, S. 112; siehe hierzu auch Latona, 23 Elder L. J., 417, 421 (2016). 72  CFPB, Report to Congress, S. 114; siehe hierzu sogleich. 73  CFPB, Report to Congress, S. 133; siehe hierzu sogleich. 74  Für die HECM ergibt sich dies aus 12 U.S.C. § 1715z-20 (j), für die Proprietary Reverse Mortgage aus 15 U.S.C. § 1602 (z)(cc); zu den Unterschieden beider Arten der Reverse Mortgage siehe unten Kapitel 3: B.II.1., Die Dualität des USamerikanischen Bundesrechts, S. 87. 75  CFPB, Report to Congress, S. 129; Latona, 23 Elder L. J., 417, 444 (2016); siehe ausführlich hierzu unten Kapitel 3: B.II.2.b)cc)(1), Die Rück- und Zinszahlungsverpflichtung, S. 98. 76  12 U.S.C. § 1715z-20 (j) i. V. m. 24 C.F.R. § 206.27 (c)(2)(iii) bzw. (c)(2)(iv) i. V. m. (b)(5); siehe hierzu Latona, 23 Elder L. J., 417, 444 (2016). 69  CFPB,

82

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

Zahlungsfähigkeit und infolge einer Zwangsvollstreckung bereits zu seinen Lebzeiten verliert.77 So befanden sich Ende Februar 2012 nahezu zehn Prozent der ausstehenden HECM-Kreditverträge allein aufgrund unterlassener Steuer- oder Versicherungszahlungen im Zahlungsverzug.78 Die Verzugsrate beträgt damit das Fünffache der Verzugsrate von herkömmlichen Hypotheken-Krediten.79 Der hohe Prozentsatz notleidender Kredite lässt sich im Kern ebenfalls auf das Informationsdefizit des Verbrauchers zurückführen.80 Denn Verbraucher waren sich aufgrund des mangelnden Verständnisses für die wirtschaftliche und rechtliche Struktur der Reverse Mortgage regelmäßig nicht darüber im Klaren, dass es sich bei dieser um einen Kredit handelt und daher eine Rückzahlung der Kreditsumme obligatorisch ist,81 oder dass über die Rückzahlung hinausgehende Pflichten bestehen, etwa zur Instandhaltung.82 Die aus der mangelnden Vertragstreue folgende Verzugsrate beruht daher häufig schlicht auf dem Umstand, dass Verbraucher hinsichtlich ihrer vertraglichen Rechte und Pflichten einem Informationsdefizit unterlagen.83 Dieses Informations­ defizit beschränkte sich jedoch nicht nur auf die vertraglichen Rechte und Pflichten, sondern auch auf die geschilderten Konsequenzen der Pflichtverletzung.84 Eng hiermit hängt die Feststellung zusammen, dass Verbraucher die ausgezahlten Mittel falsch budgetieren, so dass es in der Konsequenz an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der vertraglichen Pflichten fehl-

77  CFPB, Report to Congress, S. 129; siehe hierzu aus der Literatur Black, 8 NAELA J., 87, 102 (2012); Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 580 f. (2016/2017); Edge, 52 Tenn. B. J., 25 f.; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 200 (2016); Juergens, 6 HLRe, 209, 218 (2016); Latona, 23 Elder L. J., 417, 445 (2016); Stark/Chop­lin/ Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 318 f. (2014). 78  CFPB, Report to Congress, S. 129; zu den Hintergründen siehe Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 100 ff. (2018). 79  Hawkins, 80 Law & Contemp. Probs., 43, 59 (2017); Jakubowicz, 54 U. Louis­ ville L. Rev., 183, 184 (2016). 80  CFPB, Report to Congress, S. 130; siehe hierzu aus der Literatur Black, 8 NAELA J., 87, 102 (2012); Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 318 f. (2014); siehe auch Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 580 f. (2016/2017), jedoch mit Fokus auf irreführende Werbung. 81  CFPB, Report to Congress, S. 112; dies., Reverse Mortgage Advertisements and Consumer Risks, S. 6; GAO, Reverse Mortgages, S. 14. 82  CFPB, Reverse Mortgage Advertisements and Consumer Risks, S. 6. 83  CFPB, Report to Congress, S. 130; siehe hierzu aus der Literatur Black, 8 NAELA J., 87, 102 (2012); Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 318 f. (2014). 84  CFPB, Report to Congress, S. 130.



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht83

te.85 Denn der Verbraucher bleibt für die Zahlung von Grundsteuern oder die Instandhaltung des Grundstücks verantwortlich, so dass die wirtschaftliche Entscheidung über den Abschluss eines Reverse Mortgage-Vertrages eine Einschätzung über die Risiken und eine Beurteilung gewisser Wahrscheinlichkeiten erfordert, wie etwa der Häufigkeit von Instandhaltungsarbeiten.86 Der Abschluss eines Vertrages fordert vom Verbraucher folglich eine Entscheidung darüber, welche Mittel der Kreditsumme zur freien Verfügung stehen und welche zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen vorrätig gehalten werden müssen.87 Insbesondere Senioren neigen jedoch dazu, gewisse Risiken auszublenden oder deren Eintritt schlicht als besonders unwahrscheinlich zu bewerten.88 Unterliegen Senioren einer solchen kognitiven Fehleinschätzung, werden sie für diesen Budgetposten keine oder keine ausreichenden Geldmittel einplanen, so dass es in der Zukunft an den Mitteln zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen mangeln wird.89 Besonders virulent wird dieses Pro­ blem für den Fall, dass eine Einmalauszahlung der Kreditsumme gewählt wird, bei welcher die Geldmittel sofort und ohne Budgetierung derselben aufgebraucht werden, so dass keinerlei Mittel verbleiben.90 Auch ist darauf hinzuweisen, dass Verbraucher selbst bei grundsätzlicher Kenntnis des Pflichtenprogramms regelmäßig vergessen, ihren Verpflichtungen (bspw. der Instandhaltungspflicht) nachzukommen, da im Gegensatz zu herkömmlichen Kreditverträgen keine monatlichen Tilgungs- oder Zinszahlungen zu erbringen sind, die an die rechtlichen Verpflichtungen des Vertrages erinnern könnten.91 3. Predatory Lending und Cross-Selling Unterliegt der Verbraucher dem Informationsdefizit, ist er nicht in der Lage, die einzelnen Komponenten der Transaktion einer kritischen Prüfung zu unterziehen und muss daher auf die Fachkenntnis des Kreditgebers vertrauen.92 Der Kreditgeber hingegen verfolgt wirtschaftlich konträre Ziele 85  English, 35 No. 6 Bifocal, 158, 159 (2014); Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 310 f. (2014). 86  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 336 (2014), die weitere Beispiele nennen. 87  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 336 (2014). 88  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 336 (2014). 89  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 310 f. (2014). 90  English, 35 No. 6 Bifocal, 158, 159 (2014); HUD, Mortgagee Letter 2013–27, S. 1. 91  CFPB, Report to Congress, S. 130. 92  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 320 f. (2014).

84

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

und könnte das Informationsdefizit des Verbrauchers zu dessen Schaden ausnutzen.93 Aus diesem Zusammenhang lässt sich die große Zahl von Berichten über betrügerische bzw. räuberische Kreditvergabepraktiken („predatory lending“) auf dem Reverse Mortgage-Markt erklären, denen aus den genannten Gründen insbesondere Senioren zum Opfer fallen.94 Beispiele finden sich auch in der Rechtsprechung,95 etwa im Fall Kennedy vs. World Alliance Financial Corp,96 in welchem der Kreditgeber den Kreditnehmer über die Höhe des Auszahlungsbetrags getäuscht hatte, um sich den Differenzbetrag zwischen Auszahlungsbetrag und geschuldeter Summe anzueignen. Eine besondere Ausprägung dieser Vergabepraktiken ist im Abschluss von sog. „cross-selling“-Geschäften zu sehen.97 Hierbei knüpft der Kreditgeber den Vertragsschluss entweder von vornherein an den Erwerb eines weiteren Finanzprodukts oder verpflichtet den Kreditnehmer im Nachhinein dazu, die ausgezahlte Kreditsumme zum Erwerb weiterer Produkte einzusetzen.98 Zwar kann dies der Investment-Strategie eines finanziell aufgeklärten Verbrauchers entsprechen und ist daher nicht per se als schädlich anzusehen.99 In tatsächlicher Hinsicht häuften sich indes Fälle, in denen dem Verbraucher Produkte zu überteuerten Konditionen angeboten wurden oder die Produkte nicht den Bedürfnissen des Verbrauchers entsprachen.100 Eine besondere Gefahr besteht etwa im Fall der Einmalauszahlung, die sogleich in das gekoppelte Finanzprodukt investiert wird, da die Mittel in diesem Fall gebunden werden und dann nicht zur Verfügung stehen, wenn sie gebraucht würden.101 Das in den US-Medien in erster Linie angeführte Beispiel dieser crossselling-Strategien betrifft die Koppelung des Reverse Mortgage-Vertrages 93  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell,

46 Ariz. St. L. J., 299, 320 f. (2014). schon Reilly, 5 Elder L. J., 17, 20 (1997); aus neuerer Zeit Black, 8 NAELA J., 87, 109 f. (2012); CFPB, Report to Congress, S. 136; Evans/Oren, 53 Trial, 30, 34 ff. (2017); Latona, 23 Elder L. J., 417, 448 (2016). 95  Weitere Beispiele aus der Rechtsprechung finden sich bei Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 573 ff. (2016/2017). 96  Kennedy v. World Alliance Financial Corp, 792 F. Supp. 2d 1103 (E. D. Cal. 2011). 97  CFPB, Report to Congress, S. 118; GAO, Reverse Mortgages, S. 24; siehe hierzu aus der Literatur Black, 8 NAELA J., 87, 101 (2012); Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337, 352 f. (2009). 98  CFPB, Report to Congress, S. 118; Latona, 23 Elder L. J., 417, 435 f. (2016). 99  GAO, Reverse Mortgages, S. 27. 100  CFPB, Report to Congress, S. 118 f.; GAO, Reverse Mortgages, S. 24. 101  CFPB, Report to Congress, S. 119; siehe auch das Beispiel bei Evans/Oren, 53 Trial, 30, 34 (2017). 94  So



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht85

mit sog. „deferred annuities“.102 Bei diesen Produkten wird in einer ersten Phase ein Geldbetrag eingezahlt und vom Vertragspartner verzinst, um in einer zeitlich darauffolgenden, späteren Phase in monatlich gleichen Teilleistungen wieder ausgezahlt zu werden.103 Der Abschluss solcher deferred annuietes im Kontext von Reverse Mortgage-Verträgen ist für den Verbraucher jedoch in zweierlei Hinsicht wirtschaftlich schädlich.104 Zum einen wurden deferred annuities im Gros der Fälle zu über dem normalen Marktpreis liegenden Konditionen an den Verbraucher vertrieben.105 Zum anderen entsprechen diese Produkte nicht den Bedürfnissen des Verbrauchers.106 So bleibt die Verzinsung des eingezahlten Geldbetrages hinter der Höhe des vom Verbraucher für den Kredit zu zahlenden Zinses zurück.107 Außerdem werden die monatlichen Teilleistungen erst nach einer langen Zwischenphase, die bis zu zehn Jahre und länger betragen kann,108 fällig, so dass diese Produkte nicht dem Bedürfnis nach sofortiger Liquidierung des im Grund gebundenen Eigenkapitals entsprechen.109 In einigen Fällen wurden die Auszahlungsbeträge sogar erst nach dem Tod des Verbrauchers fällig.110 Zudem kann der Verbraucher das wirtschaftliche Ergebnis eines monatlich gleichbleibenden Zahlungsstroms ebenfalls durch die Wahl der entsprechenden Auszahlungsoption („tenure“) bei der Reverse Mortgage erreichen, so dass folglich kein Bedürfnis für den zusätzlichen Abschluss von deferred annuities besteht.111 4. Schutz dritter Parteien Das letzte Verbraucherschutzrisiko betrifft nicht den unmittelbar am Kreditvertrag beteiligten Verbraucher selbst, sondern dessen nicht am Vertrag 102  CFPB, Report to Congress, S. 118; GAO, Reverse Mortgages, S. 25; siehe hier­ zu aus der Literatur Black, 8 NAELA J., 87, 101 (2012); Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337, 352 f. (2009); Twomey/Jurgens, Subprime Revisited, S. 14. 103  CFPB, Report to Congress, S. 118; GAO, Reverse Mortgages, S. 25. 104  CFPB, Report to Congress, S. 118; GAO, Reverse Mortgages, S. 25. 105  CFPB, Report to Congress, S. 118. 106  CFPB, Report to Congress, S. 118; GAO, Reverse Mortgages, S. 25; siehe hier­ zu aus der Literatur Black, 8 NAELA J., 87, 101 (2012); Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337, 352 f. (2009). 107  CFPB, Report to Congress, S. 118; siehe hierzu aus der Literatur Black, 8 NAELA J., 87, 101 (2012). 108  CFPB, Report to Congress, S. 118. 109  CFPB, Report to Congress, S. 118; GAO, Reverse Mortgages, S. 25; siehe hier­ zu aus der Literatur Black, 8 NAELA J., 87, 101 (2012); Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337, 352 f. (2009). 110  Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337, 352 (2009). 111  CFPB, Report to Congress, S. 119.

86

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

beteiligten Ehegatten.112 Denn in der Kreditvergabepraxis hatte sich die Tendenz entwickelt, den Kreditvertrag nur mit einem der beiden Ehegatten abzuschließen und den anderen nicht am Vertrag zu beteiligen.113 Dergestalt verfahren wurde in solchen Fällen, in denen das Alter114 des anderen Ehegatten entweder die Versicherbarkeit der Reverse Mortgage torpediert hätte oder den Auszahlungsbetrag, dessen Höhe in Abhängigkeit vom Alter des jüngsten Kreditnehmers berechnet wird, minimiert115 hätte. In anderen Fällen wurde die Ehe auch erst nach Abschluss der Reverse Mortgage geschlossen.116 Problematisch hieran ist indes, dass der Tod des letzten Kreditnehmers die Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung auslöst.117 Der nicht am Vertrag beteiligte Ehegatte war jedoch nicht als Kreditnehmer im Sinne der untergesetzlichen Regelungen angesehen worden.118 In der Konsequenz konnte der Kredit bei Ableben des Kreditnehmers, jedoch vor dem Tod des anderen Ehegatten, fällig gestellt werden, so dass dieser infolge der Zwangsverwertung des Grundstücks obdachlos wurde.119 Auch wenn dieses Problem, zumindest für die HECM, weitestgehend gelöst wurde,120 sehen sich sonstige Dritte, die dem Hausstand des Kreditnehmers angehören, beispielsweise dessen Kinder oder Enkelkinder, weiterhin diesem Problem ausgesetzt.121 112  CFPB, Report to Congress, S. 133; siehe aus der Literatur hierzu Black, 8 NAELA J., 87, 102 f. (2012); Edge, 52 Tenn. B. J., 25, 28 (2016); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 201 f. (2016); Robertson, 27 Quinnipiac. Prob. L. J., 94, 98 (2013). 113  CFPB, Report to Congress, S. 133; siehe aus der Literatur hierzu Black, 8 NAELA J., 87, 102 f. (2012); Class, 37 Rev. Banking & Fin. L, 413, 420 f. (2017); Edge, 52 Tenn. B. J., 25, 28 (2016); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 201 f. (2016); Robertson, 27 Quinnipiac. Prob. L. J., 94, 98 (2013). 114  Black, 8 NAELA J., 87, 102 (2012); CFPB, Report to Congress, S. 134; Class, 37 Rev. Banking & Fin. L, 413, 420 (2017); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 201 (2016); Latona, 23 Elder L. J., 417, 444 (2016); Robertson, 27 Quinnipiac. Prob. L. J., 94, 98 (2013). 115  CFPB, Report to Congress, S. 134; Class, 37 Rev. Banking & Fin. L, 413, 420 (2017); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 201 (2016); Robertson, 27 Quinnipiac. Prob. L. J., 94, 98 (2013). 116  Robertson, 27 Quinnipiac. Prob. L. J., 94, 98 (2013). 117  24 C.F.R. § 206.27 (c)(1). 118  Latona, 23 Elder L. J., 417, 444 (2016). 119  CFPB, Report to Congress, S. 133 f.; siehe hierzu aus der Literatur Black, 8 NAELA J., 87, 102 f. (2012); Edge, 52 Tenn. B. J., 25, 28 (2016); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 201 f. (2016); Latona, 23 Elder L. J., 417, 444 (2016); Mancini/Cohen, 43 Pepp. L. Rev., 345, 397 f. (2016). 120  Siehe zur Darstellung der Lösung mit Nachweisen unten Kapitel 3: B.II.2.c)ff) (1), Der Schutz des überlebenden Ehegatten, S. 118. 121  CFPB, Report to Congress, S. 133.



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht87

Auch dieses Risiko lässt sich letztlich auf das Informationsdefizit des Verbrauchers zurückführen.122

II. Das Bundesrecht 1. Die Dualität des US-amerikanischen Bundesrechts „In fact, the complexity of the reverse mortgage product is perhaps only matched by the complexity of the laws governing it.“123 Wie bereits erörtert ist die Reverse Mortgage ein komplexes Finanzprodukt, dessen regulatorisches Umfeld dem Produkt in Sachen Komplexität allerdings nicht nachsteht. Neben detailreichen Regelungen, auf die im Folgenden noch einzugehen sein wird, wird der Zugang zum Regelungskomplex allen voran durch die duale – oder kritisch formuliert fragmentarische124 – Regelungsstruktur erschwert.125 Die Anwendbarkeit der Regelungen hängt demgemäß davon ab, ob es sich um eine Home Equity Conversion Mortgage (HECM) oder eine Proprietary Reverse Mortgage handelt.126 In wirtschaftlicher Hinsicht entsprechen sich beiden Arten der Reverse Mortgage zwar, die Besonderheit der HECM liegt jedoch darin, dass diese gegen Zahlung einer Versicherungsprämie und der Einhaltung weiterer Voraussetzungen von der US-amerikanischen Federal Housing Administration (FHA), welche dem U.S. Department of Housing and Urban Development (HUD) unterstellt ist, gegen Zahlungsausfälle versichert werden kann.127 Übersteigt demzufolge die angelaufene Kreditsumme den antizipierten Verkaufserlös des Grundstücks, übernimmt die FHA die 122  CFPB, Report to Congress, S. 134; siehe hierzu aus der Literatur Black, 8 NAELA J., 87, 102 f. (2012). 123  So die Einschätzung von Juergens, 6 HLRe, 209, 219 (2016). 124  So die Kritik von Latona, 23 Elder L. J., 417, 446 f. (2016). 125  Kritisch zu der uneinheitlichen Rechtslage Latona, 23 Elder L. J., 417, 446 f. (2016); siehe auch Twomey/Jurgens, Subprime Revisited, S. 2; im Kontext von annuities Paz García/Cole/Reeves, Reverse Mortgages, S. 32. 126  Zur Einteilung siehe Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 571 (2016/2017); Class, 37 Rev. Banking & Fin. L, 413, 417 (2017); Schicke, 47 Md. B. J. 26, 33 (2014); gemeinhin wird auch noch eine dritte Art von Reverse Mortgage unterschieden, welche jedoch nur der wirtschaftlichen Systematisierung dient und an welche das Bundesrechts keine weiteren Rechtsfolgen knüpft, siehe hierzu Schicke, 47 Md. B. J. 26, 33 (2014); zur Regelungsstruktur siehe insbesondere CFPB, Report to Congress, S.  100 f.; sowie Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 581 f. (2016/2017); Juergens, 6 HLRe, 209, 219 f. (2016); Latona, 23 Elder L. J. 417, 418 und 429 (2016). 127  CFPB, Report to Congress, S. 13 ff.; Black, 8 Naela J., 87, 92 f. (2012); Latona, 23 Elder L. J. 417, 424 (2016); Twomey/Jurgens, Subprime Revisited, S. 2.

88

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

Zahlung des ausstehenden Kreditbetrages und schützt den Kreditgeber somit vor einem Verlust.128 Auch für den umgekehrten Fall, dass sich der Kreditgeber infolge einer Insolvenz nicht imstande sieht, weitere Auszahlungen an den Kreditnehmer zu leisten, tritt die FHA in die ausstehende Auszahlungsverpflichtung ein.129 Als Proprietary Reverse Mortgages werden auf der anderen Seite alle solchen Reverse Mortgages bezeichnet, die nicht dem Ver­ sicherungsschutz der FHA unterliegen.130 Zwar finden im Grundsatz mit dem Truth in Lending Act131 (TILA), dem Real Estate Settlement Procedures Act132 (RESPA) und dem Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act133 (Dodd-Frank-Act) auf beide Arten der Reverse Mortgage die gleichen Regelungen Anwendung.134 Für die HECM gelten darüber hinaus jedoch die Vorschriften des National Housing Acts135 (NHA), der die Voraussetzungen unter denen der Vertrag versichert werden kann festlegt.136 Das Marktvolumen137 von HECMs entspricht hierbei über 90 % der am Markt abgeschlossenen Verträge.138 Auch wenn kein gesetzlicher Versicherungszwang besteht,139 kann aus diesem wirtschaftlichen Zusammenhang 128  CFPB, Report to Congress, S. 14; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 188 (2016); Latona, 23 Elder L. J. 417, 424 (2016). 129  CFPB, Report to Congress, S. 14; siehe hierzu aus der Literatur Black, 8 Naela J., 87, 93 (2012); Latona, 23 Elder L. J. 417, 425 (2016). 130  Ausführlich zu Proprietary Reverse Mortgages siehe CFPB, Report to Congress, S. 152 ff.; siehe zudem Schicke, 47 Md. B. J. 26, 33 (2014). 131  The Truth in Lending Act, Pub. L. No. 90-321, 82 Stat. 146 (1968), kodifiziert in 15 U.S.C. §§ 1601–1667 f. 132  The Real Estate Settlement Procedures Act, Pub. L. No. 93-533, 88 Stat. 1724 (1974), kodifiziert in 12 U.S.C. §§ 2601–2617. 133  Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act, Pub. L. No. 111203, 124 Stat. 1376, kodifiziert u. a. in 12 U.S.C. §§ 5301–5641. 134  CFPB, Report to Congress, S. 100 f.; siehe aus der Literatur hierzu Black, 8 Naela J., 87, 108 f. (2012); Juergens, 6 HLRe, 209, 219 ff. (2016). 135  Housing and Community Development Act von 1987, Pub. L. No. 100-242, 101 Stat. 1815 (1988), kodifiziert in 12 U.S.C. § 1715z-20. 136  CFPB, Report to Congress, S. 100; Black, 8 NAELA J., 87, 104 ff. (2012); Juergens, 6 HLRe, 209, 219 ff. (2016). 137  Gemeint ist hierbei der Markt für Reverse Mortgages und nicht der Hypothekenmarkt an sich. 138  Black, 8 Naela J., 87, 94 (2012); Helman, 12 Marq. Elder’s Advisor, 415, 434 (2011); Juergens, 6 HLRe, 209, 213 (2016); Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 301 (2014) m. w. N. 139  So spricht 12 U.S.C. § 1715z-20 (c) davon, dass der Secretary des HUD auf Antrag des Kreditgebers die Reverse Mortgage versichern kann, wenn die Voraussetzungen nach subsec. (d) gegeben sind. Im Umkehrschluss folgt hieraus, dass der



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht89

dennoch auf die faktische Geltung der Regelungen geschlossen werden.140 Um die wirtschaftlichen Vorteile der Versicherung in Anspruch nehmen zu können, schreibt das Gesetz gewisse Mindeststandards vor, beispielsweise bezüglich des Fälligkeitszeitpunkts der Rückzahlungsverpflichtung141 oder des Verbraucherschutzes142.143 Nur wenn der Kreditgeber diesen Voraussetzungen entspricht kann der Vertrag von der FHA gegen das Überschreitungsrisiko abgesichert werden,144 so dass die vom HUD aufgestellten Versicherungsvoraussetzungen in Anbetracht des hohen Marktvolumens und der wirtschaftlichen Vorteile faktische Gesetzeskraft entfalten.145 2. National Housing Act a) Rechtsquellen und Regelungsstruktur Die primäre Rechtsquelle zur Regelung der HECM ist Section 255 des National Housing Acts146, der im Jahr 1988 zunächst testweise, später auf Dauer147 durch Section 417 des Housing and Community Development Acts of 1987148 eingefügt wurde und die Voraussetzungen des Versicherungsschutzes statuiert.149 Seit diesem Zeitpunkt unterlagen die Regelungen einem ständigen Wandel: Zu nennen ist etwa der Housing and Economic Recovery Kreditgeber nicht zur Antragstellung verpflichtet ist; vgl. auch CFPB, Report to Congress, S. 17. 140  CFPB, Report to Congress, S. 100; vgl. zudem statt vieler Black, 8 Naela J., 87, 92 f. (2012); sowie Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 187 ff. (2016), insbesondere 193 (2016)., die die Versicherungsvoraussetzungen nicht als dispositive Bestimmungen, sondern als stets geltendes Gesetzesrecht behandeln. So spricht Jakubowicz durchgängig von Reverse Mortgage und meint damit die HECM, bspw. wenn er den Fälligkeitszeitpunkt beschreibt: „Under a reverse mortgage, the senior homeowner is allowed to remain in the home until she sells the home, moves out of the home, or passes away.“, siehe hierzu Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 187 f. (2016). Beispiele finden sich auch in den anderen Law Journals. Die gleiche Einschätzung teilt auch Kulms, ZfIR 2002, 614, 616, der von einem eigenen Vertragsrecht für HECMs spricht. 141  12 U.S.C. § 1715z-20 (j). 142  Siehe etwa die Pflicht zur Beratung des Kreditnehmers durch eine unabhängige Drittpartei gem. 12 U.S.C. § 1715z-20 (d)(2)(B) und (f). 143  12 U.S.C. § 1715z-20 (c) und (d). 144  12 U.S.C. § 1715z-20 (c) und (d). 145  Siehe hierzu bereits Fn. 140. 146  Kodifiziert in 12 U.S.C. § 1715z-20. 147  Hierzu Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337, 339 (2009). 148  Housing and Community Development Act of 1987, Pub. L. No. 100-242, 101 Stat. 1815 (1988), kodifiziert in 12 U.S.C. § 1715z-20. 149  Sawyer, 26 Stetson L. Rev., 617, 625 (1996).

90

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

Act of 2008150 (HERA) oder der Reverse Mortgage Stabilization Act of 2013151.152 Während durch HERA dem Problem der Parteilichkeit von Beratern, den hohen Vertragsschlusskosten und dem Problem des cross-sellings begegnet werden sollte,153 sollte der Reverse Mortgage Stabilization Act of 2013 die finanzielle Stabilität des HECM-Programms wiederherstellen, welches in den vorangegangen Jahren aufgrund erhöhter Verzugs- und Zwangsvollstreckungsquoten zusammenzubrechen drohte.154 Das formelle Recht steckt hierbei jedoch nur den inhaltlichen Mindestrahmen ab und überlässt die weitere Konkretisierung der exekutiven Rechtssetzung.155 So obliegt es dem HUD, die gesetzlichen Bestimmungen durch verwaltungsrechtliche „rules“ weiter zu präzisieren,156 welche sich in Title 24 des Code of Federal Rules (C.F.R.) Section 206 finden. Um die Umsetzung des formellen Rechts sicherzustellen, können die Bestimmungen nicht nur konkretisiert, sondern auch gänzlich neue Anforderungen geschaffen werden.157 Neben dem förmlichen Rechtssetzungsverfahren, das der Verabschiedung einer rule zugrunde liegt,158 wurde dem Secretary des HUD mit dem Reverse Mortgage Stabilization Act of 2013 darüber hinaus die Befugnis eingeräumt, formlos durch den sog. „mortgagee letter“ oder durch „notice“ verbindliches Recht zu schaffen, um damit auf kurzfristig auftre-

150  Housing and Economic Recovery Act of 2008, Pub. L. No. 110-289, 122 Stat. 2654 (2008). 151  Reverse Mortgage Stabilization Act of 2013, Pub. L. No. 113-29, 127 Stat. 509 (2013). 152  Siehe ausführlich zu den Neuerungen unter HERA Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337 (2009); zu den Neuerungen unter dem Reverse Mortgage Stabilization Act of 2013 siehe Schicke, 47 Md. B. J., 26, 28 (2014). 153  Grundlegend Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337, 344 ff. (2009); siehe hierzu auch CFPB, Report to Congress, S. 106. 154  Schicke, 47 Md. B. J., 26, 28 f. (2014). 155  Hierzu Robertson, 27 Quinnipiac. Prob. L. J., 94, 97 f. (2013). 156  12 U.S.C. § 1715z-20 (b)(1), (c), (d)(2)(C) und (D), (d)(6) und (8) und (9)(F) sowie (10) und (11), (f)(5), (j), (o). Die genannten Regelungen sind in Verbindung mit 12 U.S.C. § 1715b zu sehen, der die allgemeine Befugnis des Secretary enthält, verwaltungsrechtliche Regelungen („rules and regulations“) zu erlassen. Diese kann im Wege der sog. „delegation of authority“ gem. 42 U.S.C. § 3535 (d) auf andere Personen übertragen werden und wurde im Fall der HECM auf den Federal Housing Commissioner übertragen, siehe hierzu 24 C.F.R. § 206.3 (Commissioner). 157  Ein Beispiel hierfür ist die gem. 24 C.F.R. § 206.37 durchzuführende Kreditwürdigkeitsprüfung, die nicht in 12 U.S.C. § 1715z-20 explizit vorgesehen ist, jedoch aufgrund der dort eingeräumten Rechtssetzungsbefugnis erlassen werden konnte. Näher zur Kreditwürdigkeitsprüfung unten Kapitel 3: B.II.2.c)dd), Kreditwürdigkeitsprüfung und LESA, S. 113. 158  Siehe hierzu 24 C.F.R. § 10.1.



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht91

tende Problemstellungen reagieren zu können.159 Im Jahr 2017 wurden die bis zu diesem Zeitpunkt verabschiedeten Mortgagee-Letter in einer rule zusammengefasst, die die Bestimmungen des C.F.R. auf den neusten Stand brachte.160 Zudem erlässt das HUD norminterpretierende Handbücher („handbooks“).161 b) Grundlagen der HECM aa) Überblick und Rechtsnatur Das Gesetz versteht unter einer HECM: „The term ‚home equity conversion mortgage‘ means a first mortgage which provides for future payments to the homeowner based on accumulated equity […]“162

Auch wenn das Gesetz hierbei, wie in weiten Teilen der gesetzlichen Bestimmungen, lediglich von der Hypothek („mortgage“)163 und den Rechten und Pflichten unter dieser spricht,164 besteht die Reverse Mortgage im Ausgangspunkt aus zwei165 auseinanderzuhaltenden Teilen.166 159  12 U.S.C. § 1715z-20(h)(3); siehe hierzu Nelson/Whitman/Burkhart/Freyermuth, Real Estate Finance Law, Fn. 140 (auf S. 983); veraltet durch den Reverse Mortgage Stabilization Act ist hingegen CFPB, Report to Congress, S. 106, wo von lediglich interpretativer Wirkung die Rede ist. 160  Federal Housing Administration: Strengthening the Home Equity Conversion Mortgage Program, 82 Fed. Reg. 7094 (19. Januar 2017); hierzu Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 99 (2018). 161  Siehe hierzu die Ausführungen bei Ornstein/Yoon, 61 Consumer Fin. L. Q. Rep. 135 (2007). 162  12 U.S.C. § 1715z-20 (b)(3); ausführlich und zum Überblick geeignet siehe Blum, Annotation, Faier Administration’s Standards Under 12 U.S.C.A. § 1715z-20 and 24 C.F.R. § 206.27 for Insuring Home Equity Conversion Mortgages or SoCalled Reverse Mortgages, § 1 ff., in 31 A.L.R. Fed. 3d Art. 2. 163  Unter den Begriff der mortgage fällt nach der Definition in 24 C.F.R. § 206.3 (mortgage) jedoch nicht nur die Mortgage als solche, sondern auch sonstige Sicherungsrechte am Grundstück, die funktionell einer mortgage entsprechen, namentlich der deed of trust und der security deed. Im Folgenden wird aus Vereinfachungsgründen lediglich von Hypothek gesprochen. 164  Ein Paradebeispiel hierfür ist 24 C.F.R. § 206.27, der die Rechte und Pflichten der Parteien festlegt und hierbei nicht zwischen dem Kreditvertrag und der Hypothek unterscheidet, sondern vielmehr abwechselnd von mortgage und loan spricht. 165  Zu den Musterformularen (Loan Agreement und Mortgage (Note)) siehe HUD, Single Family Mortgages Model Documents (unter Reverse). 166  Black, 8 NAELA J., 87, 92 (2012); Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 570  f. (2016/2017); Hammond, 1 Elder L. J., 75, 86 (1993); Hawkins, 80 Law & Contemp. Probs., 43, 56 (2017); Helman, 12 Marq. Elder’s Advisor, 415, 432 f. (2011); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 187 f. (2016); Juergens, 6 HLRe, 209, 212 f.

92

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

So müssen Kreditnehmer und Kreditgeber zunächst einen Kreditvertrag167 (loan agreement)168 schließen, aus welchem der Kreditgeber zur Auszahlung der vereinbarten Valuta und der Kreditnehmer169 zur Rückzahlung derselben im Fälligkeitszeitpunkt samt Zinsen verpflichtet wird.170 Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass die Hypothek des amerikanischen Rechts, wie auch ihr deutsches Pendant, streng akzessorisch ausgestaltet ist und somit das Vorliegen einer vertraglichen Verpflichtung voraussetzt.171 Ein Automatismus dergestalt, dass dem Kreditgeber im Fälligkeitszeitpunkt ohne Weiteres die Befugnis zukäme, das Grundstück zur Befriedigung der Kreditsumme freihändig oder im Rahmen eines gesetzlichen Zwangsversteigerungsverfahren zu veräußern, ist dem US-amerikanischen Recht fremd, vielmehr muss dem Kreditnehmer oder dessen Erben zuvor die Möglichkeit eingeräumt werden, die Kreditsumme zu begleichen.172 Im Unterschied zu einem klassischen Kredit besteht die Besonderheit der Reverse Mortgage darin, dass die Fälligkeit beider Verpflichtungen kraft Parteivereinbarung grundsätzlich mit dem Todeszeitpunkt des letzten Kreditnehmers eintreten soll.173 Um das Kreditgeschäft abzusichern, ist der Kreditnehmer oder ein Dritter174 zur Bestellung einer Hypothek175 an dessen Grundstück verpflichtet.176 Kreditnehmer und Kreditgeber sind unabhängig vom zu Grunde liegenden Kreditgeschäft damit in der Regel auch Hypothekenschuldner („mortgagor“) (2016); Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337 (2009); Nelson/Whitman/Burkhart/Freyermuth, Real Estate Finance Law, S. 983; Robertson, 27 Quinnipiac Prob. L. J., 94, 95 f. (2013); Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L J., 299, 302 f. (2014). 167  Um keine begriffliche Verwirrung mit der Typologie des deutschen Rechts aufkommen zu lassen, soll der Vertrag im Folgenden nicht als Darlehen, sondern allgemein als Kreditvertrag bezeichnet werden. 168  Zum Muster des Loan Agreements siehe HUD, Single Family Mortgages Model Documents (unter Reverse). 169  Der Vertrag kann auch von mehreren Kreditnehmern geschlossen werden. Im Folgenden wird zum Zwecke der Vereinfachung lediglich vom Kreditnehmer im Singular die Rede sein. 170  24 C.F.R. § 206.27 (b); siehe zudem die Nachweise in Fn. 166. 171  Restatement (Third) of Property (Mortgages) § 1.1 Comment (Am. Law. Inst. 1997); aus der deutschen Literatur hierzu Böning, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, S. 16. 172  Hierzu ausführlich und mit Nachweisen unten Kapitel 3: B.II.2.b)dd), Verfahren nach Eintritt der Fälligkeit, S. 103. 173  24 C.F.R. § 206.27 (c); siehe zudem die Nachweise in Fn. 166. 174  Kreditnehmer und Hypothekenschuldner müssen demnach nicht personenidentisch sein, siehe hierzu 24 C.F.R. § 206.35 (c). 175  Zum Muster der Mortgage und der Mortgage Note siehe HUD, Single Family Mortgages Model Documents (unter Reverse). 176  12 U.S.C. § 1715z-20 (b)(3) und (4); 24 C.F.R. § 206.3 (mortgage); siehe hierzu bereits die Nachweise in Fn. 166.



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht93

und Hypothekengläubiger („mortgagee“) der jeweils anderen Partei.177 Hiermit einher gehen die Verpflichtung zur Zahlung aller im Zusammenhang mit dem Grundstück anfallender Kosten („property charges“)178 sowie die Verpflichtung zur Instandhaltung des Grundstücks.179 Neben der Zinszahlungspflicht ist der Kreditnehmer auch zur Zahlung zinsunabhängiger Entgelte verpflichtet, die im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss oder nach diesem anfallen können, bspw. sog. „origination“ und „servicing fees“.180 Darüber hinaus schließen die Parteien den bereits erwähnten Versicherungsvertrag181 mit dem Department of Housing and Urban Development (HUD) bzw. dessen Unterabteilung, der Federal Housing Administration (FHA).182 Im Folgenden sollen die Grundzüge der vertraglichen Verpflichtungen unter dem Reverse Mortgage-Vertrag vorgestellt werden. Naturgemäß ausgespart werden Erläuterungen allzu technischer oder wirtschaftlicher Natur, wie beispielsweise die konkrete Berechnungsmethode des Auszahlungsbetrages.183 Auch auf die Sonderformen der HECM, namentlich die Refinanzierungs-HECM,184 die Shared Appreciation Mortgage185 und die HECM for Purchase,186 soll nicht weiter eingegangen werden.

177  Im Weiteren wird zur Vereinfachung nur noch vom Kreditgeber und Kreditnehmer die Rede sein. Soweit nicht extra hierauf hingewiesen wird, ist der Kreditgeber zugleich der Hypothekengläubiger und der Kreditnehmer der Hypothekenschuldner. 178  24 C.F.R. § 206.27 (b)(6). 179  24 C.F.R. § 206.27 (b)(5). 180  Siehe zu einer Systematisierung der Kostenkategorien Juergens, 6 HLRe, 209, 216 (2016). 181  Nachdem es sich bei der Ausfallversicherung um eine Besonderheit des USamerikanischen Rechts handelt, deren Einführung allen voran von rechtspolitischen Erwägungen abhängig ist und darüber hinaus wenig zu den hier zu untersuchenden Fragestellungen beitragen kann, soll im weiteren Verlauf der Arbeit lediglich ein kurzer Abriss über den Versicherungsvertrag erfolgen, siehe hierzu unten Kapitel 3: B.II.2.b)ee), Exkurs: Die Ausfallversicherung der FHA im Überblick, S. 106. 182  Siehe ausführlich und mit Nachweisen unten Kapitel 3: B.II.2.b)ee), Exkurs: Die Ausfallversicherung der FHA im Überblick, S. 106. 183  In Anbetracht der Ausführungen bei Schneider, Die Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 157 ff., hätten die Ausführungen darüber hinaus keinen wissenschaftlichen Mehrwert. 184  12 U.S.C. § 1715z-20 (k); 24 C.F.R. § 206.53. 185  24 C.F.R. § 206.23. 186  12 U.S.C. § 1715z-20 (m); 24 C.F.R. § 206.44.

94

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

bb) Die Pflichten des Kreditgebers (1) Die Auszahlungsformen Neben weitrechenden Kreditwürdigkeitsprüfungs-, Informations- und Offenlegungspflichten187 besteht die Hauptpflicht des Kreditgebers in der Berechnung und Auszahlung der Kreditsumme.188 Das Gesetz verpflichtet den Kreditgeber zum Angebot sechs189 verschiedener Formen der Kreditauszahlung, aus denen der Kreditnehmer wählen kann.190 Unter der „term payment option“ und der „tenure payment option“ wird die monatsweise Auszahlung der Kreditsumme verstanden.191 Die Auszahlungen dürfen frühestens einen Monat nach Vertragsschluss getätigt werden und werden sodann am dritten Tag eines jeden Monats fällig.192 Der Unterschied zwischen beiden Auszahlungsformen besteht darin, dass unter der tenure payment option lebenslange Auszahlungen garantiert werden,193 während die Kreditsumme unter der term payment option, einer Zeitrente gleich, lediglich für einen vom Verbraucher festgelegten Zeitraum ausgezahlt wird.194 Um die ungewisse Dauer der Auszahlungen zu kompensieren, fällt die Höhe der Raten unter der tenure payment option im Vergleich zur term payment option freilich wesentlich geringer aus.195 Reverse Mortgages mit tenure payment option werden auch als Reverse Annuity Mortgage (RAM) 187  An dieser Stelle soll lediglich ein Überblick über die fundamentalen Rechte und Pflichten erfolgen. Nachdem die sonstigen Pflichten des Kreditgebers einen stark verbraucherschützenden Einschlag aufweisen, sollen diese vertieft im Kontext des Verbraucherschutzes erörtert werden. Siehe hierzu unten Kapitel 3: B.II.2.c), Verbraucherschützende Rechtsinstitute, S. 107 ff. 188  12 U.S.C. § 1715z-20 (d)(9); 24 C.F.R. § 206.27 (b). 189  12 U.S.C. § 1715z-20 (d)(9)(A)-(E) sehen insoweit nur fünf Auszahlungsformen vor. Die Zulässigkeit der Einmalauszahlung als sechster Auszahlungsform ergibt sich hingegen aus 24 C.F.R. § 206.19 (e) i. V. m. 12 U.S.C. § 1715z-20 (d)(9)(F), der eine verwaltungsrechtliche Konkretisierung gestattet. 190  12 U.S.C. § 1715z-20 (d)(9)(A)-(f); 24 C.F.R. § 206.19 (a)-(e); hierzu etwa Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 189 (2016); Latona, 23 Elder L. J., 417, 427 (2016); Twomey/Jurgens, Subprime Revisited, S. 3. 191  Siehe zur term payment option 12 U.S.C. § 1715z.20 (d)(9)(B); 24 C.F.R. § 206.19 (a); zur tenure payment option 12 U.S.C. § 1715z.20 (d)(9)(D); 24 C.F.R. § 206.19 (b); aus der Literatur hierzu CFPB, Report to Congress, S. 28; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 189 (2016). 192  24 C.F.R. § 206.27 (b)(1). 193  12 U.S.C. § 1715z.20 (d)(9)(D); 24 C.F.R. § 206.19 (b); siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 28; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 189 (2016). 194  12 U.S.C. § 1715z.20 (d)(9)(B); 24 C.F.R. § 206.19 (a); siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 28; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 189 (2016). 195  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 162.



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht95

bezeichnet.196 Weiterhin steht dem Kreditnehmer unter der „line of credit payment option“ eine Kreditlinie zur Verfügung, unter welcher dieser die Auszahlung der Kreditsumme zu selbst gewählten Zeitpunkten bis zur Erschöpfung des Limits verlangen kann.197 Die Zahlungen werden hierbei fünf Tage nach dem Auszahlungsverlangen fällig.198 Die drei Auszahlungsformen können indes auch kombiniert werden: unter der „modified term payment option“ wird die Kreditlinie mit der lebenslangen, monatsweisen Auszahlung kombiniert,199 während unter der „modified tenure payment option“ Kreditlinie und Zeitrente miteinander verknüpft werden.200 Abschließend besteht unter der „lump sum payment option“ die Möglichkeit, sich die Kreditsumme im Wege der Einmalauszahlung als Ganzes201 auszahlen zu lassen.202 Welche Auszahlungsform im konkreten Einzelfall gewählt werden kann, hängt zudem von der Art der Verzinsung ab.203 Term, tenure und line of credit payment option sowie deren Kombinationsmöglichkeiten stehen formal nur für variabel verzinsliche Reverse Mortgages zur Verfügung,204 während die lump sum payment option einzig bei fest verzinslichen Verträgen gewählt werden kann.205 Rein praktisch werden entgegen des Gesetzeswortlauts jedoch wohl auch variabel-verzinsliche Reverse Mortgages mit Wahl der Einmalauszahlung versichert.206 Gegen Zahlung einer Gebühr kann die Auszahlungsform auch noch nach Vertragsschluss geändert werden.207 Wurden anfangs vermehrt Kreditlinien als Auszahlungsform gewählt, dominieren 196  Schmudde, A Practical Guide to Mortgages and Liens, S. 82; Stark/Choplin/ Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 306 (2014); nicht zu verwechseln ist dies mit den gleichnamigen, von den einzelnen Bundesstaaten vergebenen, Staatskrediten, siehe hierzu Black, 8 NAELA J., 87, 106 (2012); CFPB, Report to Congress, S. 39. 197  12 U.S.C. § 1715z.20 (d)(9)(A); 24 C.F.R. § 206.19 (c); siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 28. 198  24 C.F.R. § 206.27 (b)(1). 199  12 U.S.C. § 1715z.20 (d)(9)(C); 24 C.F.R. § 206.19 (d); siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 28; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 189 (2016). 200  12 U.S.C. § 1715z.20 (d)(9)(E); 24 C.F.R. § 206.19 (d); siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 29; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 189 (2016). 201  Es gilt hierbei jedoch die sogleich näher zu betrachtenden Auszahlungsgrenzen zu beachten. 202  12 U.S.C. § 1715z.20 (d)(9)(F); 24 C.F.R. § 206.19 (e); siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 29; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 189 (2016). 203  24 C.F.R. § 206.17. 204  24 C.F.R. § 206.17 (b)(2). 205  24 C.F.R. § 206.17 (b)(1). 206  Ausdrücklich hierzu Latona, 23 Elder L. J., 417, 427 (2016); siehe auch CFPB, Report to Congress, S. 27 ff. 207  24 C.F.R. § 206.26.

96

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

mittlerweile fest verzinsliche HECMS mit Wahl der Einmalauszahlung das Markgeschehen.208 (2) Die gesetzliche Begrenzung der Auszahlungshöhe Die Höhe und Dauer der einzelnen Auszahlungen, mit Ausnahme der tenure payment option,209 bestimmen sich in Relation zum monatlich ansteigendem sog. principal limit, das den maximal verfügbaren Kreditbetrag u. a. in Abhängigkeit von Alter, Wert des Grundstücks und Zinssatz bestimmt.210 Unabhängig von dieser rechnerischen Begrenzung der Kreditsumme sieht das Gesetz zwei weitere Rechtsinstitute vor, die die Höhe des Auszahlungsbetrags begrenzen: eine anfängliche Auszahlungsgrenze („initial disbursement limit“)211 und eine Pflicht zur Bildung von Rücklagen („principal limit set asides“)212 für gewisse Ausgaben. Die Regelungen sollen sicherstellen, dass der Kreditnehmer nicht bereits zu Vertragsbeginn die gesamte Kreditsumme vollständig ausschöpft, so dass in der Folge keine Mittel mehr zur Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen zur Verfügung stehen.213 Besonders virulent trat dieses Problem in Fällen der Einmalauszahlung in Erscheinung.214 Letztlich dienen die Regelungen damit der Vermeidung vorzeitiger Fälligstellungen der Kredite bei Verletzung vertraglicher Pflichten, welche in den Jahren vor Einführung der Regelung im 208  CFPB,

Report to Congress, S. 30. 24 C.F.R. § 206.25 (f)(1) ist mit der tenure payment option eine grundsätzlich lebenslange Auszahlung von Geldmitteln verbunden, insoweit die Fälligkeit nicht aus anderen Gründen vorzeitig eintritt. In Ausnahme hierzu endet die Pflicht zur Auszahlung nur dann, wenn das einzelstaatliche Recht bei Bestellung der Reverse Mortgage den abzusichernden Betrag limitiert und dieser infolge der Auszahlungen überschritten wird, so dass erst eine Hypothek mit einer höheren Summe bestellt werden muss. In diesem Fall sind die Zahlungen fortzusetzen. Siehe hierzu 24 C.F.R. § 206.25 (f)(1) i. V. m. § 206.19(h) und § 206.27(b)(10). 210  24 C.F.R. §  206.3 (principal limit). Die technischen und wirtschaftlichen ­Details und Vorschriften zur genauen Berechnung der jeweiligen Auszahlungssummen haben wenig mit der Untersuchung verbraucherschützender Vorschriften gemein und sollen daher an dieser Stelle nur insoweit erläutert werden, als dies für das allgemeine Verständnis förderlich ist. Eine vertiefte Darstellung der Berechnungsmethoden und -formeln ist hiermit indes nicht verbunden. Siehe zu diesen 24 C.F.R. § 206.25 (e)–(h). 211  24 C.F.R. § 206.25 (a) i.  V. m. § 206.19 (h); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 200 (2016). 212  24 C.F.R. § 206.19 (f). 213  HUD, Mortgagee Letter 2013-27, S. 1 f.; zu den Hintergründen der Regelung ausführlich Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 95–99 (2018). 214  HUD, Mortgagee Letter 2013-27, S. 1 f. 209  Nach



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht97

Jahr 2012 die finanzielle Stabilität des Versicherungsprogramms bedroht hatten.215 So sieht das Gesetz zunächst Grenzen für die erste Auszahlung bzw. die folgenden Zahlungen innerhalb der ersten zwölf Monate nach Vertragsschluss vor.216 Der maximal zu vergebende Auszahlungsbetrag ist vom Kreditgeber zu bestimmen,217 welcher während der Jahresfrist dafür Sorge zu tragen hat, dass der errechnete, erstjährige Auszahlungsbetrag nicht überschritten wird.218 Weiterhin wird die Höhe des auszahlbaren Betrags durch die Pflicht des Kreditgebers zur Bildung von Rücklagen gemindert, der diese treuhänderisch für den Kreditnehmer zu verwalten hat.219 Die Rücklagenbildungspflicht des Kreditgebers erstreckt sich zunächst auf den Fall, dass das Grundstück vor Vertragsschluss nicht den aufgestellten Grundstücksstandards220 genügt, die hierfür notwendigen Instandhaltungsarbeiten jedoch initiiert wurden, allerdings bis nach Vertragsschluss andauern werden („repair set aside“).221 Zurückzuhalten sind 150 Prozent der vom HUD geschätzten Reparaturkosten samt der Höhe einer hierfür vom Kreditgeber erhebbaren Gebühr.222 Darüber hinaus hat der Kreditgeber Rücklagen für die Zahlung der anfallenden Grundstückskosten zu bilden („property charge set aside“).223 Die Pflicht besteht jedoch nur dann, wenn eine vom Kreditgeber vorzunehmende Kreditwürdigkeitsprüfung ergibt, dass der Kreditnehmer nicht ohne die Kreditsumme in der Lage sein wird, die Grundstückkosten nach Vertragsschluss begleichen zu können (sog. „life expectancy set aside“ bzw. „LESA“).224 Anderenfalls kann der Kreditnehmer diese Option freiwillig in Anspruch nehmen.225 215  HUD, Mortgagee Letter 2013-27, S. 1 f.; Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 95–99 (2018); siehe auch bereits oben Kapitel 3: B.II.2.a), Rechtsquellen und Regelungsstruktur, S. 89. 216  24 C.F.R. § 206.25 (a) i. V. m. § 206.19 (h); Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 99 (2018); siehe hierzu auch das Beispiel bei Pepe, 14 NAELA J., 41, 47 f. (2018). 217  Die Berechnung des maximalen Auszahlungsbetrages orientiert sich neben der Höhe des principal limits an der Höhe der Kosten und Gebühren, die der Kreditnehmer zu tragen hat, siehe hierzu 24 C.F.R. 206.25(a)(1)(ii) und (a)(2)(ii). 218  24 C.F.R. § 206.25 (a)(1)(i), (iii) und (iv) sowie (2)(i). 219  24 C.F.R. § 206.19 (f). 220  Siehe zu diesen 24 C.F.R. § 206.47. 221  24 C.F.R. § 206.19 (f)(1). 222  24 C.F.R. § 206.19 (f)(1). 223  24 C.F.R. § 206.19 (f)(2). 224  24 C.F.R: § 206.19 (f)(2)(i); siehe ausführlich hierzu unten Kapitel 3: B.II.2.c) dd), Kreditwürdigkeitsprüfung und LESA, S. 113. 225  24 C.F.R. § 206.19 (f)(2)(i) und (ii). Hierauf wird noch näher bei der Darstellung der verbraucherschützenden Rechtsinstitute einzugehen sein, siehe hierzu unten Kapitel 3: B.II.2.c)dd), Kreditwürdigkeitsprüfung und LESA, S. 113.

98

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

Abschließend ist der Kreditgeber zur Bildung einer Rücklage für den Fall verpflichtet, dass er zur Erhebung laufender Service-Gebühren berechtigt ist („servicing fee set aside“).226 cc) Die Pflichten des Kreditnehmers (1) Die Rück- und Zinszahlungsverpflichtung Bei dem der Reverse Mortgage zugrunde liegenden und durch die Hypothek abgesicherten Vertrag handelt es sich um ein Kreditgeschäft.227 Folglich ist der Kreditnehmer im Fälligkeitszeitpunkt zur Rückzahlung der bis zu diesem Zeitpunkt angelaufenen Kreditsumme verpflichtet.228 Die Überlassung des Kreditbetrages erfolgt zudem nicht unentgeltlich, vielmehr ist der Kreditnehmer zur Zahlung von Zinsen verpflichtet.229 Die Kreditsumme wird ab der erstmaligen Auszahlung verzinst wobei die Zinszahlungen jedoch nicht monatlich geleistet, sondern der endfälligen Kreditsumme aufgeschlagen werden.230 Das Gesetz erlaubt sowohl eine feste als auch eine variable Verzinsung der Valuta.231 Die Fälligkeit von Rück- und Zinszahlungsverpflichtung richtet sich für beide Verpflichtungen nach einem Katalog von gesetzlich determinierten Fälligkeitsereignissen.232 Diese sind enumerativ durch das Gesetz vorgegeben und zwingend in den Vertrag aufzunehmen.233 Das Gesetz unterscheidet hierbei Fälligkeitsereignisse mit und ohne Genehmigungsvorbehalt des Commissioners der FHA234.235 226  24 C.F.R. § 206.19 (f)(3); siehe hierzu Black, 8 NAELA J., 87, 94 (2012); CFPB, Report to Congress, S. 92. 227  Black, 8 NAELA J., 87, 92 (2012); Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 570  f. (2016/2017); Hammond, 1 Elder L. J., 75, 86 (1993); Helman, 12 Marq. Elder’s Advisor, 415, 432 (2011); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 187 f. (2016); Juer­gens, 6 HLRe, 209, 210 (2016); Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337 (2009); Nelson/Whitman/Burkhart/Freyermuth, Real Estate Finance Law, S. 983; Robertson, 27 Quinnipiac Prob. L. J., 94, 95 f. (2013); Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L J., 299 (2014). 228  24 C.F.R. § 206.27 (c). 229  24 C.F.R. § 206.21. 230  24 C.F.R. § 206.19 (g). 231  24 C.F.R. § 206.21 (a) und (b). 232  Für die Rückzahlungsverpflichtung folgt dies aus 24 C.F.R. 206.27 (c), auf welchen 24 C.F.R. § 206.19 (g) für die Zinszahlungsverpflichtung verweist. Im Folgenden wird aus Vereinfachungsgründen die Verweisnorm des § 206.19 (g) weggelassen. 233  12 U.S.C. § 1715z-20 (j) i. V. m. 24 C.F.R. § 206.27 (b). 234  Gem. 42 U.S.C. § 3535 kann der Secretary, der eigentlich gem. 12 U.S.C. § 1715z-20 (c) zuständig wäre, seine Befugnisse auf andere dem HUD angehörige



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht99

So tritt die Fälligkeit von Rück- und Zinszahlungsverpflichtung automatisch und ohne Genehmigung des Commissioners ein, wenn der (letzte) Kreditnehmer verstirbt236 oder das Grundstück verkauft wird und damit einhergehend sämtliche Grundstücksrechte237 auf eine Drittpartei übertragen werden.238 Für den überlebenden Ehegatten, der nicht selbst Kreditnehmer ist, besteht jedoch unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit, den Fälligkeitszeitpunkt bis zum eigenen Tod aufzuschieben.239 Darüber hinaus bestimmt das Gesetz weitere Fälligkeitsereignisse, die allerdings die Genehmigung des Commissioners zur Fälligstellung des Kredits voraussetzen.240 So können Rück- und Zinszahlungsverpflichtung zum einen fällig gestellt werden, wenn der Kreditnehmer das Grundstück nicht mehr als Hauptwohnsitz („principal residence“) nutzt.241 Das Gesetz definiert den Hauptwohnsitz hierbei als den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts, an welchem der Kreditgeber typischerweise den Großteil der Zeit eines Kalenderjahres verbringt.242 Das Grundstück gilt auch dann weiterhin als HauptwohnPersonen auslagern. Aus 24 C.F.R. § 206.3 (Commissioner) und den jeweiligen Bestimmungen ergibt sich, dass das im Fall der HECM der Commissioner ist. Zur Stellung des Commissioners siehe 42 U.S.C. § 3533. 235  Siehe hierzu § 206.27 (c)(1) und (2); 12 U.S.C. § 1715z-20 (j) räumt dem HUD, neben den zwingenden Fälligkeitsereignissen des Todes des Kreditnehmers und des Verkaufs des Grundstücks, die Befugnis ein, weitere Fälligkeitsereignisse durch verwaltungsrechtliche Rechtssetzung zu bestimmen, siehe hierzu 24 C.F.R. § 206.27 (c)(2). 236  Der Vertrag kann auch von mehreren Kreditnehmern geschlossen werden, so dass folglich die dargestellten Fälligkeitsereignisse auf den letzten Kreditnehmer abstellen, bspw. hinsichtlich des Todes des letzten Kreditnehmers. Im Folgenden wird zum Zwecke der Vereinfachung lediglich vom Kreditnehmer im Singular die Rede sein. 237  In 24 C.F.R. § 206.27 (c)(1) legt das Gesetz fest, dass der Kreditnehmer entweder ein „fee-simple“-Recht, ein „life-estate“-Recht oder ein „leasehold“-Recht i. S. v. 24 C.F.R. § 206.45 (a) am Grundstück halten muss. Das fee-simple-Recht ist hierbei das stärkste, im US-amerikanischen Rechtskreis vorgesehene Eigentumsrecht, besteht ohne zeitliche Einschränkung und ist zudem frei vererblich. Das life-estate ist in seiner Dauer auf das Leben des Rechtsinhabers beschränkt und folglich auch nicht vererbbar. Siehe zum soeben gesagten Bernhardt/Burkhart, Real Property, S. 51 ff. 238  12 U.S.C. § 1715z-20 (j) i. V. m. 24 C.F.R. § 206.27 (c)(1). Die Genehmigungsfreiheit ergibt sich im Umkehrschluss zu 24 C.F.R. § 206.27 (c)(2); siehe zu den Fälligkeitsereignissen Black, 8 NAELA J., 87, 92 (2012); CFPB, Report to Congress, S. 22; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 190 (2016). 239  Siehe hierzu ausführlich und mit Nachweisen unten Kapitel 3: B.II.2.c)ff)(1) (a), Aufschub des Fälligkeitszeitpunkts, S. 118. 240  24 C.F.R. § 206.27 (c)(2). 241  24 C.F.R. § 206.27 (c)(2); Black, 8 NAELA J., 87, 92 (2012); CFPB, Report to Congress, S. 22; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 190 (2016). 242  24 C.F.R. § 206.3 (Prinicipal residence).

100

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

sitz, wenn sich der Kreditnehmer vorübergehend in einer Gesundheitseinrichtung befindet, insofern der Aufenthalt nicht länger als zwölf zusammen­ hängende Monate andauert.243 Die gleichen Grundsätze gelten für die Bestimmung des Hauptwohnsitzes des Ehegatten des Kreditnehmers.244 Für den Fall, dass der krankheitsbedingte Aufenthalt in der Gesundheitseinrichtung länger als zwölf zusammenhängende Monate andauert, sieht das Gesetz explizit einen weiteren Grund zur Fälligstellung der Kreditsumme.245 Unerheblich ist dabei der Grund für den Besuch der Einrichtung, der in jeder Art von Krankheit – psychisch oder physisch – liegen kann und kein Verschulden des Kreditnehmers voraussetzt.246 Zum anderen kann die Verpflichtung zur Zahlung der Kreditsumme fällig gestellt werden, wenn der Kreditnehmer gegen die Pflicht zur Zahlung der Grundstückskosten („property charges“), beispielsweise Grundsteuern, verstößt.247 Abschließend führt jede Verletzung einer durch die HECM auferlegten Pflicht durch den Kreditnehmer zur Fälligstellung der Rück- und Zinszah­ lungsverpflichtung,248 beispielsweise bei Verstoß gegen die Instandhaltungspflicht.249 Für den umgekehrten Fall, dass der Kreditnehmer einen Teil oder die gesamte Kreditsumme vor Fälligkeit zurückzahlen möchte, verbietet das Gesetz jegliche Erhebung einer Vorfälligkeitsentschädigung oder Geltendmachung sonstiger Vertragsstrafen.250

243  24 C.F.R.

§ 206.3 (Prinicipal residence). § 206.3 (Prinicipal residence); von Bedeutung ist die Definition für die Voraussetzungen des Fälligkeitsaufschubs, siehe unten Kapitel 3: B.II.2.c)ff)(1) (a), Aufschub des Fälligkeitszeitpunkts, S. 118. 245  24 C.F.R. § 206.27 (c)(2)(ii); siehe hierzu Black, 8 NAELA J., 87, 92 (2012); CFPB, Report to Congress, S. 22; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 190 (2016). 246  24 C.F.R. § 206.27 (c)(2)(ii). 247  24 C.F.R. § 206.27 (c)(2)(iii); siehe hierzu Black, 8 NAELA J., 87, 92 (2012); CFPB, Report to Congress, S. 22; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 190 (2016). 248  24 C.F.R. § 206.27 (c)(2)(iv); siehe hierzu Black, 8 NAELA J., 87, 92 (2012); CFPB, Report to Congress, S. 22; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 190 (2016). 249  Black, 8 NAELA J., 87, 92 (2012); CFPB, Report to Congress, S. 22; Latona, 23 Elder L. J., 417, 425 f. (2016). 250  12 U.S.C. § 1715z-20 (d)(4); 24 C.F.R. § 206.27 (b)(4) sowie § 206.209; siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 22; Latona, 23 Elder L. J., 417, 425 (2016); Twomey/Jurgens, Subprime Revisited, S. 3. 244  24 C.F.R.



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht101

(2) Die Pflicht zur Hypothekenbestellung Neben der Rück- und Zinszahlungsverpflichtung ist der Kreditnehmer zur Bestellung einer Hypothek, also einer „mortgage“, am Grundstück verpflichtet.251 Das Gesetz versteht unter dem Begriff der mortgage jedoch nicht nur die mortgage252 als solche, sondern stellt dieser auch andere Sicherungs­ instrumente gleich, insofern diese funktional einer mortgage entsprechen und ein Pfandrecht am Grundeigentum entstehen lassen, bspw. der „deed of trust“253.254 Die aus dem Kreditvertrag resultierenden Verpflichtungen müssen im ersten Rang am Grundstück255 abgesichert werden.256 Bestehende 251  12 U.S.C.

§ 1715z-20 (b)(3) und (4); 24 C.F.R. § 206.3 (mortgage). es Aufgabe des einzelstaatlichen Sachenrechts ist, das Wesen der mortgage zu konturieren, haben sich im US-amerikanischen Rechtsraum hierzu im Wesentlichen drei Konstruktionsmöglichkeiten herausgebildet. Staaten in denen die sog „lien theory“ vorherrscht, verstehen die mortgage als Sicherungsrechtinstrument am Grundeigentum, bei welchem der Grundeigentümer sein Eigentumsrecht behält, während in „title theory“-Staaten die Auffassung vertreten wird, dass mit Bestellung der mortgage das Grundeigentum samt Besitzrecht auf den Gläubiger übergeht. Eine zwischengelagerte Stellung nimmt die „intermediate theory“ ein, bei welcher zwar ebenfalls das Eigentum mit Bestellung der Hypothek übergeht, jedoch das Besitzrecht bis zu Beginn der Zwangsvollstreckung beim Kreditnehmer verbleibt. Nachdem in title und intermediate theory-Staaten indes anerkannt ist, dass kein vollwertiges Eigentum, sondern lediglich ein Sicherungsinteresse am Grundstück übertragen wird, das nur für den Fall des Zahlungsverzugs zur Zwangsvollstreckungsmaßnahmen berechtigt, sind die Unterschiede des Theorienstreits marginal; siehe zum Gesagten Nelson/Whitman/Burkhart/Freyermuth, Real Estate Finance Law, § 4.1 S. 126; Restatement (Third) of Property (Mortgages) § 4.1 Comment a. (Am. Law. Inst. 1997); siehe hierzu zusammenfassend aus der deutschsprachigen Literatur Böning, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, S. 17 f. 253  Hierbei überträgt der Kreditnehmer in seiner Rolle als „grantor“ bzw. „trustor“ das Grundeigentum auf einen Treuhänder („trustee“), der entweder die Verwertung des Grundstücks im Fall der Zahlungsunfähigkeit besorgt oder das Eigentum bei Rückzahlung des Kredits auf den Kreditnehmer rücküberträgt; siehe hierzu Nelson/ Whitman/Burkhart/Freyermuth, Real Estate Finance Law, § 1.6 S. 10 f.; hierzu aus deutscher Perspektive bereits Kulms, ZfIR 2002, 614, 618. 254  24 C.F.R. § 206.3 (mortgage). 255  Das US-amerikanische Grundstücksrecht kennt verschiedene Abstufungen des Grundeigentums (siehe hierzu Restatement (First) of Property §§ 14 ff. (Am. Law. Inst. 1936); aus der deutschsprachigen Literatur hierzu Böning, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, S. 10 ff.), im Kontext der Reverse Mortgage muss der Kreditnehmer ein „estate in fee simple“ am Grundstück innehaben, welches mit den Rechtswirkungen des deutschen Eigentumsbegriffs vergleichbar ist; siehe hierzu Bernhardt/Burkhart, Real Property, S. 51; siehe zudem aus der deutschsprachigen Literatur Böning, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, S. 10. 256  12 U.S.C. § 1715z-20 (b)(3) und (4); 24 C.F.R. § 206.3 (mortgage). Neben dem fee simple-Recht, kann der Kreditnehmer die Hypothek auch an einem aus einem Mietvertrag stammenden und zeitlich an den Bestand des Mietvertrages ge252  Nachdem

102

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

höherrangige Sicherungsrechte können mit den Auszahlungen der HECM abgelöst werden, wenn diese bereits zwölf Monate vor Vertragsschluss bestanden haben oder eine Summe von 500 USD nicht überschreiten.257 Das Gesetz stellt an das Grundstück, an dem die Hypothek bestellt werden soll, einige qualitative Voraussetzungen. Zunächst muss dieses dem Kreditnehmer und jedem Ehegatten, der zur Aufschiebung der Fälligkeit nach dem Tod des Kreditnehmers berechtigt ist,258 als Hauptwohnsitz259 dienen.260 Auf dem Grundstück selbst muss sich entweder ein Wohnhaus oder eine Wohnungseinheit261 befinden, die jeweils mindestens einer Familie Platz bietet.262 Darüber hinaus muss das Grundstück den vom HUD gesetzten Grundstücksstandards263 entsprechen,264 wobei etwaige Schäden am Wohngebäude repariert werden müssen.265 Auch während der Vertragslaufzeit ist der Kreditnehmer zur Instandhaltung des Grundstücks verpflichtet,266 da der Kreditgeber ansonsten zur Fälligstellung des Kredits berechtigt ist.267 Weiterhin sind die Parteien zum Abschluss verschiedener Versicherungen verpflichtet, namentlich einer title insurance,268 einer Hochwasserversicherung („National Flood Insurance Programm – NFIP“)269 sowie sonstigen, notwendigen Gebäudeversicherun-

knüpften „leasehold“-Rechts bestellen, insofern das Gebrauchsrecht am Grundstück erneuerbar ist und entweder für eine Dauer von mehr als 99 Jahre oder länger als die tatsächliche Lebenserwartung plus eines Sicherheitszuschlags, welcher allerdings ebenfalls 99 Jahre nicht überschreiten darf, bestellt wurde (siehe hierzu 12 U.S.C. § 1715z-20 (b)(4); 24 C.F.R. § 206.45 (a)). 257  24 C.F.R. § 206.36 (a). 258  Siehe hierzu ausführlich unten Kapitel 3: B.II.2.c)ff)(1)(a), Aufschub des Fälligkeitszeitpunkts, S. 118. 259  Siehe zur Auslegung des Begriffs bereits oben S. 99. 260  24 C.F.R. § 206.39 (a). 261  Siehe hierzu die Sonderregelung in 24 C.F.R. § 206.51. 262  12 U.S.C. § 1715z-20 (d)(3); 24 C.F.R. § 206.45 (b). 263  Siehe hierzu im Detail HUD, HECM Handbook 4235.1 REV-1 (Stand 11/94), Kapitel 3.5. 264  24 C.F.R. § 206.47 (a). 265  24 C.F.R. § 206.47 (a). Hierfür kann der oben beschriebene repair set aside genutzt werden, vgl. 24 C.F.R. § 206.47 (d). 266  24 C.F.R. § 206.27 (b)(5). 267  24 C.F.R. § 206.27 (c)(2)(iv) i. V. m. (b)(5). 268  Diese dient der Absicherung derjenigen Unwägbarkeiten, die dadurch entstehen, dass das US-amerikanische Sachenrecht keine Publizitätswirkung des Grundbuchs kennt, siehe hierzu ausführlich Böning, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, S. 207 ff. 269  24 C.F.R. § 206.45 (c).



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht103

gen.270 Auch muss die freie Verkaufbarkeit des Grundstücks gewährleistet sein.271 (3) Die Pflicht zur Zahlung zinsunabhängiger Entgelte Weiterhin ist der Kreditgeber zur Zahlung sonstiger, zinsunabhängiger Entgelte verpflichtet.272 So unterteilt das Gesetz die Kosten in solche, die vor bzw. kurz nach dem Vertragsschluss anfallen („fees at closing“273 und „repair administration fee“274) und solche, die während der Vertragslaufzeit erhoben werden dürfen („allowable charges and fees after endorsement“)275. Bezüglich mancher Kostenarten bestimmt das Gesetz dabei enumerativ die Zulässigkeit und Höhe der Erhebung.276 dd) Verfahren nach Eintritt der Fälligkeit Das Verfahren nach der Fälligstellung des Kredits wird gesetzlich minutiös geregelt. Kommt es demnach zur Fälligstellung des Kredits, ist der Kreditgeber in einer ersten Phase sowohl zur Information des HUD und, zeitlich darauf folgend, des Kreditnehmers (oder dessen Ehegatten bzw. Erben) verpflichtet.277 Handelt es sich um ein genehmigungspflichtiges Fälligkeitsereignis, hat der Kreditgeber abzuwarten, ob das HUD die Fälligstellung genehmigt.278

270  24 C.F.R. 271  24 C.F.R.

§ 206.27 (b)(2). § 206.45 (e); siehe hierzu die Ausnahmen in 24 C.F.R. § 203.41 und

§ 234.66. 272  Zu den Kostenarten siehe ausführlich Pepe, 14 NAELA J., 41, 48 ff. (2018); siehe zudem Black, 8 NAELA J., 87, 93 f. (2012); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 191 f. (2016). 273  12 U.S.C. § 1715z-20 (r); 24 C.F.R. § 206.31 (a). 274  24 C.F.R. § 206.31 (b). 275  24 C.F.R. § 206.207. 276  Zur Höhe der origination fees: 24 C.F.R. § 206.31 (a)(1); zu den sonstigen Kosten (etwa für die Grundbucheintragung oder Kreditwürdigkeitsprüfung): 24 C.F.R. § 206.31 (a)(2); zu den während der Vertragslaufzeit entstehenden Kosten: 24 C.F.R. § 206; siehe hierzu mit einem Kostenbeispiel Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 191 f. (2016). 277  24 C.F.R. § 206.125 (a)(1) und (2). 278  24 C.F.R § 206.125 (a)(2); siehe hierzu den Fall Finance of America Reverse, LLC vs. Nestor A. Carmona-Vargas et al., 288 F. Supp. 3d 500 (D.P.R. 2018); zu den Hintergründen der Genehmigungspflicht aus rechtshistorischer Sicht Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 105 ff. (2018).

104

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

Mit Erfüllung der Informationspflicht, und damit die zweite Phase des Verfahrens einleitend, ist zudem die Pflicht des Kreditgebers verbunden, keine weiteren Schritte zur Verwertung des Grundstücks zu unternehmen, bevor er dem Kreditnehmer, dessen Ehegatten oder Erben nicht zuvor die Möglichkeit eingeräumt hat, innerhalb von 30 Tagen279 nach der Information den Kredit zu tilgen oder den zur Fälligkeit führenden Umstand zu beseitigen.280 Welche dieser Möglichkeiten281 zur Verfügung steht, hängt indes davon ab, welcher Umstand zur Fälligstellung geführt hat und ist damit mittelbar darauf zurückzuführen, welcher Akteur (Kreditnehmer, Ehegatte oder Erben) handelt. Alle Akteure sind zunächst dazu berechtigt, den Kredit durch Rückzahlung282 der Kreditsumme aus eigenen Mitteln oder durch eigenhändigen Verkauf283 des zuvor bewerteten284 Grundstücks unter Verwendung der Verkaufserlöse zu tilgen.285 Alternativ kann dem Kreditgeber auch das Eigentum am Grundstück im Rahmen einer sog. „deed in lieu of foreclosure“ übertragen werden,286 wobei hiermit die Abrede verbunden ist, dass die Kreditsumme durch die Eigentumsübertragung vollständig getilgt werden soll.287 Besteht das Fälligkeitsereignis in der Eigentumsübertragung auf Dritte oder in einem Verstoß gegen sonstige vertragliche Pflichten durch den Kreditnehmer, ist einzig dieser zur Beseitigung des zur Fälligkeit führenden Umstands berechtigt.288 Denn der Gesetzeswortlaut sieht diese Möglichkeiten nur in den Fällen vor, in welchen die Fälligstellung nicht auf dem Tod 279  Nachdem die Zwangsvollstreckung innerhalb von sechs Monaten einzuleiten ist (siehe hierzu sogleich), bleibt dem Kreditnehmer bzw. dessen Erben in der Regel auch dieser Zeitraum, um den Kredit zurückzuzahlen, siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 22. 280  24 C.F.R. § 206.125 (a)(2)(i)-(vi). 281  Für eine Pflicht zur Verständigung über diese Möglichkeiten vor Fälligstellung des Kredits („loss mitigation“) siehe Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 120 f. (2018). 282  24 C.F.R. § 206.125 (a)(2)(i). 283  24 C.F.R. § 206.125 (a)(2)(ii) i. V. m. (c). 284  Siehe zu diesem 24 C.F.R. § 206.125 (b). 285  Zu den Einzelheiten des Verkaufs und der 95 percent rule, auf die nicht weiter eingegangen werden soll, siehe 24 C.F.R. § 206.125 (a)(2)(ii) und (c); ausführlich zur 95 percent rule und den damit einhergehenden Problemen unter Auswertung der Rechtsprechung siehe Class, 37 Rev. Banking & Fin. L, 413, 439 ff. (2017); siehe auch Mancini/Cohen, 43 Pepp. L. Rev., 345, 399 f. (2016). 286  24 C.F.R. § 206.125 (a)(2)(iii) und (f). 287  Ausführlich zur deed in lieu of foreclosure Nelson/Whitman/Burkhart/Freyermuth, Real Estate Finance Law, § 6.18 S. 551 ff.; aus der deutschsprachigen Literatur siehe Böning, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, S. 131 f. 288  24 C.F.R. § 206.125 (a)(2)(iv).



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht105

des Kreditnehmers beruht.289 Demnach kann im Umkehrschluss nur der Kreditnehmer zur Behebung des zur Fälligkeit führenden Umstands berechtigt sein, da der Kredit anderenfalls aufgrund des Todes des Kreditnehmers zwangsläufig fällig gestellt werden würde, so dass der Regelung kein Anwendungsbereich verbliebe. In systematischer Ausnahme hierzu erlaubt das Gesetz jedoch auch dem überlebenden Ehegatten, der zum Eintritt in die Rechtsstellung des Kreditnehmers im Wege des Aufschubverfahrens berechtigt ist,290 einen Umstand zu beseitigen, der zur Pflichtverletzung und damit zur Fälligstellung des Vertrages führt.291 Wird das Fälligkeitsereignis nicht nachträglich geheilt oder die Kreditsumme nicht durch deed in lieu of foreclosure getilgt, tritt das Verfahren in die dritte und damit letzte Phase ein. Der Kreditgeber hat ab dem Zeitpunkt der Unterrichtung durch das HUD sechs Monate Zeit, das förmliche Zwangsvollstreckungsverfahren („foreclosure“)292 einzuleiten.293 Zwar ist der Kreditnehmer auch nach Einleitung des Zwangsvollstreckungsverfahrens grundsätzlich dazu berechtigt, den zur Fälligkeit führenden Umstand nachträglich zu heilen, der Kreditgeber kann dies jedoch ablehnen, insofern von der Heilungsmöglichkeit innerhalb der letzten zwei Jahre wiederholt Gebrauch gemacht wurde,294 die Wiedereinsetzung ein später stattfindendes Zwangsvollstreckungsverfahren präkludieren295 oder den Rang der Hypothek verschlechtern würde.296 Aus praktischer Sicht nehmen zudem viele Kreditnehmer/­ Erben ihre vertraglichen Rechte aufgrund des Informationsdefizits nicht in Anspruch.297

289  24 C.F.R.

§ 206.125 (a)(2)(iv). zu diesem unten Kapitel 3: B.II.2.c)ff)(1)(a), Aufschub des Fälligkeitszeitpunkts, S. 118. 291  24 C.F.R. § 206.125 (a)(2)(v). 292  Nachdem das foreclosure-Verfahren ein allgemeines Rechtsinstitut betrifft, soll dieses angesichts der verbraucherrechtlichen Schwerpunktsetzung an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Zum Foreclosure-Verfahren im Kontext der Reverse Mortgage siehe Kulms, ZfIR 2002, 614, 617 f.; ausführlich allgemein hierzu Böning, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, S. 120 ff. 293  24 C.F.R. § 206.125 (d)(1); siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 22; Twomey, 89 Am. Bankr. L. J., 363, 383 (2015). 294  24 C.F.R. § 206.125 (a)(3)(i). 295  24 C.F.R. § 206.125 (a)(3)(ii). 296  24 C.F.R. § 206.125 (a)(3)(iii). 297  Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 116 ff. (2018), die dies insbesondere auf die schlechte Informationspolitik des HUD und der Kreditgeber zurückführen. 290  Siehe

106

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

Unabhängig davon, ob die durch die anschließende Verwertung298 des Grundstücks erlösten Mittel die Kreditsumme tilgen können, haften der Kreditnehmer bzw. dessen Erben nicht für die Differenzsumme zwischen Forderungshöhe und Grundstückswert.299 Grund hierfür ist eine zwingend in den Vertrag aufzunehmende „non-recourse“-Klausel,300 welche die persönliche Haftung des Kreditnehmers für die Rückzahlung der Kreditsumme ausschließt.301 Der Kreditgeber kann folglich nicht auf den Differenzbetrag zwischen Verkaufserlös und Kreditsumme im Zuge eines sog. „deficiency judgements“302 klagen.303 Im umgekehrten Fall steht dem Kreditnehmer bzw. dessen Erben hingegen der Übererlös zu.304 ee) Exkurs: Die Ausfallversicherung der FHA im Überblick Der HECM wesensimmanent ist der Abschluss einer Ausfallversicherung mit dem Department of Housing and Urban Development (HUD) bzw. deren Untergliederung der Federal Housing Administration (FHA), welche durch den Federal Housing Commissioner (Commissioner) vertreten wird.305 Um in den Genuss des Versicherungsschutzes kommen zu können, muss der Kreditgeber einen Antrag auf Zulassung stellen.306 Dem Antrag wird nur dann stattgegeben, wenn die Parteien die nachfolgend darzustellenden Pflichten erfüllen und die Einhaltung derselben durch Beifügung aller relevanten Dokumente (z. B. Vertragswerk, Beratungszertifikat307) nachweisen.308 So muss der Kreditgeber allgemein vom HUD zur Kreditvergabe zugelassen worden sein und darf darüber hinaus in keinem Zusammenhang mit einer 298  Siehe zu den hier nicht weiter zu vertiefenden Details der Verwertung 24 C.F.R. § 206.125 (d)(4) und (e) sowie (g). 299  24 C.F.R. § 206.27 (b)(8); siehe hierzu Black, 8 NAELA J., 87, 92 (2012); CFPB, Report to Congress, S. 22; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 190 (2016). 300  24 C.F.R. § 206.27 (b)(8); siehe zur Klausel Nelson/Whitman/Burkhart/Freyermuth, Real Estate Finance Law, § 2.1 S. 15 ff. 301  24 C.F.R. § 206.27 (b)(8); siehe hierzu Black, 8 NAELA J., 87, 92 (2012); CFPB, Report to Congress, S. 22; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 190 (2016); Twomey/Jurgens, Subprime Revisited, S. 3. 302  Ausführlich hierzu Nelson/Whitman/Burkhart/Freyermuth, Real Estate Finance Law, § 8.1 S. 705 ff. 303  24 C.F.R. § 206.27 (b)(8). 304  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 190 f. (2016). 305  Siehe hierzu bereits die Anmerkung und Nachweise in Fn. 234. 306  24 C.F.R. § 206.115. 307  Siehe hierzu näher unten Kapitel 3: B.II.2.c)bb), Beratungspflichten, S. 108. 308  24 C.F.R. § 206.115 (b).



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht107

Partei stehen, die andere Produkte als Reverse Mortgages vertreibt.309 Der Kreditnehmer hingegen darf nicht jünger als 62 Jahre sein,310 muss von einem offiziellen HECM-Berater beraten311 sowie durch den Kreditgeber über alle anfallenden Kosten aufgeklärt worden sein.312 Darüber hinaus müssen die bereits oben erörterten Anforderungen an den Rang der Hypothek und den Zustand des Grundstücks eingehalten werden.313 Der Vertrag muss den gesetzlich vorgegebenen Inhalt aufweisen, etwa hinsichtlich des Auszahlungsmodus, des Zinses, der Kosten, der Fälligkeitsbestimmungen oder der non-recourse-Klausel.314 Der Versicherungsschutz erstreckt sich dabei in zwei Richtungen. Zum einen greift der Versicherungsschutz zugunsten des Kreditnehmers ein, wenn der Kreditgeber mit der Auszahlung der Kreditsumme in Verzug gerät.315 Zum anderen werden die Ausfallrisiken des Kreditgebers abgesichert.316 c) Verbraucherschützende Rechtsinstitute Die soeben erörterte Grundkonstruktion der HECM weist bereits verbraucherschützende Tendenzen auf. Zu nennen ist etwa die zwingende Festlegung des Fälligkeitszeitpunks, von der auch nicht vertraglich abgewichen werden kann, oder die Möglichkeit, die Fälligstellung im Verzugsfall durch Heilung der Pflichtverletzung abzuwenden. Auch sind die Rechte des Kreditnehmers zu nennen, den Kredit jederzeit ohne Vorfälligkeitsentschädigung zurückzahlen sowie den Kredit bei Fälligkeit ohne automatische Zwangsverwertung des Grundstücks begleichen zu können. Zudem sind Art und Umfang der Erhebung von Zinsen und zinsunabhängiger Entgelte gesetzlich geregelt. Von besonderer verbraucherschützender Bedeutung ist weiterhin die zwingend in den Vertrag aufzunehmende non-recourse-Klausel, die die sonstige persönliche Haftung des Kreditnehmers für die Kreditschuld ausschließt.

309  Siehe hierzu und zu den Ausnahmen ausführlich und mit Nachweisen unten Kapitel 3: B.II.2.c)aa), Zulassungsvoraussetzungen des Kreditgebers, S. 108. 310  12 U.S.C. § 1715z-20 (d)(2)(A). 311  12 U.S.C. § 1715z-20 (d)(2)(B). 312  12 U.S.C. § 1715z-20 (d)(2)(C). 313  12 U.S.C. § 1715z-20 (b)(4) und (3) i. V. m. 24 C.F.R. § 206.3 (mortgage) sowie § 206.47. 314  12 U.S.C. § 1715z-20 (d)(3)-(11) i. V. m. 24 C.F.R. § 206.27 (b). 315  12 U.S.C. § 1715z-20 (i)(1)(A) sowie (2)(A) i. V. m. 24 C.F.R. § 206.117 und § 206.121 (a). 316  12 U.S.C. §  1715z-20 (i)(1)(C) sowie (2)(A) und (B) i.  V.  m. 24 C.F.R § 206.123–129.

108

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

Neben diesen in der Vertragsgestaltung angelegten Verbraucherschutz­ instrumenten sieht das Gesetz darüber hinausgehende Rechtsinstitute vor, die dem Verbraucherschutz dienen. aa) Zulassungsvoraussetzungen des Kreditgebers Wie bereits angesprochen dürfen nur solche Verträge versichert werden, bei denen der Kreditgeber vom HUD, nach einem näher festgelegten Verfahren,317 zugelassen wurde.318 Weiterhin muss sichergestellt sein, dass der Kreditgeber neben dem Geschäft mit HECMs keinen weiteren Finanzoder Versicherungsgeschäften nachgeht.319 Hierfür darf der Kreditgeber zum einen selbst keine anderen Finanz- oder Versicherungsprodukte vertreiben und zum anderen nicht in sonstiger Weise mit Parteien in Verbindung stehen, die sonstige Finanz- oder Versicherungsprodukte vertreiben.320 Darüber hi­ naus darf der Kreditgeber auch grundsätzlich keine Partei beschäftigen, die ihrerseits andere Finanz- oder Versicherungsprodukte vertreibt oder in sonstiger Weise mit Parteien in Beziehung steht, die derartige Produkte vertreiben.321 In Ausnahme hierzu darf der Kreditgeber nur dann anderen Finanz- oder Versicherungsgeschäften nachgehen, wenn durch hinreichende Schutzmaßnahmen sichergestellt ist, dass das HECM- und das sonstige Finanzgeschäft funktional getrennt sind.322 Insbesondere darf Mitarbeitern im sonstigen Finanzbereich keine wirtschaftlichen Anreize zum Vertrieb einer HECM gesetzt werden.323 Die Vorschriften sollen durch die Unterbindung wirtschaftlicher Anreize dem Problem des cross-sellings entgegenwirken.324 bb) Beratungspflichten Bevor der Versicherungsvertrag geschlossen werden kann,325 sieht das Gesetz eine obligatorische Beratung des Kreditnehmers vor.326 Die Bera317  Siehe

hierzu 24 C.F.R. § 209. § 1715z-20 (d)(1) i. V. m. 24 C.F.R. § 206.9. 319  12 U.S.C. § 1715z-20 (n)(1)(A). 320  12 U.S.C. § 1715z-20 (n)(1)(A). 321  12 U.S.C. § 1715z-20 (n)(1)(A). 322  12 U.S.C. § 1715z-20 (n)(1)(B)(i). 323  12 U.S.C. § 1715z-20 (n)(1)(B)(i). 324  Grundlegend Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337, 352 f. (2009); siehe hierzu auch CFPB, Report to Congress, S. 106. 318  12 U.S.C.



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht109

tungspflicht wurde als primäre Maßnahme gegen das Informationsdefizit des Verbrauchers eingeführt327 und soll sicherzustellen, dass sich der Kreditnehmer trotz der rechtlichen und wirtschaftlichen Komplexität der Transaktion aller vertraglichen Rechte und Pflichten bewusst ist.328 Die Beratung muss durch eine unabhängige Drittpartei vorgenommen werden, die vom HUD zertifiziert und auf die offizielle HECM Beraterliste („HECM counselor roster“) aufgenommen wurde,329 wofür eine entsprechende fachliche und technische Qualifikation erforderlich ist.330 Vor der Änderung durch HERA sah das Gesetz keinerlei Regelungen vor, um die Unabhängigkeit der Berater sicherzustellen.331 In der Folge kam es zu einer Intensivierung der Zusammenarbeit von Kreditgebern und Beratern, die sich insbesondere in der Zunahme von cross-selling-Pratiken niederschlug.332 Verstärkt wurde das Problem zudem dadurch, dass die für die Beratung bereitgestellten staatlichen Subventionen nicht zur Finanzierung des Programms ausreichten, so dass ein Großteil der Berater von Kreditgeberseite finanziert wurde.333 Erst seit der Verabschiedung von HERA im Jahr 2008 statuiert das Gesetz ein Kooperationsverbot und stärkt damit die Unabhängigkeit der Beratung.334 Demnach ist es Beratern verboten, ein direktes oder indirektes Näheverhältnis zu Parteien zu unterhalten, die am Vertragsschluss der HECM beteiligt sind oder andere Finanz- oder Versicherungsprodukte, insbesondere annui-

325  Dies ergibt sich aus 12 U.S.C. § 1715z-20 (d)(2)(B), der auf subsec. (f) verweist und die vorherige Beratung zum Vergabekriterium erklärt; siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 22. 326  12 U.S.C. § 1715z-20 (f) i. V. m. 24 C.F.R. § 206.41 (a); siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 22; Class, 37 Rev. Banking & Fin. L, 413, 419 (2017). 327  CFPB, Report to Congress, S. 110; hierzu auch Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 196 (2016). 328  Black, 8 NAELA J., 87, 93 (2012); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 196 (2016); Juergens, 6 HLRe, 209, 221 (2016); Latona, 23 Elder L. J. 417, 443 (2016). 329  24 C.F.R. § 206.302 (a); siehe hierzu Latona, 23 Elder L. J., 417, 442 (2016). 330  24 C.F.R: § 206.302 (b)(2) und (4) sowie § 206.308; siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 125. 331  Vgl. hierzu 12 U.S.C. § 1715z-20 (d)(2)(B) (2006), welcher im Unterschied zur aktuellen Gesetzeslage nicht den Zusatz in (i)-(iii) enthält; siehe hierzu Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337, 353 (2009). 332  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183 196 (2016); Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337, 353 (2009); Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 311 f. (2014). 333  Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337, 346 (2009). 334  Sec. 2122 (a)(3) HERA.

110

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

ties, vertreiben.335 Gleichzeitig wurde die Obergrenze für die staatliche Subvention der Beratung von 1 Mio. USD aufgehoben und die Entscheidung über die adäquate Finanzausstattung des Programms stattdessen in den Ermessenspielraum des Secretary des HUD gestellt.336 Beim ersten Kundenkontakt ist der Kreditgeber verpflichtet, dem Kunden eine Liste mit Kontakt- und Adressdaten geeigneter Berater bzw. Agenturen zu überreichen.337 Auch wenn es dem Kreditgeber hierbei verboten ist, dem Kreditnehmer einen konkreten Berater zu empfehlen,338 kann der Kreditgeber nach eigenem Ermessen bis zu fünf Berater auf die Liste setzen, sofern sich diese in zumutbarer Distanz zum Kreditnehmer befinden.339 Vor dem Beratungstermin treffen den Berater verschiedene Informationspflichten gegenüber dem potentiellen Kunden, u. a. hinsichtlich der Grundlagen der Reverse Mortgage,340 einem Vergleich verschiedener Kreditkosten und den Gesamtkosten der Reverse Mortgage („total annual loan cost“ – „TALC“).341 Auch determiniert das Gesetz durch Vorgabe eines standardisierten Beratungsprotokolls den Inhalt des Beratungsgesprächs.342 Hiervon umfasst sind zum einen die Erörterung anderer geeigneter Finanzprodukte bzw. staatlicher Beihilfen, alternativer Immobilienverzehrinstrumente, der finanziellen und steuerlichen Folgen eines Vertragsschlusses sowie die Auswirkungen desselben auf staatliche Beihilfen und die Erbmasse.343 Zum anderen soll der Kreditnehmer über die Kosten und die Notwendigkeit von Dienstleistungen aufgeklärt werden, die im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss von Drittparteien erbracht werden müssen.344 Abschließend müssen die wirt335  24 C.F.R. 336  Sec.

§ 206.3 (HECM counselor). 2122 (a)(8) HERA; siehe hierzu Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337, 346

(2009). 337  12 U.S.C. § 1715z-20 (e)(1) i. V. m. 24 C.F.R. § 206.41; noch zur alten Rechtslage, jedoch inhaltsgleich Ornstein/Yoon, 61 Consumer Fin. L. Q. Rep. 135, 139 (2007); sowie Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 316 (2014). 338  HUD, Housing Counseling Handbook 7610.1 REV-5 (Stand: 05/2010), S. 39. 339  HUD, Housing Counseling Handbook 7610.1 REV-5 (Stand: 05/2010), S. 39; siehe zudem schon HUD, Mortgagee Letter 2010-37, S. 2. 340  HUD, Housing Counseling Handbook 7610.1 REV-5 (Stand: 05/2010), S. 174. 341  HUD, Housing Counseling Handbook 7610.1 REV-5 (Stand: 05/2010), S. 33. 342  HUD, Housing Counseling Handbook 7610.1 REV-5 (Stand: 05/2010), S. 33, das Protokoll findet sich in Anhang 4 (S. 78 ff.). 343  12 U.S.C. § 1715z-20 (f)(1); 24 C.F.R. § 206.41 (b)(1)(i); siehe hierzu Class, 37 Rev. Banking & Fin. L, 413, 419 (2017); Latona, 23 Elder L. J., 417, 442 (2016); Ornstein/Yoon, 61 Consumer Fin. L. Q. Rep. 135, 140 (2007). 344  24 C.F.R. § 206.41 (b)(1)(ii) und (iii) i. V. m. 12 U.S.C. § 1715z-20 (f)(5). Von dem in 24 C.F.R. § 206 (b)(1)(iv) vorgesehenen sonstigen Kriterien wurde, soweit ersichtlich, noch kein Gebrauch gemacht.



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht111

schaftlichen und rechtlichen Grundlagen der Reverse Mortgage sowie die Spezifika des HECM-Programms besprochen werden.345 Dem potentiellen Kreditnehmer sind ausgedruckte Übersichten zu den besprochenen Themen zu übergeben.346 Dem Berater ist es rechtlich verboten, ein konkretes Reverse Mortgage-Produkt oder einen speziellen Kreditgeber zu empfehlen.347 Im Anschluss an das Beratungsgespräch hat der Berater dem Kreditnehmer eine Urkunde auszuhändigen, die die Durchführung des Beratungstermins bescheinigt.348 Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Kreditnehmer fünf von zehn Fragen über die grundlegende Funktionsweise der Reverse Mortgage zu beantworten imstande ist.349 Im Nachgang der Beratung ist der Berater verpflichtet, den weiteren Fortgang der Kreditsuche beratend zu unterstützen.350 Nachdem in der Praxis vermehrt darauf verzichtet wurde, den Vertrag auch mit dem Ehegatten des Kreditnehmers abzuschließen, mehrten sich Fälle, in denen das Grundstück (in rechtmäßiger Weise) nach dem Tod des Kreditnehmers, jedoch noch zu Lebzeiten des Ehegatten, zwangsversteigert wurde.351 Ursächlich hierfür war die Unwissenheit über die Auswirkungen einer Nichtbeteiligung des Ehegatten am Vertrag.352 Um diesen Problem zu begegnen, wurde die Beratungspflicht in der Folge auch auf den Ehegatten des Kreditnehmers ausgeweitet.353 Neben den bereits oben dargestellten Themenkomplexen umfasst die Beratung auch die Voraussetzungen des Verfahrens zum Aufschub des Fälligkeitszeitpunkts354.355

345  Dies ergibt sich aus HUD, Housing Counseling Handbook 7610.1 REV-5 (Stand: 05/2010), S. 33 ff. Das handbook ist insofern in Zusammenschau mit 24 C.F.R. § 206.41 (b)(iv) bzw. 12 U.S.C. § 1715z-20 (f)(5) bindend, vgl. hierzu auch ebenda S.  1 ff. 346  HUD, Housing Counseling Handbook 7610.1 REV-5 (Stand: 05/2010), S. 36 f., siehe zu den Materialien Anhang C 1 -13 (S. 152 ff.). 347  HUD, Housing Counseling Handbook 7610.1 REV-5 (Stand: 05/2010), S. 38. 348  24 C.F.R. § 206.41 (c). 349  HUD, Housing Counseling Handbook 7610.1 REV-5 (Stand: 05/2010), S. 43. 350  24 C.F.R. § 206.300 (c) i. V. m. HUD, Housing Counseling Handbook 7610.1 REV-5 (Stand: 05/2010), S. 39. 351  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.I.4., Schutz dritter Parteien, S. 85. 352  Siehe hierzu oben Schutz dritter Parteien, S. 85. 353  HUD, Mortgagee Letter 2014-07, S. 1 f. und 11; nun kodifiziert in 24 C.F.R. § 206.41 (a); siehe hierzu Latona, 23 Elder L. J. 417, 444 f. (2016). 354  Siehe hierzu unten Kapitel 3: B.II.2.c)ff)(1)(a), Aufschub des Fälligkeitszeitpunkts, S. 118. 355  24 C.F.R. § 206.41 (b)(2) und (3).

112

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

Fallen die Person des Kreditnehmers und die des Hypothekenschuldners auseinander, erstreckt sich die Beratungspflicht auch auf den nicht am Kreditvertrag beteiligten Hypothekenschuldner.356 cc) Informationspflichten Weiterhin treffen den Kreditgeber weitreichende Informationspflichten, welche sich zeitlich nach den verschiedenen Phasen des Vertrags staffeln: vom vorvertraglichen Bereich bis vor und nach Vertragsschluss. Durch die Informationen soll der Kreditnehmer in die Lage versetzt werden, eine eigenverantwortliche und selbstbestimmte Entscheidung treffen zu können.357 Im vorvertraglichen Bereich muss der Kreditgeber zunächst über sämtliche von der FHA versicherten HECM-Produktvarianten (Auszahlungsvarianten und Art des Zinssatzes) aufklären.358 Zudem ist auf die Höhe und Berechnung der Versicherungsprämien einzugehen359 und dem Kreditnehmer die HECM-Berater-Liste auszuhändigen.360 Zwischen dem ersten Kundenkontakt und dem Vertragsschluss treffen den Kreditgeber weitere Offenlegungspflichten bezüglich der Verzinsung, der vertraglichen Rechte und Pflichten und den Kreditkosten der HECM. Zunächst hat der Kreditgeber zusammen mit Aushändigung des Kreditantrags in Schriftform über die speziellen Eigenschaften einer variablen Verzinsung aufzuklären.361 Die Pflicht erstreckt sich dabei auf die Voraussetzungen, unter denen eine Zinsanpassung vom Kreditgeber vorgenommen werden kann, die Kappungsgrenzen der Anpassung sowie die Auswirkungen einer Anpassung auf den Kredit.362 Spätestens zehn Tage vor dem Vertragsschluss hat der Kreditgeber über die grundsätzlichen Rechte und Pflichten unter dem Reverse Mortgage-Vertrag zu informieren, insbesondere über die Non-Recourse-Klausel und die Fälligkeitsregelungen.363 Gleiches gilt für die geschätzten Gesamtkosten.364 Um jedoch die Ungewissheit über künftige Ent356  24 C.F.R.

§ 206.41 (a). 6 HLRe, 209, 219 f. (2016). 358  24 C.F.R. § 206.13. 359  24 C.F.R. § 206.13. 360  12 U.S.C. § 1715z-20 (e)(1) i. V. m. 24 C.F.R. § 206.41. 361  24 C.F.R. § 206.21 (c)(1). Gem. § 206.21 (c)(2) wird diese Offenlegungspflicht durch die Offenlegung nach 12 C.F.R. § 1026 verdrängt, zu dieser ausführlich unten Kapitel 3: B.II.3.c)bb), Spezielle Informationspflichten für Reverse Mortgages, S. 133. 362  24 C.F.R. § 206.41 (c)(1)(i)-(iii). 363  12 U.S.C. § 1715z-20 (e)(2). 364  12 U.S.C. § 1715z-20 (e)(4) i. V. m. 24 C.F.R. § 206.43; siehe zu einer speziellen Aufklärungspflicht bei Wahl der Einmalzahlung 24 C.F.R. § 206.43 (b). 357  Juergens,



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht113

wicklungen abzumildern,365 sind die Gesamtkosten in Abhängigkeit verschiedener Kreditszenarien (Entwicklung des Grundstückswerts, verschiedene Kreditlaufzeiten) abzubilden.366 Die Gesamtkosten sind als effektiver Jahreszins anzugeben.367 Nach Vertragsschluss muss der Kreditgeber dem Kreditnehmer eine monatliche368 und jährliche369 Kostenaufstellung aushändigen. Spätestens 25 Tage vor Anpassung eines variablen Zinssatzes ist der Kreditnehmer über die Anpassung zu informieren.370 dd) Kreditwürdigkeitsprüfung und LESA (1) Pflicht zur Prüfung der Kreditwürdigkeit Auch wenn der Kreditnehmer unter der Reverse Mortgage nicht zu monatlichen Tilgungs- und Zinszahlungen verpflichtet ist, bleibt er weiterhin zur Abführung von Steuern, zur Zahlung von Versicherungsprämien sowie zur Instandhaltung des Gebäudes verpflichtet.371 Ein Verstoß gegen diese Pflichten führt zur Fälligstellung des Kredits und damit rein praktisch nahezu immer zur Zwangsversteigerung des Grundstücks.372 Aus diesem Grund befanden sich im Februar 2012 ca. zehn Prozent der ausstehenden Kreditverträge im Zahlungsverzug.373 Um dieser Entwicklung zu begegnen und die finanzielle Stabilität des HECM-Programms sicherzustellen, gebrauchte das HUD seine Regelungskompetenz und statuierte eine Kreditwürdigkeitsprüfungspflicht374.375 Durch die Kreditwürdigkeitsprüfung soll sichergestellt werden, dass der Kreditnehmer zum einen wirtschaftlich fähig und zum anderen auch willens

365  CFPB,

Report to Congress, S. 103. § 1715z-20 (e)(4). 367  12 U.S.C. § 1715z-20 (e)(4). 368  24 C.F.R. § 206.203(a). 369  12 U.S.C. § 1715z-20 (e)(3) i. V. m. 24 C.F.R. § 206.203 (a). 370  24 C.F.R. § 206.21 (d). 371  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 3: B.II.2.b)cc), Die Pflichten des Kreditnehmers, S. 98. 372  Statt vieler CFPB, Report to Congress, S. 129; siehe ausführlich hierzu oben Kapitel 3: B.II.2.b)cc)(1), Die Rück- und Zinszahlungsverpflichtung, S. 98. 373  CFPB, Report to Congress, S. 129. 374  24 C.F.R. § 206.37. 375  HUD, Mortgagee Letter 2013-37, S. 1 f.; siehe hierzu zudem Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 200 (2016); Juergens, 6 HLRe, 209, 214 (2016). 366  12 U.S.C.

114

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

ist, den genannten Verpflichtungen nachzukommen.376 Der Kreditgeber ist demnach vor Abschluss des Vertrages dazu verpflichtet, zu prüfen, ob der Kreditnehmer in der Lage sein wird, seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen.377 Auch muss der Kreditgeber prüfen, ob die HECM eine nachhaltige und interessengerechte Option für den Kreditnehmer darstellt.378 Die Prüfung betrifft damit nicht die Frage, ob der Verbraucher das Darlehen aus eigenen Mitteln – ohne Verwertung des Grundstücks – zurückzahlen kann.379 Die Prüfung stützt sich auf die Kredithistorie des Kreditnehmers und eine Einkommens- und Cashflow-Analyse.380 Durch die Prüfung der Kredithistorie soll sichergestellt werden, dass sich der Verbraucher in der Vergangenheit vertragstreu verhalten hat.381 Indizien hierfür sind bspw. frühere Zwangsvollstreckungen in das Grundstück, Zahlungsverzüge, Insolvenzen oder der Schuldenstand des Verbrauchers.382 Um hingegen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beurteilen zu können, ist der Kreditgeber zur Prüfung des verfügbaren Einkommens bzw. des CashFlows des Kreditnehmers verpflichtet.383 Im Rahmen der Prüfung ist unter Aufsummierung aller Einkommensposten sowie Vermögenswerte384 und un376  HUD, Mortgagee Letter 2013-37, S. 1 f.; dies, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 8 (Punkt 1.1), ausführlich S. 13 ff. (unter 2.1 ff.); Pepe, 14 NAELA J., 41, 45. (2018); Twomey, 89 Am. Bankr. L. J., 363, 394 (2015). 377  24 C.F.R. § 206.37 (b)(1); siehe hierzu HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 8 (unter 1.1); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 200 (2016); Juergens, 6 HLRe, 209, 214 (2016). 378  24 C.F.R. § 206.37 (b)(1); siehe hierzu Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 200 (2016); Juergens, 6 HLRe, 209, 214 (2016). 379  Ähnlich Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 200 (2016); Juergens, 6 HLRe, 209, 214 (2016); anders die Kreditwürdigkeitsprüfung des deutschen Rechts, siehe hierzu § 505a Abs. 1 S. 2 BGB. 380  24 C.F.R. § 206.37 (b)(1); siehe hierzu Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 200 (2016); Juergens, 6 HLRe, 209, 214 (2016); Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 109 (2018), Twomey, 89 Am. Bankr. L. J., 363, 393 f. (2015). 381  HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 13 (unter 2.1). 382  HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 13 (unter 2.1 und 2.2); siehe auch die Beispiele bei Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 109 (2018). 383  HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 29 (unter 3.1); Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 109 f. (2018). 384  Siehe zu den einzelnen Posten, auf die im Folgenden nicht weiter eingegangen wird, HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 29–53 (unter 3.2–3.68) zu den zu berücksichtigenden Einkommensarten und S. 53–57 (unter 3.69–3.74) zu den Vermögenswerten.



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht115

ter Abzug aller Kosten385 zu ermitteln, wie viele Geldmittel zur Erfüllung der Pflichten unter dem Reverse Mortgage-Vertrag verbleiben und ob diese zur Zahlung der grundstücksbezogenen Kosten ausreichen werden.386 Im Rahmen der Prüfung können mildernde Faktoren (extenuating factors)387 – bspw. Arbeitslosigkeit388 – und kompensatorische Faktoren (com­ pensating factors)389 – bspw. ein saisonal höheres Einkommen390 – berücksichtigt werden. (2) Rechtsfolgen der Kreditwürdigkeitsprüfung: LESA Primäre Rechtsfolge eines negativen Ausgangs der Kreditwürdigkeitsprüfung ist nicht etwa ein Verbot der Kreditvergabe, sondern eine Pflicht zur Bildung von zweckgebundenen Rücklagen, die zur Zahlung der im Zusammenhang mit dem Grundstück anfallenden Grundstückskosten391 (Grundsteuern, Flut- und Gebäudeversicherungsprämien) herangezogen werden.392 Der Umfang der Rücklagenbildungspflicht und deren konkrete Ausgestaltung variiert je nach Ergebnis der Prüfung.393 Die Höhe der Rücklagen berechnet sich nach den vom Kreditgeber nach einer näher festgelegten Formel zu berechnenden Grundstückskosten.394 Nur in Ausnahmefällen, bspw. bei negativem Einkommen, darf der Kredit nicht ausgereicht werden.395 385  Zu den Kostenarten siehe HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 29 (unter 3.1) und S. 58 ff. (unter 3.76 ff.). 386  HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 29 (unter 3.1) und S. 58 (unter 3.75). 387  HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 71 f. (unter 4.1 f.). 388  HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 72 (unter 4.2). 389  HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 72 ff. (unter 4.3 ff.). 390  HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 72 (unter 4.4). 391  Für den folgenden Abschnitt soll der Begriff der Grundstückskosten alle Kosten umschreiben, die zum Erhalt des Grundstücks notwendig sind. 392  24 C.F.R. § 206.205; siehe hierzu Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 200 (2016); Juergens, 6 HLRe, 209, 214 (2016); Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 108 f. (2018); Twomey, 89 Am. Bankr. L. J., 363, 393 (2015). 393  HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 75 (unter 5.1). 394  24 C.F.R. § 206.205 (c)(2)(iii); HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 75 ff. (unter 5.2 ff.). 395  Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 111 (2018), die jedoch konstatieren, dass es in der Praxis keine einheitliche Linie für das Vergabeverbot gibt, da die Regelung des HUD keine Kriterien vorgeben.

116

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

Bescheinigt die Prüfung dem Kreditnehmer anhand seiner Kreditgeschichte eine mangelnde Leistungs- bzw. Zahlungsbereitschaft, ist der Kreditgeber zur Einbehaltung eines Teils des Auszahlungsbetrags im Rahmen des sog. „fully funded life expectancy set asides“ (LESA) verpflichtet.396 Der Kreditgeber muss jedoch nicht nur den errechneten Betrag zurückhalten, sondern darüber hinaus die Grundstückskosten unter Verwendung der Rücklagenbeträge für den Kreditnehmer begleichen sobald diese anfallen.397 Hiermit verbunden treffen den Kreditgeber weitere Nebenpflichten, wie etwa die Ausnutzung von Frühzahlungsrabatten oder das Verbot der Weitergabe von Verzugskosten, wenn diese auf einem Fehler des Kreditgebers beruhen.398 Auch legt das Gesetz ein Verfahren für den Fall fest, dass die Rücklagen nicht mehr ausreichen, um die Grundstückskosten zu begleichen.399 Endet die Kreditwürdigkeitsprüfung mit der Feststellung, dass der Kreditnehmer zwar leistungsbereit, jedoch nicht leistungsfähig ist, besteht im Rahmen des sog. „partially funded LESA“ die Pflicht zur Einbehaltung eines Teils der Auszahlungssumme und Bildung zweckgebundener Rücklagen in Höhe des Differenzbetrags zwischen der Höhe der Grundstückskosten und dem Einkommen des Kreditnehmers.400 Der Zuschuss ist dem Kreditnehmer halbjährig401 auszuzahlen und der Kreditsumme aufzuschlagen402. Zwar bleibt der Kreditnehmer in diesem Fall weiterhin selbst für die Zahlung der Grundstückkosten verantwortlich,403 jedoch treffen den Kreditgeber Kon­ trollpflichten hinsichtlich der Erfüllung der Zahlungspflicht.404 Kommt der Kreditnehmer demnach seinen Verpflichtungen nicht nach, hat der Kreditgeber unter gleichzeitiger Unterrichtung des Kreditnehmers die Zahlung selbst vorzunehmen und eine zukünftige Auszahlung zur Kompensation der Kosten zurückzuhalten.405 Reicht der Rückstellungsbetrag nicht zur Zahlung aus, 396  24 C.F.R. § 206.205 (b)(1); HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 75 (unter 5.2). 397  24 C.F.R. § 206.205 (c)(1)(i)(A); HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 76 (unter 5.4). 398  24 C.F.R. § 206.205 (c)(1)(i)(B) und (C). 399  Das Verfahren ist sehr detailliert und soll im Folgenden nicht vertieft werden, siehe hierzu im Detail 24 C.F.R. § 206.205 (c)(4)(i) und (ii). 400  Zur Pflicht siehe 24 C.F.R. § 206.205 (b)(1) zur Höhe § 206.205 (c)(2)(iv); insgesamt hierzu HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S.  77 f. (unter 5.5 f.). 401  24 C.F.R. § 206.205 (c)(1)(ii)(A); HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 77 (unter 5.5). 402  24 C.F.R. § 206.205 (c)(1)(ii)(D). 403  Dies folgt im Gegenschluss zu 24 C.F.R. § 206.205 (c)(1)(ii)(A); siehe auch HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 77 (unter 5.5). 404  24 C.F.R. § 206.205 (c)(1)(ii)(B).



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht117

kann der Kreditnehmer unter Information des Kreditnehmers das etwaig noch verfügbare Kreditvolumen zur Begleichung heranziehen, anderenfalls tritt der Kredit ins Fälligkeitsstadium ein.406 Ergibt die Kreditwürdigkeitsprüfung die volle Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des Kreditnehmers, muss der Kreditgeber keine Rücklagen bilden.407 In diesem Fall muss der Kreditnehmer wählen, ob er die Zahlungen selbst vornimmt,408 freiwillig die fully funded LESA-Option in Anspruch nimmt409 oder bei HECMs mit variablem Zins die Zahlungen vom Kreditgeber durch Zurückhaltung eines monatlichen Betrags410 erbringen lässt.411 ee) Verbot des cross-sellings Der Kreditgeber oder eine sonstige dritte Partei darf den Erwerb von annuities, Versicherungen oder ähnlichen Produkten durch den Kreditnehmer (oder jede andere Partei) nicht zur Voraussetzung des Versicherungsschutzes machen.412 Ausgenommen hiervon sind Rechtstitel-, Hochwasser- und Wohngebäudeversicherungen.413 Neben dem direkten Verbot des cross-sellings dienen auch andere Bestimmungen, zumindest indirekt, der Durchsetzung des Verbots: So darf der Kreditgeber, wie gesehen, grundsätzlich keine sonstigen Finanz- oder Versicherungsprodukte vertreiben oder mit Parteien, die solche Produkte vertreiben, in Kontakt stehen, diese beschäftigen oder in sonstiger Weise mit diesen

405  24 C.F.R. § 206.205 (c)(4)(iii)(A)–(C); Twomey, 89 Am. Bankr. L. J., 363, 380. (2015). 406  24 C.F.R. § 206.205 (c)(4)(iv)(A)–(C); Twomey, 89 Am. Bankr. L. J., 363, 380 f. (2015). 407  24 C.F.R. § 206.205 (b)(2); siehe hierzu HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. 75 (unter 5.1); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 200 (2016). 408  24 C.F.R. § 206.205 (b)(2)(i)(A) sowie (e). 409  24 C.F.R. § 206.205 (b)(2)(i)(B); siehe hierzu Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 200 (2016). 410  Unterschiede zwischen dieser Option und der fully-funded LESA-Option bestehen in der Berechnung des zurückzuhaltenden Betrages: Denn für die LESA-Option sieht das Gesetz in 24 C.F.R. § 206.205 (c)(2) ein zwingendes Berechnungsverfahren vor. 411  24 C.F.R. § 206.205 (b)(2)(i)(C) sowie (d). 412  12 U.S.C. § 1715z-20 (n)(1)(B)(ii) und (o); Latona, 23 Elder L. J., 417, 436 (2016); Nelson, 13 N. C. Banking Inst., 337, 353 (2009). 413  12 U.S.C. § 1715z-20 (o).

118

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

in Beziehung stehen.414 Das übrige Geschäft des Kreditgebers oder einer Drittpartei ist nur dann vom Verbot ausgenommen, wenn durch hinreichende Schutzmaßnahmen sichergestellt ist, dass den am Vertragsschluss beteiligten Personen keinerlei wirtschaftliche Anreize zum Verkauf sonstiger Finanzoder Versicherungsprodukte gesetzt werden.415 Auch die zwingend zu konsultierenden Berater dürfen weder direkt noch indirekt in Beziehung zu einer am Vertragsschluss beteiligten Partei oder einer Partei stehen, die andere ­Finanz- oder Versicherungsprodukte, insbesondere annuities, Kapitalanlagen oder Langzeitpflegeversicherungen, vertreibt oder von einer solchen Partei bezahlt werden.416 ff) Der Schutz sonstiger Parteien Weiterhin sieht das Gesetz Schutzbestimmungen zugunsten sonstiger Drittparteien vor, die nicht am Vertragsschluss beteiligt sind, jedoch in rechtlicher oder persönlicher Nähebeziehung zum Kreditnehmer stehen. Der Schutzumfang der Rechtsinstitute variiert hierbei je nach Stellung der Partei teils stark. (1) Der Schutz des überlebenden Ehegatten Den größten Schutz innerhalb der Gruppe der Drittparteien genießt der überlebende, nicht am Kreditvertrag beteiligte Ehegatte des Kreditnehmers. Nachdem dieser nicht am Kreditvertrag beteiligt ist, finden die soeben erörterten Schutzbestimmungen – mit Ausnahme der Beratungspflicht – auf diesen keine Anwendung.417 Als Antwort auf die aus der Schutzlücke stammenden Missstände418 hat das HUD sukzessive ein eigenes Schutzregime für den überlebenden Ehegatten geschaffen.419 (a) Aufschub des Fälligkeitszeitpunkts Als Voraussetzung zur Versicherung eines Reverse Mortgage-Kreditvertrages sieht das Gesetz die Pflicht der Parteien vor, den Fälligkeitszeitpunkt von § 1715z-20 (n)(1)(A); Latona, 23 Elder L. J., 417, 436 (2016). § 1715z-20 (n)(1)(B); Latona, 23 Elder L. J., 417, 436 (2016). 416  24 C.F.R. § 206.3 (HECM counselor). 417  Latona, 23 Elder L. J., 417, 444 (2016). 418  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 3: B.I.4., Schutz dritter Parteien, S. 85. 419  HUD, Mortgagee Letter 2014-07, S. 2 f.; zum Überblick über die Rechtsentwicklung sehr ausführlich Class, 37 Rev. Banking & Fin. L, 413, 420 ff. (2017). 414  12 U.S.C. 415  12 U.S.C.



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht119

Rück- und Zinszahlungsverpflichtung im Vertrag abschließend zu regeln.420 Der Kredit kann demnach insbesondere dann fällig gestellt werden, wenn der Grundeigentümer verstorben ist.421 Als Grundeigentümer im Sinne der Regelung gilt nach formellem Recht auch der Ehegatte des Kreditnehmers – selbst wenn dieser nicht am Kreditvertrag beteiligt ist.422 Nachdem die verwaltungsrechtliche Konkretisierung dieser Vorschrift durch das HUD jedoch trotz des klaren Rechtssetzungsauftrags zunächst keine Schutzbestimmungen zugunsten des überlebenden, nicht am Vertrag beteiligten Ehegatten vorsah,423 führte ein von drei überlebenden Ehegattinnen geführter Prozess in der Rechtssache Bennett vs. Donovan („Bennett II“)424 zu der gerichtlichen Feststellung, dass die bis zu diesem Zeitpunkt geltenden verwaltungsrechtlichen Vorschriften nicht mit dem höherrangigen, formellen Recht zu vereinbaren seien.425 Nach Ablauf einer vom Gericht eingeräumten Ausbesserungsfrist fügte sich das HUD der Feststellung, dass die Fälligkeitsregelungen auch auf den überlebenden Ehegatten anzuwenden seien und legte den Entwurf eines neuen Verfahrens vor, das die Fälligkeit des Kredits unter gewissen Voraussetzungen bis zum Todeszeitpunkt des nicht am Vertrag beteiligten, überlebenden Ehegatten hinausschieben sollte.426 Das Verfahren wurde explizit gerichtlich gebilligt427 und inzwischen im C.F.R. als „deferral of due and payable status for eligible non-borrowing spouses“ kodifiziert.428

420  12 U.S.C. § 1715z-20 (j); 24 C.F.R. § 206.27 (c); siehe hierzu ausführlich oben Kapitel 3: B.II.2.b)cc)(1), Die Rück- und Zinszahlungsverpflichtung, S. 98. 421  24 C.F.R. § 206.27 (c)(1). 422  12 U.S.C. § 1715z-20 (j). 423  Siehe ausführlich hierzu Robertson, 27 Quinnipiac. Prob. L. J., 94 (2013); siehe zur Entwicklung der Rechtsprechung auch Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 201 ff. (2016). 424  Bennett v. Donovan, 4 F. Supp. 3d 5 (D.D.C. 2013); zur gleichen Feststellung gelangte das Gericht im ähnlich gelagerten Fall Plunkett v. Castro, 67 F. Supp. 3d 1 (D.D.C. 2014), so dass beide Fälle zusammengelegt wurden, siehe a. a. O. Siehe zudem die Rechtssache Kostopoulos v. ONEWEST BANK, FSB, and Financial Freedom Acquisition, LLC f/k/a Freedom Senior Funding Corporation, 60 F. Supp. 3d 804 (E. D. Mich. 2014). 425  Zusammenfassend Class, 37 Rev. Banking & Fin. L, 413, 420 ff. (2017). 426  Plunkett v. Castro, 67 F. Supp. 3d 1, 8 ff. (D.D.C. 2014); HUD, Mortgagee Letter 2014-07, S. 2 f. 427  Plunkett v. Castro, 67 F. Supp. 3d 1, 13 ff. (D.D.C. 2014); siehe ausführlich zu den Einzelheiten Class, 37 Rev. Banking & Fin. L, 413, 421 ff. (2017). 428  24 C.F.R. § 206.55; zu der zuvor entwickelten Notlösung der Mortgagee Op­ tional Election (MOE) siehe HUD, Mortgagee-Letter 2015-15, S. 1 ff.; sowie aus der Literatur Class, 37 Rev. Banking & Fin. L, 413, 424 ff. (2017). Nachdem nun ein eigenes Regelungsregime existiert, soll auf die Einzelheiten des MOE nicht weiter eingegangen werden.

120

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

Hiernach muss der überlebende Ehegatte zunächst gewisse Qualifikationskriterien („qualifying attributes“) erfüllen, um grundsätzlich zur Durchführung des Verfahrens berechtigt zu sein.429 Das Gesetz führt hierzu die Kategorien des berechtigten, nicht am Vertragsschluss beteiligten Ehegatten („eligible non-borrowing spouse“)430 und des nicht berechtigten, nicht am Vertragsschluss beteiligten Ehegatten („ineligible non-borrowing spouse“)431 ein,432 wobei diese Unterscheidung insbesondere im Rahmen der Rechtsfolgen von Bedeutung ist. Um dem persönlichen Anwendungsbereich zu unterfallen und damit als Gatte zur Durchführung des Verfahrens berechtigt zu sein, muss der Ehegatte bereits bei Vertragsschluss mit dem Kreditnehmer verheiratet gewesen sein und die Ehe muss bis zum Todeszeitpunkt des Kreditnehmers angedauert haben.433 Weiterhin muss der Ehegatte dem Kreditgeber seinen Status als potentiell berechtigter Ehegatte bereits bei Vertragsschluss mitgeteilt haben und als solcher auch in den Hypotheken- und Kreditdokumenten namentlich genannt sein.434 Abschließend435 muss der Ehegatte während der Laufzeit des Kredits und der Aufschiebungsphase das Grundstück als Hauptwohnsitz nutzen.436 Die genannten Voraussetzungen gelten kumulativ,437 so dass der Ehegatte bei Nichteinhaltung auch nur einer Voraussetzung als nicht (mehr)438 berechtigter Ehegatte gilt.439 Daneben muss der Ehegatte weitere (laufende) Voraussetzungen („additional requirements“) erfüllen, um den Fälligkeitsaufschub während dessen Lebenszeit aufrechtzuerhalten.440 So muss dieser spätestens 90 Tage nach dem Tod des letzten Kreditnehmers Eigentum am Grundstück oder einen ver429  24 C.F.R.

§ 206.55 (a) und (c). zum Begriff auch die Definition in 24 C.F.R. § 206.3, welche Bezug auf die deferral period und damit 24 C.F.R. § 206.55 nimmt. 431  Siehe zum Begriff auch die Definition in 24 C.F.R. § 206.3, welche Bezug auf die deferral period und damit 24 C.F.R. § 206.55 nimmt. 432  24 C.F.R. § 206.55 (c)(2). 433  24 C.F.R. § 206.55 (c)(1)(i). 434  24 C.F.R. § 206.55 (c)(1)(ii). 435  24 C.F.R. § 206.55 (c)(1)(iv) sieht die Möglichkeit des Commissioners vor, weitere Voraussetzungen durch „notice“ im Federal Register zu erlassen. Hiervon scheint – soweit ersichtlich – noch kein Gebrauch gemacht worden zu sein. 436  24 C.F.R. § 206.55 (c)(1)(iii); diese Pflicht ergibt sich bereits aus 24 C.F.R. § 206.39 (a). 437  Hierfür spricht die Konjunktion „and“ in 24 C.F.R. § 206.55 (c)(1)(iii). 438  Auch der Wegfall einer Voraussetzung im Nachhinein führt zum Verlust der Berechtigung, 24 C.F.R. § 206.55 (c)(3). 439  24 C.F.R. § 206.55 (c)(1) und (2). 440  24 C.F.R. § 206.55 (d). 430  Siehe



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht121

gleichbaren, ein Wohnrecht gewährenden Titel erlangt haben.441 Da der Ehegatte kraft Gesetzes in den Vertrag eintritt,442 treffen den Ehegatten folglich die vertraglichen Verpflichtungen.443 Verstößt der Ehegatte gegen die vertraglichen Verpflichtungen und kommt es in der Folge zur Fälligstellung des Kredits, endet der Fälligkeitsaufschub.444 Hinsichtlich der Rechtsfolge sieht das Gesetz in Abhängigkeit davon, welche Voraussetzungen eingehalten wurden, ein differenziertes Rechtsfolgensystem vor. Unproblematisch sind dabei die beiden konträren Fälle, dass der Ehegatte zum einen sowohl die Qualifikationskriterien als auch die zusätzlichen Pflichten und zum anderen weder Qualifikationskriterien noch die zusätzlichen Pflichten erfüllt. Im ersten Fall wird der Fälligkeitszeitpunkt des Kredits auf den Todzeitpunkt des berechtigten Ehegatten hinausgeschoben, so dass dieser die Immobilie bis zu seinem eigenen Tod bewohnen kann.445 Im zweiten Fall ist der Ehegatte gerade nicht zur Durchführung des Verfahrens berechtigt.446 Im dazwischen liegenden Fall ist der Ehegatte im Grundsatz zur Durchführung des Verfahrens berechtigt (Qualifikationskriterien), erfüllt jedoch nicht die zusätzlichen Pflichten.447 In der Folge hat der Ehegatte 30 Tage Zeit, den zur Fälligkeit führenden Umstand zu beseitigen,448 um somit den Fälligkeitsaufschub wiederherzustellen.449 Andernfalls ist der Kreditgeber zur Durchführung der Zwangsvollstreckung berechtigt.450 Nach Einleitung der Zwangsvollstreckung, besteht für den Ehegatten jedoch ein zum Recht des Kreditnehmers parallel gelagertes Heilungsrecht.451 Während der Aufschubphase dürfen grundsätzlich keine Auszahlungen an den überlebenden Ehegatten geleistet werden.452 Ausgenommen hiervon sind Auszahlungen, die im Rahmen des repair set asides für Reparaturzwecke bei Vertragsschluss zurückgehalten wurden.453 Um sicherzustellen, dass sich der überlebende, nicht am Vertrag beteiligte Ehegatte aller seiner vertraglichen 441  24 C.F.R. § 206.55 (d)(1); kritisch hierzu Mancini/Cohen, 43 Pepp. L. Rev., 345, 399 (2016). 442  24 C.F.R. § 206.55 (e). 443  24 C.F.R. § 206.55 (d)(2). 444  24 C.F.R. § 206.55 (d)(3). 445  24 C.F.R. § 206.55 (a). 446  24 C.F.R. § 206.55 (b)(1). 447  24 C.F.R. § 206.55 (b)(2) i. V. m. § 206.57. 448  24 C.F.R. § 206.55 (b)(2) i. V. m. § 206.57. 449  24 C.F.R. § 206.57 (b). 450  24 C.F.R. § 205.57 (c). 451  24 C.F.R: § 206.57 (d). 452  24 C.F.R. § 206.61 (a); von dem eigeräumten Entscheidungsspielraums des Commissioners wurde bislang kein Gebrauch gemacht. 453  24 C.F.R. § 206.61 (b).

122

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

Rechte und Pflichten bewusst ist, sieht das Gesetz vor, dass auch der Ehegatte an der für den Kreditnehmer verpflichtenden Beratung454 teilnimmt.455 Materiell wird das Aufschubverfahren durch die Pflicht abgesichert, den Fälligkeitszeitpunkt der Rückzahlungsverpflichtung und dessen Aufschiebung bei Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen in den Vertrag aufzunehmen.456 Wird hiervon abgesehen, steht dem nicht am Vertrag beteiligten Ehegatten nach überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung keine Klagemöglichkeit gegen den Kreditgeber zu.457 (b) Auslöse des Sicherungsgegenstandes Handelt es sich bei dem Ehegatten um einen zur Aufschiebung des Fälligkeitszeitpunkts berechtigten Ehegatten, ist dieser weiterhin zur Auslöse des Sicherungsgegenstandes berechtigt.458 So hat er bis zu 30 Tage nach dem Tod des Kreditnehmers Zeit, die ausstehende Rück- und Zinszahlungsverpflichtung zu begleichen459 oder das Grundstück zu verkaufen, um die ausstehende Schuld durch den Verkaufserlös zu tilgen.460 (2) Der Schutz sonstiger Grundstückseigentümer Die sonstigen Grundstückseigentümer, die nicht Partei des Kreditvertrages sind, genießen einen vergleichbaren Schutz. So müssen auch diese beraten werden, bevor der Kreditnehmer den Vertrag schließen darf,461 müssen ebenfalls eine Zustimmungserklärung abgeben462 und zumindest dem Hypothekenvertrag als Partei beitreten.463 Eine Aufschiebung des Fälligkeitszeitpunkts ist hinsichtlich sonstiger Grundstückseigentümer hingegen nicht vorgesehen, sondern beschränkt sich auf den überlebenden Ehegatten.464 Hinzuweisen ist 454  Siehe

hierzu bereits oben Kapitel 3: B.II.2.c)bb), Beratungspflichten, S. 108. § 206.41 (b)(2) und (3). 456  24 C.F.R. § 206.27 (b) und (c)(3); siehe zu den sonstigen Voraussetzungen 24 C.F.R. § 206.35 (d); zum Miteigentum 24 C.F.R. § 206.35 (c). 457  Zur Übersicht mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung siehe Class, 37 Rev. Banking & Fin. L, 413, 439 ff. (2017). 458  24 C.F.R. § 206.125 (a)(2). 459  24 C.F.R. § 206.125 (a)(2(i). 460  24 C.F.R. § 206.125 (a)(2(ii). 461  24 C.F.R. § 206.41 (a). 462  24 C.F.R. § 206.35 (d). 463  24 C.F.R. § 206.35 (c). 464  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.II.2.c)ff)(1)(a), Aufschub des Fälligkeitszeitpunkts, S. 118. Dieser Umstand lässt sich wohl dadurch erklären, dass das höherran455  24 C.F.R.



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht123

in diesem Kontext allenfalls auf das Recht sonstiger Grundstückseigentümer zur Auslöse des Sicherungsgegenstandes im Wege der sog. „redemption“, welche allerdings dem allgemeinen Hypothekenrecht entspringt und daher an dieser Stelle nicht zu vertiefen ist.465 (3) Der Schutz der Erben Das Regelungsregime der HECM sieht keine spezifischen Schutzvorschriften zugunsten der Erben des Kreditnehmers vor.466 So müssen diese weder beraten noch anderweitig über die Auswirkungen oder Grundlagen der Reverse Mortgage informiert werden.467 Die Erben sind jedoch, neben ihrem aus allgemeinen Rechtstraditionen abgeleiteten Recht zur redemption,468 ebenfalls bis zu 30 Tage nach Tod des Kreditnehmers im Rahmen einer statutory redemption dazu berechtigt, die Zwangsvollstreckung abzuwenden.469 Hierfür können diese entweder die ausstehende Kreditschuld begleichen470 oder das Grundstück – zum zuvor bewerteten Marktpreis abzüglich fünf Prozent – verkaufen, um den erlösten Betrag zur Tilgung des Kredits einzusetzen.471 Um den Verkauf zu ermöglichen, hat der Kreditgeber auf die Hypothek zu verzichten.472 Ferner kann die Zwangsvollstreckung durch eine deed in lieu of foreclosure abgewendet werden,473 bei welcher das Eigentum am Grundstück auf den Kreditgeber gige, formelle Recht in 12 U.S.C. § 1715z-20 (j) diesbezüglich keine Anforderungen an sonstige Grundstückseigentümer stellt, sondern nur für den Ehegatten gilt. 465  Unter dem Begriff der redemption wird das Recht aller Parteien, die ein Recht am Grundstück innehaben, verstanden, den Sicherungsgegenstand durch Zahlung der ausstehenden Kreditsumme auszulösen. Unterschieden wird in diesem Kontext zwischen der statutory redemption – also der durch Gesetz eingeräumten Auslösemöglichkeit – und der equity of redemption – welche allgemeinen common-law-Traditionen entspringt. Siehe zu dem Vorherigen und zur Vertiefung Restatement (Third) of Property (Mortgages) § 6.4 (Am. Law. Inst. 1997); aus der deutschsprachigen Literatur hierzu Böning, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, S. 149 ff. 466  Mancini/Cohen, 43 Pepp. L. Rev., 345, 399 (2016). 467  Siehe im Gegenschluss 24 C.F.R. § 206.41 (a), der die Parteien abschließend aufzählt. 468  Siehe hierzu die Anmerkung und Nachweise in Fn. 465. 469  24 C.F.R. § 206.125 (a)(2). 470  24 C.F.R. § 206.125 (a)(2)(i). 471  24 C.F.R. § 206.125 (a)(2)(ii) und (c); ausführlich zur sog. 95 percent rule und den damit einhergehenden Problemen unter Auswertung der Rechtsprechung siehe Class, 37 Rev. Banking & Fin. L, 413, 439 ff. (2017); siehe auch Mancini/Cohen, 43 Pepp. L. Rev., 345, 399 f. (2016). 472  24 C.F.R. § 206.125 (c). 473  24 C.F.R. § 206.125 (a)(2)(iii).

124

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

übertragen wird, verbunden mit der Abrede, dass die ausstehende Kreditschuld damit vollständig getilgt werde.474 d) Rechtsfolgen Die Einhaltung der soeben erörterten Regelungen wird primär dadurch sichergestellt, dass ein Kredit- bzw. Hypothekenvertrag bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Bestimmungen nicht versichert wird.475 Aufgrund der wirtschaftlichen Vorteile, die eine Versicherung des Überschreitungsrisikos mit sich bringt, wird dem Kreditgeber somit ein starker Anreiz zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen gesetzt.476 Jedoch auch für die laufenden Pflichten nach Vertragsschluss sieht das Gesetz Mechanismen vor, um deren Einhaltung sicherzustellen. So führen systematische Verstöße gegen die laufenden Offenlegungs- und Informationspflichten nach Vertragsschluss zu einem Widerruf der Zulassung als HUD zertifizierter Kreditgeber,477 so dass keine weiteren Versicherungsverträge mehr geschlossen werden können.478 Auch aus zivilrechtlicher Perspektive können Verstöße gegen vertragliche Pflichten sanktioniert werden.479 Zum einen folgt aus der Rechtsprechung in Johnson vs. World Alliance Financial Corporation480, dass dem Kreditnehmer Schadensersatzansprüche wegen Vertragspflichtverletzung („damages for breach of contract“) gegen den Kreditgeber zustehen können. Zum anderen ergibt sich aus der Rechtssache Chandler vs. Wells Fargo Bank481 das Recht des Kreditnehmers zur Abwehr einer rechtswidrig durchgeführten Zwangsvollstreckung. Beide Urteile stimmen jedoch darin überein, dass die 474  Siehe hierzu mit Nachweisen bereits oben Kapitel 3: B.II.2.b)dd), Verfahren nach Eintritt der Fälligkeit, S. 103. 475  12 U.S.C. § 1715z-20 (d) i. V. m. 24 C.F.R. § 206.27 (b). 476  Siehe hierzu bereits oben mit Nachweisen Kapitel 3: B.II.1., Die Dualität des US-amerikanischen Bundesrechts, S. 87. 477  24 C.F.R. § 206.201 (a). 478  24 C.F.R. § 206.9 (b). 479  Johnson v. World Alliance Financial Corporation, 830 F.3d 192 (5th Cir. 2016); Chandler v. Wells Fargo Bank N.A., No. 11-03831, WL 31315, 3 f.; (N. D. Cal. Jan. 03, 2014), aff’d 637 Fed. Appx. 413 (9th Cir. 2016); in eine ähnliche Richtung geht der Fall Brown ex rel. Richards v. Brown, 157 Wash. App., 803, 239 P.3d 602 (2010), bei welchem das Gericht einen zivilrechtlichen Anspruch verneint hatte, da die Regelungen nicht dem Verbraucher zugutekommen sollten; hierzu aus der Literatur Robertson, 27 Quinnipiac. Prob. L. J., 94, 98 f. (2013). 480  Johnson v. World Alliance Financial Corporation, 830 F.3d 192 (5th Cir. 2016). 481  Chandler v. Wells Fargo Bank N.A., No. 11-03831, WL 31315, 3 f.; (N. D. Cal. Jan. 03, 2014), aff’d 637 Fed. Appx. 413 (9th Cir. 2016).



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht125

in 24 C.F.R. § 206 kodifizierten Regelungen wiederholend im konkreten Kredit- bzw. Hypothekenvertrag aufgenommen werden müssen, um den Kreditnehmer zu berechtigen.482 Die abstrakte Festlegung der wechselseitigen Rechte und Pflichten von Kreditgeber und Kreditnehmer im Gesetz ist hierfür gerade nicht ausreichend.483 Je nach Fallgestaltung kommen darüber hi­ naus Schadensersatzansprüche wegen Verstoßes gegen spezielle Seniorenschutzgesetze („financial elder abuse“), Fahrlässigkeit („negligence“) oder Betrug („fraud“) in Betracht.484 e) Kritik am Regelungsregime der HECM Das Regelungsregime der HECM sieht sich auch einigen Angriffen aus der US-amerikanischen Rechtsliteratur ausgesetzt. Im Einzelnen betrifft dies die Festlegung des Fälligkeitszeitpunkts, die Beratungspflicht, das Auszahlungslimit, die Kreditwürdigkeitsprüfung, LESA und den Schutz der nicht am Vertrag beteiligten Parteien. aa) Die Festlegung der Fälligkeitsereignisse Wie gesehen kann der Kredit fällig gestellt werden, wenn der letzte Kreditnehmer das Grundstück aufgrund von Krankheit verlassen muss und dieses in der Folge für zwölf zusammenhängende Monate nicht als Hauptwohnsitz nutzen kann.485 Die Festlegung des Fälligkeitsereignisses wird in der Literatur kritisch betrachtet.486 Denn in diesem Fall sei nicht gesagt, dass der Kreditnehmer seinen Zahlungspflichten nicht mehr nachkommen könne, insbesondere wenn 482  Johnson v. World Alliance Financial Corporation, 830 F.3d 192 (5th Cir. 2016); Chandler v. Wells Fargo Bank N.A., No. 11-03831, WL 31315, 5 f.; (N. D. Cal. Jan. 03, 2014), aff’d 637 Fed. Appx. 413 (9th Cir. 2016); siehe zu weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung Blum, Annotation, Faier Administration’s Standards Under 12 U.S.C.A. § 1715z-20 and 24 C.F.R. § 206.27 for Insuring Home Equity Conversion Mortgages or So-Called Reverse Mortgages, § 10, in 31 A.L.R. Fed. 3d Art. 2, § 10. 483  Johnson v. World Alliance Financial Corporation, 830 F.3d 192, 196 (5th Cir. 2016); Chandler v. Wells Fargo Bank N.A., No. 11-03831, WL 31315, 5 f.; (N. D. Cal. Jan. 03, 2014), aff’d 637 Fed. Appx. 413 (9th Cir. 2016). 484  Ausführlich hierzu mit prozesstaktischen Erwägungen Evans/Oren, 53 Trial, 30, 34 ff. (2017). 485  Siehe oben Kapitel 3: B.II.2.b)cc)(1), Die Rück- und Zinszahlungsverpflichtung, S. 98. 486  Nelson, 13 N.C. Banking Inst., 337, 359 (2009); Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 352 (2014).

126

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

die Zahlungen i. R. d. LESA sowieso vom Kreditgeber getätigt werden.487 Auch für die Instandhaltungspflicht komme es nicht darauf an, dass der Kreditnehmer im Haus wohne, solange sichergestellt sei, dass die Immobilie tatsächlich instand gehalten werde, etwa durch eine eigens hierfür bestellte Person.488 Die durch die Kündigungsmöglichkeit zum Ausdruck kommende unwiderlegbare Vermutung der Vernachlässigung der Immobilie sei ungerechtfertigt, führe zu unbilligen Ergebnissen sowie einem unnötigen Verlust des Grundstücks.489 bb) Kritik an der Beratungspflicht Dem Grunde nach wird die Verpflichtung zur unabhängigen Beratung sowie deren Status als Vergabekriterium positiv bewertet.490 So sei die Beratung ein probates Mittel, um der Komplexität der Reverse Mortgage zu begegnen und betrügerischen Verkaufstaktiken Einhalt zu gebieten.491 Kritisch gesehen werden hingegen sowohl die Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen als auch die nähere Ausgestaltung der Beratungspflicht. Zum einen wird beanstandet, dass die Einhaltung der Beratungsstandards hinsichtlich der zu behandelnden Themen und der Länge der Beratung nicht hinreichend überwacht werde.492 Obwohl das HUD den nötigen Rechtsrahmen geschaffen habe, müsse die Einhaltung der Regelungen verschärft kon­ trolliert werden.493 Zum anderen wird in der Sache selbst kritisiert, dass die Beratung zwar in abstrakter Art und Weise über die Funktionsweise von Reverse Mortgages aufkläre, hierbei jedoch keine konkreten Konditionen 487  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 352 (2014); dies bereits vor der Verwirklichung von LESA fordernd Nelson, 13 N.C. Banking Inst., 337, 359 (2009). 488  Nelson, 13 N.C. Banking Inst., 337, 359 (2009); Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 352 (2014). 489  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 352 (2014). 490  CFPB, Report to Congress, S. 126; Latona, 23 Elder L. J., 417, 442 (2016); Loonin/Renuart, 44 Harv. J. on Legis., 167, 197 f. (2007); kritisch hierzu allein Hammond, 1 Elder L. J., 75, 101 (1993). 491  Latona, 23 Elder L. J., 417, 449 (2016); kritisch hierzu auf empirischer Grundlage CFPB, Report to Congress, S. 122 f.; Redfoot/Scholen/Brown, Reverse Mort­ gages, S. 115 i. V. m. Anhang B. 492  CFPB, Report to Congress, S. 123; GAO, Reverse Mortgages, S. 48; Latona, 23 Elder L. J., 417, 442 f. (2016). 493  Black, 8 NAELA J., 87, 98 (2012) m. w. N.; Latona, 23 Elder L. J., 417, 443 und 449 (2016); anders CFPB, Report to Congress, S. 125, welches eine Verbesserung in der Überwachung der Berater ausgemacht hat.



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht127

zugrunde lege.494 Dies habe zur Folge, dass Verbraucher selbst nach Durchführung der Beratung nicht in der Lage seien, konkrete Kreditkonditionen bewerten zu können, wodurch folglich ein Einfallstor für betrügerische oder zumindest unethische Verkaufspraktiken eröffnet werde.495 In der Literatur wird deshalb vorgeschlagen die Beratung um einen praktischen bzw. normativen Teil zu ergänzen, der es dem Berater gestatte eine konkrete Produktempfehlung auszusprechen.496 Weiterhin wird kritisiert, dass der Verbraucher lediglich fünf von zehn Fragen zur grundlegenden Funktionsweise der Reverse Mortgage beantworten können muss, um das Beratungszertifikat zu erhalten.497 Hierdurch sei nicht hinreichend belegt, dass der Verbraucher die Funktionsweise der Reverse Mortgage verstanden habe, so dass das Ziel der Beratung nicht erreicht werde.498 Zusätzlich zu dem bestehenden Fragenkatalog solle vielmehr in jeder Beratungseinheit nach den für den Verbraucher wichtigsten Kreditdetails gefragt werden.499 Dies umfasse zum einen die Frage nach den Konsequenzen des Verlassens der Immobilie für zwölf zusammenhängende Monate und zum anderen die Frage welche Maßnahmen die Erben nach dem Tod des Kreditnehmers ergreifen müssen, um eine Zwangsvollstreckung abzuwenden.500 Von den nunmehr zwölf Fragen solle der Kreditnehmer mindestens neun beantworten müssen, um das Beratungszertifikat zu erhalten.501 Darüber hinaus solle die Beratung in zwei Termine á zwei Stunden unterteilt werden.502 Die erste Beratung solle vor dem Vertragsschluss stattfinden und 494  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 197 (2016); Latona, 23 Elder L. J., 417, 450 (2016); Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 345 f. (2014). 495  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 197 (2016); Latona, 23 Elder L. J., 417, 449 f. (2016). 496  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 197 (2016); Latona, 23 Elder L. J., 417, 450 (2016); Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 345 f. (2014); ähnlich Paz García/Cole/Reeves, Reverse Mortgages, S. 31; Twomey/Jurgens, Subprime Revisited, S. 18 f.; sowie sich anschließend Helman, 12 Marq. Elder’s Advisor, 415, 446 (2011), die eine solche Prüfungspflicht dem Kreditgeber auferlegen möchten; ähnlich CFPB, Report to Congress, S. 124. 497  Latona, 23 Elder L. J., 417, 449 f. (2016); Paz García/Cole/Reeves, Reverse Mortgages, S. 33; Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 355 (2014). 498  Latona, 23 Elder L. J., 417, 449 f. (2016); Paz García/Cole/Reeves, Reverse Mortgages, S. 33; Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 355 (2014). 499  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 355 (2014). 500  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 355 (2014). 501  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 355 (2014). 502  Latona, 23 Elder L. J., 417, 449 f. (2016); Paz García/Cole/Reeves, Reverse Mortgages, S. 33; Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 348 (2014).

128

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

die grundlegende Funktionsweise der Reverse Mortgage behandeln, während die zweite Beratung nach Vertragsschluss erfolgen und eine Überprüfung der konkreten Kreditdetails zum Inhalt haben solle.503 Hierdurch werde ein „information overload“ des Verbrauchers vermieden und der Verbraucher habe mehr Zeit die gegebenen Informationen nachzuvollziehen und kritisch zu reflektieren.504 Auch wird es kritisch gesehen, dass der Kreditgeber die Namen der Berater auf der dem Kreditnehmer auszuhändigen Liste nach eigenem Ermessen bestimmen kann.505 Auf diese Weise könne der Kreditgeber Berater, die nicht im wirtschaftlichen Interesse des Kreditgebers beraten, von der Liste entfernen und somit direkten Einfluss auf die Beratung nehmen, wodurch die Unabhängigkeit der Berater ad absurdum geführt werde.506 Vorzugswürdig sei die Verwendung computergenerierter Zufallslisten.507 Abschließend wird angeregt, das Beratungserfordernis auf die Kinder des Kreditnehmers, als dessen potentielle Erben, zu erstrecken.508 cc) Auszahlungslimit, LESA und Kreditwürdigkeitsprüfung Positiv bewertet wird die gesetzliche Auszahlungssperre von 60 % im ersten Jahr des Kredits.509 Hierdurch sei sichergestellt, dass Verbraucher zu Beginn der Vertragslaufzeit nicht das gesamte zur Verfügung stehende Kreditvolumen ausschöpfen, um in der Folgezeit mangels Liquidität die grundstückbezogenen Kosten nicht mehr begleichen zu können.510 In der Folge würden wenige Kredite vor der Zeit fällig gestellt und Kreditnehmer ihr Grundstück samt Haus verlieren.511

503  Latona, 23 Elder L. J., 417, 451 (2016); Paz García/Cole/Reeves, Reverse Mortgages, S. 33; Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 348 f. (2014). 504  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 350 f. (2014). 505  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 196 f. (2016); Stark/Choplin/Mikels/ McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 347 f. (2014). 506  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 196 f. (2016); Stark/Choplin/Mikels/ McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 347 f. (2014). 507  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 197 (2016); Stark/Choplin/Mikels/ McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 348 (2014). 508  Latona, 23 Elder L. J., 417, 451 (2016); Paz García/Cole/Reeves, Reverse Mortgages, S. 35. 509  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 199 (2016). 510  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 199 (2016). 511  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 199 (2016).



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht129

Ebenfalls die Einführung der Kreditwürdigkeitsprüfung i. V. m. der Pflicht zur Rücklagenbildung (LESA) wird grundsätzlich positiv bewertet.512 So könne die hohe Anzahl an notleidenden Krediten, die darauf beruht, dass Verbraucher die im Zusammenhang mit dem Grundstück anfallenden Kosten nicht mehr leisten könnten, eingedämmt werden.513 Zudem ermögliche das System Verbrauchern, die eigentlich nicht in der Lage wären einen Reverse Mortgage-Vertrag abzuschließen, diesen dennoch einzugehen.514 Positiv sei zudem die Möglichkeit, sich freiwillig für die Rücklagenbildung zu entscheiden, auch wenn die Kreditwürdigkeitsprüfung positiv ausfalle.515 Zu kritisieren sei indes, dass die Prüfung Zeit und Ressourcen binden würde und die gesetzlichen Anforderungen nicht klar genug geregelt seien.516 dd) Der Schutz der nicht am Vertrag beteiligten Personen Abschließend wird kritisiert, dass die verpflichtende Aufnahme des Ehegatten in den Vertrag zu einer Verringerung der Auszahlungen führe, auch wenn dieser überhaupt nicht die Absicht habe, das Grundstück nach dem Tod des am Vertrag beteiligten Ehegatten zu bewohnen.517 Das Problem könne nur durch eine Verbesserung der unabhängigen Beratung und der damit einhergehenden Aufklärung über die Kreditrisiken erreicht werden.518 So könnten betrügerische Kreditvergabepraktiken, insbesondere die Täuschung über 512  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 200 (2016); im Grundsatz auch Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 112 (2018); schon vor der Einführung hierfür plädierend CFPB, Report to Congress, S. 133; kritisch einzig Edge, 52 Tenn. B. J., 25, 29 (2016). 513  Edge, 52 Tenn. B. J., 25, 28 (2016); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 200 (2016); Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 112 (2018); so auch schon CFPB, Report to Congress, S. 133. 514  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 200 (2016); a. A. Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 115 (2018), die davon ausgehen, dass das eigentliche Ziel der HECM, Senioren zusätzliche Mittel im Alter zukommen zu lassen, konterkariert würde, da die Anforderungen an die Prüfung zu hoch liegen würden. 515  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 200 (2016); hingegen für eine Treuhandlösung Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 124 (2018). 516  Mancini/Williamson, 26 Elder L. J., 85, 110 ff. (2018), die hingegen eine Verbesserung der Service-Standards vorschlagen, bei deren Verstoß die Versicherbarkeit der Mortgage beeinträchtigt werden sollte, siehe aaO. 116 ff. Nachdem dies auf die Ausfallversicherung abstellt, wird mangels Vergleichbarkeit mit dem deutschen Recht im Weiteren auf die Darstellung der Kritikpunkte verzichtet. 517  Class, 37 Rev. Banking & Fin. L, 413, 442 (2017); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 202 (2016). 518  Class, 37 Rev. Banking & Fin. L, 413, 442 (2017); Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 202 (2016).

130

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

die Konsequenzen für den nicht am Vertrag beteiligten Ehegatten, am effektivsten begegnet werden.519 Darüber hinaus wird kritisiert, dass den Erben lediglich ein Zeitraum von 30 Tagen eingeräumt werde, um die Zwangsvollstreckung abzuwenden.520 Angemessen sei in Anbetracht der Schwierigkeit einer Refinanzierung oder eines Verkaufs des Hauses eine Frist von 90 Tagen.521 3. Truth in Lending Act a) Rechtsquellen und Regelungsstruktur Der Truth in Lending Act (15 U.S.C. § 1601 ff.) ist kein speziell auf ­ everse Mortgages zugeschnittenes Spezialgesetz, sondern enthält vielmehr R allgemeines Verbraucherschutzrecht für Kreditgeschäfte.522 Unter den verbraucherschützenden Vorschriften finden sich jedoch auch vereinzelt spe­ zielle Vorschriften für Reverse Mortgages.523 Rechtstechnisch arbeitet das Gesetz in erster Linie mit Offenlegungs- und Informationspflichten, um die Finanzbildung des Verbrauchers zu stärken.524 Darüber hinaus werden dem Verbraucher Rücktrittsrechte525 zugestanden und vertragliche Mindestinhalte bestimmt.526 Ähnlich der Regelungsstruktur der HECM, bei welcher die Regelungen des NHAs durch das HUD konkretisiert werden,527 steckt TILA nur den in519  Jakubowicz,

54 U. Louisville L. Rev., 183, 203 (2016). 46 Ariz. St. L. J., 299, 353 (2014). 521  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell, 46 Ariz. St. L. J., 299, 353 (2014). 522  Barron/Rosin, Federal Regulation of Real Estate and Mortgage Lending (Stand: Dezember 2019), § 10:3 und § 10:4; Hall, Mortgage and Consumer Loan and Lease Disclosure Handbook (Stand: Oktober 2019), § 2:1. 523  Siehe hierzu 15 U.S.C. § 1648. 524  15 U.S.C. § 1601 (a) führt hierzu aus: „The Congress finds that economic stabilization would be enhanced and the competition among the various financial institutions and other firms engaged in the extension of consumer credit would be strengthened by the informed use of credit. The informed use of credit results from an awareness of the cost thereof by consumers. It is the purpose of this subchapter to assure a meaningful disclosure of credit terms so that the consumer will be able to compare more readily the various credit terms available to him and avoid the uninformed use of credit, and to protect the consumer against inaccurate and unfair credit billing and credit card practices.“. 525  15 U.S.C. § 1635; 12 C.F.R. § 1026.15 und § 1026.23. 526  12 C.F.R. § 1026.40 (f). 527  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.II.2.a), Rechtsquellen und Regelungsstruktur, S. 89. 520  Stark/Choplin/Mikels/McDonnell,



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht131

haltlichen Mindestrahmen ab und überlässt die nähere Ausgestaltung der verwaltungsrechtlichen Rechtssetzung.528 Namentlich ist hierfür das Consumer Financial Protection Bureau (CFPB) zuständig,529 welches sich für die entsprechende sog. Regulation Z (12 C.F.R. § 1026) verantwortlich zeichnet.530 b) Anwendungsbereich aa) Allgemeiner Anwendungsbereich TILA und Regulation Z finden ihrer Zwecksetzung gemäß nur Anwendung auf Kreditgeschäfte zwischen berufsmäßig handelnden Kreditgebern und Verbrauchern als Kreditnehmern („consumer credit transaction“).531 Neben der Unterscheidung von grundpfandrechtlich gesicherten und ungesicherten Krediten richtet sich das jeweils anwendbare Recht darüber hinaus nach der Unterscheidung zwischen sog. „closed-end credit transactions“532 und „openend credit plans“.533 Unter einem open-end credit plan werden hierbei solche Verbraucherkreditgeschäfte verstanden, bei denen der Verbraucher wiederholt Kreditranchen bis zu einer vorher festgelegten Höchststumme in Anspruch nehmen kann und in Abhängigkeit vom ausstehenden Kreditvolumen Gebühren erhoben werden.534 Das Gesetz bestimmt den Begriff des closed-end credits hingegen in negativer Abgrenzung hierzu und versteht unter diesem alle diejenigen Kredite, die nicht der Definition des open-end credits unterfallen.535 Klassischerweise fallen unter den Begriff des open-end credits solche Reverse Mortgage-Verträge, bei welchen entweder eine zeitweilige oder lebenslange monatliche Auszahlung, eine Kreditlinie oder eine Kombination derselben vereinbart wird.536 In der Praxis handelt es sich um Verträge, bei denen 528  Neben den einzelnen Hinweisen auf die nähere Ausgestaltung im Gesetz selbst, ergibt sich dies vornehmlich aus 15 U.S.C. § 1604 (a); siehe hierzu Barron/Rosin, Federal Regulation of Real Estate and Mortgage Lending (Stand: Dezember 2019), § 10:2. 529  Siehe hierzu wiederum 15 U.S.C. § 1604 (a), wobei der Begriff Bureau gerade das CFPB meint, siehe 15 U.S.C. § 1602 (b); siehe hierzu Barron/Rosin, Federal Regulation of Real Estate and Mortgage Lending (Stand: Dezember 2019), § 10:2. 530  15 U.S.C. §§ 1601 ff.; 12 C.F.R. § 1026.1 (a). 531  12 C.F.R. § 1026.1 (c). 532  Siehe hierzu Subpart B von Regulation Z, 12 C.F.R. § 1026.5–§ 1026.16. 533  Siehe hierzu Subpart B von Regulation Z, 12 C.F.R. § 1026.17–§ 1026.24. 534  12 C.F.R. § 1026.2 (a)(21). 535  12 C.F.R. § 1026.2 (a)(10). 536  CFPB, Report to Congress, S. 27 f., 85 und insbesondere 101 f.

132

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

eine variable Verzinsung vereinbart wird.537 Die Reverse Mortgage mit Einmalauszahlung in Kombination mit einem Festzins ist hingegen als closedend credit strukturiert.538 Andere Kombinationen sind zwar denkbar, kommen aber rein praktisch nicht vor.539 bb) Spezieller Anwendungsbereich für Reverse Mortgage-Verträge Schließlich sieht das Gesetz spezielle Regelungen für einzelne Arten von Kreditgeschäften vor, so auch für Reverse Mortgage-Verträge.540 TILA versteht unter einer Reverse Mortgage ein solches Verbraucherkreditgeschäft, bei welchem eine Hypothek, ein deed of trust oder ein sonstiges Sicherungsrecht am Grundstück des Verbrauchers bestellt wird und das Grundstück dem Verbraucher als Hauptwohnsitz dient.541 Das Recht am Grundstück muss eine zuvor durch einmalige oder laufende Auszahlunge(n) statuierte Rückzahlungsverpflichtung absichern.542 Diese darf, samt Zins- und sonstigen543 Ansprüchen, außer im Falle des Verzugs des Verbrauchers, nur dann fällig gestellt werden, wenn das Eigentum am Grundstück vollständig auf eine Drittpartei übertragen wird,544 das Grundstück nicht mehr als Hauptwohnsitz genutzt wird545 oder der Verbraucher verstirbt.546 Darüber hinaus muss die Haftung des Verbrauchers auf den durch den Verkauf des Grundstücks antizipierten Erlös beschränkt sein („non recourse“).547 537  CFPB,

Report to Congress, S. 27 f., 85 und insbesondere 101 f. Report to Congress, S. 27 f., 85 und insbesondere 101 f. 539  CFPB, Report to Congress, S. 102. 540  12 C.F.R. §  1026.31–§ 1026.45; speziell für die Reverse Mortgage siehe § 1026.33. 541  15 U.S.C. § 1602 (z)(cc) (das Gesetz enthält zwei paragraphs (cc), gemeint ist vorliegend der zuerst genannte Paragraph); 12. C.F.R. § 1026.33 (a). Unterfällt der infrage stehende Kredit nicht dieser Definition, etwa weil eine persönliche Haftung des Kreditnehmers für einen nach der Verwertung des Grundstücks ausstehenden Teil der Kreditsumme vereinbart wurde, greifen die sonstigen Schutzbestimmungen von TILA und der Kredit wird nicht als Reverse Mortgage angesehen, siehe hierzu Supplement I (Part 3) to §1026.33 (a)(1). 542  15 U.S.C. § 1602 (z)(cc); 12 C.F.R. § 1026.33 (a). 543  Das Gesetz nennt an dieser Stelle Ansprüche, die sich aus einer sog. shared appreciation Mortgage ergeben, siehe 15 U.S.C. § 1602 (z)(cc); 12 C.F.R. § 1026.33 (a). 544  15 U.S.C. § 1602 (z)(cc)(2)(A); 12 C.F.R. § 1026.33 (a)(2)(ii). 545  15 U.S.C. § 1602 (z)(cc)(2)(B); 12 C.F.R. § 1026.33 (a)(2)(iii). 546  15 U.S.C. § 1602 (z)(cc)(2)(C); 12 C.F.R. § 1026.33 (a)(2)(i). 547  15 U.S.C. § 1602 (z)(cc); 12 C.F.R. § 1026.33 (a); das Gesetz definiert hierbei nicht, was unter einer non recourse-Klausel zu verstehen ist. Allerdings enthält Regulation Z einen Kommentar der CFPB im Anhang, der im Gesetz nicht näher spezifi538  CFPB,



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht133

c) Verbraucherschützende Rechtsinstitute aa) Allgemeine Informationspflichten für grundpfandrechtlich gesicherte Kredite In Abhängigkeit548 von der Struktur des zu bewertenden Kredits als openoder closed-end credit verpflichtet TILA den Kreditgeber zu verschiedenen Offenlegungen und zur Weitergabe verschiedener Informationen an den Kreditnehmer.549 Nachdem es sich lediglich um allgemeine Informationspflichten handelt, wird in Anbetracht des Untersuchungsgegenstandes auf die weitere Darstellung verzichtet.550 Zu erwähnen ist an dieser Stelle einzig der Umstand, dass die allgemeinen Informationspflichten nicht auf die Besonderheiten der ­Reverse Mortgage zugeschnitten sind und dennoch neben den sogleich zu thematisierenden spezialgesetzlichen Informationspflichten verpflichtend zu geben sind.551 bb) Spezielle Informationspflichten für Reverse Mortgages Von größerer Relevanz sind die inhaltlich von der Kreditstruktur unabhängigen, gesetzlichen Informationspflichten, die speziell auf die Risiken und Besonderheiten der Reverse Mortgage abgestimmt sind.552 In formaler Hinsicht müssen die Informationen klar, auffällig und in Schriftform erteilt werden.553 Der Zeitpunkt der Offenlegung richtet sich wiederum nach der Unterscheidung zwischen closed-end und open-end credit: Im ersten Fall müssen die Informationen spätestens am dritten Werktag

zierte Begriffe erläutert. Siehe zur non recourse-Klausel daher Supplement I (Part 3) to §1026.33 (a)(1). 548  Weiterhin differenziert das Gesetz danach, ob der Kredit grundpfandrechtlich besichert ist oder nicht, wobei im Folgenden nur auf erstere eingegangen werden soll; siehe zum Gesagten beispielsweise die Differenzierung in 12 C.F.R. § 1026.6 (a) und (b) oder die zusätzlichen Voraussetzungen in 12 C.F.R. § 1026.40. 549  Hall, Mortgage and Consumer Loan and Lease Disclosure Handbook (Stand: Oktober 2019), § 2:2. 550  Zur Übersicht siehe CFPB, Report to Congress, S. 102. 551  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 195 f. (2016); Latona, 23 Elder L. J., 417, 440 (2016). 552  15 U.S.C. § 1648; 12 C.F.R. § 1026.33; siehe hierzu CFPB, Report to Congress, 102 f.; Latona, 23 Elder L. J. 417, 440 (2016). 553  15 U.S.C. § 1632 (a); 12 C.F.R. § 1026.31 (b); siehe hierzu Black, 8 NAELA J., 87, 108 (2012).

134

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

vor Vollzug des Vertrages offengelegt werden,554 während sich der Bezugspunkt der drei-Tages-Frist im zweiten Fall am Zeitpunkt der ersten Auszahlung orientiert.555 Inhaltlich besteht die Information aus zwei Komponenten: einer allgemeinen Sektion zu den Kreditdetails und einer speziellen Sektion zur Entwicklung der Kreditkosten in Abhängigkeit von der Laufzeit und dem Grundstückswert.556 Der Gesetzgeber sieht hierzu die fakultative Verwendung eines Musterformulars vor.557 Zu den allgemeinen Kreditinformationen zählen die grundlegenden Kreditkonditionen, die Kosten des Kredits, das Alter des jüngsten Kreditnehmers sowie der Schätzwert des Grundstücks.558 Zudem ist der Kreditnehmer ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, dass er trotz Erhalt der offenzulegenden Informationen und Einreichung des unterschriebenen Kreditantrags nicht zum Abschluss des Vertrages verpflichtet ist.559 Darüber hinaus muss das Dokument die Kostenentwicklung der Reverse Mortgage in Abhängigkeit vom Zeitverlauf tabellarisch anhand der sog. „total annual loan cost rates“ (TALC-rates) darstellen.560 Die TALC-rates geben, ausgedrückt als Prozentsatz, Aufschluss über die jährlichen Gesamtkosten des Kredits.561 Die zugrunde liegenden Werte basieren auf Schätzungen, die nach bestem Wissen und Gewissen durch den Kreditgeber vorgenommen werden müssen („good faith estimate“).562 Zu den Kreditgesamtkosten zählen alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Kredit anfallen, einschließlich der Kosten für annuities563 sowie weiterer Zahlungspflichten an den 554  12 C.F.R. § 1026.31 (c)(2)(i); undifferenziert Juergens, 6 Hous. L. Rev, 209, 222 (2016); Latona, 23 Elder L. J. 417, 440 (2016). 555  12 C.F.R. § 1026.31 (c)(2)(ii). 556  Siehe zur Übersicht CFPB, Report to Congress, S. 102; siehe darüber hinaus Juergens, 6 Hous. L. Rev, 209, 222 f. (2016); Latona, 23 Elder L. J. 417, 440 (2016); Twomey/Jurgens, Subprime Revisited, S. 16. 557  12 C.F.R. § 1026.33 (b); für das Formular siehe Appendix K to part 1026 (d) (1); siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 102 f.; Latona, 23 Elder L. J. 417, 440 (2016). 558  12 C.F.R. § 1026.33 (b)(3); siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 103; Latona, 23 Elder L. J. 417, 440 (2016). 559  15 U.S.C. § 1648 (a)(2); 12 C.F.R. § 1026.33 (b)(1); siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 103; Juergens, 6 Hous. L. Rev, 209, 223 (2016); Latona, 23 Elder L. J. 417, 440 (2016). 560  12 C.F.R. § 1026.33 (b)(2); siehe hierzu Black, 8 NAELA J., 87, 109 (2012); CFPB, Report to Congress, S. 102; Latona, 23 Elder L. J., 417, 440 (2016). 561  12 C.F.R. § 1026.33 (b)(2); siehe hierzu Black, 8 NAELA J., 87, 109 (2012); Latona, 23 Elder L. J. 417, 440 (2016). 562  15 U.S.C. § 1648 (a); 12 C.F.R. § 1026.33 (b)(2); siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 103; Black, 8 NAELA J., 87, 109 (2012). 563  15 U.S.C. § 1648 (b)(2); 12 C.F.R. § 1026.33 (c)(1).



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht135

Kreditgeber, beispielsweise Ansprüche im Rahmen einer shared appreciation mortgage.564 Auf der Kehrseite müssen jedoch auch alle Zahlungen an den Kreditnehmer, einschließlich der Auszahlungen im Rahmen der annuities, sowie sonstige Haftungsbeschränkungen, allen voran die non recourse-Klausel, berücksichtigt werden.565 Um das Risiko veränderlicher Grundstückswerte und Lebenswahrscheinlichkeiten abzubilden,566 müssen der Kostenaufstellung drei verschiedene Kreditszenarien zugrunde gelegt werden.567 Zum einen müssen für die Berechnung der Gesamtkosten mit null, vier und acht Prozent verschiedene Wertsteigerungsraten für die Wertentwicklung des Grundstücks berücksichtigt werden.568 Zum anderen müssen die TALC-rates in Abhängigkeit von verschiedenen Kreditzeiträumen dargestellt werden: für einen Zeitraum von zwei Jahren, für einen Zeitraum in Abhängigkeit von der vom Kreditgeber antizipierten Lebenswahrscheinlichkeit des jüngsten Kreditnehmers sowie für einen Zeitraum dieser antizipierten Lebenswahrscheinlichkeit multipliziert mit einem Faktor von 1.4, aufgerundet auf das nächst volle Jahr.569 Auf freiwilliger Basis kann zudem ein vierter Zeitraum dargestellt werden, der sich ebenfalls an der antizipierten Lebenswahrscheinlichkeit orientiert, jedoch mit einem Faktor von 0.5 multipliziert wird.570 Das Gesetz veranschaulicht die TALC-disclosure anhand eines Beispiels.571 cc) Zulässiger Vertragsinhalt für Reverse Mortgages Neben den Offenlegungspflichten greift das Gesetz zum Schutz des Verbrauchers auch direkt in die Vertragsgestaltung ein.572 Demnach sieht das Gesetz Klauselverbote bzw. einen vertraglichen Mindeststandard für grundpfandrechtlich gesicherte Kreditverträge im Allgemeinen und für Reverse Mortgages im Speziellen vor.573 Der Anwendungsbereich der Regelung ist dabei dahingehend eingeschränkt, als dieser nur für open-end Verbraucher564  15 U.S.C. § 1648 (b)(1); 12 C.F.R. § 1026.33 (c)(3); Black, 8 NAELA J., 87, 109 (2012). 565  15 U.S.C. § 1648 (b)(3) und (4); 12 C.F.R. § 1026.33 (c)(3) und (4). 566  CFPB, Report to Congress, S. 103; Latona, 23 Elder L. J. 417, 440 (2016). 567  15 U.S.C. § 1648 (a)(1); 12 C.F.R. § 1026.33 (c)(5) und (6). 568  15 U.S.C. § 1648 (a)(1); 12 C.F.R. § 1026.33 (c)(5)(i)-(iii). 569  15 U.S.C. § 1648 (a)(1)(A)-(C); 12 C.F.R. § 1026.33 (c)(6)(i)(A)-(C); siehe hierzu Juergens, 6 Hous. L. Rev, 209, 223 (2016). 570  15 U.S.C. § 1648 (a)(1)(C); 12 C.F.R. § 1026.33 (c)(6)(ii). 571  Siehe hierzu Appendix K to part 1026 (d)(2). 572  12 C.F.R. § 1026.40 (f). 573  12 C.F.R. § 1026.40 (f).

136

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

kredite eröffnet ist, die grundpfandrechtlich durch den Hauptwohnsitz des Verbrauchers abgesichert sind.574 Dies ist jedoch nach der Definition der Reverse Mortgage575 denklogisch der Fall, so dass diese qua ihrer Definition vom Anwendungsbereich erfasst ist.576 Allgemeinhin verboten sind demnach Klauseln, die dem Kreditgeber einseitig die Anpassung der annual percentage rate gestatten, es sei denn die Anpassung ist an einen öffentlichen Index gekoppelt.577 Auch sonstige Änderungen der Kreditkonditionen sind grundsätzlich578 verboten.579 Weiterhin dürfen Kredite nur dann vor der vereinbarten Fälligkeitszeit fällig gestellt werden, wenn der Kreditnehmer über persönliche Angaben getäuscht hat oder die Angaben in sonstiger, erheblicher Weise nicht der Wahrheit entsprechen, der Kreditnehmer in Verzug gerät oder eine Handlung des Kreditnehmers den Umfang der Sicherheit gefährdet.580 Speziell für Reverse Mortgages bestimmt das Gesetz, dass der Kredit nur dann fällig gestellt werden darf, wenn sich der Kreditnehmer mit einer vertraglichen Pflicht in Verzug befindet, das Eigentum am Grundstück komplett auf eine dritte Partei überträgt, das Grundstück nicht mehr als Hauptwohnsitz nutzt oder verstirbt.581 dd) Rücktrittsrecht Zudem billigt das Gesetz dem Verbraucher ein an keine weiteren Voraussetzungen gebundenes Rücktrittsrecht582 („right of rescission“) zu, dessen Ausgestaltung graduell davon abhängt, ob es sich bei dem Kreditgeschäft um einen open-end credit plan oder eine closed-end credit transaction handelt.583 574  12 C.F.R.

§ 1026.40 (a). hierzu oben Kapitel 3: B.II.3.b), Anwendungsbereich, S. 132. 576  Dies ergibt sich zudem im Umkehrschluss zu 12 C.F.R. § 1026.40 (f)(4), der gerade auf Reverse Mortgages Bezug nimmt. 577  12 C.F.R. § 1026.40 (f)(1). 578  Zu den Ausnahmen zählen u. a. im Vertrag vorbehaltene Änderungen, die Vereinbarung eines neuen Referenzzinses, Änderungen nach schriftlicher Zustimmung des Verbrauchers, Änderungen zugunsten des Verbrauchers oder unwesentliche (redaktionelle) Änderungen, siehe hierzu 12 C.F.R. § 1026.40 (f)(3)(i)–(vi). 579  12 C.F.R. § 1026.40 (f)(3). 580  12 C.F.R. § 1026.40 (f)(2). 581  12 C.F.R. § 1026.40 (f)(4). 582  Materiell entspricht das Rücktrittsrecht damit mehr dem Widerrufsrecht des BGB. 583  15 U.S.C. § 1635 (a); 12 C.F.R. § 1026.15 und § 1026.23; auch etwaigen sonstigen Grundstückseigentümer, die von einer Zwangsvollstreckung betroffen wären, jedoch nicht am Vertrag beteiligt sind, kann ein Rücktrittsrecht zukommen, siehe 575  Siehe



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht137

In beiden Fällen hat der Kreditgeber den Kreditnehmer über das ihm zustehende Rücktrittsrecht zu belehren.584 Das Rücktrittsrecht besteht bis zum dritten Werktag585 nach Vertragsschluss oder Erfüllung der Informationspflichten.586 Nach Zugang der Rücktrittserklärung hat der Kreditgeber innerhalb von 20 Tagen sämtliche Entgelte zurückzuerstatten und darauf hinzuwirken die bestellten Sicherheiten freizugeben.587 Der Kreditnehmer seinerseits ist zur Rückgabe aller erhaltenen Vermögenswerte verpflichtet, nachdem der Kreditgeber seinen Verpflichtungen nachgekommen ist.588 ee) Kreditwerbung Abschließend sieht Regulation Z verpflichtende Angaben bzw. Verbote spezieller Werbeaussagen vor, die sich ebenfalls danach richten, ob es sich um einen open-end credit plan589 oder eine closed-end credit transaction590 handelt. Die Regelungen sind ebenfalls nicht speziell auf Reverse Mortgages zugeschnitten.591 d) Rechtsfolgen Die Durchsetzung von TILA wird hauptsächlich auf zivilrechtlichem Weg durch die Gewährung von Schadensersatzansprüchen erreicht.592 Verstößt der Kreditgeber folglich gegen die gesetzlichen Verpflichtungen, ist der Kreditnehmer zur Geltendmachung des kausal auf der Gesetzesverletzung beruhenhierzu 12 C.F.R § 1026.15; siehe darüber hinaus das speziell für closed-end credit transaction bestehende Rücktrittsrecht bei Zwangsvollstreckung 15 U.S.C. § 1635 (i); 12 C.F.R. § 1026.23 (h)(1); allgemein zum Bestand des Rücktrittsrechts Latona, 23 Elder L. J., 417, 426 (2016). 584  Siehe zum open-end-credit plans 12 C.F.R. § 1026.15 (b); zur closed-end-credit-transaction 12 C.F.R. § 1026.23 (b)(2). 585  Gem. 12 C.F.R. § 1026.2 (a)(6) meint „business day“ die Tage von Montag bis Samstag, ausschließlich der gesetzlichen Feiertage nach 5 U.S.C. § 6103 (a). 586  12 C.F.R. § 1026.15 (a)(3) bzw. 12 C.F.R. § 1026.23 (a)(3). 587  Siehe zum open-end-credit plans 12 C.F.R. § 1026.15 (d)(2); zur closed-endcredit-transaction 12 C.F.R. § 1026.23 (d)(2). 588  Siehe zum open-end-credit plans 12 C.F.R. § 1026.15 (d)(3); zur closed-endcredit-transaction 12 C.F.R. § 1026.23 (d)(3). 589  12 C.F.R. § 1026.16. 590  12 C.F.R. § 1026.24. 591  Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 581 (2016/2017). 592  15 U.S.C. § 1640; hierzu aus der Literatur Barron/Rosin, Federal Regulation of Real Estate and Mortgage Lending (Stand: Dezember 2019), § 10:101; Harkness, 16 Elder L. J., 1, 7 (2008).

138

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

den Schadens593 sowie eines Strafschadens594 berechtigt und kann unter gewissen Umständen die Gerichts- und Anwaltskosten ersetzt verlangen.595 Die Schadensersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Kreditgeber nachweisen kann, dass er nicht vorsätzlich gegen die gesetzlichen Pflichten verstoßen596 oder sich an den vom CFPB oder sonstigen Behörden erlassenen Gesetzen bzw. Gesetzesinterpretationen orientiert hat.597 Besteht die Schadensersatzpflicht kann sich der Kreditgeber von der Haftung befreien, wenn er innerhalb von 60 Tagen nach Entdeckung des Fehlers den Verbraucher über den Fehler informiert und die nötigen Maßnahmen ergreift, um sicherzustellen, dass dem Verbraucher keine auf dem Gesetzesverstoß beruhenden Mehrkosten entstehen.598 Neben der zivilrechtlichen Haftung muss sich der Kreditgeber bei wissentlichen und vorsätzlichen Verstößen gegen die gesetzlichen Bestimmungen auch strafrechtlich verantworten.599 Rechtsfolge ist entweder eine Geldstrafe i. H. v. 5.000 USD, bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder eine Kombination aus beidem.600 Die oben geschilderte Befreiungsmöglichkeit durch Benachrichtigung des Kreditnehmers und Korrektur des Ergebnisses erstreckt sich auch auf die strafrechtliche Haftung.601 Abschließend wird die Einhaltung der TILA-Bestimmungen auch auf verwaltungsrechtlicher Ebene sichergestellt.602 Gleichwohl die Bestimmungen durch das CFPB konkretisiert werden, ist dieses nicht ausschließlich für die Aufsicht über die Einhaltung der Bestimmungen zuständig.603 Vielmehr richtet sich die sachliche Zuständigkeit nach der jeweils zu überwachenden Entität.604 Unterfällt diese keinem bestehendem Aufsichtsrecht, was u. a. auf kleine Kreditgeber zutrifft,605 ist die Federal Trade Commission zuständig.606 593  15 U.S.C. § 1640 (a)(1); siehe hierzu aus der Literatur Barron/Rosin, Federal Regulation of Real Estate and Mortgage Lending (Stand: Dezember 2019), § 10:101; Harkness, 16 Elder L. J., 1, 7 (2008). 594  15 U.S.C. § 1640 (a)(2); siehe hierzu Barron/Rosin, Federal Regulation of Real Estate and Mortgage Lending (Stand: Dezember 2019), § 10:101; Harkness, 16 Elder L. J., 1, 7 (2008). 595  15 U.S.C. § 1640 (a)(3). 596  15 U.S.C. § 1640 (c). 597  15 U.S.C. § 1640 (f). 598  15 U.S.C. § 1640 (b). 599  15 U.S.C. § 1611. 600  15 U.S.C. § 1611. 601  15 U.S.C. § 1640 (b). 602  15 U.S.C. § 1607. 603  15 U.S.C. § 1607 (a). 604  15 U.S.C. § 1607 (a).



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht139

Das Gesetz bestimmt hierbei, dass Verstöße gegen TILA zugleich als Verstoß gegen das jeweils anwendbare Aufsichtsrecht gelten, so dass die zuständige Behörde von ihren Aufsichtsbefugnissen Gebrauch machen kann.607 Über diese Befugnisse hinausgehend räumt TILA den Aufsichts­behörden die Möglichkeit ein, den Kreditgeber bei Verstoß gegen Offen­legungspflichten bezüglich des effektiven Jahreszinses („annual percentage rate“) oder der Kreditkosten („finance charges“) zur Restitution des zu viel gezahlten Geldes zu verpflichten.608 Je nach Art und Schwere des Verstoßes besteht ein Ermessensspielraum der Behörde bezüglich des Einschreitens und der Höhe der Restitutionspflicht.609 e) Kritik am Regelungsregime von TILA aa) Informationspflichten (1) Allgemeine und spezielle Kritik Der regulatorische Ansatz von TILA und Regulation Z, den Kreditgeber neben der Weitergabe von speziellen Informations- und Aufklärungspflichten bezüglich Reverse Mortgages auch zur Weitergabe allgemeiner Informationen zu open- und closed end credits zu verpflichten, wird in der Literatur stark kritisiert.610 Die kombinierten Informations- und Offenlegungspflichten seien nicht aufeinander abgestimmt und führten dazu, dass sich die gegebenen Informationen wiedersprächen.611 Die hierdurch in der Folge auf Verbraucherseite entstehende Verwirrung würde zum Informationsdefizit beitragen und damit das regulatorische Ansinnen (Stärkung der Finanzbildung) verfehlen.612 In concreto würden die Informationspflichten über die Rechtsnatur des Reverse Mortgage-Vertrages hinwegtäuschen.613 Durch die allgemeinen, unspezifischen Informationspflichten würde der Verbraucher verlei605  Barron/Rosin, Federal Regulation of Real Estate and Mortgage Lending (Stand: Dezember 2019), § 10:98. 606  15 U.S.C. § 1607 (c). 607  15 U.S.C. § 1607 (b). 608  15 U.S.C. § 1607 (e)(1). 609  15 U.S.C. § 1607 (e)(1)–(7); ausführlich hierzu Barron/Rosin, Federal Regulation of Real Estate and Mortgage Lending, § 10:98 (Stand: Dezember 2019). 610  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 195 f. (2016); Latona, 23 Elder L. J., 417, 439 f. (2016). 611  Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 195 f. (2016); Latona, 23 Elder L. J., 417, 440 (2016). 612  Latona, 23 Elder L. J., 417, 440 (2016). 613  Latona, 23 Elder L. J., 417, 440 (2016).

140

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

tet zu glauben, dass es sich bei dem Reverse Mortgage-Vertrag um einen regulären Kreditvertrag handle.614 Symptomatisch hierfür sei auch die Informationsbroschüre „What you should know about Home Equity Lines of Credit“, die Bestandteil der allgemeinen Aufklärungspflichten ist und dabei keinerlei Informationen über Reverse Mortgages enthalte.615 Jedoch auch die speziell für Reverse Mortgages vorgeschriebene Informationspflicht mithilfe der TALC-rates sei für Verbraucher nicht verständlich.616 So hat eine Studie des vor Übergang der Regelungskompetenz auf das CFPB617 für die Umsetzung von TILA zuständigen Board of Governors of the Federal Reserve empirisch nachgewiesen, dass Verbraucher kognitiv nicht dazu imstande waren, den Aussagegehalt der TALC-rates zu erfassen.618 Anstelle die Entwicklung der Gesamtkreditkosten im Zeitverlauf zu erkennen, deuteten Verbraucher den angegebenen Prozentsatz als Zinssatz und folgerten hieraus, dass dieser über die Dauer des Kredits hinweg stetig abnähme.619 Zudem sei das Dokument nicht auf die individuellen Konditionen abgestimmt, sondern enthalte generalisierte Informationen.620 Darüber hinaus sieht sich das Rechtsinstitut der Informationspflicht jedoch auch allgemeiner Kritik ausgesetzt.621 Neben der Tatsache, dass Informationen formal gegeben, jedoch rein tatsächlich nicht besprochen und erklärt würden,622 bestehe das Problem, dass Verbraucher die Informationen als solche nicht wahrnehmen bzw. nicht verstehen würden.623

614  Latona,

23 Elder L. J., 417, 440 (2016). Z; Truth in Lending, 75 Fed. Reg. 58539, 58549 (vorgeschlagen am 24. Sep. 2010); siehe zudem CFPB, Report to Congress, S. 102; Latona, 23 Elder L. J., 417, 440 (2016). 616  Latona, 23 Elder L. J., 417, 440 (2016). 617  Ausführlich hierzu Lampe/Richardson, 21 N. C. Banking Inst., 85 ff. (2017) mit einem Überblick über die weitreichenden Befugnisse des CFPB. 618  Regulation Z; Truth in Lending, 75 Fed. Reg. 58539, 58550 (vorgeschlagen am 24. Sep. 2010). 619  Regulation Z; Truth in Lending, 75 Fed. Reg. 58539, 58550 (vorgeschlagen am 24. Sep. 2010). 620  Twomey/Jurgens, Subprime Revisited, S. 18. 621  Latona, 23 Elder L. J., 417, 441 f. (2016) Twomey/Jurgens, Subprime Revisited, S. 17; im Kontext von Kreditkarten, die ebenfalls den Regelungen von TILA unterfallen, ebenso Harkness, 16 Elder L. J., 1, 19 (2008). 622  Latona, 23 Elder L. J., 417, 441 f. (2016); Twomey/Jurgens, Subprime Revisited, S. 17. 623  Latona, 23 Elder L. J., 417, 441 f. (2016) Twomey/Jurgens, Subprime Revisited, S. 17; ebenso im Kontext von Kreditkarten Harkness, 16 Elder L. J., 1, 19 (2008). 615  Regulation



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht141

In der Literatur wird deshalb eine Vereinheitlichung und Vereinfachung der Informationspflichten vorgeschlagen.624 Wie diese Vereinheitlichung erreicht werden soll, wird indes nicht einheitlich beantwortet. (2) Reformvorschlag des Board of Governors of the Federal Reserve Als Reaktion auf die Ergebnisse der Studie zu den TALC-rates sah ein Vorschlag des Board of Governors of the Federal Reserve vor, Reverse Mort­ gages vom allgemeinen Anwendungsbereich der Informationspflichten von TILA und Regulation Z auszunehmen und ein speziell auf Reverse Mort­ gages abgestimmtes Regelungsregime zu schaffen.625 Demnach sollte dem Verbraucher vor Einreichung des Kreditantrags ein zweiseitiges Dokument mit dem Titel „Key Questions to Ask about Reverse Mortgage Loans“ auszuhändigen sein, das explizit den in der Studie festgestellten Fehlvorstellungen des Verbrauchers begegnen sollte.626 Das Dokument sollte folgende neun Fragen, samt Antworten, enthalten:627 1. Was ist ein Reverse Mortgage-Kredit? 2. In welcher Weise unterscheiden sich Reverse Mortgage-Kredite von herkömmlichen Realkrediten? 3. Was sind die Nachteile einer Reverse Mortgage? 4. Welche Kosten fallen in Verbindung mit einem Reverse Mortgage-Kredit an? 5. Was passiert, wenn mich mein Kreditgeber dazu verpflichtet den Auszahlungsbetrag der Reverse Mortgage zum Erwerb von Annuities oder anderen Investitionen zu verwenden? 6. Erwirbt der Kreditgeber infolge des Vertragsschlusses und für die Dauer der Laufzeit Eigentum am Grundstück? 7. Kann ich mein Grundstück während der Kreditlaufzeit verlieren? 8. Was geschieht am Ende der Laufzeit? Was geschieht, wenn die Kreditsumme im Fälligkeitszeitpunkt den Wert meines Grundstücks übersteigt? 624  CFPB, Report to Congress, S. 150; Juergens, 6. HLRe, 209, 227 (2016); Latona, 23 Elder L. J., 417, 441 (2016). 625  Regulation Z; Truth in Lending, 75 Fed. Reg. 58539, 58549 f. (vorgeschlagen am 24. Sep. 2010); zustimmend Latona, 23 Elder L. J., 417, 441 (2016); unter Vorbehalten wohl auch Juergens, 6. HLRe, 209, 228 (2016). 626  Regulation Z; Truth in Lending, 75 Fed. Reg. 58539, 58549 (vorgeschlagen am 24. Sep. 2010); das Dokument findet sich in CFPB, Report to Congress, S. 161 f. (Appendix II Disclosure forms). 627  Übersetzt nach CFPB, Report to Congress, S. 161 f. (Appendix II Disclosure forms).

142

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

9. Was passiert mit Geldmitteln, die nach dem Verkauf des Hauses übrig bleiben? Daneben sah der Entwurf vereinheitliche Offenlegungspflichten für openend und closed-end Reverse Mortgages vor, die neben einer Aufstellung der allgemeinen, jeweils einschlägigen Kreditkonditionen ebenfalls spezielle ­Informationen für Reverse Mortgages enthalten hätten.628 Letztlich sollten hierdurch die oben vorgestellten Informationspflichten um die unspezifischen und verwirrenden Informationen bereinigt werden.629 Dies hätte beispielsweise Informationen zur Grace Period betroffen, also des Zeitraums in welchem im Rahmen einer Kreditlinie ausgezahlte Geldbeträge ohne Aufschlag einer Gebühr zurückgezahlt werden können.630 Nachdem Reverse MortgageKreditnehmer grundsätzlich nicht zur Rückzahlung der Kreditsumme während der Laufzeit verpflichtet sind, hat die Information keinerlei Nutzen und trägt im Gegenteil zum Informationsdefizit bei.631 Darüber hinaus sollten die TALC-rates abgeschafft und durch eine Tabelle ersetzt werden, durch welche die Entwicklung der Kreditkosten anhand eines Dollarbetrags im Zeitverlauf dargestellt worden wären.632 Der Vorschlag wurde infolge des Übergangs der Regelungszuständigkeit auf das CFPB letztlich jedoch nicht realisiert.633 bb) Rücktrittsrecht Das Recht des Verbrauchers bis zum dritten Werktag nach Vertragsschluss vom Vertrag zurückzutreten wird in der Literatur grundsätzlich positiv gewertet.634 In Anbetracht der rechtlichen und wirtschaftlichen Komplexität der Reverse Mortgage wird jedoch kritisiert, dass die Zeit von drei Tagen nicht ausreiche, um sich der Auswirkungen der Entscheidung bewusst zu werden.635 628  Regulation Z; Truth in Lending, 75 Fed. Reg. 58539, 58550 (vorgeschlagen am 24. Sep. 2010). 629  Regulation Z; Truth in Lending, 75 Fed. Reg. 58539, 58550 (vorgeschlagen am 24. Sep. 2010). 630  Regulation Z; Truth in Lending, 75 Fed. Reg. 58539, 58550 (vorgeschlagen am 24. Sep. 2010). 631  Regulation Z; Truth in Lending, 75 Fed. Reg. 58539, 58550 (vorgeschlagen am 24. Sep. 2010). 632  Regulation Z; Truth in Lending, 75 Fed. Reg. 58539, 58550 (vorgeschlagen am 24. Sep. 2010). 633  Zwar weist das CFPB selbst auf den Vorschlag hin (siehe hierzu CFPB, Report to Congress, S. 108 f.), hat den Vorschlag jedoch nicht übernommen (siehe hierzu die Beschreibung der Rechtslage oben Kapitel 3: B.II.3.c)bb), Spezielle Informationspflichten für Reverse Mortgages, S. 133. 634  Latona, 23 Elder L. J., 417, 448 (2016). 635  Paz García/Cole/Reeves, Reverse Mortgages, S. 32; Latona, 23 Elder L. J., 417, 448 (2016).



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht143

Eine Rücktrittszeit von lediglich drei Tagen erlaube es dem Verbraucher nicht, die Entscheidung mit Dritten, etwa nahen Angehörigen oder unabhängigen Beratern, zu besprechen.636 Hierdurch würde das regulatorische Ansinnen, das gerade in der Einräumung einer Bedenkzeit liegt, nicht erreicht.637 In der Literatur wird deshalb vorgeschlagen, die Rücktrittszeit speziell für Reverse Mortgages auf 30 Tage zu erweitern.638 4. Real Estate Settlement Procedures Act Weiterhin sind bei Abschluss des Vertrages die allgemeinen Bestimmungen des Real Estate Settlement Procedures Act (RESPA) zu beachten.639 RESPA selbst überlasst die nähere inhaltliche Ausgestaltung ebenfalls der exekutiven Rechtssetzung.640 De Kompetenz liegt auch hier beim Consumer Financial Protection Bureau (CFPB), welches mit der in 12 C.F.R. § 1024 kodifizierten „Regulation X“ dem Rechtssetzungsauftrag nachgekommen ist. RESPA sieht zwei Offenlegungspflichten vor, die die Kosten des Vertragsschlusses zum Inhalt haben und insbesondere Dienstleistungen von Drittparteien betreffen, die im Zusammenhang mit dem Eigentumsrecht am Grundstück stehen, sog. „title services“641.642 636  Paz García/Cole/Reeves, Reverse Mortgages, S. 32; Latona, 23 Elder L. J., 417, 448 (2016). 637  Paz García/Cole/Reeves, Reverse Mortgages, S. 32; Latona, 23 Elder L. J., 417, 448 (2016). 638  Paz García/Cole/Reeves, Reverse Mortgages, S. 32; Latona, 23 Elder L. J., 417, 448 (2016). 639  CFPB, Report to Congress. S. 104; Black, 8 NAELA J., 87, 109 (2012). 640  15 U.S.C. § 2617 (a). 641  Das US-amerikanische Recht kennt keinen dem deutschen Recht vergleichbaren Gutglaubensschutz durch das Grundbuch. Die Klärung der Eigentumsverhältnisse ist demnach eine dem Vertragsschluss vorgelagerte Tätigkeit, die diesen maßgeblich beeinflusst. Nachdem jedoch das US-amerikanische Registerwesen infolge der fortschreitenden Urbanisierung immer unübersichtlicher wurde, wurde auch die Klärung der Eigentumslage („title search“ und „title examination“) immer schwieriger, so dass die Dienstleistung aus Kostengründen zumeist auf hierauf spezialisierte Drittparteien ausgelagert wurde. Eine grundlegende Änderung erfuhr das System der title services durch die Entscheidung in der Rechtssache Watson v. Miurhead, in welcher der Supreme Court von Pennsylvania entschied, dass das Title-Unternehmen nicht für eine Falschbewertung hafte, wenn dieses im Vorfeld alle nötigen und zumutbaren Informationen eingeholt habe. In Folge der Gerichtsentscheidung gründeten sich Versicherungen („title insurance“), die sich auf eine Absicherung der Haftungsrisiken bzw. eine Kompensation der fehlenden Regressmöglichkeit spezialisierten, die infolge einer fehlerhaften title examination entstehen konnten; siehe zum Gesagten Böning, Grundpfandrechte in den USA und Deutschland, S. 207 f. 642  12 C.F.R. § 1024.2 (b)(settlement service)(4).

144

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

Zum einen muss der Kreditgeber oder ein zwischengeschalteter Mortgage Broker643 dem Kreditnehmer spätestens am dritten Werktag nach Erhalt des Kreditantrags oder der hierfür notwendigen vorvertraglichen Informationen eine Schätzung der voraussichtlichen Vertragsabschlusskosten (sog. „good faith estimate“ oder auch „GFE“) übermitteln.644 Das Dokument hat allgemeine Angaben zum Kreditgeber und den Vertragsdetails, den Kosten des Abschlusses und etwaigen Kostensteigerungen zu enthalten.645 Im Falle eines grundpfandrechtlich abgesicherten open-end credit plans reicht es den durch TILA vorgeschriebenen Informationspflichten nachzukommen, die in diesem Fall das GFE substituieren.646 Zum anderen muss dem Kreditnehmer als Voraussetzung des eigentlichen Vertragsschlusses das sog. „HUD-1 settlement statement“ ausgehändigt werden, das neben den allgemeinen Kreditangaben und den letztlich anfallenden Vertragsabschlusskosten einen Vergleich der zuvor im GEF geschätzten und den finalen, tatsächlich anfallenden Abschlusskosten enthalten muss.647 Wie sich aus den Urteilen in den Rechtssachen Altman vs. PNC Mortg.648 und Bloom vs. Martin649 ergibt, berechtigt ein Verstoß gegen die Informa­ tionspflichten den Kreditnehmer nicht zur Geltendmachung von Schadens­ ersatzansprüchen. 5. Dodd-Frank-Act Dem CFPB wurde durch Verabschiedung des Dodd-Frank-Acts u. a. die Kompetenz eingeräumt, Einzelmaßnahmen gegen irreführende Werbung zu ergreifen sowie diese generell zu regulieren.650 Bis auf einige Einzelmaßnahmen, hat das CFPB hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht.651 Kritisiert wird an dieser Praxis, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen keine hinrei643  12 C.F.R.

§ 1024.7 (b)(1). § 1024.7 (a)(1); CFPB, Report to Congress, S. 104; Juergens, 6. HLRe, 209, 222 (2016). 645  12 C.F.R. § 1024.7 (d) i. V. m. Appendix C to Part 1024 – specific instructions, page 1–3. 646  12 C.F.R. § 1024.7 (h). 647  12 C.F.R. § 1024.8 i. V. m. Appendix A to Part 1024; CFPB, Report to Congress, S. 104; Juergens, 6. HLRe, 209, 223 (2016). 648  Altman v. PNC Mortg., 850 F. Supp 2d., 1057, 1074 (E. D. Cal. 2012). 649  Bloom v. Martin, 865 F. Supp, 1377, 1383 ff. (N. D. Cal. 1994), aff’d 77 F.3d 318 (9th Cir. 1996). 650  12 U.S.C. § 5602 (b); vgl. auch CFPB, Report to Congress, S. 150 f.; Nachdem es sich bei der Produktwerbung um keinen spezifischen Aspekt der Reverse Mortgage handelt, soll hierauf im Folgenden nicht vertieft eingegangen werden. 651  Siehe hierzu Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 581 f. (2016/2017). 644  12 C.F.R.



B. Die Reverse Mortgage im US-amerikanischen Recht145

chend repressive Wirkung gezeitigt hätten.652 Erforderlich sei vielmehr, dass das CFPB von seiner eingeräumten Regelungskompetenz Gebrauch mache und ein speziell auf Reverse Mortgages abgestimmtes Regelwerk bzgl. irreführender Werbung schaffe.653

III. Das einzelstaatliche Recht Grundsätzlich obliegt den einzelnen Bundesstaaten die Regelung des Hypothekenrechts.654 Einzelstaatliches Recht wird lediglich dann durch Bundesrecht im Wege der sog. „preemption“ überlagert, wenn dieses in Übereinstimmung mit der „supremacy clause“655 der Bundesverfassung zustande gekommen ist.656 Im vorliegend relevanten Kontext trifft dies auf die bereits erörterten Bestimmungen des Truth in Lending Acts und des Real Estate Settlement Procedures Acts zu, deren Regelungen dem einzelstaatlichen Recht vorgehen, insofern dieses dem Bundesrecht widerspricht.657 Keine gesetzliche Sperrwirkung entfalten hingegen die Regelungen des NHA, welche lediglich die Voraussetzungen des Versicherungsschutzes festlegen und somit, unbeschadet deren faktischer Wirkung, kein bindendes Gesetzesrecht darstellen.658 Im Umkehrschluss bleibt es den einzelnen Bundessaaten unbenommen, eigenes Gesetzesrecht bezüglich der sonstigen Regulierung von Reverse Mortgages, insbesondere hinsichtlich des Verbraucherschutzes, zu schaffen.659 Hieran ändert auch der Alternative Mortgage Transaction Parity Act 652  Brenner,

80 Alb. L. Rev., 569, 580 (2016/2017). 80 Alb. L. Rev., 569, 580 (2016/2017); Latona, 23 Elder L. J., 417, 421 (2016); Paz García/Cole/Reeves, Reverse Mortgages, S. 31. 654  Hammond, 1 Elder L. J., 75, 92 (1993); ähnlich Nelson/Whitman/Burkhart/Freyermuth, Real Estate Finance Law, § 11.6, S. 1012 ff.; ausführlich aus der deutschen Literatur hierzu Böning, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, S. 5 ff. 655  U.S. Const. Art. VI, § 2. 656  Ausführlich zur preemption, den Voraussetzungen und dem Verhältnis von Federal und State Law C. Nelson, 86 Va. L. Rev., 225 ff. (2000); siehe auch Hammond, 1 Elder L. J., 75, 92 (1993); zu den prozesstaktischen Erwägungen, insbesondere der Frage der Wahl des Gerichts, siehe Evans/Oren, 53 Trial, 30, 36 (2017). 657  Nelson/Whitman/Burkhart/Freyermuth, Real Estate Finance Law, §  11.6, S. 1013; ausführlich aus der deutschen Literatur hierzu Böning, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, S. 5. 658  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 3: B.II.1., Die Dualität des US-amerikanischen Bundesrechts, S. 87; siehe zudem im Kontext der preemption Hammond, 1 Elder L. J., 75, 93 (1993). 659  Vgl. Black, 8 NAELA J., 87, 104 f. (2012); Brenner, 80 Alb. L. Rev., 569, 583 ff. (2016/2017); Helman, 12 Marq.Elder’s Advisor, 415, 444 ff. (2011); Juergens, 6 HLRe, 209, 223 ff. (2016). 653  Brenner,

146

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

von 1982660 nichts, der zwar im Grundsatz eine Überlagerung einzelstaat­ licher Verbote für alternative Hypothekengeschäfte,661 unter welche auch Reverse Mortgages fallen, zur Folge hat, jedoch nicht das gesamte einzelstaatliche Recht sperrt, sondern nur Verbotsregelungen bezüglich der Veränderlichkeit der Kreditkosten bzw. des Zinssatzes überlagert.662 Aufgrund der faktischen Wirkung des NHAs ist das State Law für die Rechtspraxis jedoch von nur untergeordneter Bedeutung und beansprucht allenfalls im Bereich der Proprietary Reverse Mortgage Geltung.663 Zudem ist das einzelstaatliche Recht dem Bundesrecht nachgebildet und statuiert ebenfalls Informations- und Beratungspflichten und enthält Regelungen zum Fälligkeitszeitpunkt und der Rückzahlung.664

C. Zusammenfassende Bewertung I. Zusammenfassung der Ergebnisse Rechtsquellen zur Regelung der Reverse Mortgage entspringen sowohl dem Bundes- als auch dem einzelstaatlichen Landesrecht, wobei allein das Bundesrecht in weiten Teilen von herausragender praktischer Bedeutung ist. Dieses zeichnet sich durch eine duale Regelungsstruktur aus, die an die Unterscheidung zwischen HECM und Proprietary Reverse Mortgage anknüpft. Für erstere regelt der NHA die Voraussetzungen, unter denen der Vertrag durch eine staatliche Versicherung vor dem beiderseitigen Ausfallrisiko versichert werden kann. Die Regelungen des NHA entfalten trotz fehlender Versicherungspflicht faktische Gesetzeskraft. Zusätzlich zum NHA – und als einzige bundesstaatliche Regelungen der Proprietary Reverse Mortgage – finden TILA, RESPA und der Dodd-Frank-Act Anwendung. Reverse Mortgages sind nach dem NHA grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen, womit das US-amerikanische Recht dem Darlehensmodell folgt. Die Darlehenssumme kann entweder als Einmalauszahlung, Zeitrente, lebenslange Rente, Kreditlinie oder als Kombination derselben ausgezahlt werden. Die Verzinsung kann variabel oder fest ausgestaltet sein. Der Fälligkeitszeitpunkt wird durch das Gesetz verbindlich an den Todeszeitpunkt des 660  12 U.S.C.

§§ 3801 ff. fallen solche Hypotheken, bei denen die Kreditkosten angepasst oder neu ausgehandelt werden, siehe hierzu 12 U.S.C. § 3802 (1). 662  Nelson/Whitman/Burkhart/Freyermuth, Real Estate Finance Law, §  11.6, S. 1014 m. w. N.; ausführlich hierzu Ornstein/Yoon, 61 Consumer Fin. L. Q. Rep. 135, 141 ff. (2007). 663  Black, 8 NAELA J., 87, 105 (2012). 664  Siehe hierzu Juergens, 6 HLRe, 209, 223 ff. (2016). 661  Hierunter



C. Zusammenfassende Bewertung147

Darlehensnehmers oder dessen (berechtigten) Ehegatten geknüpft. In Ausnahme hiervon bestimmt das Gesetz enumerativ Fälle, in denen die Verpflichtungen vorzeitig – also vor dem Tod des Kreditnehmers – fällig gestellt werden können: 1) Jeglicher Eigentumsrest am Grundstück wird auf eine Drittpartei übertragen. 2) Keiner der Kreditnehmer nutzt das Grundstück mehr als Hauptwohnsitz. 3) Der letzte Kreditnehmer muss das Grundstück infolge Krankheit für mehr als zwölf zusammenhängende Monate verlassen. 4) Der Kreditnehmer kommt seiner Verpflichtung zur Zahlung von Grundstückskosten nicht nach. 5) Der Kreditnehmer verstößt gegen sonstige vertragliche Pflichten, etwa der Pflicht zur Instandhaltung. Nach Fälligstellung des Kredits muss dem Kreditnehmer eine Möglichkeit zur Heilung des zur Fälligkeit führenden Umstands eingeräumt werden. Alternativ kann der Kreditnehmer das Darlehen zurückzahlen, das Grundstück freihändig unter Anrechnung des Verkaufserlöses auf die ausstehende Rückzahlungsverpflichtung veräußern oder das Grundeigentum an den Kreditgeber übertragen. Die Auszahlungshöhe wird sowohl wirtschaftlich als auch gesetzlich begrenzt. Aus rechtlicher Sicht betrifft dies zum einen eine Begrenzung der im ersten Jahr auszahlbaren Kreditsumme sowie zum anderen eine Pflicht zur Bildung von Rücklagen. Voraussetzung letzterer ist hierbei grundsätzlich, dass der Kreditgeber im Rahmen einer Kreditwürdigkeitsprüfung festgestellt hat, dass der Kreditnehmer die laufenden Kosten des Kredits wird nicht bedienen können oder Zweifel an dessen Zuverlässigkeit bestehen. Die Bestimmungen des NHA und der konkretisierenden Verwaltungsgesetzgebung sehen weitrechende verbraucherschützende Rechtsinstitute vor. Zunächst dürfen die Kredite nicht durch jeden beliebigen Kreditgeber vergeben werden, sondern erfordern eine Zulassung desselben durch das HUD. Zu nennen ist auch die Pflicht zur Beratung durch einen unabhängigen Berater, die Informationspflichten des Kreditgebers, die bereits erwähnte Auszahlungssperre und die Pflicht zur Bildung von Rücklagen infolge der durch­ geführten Kreditwürdigkeitsprüfung. Auch enthält das Gesetz ein Verbot des cross-sellings und sichert dieses durch flankierende Verhaltenspflichten für den Kreditgeber und den Berater ab. Subsidiär werden der überlebende Ehegatte und sonstige Grundeigentümer geschützt. Hervorzuheben ist das Aufschubverfahren, welches es dem überlebenden Ehegatten ermöglicht, das Grundstück auch nach dem Tod des Kreditnehmers bewohnen zu können.

148

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

Neben dem NHA enthalten auch TILA, RESPA und der Dodd-Frank-Act verbraucherschützende Regelungen, die neben der HECM auch auf Proprietary Reverse Mortgages Anwendung finden. TILA sieht hierbei Informationspflichten, Rücktrittsrechte und Klauselverbote vor. RESPA verpflichtet den Kreditgeber zu weiteren Offenlegungen bezüglich der Kosten des Vertragsschlusses. Der Dodd-Frank-Act enthält Rechtsgrundlagen für die Kreditwerbung auf dem Reverse Mortgage-Markt.

II. Bewertung der Ergebnisse Im Folgenden soll mit Blick auf die Regulierung des Immobilienverzehrkredits im deutschen Recht die Tauglichkeit des US-amerikanischen Rechts bewertet werden, den vorstehend geschilderten Risiken mit den vorgestellten Rechtsinstituten zu begegnen. 1. Informationsdefizit des Verbrauchers a) Informationspflichten Die von NHA und TILA geforderten Informationspflichten scheinen wenig geeignet, das Informationsdefizit des Verbrauchers einzudämmen. Hierfür spricht zum einen der Umstand, dass sich die Informationspflichten unter dem NHA im Verhältnis zu denen unter TILA und auch innerhalb von TILA wiedersprechen. Uninformierte Verbraucher werden hierdurch nicht in die Lage versetzt, die Funktionsweise der Reverse Mortgage nachzuvollziehen, so dass eine realistische Risikoeinschätzung kaum möglich ist. Auch wenn der Verbraucher bereits über eine gewisse Finanzbildung verfügen sollte, wird das Wissen seinerseits durch den gesetzlichen Informationsgehalt in Frage gestellt. Denn die speziell auf Reverse Mortgages zugeschnittenen Informationen widersprechen inhaltlich denjenigen Informationen, die für allgemeine Realkredite zu geben sind. Häufig wird der Verbraucher folglich auf das Wissen vertrauen, das ihm der Kreditgeber im Wege der Informationspflichten hat zukommen lassen. Die Spezifika der Reverse Mortgage werden durch die allgemeinen Informationen folglich verschleiert und damit die ­Informationsbasis des Verbrauchers gestört. Dieser Einwand gilt umso mehr, als die Informationen durch das Gesetz vorgegeben werden und der Verbraucher somit keinen Grund hat, die Richtigkeit der Informationen anzuzweifeln. Jedoch auch unabhängig vom konkreten Inhalt ist die formale Ausgestaltung der Pflichten misslungen, da diese insgesamt zu technisch und zu detailliert geraten sind. Infolge dieses sog. „information overloads“665 werden die Informationen vom Verbraucher überhaupt nicht wahrgenommen bzw. verstanden.666



C. Zusammenfassende Bewertung149

Für das deutsche Recht kann hieraus gefolgert werden, dass Informationspflichten auf die Spezifika der Reverse Mortgage abgestimmt sein müssen und darüber hinaus keine allgemeinen Informationspflichten statuiert werden sollten, da anderenfalls die Gefahr einer Informationsüberlagerung besteht. Dem allgemeinen Problem des „information overloads“ sieht sich auch das deutsche Verbraucherkreditrecht ausgesetzt.667 Die Pflicht zur Information über die Kosten sonstiger am Vertragsschluss beteiligter Personen im Rahmen von RESPA scheinen angesichts der Spezifika des US-amerikanischen Rechts (title insurance, title search etc.) nicht auf das deutsche Recht übertragbar. Wird im deutschen Recht ein DarlehensVermittler eingeschaltet, ist indes an die Regelungen der §§ 655a ff. BGB zu denken.668 b) Beratungspflicht Als Reaktion auf das Informationsdefizit sieht das US-amerikanische Recht darüber hinaus eine verpflichtende Beratung des Verbrauchers, dessen Ehegatten und sonstiger Grundeigentümer vor. Die Beratung scheint im Grundsatz eine adäquate Lösung für das Informationsproblem zu sein, da den Beteiligten ihre Rechte und Pflichten sowie die Risiken der Transaktion in Persona erläutert werden. Allerdings weist die Beratungspflicht, insbesondere bezüglich des am Ende der Beratung durchzuführenden Tests, starke paternalistische Züge auf und erfordert darüber hinaus eine entsprechende Infrastruktur und Überwachung, deren Finanzierung einen entsprechenden rechtspolitischen Willen voraussetzen würde. Zudem ist anzumerken, dass dem deutschen (Verbraucher-)Kreditrecht eine institutionalisierte, wirtschaftliche Zwangsberatung durch eine nicht am Vertragsschluss beteiligte Drittpartei fremd ist. Eine inhaltsgleiche Umsetzung in das deutsche Zivilrechtssystem würde einen ­ Fremdkörper darstellen. Zu denken wäre allenfalls an die Erläuterungspflicht des § 491a Abs. 3 BGB bzw. die Pflicht zur notariellen Beurkundung des 665  Eingehend zum Begriff Zapf, Verbraucherschutz beim Abschluss von Hypothekarkreditverträgen, S. 209; siehe auch MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, Vor. § 491 Rn. 3. 666  Zu dieser Kritik am Regelungsregime von TILA siehe bereits die Nachweise oben Kapitel 3: B.II.3.e)aa)(1), Allgemeine und spezielle Kritik, S. 140. 667  Eingehend zum Problem des Information Overloads vor dem Hintergrund der WIKr-RiL siehe Zapf, Verbraucherschutz beim Abschluss von Hypothekarkreditverträgen, S. 209 ff.; siehe auch Schäfer, VuR 2014, 207, 215; Schürnbrand, ZBB 2014, 168, 173 f.; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, Vor. § 491 Rn. 3. 668  Zum Stand de lege lata siehe MünchKommBGB/Weber, § 655a Rn. 16.

150

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

Vertrages i. S. v. § 128 BGB als der Beratungspflicht angenäherte Rechts­ institute. c) Kreditwerbung Die durch den Dodd-Frank-Act geschaffene behördliche Möglichkeit zur Ergreifung von Einzelmaßnahmen gegen irreführende Kreditwerbung erscheint angesichts der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung nicht auf das deutsche Zivilrecht übertragbar. Darüber hinaus ist die Regelung auch wenig geeignet, um irreführende Werbung zu unterbinden. Nachdem im deutschen Recht mit § 6 PAngV eine Regelung zur Angabe der relevanten Kreditkonditionen existiert, besteht darüber hinaus auch kein Bedarf an einer Übertragung der US-amerikanischen Regelung. 2. Cross-selling Neben flankierenden Verhaltenspflichten des Kreditgebers und des Beraters sieht das US-amerikanische Recht ein Verbot des cross-sellings für Reverse Mortgage-Verträge vor. Einem solchen Verbot ist zuzustimmen, da Verbraucher angesichts des I­nformationsdefizits im Regelfall nicht beurteilen können, ob das an den Reverse Mortgage-Vertrag gekoppelte Finanzprodukt auch der eigenen Inte­ ressenlage entspricht. Dieser Umstand ist empirisch durch die Judikatur amerikanischer Gerichte und Medienberichte belegt. Hierfür mitverantwortlich ist auch die spezifische Interessenlage des Kreditnehmers. Denn die Reverse Mortgage dient der Altersabsicherung und wird an Senioren vergeben, deren Informationsdefizit durch altersspezifische kognitive Beeinträchtigungen verstärkt wird. Die Übernahme einer entsprechenden Regelung für das deutsche Recht scheint damit sinnvoll und mit Blick auf §§ 492a, 492b BGB auch ohne Weiteres möglich. 3. Verfrühte Zwangsvollstreckung Auf das Risiko der verfrühten Zwangsvollstreckung reagiert das US-amerikanische Recht durch ein System ineinandergreifender Rechtsinstitute, namentlich der Begrenzung des Auszahlungsbetrags, der Kreditwürdigkeitsprüfung, der Pflicht zur Bildung von Rücklagen sowie den Fälligkeitsregelungen.



C. Zusammenfassende Bewertung151

a) Begrenzung der Auszahlungshöhe Durch die gesetzliche Auszahlungshöchstgrenze wird sichergestellt, dass der Verbraucher nicht bereits zu Vertragsbeginn die volle Kredithöhe in Anspruch nehmen kann. Könnte er dies, was insbesondere im Fall der Einmalauszahlung virulent erscheint, hätte er bereits im ersten Jahr nach Vertragsschluss keine Mittel mehr zur Verfügung, um den laufenden Kosten nachzukommen. Das Grundstück müsste zur Rückzahlung der Kreditsumme verwertet werden. Eine Begrenzung der Auszahlungshöhe kann dem Risiko der verfrühten Zwangsvollstreckung jedoch nicht in Gänze abhelfen. Denn mit Verstreichen des zwölften Monats kann der Kreditnehmer über den restlichen Auszahlungsbetrag nach Belieben verfügen, so dass das Risiko nur zeitlich nach hinten verschoben wird. Eine entsprechende Regelung vermindert darüber hinaus die im Grundsatz sowieso geringe669 Auszahlungshöhe und ist damit abzulehnen. b) Kreditwürdigkeitsprüfung Besser geeignet erscheint die vom Kreditgeber vorzunehmende Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers, durch welche sichergestellt werden soll, dass der Verbraucher über die zur Zahlung der Grundstückkosten notwendigen Mittel verfügt. Nachdem auch ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Durchführung von Instandhaltungsarbeiten zur Fälligstellung des Kredits berechtigt, wäre zudem darüber nachzudenken, die Pflicht zur Rücklagenbildung auch auf Instandhaltungsmaßnahmen zu erstrecken. Eine Übernahme der Regelung in das deutsche Recht ist hinsichtlich der bereits existierenden Regelungen zur Kreditwürdigkeitsprüfung (§§ 505a, 505b BGB) mit entsprechenden Modifikationen möglich. Eine Pflicht zur Bildung von Rücklagen sollte unter dem Gesichtspunkt der Privatautonomie hingegen nicht statuiert werden, um der kreditgebenden Bank im Einzelfall die Einschätzung des damit verbundenen Risikos zu überlassen. Verständigen sich Kreditnehmer und Kreditgeber hingegen über den Abschluss eines Treuhandverhältnisses und der Bildung von Rücklagen ist dieser Umstand positiv im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung zu berücksichtigen. c) Kündigungsgründe Weiterhin wird der Verbraucher durch die gesetzlich festgelegten Fälligkeitsereignisse geschützt, die sicherstellen, dass der Kreditgeber den Vertrag 669  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 1: A.II., Altersabsicherung durch Immobilienverzehr, S. 38.

152

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

nicht nach Belieben fällig stellen kann und die Pflichtverletzungen eine gewisse Intensitätsschwelle überschreiten müssen. Es werden jedoch auch die Interessen des Kreditgebers berücksichtigt und den oben beschriebenen Risiken Rechnung getragen. Insbesondere zur Minimierung des moral-hazardRisikos ist es dem Kreditgeber gestattet, den Vertrag vorzeitig fällig zu stellen, wenn der Kreditnehmer gegen seine Instandhaltungspflicht verstößt oder das Grundeigentum vertragswidrig auf Dritte – deren Zuverlässigkeit der Kreditgeber nicht zu bewerten vermag – überträgt. Einer genaueren Untersuchung bedarf hingegen der Umstand, dass das Gesetz spezielle Fälligkeitstatbestände für den Fall statuiert, dass der Kreditnehmer das Grundstück nicht mehr als Hauptwohnsitz nutzt oder dieses für zwölf zusammenhängende Monate infolge Krankheit verlassen muss. Denn hieraus folgt nicht zwingend, dass der Kreditnehmer seine vertraglichen Pflichten vernachlässigt, da auch Dritte mit der Instandhaltung beauftragt werden können. Kommt es zu einem Verstoß gegen die Instandhaltungspflicht, steht es dem Kreditgeber gerade offen, den Kredit fällig zu stellen. Die Regelung lässt sich jedoch vor dem Hintergrund rechtfertigen, dass eine Überwachung des Instandhaltungsbedarfs des Grundstücks – auch durch Dritte – nicht derart effektiv ausgestaltet werden kann, wie eine Überprüfung durch den Kreditnehmer als Hausbewohner. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass eine lückenlose Überwachung des Objekts durch Dritte nicht in wirtschaftlich sinnhafter Weise sichergestellt sein kann. Vielmehr dürfte sich die Inspektion auf zeitliche Intervalle, etwa tages- oder wochenweise, beschränken. Würde es nach einer soeben erfolgten Überprüfung des Grundstücks beispielsweise zu einem Wasserrohrbruch in der Nacht kommen, so würde sich der Schaden weiter vertiefen bis dieser anlässlich der nächsten Intervallprüfung bemerkt würde. Wäre der Kreditnehmer hingegen anwesend gewesen, hätte dieser unmittelbar Sicherungsmaßnahmen ergreifen können, um die Vertiefung des Schadens zu verhindern. Weiterhin besteht zugunsten des Verbrauchers die Möglichkeit, die angemahnte Pflichtverletzung innerhalb von 30 Tagen zu beseitigen, bevor der Kreditgeber den Kredit fällig stellen darf. Angesichts des scharfen Schwerts der Zwangsvollstreckung scheint es im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angebracht, dem Verbraucher zunächst diese Heilungsmöglichkeit als milderes Mittel einzuräumen. Dies stimmt im deutschen Recht auch mit der Wertung des § 314 Abs. 2 S. 1 BGB überein. Hierdurch können Pflichtverletzungen abgeholfen werden, für welche Nachlässigkeit oder mangelndes Verständnis des Vertrages ursächlich sind. Der Genehmigungsvorbehalt des HUD trägt zwar zu einem Missbrauchsschutz bei, indem das HUD als unabhängige Drittpartei die Fälligstellung überprüft, jedoch kann eine solche Regelung aufgrund der unterschiedlichen



C. Zusammenfassende Bewertung153

Behördenstruktur in den USA und Deutschland nicht in das deutsche Recht übernommen werden. In Deutschland ist der Kreditnehmer im Fall eines rechtswidrigen Rückzahlungsverlangens vielmehr auf den Klageweg zu verweisen. Für das deutsche Recht können die vom NHA festgelegten Fälligkeitsereignisse zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der „Vertragsbestimmungen“ i. S. v. § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB herangezogen werden. Freilich muss die Wirksamkeit der Klauseln an den Rechtsinstituten des BGB messen lassen.670 Jedoch können die gesetzlichen Wertungen, die hinter der Erlaubnis der Klauseln stecken, für das deutsche Recht übernommen werden. Auch kann generell das ausdifferenzierte System von Handlungsmöglichkeiten nach Eintritt der Fälligkeit als Vorlage für das deutsche Recht dienen, wenngleich ein Genehmigungsvorbehalt (etwa durch die BaFin) aus den genannten Gründen abwegig erscheint. 4. Schutz sonstiger Parteien a) Schutz des überlebenden Ehegatten Der den Kreditnehmer überlebende Ehegatte genießt im US-amerikanischen Recht nahezu den gleichen Schutzumfang wie der Kreditnehmer selbst. Durch das Verfahren zum Aufschub des Fälligkeitszeitpunkts wird sichergestellt, dass der Ehegatte das Grundstück nicht zu Lebzeiten verlassen muss. Der Schutz des Ehegatten erfolgt jedoch nicht ohne Berücksichtigung der Interessen des Kreditgebers. So muss sichergestellt sein, dass der Ehegatte einen rechtlichen Titel innehat, der es ihm erlaubt, das Grundstück weiterhin bewohnen zu können. Auch muss der Ehegatte bereits vor dem Vertragsschluss mit dem Kreditnehmer verheiratet gewesen sein. Hiermit wird die dem Vertragsschluss zugrunde liegende Berechnung – insbesondere hinsichtlich der zu schätzenden Lebenswahrscheinlich des Kreditnehmers – nicht nach Vertragsschluss torpediert. Die Beständigkeit des Grundstückswerts wird zudem dadurch sichergestellt, dass der Ehegatte in die Pflichten des Kreditnehmers eintritt – also weiterhin zur Zahlung von Grundsteuern und zur Instandhaltung des Grundstücks verpflichtet bleibt. Sekundär dient das Erfordernis des Hauptwohnsitzes der Absicherung der Instandhaltungspflicht im oben genannten Sinn. Auch wenn somit formal der Vertragspartner ausgetauscht wird, wirkt sich dieser Tausch nicht auf den wirtschaftlichen Wert des Grundstücks aus. Die Regelung zum Fälligkeitsaufschub tariert damit in gelungener Weise das Interesse des Ehegatten an der weiteren Bewohnbarkeit 670  Siehe hierzu ausführlich unten Kapitel 4: C.IV.1., Vertraglich vereinbarte außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers, S. 298 ff.

154

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

des Grundstücks und das Interesse des Kreditgebers an der Wertbeständigkeit des Grundstücks aus. Positiv ist zudem, dass das Aufschubverfahren nicht als Pflicht, sondern als Recht ausgestaltet ist. Für das deutsche Recht kann damit zunächst die Wertung fruchtbar gemacht werden, dass eine Schutzlücke für den Ehegatten des Kreditnehmers bestanden hat, welche in einem „Trial and Error“-Verfahren schrittweise geschlossen wurde. Zur Vermeidung von Missbrauchsfällen sollte der Ehegatte damit in die Überlegungen zur Ausarbeitung eines entsprechenden Verbraucherschutzniveaus einbezogen werden. Auch sollte eine entsprechende Regelung nicht einseitig zulasten des Kreditgebers gehen. b) Schutz der Erben Die sonstigen Erben des Kreditnehmers – im Regelfall dessen Nachkommen – werden hingegen, mit Ausnahme des Ablöserechts, durch kein separates Regelungsregime geschützt. Dies scheint angesichts der freien Vererbbarkeit des Vermögens gerechtfertigt. Wie noch zu zeigen sein wird liegen die gleichen Wertungen auch dem deutschen Recht zugrunde,671 so dass sich die Rechtslage in den USA nicht substantiell von der in Deutschland unterscheidet. Aus rechtspolitischer Sicht bedarf es damit keiner Änderung des deutschen Erbrechts.672 Einzig die Übernahme der Karenzzeit des US-amerikanischen Rechts von 30 Tagen nach dem Erbfall erscheint sinnvoll, damit die Erben eine fundierte Entscheidung über das Schicksal des Vertrages treffen können. 5. Rechtsfolgen und Sanktionen Die im US-amerikanischen Recht vorgesehenen Rechtsfolgen und Sanktionen hängen maßgeblich davon ab, welches Gesetz in den Blick genommen wird. Während der NHA Rechtsbrüche hauptsächlich durch die Ablehnung des Antrags auf Versicherungsschutz sanktioniert und Schadensersatzansprüche nur bei wiederholender Aufnahme der Pflichten in den Vertrag gewährt, sieht TILA mannigfaltige Rechtsfolgen in Form von Schadensersatz, Restitution und verwaltungs- und strafrechtlichen Sanktionen vor. Die konkreten verwaltungs- und versicherungsrechtlichen Sanktionen können aufgrund der unterschiedlichen Behördenstruktur in den USA und 671  Siehe ausführlich hierzu mit Nachweisen unten Kapitel 5: A.V., Schutz der Erben, S. 374. 672  Siehe ausführlich hierzu mit Nachweisen unten Kapitel 5: A.VI.5., Schutz des Erben, S. 380.



C. Zusammenfassende Bewertung155

Deutschland indes nicht auf das deutsche Recht übertragen werden. Auch sind strafrechtliche Sanktionen bei Verstößen gegen das Zivilrecht im deutschen Recht bislang die Ausnahme geblieben.673 Folglich könnten einzig die zivilrechtlichen Rechtsfolgen (Schadensersatz, Rücktrittsrecht) einen ersten Ansatzpunkt hinsichtlich des „obs“ einer Sanktionsfolge darstellen. Insgesamt ist das US-amerikanische Rechtsfolgensystem, insofern man von einem System sprechen möchte, jedoch wenig einheitlich. Bezüglich der konkreten Art und Weise der Sanktionierung erscheint es deshalb vorzugswürdig auf die bereits bestehenden Sanktionsfolgen des deutschen Rechts zurückzugreifen. Hierdurch wird die Kohärenz des deutschen Zivilrechts gewahrt und eine einheitliche Rechtsanwendung sichergestellt.

III. Abschließende Bewertung Insgesamt enthält das US-amerikanische Recht damit gute Ansätze zur Statuierung eines angemessenen Verbraucherschutzniveaus im Bereich des Immobilienverzehrkreditvertrages. Im Detail gehen die Regelungen den eingeschlagenen Weg indes nicht konsequent zu Ende. Evident wird dies im Bereich der Informationspflichten, die ihr regulatorisches Ansinnen verfehlen und sich im Gegenteil sogar nachteilig auswirken. Ansonsten – insbesondere im Bereich der verfrühten Zwangsvollstreckung – profitiert das US-amerikanische Recht davon, dass sich die Reverse Mortgage am Markt etablieren konnte. Das richtige Maß der Regulierung konnte in einem „trial and error“-Verfahren ermittelt werden. So sind die Einführung der anfänglichen Auszahlungssperren sowie die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung und Rücklagenbildung Antworten auf die bis zu diesem Punkt ansteigenden Verzugsraten. Auch das durch HERA eingeführte Verbot des cross-sellings lässt sich vor diesem Hintergrund erklären und ist in Anbetracht des erheblichen Missbrauchspotentials dieser Geschäftspraktiken zu begrüßen. Aus dem Gesagten folgt, dass die Ansätze des US-amerikanischen Rechts als Ausgangspunkt nach der Frage des richtigen Ausmaßes einer Regulierung im deutschen Recht herangezogen werden können. Zudem kann von den Fehlern des US-amerikanischen Gesetzgebers und den zu anfangs systematisierten Risikokategorien profitiert werden. Der Ansatz des US-Rechts ist jedoch auch von starken paternalistischen Einflüssen geprägt. Eine inhaltsgleiche Umsetzung der Regelungen scheint mit Blick auf die grundrechtlich verbriefte Privatautonomie nicht wünschens673  Siehe

bspw. § 263 StGB (Betrug) oder § 266 StGB (Untreue).

156

Kap. 3: Die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts

wert und sollte in einigen Punkten den Parteien vorbehalten bleiben, bspw. hinsichtlich der Frage der Rücklagenbildung oder der Beratung. Als Ergebnis kann somit festgehalten werden, dass eine Regulierung des Immobilienverzehrkreditvertrages mit Blick auf die systematisierten Risiken angebracht erscheint, wobei das Hauptaugenmerk auf die Bekämpfung des Informationsdefizits sowie die Vermeidung einer verfrühten Zwangsvollstreckung gerichtet sein sollte. Die Interessen der Parteien sind bei der Regulierung in Ausgleich zu bringen.

Kapitel 4

Die Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im deutschen Recht Im vierten Kapitel der Arbeit sollen die rechtlichen Grundlagen des Immobilienverzehrkredits im deutschen Recht erarbeitet werden. Zunächst wird dabei die Frage der Rechtsnatur des Vertrages beantwortet, gefolgt von einer Untersuchung des neu eingeführten Tatbestandes des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB und dessen Rechtsfolgen. Abschließend werden zivilrechtliche Folgepro­ bleme in den Blick genommen, die sich im Zusammenhang mit dem Immobilienverzehrkreditvertrag stellen.

A. Rechtsnatur I. Problemaufriss Die jeweilige Ausgestaltung des Immobilienverzehrs steht und fällt mit der konkreten vertraglichen Parteivereinbarung,1 welche darüber entscheidet, ob der Immobilienverzehr als Kauf, Darlehen oder sonstiges Geschäft ausgestaltet sein soll.2 Hiervon zu trennen ist jedoch die Frage, ob sich der gewählte Vertragstyp unter Zugrundelegung der konkreten Vertragsgestaltung auch unter den im Vertrag bezeichneten Vertragstyp fassen lässt. Denn nach dem Falsa-Demonstratio-Non-Nocet-Grundsatz (§§ 133, 157 BGB) hat sich die Auslegung an dem von den Parteien Gewollten zu orientieren, wobei eine Falschbezeichnung insofern nicht schadet.3 Zweifel an der vertragstypologischen Einordnung des Immobilienverzehrkreditvertrages als Darlehensvertrag i. S. v. § 488 BGB ergeben sich insoweit, 1  Vgl. statt vieler MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 14; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 55 f. 2  Zu den Aspekten der Vertragsgestaltung Kulms, ZfIR 2002, 614, 618 ff.; Schnabl, NZM 2007, 714, 715 f. 3  Grundlegend zum Falsa-Demonstratio-Grundsatz RG, Urt. vom 20.09.1905 – V 58/05, RGZ 61, 264; im Kontext des Darlehens siehe BGH, Urt. vom 16.12.1955 – I ZR 134/54, BGHZ 19, 282, 288 = NJW 1956, 586; siehe darüber hinaus MünchKommBGB/Busche, § 133 Rn. 14; Staudinger/Singer, 2017, § 133 Rn. 13 ff.; BeckOK-­ BGB/Wendtland, 53. Ed. 01.02.2020, § 133 Rn. 27.

158 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

als die Rückzahlung nach der Parteivorstellung im wirtschaftlichen End­ ergebnis „aus der Immobilie“ geleistet werden soll. Wie sich an der Verknüpfung von Todes- und Fälligkeitszeitpunkt gem. § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB zeigt, ist die Konstruktion nicht zwangsläufig darauf ausgelegt, dass der Darlehensnehmer der Rückzahlung in Person nachkommen wird. Dies belegt auch das US-amerikanischen Recht, bei welchem der fällige Vertrag im gesetzlichen Regelfall durch die Geltendmachung des sich aus der Mortgage ergebenden Zwangsvollstreckungsrechts abgewickelt wird.4 Die Zweifel an der vertragstypologischen Einordnung werden zudem durch die Vereinbarung der Haftungsbeschränkung verstärkt, welche dafür sorgt, dass lediglich die Immobilie – unter Ausschluss jeglicher persönlichen Haftung des Darlehensnehmers – für die Rückzahlungsverpflichtung haftet.5 Durch die Bestimmung des Fälligkeitszeitpunkts und der Vereinbarung der Haftungsbeschränkung weist die Vertragskonstruktion im Ergebnis somit große Ähnlichkeit mit einem (Leibrenten-)Kaufvertrag auf.6 Untechnisch gesprochen zahlt der „Darlehensgeber“ dem „Darlehensnehmer“ eine Geldsumme, um als „Gegenleistung“ hierfür den wirtschaftlichen Wert des Grundstücks realisieren zu können. Auch nach Ansicht des deutschen Gesetzgebers ist der Immobilienverzehrkreditvertrag aus den genannten Gründen im Regelfall nicht als Darlehen anzusehen.7 Vielmehr seien die Ziele des Immobilienverzehrs „außerhalb des Darlehensrechts“8 zu erreichen und eine Verwirklichung durch das Leibrentenrecht „am naheliegendsten“9.10 Der Gesetzgeber begründet seine Einschätzung ebenfalls damit, dass für den Darlehensnehmer keine rechtliche Verpflichtung bestehe, den vom Darlehensgeber ausgezahlten Geldbetrag samt Zinsen zurückzuzahlen.11 Neben einer Abgrenzung zum Kauf- bzw. Leibrentenrecht scheint indes auch eine Abgrenzung zum Schenkungsrecht geboten. Denn die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung kann faktisch gesehen über dem Grundstückswert liegen und damit nur bis zur Höhe des realisierbaren Grundstückswerts geltend gemacht werden. Der darüber hinausgehende Teil verbleibt, obgleich ausgezahlt, im Vermögen des Darlehensnehmers. 4  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.II.2.b)cc)(1), Die Rück- und Zinszahlungsverpflichtung, S. 98. 5  Siehe hierzu ausführlich und mit Nachweisen unten Kapitel 4: C.III., Die rechtsgeschäftliche Haftungsbeschränkung, S. 284 ff. 6  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 7  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 8  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 9  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 10  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 11  BReG, Stellungnahme FinAufsRergG vom 08.03.2017, BT-Drs. 18/11420, S. 20.



A. Rechtsnatur159

Abschließend ist auch eine Abgrenzung zum Versicherungs- bzw. Rentenversicherungsvertrag geboten, wenn der Kreditgeber und der Kreditnehmer eine lebenslange Auszahlung vereinbaren.

II. Aufstellung der relevanten Abgrenzungskriterien 1. Ausgangspunkt: Die Rückzahlungsverpflichtung Den Ausgangspunkt der Betrachtung bildet § 488 BGB, der die zentralen Verpflichtungen beider Parteien des Darlehensvertrages dahingehend umschreibt, dass der Darlehensgeber durch den Darlehensvertrag verpflichtet ist, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen, während der Darlehensnehmer einen geschuldeten Zins entrichtet und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen hat. Eine über diese Beschreibung der zentralen Pflichten hinausgehende Definition des Darlehens enthält das BGB jedoch nicht: Schon in den Gesetzesmaterialien des damaligen § 607 BGB,12 in welchem der heutige Darlehensund der Sachdarlehensvertrag zusammengefasst waren,13 sowie im von Planck14 herausgegebenen, ersten BGB-Kommentar wurde auf das Fehlen einer Definition des Darlehens im BGB hingewiesen. Der Begriff des Dar­ lehens wurde vielmehr, unter Zugrundelegung der damals vorherrschenden Anschauungen der Nationalökonomie, als bekannt vorausgesetzt.15 Der Darlehensvertrag lässt sich demnach nur durch eine Auseinandersetzung mit dem vom Gesetz festgelegten Pflichtenprogramm gegen andere vertragliche Schuldverhältnisse abgrenzen.16 Als konstitutives Merkmal scheidet von vornherein die Zinszahlungspflicht aus.17 Zwar geht das Gesetz vom Regelfall des entgeltlichen Darlehens 12  Siehe zu den Motiven der ersten BGB-Kommission Mugdan, Materialien, Band 2, S. 170; sowie hierzu aus der Sekundärliteratur Heermann, Geld- und Geldgeschäfte, § 17 Rn. 4; HKK/Lammel, §§ 488–512 Rn. 5. 13  MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 1; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn.  4 ff. 14  Planck/Planck, Fünfter Titel Anm. I. 15  Planck/Planck, Fünfter Titel Anm. I.; HKK/Lammel, §§ 488–512 Rn. 5. 16  So auch das Vorgehen in der Rechtsprechung, siehe etwa BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 177 = NJW 1957, 1515; ähnlich bspw. auch MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 13. 17  GesE-SchuMoG vom 14.05.2011, BT-Drs. 14/6040, S. 252; siehe hierzu aus der Literatur MünchKommBGB/Berger, § 488 Rn. 55 und 161; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 1; Erman/Saenger, Vor. §§ 488–490 Rn. 3 und § 488 Rn. 1 und 49; HK-BGB/Wiese, § 488 Rn. 4 und 7.

160 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

aus,18 wenn es in § 488 Abs. 1 S. 2 BGB statuiert, dass der Darlehensnehmer einen geschuldeten Zins zu zahlen habe, doch lässt sich aus dem Wortlaut „geschuldeter Zins“ und der vorzeigten Erfüllbarkeit bei unverzinslichen Darlehen gem. § 488 Abs. 3 S. 3 BGB evident folgern, dass das Darlehen auch unentgeltlich ausgestaltet sein kann.19 Die Antwort auf die Frage eines geeigneten Abgrenzungskriteriums ist vielmehr in der Endgültigkeit der Vermögensverschiebung zu suchen.20 Während bei Kauf und Schenkung die ausgetauschten Leistungen dauerhaft in das Vermögen des anderen Vertragsteils übergehen, ist der Darlehensnehmer zur Rückzahlung der Darlehensvaluta, oder besser gewendet der Rückführung des Geldwertes in das Vermögen des Darlehensgebers, verpflichtet.21 Somit liegt nach allgemeiner Meinung in Rspr.22 und Literatur23 die Beson-

18  GesE-SchuMoG vom 14.05.2011, BT-Drs. 14/6040, S. 252; darüber hinaus allgemeine Meinung in der Literatur MünchKommBGB/Berger, § 488 Rn. 55; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 1 und 180; Erman/Saenger, § 488 Rn. 1; JurisPKBGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 488 Rn. 40; LBS/Steffek, Bankrechts-Kommentar, Kap. 13 § 488 Rn. 59; HK-BGB/Wiese, § 488 Rn. 4 und 7. 19  GesE-SchuMoG vom 14.05.2011, BT-Drs. 14/6040, S. 252; MünchKommBGB/ Berger, Vor. 488 Rn. 10 und § 488 Rn. 55 und 161; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 1; Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-HdB/Pamp, § 78 Rn. 6; Erman/Saenger, Vor. §§  488–490 Rn.  3 und §  488 Rn.  1 und 49; JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 488 Rn. 40; LBS/Steffek, Bankrechts-Kommentar, Kap. 13 § 488 Rn. 59; HK-BGB/Wiese, § 488 Rn. 4 und 7. 20  Siehe aus der Rspr. BGH, Urt. vom 10.01.1980 – III ZR 108/78, WM 1980, 380 = DB 1980, 1163; siehe aus der Literatur RGRK/Ballhaus, Vor. § 607 Rn. 26 f.; MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 14, 24; Esser/Weyers, Schuldrecht BT II Teilb. 1, § 13 Rn. 1; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 23, 52 und 61 f.; MünchKommBGB/Häublein, § 598 Rn. 9 f.; MünchKommBGB/Koch, § 516 Rn. 1; NKBGB/Krämer, Vor. §§ 488 ff. Rn. 9; Larenz, Schuldrecht Band II HalbB. 1, § 48 S. 212; PWW/Nobbe, § 488 Rn. 17; HK-BGB/Wiese, § 488 Rn. 5; explizit im Zusammenhang mit dem Immobilienverzehrkredit siehe grundlegend Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; siehe auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d und 181g; BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 128; MünchKommBGB/Schürnbrand/ Weber, § 491 Rn. 92. 21  RGRK/Ballhaus, Vor. § 607 Rn. 26  f.; MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 14 und 24 und § 488 Rn. 26, 46; Esser/Weyers, Schuldrecht BT II Teilb. 1, § 13 S. 129 und § 26 S. 220; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, § 81 Rn. 1085; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 23, 52, 61 f.; Herrmann, Geld- und Geldgeschäfte, § 17 Rn. 6; NK-BGB/Krämer, Vor. §§ 488 ff. Rn. 9; Larenz, Schuldrecht Band II HalbB. 1, § 48 S. 212; PWW/Nobbe, § 488 Rn. 17; HK-BGB/Wiese, § 488 Rn. 5. 22  Grundlegend in der Rspr. des RG, Urt. vom 20.12.1918 – 274/18 VII, JW 1919, 242, 243; grundlegend in der Rspr. des BGH Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57 – BGHZ 25, 174, 177 = NJW 1957, 1515; seitdem ständige Rspr.: BGH, Urt. vom 16.12.1968 – III ZR 151/66, juris Rn. 28 = WM 1969, 335 (jedoch ohne Abdruck der relevanten Stelle) = BB 1969, 384; BGH, Urt. vom 15.02.1971 – III ZR



A. Rechtsnatur161

derheit des Darlehens in der bloß temporären Verschaffung der Leistung bzw. in der Rückzahlungsverpflichtung. Doch das bloße Abstellen auf die Rückführung des Gegenstandes in das Vermögen des Darlehensgebers kann in Anbetracht des Bestehens anderer Gebrauchsüberlassungsverträge, wie etwa der Miete (§ 535 BGB) oder der Leihe (§§ 598, 604 BGB), bei welchen der Schuldner ebenso zur Rückgewähr der überlassenen Sache verpflichtet ist, nicht ausreichen.24 Der maßgebliche Unterschied zu § 535 BGB und §§ 598, 604 BGB liegt im Inhalt der Rückzahlungspflicht begründet: Im Rahmen von Miete und Leihe ist der Inhalt der Gebrauchsüberlassungspflicht auf die Einräumung des unmittel­ baren Besitzes am Vertragsgegenstand gerichtet, so dass der Besitz am konkreten Gegenstand korrespondierend im Fälligkeitszeitpunkt zurückgewährt werden muss.25 Der Darlehensnehmer hingegen ist nicht nur zum Gebrauch, sondern vielmehr auch zum Verbrauch der gewährten Geldmittel berechtigt.26 Entsprechend dieser Einsicht trifft den Darlehensnehmer keine Pflicht zur Rückgabe des konkreten, zuvor gewährten Gegenstandes,27 sondern kor-

123/67, WM 1971, 864 = MDR 1971, 203; BGH, Urt. vom 10.01.1980 – III ZR 108/78, WM 1980, 380 = DB 1980, 1163. 23  Grundlegend Mugdan, Materialien, Band 2, S. 170; RGRK/Ballhaus, Vor. § 607 Rn.  26 f.; Jauernig/Berger, Vor. § 488 Rn. 2; MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 14 und 24; Esser/Weyers, Schuldrecht BT II Teilb. 1, § 26 S. 220; Fikentscher/ Heinemann, Schuldrecht, § 81 Rn. 1085; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 23, 52, 61 und 62; Herrmann, Geld- und Geldgeschäfte, § 17 III Rn. 6; NK-BGB/Krämer, Vor. §§ 488 ff. Rn. 9; Larenz, Schuldrecht Band II HalbB. 1, § 51 S. 296; Leonhard, Besonderes Schuldrecht des BGB, § 98 S. 188; Mülbert, AcP 192 (1992), 447, 451 ff.; ders., WM 2002, 465, 466; Planck/Planck, Fünfter Titel Anm. I sowie § 607 Anm. 6; E/B/J/S/Thessinga, Bank- und Börsenrecht Rn. IV 25; HK-BGB/Wiese, § 488 Rn. 5; a. A. soweit ersichtlich wohl nur Vogler, Die Ansprüche der Bank bei Kündigung des Darlehensvertrages wegen Zahlungsverzugs, S. 152, der darauf abstellt, dass Geschäftszweck des Darlehens nicht die Gebrauchsüberlassung sein könne, da der Gebrauch im Moment der Verwendung der Valuta ende; siehe auch die Wiederlegung dieses Gedankens bei Mülbert, AcP 192 (1992), 447, 451 ff. 24  Larenz, Schuldrecht Band II HalbB. 1, § 51 S. 297, der jedoch noch auf die Eigentumsverhältnisse abstellt, siehe hierzu sogleich; vgl. zudem, jedoch in Bezug auf das Sachdarlehen, MünchKommBGB/Berger, § 607 Rn. 4; MünchKommBGB/ Häublein, § 598 Rn. 10. 25  Zum Charakter der Gebrauchsüberlassung am Beispiel des Mietvertrages vgl. statt vieler MünchKommBGB/Häublein, Vor. § 535 Rn. 9 ff., § 535 Rn. 1, § 598 Rn. 9; zur Pflicht der Rückgewähr des unmittelbaren Besitzes statt vieler MünchKommBGB/Häublein, § 535 Rn. 79 und 220, § 598 Rn. 23, § 604 Rn. 8; und MünchKommBGB/Bieber, § 546 Rn. 4. 26  Vgl. Mülbert, AcP 192 (1992), 447, 453; ders, WM 2002, 465, 466. 27  Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, § 81 Rn. 1085; NK-BGB/Krämer, Vor. §§ 488 ff. Rn. 8.

162 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

respondierend mit der Wertverschaffungspflicht28 des Darlehensgebers eine solche zur Rückführung des Wertes der Valuta in das Vermögen des Darlehensgebers.29 Auch wirtschaftlich entspricht dies dem Interesse des Darlehensnehmers, da dieser die gewährten Geldmittel anderenfalls nicht einsetzen könnte, um damit zu wirtschaften.30 2. Aufstellung praktischer Abgrenzungskriterien So leicht die theoretische Feststellung fällt, dass die Rückzahlungsverpflichtung das typusprägende Element des Darlehensvertrages ausmacht, umso schwieriger gerät die Beurteilung, ob der Parteiwille in Anbetracht der dargestellten Besonderheiten des Immobilienverzehrkreditvertrages im Einzelfall auch tatsächlich auf die Rückzahlung der Valuta gerichtet ist. Wie erwähnt ergeben sich Zweifel allen voran aus der Vereinbarung der Haftungsbeschränkung.31 Diese führt dazu, dass der Darlehensnehmer auch dann nur mit dem Sicherungsgegenstand haftet, wenn die tatsächliche Höhe der Darlehensschuld den Wert der Wohnimmobilie um ein Vielfaches übersteigen sollte.32 Die Vereinbarung einer solchen Klausel könnte demgemäß den Parteiwillen zur Rückzahlung der gesamten Darlehensschuld in Frage stellen. Nachdem sich die Literatur33 bislang kaum mit den konkreten Anforderungen an die Rückzahlungsverpflichtung beschäftigt hat, soll ein Blick in die Rechtsprechung des BGH das Erfordernis der Rückzahlungsverpflichtung in Bezug auf die aufgeworfene Fragestellung konturieren.

28  Siehe zu dieser statt vieler MünchKommBGB/Berger, § 488 Rn. 26; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 15 und 153. 29  Instruktiv hierzu Mülbert, AcP 192 (1992), 447, 451 ff., der die Gebrauchsüberlassung als Überlassung eines Wertes bzw. Wertquote versteht; sowie ders, WM 2002, 465, 468; siehe weiterhin zur Wertverschaffungspflicht MünchKommBGB/Berger, § 488 Rn. 25 f. und 46; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, § 81 Rn. 1085; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 23; Heermann, Geld und Geldgeschäfte, § 21 Rn. 5. 30  Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, §  81 Rn.  1085; Larenz, Schuldrecht Band II HalbB. 1, § 51 S. 297. 31  Diese ist – wie noch zu erörtern sein wird – zwingende Voraussetzung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB; siehe hierzu unten Kapitel 4: B.III.2.c), „Im Gegenzug nur“: Veräußerungserlös oder Recht an der Wohnimmobilie, S. 211 ff. 32  Siehe ausführlich zur Rechtsnatur, dem Umfang und den Wirkungen der Haftungsbeschränkung mit Nachweisen unten Kapitel 4: C.III., Die rechtsgeschäftliche Haftungsbeschränkung, S. 284. 33  Siehe hierzu, soweit ersichtlich, lediglich RGRK/Ballhaus, § 607 Rn. 12; Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-HdB/Pamp, § 76 Rn. 2 a.  E.; E/B/J/S/Thessinga, Bank- und Börsenrecht Rn. IV 25.



A. Rechtsnatur163

a) Rechtsbindungswille und Rückzahlung durch die Erben Im Ausgangspunkt geht auch der BGH davon aus, dass die Rückzahlungsverpflichtung für die vertragstypologische Einordnung als Darlehen maßgeblich ist.34 Eine Pflicht zur Rückzahlung solle dann begründet werden, wenn nach der Parteivorstellung das Vermögen des Empfängers nicht dauerhaft um das hingegebene Kapital vermehrt werden solle, sondern nur ein zeitweiser Gebrauch der überlassenen Mittel intendiert sei.35 Es ist demnach erforderlich, dass dem Gläubiger ein schuldrechtlicher Anspruch auf Rückforderung des Geldwertes zukomme und der Schuldner spiegelbildlich zur Rückzahlung verpflichtet werde.36 Hieraus folge, dass kein Darlehen vorliege, wenn die Parteien die Rückzahlungsverpflichtung durch die vertragliche Gestaltung praktisch ausgeschlossen hätten.37 Im zu entscheidenden Fall hatte der Kapitalgeber dem Kapitalnehmer sicherungsweise einen Erbteil übertragen.38 Der Kapitalgeber sollte hierbei die Nutzungen ziehen dürfen und zur selbstständigen Veräußerung bzw. Auseinandersetzung mit den Miterben befugt sein.39 Falls der bei der Verwertung erlöste Betrag den ausstehenden Kapitalrückzahlungsbetrag übersteigen sollte, sollten sich die Parteien den Mehrwert hälftig teilen, im entgegengesetzten Fall sollte die Differenz hälftig getragen werden.40 Das Kapital sollte bis zum Tod des Kapitalnehmers unkündbar sein und der Erbteil bei Tod desselben endgültig auf den Kapitalgeber übergehen.41 Der Kapitalgeber sollte sich in diesem Fall wahlweise entweder bzgl. des Rückzahlungsanspruchs für befriedigt erklären oder die Erben des Kapitalnehmers in gleicher Weise wie diesen am Gewinn bzw. Verlust einer Verwertung beteiligen.42 Der BGH verneinte das Vorliegen eines Darlehens und qualifizierte die vertragliche Gestaltung als Kaufvertrag i. S. v. § 433 BGB.43 Zunächst stellte er hierbei klar, dass eine Unkündbarkeit des Darlehens bis zum Tod des Dar34  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174 = NJW 1957, 1515; BGH, Urt. vom 16.12.1968 – III ZR 151/66, juris Rn. 28 = WM 1969, 335 (jedoch ohne Abdruck der relevanten Stelle) = BB 1969, 384. 35  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 177 = NJW 1957, 1515. 36  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 177 = NJW 1957, 1515. 37  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 178 = NJW 1957, 1515. 38  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 175 = NJW 1957, 1515. 39  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 175 = NJW 1957, 1515. 40  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 175 = NJW 1957, 1515. 41  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 175 f. = NJW 1957, 1515. 42  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 175 = NJW 1957, 1515. 43  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 177 und 182 = NJW 1957, 1515.

164 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

lehensnehmers der Annahme eines Darlehens nicht grundsätzlich entgegenstehe, da die Rückzahlung auch von den Erben des Darlehensnehmers geleistet werden könne.44 Im speziellen Fall hatte der BGH einen auf die Rückzahlung durch die Erben gerichteten Parteiwillen indes verneint, da die vertragliche Gestaltung eindeutig zeige, dass die Parteien nicht ernstlich davon ausgegangen seien, dass ein nennenswerter Restbetrag verleibe.45 Hierfür spräche zum einen die Vereinbarung einer Verwertungsbefugnis mit Anrechnung auf den Kapitalwert sowie die Risikobeteiligung des Kapitalgebers, welche insgesamt dazu führen würden, dass sich der durch die Verwertung bereits verminderte Kapitalbetrag nochmals um die Hälfte verringern würde.46 Auch wenn die Verwertung des Erbteils nicht zu Lebzeiten des Kapitalnehmers stattgefunden hätte, zeige die vertragliche Absprache (entweder Annahme des Erbteils an erfüllungsstatt oder vorrangige Verwertung des Erbteils unter Beteiligung der Erben), dass von der Rückzahlungsverpflichtung mit Ausnahme eines kaum nennenswerten Restbetrags kaum etwas übrig geblieben wäre.47 Weiterhin führt der BGH indiziell an, dass es naturgemäß an einer Rückzahlungsverpflichtung fehle, wenn den Erben nach dem Tod des Darlehensnehmers keine Möglichkeit verbleibe, den Sicherungsgegenstand auszulösen, was aufgrund der genannten Vertragsklauseln in concreto der Fall gewesen sei.48 Vielmehr hätte der Sicherungsgegenstand im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht bereits endgültig in das Vermögen des Kapitalgebers übergehen, sondern nur für die Dauer der offenen Rückzahlungsforderung dort verbleiben dürfen, so dass es den Erben möglich gewesen wäre, den Sicherungsgegenstand auszulösen.49 Nach Rückzahlung der Valuta hätte den Erben entweder ein schuldrechtlicher Rückübertragungs­ anspruch zustehen oder der Rechtserwerb von Beginn an unter die auflösende Bedingung der Rückzahlung gestellt werden müssen.50

44  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 178 1515; in eine ähnliche Richtung gehend BGH, Urt. vom 31.01.1995 – NJW 1995, 1212 f. = WM 1995, 743. 45  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 178 1515. 46  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 178 1515. 47  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 178 1515. 48  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 179 1515. 49  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 180 1515. 50  BGH, Urt. vom 13.07.1957 – IV ZR 93/57, BGHZ 25, 174, 180 1515.

= NJW 1957, XI ZR 56/94, = NJW 1957, = NJW 1957, = NJW 1957, = NJW 1957, = NJW 1957, = NJW 1957,



A. Rechtsnatur165

b) Unterscheidung von Bestand und Durchsetzung der Rückzahlungsforderung In zwei weiteren Urteilen51 stellte der BGH klar, dass sich eine nachträgliche Einwirkung auf den Bestand oder die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung nicht auf die vertragstypologische Einordnung des Darlehens auswirke. In concreto gilt dies für eine Ersetzungsbefugnis52 des Darlehensgebers und für einen Verzicht auf die bzw. eine Bedingung der Rückzahlung53 nach Vertragsschluss. Jedoch auch eine sich im Nachhinein ergebende Undurchführbarkeit der vertraglich vereinbarten Rückzahlungsmodalität lässt die Einordnung des Darlehensvertrages unberührt.54 In einem dritten Urteil präzisierte der BGH die Anforderungen an die Rückzahlungsverpflichtung dahingehend, dass die Einordnung als Darlehen nicht schon deshalb zweifelhaft und auch keine Schenkung anzunehmen sei, wenn die Rückzahlung eines Teils der Valuta von einem ungewissen Ereignis abhängig gemacht werde, so lange nicht bereits bei Vertragsschluss feststehe, dass das Ereignis niemals eintreten werde.55 Der BGH unterscheidet demnach den Bestand der Forderung und deren Geltendmachung.56 c) Schlussfolgerung Abstrahiert man die in der Rechtsprechung gefundenen Wertungen ergibt sich folgendes Bild: – Der übereinstimmende Parteiwille muss auf die Begründung einer Rückzahlungsverpflichtung gerichtet sein. – An einem solchen Rechtsbindungswillen fehlt es, wenn sich durch Auslegung der konkreten Parteivereinbarung ergibt, dass die Parteien nicht von einer Rückzahlung der Valuta ausgehen.

51  BGH, Urt. vom 28.11.1960 – VII ZR 211/59, WM 1961, 243 = BB 1961, 235 und 463; BGH, Urt. vom 16.12.1968 – III ZR 161/66, WM 1969, 335 = BB 1969, 384. 52  BGH, Urt. vom 28.11.1960 – VIII ZR 211/59, WM 1961, 243, 244 = BB 1961, 235 und 463; siehe hierzu auch RGRK/Ballhaus, § 607 Rn. 12; Schimansky/Bunte/ Lwowski, BankR-HdB/Pamp, § 76 Rn. 2 a. E.; E/B/J/S/Thessinga, Bank- und Börsenrecht Rn. IV 25. 53  BGH, Urt. vom 16.12.1968 – III ZR 151/66, juris Rn. 28 = WM 1969, 335 (jedoch ohne Abdruck der relevanten Stelle) = BB 1969, 384. 54  BGH, Urt. vom 16.12.1968 – III ZR 151/66, juris Rn. 28 = WM 1969, 335 (jedoch ohne Abdruck der relevanten Stelle) = BB 1969, 384; siehe hierzu auch MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 24. 55  BGH, Urt. vom 31.01.1995 – XI ZR 56/94, NJW 1995, 1212 = WM 1995, 743. 56  BGH, Urt. vom 31.01.1995 – XI ZR 56/94, NJW 1995, 1212 = WM 1995, 743.

166 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

­– Die Rückzahlung muss nicht zu Lebzeiten des Darlehensnehmers erfolgen. Vielmehr können auch dessen Erben die Rückzahlung leisten, wenn nicht bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses feststeht, dass nach dem Tod des Darlehensnehmers kein nennenswerter Restwert des Darlehens zur Rückzahlung verbleibt. – Es fehlt ferner an einem Rechtsbindungswillen zur Begründung einer Rückzahlungsverpflichtung, wenn die Parteien durch ihre Vertragsgestaltung dafür sorgen, dass der Sicherungsgegenstand bei Vertragsschluss bereits endgültig in das Vermögen des Darlehensgebers übergegangen ist – auf einen Übergang des Eigentums i. S. v. § 903 BGB kommt es hierbei nicht an. Vielmehr reicht es, dass der Sicherungsgegenstand – einem Automatismus gleich – zu irgendeinem Zeitpunkt auch formaljuristisch dem anderen Teil zugeordnet wird, ohne dass dem Darlehensgeber oder dessen Erben eine Möglichkeit verbleibt, den Sicherungsgegenstand auszulösen. – Bei der Beurteilung des Rechtsbindungswillens ist auf den Vertragsschluss abzustellen, nachträgliche Änderungen im Bestand oder der Höhe der Rückzahlungsverpflichtung können privatautonom vorgenommen werden. Auch eine tatsächliche Undurchführbarkeit der Rückzahlung ändert hieran nichts, sofern dies nicht bereits bei Vertragsschluss abzusehen war.

III. Anlegung der Abgrenzungskriterien 1. Abgrenzung vom Kaufvertrag Zu untersuchen ist damit, ob sich der Immobilienverzehrkreditvertrag nach den soeben aufgestellten Abgrenzungskriterien vertragstyplogisch dem Darlehensvertrag i. S. v. § 488 BGB zuordnen lässt. Hierfür müsste der Parteiwille bei Vertragsschluss auf die Statuierung einer Rückzahlungsverpflichtung bzw. Rückzahlungsforderung gerichtet sein, so dass das hingegebene Kapital nicht dauerhaft im Vermögen des Darlehensnehmers verbleibt. Ob dies der Fall ist, ist anhand der konkreten Vertragsgestaltung des Immobi­ lienverzehrkredits zu untersuchen.57

57  Nicht abgestellt werden kann auf die systematische Stellung in § 491 BGB oder die Bezeichnung als „Kreditvertrag“, da der Gesetzgeber gerade davon ausgeht, dass kein Darlehensvertrag vorliegt. Hieraus folgt, dass die Beantwortung der Frage der Rechtsnatur aus allgemeinen Grundsätzen abzuleiten ist; für eine Abgrenzung vom Kaufvertrag siehe ebenfalls bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880.



A. Rechtsnatur167

a) Rückzahlung durch den Darlehensnehmer Es stellt sich demnach zunächst die Frage, ob der Darlehensnehmer nach der Vorstellung der Parteien zur Rückzahlung der Valuta verpflichtet werden soll, woran unter dem Eindruck des Fälligkeitszeitpunktes und den oben dargestellten Wirkungen der Haftungsbeschränkung gezweifelt werden könnte.58 Dem Einwand, dass die Rückzahlung im Gros der Fälle nicht vom Darlehensnehmer in persona geleistet werden wird, ist jedoch zunächst zweierlei zu entgegnen. Zum einen ist die persönliche Rückzahlung durch den Darlehensnehmer zur Annahme eines entsprechenden Parteiwillens nicht erforderlich, da die Rückzahlung – wie sogleich noch näher zu beleuchten sein wird – auch durch die Erben des Darlehensnehmers erfolgen kann.59 Zum anderen sind Konstellationen denkbar, in denen auf Seiten des Darlehensnehmers ein Interesse an der lebzeitigen Rückzahlung des Darlehens besteht. Denn auch wenn die Verknüpfung von Fälligkeit und Todeszeitpunkt des Darlehensnehmers dazu führt, dass der Darlehensnehmer im Grundsatz keine Rückzahlung zu Lebzeiten leisten muss und hierdurch auch die ordentliche Kündigung des Darlehensgebers ausgeschlossen wird,60 kann die Rückzahlungsverpflichtung dennoch bereits zu Lebzeiten aufgrund einer außerordentlichen Kündigung beider Parteien oder durch ordentliche Kündigung des Darlehensnehmers fällig gestellt werden.61 aa) Ordentliche Kündigung des Darlehensnehmers, § 489 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Abs. 2 BGB Handelt es sich um ein Darlehen mit gebundenem Sollzinssatz besteht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den Darlehensnehmer nach Ablauf von zehn Jahren nach vollständigem Empfang der Valuta in jedem Fall,62 d. h. 58  Siehe hierzu oben Kapitel 4: A.I., Problemaufriss, S. 157 sowie wiederholend Kapitel 4: A.II.2., Aufstellung praktischer Abgrenzungskriterien, S. 162. 59  Siehe hierzu mit Nachweisen aus der Rechtsprechung oben Kapitel 4: A.II.2.a), Rechtsbindungswille und Rückzahlung durch die Erben, S. 163. 60  Ausführlich hierzu unten Kapitel 4: B.III.2.e)aa)(2), Kündigung infolge Verstoßes gegen vertragliche Bestimmungen, S. 227. 61  Zu den Kündigungsmöglichkeiten der Parteien siehe eingehend mit Nachweisen unten Kapitel 4: C.IV., Kündigungsmöglichkeiten, S. 297 ff. 62  Alternativ wäre an das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BGB zu denken, jedoch scheint es fraglich, ob sich ein Anbieter von Immobilienverzehrkreditverträgen in Anbetracht der Kalkulationsrisiken auf eine unechte Abschnittsfinanzierung (zum Begriff statt vieler MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492 Rn. 12; zur Geltung von § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB siehe MünchKommBGB/Berger, § 489

168 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

unter anderem unabhängig von der darüber hinausgehenden Länge der Zinsbindungsperiode,63 ein Recht zur ordentlichen Kündigung,64 welches nach § 489 Abs. 4 S. 1 BGB nicht durch Parteivereinbarung ausgeschlossen werden kann. Somit besteht für den Darlehensnehmer – unabhängig von der vertraglichen Gestaltung – ein Recht zur ordentlichen Kündigung, wenn sich die Parteien nach Ablauf der Frist nicht über den Sollzinssatz oder – vorliegend weniger relevant – über den Zeitpunkt der Rückzahlung verständigen können.65 Dass die Ausübung des ordentlichen Kündigungsrechts im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ungewiss ist, ist nach den oben dargestellten Grundsätzen irrelevant, da zumindest die entfernte, nicht auszuschließende Möglichkeit der Ausübung des Kündigungsrechts besteht. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Darlehensnehmer im Regelfall über wenig oder gar keine Liquidität verfügen wird. Zuzugeben ist zwar, dass sich der Darlehensnehmer in diesem Fall rein faktisch an der Ausübung des Kündigungsrechts gehindert sehen könnte, da er anderenfalls das Darlehen zurückzahlen müsste. Allerdings ist es nicht auszuschließen und liegt im Bereich der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der Darlehensnehmer aufgrund eines Erbfalls, einer Schenkung oder sonstiger Umstände nach Vertragsschluss über das benötigte Kapital verfügen könnte, um damit die Rückzahlung zu leisten. Vereinbaren die Parteien hingegen eine variable Verzinsung, steht es dem Darlehensgeber unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten ebenfalls offen, den Darlehensvertrag ordentlich zu kündigen, § 489 Abs. 2 BGB.66 Auch dieses Kündigungsrecht kann gem. § 489 Abs. 4 S. 1 BGB nicht durch Vertrag erschwert oder ausgeschlossen werden. Ändern sich dementsprechend die Interessen oder Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers nach Vertragsschluss, hat dieser ein Interesse daran, den Vertrag zu kündigen und das Darlehen zurückzuzahlen, um die Verwertung der Immobilie zu verhindern. Rn. 8) einlassen würde, so dass im Folgenden lediglich auf die Kündigungsrechte der § 489 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 BGB eingegangen wird. 63  MünchKommBGB/Berger, §  489 Rn.  11; Staudinger/Mülbert, 2015, §  489 Rn. 41; Erman/Saenger, § 489 Rn. 5. 64  Im Kontext der Reverse Mortgage vgl. Dietzel, Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, S. 139; zu den Voraussetzungen allgemein siehe MünchKommBGB/Berger, § 489 Rn. 11; Staudinger/Mülbert, 2015, § 489 Rn. 41; Erman/Saenger, § 489 Rn. 5. 65  Im Kontext der Reverse Mortgage vgl. Dietzel, Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, S. 139; zum Telos von § 489 BGB siehe MünchKommBGB/Berger, §  489 Rn.  2; Staudinger/Mülbert, 2015, §  489 Rn. 11; Erman/Saenger, § 489 Rn. 5. 66  Implizit im Kontext der Reverse Mortgage siehe auch Dietzel, Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, S. 139.



A. Rechtsnatur169

bb) Außerordentliche Kündigung durch beide Parteien Jedoch auch dann, wenn § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht eingreift, etwa weil die Valuta ratenweise bis zum Lebensende des Darlehensnehmers ausgezahlt wird, so dass schwerlich von einem vollständigen Empfang derselben gesprochen werden kann,67 und auch kein variabel verzinsliches Darlehen vorliegt, bleibt es den Parteien unbenommen den Vertrag außerordentlich zu kündigen. So kann der Darlehensnehmer den Darlehensvertrag, sollte er aus den oben dargestellten Gründen unerwarteterweise über Liquidität verfügen, unter den Voraussetzungen von § 490 Abs. 2 BGB außerordentlich kündigen.68 Darüber hinaus verbleibt der Weg über § 314 BGB i. V. m. § 490 Abs. 3 BGB bei sonstigen Verstößen gegen vertragliche Bestimmungen. Von praktisch weitaus größerer Relevanz dürfte, wie die Analyse des USamerikanischen Rechts gezeigt hat,69 indes der Fall sein, dass der Darlehensgeber das Darlehen unter Berufung auf eine Vertragspflichtverletzung des Darlehensnehmers (bspw. hinsichtlich der Instandhaltungspflicht) außerordentlich kündigt.70 In einem solchen Fall entspricht es dem Parteiinteresse, dass dem Darlehensnehmer ein Rückzahlungsrecht zusteht. Aus Sicht des Darlehensgebers ergibt sich das Interesse zum einen daraus, dass die Fälligstellung infolge Kündigung dessen wichtigstes Instrument zur Steuerung des Überschreitungsrisikos darstellt. Zum anderen erspart sich der Darlehensgeber bei Rückzahlung der Valuta durch den Darlehensnehmer eine kosten- und zeitintensive Zwangsverwertung. Der Darlehensnehmer wiederum hat ein Interesse an der Statuierung der Rückzahlungspflicht, um die Zwangsvollstreckung bei Vorfälligkeit durch Leistung der Rückzahlung im Rahmen seines korrespondierenden Rückzahlungsrechts abwenden zu können. Der Einwand, dass der Darlehensnehmer hierzu mangels Liquidität vermutlich nicht imstande sein wird, ist unbeachtlich, solange bei Vertragsschluss keine An67  Denn der Fristlauf nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB beginnt erst nach dem vollständigen Empfang der Valuta, im Falle von Teilauszahlungen also erst nach Erhalt der letzten Teilauszahlung; vgl. Dietzel, Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, S. 139; siehe schon zu § 609a Abs. 3 BGB v. Heymann, BB 1987, 415, 420; zu § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB siehe MünchKommBGB/Berger, § 489 Rn. 12 f.; Staudinger/Mülbert, 2015, § 489 Rn. 43. 68  Siehe eingehend zu § 490 Abs. 2 BGB Freitag, WM 2001, 2370, 2376  ff.; siehe darüber hinaus MünchKommBGB/Berger, § 490 Rn. 24 f.; Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 56 ff. 69  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.I.2., Gefahr der verfrühten Zwangsvollstreckung, S. 81. 70  Siehe hierzu ausführlich unten Kapitel 4: C.IV.1., Vertraglich vereinbarte außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers, S. 298 ff.

170 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

haltspunkte vorliegen, die auf eine faktische Unmöglichkeit der Rückzahlung schließen lassen. Nachdem derlei Umstände regelmäßig nicht vorliegen werden, kann auf die vom BGH entwickelten Rechtssprechungsgrundsätze zu Bestand und Durchsetzung der Forderung verwiesen werden.71 cc) Kein Ausschluss der Rückzahlung Weitere Voraussetzung für die Annahme eines entsprechenden Rechtsbindungswillens ist, dass dem Darlehensnehmer nach der konkreten Vertragsgestaltung auch tatsächlich die Möglichkeit zukommt, die Rückzahlung zu leisten. Ausgeschlossen ist dies dann, wenn der Sicherungsgegenstand ohne Auslösemöglichkeit des Darlehensnehmers bereits bei Vertragsschluss endgültig in das Vermögen des Darlehensgebers übergeht oder der Vollzug bei Fälligkeit nicht mehr einseitig vom Darlehensnehmer unterbunden werden kann. Im Regelfall wird der Immobilienverzehrkreditvertrag als grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen ausgestaltet sein, bei dem die Haftung i. S. d. Verwertungsrechts des Darlehensgebers auf das Grundstück beschränkt ist.72 Das Grundeigentum verbleibt somit bei Vertragsbeginn beim Darlehensnehmer. Im Gegensatz zum Fall des BGH scheitert die Vereinbarung eines automatischen Übergangs des Grundeigentums vor Fälligkeit im vorliegenden Fall bereits an der Vorschrift des § 1149 BGB.73 Hieraus folgt zwangsläufig, dass dem Darlehensnehmer – oder dessen Erben – die Entscheidungshoheit darüber zukommt, die Rückzahlung zu leisten, das Grundstück zu tilgungszwecken an erfüllungsstatt zu übereignen, wenn sich der Darlehensgeber hiermit einverstanden zeigt, oder schlicht die Zwangsvollstreckung in das Grundstück abzuwarten. Dem Darlehensgeber wird somit keine dem Eigentum angenäherte obligatorische Stellung eingeräumt und es besteht auch kein Übereignungsautomatismus i. S. d. Rechtsprechung.74 Anders gewendet ändert die Vereinbarung der Haftungsbeschränkung nichts an der vertragstypologischen Zuordnung.75 Denn in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH ist zwischen Bestand und Durchsetzung 71  Siehe hierzu oben Kapitel  4: A.II.2.b), Unterscheidung von Bestand und Durchsetzung der Rückzahlungsforderung, S. 165. 72  Siehe hierzu unten Kapitel 4: B.IV.3.a), Grundpfandrechtlich besichertes Darlehen, S. 236. 73  Hierzu auch Kulms, ZfIR 2002, 614, 620. 74  Siehe hierzu oben Kapitel 4: A.II.2.a), Rechtsbindungswille und Rückzahlung durch die Erben, S. 163. 75  So auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880.



A. Rechtsnatur171

der Forderung zu unterscheiden.76 Die Haftungsbeschränkung führt zu einer Einschränkung des Rechts des Darlehensgebers zur zwangsweisen Durchsetzung seiner Forderung77 und betrifft damit lediglich die tatsächliche Durchsetzung der Forderung. Die Höhe der für die Qualifizierung relevanten Schuld und damit deren Bestand bleiben hiervon unberührt – der Darlehensnehmer schuldet die (gesamte) Rück- und Zinszahlung.78 b) Rückzahlung durch die Erben Kommt es zu keiner lebzeitigen Rückzahlung der Darlehensvaluta durch den Darlehensnehmer, ist die (faktische) Rückzahlung des Darlehens dennoch nicht zwangsweise ausgeschlossen. Denn die Rückzahlungsverpflichtung geht im Wege der Universalsukzession nach § 1922 Abs. 1 BGB auf die Erben des Darlehensnehmers über79.80 Nach der oben81 dargestellten Judikatur des BGH kommt es für die Bewertung des parteilichen Rechtsbindungswillens in einem solchen Fall maßgeblich darauf an, dass den Erben ein nennenswerter Restwert zur Rückzahlung verbleibt und die Rückzahlung zudem nicht durch die parteiliche Vertragsgestaltung faktisch ausgeschlossen wird. Beide Auslegungskriterien sind im Folgenden näher zu untersuchen. aa) Verbleib eines nennenswerten Restwerts Bezüglich des Merkmals des „nennenswerten Restwerts“ ist darauf hinzuweisen, dass die Erben des Darlehensnehmers nur dann zur Rückzahlung berufen sind, wenn das Darlehen aufgrund des Todes des Darlehensnehmers fällig gestellt wurde. Beide Ereignisse sind demgemäß im Sinne einer kondi76  Siehe hierzu ausführlich mit Nachweisen oben Kapitel 4: A.II.2.b), Unterscheidung von Bestand und Durchsetzung der Rückzahlungsforderung, S. 165. 77  Siehe hierzu ausführlich mit Nachweisen unten Kapitel 4: C.III.1.b), Die gegenständlich beschränkte Haftung, S. 287. 78  Siehe hierzu ausführlich mit Nachweisen unten Kapitel 4: C.III.1.b), Die gegenständlich beschränkte Haftung, S. 287. 79  Die Streitfrage, ob der Vermögensbegriff in § 1922 BGB auch die Verbindlichkeiten des Erblassers erfasst, ist im Ergebnis wegen der expliziten Anordnung in § 1967 BGB nicht von Relevanz und soll daher hier nicht weiter erörtert werden, siehe hierzu Staudinger/Kunz, 2017, § 1922 Rn. 71; MünchKommBGB/Leipold, § 1922 Rn. 16. 80  Zur Rückzahlung durch die Erben des Darlehnsnehmers siehe auch Schnabl, NZM 2007, 714, 716; Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d und 181e; BeckOGKBGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 130; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 92. 81  Siehe hierzu oben Kapitel 4: A.II.2.a), Rechtsbindungswille und Rückzahlung durch die Erben, S. 163.

172 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

tionellen Verknüpfung miteinander verbunden: Wurde das Darlehen vor dem Tod des Darlehensnehmers durch Kündigung fällig gestellt, so hat dieser das Darlehen in persona zurückzuzahlen. Sind die Erben hingegen zur Rückzahlung berufen, so muss der Darlehensnehmer seinerseits zwangsläufig vorher verstorben sein, da das Darlehen ansonsten nicht zur Rückzahlung fällig gestellt worden wäre. Der Schuldumfang der Rückzahlungsverpflichtung kann sich in diesem Fall denklogisch nicht verringert haben, so dass evident von einem nennenswerten Restwert der Rückzahlungsverpflichtung auszugehen ist. Hiergegen könnte zwar angeführt werden, dass das Darlehen auch aufgrund einer Vertragspflichtverletzung bereits zu Lebzeiten des Darlehensnehmers fällig gestellt worden sein könnte und der Darlehensnehmer nach einer teilweisen Tilgung verstirbt, so dass auf Erbenseite kein im Verhältnis zum Gesamtkreditvolumen nennenswerter Restwert zur Rückzahlung verbliebe. Der Einwand ist jedoch insofern unbeachtlich, als dieser die tatsächliche Durchsetzung der Rückzahlungsverpflichtung im Sinn der oben genannten Rechtsprechung betrifft.82 Denn konnte der Darlehensnehmer bereits zu seinen Lebzeiten Tilgungsleistungen vornehmen, so muss der Parteiwille in Übereinstimmung mit den oben dargestellten Grundsätzen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits zwangsweise auf die Statuierung einer Rückzahlungsverpflichtung gerichtet gewesen sein. Das Problem der vertragstypologischen Zuordnung stellt sich gerade nicht. Der für die Begründung der Rückzahlungsverpflichtung notwendige Parteiwille ergibt sich darüber hinaus ebenfalls aus einem Vergleich mit der Interessenlage beim Kaufmodell. Denn hätten die Parteien nicht gewollt, dass eine Rückzahlung durch die Erben erfolgen kann, hätten diese auch unproblematisch eine kaufvertragliche Gestaltung (ohne Vereinbarung eines Rückkaufrechts) wählen können – der Wahl eines Kaufvertrages stehen keine zwingenden (Verbraucherschutz)Vorschriften entgegen. Die Verständigung auf ein Darlehen bei gleichzeitigem Ausschluss der Fälligkeit zu Lebzeiten des Darlehensnehmers hat folglich gerade den Sinn, den Erben die Auslösung des Sicherungsgegenstandes zu ermöglichen.83 Hieran ändert auch insgesamt die Vereinbarung einer rechtsgeschäftlichen Haftungsbeschränkung nichts. Wie noch zu zeigen sein wird,84 betrifft diese nicht den Umfang der Schuld, sondern das Verwertungsrecht des Darlehens82  Siehe hierzu oben Kapitel  4: A.II.2.b), Unterscheidung von Bestand und Durchsetzung der Rückzahlungsforderung, S. 165. 83  Ähnlich auch Kulms, ZfIR 2002, 614, 619. 84  Siehe zur Auseinandersetzung des Begriffsverständnisses in § 491 BGB unten Kapitel 4: B.III.2.c), „Im Gegenzug nur“: Veräußerungserlös oder Recht an der Wohn­ immobilie, S. 211 ff.; zu den zivilrechtlichen Implikationen der Haftungsbeschränkung siehe Kapitel 4: C.III., Die rechtsgeschäftliche Haftungsbeschränkung, S. 284 ff.



A. Rechtsnatur173

gebers. Übersteigt demnach die Rückzahlungsforderung den Grundstückswert, so führt die Haftungsbeschränkung nicht zu einer Verminderung des Schuldumfangs dergestalt, dass ein Gleichlauf zwischen Schuldhöhe und Immobilienwert erreicht wird.85 Vielmehr sind die Erben auch in diesem Fall zur Rückzahlung der Valuta in voller Höhe verpflichtet, der Darlehensgeber kann zur Realisierung der Schuld jedoch nur auf den in der Immobilie verkörperten Wert unter gleichzeitigem Ausschluss der sonstigen persönlichen Haftung der Erben zugreifen.86 Zuzugestehen ist, dass die Rückzahlung von den Erben tatsächlich nur dann geleistet werden wird, wenn der Immobilienwert im Zeitpunkt der Fälligkeit die Schuldhöhe übersteigt, da nur in diesem Fall ein wirtschaftlicher Anreiz zur Auslösung des Grundstücks besteht. Jedoch hängt dieser Umstand vom konkreten Verhältnis der Schuldhöhe und des Immobilienpreises ab, deren Entwicklung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses jedoch gerade ungewiss ist. Zwar besteht demnach zu Vertragsbeginn Unsicherheit darüber, ob die Erben der Rückzahlung rein tatsächlich nachkommen werden, allerdings führt die Haftungsbeschränkung folglich nicht zwangsweise zu einem faktischen Ausschluss der Rückzahlung im Sinne der oben genannten Rechtsprechung.87 Vielmehr lässt sich hieran der aleatorische Charakter des Geschäfts ablesen, der aus der Verknüpfung von Todeszeitpunkt und Fälligkeit in Verbindung mit der Haftungsbeschränkung resultiert.88 Eine Verwirklichung des Wagnisses kann jedoch im Nachhinein nicht zur Umqualifizierung des Vertrages führen, sondern erschöpft sich in der Verwirklichung des Spekulationscharakters.89 Im Sinne der oben genannten Rechtsprechung sind folglich Bestand und Durchsetzung der Forderung auseinander zu halten,90 so dass nach dem Gesagten der für die Begründung der Rückzahlungsverpflichtung notwendige Parteiwille bejaht werden kann. 85  Siehe hierzu ausführlich und mit Nachweisen unten Kapitel 4: C.III.1.b), Die gegenständlich beschränkte Haftung, S. 287. 86  Siehe hierzu ausführlich und mit Nachweisen unten Kapitel 4: C.III.1.b), Die gegenständlich beschränkte Haftung, S. 287. 87  Siehe hierzu oben Kapitel 4: A.II.2.a), Rechtsbindungswille und Rückzahlung durch die Erben, S. 163. 88  Siehe hierzu aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive Lang, Reverse Mortgage, S.  58 ff.; Leis, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S.  106 ff.; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 118. Siehe aus rechtswissenschaftlicher Sicht Kulms, ZfIR 2002, 614; sowie im Kontext der Leibrente Schnabl, NZM 2007, 714, 716, dessen Ausführungen jedoch genauso für das Darlehensmodell gelten. 89  Grundlegend im Kontext des Immobilienverzehrs Schnabl, NZM 2007, 714, 718; siehe darüber hinaus allgemein zu aleatorischen Rechtsgeschäften MünchKommBGB/Lange, § 2325 Rn. 47; Staudinger/Olshausen, 2015, § 2325 Rn. 6; Damrau/Tanck/Riedel, Erbrecht, § 2325 Rn. 17. 90  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 4: A.II.2.b), Unterscheidung von Bestand und Durchsetzung der Rückzahlungsforderung, S. 165.

174 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

bb) Faktische Möglichkeit zur Rückzahlung Den Erben wird durch die Vertragsgestaltung auch nicht die Rückzahlung des Darlehens i. S. d. obigen Rechtsprechung91 rein faktisch unmöglich gemacht. Denn wie noch zu zeigen sein wird,92 handelt es sich bei einem Immobilienverzehrkreditvertrag um einen grundpfandrechtlich gesicherten Darlehensvertrag, bei welchem die Haftung des Darlehensnehmers auf den Wert der Immobilie beschränkt ist. Wie bereits erörtert kommt dem Darlehensgeber folglich nicht das Recht zu, das Grundstück ohne Weiteres bei Eintritt der Fälligkeit freihändig zu verwerten. Vielmehr steht es dem Darlehensnehmer bzw. dessen Erben zunächst offen, die Rückzahlung zu leisten oder das Grundstück zu Beschaffung der benötigten Geldmittel zu veräußern.93 Der Darlehensgeber kann das Grundstück nur dann verwerten, wenn er das förmliche Zwangsvollstreckungsverfahren einleitet oder sich die Erben in Übereinstimmung mit § 1149 BGB zur Übertragung des Grundeigentums zwecks Tilgung verpflichten.94 Ein Automatismus dergestalt, dass dem Darlehensgeber bei Fälligkeit der Sicherungsgegenstand ohne Weiteres zufällt, ist demnach nicht gegeben. Vielmehr steht es gerade den Erben zu, über das Schicksal des Sicherungsgegenstandes zu befinden, worunter auch die Möglichkeit zur Rückzahlung fällt. Im Ergebnis liegen damit die dargestellten, kumulativen Voraussetzungen vor, so dass in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung von der Begründung eines auf die Rückzahlungsverpflichtung durch die Erben gerichteten Parteiwillens ausgegangen werden kann. c) Parteiinteresse und Unbilligkeiten bei Umqualifizierung Aus dem Gesagten folgt damit, dass eine Umqualifizierung der vertrag­ lichen Gestaltung in einen Kauvertrag evident dem Parteiinteresse zuwiderlaufen würde.95 Denn wie dargelegt geht es den Parteien darum, das wirtschaftliche Ergebnis des Immobilienverzehrs durch den Abschluss eines Darlehens zu erreichen. Die Wahl des Darlehensmodells ist weder als sittlich 91  Siehe zur Rspr. oben Kapitel 4: A.II.2.a), Rechtsbindungswille und Rückzahlung durch die Erben, S. 163. 92  Siehe hierzu unten Kapitel 4: B.IV.3.b), Kombination von Darlehen und betagtem Kaufvertrag, S. 238 ff. 93  Siehe hierzu ausführlich und mit Nachweisen unten Kapitel 4: C.V., Verfahren nach Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung, S. 321 ff. 94  Siehe hierzu ebenfalls ausführlich und mit Nachweisen unten Kapitel 4: C.V., Verfahren nach Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung, S. 321 ff. 95  Implizit hinsichtlich des Vererbungsaspekts MünchKommBGB/Schürnbrand/ Weber, § 491 Rn. 93.



A. Rechtsnatur175

verwerflich anzusehen, noch dient die Gestaltung dazu, zwingendes (Verbraucherschutz-)Recht zu umgehen. Nachdem es den Parteien indes auch unbenommen bliebe, das wirtschaftliche Ergebnis des Immobilienverzehrs durch Wahl eines Kaufvertrages zu realisieren, würde die Umqualifizierung des Darlehens ohne zwingende Gründe den Parteiwillen missachten. Neben dem Schutz der Privatautonomie, welchem für sich genommen bereits ein intrinsischer Argumentationswert zuzusprechen ist, würde eine ex post durchgeführte Umqualifizierung des Vertrages zudem zu Unbilligkeiten in der Vertragsabwicklung führen. Der vormalige Darlehensnehmer sähe sich in diesem Fall in die Rolle des Käufers gedrängt, so dass ihn die Haftungsfolgen der §§ 434 ff. BGB träfen, ohne dass damit zugleich die Vereinbarung eines konkludenten Haftungsausschlusses verbunden wäre. Zudem würde dem Darlehensnehmer bzw. dessen Erben die Möglichkeit genommen werden, den Sicherungsgegenstand auszulösen, da an die Stelle der Rückzahlungsverpflichtung die Pflicht zur bedingungslosen Übertragung von Eigentum und Besitz treten würde.96 Ohne Vereinbarung eines Rückkaufrechts – welches im Fall einer Umqualifizierung schwerlich antizipiert werden kann – kommt den Erben folglich kein Recht zur Auslösung des Sicherungsgegen­ standes zu.97 d) Rechtsvergleichende Erwägungen Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Reverse Mortgage des USamerikanischen Rechts ebenfalls als grundpfandrechtlich besicherter Darlehensvertrag ausgestaltet ist und das US-amerikanische Recht die Rückzahlung des Darlehens explizit regelt. Diesem Einwand kommt umso größeres Gewicht zu, als sowohl dem europäischem als auch dem deutschen Gesetzgeber bei Schaffung von Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL bzw. § 491 Abs. 3 S. 4 BGB die Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts vor Augen stand.98 2. Abgrenzung von der Schenkung Wie auch bei der Abgrenzung zum Kaufvertrag könnte die Wertentwicklung der Immobilie bzw. der Anstieg der Rückzahlungsverpflichtung bei falsch kalkulierter Lebensdauer des Darlehensnehmers (im Fall der Reverse Annuity Mortgage) dazu führen, dass weder etwaig angefallene Zinsen beKulms, ZfIR 2002, 614, 619. bereits Kulms, ZfIR 2002, 614, 619. 98  Ausführlich hierzu mit Nachweisen unten Kapitel 4: B.III.2.c)ee)(2)(a), Wirtschaftliches Begriffsverständnis, S. 220. 96  Ähnlich 97  Ähnlich

176 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

dient noch die Valuta (vollständig) zurückgezahlt werden könnten. Im Ergebnis würden die Geldmittel dauerhaft im Vermögen des Darlehensnehmers verbleiben, während die Nichtzahlung der vereinbarten Zinsen zu einer faktischen Unentgeltlichkeit des Leistungsaustauschs führen würde.99 Objektiv betrachtet würde sich die Abwicklung des Vertrages als Schenkung i. S. v. § 516 BGB darstellen.100 Hieraus folgt, dass der Immobilienverzehrkreditvertrag auch von der Schenkung abgegrenzt werden muss. Von dieser unterscheidet sich das Darlehen ebenfalls durch das Merkmal der Dauerhaftigkeit des Leistungsaus­ tauschs,101 wobei die Leistung, etwa im Gegensatz zum Kaufvertrag, unentgeltlich überlassen wird.102 Für einen entsprechenden Parteiwillen auf Begründung der Rückzahlungsverpflichtung können im Wesentlichen dieselben Argumente ins Feld geführt werden, die auch zur Abgrenzung zum Kaufvertrag bemüht wurden: Zum einen sprechen sowohl die äußere Form der Vertragsgestaltung, als auch das Parteiinteresse für einen entsprechenden Parteiwillen, zum anderen ändert auch die Vereinbarung des Überschuldungsverzichts nichts an der Qualifizierung als Darlehen.103 Auch hier ist darauf hinzuweisen, dass die rechtliche Pflicht zur Rückzahlung zum einen und die bloße tatsächliche Verwirk­lichung des Wagnischarakters zum anderen strikt auseinander zu halten sind.104 Ein bloßer wirtschaftlicher Misserfolg, der sich zudem auch bei jedem anderen Darlehensvertrag einstellt kann, ändert nichts an der rechtlichen Qualifikation der Vertragsgestaltung.105 Darüber hinaus reicht eine faktische Unentgeltlichkeit, die sich infolge des realisierten Risikos ergibt, auch nicht zur Begründung einer Schenkung 99  Schnabl,

NZM 2007, 714, 717. erstmals Schnabl, NZM 2007, 714, 718, jedoch im Kontext des Erbrechts und nicht zur Abgrenzung der Vertragstypen. 101  MünchKommBGB/Berger, Vor. §  488 Rn. 14 und 24; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 23, 52, 61 und 62; NK-BGB/Krämer, Vor. §§ 488 ff. Rn. 9; siehe ausführlich hierzu bereits oben Kapitel 4: A.II.1., Ausgangspunkt: Die Rückzahlungsverpflichtung, S. 159. 102  Staudinger/Chiusi, 2013, §  516 Rn. 36  ff.; Erman/Hähnchen, § 516 Rn. 5; MünchKommBGB/Westermann, Vor. § 433 Rn. 15. 103  Siehe hierzu ausführlich oben Kapitel 4: A.III.1., Abgrenzung vom Kaufvertrag, S.  166 ff. 104  Grundlegend in diesem Kontext Schnabl, NZM 2007, 714, 718; siehe allgemein hierzu MünchKommBGB/Lange, § 2325 Rn. 47; Staudinger/Olshausen, 2015, § 2325 Rn. 6; Damrau/Tanck/Riedel, Erbrecht, § 2325 Rn. 17. 105  Grundlegend Schnabl, NZM 2007, 714, 718; allgemein hierzu MünchKommBGB/Lange, § 2325 Rn. 47; Staudinger/Olshausen, 2015, § 2325 Rn. 6; Damrau/Tanck/Riedel, Erbrecht, § 2325 Rn. 17. 100  So



A. Rechtsnatur177

aus.106 Vielmehr müssen sich die Parteien über die Unentgeltlichkeit des Leistungsaustauschs rechtsgeschäftlich einigen.107 Zwar wird eine solche Abrede nach der Rechtsprechung des BGH vermutet, wenn objektiv zwischen Leistung und Gegenleistung eine derart grobes Missverhältnis besteht, dass nicht angenommen werden kann, dass dieses den Parteien bei Vertragsschluss verborgen geblieben wäre.108 Doch kann diese Vermutung im vorliegenden Fall als wiederlegt angesehen werden.109 Denn der Spekulationscharakter des Geschäfts führt dazu, dass sich das etwaige Missverhältnis erst während der Vertragslaufzeit entwickelt und somit gerade nicht zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses feststeht.110 Auch ist das Geschäft in seiner Grundkonzeption auf einen wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet und wird aus Sicht des Darlehensgebers nicht zu altruistischen Zwecken abgeschlossen.111 Die Annahme einer Unentgeltlichkeitsabrede würde damit den faktischen Gegebenheiten bzw. dem Parteiinteresse wiedersprechen und ist daher abzulehnen.112 Auch stellt sich diese Problem nur für den Fall, dass der Darlehensnehmer nicht bereits zu seinen Lebzeiten zur Zahlung von Zinsen verpflichtet ist. 3. Abgrenzung von der Leibrente Schließlich gilt es das Darlehensmodell von der Leibrente abzugrenzen. Eine Ähnlichkeit zwischen Darlehens- und Leibrentenvertrag kann in der Art und Weise der Auszahlung liegen. Wird nämlich im Darlehensvertrag vereinbart, dass die Darlehensvaluta abschnittsweise bis zum Tod des Darlehensnehmers ausgezahlt werden soll (Reverse Annuity Mortgage), entspricht dies wirtschaftlich der Regelung des § 759 Abs. 1 BGB, der für diesen Fall die Anordnung der Regeln über die Leibrente vorsieht.113

106  Schnabl, NZM 2007, 714, 718; siehe darüber hinaus MünchKommBGB/ Lange, § 2325 Rn. 47. 107  Staudinger/Chiusi, 2013, § 516 Rn. 49; Erman/Hähnchen, Vor. § 516 Rn. 2, § 516 Rn. 6; MünchKommBGB/Koch, § 516 Rn. 14. 108  BGH, Beschl. vom 13.10.2010 – BLw 12/09, juris Rn. 5; BGH, Urt. vom 17.04.2002 – IV ZR 259/01, NJW 2002, 2469, 2470 = WM 2002, 1940; OLG Oldenburg, Urt. vom 04.06.1996 – 5 U 27/96, NJW-RR 1997, 263, 264 = MittBayNot 1997, 183; Schnabl, NZM 2007, 714, 718. 109  So auch Schnabl, NZM 2007, 714, 718. 110  Schnabl, NZM 2007, 714, 718. 111  Schnabl, NZM 2007, 714, 718. 112  So auch Schnabl, NZM 2007, 714, 718. 113  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181g; JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 77.

178 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Jedoch ist auch hier auf die Endgültigkeit des Vermögensübergangs abzustellen.114 Zwar hängt auch im beschriebenen Fall die endgültige Höhe der Rückzahlungsverpflichtung von der Lebensdauer des Darlehensnehmers ab, doch ändert dies selbst bei Vorliegen eines Überschuldungsverzichts nichts daran, dass die Rückzahlung am Ende der Vertragslaufzeit grundsätzlich geschuldet sein soll.115 Zudem wird die Rückzahlung aufgrund der zuvor durchgeführten Kalkulation des Darlehensgebers im Regelfall durch den Darlehensnehmer bzw. dessen Erben auch aus der Wohnimmobilie geleistet werden können, so dass es bereits am typischen Leibrentenrisiko fehlt.116 Im Fall der Leibrente ist der Vermögensübergang demnach als endgültig anzusehen, so dass gerade kein Darlehen vorliegt.117 Die Leibrente als bloßer Auszahlungsmodus tritt jedoch selten isoliert auf, sondern fällt in den meisten Fällen mit der Vereinbarung eines Kaufvertrages zusammen.118 Eine explizite Abgrenzung von Darlehen und Leibrentenkauf erübrigt sich somit unter Hinweis auf die bereits oben geführte Diskus­sion.119 4. Abgrenzung vom Versicherungs- bzw. Rentenversicherungsvertrag Abschließend ist der Immobilienverzehrkreditvertrag vom Versicherungsvertrag (§ 1 VVG) in Form des Rentenversicherungsvertrages abzugrenzen.120 Vereinbaren die Parteien im Rahmen des Verzehrkredits eine lebenslange Auszahlung, bestehen zwischen beiden genannten Vertragstypen Gemeinsamkeiten hinsichtlich des Auszahlungsmodus und der Vertragsdauer.121 Der 114  Vgl. zum Rentenkauf MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 17; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 61, bei welchem es zwar um die Hingabe von Geld für die leibrentenweise Auszahlung von Geld geht, jedoch dem hier zugrunde liegenden Fall mit der Ausnahme ähnelt, dass kein Geld, sondern die Eigentumsüberschaffung an einem Grundstück als Gegenleistung der Leibrente geschuldet wird; siehe zu diesem sog. Leibrentenkauf Staudinger/Mayer, 2015, Vor. §§ 759–761 Rn. 54. 115  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; zustimmend Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181g; siehe hierzu bereits oben Kapitel 4: A.III.1., Abgrenzung vom Kaufvertrag, S.  166 ff. 116  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880 m.  w. N.; zustimmend Bülow/Artz/ Bülow, § 491 Rn. 181g. 117  Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 61; Erman/Saenger, Vor. § 488 Rn. 69. 118  Statt vieler Staudinger/Mayer, 2015, Vor. §§ 759–761 Rn. 54. 119  Siehe hierzu oben Kapitel 4: A.III.1., Abgrenzung vom Kaufvertrag, S. 166 ff. 120  Vgl. hierzu im Kontext des Bilanzierungsrechts Ganssauge/Meurer, WPg 2018, 18, 22, die zu einer entsprechenden Einordnung als Versicherungsvertrag kommen; vgl. auch Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 100.



A. Rechtsnatur179

Versicherer wird insofern durch den Rentenversicherungsvertrag verpflichtet, dem Versicherungsnehmer ab Erreichen der Aufschub-Phase, die indes auch mit dem Vertragsabschluss zusammenfallen kann, gegen Zahlung von Ver­ sicherungsprämien eine lebenslange Leibrente zu gewähren.122 Auch im Fall der lebenslangen Auszahlung im Rahmen des Immobilienverzehrkredits wird der Kreditgeber dazu verpflichtet, dem Kreditnehmer regelmäßige Auszahlungen bis zu dessen Lebensende zu gewähren, wobei anstelle von Prämien Zinsen zu leisten sind.123 Die zur Typologie des § 1 VVG notwendige Ungewissheit über den Eintritt des Versicherungsfalls besteht daher bei beiden Verträgen nicht im „ob“ des Versicherungsfalls“, sondern im „wann“, namentlich dem Tod des Versicherungs- bzw. Kreditnehmers.124 Anders als der Versicherungs- bzw. Rentenversicherungsvertrag, verpflichtet der Immobilienverzehrkredit jedoch selbst bei Vereinbarung einer lebenslangen Auszahlung nicht dazu, das versicherte Risiko125 rechtlich tragen zu müssen.126 Wenngleich der Kreditgeber das Langlebigkeitsrisiko implizit bzw. wirtschaftlich zu tragen hat,127 so ist er rechtlich nicht zur Absicherung des Kreditnehmers sondern zur bloßen Kreditauszahlung verpflichtet.128 Der Unterschied besteht darin, dass sich im Fall des Rentenversicherungsvertrages das Äquivalenzverhältnis – je nach Eintritt des Langlebigkeitsrisikos – entweder zugunsten oder zulasten des Versicherers verschiebt.129 Hingegen 121  Vgl. Ganssauge/Meurer, WPg 2018, 18, 22, die jedoch bloß von einer Versicherungskomponente ohne nähere Einordnung sprechen; vgl. auch Reifner/ClercRenaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 100. 122  Statt vieler MünchKommVVG/Heiss/Mönnich, Vor. §§ 150–171 Rn. 21; vgl. auch Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 100. 123  Siehe zur Gestaltung bereits oben Kapitel 2: A.II.1., Das Darlehensmodell, S. 51  ff.; vgl. auch Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 100. 124  Allgemein zur Ungewissheit über den Erfolgseintritt statt vieler MünchKommVVG/Looschelders, § 1 Rn. 30. 125  Statt vieler MünchKommVVG/Looschelders, § 1 Rn. 9 ff. 126  Zum ähnlich gelagerten Fall der Leibrente Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880. 127  Siehe hierzu oben Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kern­ risiko, S. 60 ff; sowie unten Kapitel 4: C.I.2., Langlebigkeitsrisiko, S. 256; vgl. auch Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 100. 128  Ähnlich bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; vgl. auch Bülow/Artz/ Bülow, § 491 Rn. 181g. 129  Vgl. allgemein hierzu MünchKommVVG/Heiss/Mönnich, Vor. §§ 150–171 Rn. 21; ähnlich bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; vgl. auch Bülow/ Artz/Bülow, § 491 Rn. 181g.

180 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

bleibt der Kreditnehmer im Rahmen des Verzehrkredits unabhängig von der Realisierung des Langlebigkeitsrisikos zur Rückzahlung der ausgezahlten Valuta verpflichtet, was selbst dann gilt, wenn das haftende Vermögen des Kreditnehmers nicht zur Begleichung der Verpflichtungen ausreicht.130 Gegen die Einordnung als Versicherungsvertrag spricht zudem indiziell, dass Immobilienverzehrkredite im Regelfall derart kalkuliert werden, dass bereits der jeweilige Einzelvertrag durch den Wert der Wohnimmobilie abgedeckt wird.131 Im Rahmen der typologischen Betrachtung spricht demnach gegen eine entsprechende Qualifikation, dass der Vertrag nicht nach dem Gesetz der großen Zahl bemessen wird.132 Demnach ist der Immobilienverzehrkreditvertrag auch nicht als Versicherungs- bzw. Rentenversicherungsvertrag einzuordnen.133 Aufgrund der genannten strukturellen Unterschiede scheidet auch eine analoge Anwendung der Regelungen des VVG aus. 5. Ergebnis Aus dem Gesagten folgt damit, dass die wirtschaftliche Konzeption des Darlehensmodells auch im deutschen Recht durch ein Darlehen im Rechtssinn (§ 488 BGB) verwirklicht werden kann, wenn der Parteiwille hierauf gerichtet ist.134 Folglich wurde die These des Gesetzgebers, dass der Immo130  Ähnlich bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; vgl. auch Bülow/ Artz/Bülow, § 491 Rn. 181g. 131  Ähnlich bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; vgl. auch Bülow/ Artz/Bülow, § 491 Rn. 181g. 132  Allgemein zum Kriterium der Großen Zahl im Rahmen von § 1 VVG MünchKommVVG/Looschelders, § 1 Rn. 56; zum Immobilienverzehrkredit ähnlich Freitag/ Allstadt, WM 2017, 1877, 1880. 133  Andere Ansicht, zumindest im Kontext des Bilanzrechts, Ganssauge/Meurer, WPg 2018, 18, 22; ebenfalls Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 100, jedoch vor Inkrafteten von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB. 134  Siehe hierzu bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879; siehe auch Bülow/ Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d und 181g; BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 128, 133; PWW/Nobbe, § 491 Rn. 39; Omlor, JuS 2017, 397, 398; ders., NJW 2017, 1633, 1635; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 92; siehe d ­ arüber hinaus Krauß, notar 2017, 312, 320 und ders., ErbR 2017, 530, 533 f., der jedoch seine Ansicht nicht weiter begründet; wohl auch BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 491 Rn. 89; wohl auch Schäfer, VuR 2014, 207, 215; zurückhaltender HK-BGB/ Wiese, § 491 Rn. 7; a. A. hingegen Tamm/Tonner/Brönneke/Rott, § 16 Rn. 48, der von einem Eigentumserwerb des Darlehensgebers spricht und dabei wohl von einer Eigentumsübertragungspflicht des Verbrauchers auszugehen scheint, da er den Verzehrkredit bereits vor dem ausdrücklichen Ausschluss in § 491 Abs. 3 S. 4 BGB vom Begriff des Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag nicht erfasst wissen will; unklar Maier, VuR



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB181

bilienverzehr nicht als Darlehen ausgestaltet sein kann,135 widerlegt. Denn konstitutiv für das Darlehen ist die Vereinbarung der Rückzahlungsverpflichtung, durch welche die für das Darlehen typusprägende temporäre Verschaffung von Kaufkraft auf Zeit zum Ausdruck kommt. Die Konstruktion des Darlehensmodells dahingehend, dass die Immobilie im wirtschaftlichen Endergebnis für die Rückzahlungsverpflichtung haften soll, lässt aus dem Darlehen keinen Kaufvertrag werden. Zumindest für die Erben besteht die Möglichkeit, die Rückzahlung zu leisten und somit die Verwertung aufzuhalten. Auch die Vereinbarung eines Überschuldungsverzichts ändert aufgrund des Wagnischarakters und der rechtstechnischen Umsetzung desselben nichts am hierzu notwendigen Rechtsbindungswillen, da im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht feststehen kann, wie sich Zinsen, Immobilienwert und Forderungshöhe entwickeln werden.

B. Der Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB Vom wirtschaftswissenschaftlichen Begriff des Immobilienverzehrs, also der Liquidierung des im Grundstück gebundenen Eigenkapitals unter Beibehaltung des Wohnrechts,136 und der rechtstechnischen Umsetzung durch Darlehens- bzw. Verkaufsmodell ist der juristische Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages zu unterscheiden. Dieser stellt im deutschen Recht den ersten Ansatzpunkt zur Regelung des Immobilienverzehrs dar und soll deshalb im Folgenden näher betrachtet werden. Nach einem kurzen Abriss über die Normgenese wird der Immobilienverzehrkreditvertrag zum einen hinsichtlich seines Tatbestandes und zum anderen hinsichtlich seiner Rechtsfolgen untersucht, um sodann in seiner Konzeption kritisch gewürdigt zu werden. 2017, 142, 148, der davon spricht, dass die Neuregelung des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB zu bloßen Klarstellungen geführt habe; ebenfalls unklar Schulze/Grziwotz/Lauda/Steinbach-Martens/Prasse, § 491 Rn. 2, die davon sprechen, dass der Immobilienverzehrkredit idR. durch Verkauf der Wohnimmobilie gegen Gewährung einer Leibrente zu verwirklichen sei; ebenfalls unklar Josten, Kreditvertragsrecht, S. 102 Rn. 285, der davon spricht, dass das Leibrentenrecht zur Umsetzung des Immobilienverzehrs sachgerechter sei; ohne abschließende Einordnung JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 59 und 72 ff.; allgemein vor Verabschiedung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB siehe Dietzel, Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, S. 137; Schnabl, NZM 2007, 714, 716; vgl. auch Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 11; Richter, HanseLR 2010, 39, 45. 135  BReG, Stellungnahme FinAufsRergG vom 08.03.2017, BT-Drs. 18/11420, S. 20. 136  Siehe zur Definition bereits mit Nachweisen oben Kapitel 2: A.I., Die wirtschaftliche Struktur des Immobilienverzehrs, S. 50 ff.

182 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

I. Normgenese 1. Der Immobilienverzehrkreditvertrag nach der WIKr-RiL Der Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages wurzelt nicht im deutschen Recht, sondern findet erstmalig in der 2014 erlassenen Wohnimmobilienkreditrichtlinie auf europäischer Ebene Erwähnung.137 Materiell-rechtlich definiert diese den Immobilienverzehrkreditvertrag lediglich, um den Vertrag sodann in Art. 3 Abs. 2 lit. a) von ihrem Anwendungsbereich auszunehmen. Nach der Richtlinien-Definition handelt es sich demnach bei Immobilienverzehrkreditverträgen um Verträge, bei denen der Kreditgeber nach lit. i) pauschale oder regelmäßige Zahlungen leistet oder andere Formen der Kredittilgung vornimmt und damit im Gegenzug einen Betrag aus dem künftigen Erlös des Verkaufs einer Wohnimmobilie erhält oder ein Recht an einer Wohnimmobilie erwirbt und nach lit. ii) erst dann eine Rückzahlung fordert, wenn im Leben des Verbrauchers ein oder mehrere von den Mitgliedsstaaten festgelegte Ereignisse eintreten, außer der Verbraucher verstößt gegen die Vertragsbestimmungen, was dem Kreditgeber erlaubt, den Kreditvertrag zu kündigen.

In Erwägungsgrund (16) der Richtlinie begründet der europäische Gesetzgeber seine Entscheidung zum Ausschluss des Vertrages damit, dass Immobilienverzehrprodukte spezifische Besonderheiten aufwiesen, die außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie lägen. So sei regulatorisches Hauptaugenmerk der Richtlinie u. a. die Statuierung einer bindenden Kreditwürdigkeitsprüfung138 sowie die Verpflichtung der Kreditinstitute zur vorvertrag­ lichen Information139 des Verbrauchers, um damit einen einheitlichen Schutzstandard auf dem europäischen Hypotheken-Kreditmarkt zu schaffen. Auf Immobilienverzehrprodukte seien diese Rechtsinstitute nicht anwendbar.140 So erfolge die Zahlung nicht vom Verbraucher an den Kreditgeber, sondern umgekehrt, so dass sich eine Prüfung der Kreditwürdigkeit erübrige.141 Im Vergleich zum herkömmlichen grundpfandrechtlich besicherten Kredit erfordere die vorvertragliche Information des Verbrauchers zudem grundlegend unterschiedliche Informationen, die gerade nicht durch die Richtlinie vorge137  Eingehend zur Normgenese siehe bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1878 f.; siehe ebenfalls zusammenfassend Bülow/Artz/Bülow, Einf. Rn. 13g; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 90; sowie MünchKommBGB/Ernst, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 72. 138  Siehe hierzu Erwägungsgrunde (1), (55) ff. und Art. 1, 18 ff. WIKr-RiL. 139  Siehe hierzu Erwägungsgrunde (40) ff., und Art. 10 ff. WIKr-RiL. 140  Erwägungsgrund (16) WIKr-RiL. 141  Erwägungsgrund (16) WIKr-RiL.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB183

sehen seien.142 Weiterhin gingen andere Produkte im Bereich der Immobi­ lienverrentung, wie bspw. die Home Reversion, die ähnlichen ökonomischen Zielen wie Umkehrhypotheken oder Leibrenten143 dienen würden, nicht mit der Erteilung eines Kredits einher und könnten deshalb a priori nicht dem Anwendungsbereich der Richtlinie unterfallen.144 2. Der Immobilienverzehrkreditvertrag nach BGB Die Vorgaben der Wohnimmobilienkreditrichtlinie waren dabei gem. ihres Art. 42 Abs. 1 bis zum 21. März 2016 durch die Mitgliedsstaaten in nationales Recht umzusetzen, wobei die Umsetzung in Deutschland in zwei Runden erfolgte. Das kurz vor Ablauf der Umsetzungsfrist erlassene Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften145 (WIKr-RiL-UmsG) vom 16. März 2016 brachte neben der Umsetzung der Richtlinienvorgaben eine grundlegende Neustrukturierung des deutschen Verbraucherdarlehensrechts mit sich.146 So wurde der einheitliche Begriff des Verbraucher-Darlehensvertrages in die Subtypen des Allgemein-Verbraucher- und des Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrages aufgespalten, für welche seit diesem Zeitpunkt unterschiedliche Regelungen gelten.147 Neuerungen brachte das Gesetz zudem u. a. durch die Umsetzung der Vorgaben zur Kreditwürdigkeitsprüfung,148 der aufsichtsrechtlichen Absicherung derselben in § 18a KWG149 sowie der Pflicht zur vorvertraglichen Information des Verbrauchers.150

142  Erwägungsgrund

(16) WIKr-RiL. ist an dieser Stelle der Begründung eigentlich die englische Lifetime Mortgage, die, wie bereits gezeigt, dem Darlehensmodell folgt und damit gerade keine Leibrente darstellt. Dies ergibt sich im Vergleich mit der englischen Sprachfassung, wo es explizit heißt „[…] which have comparable functions to reverse mort­ gages or lifetime mortgages […]“. Die deutsche Sprachfassung krankt damit an einem Übersetzungsfehler; siehe hierzu bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1878. 144  Erwägungsgrund (16) WIKr-RiL. 145  Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften (WIKr-RiL-UmsG) vom 11.03.2016, BGBl. I S. 396 ff. 146  Eingehend hierzu Omlor, ZIP 2017, 112. 147  WIKr-RiL-UmsG vom 11.03.2016, BGBl.  I S. 397  ff.; hierzu Omlor, ZIP 2017, 112, 113; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 1. 148  WIKr-RiL-UmsG vom 11.03.2016, BGBl. I S. 401. 149  WIKr-RiL-UmsG vom 11.03.2016, BGBl. I S. 416. 150  WIKr-RiL-UmsG vom 11.03.2016, BGBl. I S. 404. 143  Gemeint

184 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Der Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages fand sich bemerkenswerterweise jedoch weder in § 491 BGB noch in § 18a KWG wieder.151 Denn nachdem Immobilienverzehrkreditverträge nicht vom Anwendungsbereich der Wohnimmobilienkreditrichtlinie erfasst sind, sah sich der Gesetzgeber bei Umsetzung der Richtlinienvorgaben nicht dazu veranlasst, eine gesonderte, von den §§ 491 ff. BGB abweichende Regelung für Immobilienverzehrkreditverträge zu schaffen.152 Nach Ansicht des Gesetzgebers bestehe in Deutschland kein rechtstatsächliches Bedürfnis zur Regelung des Vertragstyps, da dieser hier wenig verbreitet sei.153 Auch sei kein besonderes Schutzbedürfnis des Verbrauchers anzuerkennen, da vorvertragliche Informationen individuell gegeben werden könnten und auch eine Kreditwürdigkeitsprüfung entbehrlich sei.154 Der Zweck des Immobilienverzehrs liege in der Konsumerleichterung und gerade nicht im Erwerb einer Wohnimmobilie.155 Paradoxerweise erreichte der Gesetzgeber durch seinen Entschluss, die Bereichsausnahme des Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL nicht in deutsches Recht zu übernehmen, genau das Gegenteil.156 Denn der Ausschlusstatbestand hätte gerade dafür gesorgt, dass die genannten Regelungen nicht auf Immobilienverzehrkreditverträge Anwendung gefunden hätten.157 Die Bundesregierung ging jedoch davon aus, dass Immobilienverzehrprodukte, die unter den Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages fallen, mangels Rückzahlungsverpflichtung schon gar kein Darlehen darstellen würden und deshalb gesetzessystematisch überhaupt nicht dem Anwendungsbereich der §§ 491 ff. BGB unterstehen könnten.158 Erst nach Inkrafttreten des Gesetzes und der damit einhergehenden Kritik159 an der Umsetzung wurde die Kodifizierung des Tatbestandes erstmalig auf deutscher Ebene im Gesetzesentwurf der Länder Baden-Württemberg, 151  Vgl. Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11.03.16, BGBl. I S. 397 ff., 416 f. 152  RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 78. 153  RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 78. 154  RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 78. 155  RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 78. 156  So auch schon Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1878; ähnlich BeckOGKBGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 134. 157  So auch bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1878; ähnlich BeckOGKBGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 133 und 133.1; a. A. Tamm/Tonner/Brönneke/ Rott, § 16 Rn. 48. 158  BReg, Unterrichtung vom 08.03.2017, BT-Drs. 18/11420, S. 20; so bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1878. 159  Siehe oben die Nachweise in Fn. 70 und 71.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB185

Hessen und Bayern160 von Oktober 2016 in Angriff genommen, der zugleich die zweite Umsetzungsrunde einläutete.161 Der Länderentwurf sah vor, die Definition aus Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL zu übernehmen und lediglich die in lit. i) fälschlicherweise erwähnte „Kredittilgung“ durch „Darlehens­ gewährung“ zu ersetzen sowie den den Nationalstaaten eröffneten Handlungsspielraum in lit. ii) durch die Einführung des Begriffs der „vertraglich festgesetzten Ereignisse“ auszufüllen.162 Rechtstechnisch sollte der Immobilienverzehrkreditvertrag zwar vom Begriff des Immobiliar-Verbraucherdar­ lehensvertrages ausgenommen werden, jedoch weiterhin als Allgemein-­ Verbraucherdarlehensvertrag gelten, so dass die Regelungen der §§ 491 ff. BGB zumindest partiell zur Anwendung gelangt wären.163 Die Landes-­ Gesetzesinitiative ging im Unterschied zur Bundesregierung folglich davon aus, dass der Immobilienverzehrkreditvertrag, die entsprechende vertragliche Ausgestaltung unterstellt, auch als Darlehen verwirklicht werden könnte.164 Darauf folgend legte die Bundesregierung im Januar 2017 einen eigenen Entwurf vor, der neben der Aufstockung der aufsichtsrechtlichen Befugnisse der BaFin ebenfalls eine Änderung des Umsetzungsgesetzes von 2016 zum Gegenstand hatte.165 Wie auch der Länderentwurf übernahm der Regierungsentwurf die Definition aus Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL, ersetzte jedoch das Merkmal der „Kredittilgung“ durch das der „Kreditgewährung“ und füllte den durch den europäischen Gesetzgeber zugestandenen Handlungsspielraum in lit. ii) dadurch aus, dass die Rückzahlung erst nach dem Tod des Verbrauchers gefordert werden kann.166 Der vorgesehene Ausschlusstatbestand für Immobilienverzehrkreditverträge wurde dabei für Immobiliar-Ver160  LänderE-Gesetz zur weiteren Umsetzung der WIKr-RiL vom 06.10.2016, BRDrs. 578/16. 161  Siehe zusammenfassend zur Änderung des UmsG zur WIKr-RiL Fischer, ZAP Fach 8, 585; Josten, Kreditvertragsrecht, S. 100 ff. Rn. 279 ff. (jedoch mit Schwerpunkt auf die Kreditwürdigkeitsprüfung, zum Verzehrkredit siehe Rn. 285); sowie Schwintowski/Samhat, BankR, Kap. 15 Rn. 87. 162  LänderE-Gesetz zur weiteren Umsetzung der WIKr-RiL vom 06.10.2016, BRDrs. 578/16. 163  LänderE-Gesetz zur weiteren Umsetzung der WIKr-RiL vom 06.10.2016, BRDrs. 578/16, S. 2; siehe hierzu auch BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/16, S. 22; hierzu bereits Omlor, ZIP 2017, 112, 118; ders., NJW 2017, 1633, 1634. 164  BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/16, S. 22. 165  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935; siehe zu den hier relevanten Änderungen bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877; ausführlich zur Umsetzung allgemein Omlor, NJW 2017, 1633; siehe auch Schwintowski/Samhat, BankR Kap. 15 Rn. 88 ff. 166  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 16.

186 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

braucherdarlehensverträge in § 491 Abs. 3 S. 4 BGB und für AllgemeinVerbraucherdarlehensverträge in § 491 Abs. 2 S. 2 Nr. 6 BGB niedergeschrie­ ben,167 so dass der Immobilienverzehrkreditvertrag im Ergebnis in Gänze dem Anwendungsbereich des Verbraucherdarlehensrechts entzogen werden sollte.168 Wie bereits angedeutet begründete der Gesetzgeber seine Entscheidung damit, dass Immobilienverzehrkreditverträge qua Definition nicht als Darlehen einzuordnen seien, da eine Rückzahlung der überlassenen Mittel von den Parteien gerade nicht intendiert sei.169 Entgegen der Auffassung des Bundesrates, dass der Immobilienverzehr­ kreditvertrag als „Darlehensvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher“ anzusehen sei170 und erheblichen Bedenken bzgl. der Absenkung des Verbraucherschutzniveaus,171 konnte sich im Gesetzgebungsverfahren letztlich der Regierungsentwurf durchsetzen, so dass das Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz (FinAufsRErgG) genannte Änderungsgesetz gem. dessen Art. 8 am 10.06.2017 in Kraft treten konnte.172 Demnach sind gem. § 491 Abs. 3 S. 4 BGB keine Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge nunmehr Immobilienverzehrkreditverträge, bei denen der Kreditgeber 1. pauschale oder regelmäßige Zahlungen leistet oder andere Formen der Kreditauszahlung vornimmt und im Gegenzug nur einen Betrag aus dem künftigen Erlös des Verkaufs einer Wohnimmobilie erhält oder ein Recht an einer Wohnimmobilie erwirbt und 2. erst nach dem Tod des Verbrauchers eine Rückzahlung fordert, außer der Verbraucher verstößt gegen die Vertragsbestimmungen, was dem Kreditgeber erlaubt, den Vertrag zu kündigen.173 167  Art. 6

Nr. 1 FinAufsRErgG. NJW 2017, 1633, 1635; ders., JuS 2017, 397, 398; JurisPK-BGB/ Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 59 und 72; siehe ausführlich hierzu m. w. N. unten Kapitel 4: B.IV.1., Ausschluss der §§ 491 ff. BGB und §§ 655a ff. BGB, S. 231. 169  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39; sowie die BReG, Stellungnahme FinAufsRergG vom 08.03.2017, BT-Drs. 18/11420, S. 20. 170  BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/16, S. 22. 171  BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/16, S. 22. 172  Gesetz zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsaufsichtsrechts im Bereich der Maßnahmen bei Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems und zur Änderung der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz) vom 06.06.17, BGBl. I S. 1495; siehe zum Überblick BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 43; ausführlich zu den Änderungen siehe Omlor, NJW 2017, 1633, 1635 ff. 173  Art. 6 Nr. 1 lit. b) FinAufsRErgG bzw. § 491 Abs. 3 S. 4 BGB. 168  Omlor,



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB187

Die Ähnlichkeit der bürgerlich-rechtlichen und der europäischen Definition des Immobilienverzehrkredits ist evident, jedoch divergieren beide Begriffe in Nuancen. Zum einen wurde der Übersetzungsfehler der deutschen Sprachfassung der Richtlinie, welche das englische „credit disbursement“ mit Kredittilgung übersetzte, durch den Begriff der Kreditauszahlung ersetzt.174 Zum anderen wurde der mitgliedsstaatliche Handlungsspielraum bzgl. des Rückzahlungszeitraums dahingehend ausgeschöpft, dass die Rückzahlungsverpflichtung grundsätzlich erst im Todeszeitpunkt des Verbrauchers fällig gestellt wird.175 Weiterhin wurde die Definition des Immobilienverzehrs dahingehend geändert, dass der Kreditnehmer „im Gegenzug nur“176 einen Betrag aus dem künftigen Verkaufserlös oder ein Recht an der Wohn­ immobilie erhalten solle.177 Der Gesetzgeber sah sich zu dieser Änderung veranlasst, da der europäische Richtliniengesetzgeber seinerseits von einer nur auf die Wohnimmobilie beschränkten Haftung ausgegangen sei und deshalb der Wortlaut einer Klarstellung dahingehend bedurft habe, dass der Kreditgeber sich „wegen seiner Forderung nur in der Weise befriedigen kann, dass er einen Betrag aus dem künftigen Erlös des Verkaufs einer Wohnimmobilie erhält oder ein Recht an einer Wohnimmobilie erwirbt, das er verwerten kann“178. 3. Europarechtliche Färbung des Tatbestandes Wie gesehen entspricht die Regelung des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB, bis auf marginale Änderungen, der Regelung des Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL.179 Nach diesem findet die Wohnimmobilienkreditrichtlinie zwar auf Immobi­ lienverzehrkredite keine Anwendung, so dass der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung bzgl. des deutschen Ausschlusstatbestands gerade 174  Art. 6 Nr. 1 lit. b) FinAufsRErgG; RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BTDrs. 18/10935, S. 40; siehe hierzu bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879; BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, §  491 Rn.  128; JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 73. 175  Art. 6 Nr. 1 lit. b) FinAufsRErgG; RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BTDrs. 18/10935, S. 39; siehe hierzu BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 131; unklar JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 75, der wohl fälschlicherweise davon ausgeht, dass der Wortlaut des deutschen Ausschlusstatbestandes mit dem Richtlinienwortlaut übereinstimme. 176  Gem. Art. 3 Abs. 2 lit. a) heißt es in der Wohnimmobilienkreditrichtlinie „und damit im Gegenzug“. 177  Art.  6 Nr.  1 lit.  b) FinAufsRErgG; hierzu JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 74; implizit BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 129. 178  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 179  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 4: B.I., Normgenese, S. 182.

188 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

nicht gilt.180 Jedoch zeigt die nahezu wortgleiche Übernahme des Tatbestandes sowie der Rückbezug zur Wohnimmobilienkreditrichtlinie in der Gesetzesbegründung des FinAufsRErgG,181 dass der deutsche Gesetzgeber dem Tatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB ein europarechtliches Begriffsverständnis182 zugrunde gelegt hat. Es bietet sich zum besseren Verständnis des deutschen Tatbestandes daher an, den europarechtlichen Hintergrund der Regelung zu beleuchten. Aus systematischer Sicht lässt sich diesbezüglich aus den Regelungen der Wohnimmobilienkreditrichtlinie selbst, mit Ausnahme des Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL, nichts für den Immobilienverzehr ableiten. Einziger Anhaltspunkt ist neben dem bereits erwähnten Erwägungsgrund (16) der Richtlinie indes Erwägungsgrund (1), in welchem der europäische Gesetzgeber auf das Weiss­buch über die Integration der EU-Hypothekarkreditmäkrte vom 18.12.2008183 Bezug nimmt. Dort wiederum wird konstatiert, dass ein etwaiger Handlungsbedarf bzgl. des Immobilienverzehrs auf Gemeinschaftsebene noch zu evaluieren und das Erscheinen einer hierzu in Auftrag gegebenen Studie abzuwarten sei.184 Hiermit wird das oben185 beschriebene Werk von Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch referenziert.186 Aus dem Erwägungsgrund kann somit abgeleitet werden, dass dem europäischen Gesetzgeber bei Schaffung des Tatbestandes wiederum das in der Studie zugrunde gelegte wirtschaftliche Verständnis des Immobilienverzehrs vor Augen stand. Der Immobilienverzehr wird dort als Finanzinstrument beschrieben das dazu dient das in der Wohnimmobilie gebundene Eigenkapital freizusetzen und in zukünftige laufende Auszahlungen oder eine Einmalauszahlung zu verwandeln, wobei der Grundeigen­ tümer sein Wohnrecht behält.187 Der andere Vertragsteil tritt hierzu in ­Vorleistung und refinanziert sich bzgl. der überlassenen Mittel durch den Verkauf der Wohnimmobilie am Ende der Vertragslaufzeit, welche grundsätzlich im Todeszeitpunkt des Grundeigentümers oder dem Leerstehen der

180  Statt

vieler Tamm/Tonner/Brönneke/Rott, § 16 Rn. 11. vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 38 ff. 182  Zu dieser dogmatischen Figur statt vieler Tamm/Tonner/Brönneke/Rott, § 16 Rn. 11. 183  Weissbuch über die Integration der EU-Hypothekarkreditmärkte (im Folgenden Weissbuch) vom 18.12.2007, Kom (2007) 807 endg. 184  Weissbuch vom 18.12.2008, Kom (2007) 807 endg., S. 10. 185  Siehe hierzu oben Kapitel 1: B., Forschungsstand und Forschungsbedarf, S. 44. 186  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I und II. 187  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 9. 181  RegE-FinAufsRErgG



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB189

Immobilie liegt.188 Rechttechnisch erfolgt der Verkauf der Wohnimmobilie dabei entweder dadurch, dass der Vertragspartner die Immobilie käuflich erwirbt (Kaufmodell) und somit anschließend weiterveräußert oder bei Vereinbarung eines grundpfandrechtlich besicherten Darlehens (Darlehensmodell) die Immobilie zwangsverwertet.189 Vergleicht man die von der Studie aufgestellte Definition mit der gesetzlichen Definition des Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL, so sticht die Ähnlichkeit beider Begriffsbestimmungen ins Auge. In beiden Fällen hat der Kreditgeber entweder eine pauschale Zahlung, regelmäßige Zahlungen oder andere Formen der Kreditauszahlung vorzunehmen und erhält dafür einen Betrag aus dem Weiterverkauf der Immobilie oder ein (Verwertungs-)Recht an dieser. Auch wenn der Richtlinien-Tatbestand die nähere Ausgestaltung des Fälligkeitszeitpunkts in den Ermessensspielraum der Mitgliedsstaaten stellt, zeigt sich an der Formulierung „ein oder mehrere Ereignisse im Leben des Verbrauchers“ bereits ein Bezug zum Todeszeitpunkt des Verbrauchers bzw. dem Leerstehen der Immobilie. Lediglich den Anwendungsbereich einer vorzeitigen Fälligstellung infolge Kündigung fasst der europäische Gesetzgeber mit der Formulierung des „Verstoßes gegen Vertragsbestimmungen“ weiter als die Studie, welche hiervon lediglich bei Leerstehen der Immobilie ausgeht. Für dieses Verständnis kann darüber hinaus Erwägungsgrund (16) ins Feld geführt werden, in welchem der europäische Gesetzgeber die Hauptproduktform des Immobilienverzehrs nach dem Verkaufsmodell (Home Reversion190) und die Hauptproduktformen des Immobilienverzehrs nach dem Darlehensmodell (reverse mortgage und lifetime mortgage191)192 nennt und die Gründe für den Ausschluss nach Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL anführt. Der Gesetzgeber geht folglich in Übereinstimmung mit den Ergebnissen der Studie gleichsam davon aus, dass der Immobilienverzehr auf zwei Arten, durch kauf- und darlehensvertragliche Gestaltungen, verwirklicht werden kann. Wie Erwägungsgrund (1), die Ähnlichkeit der begrifflichen Definitionen sowie Erwägungsgrund (16) zeigen, folgt der europäische Gesetzgeber damit seinerseits dem Verständnis der Studie zum Immobilienverzehr in Europa, 188  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 9. 189  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 5 ff. 190  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 2: A.II.2., Das Verkaufsmodell, S. 56. 191  In der deutschen Sprachfassung der Richtlinie ist von Leibrente die Rede, was offensichtlich dem mangelnden Verständnis des Begriffs der lifetime mortgage geschuldet ist, siehe hierzu bereits mit Nachweisen Fn. 143. 192  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 2: A.II.1.b), Produktformen des Darlehensmodells, S. 54.

190 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

weshalb die wirtschaftlichen Grundlagen der Studie zur Auslegung des Tatbestandes zumindest indiziell herangezogen werden können.193 4. Beschränkte Leitbildfunktion des Tatbestandes Bereits an dieser Stelle hervorzuheben194 ist die sich aus der Normgenese ergebende (beschränkte)195 Leitbildfunktion der Begriffsbestimmung in § 491 Abs. 3 S. 4 BGB, die für weitere zivilrechtliche Folgeprobleme, wie bspw. der Frage der Sittenwidrigkeit196 oder der Wirksamkeit vertraglich vereinbarter Kündigungsgründe197, von Bedeutung sein wird.198 Zwar scheint es sich bei § 491 Abs. 3 S. 4 BGB auf den ersten Blick lediglich um eine Negativregelung zu handeln, die die vom Tatbestand beschriebenen Verträge vom Anwendungsbereich des Verbraucherdarlehensregimes ausnimmt.199 Hieraus könnte gefolgert werden, dass dem Tatbestand nach der Vorstellung des deutschen Gesetzgebers einzig die genannte Ausschlusswirkung und keine darüber hinausgehenden Rechtsfolgen bzw. Wertungen zu entnehmen sein sollen, anderenfalls hätte er diese Wirkungen positiv festlegen können. Anders jedoch als bei anderen negativen Begriffsbestimmungen kommt dem Tatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB eine Sonderstellung zu, die es rechtfertigt von einer (zumindest beschränkten) Leitbildfunktion des Tatbestandes zu sprechen. 193  Dies wird noch an anderer Stelle relevant werden, siehe insbesondere unten Kapitel 4: B.III.2.c)dd), Wirtschaftliches Begriffsverständnis, S. 215. 194  Siehe hierzu nochmals in gebotener Kürze unten Kapitel 4: B.IV., Rechtsfolgen und Regelungsgehalt, S. 231. 195  Die Einschränkung ergibt sich daraus, dass im Kontext des AGB-Rechts nicht von einer Leitbildfunktion im technischen Sinn gesprochen werden kann, siehe hierzu unten Kapitel 4: C.II.5.b)bb), Leitbildfunktion und Abweichung von wesentlichen Grundgedanken, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, S. 282; Fischer, ZAP Fach 8, 585, 588 f. spricht hingegen von einer Legaldefinition, leitet hieraus jedoch keine weiteren Erkenntnisse ab; gleichsam Reifner/Feldhusen/Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, § 9 Rn. 73; auch Erman/Nietsch, § 491 Rn. 32; ähnlich Omlor, JuS 2017, 397, 398. Die Bezeichnung als beschränkte Leitbildfunktion hebt indes die weiteren Folgen der ­positiven Anerkennung des Tatbestandes vor dem Kontext der Normgenese besser hervor. 196  Siehe hierzu unten Kapitel 4: C.II.4., Wirksamkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB, S. 268. 197  Siehe hierzu unten Kapitel 4: C.IV.1., Vertraglich vereinbarte außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers, S. 298. 198  Ähnlich, jedoch zurückhaltender Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; unklar Fischer, ZAP Fach 8, 585, 589, der den Tatbestand als Legaldefinition bezeichnet; gleichsam Reifner/Feldhusen/Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, § 9 Rn. 73; auch Erman/Nietsch, § 491 Rn. 32. 199  Ähnlich Reifner/Feldhusen/Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, § 9 Rn. 73.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB191

Diese Sonderstellung ergibt sich zunächst daraus, dass der Tatbestand des Immobilienverzehrkreditvertrages – anders als die sonstigen in § 491 BGB genannten Ausschlusstatbestände200 – ohne die Ausnahmeregelung im deutschen Recht keinen Bestand haben könnte. Denn würde der Vertrag dem Verbraucherdarlehensrecht unterstehen, müsste der Darlehensgeber aufgrund der Kreditwürdigkeitsprüfung der §§ 505a ff. BGB201 den Vertragsschluss regelmäßig ablehnen, um nicht den Sanktionsfolgen des § 505d BGB zu unterliegen.202 Der Vertragsschluss wäre rein faktisch ausgeschlossen.203 Dem Ausschlusstatbestand kann damit zunächst die implizite positive Rechtsfolge der Wirksamkeitsgewähr des Immobilienverzehrkreditvertrages als Vertrags­ typus entnommen werden.204 Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass der deutsche Gesetzgeber den Richtlinien-Tatbestand mit einigen gewichtigen Änderungen in das deutsche Recht übernommen und sich damit den Vertragstypus zu Eigen gemacht hat.205 Am prominentesten zu nennen ist die Präzisierung, dass die persön­ liche Haftung des Darlehensnehmers auf die Wohnimmobilie beschränkt sein muss.206 Auch oblag es dem deutschen Gesetzgeber das zur Fälligkeit führende Ereignis festzulegen, womit der Tatbestand durch die Verknüpfung von Todes- und Fälligkeitszeitpunkt weiter konturiert wurde.207 Beiden Konkretisierungen kommt dabei verbraucherschützende Wirkung zu. Während diese im Fall der Haftungsbeschränkung keiner weiteren Erklärung bedarf, folgt diese Erkenntnis für die Festlegung des Fälligkeitszeitpunktes aus der Erwägung, dass der Darlehensnehmer die Wohnimmobilie grundsätzlich bis zu 200  Siehe zum Regelungszweck der Ausnahmevorschriften statt vieler Bülow/ Artz/Bülow, § 491 Rn. 149 ff.; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 71. 201  Insbesondere § 505b Abs. 2 S. 3 BGB; siehe hierzu JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 77. 202  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39; ähnlich Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d; ähnlich BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 134. 203  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39; Jauernig/ Berger, § 491 Rn. 6; hierzu bereits zur Rechtslage vor Einfügung des Ausschlusstatbestandes Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1878; wohl auch BeckOGK-BGB/­Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 133.1 und 134; ähnlich Omlor, JuS 2017, 397, 398. 204  Wohl ähnlich Reifner/Feldhusen/Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, §  9 Rn. 73. 205  Wohl ähnlich, jedoch dies nicht explizit benennend BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 134; auch ähnlich PWW/Nobbe, § 491 Rn. 40; Reifner/Feldhusen/Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, § 9 Rn. 73; siehe auch in Bezug auf die Haftung und den Fälligkeitszeitpunkt Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d; ähnlich Fischer, ZAP Fach 8, 585, 588. 206  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 207  Siehe mit Nachweisen oben Kapitel 4: B.I., Normgenese, S. 182.

192 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

dessen Ableben bewohnen kann.208 Auch hieran lässt sich erkennen, dass der Gesetzgeber weitere, über die bloße Ausschlusswirkung hinausgehende Rechtsfolgen statuieren wollte. Deren Regelungsgehalt tritt allein aufgrund der dem Tatbestand inhärenten Verquickung von begrifflicher Definition und Rechtsfolge nicht klar zu Tage. Um die Realisierung der gesetzgeberischen Wertungen zu gewährleisten, müssen diese folglich bei der Auslegung weiterer zivilrechtlicher Problemstellungen berücksichtigt werden. In concreto muss bspw. bei der Frage der Wirksamkeit vertraglicher Kündigungsgründe beachtet werden, dass der Darlehensnehmer das Grundstück im Grundsatz bis zu dessen Tod bewohnen können soll, so dass marginale Verstöße gegen vertragliche Verhaltenspflichten nicht ohne Weiteres zur Kündigung des Vertrages berechtigen können.209 Auch kann nicht argumentiert werden, dass der Gesetzgeber diese positiven Rechtsfolgen nicht bewusst festsetzen wollte. Denn ausweislich der Gesetzesbegründung des FinAufsRErgG liegt der Gesetzeszweck gerade in der Ermöglichung des Immobilienverzehrkreditvertrages vor dem Hintergrund der Kreditwürdigkeitsprüfung.210 Der Gesetzgeber räumt hierbei implizit ein, dass die Haftungsbeschränkung der Kompensation des gesunkenen Verbraucherschutzniveaus dient, wenn er davon spricht, dass ohne Haftungsbeschränkung der Anwendungsbereich der §§ 491 ff. BGB eröffnet sein müsse.211 Auch in Bezug auf das Fälligkeitsereignis spricht er von dem praktischen Bedürfnis des Verbrauchers, die Immobilie bis an dessen Lebensende bewohnen zu können.212 Von einem reinen verbraucherschützenden Reflex bei Einfügung der Begriffsdefinition in § 491 BGB kann folglich nicht die Rede sein. Trotz der systemfremd anmutenden Regelungstechnik haften der Negativregelung des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB folglich inhärent positive Rechtsfolgen an, die es bei der Auslegung zu beachten gilt. Nur auf diese Weise kann dem geschilderten gesetzgeberischen Anliegen entsprochen werden, so dass von einer (beschränkten) Leibildfunktion des Tatbestandes gesprochen werden kann.

II. Überblick über die Systematik Die Regelung des Immobilienverzehrkreditvertrages knüpft aus systematischer Sicht an die Unterscheidung von Allgemein- und Immobiliar-Verbrau208  RegE-FinAufsRErgG

vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. hierzu unten Kapitel 4: C.IV.1.b)bb), Abwägungskriterien zugunsten des Darlehensnehmers, S. 304. 210  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 211  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 212  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 209  Näher



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB193

cherdarlehensvertrag an. Der neu eingefügte § 491 Abs. 3 S. 4 BGB enthält die Definition des Immobilienverzehrkreditvertrages und führt diesen als juristischen Terminus technicus213 in das deutsche Recht ein,214 womit jedoch keine Erweiterung des Darlehensbegriffs in § 488 BGB bezweckt wurde.215 Während die Norm zugleich sicherstellt, dass die beschriebenen Immobilienverzehrkredite nicht unter den Begriff des Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrages fallen, wird dasselbe Ergebnis bzgl. des Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrages durch die Verweisung auf Abs. 3 S. 4 BGB in § 491 Abs. 2 S. 2 Nr. 6 BGB n. F. erreicht.216 Somit ist der Immobilienverzehrkreditvertrag weder als Allgemein- noch als Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag anzusehen, so dass die Schutzvorschriften der §§ 491 ff. BGB auf Immobi­ lienverzehrkreditverträge in Gänze keine Anwendung finden.217 Der Immobi213  Insoweit von einer Legaldefinition sprechend Fischer, ZAP Fach 8, 585, 589; gleichsam Reifner/Feldhusen/Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, § 9 Rn. 73; auch Erman/Nietsch, § 491 Rn. 32; Omlor, JuS 2017, 397, 388. 214  Als überholt anzusehen sind damit die Ausführungen bei Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 14 f., der eine Definition durch die BaFin für zweckmäßiger hält. 215  Demnach soll weiterhin das von den Parteien gewollte Pflichtenprogramm, das dem des § 488 BGB entsprechen muss, über die Anwendung des Darlehensrechts entscheiden, siehe hierzu RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 216  Binder, ZIP 2018, 1201, 1203 (jedoch nur bzgl. des Immobiliar-Verbraucherdarlehens); Buck-Heeb, WM 2017, 1329, 1330 (jedoch lediglich hinsichtlich des Immobiliar-Verbraucherdarlehens); Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d; BankR/Fandrich/Hofmann, § 6 Rn. 7c, 109 (dort Fn. 271); Reifner/Feldhusen/Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, § 9 Rn. 73; Fischer, ZAP Fach 8, 585, 588; Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879; BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 1, 97.1, 112 und insbesondere 127; Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried/Merz/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Kreditgeschäfte mit Verbrauchern Rn. 5.10, jedoch lediglich bzgl. Immobiliar-Verbraucherdarlehen; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 491 Rn. 4, 53, 59, 67, 72, 75 und insbesondere 89; Erman/Nietsch, § 491 Rn. 24 und 32; Omlor, NJW 2017, 1633, 1634; ders., NJW 2018, 2445; JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 59 und 72; HK-BGB/Wiese, § 491 Rn. 2 und 4. 217  Grundlegend Omlor, JuS 2017, 397, 398; ders., NJW 2017, 1633, 1635; ders., NJW 2018, 2445; siehe darüber hinaus Jauernig/Berger, § 491 Rn. 6; Bülow/Artz/ Bülow, § 491 Rn. 181d; MAH BankR/Fandrich/Hofmann, § 6 Rn. 7c, 109 (dort Fn. 271), 119c; Fischer, ZAP Fach 8, 585, 588; Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879; knapp Gurlit, WM 2020, 105, 109 dort Fn. 392; Josten, Kreditvertragsrecht, S. 102 Rn. 285, der allerdings nur den Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag in den Blick nimmt, jedoch davon spricht, dass das Leibrentenrecht geeignet erscheine; BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 1, 43, 97.1, 112 und 127; MünchKommBGB/Lieder, § 1113 Rn. 108; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 491 Rn. 5 und 89 (siehe auch Rn. 4, 53, 59, 67, 72 und 75); Erman/Nietsch, Vor. § 491 Rn. 16, § 491 Rn. 24 und 32; wohl auch PWW/Nobbe, § 491 Rn. 39; Rank/SchmidtKessel, EuCML 2017, 176, 179; JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 59 und 72; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 3, 17 82, 90 und 98; HK-BGB/Wiese, § 491 Rn. 2 und 4; siehe auch Tamm/Tonner/Brönneke/Rott,

194 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

lienverzehrkreditvertrag stellt insoweit auch keine dritte Kategorie des Verbraucherdarlehensvertrages dar.218 Der Gesetzgeber verfolgte damit die Intention, die Kreditvergabe an ältere Menschen zu verbessern, indem die Regelungen der §§ 505a, 505b BGB, die Grund der stockenden Vergabe seien, nunmehr auf Immobilienverzehrkreditverträge keine Anwendung mehr fänden.219 Dass der Gesetzgeber damit auch allgemeine, nicht auf einen speziellen Vertragstyp zugeschnittene Rechtsinstitute, bspw. das Widerrufsrecht (§ 495 BGB), von der Anwendung auf den Immobilienverzehrkreditvertrag ausgenommen hat, ist dabei als bewusste legislatorische Entscheidung anzusehen.220

III. Auslegung des Tatbestands: Immobilienverzehrkreditvertrag 1. Persönlicher Anwendungsbereich Anders als die Definition des Allgemein- oder die des Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrages, enthält § 491 Abs. 3 S. 4 BGB keine direkte Festlegung der am Immobilienverzehr beteiligten Parteien. Das Gesetz nennt zwar zum einen den Kreditgeber, der pauschale oder regelmäßige Zahlungen oder andere Formen der Kreditauszahlung vornimmt und dafür im Gegenzug nur einen Verkaufserlös oder ein Recht an der Wohnimmobilie erhält und zum anderen den Verbraucher, nach dessen Tod der Kreditgeber grundsätzlich eine Rückzahlung fordern kann. Der Tatbestand schweigt sich jedoch hinsichtlich des Kreditgebers darüber aus, ob dieser Unternehmer i. S. v. § 14 BGB sein muss und nennt den Verbraucher ohne Zuschreibung seiner Parteirolle. § 16 Rn. 12 und 48, der bereits vor der Verabschiedung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB aufgrund einer anderen vertragstypologischen Einordnung zu diesem Ergebnis gelangt; ähnlich Schulze/Grziwotz/Lauda/Steinbach-Martens/Prasse, § 491 Rn. 2; unklar Maier, VuR 2017, 142, 148, der von bloßen Klarstellungen spricht. 218  Explizit HK-BGB/Wiese, §  491 Rn.  7; implizit BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 112; Samhat, WM 2019, 849, 853; Feldhusen, WM 2019, 97, 98; ähnlich, jedoch aus allgemeiner Sicht Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 96a f.; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 1; unklar Schulze/Grziwotz/Lauda/ Steinbach-Martens/Prasse, § 491 Rn. 2, die davon sprechen, dass § 491 BGB zwischen Allgemein-Verbraucherdarlehen, Immobiliar-Verbraucherdarlehen und Immo­ bilienverzehrkredit unterscheide und ein Allgemein-Verbraucherdarlehen unter den Voraussetzungen des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB einen Immobilienverzehrkredit darstellen würde. 219  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 220  Siehe hierzu RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39, in welchem der Gesetzgeber auf die oben bereits erwähnte Begründung des Entwurfs des WIKr-RiL-UmsG Bezug nimmt.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB195

a) Der Begriff des Kreditgebers Zu erörtern ist damit zunächst, ob der Kreditgeber unternehmerisch handeln muss. Erster Anhaltspunkt für die Bejahung221 dieser These ist die Definition des Kreditgebers in Art. 4 Nr. 2 WIKr-RiL, welche bestimmt, dass es sich beim Kreditgeber um eine natürliche oder juristische Person handelt, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit einen Kredit gewährt oder zu gewähren verspricht, der unter den Anwendungsbereich des Art. 3 WIKr-RiL fällt – die begriffliche Nähe zu § 14 BGB ist augenscheinlich. Auch wenn der Immobilienverzehrkreditvertrag nicht unter den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, ist die Definition in Anbetracht der oben beschriebenen Ausstrahlungswirkung der Richtlinie auf das deutsche Recht indiziell zu berücksichtigen. Die These wird jedoch auch aus Sicht des deutschen Rechts gestützt. Zum einen spricht hierfür der Umkehrschluss zum Begriff des Verbrauchers in § 491 Abs. 3 S. 4 BGB in Verbindung mit der systematischen Erwägung, dass überall dort, wo das Gesetz den Begriff des Verbrauchers nennt, der Unternehmer als dessen Antagonist auftritt.222 So spricht bspw. § 310 Abs. 3 BGB von Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern, während § 474 Abs. 1 BGB verlangt, dass der Verbraucher eine bewegliche Sache vom Unternehmer kauft. Zum anderen stützen auch der direkte Zusammenhang des Tatbestandes mit § 491 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 S. 1 BGB und der Telos der Regelung als Ausschlusstatbestand diese Auslegung. Denn § 491 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 1 BGB legen bzgl. der Definition des Allgemeinund Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrages fest, dass ein Unternehmer als Darlehensgeber und ein Verbraucher als Darlehensnehmer aufzutreten haben.223 § 491 Abs. 3 S. 4 bzw. Abs. 2 S. 2 Nr. 6 BGB nehmen durch den Ausschluss des Immobilienverzehrkreditvertrages von den beiden Kategorien des Verbraucherdarlehens gerade Bezug auf die genannte Definition, woraus abgeleitet werden kann, dass die dort getroffene Rollenverteilung auch für den Immobilienverzehrkredit gelten muss. Denn es wäre schwerlich mit dem Charakter des § 491 BGB als Grundsatz-Ausnahme-Regelung vereinbar, läge der Ausnahmeregelung eine andere Rollenverteilung zugrunde. Der Tatbestand kann nur das vom Anwendungsbereich der §§ 491 ff. BGB ausnehmen, was grundsätzlich auch unter diesen fallen würde: Wäre der Kreditgeber nicht zugleich Unternehmer, könnte dieser schon rein begrifflich nicht dem Anwendungsbereich der §§ 491 ff. BGB unterfallen.

221  Im

Ergebnis auch, jedoch ohne Begründung Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d.

222  Zum Verbraucherdarlehensvertrag statt vieler Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 96a. 223  Statt

vieler Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 96a.

196 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Hiergegen spricht auch nicht, dass der Tatbestand vorsieht, dass der Kreditgeber die pauschalen, regelmäßigen oder sonstigen Formen der Kreditauszahlung vornimmt. Denn wie der korrigierte Wortlaut „Kreditauszahlungen“ sowie der Hinweis auf die Rückzahlung in § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB verdeutlichen, wird hierdurch die umgekehrte wirtschaftliche Struktur der Reverse Mortgage beschrieben. Es ist demnach kein Widerspruch darin zu sehen, dass der unternehmerische Kreditgeber die Auszahlungen vornimmt, da sich der Wortlaut gerade nicht auf die Rück- sondern Auszahlung der Valuta bezieht. Der Kreditgeber muss damit, unabhängig davon ob als natürliche oder juristische Person oder auch als rechtsfähige Personengesellschaft, bei Abschluss des Kreditvertrages in Ausübung seiner gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit, mithin als Unternehmer i. S. v. § 14 BGB, handeln.224 Bezüglich der Einzelheiten des Unternehmerbegriffs kann auf das einschlägige Schrifttum verwiesen werden.225 b) Der Begriff des Verbrauchers aa) Der Verbraucher als Kreditnehmer Spiegelbildlich zum soeben erörterten Problem stellt sich hinsichtlich des Verbrauchers die Frage, in welcher Funktion dieser aufzutreten hat. Dabei können die oben gefundenen Ansätze zur Lösung des Problems herangezogen werden. Wenn das Gesetz auf der einen Seite vom Kreditgeber spricht, so muss der Kreditnehmer dessen Gegenspieler sein.226 Dieses Ergebnis folgt auch aus dem Gesetzeswortlaut, in welchem davon die Rede ist, dass der Kreditgeber grundsätzlich erst nach dem Tod des Verbrauchers eine Rückzahlung fordern kann. Zwar spricht das Gesetz allgemein von einer Rückzahlung und weist nicht darauf hin, wer diese zu erbringen hat. Jedoch ergibt sich aus dem Zusammenhang mit dem Todeszeitpunkt des Verbrauchers, dass der Kreditgeber diese von diesem, bzw. dessen Rechtsnachfolgern, verlangen kann. Naturgemäß schuldet jedoch nur derjenige eine Rückzahlung, der im Vorfeld auch einen Kredit aufgenommen hat. Weiterhin folgt auch hier aus dem oben beschriebenen Zusammenhang mit § 491 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 1 BGB, 224  Im

Ergebnis auch, jedoch ohne Begründung Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d. zum allgemeinen Unternehmerbegriff in § 14 Staudinger/Fritzsche, 2018, § 14 Rn. 35 ff.; MünchKommBGB/Micklitz, § 14 Rn. 1 ff.; zum Unternehmerbegriff im Kontext des § 491 BGB siehe Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, § 491 Rn.  3 ff.; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 7 ff. 226  Implizit auch, jedoch ohne Begründung Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d. 225  Siehe



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB197

dass die dort festgeschriebene Rollenverteilung auch dem Ausnahmetatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB zugrunde liegen muss. Der Verbraucher muss folglich als Kreditnehmer auftreten. Der Begriff des Verbrauchers folgt damit grundsätzlich der Definition in § 13 BGB. Folglich kann ebenfalls auf die diesbezügliche Literatur verwiesen werden.227 bb) Der Ehegatte des Verbrauchers und sonstige Dritte Wie der Vergleich mit dem US-amerikanischen Recht gezeigt hat, beschäftigt sich die dortige Rechtspraxis allen voran mit der Frage, ob der Ehegatte228 des Kreditnehmers in den Vertrag miteinbezogen werden kann. § 491 Abs. 3 S. 4 BGB macht hierzu indes keinerlei Angaben.229 In Anbetracht des eindeutigen Wortlauts der Regelung mutet der Hinweis des Gesetzgebers kryptisch an, dass das Merkmal der Rückzahlung nach dem Tod des Verbrauchers auch dann gewahrt sei, wenn die Parteien einen noch späteren Zeitpunkt für die Rückzahlung aus der Wohnimmobilie vereinbaren, bspw. nach dem Tod des überlebenden Ehegatten des Verbrauchers.230 Hinsichtlich der Beantwortung dieser Frage gilt es jedoch zu differenzieren. (1) Der Ehegatte und sonstige Dritte als Vertragspartner Unproblematisch ist zunächst der Fall, dass der Ehegatte als dritte Vertragspartei am Abschluss des Kreditvertrages beteiligt ist und damit ebenfalls als Verbraucher i. S. v. § 13 BGB handelt. Eine Einschränkung des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB dahingehend, dass dieser nur zweiseitige Verträge erfasst, könnte zwar aus dessen Wortlaut abgeleitet werden, der davon spricht, dass die Rückzahlung nach dem Tod „des Verbrauchers“ und nicht nach dem Tod „der Verbraucher“ verlangt werden kann.

227  Siehe

statt vieler MünchKommBGB/Micklitz, § 13 Rn.  1 ff. sich im Folgenden auf den Ehegatten bezogen wird, so ist hiermit zugleich der Lebenspartner gemeint. 229  BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/16, S. 21. 230  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39; dies ohne ausführliche Auseinandersetzung lediglich wiederholend BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 131; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 491 Rn. 89; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 97; JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 75; Schulze/Grziwotz/Lauda/Steinbach-Martens/Prasse, § 491 Rn. 2; sowie Palandt/Weidenkaff, § 491 Rn. 21. 228  Wenn

198 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Hiergegen spricht jedoch zum einen, dass der Gesetzgeber die Kreditvergabe an ältere Menschen gerade erleichtern wollte231 und kein Grund ersichtlich ist, warum Ehegatten schlechter gestellt werden sollten als ledige Personen. Zum anderen gebietet die systematische Nähe zu § 491 Abs. 2 S. 1 BGB und § 491 Abs. 3 S. 1 BGB eine einheitliche Auslegung. Bei diesen ist die Anwendung des Grundsatzes der Einzelbetrachtung anerkannt, welcher aussagt, dass die als Gesamtschuldner am Vertrag beteiligten Verbraucher hinsichtlich ihrer Verbrauchereigenschaft separat zu bewerten sind,232 obwohl auch der Wortlaut des § 491 Abs. 2 S. 1 BGB und des § 491 Abs. 3 S. 1 BGB von Verbraucher im Singular spricht. Daraus folgt, dass der Tatbestand keine Limitation auf zweiseitige Verträge vorsieht, sondern auch mehrseitige Rechtsgeschäfte erfasst. Im Ergebnis ist ebenfalls der Ehegatte vom Begriff des Verbrauchers in § 491 Abs. 3 S. 4 BGB erfasst, insofern dieser am Rechtsgeschäft beteiligt ist. (2) Der Ehegatte und sonstige Dritte ohne Beteiligung am Vertragsschluss Die zweite Fallgestaltung wird von der Begründung zum FinAufsRErgG dahingehend umschrieben, dass „[d]ie Voraussetzung, dass der Kreditgeber „erst nach dem Tod des Verbrauchers eine Rückzahlung fordert“ […] auch dann gewahrt [ist], wenn die Parteien die Möglichkeit einer Rückzahlung aus der Wohnimmobilie zu einem noch späteren Zeitpunkt vereinbaren, etwa nach dem Tod des überlebenden Ehegatten des Verbrauchers“233. Die Formulierung „Ehegatte des Verbrauchers“ impliziert, dass der Gesetzgeber – unabhängig von der praktischen Relevanz234 derlei vertraglicher Gestaltungen – den Tatbestand auch auf solche Fallgestaltungen angewendet wissen will, in denen der Ehegatte des darlehensnehmenden Verbrauchers nicht am Vertrag beteiligt wird, der Fälligkeitszeitpunkt der Rückzahlungsverpflichtung allerdings dennoch an den Todestag des zunächst überlebenden Ehegatten geknüpft wird. Hätte sich der Gesetzgeber auf die zuvor genannte 231  RegE-FinAufsRErgG

vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. Urt. vom 28.06.2000 – VIII ZR 240/99, BGHZ 144, 370, 379 = WM 2000, 1632 = NJW 2000, 3133; Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, § 491 Rn. 20; NKBGB/Krämer, § 491 Rn. 7; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 491 Rn. 45; Schimansky/Bunte/Lwowski BankR-HdB/Münscher, § 81 Rn. 12; MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 15; wohl auch E/B/J/S/Thessinga, Bank- und Börsenrecht Rn. IV 284. 233  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 234  Die Praxisuntauglichkeit dieses Modells ergibt sich aus dem Umstand, dass die Bank in diesem Fall regelmäßig darauf bestehen wird, dass der Ehegatte den Vertrag als Partei abschließt, um diesen ebenfalls den vertraglichen Instandhaltungspflichten zu unterwerfen. 232  BGH,



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB199

Konstellation (Ehegatte ist Vertragspartei) beziehen wollen, so hätte er nicht vom Ehegatten des Verbrauchers gesprochen, sondern von „Verbrauchern“ im Plural. Zudem wäre ein Hinweis auf diese Konstellation in Anbetracht des Grundsatzes der Einzelfallbetrachtung obsolet. Vielmehr geht es dem Gesetzgeber bei der Regelung des Fälligkeitszeitpunktes darum, eine vertragliche Mindestlaufzeit festzusetzen. Die Wohn­ immobilie darf demnach grundsätzlich nicht während der Lebenszeit des Darlehensnehmers verwertet werden, um die Bewohnbarkeit der Immobilie zu Lebzeiten sicher zu stellen. Die Vereinbarung eines Fälligkeitszeitpunktes, der zeitlich nach dem Vorversterben des Darlehensnehmers liegt, ist hiervon gerade nicht erfasst. Wie der Gesetzesbegründung zu entnehmen ist,235 müssen die Parteien den Fälligkeitszeitpunkt jedoch aktiv vertraglich festsetzen. Ein Vertragseintritt des überlebenden Ehegatten von Gesetzes wegen in Manier des US-amerikanischen Rechts ist hiermit deshalb nicht verbunden. Problematisch ist jedoch, dass der Wortlaut von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB diese Fallkonstellation nicht in den Blick zu nehmen scheint. Denn der Tatbestand spricht vom Verbraucher, welcher nach § 13 BGB bekanntermaßen am Abschluss des Rechtsgeschäfts beteiligt sein muss. Im Folgenden ist daher zu erörtern, wie sich der gesetzgeberische Wille rechtstechnisch umsetzen lässt. In Anbetracht der dogmatischen Natur der Aufgabenstellung sollen hierbei Fragen der praktischen Vertrags- und Klauselgestaltung ausgespart werden. (a) Weiter Verbraucherbegriff Zunächst könnte der Begriff des Verbrauchers in § 491 Abs. 3 S. 4 BGB abweichend von § 13 BGB ausgelegt werden, so dass von einem weiten, immobilienverzehrkreditspezifischen Verbraucherbegriff auszugehen wäre. Dieser würde unter den Begriff des Verbrauchers nicht den am Rechtsgeschäft beteiligten Verbraucher verstehen, sondern jede Person an deren Tod der Fälligkeitszeitpunkt geknüpft wird. Nachdem der Begriff des Verbrauchers in § 13 BGB im allgemeinen Teil des BGB angesiedelt ist, während sich § 491 Abs. 3 S. 4 BGB gerade speziell auf das Verbraucherdarlehensrecht bezieht, wird diese These zunächst aus systematischer Sicht gestützt. Gegen diese Lesart spricht jedoch, dass § 491 BGB in Abhängigkeit des zu betrachtenden Vertragstyps folglich innerhalb seiner Absätze gespalten ausgelegt werden müsste. Während für § 491 Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 BGB der Begriff des Verbrauchers nach § 13 BGB gelten würde, müsste der Be235  RegE-FinAufsRErgG

vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39.

200 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

griff des Verbrauchers in § 491 Abs. 3 S. 4 BGB dem geschilderten Kontext entsprechen. Auch findet die Auslegung keine Stütze im Wortlaut, welcher lediglich vom Verbraucher spricht. Auch der Gesetzgeberwille spricht nicht zwingend für dieses Ergebnis, da dieser nur das Ergebnis erwähnt, den rechtstechnischen Weg jedoch gerade offenlässt. (b) Analoge Anwendung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB Vorzugswürdig scheint es daher, den Tatbestand analog auf solche Vertragsgestaltungen anzuwenden, bei denen die Rückzahlung erst nach dem Tod des Ehegatten oder sonstiger Dritter, die von den Parteien im Vertrag benannt wurden und dem Hausstand des Darlehensnehmers angehören (bspw. Kinder, Enkelkinder), zu erfolgen hat.236 Die hierfür notwendige vergleichbare Interessenlage liegt ohne Weiteres vor. Denn es sind keine Gründe ersichtlich, warum keine Immobilienverzehrkreditverträge geschlossen werden können sollten, bei denen der Fälligkeitszeitpunkt an den Todeszeitpunkt des Ehegatten geknüpft wird, so dass das Grundstück grundsätzlich nicht zu Lebzeiten des Ehegatten zwangsverwertet werden kann. Dass auch Dritte und nicht nur der Ehegatte dem Tatbestand unterfallen sollen, folgt daraus, dass der Gesetzgeber allgemein von einem späteren Zeitpunkt spricht und den Tod des überlebenden Ehegatten lediglich beispielhaft nennt.237 Trotz dieser weiten Formulierung rechtfertigt sich die hier vorgeschlagene Einschränkung auf die Zugehörigkeit zum Hausstand238 des Verbrauchers aus dem soeben genannten Schutzzweck von § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB, der darin liegt, eine Zwangsvollstreckung zu Lebzeiten eines jeden Hausbewohners zu unterbinden. Auch eine planwidrige Regelungslücke ist zu bejahen. Zwar erscheint es bemerkenswert, dass sich der Gesetzgeber in der Begründung zur Einführung des Tatbestandes mit dem Hinweis auf die Anwendbarkeit des Tatbestandes begnügt, ohne hierbei den Wortlaut an seinen Willen anzupassen. Jedoch spricht dies nicht gegen eine planwidrige Regelungslücke, da der Gesetzgeber die Anpassung gerade unterlassen hat, so dass von einem Redaktionsversehen auszugehen ist.

236  So

auch MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 97. vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39; siehe auch MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 97. 238  So auch MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 97. 237  RegE-FinAufsRErgG



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB201

(c) Regelungsgehalt der Analoge Wie bereits angedeutet, führt die analoge Anwendung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB nicht zu einem gesetzlichen Vertragseintritt des Ehegatten oder sonstiger Dritter bei Vorversterben des Darlehensnehmers, wie dies im USamerikanischen Recht der Fall wäre. Vielmehr ist der Regelungsgehalt der Analogie darin zu sehen, dass Vertragsgestaltungen der genannten Art nicht dem Verbraucherdarlehensrecht und damit auch nicht der Kreditwürdigkeitsprüfung unterfallen, welche den Vertragsschluss faktisch unmöglich machen würde.239 2. Sachlicher Anwendungsbereich a) Pauschale und regelmäßige Zahlungen, andere Formen der Kreditauszahlung Weiterhin setzt der Ausschlusstatbestand voraus, dass der Kreditgeber pauschale oder regelmäßige Zahlungen leistet oder anderen Formen der Kredit­ auszahlung vornimmt, mithin dessen Leistungspflicht i. S. v. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB auf die genannten Formen gerichtet ist.240 Systematisch folgt aus dem Zusatz „oder andere Formen der Kreditauszahlung“, dass die pauschalen oder regelmäßigen Zahlungen gerade der Verschaffung von Kredit dienen müssen. Die pauschale Zahlung (lump sum241) meint dabei in Abgrenzung zur regelmäßigen Zahlung, dass die Mittel als Ganzes, regelmäßig bei Vertragsbeginn, überlassen werden müssen.242 Die regelmäßige Zahlung kann dabei 239  Siehe

bereits die Nachweise in Fn. 203. auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 128. 241  Siehe zur Auszahlung in Amerika etwa Hammond, 1 Elder L. J. (1993), 75, 84; Nelson, 13 N.C. Banking Inst., 337, 342 (2009); Schieke, 47 Md. B.J., 26, 29 (2014); siehe zur Auszahlung in Europa Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 7; zur weltweiten Lage siehe Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 18; siehe ausführlich zur lump sum Leis, Reverse Mortgage, S. 77. 242  So auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 128; zurückhaltender Fischer, ZAP Fach 8, 585, 588; BeckOKBGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 491 Rn. 89; PWW/Nobbe, § 491 Rn. 40 („[…] in einem Betrag“[…]“); sowie Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; HK-BGB/Wiese, § 491 Rn. 7; unzutreffend Schulze/Grziwotz/Lauda/Steinbach-Martens/Prasse, § 491 Rn. 2, die als Immobilienverzehrkredite nur solche Verträge einordnen, bei denen der Darlehensgeber gerade keine Einmalzahlung leistet – dies ist jedoch nicht mit dem Wortlaut der Norm zu vereinbaren. 240  So

202 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

dem US-amerikanischen Recht folgend in die Untergruppen der lebenslangen Auszahlung243 (Tenure/Annuity244) oder die zeitlich begrenzte Auszahlung in Form einer Zeitrente (Term245) unterteilt werden.246 Das Merkmal der „anderen Formen der Kreditauszahlung“ fungiert dabei als Auffangtatbestand. Dies ergibt sich zum einen aus dessen systematischer Stellung im Anschluss an die zuerst genannte pauschale und die zweit genannte regelmäßige Zahlung sowie aus dem Zusatz „oder andere“, der den subsidiären Auffangcharakter unterstreicht. Aus dem Wortlaut folgt zudem, dass dieser weit auszulegen und sämtliche Formen der Überlassung von Zahlungsmitteln auf Zeit, also der Verschaffung von Kredit,247 die die Parteien bei Vertragsschluss vereinbaren, umfassen soll. So kommt als andere Form der Kreditauszahlung etwa die Kombination von pauschaler Zahlung zu Vertragsbeginn und lebenslanger oder zeitweiser Auszahlung von Geldmitteln

243  Typischerweise wird die lebenslange Auszahlung in diesem Kontext als Leibrente bezeichnet, siehe exemplarisch Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 18. Nachdem der Immobilienverzehr jedoch sowohl als Kauf als auch als Darlehen ausgestaltet sein kann und sich Darlehen und Leibrente begrifflich ausschließen (siehe hierzu oben Kapitel 4: A.III.3., Abgrenzung von der Leibrente, S. 177), erscheint es vorzugswürdig, untechnisch von lebenslanger Auszahlung zu sprechen. 244  Siehe zur tenure-Auszahlung in Amerika statt vieler Schieke, 47 Md. B.J., 26, 29 (2014); zur europäischen Situation Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/ Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 7; zur weltweiten Lage Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 18; ausführlich zur tenure-Auszahlung siehe Leis, Reverse Mortgage, S. 79 ff. 245  Siehe zur term-Auszahlung in Amerika statt vieler Schieke, 47 Md. B.J., 26, 29 (2014); zur europäischen Situation Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/ Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 7; zur weltweiten Lage Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 18; ausführlich zur term-Auszahlung siehe Leis, Reverse Mortgage, S. 79 ff. 246  Ebenso Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; sowie Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; ähnlich BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 128, der darüber hinaus beispielhaft eine jährliche und quartalsweise Auszahlung der Valuta nennt; Krauß, notar 2017, 312, 320 sowie ders., ErbR 2017, 530, 533 spricht im Zusammenhang mit der lebenslangen Auszahlung von einer „Verzehrrente“ und impliziert dabei, dass nur eine solche durch den Immobilienverzehrkreditvertrag vergeben werden könne. In Anbetracht der Tatsache jedoch, dass in den Beiträgen aktuelle Entwicklungen des Immobilienrechts dargestellt werden, scheint der Autor nur die rechtstatsächlichen Gegebenheiten wiederzugeben und nicht den Tatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB auszulegen; zur lebenslangen Auszahlung HK-BGB/Wiese, § 491 Rn. 7; undifferenziert Fischer, ZAP Fach 8, 585, 588; gleichsam BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 491 Rn. 89; gleichsam PWW/Nobbe, § 491 Rn. 40. 247  Eingehend zum Kreditbegriff siehe Menicke/Hingst, WM 2011, 633; siehe auch MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 1; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 22; Schimansky/Bunte/Lwowski BankR-HdB/Pamp § 75 Rn. 1 ff.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB203

über die Vertragslaufzeit hinweg in Betracht.248 Die kombinierte Auszahlung kann dabei deshalb nicht unter das Tatbestandsmerkmal der pauschalen und der regelmäßigen Zahlung subsumiert werden, da beide Tatbestandvarianten durch die Konjunktion „oder“ miteinander verbunden sind, also in einem Alternativverhältnis stehen. Eine Zahlung kann entweder pauschal oder regelmäßig erfolgen, eine Kombination ist dadurch gerade nicht bezweckt. Als weitere sonstige Form der Kreditauszahlung kommt die Einräumung einer verbindlichen Kreditlinie (line of credit oder drawdown)249 in Betracht, also die Verpflichtung des Kreditgebers zur Verschaffung von Kredit auf Abruf durch den Kreditnehmer.250 Der rechtliche Charakter dieses Kreditrahmenvertrages richtet sich dabei zwar nach dem Charakter des in Anspruch genommenen Kredits und ist daher nicht auf den Abschluss von Darlehensverträgen beschränkt.251 Nachdem der Immobilienverzehr jedoch gerade der Konsumerleichterung dient,252 bezwecken die Parteien in concreto zwingend den Abschluss eines Darlehensvertrages253.254 248  Siehe hierzu im amerikanischen Kontext Schieke, 47 Md. B.J., 26, 29 (2014); zur europäischen Lage Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 7; zur weltweiten Lage Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 19. 249  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 7; Schieke, 47 Md. B.J., 26, 29 (2014); Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 19. 250  Andere Ansicht wohl BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 128, der zwischen Darlehen auf Abruf und Kreditrahmen differenziert und letzterem mangels Zinslaufs geringe praktische Bedeutung beimisst; siehe allgemein zum Darlehen auf Abruf MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 57; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 39; Staudinger/Mülbert, 2015, § 488 Rn. 408. 251  Allgemeine Meinung: MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 59; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 39, 43; Baumbach/Hopt/Hopt, V. Bankgeschäfte (mit Börsen- und Kapitalmarktrecht – (7) Bankgeschäfte Rn. G/2; Staudinger/Mülbert, 2015, § 488 Rn. 414; Schimansky/Bunte/Lwowski BankR-HdB/Pamp § 77 Rn. 2; LBS/Steffek, Bankrechts-Kommentar, Kap. 12 Vor §§ 488 ff. BGB Rn. 40 f.; Schoen, Der Krediteröffnungsvertrag als schuldrechtliche Rahmenverpflichtung, S. 91; Stauder, Der bankgeschäftliche Krediteröffnungsvertrag, S. 84, 86 und 95 ff.; E/B/J/S/ Thessinga, Bank- und Börsenrecht Rn. IV 11; a. A. soweit ersichtlich nur Jauernig/ Berger, Vor. § 488 Rn. 11. 252  Siehe oben Kapitel 2: B.II.1.a), Liquiditätsbedürfnis und Eigenkapitalbindung, S. 65. 253  Ob dabei jeweils rechtlich unabhängige Darlehensverträge i. S. d. Trennungstheorie oder vom Schuldgrund des Krediteröffnungsvertrages abhängige und diesen konkretisierende Verträge i. S. d. Einheitstheorie zustande kommen, ist dabei für den Fortgang der weiteren Untersuchung nicht von entscheidender Bedeutung und kann daher offen gelassen werden, siehe zum Streit mit Nachweisen der jeweiligen Vertreter Staudinger/Mülbert, 2015, § 488 Rn. 413. 254  Siehe zum Darlehenscharakter oben Kapitel 4: A., Rechtsnatur, S. 157 ff.

204 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Nach einer Ansicht in der Literatur soll das Merkmal der pauschalen oder regelmäßigen Auszahlung auch bei Zahlung an Dritte gewahrt sein.255 Gleichwenn der Wortlaut der Norm offenlässt, an wen die Auszahlung zu erfolgen hat, sprechen hiergegen die Normgeschichte256 und der Telos der Norm257. b) Begriff der Wohnimmobilie Sowohl das Merkmal des Erhalts eines künftigen Erlöses aus dem Verkauf als auch das Merkmal des Erwerbs eines Rechts i. S. v. § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 BGB setzen voraus, dass eine Wohnimmobilie betroffen ist. Die Wohn­ immobilienkreditrichtlinie, die sich als erster Anhaltspunkt der Auslegung anbieten würde, enthält insoweit keine Definition der Wohnimmobilie.258 Aus den Erwägungsgründen (17) und (56) sowie Art. 3 Abs. 3 lit. b) der Wohnimmobilienkreditrichtlinie folgt allenfalls, dass der Begriff der Immobilie weit auszulegen ist und jeweils die Nutzung als „Haus, Wohnung oder sonstige Wohnstätte“ umfasst.259 Unabhängig von der Frage einer richtlinienkonformen Auslegung,260 scheidet auch eine Anlehnung an den systematisch nahestehenden § 491 Abs. 3 S. 1 BGB aus. Denn der deutsche Gesetzgeber hat bei Umsetzung der Richtlinienvorgaben größtenteils auf das Merkmal der Wohnimmobilie verzichtet und stattdessen den weiteren Begriff des Grundstücks gewählt, um hierdurch gerade Abgrenzungsschwierigkeiten bei der gemischten Nutzung der Wohnimmobilie zu vermeiden.261 Die Richtlinie wurde an dieser Stelle 255  BeckOGK-BGB/Knops,

01.01.2020, § 491 Rn. 128. hierzu oben Kapitel 4: B.I., Normgenese, S. 182 ff. 257  Siehe hierzu oben Kapitel 4: B.I.4., Beschränkte Leitbildfunktion des Tatbestandes, 190 ff. 258  Vgl. hierzu die Begriffsbestimmungen in Art. 4 WIKr-RiL; siehe auch RegEWIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 99; zur selben Einschätzung gelangen Bülow, WM 2015, 1309, 1310; Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 96d; sowie MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 95. 259  Zutreffend MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 95; ähnlich, jedoch nur auf Erwägungsgrund (17) und Art. 3 Abs. 3 lit. b) WIKr-RiL abstellend Bülow, WM 2015, 1309, 1310; Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 96d. 260  Hierzu wohl tendierend Omlor, NJW 2017, 1633, 1635, obwohl dies aufgrund des Ausschlusstatbestandes in Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL zumindest in Bezug auf § 491 Abs. 3 S. 4 BGB nicht notwendig erscheint. Vielmehr ist der Tatbestand aufgrund der Normgenese lediglich europarechtlich eingefärbt, siehe hierzu oben Kapitel 4: B.I.3., Europarechtliche Färbung des Tatbestandes, S. 187. 261  RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 77; siehe darüber hinaus Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 96e; Feldhusen, NJ 2016, 182, 183; Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 85, 88; 256  Siehe



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB205

folglich bewusst überschießend umgesetzt.262 Wenngleich dem BGB keine Begriffsdefinition zu entnehmen ist,263 ist der Begriff dem deutschen Recht jedoch nicht gänzlich fremd und wird in § 505c Nr. 1, § 505b Abs. 2 S. 3 BGB verwendet. Im Schrifttum hat sich hierauf aufbauend bzgl. des Begriffs der Wohnimmobilie – zumindest im Kontext von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB264 – bislang allerdings keine einheitliche Definition herausbilden können.265 aa) Der Wohnzweck der Immobilie (1) Grundsatz Der Begriff Wohnimmobilie ist ein aus den Wörtern „wohnen“ und „Immobilie“ zusammengesetztes Kompositum. Etymologisch geht das Verb „wohnen“ auf das althochdeutsche wonēn zurück, welches u. a. so viel bedeutet wie sich aufhalten oder bleiben.266 Alltagssprachlich wohnt nur derjenige an einem Ort, der sich nicht nur vorübergehend dort aufhält, sondern den Aufenthaltsort mit gewisser Dauer begründet.267 Hieraus folgt zweierlei. Zum einen wird vom Tatbestandsmerkmal eine bestimmte Zweck- bzw. Nutzungsrichtung vorgegeben.268 Dem Anwendungsbereich unterfallen nur solche Immobilien, die der Unterkunft von Menschen dienen, so dass negativ kritisch hierzu im Kontext des Verzehrkredits Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme zum RegE-FinAufsRErgG vom 02.03.2017, S. 2; sowie Fischer, ZAP Fach 8, 585, 589. 262  RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 77; siehe darüber hinaus Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 96e; Feldhusen, NJ 2016, 182, 183; Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 85, 88 und 95; kritisch hierzu im Kontext des Verzehrkredits Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme zum RegE-FinAufsRErgG vom 02.03.2017, S. 2; sowie Fischer, ZAP Fach 8, 585, 589. 263  Zutreffend MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 95. 264  Aufgrund der spezifischen Bedeutung der Wohnimmobilie im Kontext von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB, wird im Folgenden bewusst nur auf die Literatur zum Immobilienverzehrkreditvertrag abgestellt, da sich die allgemeine Literatur zu den §§ 491 ff. BGB – soweit ersichtlich – nicht mit dieser Frage auseinanderzusetzen scheint. 265  Soweit ersichtlich lediglich, jedoch jeweils in Nuancen abweichend Bülow/ Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d; BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 130; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 95; Omlor, NJW 2017, 1633, 1635 f.; unklar BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 505b Rn. 5, der sich auf § 491 Abs. 3 S. 1 BGB rückbezieht, dort jedoch nur von Grundstücken und nicht der Wohnimmobilie spricht. 266  O. V., Eintrag „wohnen“ (Herkunft) – Duden online. 267  Vgl. O. V., Eintrag „wohnen“ (Herkunft) – Duden online. 268  Zutreffend MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 95; Bülow, WM 2015, 1309, 1310; Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 96d.

206 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

formuliert weder unbebaute269 noch rein gewerblich oder beruflich genutzte Grundstücke, wie etwa Lager- oder Maschinenhalten, erfasst sind.270 Indiziell und freilich ohne Bindungswirkung spricht für dieses Begriffsverständnis ebenfalls die Begründung des Referentenentwurfs der auf § 505e BGB bzw. § 18a Abs. 10a KWG zurückgehenden Immobiliar-Kreditwürdigkeitsprüfungsleitlinien-Verordnung,271 in welcher der Verordnungsgeber ebenfalls zwischen beruflicher und privater Nutzung unterscheidet.272 Zum anderen muss der Wohnzweck für eine gewisse Dauer bestehen, so dass eine temporäre Nutzung der Immobilie, etwa als Ferien- oder Teilzeithaus, nicht ausreicht. Um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden, ist in Anlehnung an das US-amerikanische Recht zu fordern, dass der Verbraucher die Immobilie als Hauptwohnsitz nutzt.273 Dieser kann als Ort des gewöhnlichen Aufenthalts, an welchem der Kreditgeber typischerweise den Großteil der Zeit eines Kalenderjahres verbringt, verstanden werden.274 In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass der Darlehensnehmer die Wohnimmobilie selbst bewohnen muss, also eine Wohnnutzung durch Dritte – unabhängig davon, ob diese dort ihren Hauptwohnsitz begründen – nicht erfasst ist.275 Der Gegenauffassung,276 die unter den Begriff der Wohn­ 269  Vgl.

Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 96d („Wochenendgrundstück (ohne Haus)“). auch, zumindest bzgl. des Gewerbezwecks, Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d; auch hinsichtlich des Gewerbezwecks BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 130; PWW/Nobbe, § 491 Rn. 39; wohl auch Omlor, NJW 2017, 1633, 1635 („Zu beachten ist allerdings, dass der deutsche Gesetzgeber als Immobilienverzehrkreditverträge nach § 491 III 4 BGB nur solche erfasst, welche die Tilgungsleistung aus einer Wohnimmobilie entnehmen; sonstige Immobilien sind nicht erfasst“); allgemein zum Gewerbezweck Bülow, WM 2015, 1309, 1312; v. Klitzing/Seiffert, WM 2016, 774, 775; zum Ausschluss landwirtschaftlich genutzter Flächen siehe Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme zum RegE-FinAufsRErgG vom 02.03.2017, S. 3. 271  Verordnung zur Festlegung von Leitlinien zu den Kriterien und Methoden der Kreditwürdigkeitsprüfung bei Immobilar-Verbraucherdarlehensverträgen vom 24.04. 2018, BGBl. I S. 529. 272  Referentenentwurf ImmoKWPLV vom 21.08.2017, S.  13, abrufbar unter http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Gesetze/2017-08-17entwurf-immobiliar-kreditwuerdigkeitsverordnung.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zuletzt abgerufen am 28.02.2020). 273  Andere Ansicht MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 95; implizit auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181e. 274  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.II.2.b)cc)(1), Die Rück- und Zinszahlungsverpflichtung, S. 98. 275  Andere Ansicht MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 95; implizit auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181e. 276  MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 95; implizit auch Bülow/ Artz/Bülow, § 491 Rn. 181e. 270  So



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB207

immobilie auch eine alleinige Nutzung durch Dritte fassen will, ist – zumindest im speziellen Kontext von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB277 – mit Hinweis auf die Interessenlage der Parteien,278 die Normgenese279 und rechtsvergleichenden Erwägungen280 zu widersprechen. Insbesondere ist dieses Ergebnis nicht aufgrund des Grundsatzes richtlinienkonformer Auslegung geboten, da der Begriff der Wohnimmobilie im Kontext von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB gerade auf den Ausschlusstatbestand des Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL zurückzuführen ist.281 (2) Sonderprobleme: Vermietung und dual use Zu beantworten bleibt weiterhin die Frage, ob sich eine Vermietung282 der Wohnimmobilie oder deren gleichzeitige Nutzung zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken unter den Wohnzweck der Immobilie fassen lässt.283 Hinsichtlich der Vermietung gilt es zu differenzieren. Vermietet der Verbraucher die Immobilie in Gänze, so folgt aus dem soeben Gesagten, dass er die Immobilie gerade nicht selbst bewohnt, so dass keine Wohnnutzung vorliegt.284 Für diese Auslegung spricht der wirtschaftliche Hintergrund der Regelung (Liquidierung des Eigenheims für Konsumzwecke)285 sowie der Schutzzweck von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB, der darin liegt, den Verbraucher vor dem Verlust der zentralen Stätte seiner Lebensführung zu schützen.286 Im Fall der Vermietung der Immobilie greift dieser spezifische Schutzzweck indes nicht ein. Dem steht auch nicht entgegen, dass der deutsche Gesetz­ geber vom Optionsrecht des Art. 3 Abs. 3 lit. b) WIKr-RiL keinen Gebrauch gemacht hat,287 da er der zentralen Norm des § 491 Abs. 3 S. 1 BGB gerade 277  Anderes mag für §§ 505b Abs. 2 S. 3, 505c BGB gelten, die direkt auf Art.  18 ff. WIKr-RiL zurückgehen. 278  Siehe hierzu oben Kapitel 2: B., Parteien und Interessenlage, S. 59 ff. 279  Siehe hierzu oben Kapitel 4: B.I, Normgenese, S. 182 ff. 280  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.II.2.b), Grundlagen der HECM, S. 91 ff. 281  Siehe hierzu bereits oben Fn. 260. 282  Hierzu aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive Arentz, Immobilienverzehr, S. 7. 283  Im Grundsatz bejahend MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 95. 284  Andere Ansicht MünchKommBGB/Schürnbrand, § 491 Rn. 95; allgemein für eine weite Auslegung des Wohnzwecks Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181e; hierfür wohl auch Piekenbrock, GPR 2015, 26, 28. 285  Siehe hierzu mit Nachweisen Kapitel 2: B.II.1., Interessenlage, S. 65 ff. 286  Siehe hierzu unten Kapitel 5: A.II.1., Schutz durch § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB, S. 351. 287  MünchKommBGB/Schürnbrand, § 491 Rn. 95, die insoweit auf Erwägungsgrund (56) der Wohnimmobilienkreditrichtlinie verweisen; wohl auch Piekenbrock,

208 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

nicht den Begriff der Wohnimmobilie zugrunde gelegt hat und der Tatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB erst nach Umsetzung der WIKr-RiL angefügt wurde.288 Es ist damit zweifelhaft, ob diese allgemeinen Überlegungen zur Auslegung des spezifischen § 491 Abs. 3 S. 4 BGB herangezogen werden können. Vermietet der Verbraucher hingegen nur eine Teilfläche und bewohnt die Immobile ansonsten selbst, stehen der Anwendung des Tatbestandes keine Bedenken entgegen, da der geschildete Schutzzweck in dieser Konstellation eingreift. Der Verbraucher ist durch den Umstand der Vermietung nicht weniger schutzwürdig. Abschließend ist die Frage zu klären, ob auch diejenige Immobilie der Wohnnutzung dient, die zum einen sowohl dem privaten Wohnzweck als auch der Ausübung des Berufs oder Gewerbes dient (sog. dual use289).290 Eine gesetzgeberische Wertung findet sich hierzu in § 13 BGB, der darauf abstellt, dass der Berufs- bzw. Gewerbezweck im Verhältnis zum Verbrauchscharakter des Geschäfts nicht überwiegen darf.291 Überträgt man die Wertung des § 13 BGB auf § 491 Abs. 3 S. 4 BGB so muss die private Wohnnutzung die gewerbliche bzw. berufliche Nutzung überwiegen, so dass es auf eine Entscheidung im Einzelfall ankommt.292 Dies führt freilich zu Rechtsunsicherheit in der Praxis und den vom Gesetzgeber bereits bei Konzeption des ersten Umsetzungsgesetzes zur Wohnimmobilienkreditrichtlinie befürchteten „Abgrenzungsschwierigkeiten z. B. bei gemischt genutzten Immobi­ lien“.293 Dies ist jedoch Ausfluss der gesetzgeberischen Entscheidung, nicht den Begriff des Grundstücks, sondern den der Wohnimmobilie in § 491 Abs. 3 S. 4 BGB zu verwenden.294 GPR 2015, 26, 28 mit Hinweis darauf, dass der deutsche Gesetzgeber gerade von der Ausschlussoption dieser Konstellation bei Umsetzung der Richtlinie keinen Gebrauch gemacht hat. 288  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 4: B.I., Normgenese, S. 182. 289  Siehe hierzu allgemein im Kontext von § 13 BGB statt vieler Staudinger/ Fritzsche, 2018, § 13 Rn. 44 ff. 290  Zum Problem bereits Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme zum RegEFinAufsRErgG vom 02.03.2017, S. 2; Fischer, ZAP Fach 8, 585, 589; Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 95. 291  Allgemein zu § 491 BGB bereits Bülow, WM 2015, 1309, 1312. 292  Im Ergebnis, jedoch ohne nähere Begründung, auch MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 95; allgemein für § 491 BGB bereits Bülow, WM 2015, 1309, 1312. 293  RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 77. 294  Ebenso Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme zum RegE-FinAufsRErgG vom 02.03.2017, S. 2; Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; kritisch zur Erstreckung des Immobilienverzehrkredits auf jede Art von Immobilie de lege ferenda Fischer, ZAP Fach 8, 585, 589; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 95; zur Kritik



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB209

bb) Der Begriff der Immobilie Weiterhin fraglich ist, was unter dem Tatbestandsmerkmal der Immobilie zu verstehen ist. Zunächst fällt auf, dass der Gesetzgeber nicht den Begriff des Grundstücks, also einem räumlich abgegrenzten Bereich der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis des Grundbuchblattes unter besonderer Nummer gebucht wird,295 gewählt hat, sondern in Abgrenzung hierzu von Immobilie spricht.296 Von einem Redaktionsversehen etwa dergestalt, dass der Gesetzgeber den Tatbestand des Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL ohne Anpassung an die Diktion des deutschen Rechts übernommen hat, kann nicht ausgegangen werden.297 Denn bei der ersten Umsetzung der Richtlinienvorgaben hatte der Gesetzgeber den Begriff der Wohnimmobilie vermieden und den des Grundstücks gewählt, um Abgrenzungsschwierigkeiten der oben dargestellten Art zu vermeiden.298 Daraus folgt, dass der Begriff der Immobilie und der Begriff des Grundstücks nicht synonym zu verwenden sind.299 Der Gesetzgeber selbst führt zur Auslegung des Immobilienbegriffs an, dass der europäische Effektivitätsgrundsatz eine weite Auslegung des Begriffs gebiete.300 Gestützt wird dies durch die Erwägungsgründe (17) und (56) sowie Art. 3 Abs. 3 lit. b) Wohnimmobilienkreditrichtlinie, wo jeweils von einer Nutzung als „Haus, Wohnung oder sonstige Wohnstätte“ die Rede ist.301 Omlor folgert hieraus, dass dem Begriff der Immobilie eine funktionalwirtschaftliche Betrachtung zugrunde gelegt werden müsse, bei welcher auch mehrere Grundstücke oder WEG-Einheiten unter das Merkmal der Immobilie fallen könnten, wenn die Betrachtung ergibt, dass diese eine Einheit bilden.302 Unter Zugrundelegung und Weiterentwicklung dieser Sichtweise hieran siehe unten Kapitel 4: B.V.2.c), Öffnung des Tatbestandes für jegliche Art der Grundstücksnutzung, S. 252. 295  RG, Urt. vom 12.03.1914 – Rep. V. 368/13, RGZ 84, 265, 270; BayObLG, Beschl. vom 03.11.1954 – BReg. 2 Z 121/54, BayObLGZ 1954, 258, 262 = FamRZ 1961, 220. 296  So auch Omlor, NJW 2017, 1633, 1635. 297  So auch MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 95. 298  RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 77. 299  So auch Omlor, NJW 2017, 1633, 1635. 300  RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 99. 301  Zutreffend MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 95; ähnlich, jedoch nur auf Erwägungsgrund (17) und Art. 3 Abs. 3 lit. b) WIKr-RiL abstellend Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 96d. 302  Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; sich anschließend Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d, der in Rn. 181e zudem davon ausgeht, dass das Eigentum an der Wohnimmobilie Dritten zustehen kann; Schulze/Grziwotz/Lauda/Steinbach-Martens/Prasse,

210 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

unter­fallen dem Begriff der Immobilie folglich sowohl diejenigen Grund­ stücke, die dem Wohnzweck als solches dienen, als auch Grundstücke, die lediglich Gebäude mit unterstützender Funktion, wie etwa eine Garage, beherbergen. Nur in diesem Fall bilden Haupt- und Nebengrundstück eine funk­tionale Einheit. Wirtschaftlich gesehen bilden Haupt- und Nebengrundstück eine Einheit, wenn der Wert des einen vom Wert des anderen Grundstücks abhängt, also bei objektiver Betrachtung beide Teile miteinander veräußert werden würden. Auch teleologisch ist diese Sichtweise geboten, da der Gesetzgeber den Immobilienverzehr gerade vom Erfordernis der Kreditwürdigkeitsprüfung ausnehmen wollte, um hierdurch die Kreditvergabe an Verbraucher zu verbessern.303 Eine Gesamtbetrachtung der dargestellten Art würde hierbei im Interesse des Kreditgebers und des Kreditnehmers zu einer Erhöhung des Kreditvolumens führen und damit gerade die Kreditvergabe verbessern, so dass es geboten erscheint, den Parteien die Möglichkeit des Verzehrs der gesamten Vermögenseinheit zuzugestehen. Weiterhin sieht Omlor auch das Wohnungseigentum vom Begriff der Immobilie erfasst.304 Nachdem dieses ebenfalls einen wirtschaftlichen Wert aufweist und zudem unter Einschränkung des § 12 WEG veräußert und grundpfandrechtlich belastet werden kann,305 stehen dieser Erstreckung keine wesentlichen Bedenken entgegen. Zwar könnte der Wortsinn des Begriffs der Immobilie dieser Auslegung entgegenstehen. Jedoch sind aus teleologischer Sicht keine Gründe ersichtlich, warum der Gesetzgeber den Verzehr von Wohnungseigentum nicht von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB erfasst wissen wollte. Vielmehr spricht für die Erstreckung gerade das vom Gesetzgeber proklamierte weite Begriffsverständnis sowie die bereits bemühten Erwägungsgründe (16) und (56) sowie Art. 3 Abs. 3 lit. b) WIKr-RiL.306 Nachdem auch das Regelungsregime der HECM des US-amerikanischen Rechts den Verzehr von Wohneinheiten erlaubt,307 sprechen für diese Auslegung zudem indiziell rechtsvergleichende Erwägungen. § 491 Rn. 2; gleichsam Palandt/Weidenkaff, § 491 Rn. 21; andere Ansicht wohl MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 95, wobei nicht zu erkennen ist, worin die nach eigener Einschätzung der Autoren andere Ansicht bestehen soll. 303  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S.  39; kritisch hierzu bereits Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme zum RegE-FinAufsRErgG vom 02.03.2017, S. 2. 304  Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; sich anschließend Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 95; Schulze/Grziwotz/ Lauda/Steinbach-Martens/Prasse, § 491 Rn. 2. 305  MünchKommBGB/Commichau, § 13 WEG Rn. 22; Staudinger/Rapp, 2018, § 1 WEG Rn. 14 ff. 306  Vgl. die Nachweise in Fn. 301. 307  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.II.2.b)cc)(2), Die Pflicht zur Hypothekenbestellung, S. 101.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB211

Abschließend zu klären und zu bejahen ist die Frage, ob auch grundstücksgleiche Rechte, allen voran das Erbbaurecht, vom Tatbestand erfasst sein sollen.308 Das Erbbauchrecht durchbricht den Grundsatz der Bodenakzession (§§ 946, 93 BGB) und schafft damit Sondereigentum am Gebäude, das dem Erbbaurecht als wesentlicher Bestandteil zugeordnet ist.309 Das Recht ist hierbei gem. § 1 ErbbauRG veräußerlich und kann ebenfalls Gegenstand einer dinglichen Belastung mit der Folge sein, dass das dem Recht zugrunde liegende Bauwerk zur Haftung herangezogen wird.310 Abstrakt gesprochen bedarf die Gleichstellung eines grundstücksgleichen Rechts damit, dass der dem Recht zugrunde liegende Gegenstand grundpfandrechtlich belastet oder mit dem Recht veräußert werden kann, da in diesem Fall die Liquidierung des gebundenen Eigenkapitals möglich ist.311 c) „Im Gegenzug nur“: Veräußerungserlös oder Recht an der Wohnimmobilie Weiterhin setzt § 491 Abs. 3 S. 4 BGB voraus, dass der Kreditgeber „im Gegenzug nur“ einen Betrag aus dem künftigen Erlös des Verkaufs einer Wohnimmobilie erhält oder ein Recht an dieser erwirbt. Die Auslegung der Begriffe könnte hierbei entweder zinsrechtlich, rückzahlungsrechtlich, haftungsrechtlich oder wirtschaftlich zu verstehen sein. aa) Zinsrechtliches Begriffsverständnis Nach der Ansicht von Omlor könnten die Tatbestandsmerkmale den Inhalt der Gegenleistungspflicht dahingehend umschreiben, dass der Kreditgeber als Gegenleistung der Mittelüberlassung entweder den künftigen Erlös aus dem Verkauf der Wohnimmobilie oder nach der Parteivereinbarung ein Recht an der Wohnimmobilie erwirbt.312 Folglich würde § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 308  Vgl. MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 96 i. V. m. Rn. 88; allgemein hierzu bspw. Bülow, WM 2015, 1309, 1311. 309  MünchKommBGB/Heinemann, § 12 ErbBauRG Rn. 2; Staudinger/Rapp, 2017, § 12 ErbBauRG Rn. 1 ff. 310  MünchKommBGB/Lieder, § 1113 Rn. 20; Staudinger/Rapp, 2017, § 12 ErbbauRG Rn. 14. 311  Ähnlich zu § 491 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 96h. 312  So jedoch ohne nähere Begründung Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; unklar Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d, der davon spricht, dass die Rückzahlung aus der Immobilie zu erfolgen habe, aber zugleich von einer Haftungsbeschränkung spricht und die Zinszahlungsverpflichtung unerwähnt lässt; unklar auch Reifner/Feldhusen/ Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, § 9 Rn. 73, die lediglich von einer Gegenleistung spricht; unklar auch BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 129 f., der einer-

212 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

BGB den Inhalt der Zinszahlungspflicht festlegen.313 Während dies hinsichtlich der auf Geldzahlung gerichteten Tatbestandsalternative des Erlöses an der Wohnimmobilie ohne Weiteres möglich ist, scheint fraglich, ob die Übertragung eines Rechts an der Wohnimmobilie als Zins eingeordnet werden kann.314 Der Zins wird dabei herkömmlicherweise als synallagmatische, laufzeitabhängige Vergütung für die Kapitalüberlassung verstanden, die zudem weder gewinn- noch umsatzabhängig ist.315 Unterstellt man hierbei, dass der Inhalt der Zinszahlungspflicht nicht mit dem Inhalt der Hauptschuld deckungsgleich sein muss,316 unterfiele die Vereinbarung zur Auskehrung des Verkaufserlöses und die Pflicht zur Einräumung eines Rechts an der Wohnimmobilie unproblematisch dem Zinsbegriff.317 Der schuldrechtliche Anspruch sei auf einen bestimmten Prozentsatz oder eine absolute Summe gerichtet, jedoch begrenzt durch den Veräußerungserlös der Wohnimmobilie.318 Unter den Begriff „Recht an der Wohnimmobilie“ fällt nach dieser Ansicht die Einräumung von Mit- oder Alleineigentum, Grundpfandrechten, Nießbrauch- oder sonstigen dinglichen Rechten.319 Der Zusatz „im Gegenzug nur“ würde bei Zugrundelegung dieses Verständnisses implizieren, dass kein Immobilienverzehrkreditvertrag vorliegt, wenn sich die Parteien auf ein hiervon abweichendes Leistungsprogramm verständigen.320 In der Konsequenz könnte der Darlehensgeber keinen Immobilienverzehrkreditvertrag vereinbaren, bei welchem er bspw. laufende oder erst am Ende der Vertragslaufzeit fällig werdende Zinszahlungspflichten vereinbart, die sich an der Höhe der Valuta und nicht am Grundstückswert orientieren.

seits im Zusammenhang mit einer Gegenleistungspflicht von einer Pflicht zur Weiterleitung des Verkaufserlöses bzw. zur Einräumung eines Rechts an der Wohnimmobilie spricht, andererseits von einer Rück- und Zinszahlungspflicht sowie einer Haftungsbeschränkung, siehe auch die Bedenken in Fn. 321 und Fn. 324; wohl Omlor zustimmend HK-BGB/Wiese, § 491 Rn. 7, der jedoch auch von der Haftung des Kreditnehmers spricht. 313  Omlor, NJW 2017, 1633, 1635. 314  Omlor, NJW 2017, 1633, 1635. 315  Statt vieler Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 181 m. w. N. 316  Hierfür etwa MünchKommBGB/Berger, § 488 Rn. 155; Palandt/Grüneberg, § 246 Rn. 2; wohl auch MünchKommBGB/Grundmann, § 246 Rn. 4; Mülbert, AcP 192 (1992), 447, 459; Staudinger/Omlor, 2016, § 246 Rn. 43; differenzierend hingegen Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 209; dagegen bspw. Ernst, ZfPW 2015, 250 f.; Seckelmann, BB 1998, 57. 317  Omlor, NJW 2017, 1633, 1635. 318  Omlor, NJW 2017, 1633, 1635. 319  So auch Omlor, NJW 2017, 1633, 1635. 320  So auch BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 129.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB213

bb) Rückzahlungsrechtliches Begriffsverständnis Eng hiermit zusammen hängt ein rückzahlungsrechtliches Begriffsverständnis dergestalt, dass die Tatbestandsmerkmale die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung festlegen könnten.321 Demnach müsste durch die vertragliche Gestaltung sichergestellt sein, dass die Rückzahlungsverpflichtung – unabhängig vom tatsächlich ausgezahlten Kapital – auf dasjenige beschränkt ist, was durch den künftigen Verkauf der Wohnimmobilie erlöst werden kann bzw. die Rückzahlung durch Übertragung eines Rechts an der Wohnimmobilie abgegolten wird. Rechtstechnisch könnte dies durch Vereinbarung einer rechnerischen Haftungsbeschränkung322 oder einer sonstigen Einwirkung auf die Schuld, etwa in Form eines bedingten Verzichts oder einer Ersetzungsbefugnis des Darlehensnehmers, erreicht werden. cc) Haftungsrechtliches Begriffsverständnis Weiterhin könnten die Tatbestandsmerkmale auch haftungsrechtlich zu verstehen sein, so dass ein Immobilienverzehrkreditvertrag nur dann vorläge, wenn die Parteien rechtsgeschäftlich vereinbaren, dass die Haftung – verstanden als Unterworfensein unter den vom Gläubiger initiierten Rechtszwang323 – auf den Wert der Wohnimmobilie beschränkt ist.324 Demnach 321  Unklar Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d, der davon spricht, dass die Rückzahlung durch Einräumung eines Rechts an der Wohnimmobilie erfüllt werden könne, jedoch zugleich von einer Haftungsbeschränkung spricht, diese jedoch nicht technisch zu verstehen scheint; auch unklar Jauernig/Berger, § 491 Rn. 6, der zumindest davon spricht, dass die vollständige Rückzahlung durch Verwertung der Immobilie erfolge; unklar ist, ob BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 129 f. die dort vorgeschlagene haftungsbeschränkende Wirkung durch eine rechnerische Haftungsbeschränkung oder eine materielle Haftungsbeschränkung im klassischen Sinn umsetzen möchte; aus denselben Gründen unklar, wohl jedoch aus rechtstatsächlicher und nicht dogmatischer Perspektive Krauß, notar 2017, 312, 320; ders., ErbR 2017, 530, 533 f. 322  Siehe zum Begriff unten Kapitel 4: C.III.1.b), Die gegenständlich beschränkte Haftung, S. 288. 323  Siehe speziell hierzu Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 I S. 66; siehe auch die Erläuterung in Fn. 704; allgemein zum hier zugrunde gelegten Haftungsbegriff siehe Kapitel 4: C.III.1.a), Der Begriff der Haftung, S. 284. 324  Grundlegend wohl JurisPK-BGB/Schwintowski, (07.12.2017), 8.  Auflage 2017, § 491 Rn. 67.1; nun (01.02.2020) § 491 Rn. 74, der seine Ansicht jedoch nicht weiter begründet; ausführlich unter rechtsvergleichenden Aspekten bereits Freitag/ Allstadt, WM 2017, 1877, 1880 (diese verkennend und von einer bloßen Möglichkeit zur Vereinbarung der Rückzahlungspflicht sprechend, aber auch zur Haftungsbeschränkung neigend PWW/Nobbe, § 491 Rn. 40); siehe darüber hinaus ohne nähere Begründung Fischer, ZAP 2017, 585, 588; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 491 Rn. 53 und 89; wohl auch Erman/Nietsch, § 491 Rn. 32; sich anschließend MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 96; ohne Begründung Palandt/

214 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

kann der Darlehensgeber als Gläubiger der Rück- und Zinszahlungsverpflichtung im Wege des Rechtszwangs nur auf das Grundstück oder den in diesem verkörperten Wert zugreifen, um sich hierdurch hinsichtlich seiner Forderungen zu befriedigen.325 Dem steht auch nicht entgegen, dass das Gesetz die Verknüpfung „oder“ zwischen dem Erlös und dem Recht an der Wohnimmobilie verwendet. Vielmehr beschreiben beide Tatbestandsvarianten die Haftungssituation in Abhängigkeit davon, welchen Weg die Parteien nach Eintritt der Fälligkeit einschlagen.326 Überlässt es der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer das Grundstück freihändig zu verwerten, so haftet dem Darlehensgeber – ähnlich einem Sondervermögen – lediglich dasjenige, was der Verkauf des Grundstücks erlöst hat.327 Rechtstechnisch würde in diesem Fall der zukünftige Käufer des Grundstücks die Rückzahlungsforderung als Dritter gem. § 267 Abs. 1 S. 1 BGB tilgen.328 Wird dem Darlehensgeber darüber hinaus ein Recht an der Wohnimmobilie in Gestalt eines Grundpfandrechts eingeräumt, erstreckt sich die Haftung auf dasjenige, was die Zwangsvollstreckung in das Grundstück erlösen kann.329 Aus dem Tatbestand, der die Regelbeispiele des Weidenkaff, § 491 Rn. 21; wohl auch, jedoch ohne nähere Begründung oder Auslegung des Tatbestandes, Krauß, notar 2017, 312, 320; ders., ErbR 2017, 530, 533 f.; unklar Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d, der davon spricht, dass die Rückzahlung aus der Immobilie zu erfolgen habe, aber zugleich von einer Haftungsbeschränkung spricht; unklar BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 129 f., der zum einen davon spricht, dass die Gegenleistung für die Mittelüberlassung im zukünftigen Verkaufserlös oder der Einräumung eines Rechts an der Wohnimmobilie liegt (was für ein zinsrechtliches Verständnis spräche), zum anderen jedoch auch die Haftungsbeschränkung erwähnt und unter den Begriff der Gegenleistung auch die Tilgung des Darlehens zu fassen scheint – im Ergebnis scheint Knops jedoch auch davon auszugehen, dass im Grundsatz Tilgung und Zinszahlung geschuldet sind und der Tatbestand nur den Modus nach Fälligkeit bzw. die Haftungsbeschränkung umschreibt; gleichsam unklar Schulze/Grziwotz/Lauda/Steinbach-Martens/Prasse, § 491 Rn. 2, die davon reden, dass der Immobilienverzehrkredit idR. durch Verkauf der Wohnimmobilie gegen Gewährung einer Leibrente zu verwirklichen sei, aber gleichsam von einer auf die Wohnimmobilie beschränkten Haftung sprechen; unklar auch HK-BGB/ Wiese, § 491 Rn. 7, der einerseits vom zinsrechtlichen Verständnis auszugehen scheint, zugleich jedoch auch die Haftung des Kreditnehmers erwähnt. 325  Grundlegend Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; sich anschließend MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 96; wohl auch PWW/Nobbe, § 491 Rn. 40. 326  Grundlegend Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; sich anschließend MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 96; wohl auch PWW/Nobbe, § 491 Rn. 40. 327  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; sich anschließend MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 96; wohl auch PWW/Nobbe, § 491 Rn. 40. 328  Statt vieler Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 200 und 406. 329  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; sich anschließend MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 96; wohl auch PWW/Nobbe, § 491 Rn. 40.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB215

Verkaufs bzw. der Verwertung der Wohnimmobilie benennt, ist insofern abstrahierend und teleologisch auf die Haftungsbeschränkung zu schließen.330 Dies folgt bereits aus der Erwägung, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses regelmäßig noch Unsicherheiten bzgl. der Art der Verwertung bestehen werden, die Einordnung als Immobilienverzehrkreditvertrag jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit und der Frage des anwendbaren Rechts bereits feststehen muss. Eine darüber hinausgehende Haftung des Darlehensnehmers für die Schuld mit seinem restlichen Vermögen wäre ausgeschlossen.331 Anders gewendet, würde hierdurch der Grundsatz der allgemeinen Vermögenshaftung zugunsten der Festlegung einer reinen Sachhaftung auf die Wohnimmobilie, also der Kombination von Verwertungsrecht und Haftungsbeschränkung, durchbrochen werden.332 Aus dem Zusatz „nur“ ergibt sich dabei, dass die Vereinbarung der Haftungsbeschränkung konstitutiv für das Vorliegen eines Immobilienverzehrkreditvertrages im technischen Sinne wäre.333 Regelungen zur Umgehung der Haftungsbeschränkung führen dazu, dass kein Immobilienverzehrkreditvertrag vorliegt.334 dd) Wirtschaftliches Begriffsverständnis Abschließend scheint es ausgehend vom wirtschaftswissenschaftlichen Begriff des Immobilienverzehrs335 ebenfalls möglich, unter den Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages sowohl das Darlehens- als auch das Kaufmodell zu fassen.336 Demnach wäre im Fall des Darlehensmodells die Haf330  Explizit

zur Methodik MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 96. WM 2017, 1877, 1880; sich anschließend MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 96. 332  Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 VI S. 88; ausführlich hierzu unten Kapitel 4: C.III.1.a), Der Begriff der Haftung, S. 287. 333  Statt vieler Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; siehe hierzu auch RegEFinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39; siehe auch die Nachweise oben Kapitel 4: B.I.4., Beschränkte Leitbildfunktion des Tatbestandes, S. 190. 334  MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 96. 335  Siehe hierzu oben Kapitel 2: A.II., Der Dualismus von Darlehen und Kauf, S. 51. 336  So wohl BeckOK-EStG/Schmidt, 05 Ed. 01.11.2019, § 20 Rn. 847.1, der davon spricht, dass im Rahmen des Verzehrkredits entweder die Übertragung des Eigentumsrechts gegen Zahlung einer lebenslangen Rente geschuldet sei oder auch ein grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen mit lebenslanger Auszahlung der Valuta vereinbart werden könne, hierbei jedoch den Begriff der Reverse Mortgage mit dem Immobilienverzehrkreditvertrag gleichsetzt und somit im Rahmen seiner Ansicht 331  Freitag/Allstadt,

216 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

tung des Darlehensnehmers auf den Erlös aus dem Verkauf des Grundstücks beschränkt, unabhängig davon, ob der Verkauf freihändig oder aufgrund einer Zwangsversteigerung erfolgt, während sich der Erwerb eines Rechts an der Wohnimmobilie auf die Hauptflicht des Verkäufers im Rahmen des Verkaufsmodells bezieht. Vor diesem Hintergrund könnte demnach von einer Janusköpfigkeit des Tatbestandes gesprochen werden. Hierfür sprechen allen voran europarechtliche Erwägungen, die aufgrund der europarechtlichen Einfärbung337 des Tatbestandes zur Auslegung herangezogen werden können. So spricht der europäische Gesetzgeber in Erwägungsgrund (16) der englischen Sprachfassung der WIKr-RiL sowohl von Lifetime- bzw. Reverse Mortgages als auch von Fällen der Home Reversion. In concreto bezieht sich der Gesetzgeber im Zusammenhang mit dem Merkmal „sum deriving from the sale of an immovable property“ lediglich auf die Lifetime- bzw. Reverse Mortgage, was sich daran zeigt, dass er am Ende des Erwägungsgrundes in Abgrenzung zur Home Reversion beide Varianten des Darlehensmodells nennt und die Home Reversion als „other products“ bezeichnet. Hieraus folgt, dass im ersten Teil des Erwägungsgrundes und damit hinsichtlich des Merkmals des „Erlöses aus dem Verkauf“ lediglich auf das Darlehensmodell Bezug genommen wird, während der Gesetzgeber in Bezug auf die Home Reversion hingegen lediglich davon spricht, dass diese Instrumente ähnlichen Zwecken dienen wie Lifetime- und Reverse Mortgage, nur dass bei diesen kein Kredit bereitgestellt würde. Hieraus könnte herausgelesen werden, dass dort vielmehr die Übertragung eines Rechts am Grundstück im Mittelpunkt steht, so dass sich der Gesetzgeber mittelbar auf das Kaufmodell bezieht. Aus rechtstatsächlicher Sicht spricht hierfür das Begriffsverständnis der dem Tatbestand zugrundeliegenden Studie der Kommission, die die rechtstechnische Umsetzung des Immobilienverzehrs durch Darlehen und Kauf erstmals abstrakt zusammengefasst hat.338 Nachdem beim Kaufmodell gerade kein Darlehen gewährt wird, sondern gegen Zahlung pauschaler oder regelmäßiger Geldleistungen ein Recht am Grundstück übertragen wird, könnte sich das Merkmal des Erwerbs eines Rechts am Grundstück lediglich nicht hinreichend genug zwischen Darlehens- und Kaufmodell differenziert. Unklar, wohl aber ähnlich BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 130, 133, der einerseits davon spricht, dass im Rahmen des Immobilienverzehrkredits die Übertragung des Grundeigentums geschuldet sei, andererseits aber auch bei entsprechender Parteivereinbarung ein Darlehen vorliegen könne; ebenfalls wohl in diesem Sinne Schulze/ Grziwotz/Lauda/Steinbach-Martens/Prasse, § 491 Rn. 2, die davon sprechen, dass der Immobilienverzehrkredit idR. durch Verkauf der Wohnimmobilie gegen Gewährung einer Leibrente zu verwirklichen sei, allerdings auch von einer auf die Wohnimmobilie beschränkten Haftung ausgehen. 337  Siehe hierzu oben Kapitel 4: B.I.3., Europarechtliche Färbung des Tatbestandes, S. 187. 338  Siehe hierzu bereits die Nachweise in Fn. 5.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB217

auf das Kaufmodell beziehen, da dieses eben gerade nicht mit der Bereitstellung eines Kredits einhergeht. Indiziell können für diese Sichtweise zudem rechtsvergleichende Argumente herangezogen werden. So spricht der österreichische Gesetzgeber in § 28 des die WIKr-RiL umsetzenden Hypothekar- und Immobilienkreditgesetzes (HIKrG)339 davon, dass die Vorschriften über Verbraucherkreditverträge Anwendung finden, wenn der Immobilienverzehrkreditvertrag in Form eines solchen Verbraucherkreditvertrages (oder einer sonstigen Finanzierungshilfe) geschlossen wird. Der österreichische Gesetzgeber geht folglich ebenfalls von einer Doppelnatur des Richtlinientatbestandes aus: Der Immobilienverzehrkreditvertrag kann entweder als Verbraucherkreditvertrag oder durch sonstige Vertragsgestaltung (Kaufvertrag) geschlossen werden. ee) Stellungnahme Es fragt sich damit, welche der dargestellten Deutungsvarianten dem Verständnis der Norm und damit der weiteren Untersuchung zugrunde zu legen ist. (1) Grammatische Auslegung (a) Zins- und rückzahlungsrechtliches Begriffsverständnis Für das zinsrechtliche Begriffsverständnis scheint dabei augenscheinlich der Wortlaut des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB zu sprechen, der gerade in der begrifflichen Ähnlichkeit von Gegenleistung und „im Gegenzug nur“ in Verbindung mit den dort beschriebenen Leistungspflichten die Vereinbarung eines Zinses zum Gegenstand haben könnte.340 Im besten Fall ist der Wortlaut jedoch indifferent und kann im Gegenteil sogar gegen die zinsrechtliche Auslegung des Tatbestandes herangezogen werden. Dies ergibt sich aus der Erwägung, dass der Gesetzgeber gerade nicht den Terminus technicus der Gegenleistung gewählt, sondern sich für eine hiervon abweichende Formulierung entschieden hat. Anders als in den Ankernormen der §§ 433, 488, 535, 581, 598, 607, 611, 611a, 631, 651a, 652, 662, 675f BGB spricht § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 BGB gerade nicht davon, dass der Darlehensnehmer zur Auskehr eines Betrags aus dem künftigen Erlös des Verkaufs der Wohn­ immobilie oder der Übertragung eines Rechts an dieser verpflichtet wäre. 339  Bundesgesetz über Hypothekar- und Immobilienkreditverträge und sonstige Kreditierungen zu Gunsten von Verbrauchern (Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz – HIKrG) vom 22.03.2016, BGBl (Österreich). I Nr. 135/2015. 340  So Omlor, NJW 2017, 1633, 1635.

218 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Vielmehr stellt die Norm auf den tatsächlichen Vorgang des Erhalts der Geldmittel ab, wenn diese statuiert, dass der Darlehensgeber diese im Gegenzug erhalte oder das Recht erwerbe. Es wird gerade nicht das Wort „verpflichtet“ als Synonym zur Umschreibung der schuldrechtlichen (Gegen)Leistungspflicht gebraucht. Aus den gleichen Gründen spricht der Wortlaut ebenfalls gegen das rückzahlungsrechtliche Begriffsverständnis. Zwar könnte hier aus dem Bezug zur Rückzahlung in Nr. 2 abgeleitet werden, dass sich Nr. 1 auf den Umfang der Schuld bezieht. Jedoch spricht das Gesetz auch hier nicht davon, dass der Darlehensnehmer zu einer Rückzahlung verpflichtet sei, deren Höhe durch den Verkaufserlös beschränkt oder durch die Übertragung eines Rechts abgegolten wäre. Vielmehr stellt der Wortlaut auf die tatsächliche Realisierung der Schuld ab. (b) Wirtschaftliches Begriffsverständnis Gegen die Zugrundelegung des wirtschaftlichen Verständnisses spricht zusätzlich zu den soeben vorgebrachten Argumenten, dass § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB von einer Rückzahlung des Kredits spricht. Während der Begriff des Kredits als Verschaffung von Kaufkraft auf Zeit weit auszulegen ist und u. U. auch kaufvertragliche Konstruktionen erfassen kann,341 widerspricht einem solchen Begriffsverständnis, dass der Kreditgeber ausweislich des Wortlauts eine Rückzahlung fordert, wenn der Verbraucher verstorben ist oder der Vertrag aufgrund einer Vertragspflichtverletzung gekündigt wurde. Zum einen kommt dem Käufer eines Grundstücks kein Anspruch auf Rückzahlung des vom Verkäufer geleisteten Kaufpreises zu, vielmehr gehen die Leistungen endgültig in das Vermögen des anderen Teils über.342 Den Begriff der Rückzahlung in diesem Kontext wirtschaftlich zu verstehen und damit weit auszulegen, so dass hierin ein Hinweis auf den Weiterverkauf des Grundstücks durch den Kreditgeber (Käufer) an Dritte zu Zwecken der Re­ finanzierung nach Versterben des Verbrauchers zu sehen sein könnte, scheint die Bedeutung des Wortlauts „Rückzahlung“ zu überspannen. Zum anderen können Kaufverträge, die über einen gewissen Zeitraum geschlossen werden, wodurch sich die Leistungs- und Rücksichtnahmepflichten über den Zeitverlauf hinweg ständig erneuern, namentlich dem Leibrentenkaufvertrag, zwar als Dauerschuldverhältnis gem. § 314 BGB gekündigt 341  Bülow, NJW 2002, 1145  f.; ausführlich zu den verschiedenen Bedeutungen des Kreditbegriffs Meincke/Hingst, WM 2011, 633. 342  Siehe hierzu mit Nachweisen bereits oben Kapitel 4: A.II., Aufstellung der relevanten Abgrenzungskriterien, S.  159 ff.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB219

werden.343 Jedoch spricht das Gesetz davon, dass der Kreditgeber „erst“ nach dem Tod des Verbrauchers eine Rückzahlung fordert. Das Gesetz impliziert damit, dass die Rückzahlung der dargereichten Mittel bei Tod des Verbrauchers den Regelfall darstellt, so dass eine Rückzahlung vor diesem Zeitpunkt mangels Fälligkeit nicht gefordert werden kann. Unterstützt wird dieses Verständnis durch die Ausnahmebestimmung, dass eine Rückzahlung nach erfolgter Kündigung wegen Pflichtverletzung bereits vor dem Tod des Verbrauchers möglich ist. Der Tatbestand geht damit davon aus, dass die ausgezahlten Mittel in jedem Fall wieder zurückgezahlt werden müssen. Nachdem eine Rückzahlung im Fall einer kaufrechtlichen Konstruktion nur dann notwendig ist, wenn der Verkäufer (Verbraucher) gegen seine vertrag­ lichen Pflichten verstößt, eine Rückzahlung bei unterstelltem Regellauf des Vertrages demnach nicht geschuldet ist, wird hierdurch ein Bezug zum Kaufmodell ausgeschlossen. (c) Haftungsrechtliches Begriffsverständnis Der Wortlaut ist einzig mit der Vereinbarung einer gegenständlichen Haftungsbeschränkung vereinbar. Denn bei der Realisierung der Haftung geht es nicht um eine Pflicht des Schuldners im Sinne eines Leistenmüssens, sondern, obgleich Teil des materiellen Rechts, um die tatsächliche (zwangsweise) Durchsetzung der Schuld.344 Spricht nun § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 BGB davon, dass der Darlehensgeber nur einen Betrag oder ein Recht an der Wohnimmobilie erhalte, so stellt die Norm auf die tatsächliche Realisierung der Schuld ab, also auf dasjenige, was der Gläubiger letztlich vom Schuldner zur Tilgung der Schuld erzwingen kann. Wie dargelegt unterliegt dem Zwangszugriff demnach der durch freihändigen Verkauf oder Zwangsvollstreckung zu erlösende Betrag. Aus dem Zusatz „im Gegenzug nur“ folgt, dass kein Immobilienverzehrkreditvertrag vorliegt, wenn die Parteien eine Öffnung der Haftung des Darlehensnehmers vereinbaren, also bspw. darüber hinausgehende Sicherheiten bestellen.

343  Siehe zur allgemeinen Möglichkeit den Kaufvertrag bei entsprechender Parteivereinbarung als Dauerschuldverhältnis einzuordnen MünchKommBGB/Gaier, § 314 Rn. 7; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 16 I 3 c) S. 381 f.; NK-BGB/Krebs/Jung, § 314 Rn. 12; JurisPK-BGB/Weth, (01.02.2020), § 314 Rn. 8; zur gleichgelagerten Problematik, bspw. beim Werkvertrag, siehe BGH, Urt. vom 26.03.2008 – X ZR 70/06, NJW-RR 2008, 1155; zum Leibrentenkauf als Dauerschuldverhältnis siehe MünchKommBGB/Habersack, § 759 Rn. 4, 27; Staudinger/Mayer, 2015, Vor. §§ 759–761 Rn. 36 und 54. 344  Siehe hierfür ausführlich mit Nachweisen unten Kapitel 4: C.III., Die rechtsgeschäftliche Haftungsbeschränkung, S. 284 ff.

220 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

(2) Teleologische Auslegung (a) Wirtschaftliches Begriffsverständnis Aus teleologischer Sicht spricht für die wirtschaftliche Auslegung des Tatbestandes, dass der Definition des Immobilienverzehrkreditvertrages, wie bereits dargelegt,345 die von der Studie zum Immobilienverzehr in Europa aufgestellte Unterscheidung von Darlehens- und Kaufmodell zugrunde liegt. Durch den Hinweis auf Lifetime- bzw. Reverse Mortgage und Home Reversion in Erwägungsgrund (16) gibt der europäische Gesetzgeber zu verstehen, dass er vom Richtlinienanwendungsbereich beide Formen des Immobilienverzehrs ausgeschlossen wissen will. Der europäische Gesetzgeber wollte demnach das wirtschaftliche Phänomen des Immobilienverzehrs unabhängig von dessen rechtstechnischer Umsetzung beschreiben, um dieses hierdurch in einen greifbaren juristischen Begriff zu wandeln. Auch der deutsche Gesetzgeber scheint diese Sichtweise aufgegriffen zu haben, wenn er in der Begründung des FinAufRErG davon spricht, dass das wirtschaftliche Ergebnis des Immobilienverzehrkreditvertrages im deutschen Recht auf unterschiedliche Weise erreicht werden könne.346 Im Folgenden nennt der Gesetzgeber zum einen den von ihm zu diesem Zweck favorisierten Leibrenten(kauf)vertrag als Beispiel des Kaufmodells, nimmt jedoch auch auf das Darlehensmodell Bezug, welches vorliegt, wenn der Vertrag den Bestimmungen des § 488 BGB entspricht.347 Der Begriff des Darlehens sollte durch § 491 Abs. 3 S. 4 BGB gerade nicht erweitert werden, sondern sich nach § 488 BGB richten.348 Vor diesem Hintergrund ist es auch einleuchtend, dass der Gesetzgeber von atypischen Leistungspflichten des Immobilienverzehrkreditvertrages spricht und sich hierbei allerdings auf die Eigentumsübertragungspflicht des Kaufmodells bezieht.349 Weiterhin spricht für dieses Verständnis, dass sich der Gesetzgeber entgegen der Einwendungen des Bundesrates, der im Sinne einer einheitlichen Diktion des Darlehensrechts eine solche Änderung angemahnt hatte,350 für die Bezeichnung „Kreditvertrag“ und nicht „Darlehen“ entschieden hat.351 345  Siehe hierzu oben Kapitel 4: B.I.3., Europarechtliche Färbung des Tatbestandes, S. 187. 346  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 347  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39 f. 348  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 349  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 350  BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/16, S. 20. 351  BReG, Stellungnahme FinAufsRergG vom 08.03.2017, BT-Drs. 18/11420, S. 20.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB221

(b) Haftungsrechtliches Begriffsverständnis Allerdings ist die Gesetzesbegründung nicht derart klar abgefasst, dass als einziges Verständnis das wirtschaftliche verbleiben würde. Vielmehr spricht der Gesetzgeber allgemein davon, dass dem Kreditgeber ein Verwertungsrecht eingeräumt werde, mit dessen Hilfe sich dieser „wegen seiner Forderung nur in der Weise befriedigen kann, dass er einen Betrag aus dem künftigen Erlös des Verkaufs einer Wohnimmobilie erhält oder ein Recht an einer Wohnimmobilie erwirbt, das er verwerten kann.“352 Gegen das zins- und rückzahlungsrechtliche Begriffsverständnis kann damit eingewendet werden, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Forderung bereits zu dem Zeitpunkt besteht, zu welchem der Kreditgeber Befriedigung sucht. Der Wortlaut „Befriedigung“ spricht dabei dafür, dass es um die tatsächliche Realisierung des Schuldumfangs geht, wobei der Umfang von Rück- und Zinszahlungsverpflichtung bereits feststehen muss. Der Tatbestand umschreibt diese beiden Posten demnach nicht, sondern setzt diese für die Umschreibung der Haftung voraus. Umso deutlicher wird dies an der Stelle, an welcher der Gesetzgeber explizit davon spricht, dass der Richtliniengeber ebenfalls von einer auf die Wohnimmobilie beschränkten Haftung ausgehe bzw. das an der Wohnimmobilie erworbene Recht vom Kreditgeber verwertet werden müsse.353 Der Begriff der Haftung ist zwar mehrdeutig besetzt und kann neben der Realisierung der Schuld ebenfalls als Synonym derselben verstanden werden.354 Gegen diese Lesart im konkreten Kontext spricht jedoch, dass der Gesetzgeber von einer „Verwertung“355 des Rechts spricht und „sich der Kreditgeber wegen seiner Forderung“356 nur in der genannten Weise befriedigen kann. Der Gesetzgeber setzt also voraus, dass die Parteien den Umfang der Forderung bereits i. S. d. Pflichtenprogramms des § 488 Abs. 1 BGB festgelegt haben und das Tatbestandsmerkmal „im Gegenzug nur“ einzig und allein Abreden über die tatsächliche Realisierung der Schuld betreffen. Somit legt auch der Gesetzgeber den Begriff der Haftung im traditionell verstandenen Sinn als Realisierung der Schuld357 aus.

352  RegE-FinAufsRErgG

vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 354  Statt vieler Staudinger/Olzen, 2015, Einl. §§  241  ff. Rn. 239; ausführlich hierzu mit weiteren Nachweisen unten Kapitel 4: C.III.1.a), Der Begriff der Haftung, S.  284 ff. 355  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 356  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 357  Statt vieler Staudinger/Olzen, 2015, Einl. §§ 241 ff. Rn. 240; ausführlich mit weiteren Nachweisen siehe unten Kapitel 4: C.III.1.a), Der Begriff der Haftung, S. 284. 353  RegE-FinAufsRErgG

222 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Abschließend sprechen für die Lesart als grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen mit rechtsgeschäftlicher Haftungsbeschränkung europarechtliche Erwägungen. Würde unter den Begriff des Rechts an der Wohnimmobilie, wie etwa die zinsrechtliche Meinung dies vertritt, lediglich die Einräumung des Eigentumsrechts als Leistungspflicht ohne grundpfandrechtliche Ab­ sicherung fallen, so würde der Kredit zwar nicht der WIKr-RiL, jedoch der Verbraucherkreditrichtlinie358 unterfallen.359 Dies hätte zur Konsequenz, dass der vollständige Ausschluss der §§ 491 ff. BGB europarechtswidrig wäre. Jedoch folgt aus Erwägungsgrund (16) WIKr-RiL, dass der europäische Gesetzgeber den Kredit als Spezialfall des Immobilienkredits ansieht, dessen Spezifika (im Verhältnis zum Prototyp des Realkredits) gerade außerhalb der Richtlinie liegen. Der Gesetzgeber geht damit, unter Zugrundelegung der Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 WIKr-RiL, davon aus, dass das Recht an der Wohnimmobilie der Absicherung des Kredits dienen muss. Dies ist jedoch bei der Annahme einer Leistungspflicht zur Übertragung des Eigentums als Gegenleistung der Mittelüberlassung gerade nicht der Fall. Dieses Verständnis spricht wiederum dafür, dass der Gesetzgeber den Fall eines grundpfandrechtlich gesicherten Darlehens vor Augen hatte, bei welchem einzig die Haftung auf die genannten Posten beschränkt ist. (3) Systematische Auslegung Eindeutig gegen das wirtschaftliche Begriffsverständnis spricht die systematische Einordnung des Ausschlusstatbestandes in § 491 BGB. Auch wenn es die Intention des europäischen Gesetzgebers war, beide Modelle vom Richtlinienanwendungsbereich auszuschließen, sieht sich dieser, anders als der deutsche Gesetzgeber, nicht in der Pflicht, die Richtlinie in ein geschlossenes Gesetzessystem einzufügen. Mit Verortung des Tatbestandes in § 491 BGB ist jedoch – ohne oder auch entgegen des Gesetzgeberwillens (Grundsatz der objektiven Gesetzesauslegung) – die systematische Stellung des Tatbestandes im Verhältnis zu dessen Regelungsgehalt zu beachten. Würde man davon ausgehen, dass der Tatbestand ebenfalls das Kaufmodell umfassen würde, so würde dem Tatbestand hinsichtlich der zweiten Hälfte seines Wortlauts kein eigenständiger Regelungsgehalt zukommen, da ein Kaufvertrag mangels entsprechenden Leistungsprogramms niemals als Darlehensver-

358  Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/WEG des Rates (Verbraucherkreditrichtlinie), Abl. L 133/66. 359  Hierzu bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1878; ähnlich Omlor, NJW 2017, 1633, 1635.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB223

trag eingeordnet werden kann.360 Auch wenn der Gesetzgeber von einer Klarstellung361 spricht, wobei bereits fraglich ist, auf was sich dies beziehen soll, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber eine Regelung schaffen wollte, die partiell über keinen Anwendungsbereich verfügt.362 Vielmehr ist durch die Verortung in § 491 BGB davon auszugehen, dass zwar gerade kein Verbraucherdarlehensvertrag, jedoch ein Darlehensvertrag mit den darlehnsvertraglichen Pflichten nach § 488 BGB vorliegt und § 491 Abs. 3 S. 4 BGB lediglich dessen Spezifika (Haftungsbeschränkung, Fälligkeitszeitpunkt) im Verhältnis zum Regelfall umschreibt.363 Hierfür spricht auch, dass der deutsche Gesetzgeber, anders als der österreichische, im Wortlaut des Tatbestandes nicht nach der Art des abgeschlossenen Vertrages differenziert, sondern vielmehr in absoluter Bestimmtheit das gesamte Verbraucherdarlehensrecht ausschließt. Hätte der Gesetzgeber den Ausschlusstatbestand nur auf die darlehensvertraglichen Komponenten erstrecken wollen, so wäre eine Formulierung zu wählen gewesen, die dies zum Ausdruck bringt, bspw.: Wird der Immobilienverzehrkreditvertrag in Form eines Verbraucherdarlehensvertrag gem. § 491 Abs. 1 BGB geschlossen, so finden die Vorschriften über das Verbraucherdarlehen gleichwohl keine Anwendung. Aus dem gesagten folgt zugleich, dass das oben dargestellte zinsrechtliche Begriffsverständnis fälschlicherweise das von der WIKr-RiL für die Umschreibung des Kaufmodells vorgesehene Pflichtenprogramm (Übertragung des Eigentums als Recht an der Wohnimmobilie) unzulässigerweise auf das Darlehensmodell überträgt. In Anbetracht der systematischen Einordnung des Verzehrkredits in § 491 BGB ist der Begriff des Rechts an der Wohnimmobilie indes im Sinn des haftungsrechtlichen Begriffsverständnisses umzudeuten. (4) Rechtsvergleichende Erwägungen Auch rechtsvergleichende Erwägungen stützen die haftungsrechtliche ­ uslegung. So verweist die WIKr-RiL auf die Reverse Mortgage des USA amerikanischen Rechts. Diese – sowohl in Gestalt der HECM als auch der Proprietary Reverse Mortgage – müssen durch den NHA bzw. durch TILA zwangsweise vorgegeben, non recourse-Klauseln enthalten, die im Kern der Haftungsbeschränkung des deutschen Rechts entsprechen. 360  Zu

1879.

diesem systematischen Argument bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877,

361  RegE-FinAufsRErgG

vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. WM 2017, 1877, 1879. 363  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879 f. 362  Freitag/Allstadt,

224 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Aus rechtsvergleichender Perspektive spricht gegen das zinsrechtliche Verständnis zudem, dass es im US-amerikanischen Recht möglich und auch üblich ist, dass das Darlehen während der Laufzeit des Kredits verzinst wird. Würde § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 BGB als abschließende Regelung des Zinses zu verstehen sein, so wäre eine solche Gestaltung nicht möglich. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Kalkulation des Auszahlungsbetrages entscheidend von der Höhe der Zinslast abhängt. Zwar kennt auch das USamerikanische Recht mit der Reverse Shared Appreciation Mortgage Fallgestaltungen, bei denen keine oder wenige Zinsen zu leisten sind und die Gegenleistung von der Relation der Wertsteigerung der Immobilie abhängt.364 Jedoch spricht gegen ein solches Verständnis des Tatbestandes, dass die Reverse Shared Appreciation Mortgage einen Sonderfall der Reverse Mortgage darstellt. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der europäische und deutsche Gesetzgeber einzig die Sonder- jedoch nicht die Grundform der Reverse Mortgage ausnehmen wollten. Hierfür spricht bereits die englische Fassung von Erwägungsgrund (16), in dem einzig von Lifetime- bzw. Reverse Mortgage die Rede ist. (5) Abwägung und Ergebnis Im Ergebnis sprechen somit sowohl grammatische, teleologische als auch rechtsvergleichende Erwägungen gegen das zins- und rückzahlungsrechtliche Begriffsverständnis. Nachdem die Absicht des Gesetzgebers jedoch entweder für die wirtschaftliche Einordnung oder das haftungsrechtliche Verständnis sprechen könnte, ist fraglich, auf was im Folgenden abzustellen ist. Gegen das wirtschaftliche Verständnis spricht zunächst der Wortlaut der Bestimmung. Auch wenn es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, ebenfalls das Kaufmodell in den Tatbestand aufzunehmen, verstößt eine solche Auslegung gegen den objektiven Wortsinn der in Nr. 2 erwähnten und in jedem Fall zu leistenden Rückzahlung. Darüber hinaus wird dieses Ergebnis durch die systematische Einordnung in das System des Darlehensrechts gestützt, bei welchem eine Rückzahlungsverpflichtung zwingend ist. Es kann damit nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzeber einen Tatbestand schaffen wollte, der über keinerlei Anwendungsbereich verfügt. Selbst wenn der Gesetzgeber in Übereinstimmung mit den Vorgaben der WIKr-RiL das Kaufmodell umfassen wollte, widersprechen dieser Absicht folglich der misslungene Wortlaut und die misslungene systematische Einordnung der Regelung in § 491 BGB. 364  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 2: A.II.1.b), Produktformen des Darlehensmodells, S. 56.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB225

Einzig die haftungsrechtliche Auslegungsmethode entspricht allen vier Auslegungskriterien. Der Tatbestand stellt auf die faktische Realisierung der Schuld ab, ohne dass der Wortlaut von Nr. 2 entgegenstünde. Auch der Gesetzgeber spricht von Haftung und meint damit die Verwertung der Wohnimmobilie. Die systematische Stellung in § 491 BGB spricht gegen die Auslegung als Ausschlusstatbestand des Kaufmodells und für eine punktuelle Regelung des Darlehensmodells. Insgesamt ist somit im Folgenden davon auszugehen, dass unter den Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages lediglich Darlehensverträge fallen, deren Leistungspflichten sich nach § 488 BGB richten und lediglich die Haftung des Darlehensnehmers auf dasjenige beschränkt ist, was ein freihändiger oder zwangsweiser Verkauf der Wohnimmobilie erlösen kann. Letztlich bewirkt der Überschuldungsverzicht damit, dass der Kreditgeber im Grundsatz365 das Risiko der Wertentwicklung der Immobilie trägt.366 Ob dieser für den Fall, dass der Immobilienwert den Wert der Zins- und Rückzahlungsverpflichtung übersteigt, die überschüssigen Gewinne einbehalten darf, hängt von der konkret gewählten Parteivereinbarung ab: Einigen sich die Parteien etwa auf einen Eigentumsübergang zwecks Tilgung, setzt sich das Eigentumsrecht am gesamten Gewinn fort, für den Fall eines Grundpfandrechts hingegen müsste eine solche Vereinbarung im Vorfeld getroffen werden.367 d) Entgeltlichkeit des Vertrages Wie gesehen beschreibt das Tatbestandsmerkmal, dass im Gegenzug nur ein Betrag aus dem künftigen Erlös des Verkaufs erlöst oder ein Recht an einer Wohnimmobilie erworben wird, die Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung für die vertraglichen Verpflichtungen des Darlehensnehmers.368 Hiermit ist jedoch noch nicht die Frage beantwortet, ob Immobilienverzehrkreditverträge auch ohne Zinszahlungspflicht – also unentgeltlich – vereinbart werden können. Zwar schweigt sich § 491 Abs. 3 S. 4 BGB insgesamt zur Frage der Entgeltlichkeit aus, allerdings folgt die zwingende Ausgestaltung als entgelt­ 365  Zu den Ausnahmen siehe unten Kapitel 4: C.IV.1.c), Wirksamkeit einzelner Klauseln, 306 ff. sowie Kapitel 4: C.IV.2.a)bb), Anwendbarkeit von § 490 Abs. 1 BGB, S. 315 ff. sowie Kapitel 4: C.IV.2.a)cc), Anwendbarkeit von § 313 Abs. 3 S. 2 BGB, S.  316 ff. 366  JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 74 und 77; ausführlich zur Risikostruktur siehe unten Kapitel 4: C.I., Risikostruktur, S. 256 ff. 367  Schnabl, NZM 2007, 714, 716. 368  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 4: B.III.2.c), „Im Gegenzug nur“: Veräußerungserlös oder Recht an der Wohnimmobilie, S. 211.

226 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

licher Vertrag aus dem bereits bemühten systematischen Argument, dass § 491 Abs. 3 S. 4 BGB als Ausschlusstatbestand fungiert und sich folglich implizit auf die Definition des Immobiliar-Verbraucherdarlehens rückbezieht. Eine andere Sichtweise würde dem Regel-Ausnahmeverhältnis widersprechen, das § 491 BGB immanent ist. Es kann demnach nur das vom Anwendungsbereich ausgenommen werden, was diesem im Ausgangspunkt auch unterfallen würde. Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist somit die Entgeltlichkeit des Vertrages in die Begriffsbestimmung des Immobilienverzehrkreditvertrages hineinzulesen. e) Fälligkeitszeitpunkt aa) Rückzahlungsverpflichtung Weiterhin setzt § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB voraus, dass der Kreditgeber eine Rückzahlung erst nach dem Tod des Verbrauchers fordert, außer der Verbraucher verstößt gegen Vertragsbestimmungen, was es dem Kreditgeber erlaubt, den Vertrag zu kündigen. (1) Tod des Verbrauchers Auch wenn der Tatbestand auf die tatsächliche Geltendmachung der Rückzahlung abstellt und korrekterweise um den Zusatz „fordern kann“ ergänzt werden müsste,369 beschreibt § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB den Fälligkeitszeitpunkt des Rückzahlungsanspruchs.370 Denn zum einen entspricht es der wirtschaftlichen Grundkonzeption des Immobilienverzehrs nach dem Darlehensmodell, dass der Rückzahlungsanspruch erst am Todestag des Kreditnehmers fällig wird, um diesen den lebzeitigen Gebrauch der Immobilie zu ermöglichen.371 Zum anderen sind keine Gründe ersichtlich, warum es auf die tatsächliche Geltendmachung des Anspruchs und nicht den Zeitpunkt des rechtlichen Könnens ankommen soll. Andere Normen, exemplarisch sei der Prototyp des § 271 BGB genannt, der in seinem Abs. 1 ebenfalls davon spricht, dass der Gläubiger die Leistung sofort verlangen kann und gerade nicht voraussetzt, dass dieser die Leistung auch tatsächlich verlangt, stellen schon Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879. WM 2017, 1877, 1879; siehe auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d; dies implizierend BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 131; Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 97; wohl auch JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 75 f. 371  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 9; siehe hierzu bereist oben Kapitel 2: A.I., Die wirtschaftliche Struktur des Immobilienverzehrs, S. 50. 369  So

370  Freitag/Allstadt,



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB227

auf den Fälligkeitszeitpunkt ab.372 Auch die Besonderheiten des Immobilienverzehrs fordern keine gegenteilige Auslegung, so dass im Sinne eines kohärenten Gesetzesverständnisses § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB iSe. Zeitbestimmung zu verstehen ist. Unschädlich ist hierbei der Fall, dass die Parteien ein Recht zur vorzeitigen Ablösung durch den Darlehensnehmer vereinbaren,373 während der umgekehrte Fall der Forderung durch den Darlehensgeber zu Lebzeiten des Darlehensnehmers ohne vorherige Kündigung evident nicht vom Wortlaut der Norm umfasst ist.374 Die Frage, wann der Tod des Verbrauchers eingetreten ist, hat sich an der dynamischen Diskussion zum Todesbegriff in §§ 1, 1922 BGB zu orientieren.375 Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber einen immobilienverzehrspezifischen Todesbegriff einführen wollte, lassen sich weder dem Wortlaut, der Systematik noch dem Telos der Norm entnehmen. § 491 Abs. 3 S. 4 BGB soll nach dem gesetzgeberischen Willen auch dann eingreifen, wenn die Parteien vereinbaren, dass der Rückzahlungsanspruch am Todestag des zunächst überlebenden Ehegatten oder sonstiger Dritter fällig gestellt werden soll.376 Wie oben bereits erörtert ist dies unproblematisch vom Wortlaut gedeckt, wenn der Ehegatte seinerseits am Rechtsgeschäft beteiligt ist, anderenfalls ist der Ausschlusstatbestand analog anzuwenden.377 (2) Kündigung infolge Verstoßes gegen vertragliche Bestimmungen Hiervon abweichend kann die Rückzahlung jedoch auch gem. § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB vorzeitig, also vor dem Tod des Verbrauchers, fällig gestellt werden, wenn der Verbraucher gegen die Vertragsbestimmungen verstößt, was es dem Kreditgeber erlaubt den Vertrag zu kündigen.

372  Statt vieler MünchKommBGB/Krüger, § 271 Rn. 2; BeckOK-BGB/Lorenz, 53. Ed. 01.02.2020, § 271 Rn. 2. 373  Bülow/Artz/Bülow, §  491 Rn. 181d; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 97; PWW/Nobbe, § 491 Rn. 40, der zu Unrecht auf Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880 verweist, wo die Autoren die Rückzahlungspflicht im Rahmen von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB beschreiben und kein fakultatives Rückzahlungsrecht beschreiben. 374  So auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d. 375  Statt vieler BeckOK-BGB/Bamberger, 53. Ed. 01.02.2020, §  1 Rn. 20  f. m. w. N. 376  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39; hierzu aus der Literatur statt vieler MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 97. 377  Siehe hierzu oben Kapitel 4: B.III.1.b)bb), Der Ehegatte des Verbrauchers und sonstige Dritte, S. 197.

228 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Auch wenn das Gesetz hierauf nicht explizit eingeht, bezieht sich der Begriff der Kündigung nur auf die außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers.378 Dies ergibt sich daraus, dass mit Festlegung des Fälligkeitszeitpunkts auf den Tod des Verbrauchers eine bestimmte Zeit für die Rückzahlung des Darlehens bestimmt ist, wodurch die ordentliche Kündigung des Darlehensgebers ausgeschlossen wird.379 Der Wortlaut von § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB ist dabei als Hinweis auf § 314 BGB zu verstehen,380 wobei beide Normen nebeneinander respektive zweistufig anzuwenden sind: Zum einen muss der Verbraucher gegen ihm auferlegte vertragliche Bestimmungen verstoßen, so dass dem Kreditgeber zum anderen hieraus ein vertragliches Recht zur außerordentlichen Kündigung erwächst, das an § 314 BGB zu messen ist.381 Auffällig ist, dass der Gesetzgeber nicht den Begriff der Verpflichtung oder Leistungspflicht gewählt hat, sondern allgemein von Vertragsbestimmungen spricht. Demnach können die Parteien nicht nur Kündigungsrechte bei Verstößen gegen die Zinszahlungsverpflichtung vereinbaren, sondern ebenfalls bei Verstoß gegen allgemeine vertraglich festgesetzte Verhaltenspflichten.382 Dieser Mechanismus ist aus dem internationalen Kreditgeschäft bzw. Konsortialkrediten bekannt, wo die allgemeinen Verhaltenspflichten als „general undertakings“383 oder „covenants“384 bezeichnet werden und den Darlehens-

378  So auch JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 76; wohl auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181f; wohl auch MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 97; hingegen spricht BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn.132 allgemein und ohne nähere Festlegung von der Kündigung; unklar Reifner/ Feldhusen/Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, § 9 Rn. 73, die von einem „noch kaum ausdifferenzierten Kündigungsrecht“ spricht. 379  Hierzu vor Verabschiedung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB Dietzel, Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, S. 139, der allerdings Darlehensnehmer und Darlehensgeber zu vertauschen scheint; allgemein hierzu siehe MünchKommBGB/Berger, § 488 Rn. 224; Staudinger/Mülbert, 2015, § 488 Rn. 305; JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 488 Rn. 82. 380  JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 76. 381  Ähnlich JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 76; unklar Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181f, der den vertraglichen Kündigungsgrund wohl nicht an § 314 BGB messen will, sondern § 314 BGB als gesetzlichen Kündigungsgrund neben das vertragliche Kündigungsregime treten lässt; ähnlich BeckOGK-BGB/­ Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 132; unklar MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 97, die die bloße Vereinbarung des Kündigungsgrundes wohl als ausreichend betrachten. 382  Ähnlich JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 76. 383  Zum Begriff siehe Köndgen, Insolvenzrecht 1996, 127, 130  ff.; Staudinger/ Mülbert, 2015, § 490 Rn. 168; LBS/Walgenbach, Bankrechts-Kommentar, Kap. 16 Dokumentation internationaler Konsortialkredite Rn. 149.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB229

geber vornehmlich zur Kündigung des Vertrages berechtigen.385 Das aus dem Verstoß resultierende und als „default event“386 bezeichnete vertraglich vereinbarte Kündigungsrecht dient dem Kreditgeber gleichsam der Absicherung bestehender Kreditrisiken.387 Im Kontext des Immobilienverzehrs bezwecken die Parteien durch die Vereinbarung solcher default events eine Kompensation des Immobilienwert- und Moral-Hazard-Risikos als Teil des Überschreitungsrisikos.388 Gestützt wird diese Lesart durch die ebenfalls im US-amerikanischen Bundesrecht verbreitete Möglichkeit einer vorzeitigen Fälligstellung des Kredits bei Verstoß gegen gewisse Verhaltenspflichten. Anders als das US-amerikanische Bundesrecht, das die Vereinbarung von verhaltensabhängigen Kündigungsgründen enumerativ aufzählt,389 zieht das deutsche Recht dem Parteiwillen, mit Ausnahme allgemeiner Normen, indes keine Grenzen.390 Neben den von den Parteien konkretisierten Kündigungsgründen bleibt § 314 BGB aufgrund der Natur des Vertrages als Dauerschuldverhältnis grundsätzlich auch ohne vertragliche Bestimmung anwendbar und gewährt ein

384  Siehe zum Begriff Köndgen, Insolvenzrecht 1996, 127, 130 ff.; Heinrich, Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz, S. 120  ff.; Renner/ Schmidt, ZHR 180 (2016), 522, 525 ff.; Wittig, WM 1996, 1381 ff. 385  Eingehend hierzu Heinrich, Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz, S.  191 ff.; Kästle, Rechtsfragen der Verwendung von Covenants in Kreditverträgen, S.  74 ff.; Renner/Schmidt, ZHR 180 (2016), 522, 527 ff.; Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 33 ff. (insbesondere S. 45); LBS/Walgenbach, Bankrechts-Kommentar, Kap. 16 Dokumentation internationaler Konsortialkredite Rn. 149; sowie Wenzel, Rechtsfragen internationaler Konsortialkreditverträge, S. 81 f.; siehe zum Überblick darüber hinaus MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 87; Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 168 f.; Wittig, WM 1999, 985, 987. 386  Eingehend zur Abgrenzung der Begrifflichkeiten von covenants, representations, warranties und default events siehe Wittig, WM 1999, 985, 987. 387  Ausführlich hierzu Heinrich, Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz, S. 124  ff.; siehe darüber hinaus MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 87, § 490 Rn. 58; Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 169; Renner/Leidinger, BKR 2015, 499, 502; Renner/Schmidt, ZHR 180 (2016), 522, 527; Wenzel, Rechtsfragen internationaler Konsortialkreditverträge, S. 81 f. 388  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 60. 389  Gründe für eine vorzeitige Kündigung nach 24 C.F.R. § 206.27 (c) sind: 1) Die Übertragung des Grundeigentums auf eine dritte Partei; 2) Der Darlehensnehmer nutzt das Grundstück nicht mehr als Hauptwohnsitz oder kann es für zwölf zusammenhängende Monate nicht bewohnen; 3) Der Darlehensnehmer gerät ob der grundstücksbezogenen Kosten in Verzug; 4) Der Darlehensnehmer verstößt gegen eine Vertragspflicht unter dem Mortgage-Vertrag. 390  Siehe hierzu unten Kapitel 4: C.IV.1., Vertraglich vereinbarte außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers, S. 298.

230 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

gesetzliches Recht zur außerordentlichen Kündigung.391 Gleiches gilt für § 490 Abs. 1 BGB.392 bb) Zinszahlungsverpflichtung Bezüglich der Fälligkeit der Zinszahlungspflicht trifft § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB keine Regelung. Der Wortlaut koppelt lediglich die Rückzahlungsverpflichtung an den Todeszeitpunkt des Darlehensnehmers. Auch die Bestimmung über die Fälligstellung infolge Kündigung greift in diesem Kontext nicht, da eine Rückzahlung nach dem objektiven Wortsinn voraussetzt, dass zuvor Mittel überlassen worden sind.393 Der Zins hingegen stellt die synallagmatische, laufzeitabhängige Vergütung für die Überlassung der ausgereichten Mittel dar, die weder gewinn- noch umsatzabhängig ist.394 Es bleibt folglich bei den allgemeinen Regelungen, so dass sich die Parteien im Rahmen der Privatautonomie frei über die Fälligkeit der Zinszahlungsverpflichtung verständigen können,395 im Zweifel greift § 488 Abs. 2 BGB. So kann die Zinszahlungspflicht i. S. d. Roll-Up-Reverse Mortgage über die Vertragslaufzeit hinweg aufsummiert und zusammen396 mit der Rückzahlungsverpflichtung fällig gestellt werden oder es werden laufende, nach Zeitabschnitten bestimmte Zinszahlungen nach Vorbild des Home ­Income Plans vereinbart.397 Auch Zwischenformen mit lediglich teilweise

391  BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 132; wohl auch Bülow/Artz/ Bülow, § 491 Rn. 181f. 392  So auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d und 181f; ausführlich hierzu unten Kapitel 4: C.IV.2.a), Ausschluss sonstiger außerordentlicher Kündigungsmöglichkeiten, S. 313. 393  Siehe hierzu eingehend und mit Nachweisen bereits oben Kapitel 4: A.II.1., Ausgangspunkt: Die Rückzahlungsverpflichtung, S. 159 ff. 394  Siehe schon RG, Urt. vom 07.05.1915 – Rep. II. 36/15, RGZ 86, 399, 400 f.; aus der früheren Rspr. des BGH siehe etwa BGH, Urt. vom 14.11.1963 – III ZR 141/62, NJW 1964, 294 = MDR 1964, 121; zuletzt BGH, Urt. vom 04.07.2017 – XI ZR 562/15, NJW 2017, 2986, 2988 Rn. 38 = VuR 2017, 437; aus der Literatur siehe MünchKommBGB/Berger, § 488 Rn. 154; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 181; Schimansky/Bunte/Lwowski BankR-HdB/Ganter § 78 Rn. 1; Erman/Saenger, § 488 Rn. 49; LBS/Steffek, Bankrechts-Kommentar, Kap. 13 § 488 Rn. 59. 395  A. A. BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 129, der entgegen des Wortlauts der Norm aus deren Schutzzweck ableiten will, dass sämtliche laufende Zahlungen ausgeschlossen sind. 396  Kapitalisiert werden kann die Zinsverpflichtung freilich nur in den Grenzen des § 248 BGB; hierzu statt vieler MünchKommBGB/Grundmann, § 248 Rn. 10–15. 397  Siehe zu den Produktarten oben Kapitel 2: A.II.1.b), Produktformen des Darlehensmodells, S. 54.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB231

laufenden Zinszahlungen (Partial Roll Up Reverse Mortgage) sind denkbar.398 Allen voran im Bereich der Roll-Up-Reverse Mortgage gilt es jedoch das Zinses-Zins-Verbot des § 248 BGB zu beachten, welches die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit der vertraglichen Gestaltung in Frage stellen könnte, falls keine der Ausnahmemöglichkeiten eingreifen sollte.399

IV. Rechtsfolgen und Regelungsgehalt 1. Ausschluss der §§ 491 ff. BGB und §§ 655a ff. BGB Erfüllt der infragestehende Vertrag die zuvor erörterten Tatbestandsvoraussetzungen, fingiert400 § 491 Abs. 3 S. 4 BGB, dass der Vertrag nicht als Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag einzuordnen ist.401 Wegen § 491 Abs. 2 S. 2 Nr. 6 BGB kann der Vertrag indes auch nicht unter den Begriff des Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrages gefasst werden,402 so dass in der Konsequenz die §§ 491 ff. BGB auf Immobilienverzehrkreditverträge in

398  Siehe zu den Produktarten oben Kapitel 2: A.II.1.b), Produktformen des Darlehensmodells, S. 54. 399  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 100; Schneider, Kalkulation von Lifetime- bzw. Reverse Mortgages, S. 126. 400  Zur Fiktionswirkung der Ausnahmetatbestände statt vieler MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 71. 401  Binder, ZIP 2018, 1201, 1203; Buck-Heeb, WM 2017, 1329, 1330; Bülow/Artz/ Bülow, § 491 Rn. 181d; MAH BankR/Fandrich/Hofmann, § 6 Rn. 7c, 109 (dort Fn. 271); Reifner/Feldhusen/Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, § 9 Rn. 73; Fischer, ZAP Fach 8, 585, 588; Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1878; BeckOGK-BGB/­ Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 127; Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried/Merz/Wittig, Bankund Kapitalmarktrecht, Kreditgeschäfte mit Verbrauchern Rn. 5.10; BeckOK-BGB/ Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 491 Rn. 4, 53, 67, 75 und 89; Erman/Nietsch, § 491 Rn. 32; Omlor, NJW 2017, 1633, 1634; ders., NJW 2018, 2445; Tamm/Tonner/Brönneke/Rott, § 16 Rn. 12 und 48, der bereits vor der Verabschiedung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB aufgrund einer anderen vertragstypologischen Einordnung zu diesem Ergebnis gelangt; JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 59 und 72; HKBGB/Wiese, § 491 Rn. 4. 402  Bülow/Artz/Bülow, §  491 Rn. 181d; MAH BankR/Fandrich/Hofmann, § 6 Rn. 7c; Reifner/Feldhusen/Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, § 9 Rn. 73; Fischer, ZAP Fach 8, 585, 588; Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879; BeckOGK-BGB/ Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 1 und 97.1 und insbesondere 127; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 491 Rn. 4, 53, 59, 72, 75 und insbesondere 89; Erman/ Nietsch, § 491 Rn. 24; Omlor, NJW 2017, 1633, 1634; JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 59; HK-BGB/Wiese, § 491 Rn. 2.

232 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Gänze keine Anwendung finden.403 Auch stellt der Immobilienverzehrkreditvertrag keine sonstige Finanzierungshilfe mit der Konsequenz des Normanwendungsbefehls des § 506 Abs. 1 BGB dar.404 Vielmehr greift auch für den Immobilienverzehrkreditvertrag die Ausnahmevorschrift des § 506 Abs. 4 BGB ein, deren Wortlaut den Tatbestand aufgrund eines bloßen Redaktionsversehens des Gesetzgebers nicht explizit erfasst, im Übrigen aber die sonstigen Ausnahmebestimmungen des § 491 BGB aufgreift.405 Wegen der Qualifikation als Verbrauchervertrag gem. § 310 Abs. 3 BGB sind im Ergebnis damit bloß allgemeine verbraucherschützende Normen anzuwenden.406 Aufgrund der Anknüpfung an den Begriff des Verbraucherdarlehensvertrages in § 655a Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3 BGB führt der Ausschluss in § 491 Abs. 3 S. 4 BGB zudem mittelbar zu einem Ausschluss der speziellen Vorschriften über den Darlehensvermittlungsvertrag.407 Auf die Vermittlung von Immobilienverzehrkreditverträgen finden demnach allenfalls die allgemeinen Vorschriften der §§ 652 ff. BGB Anwendung.408

403  Grundlegend Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; ders., JuS 2017, 397, 398; ders., NJW 2018, 2445; siehe darüber hinaus Jauernig/Berger, § 491 Rn. 6; Bülow/Artz/ Bülow, § 491 Rn. 181d; MAH BankR/Fandrich/Hofmann, § 6 Rn. 7c, 109 (dort Fn. 271), 119c; Fischer, ZAP Fach 8, 585, 588; Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879; knapp Gurlit, WM 2020, 105, 109 dort Fn. 392; Josten, Kreditvertragsrecht, S. 102 Rn. 285, der allerdings nur den Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag in den Blick nimmt, jedoch davon spricht, dass das Leibrentenrecht geeignet erscheine; BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 1, 43, 97.1, 112 und 127; MünchKommBGB/Lieder, § 1113 Rn. 108; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 491 Rn. 5 und 89; Erman/Nietsch, Vor. § 491 Rn. 16, § 491 Rn. 24 und 32; Rank/SchmidtKessel, EuCML 2017, 176, 179; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 3, 17, 82, 90 und 98; JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 59 und 72; Palandt/Weidenkaff, § 491 Rn. 21; HK-BGB/Wiese, § 491 Rn. 2 und 4; unklar, jedoch wohl auch PWW/Nobbe, § 491 Rn. 39; siehe auch Tamm/Tonner/Brönneke/Rott, § 16 Rn. 12 und 48, der bereits vor der Verabschiedung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB aufgrund einer anderen vertragstypologischen Einordnung zu diesem Ergebnis gelangt; ähnlich Schulze/Grziwotz/Lauda/Steinbach-Martens/Prasse, §  491 Rn.  2; unklar Maier, VuR 2017, 142, 148, der von bloßen Klarstellungen spricht. 404  Zutreffend MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 506 Rn. 42; vgl. auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d dort Fn. 468 sowie § 506 Rn. 141a. 405  MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 506 Rn. 42; hingegen für einen systematischen Ausschluss Bülow/Artz/Bülow, § 506 Rn. 141a. 406  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882; MünchKommBGB/Schürnbrand/ Weber, § 491 Rn. 98; vgl. zum persönlichen Anwendungsbereich auch Bülow/Artz/ Bülow, § 491 Rn. 181d. 407  So auch MünchKommBGB/Weber, § 655a Rn. 16. 408  Zur Einordnung des Darlehensvermittlungsvertrages als Sonderform des Maklervertrages siehe Erman/Nietsch, § 655a Rn. 1; MünchKommBGB/Weber, § 655a Rn. 2 und 8, der dies jedoch in Rn. 16 nicht explizit erwähnt.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB233

Zum intertemporalen Anwendungsbereich siehe Art. 229 § 40 EGBGB.409 Gleichwohl soll hiervon abweichend das Verbraucherdarlehensrecht nach Ansicht des Gesetzgebers dann zur Anwendung gelangen, wenn die Parteien eine persönliche Haftung des Darlehensnehmers vereinbaren und die sonstigen Voraussetzungen von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB erfüllt sind.410 Im Umkehrschluss kann hieraus abgeleitet werden, dass die auf die Wohnimmobilie beschränkte Haftung das Vorliegen eines Immobilienverzehrkreditvertrages für den Gesetzgeber konstituiert.411 Dies ist jedoch nur insofern richtig, als ohne Haftungsbeschränkung eine vertragstypologische Zuordnung zum Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages im Sinne einer hinreichenden Bedingung nicht möglich ist. Die sonstigen Voraussetzungen von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB müssen indes gleichsam vorliegen.412 Aus Verbraucherschutzgesichtspunkten gilt dies insbesondere für die Verknüpfung des Todeszeitpunkts des Verbrauchers und dem Fälligkeitszeitpunkt der Rückzahlungsverpflichtung, da ansonsten die Bewohnbarkeit der Immobilie zu Lebzeiten entgegen der Wertung von Art. 18 Abs. 3 WIKr-RiL bzw. § 505b Abs. 2 S. 3 BGB nicht sichergestellt wäre.413 Die Ausnahme von den genannten Vorschriften rechtfertigt sich indes gerade vor dem Hintergrund der Garantie der (grundsätzlich414) lebenslangen Bewohnbarkeit der Immobilie. 409  Hiermit ist die Frage verbunden, ob auf Altverträge Verbraucherdarlehensrecht mit der Konsequenz anzuwenden ist, dass trotz §§ 505a ff. BGB geschlossene Verträge den Rechtsfolgen von § 505d BGB unterliegen – der Gesetzgeber hatte insoweit von einer Klarstellung (siehe hierzu bereits oben Kapitel 4: A.I., Problemaufriss, S. 157) gesprochen, so dass diese Frage nach dessen Ansicht zu verneinen ist. Jedoch ist der Verzehrkredit als Darlehen anzusehen, so dass das Verbraucherdarlehensrecht vor der Änderung auf Altverträge anzuwenden war; siehe hierzu auch, jedoch zurückhaltender BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 133 und 133.1, der dem Problem im Ergebnis aufgrund der mangelnden Verbreitung des Vertrages die praktische Relevanz abspricht; sowie Omlor, NJW 2017, 1633, 1634, der die Frage bejaht; gleichsam MünchKommBGB/Weber, Art. 229 § 40 EGBGB Rn. 1; offenlassend Bülow/Artz/Bülow, Einf. Rn. 71, § 491 Rn. 181h. 410  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39; siehe hierzu Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d; Fischer, ZAP Fach 8, 585, 588; BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 134; BeckOKBGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 491 Rn. 89; MünchKommBGB/Schürnbrand/ Weber, § 491 Rn. 98. 411  Ähnlich, jedoch mit Fokus auf den Fälligkeitszeitpunkt Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d. 412  Vgl. Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d. 413  Vgl. Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d. 414  Dies gilt freilich nur für den Fall, dass der Darlehensnehmer nicht gegen die Vertragsbestimmungen verstößt und der Darlehensgeber die Rückzahlungsverpflichtung unter Gebrauch seines außerordentlichen Kündigungsrechts vorzeitig fällig stellt, siehe hierzu oben Kapitel 4: B.III.2.e)aa)(2), Kündigung infolge Verstoßes gegen vertragliche Bestimmungen, S. 227.

234 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Aus europarechtlicher Sicht bestehen zwar keine Bedenken gegen die Bereichsausnahme, da der Immobilienverzehrkreditvertrag weder gem. Art. 3 Abs. 2 lit. a) dem Anwendungsbereich der WIKr-RiL noch nach Art. 2 Abs. 2 lit. a) dem Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie unterfällt, so dass für den Vertrag gerade kein (unionsrechtlich) zwingendes Verbraucherschutzrecht vorgeschrieben wird.415 In Anbetracht der wirtschaftlichen und rechtlichen Komplexität des Immobilienverzehrkreditvertrages begegnet die gesetzgeberische Entscheidung indes rechtspolitischen Bedenken, auf die noch einzugehen sein wird.416 2. Beschränkte Leitbildfunktion und Ausstrahlungswirkung Weiterhin erkennt der deutsche Gesetzgeber durch die Einführung des Tatbestandes in das deutsche Zivilrechtssystem die grundsätzliche Möglichkeit der Vereinbarung des Immobilienverzehrdarlehensvertrages an.417 Aus den oben418 bereits erörterten Gründen kommt dem Tatbestand darüber hinaus eine (zumindest beschränkte419) Leitbildfunktion zu,420 welche auf die Lösung sich anschließender zivilrechtlicher Fragestellungen ausstrahlt. Relevant sind die Wertungen des Tatbestandes etwa für die Frage der Sittenwidrigkeit des Vertrages nach § 138 Abs. 1 BGB, welche man aufgrund der Ausstrahlungswirkung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB nunmehr nicht ohne über die Vertragsgestaltung hinausgehende Umstände wird bejahen können.421 Auch für die Frage der wirksamen Vereinbarung vertraglich festgelegter Verhaltenspflichten und Kündigungsgründen nach § 314 BGB kommt der Wertung des Tatbestandes maßgebliche Bedeutung zu.422 415  Ähnlich bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1878; Omlor, NJW 2017, 1633, 1635. 416  Siehe ausführlich hierzu unten Kapitel 5: B.I., Das Erfordernis einer Neuregelung, S. 381 ff.; ähnlich bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882. 417  Ähnlich Fischer, ZAP Fach 8, 585, 588  f.; Reifner/Feldhusen/Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, § 9 Rn. 73; ebenfalls ähnlich Omlor, JuS 2017, 397, 388. 418  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 4: B.I.4., Beschränkte Leitbildfunktion des Tatbestandes, S. 190. 419  Siehe bereits die Anmerkung in Fn. 195. 420  Ähnlich Fischer, ZAP Fach 8, 585, 588 f.; Reifner/Feldhusen/Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, § 9 Rn. 73; Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879; BeckOGKBGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 134; Erman/Nietsch, § 491 Rn. 32; Omlor, JuS 2017, 397, 388; die jeweils von einer (Legal)Definition sprechen. 421  Siehe zum Problem der Sittenwidrigkeit Schnabl, NZM 2007, 714, 717; ausführlich hierzu unten Kapitel 4: C.II.4., Wirksamkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB, S. 268 ff. 422  Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; zur Wirksamkeit der Kündigungsgründe siehe ausführlich unten Kapitel 4: C.IV.1., Vertraglich vereinbarte außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers, S. 298.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB235

3. Faktischer Ausschluss sonstiger Gestaltungen des Immobilienverzehrkredits Aus juristischer Sicht werden von der Typologie des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB abweichende Vertragsgestaltungen zwar nicht iSe. gesetzlichen Verbots (§ 134 BGB) ausgeschlossen.423 In rein tatsächlicher Hinsicht jedoch würde die Anwendung der §§ 491 ff. BGB auf einen solchen (atypischen) Immobilienverzehrkreditvertrag dazu führen, dass der Darlehensgeber sowohl zivilrechtlich (§§ 505a, 505b BGB) als auch aufsichtsrechtlich (§ 18a KWG) zur Prüfung der Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers verpflichtet wäre.424 Die Prüfung der Kreditwürdigkeit darf dabei gem. § 505b Abs. 2 S. 3 BGB nicht allein darauf gestützt werden, dass der Wert der Sicherheit ausreichen wird, um den Rückzahlungsanspruch zu decken. Nachdem der Immobilienverzehr in wirtschaftlicher Hinsicht der Liquidierung des in der Wohnimmobilie gebundenen Eigenkapitals zur Aufbesserung der Einkommens im Alter dient,425 im Umkehrschluss also nur Personen ohne nennenswerte sonstige Vermögenswerte Produkte des Immobilienverzehrs in Anspruch nehmen, dürfte die Kreditprognose folglich regelmäßig negativ ausfallen. Vergäbe der Darlehensgeber den Kredit dennoch, sähe er sich aufsichtsrechtlichen Zwangsmaßnahmen und den zivilrechtlichen Rechtsfolgen des § 505d BGB ausgesetzt. Es steht zu vermuten, dass sich der Darlehensgeber diesem Risiko nicht aussetzen wird, so dass der Abschluss atypischer Immobilienverzehrkreditverträge, die von den Strukturmerkmalen des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB abweichen, damit zwar nicht rechtlich, aber rein praktisch ausgeschlossen ist.426

423  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39; siehe hierzu auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d; Fischer, ZAP Fach 8, 585, 588; Freitag/ Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 129 und 134; PWW/Nobbe, § 491 Rn. 40; Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 98; JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02. 2020), § 491 Rn. 74, jedoch ohne kritische Auseinandersetzung; ähnlich Schulze/Grziwotz/Lauda/Steinbach-Martens/Prasse, § 491 Rn. 2; HK-BGB/Wiese, § 491 Rn. 7. 424  Siehe hierzu bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1878 und 1880; siehe auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d; ähnlich BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 134; Omlor, JuS 2017, 397, 398; ders., NJW 2017, 1633, 1635; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 98. 425  Siehe hierzu oben Kapitel 2: B.II.1.a), Liquiditätsbedürfnis und Eigenkapitalbindung, S. 65. 426  Jauernig/Berger, § 491 Rn. 6; bereits zur Rechtslage vor Einfügung des Ausschlusstatbestandes Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1878 und 1880; BeckOGKBGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 133 ff.; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 98; ähnlich Omlor, JuS 2017, 397, 398.

236 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Ob diese abstrakten Überlegungen auf die in der Literatur vorgeschlagenen Immobilienverzehrkonzepte zutreffen, soll im Folgenden erörtert werden.427 Analysiert man die bisherigen praktischen und theoretischen Konzepte des Immobilienverzehrs im deutschen Recht, können hieraus zwei Grundmodelle abgeleitet werden: das grundpfandrechtlich besicherte Darlehen,428 welches um versicherungsrechtliche Aspekte429 ergänzt werden kann, sowie die Kombination von Kauf und Darlehen430. Davon abgesehen erscheint eine Verwirklichung des Immobilienverzehrs im Wege eines durch Sicherungsübereignung besicherten Darlehens möglich. a) Grundpfandrechtlich besichertes Darlehen Die erste Möglichkeit, das Darlehensmodell im deutschen Recht zu konstruieren, stellt der Abschluss eines Darlehensvertrages gem. § 488 BGB unter Einräumung eines Grundpfandrechts431 und Abschluss einer Sicherungsabrede dar.432, 433 Die Valuta kann dabei entweder zu Vertragsschluss in Gänze 427  Ausgespart werden hierbei diejenigen Modelle, die evident gegen die hier vertretene Auffassung zur Auslegung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB verstoßen, also davon ausgehen, dass der Darlehensnehmer zur Übertragung des Grundeigentums verpflichtet sei. 428  Siehe hierzu aus der rechtswissenschaftlichen Diskussion grundlegend Kulms, ZfIR 2002, 614, 620 f., der jedoch auch eine Konstruktion von Darlehen und Kauf in Erwägung zieht (hierzu sogleich); sowie Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 3; siehe auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d und 181e; Dietzel, Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, S. 137; Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1878 und 1880; Krauß, notar 2017, 312, 320; ders., ErbR 2017, 530, 533 f.; Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 6 f.; Richter, HanseLR 2010, 39, 45; Schnabl, NZM 2007, 714, 716; im Grundsatz auch Omlor, NJW 2017, 1633, 1635, der jedoch entgegen der hier vertretenen Auffassung von einer Pflicht zur Eigentumsübertragung ausgeht; unklar Praktiker-HdB-Baufinanzierung/Krepold, der in Rn. 251–275 lediglich Leibrente und Kauf als Ausgestaltungsmöglichkeiten des Immobilienverzehrs thematisiert, jedoch in Rn. 278 vom Darlehensnehmer und der Kreditwürdigkeitsprüfung nach § 505a BGB spricht. 429  Siehe zu diesem Modell Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 6 und 9; vgl. auch Dietzel, Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, S. 138, der zudem die Vereinbarung einer Leibrente vorschlägt. 430  Grundlegend Kulms, ZfIR 2002, 614, 620; siehe zudem Reifner/Clerc-Renaud/ Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 7, welche sich vermutlich auf das von Kulms beschriebene Modell beziehen. 431  Zur näheren Auseinandersetzung, welches Grundpfandrecht zur Sicherung herangezogen werden sollte, siehe unten Kapitel 4: C.II.3., Sachenrechtliche Implikationen unbestimmter Forderungshöhe, S. 264. 432  Siehe die Nachweise in Fn. 428. Für eine rechtstatsächliche Beschreibung verschiedener Produktgestaltungen siehe Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 8 ff., wobei



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB237

oder als monatliche Rate ausgezahlt werden, die zeitlich befristet oder an die Lebensdauer des Darlehensnehmers geknüpft ist.434 Die Festlegung des Auszahlungsmodus steht dabei im privatautonomen Entscheidungsspielraum der Parteien und ist somit ohne Weiteres zulässig.435 Die Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs müsste dabei kraft Parteiabrede mit dem Todeszeitpunkt des Darlehensnehmers verknüpft werden.436 Geht man mit der h. M. davon aus, dass der Anspruch auf Rückzahlung mit Auszahlung der Valuta entsteht, ist die Fälligkeit des Rückzahlungsanspruch durch die Verknüpfung mit dem Todeszeitpunkt aufschiebend befristet, so dass der Anspruch insgesamt als betagt anzusehen ist.437 Die Fälligkeitsabrede ist dabei zulässige Ausprägung des Grundsatzes der parteilichen Privatautonomie.438 Die Vereinbarung sonstiger Kündigungsrechte im Sinne sog. Default Events ist darüber hinaus auch möglich.439 Der durch § 491 BGB vorgegebene Konstruktionsspielraum sieht zu bezweifeln ist, ob die genannten Anbieter die Produkte auch heute noch vertreiben (siehe nur O. V., VW 2017, S. 7). Aus den genannten Gründen und mit Blick auf den abstrakten Charakter der Fragestellung wird deshalb auf eine detaillierte Beschreibung der Produkte verzichtet; zur Möglichkeit der Absicherung durch Reallast siehe Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 96i, der allerdings verkennt, dass hierbei die Haftung nach § 1108 BGB abbedungen werden müsste, um nicht gegen § 491 Abs. 3 S. 4 BGB zu verstoßen. 433  Für einen praktischen Entwurf eines solchen Vertrages siehe Reifner/Pfau, Innovative Finanzdienstleistungen, 331, 357 ff.; siehe auch die Ausführungen bei Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 8 ff. 434  Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 3; Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877; Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 91; JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 77; nur auf den Aspekt der lebenslangen Auszahlung abstellend Richter, HanseLR 2010, 39, 45; Schnabl, NZM 2007, 714, 716. 435  So auch Omlor, NJW 2017, 1633, 1635. 436  Grundlegend Kulms, ZfIR 2002, 614, 620; siehe zudem Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; unklar, wohl jedoch auch JurisPK-BGB/Schwintowski (01.02.2020), § 491 Rn. 75; unklar Schnabl, NZM 2007, 714, 716; sowie Richter, HanseLR 2010, 39, 45, die jeweils zwar von lebenslangen Auszahlungsraten sprechen, welche eine derartige Fälligkeitsabrede implizieren würden, jedoch hierzu nicht explizit Stellung nehmen. 437  Statt vieler Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 166 mit umfangreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur zu beiden Ansichten. 438  MünchKommBGB/Berger, §  488 Rn. 45; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 168. 439  Siehe allgemein zu den default events MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 87, § 490 Rn. 58; LBS/Castor, Bankrechts-Kommentar, Kap. 16 Kündigungsgründe (Events of Default) Rn. 155 ff.; Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 169; Renner/Leidinger, BKR 2015, 499, 502; Wenzel, Rechtsfragen internationaler Konsortialkreditverträge, S. 81 f.; ausführlich zu den spezifischen Kündigungsgründen beim Immobilienverzehrkreditvertrag siehe unten Kapitel 4: C.IV.1., Vertraglich vereinbarte außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers, S. 298.

238 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

indes nicht zwangsläufig vor, dass die Fälligkeit der Zinszahlungspflicht erst am Ende der Vertragslaufzeit bzw. bei Kündigung im Sinne der Roll-UpReverse Mortgage440 eintritt, sondern erlaubt es den Parteien vielmehr, laufende Zinszahlungspflichten zu vereinbaren.441 Aus sachenrechtlicher Per­ spektive kann die Darlehensforderung entweder durch eine Hypothek oder Grundschuld abgesichert werden.442 Darüber hinaus bleibt es den Parteien unbenommen, versicherungsrecht­ liche Elemente in den Vertrag aufzunehmen.443, 444 So kann sich der Darlehensnehmer durch Abschluss eines Rentenversicherungsvertrages, welcher die regelmäßige Auszahlung eines Rentenkapitals zum Gegenstand hat, gegen das Risiko des Forderungsausfalls seitens des Darlehensgebers absichern.445 Zudem können die Parteien zusätzliche Versicherungsverträge schließen, die die laufenden Zinsen abdecken und bei Eintritt des Überschreitungsrisikos den Ausfall der Rück- und Zinszahlungsverpflichtung kompensieren.446 Vereinzelt wird zudem dafür plädiert, zusätzlich zum Abschluss des Darlehensvertrages ein abstraktes Schuldversprechen in Höhe des Versorgungswertes abzuschließen.447 Auch eine Unterwerfung des Darlehensnehmers unter die sofortige Zwangsvollstreckung ist denkbar.448 b) Kombination von Darlehen und betagtem Kaufvertrag Als weitere Konstruktionsmöglichkeit schlägt Kulms unter Beschreibung eines damals in der Kreditpraxis entwickelten Immobilienverzehrmodells eine Kombination von hypothekarisch gesichertem Darlehen und betagtem 440  Siehe zum Begriff Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mort­ gages, S. 18, sowie oben Kapitel 2: A.II.1.b), Produktformen des Darlehensmodells, S. 54. 441  Siehe hierzu ausführlich oben Kapitel 4: B.III.2.e)bb), Zinszahlungsverpflichtung, S. 230. 442  Hierzu Schnabl, NZM 2007, 714, 716; siehe ausführlich hierzu sogleich unter Kapitel 4: C.II.3., Sachenrechtliche Implikationen unbestimmter Forderungshöhe, S. 264. 443  Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 9; Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/ Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 99; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages S. 101 und 106. 444  Genauso wie der Abschluss des abstrakten Schuldversprechens, dienen die Versicherungsverträge der Absicherung der Risiken und ändern im Grundsatz nichts an der Konstruktion des Pfandmodells, weswegen auf diese nicht weiter einzugehen ist. 445  Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 9. 446  Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 9. 447  Kulms, ZfIR 2002, 614, 621. 448  Kulms, ZfIR 2002, 614, 621.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB239

Kaufvertrag vor.449 Im schuldrechtlichen Ausganspunkt würden die Parteien demnach einen Darlehensvertrag schließen, dessen Fälligkeit auf den Todestag des Darlehensnehmers zu legen sei, und sie würden den Rück- und Zinszahlungsanspruch des Darlehensgebers durch eine Hypothek absichern.450 Die Höhe der Hypothek solle dabei dem Versorgungswert des Grundstücks entsprechen.451 Die Hypothek könne vorzeitig gem. § 1136 S. 2 BGB fällig gestellt werden, wenn der Darlehensnehmer gegen seine Instandhaltungsoder Versicherungspflicht verstoße.452 In diesem Fall könnten die Parteien intern den Schuldumfang auf die ausgezahlten Beträge bzw. höchstens den Versorgungswert beschränken.453 Wohl um den non-recourse-Charakter des US-amerikanischen Rechts zu konstruieren, steht im Zentrum der Konstruktion der Abschluss eines betagten Kaufvertrages, dessen Rechtswirkungen erst mit Tod des Eigentümers oder dessen Ehegatten bzw. mit Fälligkeit der Hypothek eintreten sollen.454 Rechtstechnisch sucht Kulms diese Konstruktion dabei durch Zeitbestimmung gem. § 163 BGB umzusetzen.455 Der Eigentumsverschaffungsanspruch solle dabei durch eine Auflassungsvormerkung gem. § 883 Abs. 1 S. 1 und insbesondere S. 2 BGB abgesichert seien.456 Kaufvertrag und hypothekarisch gesichertes Darlehen würden durch einen Rahmenvertrag verknüpft, der die Voraussetzungen einer vorzeitigen Fälligstellung der Rückzahlung bzw. vorzeitigen Rücktritt vom Kaufvertrag regle.457 Die Darlehenszahlungen stellten dabei eine (steuerfreie) Vorauszahlung auf den Kaufpreis dar, wobei an die Stelle der Rückzahlung im Todeszeitpunkt des Darlehensnehmers (oder dessen Ehegatten) die Übereignung der Wohnimmobilie treten solle.458 Wie die grundsätzlich bestehende Dar­ lehensrückzahlungsverpflichtung durch Übertragung des Eigentums an der Wohnimmobilie substituiert werden soll, lässt Kulms indes unter pauschalen Verweis auf die strukturelle Ähnlichkeit mit dem Immobilienleasing of449  Kulms, ZfIR 2002, 614, 620; ein anderes Modell beschreibt aus rechtstatsächlicher Sicht Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 9 f., der zwar von Umkehrhypothek spricht, jedoch ein Produkt beschreibt, das dem Kaufmodell zuzuordnen ist. 450  Kulms, ZfIR 2002, 614, 620; Kulms geht jedoch nicht auf das Problem des wechselnden Forderungsbestandes und die Möglichkeit einer Höchstbetragshypothek ein; siehe hierzu Schnabl, NZM 2007, 714, 716. 451  Kulms, ZfIR 2002, 614, 620. 452  Kulms, ZfIR 2002, 614, 620. 453  Kulms, ZfIR 2002, 614, 620. 454  Kulms, ZfIR 2002, 614, 620. 455  Kulms, ZfIR 2002, 614, 620. 456  Kulms, ZfIR 2002, 614, 620. 457  Kulms, ZfIR 2002, 614, 620. 458  Kulms, ZfIR 2002, 614, 620.

240 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

fen.459 Der Hinweis, dass „an die Stelle der Rückzahlung die an den Todeszeitpunkt des Letztversterbenden geknüpfte Übereignung der Wohnimmo­ bilie tritt“,460 spräche zwar für eine Übereignung an erfüllungsstatt, jedoch scheint eine Aufrechnung beider Ansprüche,461 also von Rück- bzw. Zinszahlungsverpflichtung und Kaufpreiszahlungsschuld, lebensnäher und hinsichtlich der beiden unterschiedlichen Schuldgründe dogmatisch sauberer. Die Konstruktionsmöglichkeit verstoße nicht gegen § 1149 BGB.462 Zwar sei die Schwelle zur Anwendbarkeit des § 1149 BGB selbst bei einem bedingungsfrei geschlossenen Kaufvertrag dann überschritten, wenn sich die Parteien einig seien, dass der Kaufvertrag bei ordnungsgemäßer Rück- und Zinszahlung nicht abgewickelt werden solle oder dieser Eindruck durch die Vertragsgestaltung erweckt werde.463 Indes bejaht Kulms diesen unbedingten Kaufwillen der Parteien unter Berufung auf die Verknüpfung von Eigentumsübertragungspflicht und Hypothekenfälligkeit, stellt also darauf ab, dass der Anspruch gerade nicht von einer Potestativbedingung abhinge.464 Auch § 1136 BGB stünde der Vereinbarung nicht entgegen, da der Darlehensgeber durch die Vereinbarung keine Zwangssituation des Darlehensnehmers ausnutzen wolle, sondern die Gestaltung lediglich der Absicherung der Kreditrisiken diene.465 Die Vereinbarung sei abschließend auch nicht sittenwidrig, wenn im Fall eines frühzeitigen Todes des Darlehensnehmers eine Garantiezahlung i. S. e. Mindestzahlung vereinbart werde.466 c) Durch Sicherungsübereignung besichertes Darlehen Abschließend ließe sich das Darlehensmodell auch mittels Sicherungsübereignung der betroffenen Immobilie konstruieren. Im schuldrechtlichen Ausgangspunkt gilt hier das Gleiche, das oben bereits zum grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen ausgeführt wurde.467 Zentrum der Abreden ist 459  Kulms,

ZfIR 2002, 614, 620. ZfIR 2002, 614, 620. 461  Vgl. hierzu nach Fälligkeit Foerste, ZBB 2009, 285, 286. 462  Kulms, ZfIR 2002, 614, 620; MünchKommBGB/Lieder, § 1149 Rn. 8; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 11. 463  Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 11. 464  Kulms, ZfIR 2002, 614, 620. 465  Kulms, ZfIR 2002, 614, 620 f. 466  Kulms, ZfIR 2002, 614, 620. 467  Siehe hierzu oben Kapitel 4: B.IV.3.a), Grundpfandrechtlich besichertes Darlehen, S. 236. 460  Kulms,



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB241

demnach ein Darlehensvertrag, dessen Rückzahlungsverpflichtung grundsätzlich erst im Todeszeitpunkt des Darlehensnehmers fällig werden soll und die Haftung auf die Verwertung des Grundstücks beschränkt wird.468 Aus sachenrechtlicher Perspektive unterscheidet sich das grundpfandrechtlich besicherte Darlehen von der hier zu erörternden Konstruktionsmöglichkeit vornehmlich durch die Art der sachenrechtlichen Besicherung. Anstelle eines Grundpfandrechts in Form von Hypothek oder Grundschuld, wird das Grundstück zur Sicherung der Hauptschuld an den Darlehensnehmer übereignet.469 Im Ausgangspunkt stehen hierzu zwei Wege offen. Zum einen kann das Grundstück bereits zu Vertragsbeginn gem. §§ 873, 925 BGB an den Darlehensnehmer übereignet werden,470 wobei dem Darlehensnehmer ein Wohnrecht eingeräumt werden müsste.471 Wird das Darlehen nun im Fälligkeitszeitpunkt zurückgezahlt und die ausstehenden Zinsen getilgt, kommt dem Darlehensnehmer bzw. dessen Erben ein schuldrechtlicher, aus der Sicherungsabrede stammender Anspruch auf Rückübereignung des Grundstücks zu,472 welcher durch eine Vormerkung abgesichert werden kann.473 Eine ipso iure eintretende Rückübertragung des Eigentums, bedingt durch die Rückzahlung des Darlehens und Tilgung der Zinsen, scheitert an der in § 925 Abs. 2 BGB angelegten Bedingungsfeindlichkeit der Auflassung.474 Tritt hingegen der Sicherungsfall ein, ist der Darlehensgeber zur freihändigen Verwertung des Grundstücks befugt,475 muss jedoch grund-

468  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 4: B.IV.3.a), Grundpfandrechtlich besichertes Darlehen, S. 236. 469  Siehe zur Zulässigkeit der Konstruktion MünchKommBGB/Oechsler, Anh. §§ 929–936 Rn. 11; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II, S.  18 f.; ders., Neue Rechtsentwicklungen, S. 24 f.; Volmer, EWiR § 1149 1/03, 1081; Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 818, 2404; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 27; gegen die Zulässigkeit einer solchen Konstruktion Weber, Kreditsicherungsrecht, S. 147, der jedoch u. a. verkennt, dass § 925 Abs. 2 BGB keine notwendige Voraussetzung der Sicherungsübereignung darstellt; sowie Wieling, Sachenrecht I, § 18 S. 828. 470  Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II, S. 21; ders., Neue Rechtsentwicklungen, S.  24 f. 471  Ähnlich, jedoch zur Leibrente, Schnabl, NZM 2007, 714, 716. 472  Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II, S. 21; ders., Neue Rechtsentwicklungen, S.  24 f. 473  Baur/Stürner, Sachenrecht, § 40 Rn. 25; Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 818, 2404; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 23. 474  MünchKommBGB/Lieder, § 1149 Rn. 2; MünchKommBGB/Oechsler, Anh. §§ 929–936 Rn. 11; Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 818, 2404; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 1. 475  Volmer, EWiR § 1149 1/03, 1081; siehe zudem im Kontext der Sicherungsübereignung an beweglichen Sachen MünchKommBGB/Oechsler, Anh. §§ 929–936 Rn. 2, 49 m. w. N.; Staudinger/Wiegand, 2017, Anh. §§ 929–931 Rn. 233.

242 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

sätzlich den Mehrerlös an den Darlehensnehmer bzw. dessen Erben abführen.476 Zum anderen können die Parteien auch vereinbaren, dass das Grundstück zunächst im Eigentum des Darlehensnehmers verbleibt und der Gläubiger nur dann einen (ggf. durch Vormerkung gesicherten) Anspruch auf Eigentumsübertragung erhält, wenn der Darlehensnehmer im Fälligkeitszeitpunkt nicht imstande ist, den ausstehenden Betrag zu zahlen.477 Auch hier ist der Darlehensgeber zur freihändigen Verwertung des Grundstücks befugt,478 muss jedoch den Mehrerlös an den Darlehensnehmer abführen.479 Die erste Konstruktionsmöglichkeit ist dabei unter Hinweis auf die zweifach anfallende Grunderwerbssteuer sowie hohe Notarkosten aus praktischer Sicht zu verwerfen.480 Der in diesem Kontext zu schließende Sicherungsvertrag umfasst nicht die Befugnis des Gläubigers das Grundstück zu übernehmen (sog. Selbsteintritt in Form des Verfalls481).482 Die Einräumung von Sicherungseigentum, als treuhänderisch gebundenem Eigentum, umfasst lediglich die Befugnis zur Verwertung des Grundstücks, jedoch nicht dessen Nutzung oder sonstige 476  BGH, Urt. vom 14.07.1994 – IX ZR 110/93, NJW 1994, 2885, 2886 = ZIP 1994, 1347; MünchKommBGB/Oechsler, Anh. §§ 929–936 Rn. 53; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 720; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung II, S. 66; Staudinger/Wiegand, 2017, Anh. §§ 929–931 Rn. 233. 477  Siehe hierzu aus der Rspr. BGH, Urt. vom 23.06.1995 – V ZR 265/93, BGHZ 130, 101, 102 f. (zum Sachverhalt) und 105 f. (zur Zulässigkeit) = NJW 1995, 2635; BGH, Urt. vom 25.10.2002 – V ZR 253/01, NJW 2003, 1041 = WM 2003, 157, auch wenn sich diese im Schwerpunkt mit der Zulässigkeit einer Verfallabrede beschäftigen; siehe aus der Literatur hierzu Volmer, EWiR § 1149 1/03, 1081 f. 478  Siehe die Nachweise in Fn. 475. 479  Siehe die Nachweise in Fn. 476. 480  MünchKommBGB/Oechsler, Anh. §§ 929–936 Rn. 11; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II, S. 20  f.; ders., Neue Rechtsentwicklungen, S. 25. 481  So bezüglich der Terminologie ausdrücklich Foerste, ZBB 2009, 285, 286 f.; siehe zudem mit anderer Terminologie MünchKommBGB/Oechsler, Anh. §§ 929–936 Rn. 52; nach anderer Ansicht umfasst das Selbsteintrittsrecht lediglich die Befugnis, den Sicherungsgenstand gegen Zahlung des Objektpreises zu übernehmen, während die Verfallklausel hiervon zu unterscheiden sei, siehe statt vieler hierzu Schimansky/ Bunte/Lwowski BankR-HdB/Ganter § 90 Rn. 560. Der Streit hat jedoch keine weitere Bedeutung in der Sache, sondern dient lediglich Systematisierungszwecken und ist damit zu vernachlässigen. 482  Foerste, ZBB 2009, 285, 287; MünchKommBGB/Oechsler, Anh. §§ 929–936 Rn. 52; Schimansky/Bunte/Lwowski BankR-HdB/Ganter § 90 Rn. 559 f.; Staudinger/ Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 27; Staudinger/Wiegand, 2017, Anh. §§ 929–931 Rn. 233 f.; a. A. wohl Volmer, EWiR § 1149 1/03, 1081, der die Vereinbarung eines Verfallpfandes als notwendigen Bestandteil der Sicherungsübereignung zu verstehen scheint.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB243

dem Eigentum vergleichbare Rechte, insofern keine weiteren Abreden geschlossen werden.483 Will der Darlehensgeber das Grundstück im Wege des Selbsteintritts selbst nutzen, so muss er ein Verfallpfand vereinbaren.484 Eine solche Vereinbarung enthielte die Abrede, dass das Eigentum im Fall des Zahlungsverzugs von seiner fiduziarischen Bindung frei werden soll (sog. Verfallabrede).485 Je nach Ausgestaltung können die Parteien hierbei vereinbaren, dass die Forderung durch die Verfallabrede komplett getilgt (abrechnungsfreier Verfall)486 oder in Höhe des Grundstückswerts angerechnet wird (abrechnungspflichtiger Verfall)487. Nachdem der Vertrag nicht zusätzlich durch ein Grundpfandrecht besichert wird, ist nach Ansicht des BGH hierin kein Verstoß gegen § 1149 BGB zu erblicken.488

483  Siehe aus der Rspr BGH, Urt. vom 24.10.1979 – VIII ZR 298/78, NJW 1980, 226 = WM 1979, 1326; BGH, Urt. vom 26.09.2006 – XI ZR 156/05, NJW 2007, 216 = WM 2006, 2351; siehe hierzu aus der Literatur Gaul, AcP 168 (1968), 351, 362; MünchKommBGB/Oechsler, Anh. §§ 929–936 Rn. 1, 40 ff.; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 722; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 483; Staudinger/Wiegand, 2017, Anh. §§ 929–931 Rn. 9, 20, 211 ff., 233 f. 484  Gaul, AcP 168 (1968), 351, 362 und 374  ff.; MünchKommBGB/Oechsler, Anh. §§ 929–936 Rn. 52; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 483; Staudinger/Wiegand, 2017, Anh. §§ 929–931 Rn. 234; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 27; a. A. wohl Volmer, EWiR § 1149 1/03, 1081. 485  Zum Begriff der Verfallabrede siehe instruktiv Foerste, ZBB 2009, 285, 286; siehe darüber hinaus MünchKommBGB/Lieder, § 1149 Rn. 5; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 3. 486  Foerste, ZBB 2009, 285, 286; Gaul, AcP 168 (1968), 351, 372; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 484; ders., BB 1970, 541, 551; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 7. 487  Foerste, ZBB 2009, 285, 287; Gaul, AcP 168 (1968), 351, 372; Lwowski/Fischer/Langenbucher/Lwowski, Kreditsicherung, § 5 Rn. 33; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 712; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S. 485; ders., BB 1970, 541, 551; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 7. 488  BGH, Urt. vom 23.06.1995 – V ZR 265/93, BGHZ 130, 101 105 ff. = NJW 1995, 2635; BGH, Urt. vom 25.10.2002 – V ZR 253/01, NJW 2003, 1041, 1042 = WM 2003, 157; der BGH sieht den Telos von § 1149 BGB darin, eine Erweiterung der Sachenrechte durch Parteivereinbarung zu unterbinden (Verstoß Numerus Clausus und Typenzwang); während die Literatur vornehmlich auf Schuldnerschutzgesichtspunkte abstellt und folglich § 1149 BGB auch auf die Sicherungsübereignung anwenden will; siehe hierzu Eickmann, DNotZ 1997, 729 f.; Feliv, WiRO 2007, 197, 198 f.; Foerste, ZBB 2009, 285, 291; Gaul, AcP 168 (1968), 351, 379 f.; MünchKommBGB/ Lieder, § 1149 Rn. 4 und 12; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 711; Schulz, JR 1996, 245, 246; Tiedtke, ZIP 1996, 57, 59; Wolfsteiner, DNotZ 2003, 129, 130; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 3; differenzierend hingegen Rimmelspacher, WuB I F 3 Grundpfandrechte 5.03; sowie entgegen Rn. 3 Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 25.

244 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

d) Stellungnahme zur Konstruktion des Verzehrkredits Zu erörtern bleibt, welche Konstruktionsmöglichkeit mit § 491 Abs. 3 S. 4 BGB und sonstigen rechtlichen und praktischen Erwägungen in Einklang steht und damit der weiteren Untersuchung zugrunde zu legen ist. aa) Kombination von Darlehen und betagtem Kaufvertrag Gegen die von Kulms vorgeschlagene Konstruktionsmöglichkeit von Darlehen und betagtem Kaufvertrag spricht zunächst, dass die Wirkung der nonrecourse-Klausel auf schuldrechtliche Art und Weise konstruiert wird, während § 491 Abs. 3 S. 4 BGB nach der hier vertretenen Auffassung489 eine Haftungsbeschränkung vorschreibt. Die Konstruktion würde somit nicht vom Anwendungsbereich der §§ 491 ff. BGB ausgenommen werden und der Abschluss des Darlehensvertrages damit rein faktisch an der Kreditwürdigkeitsprüfung der §§ 505a ff. BGB scheitern. Daneben werden die Grenzen von Darlehen und Kauf vermischt, so dass Fragen der Rechtsnatur und der Einheitlichkeit der Verträge aufgeworfen werden. Im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens könnte es folglich zu Unbilligkeiten infolge einer Umqualifizierung des Vertrages kommen. Auch scheint fraglich, ob die vertragliche Gestaltung nicht gegen § 1149 BGB verstößt. Denn die Schwelle zur Anwendbarkeit von § 1149 BGB ist selbst bei einem bedingungsfrei geschlossenen Kaufvertrag dann überschritten, wenn sich die Parteien einig sind, dass der Kaufvertrag bei ordnungsgemäßer Rück- und Zinszahlung nicht abgewickelt werden soll oder dieser Eindruck durch die Vertragsgestaltung erweckt wird.490 Hierbei darf gerade nicht auf den formalen Aspekt der Bedingungslosigkeit der Vertragsgestaltung abgestellt werden.491 Vielmehr ist der wahre Parteiwille hinter der Vereinbarung zu ergründen und zu fragen, ob der bedingte Kaufvertrag einzig der Umgehung von § 1149 BGB dient.492 So scheitert eine Abrede an § 1149 BGB, wenn der Gläubiger bereits zu Vertragsbeginn die wirtschaft­ liche Leistungsfähigkeit des Schuldners derart gering einschätzt, dass er nicht von der Rückzahlung des Darlehens ausgeht und das Geschäft nur zum günstigen Erwerb des Grundstücks nutzt.493 Die Erwägung, dass der Vertrag im Regelfall mit einkommensschwachen Personen abgeschlossen werden 489  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 4: B.III.2.c)cc), Haftungsrechtliches Begriffsverständnis, S. 213. 490  Statt vieler Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 11. 491  Statt vieler Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 11. 492  So wohl auch Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 11. 493  Statt vieler Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 11.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB245

wird, so dass bereits im wirtschaftlichen Ausgangspunkt antizipiert wird, dass das Grundstück zur Tilgung der Darlehensschuld herangezogen werden muss, spricht für eine Anwendbarkeit von § 1149 BGB. Würden die Parteien davon ausgehen, dass der Darlehensnehmer seinen Pflichten aus dem Darlehensvertrag nachkommen könnte, würde es gerade nicht des Abschlusses eines betagten Kaufvertrages bedürfen. Hierfür spricht zudem, dass der Darlehensgeber bzw. Käufer bei Verstoß gegen die Instandhaltungspflicht durch den Darlehensnehmer bzw. Verkäufer vom Kaufvertrag zurücktreten kann.494 Die Kreditsicherungsfunktion tritt klar zu Tage. Zum anderen fällt die vertragliche Gestaltung durch Abschluss eines Kaufund Darlehensvertrages, der Bestellung einer Hypothek und Auflassung und der Verknüpfung durch einen Rahmenvertrag äußerst komplex und damit fehleranfällig aus. Die hiermit zwingend durchzuführende notarielle Beurkundung des Kaufvertrages und der Auflassung (§§ 311b Abs. 1 und § 925 BGB) erhöhen zudem die Kosten der Vertragsgestaltung. Abschließend wird dem Darlehensnehmer bzw. dessen Erben die Möglichkeit genommen, den Sicherungsgenstand auszulösen, da die Wirkungen des Kaufvertrages ipso iure mit dem Tod des Darlehensnehmers eintreten sollen, so dass die Erben automatisch zur Übergabe und Übereignung des Grundstücks gem. § 433 Abs. 1 BGB verpflichtet werden. bb) Sicherungsübereignung und durch Grundpfandrecht besichertes Darlehen Auch die Sicherungsübereignung des Grundstücks ist aus praktischer Sicht mit Blick auf §§ 311b, 925 BGB als zu kosten- und zeitintensiv zu verwerfen.495 Zudem müssten sich die Parteien über die Einräumung eines Wohnrechts zugunsten des Darlehensnehmers einigen. Abschließend erscheint fraglich, ob der Gesetzgeber Vertragsgestaltungen unter den Begriff des Rechts an der Wohnimmobilie fassen wollte, die eine Sicherungsübereignung des Grundstücks zum Inhalt haben. Denn wie sich aus Erwägungsgrund (16) WIKr-RiL entnehmen lässt, standen dem Gesetzgeber bei Schaffung des Tatbestandes die Lifetime- bzw. Reverse Mortgage vor Augen. Auch wenn § 491 Abs. 3 S. 4 BGB mit dem Begriff des Rechts an der Wohnimmobilie die sicherungsweise Übertragung des Grundeigentums im Grundsatz erfassen würde, zeigt der Hinweis auf die Reverse Mortgage, dass auch der Gesetzgeber von einer grundpfandrecht­ lichen Besicherung ausgegangen ist. Dem gesetzlichen Leitbild des § 491 494  Kulms, 495  Statt

ZfIR 2002, 614, 620. vieler Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II, S. 20.

246 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Abs. 3 S. 4 BGB kommt damit die Konstruktion als grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen mit Haftungsbeschränkung am nächsten. Darüber hinaus spricht für diese Gestaltung aus praktischer Sicht, dass keine weiteren Kosten anfallen und die Unterschiede zum Regelfall des Immobiliarkredits mit Ausnahme des Fälligkeitszeitpunkts und der Haftungsbeschränkung gering ausfallen. Demnach bestehen keine Zweifel an der rechtlichen Wirksamkeit der vertraglichen Gestaltung, insbesondere mit Blick auf § 1149 BGB. Einzig von Nachteil ist, dass der Darlehensgeber – anders als bei den anderen Modellen – das Grundstück nicht freihändig veräußern kann, sondern auf den Weg der kosten- und zeitintensiveren Zwangsvollstreckung verwiesen ist. Allerdings bleibt es dem Darlehensnehmer bzw. dessen Erben unbenommen, das Grundstück nach Fälligkeit selbst zu veräußern und den Erlös weiterzuleiten oder das Grundeigentum an den Darlehensgeber zu übertragen. Auch wenn hierzu keine Pflicht besteht, kann der Darlehensgeber aufgrund der grundpfandrechtlichen Besicherung Druck ausüben. Nachdem die Übererlöse dem Darlehensnehmer bzw. dessen Erben zukommen,496 haben diese auch einen wirtschaftlichen Anreiz, das Grundstück möglichst gewinnbringend zu veräußern. Es bedarf damit keiner gesetzlichen bzw. ­ vertraglichen Regelung. Dies deckt sich auch mit den Erfahrungen des USamerikanischen Rechts, welches die gleichen Möglichkeiten nach Fälligkeit vorsieht. Die besseren Gründe sprechen somit dafür das grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen mit Haftungsbeschränkung als gesetzliches Leitbild i. S. v. § 491 Abs. 3 S. 4 BGB anzusehen und damit der weiteren Untersuchung zugrunde zu legen.

V. Stellungnahme zum Tatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass sich der deutsche Gesetzgeber des bereits in vielen Ländern verbreiteten497 Immobilienverzehrs angenommen hat. Im Folgenden bleibt jedoch unter Zugrundelegung der bisher gefunde496  Speziell zum Immobilienverzehrkreditvertrag siehe Krauß, notar 2017, 312, 320; ders., ErbR 2017, 530, 534; allgemein hierzu siehe BGH, Urt. vom 29.03.1961 – V ZR 171/59, WM 1961, 691 = BB 1961, 661; BGH, Urt. vom 11.10.1984 – IX ZR 111/82, WM 1984, 1577, 1579 = BB 1985, 1568 (nur Leitsätze.); BGH, Urt. vom 19.09.1986 – V ZR 72/85, BGHZ 98, 256, 261 = NJW 1987, 319; BGH, Urt. vom 18.02.1992 – XI ZR 134/91, NJW 1992, 1620 = WM 1992, 566; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 433; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Vor. §§ 1191 ff. Rn. 142. 497  Siehe zur internationalen Verbreitung der Reverse Mortgage Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 32 ff.; zur Verbreitung des Immobilienverzehrs in Europa Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 3 ff.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB247

nen Ergebnisse zu untersuchen, ob die Neufassung des § 491 BGB in Hinblick auf dessen Regelungstechnik, Ausgestaltung und Regelungsgehalt zu überzeugen vermag. 1. Formelle Kritik a) Regelungssystematik Betrachtet man § 491 im Allgemeinen und § 491 Abs. 2 S. 2 Nr. 6 Alt. 2 sowie Abs. 3 S. 4 BGB im Speziellen, so verwundet zunächst die dort verwendete Regelungssystematik. Denn Abs. 2 S. 2 Nr. 6 Alt. 2 verweist bzgl. des Immobilienverzehrkreditvertrages, obwohl dieser zu den Ausnahmetatbeständen des Abs. 2 zählt, auf die Definition des Abs. 3 S. 4, ohne diesen selbst zu definieren. Im gleichen Atemzug definiert Abs. 2 jedoch die Ausnahme des Arbeitgeberdarlehens in Nr. 4, auf welchen wiederum § 491 Abs. 3 S. 2 verweist. Diese überkreuzende Regelungssystematik erscheint dabei unnötig kompliziert und unübersichtlich.498 Zudem erschwert das Geflecht aus Definitionen, Ausnahmen und partiellen Anwendungsbereichsöffnungen die intuitive Erfassung der Struktur und der Rechtsfolgen des Tatbestandes. Überzeugender wäre es, § 491 BGB neu zu fassen und dabei jedem Absatz eine klare Funktion zuzuweisen.499 Absatz 1 würde weiterhin die Grundaussage treffen, dass die Vorschriften der §§ 491 ff. BGB auf Verbraucherdarlehensverträge Anwendung finden und selbigen in die Unterkategorien des Allgemein- und Immobiliar-Verbraucherdarlehens aufteilen. Absatz 2 würde die Funktion zukommen die beiden Unterkategorien des Verbraucherdarlehens ohne die hierzu bestehenden Ausnahmeregelungen zu definieren. Absatz 3 würde in seinem Satz 1 die Ausnahmen regeln, die weder in die Kategorie des Allgemein- noch in die des Immobiliar-Verbraucherdarlehens fallen, namentlich Immobilienverzehrkreditvertrag und Arbeitgeberdarlehen. Satz 2 würde sodann die Ausnahmen regeln, die sich nur auf das Allgemein-Verbraucherdarlehen beziehen. Absatz 3 würde damit insgesamt alle Ausnahmen ­regeln, auf die die §§ 491 ff. BGB keine Anwendung finden sollen. Durch die Verallgemeinerung eines gemeinsamen Ausschlusstatbestandes für beide Unterkategorien würde dabei die unübersichtliche Verweisungssystematik ­ aufgehoben werden, womit auf einen Blick ersichtlich wäre, welcher Tatbestand unter welche Kategorie fallen soll. Absatz 4 würde wie gehabt den partiellen Anwendungsbereich der dort genannten Darlehensverträge regeln. schon Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879. schon Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879, die jedoch einen eigenständigen Abs. 5 für den Immobilienverzehrkreditvertrag fordern. 498  So 499  So

248 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

b) Einheitliche Dichotomie des Darlehensrechts § 491 Abs. 3 S. 4 BGB bezeichnet den dort umschriebenen Vertrag als Kreditvertrag und den Unternehmer als Kreditgeber. Der Gesetzgeber hat bewusst auf die Bezeichnung „Immobilienverzehrdarlehensvertrag“ verzichtet, da der Immobilienverzehrkreditvertrag nicht als Darlehensvertrag500 oder zumindest nur als solcher mit atypischen Leistungspflichten501 einzuordnen sei. Der Gesetzgeber bezieht sich hiermit auf die tradierte Definition des Kredits als Verschaffung von Kaufkraft auf Zeit, während das Darlehen einen bloßen Unterfall desselben darstellt.502 Die Verwendung dieser Terminologie wäre jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn der Tatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB nicht nur Darlehensverträge beschreiben würde, sondern darüber hinaus noch andere Formen von temporärer Kaufkraftverschaffung. Die Untersuchung hat indes gezeigt, dass § 491 Abs. 3 S. 4 BGB nur das Darlehens- und nicht auch das Kaufmodell umfasst,503 womit folglich die Begriffe Kredit und Darlehen in § 491 Abs. 3 S. 4 BGB gleichzusetzen sind. Die Bezeichnung als Kreditvertrag stellt demnach einen systematischen Bruch dar, da sich an keiner anderen Stelle des Darlehensrechts (§§ 488 ff. und §§ 491 ff. BGB) die Bezeichnung des Kreditvertrages findet. Im Sinne einer einheitlichen Terminologie ist daher dafür zu plädieren, den Immobi­ lienverzehrkreditvertrag in Immobilienverzehrdarlehensvertrag umzubenennen sowie die Parteien als Darlehensgeber und Darlehensnehmer zu bezeichnen.504 Aus Klarstellungsgründen sollten die Parteien zudem als Verbraucher und Unternehmer bezeichnet werden. c) Formulierung des Überschuldungsverzichts Die Formulierung in § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 BGB hat bereits kurz nach Einführung des Tatbestandes zu Streitigkeiten bzgl. dessen Auslegung geführt.505 Das Merkmal „im Gegenzug nur“ verleitet zu der Annahme, dass die Parteien den Verkaufserlös bzw. die Einräumung des Rechts an der Wohnimmobilie als Gegenleistung der Mittelüberlassung, also als Zinsen, verein500  BReG,

S. 20.

Stellungnahme FinAufsRergG vom 08.03.2017, BT-Drs. 18/11420,

501  RegE-FinAufsRErgG

vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. zum Kreditbegriff bereits oben mit Nachweisen Fn. 247. 503  Siehe hierzu oben Kapitel 4: A., Rechtsnatur, S. 157 ff. 504  BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/16, S. 20, 22; so auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879; auch Omlor, JuS 2017, 397, 398; ähnlich Fischer, ZAP Fach 8, 585, 589. 505  Siehe hierzu die ausführliche Darstellung oben Kapitel 4: B.III.2.c), „Im Gegenzug nur“: Veräußerungserlös oder Recht an der Wohnimmobilie, S. 211 ff. 502  Siehe



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB249

baren müssen.506 Die Untersuchung hat allerdings gezeigt, dass der Gesetzgeber nicht die Zinszahlungspflicht regeln wollte, sondern die Haftung für die Rück- und Zinszahlungsverpflichtung iSe. Sachhaftung auf denjenigen Erlös beschränken wollte, den die Immobilie bei einem freihändigen Verkauf oder einer zwangsweisen Verwertung zu erlösen imstande ist.507 Die Ähnlichkeit des Wortlauts mit dem Begriff der Gegenleistung sowie die verworrene Formulierung in § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 BGB werden diesem Zweck indes nicht gerecht, so dass für eine Änderung des Wortlauts zu plädieren ist. Der Wortlaut sollte dahingehend geändert werden, dass die Haftung des Darlehensnehmers für die Rückzahlungsverpflichtung (evtl. nebst Zinsen) auf dasjenige beschränkt ist, was ein Verkauf der Immobilie oder eine Verwertung des dem Darlehensgeber eingeräumten Rechts erlösen kann. d) Formulierung des Fälligkeitszeitpunkts Weiterhin kritisch zu betrachten ist die Formulierung des Fälligkeitszeitpunktes des Rückzahlungsanspruchs in § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB, welcher auf die tatsächliche Geltendmachung der Rückzahlung bzw. Kündigung abstellt.508 Im Sinne einer einheitlichen Systematik und Gesetzessprache ist auch hier der Wortlaut der Regelung dahingehend zu ändern, dass der Darlehensgeber im Todeszeitpunkt des Darlehensgebers eine Rückzahlung des Darlehens fordern kann bzw. zur Kündigung berechtigt ist, wenn der Darlehensnehmer gegen eine Vertragspflicht verstößt.509 In diesem Kontext ist zudem zu kritisieren, dass der Gesetzgeber zwar auch einen späteren Zeitpunkt als den Tod des Verbrauchers als das die Fälligkeit auslösende Ereignis anerkennen will, namentlich bspw. den Tod des Ehegatten, dies jedoch nicht in den Tatbestand aufgenommen hat. Aus Klarstellungsgründen sollte dieses Versäumnis nachgeholt werden.

506  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 4: B.III.2.c)aa), Zinsrechtliches Begriffsverständnis, S. 211; zur Kritik siehe bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879. 507  Siehe hierzu oben Kapitel 4: B.III.2.c), „Im Gegenzug nur“: Veräußerungs­erlös oder Recht an der Wohnimmobilie, S. 211 ff. 508  So schon Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879; zustimmend Bülow/Artz/ Bülow, § 491 Rn. 181f. 509  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879; zustimmend Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181f.

250 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

2. Materielle Kritik a) Festlegung des Fälligkeitsereignisses Neben der formalen Ausgestaltung des Fälligkeitszeitpunkts in § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB ist weiterhin zu erörtern, ob die Konkretisierung des in Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL eingeräumten Handlungsspielraums auch materiell-rechtlich gelungen ist. Denn alternativ hätte die Festlegung des Fälligkeitszeitpunkts auch den Parteien überlassen werden können, wie dies der Vorschlag der Länderinitiative im Sinne der Privatautonomie gefordert hatte,510 oder auf andere Ereignisse, bspw. den endgültigen Auszug aus der Wohnimmobilie, erstreckt werden können, wie dies das österreichische Recht nach § 2 Abs. 15 Nr. 2 HIKrG unter Anlehnung an das US-amerikanische Recht getan hat. Regelungstechnisch sorgt die Festlegung des Fälligkeitszeitpunktes auf den Tod des Verbrauchers dafür, dass letzterer seine Wohnimmobilie grundsätzlich bis zu seinem Tod bewohnen kann. Die für die Rückzahlung u. U.511 notwendige Verwertung der Immobilie muss hierdurch nicht zu Lebzeiten des Darlehensnehmers erfolgen. Der Darlehensnehmer sieht sich hiervon abweichend nur dann einer lebzeitigen Verwertung des Grundstücks ausgesetzt, wenn er gegen die vertraglichen Bestimmungen verstößt, so dass der Darlehensgeber in der Folge unter Gebrauch seines Kündigungsrechts die Rückzahlungsverpflichtung vorzeitig fällig stellt. Die Regelung sorgt damit erfreulicherweise für einen Mindestschutzstandard dergestalt, dass der Darlehensgeber keine kürzere als die gesetzlich vorgegebene Vertragslaufzeit vereinbaren kann. Der Darlehensnehmer kann die Wohnimmobilie folglich im Grundsatz bis zu dessen Tod bewohnen.512 Zwar wird hierdurch die Privatautonomie der Parteien dahingehend eingeschränkt, dass diese den Fälligkeitszeitpunkt aufgrund des faktischen Aus510  LänderE-Gesetz zur weiteren Umsetzung der WIKr-RiL vom 06.10.2016, BRDrs. 578/16, S. 2; siehe hierzu bereits oben Kapitel 4: B.I.2., Der Immobilienverzehrkreditvertrag nach BGB, S. 183. 511  Dem Darlehensnehmer bliebe es indes offen, die Rückzahlung aus eigenen Mitteln zu leisten, so dass das Grundstück nicht zwangsverwertet werden müsste. Allerdings wird dies in Anbetracht der spezifischen Interessenlage der Vertragsgestaltung nicht den Regelfall darstellen; siehe hierzu im Kontext der Reverse Mortgage des US-amerikanischen Rechts bereits oben Kapitel 3: B.I.2., Gefahr der verfrühten Zwangsvollstreckung, S. 81. 512  So auch RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39; siehe darüber hinaus bereits oben Kapitel 4: B.I.4., Beschränkte Leitbildfunktion des Tat­ bestandes, S. 190.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB251

schlusses sonstiger Gestaltungen des Immobilienverzehrs513 nicht mehr selbständig festlegen können. Nachdem die Immobilie jedoch zum einen als Stätte der zentralen Lebensführung fungiert und es zum anderen gerade der Ausgangslage des Immobilienverzehrs entspricht, dass der Grundeigentümer weiterhin in seiner Immobilie verbleiben kann, ist der Einschnitt in die Vertragsfreiheit vor diesem Hintergrund zu rechtfertigen. Würde die Aushandlung des Fälligkeitszeitpunktes den Parteien überlassen werden, könnte sich der markstärkere Darlehensgeber gegenüber dem strukturell unterlegenen und von der Geldzahlung abhängigen Darlehensnehmer durchsetzen und folglich kürzere Vertragslaufzeiten vereinbaren.514 Das Interesse des Darlehensgebers an der Vereinbarung anderer Fälligkeitszeitpunkte wird folglich durch das Interesse des Darlehensnehmers überwogen. Zwar birgt die Kalkulation des Vertrages auch für den Darlehensgeber erhebliche Risiken.515 Jedoch kann sich dieser auf andere Art und Weise gegen die Kreditrisiken absichern: gegen das Zinsänderungsrisiko bspw. durch die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes, gegen das Immobilienwert- und Moral-Hazard-Risiko durch die Vereinbarung von Default-Events.516 Die Regelung trägt damit insgesamt den sozialen Belangen des Darlehensnehmers Rechnung, ohne zugleich den privatautonomen Handlungsspielraum des Darlehensgebers über Gebühr einzuschränken. Der Ländervorschlag hätte hingegen zu einseitig in die Belange des Darlehensnehmers eingegriffen und ist deshalb abzulehnen. Auch die Lösung des österreichischen Rechts, den Auszug aus der Immobilie als Fälligkeitsereignis zu definieren, ist nicht durch die Interessenlage des Darlehensnehmers zwingend vorgegeben, da es den Parteien überlassen bleibt, derartige Ereignisse als Kündigungsgrund i. S. v. § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB zu vereinbaren. b) Keine Bestimmung des Fälligkeitszeitpunktes der Zinszahlungen § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB regelt nur die Fälligkeit der Rückzahlung und überlässt den Parteien die Festlegung desselben hinsichtlich der Zinszahlun513  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 4: B.IV.3., Faktischer Ausschluss sonstiger Gestaltungen des Immobilienverzehrkredits, S. 235. 514  Vorstellbar wäre etwa, dass der Darlehensnehmer nach einer Festlaufzeit von 20 Jahren zur Rückzahlung verpflichtet wäre, so dass der Darlehensnehmer noch nicht verstorben sein könnte und die Immobilie somit zu seinen Lebzeiten verwertet werden würde. 515  Durch eine Festlaufzeit würde sich bspw. das Langlebigkeitsrisiko stark verringern; siehe hierzu bereits oben Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 60. 516  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 64.

252 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

gen. Dass der Gesetzgeber auf eine Fälligkeitsregelung, etwa in Form einer Endfälligkeit, verzichtet hat, ist indes zu begrüßen. Zwar wäre ein solcher Regelungsansatz mit dem der Rückzahlungsverpflichtung dergestalt kohärent gewesen, als hierdurch ein verfrühter Verlust der Wohnimmobilie vermieden wird. Dies ergibt sich aus der Überlegung, dass es dem Kreditgeber in diesem Fall nicht möglich gewesen wäre, laufende Zinszahlungen zu vereinbaren und deren Nichtzahlung mittels außerordentlicher Kündigung zu sanktionieren. Gegen diese Bedenken kann jedoch angeführt werden, dass die Parteien im Regelfall entweder vereinbaren, dass die Zinsen von vornherein vom Auszahlungsbetrag abgezogen werden,517 so dass der Darlehensnehmer der Zinszahlungsverpflichtung automatisch nachkommt, oder dass die Zinsen am Ende der Vertragslaufzeit zusammen mit der Rückzahlung der Valuta geleistet werden (sog. Roll-Up-ReverseMortgage).518 Rein praktisch gesehen ist der Darlehensnehmer folglich nicht derart schutzwürdig, dass die Wahrung seiner Interessen (Bewohnbarkeit der Immobilie) einen Eingriff in die Privatautonomie in Form der Festlegung des Fälligkeitszeitpunktes der Zinszahlungen rechtfertigen könnte. Anders als bei der Festlegung des Fälligkeitszeitpunkts der Rückzahlungsverpflichtung, die darüber entscheidet, ob der Darlehensnehmer die Wohnimmobilie zu Leb­ zeiten nutzen kann, wird dieser Umstand bezüglich der Festlegung der Fälligkeit der Zinszahlungsverpflichtung aus den genannten Gründen folglich zu vernachlässigen sein. c) Öffnung des Tatbestandes für jegliche Art der Grundstücksnutzung Weiterhin ist die Entscheidung des Gesetzgebers zu kritisieren, den Tatbestand lediglich auf Wohnimmobilien zu verengen.519 Wie gesehen entstehen hierdurch Abgrenzungsschwierigkeiten bei gemischter Nutzung der Immobilie.520 Darüber hinaus wird denjenigen Verbrauchern, die Teile ihres nicht der Wohnnutzung dienenden Vermögens, etwa landwirtschaftliche Flächen, mittels Immobilienverzehrkreditvertrag liquidieren wollen, der Weg über § 491 Abs. 3 S. 4 BGB versperrt.521 Es sind keine objektiven Gründe für die Ent517  Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 160 a. E.; siehe hierzu bereits oben Kapitel 2: A.II.1.b), Produktformen des Darlehensmodells, S. 54. 518  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 2: A.II.1.b), Produktformen des Darlehensmodells, S. 54. 519  So auch Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme zum RegE-FinAufsRErgG vom 02.03.2017, S. 2; Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; zustimmend dagegen Fischer, ZAP Fach 8, 585, 589. 520  Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme zum RegE-FinAufsRErgG vom 02.03.2017, S. 2.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB253

scheidung des Gesetzgebers ersichtlich, so dass von einem Redaktionsversehen auszugehen ist.522 Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber bei Umsetzung der sonstigen Richtlinienvorgaben aus den genannten Gründen ebenfalls auf den Begriff des Grundstücks abgestellt und die Richtlinie damit überschießend umgesetzt hat, was konsequenterweise auch für die Ausnahmebestimmungen zu übernehmen gewesen wäre.523 d) Regelungsgehalt Aus der Neuregelung des § 491 BGB ergeben sich zwei primäre Rechtsfolgen. Erstens wird der Immobilienverzehrkreditvertrag von den Regelungen des Verbraucherdarlehensrechts ausgenommen. Zweitens folgt hieraus implizit die generelle Anerkennung des Vertrags als zivilrechtliche Kategorie bzw. Vertragstyp, so dass etwaige Bedenken gegen die grundsätzliche Unwirksamkeit des Vertragsschlusses, etwa nach § 138 BGB,524 in dieser Generalität keine Geltung beanspruchen können. Allerdings hätte der Gesetzgeber die Reform des Darlehensrechts zum Anlass nehmen können, ergänzende Regelungen zu schaffen oder den Anwendungsbereich der §§ 491 ff. BGB zumindest partiell für Immobilienverzehrkredite zu eröffnen.525 Zwar ist es nachvollziehbar, dass die Kreditwürdigkeitsprüfung nach §§ 505a, 505b BGB de lege lata eine Vergabe von Immobilienverzehrdarlehen gehindert hätte. Allerdings ist nicht einzusehen, warum der Darlehensnehmer keine an die Besonderheiten des Immobilienverzehrs angepassten vorvertraglichen Informationen erhält oder keinen Gebrauch von einem Widerrufsrecht machen kann.526 So sieht bspw. der ­ österreichische Gesetzgeber in § 28 i.  ­ V.  m. § 27 HIKrG vorvertragliche 521  Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme zum RegE-FinAufsRErgG vom 02.03.2017, S. 2. 522  Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme zum RegE-FinAufsRErgG vom 02.03.2017, S. 2. 523  Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme zum RegE-FinAufsRErgG vom 02.03.2017, S. 2; Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; kritisch dagegen Fischer, ZAP Fach 8, 585, 589. 524  Siehe zu diesen Unsicherheiten in der Praxis vor Verabschiedung des FinAufsRErgG bereits oben Kapitel 1: A.IV., Notwendigkeit gesetzlicher Regulierung, S. 42. 525  BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/16, S. 22; so auch schon Freitag/Allstadt, WM 2018, 1877, 1882; zustimmend MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 94. 526  BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/16, S. 22; Freitag/Allstadt, WM 2018, 1877, 1882; zustimmend MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 94.

254 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

I­nformationspflichten über die Hauptmerkmale, Risiken und Kosten von Immobilienverzehrkreditverträgen vor (Nr. 1) und verbietet unredliche und uneindeutige Kreditwerbung (Nr. 2). Auch unter Wertungsgesichtspunkten überzeugt die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers nicht. Warum ist derjenige Verbraucher, der einen Allgemein- oder Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag schließt, schutzwürdiger als ein Verbraucher, der einen Immobilienverzehrkreditvertrag eingeht? Zwar ist die Haftung des Darlehensnehmers auf die Wohnimmobilie beschränkt, jedoch besteht ein – wie der Rechtsvergleich mit dem US-amerikanischen Recht527 gezeigt hat – ernstzunehmendes Risiko, dass das Grundstück vorzeitig zwangsverwertet werden wird.528 Auch zeigt § 505b Abs. 2 S. 3 BGB i. V. m. § 4 Abs. 2 ImmoKWPLV, dass der Verbraucher im Grundsatz keine Darlehensschulden eingehen können soll, die er nur unter Verwertung des Grundeigentums zu begleichen imstande ist. Wenn der Immobilienverzehrkreditvertrag im Sinne eines Systembruchs von diesem Grundsatz abweicht, so müssen die Rechtsinstitute der §§ 491 ff. BGB erst recht zur Anwendung gelangen, um sicherzustellen, dass die Verwertung des Grundstücks nicht zu Lebzeiten stattfindet, etwa durch eine vollumfängliche Aufklärung und Erläuterung des Vertrages.529

VI. Zwischenergebnis: Vorschlag einer einheitlichen Terminologie Betrachtet man die in der Untersuchung bislang gefundenen Ergebnisse bezüglich der wirtschaftlichen Grundlagen des Immobilienverzehrs und der Auslegung des Begriffs des Immobilienverzehrkreditvertrages, ergibt sich, dass der Immobilienverzehr den wirtschaftlichen Vorgang umschreibt, das in der Wohnimmobilie gebundene Eigenkapital unter Erhaltung des Wohnrechts zu liquidieren. Die Kategorie des Immobilienverzehrkreditvertrages versucht einen Teilausschnitt dieses weiten wirtschaftlichen Verständnisses greifbar und justiziabel zu machen und legt damit zugleich Parameter fest, die der Immobilienverzehr nach Vorstellung des deutschen Gesetzgebers aufweisen muss, um als solcher im deutschen Zivilrecht anerkannt zu werden. So setzt § 491 Abs. 3 S. 4 BGB insbesondere die Vereinbarung einer Haftungsbe527  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.I.2., Gefahr der verfrühten Zwangsvollstreckung, S. 81. 528  Freitag/Allstadt, WM 2018, 1877, 1882; zustimmend MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 94. 529  Siehe bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882; zustimmend MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 94; neutral JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 78.



B. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB255

schränkung und die Verknüpfung von Fälligkeitszeitpunkt der Rückzahlungsverpflichtung und Todestag des Verbrauchers voraus. Der wirtschaftliche Begriff des Immobilienverzehrs ist dabei unabhängig von der vertragstypologischen Zuordnung, so dass selbiger rechtstechnisch entweder durch Darlehens- oder Kaufvertrag umgesetzt werden kann. Die Untersuchung hat dabei gezeigt, dass der dem deutschen Recht de lege lata bekannte Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages nur das Darlehensund nicht das Kaufmodell umfasst. Im Sinne einer einheitlichen Terminologie wird daher dafür plädiert, den Begriff des Immobilienverzehrs, ähnlich dem Kreditbegriff, wirtschaftlich und weit zu verstehen. Der Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages ist entgegen der Rechtslage de lege lata als Oberbegriff der juristischen Realisierung des Immobilienverzehrs, unabhängig von seiner rechtlichen Ausgestaltung, zu begreifen. Als Unterfall des Immobilienverzehrkreditvertrages sind folglich zum einen der Immobilienverzehrdarlehensvertrag, der dem in § 491 Abs. 3 S. 4 BGB beschriebenen Vertrag entspricht, und zum anderen der Immobilienverzehrkaufvertrag anzuerkennen. Zusammenfassend stellen sich Immobilienverzehr, Immobilienverzehrkreditvertrag und Immobilienverzehrdarlehens- und -kaufvertrag wie folgt dar:

Abbildung 1: Terminologie des Immobilienverzehrs (eigene Darstellung)

256 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages Im Folgenden sollen weitere zivilrechtliche Problemstellungen erörtert werden, die sich im Zusammenhang mit dem Immobilienverzehrkreditvertrag typischerweise ergeben können. In den Blick zu nehmen sind die Risikostruktur und Wirksamkeit des Vertrages, sachenrechtliche Sonderprobleme, die rechtsgeschäftliche Haftungsbeschränkung, die Kündigungsmöglichkeiten der Parteien und die Handlungsoptionen des Darlehensnehmers nach Eintritt der Fälligkeit.

I. Risikostruktur Bevor im Weiteren auf sonstige zivilrechtliche Fragestellungen eingegangen wird, soll zunächst zusammenfassend die rechtliche Risikostruktur des Immobilienverzehrkreditvertrages nach der hier vertretenen Auffassung zur Rechtsnatur des Vertrages und Auslegung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB beleuchtet werden. 1. Grundlagen der Risikoverteilung Der Immobilienverzehrkreditvertrag ist als Darlehensvertrag i. S. v. § 488 Abs. 1 BGB einzuordnen.530 Hieraus folgt im Ausgangspunkt, dass der Darlehensnehmer das Verwendungsrisiko, der Darlehensgeber das Vorleistungsund Ausfallrisiko (sog. Trennungsgrundsatz) sowie das Zinsrisiko zu tragen hat.531 Darüber hinaus fragt sich, wem das Langlebigkeits- und Immobilienwert­ risiko als immobilienverzehrspezifische Ausfallrisiken (Überschreitungsrisi­ko) zuzuordnen sind.532 2. Langlebigkeitsrisiko Aus der Normgenese und dem Wortlaut von § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 Alt. 1 BGB folgt, dass der Gesetzgeber dem Darlehensgeber das Langlebigkeits­ 530  Siehe zur Rechtsnatur mit Nachweisen oben Kapitel  4: A., Rechtsnatur, S.  157 ff. 531  Zum Trennungsgrundsatz siehe Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 226; zum Zinsrisiko vgl. Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 190. 532  Zum Überschreitungsrisiko siehe mit Nachweisen oben Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 60 ff.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages257

risiko des Darlehensnehmers explizit zugewiesen hat.533 Die Regelung ist auch nicht dispositiv, darf also nicht durch entsprechende Lösungsrechte bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze umgangen werden, da anderenfalls kein Immobilienverzehrkreditvertrag vorliegt.534 Mangels einer entsprechenden Differenzierung im Wortlaut der Norm, gilt dies auch bzw. gerade bei Vereinbarung einer lebenslangen Auszahlung. Hierfür spricht, dass der Gesetzgeber den in Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL eingeräumten Ermessungsspielraum durch das Merkmal des Todes des Verbrauchers ausgefüllt hat,535 womit dem Verbraucher die (grundsätzlich)536 lebenslange Bewohnbarkeit der Immobilie garantiert werden sollte.537 3. Immobilienwertrisiko Aus der Präzisierung in § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 BGB, dass der Darlehensnehmer für die Forderungen aus dem Immobilienverzehrkredit nur mit seiner Wohnimmobilie haftet,538 folgt implizit, dass der Darlehensgeber grundsätzlich das Risiko der Wertentwicklung der Wohnimmobilie zu tragen hat.539 Zugleich folgt aus § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 Alt. 2 BGB jedoch, dass dieser Grundsatz keine ausnahmslose Geltung beansprucht. So zeigt sich am Wortlaut von § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 Alt. 2 BGB, dass der Darlehensgeber Maßnahmen ergreifen darf, um das Immobilienwertrisiko abzumildern und par­ tiell dem Darlehensnehmer aufzuerlegen – bspw. durch Vereinbarung von 533  Ähnlich für die Rechtslage vor Schaffung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB Schnabl, NZM 2007, 714, 717; wohl auch Krauß, ErbR 2017, 530, 534; ders., notar 2017, 312, 320; andere Autoren scheinen sich diesem Problem soweit ersichtlich nicht zu widmen, sondern beschränken sich auf eine Erörterung der Bedeutung des Tatbestandsmerkmals des Todes des Verbrauchers, siehe bspw. wohl in diesem Sinn Bülow/Artz/ Bülow, § 491 Rn. 181d und 181g; gleichsam BeckOGK-BGB/Knops, § 491 Rn. 131 und 134; gleichsam PWW/Nobbe, § 491 Rn. 40; gleichsam MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 97; vgl. auch Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/ Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 100, jedoch vor Inkrafttreten von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB. 534  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 4: B.IV.3., Faktischer Ausschluss sonstiger Gestaltungen des Immobilienverzehrkredits, S. 235. 535  Zur Normgenese siehe mit Nachweisen oben Kapitel 4: B.I.2., Der Immobi­ lienverzehrkreditvertrag nach BGB, S. 182 ff. 536  Der Grundsatz darf nur dann zugunsten des Darlehensgebers durchbrochen werden, wenn dies der Absicherung des Immobilienwertrisikos dient, siehe hierzu sogleich. 537  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 538  Zur Normgenese siehe mit Nachweisen oben Kapitel 4: B.I.2., Der Immobi­ lienverzehrkreditvertrag nach BGB, S. 182 ff. 539  So auch JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 74 und 77.

258 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Instandhaltungspflichten. Demnach ist bereits in der Norm selbst eine Durchbrechung des grundsätzlich vom Darlehensgeber zu tragenden Immobilien­ wertrisikos angelegt. § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 Alt. 2 BGB erschöpft sich also nicht lediglich in einem Hinweis auf die Möglichkeit der Vereinbarung vertraglicher Kündigungsgründe, sondern enthält substanzielle Anhaltspunkte für die vertragliche Risikoverteilung. Für diese Sichtweise spricht, dass der Norm ansonsten kein eigener Anwendungsbereich verbliebe, da bereits § 490 Abs. 3 BGB auf § 314 BGB verweist.

II. Wirksamkeit des Vertrages 1. Formerfordernisse Fraglich ist zunächst, in welcher Form der Immobilienverzehrkreditvertrag zu schließen ist. Mangels Anwendbarkeit der §§ 491 ff. BGB unterliegt der Vertragsschluss nicht dem Schriftformerfordernis des § 492 Abs. 1 BGB. Zu erörtern ist indes, ob die Formvorschrift des § 311b Abs. 1 S. 1 BGB mit der Folge zur Anwendung gelangen könnte, dass der Vertrag der notariellen Beurkundung bedürfte. a) Direkte Anwendung von § 311b Abs. 1 S. 1 BGB Anders als im Fall des herkömmlichen Immobilienkredits, für welchen das Formerfordernis des § 311b Abs. 1 S. 1 BGB540 unstreitig nicht gilt,541 könnte für die Anwendung der Vorschrift auf den Immobilienverzehrkreditvertrag sprechen, dass eine Übertragung des Grundstücks zu Tilgungszwecken im wirtschaftlichen Endergebnis regelmäßig gewollt sein oder das Grundstück im Regelfall zumindest rein tatsächlich zwangsverwertet werden wird.542

540  Eine Erörterung von § 311b Abs. 3 BGB kann insoweit unterbleiben, als von diesem nur solche Verträge erfasst werden, bei denen entweder das gesamte Vermögen oder ein Bruchteil übertragen wird. Unter den Begriff des Bruchteils fallen indes nur rechnerische Quoten und keine Verpflichtung zur Übertragung einzelner Vermögensgegenstände, siehe hierzu BGH, Urt. vom 14.04.1976 – IV ZR 61/74, WM 1976, 744, 745 (noch zu § 310 BGB a. F.); aus der Literatur statt vieler Staudinger/Schumacher, 2018, § 311b Abs. 2 Rn. 10. Zudem würde die Anwendung von § 311b Abs. 3 BGB gleichsam an den nachfolgend zu erörternden Gründen scheitern. 541  Statt vieler MünchKommBGB/Ruhwinkel, § 311b Rn. 17 (allgemein) und 24 (zur Belastung von Grundstücken). 542  So schon BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BRDrs. 815/16, S. 22.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages259

Dieses Argument kann jedoch nicht überzeugen. Denn wie bereits ausführlich erörtert ist der Immobilienverzehrkreditvertrag vertragstypologisch dem Darlehensvertrag zuzuordnen.543 Es wäre folglich wertungswidersprüchlich, bejahte man die Rechtsnatur des Darlehens an der einen Stelle, nur um diese Qualifikation durch wirtschaftliche Erwägungen an anderer Stelle zu torpedieren. Betrachtet man die Fragestellung aus dogmatischer Sicht, spricht für diese Sichtweise darüber hinaus, dass § 311b Abs. 1 S. 1 BGB auf Seiten des Grundeigentümers eine rechtsgeschäftlich begründete Pflicht zur Übertragung des Grundeigentums bzw. spiegelbildlich einen Anspruch auf Übertragung auf Seiten des Erwerbers voraussetzt.544 Durch den Immobilienverzehrkreditvertrag bzw. den hiermit verbundenem Sicherungsvertrag wird ein solcher Anspruch – wie auch in den sonstigen Fällen der grundpfandrecht­ lichen Sicherung – gerade nicht begründet.545 Dem steht auch nicht entgegen, dass sich der Darlehensnehmer nach Eintritt der Fälligkeit gem. § 1149 BGB zwecks Tilgung zur Übertragung des Grundstücks mit der Folge verpflichten kann, dass § 311b Abs. 1 S. 1 BGB Anwendung findet.546 Denn § 1149 BGB verbietet derlei Abreden gerade vor Vertragsschluss. Eine direkte Anwendung von § 311b Abs. 1 S. 1 BGB scheidet somit folgerichtig aus. b) Analoge Anwendung von § 311b Abs. 1 S. 1 BGB aa) Vergleichbare Interessenlage Zu erörtern bleibt demnach nur, ob § 311b Abs. 1 S. 1 BGB analog auf den Immobilienverzehrkreditvertrag angewendet werden kann. Die Rechtsprechung bejaht eine solche analoge Anwendung indes nur dann, wenn dem anderen Vertragsteil durch die Vereinbarung zumindest mittelbar die Verpflichtung zur Übertragung des Grundstücks auferlegt wird, da nur in diesem Fall der Schutzzweck der Norm betroffen sei.547 Eine solche mittelbare Ver543  Siehe ausführlich zur Rechtsnatur des Darlehensmodells Kapitel 4: A., Rechtsnatur, S. 157 ff.; zur Rechtsnatur des Immobilienverzehrkreditvertrages Kapitel 4: B. III.2.c)ee)(5), Abwägung und Ergebnis, S. 224. 544  Statt vieler MünchKommBGB/Ruhwinkel, § 311b Rn. 17 und 25. 545  Siehe hierzu oben Kapitel  4: B.III.2.c)ee)(5), Abwägung und Ergebnis, S. 224; siehe allgemein hierzu auch MünchKommBGB/Ruhwinkel, § 311b Rn. 17 und 24. 546  Statt vieler MünchKommBGB/Lieder, § 1149 Rn. 11. 547  BGH, Urt. vom 01.07.1970 – IV ZR 1178/68, NJW 1970, 1915, 1916 = WM 1970, 1224; BGH, Urt. vom 06.02.1980 – IV ZR 141/78, NJW 1980, 1622 f. = DNotZ 1981, 23 (nur Leitsatz); BGH, Urt. vom 19.09.1989 – XI ZR 10/89, NJW 1990, 390 = WM 1989, 1692.

260 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

pflichtung liegt beispielsweise dann vor, wenn die Veräußerung durch die Vereinbarung von Vertragsstrafen oder sonstigen, insbesondere wirtschaft­ lichen, Nachteilen faktisch erzwungen wird.548 Dies gelte nach der Rspr. nur dann nicht, wenn dem Grundeigentümer neben der Veräußerung des Grundstücks noch andere Handlungsmöglichkeiten offen blieben, bspw. wenn der Besteller und der Unternehmer eines Bauvertrages vereinbaren, dass der Bau des Gebäudes nicht vor dem der Finanzierung dienenden Verkauf eines abgrenzbaren Teils des selben Grundstücks erfolgen sollte, solange der Besteller hierdurch nicht auf diese Finanzierungsmethode beschränkt werde.549 Anders als bei anderen Rechtsgeschäften ordnet § 311b Abs. 1 S. 1 BGB den Formzwang der notariellen Beurkundung für grundstücksbezogene Geschäfte deshalb an, weil Grundstücke regelmäßig zu den wichtigsten Vermögenswerten einer Person zählen und das grundlegende Bedürfnis nach Wohnung und Obdach befriedigen.550 Neben der Beweissicherung und Gültigkeitsgewähr soll die Vorschrift folglich vor den langfristigen Folgen des Vertragsschlusses warnen, beide Parteien vor übereiltem Handeln schützen und eine fachkundige Beratung durch den Notar sicherstellen.551 Für eine Vergleichbarkeit der Interessenlagen spricht somit zunächst, dass die Parteien im wirtschaftlichen Ausgangspunkt mit dem Vertrag regelmäßig eine Übertragung des Grundstücks zu Tilgungszwecken anstreben,552 dies jedenfalls im Gros der Fälle aufgrund des speziellen Zuschnitts auf einkommensschwache Personen (insbesondere Rentner) eine rein tatsächliche Gegebenheit darstellt. Somit besteht das gleiche Bedürfnis nach Schutz und Aufklärung wie dies bei der (echten) Verpflichtung zur Übertragung des Grundeigentums im Rahmen von § 311b Abs. 1 S. 1 BGB der Fall ist. Hiergegen könnte jedoch sprechen, dass dem Darlehensnehmer bei Eintritt der Fälligkeit ein Rückzahlungsrecht zusteht. Es besteht gerade keine Verpflichtung zur Veräußerung oder sonstigen Verwertung des Grundstücks zu Tilgungszwecken. Der Darlehensnehmer unterliegt damit keinem Rechts548  Siehe bspw. BGH, Urt. vom 01.07.1970 – IV ZR 1178/68, NJW 1970, 1915 = WM 1970, 1224. 549  BGH, Urt. vom 28.02.2002 – VII ZR 434/99, NJW 2002, 1792 = WM 2002, 1504. 550  Eingehend zum Schutzzweck von § 311b Abs. 1 S. 1 (damals noch § 313 BGB) siehe Wagner, AcP 172 (1972), 452, 457 ff.; siehe zudem auch Erman/Grziwotz, § 311b Rn. 1; MünchKommBGB/Ruhwinkel, § 311b Rn. 1 f.; Staudinger/Schumacher, 2018, § 311b Abs. 1 Rn. 1 f. 551  Erman/Grziwotz, § 311b Rn. 1 f.; MünchKommBGB/Ruhwinkel, § 311b Rn. 2; Staudinger/Schumacher, 2018, § 311b Abs. 1 Rn. 3. 552  So schon BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BRDrs. 815/16, S. 22.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages261

zwang, vielmehr muss der Darlehensgeber – wie auch im Normalfall des Realkredits – das Grundstück einer Zwangsversteigerung zuführen. Etwas anderes könnte sich mit der Rechtsprechung jedoch daraus ergeben, dass durch den Überschuldungsverzicht ein mittelbarer Zwang zur Übertragung des Grundstücks geschaffen wird. Denn will der Darlehensnehmer das Grundstück in seinem Eigentum halten, muss er seiner Rück- und Zinszahlungspflicht nachkommen, da anderenfalls das Grundstück zwangsverwertet wird. Zwar entspricht dies auch der Ausgangslage eines herkömmlichen Immobiliarkredits, jedoch können im Fall des Immobilienverzehrkredits Schuldund Haftungsumfang im Zeitverlauf auseinanderfallen.553 Übersteigt demnach der Schuldumfang den Wert des Grundstücks als einzigem Haftungsobjekt, besteht für den Darlehensnehmer ein wirtschaftlicher Anreiz, Rück- und Zinszahlungsverpflichtung zu vernachlässigen und das Grundstück durch den Darlehensgeber verwerten zu lassen. Anders gewendet besteht der Nachteil i. S. d. oben genannten Rechtsprechungsformel darin, dass der Darlehensnehmer einen im Vergleich zum Grundstückswert höheren Geldbetrag aufwenden müsste, um die Darlehensschuld zu begleichen. Faktisch gesehen entstehen dem Darlehensnehmer hierdurch monetäre Nachteile, die denen einer Vertragsstrafe gleichkommen. Hierdurch wird ein faktischer Übereignungszwang geschaffen, der es rechtfertigt, die Schutzzwecke des § 311b Abs. 1 S. 1 BGB zur Anwendung kommen zu lassen. Dies gilt insbesondere für die notarielle Beratung und Warnung vor den langfristigen Folgen des Geschäfts. Entscheidend gegen diese Sichtweise spricht jedoch, dass der Darlehensnehmer kein „mehr“ an Leistung schuldet, wenn er sich zur Rückzahlung des Darlehens entscheidet, obwohl der Grundstückswert geringer als die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung ausgefallen wäre. Dies ergibt sich aus der Erwägung, dass der Umfang von Rück- und Zinszahlungsverpflichtung das Soll der Leistung darstellt, also denjenigen Betrag, den der Darlehensnehmer erhalten und deshalb samt Zinsen zurückzuzahlen hat. Entscheidet er sich dafür, den Darlehensgeber auf den Weg der Zwangsvollstreckung zu verweisen, dann bedeutet dies kein „mehr“ des Schuldumfangs, sondern gerade im Verhältnis zur dieser Soll-Marke ein „weniger“. Durch die Haftungsbeschränkung entsteht dem Darlehensnehmer somit kein Nachteil, sondern gerade ein Vorteil. Nimmt er diesen nicht wahr, weil er sich für die Auslösung des Sicherungsgegenstandes entscheidet, geht ihm lediglich der Vorteil mit der Konsequenz verloren, dass er den Sollzustand der Leistung zu erbringen hat. Somit besteht, unabhängig davon, dass schon keine rechtliche Verpflichtung zur Eigentumsübertragung besteht, auch kein mittelbarer Zwang hierzu. 553  Siehe hierzu oben Kapitel 4: C.III.3., Die Wirkung der Haftungsbeschränkung, S. 296.

262 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

bb) Planwidrige Regelungslücke Darüber hinaus erscheint es auch zweifelhaft, ob in Bezug auf den Immobilienverzehrkreditvertrag überhaupt eine planwidrige Regelungslücke besteht. Das Vorliegen einer Regelungslücke per se dergestalt, dass § 311b Abs. 1 S. 1 BGB keine Anwendung auf Immobilienverzehrkreditverträge findet, wurde zwar bereits erörtert und bejaht.554 In Zweifel steht lediglich, ob auch von einer Planwidrigkeit dieser Regelungslücke gesprochen werden kann. Hierfür kann angeführt werden, dass der Gesetzgeber davon auszugehen schien, dass auf den Immobilienverzehrkreditvertrag in jedem Fall Kaufrecht Anwendung fände.555 So spricht er davon, dass die Einführung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB lediglich klarstellenden Charakter aufweise, was jedoch nur dann zuträfe, wenn es sich beim Immobilienverzehrkreditvertrag um einen Kaufvertrag und gerade nicht um ein Darlehen handeln würde.556 Die Richtigkeit dieser Aussage unterstellt557 würde damit § 311b Abs. 1 S. 1 BGB zur Anwendung gelangen. Nachdem der Verzehrkredit entgegen der Auffassung des Gesetzgebers vertragstypologisch dem Darlehen zuzuordnen ist, könnte demnach eine Regelungslücke entstehen, die der Gesetzgeber aufgrund seiner gegenteiligen Meinung nicht antizipieren konnte. Es gilt jedoch zu beachten, dass die Ausführungen im Rahmen des Regierungsentwurfs des FinAufsRErgG nicht derart klar abgefasst sind, dass sich diese gesetzgeberische Wertung hieraus ohne Weiteres ableiten ließe. So spricht der Gesetzgeber bspw. davon, dass das Leibrentenrecht „[a]m nahe­ liegendsten“558 sei, um die Zwecke des Immobilienverzehrs zu erreichen,559 womit nicht zwangsweise eine rechtliche, sondern auch eine praktische Einschätzung verbunden sein könnte. An anderer Stelle spricht der Gesetzgeber wiederum davon, dass es sich bei Immobilienverzehrkreditverträgen nur grundsätzlich nicht um Darlehensverträge i. S. v. § 488 BGB handle,560 das Verbraucherdarlehensrecht indes je nach Vertragsgestaltung ebenfalls zur Anwendung kommen könne.561 Die Ausführungen in der Gesetzesbegründung sind damit im besten Fall ambivalent. 554  Siehe hierzu oben Kapitel 4: C.II.1.a), Direkte Anwendung von § 311b Abs. 1 S. 1 BGB, S. 258. 555  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 556  Hierzu auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879. 557  Diese Ansicht wurde im Rahmen der Arbeit bereits widerlegt, siehe hierzu oben Kapitel 4: A., Rechtsnatur, S. 157 ff. 558  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 559  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 560  BReG, Stellungnahme FinAufsRergG vom 08.03.2017, BT-Drs. 18/11420, S. 20 (Zu Nummer 16). 561  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages263

Es sind daher ergänzend die Stellungnahme des Bundesrates und die sich daran anschließende Stellungnahme der Bundesregierung zur Auslegung heranzuziehen. Denn der Bundesrat hatte bereits i. R. d. Stellungnahme angeregt, den Schutz des § 311b Abs. 1 S. 1 BGB auf den Immobilienverzehrkreditvertrag zu erstrecken und zudem die Auffassung vertreten, dass es sich bei Immobilienverzehrkreditverträgen um Darlehensverträge handelt.562 Dem Gesetzgeber war somit die Regelungslücke sowie die Lösungsmöglichkeit bekannt, woraus geschlossen werden kann, dass er sich bewusst gegen die Statuierung einer notariellen Beurkundungspflicht entschieden hat. Eine Planwidrigkeit der Regelungslücke ist damit zu verneinen, so dass eine analoge Anwendung von § 311b Abs. 1 S. 1 BGB folglich ausscheidet. 2. Schuldrechtliche Implikationen unbestimmter Forderungshöhe Weiterhin könnte der Vertrag in Abhängigkeit von seiner konkreten Ausgestaltung infolge Unbestimmtheit der Willenserklärungen der Vertragsparteien nichtig sein. Denn die endgültige Höhe der Zinszahlungsverpflichtung hängt im Fall einer vereinbarten bullet repayment davon ab, zu welchem Zeitpunkt der Darlehensnehmer versterben wird: Je länger dieser lebt, desto höher kumulieren sich die endfälligen Zinsen. Wird zudem eine regelmäßige, an die Lebensdauer des Darlehensnehmers geknüpfte monatliche Auszahlung der Valuta i. S. d. Reverse Annuity Mortgage vereinbart, hängt ebenfalls die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung von der Lebensdauer des Darlehensnehmers ab. Zu beachten ist jedoch, dass der schuldrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz, anders als sein sachenrechtliches Pendant,563 keine Bestimmtheit der Willenserklärungen, sondern vor dem Hintergrund der Aufrechterhaltung des Vertrages („favor contractus“)564, die bloße Bestimmbarkeit ausreichen lässt.565 In concreto reicht es demnach aus, dass durch eine Auslegung der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärungen Gegenstand und Dauer der Leistung hinreichend ersichtlich werden,566 um hierdurch die gerichtliche Durchsetzung der Forderung zu ermöglichen.567 562  BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/16,

S. 22.

563  Hierzu sogleich unter Kapitel 4: C.II.3., Sachenrechtliche Implikationen unbestimmter Forderungshöhe, S. 264. 564  MünchKommBGB/Bachmann, § 241 Rn. 13. 565  BGH, Urt. vom 20.12.1989 – VIII ZR 203/88, NJW-RR 1990, 270, 271 = WM 1990, 566; MünchKommBGB/Bachmann, § 241 Rn. 12 f.; Staudinger/Olzen, 2015, § 241 Rn. 134; Erman/Westermann, § 241 Rn. 5. 566  BGH, Urt. vom 20.12.1989 – VIII ZR 203/88, NJW-RR 1990, 270, 271; Erman/Westermann, § 241 Rn. 5; ähnlich MünchKommBGB/Bachmann, § 241 Rn. 12 f. 567  MünchKommBGB/Bachmann, § 241 Rn. 13.

264 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Vor diesem Hintergrund führt die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses unbestimmte Höhe der Zins- und Rückzahlungsverpflichtung zu keiner Nichtigkeit des Vertrages. Denn die endgültige Höhe der beiden Verpflichtungen lässt sich im Zeitpunkt der Fälligkeit (Kündigung oder Tod des Darlehensnehmers) durch die im Vertrag niedergelegten Parameter (Zinssatz, Höhe der monatlichen Auszahlung) bestimmen, so dass eine gerichtliche Geltendmachung nicht an einer Unbestimmtheit des Leistungsumfangs scheitert. 3. Sachenrechtliche Implikationen unbestimmter Forderungshöhe a) Problemaufriss Wie bereits erörtert wird der Immobilienverzehrkreditvertrag durch ein Grundpfandrecht besichert. Nachdem § 491 Abs. 3 S. 4 BGB keine Vorgaben bezüglich der konkreten Ausgestaltung des Rechts am Grundstück macht, stehen für die Konstruktion sowohl Hypothek als auch Grundschuld zur Verfügung.568 Nach §§ 1113 Abs. 1, 1115 Abs. 1 BGB setzt dies jedoch voraus, dass eine bestimmte Geldsumme in das Grundbuch eingetragen wird. Speziell für die Wahl einer regelmäßigen (lebenslangen) Auszahlung stellt sich hierbei das Problem, dass die Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht sicher abschätzen können, wie hoch der Forderungsumfang im Zeitpunkt der Fälligkeit sein wird.569 Maßstab dieses sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes ist stets die Frage, ob nachrangige Gläubiger zuverlässig den Umfang vorrangiger Grundstücksrechte aus dem Grundbuch abzuleiten imstande sind.570 b) Lösungsansätze aa) (Verdeckte) Höchstbetragshypothek Nicht nur zur Sicherung eines Forderungskreises, sondern auch zur Sicherung von Forderungen mit im Zeitpunkt des Vertragsschlusses unbekannter 568  Grundlegend zu dieser Frage Schnabl, NZM 2007, 714, 716, der neben Höchstbetragshypothek und Grundschuld noch auf die Grundvariante der Hypothek eingeht und Probleme künftiger Forderungen diskutiert, welche im Folgenden nicht weiter vertieft werden sollen; siehe zudem Richter, HanseLR 2010, 39, 45; die verschiedenen Vertragsgestaltungen analysierend Brozio, ReWir 2012, 1, 3; Kulms, ZfIR 2002, 614, 620 f. 569  Grundlegend zur Problembeschreibung Schnabl, NZM 2007, 714, 716. 570  BGH, Beschl. vom 26.01.2006 – V ZB 143/05, NJW 2006, 1341 = WM 2006, 672; BayObLG, Beschl. vom 24.08.1995 – 2Z BR 74/95, BayObLGZ 1995, 271, 274 =



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages265

oder wechselnder Höhe bietet sich die Höchstbetragshypothek nach § 1190 Abs. 1 BGB an.571 Demnach wird ein Haftungshöchstbetrag in das Grundbuch eingetragen, wobei die letztendliche Feststellung der Forderungshöhe den Parteien zu einem späteren Zeitpunkt obliegt.572 Hiervon zu unterscheiden, jedoch im Grundsatz ebenfalls zur Absicherung einer in der Höhe schwankenden Forderung geeignet, ist die verdeckte Höchstbetragshypothek, bei welcher eine herkömmliche Verkehrshypothek mit der schuldrechtlichen Abrede verbunden wird, dass im Innenverhältnis bis zur vereinbarten Höchstsumme gehaftet wird.573 Rechtstechnisch liegt der Konstruktion die Tilgungsvereinbarung zugrunde, dass durch die Zahlung des Darlehensnehmers nicht das Darlehen getilgt werden soll, sondern vielmehr der Darlehensgeber zur unechten Verwahrung der Geldbeträge verpflichtet wird, so dass im Zeitpunkt der Fälligkeit die hierdurch begründete Gegenforderung des Darlehensnehmers mit der Rückzahlungsforderung des Darlehensgebers verrechnet werden kann.574 bb) Abstrakte Verkehrshypothek Eine zweite Möglichkeit zur Absicherung der Höhe nach unbestimmter Forderungen stellt die abstrakte Verkehrshypothek dar.575 Der Sache nach geht es dabei um die Bestellung einer Hypothek, die der Absicherung eines abstrakten Schuldversprechens (§§ 780, 781 BGB) dient, welches durch eine NJW-RR

1996, 38; ähnlich OLG Düsseldorf, Beschl. vom 14.08.1995 – 3 Wx 206/95, NJW-RR 1996, 111, 112 = MittRhNotK 1995, 322; MünchKommBGB/Lieder, § 1115 Rn. 1; BeckOK-BGB/Rohe, 53. Ed. 01.02.2020, § 1115 Rn. 1. 571  Im Kontext der Reverse Mortgage Schnabl, NZM 2007, 714, 716; allgemein hierzu Heinze, AcP 211 (2011), 105, 108; MünchKommBGB/Lieder, § 1190 Rn. 6; BeckOK-BGB/Rohe, 53. Ed. 01.02.2020, § 1190 Rn. 1; Erman/Wenzel, § 1190 Rn. 1; anders Staudinger/Wolfsteiner, § 1190 Rn. 1, der den Anwendungsbereich der Höchstbetragshypothek lediglich für einen unbestimmten Forderungskreis und nicht die unbestimmte Forderungshöhe sieht, insoweit seien Rechtsprechung und Literatur (im Übrigen auch der historische Gesetzgeber) einem Irrtum aufgesessen. 572  Heinze, AcP 211 (2011), 105, 108; MünchKommBGB/Lieder, § 1190 Rn. 12 ff.; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1190 Rn. 2 und 22 ff. 573  Heinze, AcP 211 (2011), 105, 109; MünchKommBGB/Lieder, § 1113 Rn. 45 und § 1190 Rn. 34; BeckOK-BGB/Rohe, 53. Ed. 01.02.2020, § 1190 Rn. 1; siehe zudem im Kontext der Reverse Mortgage im deutschen Recht Kulms, ZfIR 2002, 614, 620, der diese Gestaltung jedoch nur auf die vorzeitige Fälligstellung erstrecken will und zudem sein Vorgehen nicht dogmatisch offenlegt; siehe auch Schnabl, NZM 2007, 714, 716. 574  Heinze, AcP 211 (2011), 105, 109; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1113 Rn. 19. 575  Ausführlich hierzu Heinze, AcP 211 (2011), 105, 111 ff.; ähnlich im Kontext der Reverse Mortgage – allerdings durch Verknüpfung mit einer Grundschuld – Kulms, ZfIR 2002, 614, 621.

266 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Zweckverbindung an das Darlehen geknüpft wird.576 Durch die Verknüpfung von Hypothek und abstraktem Schuldversprechen soll die Hypothek vom Bestand der Darlehensforderung abstrahiert werden, so dass Änderungen im Bestand der Darlehensforderung keine Auswirkungen auf die Hypothek zeitigen, insbesondere die Umwandlung in eine Eigentümergrundschuld.577 Dem Darlehensnehmer stehen vielmehr Einreden gegen die Geltendmachung der Hypothek zu.578 cc) Grundschuld Nachdem die Abstraktheit von Forderung und Grundpfandrecht der Grundschuld wesensimmanent ist (vgl. § 1192 Abs. 1 BGB), können Forderungen ungewisser Höhe schlicht durch eine Sicherungsgrundschuld (§ 1192 Abs. 1a BGB) gesichert werden, deren Höchstbetrag dem des antizipierten Grundstückswerts entspricht.579 Der Darlehensnehmer ist durch eine aus dem Sicherungsvertrag stammende Einrede gegen eine Geltendmachung der Grundschuld vor Fälligkeit der Forderung geschützt.580 Steht die Höhe der dar­ lehensvertraglichen Ansprüche fest, steht dem Darlehensnehmer ein Anspruch581 aus dem Sicherungsvertrag auf Rückgewähr, Löschung oder Verzicht desjenigen Teils der Grundschuld zu, der die Höhe der vertraglichen 576  Heinze, AcP 211 (2011), 105, 111 ff.; siehe auch MünchKommBGB/Lieder, § 1113 Rn. 54 ff.; Erman/Wenzel, § 1113 Rn. 3; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1113 Rn.  29 f. 577  Heinze, AcP 211 (2011), 105, 111 ff.; siehe allgemein auch MünchKommBGB/ Lieder, § 1113 Rn. 54; Erman/Wenzel, § 1113 Rn. 3; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1113 Rn. 29 f. 578  Ausführlich hierzu Heinze, AcP 211 (2011), 105, 111 ff.; siehe allgemein auch MünchKommBGB/Lieder, § 1113 Rn. 54; Erman/Wenzel, § 1113 Rn. 3; Staudinger/ Wolfsteiner, 2015, § 1113 Rn. 29 f. 579  Im Kontext der Reverse Mortgage grundlegend Kulms, ZfIR 2002, 614, 620 (der die Grundschuld jedoch durch Rahmenvertrag an ein abstraktes Schuldversprechen knüpfen will); siehe auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181e; Dietzel, Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, S. 140; Richter, HanseLR 2010, 39, 46; Schnabl, NZM 2007, 714, 716; allgemein hierzu Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Vor. §§ 1191  ff. Rn. 45; MünchKommBGB/Lieder, § 1190 Rn. 1 f. 580  Erman/Wenzel, § 1191 Rn. 62; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Vor. §§ 1191 ff. Rn. 108. 581  Nach wohl h. M. entsteht der Anspruch bereits mit Abschluss des Sicherungsvertrages, ist jedoch durch die Tilgung der zu sichernden Forderung aufschiebend bedingt, siehe hierzu BGH, Urt. vom 05.11.1976 – V ZR 5/75, NJW 1977, 247 = WM 1977, 17; BGH, Urt. vom 25.03.1986 – IX ZR 104/85, BGHZ 97, 280 (jedoch ohne Abdruck der relevanten Stelle) = NJW 1986, 2108, 2109; BGH, Urt. vom 10.11.2011 – IX ZR 142/10, BGHZ 191, 277, 281 f. Rn. 12 = NJW 2012, 229, 230 Rn. 12; Freckmann, BKR 2012, 133; Kesseler, NJW 2012, 577, 578 f.; Münch-



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages267

Ansprüche überschreitet,582 wobei der Anspruch auch einredeweise geltend gemacht werden kann.583 dd) Stellungnahme Gegen die Höchstbetragshypothek spricht, dass diese zwingend als Sicherungshypothek zu bestellen ist (§ 1190 Abs. 3 BGB), eine Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung nicht statthaft ist und Zinsen in den Höchstbetrag miteinzurechnen sind (§ 1190 Abs. 2 BGB).584 Auch die verdeckte Variante der Höchstbetragshypothek stößt auf Bedenken. Auch wenn deren Zulässigkeit in der Literatur585 und älteren Rechtsprechung586 anerkannt ist, fehlt es an aktueller obergerichtlicher Rechtsprechung, die die rechtliche Zulässigkeit belegt.587 Gegen beide Gestaltungsvarianten sprechen zudem die allgemeinen Nachteile der Hypothek.588 Hierüber hilft zwar die abstrakte Verkehrshypothek zu einem gewissen Grad hinweg, jedoch stößt auch diese auf AGB-rechtliche Bedenken.589 Im Ergebnis ist damit der Bestellung einer Grundschuld der Vorzug zu geben,590 die darüber hinaus wegen § 1192 Abs. 1a BGB weniger Missbrauchspotential bietet.591

KommBGB/Lieder, § 1191 Rn. 140; zur anderen Ansicht siehe Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Vor § 1191 Rn. 155 m. w. N. der Gegenauffassung. 582  BGH, Urt. vom 25.03.1986 – IX ZR 104/85, BGHZ 97, 280 (jedoch ohne Abdruck der relevanten Stelle) = NJW 1986, 2108, 2109; MünchKommBGB/Lieder, § 1191 Rn. 140; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Vor. § 1191 Rn. 150, 164. 583  Erman/Wenzel, § 1191 Rn. 76. 584  Schnabl, NZM 2007, 714, 716; siehe auch Heinze, AcP 211 (2011), 105, 108 f.; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1190 Rn. 5. 585  MünchKommBGB/Lieder, § 1113 Rn. 47; BeckOK-BGB/Rohe, 53. Ed. 01.02. 2020, § 1190 Rn. 1; Erman/Wenzel, § 1190 Rn. 3; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1113 Rn. 20 f.; kritisch hierzu Heinze, AcP 211 (2011), 105, 109. 586  RG, Urt. vom 08.03.1905 – V 407/04, RGZ 60, 243, 247; RG, Urt. vom 05.10.1936 – IV 119/36, RGZ 152, 213, 219 ff.; BayObLG, Beschl. vom 10.09.1954 – BReg. 2 Z 89/54, BayObLGZ 1954, 196, 202 f. = NJW 1954, 1808; OLG Brandenburg, Urt. vom 28.08 – 5 U 69/97, WM 1998, 283, 288. 587  So zu Recht der Hinweis von Heinze, AcP 211 (2011), 105, 109 f. 588  Im Kontext der Reverse Mortgage ebenfalls Schnabl, NZM 2007, 714, 716. 589  Ausführlich hierzu Heinze, AcP 211 (2011), 105, 117 ff. m. w. N., der im Ergebnis deren Zulässigkeit bejaht. 590  So auch Schnabl, NZM 2007, 714, 716; siehe auch Richter, HanseLR 2010, 39, 46, der jedoch davon spricht, dass die Grundschuld die einzige Möglichkeit darstelle; für eine hypothekarische Absicherung Kulms, ZfIR 2002, 614, 618; offenlassend Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880. 591  So auch Richter, HanseLR 2010, 39, 46; allgemein zur rechtspolitischen Ausgangslage der Regelung siehe statt vieler Nietsch, NJW 2009, 3606.

268 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

4. Wirksamkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB592 § 138 Abs. 1 BGB ordnet die Nichtigkeit eines sittenwidrigen Rechtsgeschäfts an. Das Tatbestandsmerkmal der guten Sitten wird dabei von der Rechtsprechung593 als Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkender umschrieben.594 Diese konturenlos595 anmutende Anstandsformel ist durch die Wertungen der Rechtsordnung, insbesondere der Grundrechte als objektive Werteordnung,596 der einfachen Gesetze597 und sonstiger außergesetz­ licher Wertungen auszufüllen.598 Hieraus ergibt sich, dass die Bejahung des Tatbestandes zwingend an eine Abwägung aller relevanten Einzelfallumstände anknüpft.599 Nichtsdestotrotz hat sich die Rechtsprechung im Namen der Rechtssicherheit um die Bildung von Fallgruppen bemüht, die die Bewertung der Sittenwidrigkeit erleichtern sollen.600 Von Relevanz für die vorliegende Untersuchung sind die Fallgruppen der Äquivalenzstörung601 und der Übersicherung. 592  Auf die Wirksamkeit der vereinbarten Kündigungsgründe am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB wird ausführlich an anderer Stelle eingegangen, siehe hierzu Kapitel 4: C.IV.1., Vertraglich vereinbarte außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers, S.  298 ff. 593  Um die Praxistauglichkeit des Immobilienverzehrkredits sicherzustellen wird soweit verfügbar auf die Rechtsprechung des BGH oder subsidiär die h. M. abgestellt. 594  Grundlegend BGH, Urt. vom 09.07.1953 – IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228, 232 = NJW 1953, 1665; siehe aus der weiteren Rspr. bspw. BGH, Urt. vom 10.03.1982 – VIII ZR 74/81, NJW 1982, 1455 = MDR 1983, 124; BGH, Urt. vom 15.03.1990 – III ZR 248/88, NJW-RR 1990, 750 = WM 1990, 799; BGH, Urt. vom 06.02.2009 – V ZR 130/08, NJW 2009, 1346, 1347 = WM 2009, 1053. 595  Zu Kritik an der Anstandsformel statt vieler Staudinger/Sack/Fischinger, 2017, § 138 Rn. 57 ff. 596  Grundlegend BVerfG, Urt. vom 15.01.1958 – 1 BvR 400/57, BVerfGE 7, 198, 205 f. = NJW 1958, 257 („Lüth-Urteil“); für weitere umfangreiche Nachweise aus der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung siehe Staudinger/Sack/Fischinger, 2017, § 138 Rn. 97. 597  Siehe hierzu beispielsweise BGH, Urt. vom 13.03.1979 – KZR 23/77, NJW 1979, 1605 = GRUR 1979, 657; BAG, Urt. vom 25.01.2001 – 8 AZR 465/00, NJW 2001, 1962 = NZA 2001, 653; zusammenfassend m. w. N. Staudinger/Sack/Fischinger, 2017, § 138 Rn. 100. 598  Siehe hierzu insgesamt die Nachweise der Rechtsprechung bei MünchKomm­ BGB/Armbrüster, § 138 Rn. 40 ff.; Staudinger/Sack/Fischinger, 2017, § 138 Rn. 100. 599  BGH, Urt. vom 09.07.1953 – IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228, 232 = NJW 1953, 1665; BGH, Urt. vom 10.03.1982 – VIII ZR 74/81, NJW 1982, 1455 = MDR 1983, 124; BGH, Urt. vom 15.03.1990 – III ZR 248/88, NJW-RR 1990, 750 = WM 1990, 799; BGH, Urt. vom 06.02.2009 – V ZR 130/08, NJW 2009, 1346, 1347 = WM 2009, 1053. 600  Siehe hierzu die Systematisierung bei MünchKommBGB/Armbrüster, § 138 Rn.  33 ff.; Staudinger/Sack/Fischinger, 2017, § 138 Rn. 326 ff. jeweils m. w. N. aus der Rspr.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages269

Darüber hinaus werden in der Literatur Bedenken geäußert, dass die Spekulation auf den Tod des Verbrauchers bei der Kalkulation des Verzehrkredits den Vorwurf der Sittenwidrigkeit begründen könnte.602 a) Äquivalenzstörung Nach einem kurzen Überblick über das Verständnis, das § 138 BGB im Rahmen der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt werden soll, werden für den Verzehrkredit typische Fallgestaltungen, die keine Äquivalenzstörung darstellen, vom Anwendungsbereich des § 138 BGB abgegrenzt, um so dann allgemeine Leitlinien für die Bestimmung eines marktgerechten Zinses für die Fallgruppe der Äquivalenzstörung aufzustellen. aa) Grundlagen Eine Störung der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung kann im Rahmen des sog. wucherähnlichen Geschäfts zur Sittenwidrigkeit der Vereinbarung führen.603 In objektiver Hinsicht erfordert die Fallgruppe ein auffälliges oder besonders grobes Missverhältnis der objektiv anhand des Marktpreises bei Vertragsschluss zu bewertenden Leistungen.604 Die Rechtsprechung nimmt hierbei ein besonders grobes Missverhältnis bei einer Störung von Leistung und Gegenleistung um das Doppelte an,605 während ein auffälliges 601  Siehe zu § 138 BGB im Kontext eines betagten Kaufvertrages bereits Kulms, ZfIR 2002, 614, 620, der jedoch anders als bei der hier vertretenen Konstruktion von einer Verpflichtung zur Übertragung der Wohnimmobilie ausgeht und keinen angemessenen Zins zu bestimmen versucht. 602  Schnabl, NZM 2007, 714, 717, der zudem in Bezug auf das Kaufmodell das ähnlich gelagerte Problem diskutiert, ob der Spekulationscharakter zur Anwendung des § 762 BGB führt. Das Problem entspricht dabei im Wesentlichen dem Problem der Sittenwidrigkeit beim Darlehensmodell wegen Spekulation auf den Tod des Darlehensnehmers und soll daher mit Hinweis auf die dortigen Ausführungen nicht weiter vertieft werden. 603  BGH, Urt. vom 12.03.1981 – III ZR 92/79, BGHZ 80, 153, 160 = NJW 1981, 1206; BGH, Urt. vom 10.07.1986 – III ZR 133/85, BGHZ 98, 174, 175 = NJW 1986, 2564; BGH, Urt. vom 04.02.2000 – V ZR 146/98, NJW 2000, 1487, 1488 = WM 2000, 1107; siehe hierzu zusammenfassend MünchKommBGB/Armbrüster, § 138 Rn. 112; Staudinger/Sack/Fischinger, 2017, § 138 Rn. 306. 604  BGH, Urt. vom 12.03.1981 – III ZR 92/79, BGHZ 80, 153, 159 f. und 162 = NJW 1981, 1206; BGH, Urt. vom 10.07.1986 – III ZR 133/85, BGHZ 98, 174, 176 = NJW 1986, 2564; BGH, Urt. vom 04.02.2000 – V ZR 146/98, NJW 2000, 1487 f. = WM 2000, 1107; siehe hierzu zusammenfassend MünchKommBGB/Armbrüster, § 138 Rn. 113 ff.; Staudinger/Sack/Fischinger, 2017, § 138 Rn. 312 f. 605  BGH, Urt. vom 24.03.1988 – III ZR 30/87, BGHZ 104, 102, 105 f. = NJW 1988, 1659 (jedoch noch ohne die begriffliche Differenzierung); BGH, Urt. vom

270 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Missverhältnis unterhalb dieses Werts liegen soll.606 Liegt ein besonders grobes Missverhältnis vor, so folgt hieraus in den meisten Fällen ohne Weiteres die Sittenwidrigkeit der Vereinbarung, da die verwerfliche Gesinnung des Übervorteilenden als subjektives Tatbestandsmerkmal wiederlegbar vermutet wird.607 Liegt hingegen lediglich ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vor, müssen zur Bejahung der Sittenwidrigkeit weitere Umstände i. S. v. § 138 Abs. 2 BGB hinzutreten.608 In subjektiver Hinsicht, die nach Ansicht der Rechtsprechung notwendiges Tatbestandsmerkmal der Sittenwidrigkeit und nicht bloßes Abwägungskriterium ist,609 muss der Übervorteilende alle Umstände erkennen, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt, oder sich diesen leichtfertig versperren.610 Die Kenntnis der Sittenwidrigkeit als solcher oder eine Schädigungsabsicht sind hingegen tatbestandlich nicht erforderlich.611

22.12.1999 – VIII ZR 111/99, NJW 2000, 1254, 1255 = WM 2000, 431; BGH, Urt. vom 04.02.2000 – V ZR 146/98, NJW 2000, 1487, 1488 = WM 2000, 1107; BGH, Urt. vom 02.07.2004 – V ZR 213/03, BGHZ 160, 8, 17 = NJW 2004, 2671. 606  BGH, Urt. vom 02.07.2004 – V ZR 213/03, BGHZ 160, 8, 17 = NJW 2004, 2671; BGH, Urt. vom 24.01.2014 – V ZR 249/12, NJW 2014, 1652 f. Rn. 8 und 10 = WM 2014, 1440; BGH, Urt. vom 10.11.2016 – IX ZR 119/14, NJW-RR 2017, 377, 378 Rn. 18 = MDR 2017, 118. 607  BGH, Urt. vom 24.03.1988 – III ZR 30/87, BGHZ 104, 102, 107 = NJW 1988, 1659; BGH, Urt. vom 22.12.1999 – VIII ZR 111/99, NJW 2000, 1254, 1255 = WM 2000, 431; BGH, Urt. vom 04.02.2000 – V ZR 146/98, NJW 2000, 1487, 1488 = WM 2000, 1107; BGH, Urt. vom 19.01.2001 – V ZR 437/99, BGHZ 146, 298, 303 ff. = NJW 2001, 1127; BGH, Urt. vom 02.07.2004 – V ZR 213/03, BGHZ 160, 8, 17  = NJW 2004, 2671; siehe hierzu zusammenfassend MünchKommBGB/Armbrüster, § 138 Rn. 116; Staudinger/Sack/Fischinger, 2017, § 138 Rn. 317. 608  BGH, Urt. vom 02.07.2004 – V ZR 213/03, BGHZ 160, 8, 17 = NJW 2004, 2671; BGH, Urt. vom 24.01.2014 – V ZR 249/12, NJW 2014, 1652 Rn. 5 = WM 2014, 1440; BGH, Urt. vom 10.11.2016 – IX ZR 119/14, NJW-RR 2017, 377, 378 Rn. 17 = MDR 2017, 118. 609  Siehe zum Streit mit kritischem Unterton MünchKommBGB/Armbrüster, § 138 Rn. 116 f.; Staudinger/Sack/Fischinger, § 138 Rn. 145 ff. mit jeweils weiteren Nachweisen. 610  BGH, Urt. vom 10.10.1997 – V ZR 74/96, NJW-RR 1998, 590, 591 = WM 1998, 513; BGH, Urt. vom 19.01.2001 – V ZR 437/99, BGHZ 146, 298, 301 = NJW 2001, 1127; BGH, Urt. vom 09.10.2009 – V ZR 178/08, NJW 2010, 363, 364 Rn. 10 = MDR 2010, 135. 611  BGH, Urt. vom 07.01.1993 – IX ZR 199/91, NJW 1993, 1587, 1588 = MDR 1993, 692; BGH, Urt. vom 10.10.1997 – V ZR 74/96, NJW-RR 1998, 590, 591 = WM 1998, 513; BGH, Urt. vom 19.01.2001 – V ZR 437/99, BGHZ 146, 298, 301 = NJW 2001, 1127.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages271

bb) Abgrenzung: Verwirklichung vertragstypischer Risiken (1) Problemaufriss Probleme mit dem Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung könnten sich beim Immobilienverzehrkredit daraus ergeben, dass eine Einschätzung der letztlich auszuzahlenden Darlehensvaluta und der zu zahlenden Zinsen von der Lebenserwartung des Darlehensnehmers abhängen.612 Je nach Entwicklung der Darlehensschuld und der Immobilienpreise sehen sich beide Parteien dem Risiko ausgesetzt, mehr als dasjenige zu leisten als das, was sie im Gegenzug rein tatsächlich erhalten,613 da die Haftung des Darlehensnehmers auf die Wohnimmobilie beschränkt ist.614 Übersteigt demnach die Darlehensvaluta den zu realisierenden Erlös aus dem Verkauf bzw. der Verwertung der Immobilie, fällt der Darlehensgeber trotz Bestands der Schuld hinsichtlich der tatsächlichen Realisierung der Forderung aus.615 Der Darlehensnehmer würde also in den Genuss der überlassenen Geldmittel kommen, ohne diese zurückzahlen zu müssen.616 Umgekehrt sind Fallgestaltungen denkbar, in denen der Darlehensnehmer früher als erwartet verstirbt, so dass der Immobilienwert die Höhe der Schuld übersteigt.617 (2) Keine Äquivalenzstörung bei Eintritt des Überschreitungsrisikos Auszusondern aus der Fallgruppe der Äquivalenzstörung sind zunächst die zuletzt genannten Fallgestaltungen. Dies ergibt sich daraus, dass der Dar­ lehensnehmer nach richtiger Ansicht618 keine Übertragung des Eigentums 612  Ausführlich hierzu im Kontext der Leibrente Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 395 ff.; siehe zudem MünchKommBGB/Habersack, § 759 Rn. 40; Spiegl, Die vertragliche begründete Leibrente, S. 213; Staudinger/Mayer, Vor. §§ 759–761 Rn. 6. 613  Ausführlich hierzu Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 118 ff.; siehe zudem Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 58; Leis, Reverse Mortgage, S. 107 ff.; vgl auch, jedoch für einen anderen Fall, Kulms, ZfIR 2002, 614, 620. 614  Ausführlich hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 4: B.III.2.c), „Im Gegenzug nur“: Veräußerungserlös oder Recht an der Wohnimmobilie, S. 211. 615  Siehe zur Werthaltigkeit einer Schuld, deren Haftung eingeschränkt ist, Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 II 4 S. 73. 616  Ausführlich hierzu Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 118 ff.; siehe zudem Lang, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, S. 58; Leis, Reverse Mortgage, S. 107 ff. 617  Ausführlich hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 60. 618  Siehe hierzu oben Kapitel 4: B.III.2.c)ee)(5), Abwägung und Ergebnis, S. 224.

272 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

schuldet. Vielmehr dient die Wohnimmobilie lediglich der Sicherung der Rückzahlungsverpflichtung. Die Übertragung der Wohnimmobilie ist demnach keine Gegenleistung für die Mittelüberlassung, so dass Leistung und Gegenleistung begriffslogisch nicht auseinanderklaffen können.619 Vielmehr ist dieses Problem unter dem Gesichtspunkt der (nachträglichen) Übersicherung zu diskutieren.620 Jedoch auch in den sonstigen Fallgestaltungen erscheint es fraglich, ob sich eine Sittenwidrigkeit auf den Aspekt der Äquivalenzstörung stützen lässt. Denn die Gegenleistung für die Überlassung der Valuta ist nicht die Rückzahlung der überlassenen Mittel, sondern die Zahlung eines vereinbarten Zinses.621 Richtigerweise ist folglich danach zu fragen, ob der zu realisierende Zinssatz in einem angemessenen Verhältnis zur Mittelüberlassung steht. Dies ist, vorausgesetzt die Parteien legen einen angemessenen Zinssatz zugrunde,622 zu bejahen. Denn der Bestand der Schuld wird nicht von der Haftungsbeschränkung beeinträchtigt. Diese betrifft die tatsächliche Geltendmachung der Schuld, so dass auch hier rein begrifflich nicht von einem Auseinanderklaffen von Leistung und Gegenleistung gesprochen werden kann. Der Darlehensgeber ist demgemäß nach erfolgloser Verwertung der Immobilie weiterhin berechtigt, ausstehende Zinszahlungen zu fordern.623 Doch auch wenn man von einer Übertragungspflicht ausginge, wäre eine Sittenwidrigkeit zu verneinen. Denn für die Bewertung der Sittenwidrigkeit kommt es auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an.624 Eine von der Parteivorstellung abweichende, rein faktische Fehlentwicklung, etwa die negative Immobilienwertentwicklung, kann demnach grundsätzlich nicht zur Begründung der Sittenwidrigkeit ausreichen.625 Denn es entspricht der Übernahme des Immobilienwertrisikos, dass die Verwirklichung der Gegenleistung vom 619  Siehe zu § 138 BGB im Kontext eines betagten Kaufvertrages bereits Kulms, ZfIR 2002, 614, 620, der jedoch anders als bei der hier vertretenen Konstruktion von einer Verpflichtung zur Übertragung der Wohnimmobilie ausgeht und keinen angemessenen Zins zu bestimmen versucht. 620  Siehe hierzu sogleich Kapitel 4: C.II.4.b), Anfängliche Übersicherung, S. 275 und Kapitel 4: C.II.4.c), Nachträgliche Übersicherung, S. 278. 621  MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 10; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 25; Erman/Saenger, § 488 Rn. 9. 622  Zur Bestimmung des Zinssatzes siehe sogleich Kapitel 4: C.II.4.a)cc), Kriterien zur Bestimmung eines marktgerechten Zinses, S. 273. 623  Zu den genannten Aspekten der Haftung siehe mit Nachweisen unten Kapitel 4: C.III., Die rechtsgeschäftliche Haftungsbeschränkung, S. 284. 624  So zur Leibrente MünchKommBGB/Habersack, § 759 Rn. 40; ausführlich zur Rechtsprechung siehe Spiegl, Die vertraglich begründete Leibrente, S. 51 ff. 625  MünchKommBGB/Habersack, § 759 Rn. 40; Spiegl, Die vertraglich begründete Leibrente, S. 217 f.; andere Ansicht im Kontext eines Verkaufsmodells wohl Kulms, ZfIR 2002, 614, 620.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages273

ungewissen Eintritt eines Ereignisses abhängt und sich Leistung und Gegenleistung deshalb nicht zwangsläufig entsprechen müssen.626 Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist jedoch noch nicht abzusehen, ob der Immobilienwert die Höhe der Schuld übersteigen wird oder umgekehrt.627 Hiervon ausgenommen sind lediglich Fälle, in denen die Verwirklichung des Risikos bereits bei Vertragsschluss, bspw. durch Sonderwissen des Darlehensnehmers bezüglich seiner Lebenserwartung, derart fest umrissen ist, dass nicht von einer Risikoübernahme die Rede sein kann.628 Gilt dies bereits für die Entwicklung von Leistung und Gegenleistung, muss dies erst recht für die Haftung gelten. Unabhängig von Fragen der Schuld und Haftung ist jedenfalls die Wertung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB zu berücksichtigen, der den Rahmen der Kon­ struktion und damit das zu erörternde Problem gerade vorgibt. Demnach kann ein Rechtsgeschäft, das der Gesetzgeber in der konkreten Gestalt selbst vorgibt, nicht ohne Weiteres sittenwidrig sein.629 Neben dogmatischen Aspekten ist das Ergebnis zudem deshalb folgerichtig, da der Darlehensgeber freiwillig das Langlebigkeitsrisiko des Darlehensnehmers übernimmt.630 Realisiert sich dieses, würde es Sinn und Zweck der Vereinbarung widersprechen, könnte sich der Darlehensgeber auf die Nichtigkeit des Vertrages berufen.631 Anderenfalls könnte die benachteiligte Partei der vertraglichen Abrede einseitig den rechtlichen Boden entziehen.632 cc) Kriterien zur Bestimmung eines marktgerechten Zinses Für die Fallgruppe der Äquivalenzstörung kommt es nach dem Gesagten demnach auf die Höhe des Zinses als Gegenleistung der Mittelüberlassung an.633 Für die Frage der Sittenwidrigkeit ist damit der objektive Wert des Zinses maßgeblich, der im Regelfall durch Marktvergleich zu bestimmen 626  Grundlegend Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 252 und 293; siehe zudem Staudinger/Sack/Fischinger, 2017, § 138 Rn. 242; dagegen Spiegl, Die vertraglich begründete Leibrente, S. 218. 627  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungs­ risiko als Kernrisiko, S. 60. 628  In diesem Sinn wohl auch Spiegl, Die vertraglich begründete Leibrente, S.  217 f. 629  Schnabl, NZM 2007, 714, 716 f.; ähnlich Omlor, NJW 2017, 1633, 1635. 630  Siehe zum Langlebigkeitsrisiko oben Kapitel  2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 60. 631  Ähnlich Schnabl, NZM 2007, 714, 716 f. 632  Ähnlich Schnabl, NZM 2007, 714, 716 f. 633  Allgemein hierzu MünchKommBGB/Armbrüster, § 138 Rn. 119.

274 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

ist.634 Nachfolgend sollen allgemeine Leitlinien zur Bestimmung der Sittenwidrigkeit aufgestellt werden. (1) Bestimmung des maßgeblichen Marktes Im Rahmen des Marktvergleiches stellt sich damit zunächst die Frage, ob auf den allgemeinen Markt für (Verbraucher-)Darlehensverträge oder einen spezifischen Markt für Immobilienverzehrkredite abzustellen ist. Nach der Rechtsprechung sind die Konditionen desjenigen Marktes maßgeblich, dem das Geschäft spezifisch zuzuordnen ist.635 Auch wenn sich rein tatsächlich bislang kein Markt für Immobilienverzehrkredite in Deutschland bilden konnte,636 so wäre der Marktvergleich innerhalb eines (zukünftig noch zu bildenden) Marktes für Immobilienverzehrkredite durchzuführen. Hierfür spricht, dass der Immobilienverzehrkreditvertrag einige Besonderheiten aufweist, die diesen von herkömmlichen Dar­ lehensverträgen rechtlich und wirtschaftlich unterscheiden:637 So trägt der Darlehensgeber das Langlebigkeitsrisiko des Darlehensnehmers sowie im Grundsatz das Immobilienwertrisiko, erhält während der Laufzeit des Vertrages keine Tilgungsleistungen und kann sich bei Fälligkeit nur durch Verwertung der Wohnimmobilie befriedigen, wenn der Darlehensnehmer oder dessen Erben die Rückzahlung verweigern.638 Nach derzeitigem Marktstand können die folgenden Kriterien zumindest im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung von Inhalt, Motiv und Zweck des Rechtsgeschäfts berücksichtigt werden.639 (2) Allgemeine Kriterien zur Bestimmung eines marktgerechten Zinses Für die eigentliche Bestimmung des objektiv angemessenen Zinses ist weiterhin zu berücksichtigen, dass der Darlehensgeber das Langlebigkeits­ 634  BeckOK-BGB/Wendtland,

53. Ed. 01.02.2020, § 138 Rn. 44 f. Urt. vom 10.01.2007- XII ZR 72/04, juris Rn. 7–9 und 12; BGH, Urt. vom 22.12.1999 – VIII ZR 111/99, juris Rn. 10 ff.; JurisPK-BGB/Nassall, 8. Aufl. 09.12.2019, § 138 Rn. 34 f. 636  Siehe hierzu oben Kapitel 1: A.II., Altersabsicherung durch Immobilienverzehr, S. 34. 637  Zu diesem Kriterium JurisPK-BGB/Nassall, 8. Aufl. 09.12.2019, § 138 Rn. 35. 638  Siehe hierzu oben mit Nachweisen Kapitel 4: C.I., Risikostruktur, S. 256 sowie Kapitel 4: B.IV.2., Beschränkte Leitbildfunktion und Ausstrahlungswirkung, S. 234. 639  Zur Frage der Gesamtabwägung m. w. N. MünchKommBGB/Armbrüster, § 138 Rn. 30. 635  BGH,



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages275

risiko des Darlehensnehmers wirtschaftlich zu tragen hat und auch nicht durch vertragliche Gestaltungen abmildern darf.640 Besonders virulent wird dieses bei Vereinbarung einer lebenslangen Auszahlung. Der Darlehensgeber hat demnach ein legitimes Interesse an der „Einpreisung“ dieser Risiken in den zu vereinnahmenden Zins.641 Gleichsam darf der Darlehensgeber im Grundsatz auch das Immobilienwertrisiko bzw. die Auswirkungen der Haftungsbeschränkung in den Zins einpreisen. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 Alt. 2 BGB es dem Darlehensgeber erlaubt, dieses Risiko zu einem gewissen Grad auf den Darlehensnehmer abzuwälzen,642 so dass sich hieraus im Einzelfall in Abhängigkeit vom Grad der Instandhaltungspflichten eine Grenze der Einpreisung ergeben kann. b) Anfängliche Übersicherung aa) Rückzahlungsverpflichtung Wie bereits angedeutet könnte sich eine Sittenwidrigkeit unter dem Aspekt der Übersicherung ergeben, also der Konstellation, dass Nennbetrag oder Zinsen der Grundschuld den Nennbetrag oder die Zinsen der gesicherten Forderung übersteigen.643 Zu unterscheiden ist zwischen anfänglicher und nachträglicher Übersicherung.644 Von einer anfänglichen Übersicherung ist auszugehen, wenn im Einzelfall bei Vertragsschluss bereits gewiss ist, dass im Verwertungsfall unter Berücksichtigung des Rangs der Grundschuld ein grobes Missverhältnis zwischen realisierbarem Wert der Sicherheit und Forderungswert bestehen wird.645 Anders als bei einem Grundstückskaufvertrag reicht es jedoch nicht aus, dass der Nominalbetrag der Sicherheit die Forderung um das doppelte über640  Siehe

hierzu oben Kapitel 4: C.I.2., Langlebigkeitsrisiko, S. 256. zur wirtschaftlichen Kalkulation siehe oben Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 60. 642  Siehe hierzu oben Kapitel 4: C.I.3., Immobilienwertrisiko, S. 257. 643  MünchKommBGB/Lieder, § 1191 Rn. 55; BeckOK-BGB/Rohe, 53. Ed. 01.02. 2020, § 1192 Rn. 131; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Vor. §§ 1191 ff. Rn. 80. 644  Eingehend hierzu Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 1107; siehe auch MünchKommBGB/Armbrüster, §  138 Rn.  98; Staudinger/Sack/Fischinger, 2017, § 138 Rn. 377. 645  BGH, Urt. vom 19.03.2010 – V ZR 52/09, NJW-RR 2010, 1529, 1530 Rn. 12 = WM 2010, 834 (speziell im Fall der Grundschuld); BGH, Urt. vom 12.03.1998 – IX ZR 74/95, NJW 1998, 2047 = WM 1998, 856 (allgemein zur Übersicherung); Erman/Wenzel, § 1191 Rn. 52; Staudinger/Wolfsteiner, Vor. §§ 1191 ff. Rn. 80. 641  Allgemein

276 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

steigt.646 Aus subjektiver Sicht rechtfertigt sich der Vorwurf der Sittenwidrigkeit nur dann, wenn der Sicherungsnehmer mit verwerflicher Gesinnung handelt,647 wofür indes keine tatsächliche Vermutung streitet.648 Die objektive Grenze der Sittenwidrigkeit ist dann überschritten, wenn das gesicherte Risiko in einem Maß überschritten wird, das selbst unter Berücksichtigung der berechtigten Sicherungsinteressen des Kreditgebers als so unerträglich erscheint, dass nur der Schluss gezogen werden kann, dass der Sicherungsnehmer aus eigennützigen Motiven handelt und die Interessen des Sicherungsgeber völlig missachtet.649 Auch wenn die Literatur zwecks Rechts­ sicherheit um die Herausbildung fester Grenzen bemüht ist, kommt es auf eine Betrachtung des Einzelfalls an.650 Bei einer lebenslangen Auszahlung der Darlehensvaluta liegt indes kein Fall der anfänglichen Übersicherung vor. Denn gehen die Parteien davon aus, dass zwar im gegenwärtigen Zeitpunkt keine Forderung in angemessener Höhe besteht, eine solche jedoch der Parteivorstellung entsprechend in der Zukunft entstehen wird und zudem stillschweigend oder ausdrücklich eine Verpflichtung des Darlehensgebers in den Vertrag aufnehmen, nach welcher dieser den überschießenden Teil der Grundschuld auf Verlangen des Darlehensnehmers zurückzugewähren hat, ist hierin keine anfängliche Übersicherung zu erblicken.651 Die Absicherung der Forderung durch den gesamten Wert des Grundstücks beruht auf einer genauen Kalkulation der Auszahlungshöhe und Antizipation der Lebensdauer des Darlehensnehmers, so dass die Parteien im Mittel demnach gerade davon ausgehen, dass die Forderung in der entsprechenden Höhe entstehen wird. Ist dies nicht der Fall, etwa weil der Darlehensnehmer vor der kalkulierten Zeit verstirbt, so dass der Forderungsbetrag hinter dem Grundschuldwert zurückbleibt, so liegt darin keine auf verwerflicher Gesinnung beruhende planmäßige Übersicherung durch den Darlehensgeber. Vielmehr verwirklicht sich in diesem Fall das von den 646  BGH, Urt. vom 19.03.2010 – V ZR 52/09, NJW-RR 2010, 1529, 1530 Rn. 12 = WM 2010, 834; BGH, Urt. vom 12.03.1998 – IX ZR 74/95, NJW 1998, 2047 = WM 1998, 856; Erman/Wenzel, § 1191 Rn. 52. 647  BGH, Urt. vom 19.03.2010 – V ZR 52/09, NJW-RR 2010, 1529, 1530 Rn. 12 = WM 2010, 834; BGH, Urt. vom 12.03.1998 – IX ZR 74/95, NJW 1998, 2047 = WM 1998, 856; Erman/Wenzel, § 1191 Rn. 52. 648  BGH, Urt. vom 19.03.2010 – V ZR 52/09, NJW-RR 2010, 1529, 1530 Rn. 12 = WM 2010, 834; Erman/Wenzel, § 1191 Rn. 52. 649  BGH, Urt. vom 19.03.2010 – V ZR 52/09, NJW-RR 2010, 1529, 1530 Rn. 13 = WM 2010, 834; Lwowski/Fischer/Gehrlein/Brünink, Kreditsicherung, § 3 Rn. 63. 650  BGH, Urt. vom 19.03.2010 – V ZR 52/09, NJW-RR 2010, 1529, 1530 Rn. 13 = WM 2010, 834; Lwowski/Fischer/Gehrlein/Brünink, Kreditsicherung, § 3 Rn. 64; Lwowski/Fischer/Gehrlein/Schoppmeyer, Kreditsicherung, § 15 Rn. 219. 651  BeckOK-BGB/Rohe, 53. Ed. 01.02.2020, § 1192 Rn. 132; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Vor. §§ 1191 Rn. 84.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages277

Parteien zu Vertragsbeginn bekannte Laufzeitrisiko. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wäre auch die gegenteilige Konstellation denkbar, dass der Forderungsbetrag den Wert der Grundschuld im Zeitverlauf übersteigt. Somit kann eine formale Übersicherungssituation zu Beginn des Vertrages zwar bestehen, jedoch beruht diese auf der wirtschaftlich untermauerten Kalkulation der Parteien und trägt zudem spekulative Züge, so dass nicht von einer die Sittenwidrigkeit begründenden Übersicherungssituation auszugehen ist. Wertungstechnisch würde dies auch gegen § 491 Abs. 3 S. 4 BGB verstoßen, der explizit davon ausgeht, dass der gesamte Immobilienwert haften soll, da keine anderen Haftungsobjekte zur Verfügung stehen.652 bb) Grundschuldzinsen Vereinbaren die Parteien überhöhte Grundschuldzinsen, kann dies ebenfalls zu einer anfänglichen Übersicherung führen.653 Der Gefahr der anfänglichen Übersicherung kann jedoch dadurch entgegengewirkt werden, dass im Sicherungsvertrag eine Abrede geschlossen wird, nach welcher die Grundschuldzinsen der jeweiligen Abrechnungsperiode durch die Zahlung der Forderungszinsen der Darlehensschuld erlöschen oder der Grundschuldzinssatz an den Basiszinssatz geknüpft wird.654 Im letzten Fall hatte der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz in der Vergangenheit zwar die Eintragung eines Höchst- und Mindestzinssatzes sowie die Bedingungen der Änderung des Zinssatzes erfordert.655 Nach der Neufassung von § 288 BGB kann in Zusammenschau mit §§ 1118, 1146 BGB indes von der Zulässigkeit einer Eintragung des variablen Zinssatzes ausgegangen werden.656

Omlor, NJW 2017, 1633, 1635. § 1191 Rn. 57; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Vor. §§ 1191 ff. Rn. 85; dagegen mit Hinweis auf die Verjährung und Rangbestimmung in der Zwangsvollstreckung (§ 10 Abs. 1 Nr. 4, 8 ZVG) Lwowski/Fischer/Gehrlein/ Schoppmeyer, Kreditsicherung, § 15 Rn. 223. 654  MünchKommBGB/Lieder, § 1191 Rn. 59; Staudinger/Wolfsteiner, Vor. §§  1191 ff. Rn. 85. 655  BGH, Urt. vom 07.04.1961 – V ZB 2/61, BGHZ 35, 22, 24 = NJW 1961, 1257; MünchKommBGB/Lieder, § 1115 Rn. 25  f.; ähnlich JurisPK-BGB/Reischl, (01.04.2017), § 1115 Rn. 34. 656  BGH, Beschl. vom 26.01.2006 – V ZB 143/05, NJW 2006, 1341 = WM 2006, 672; hierzu MünchKommBGB/Lieder, § 1115 Rn. 27; BeckOK-BGB/Rohe, 53. Ed. 01.02.2020, § 1115 Rn. 14 f.; hieraus eine allgemeine Zulässigkeit für durch Verordnung und Gesetz geregelte Zinsklauseln ableitend, da in diesem Fall objektive Umstände für den Gläubiger ersichtlich seien JurisPK-BGB/Reischl, (01.04.2017), § 1115 Rn. 36; ähnlich Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Einl. §§ 1113 ff. Rn. 62. 652  Ähnlich

653  MünchKommBGB/Lieder,

278 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

c) Nachträgliche Übersicherung Kommt es zu einer nachträglichen Übersicherung, etwa weil die Forderungshöhe aufgrund des frühen Todes des Darlehensnehmers in einem entsprechenden Missverhältnis zur Sicherungshöhe der Grundschuld steht, so folgt hieraus nicht die Nichtigkeit des Sicherungsvertrages nach § 138 Abs. 1 BGB. Vielmehr kommt dem Sicherungsgeber ab dem Zeitpunkt, ab dem die Sicherheit nicht mehr zur Sicherung benötigt wird,657 ein zwingender Frei­ gabeanspruch bzgl. des überschießenden Teils der Grundschuld gegen den Sicherungsnehmer zu.658 d) Spekulation auf den Tod des Darlehensnehmers Abschließend wird in der Literatur diskutiert, ob die Verknüpfung von Fälligkeitszeitpunkt der Rückzahlungsverpflichtung und Todeszeitpunkt des Darlehensnehmers und dem hieraus abgeleiteten Spekulationscharakter zur Nichtigkeit des Vertrages nach § 138 Abs. 1 BGB führt.659 Spekulationsgeschäfte sind dabei solche Verträge, bei welchen zumindest eine der Vertragsparteien in subjektiver Hoffnung eines Gewinns, dessen Realisierung hauptsächlich vom unsicheren Eintritt eines Ereignisses abhängt, bewusst ein Risiko übernimmt.660 Konkret ergibt sich der spekulative Charakter des Immobilienverzehrkreditvertrages aus der Generierung der Zinsen.661 Denn anders als beim herkömmlichen Darlehen ist die Höhe der Zinszahlungsverpflichtung zu Beginn des Vertrages ungewiss und hängt vom frühen oder späten Tod des Darlehensnehmers ab:662 Verstirbt dieser früher als kalkuliert, werden weniger Zinsen generiert als veranschlagt, stirbt er hingegen später als kalkuliert, 657  Staudinger/Wolfsteiner,

2015, Vor. §§ 1191 ff. Rn. 101, 95. (im Kontext von revolvierenden Globalsicherheiten) BGH (Großer Senat für Zivilsachen), Beschl. vom 27.11.1997 – GSZ 1 u. 2/97, BGHZ 137, 212 = NJW 1998, 671; speziell zur Grundschuld MünchKommBGB/Lieder, § 1191 Rn. 61; vgl. auch BeckOK-BGB/Rohe, 53. Ed. 01.02.2020, § 1192 Rn. 133; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Vor. §§ 1191 ff. Rn. 101 und 95. 659  Schnabl, NZM 2007, 714, 717, jedoch wohl im Kontext des Verkaufsmodells und unter Zugrundelegung einer Wette auf den frühen Tod des Verkäufers. 660  Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 285 ff., zusammenfassend S. 321. 661  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879; siehe zum Zinsänderungsrisiko ebenfalls Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 123; sowie ausführlich oben Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 60. 662  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 122; ausführlich oben Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 60. 658  Grundlegend



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages279

verwirklicht sich das Überschreitungsrisiko und Rück- und Zinszahlungsforderung fallen faktisch gesehen aus.663 Durch Vereinbarung der Haftungsbeschränkung übernimmt der Darlehensgeber einseitig das Langlebigkeitsrisiko, welches Einfluss auf den Gewinn in Form der Zinsen hat.664 Die Verknüpfung von Tod und wirtschaftlichem Gewinn im soeben beschriebenen Sinn könnte sich dabei, untechnisch formuliert, als Wette auf den Tod665 bzw. besser gewendet als Wette auf den zeitlich kalkulierten Tod666 des Darlehensnehmers darstellen und folglich sittenanstößig bzw. nichtig sein.667 Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass auch das Gesetz Fälle kennt, in denen die Parteien auf den frühen Tod einer Vertragspartei wetten.668 Neben § 491 Abs. 3 S. 4 BGB selbst gilt dies bspw. für die Leibrente nach §§ 759 ff. BGB, wenn deren Versprechen als Gegenleistung im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages vereinbart wird.669 Denn auch hier erwirbt der Rentenschuldner die Gegenleistung günstiger je früher der Rentengläubiger verstirbt.670 Nachdem im Rahmen der Sittenwidrigkeit auch die Wertungen des einfachen Gesetztes zu berücksichtigen sind,671 wäre es systemwidrig, würde man der Parteivereinbarung unter dem genannten Aspekt den Boden entziehen, obwohl das Gesetz selbst einen solchen Fall regelt.672 5. AGB-Kontrolle, §§ 307 ff. BGB673 Auch wenn § 491 Abs. 3 S. 4 BGB den Immobilienverzehrkreditvertrag vom Verbraucherdarlehensregime ausnimmt, folgt hieraus kein globaler Anwendungsausschluss allgemeiner Verbraucherschutzbestimmungen: Werden Immobilienverzehrkreditverträge folglich formularmäßig vereinbart, ist der 663  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 122; ausführlich oben Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 60. 664  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 158. 665  Schnabl, NZM 2007, 714, 716. 666  Siehe hierzu oben Kapitel 2: B.I.1., Interessenlage, S. 59 f. 667  Schnabl, NZM 2007, 714, 716. 668  Schnabl, NZM 2007, 714, 717. 669  Schnabl, NZM 2007, 714, 717; Spiegl, Die vertraglich begründete Leibrente, S. 213. 670  Spiegl, Die vertraglich begründete Leibrente, S. 213; Staudinger/Mayer, 2015, Vor. §§ 759–761 Rn. 6. 671  Siehe die Nachweise in Fn. 598. 672  Schnabl, NZM 2007, 714, 717. 673  Auf die Wirksamkeit der vereinbarten Kündigungsgründe am Maßstab der §§ 307 ff. BGB wird ausführlich an anderer Stelle eingegangen, siehe hierzu Kapitel 4: C.IV.1., Vertraglich vereinbarte außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers, S.  298 ff.

280 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Vertrag als Verbrauchervertrag i. S. v. § 310 Abs. 3 BGB einer vollumfäng­ lichen AGB- Kontrolle zu unterziehen.674 Im Folgenden sollen daher einige allgemeine (abstrakte) Überlegungen zu potentiellen AGB-rechtlichen Fragestellungen im deutschen Recht angestellt werden. Hierbei sollen allen voran die Problemkreise der US-amerikanischen Vertragspraxis bzw. Probleme, die sich aus der hier vertretenen Konstruktion des Verzehrkredits ergeben könnten, als Vorlage dienen. a) Kein Verstoß gegen § 309 Nr. 6 BGB Auch wenn im wirtschaftlichen Ergebnis die Rückzahlung der Valuta aus der Wohnimmobilie erfolgt, ist dies nicht als Vereinbarung einer Vertragsstrafe i. S. v. § 309 Nr. 6 BGB zu werten. Denn anders als in Fällen des Verfallpfands i. S. v. § 1149 BGB, dessen Qualität als Vertragsstrafe zuweilen diskutiert wird,675 folgt aus der hier vertretenen Auslegung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB, dass das Grundpfandrecht lediglich der Absicherung der Rückzahlungsverpflichtung dient. Im Fall des Zahlungsverzugs trifft den Darlehensnehmer keine Verpflichtung zur Übertragung des Grundeigentums. Kommt der Darlehensnehmer seiner Rück- bzw. Zinszahlungsverpflichtung nicht nach, muss der Darlehensgeber vielmehr die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben. b) Inhaltskontrolle, § 307 BGB Weiterhin darf die formularmäßige Vereinbarung des Immobilienverzehrkredits den Vertragspartner nicht entgegen des Gebots von Treu und Glauben gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen benachteiligen. aa) Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB Wie der Rechtsvergleich gezeigt hat, wird durch die Gestaltung vorformulierter Vertragswerke in der US-amerikanischen Rechtspraxis stellenweise der Eindruck erweckt, dass das im Rahmen des Reverse Mortgage-Vertrages gewährte Darlehen nicht zurückgezahlt werden müsse, der Darlehensnehmer 674  Ähnlich bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882; Kulms, ZfIR 2002, 614, 622; Schnabl, NZM 2007, 714, 717 Fn. 45; MünchKommBGB/Schürnbrand/ Weber, § 491 Rn. 98 i. V. m. Rn. 71. 675  Speziell im AGB-rechtlichen Kontext Foerste, ZBB 2009, 285, 292; siehe auch Gaul, AcP 168 (1968), 351, 381 f.; Tiedtke, ZIP 1996, 57, 60; Feliv, WiRo 2007, 197, 199.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages281

das Grundstück lebenslang bewohnen könne oder niemals mehr als den Grundstückwert schulde.676 Derlei Vertragsgestaltungen wären im deutschen Recht gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unter dem Aspekt der irreführenden Darstellungen und Verschleierungen der Rechtslage als Unterfall677 des Transparenzgebots unwirksam. Denn die Rechtslage würde durch die Vertragsgestaltung unzutreffend oder missverständlich dargestellt, so dass der Vertragspartner von der Geltendmachung seiner Rechte abgehalten werden würde.678 Beispielsweise würde der Darlehensnehmer von seinem Rückzahlungsrecht keinen Gebrauch machen, wenn der Vertrag implizieren würde, dass nach Fälligkeit nur eine Zwangsvollstreckung in das Grundstück statthaft wäre. Dass dies nicht der tatsäch­ lichen Rechtslage entspricht, wurde bereits erörtert.679 Darüber hinaus müsste der Vertrag unter dem Aspekt des Bestimmtheitsgebotes als weitere Fallgruppe680 des Transparenzgebotes derart formuliert werden, dass ein durchschnittlicher Vertreter des jeweiligen Kundenkreises die wirtschaftliche Bedeutung der Klausel zu erfassen imstande ist.681 Der EuGH682 leitet hieraus ab, dass das Bestimmtheitsgebot nicht nur die sprachliche Richtigkeit der Klausel erfasse, sondern den Verbraucher darüber hi­ naus – unter Einbeziehung der den Vertragsschluss begleitenden Informatio-

676  Siehe

hierzu oben Kapitel 3: B.I.1.b), Irreführende Werbung, S. 78. zur Fallgruppenbildung MünchKommBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 59 ff. (allgemein) und insbesondere Rn. 63. 678  BGH, Urt. vom 23.03.1988 – VIII ZR 58/87, BGHZ 104, 82, 92 f. = NJW 1988, 1726; BGH, Urt. vom 27.09.2000 – VIII ZR 155/99, BGHZ 145, 203, 220 = NJW 2001, 292; BGH, Urt. vom 05.10.2005 – VIII ZR 382/04, NJW 2006, 211, 213 Rn. 23 = WM 2006, 53; hierzu Staudinger/Wendland, 2019, § 307 Rn. 187; MünchKommBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 63. 679  Siehe hierzu oben Kapitel 4: A., Rechtsnatur, S. 157 ff. 680  Siehe zur Fallgruppenbildung Staudinger/Wendland, 2019, §  307 Rn. 180; MünchKommBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 59 ff. (allgemein) und insbesondere Rn. 61 f. 681  Siehe aus der Rechtsprechung des EuGHs: EuGH, Urt. vom 30.04.2014 – C-26/13 (Kásler/OTP Jelzálogbank Zrt“), EuZW 2014, 506, Rn. 74 = NJW 2014, 2335; EuGH, Urt. vom 14.10.2017 – C-186/16, WM 2017, 1974, 1978 Rn. 45 und 47 = BKR 2018, 201; aus der Rechtsprechung des BGH siehe BGH, Urt. vom 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42, 49 = NJW 1989, 222; BGH, Urt. vom 23.02.2011 – XII ZR 101/09 – NJW-RR 2011, 1144, 1145 Rn. 10 = WM 2011, 1190; siehe aus der Literatur hierzu Staudinger/Wendland, 2019, § 307 Rn. 183; MünchKommBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 61 f. 682  Der EuGH ist für die Auslegung der §§ 305 ff. BGB zuständig, da diese auf der Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 05. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABL L 95/29) beruhen, siehe hierzu MünchKommBGB/Basedow, Vor. § 305 Rn. 22 ff. 677  Siehe

282 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

nen – zur Abschätzung der wirtschaftlichen Folgen der Klausel befähigen müsse.683 Konkret bedeute dies, dass das der Klausel zugrunde liegende Verfahren (im konkreten EuGH-Fall der Auf- und Abwertungsmechanismus beim ­Kredit in Fremdwährung) dargestellt werden müsse und dem Verbraucher Informationen zur Verfügung zu stellen seien, die ihm die Entscheidung über den Vertragsschluss und dessen Auswirkungen erleichtern würden.684 Was hieraus für die praktische Vertragsgestaltung abzuleiten ist, ist in der Literatur umstritten.685 Neben der vom EuGH selbst angeregten Erläuterung der Funktionsweise, wird vereinzelt die Verwendung von Beispielrechnungen vorgeschlagen.686 Nach dem Gesagten würde dies für den Immobilienverzehrkreditvertrag bedeuten, dass die Berechnung der Auszahlungssumme, die Entwicklung von Schuldumfang und Abnahme des wirtschaftlichen Werts des Grundeigentums unter Einbeziehung der Haftungsbeschränkung anhand einer Beispielrechnung im Vertrag verdeutlicht werden müssten. bb) Leitbildfunktion und Abweichung von wesentlichen Grundgedanken, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB Für die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist darauf hinzuweisen, dass § 491 Abs. 3 S. 4 BGB keine Leitbildfunktion dergestalt zukommt, dass eine Abweichung vom Tatbestand des Immobilienverzehrkreditvertrages zu einer Unwirksamkeit der Klausel führen würde. Denn neben der Leitbildfunktion687 müsste der Gesetzgeber der Regelung eine gewisse Gerechtigkeitsvorstellung688 zugrunde gelegt haben. Die Recht683  EuGH, Urt. vom 14.10.2017 – C-186/16, WM 2017, 1974, 1978 Rn. 44 ff. (zum konkreten Fall Rn. 51) = BKR 2018, 201 (Funktion von Fremdwährungskrediten); EuGH, Urt. vom 30.04.2014 – C-26/13 (Kásler/OTP Jelzálogbank Zrt“), EuZW 2014, 506, Rn. 73 ff. = NJW 2014, 2335 (ebenfalls zur Funktion von Fremdwährungskrediten, insbesondere zum Wechselkursrisiko). 684  EuGH, Urt. vom 14.10.2017 – C-186/16, WM 2017, 1974, 1978 Rn. 44 und 51 = BKR 2018, 201. 685  Zur Übersicht Gerlach, GWR 2014, 415 m. w. N. 686  Graf v. Westphalen, NJW 2014, 2242, 2250; MünchKommBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 62 a. E.; kritisch hierzu Gerlach, GWR 2014, 415; darüber hinausgehend eine vorvertragliche Aufklärungspflicht annehmend Riesenhuber, LMK 2014, 358903. 687  Siehe aus der Rechtsprechung etwa BGH, Urt. vom 24.09.1980 – VIII ZR 273/79, NJW 1981, 117, 118 = WM 1980, 1346; Staudinger/Wendland, 2019, § 307 Rn. 229; Erman/Roloff, § 307 Rn. 24; MünchKommBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 67. 688  Staudinger/Wendland, 2019, §  307 Rn.  230; Erman/Roloff, § 307 Rn. 24; MünchKommBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 68.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages283

sprechung differenziert folglich danach, ob die infrage stehende Norm dem gerechten Interessenausgleich der Parteien dient oder lediglich ordnende Funktionen verfolgt.689 Zu berücksichtigen ist auch, ob der eintretende Rechtsverlust auf anderem Wege kompensiert wird und wie stark in das Äquivalenzverhältnis eingegriffen wird.690 § 491 Abs. 3 S. 4 BGB kommt hinsichtlich der Vereinbarung des Immobilienverzehrkredits zwar insofern (beschränkte) Leitbildfunktion zu, als die Norm diesen als gesetzliche Kategorie bzw. Vertragstyp definiert.691 Allerdings zeigt die Begründung des FinAufsRErgG, dass eine vertragliche Abweichung von der Haftungsbeschränkung oder auch des Fälligkeitszeitpunkts, die als Grundgedanken der gesetzlichen Regelung qualifiziert werden können, zu einer Eröffnung des Anwendungsbereich der §§ 491 ff. BGB führt.692 Im Umkehrschluss sind durch AGB vereinbarte Abweichungen vom Tatbestand des Verzehrkredits nicht gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Vielmehr kommt § 491 Abs. 3 S. 4 BGB ordnende Funktion dergestalt zu, als dieser über die Frage der vertragstypologischen Einordnung als Darlehen oder Immobiliar-Verbraucherdarlehen entscheidet. In diesem Fall kann bereits rein begrifflich nicht von einer unangemessenen Benachteiligung gesprochen werden, da mit Eröffnung des Anwendungsbereichs der §§ 491 ff. BGB dem Verbraucher ein Mehr an Rechten zukommt. Dass eine abweichende vertragliche Gestaltung u. U. rein faktisch an der Kreditwürdigkeitsprüfung der §§ 505a ff. BGB scheitern würde, ist dogmatisch eine hiervon losgelöste Frage.693

689  BGH, Urt. vom 17.02.1964 – II ZR 98/62, BGHZ 41, 151, 154 = NJW 1964, 1123; BGH, Urt. vom 04.06.1970 – VII ZR 187/68, BGHZ 54, 106, 109 f. = NJW 1970, 1596; hierzu aus der Literatur MünchKommBGB/Wurmnest, § 307 Rn. 68; ähnlich Erman/Roloff, § 307 Rn. 26; kritisch hierzu Staudinger/Wendland, 2019, § 307 Rn. 248 f. 690  Staudinger/Wendland, 2019, § 307 Rn. 248 und 258 m. w. N. 691  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 4: B.I.4., Beschränkte Leitbildfunktion des Tatbestandes, S. 190 und Kapitel 4: B.IV.2., Beschränkte Leitbildfunktion und Ausstrahlungswirkung, S. 234; hierzu auch, jedoch von einer Legaldefinition sprechend Fischer, ZAP Fach 8, 585, 588 f.; Reifner/Feldhusen/Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, § 9 Rn. 73; Erman/Nietsch, § 491 Rn. 32; Omlor, JuS 2017, 397, 388. 692  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39; statt vieler BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020 § 491 Rn. 134; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 491 Rn. 89. 693  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 4: B.IV.3., Faktischer Ausschluss sonstiger Gestaltungen des Immobilienverzehrkredits, S. 235.

284 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Bei formularmäßiger Vereinbarung eines Immobilienverzehrkredits bestehen damit keine über das Feld des allgemeinen Darlehensrechts hinausgehenden AGB-rechtlichen Problemkreise.694 6. Widerrufsrecht Ein allgemeines, also qua Vertragsschluss bestehendes, Widerrufsrecht kennt der Immobilienverzehrkreditvertrag nicht, da die §§ 491 ff. BGB und damit auch § 495 BGB keine Anwendung finden, Widerrufsrechte können sich in Abhängigkeit von der gewählten Vertriebsart jedoch aus den allgemeinen Bestimmungen der §§ 312 ff. BGB ergeben.695

III. Die rechtsgeschäftliche Haftungsbeschränkung Wie die Auslegung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB ergeben hat, setzt die Vereinbarung eines Immobilienverzehrkreditvertrages die rechtsgeschäftliche Verständigung über eine auf die Wohnimmobilie beschränkten Haftung voraus. Hieraus erwachsen Fragen der Rechtsnatur, des Umfangs und der Wirkung einer solchen Haftungsbeschränkung. 1. Die Rechtsnatur der Haftungsbeschränkung a) Der Begriff der Haftung Während mit Schuld gemeinhin das „Leisten müssen“696 des Schuldners im Sinne der primären vertraglichen Verpflichtung bezeichnet wird,697 ist der 694  Zur wirksamen Vereinbarung außerordentlicher Kündigungsgründe siehe sogleich; zur Wirksamkeit durch AGB vereinbarter Entgelte, welche hier nicht weiter vertieft werden sollen, siehe etwa Graf v. Westphalen, NJW 2018, 205; ders., NJW 2018, 1520 mit jeweils weiteren Nachweisen aus der jüngsten Rechtsprechung des BGH und Literatur. 695  So schon Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882; siehe auch oben Kapitel 4: B.IV.1., Ausschluss der §§ 491 ff. BGB und §§ 655a ff. BGB, S. 231 m. w. N. 696  Siehe zum Begriff Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, § 6 Rn. 30; andere Umschreibungen, die mit keinem Bedeutungsunterschied verbunden sind, sprechen insofern von „Leistungspflicht“ oder „rechtliche[m] Sollen“, siehe hierzu jeweils m. w. N. Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, S. 4 Fn. 7, 8 und 9. 697  Siehe hierzu aus dem älteren Schrifttum Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, S. 9; v. Gierke, Schuld und Haftung im älteren deutschen Recht, S. 7; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 22 ff.; v. Tuhr, Allgemeiner Teil des BGB I, S. 93, der zwar von Verpflichtung spricht, damit aber im Kern Schuld meint; Reichel, FS Cohn, 203, 205; v. Schwerin, Schuld und Haftung im geltenden Recht, S. 6; siehe aus dem neueren Schrifttum MünchKommBGB/Ernst, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 33; Fikentscher/Heine-



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages285

Begriff der Haftung nicht derart eindeutig besetzt, sondern vielmehr kontextabhängig zu verstehen.698 So wird Haftung zum einen als Synonym der Schuld verstanden, so etwa in §§ 613a Abs. 2, 767 Abs. 2, 840 Abs. 1 BGB und § 25 Abs. 1 HGB699.700 Zum anderen bezeichnet der Begriff der Haftung, wie § 276 Abs. 1 BGB zeigt, die der Schuld vorgelagerte Frage der juristischen Einstandspflicht für eigenes oder fremdes Verhalten.701 Weiterhin kann unter Haftung auch die Einstandspflicht für sekundäre Leistungsansprüche in Form von Schadens­ ersatz und den dem Rücktritt immanenten Rechtsfolgen verstanden werden702 oder die generelle Verantwortlichkeit des Schuldners bei Verletzung der Rechtsgüter anderer.703 Abweichend hiervon wird nach dem klassischen Begriffsverständnis unter Haftung, gerade in Gegenüberstellung zum Begriff der Schuld, das Zugriffsrecht des Gläubigers auf das Vermögen des Schuldners im Wege der Zwangsvollstreckung704 verstanden.705 Zwar entspricht die Schuld keiner bloß sittlimann, Schuldrecht, § 6 Rn. 30; Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, S.  3 f.; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 I S. 65; MünchKommBGB/Kramer, 5. Aufl. 2007, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 47 f.; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 239 f.; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. zum Schuldrecht Rn. 175. 698  Zu dieser Einschätzung Bruns, Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung, S. 3, 6; Fischinger, Haftungsbeschränkung im bürgerlichen Recht, S. 3; Gernhuber, Schulverhältnis, § 4 I S. 64. 699  Siehe hierzu statt vieler Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, S.  6 m. w. N. 700  Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, S. 6; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 I S. 64; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 22; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 239; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. zum Schuldrecht Rn. 175. 701  Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, S. 6; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 I S. 65; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 22; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 239; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. zum Schuldrecht Rn. 175. 702  Siehe etwa Esser/Schmidt, Schuldrecht AT/1, § 7 S. 116; siehe darüber hinaus Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, S. 5; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 239. 703  So das zugrundeliegende Begriffsverständnis des Haftungsrechts, siehe hierzu Bruns, Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung, S. 3; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 22; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 239. 704  Gernhuber merkt hierzu zu Recht an, dass der Begriff allgemeinhin zu eng verwendet wird, wenn einzig die Zwangsvollstreckung von diesem erfasst sein soll. Vielmehr falle unter den Begriff der Haftung jegliche zwangsweise Durchsetzung von Gläubigeransprüchen, etwa auch durch die Aufrechnung, weswegen Gernhuber insofern von Rechtszwang spricht; siehe zu dem Gesagten Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 I S. 66. 705  Bruns, Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung, S. 3 f.; MünchKommBGB/ Ernst, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 33; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht § 6 Rn. 30;

286 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

chen, sondern einer rechtlichen Pflicht mit der Konsequenz, dass der Gläubiger diese vom Schuldner zu verlangen berechtigt ist.706 Doch geht hiermit nicht die Befugnis zur zwangsweisen Durchsetzung der Schuld einher.707 Die Schuld wird vielmehr durch die Haftung realisiert, welche ersteren metaphorisch gesprochen „wie ein Schatten“708 folgt und dieser „die irdische Schwere“709 verleiht.710 Haftung bedeutet somit Unterworfensein unter die Zwangsvollstreckung, bzw. genauer formuliert jeglichen von Gläubigerseite initiierten Rechtszwang.711 Eben dieses Haftungsverständnis soll auch der weiteren Untersuchung zugrunde gelegt werden. In Einklang mit dem heute allgemein anerkannten Grundsatz der unbeschränkten Vermögenshaftung erstreckt sich die Haftung grundsätzlich auf jegliches (pfändbares) Vermögen des Schuldners,712 ohne dass es hierzu einer gesonderten Absprache713 bedürfte.714 In diesem Kontext ist zudem das Prinzip der sog. Sachhaftung zu nennen, das zumeist dem Grundprinzip der allgemeinen Vermögenshaftung gegenübergestellt wird.715 Von Sachhaftung spricht man, wenn zugunsten des Gläubigers ein spezielles (dingliches) Verwertungsrecht an einer Sache des Schuldnervermögens bestellt wird.716 Zwar unterliegt das gesamte (pfändbare) Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, S. 4; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 I S. 65; MünchKommBGB/Kramer, 5. Aufl. 2007, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 47; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 22; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 240; Reichel, FS Cohn, 203, 205; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. zum Schuldrecht Rn. 175. 706  Statt vieler Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, S. 4. 707  Statt vieler Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, S. 4. 708  Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 22. 709  Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 22. 710  Siehe bereits die Nachweise in Fn. 705. 711  Siehe allgemein zum Begriffsverständnis der Haftung als Unterworfensein unter die Zwangsvollstreckung die Nachweise in Fn. 705; zur weiten Begriffsbestimmung siehe die Anmerkung und den Nachweis in Fn. 704. 712  Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 II S. 71; MünchKommBGB/Kramer, 5. Aufl. 2007, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 47; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 22 f.; Staudinger/ Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 242. 713  Siehe hierzu Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 23; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 241 und 253. 714  Im Einzelfall ist die Vollstreckung nicht zwangsläufig auf einen Vermögenszugriff gerichtet, sondern bspw. auf die Erzwingung von Herausgabeansprüchen, der Durchsetzung unvertretbarer Handlungen oder Duldungs- und Unterlassungsansprüche, siehe hierzu statt vieler Staudinger/Olzen, 2015, Einl. §§ 241 ff. Rn. 242. 715  Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 VI S. 88; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 25.; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 253. 716  Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 VI S. 88; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 25; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 253.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages287

Schuldnervermögen der Zugriffsmöglichkeit des Gläubigers, doch dient diese hervorgehobene Haftung spezieller Gegenstände des Schuldnervermögens gerade der Absicherung des wechselnden Vermögensbestandes des Schuldners717 respektive einer Besserstellung des Gläubigers gegenüber sämtlichen anderen Gläubigern des Schuldners.718 Eine reine Sachhaftung dergestalt, dass zur Realisierung der Schuld indes nur der zur Sicherheit gegebene Gegenstand haften würde, ist damit jedoch nicht automatisch verbunden, womit es zwischen Sachhaftung und reiner Sachhaftung, als Verbindung von Verwertungsrecht und Haftungsbeschränkung, zu unterscheiden gilt.719 b) Die gegenständlich beschränkte Haftung Sowohl der Umfang der Schuld als auch der Haftung können beschränkt werden.720 Von einer Beschränkung der Schuld ist dabei zu sprechen, wenn die Verpflichtung des Schuldners zur Leistung und nicht das haftende Vermögen im Sinne des Zugriffsrechts des Gläubigers beschränkt wird.721 Zwar unterliegt die Festlegung des Pflichtenprogramms der privatautonomen Parteivereinbarung, so dass der Begriff der beschränkten Schuld an sich obsolet wäre, da gerade nur das geschuldet ist, was die Parteien vereinbaren, jedoch rechtfertigt sich der Begriff der Schuldbeschränkung aus einem Vergleich mit der ursprünglichen bzw. einer grundsätzlich weitergehenden als der vereinbarten Schuld.722 Auch andere Einwirkungen auf die Schuld, die wirtschaftlich gesehen zwar haftungsbeschränkende Wirkung dergestalt entfalten, dass der Schuldner letztlich weniger zu leisten verpflichtet ist und deshalb die Haftungsrealisierung betragsmäßig geringer ausfällt, sind in dem hier verstandenen Sinn keine Haftungsbeschränkung im engeren Sinn.723 Zu denken ist etwa an die Einräumung einer Ersetzungsbefugnis, eines bedingten Verzichts oder einer auflösenden Bedingung der Schuld.724 717  Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 24; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 253; v. Tuhr, Allgemeiner Teil des BGB I, S. 115. 718  Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 25. 719  In diesem Sinne wohl auch Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 VI S. 88. 720  Siehe hierzu die Nachweise im Folgenden. 721  Grundlegend hierzu v. Tuhr, Allgemeiner Teil des BGB I, 112; siehe darüber hinaus Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 II S. 71; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 22; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 245; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. zum Schuldrecht Rn. 192. 722  Hierzu Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 II S. 72 Fn. 25. 723  Reichel, FS Cohn, 203, 223 f. 724  Reichel, FS Cohn, 203, 223 f.

288 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Hiervon abzugrenzen sind Möglichkeiten, die Haftung für die bestehende Schuld zu beschränken. Unterschieden werden zum einen nach dem Entstehungsgrund gesetzliche und vertragliche Haftungsbeschränkungen725 und zum anderen nach dem Inhalt der Haftungsbeschränkung rechnerische und gegenständliche Haftungsbeschränkungen.726 Terminologisch verunglückt ist mit Blick auf die klassische Gegenüberstellung von Schuld und Haftung der Begriff der rechnerischen Haftungsbeschränkung, welcher eigentlich nicht den Haftungsumfang betrifft, sondern von vornherein den Umfang der Schuld beschränkt, so dass besser von „limitierter Schuld“727 „Schuldbeschränkung“728 oder „beschränkter Verpflichtung“729 die Rede sein sollte.730 Genannt seien Haftungshöchstsummen (z. B. § 12 StVG), die bei Eintritt eines Schadens­ ereignisses die Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz rechnerisch begrenzen, für diese rechnerisch festgelegte Höchstsumme jedoch das gesamte Vermögen haftet.731 Andererseits könnten sich die Parteien auch über den Haftungsumfang einigen. Grundsätzlich umfasst die Haftung jegliches Schuldnervermögen (sog. Grundsatz der unbeschränkten Vermögenshaftung).732 Unbenommen bleibt es den Parteien jedoch, den Haftungsumfang auf spezielle Vermögensgegenstände des Schuldnervermögens zu beschränken (sog. gegenständlich beschränkte Haftung),733 namentlich die Wohnimmobilie.734

725  Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 II S. 72; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 23; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 246. 726  Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 II S. 71 f.; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S.  22 f.; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 245 f. 727  So die Begrifflichkeit bei Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 II S. 72. 728  So die Begrifflichkeit bei Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 245. 729  v. Tuhr, Allgemeiner Teil des BGB I, S. 112. 730  Grundlegend hierzu v. Tuhr, Allgemeiner Teil des BGB I, S. 112; siehe darüber hinaus Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 II S. 71; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 22; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 245; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. zum Schuldrecht Rn. 192. 731  MünchKommBGB/Kramer, 5. Aufl. 2007, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 47; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 245; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. zum Schuldrecht Rn. 192. 732  Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 II S. 71; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S.  22 f.; MünchKommBGB/Kramer, 5. Aufl. 2007, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 47; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 242. 733  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, §  33 Rn.  60; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 II S. 72; MünchKommBGB/Kramer, 5. Aufl. 2007, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 47; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 23; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 246; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. zum Schuldrecht Rn. 193.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages289

Die gegenständlich beschränkte Haftung geht über die mit der Einräumung eines Grundpfandrechts am Grundstück einhergehenden Sachhaftung hi­ naus735 und verengt das Zugriffsrecht des Gläubigers auf die benannten Gegenstände.736 Fallen demgemäß gegenständlich beschränkte Haftung und Sachhaftung in ein und demselben Gegenstand zusammen, so kann von einer reinen Sachhaftung gesprochen werden.737 Einzig das zum Pfand gegebene Grundstuck haftet für die vereinbarte Schuld und nicht das sonstige Vermögen des Schuldners,738 während dem Gläubiger zugleich ein den anderen Gläubigern gegenüber privilegiertes Verwertungsrecht an der Wohnimmobilie zukommt.739 c) Haftung als materieller Teil des Schuldverhältnisses Abschließend zu erörtern bleibt die Frage, in welchem Verhältnis materiellrechtliche Haftungsbeschränkungen und prozessuale Abreden über die Vollstreckbarkeit stehen. Letztere betreffen als Unterfall des Prozessvertrages740 die Art und Weise der Zwangsvollstreckung und können auf diese in zeitlicher, modaler oder gegenständlicher Hinsicht einwirken.741 Eingeteilt werden die Vollstreckungsvereinbarungen dahingehend, ob sie die Zwangsvollstreckung beschränken (beschränkende Vollstreckungsvereinbarung) oder erwei-

734  So auch Kulms, ZfIR 2002, 614, 620, jedoch im Kontext der verfrühten Fälligstellung. 735  Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 VI 2 S. 88; siehe zum Begriff der Sachhaftung auch Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 25. 736  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, §  33 Rn.  60; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 II S. 72; MünchKommBGB/Kramer, 5. Aufl. 2007, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 47; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 23; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 246; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. zum Schuldrecht Rn. 193. 737  Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 163; Damrau, PfandleiherVO, § 5 Rn. 5; ders., GewArch 2004, 177, 179 f.; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 VI 2 S. 88. 738  Instruktiv hierzu Reichel, FS Cohn, 205, 223; siehe darüber hinaus im Kontext des § 491 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB bzw. § 5 PfandlV, der mit der Situation des Immobilienverzehrs vergleichbar ist, grundlegend Damrau, PfandleiherVO, § 5 Rn. 7; ders., GewArch 2004, 177, 179; siehe darüber hinaus Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 163. 739  Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 VI 2 S. 88; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 25. 740  Hergenröder, DGVZ 2013, 145, 146; Musielak, FS Schilken, 749; Philipp, Rpflger 2010, 456. 741  Instruktiv mit Beispielen siehe Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, §33 Rn. 38 f.; siehe darüber hinaus Musielak, FS Schilken, 749, 755; Philipp, Rpfleger 2010, 456, 460.

290 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

tern (erweiternde Vollstreckungsvereinbarung).742 Beschränkende Vollstreckungsvereinbarungen, auf die es im Folgenden ankommt, sind dabei nach allgemeiner Meinung mit der Erwägung als zulässig zu erachten, dass der Gläubiger die Initiierung der Zwangsvollstreckung als Herr der Verfahrens durch Stellung des entsprechenden Antrags in den Händen hält und demgemäß die Art und Weise der Zwangsvollstreckung gestalten kann.743 Im Gros der Fälle wird eine explizite Abgrenzung von materiell-rechtlichen Haftungsbeschränkungen und prozessualen gegenständlich beschränkenden Vollstreckungsvereinbarungen nicht vorgenommen, also beide Rechtsinstitute synonym als Beschränkung der zwangsweisen Gläubigerbefriedigung gesehen.744 Teils wird dabei zu undifferenziert vorgegangen,745 teils die Abgrenzung unter Hinweis auf deren praktische Schwierigkeit746 oder aus dogmatischen Erwägungen747 abgelehnt. Dogmatisch kann dies freilich nicht überzeugen.748 Denn die materielle Haftungsbeschränkung betrifft gerade den materiellen Anspruch und dessen Behandlung im Erkenntnisverfahren, während die Vollstreckungsverein­ barung auf den Ablauf der Zwangsvollstreckung einwirkt, mithin also die Vollstreckungsbefugnis des Gläubigers betrifft.749 Eine Gleichstellung beider 742  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 33 Rn. 21; Musielak, FS Schilken, 749, 755 ff.; Philipp, Rpfleger 2010, 456, 457. 743  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 33 Rn. 35; Musielak, FS Schilken, 749, 755 f.; Philipp, Rpfleger 2010, 456, 460. 744  Siehe hierzu bspw. Reichel, FS Cohn, 203, passim; Roquette, ZZP 49 (1925), 160 passim (siehe zur Kritik an Roquette bspw. Schug, Zur Dogmatik des vollstreckungsrechtlichen Vertrages, S. 110); Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 247; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. zum Schuldrecht Rn. 193. 745  Diese Einschätzung bzgl. des früheren Schrifttums teilend Schug, Zur Dogmatik des vollstreckungsrechtlichen Vertrages, S. 108 f. 746  Jauernig/Berger, Zwangsvollstreckungs- Insolvenzrecht, § 1 Rn. 31. Rn. 5 ff. 747  So Scherf, Vollstreckungsverträge, S. 30, der meint, dass sich die materielle Haftung des Schuldners in der Zwangsvollstreckung fortsetzte und die Zugriffsmöglichkeiten im Rahmen der §§ 704 ff. ZPO somit als Teil des materiellen Anspruchs zu sehen seien. 748  Zur Anerkennung der materiellen Haftungsbeschränkung in der Rspr. siehe BGH, Urt. vom 14.07.1954 – VI ZR 82/53, ZZP 68 (1955), 101, 102; BGH, Urt. vom 18.03.1975 – VI ZR 228/73, MDR 1975, 747 = DB 1975, 1117; aus der Literatur grundlegend Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozess, S. 131; siehe weiterhin Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 33 Rn. 60 ff.; Philipp, Rpfleger 2010, 456, 457; Raatz, Vollstreckungsverträge, S. 8; Schug, Zur Dogmatik des vollstreckungsrechtlichen Vertrages, S. 108 und 118; im Kontext von § 5 PfandleiherVO Damrau, GewArch 2004, 177, 180 (der jedoch in diesem Kontext von einer Dopplung von Vollstreckungsvereinbarung und materieller Haftungsbeschränkung ausgeht). 749  Instruktiv hierzu die Ausführungen bei Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozess, S. 131: „Wie es kraft Gesetzes eine Schuld mit gegenständlich beschränk-



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages291

Befugnisse würde der fundamentalen Trennung von materiellem und prozessualem Recht zuwiderlaufen und verkennen, dass die Vollstreckung nicht aufgrund des materiellen Rechts, mithin eines tatsächlichen Anspruchs, vollzogen wird, sondern die Befugnisse des Gläubigers im formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahren allein aus dem erstrittenen Titel herrühren.750 Neben dieser dogmatischen Feinheit zeitigt die Unterscheidung jedoch auch praktische Konsequenzen. Denn die materielle Haftungsbeschränkung ist prozessual, sowohl im Erkenntnis- als auch im Vollstreckungsverfahren, anders geltend zu machen als die Vollstreckungsvereinbarung und unterliegt anderen Wirksamkeitsvoraussetzungen, weshalb eine Erörterung um die grundsätzliche Unterscheidung und eine darauf folgende Abgrenzung auch nicht dahinstehen kann.751 Letztlich steht hinter der Frage, ob es neben einer vollstreckungsbeschränkenden Vereinbarung auch eine materielle, den Anspruch betreffende Haftungsbeschränkung geben kann, die Festlegung des Umfangs der aus dem Schuldverhältnis entspringenden Rechte.752 Erkennt man neben der „Einziehungsbefugnis“753 des Schuldners ein „Zwangsrecht“754 an, welches ter Haftung gibt, ist es nämlich auch zulässig, eine solche Haftungsbeschränkung durch Vereinbarung herbeizuführen, also durch Vertrag die Haftung für eine Schuld auf bestimme Vermögenskomplexe zu beschränken. Solche Verträge sind möglich; sie gehören aber ausschließlich dem Zivilrecht an, begründen eine Einwendung gegen den Anspruch selbst und sind mit der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen, sofern sie nicht bereits im Urteil berücksichtigt werden müssen. Von den eigentlichen Vollstreckungsverträgen sind sie jedoch streng zu scheiden. Bei diesen liegt ebenso wie in den Fällen gesetzlicher Unpfändbarkeit eine unbeschränkte Haftung vor, das ganze Vermögen bleibt an sich „Vollstreckungssubstrat“; nicht das zum Forderungsrecht des Gläubigers hinzutretende Zwangsrecht wird ausgeschlossen, sondern nur bestimmte einzelne Vollstreckungsobjekte oder Vollstreckungsformen werden, prozessual gesehen, der Vollstreckung entzogen“; siehe darüber hinaus Raatz, Vollstreckungsverträge, S.  8 f. 750  Grundlegend Peters, AcP 172 (1972), 561 f.; siehe weiterhin Gaul/Schilken/ Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 33 Rn. 4 sowie Fn. 185 in zu Rn. 60; Philipp, Rpfleger 2010, 456, 458. 751  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 33 Rn. 5; Phi­ lipp, Rpfleger 2010, 456, 457. 752  So wohl auch Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozess, S. 183, der davon spricht, dass sich sowohl das Forderungs- als auch das Zugriffsrecht in der Schuld vereinen, womit er augenscheinlich unter Schuld, abweichend von dem hier zugrunde gelegten Begriffsverständnis, das Schuldverhältnis im weiteren Sinne versteht; siehe zudem Emmerich, ZZP 82 (1969), 413, 435. 753  So bezeichnet von Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. zum Schuldrecht Rn. 122, der diese, evtl. neben anderen Befugnissen, als Teil der Schuld i. S. d. klassischen Lehre sieht, vgl. hierzu Rn. 175. Es wird vorliegend der Begriff der Einziehungsbefugnis verwendet, da dieser einer plastischen Abgrenzung dient. 754  Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozess, S. 131.

292 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

„neben das Forderungsrecht“755 bzw. die Einziehungsbefugnis tritt und dem Gläubiger ein subjektives Recht zum Zugriff auf das Schuldnervermögen gewährt,756 so fällt eine materiell-rechtliche Qualifizierung nicht schwer.757 Hiervon abzugrenzen ist die Vollstreckungsbefugnis des Gläubigers, also dessen Möglichkeit, die Zwangsvollstreckung bei Vorliegen aller Tatbestandsmerkmale betreiben zu können.758 Während also die Haftungsbeschränkung das dem Schuldverhältnis entspringende Recht des Gläubigers zum Zugriff auf das Schuldnervermögen beschränkt, beschränkt ein entsprechender Vollstreckungsvertrag lediglich die zwangsweise Realisierung der ansonsten geschuldeten Leistung, die der Gläubiger grundsätzlich durch Zwangszugriff auf das Schuldnervermögen zu realisieren berechtigt ist.759 Es sei in diesem Kontext noch darauf hingewiesen, dass von der Frage der Anerkennung der materiellen Haftungsbeschränkung als eigenständiger Kategorie neben der Vollstreckungsvereinbarung die Frage nach der Rechtsnatur und Wirkung der Vollstreckungsvereinbarung zu unterscheiden ist, welche jedoch für diese Untersuchung mit keinem Erkenntnisgewinn verbunden ist und damit ausgeklammert wird.760 755  Schiedermair,

Vereinbarungen im Zivilprozess, S. 131. JuS 1964, 218 Fn. 34, 224; sowie ders., JuS 1964, 293, 302 Fn. 146; Schiedermair, Vereinbarung im Zivilprozess, S. 131; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. §§ 241 ff. Rn. 175; a. A. Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 I S. 69 m. w. N.; differenzierend, aber im Ansatz auch für ein materielles Verständnis Emmerich, ZZP 82 (1969), 413, 435. 757  So Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozess, S. 131, noch deutlicher auf S. 183; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. §§ 241 ff. Rn. 175; a. A. wohl Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 I S. 69 m. w. N. 758  Raatz, Vollstreckungsverträge, S.  8 f.; Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozess, S. 182; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. §§ 241 ff. Rn. 175; a. A. insoweit Scherf, Vollstreckungsverträge, S. 30 m. w. N., der Haftung und Vollstreckungsbefugnis nicht auseinanderhält, sondern letzteres als Fortgeltung und damit Teil des materiellen Anspruchs in der Zwangsvollstreckung ansieht; dieser Ansatz ist indes vielfach auf Kritik gestoßen, siehe hierzu grundlegend Peters, AcP 172 (1972), 561 f.; siehe weiterhin Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 33 Rn. 4 sowie Fn. 185 in zu Rn. 60; Philipp, Rpfleger 2010, 456, 458. 759  So zusammenfassend Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozess, S. 131 und 181. 760  So war in der Prozessrechtswissenschaft umstritten, ob die Vollstreckungsvereinbarungen ihrerseits als materieller Vertrag anzusehen seien, siehe hierzu den Überblick bei Schug, Zur Dogmatik des vollstreckungsrechtlichen Vertrages, S. 87 ff. Hiermit hängt die Frage nach der verfügenden oder bloß verpflichtenden Wirkung der Vereinbarung und die stellenweise damit verbundene Qualifikation der Rechtsnatur der Abrede zusammen, siehe hierzu instruktiv Gaul, JuS 1971, 347; Beide Fragen ändern jedoch nichts daran, dass eine eigenständige materiell-rechtliche Kategorie der Haftungsbeschränkung anzuerkennen ist; siehe zur Zulässigkeit der materiellen Haftungsbeschränkung bereits die Nachweise in Fn. 749. 756  Jahr,



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages293

Nachdem die grundlegende Unterscheidung von materieller Haftungs- und prozessualer Vollstreckungsbeschränkung betont wurde, bleibt indes zu klären, wie die beiden Typen voneinander abgegrenzt werden können. Klassischerweise werden beide Vereinbarungen danach voneinander abgegrenzt, ob nach dem Parteiwillen die Wirkungen im materiellen Recht oder im Prozessrecht eintreten sollen.761 Da eine solche Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall unklar sein und insbesondere in Abgrenzung zu einer gegenständlichen Haftungsbeschränkung schwer fallen kann, ist hilfsweise darauf abzustellen, ob die Parteien die Vereinbarung bei Vertragsschluss oder während des Prozesses bzw. vor und während der Zwangsvollstreckung treffen.762 Im ersten Fall bezwecken die Parteien eine Einschränkung des materiellen Haftungsumfangs, im zweiten Fall eine Beschränkung der Zugriffsmöglichkeit im Rahmen der Zwangsvollstreckung.763 Gerechtfertigt ist diese Annahme durch die Erwägung, dass die Parteien, die soeben gerade ein u. U. langwieriges Erkenntnisverfahren hinter sich gebracht haben, nicht die rechtliche Stellung des Titels abändern, sondern die bloßen Modalitäten der Zwangsvollstreckung regeln wollen.764 Im Fall des Immobilienverzehrkreditvertrages ist demnach in Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen von einer materiellen Haftungsbeschränkung auszugehen. Denn § 491 Abs. 3 S. 4 BGB erfordert nach der hier zugrunde Auslegung gerade, dass sich die Parteien zu Vertragsbeginn über den Haftungsumfang verständigen. Die vertragstypologische Einordnung als Immobilienverzehrkreditvertrag und die nach dem Erkenntnisverfahren getroffene Vereinbarung über die Beschränkung der Gläubigerbefugnisse im Zwangsvollstreckungsverfahren schließen sich demgemäß denklogisch aus. 2. Der Umfang der Haftungsbeschränkung Anders als gesetzliche erfordern vertragliche bzw. gewillkürte Haftungsbeschränkungen eine parteiliche Abrede über den Umfang der Haftung.765 Die 761  Grundlegend Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozess, S. 22  ff., 38 ff.; siehe darüber hinaus ausführlich Baumgärtel., ZZP 87 (1974), 121 ff.; Gaul, JuS 1971, 347; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 33 Rn. 2; Hergenröder, DGVZ 2013, 145, 146; Musielak, FS Schilken, 749; Philipp, Rpfleger 2010, 456, 458; Schug, Zur Dogmatik des vollstreckungsrechtlichen Vertrages, S.  25 ff., 155 ff., 178 ff. 762  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 33 Rn. 60. 763  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, §  33 Rn.  60; Hergenröder, DGVZ 2013, 145, 146. 764  Hergenröder, DGVZ 2013, 145, 146. 765  Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 II S. 72; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 23; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 246.

294 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Abrede ist innerhalb der allgemeinen Grenzen der §§ 134, 138, 305 ff. BGB ohne Weiteres als Ausdruck der Privatautonomie zulässig.766 Hinsichtlich des haftenden Vermögensgegenstandes ordnet § 491 Abs. 3 S. 4 BGB nach der hier vertretenen Auffassung zwingend an, dass die Haftung des Darlehensnehmers durch die Parteivereinbarung auf die Wohnimmobilie beschränkt sein muss.767 Nachdem zugleich ein Grundpfandrecht an der Immobilie bestellt wird, liegt ein Fall der reinen Sachhaftung768 vor. § 491 Abs. 3 S. 4 BGB lässt allerdings offen, auf welche Forderung sich die Haftungsbeschränkung zu erstrecken hat. Der Wortlaut von § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 BGB ist indes in unmittelbaren Zusammenhang mit der in Nr. 2 beschriebenen Rückzahlungsverpflichtung zu sehen, woraus folgt, dass sich die Haftungsbeschränkung zumindest auf diese zu erstrecken hat. Es bleibt jedoch offen, ob sich die Haftungsbeschränkung auch auf die Zinszahlungsverpflichtung zu erstrecken hat. Hierfür sprechen zunächst teleologische Argumente, da § 491 Abs. 3 S. 4 BGB durch das Erfordernis der auf die Wohnimmobilie beschränkten Haftung den Schutz des Verbrauchers vor einer Überschuldung bezweckt.769 Für den Verbraucher bzw. dessen Erben macht es aus wirtschaftlicher Sicht jedoch keinen Unterschied, ob das sonstige persönliche Vermögen aufgrund der nicht geleisteten Rückzahlung oder nicht gezahlter Zinsen vermindert wird. Auch die Normhistorie spricht für diese Auslegung, da sowohl dem europäischen als auch dem deutschen Gesetzgeber bei Schaffung des Tatbestandes die Reverse Mortgage des USamerikanischen Rechts vor Augen stand.770 Bei dieser umfasst die Haftungsbeschränkung sowohl die aufgelaufene Darlehensvaluta als auch die Zinsen, insofern diese nicht bereits zuvor geleistet wurden.771 Demnach muss sich die Haftungsbeschränkung auch im deutschen Recht auf die Zinszahlungs766  Siehe aus der Rechtsprechung BGH, Urt. vom 14.07.1954 – VI ZR 82/53, ZZP 68 (1955), 101, 102; BGH, Urt. vom 18.03.1975 – VI ZR 228/73, MDR 1975, 747 = DB 1975, 1117; siehe aus dem älteren Schrifttum Reichel, FS Cohn, 203, 209; Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozess, S. 131 jeweils m. w. N.; sowie aus neuerer Zeit Damrau, GewArch 2004, 177, 179 f.; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 33 Rn. 60 f.; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 II S. 73; a. A. insoweit ersichtlich Hölder, DJZ 1910, 1263, 1264; Wolf, Schuldrecht AT, § 3 S. 109 Fn. 8; aus neuerer Zeit Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880. 767  Siehe hierzu oben mit Nachweisen Kapitel 4: B.III.2.c), „Im Gegenzug nur“: Veräußerungserlös oder Recht an der Wohnimmobilie, S. 211 ff. 768  Siehe zum Begriff mit Nachweisen bereits oben Kapitel 4: C.III.1.b), Die gegenständlich beschränkte Haftung, S. 287. 769  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 770  Siehe ausführlich hierzu oben Kapitel 4: B.III.2.c)dd), Wirtschaftliches Begriffsverständnis, S. 215. 771  Siehe hierfür mit Nachweisen oben Kapitel 3: B.II.2.b)dd), Verfahren nach Eintritt der Fälligkeit, S. 103.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages295

verpflichtung erstrecken. Von praktischem Nutzen ist diese Einsicht jedoch nur für den Fall, dass die Zinsen nach der Parteiabrede am Ende der Vertragslaufzeit geleistet werden sollen. Anderenfalls wird der Darlehensnehmer der Zinszahlungsverpflichtung bereits zuvor nachkommen, um eine vorzeitige Kündigung zu verhindern. Aus den gleichen Gründen muss sich die Haftungsbeschränkung auf vertragliche Sekundäransprüche beziehen, wenn diese die ursprüngliche Schuld betreffen und an deren Stelle treten. Zu denken ist etwa an einen Schadensersatzanspruch bei vorzeitiger Kündigung des Darlehensgebers aufgrund einer Pflichtverletzung des Darlehensnehmers (Vorfälligkeitsentschädigung). Spiegelbildlich folgt hieraus jedoch auch, dass sich die Haftung – etwa bei zufälligem Untergang der Wohnimmobilie – an etwaigen Versicherungsansprüchen des Darlehensnehmers gegen dessen Versicherer fortsetzen kann. § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 BGB ist insofern die explizite Wertung zu entnehmen, dass das Wertsubstrat der Wohnimmobilie – entweder in Form des Verkaufs­ erlöses oder Zwangsverwertung der Wohnimmobilie – der Haftung unterliegt. Dem ist eine implizite Erweiterung auf Surrogate des Immobilienwertes zu entnehmen. Gegen diese Annahme sprechen auch keine teleologischen Argumente, da der Darlehensnehmer keiner weitergehenden Haftung ausgesetzt wird, sondern weiterhin lediglich mit dem in der Wohnimmobilie verkörperten Wert haftet. Hiervon zu trennen sind indes Fragen der außerordentlichen Kündbarkeit772 und schuldrechtlicher Verwertung der Erlöse – wobei insbesondere an §§ 1127, 1128, 1130 BGB (ggf. i. V. m. § 1192 Abs 1 BGB) zu denken ist. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Haftungsbeschränkung entgegen der Auffassung von Bülow773 auch nicht bei vorzeitiger Fälligstellung der Rückzahlungsverpflichtung durch außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers entfällt. Zum einen ist diese Rechtsfolge nicht im Wortlaut von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB angelegt. Zum anderen sprechen hiergegen auch teleologische Argumente, da der Gesetzgeber den Verbraucher – als Kompensation für die mangelnde Anwendbarkeit der §§ 491 ff. BGB – zumindest durch die Haftungsbeschränkung schützen wollte.774 Dieser Schutz muss gerade bzw. erst recht dann bestehen, wenn sich der Darlehensnehmer der vorfälligen Rückzahlung unerwartet zu seinen Lebzeiten gegenübersieht. Darüber hinaus muss die Haftungsbeschränkung ohne Einschränkung bzw. Vorbehalt bereits bei Vertragsschluss vereinbart werden, da ansonsten kein Immobilienverzehrkreditvertrag vorliegt.775 772  Siehe hierzu unten Kapitel 4: C.IV.2.b), Kündigung wegen wesentlicher Verschlechterung, § 490 Abs. 1 BGB, S. 316. 773  Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 187f. 774  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39. 775  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39.

296 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

3. Die Wirkung der Haftungsbeschränkung Die vertragliche Haftungsbeschränkung führt dazu, dass der Forderung des Gläubigers nur die vereinbarten Vermögensgegenstände als Sondervermögen haften.776 Der Charakter der Schuld sowie der ursprüngliche Rechtsgrund, der sich nicht etwa in eine Schenkung wandelt,777 bleiben bestehen.778 Die Vereinbarung der Haftungsbeschränkung führt folglich nicht zu einer Änderung des Schuldumfangs,779 lediglich das Zugriffsrecht des Gläubigers auf das Vermögen des Schuldners mittels Rechtszwang wird durch die Vereinbarung beschränkt.780 Dem Gläubiger kommt damit kein Recht zu, die zwangsweise Realisierung seines Leistungsrechts über dasjenige hinaus zu betreiben, was der vereinbarten Haftung unterliegt,781 also namentlich der Wohnimmobilie. Verbleibt nach der Realisierung der Haftung ein Teil der Schuld bestehen, etwa weil der Verkaufserlös nicht zur Deckung derselben ausreicht, so ist der Schuldner weiterhin zur Erbringung der Leistung verpflichtet und der Gläubiger zur Forderung berechtigt.782 Jedoch ist die 776  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 33 Rn. 60; Gern­ ­huber, Schuldverhältnis, § 4 II S. 72; MünchKommBGB/Kramer, 5. Aufl. 2007, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 47; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 23; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 246; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. zum Schuldrecht Rn. 193; im Kontext des Immobilienverzehrs Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880. 777  Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 V S. 84; Reichel, FS Cohn, 203, 223. 778  Allgemein hierzu Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 II S. 77; Reichel, FS Cohn, 203, 223; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. zum Schuldrecht Rn. 193; im Kontext von § 5 PfandLVO siehe Damrau, GewArch 2004, 177, 179 f. 779  Instruktiv hierzu Reichel, FS Cohn, 202, 223; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 V 1 S. 84 f.; im Kontext des § 491 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB und § 5 PfandlVO, die mit der Situation des Immobilienverzehrs vergleichbar sind, grundlegend Damrau, PfandleiherVO, § 5 Rn. 7; ders., GewArch 2004, 177, 179; siehe darüber hinaus Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 163. 780  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 33 Rn. 60; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 II S. 72; MünchKommBGB/Kramer, 5. Aufl. 2007, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 47; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 23; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 246; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. zum Schuldrecht Rn. 193. 781  Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 33 Rn. 60; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 II S. 72; MünchKommBGB/Kramer, 5. Aufl. 2007, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 47; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 23; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 246; Staudinger/Schmidt, 1995, Einl. zum Schuldrecht Rn. 193. 782  Siehe hierzu allgemein Reichel, FS Cohn, 205, 223 f.; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 V 1 S. 84 f.; im Kontext von § 5 PfandLVO, in dessen Kontext sich die Verschiedenheit von Schuld und Haftung besonders deutlich zeigt, siehe grundlegend Damrau, PfandleiherVO, § 5 Rn. 6 f.; ders., GewArch 2004, 177, 179; sowie Bülow/ Artz/Bülow, § 491 Rn. 163.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages297

Brauchbarkeit dieser Einziehungsbefugnis wirtschaftlich gering und geht, mangels Recht zur zwangsweisen Realisierung, kaum über den Status einer moralischen Verpflichtung hinaus.783 Allerdings fallen rechtliches Müssen und moralische Obligation nicht vollends zusammen: Denn leistet der Schuldner trotz bereits realisierten Zugriffs auf das Haftungsobjekt, so stellt die Schuld weiterhin einen Rechtsgrund für die Leistung dar, so dass die Rückforderung des Erlangten im Wege der Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ausscheidet.784 Im Ergebnis ist die rechtliche Situation mit einer unvollkommenen Verbindlichkeit bzw. Naturalobligation vergleichbar, etwa in den Fällen der Heiratsvermittlung nach § 656 BGB oder der Glücksverträge nach §§ 762 f. BGB.785 Aus praktischer Sicht muss das erkennende Gericht den Hinweis auf die beschränkte Haftung in den Tenor des Leistungsurteils aufnehmen, so dass bei rechtswidrigem Verhalten die entsprechenden verfahrensrechtlichen Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen.786

IV. Kündigungsmöglichkeiten Im Weiteren ist der Frage nachzugehen, welche Kündigungsmöglichkeiten den Vertragsparteien unter Beachtung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB im Rahmen eines Immobilienverzehrkredits verbleiben.

783  Gernhuber,

Schuldverhältnis, § 4 V 1 S. 84. FS Cohn, 205, 223 f.; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 V 1 S. 84; im Kontext von § 5 PfandLVO siehe Damrau, PfandleiherVO, § 5 Rn. 3, 6 f.; ders., Gew­Arch 2004, 177, 179; sowie Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 163; siehe zudem im Kontext eines Vergleichs BGH, Urt. vom 30.10.1967 – VII ZR 31/65, WM 1968, 39, 40. 785  Siehe allgemein zum Begriff der Naturalobligation Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 248; speziell zu § 656 BGB siehe Staudinger/Arnold, 2016, § 656 Rn. 12; zu § 762 f. siehe Staudinger/Engel, 2015, Vor. §§ 762–764 Rn. 3 f. jeweils m. w. N. 786  Siehe zur Aufnahme der Haftungsbeschränkung in den Tenor BGH, Urt. vom 14.07.1954 – VI ZR 82/53, ZZP 68 (1955), 101, 102; BGH, Urt. vom 18.03.1975 – VI ZR 228/73, MDR 1975, 747 = DB 1975, 1117; eingehend hierzu aus der Literatur Emmerich, ZZP 82 (1969), 413, 433 f.; Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozess, S. 131; hingegen für eine Geltendmachung durch den Beklagten (Schuldner der Leistung mit beschränkter Haftung) im Prozess in Anlehnung an § 780 ZPO Reichel, FS Cohn, 205, 230. 784  Reichel,

298 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

1. Vertraglich vereinbarte außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers Zunächst zu nennen sind die rechtsgeschäftlich zu vereinbarenden außerordentlichen Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensgebers bei Verstößen gegen die vertraglichen Bestimmungen durch den Darlehensnehmer i. S. v. § 491 Abs. 3 S. 4 BGB. Nach einem kurzen Abriss über den an die Kündigungsgründe anzulegenden Prüfungsmaßstab, sollen die im US-amerikanischen Recht von Gesetzeswegen vorgesehenen Kündigungsgründe auf deren Wirksamkeit im deutschen Recht hin untersucht werden. Zwar können die Parteien privatautonom über die Kündigungsgründe befinden, jedoch erscheint es angesichts derselben Kalkulationsrisiken im US-amerikanischen und deutschen Recht praxisnah, dass sich Darlehensgeber und Darlehensnehmer auf die Kündigungsgründe des US-Rechts oder zumindest ähnliche Kündigungsgründe verständigen werden. Hierzu sollen zunächst generalisierte Abwägungskriterien aufgestellt werden, die als Maßstab der Zumutbarkeitsprüfung dienen und diese konturieren.787 a) Prüfungsmaßstab Es stellt sich damit zunächst die Frage, welche Kündigungsgründe die Parteien im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit vereinbaren können. § 491 Abs. 3 S. 4 BGB selbst trifft hierüber keine Aussage, sondern verweist lediglich auf die grundsätzliche Möglichkeit einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung, so dass sich eine Prüfung folglich an allgemeinen Grundsätzen auszurichten hat, wobei in concreto ein zweiteiliger Prüfungsmaßstab anzulegen ist.788 aa) Abbedingbarkeit und Zumutbarkeit, § 314 Abs. 1 BGB bzw. § 307 BGB Als erstes gilt es der Frage der Zumutbarkeit des Kündigungsgrundes nachzugehen, womit die Frage der Abbedingbarkeit von § 314 Abs. 1 BGB aufge787  Vgl. Omlor, NJW 2017, 1633, 1635, der allerdings von anderen Leistungspflichten ausgeht. 788  So auch, zumindest in Bezug auf § 314 BGB, JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 76; unklar Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181f, der sich wohl lediglich auf die gesetzliche Kündigungsmöglichkeit nach § 314 BGB bezieht; ähnlich BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 132; ebenfalls unklar Reifner/ Feldhusen/Feldhusen, Handbuch Kreditrecht, § 9 Rn. 73, die von einem „noch kaum ausdifferenzierten Kündigungsrecht“ spricht; ebenfalls unklar MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 97, die lediglich von gesetzlichen und vertraglichen Kündigungsgründen sprechen.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages299

worfen ist. Dieser enthält im Kern zwingendes Recht,789 da es die für Dauerschuldverhältnisse zwingend notwendige Vertrauensbeziehung zwischen den Vertragsparteien gebietet, generelle Erschwerungen oder gar Ausschlüsse des außerordentlichen Kündigungsrechts als unwirksam zu verwerfen.790 Konkretisieren die Parteien hingegen lediglich Umstände, aus denen sich ein Grund zur außerordentlichen Kündigung ergeben soll, ist darin keine Erschwerung, sondern eine grundsätzlich zulässige Konkretisierung des Kündigungsgrundes zu sehen.791 Fraglich ist in einem solchen Fall nur, ob die von den Parteien vereinbarten Kündigungsgründe die Schwelle der einzelfallabhängigen Unzumutbarkeit i. S. v. § 314 Abs. 1 S. 2 BGB überschreiten und ob die Überschreitung dieser Schwelle einer nachträglichen gerichtlichen Zumutbarkeitsprüfung unterliegt.792 Die hierzu heranzuziehenden Grundsätze sind in dogmatischer Hinsicht im besten Fall verworren. Explizit mit der Frage der Zumutbarkeit vertraglicher Kündigungsgründe hat sich – soweit ersichtlich – bislang lediglich die zu § 89a HGB ergangene Rechtsprechung auseinandergesetzt. Der BGH geht dabei davon aus, dass eine Nachprüfung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe nicht statthaft sein soll.793 Grund hierfür sei, dass die Parteien die § 314 Abs. 1 S. 2 BGB zugrundeliegende Zumutbarkeitsprüfung durch Festlegung der Kündigungsgründe vorweggenommen hätten.794 Stattdessen unterläge das vertrag789  GesE-SchuMoG

vom 14.05.2011, BT-Drs. 14/6040, S. 176. § 314 Rn. 3; MünchKommBGB/Gaier, § 314 Rn. 5; NKBGB/Krebs/Jung, § 314 Rn. 59 f.; BeckOK-BGB/Lorenz, 53. Ed. 01.02.2020, § 314 Rn. 28; Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 167. 791  BGH, Urt. vom 07.07.1988 – I ZR 78/87, NJW-RR 1988, 1381, 1382 = WM 1988, 1490; BGH, Urt. vom 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, NJW 2011, 608, 609 = WM 2011, 136; siehe aus der allgemeinen Literatur, die jeweils nur aus der strukturellen Unterlegenheit des anderen Teils eine Unwirksamkeit ableitet, jeweils MünchKommBGB/Gaier, § 314 Rn. 5; NK-BGB/Krebs/Jung, § 314 Rn. 60; BeckOK-BGB/ Lorenz, 53. Ed. 01.02.2020, § 314 Rn. 28; im Kontext von § 490 BGB siehe Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 167; wohl auch Erman/Böttcher, § 314 Rn. 3; siehe zudem im Kontext des Handelsvertreterrechts MünchKommHGB/von HoyingenHuene, § 89a HGB Rn. 27; E/B/J/S/Löwisch, § 89a HGB Rn. 59; a. A., jedoch mit spezifisch handelsrechtlichen Erwägungen, Schwerdtner, DB 1989, 1757, 1758 f. 792  Siehe hierzu die folgenden Nachweise. 793  Grundlegend BGH, Urt. vom 20.10.1955 – II ZR 75/54, WM 1956, 138, 139; bestätigt durch BGH, Urt. vom 07.07.1988 – I ZR 78/87, NJW-RR 1988, 1381, 1382 = WM 1988, 1490; bestätigt und erweitert durch BGH, Urt. vom 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, NJW 2011, 608, 609 Rn. 19 ff. = WM 2011, 136; aus der Literatur hierzu statt vieler MünchKommHGB/von Hoyingen-Huene, § 89a HGB Rn. 27; vgl. auch E/B/J/S/Löwisch, § 89a HGB Rn. 59. 794  BGH, Urt. vom 20.10.1955 – II ZR 75/54, WM 1956, 138, 139 = BB 1956, 95; BGH, Urt. vom 07.07.1988 – I ZR 78/87, NJW-RR 1988, 1381, 1382 = WM 1988, 1490. 790  Erman/Böttcher,

300 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

liche Kündigungsrecht einer an § 242 BGB auszurichtenden Ausübungskontrolle.795 Etwas anderes solle nur dann gelten, wenn eine Auslegung des konkreten Vertrages ergäbe, dass eine Nachprüfung des Kündigungsgrundes anhand der einzelfallabhängigen Zumutbarkeitsprüfung statthaft sein solle.796 Die Vereinbarung von Kündigungsgründen verhindert somit nicht schlechthin die Nachprüfung von vertraglichen Kündigungsgründen am Maßstab von § 314 Abs. 1 S. 2 BGB.797 Obwohl diese zu § 89a HGB ergangenen Erwägungen aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit ohne Weiteres auf § 314 BGB übertragbar scheinen,798 wird der Frage der Nachprüfbarkeit vertraglich vereinbarter Kündigungsgründe im bankrechtlichen Kontext kaum nachgegangen. Der Großteil der bankrechtlichen Literatur setzt sich mit dieser Frage entweder überhaupt nicht799 auseinander und/oder unterstellt, allen voran im Bereich internationaler Kreditgeschäfte bzw. syndizierter Kredite, die Wirksamkeit vertraglicher default events800.801 Wird sich der Frage der Abbedingbarkeit bzw. Wirksamkeit der Kündigungsgründe gewidmet, wird die Prüfung 795  BGH, Urt. vom 20.10.1955 – II ZR 75/54, WM 1956, 138, 139 = BB 1956, 95; BGH, Urt. vom 07.07.1988 – I ZR 78/87, NJW-RR 1988, 1381, 1382 = WM 1988, 1490; BGH, Urt. vom 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, NJW 2011, 608, 610 Rn. 26 = WM 2011, 136. 796  BGH, Urt. vom 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, NJW 2011, 608, 609 Rn. 22 = WM 2011, 136; eingehend hierzu Budde/Gruppe, ZVertriebsR 2014, 71, 76 f.; siehe hierzu auch MünchKommHGB/von Hoyingen-Huene, § 89a HGB Rn. 27 f.; kritisch hierzu Ayad, BB 2011, 530, 531; Möller, EWiR 2011, 219, 220; die jeweils den Weg über die Vertragsauslegung als dogmatisch unsauber kritisieren und darin letztendlich eine einzelfallabhängige Interessenabwägung erblicken; ähnlich Mesch, ZVertreibsR 2015, 8, 12. 797  BGH, Urt. vom 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, NJW 2011, 608, 609 Rn. 22 = WM 2011, 136; generell kritisch zur gerichtlichen Nachprüfung vertraglich vereinbarter wichtiger Gründe Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 174. 798  Ayad, BB 2011, 530, 531; BeckOK-BGB/Lorenz, 53. Ed. 01.02.2020, § 314 Rn. 28 mit Bezugnahme auf BGH, Urt. vom 07.07.1988 – I ZR 78/87, NJW-RR 1988, 1381. 799  Vgl. etwa Baum/Reiter/Methner in: Derleder/Knops/Bamberger, Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht, § 36 Rn. 103 ff.; MünchKommBGB/ Berger, §  490 Rn.  56  f.; LBS/Krepold, Bankrechts-Kommentar, Kap. 14 § 490 Rn. 241 ff.; Schimansky/Bunte/Lwowski BankR-HdB/Krepold, § 79 Rn. 223 ff.; Erman/Saenger, § 490 Rn. 15. 800  Siehe bspw. MünchKommBGB/Berger, § 490 Rn. 58.; LBS/Castor, Bankrechts-Kommentar, Kap. 16 Kündigungsgründe (Events of Default) Rn. 155 ff.; Schimansky/Bunte/Lwowski BankR-HdB/Krepold, § 79 Rn. 230 ff.; anders Renner/Leidinger, BKR 2015, 499, 502. 801  Zur gleichen Einschätzung gelangt Heinrich, Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz, S. 361.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages301

zumeist nicht an § 314 BGB festgemacht,802 sondern im AGB-rechtlichen Kontext erörtert.803 Auch in der bankrechtlichen Rechtsprechung ist keine einheitliche Linie zu erkennen: So prüft der BGH trotz vertraglicher Bestimmungen stellenweise, ob es den Vertragsparteien aufgrund der Einzelfallumstände nicht zumutbar sei, am Vertrag festgehalten zu werden bzw. die ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten,804 während an anderer Stelle keine Nachprüfung stattfindet.805 Zwar ist auch in der Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass eine außerordentliche Kündigung im Einzelfall gegen § 242 BGB verstoßen kann, wenn der Kündigende gegen das Gebot der Rücksichtnahme oder das Verbot widersprüchlichen Verhaltens verstößt.806 Während der 802  Soweit ersichtlich gehen dieser Frage einzig Heinrich, Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz, S. 362 nach, der jedoch nur mittelbar von einer Subsumierbarkeit der default events unter § 314 BGB spricht; siehe auch Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 174, der zwar die Frage der Abbedingbarkeit aufwirft, jedoch mit Hinweis auf die Privatautonomie eine Nachprüfung ablehnt; unklar, jedoch wohl auch in eine ähnliche Richtung gehend Wenzel, Rechtsfragen internationaler Konsortialverträge, S. 181 f. 803  Kästle, Rechtsfragen der Verwendung von Covenants in Kreditverträgen, S. 93; Köndgen, Insolvenzrecht 1996, 127, 149 ff. (noch zu § 9 AGBG); Renner/Leidinger, BKR 2015, 499, 503, die jedoch die Wertungen von § 314 Abs. 2 BGB mit in die Betrachtung einstellen; Renner/Schmidt, ZHR 180 (2016), 522, 531 ff. und 550; Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 125 ff. (allgemein zu Covenants); Weitnauer, ZIP 2005, 1443, 1447; Wittig, WM 1996, 1381, 1387 geht hingegen von der grundsätzlichen Wirksamkeit vertraglicher default events aus (wobei dies nicht weiter begründet wird) und sieht eine Missbrauchsgrenze bei Bagatellverstößen höchstens in § 138 BGB bzw. § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) bei formularmäßiger Vereinbarung; Wenzel, Rechtsfragen internationaler Konsortialverträge, S.  181  f. spricht sich ebenfalls für eine an den Besonderheiten des Vertrages ausgerichteten AGB-Kontrolle aus. 804  BGH, Urt. vom 10.11.1977 – III ZR 39/76, NJW 1978, 947, 948 = WM 1979, 234; wohl auch BGH, Beschl. vom 23.02.1984 – III ZR 159/83, WM 1984, 586 (auch wenn der BGH sodann auf eine Ausübungskontrolle nach § 242 BGB abstellt); ähnlich, jedoch im AGB-rechtlichen Kontext, BGH, Urt. vom 19.09.1985 – III ZR 213/83, BGHZ 95, 362, 373 f. = NJW 1986, 46; BGH, Urt. vom 06.03.1986 – III ZR 245/84, NJW 1986, 1928, 1929 = WM 1986, 605 (kritisch hierzu Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 174). 805  BGH, Urt. vom 11.03.1969 – III ZR 198/65, WM 1969, 721, 723; BGH, ­Beschl. vom 27.02.1980 – V ZB 19/79, BGHZ 76, 371, 372 ff. = NJW 1980, 1625 (der BGH prüft zwar die Wirksamkeit des vereinbarten Kündigungsrechts für den Fall einer Veräußerung des Grundstücks am Maßstab von § 1136 BGB, spart hierbei jedoch gerade die Zumutbarkeitsprüfung nach § 314 BGB (bzw. nach damaligen Recht nach allg. Grundsätzen) aus); BGH, Urt. vom 14.02.2006 – XI ZR 255/04, NJW 2006, 1340, 1341 = WM 2006, 674. 806  BGH, Urt. vom 18.12.1980 – III ZR 157/78 = WM 1981, 150, NJW 1981, 1363, 1364; MünchKommBGB/Berger, § 490 Rn. 54 f.; Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 153, 182; Schwintowski/Samhat, BankR, Kap. 14 Rn. 388.

302 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Prüfungsmaßstab in diesen Fällen jedoch auf die genannten Fallgruppen beschränkt ist, ist der Prüfungsmaßstab der oben erörterten, ebenfalls an § 242 BGB auszurichtenden Ausübungskontrolle, die die Rechtsprechung zum Teil an Stelle der Zumutbarkeitsprüfung setzt, an allen Einzelfallumständen auszurichten, so dass sich beide Rechtsinstitute in ihren Wirkungen unterscheiden.807 Die praktischen Auswirkungen der dogmatischen Einordnung der Zumutbarkeitsprüfung in § 314 Abs. 1 S. 2 BGB oder in § 242 BGB dürften zwar im Einzelfall gering ausfallen.808 Dogmatisch überzeugender ist es jedoch, zunächst die Frage der Abbedingbarkeit von § 314 BGB zu klären,809 um hierdurch mittelbar die Frage der formularmäßigen Abbedingbarkeit nach §§ 307 ff. BGB beantworten zu können.810 Im Folgenden dient § 314 BGB demnach als Prüfungsmaßstab.811 bb) Sittenwidrigkeit, § 138 Abs. 1 BGB Als zweites bildet § 138 Abs. 1 BGB eine Wirksamkeitsschranke für vertraglich vereinbarte außerordentliche Kündigungsgründe. So soll die Schwelle der Sittenwidrigkeit zum einen dann überschritten sein, wenn diejenige Vertragspartei, zu deren Gunsten die Kündigungsgründe vereinbart wurden, eine strukturelle Unterlegenheit der Gegenpartei ausgenutzt812 hat oder den Vertrag jederzeit nach eigenem Ermessen – also willkürlich – kündigen könnte813.814 Werden die Klauseln formularmäßig vereinbart, ist diese Prüfung formal ebenfalls an § 307 BGB auszurichten.815

807  Wohl

auch Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 174, 182. 2015, §  490 Rn.  153; Schwintowski/Samhat, BankR, Kap. 14 Rn. 388; ähnlich zum Verhältnis von Ausübungskontrolle und Vertragsauslegung Ayad, BB 2011, 530, 531. 809  Indirekt auch Heinrich, Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz, S. 362, der von einer Subsumierbarkeit der meisten Covenants unter § 314 BGB spricht; mittelbar auch Renner/Leidinger, BKR 2015, 499, 502, die § 314 BGB zumindest im Rahmen der AGB-Kontrolle beachten; ähnlich auch Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 168, 171 und 174, der jedoch keine allzu großen Hürden an die Vereinbarung der Kündigungsgründe zu stellen scheint. 810  So wohl Renner/Leidinger, BKR 2015, 499, 503; ähnlich Weitnauer, ZIP 2005, 1443, 1447; Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 171 geht im Grundsatz ebenfalls von der Frage der Abbedingbarkeit des § 314 BGB aus, stellt jedoch bei Konkretisierungen keine allzu großen Anforderungen an den Prüfungsmaßstab. 811  So auch JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 76. 812  Siehe bereits oben Fn. 791; Erman/Böttcher, § 314 Rn. 3; MünchKommBGB/ Gaier, § 314 Rn. 5; Mesch, ZVertriebsR 2015, 8, 12; Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 171. 808  Staudinger/Mülbert,



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages303

b) Abwägungskriterien aa) Abwägungskriterien zugunsten des Darlehensgebers Aus wirtschaftlicher Sicht ist bei der Kalkulation des Immobilienverzehrkredits zunächst das Überschreitungsrisiko zu beachten, das sich aus dem Laufzeitrisiko, dem Zinsrisiko und dem Risiko schwankender Immobilienwerte zusammensetzt.816 Insbesondere im Bereich des Risikos von Immobilienwertschwankungen, welches sich in ein allgemeines Marktrisiko und ein spezifisches Moral-Hazard-Risiko unterteilen lässt, werden in der Praxis zur Absicherung häufig außerordentliche Kündigungsrechte vereinbart.817 Durch diese sollen diejenigen Risiken abgesichert werden, die einer Absicherung zugänglich sind, namentlich das spezifische Risiko mangelnder Instandhaltung.818 Ohne Möglichkeit zur Absicherung dieser Risiken gestaltet sich die Kalkulation des Immobilienverzehrkredits, welche ohnehin mit einigen Ungewissheiten (bspw. hinsichtlich der Laufzeit) verbunden ist, aus praktischer Sicht nahezu unmöglich, so dass im Grundsatz ein legitimes Interesse des Darlehensgebers an der Vereinbarung der Kündigungsgründe besteht. Diese spezifisch wirtschaftliche Argumentation wird jedoch auch durch den Gesetzeswortlaut gestützt. Denn § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 BGB spricht davon, dass abweichend vom Grundsatz der lebenslangen Laufzeit eine Kündigung dann möglich sein soll, wenn der Darlehensnehmer gegen vertrag­ liche Verpflichtungen verstößt. § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB enthält somit eine Öffnungsklausel für solche Kündigungsgründe, die teleologisch der Absicherung des Überschreitungsrisikos dienen.819

813  Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 171; wohl auch Heinrich, Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz, S. 363; Wittig, WM 1996, 1381, 1387. 814  Die ansonsten oft im Kontext von covenants bzw. default events genannten Fallgruppen der wirtschaftlichen Knebelung des Darlehensnehmers bzw. Drittgläubigergefährdung (siehe statt vieler Köndgen, Insolvenzrecht 1996, 127, 140) können angesichts der speziellen Anwendung auf gewerbliche Kredite vorliegend vernachlässigt werden. 815  Heinrich, Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz, S. 363; Renner/Leidinger, BKR 2015, 499; Wittig, WM 1996, 1381, 1387. 816  Ausführlich hierzu oben Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 60. 817  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 131. 818  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 131. 819  Vgl. Omlor, NJW 2017, 1633, 1635, der allerdings von anderen Leistungspflichten ausgeht.

304 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Neben dem Wortlaut sprechen hierfür auch die Entstehungsgeschichte des Tatbestandes sowie rechtsvergleichende Erwägungen. Denn sowohl der europäische als auch der deutsche Gesetzgeber sind bei Schaffung des Tatbestandes vom Vorbild der HECM im US-amerikanischen Recht ausgegangen.820 So nimmt der europäische Gesetzgeber in Erwägungsgrund (16) der WIKrRiL auf die Reverse Mortgage Bezug und auch die Gesetzesbegründung zum FinAufsRErgG konstatiert, dass der Immobilienverzehrkreditvertrag dem anglo-amerikanischen Rechtskreis entstamme.821 Die Regelung in § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB ist somit an 24 C.F.R § 206.27 (c) angelehnt, in welchem enumerativ Kündigungsgründe aufgezählt werden, die es dem Darlehensgeber in Hinblick auf die Absicherung wirtschaftlicher Risiken erlauben, den Kredit vor der Zeit fällig zu stellen.822 Diese grundsätzliche Wertung ist somit bei der Auslegung von § 314 Abs. 1 S. 2 BGB und § 138 Abs. 1 BGB zugunsten des Darlehensgebers zu beachten. Zugunsten des Darlehensgebers ist bei der Abwägung der Interessen zudem zu berücksichtigen, dass der Immobilienverzehrkreditvertrag von einer gesteigerten Vertrauensbeziehung zwischen den Vertragsparteien gekennzeichnet ist.823 Anders als bei sonstigen Dauerschuldverhältnissen, welche für sich genommen im Gegensatz zu punktuellen Austauschverträgen im Regelfall bereits ein besonderes Vertrauensverhältnis begründen,824 ergibt sich dieses gesteigerte Vertrauensverhältnis daraus, dass dem Darlehensgeber aufgrund des Überschuldungsverzichts einzig die Wohnimmobilie als Haftungsobjekt zur Verfügung steht. Neben der soeben erörterten wirtschaft­ lichen Dimension, folgt hieraus, dass der Darlehensgeber in Hinblick auf die Instandhaltung des Grundstücks in besonderem Maße auf die Zusammen­ arbeit und Vertragstreue des Darlehensnehmers angewiesen ist, so dass anhaltende oder gravierende Vertragsverstöße folglich eine Störung des gegenseitigen Vertrauens zur Folge haben. bb) Abwägungskriterien zugunsten des Darlehensnehmers Die Feststellung, dass der Immobilienverzehrkreditvertrag von einer gesteigerten Vertrauensbeziehung zwischen Darlehensnehmer und Darlehensge820  Siehe ausführlich hierzu oben Kapitel 4: B.III.2.c)ee)(2)(a), Wirtschaftliches Begriffsverständnis, S. 220. 821  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 38. 822  Siehe ausführlich hierzu oben Kapitel 3: B.II.2.b)cc)(1), Die Rück- und Zinszahlungsverpflichtung, S. 98. 823  Ähnlich Omlor, NJW 2017, 1633, 1636. 824  MünchKommBGB/Gaier, § 314 Rn. 6; Staudinger/Olzen, 2015, § 241 Rn. 365; siehe zu einem Überblick über die verschiedenen Definitionsansätze des Dauerschuldverhältnisses mit weiterführenden Nachweisen Meier, ZfPW 2016, 233, 236 ff.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages305

ber gekennzeichnet ist, wirkt sich jedoch auch in die gegenteilige Richtung aus. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass auch der Darlehensnehmer eine im Grundsatz lebenslange Bindung eingeht und ihm eine Reihe von Verhaltenspflichten auferlegt werden, die dessen wirtschaftliche und sonstige Freiheit in nicht unerheblichem Umfang beschränken. Zudem wird der Darlehensnehmer über keine oder zumindest wenig Liquidität verfügen, so dass dieser im Regelfall nicht in der Lage sein wird, das Darlehen samt Zinsen bei Fälligkeit zurückzuzahlen. Eine vorzeitige Fälligstellung des Darlehens hat somit regelmäßig die Zwangsversteigerung des Grundstücks im Rahmen der Verwertung des Grundpfandrechts zur Folge. Der Verlust der Immobilie und die damit einhergehende Obdachlosigkeit ist eine besondere Härte, die es, besonders mit Blick auf den Vertragszweck (Sicherung der Immobilie im Alter), zu verhindern gilt. Dies entspricht auch der gesetzgeberischen Wertung von § 491 Abs.3 S. 4 BGB, nach welcher es dem Verbraucher ermöglicht werden soll, die Wohnimmobilie zu dessen Lebzeiten nutzen zu können.825 cc) Dogmatische Konsequenzen Für die konkrete Abwägungsentscheidung folgt aus dem Gesagten, dass die Vereinbarung von Kündigungsgründen, die im Grundsatz der Absicherung der wirtschaftlichen Risiken des Darlehensgebers dienen, anzuerkennen ist. Verstößt der Darlehensnehmer somit gegen eine mit einem Kündigungsrecht sanktionierte Verhaltenspflicht, ist eine Kündigung mit Blick auf das Werterhaltungsinteresse des Darlehensgebers und die Störung der Vertrauens­ beziehung im Grundsatz gerechtfertigt. Eine Grenze ziehen hierbei der Vertragszweck sowie die Wertung des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB: Dem Darlehensnehmer soll es durch die Darlehensgewährung grundsätzlich ermöglicht werden, die Immobilie – etwa durch Renovierungs- oder altersgerechte Umbaumaßnahmen – bis in das hohe Alter hinein nutzen zu können. Somit kann nicht jeder Vertragsverstoß für sich genommen ausreichen, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Hinzukommen müssen vielmehr darüber hinausgehende Umstände, wie beispielsweise eine gewisse Intensität, Anzahl oder Dauer des Verstoßes oder Indikatoren für den Bruch des Vertrauensverhältnisses, wobei hierfür auch das Verschulden des Darlehensnehmers für die Pflichtverletzung eine Rolle spielen wird. Ohne diese Restriktion würde das in § 491 Abs. 3 S. 4 BGB angelegte Regel-Ausnahme-Verhältnis von lebenslanger Bindung und außerordentlicher 825  RegE-FinAufsRErgG

vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39.

306 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Kündigung entgegen des gesetzgeberischen Willens in sein Gegenteil verkehrt werden. Im Umkehrschluss rechtfertigen minderschwere Verstöße, die keine unmittelbare oder zeitnahe Beeinträchtigung des Grundstückswerts nach sich ziehen, eine außerordentliche Kündigung nicht. In einem solchen Fall ist der Darlehensgeber gehalten, dem Darlehensnehmer eine Chance zur Abhilfe der Vertragsverletzung i. S. v. § 314 Abs. 2 S. 1 BGB einzuräumen. Für diese generalisierte Abwägungsentscheidung spricht auf sachenrecht­ licher Ebene auch die Wertung des § 1133 BGB826, welcher ebenfalls eine Abhilfefrist vorsieht. Hiergegen spricht auch nicht, dass das Fristsetzungserfordernis im Einzelfall gem. § 314 Abs. 2 S. 3 BGB mit Blick auf das Werterhaltungsinteresse des Darlehensgebers entbehrlich sein kann. c) Wirksamkeit einzelner Klauseln Im US-amerikanischen Recht sieht 24 C.F.R. § 206.27 (c) in enumerativer Aufzählung folgende Kündigungsgründe vor:827 1. Der Darlehensnehmer überträgt jeglichen Eigentumsrest auf eine dritte Partei.828 2. Der Darlehensnehmer bewohnt das Grundstück nicht als Hauptwohnsitz. 3. Der Darlehensnehmer kann das Grundstück in Folge von Krankheit zwölf zusammenhängende Monate lang nicht mehr bewohnen. 4. Der Darlehensnehmer gerät hinsichtlich der Zahlung der in Zusammenhang mit dem Grundstück anfallenden Grundlasten in Verzug. 5. Der Darlehensnehmer verstößt gegen sonstige Pflichten aus dem Vertrag, insbesondere die vereinbarte Instandhaltungspflicht gem. 24 C.F.R. § 206.27 (b)(5) oder die Versicherungspflicht gem. 24 C.F.R. § 206.27 (b) (2).

826  Nachdem die Fälligstellung des Kredits bereits im Darlehensvertrag geregelt werden wird, kann § 1133 BGB im weiteren Verlauf der Untersuchung vernachlässigt werden; allgemein hierzu statt vieler MünchKommBGB/Lieder, § 1133 Rn. 1; anders Kulms, ZfIR 2002, 614, 620, der jedoch auch ein anderes Modell zugrunde legt. 827  Im Folgenden wird aus Vereinfachungsgründen lediglich darauf abgestellt, dass nur ein Darlehensnehmer existiert. 828  Unklar Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d, der davon auszugehen scheint, dass der Verkauf der Immobilie keinen Kündigungsgrund, sondern eine bloße Pflicht zur Weiterleitung des Verkaufserlöses darstellt; differenzierter Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages307

Darüber hinaus scheint auch die Vereinbarung eines Kündigungsgrundes für den Fall einer Vermietung des Grundstücks durch den Darlehensnehmer denkbar.829 Als Grund zur außerordentlichen Kündigung scheidet indes denklogisch bereits Zahlungsverzug aus, da der Darlehensnehmer gerade nicht zur lebzeitigen Rückzahlung der überlassenen Mittel verpflichtet ist.830 Im Folgenden sollen daher die außerordentlichen Kündigungsgründe eines hypothetischen Immobilienverzehrkreditvertrages, bei welchem die Kündigungsgründe des US-amerikanischen Rechts der Vertragsgestaltung zugrunde gelegt wurden, auf ihre Wirksamkeit nach deutschem Recht hin untersucht werden. Denn es steht zu vermuten, dass auch deutsche ImmobilienverzehrDarlehensgeber aufgrund der wirtschaftlichen Struktur des Vertrages vergleichbare Sicherungsmechanismen im Vertrag festschreiben werden. aa) Veräußerungsverbot (1) Zumutbarkeit und Sittenwidrigkeit Ein Grund zur außerordentlichen Kündigung besteht im US-amerikanischen Recht für den Fall der Veräußerung des Grundstücks. Aufgrund des bestehenden Grundpfandrechts wird hierdurch zwar nicht die Realisierung der Sicherheit im Verwertungsfall gefährdet,831 in Übereinstimmung mit den oben aufgestellten Grundsätzen soll hierdurch allerdings das Immobilienwertrisiko abgesichert werden.832 Dies ergibt sich mittelbar aus der Erwägung, dass das Kündigungsrecht der Durchsetzung der Instandhaltungspflicht dient.833 Durch die Vereinbarung der Instandhaltungspflicht soll der Darlehensnehmer zur Erhaltung des Immobilienwerts gezwungen werden, um so 829  Schneider,

Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 131. NJW 2017, 1633, 1635 f., der zudem darauf hinweist, dass sich ein Schuldnerverzug aus der verspäteten Einräumung eines Rechts an der Wohnimmobilie ergeben könne, jedoch auch davon ausgeht, dass dies eine Hauptpflicht des Vertrages sei. Dies ist jedoch abzulehnen (siehe hierzu bereits oben Kapitel 4: B.III.2.c), „Im Gegenzug nur“: Veräußerungserlös oder Recht an der Wohnimmobilie, 211 ff.), allenfalls betrifft dies die Konstellation, dass das Sicherungsrecht an der Wohnimmobilie nicht rechtzeitig bestellt wird; sich Omlor anschließend Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181f. 831  Larenz, Schuldrecht AT, § 2 IV S. 24; Staudinger/Olzen, 2015, Einl. zum Schuldrecht Rn. 253; v. Tuhr, Allgemeiner Teil des BGB I, S. 115. 832  Ähnlich, jedoch bezogen auf die Vermietung, Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 131. 833  Ähnlich, jedoch bezogen auf die Vermietung, Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 131. 830  Omlor,

308 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

die Werthaltigkeit der Immobilie als einzigem Haftungsobjekt zugunsten des Darlehensgebers sicher zu stellen. Kommt es zu einem Wechsel in der Eigentümerstellung und geht damit die Rechtsmacht i. S. v. § 903 BGB auf eine dritte Partei über, so ist der Darlehensnehmer aus rechtlichen Gründen an der geschuldeten Instandhaltung der Immobilie gehindert. Der Darlehensgeber wäre hinsichtlich der Instandhaltung auf die Verlässlichkeit der Drittpartei verwiesen.834 Vernachlässigte der neue Eigentümer die Instandhaltung, hätte dies einen Wertverlust zur Folge, der in der Konsequenz zur Realisierung des Überschreitungsrisikos führen könnte. Der Darlehensgeber würde demnach, zumindest teilweise, hinsichtlich der Realisierung seines Rück- und Zinszahlungsanspruchs ausfallen und somit einen wirtschaftlichen Verlust erleiden. Durch die Vereinbarung des Kündigungsgrundes wird demnach dieses Wertminderungsrisiko antizipiert und dem Darlehensgeber die Möglichkeit eingeräumt, eine laufende Verschlechterung der Immobilie abzuwenden.835 Nach den oben dargelegten Grundsätzen scheitert die Vereinbarung des Kündigungsrundes damit grundsätzlich nicht an der Zumutbarkeitsprüfung des § 314 Abs. 1 S. 2 BGB.836 Belange des Darlehensnehmers sind im Einzelfall denkbar, dürften dem Kündigungsgrund jedoch regelmäßig nicht entgegenstehen. Aus den gleichen Gründen scheitert die Wirksamkeit der Vereinbarung nicht an § 138 Abs. 1 BGB bzw. § 307 Abs. 1 BGB im AGB-rechtlichen Kontext. Denn dem Darlehensgeber wird kein willkürliches Kündigungsrecht eingeräumt, sondern dessen legitime wirtschaftliche Belange geschützt. Zu beachten ist auch hier die Ausstrahlungswirkung des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB im oben genannten Sinn. (2) Verstoß gegen § 1136 BGB Neben den genannten Normen könnte die Vereinbarung eines solchen Kündigungsrechts speziell gegen § 1136 BGB (i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB) verstoßen, der die Nichtigkeit von Vereinbarungen anordnet, die es dem Eigentümer im Verhältnis zum Grundschuldgläubiger verbieten, das Grund834  Ähnlich, jedoch bezogen auf die Vermietung, Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 131. 835  Zwar ist es dem Darlehensnehmer in seiner Funktion als Grundschuldgläubiger gem. §§ 1133, 1192 Abs. 1 BGB ebenfalls möglich, den Vollstreckungsanspruch vorläufig fällig zu stellen, jedoch würde dies eine Auseinandersetzung mit der Drittpartei erfordern, was u. U. mit praktischen Realisierungshindernissen einherginge. 836  Reifner/Pfau, Innovative Finanzdienstleistungen, 331, 373 sprechen davon, dass ein solcher Kündigungsgrund nicht nötig sei, da sich die Grundschuld auf das Objekt beziehe. Dies ist jedoch aufgrund des dargestellten Moral-Hazard-Risikos abzulehnen.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages309

stück zu veräußern oder weiter zu belasten.837 Ob § 1136 BGB in direkter oder zumindest analoger Anwendung der Vereinbarung eines Kündigungsrechts bei Veräußerung des Grundstücks entgegensteht, ist in der Literatur umstritten.838 Der BGH erkennt den Schutzzweck des § 1136 BGB, der im Schutz der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Eigentümers liegt, im Grundsatz zwar an, legt diesen jedoch einschränkend dahingehend aus, dass durch § 1136 BGB nicht jede Beschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit verboten werde.839 Zwar werde der Eigentümer unter Umständen von der Veräußerung durch den wirtschaftlichen Zwang der Fälligstellung der Rückzahlungsverpflichtung abgehalten.840 Der Schutzzweck der Regelung stehe der Wirksamkeit von Kündigungsklauseln jedoch dann nicht entgegen, wenn es dem Eigentümer offen stehe, in tragbarer Weise die Folgen der Kündigungsregelung auszugleichen, etwa durch eine anderweitige Beschaffung der zur Hypothekenablösung notwendigen Mittel.841 Fraglich ist, ob diese Rechtssprechungsgrundsätze auf den Immobilienverzehrkreditvertrag übertragen werden können. Denn dieser dient gerade der Liquiditätsbeschaffung durch Beleihung des Grundstücks. Andere Vermögenswerte – insbesondere ein laufendes Einkommen – stehen regelmäßig nicht zur Verfügung, so dass es dem Darlehensnehmer mit Blick auf §§ 505a, 505b BGB nicht gelingen wird, das Darlehen umzuschulden. Durch Vereinbarung eines außerordentlichen Kündigungsrechts würde der Darlehensnehmer somit von der Veräußerung des Grundstücks abgehalten werden. Jedoch gilt es auch hier, die wirtschaftliche Ausgangslage zu beachten. Denn der Immobilienverzehrkreditvertrag ist mit einer Reihe von Risiken behaftet, die stellenweise zwar antizipiert, jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen werden können.842 Verstärkt werden diese Risiken durch die im Vorfeld unbekannte Laufzeit des Kredits. Der Darlehensgeber hat demnach ein legitimes Inte­ resse an der Absicherung von Risiken, die das Ausfallrisiko zumindest reduzieren. Im Bereich des Immobilienwertrisikos kann sich der Darlehensgeber zwar nicht gegen das allgemeine Marktrisiko schützen, allerdings durch Vereinbarung des Veräußerungsverbots dem Moral-Hazard-Risiko in Bezug 837  Bereits

hin.

838  Siehe

Kulms, ZfIR 2002, 614, 620 f. weist auf das Problem des § 1136 BGB

839  BGH,

zum Meinungsstand MünchKommBGB/Lieder, § 1136 Rn. 7 m. w. N. Beschl. vom 27.02.1980 – V ZB 19/79, BGHZ 76, 371, 373 = NJW 1980,

840  BGH,

Beschl. vom 27.02.1980 – V ZB 19/79, BGHZ 76, 371, 373 = NJW 1980,

841  BGH,

Beschl. vom 27.02.1980 – V ZB 19/79, BGHZ 76, 371, 373 = NJW 1980,

1625. 1625. 1625.

842  Ausführlich hierzu oben Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 60.

310 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

auf die Instandhaltungspflicht des Darlehensnehmers entgegen wirken.843 Wie oben bereits dargelegt findet diese Argumentation Halt im Tatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB, dessen Ausstrahlungswirkung auch bei der Auslegung von § 1136 BGB zu beachten ist und somit die Vereinbarung eines Kündigungsgrundes für diesen Fall nicht hindert.844 bb) Verbot der Vermietung Eine ähnliche Ausgangslage besteht für den Fall, dass der Darlehensnehmer das gesamte Grundstück samt Gebäude oder auch nur Teile desselben nach Vertragsschluss845 vermietet. Denn zum einen kann sich infolge des gesetzlichen Übergangs des Mietverhältnisses gem. § 566 BGB der Wert des Grundstücks bei Verkauf der Wohnimmobilie erheblich mindern.846 Zum anderen besteht die Gefahr, dass der Darlehensnehmer seiner Vermieterrolle nicht im gebotenen Umfang nachkommen und hierdurch etwa Schäden, die die Sachsubstanz der Immobilie beeinträchtigen können, tolerieren oder von vornherein nicht erkennen wird.847 Mit Blick auf die Ausstrahlungswirkung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB und das Werterhaltungsinteresse des Darlehensgebers scheint ein Vermietungsverbot im Grundsatz somit unbedenklich. Jedoch sind auch hier die Einzelfallumstände zu berücksichtigen, so dass nach Art und Umfang des Mietverhältnisses zu differenzieren ist. Wurde das Grundstück nicht im Ganzen, sondern nur in Teilen – etwa zimmerweise – vermietet, bleibt es dem Darlehensnehmer zumindest stellenweise möglich, seinen Instandhaltungs- und Nachschaupflichten nachzukommen, so dass eine wirtschaftliche Beeinträchtigung des Immobilienwerts weniger nahe liegt als im gegenteiligen Fall. Gleiches gilt hinsichtlich der Frage der Dauer des Mietverhältnisses. Wurde dieses lediglich für kurze Zeit befristet geschlossen, scheint eine außerordentliche Kündigung des Darlehensvertrages nicht gerechtfertigt, während dies im Fall einer unbefristeten Vermietung zuträfe. Anderes gilt freilich dann, wenn die Befristung länger andauert als 843  Schneider,

Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 131. Ergebnis ebenfalls Kulms, ZfIR 2002, 614, 620 f., der sich jedoch ohne weitere Begründung mit der Feststellung begnügt, dass keine Zwangslage des Hypothekenschuldners ausgenutzt werde; allerdings behandelt Kulms ein anderes als das hier zu untersuchende Modell. 845  Wird der Vertrag über ein gänzlich vermietetes Grundstück geschlossen, liegt nach § 491 Abs. 3 S. 4 BGB kein Immobilienverzehrkreditvertrag vor; siehe hierzu bereits oben Kapitel 4: B.III.2.b)aa)(2), Sonderprobleme: Vermietung und dual use, S. 207. 846  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 131. 847  Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 131; ähnlich zum Kaufmodell Krauß, notar 2017, 312, 321. 844  Im



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages311

die ordentliche Kündigungsfrist eines unbefristeten Vertrages nach § 573c Abs. 1 BGB. Im Einzelfall kann der Darlehensgeber zudem gehalten sein, dem Darlehensnehmer gem. § 314 Abs. 2 S. 1 BGB eine Frist zur Abhilfe, namentlich zur Kündigung des Mietverhältnisses, einzuräumen. Die hinsichtlich Art und Dauer des Mietverhältnisses erörterten Erwägungen sind entsprechend zu berücksichtigen. cc) Hauptwohnsitzpflicht und Leerstand der Immobilie Weiterhin sieht das US-amerikanischen Recht die vorfällige Kündigung der HECM vor, wenn der Darlehensnehmer das Grundstück nicht mehr als Hauptwohnsitz nutzt oder dieses infolge von Krankheit zwölf zusammenhängende Monate lang nicht bewohnen kann. Auch die Vereinbarung dieser Kündigungsgründe dient letztlich der Absicherung des Immobilienwertrisikos.848 Denn der Darlehensgeber hat ein legitimes, über § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB zu berücksichtigendes Interesse daran, dass der Darlehensnehmer die Immobilie vor Ort inspizieren und im Notfall sofortige Sicherungsmaßnahmen ergreifen kann, um eine Vertiefung des Schadens zu verhindern. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn der Darlehensnehmer die Immobilie auch tatsächlich bewohnt. In Bezug auf die Hauptwohnsitzpflicht ist zugunsten des Darlehensnehmers zwar zu berücksichtigen, dass dieser durch die Verhaltenspflicht stark in seiner Handlungsfreiheit beschnitten wird. Jedoch ist dies gerade Ausdruck des Vertragszwecks, der darin besteht, dem Darlehensnehmer das Bewohnen der Immobilie bis an dessen Lebensende zu ermöglichen. Das Werterhaltungsinteresse des Darlehensgebers rechtfertigt jedoch auch Verpflichtungen zulasten des Darlehensnehmers, die seine Handlungsfreiheit beeinträchtigen. Zudem hindert der Kündigungsgrund nur die Begründung eines neuen Hauptwohnsitzes, der in Anlehnung an § 21 Abs. 2 BMG nur dann begründet wird, wenn dieser vorwiegend vom Einwohner genutzt wird. Nachdem hierfür auf die tatsächliche Aufenthaltszeit abzustellen ist, reicht im Umkehrschluss nicht jede befristete Veränderung des Aufenthalts (Urlaub, der Besuch von Verwandten etc.) aus, um einen neuen Hauptwohnsitz zu begründen.849 Durch Festlegung des Kündigungsgrundes auf die Begründung eines neuen Hauptwohnsitzes wird demnach bereits ein Ausgleich zwischen den Interessen des Darlehensnehmers und des Darlehensgebers vorgenommen, indem 848  Schneider, 849  BVerwG,

1526.

Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 131. Urt. vom 20.03.2002 – 6 C 12/01, NJW 2002, 2579 = NVwZ 2002,

312 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

kurzfristige Aufenthaltsänderungen aus dem Anwendungsbereich des Kündigungsgrundes ausgenommen werden.850 Hinsichtlich des krankheitsbedingten Kündigungsgrunds ist zu beachten, dass auch dieser bereits einen Ausgleich zwischen dem Werterhaltungsinte­ resse des Darlehensgebers und dem Interesse des Darlehensnehmers an der Bewohnbarkeit der Immobilie schafft. Denn der Darlehensgeber kann den Kredit nicht nach Belieben fällig stellen, sondern nur, wenn objektive Anhaltspunkte (zwölf zusammenhängende Monate) dafür sprechen, dass der Darlehensnehmer die Immobilie nicht mehr wird bewohnen können. Anders als ein aufsummierter Zeitraum von zwölf Monaten, legt die Einschränkung des Zusammenhängens der Monate nahe, dass sich der Darlehensnehmer nicht mehr oder zumindest nicht zeitnah von der Krankheit erholen und seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen wird. Der Kündigungsgrund rückt somit in die Nähe des gesetzlichen Leitbildes (Tod des Darlehensnehmers als Fälligkeitsgrund) und ist damit hinsichtlich seiner Wirksamkeit nicht zu beanstanden.851 Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Darlehensnehmer in beiden Fällen eine dritte Person mit der Überprüfung bzw. Instandhaltung betrauen könnte. Denn zum einen kann hiermit keine derart intensive Inspektion der Immobilie erreicht werden, wie diese durch den Darlehensnehmer als Bewohner der Immobilie gewährleistet wäre.852 Zum anderen wäre der Darlehensgeber auch hier auf die Zuverlässigkeit einer dritten Partei verwiesen, die sich dieser nicht als Quasi-Vertragspartner ausgesucht hat und dem auch keine vertraglichen Ansprüche gegen diesen zustehen. Mit Blick auf die weitrechenden Konsequenzen einer vorfälligen Kündigung ist dem Darlehensnehmer gem. § 314 Abs. 2 S. 1 BGB eine Frist zur Wiederbegründung des Hauptwohnsitzes einzuräumen. Eine solche kann im Einzelfall gem. § 314 Abs. 2 S. 3 BGB im Krankheitsfall entbehrlich sein, etwa wenn eine objektive Prognose des Gesundheitszustandes ergibt, dass der Darlehensnehmer die Immobilie auf unabsehbare Zeit wird nicht bewohnen können. dd) Pflicht zur Zahlung von Grundlasten Weiterhin kann der Kredit im US-amerikanischen Recht fällig gestellt werden, wenn der Darlehensnehmer gegen seine Pflicht zur Abführung von Reifner/Pfau, Innovative Finanzdienstleistungen, 331, 373. Reifner/Pfau, Innovative Finanzdienstleistungen, 331, 373. 852  Siehe hierzu bereits oben mit einem Beispiel Kapitel 3: C.II.3.c), Kündigungsgründe, S.  151 ff. 850  Anders 851  Anders



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages313

Grundlasten verstößt. Auch im deutschen Recht besteht ein Interesse des Darlehensnehmers an der Absicherung dieses Risikos. Denn kommt der Darlehensnehmer bspw. seiner Pflicht zur Abführung der Grundsteuer nicht nach, kann sich der Fiskus eine Zwangshypothek einräumen lassen (§ 866 Abs. 1 Var. 1, § 867 ZPO i. V. m. § 322 AO), die in ihrem Rang über der Grundschuld liegt (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG i. V. m. § 869 ZPO) so dass, je nach Zahlungsrückstand, die Rückzahlung der Darlehensvaluta samt Zinsen durch den höheren Rang der Hypothek gefährdet würde. Auch in diesem Fall ist dem Darlehensnehmer jedoch, in Abhängigkeit von der Höhe und Dauer des Zahlungsverzugs, eine Abhilfefrist einzuräumen. ee) Instandhaltungs- und Versicherungspflicht Verstößt der Darlehensnehmer gegen seine Instandhaltungs- oder Versicherungspflicht, besteht abschließend ebenfalls die Gefahr, dass sich der Grundstückswert im Zeitverlauf negativ entwickeln und somit eine Unterdeckung eintreten wird.853 Im Grundsatz besteht somit ein legitimes Interesse an der Vereinbarung eines solchen Kündigungsgrundes.854 Aufgrund der harten Konsequenzen einer Fälligstellung ist des Kündigungsrecht jedoch dann ausgeschlossen, wenn der Verstoß gegen die Instandhaltungspflicht gemessen am Gesamtwert des Grundstücks nicht weiter ins Gewicht fällt oder der Verzug mit der Zahlung von Versicherungsprämien nicht derart gravierend ausfällt, dass eine Kündigung der Gebäudeversicherung droht. In einem solchen Fall ist dem Darlehensnehmer, genauso wie im US-amerikanischen Recht, eine Frist zur Abhilfe (§ 314 Abs. 2 BGB) zu gewähren. 2. Sonstige außerordentliche Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensgebers a) Ausschluss sonstiger außerordentlicher Kündigungsmöglichkeiten aa) Allgemeine Gesichtspunkte Fraglich ist, ob § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB einen Ausschluss sämtlicher sonstiger außerordentlichen Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensgebers zur Folge hat. Namentlich betroffen sind zum einen der außerordentliche 853  Schneider,

Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 122. steht auch nicht LG Aachen, WM 2018, 130, 131 entgegen, da der Verstoß gegen die vereinbarte Instandhaltungspflicht gerade keine Umgehung von § 490 Abs. 1 BGB darstellt und zudem die speziellen Wertungen des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB zu beachten sind; unklar in diesem Zusammenhang Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181f. 854  Dem

314 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Kündigungsgrund des § 490 Abs. 1 BGB, zum anderen die außerordentliche Kündigung wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 3 S. 2 BGB.855 Für die Ausschlusswirkung könnte zunächst sprechen, dass sich der Wortlaut von § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB einzig auf die vertragliche Bestimmung von Kündigungsgründen bezieht, woraus abgeleitet werden könnte, dass der Gesetzgeber alle sonstigen (gesetzlichen) Kündigungsmöglichkeiten für den Immobilienverzehrkredit ausschließen wollte. Wäre ein bloßer Verweis auf § 314 BGB bezweckt gewesen, so wäre dies wegen § 490 Abs. 3 BGB, der die Anwendbarkeit von § 313 und § 314 BGB klarstellt, gerade nicht notwendig gewesen, so dass der genuine Regelungsgehalt der Vorschrift vielmehr im Ausschluss sonstiger Kündigungsgründe gesehen werden könnte. Auch schuldet der Darlehensnehmer nicht die Aufrechterhaltung seiner Bonität,856 so dass im Fall von § 490 Abs. 1 BGB schon kein Verstoß gegen vertragliche Bestimmungen nach § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB vorliegen kann. Gleiches gilt für die in § 313 Abs. 1 BGB erwähnten Umstände, die zur Grundlage und gerade nicht Inhalt des Vertrages geworden sind und damit keinen Verstoß gegen Vertragspflichten darstellen. Beide Bestimmungen sind demnach nicht vom Wortlaut des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB erfasst. Auch aus systematischer Sicht spricht hierfür, dass § 490 Abs. 1 und §§ 313, 314 BGB i. V. m. § 490 Abs. 3 BGB dem allgemeinen Teil des Darlehens- bzw. Schuldrechts angehören, so dass § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB normhierarchisch die speziellere Regelung darstellt. Abschließend sprechen für diese Auslegung ebenfalls teleologische Argumente. Denn wie der Formulierung der Haftungsbeschränkung zu entnehmen ist, ist sich der Gesetzgeber der Auswirkungen der vorzeitigen Fälligstellung des Kredits und der damit einhergehenden Gefahren bewusst, da er anderenfalls die im europäischen Recht angelegte Formulierung der Haftungsbeschränkung zwecks Kompensation der nachteiligen Folgen nicht präzisiert hätte.857 Der Ausschluss sonstiger Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensgebers würde ebenfalls dem Verbraucherschutz dienen, da der Darlehensnehmer nur in den vertraglich fixierten Fällen und einem damit einhergehenden eigenen Fehlverhalten mit einer Kündigung rechnen muss. Um diesem ver855  Zur Kündigung wegen Störung der Geschäftsgrundlage bei frühem Tod des Eigentümers siehe bereits Schnabl, NZM 2007, 714, 717, welcher allerdings die Rechtslage bei Vereinbarung des Kaufmodells bespricht; die Anwendbarkeit von § 490 bejahend Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d und 181f. 856  MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 8; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 33; Huber, WM 2017, 605, 607. 857  Siehe zu diesem Aspekt der Normgenese oben Kapitel 4: B.I.2., Der Immobilienverzehrkreditvertrag nach BGB, S. 183.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages315

braucherschützenden Gesetzgeberwillen zu entsprechen, könnte § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB im dargestellten Sinn mit der Konsequenz auszulegen sein, dass alle über die vertragliche Vereinbarung hinausgehenden Kündigungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden. Andererseits schweigt sich der Gesetzgeber zum Konkurrenzverhältnis der Normkomplexe aus,858 so dass vermutet werden kann, dass er das entstehende Konkurrenzproblem schlicht nicht antizipiert hat und mit der nahezu wortgenauen Übernahme des Richtlinientatbestandes keine über den Anwendungsausschluss der §§ 491 ff. BGB hinausgehenden Rechtsfolgen festlegen wollte. Die Interpretation eines gesetzgeberischen Willens kann sich folglich nur als Spekulation erweisen. bb) Anwendbarkeit von § 490 Abs. 1 BGB Speziell gegen die Anwendbarkeit von § 490 Abs. 1 BGB spricht auch nicht die von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB vorgegebene Risikoverteilung.859 Wie dargestellt erlaubt es § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 Alt. 2 BGB dem Darlehensgeber, dem Darlehensnehmer das Immobilienwertrisiko durch außer­ ordentliche Kündigung bereits bei abstrakten Gefahren für den Wert der Sicherheit bei Verstößen gegen vereinbarte Instandhaltungspflichten aufzuerlegen.860 Wenn nun § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 Alt. 2 BGB als Ankernorm des Immobilienverzehrs die Absicherung abstrakter Gefahren für die Sicherheit erlaubt – die Durchbrechung der grundsätzlichen Risikoverteilung also bereits in der Norm angelegt ist – so muss § 490 Abs. 1 BGB, der eine zumindest konkretisierte Gefahr für den Wert der Sicherheit fordert,861 erst recht zur Anwendung gelangen können.862

858  RegE-FinAufsRErgG

vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 38 ff. hierzu oben Kapitel 4: C.I., Risikostruktur, S. 256 ff. 860  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 4: C.I.3., Immobilienwertrisiko, S.  257 f. 861  Statt vieler MünchKommBGB/Berger, § 490 Rn. 7. 862  Im Ergebnis auch, jedoch ohne Begründung Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181f; unklar BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 132, der einzig auf § 314 BGB abstellt; ebenfalls unklar MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 97, die von einer Kündigung kraft Gesetzes sprechen. 859  Siehe

316 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

cc) Anwendbarkeit von § 313 Abs. 3 S. 2 BGB Im Fall einer Kündigung nach § 313 Abs. 3 S. 2 BGB ist zudem darauf hinzuweisen, dass die Norm lediglich unter außergewöhnlichen, gerade nicht zum Vertragsinhalt gewordenen Umständen zur Anwendung gelangt und den Interessenausgleich der Parteien bei Vorliegen dieser Umstände bezweckt.863 Folglich kann der Vertrag nicht in jedem Fall, sondern nur unter den Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 BGB vorzeitig beendet werden. Der Schutzzweck von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB (Vorhersehbarkeit der Kündigung) wird demnach auch nicht durch die Anwendbarkeit von § 313 Abs. 3 S. 2 BGB umgangen, da der Darlehensvertrag mit Blick auf die vertragliche Risikoverteilung im Regelfall nur nach den vereinbarten Kündigungsmöglichkeiten beendet werden kann.864 dd) Ergebnis Es sind damit keine zwingenden Gründe ersichtlich, die einen Ausschluss der sonstigen außerordentlichen Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensgebers gebieten würden.865 b) Kündigung wegen wesentlicher Verschlechterung, § 490 Abs. 1 BGB Wie dargelegt, kann ein Immobilienverzehrkreditvertrag nach § 490 Abs. 1 BGB gekündigt werden. Es bleibt damit nur zu untersuchen, unter welchen Gesichtspunkten eine Kündigung nach § 490 Abs. 1 BGB in Betracht kommt. Zu verneinen ist eine Kündigung nach Vertragsschluss allein aufgrund des Umstandes, dass der Darlehensnehmer im Regelfall bei Vertragsschluss über kein Vermögen verfügen wird, da § 490 Abs. 1 BGB eine Verschlechterung der Vermögenslage nach Vertragsschluss voraussetzt.866 Eine Kündigung nach § 490 Abs. 1 BGB wird regelmäßig nur dann in Betracht kommen, wenn sich der Wert der Wohnimmobilie während der Vertragslaufzeit wesentlich verschlechtert hat, bspw. durch zufälligen Untergang 863  Erman/Böttcher, § 313 Rn. 1; MünchKommBGB/Finkenauer, § 313 Rn. 1 f.; BeckOK-BGB/Lorenz, 53. Ed. 01.02.2020, § 313 Rn. 1. 864  Unklar BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 132, der einzig auf § 314 BGB abstellt; ebenfalls unklar MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 97, die bloß von einer Möglichkeit der Kündigung kraft Gesetzes sprechen, ohne diese näher zu umschreiben. 865  Im Ergebnis für § 490 Abs. 1 BGB, jedoch ohne nähere Begründung auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181f. 866  Statt vieler Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 11.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages317

der Immobilie oder Realisierung des allgemeinen Immobilienmarktrisikos. Zwar sind die Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers und der Wert der Sicherheit entgegen des Wortlauts von § 490 Abs. 1 BGB für die Frage der Rückzahlungsfähigkeit kumulativ zu werten.867 Allerdings verfügt der Darlehensnehmer im Regelfall über kein bzw. kein hohes Einkommen, so dass dieser Punkt im Rahmen der Gesamtbetrachtung868 zu vernachlässigen sein dürfte. Die Frage der Wesentlichkeit der Verschlechterung ist im Übrigen nach den zu § 490 Abs. 1 BGB entwickelten Grundsätzen zu beantworten.869 Maßgebliche Bedeutung für die Frage der Gefährdung der Rückzahlungsverpflichtung wird dem Umstand zukommen, ob die Wohnimmobilie versichert ist und ob die Versicherung eine Wiederherstellungsklausel enthält.870 Im ersten Fall erstreckt sich die Haftung auch auf den Versicherungserlös als Substrat des Wertes der Wohnimmobilie,871 im zweiten Fall wird die Wohnimmobilie wiederhergestellt,872 so dass eine Kündigung durch den Darlehensgeber im Regelfall wohl ausscheiden muss – dessen Interessen werden aufgrund der Wiederherstellung gerade nicht beeinträchtigt.873 Ob darüber hinaus eine Abwägung aller Einzelfallumstände vorzunehmen ist oder sonstige Einzelfallinteressen im Rahmen einer Ausübungskontrolle nach § 242 BGB zu berücksichtigen sind,874 kann für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung dahinstehen. Es ist einzig darauf hinzuweisen, dass in der Ausübung von § 490 Abs. 1 BGB nach dem Gesagten keine unzulässige Umgehung der gesetzlichen Risikostruktur liegt, sondern diese gerade bestätigt.875 Insbesondere ist es folgerichtig, wenn der Darlehensgeber aufgrund der negativen Wertentwicklung der Immobilie oder des zufälligen Untergangs derselben von § 490 Abs. 1 BGB Gebrauch macht. Das gilt auch in solchen Fällen, in denen sich der Darlehensgeber zugleich von einem unrentablen Vertrag befreien kann, bspw. bei einem Vertrag mit lebenslanger Auszahlung, bei welchem sich das Langlebigkeitsrisiko bereits realisiert hat. Dies ist als 867  Statt

vieler Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 11. statt vieler MünchKommBGB/Berger, § 490 Rn. 5; Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 9. 869  Hierzu statt vieler Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 26. 870  Zur Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers statt vieler MünchKommBGB/Berger, § 490 Rn. 11. 871  Siehe hierzu unten Kapitel 4: C.III.2., Der Umfang der Haftungsbeschränkung, S. 293. 872  Zur Wiederherstellungsklausel statt vieler MünchKommBGB/Lieder, § 1130 Rn.  1 f. 873  Ähnlich unter allgemeinen Gesichtspunkten Wirth, WM 2009, 1732, 1736; a. A. Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 29. 874  Zum Streitstand m. w. N. siehe Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 10. 875  Zur Risikostruktur siehe oben Kapitel 4: C.I., Risikostruktur, S. 256 ff. 868  Hierzu

318 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Folge der gesetzlichen Risikoverteilung hinzunehmen. Das Verhalten ist insofern nicht treuewidrig.876 Allenfalls mag im Einzelfall bei geringer Höhe der Rückzahlungspflicht und aufgrund des immanenten Verlusts der Wohnimmobilie an einen temporären Ausschluss der Kündigung gem. § 242 BGB wegen des hohen Alters bzw. Krankheit des Darlehensnehmers oder sonstiger berechtigter Interessen des Darlehensnehmers unter dem Gesichtspunkt der Unverhältnismäßigkeit zu denken sein.877 Insgesamt wird dem Recht aus § 490 Abs. 1 BGB allerdings keine hohe praktische Bedeutung beizumessen sein, da eine Kündigung vertraglich zumeist auf den Zeitpunkt der Nichterfüllung der Instandhaltungspflicht vorverlagert werden wird.878 c) Kündigung wegen Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 Abs. 3 S. 2 BGB Nachdem die grundsätzliche Anwendbarkeit einer Kündigung wegen Störung der Geschäftsgrundlage bejaht wurde, bleibt dennoch zu erörtern, wann eine solche Kündigung im Fall des Immobilienverzehrkreditvertrages in concreto als zulässig zu erachten ist. Zu denken ist bspw. an eine Kündigung des Darlehensgebers wegen der Realisierung des Langlebigkeitsrisikos879 oder des allgemeinen marktindizierten Immobilienwertrisikos. Der Sache nach geht es damit um die Frage, ob der Darlehensgeber den Vertrag kündigen kann, wenn der Darlehensnehmer länger als erwartet lebt oder sich der Immobilienwert negativ entwickelt, so dass der Wert der Wohnimmobilie entgegen der Kalkulation den kumulierten Wert von Rück- und möglicherweise Zinszahlungsverpflichtung nicht mehr zu decken vermag. Nachdem eine Kündigung wegen Störung der Geschäftsgrundlage nur dann in Betracht kommt, wenn das sich zu verwirklichende Risiko nicht explizit einer Partei zugewiesen ist,880 scheidet eine Kündigung nach § 313 876  Zur

Frage der Treuewidrigkeit siehe Staudinger/Mülbert, 2015, § 490 Rn. 42 ff. vieler MünchKommBGB/Schubert, § 242 Rn. 261 und 273. 878  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 4: C.IV.1.c)ee), Instandhaltungs- und Versiche­ rungspflicht, S.  313 ff. 879  Schnabl, NZM 2007, 714, 717 bespricht gerade die umgekehrte Situation (früher Tod des Eigentümers) für das Kaufmodell. Ein früher Tod des Darlehensnehmers beim Darlehensmodell ist indes nicht problematisch, da der Vertrag in diesem Fall schlicht fällig gestellt würde, es also keiner Kündigung bedürfte. Auch sind die parteilichen Interessen, insbesondere das Äquivalenzinteresse von Leistung und Gegenleistung nicht betroffen, da sowohl die Höhe der Rück- als auch Zinszahlungsverpflichtung unmittelbar mit der Auszahlung der Valuta zusammenhängen. 880  Erman/Böttcher, § 313 Rn. 19; MünchKommBGB/Finkenauer, § 313 Rn. 59 ff. 877  Statt



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages319

Abs. 3 S. 2 BGB in den beschriebenen Fällen indes aus.881 Denn wie sich aus § 491 Abs. 3 S. 4 ergibt, ist dem Darlehensgeber durch Beschränkung der Haftung auf die Wohnimmobilie sowohl das Langlebigkeits- als auch das Immobilienwertrisiko zugewiesen. Zudem trägt das Geschäft spekulative Züge, da sowohl der Zins-Gewinn als auch das Ausfallrisiko hinsichtlich der Rückzahlungspflicht von der ungewissen Entwicklung von Alter und Immobilienwert abhängen, so dass es unbillig wäre, könnte sich die durch die Verwirklichung des Risikos benachteiligte Partei ohne Weiteres einseitig vom Vertrag lösen.882 Etwas anderes gilt nach der gesetzlichen Risikoverteilung nur für wesentliche Verschlechterungen des Immobilienwerts, wobei hierfür § 490 Abs. 1 BGB als lex specialis vorrangig anzuwenden ist und § 313 Abs. 3 S. 2 BGB insoweit ausschließt.883 3. Ordentliche Kündigung des Darlehensgebers Die ordentliche Kündigung des Darlehensgebers wird durch die Verknüpfung von Todeszeitpunkt und Rückzahlungsverpflichtung ausgeschlossen.884 4. Kündigung durch den Darlehensnehmer Abschließend ist die Frage zu erörtern, ob § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB dem Darlehensnehmer die Kündigungsmöglichkeiten des § 489 BGB (ordentliche Kündigung) oder § 490 Abs. 2 bzw. § 314 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 490 Abs. 3 BGB (außerordentliche Kündigung) abschneidet.885 Denn § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB stellt seinem Wortlaut nach einzig auf die Kündigungsmöglichkeijedoch zum Kaufmodell Schnabl, NZM 2007, 714, 717. zum Kaufmodell bereits Schnabl, NZM 2007, 714, 717; ähnlich im Kontext des Investmentrechts OLG Frankfurt, Urt. vom 22.02.2013 – 10 U 47/11, ZIP 2013, 1560, 156; allgemein hierzu Erman/Böttcher, § 313 Rn. 20, 25; MünchKomm­ BGB/Finkenauer, § 313 Rn. 70. 883  MünchKommBGB/Berger, § 490 Rn. 68. 884  Hierzu vor Verabschiedung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB Dietzel, Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, S. 139, der allerdings Darlehensnehmer und Darlehensgeber zu vertauschen scheint; allgemein hierzu siehe MünchKommBGB/Berger, § 488 Rn. 224; Staudinger/Mülbert, 2015, § 488 Rn. 305; JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 488 Rn. 82; siehe hierzu auch oben Kapitel 4: B.III.2.e)aa)(2), Kündigung infolge Verstoßes gegen vertragliche Bestimmungen, S. 227. 885  Veraltet insoweit Dietzel, Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, S. 138 f., der sich mit der Rechtslage vor Verabschiedung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB beschäftigt. 881  Ähnlich, 882  So

320 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

ten des Darlehensgebers ab, woraus e contrario der Ausschluss der Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers abgeleitet werden könnte. Bezüglich des ordentlichen Kündigungsrechts könnte zunächst § 489 Abs. 4 S. 1 BGB einem Ausschluss entgegenstehen. Allerdings gilt die Vorschrift ihrem Wortlaut nach nur für vertragliche Ausschlüsse oder Erschwerungen der Kündigung.886 Im vorliegenden Fall würde das Kündigungsrecht jedoch nicht durch die Parteivereinbarung ausgeschlossen, sondern durch das gesetzliche Konkurrenzverhältnis zu § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB. Aus systematischer Sicht könnte für einen Ausschluss der Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers das bereits bemühte Verhältnis von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB als lex specialis im Verhältnis zu den Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers als lex generalis angeführt werden. Die Proklamation eines solchen Ausschlusses der Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers infolge einer Verdrängung durch § 491 Abs. 3 S. 4 BGB ließe sich jedoch nur dann ernstlich behaupten, wenn sich die Anwendungsbereiche der Normen überschneiden würden. Bezogen auf § 491 Abs. 3 S. 4 BGB ist damit danach zu fragen, ob der Anwendungsbereich der Norm die genannten Kündigungsgründe mitumfasst und folglich ausschließen will, was durch Auslegung zu ermitteln ist. Hierfür könnte zunächst der Wortlaut von § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB sprechen, welcher einzig auf die Kündigungsmöglichkeit des Darlehensgebers abstellt, woraus im Umkehrschluss der Ausschluss der Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers dergestalt abgeleitet werden könnte, dass eine Kündigung des Vertrages nur durch den Darlehensgeber zulässig sein soll. Der Wortlaut ist jedoch nicht in der beschriebenen Art zwingend. Denn aus der isolierten Bezugnahme auf die Kündigung des Darlehensgebers könnte auch schlicht folgen, dass der Gesetzgeber die Kündigung des Darlehensnehmers überhaupt nicht regeln wollte. Der Wortlaut ist demnach im besten Fall ambivalent. Darüber hinaus ist ein Ausschluss auch nicht aus teleologischer Sicht geboten. Denn auch wenn der Vertrag mit einigen wirtschaftlichen Risiken verbunden ist, unterscheidet sich die Ausgangslage nicht von der eines herkömmlichen Darlehensvertrages, bei welchem der Darlehensgeber ebenfalls das Ausfallrisiko trägt.887 Zudem wäre es mit fundamentalen Prinzipen des Zivilrechts nicht vereinbar, verbliebe dem Darlehensnehmer keine Möglichkeit, das Dauerschuldverhältnis vorzeitig zu beenden und die damit einhergehenden Bindungswirkungen aufzuheben.888 886  Statt

vieler MünchKommBGB/Berger, § 489 Rn. 19 f. vieler hierzu Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 33. 888  Statt vieler Erman/Böttcher, § 314 Rn. 1. 887  Statt



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages321

Folglich sind keine Gründe ersichtlich, warum § 491 Abs. 3 S. 4 BGB in seinem Anwendungsbereich den Vorschriften der § 489, § 490 Abs. 2 und § 314 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 490 Abs. 3 BGB vorgehen sollte.889 Demgemäß liegt kein gesetzliches Konkurrenzverhältnis der oben beschriebenen Art vor und es bleibt dem Darlehensnehmer offen, den Vertrag nach den genannten Vorschriften zu kündigen.

V. Verfahren nach Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung In Anlehnung an die Regelungen des US-amerikanischen Rechts stehen den Parteien nach Eintritt der Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung je nach Fallgestaltung verschiedene Wege offen, um die darlehensvertraglichen Verpflichtungen zu tilgen. Im Gegensatz zum US-amerikanischen Recht jedoch, welches das Verfahren nach Fälligkeit speziell für die HECM regelt,890 ergibt sich das Verfahren im deutschen Recht aus allgemeinen Rechtssätzen.891 Verstirbt der Darlehensnehmer, so gehen die Rechte und Pflichten aus dem Darlehensvertrag im Wege der Universalsukzession (§ 1922 Abs. 1 BGB) auf dessen Erben über, so dass diesen die gleichen Möglichkeiten offenstehen und deshalb im Folgenden nicht gesondert aufzuführen sind.892 1. Rückzahlung des Darlehens Nachdem es sich beim Immobilienverzehrkreditvertrag vertragstypologisch um einen Darlehensvertrag handelt, steht es dem Darlehensnehmer zunächst frei, die Darlehensvaluta zurückzuzahlen, um damit den Anspruch aus § 488 889  Im Ergebnis gleichsam für § 489 BGB, allerdings vor Verabschiedung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB Dietzel, Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, S. 138 f., der allerdings Darlehensnehmer und Darlehensgeber zu vertauschen scheint. 890  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.II.2.b)dd), Verfahren nach Eintritt der Fälligkeit, S. 103. 891  Siehe hierzu bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; Reifner/Pfau, Innovative Finanzdienstleistungen, 331, 368. 892  Alternativ könnte auch darauf abgestellt werden, dass die Erben von ihrem Zahlungsrecht aus §§ 1142 Abs. 1 i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB Gebrauch machen; siehe hierzu Kulms, ZfIR 2002, 614, 621. In Anbetracht dessen, dass die Erben im Regelfall wohl auch in den Darlehensvertrag eintreten werden, kann dieser Umstand im Folgenden vernachlässigt werden; zur Auslösemöglichkeit durch Rückzahlung des Darlehens siehe Schnabl, NZM 2007, 714, 718; siehe auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d und 181e, insbesondere zur Frage der Personenverschiedenheit von Darlehensnehmer und Sicherungsgeber.

322 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

Abs. 1 S. 2 Al.t 2 BGB infolge Erfüllung zum Erlöschen zu bringen.893 Mit der Rückzahlung wird der Sicherungszweck der Grundschuld erreicht, so dass dem Darlehensnehmer ein Anspruch auf Rückgewähr selbiger zusteht.894 In diesem Fall erlischt die gesamte Schuld, so dass es auf die Schutzwirkung der Haftungsbeschränkung nicht ankommt. 2. Freihändiger Verkauf der Wohnimmobilie Weiterhin ist es denkbar, dass sich die Parteien darüber verständigen, dass der Darlehensgeber die zur Rückzahlung benötigten Mittel durch einen freihändigen Verkauf der Wohnimmobilie erzielt.895 Um einen höheren Verkaufserlös sicherzustellen, müsste der Darlehensgeber allerdings auf die Grundschuld verzichten.896 Der zukünftige Käufer des Grundstücks tilgt die Forderung als Dritter gem. § 267 Abs. 1 S. 1 BGB.897 Verspricht der freihändige Verkauf einen höheren Verwertungserlös, können die Parteien zu diesem Vorgehen sogar verpflichtet sein.898 Eine solche Gestaltung führt selbst bei Vereinbarung zu Vertragsbeginn nicht zu einer Umqualifizierung des Vertrages. Denn wie der Wortlaut von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB zeigt, bezieht sich die Haftungsbeschränkung nicht nur auf die Immobilie als solches, sondern auch auf den durch den Verkauf erzielbaren Erlös.899 Die Haftung900 setzt sich gewissermaßen am Verkaufserlös fort. Reicht der Verwertungserlös unter pflichtgemäßer Bemühung des Darlehensnehmers nicht aus, um die Schuld restlos zu tilgen, kann der Darlehensgeber aufgrund der Haftungsbeschränkung nicht auf das sonstige Vermögen des Darlehensnehmers zugreifen. 893  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; siehe auch Dietzel, Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, S. 137; Krauß, notar 2017, 312, 320; ders., ErbR 2017, 530, 534; unklar, aber wohl auch BeckOGK-BGB/ Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 129. 894  BGH, Urt. vom 25.03.1986 – IX ZR 104/85, BGHZ 97, 280 (jedoch ohne Abdruck der relevanten Stelle) = NJW 1986, 2108, 2109; MünchKommBGB/Lieder, § 1191 Rn. 140; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Vor. § 1191 Rn. 150, 164; siehe auch Richter, HanseLR 2010, 39, 46. 895  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; Krauß, notar 2017, 312, 320; ders., ErbR 2017, 530, 534; Reifner/Pfau, Innovative Finanzdienstleistungen, 331, 368; unklar, aber wohl auch BeckOGK-BGB/Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 129. 896  Hierzu statt vieler Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 200. 897  Statt vieler Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 200 und 406. 898  Statt vieler Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 200 und 406. 899  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880. 900  Nachdem unter Haftung jeglicher Rechtszwang zu verstehen ist (siehe hierzu Gernhuber, Schuldverhältnis, § 4 I S. 66 sowie die Erläuterung in Fn. 704), fällt hierunter auch die eigeständige Einziehung der Verkaufserlöse.



C. Zivilrechtliche Weiterungen des Immobilienverzehrkreditvertrages323

3. Übertragung des Grundeigentums auf den Darlehensgeber Vergleichbar mit der US-amerikanischen deed in lieu of foreclosure können sich die Parteien – auch bereits bei Vertragsschluss, etwa durch Vereinbarung einer Ersetzungsbefugnis – darüber einigen, dass die vertraglichen Ansprüche des Darlehensgebers durch eine Übertragung des Grundeigentums an den Darlehensgeber an erfüllungsstatt getilgt werden können, welchem folglich die eigenverantwortliche Verwertung des Grundstücks obliegt.901 Mangels einer vergleichbaren wirtschaftlichen Drucksituation902 ist eine solche Vereinbarung ausweislich des Wortlauts von § 1149 BGB nach Fälligkeit zwar nicht verboten.903 Allerdings führt die Vereinbarung dazu, dass die Abrede gem. § 311b Abs. 1 S. 1 BGB notariell zu beurkunden ist und die Übertragung dem sachenrechtlichen Formerfordernis der Auflassung (§ 925 BGB) unterliegt.904 Eine solche Vereinbarung verstößt, da sie die Schuld betrifft und sich die Haftung gerade nur auf die Wohnimmobilie bezieht, nicht gegen § 491 Abs. 3 S. 4 BGB. 4. Abwarten der Zwangsvollstreckung Abschließend steht es dem Darlehensnehmer ebenfalls frei, die Rückzahlung zu verweigern und eine Zwangsvollstreckung in das Grundstück abzuwarten, die er gem. §§ 1147, 1192 Abs. 1 BGB zu dulden verpflichtet ist.905 Es ergeben sich insoweit keine Besonderheiten gegenüber der Zwangsvollstreckung eines herkömmlichen Immobilienkredits. Übersteigt der Verwer901  Unklar, aber wohl auch Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181d; BeckOGK-BGB/ Knops, 01.01.2020, § 491 Rn. 129. 902  Diesen Schutzzweck erkennt der BGH zwar auch an, sieht hierin jedoch nicht den Hauptzweck der Vorschrift, siehe hierzu BGH, Urt. vom 23.06.1995 – V ZR 265/93, BGHZ 130, 101, 105 ff. = NJW 1995, 2635; BGH, Urt. vom 25.10.2002 – V ZR 253/01, NJW 2003, 1041, 1042 = WM 2003, 157; die Literatur hingegen betont den Schuldnerschutz: Eickmann, DNotZ 1997, 729 f.; Feliv, WiRO 2007, 197, 198 f.; Foerste, ZBB 2009, 285, 291; Gaul, AcP 168 (1968), 351, 379 f.; MünchKommBGB/ Lieder, § 1149 Rn. 4; Schulz, JR 1996, 245, 246; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 711; Tiedtke, ZIP 1996, 57, 59; Wolfsteiner, DNotZ 2003, 129, 130; Staudinger/ Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 3; anders dagegen wiederum Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 407 und 862; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung III, S. 486 ff. 903  MünchKommBGB/Lieder, § 1149 Rn. 11; Erman/Wenzel, § 1149 Rn. 2; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 16. 904  MünchKommBGB/Lieder, § 1149 Rn. 11; Erman/Wenzel, § 1149 Rn. 2; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1149 Rn. 23. 905  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880; siehe auch Dietzel, Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, S. 137; Krauß, notar 2017, 312, 320; ders., ErbR 2017, 530, 534.

324 Kap. 4: Grundlagen des Immobilienverzehrkreditvertrages im dt. Recht

tungserlös demnach den Schuldumfang, so steht den Erben ein Anspruch auf den überschießenden Teil des Verwertungserlöses zu.906 Im umgekehrten Fall besteht zwar weiterhin der Rück- und Zinszahlungsanspruch, jedoch kann der Darlehensgeber aufgrund der Haftungsbeschränkung nicht auf das sonstige Vermögen des Darlehensnehmers zugreifen.907 Von der Haftungsbeschränkung umfasst sind ebenfalls die sich aus dem Verzug des Darlehensnehmers ergebenden Ansprüche des Darlehensgebers aus § 288 Abs. 1, 2 und 5 sowie ggf. nach § 280 Abs. 1, 2 i. V. m. § 286 i. V. m. § 288 Abs. 4 BGB.908 Die Haftungsbeschränkung entfällt auch nicht im Fall der außerordentlichen Kündigung durch den Darlehensgeber und damit vorzeitigen Fälligstellung der Rückzahlungsverpflichtung.909

D. Zusammenfassung Die Untersuchung der Rechtsnatur des Darlehensmodells hat ergeben, dass dieses im Ausgangspunkt auch im deutschen Recht durch ein Darlehen im Rechtssinne (§ 488 BGB) verwirklicht werden kann. Weder stehen der vertragstypologischen Einordnung die Parteiinteressen, die vertragliche Gestaltung als solches oder die Vereinbarung der Haftungsbeschränkung entgegen. Die einzige den Immobilienverzehr betreffende Regelung des BGB findet sich in § 491 Abs. 3 S. 4 bzw. § 491 Abs. 2 S. 2 Nr. 6. Nach richtiger Lesart umfasst der Tatbestand grundpfandrechtlich gesicherte Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer, bei denen der Rückzahlungsanspruch grundsätzlich an den Todeszeitpunkt des Verbrauchers geknüpft und die Haftung auf die Wohnimmobilie beschränkt wird. Die Rückzahlungsverpflichtung kann auch vorzeitig bei Verstoß gegen vertraglich vereinbarte Leistungs- und Verhaltenspflichten 906  BGH, Urt. vom 29.03.1961 – V ZR 171/59, WM 1961, 691 = BB 1961, 661; BGH, Urt. vom 11.10.1984 – IX ZR 111/82, WM 1984, 1577, 1579 = BB 1985, 1568 (nur Leitsätze.); BGH, Urt. vom 19.09.1986 – V ZR 72/85, BGHZ 98, 256, 261 = NJW 1987, 319; BGH, Urt. vom 18.02.1992 – XI ZR 134/91, NJW 1992, 1620 = DNotZ 1993, 122; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 433; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, Vor. §§ 1191 ff. Rn. 142. 907  Siehe ausführlich hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 4: C.III.3., Die Wirkung der Haftungsbeschränkung, S. 296. 908  Ausführlich zu den Ansprüchen des Darlehensgebers wegen Verzug des Darlehensnehmers siehe Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 243 ff.; den Zahlungsverzug bzgl. Tilgungsleistungen bzw. Zinszahlungen i. R. d. Immobilienverzehrkreditvertrages aufgrund einer anderen Auslegung des Tatbestandes verneinend Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; sich anschließend Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181f, der den Verzug korrekterweise jedoch nur als Kündigungsgrund ablehnt. 909  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 4: C.III.2., Der Umfang der Haftungsbeschränkung, S. 293 ff.; andere Ansicht Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 181f.



D. Zusammenfassung325

durch eine außerordentliche Kündigung fällig gestellt werden. Die Vorschrift kann analog auf Verträge angewendet werden, bei denen sich die Parteien über einen späteren Fälligkeitszeitpunkt einigen (z. B. Tod des zunächst überlebenden Ehegatten). Auch wenn der Wortlaut der Vorschrift andere Sicherungsrechte zulässt, ist der Darlehensvertrag aus teleologischen Gründen durch eine Grundschuld oder Hypothek abzusichern. In zivilrechtlicher Hinsicht stehen dem Vertrag keine Wirksamkeitshindernisse (Formerfordernisse, Unwirksamkeit infolge Unbestimmtheit, mangelnde Eintragungsfähigkeit des wechselnden Forderungsbestandes, Wirksamkeit gem. § 138 BGB oder §§ 307 ff. BGB, Widerrufsrechte) entgegen. Die Haftungsbeschränkung ist als Begrenzung der Haftung auf die Wohnimmobilie unter Ausschluss der ansonsten bestehenden persönlichen Haftung zu verstehen. Die im US-amerikanischen Recht vorgesehenen Kündigungsmöglichkeiten können auch im deutschen Recht wirksam als außerordentliche Kündigungsrechte i. S. v. § 314 BGB vereinbart werden. Nach Eintritt der Fälligkeit kann der Darlehensnehmer (oder dessen Erbe) die Rückzahlung des ausstehenden Betrages leisten, das Grundstück zwecks Mittelbeschaffung freihändig verkaufen, das Grundstück an erfüllungsstatt an den Darlehensgeber veräußern oder die Zwangsvollstreckung abwarten.

Kapitel 5

Der Verbraucherschutz im deutschen Recht Wie die Aufarbeitung der US-amerikanischen Literatur gezeigt hat, geht der Abschluss eines Reverse Mortgages-Vertrages mit erheblichen Risiken einher, die sich in folgende vier Obergruppen systematisieren lassen:1 – das Informationsdefizit des Verbrauchers; – das Risiko einer verfrühten Zwangsvollstreckung; – die Gefahr des cross-sellings; – das Drittparteirisiko, welches sich wiederum hinsichtlich des betroffenen Personenkreises in das Risiko der verfrühten Zwangsvollstreckung für den überlebenden Ehegatten/sonstige Hausbewohner und das Risiko nicht vorhandener Vermögenswerte für die Erben unterteilen lässt. Angesichts dieser Risiken erscheint die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, den Immobilienverzehrkreditvertrag durch das FinAufsRErgG komplett aus dem Schutzbereich des Verbraucherdarlehensrechts auszuneh­ men,2 im besten Fall erklärungsbedürftig.3 Die Erklärung bleibt der Gesetzgeber allerdings schuldig.4 Zwar führt er die mangelnde Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers an, sieht sich jedoch nicht veranlasst, diese These substantiell zu belegen.5 Erste Anhaltspunkte finden sich allenfalls in den Erwägungsgründen der WIKr-RiL, auf deren Begründung infolge der europarecht1  Siehe ausführlich zur Herleitung und empirischen Untermauerung dieser Fallgruppen oben Kapitel 3: B.I., Systematisierung der typischen Verbraucherrisiken, S. 75. 2  Siehe zur Normgenese ausführlich mit Nachweisen oben Kapitel 4: B.I.2., Der Immobilienverzehrkreditvertrag nach BGB, S. 183. 3  Eingehend zur Kritik Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882. 4  Zum Verbraucherschutzniveau wird, mit Ausnahme der Kreditwürdigkeitsprüfung, in RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 38 ff. gerade nicht Stellung bezogen. 5  RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S.  78; zwar spricht der Gesetzgeber a. a. O. davon, dass eine Regelung aufgrund der mangelnden praktischen Relevanz unterbleiben könne und verweist auf eine individuelle Information des Verbrauchers. Jedoch vermag diese Einschätzung angesichts steigender Geburtsraten und Altersarmut nicht zu überzeugen, siehe hierzu ausführlich oben Kapitel 1: A.II., Altersabsicherung durch Immobilienverzehr, S. 34.



Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht327

lichen Färbung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB abgestellt werden kann.6 So postuliert der europäische Gesetzgeber in Bezug auf die von der WIKr-RiL geforderte Kreditwürdigkeitsprüfung, dass deren Anwendung für den Immobilienverzehr irrelevant sei, da die Zahlungsströme gerade umgekehrt verliefen.7 Zudem seien vorvertragliche Informationspflichten nicht an die Besonderheiten des Immobilienverzehrkredits angepasst und sonstige dem Immobilienverzehr dienende Rechtsinstitute, wie beispielsweise „Home Reversion“, lägen gänzlich außerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie.8 Während der letzte Halbsatz, der als Anspielung auf kaufrechtliche Immobilienverzehrkonstruktionen (Kaufmodell)9 zu verstehen ist, hinsichtlich des spezifischen Geltungsbereichs der Richtlinie für Kredite noch nachvollziehbar erscheint, gilt es die Behauptung in Bezug auf die Kreditwürdigkeitsprüfung und die Informationspflichten zu überprüfen. Jedoch auch abseits dieser Rechtsinstitute stellt sich die Frage, warum andere (allgemeinere) Rechtsinstitute, die durch die WIKr-RiL bzw. das BGB vorgesehen sind, auf Immobilienverzehrkreditverträge keine Anwendung finden sollen. So hatte der Bundesrat bereits im Gesetzgebungsverfahren die Bundesregierung angehalten, das Verbraucherdarlehensrecht auf geeignete Schutzmechanismen hin zu untersuchen, anderenfalls ein eigenes Verbraucherschutzrecht für Immobilienverzehrkreditverträge als Annex zum Darlehensrecht zu schaffen.10 Konkret regte der Bundesrat die Beibehaltung des Widerrufsrechts, des Kündigungsschutzes nach § 499 Abs. 1 BGB sowie der vorvertraglichen Informationspflichten an und schlug darüber hinaus vor, eine interessengerechte Regelung zur Vorfälligkeitsentschädigung zu finden und das Erfordernis der notariellen Beurkundung auf Immobilienverzehrkreditverträge zu erstrecken.11 Diese Prüfung ist die Bundesregierung, trotz expliziter Zusage,12 bislang schuldig geblieben. Im Folgenden soll daher untersucht werden, ob es eines gesonderten Verbraucherschutzrechts für Immobilienverzehrkredite bedarf.13 Hierzu wird 6  Siehe zur Begründung dieser These ausführlich oben Kapitel 4: B.I.3., Europarechtliche Färbung des Tatbestandes, S. 187. 7  Erwägungsgrund (16) WIKr-RiL. 8  Erwägungsgrund (16) WIKr-RiL. 9  Zur Unterscheidung beider Konstruktionen siehe ausführlich oben Kapitel 2: A.II., Der Dualismus von Darlehen und Kauf, S. 51. 10  BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/ 16, S. 22 (Nummer 17). 11  BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/ 16, S. 22 (Nummer 17). 12  BReG, Stellungnahme FinAufsRergG vom 08.03.2017, BT-Drs. 18/11420, S. 20 (Zu Nummer 17). 13  Siehe hierzu bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882.

328

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

zunächst der Verbraucherschutz de lege lata untersucht, um darauf und den Ergebnissen des Rechtsvergleichs aufbauend, ein geeignetes Regelungs­ regime de lege ferenda zu entwerfen.

A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata Um die Frage nach dem gesetzlichen Verbraucherschutz beantworten zu können, bietet es sich an die Tauglichkeit der spezialgesetzlichen und allgemeinen Verbraucherschutzvorschriften anhand der aus dem US-amerikanischen Recht systematisierten Verbraucherschutzrisiken zu überprüfen. Um hierbei methodisch korrekt vorgehen zu können und das rechtstatsächliche Schutzniveau de lege lata bestimmen zu können, wird der Untersuchung im Folgenden die Rechtsprechung des BGH zugrunde gelegt. Auch wenn sich der BGH hierbei einiger – teils gerechtfertigter14 – Kritik ausgesetzt sieht, kann nur auf diese Weise das tatsächliche Schutzniveau bestimmt werden.

I. Informationsdefizit des Verbrauchers Wie der Rechtsvergleich gezeigt hat, bildet das Informationsdefizit des Verbrauchers das Fundament aller folgenden Risiken.15 Der Bekämpfung des Informationsdefizits könnten im deutschen Recht allen voran Informa­ tionspflichten in Form von Aufklärungs- und Beratungspflichten dienen.16 Auch wenn eine trennscharfe Abgrenzung beider Pflichten kaum möglich ist,17 soll der weiteren Untersuchung folgendes Begriffsverständnis zugrunde gelegt werden: Inhalt der Aufklärungspflicht ist die Weitergabe von entscheidungserheblichen Informationen, die durch besondere Gegebenheiten oder 14  Dies betrifft bspw. die Frage des Zustandekommens eines Finanzierungs-Beratungsvertrages, siehe hierzu unten mit Nachweisen Kapitel 5: A.I.2.a), (Konkludent) geschlossener Beratungsvertrag, S. 331 ff. Der BGH nimmt hierbei ohne Weiteres entgegen der wirtschaftlichen Interessenlage der Bank den entsprechenden Rechtsbindungswillen an; siehe zur zutreffenden Kritik bspw. Richrath, WM 2004, 653, 657. 15  Siehe ausführlich mit Nachweisen hierzu oben Kapitel 3: B.I.1., Informationsdefizit des Verbrauchers, S. 75. 16  Eingehend zu dieser Systematisierung Kalateh, Kreditspezifische Informationspflichten von Banken bei der Kreditvergabe, S. 11 ff. m. w. N.; ähnlich Staudinger/ Olzen, 2015, § 241 Rn. 437. 17  Ausführlich zu den Abgrenzungsschwierigkeiten Hopt, FS Gernhuber, S. 169; ausführlich zu der Relevanz der Abgrenzung Kalateh, Kreditspezifische Informationspflichten von Banken bei der Kreditvergabe, S. 9 ff. m. w. N.; gegen eine Abgrenzung aufgrund der praktischen Schwierigkeiten bspw. MünchKommBGB/Bachmann, § 241 Rn. 124; und Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, S. 1 ff. Rn. 2 ff. (insbesondere Rn. 9); welche die Begriffe Aufklärung und Beratung gleichsetzen wollen.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata329

Gefahrenlagen ausgelöst werden und den Aufklärungsempfänger zu einer eigenverantwortlichen Entscheidung befähigen sollen.18 Die Aufklärung ist von einer belehrenden Komponente geprägt.19 Die Beratungspflicht geht hingegen – wenngleich ein integraler Bestandteil20 der Beratung – über die bloße Information bzw. Aufklärung hinaus und führt im Endergebnis unter Wertung des Einzelfalls zu einer normativen, an den Beratungsgläubiger gerichteten Handlungsempfehlung.21 1. Spezialgesetzliche Informationspflichten gem. §§ 491 ff. BGB Ausgehend von der Grundkonzeption der VerbrKr-RiL und der WIKr-RiL sieht das deutsche Verbraucherdarlehensrecht in Umsetzung des den Richt­ linien immanenten Informationsmodells weitreichende Informationspflichten vor.22 Zu nennen ist etwa § 491a BGB (insbesondere Informations- und Erläuterungspflichten gem. Abs. 1 und 3) für den vorvertraglichen Bereich, § 492 BGB für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und § 493 BGB für nachvertragliche Informationspflichten.23 Anwendungsvoraussetzung der genannten Vorschriften ist jedoch, dass es sich bei dem infrage stehenden Vertrag um einen Verbraucherdarlehensvertrag im Sinne von § 491 Abs. 1 S. 1 BGB handelt. Bekanntlich unterteilt sich 18  Buck-Heeb/Lang, ZBB 2016, 320, 333; Kalateh, Kreditspezifische Informa­ tionspflichten von Banken bei der Kreditvergabe, S. 16 f.; etwas zurückhaltender Staudinger/Olzen, 2015, § 241 Rn. 437, der lediglich von einer Hinweispflicht spricht; gleichfalls Richrath, WM 2004, 653, 655, der vornehmlich auf die Informationsvermittlung abstellt. 19  Buck-Heeb/Lang, ZBB 2016, 320, 333; Kalateh, Kreditspezifische Informa­ tionspflichten von Banken bei der Kreditvergabe, S. 16 f.; etwas zurückhaltender Staudinger/Olzen, 2015, § 241 Rn. 437; sowie Richrath, WM 2004, 653, 655. 20  So explizit Buck-Heeb/Lang, ZBB 2016, 320, 333; Kalateh, Kreditspezifische Informationspflichten von Banken bei der Kreditvergabe, S. 19 sowie S. 50; Richrath, WM 2004, 653, 655; auch der BGH scheint dies in seiner Rechtsprechung zum Finanzierungsberatungsvertrag so zu sehen, wo er bei Erörterung der Pflichten aus dem Beratungsvertrag neben der Eignung des Finanzprodukts ebenfalls von Aufklärung spricht, siehe hierzu bspw. BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 34 = WM 2018, 268. 21  Buck-Heeb/Lang, ZBB 2016, 320, 333; Kalateh, Kreditspezifische Informations­ pflichten von Banken bei der Kreditvergabe, S. 19 f. sowie S. 50; Richrath, WM 2004, 653, 655; ähnlich Staudinger/Olzen, 2015, § 241 Rn. 437. 22  Ausführlich hierzu Zapf, Verbraucherschutz bei Abschluss von Hypothekarkreditverträgen, S. 182 ff.; siehe auch MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, Vor. § 491 Rn. 3; allgemein zum Informationsmodell in Abgrenzung zu gänzlich liberalen Tendenzen und einem weitreichenden Schutzmodell siehe ausführlich m. w. N. Staudinger/Fritzsche, 2018, § 13 Rn. 2 ff. 23  Zur Übersicht statt vieler MünchKommBGB/Schürnbrad, Vor. § 491 Rn. 3.

330

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

der Begriff des Verbraucherdarlehens seit Umsetzung der WIKr-RiL gem. § 491 Abs. 1 S. 2 BGB in die beiden Subspezies des Allgemein- und des Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrages.24 Das Gesetz lässt hierbei keine Zweifel daran offen, dass die Aufzählung abschließend sein soll, wofür insbesondere der Wortlaut „sind“ spricht.25 Nachdem in § 491 Abs. 3 S. 4 und Abs. 2 S. 2 Nr. 6 BGB fingiert wird,26 dass der Immobilienverzehrkreditvertrag weder der einen, noch der anderen Unterart des Verbraucherdarlehens unterfällt und der Immobilienverzehrkreditvertrag ausweislich des Wortlauts keine eigene, dritte Kategorie27 des Verbraucherdarlehens bildet, finden die genannten Vorschriften auf den Vertrag somit schlichtweg keine Anwendung.28 Die §§ 491 ff. BGB können somit de lege lata nicht zur Bekämpfung des Informationsdefizits beitragen. 2. Informationspflichten nach allgemeinen Grundsätzen Auch wenn für den Bereich des Immobilienverzehrkreditvertrages keine spezialgesetzlichen Informationspflichten vorgesehen sind, bleibt zu untersuchen, ob den Darlehensgeber nicht dennoch allgemeine Informationspflichten29 treffen.30 Solche könnten sich aus einem (konkludent) geschlossenen Beratungsvertrag oder aus einer vorvertraglichen Schutzpflicht ergeben.31 24  Statt vieler Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 96b; MünchKommBGB/Schürnbrand/ Weber, § 491 Rn. 4. 25  Implizit Samhat, WM 2019, 849, 853; ebenfalls implizit Feldhusen, WM 2019, 97, 98; ähnlich Bülow/Artz/Bülow, § 491 Rn. 96a; MünchKommBGB/Schürnbrand/ Weber, § 491 Rn. 1; unklar Schulze/Grziwotz/Lauda/Steinbach-Martens/Prasse, § 491 Rn. 2, siehe insoweit die Anmerkung in Fn. 218. 26  Ohne die ausdrückliche Bereichsausnahme in § 491 Abs. 3 S. 4 BGB würde der Immobilienverzehrkreditvertrag nach der hier vertretenen Auslegung bzw. Konstruktion ohne Weiteres dem Tatbestand des Immobiliar-Verbraucherdarlehnsvertrages unterfallen, siehe hierzu bereits oben Kapitel 4: B.IV.1., Ausschluss der §§ 491 ff. BGB und §§ 655a ff. BGB, 231 ff. 27  Siehe die Nachweise in Fn. 218. 28  Grundlegend Omlor, NJW 2017, 1633, 1635; siehe darüber hinaus Jauernig/ Berger, § 491 Rn. 6; Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1879; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 491 Rn. 89; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 3, 82, 90 und 98; JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 59 und 72; wohl auch PWW/Nobbe, § 491 Rn. 39; siehe hierzu bereits m. w. N. Kapitel 4: B.IV.1., Ausschluss der §§ 491 ff. BGB und §§ 655a ff. BGB, S. 231. 29  Im Folgenden wird der Begriff der Informationspflicht als Überbegriff für Aufklärungs- und Beratungspflichten verstanden, zu diesem Begriffsverständnis MünchKommBGB/Bachmann, § 241 Rn. 121 und 124; Staudinger/Olzen, 2015, § 241 Rn. 437; ausführlich zur Abgrenzung der Begrifflichkeiten unter vollständiger Auf­ arbeitung der Literatur Kalateh, Kreditspezifische Informationspflichten von Banken bei der Kreditvergabe, S. 7 ff.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata331

a) (Konkludent) geschlossener Beratungsvertrag aa) Abgrenzung Anlage- und Finanzierungsberatung Nicht nur Aufklärungs-, sondern Beratungspflichten treffen die darlehensgebende Bank, wenn zwischen dieser und dem darlehensnehmenden Kunden ein Beratungsvertrag geschlossen wird, der sich vertragstypologisch regel­ mäßig dem Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) zuordnen lässt.32 Je nach Intensität und Einzelfallumständen handelt sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertrags- oder mit Werkvertragselementen.33 Wird keine Gegenleistung für die Beratung vereinbart, findet Auftragsrecht Anwendung.34 In Abhängigkeit vom konkreten Vertragsgegenstand (Finanzierungs-35 oder Anlageberatung) ergeben sich hinsichtlich der Anforderungen, die an den Rechtsbindungswillen und damit an den Vertragsschluss gestellt werden sowie des Pflichtenkreises des Beratungsschuldners bedeutende Unterschiede.36 Beispielsweise können die von der Rechtsprechung zum Pflichtenumfang des Anlageberatungsvertrages entwickelten Grundsätze nicht auf den Finanzierungsberatungsvertrag übertragen werden,37 so dass die Abgrenzung beider Vertragsarten von maßgeblicher praktischer Bedeutung ist.38 30  Vgl. zur Anwendbarkeit des allgemeinen Zivilrechts Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 98 i. V. m. Rn. 71. 31  Zu dieser Unterteilung Richrath, WM 2004, 653, 657; hierzu auch Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 226. 32  Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 228; Buck-Heeb/Lang, ZBB 2016, 320, 329; Köndgen, NJW 2000, 468, 469; ähnlich Piekenbrock, GPR 2015, 26, 35; Schnauder, JZ 2007, 1009; ders., WM 2014, 783, 786; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 511 Rn. 10; Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, S. 9 Rn. 45. 33  Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, S. 9 Rn. 45. 34  Tonner, in: Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und euro­ päischen Bank- und Kapitalmarktrecht, § 6 Rn. 2. 35  Ausführlich zum Finanzierungsberatungsvertrag Buck-Heeb, ZIP 2018, 705; siehe auch dies., BKR 2014, 221; siehe ebenfalls Rosenblum/Kaiser, BB 2014, 585, 587 ff. zu einer Untersuchung der Übertragbarkeit der Anlageberatungsgrundsätze auf die Finanzierungsberatung. 36  BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 33 = WM 2018, 268; zu den Unterschieden beider Verträge Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 228; dies., ZIP 2018, 705, 706. 37  Zuletzt BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 34 = WM 2018, 268; siehe auch BGH, Urt. vom 01.07.2014 – XI ZR 247/12, NJW 2014, 3360, 3361 Rn. 20 = WM 2014, 1621; Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 231. 38  BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 32 f. = WM 2018, 268; BGH, Urt. vom 01.07.2014 – XI ZR 247/12, NJW 2014, 3360, 3361 Rn. 21 f. = WM 2014, 1621; Buck-Heeb ZIP 2018, 705, 706; dies., NJW 2018, 853;

332

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

Die Rechtsprechung grenzt beide Verträge nach dem Zweck des Hauptvertrages ab und fragt demnach, ob es sich bei dem an den Beratungsvertrag anschließenden Hauptgeschäft um ein Finanzierungs- oder ein Investitionsgeschäft handelt.39 Die Anlageberatung dient der Vorbereitung einer Investition von Finanzmitteln durch den Anleger,40 während die Finanzierungsberatung diametral hierzu die Beschaffung von Finanzmitteln betrifft.41 Es ist demnach eine wirtschaftliche Betrachtung anzustellen bei der es primär auf den Geschäftszweck und nicht die gewählte Produktform ankommt.42 Betrachtet man die Interessenlage des Darlehensnehmers des Immobilienverzehrkredits, hat dieser kein Interesse an einer möglichst gewinnbringenden Investition von Finanzmitteln, vielmehr dient der Vertrag der Liquidierung des im Grundeigentum gebundenen Eigenkapitals und damit der Beschaffung von Finanzmitteln.43 Anders gewendet verfügt der Darlehensnehmer typischerweise über keine Geldmittel, sondern sucht seinen Finanzbedarf durch Abschluss eines Immobilienverzehrkreditvertrages zu decken. Auch der Umstand, dass die Mittel nicht der Finanzierung eines konkreten, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses individualisierten Vermögensgegenstandes dienen, wie dies typischerweise beim Finanzierungsberatungsvertrag der Fall ist,44 ändert hieran nichts. Denn die Finanzmittel dienen der Erleichterung des alltäglichen Konsums und damit der Finanzierung von Konsumgütern,45 so dass die Finanzierungsfunktion folglich im Vertragsschluss angelegt ist. Eine Ungewissheit bezüglich der Mittelverwendung schadet nicht. Somit ist nach den aufgestellten Grundsätzen in Bezug auf den Immobilienverzehrkreditvertag von einem Finanzierungsberatungsvertrag auszugehen. Die Anfordies., BKR 2014, 221, 228; Richrath, WM 2004, 653, 657; LBS/Steffek, BankrechtsKommentar, Kap. 13 § 488 Rn. 55. 39  BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 33 = WM 2018, 268; BGH, Urt. vom 01.07.2014 – XI ZR 247/12, NJW 2014, 3360, 3361 Rn. 21 f. = WM 2014, 1621. 40  BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 33 = WM 2018, 268; BGH, Urt. vom 01.07.2014 – XI ZR 247/12, NJW 2014, 3360, 3361 Rn. 21 f. = WM 2014, 1621. 41  BGH, Urt. vom 01.07.2014 – XI ZR 247/12, NJW 2014, 3360, 3361 Rn. 22 = WM 2014, 1621; ausführlich zur Abgrenzung Buck-Heeb, ZIP 2018, 705, 706. 42  BGH, Urt. vom 01.07.2014 – XI ZR 247/12, NJW 2014, 3360, 3361 Rn. 21 f. = WM 2014, 1621; Buck-Heeb, ZIP 2018, 705, 706. 43  Ausführlich hierzu oben Kapitel 2: B.II.1.a), Liquiditätsbedürfnis und Eigenkapitalbindung, S. 65. 44  Siehe hierzu aus der Rechtsprechung bspw. BGH, Urt. vom 01.07.2014 – XI ZR 247/12, NJW 2014, 3360 = WM 2014, 1621 (gewerblicher Immobilienkauf); BGH, Urt. vom 15.10.2004 – V ZR 223/03, NJW 2005, 983 = WM 2005, 69 (Eigentumswohnung). 45  Siehe hierzu oben mit Nachweisen Kapitel 2: B.II.1., Interessenlage, S. 65.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata333

derungen an den Vertragsschluss und den Inhalt bzw. Umfang der Beratungspflicht sind entsprechend an dieser Abgrenzung auszurichten. bb) Vertragsschluss (1) Aufstellung der Grundsätze Der zivilrechtlichen Dogmatik folgend kann der Beratungsvertrag entweder ausdrücklich oder auch konkludent geschlossen werden.46 Der erste Fall ist mit Blick auf den Rechtsbindungswillen der Parteien unproblematisch.47 Ohne expliziten Vertragsschluss ist im zweiten Fall hingegen anhand des nach §§ 133, 157 BGB auszulegenden Rechtsbindungswillens im Einzelfall zu prüfen, ob sich die Parteien rechtlich binden wollten.48 Probleme hinsichtlich der Abgrenzung zu vorvertraglichen Aufklärungspflichten (§ 491a BGB für den Darlehensvertrag und § 511 BGB für den Beratungsvertrag) können vernachlässigt werden, da diese auf den Immobilienverzehrkreditvertrag gerade keine Anwendung finden.49 Vereinzelt wird unterstellt, dass die Anforderungen an den Rechtsbindungswillen der Parteien eines Finanzierungsberatungsvertrages und damit an den konkludenten Vertragsschluss höher liegen als beim Anlageberatungsvertrag.50 Grund hierfür sei die im Vergleich zur Anlageberatung geringere Komplexität des Finanzierungsgeschäfts und damit einhergehend die geringere Aufklärungs- und Beratungsbedürftigkeit des Kunden.51 Hieraus wird abgeleitet, dass ein konkludenter Vertragsschluss nur in Ausnahmefällen in Betracht komme,52 etwa bei komplizierten Finanzierungsformen oder verschiedenen zur Verfügung stehenden Kreditalternativen.53 Letzters ist richti46  BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 32 = WM 2018, 268; GH, Urt. vom 01.07.2014 – XI ZR 247/12, NJW 2014, 3360, 3361 Rn. 21 = WM 2014, 1621; wohl auch BGH, Urt. vom 15.10.2004 – V ZR 223/03, NJW 2005, 983 = WM 2005, 69; aus der Literatur MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 74; Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 228; Richrath, WM 2004, 653, 657. 47  Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 228. 48  Ausführlich hierzu mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, S. 8 Rn. 39; zur Übersicht siehe Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 228 f.; Richrath, WM 2004, 653, 657. 49  Siehe hierzu etwa Buck-Heeb, ZIP 2018, 705, 707 f. 50  Richrath, WM 2004, 653, 657; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 511 Rn. 8; anders Erman/Nietsch, § 511 Rn. 4; unklar Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 228; dagegen dann jedoch dies., ZIP 2018, 705, 706. 51  Richrath, WM 2004, 653, 657. 52  Bülow/Artz/Artz, § 491a Rn. 30; Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 229; Richrath, WM 2004, 653, 657; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 511 Rn. 8. 53  Richrath, WM 2004, 653, 657: kritisch hierzu Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 229.

334

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

gerweise jedoch abzulehnen, da sich die Frage des Vertragsschlusses an der Auslegung des Rechtsbindungswillens zu orientieren hat, so dass einzig der konkrete Einzelfall für die Auslegung entscheidend ist.54 Eine typisierte, an der Art des Beratungsvertrages ausgerichtete Auslegung würde gegen diese allgemeinen Grundsätze der Rechtsgeschäftslehre verstoßen.55 Vielmehr sind diese Erwägungen nachgelagert als Indiz zur Auslegung des Rechtsbindungswillens zu berücksichtigen.56 Neben den genannten Bewertungskriterien kann weiterhin auf die geschäftliche Erfahrenheit und die Relevanz des Geschäfts für den Darlehensnehmer abgestellt werden,57 während die Entgeltlichkeit der Beratungsleistungen keine notwendige Voraussetzung des Vertragsschlusses darstellt.58 Wie die folgenden Beispiele belegen, stellt die Rechtsprechung59 insgesamt nicht allzu große Anforderungen an den Vertragsschluss und nimmt diesen bspw. schon dann an, wenn der Darlehensnehmer den Darlehensgeber um Rat ersucht und die Bank den Rat auch tatsächlich erteilt.60 Auch wenn sich der Berater als „allzuständiger“ Finanzierungsberater geriert oder die 54  Buck-Heeb, ZIP 2018, 705, 706; wohl auch MünchKommBGB/Schürnbrand/ Weber, § 511 Rn. 8, die zwar den konkreten Rechtsbindungswillen auslegen wollen, jedoch hierbei zugleich von einem abgestuften Verhältnis der Beratungsbereiche ausgehen. 55  Zutreffend daher Buck-Heeb, ZIP 2018, 705, 706; in ähnlicher Weise verfährt der Gesetzgeber, der ebenfalls von einer Prüfung des Einzelfalls ausgeht, siehe hierzu RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 105. 56  Wohl auch Buck-Heeb, ZIP 2018, 705, 706; ähnlich MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 511 Rn. 8. 57  Krüger, ZBB 2000, 383, 385; Schimansky/Bunte/Lwowski BankR-HdB/Siol, § 43 Rn. 7; a. A. Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 229. 58  Im Kontext der Anlageberatung BGH, Urt. vom 04.03.1987 – IV a ZR 122/85, BGHZ 100, 117, 119 = NJW 1987, 1815 m. w. N.; BGH, Urt. vom 15.06.2000 – III ZR 305/98, NJW 2000, 3275 = WM 2000, 1548; Buck-Heeb, ZIP 2018, 705, 706; LBS/Steffek, Bankrechts-Kommentar, Kap. 13 § 488 Rn. 54. 59  Es kann hierbei auf die Rechtsprechungsgrundsätze zum Zustandekommen konkludenter Anlageberatungsverträge zurückgegriffen werden; siehe hierzu BuckHeeb, ZIP 2018, 705, 706 f.; indirekt auch MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 511 Rn. 8. 60  Zum Finanzierungsberatungsvertrag BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 32 f. = WM 2018, 268; siehe auch BGH, Urt. vom 01.07.2014 – XI ZR 247/12, NJW 2014, 3360, 3361 Rn. 21 = WM 2014, 1621; BGH, Urt. vom 15.10.2004 – V ZR 223/03, NJW 2005, 983 = WM 2005, 69; BGH, Urt. vom 18.11.2003 – XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 173 = ZIP 2004, 209; zum Anlageberatungsvertrag siehe bspw. BGH, Urt. vom 04.03.1987 – IV a ZR 122/85, BGHZ 100, 117, 118 f. = NJW 1987, 1815; BGH, Urt. vom 06.07.1993 – XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 = NJW 1993, 2433 (Bond-Urteil); BGH, Urt. vom 19.03.2013 – XI, BGHZ 196, 370, 377 Rn. 17 = NJW 2013, 3293; BGH, Urt. vom 28.04.2015 – XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117, 126 Rn. 23 = NJW 2015, 2248.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata335

Bank erkennen kann, dass die Beratung für den Darlehensnehmer von Bedeutung ist und dieser die Beratung zur Grundlage seines weiteren Vorgehens macht, kann ein konkludenter Vertragsschluss bejaht werden.61 Darüber hinaus soll ein Vertrag vorliegen, wenn der verhandelnde Bankmitarbeiter als Berater vorgestellt und das Gespräch als Beratung bezeichnet wird.62 Zudem ist der Abschluss eines konkludenten Beratungsvertrages von bloß werbenden Aussagen des Bankberaters abzugrenzen.63 Solche liegen in der Regel vor, wenn der Berater Ausführungen allgemeiner Art macht und nicht auf die persönlichen Verhältnisse des potentiellen Darlehensnehmers eingeht.64 (2) Anwendung der Grundsätze Aus dem Gesagten folgt, dass hinsichtlich des Abschlusses eines Finanzierungsberatungsvertrages eine einzelfallabhängige Auslegung des konkreten in der Beratungssituation offenbarten Parteiwillens vorzunehmen ist.65 Unterstellt die Parteien lassen das bloß werbende Stadium hinter sich, kann als generalisierendes66 Indiz zur Auslegung des entsprechenden Rechts­ bindungswillens die wirtschaftliche und rechtliche Komplexität des Immo­ bilienverzehrkreditvertrages ins Feld geführt werden. Denn anderes als beim herkömmlichen Darlehen handelt es sich beim Immobilienverzehrkredit­ vertrag nicht um eine klassische Finanzierungsform. Wie im rechtsvergleichenden Teil empirisch nachgewiesen wurde, ist die Reverse Mortgage wirtschaftlich als auch rechtlich komplex.67 Verständnisprobleme bereitete US-amerikanischen Verbrauchern insbesondere die „rising debt, falling equity“-Natur der Finanzierung und damit einhergehend die Festlegung des 61  Buck-Heeb,

BKR 2014, 221, 228; ähnlich Krüger, ZBB 2000, 383, 385. ZIP 2018, 705, 707; ähnlich MünchKommBGB/Schürnbrand/ Weber, § 511 Rn. 9. 63  BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 852 Rn. 43 = WM 2018, 268; Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 228. 64  Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 228; ähnlich, jedoch in Bezug auf die vorvertraglichen Informationspflichten Bülow/Artz/Artz, § 491a Rn. 30; Erman/Nietsch, § 511 Rn. 7. 65  Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, S.  8 Rn. 39; siehe auch Buck-Heeb, ZIP 2018, 705, 706; dies., BKR 2014, 221, 228 f.; Richrath, WM 2004, 653, 657. 66  Einzelfallabhängige Argumente können im Rahmen dieser Arbeit schwerlich erhoben, jedoch zumindest allgemeine Indizien genannt werden, die regelmäßig zur Auslegung herangezogen werden können. 67  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.I.1.a), Rechtliche und wirtschaftliche Komplexität, S. 76. 62  Buck-Heeb,

336

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

Fälligkeitszeitpunkts.68 Gleiches gilt für die Berechnung des Auszahlungsbetrages, der sich anhand der drei Grundfaktoren Lebenserwartung, Zinshöhe und Grundstückswert errechnen lässt.69 Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.70 Im Regelfall wird dieses Problem dadurch verstärkt, dass der Darlehensnehmer geschäftsunerfahren ist und kognitiven Einschränkungen unterliegt.71 Hieraus folgt, dass das Postulat des aufklärungsarmen Finanzierungsgeschäfts bezogen auf den Immobilienverzehrkreditvertrag im Regelfall nicht aufrechterhalten werden kann. Demgemäß wird der Vertrag üblicherweise dadurch zustande kommen, dass der Verbraucher die Details des Verzehrkredits erfragt und der Berater hierauf eingeht. Freilich hängt dieses Ergebnis von den Einzelfallumständen ab und ist damit nicht zwingend. cc) Umfang/Inhalt der Beratungspflicht und Rechtsfolge Weiterhin zu erörtern ist die Frage, welchen Umfang und welchen Inhalt der Finanzierungsberatungsvertrag aufweist. Zunächst festzuhalten ist dabei, dass § 511 BGB, der sowohl vorvertragliche Informationspflichten als auch Mindeststandards bezüglich Inhalt und Umfang der Beratungsleistung statuiert,72 nicht zur Auslegung herangezogen werden kann, da dieser lediglich auf Beratungsverträge anzuwenden ist, die im Vorfeld eines ImmobiliarVerbraucherdarlehensvertrages geschlossen werden.73 Auch die Grundsätze der Anlageberatungsrechtsprechung können nicht zur Bestimmung der vertraglichen Pflichten herangezogen werden.74

68  Siehe hierzu ausführlich und mit Nachweisen oben Kapitel 3: B.I.1.a), Rechtliche und wirtschaftliche Komplexität, S. 76. 69  Siehe hierzu ausführlich und mit Nachweisen oben Kapitel 3: B.I.1.a), Rechtliche und wirtschaftliche Komplexität, S. 76. 70  Siehe hierzu ausführlich und mit Nachweisen oben Kapitel 3: B.I.1.a), Rechtliche und wirtschaftliche Komplexität, S. 76. 71  Siehe hierzu ausführlich und mit Nachweisen oben Kapitel 3: B.I.1.a), Rechtliche und wirtschaftliche Komplexität, S. 76. 72  Statt vieler MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 511 Rn. 1; ausführlich hierzu Buck-Heeb/Lang, ZBB 2016, 320, 328 ff. 73  Statt vieler MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 511 Rn. 4. 74  BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 34 = WM 2018, 268; BGH, Urt. vom 01.07.2014 – XI ZR 247/12, NJW 2014, 3360, 3361 Rn. 20 = WM 2014, 1621; ausführlich hierzu Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 231 m. w. N.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata337

Inhalt und Umfang der Beratungspflicht sind vielmehr von den jeweiligen Einzelfallumständen und der Auslegung derselben abhängig.75 Zwar bemüht sich die Rechtsprechung im Bereich der Finanzierungsberatung darum, generalisierte Beratungspflichten für die jeweilige Kreditart zu entwickeln.76 Allerdings war ein dem Immobilienverzehrkreditvertrag vorgeschalteter Finanzierungsberatungsvertrag bislang nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens. Im Folgenden sollen daher in Manier der Rechtsprechung in generalisierter Art und Weise Inhalt und Umfang des Beratungsvertrages erörtert werden. (1) Inhalt der Beratungspflicht Methodisch geht die Rechtsprechung bezüglich der Bestimmung des Inhalts der Beratungspflicht zweistufig vor.77 Der Beratungsschuldner hat in einem ersten Schritt zunächst über die spezifischen Vor- und Nachteile bzw. Risiken des Finanzierungsmodells zu informieren und aufzuklären78.79 In ­einem zweiten Schritt muss der Beratungsschuldner evaluieren und dem Beratungsgläubiger mitteilen, ob sich die empfohlene Finanzierungsform für seine Zwecke eignet.80 Wie dargelegt hängt der konkrete Inhalt der Bera75  BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 34 = WM 2018, 268; BGH, Urt. vom 15.10.2004 – V ZR 223/03, NJW 2005, 983 = WM 2005, 69; siehe auch die Entscheidung BGH, Urt. vom 06.07.1993 – XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 = NJW 1993, 2433 (Bond-Urteil), die sich zwar auf den Anlageberatungsvertrag bezieht, jedoch im zuvor genannten Urteil zum Finanzierungsberatungsvertrag inkorporiert wurde; siehe zudem MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 74; Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 231; Schimansky/Bunte/Lwowski BankR-HdB/ Siol, § 43 Rn. 8; LBS/Steffek, Bankrechts-Kommentar, Kap. 13 § 488 Rn. 54. 76  Siehe beispielhaft für die Umschuldungsfinanzierung BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 33 = WM 2018, 268; für die Immobilien- bzw. Wohnungseigentumsfinanzierung BGH, Urt. vom 15.10.2004 – V ZR 223/03, NJW 2005, 983 = WM 2005, 69; siehe hierzu auch Tonner, in: Derleder/Knops/Bamberger, Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht, § 6 Rn. 18. 77  BGH, Urt. vom 15.10.2004 – V ZR 223/03, NJW 2005, 983, 985 = WM 2005, 69; BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 34 = WM 2018, 268; hierzu Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 231; dies., NJW 2018, 853; dies., ZIP 2018, 705, 709. 78  Zur Abgrenzung der Begriffe Aufklärung und Beratung siehe bereits oben Kapitel 5: A.I., Informationsdefizit des Verbrauchers, S. 328. 79  BGH, Urt. vom 15.10.2004 – V ZR 223/03, NJW 2005, 983, 985 = WM 2005, 69; BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 34 = WM 2018, 268. 80  BGH, Urt. vom 15.10.2004 – V ZR 223/03, NJW 2005, 983, 985 = WM 2005, 69; BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 34 = WM 2018, 268.

338

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

tungspflicht von den Umständen des Einzelfalls ab.81 Für die Bestimmung des Inhalts der Aufklärungspflicht ist folglich danach zu fragen, was den Immobilienverzehrkreditvertrag von herkömmlichen Immobilienkrediten unterscheidet. Abstrakt gesprochen liegt die Besonderheit des Verzehrkredits zum einen in der Generierung eines umgekehrten Zahlungsstroms, der die Liquidierung bzw. Aufzehrung des in der Wohnimmobilie gebundenen Eigenkapitals ermöglicht. Zum anderen kann der Darlehensnehmer die Wohnimmobilie bis zu dessen Ableben bewohnen. Aus diesen wirtschaftlichen Besonderheiten lassen sich diejenigen rechtlichen Besonderheiten ableiten, die die Entscheidung des Beratungsgläubigers maßgeblich beeinflussen. Diese wirtschaft­ lichen Aspekte werden rechtlich durch die Vereinbarung des Fälligkeitszeitpunkts von Rück- und Zinszahlungsverpflichtung sowie der Haftungsbeschränkung umgesetzt, so dass folglich über diese rechtlichen Mechanismen und die hieraus resultierenden Weiterungen aufzuklären ist. Gestützt wird dieses Ergebnis durch den Rechtsvergleich und die vom CFPB und GAO gefertigten Studien, die die genannten Punkte als Besonderheiten der Reverse Mortgage ausweisen.82 In concreto ist somit zunächst über die Verknüpfung von Fälligkeits- und Todeszeitpunkt des Darlehensnehmers und die sich hieraus ergebende Umkehrung der Zahlungsströme aufzuklären. Auch ist darüber aufzuklären, dass die Tilgung bei Fälligkeit im Regelfall durch Verwertung des an der Wohn­ immobilie bestehenden Grundpfandrechts erfolgen wird. In Anbetracht des Ziels der Bewohnbarkeit der Immobilie ist der potentielle Darlehensnehmer zudem darüber aufzuklären, dass die Immobilie bereits zu Lebzeiten zwangsverwertet werden kann, wenn er gegen die vertraglichen Bestimmungen verstößt, so dass der Darlehensgeber den Vertrag mittels außerordentlicher Kündigung vorzeitig fällig stellen kann. In diesem Zusammenhang muss der Beratungsgläubiger zudem darüber aufgeklärt werden, dass zur Erfüllung dieser Verpflichtungen – trotz endfälliger Rück- und ggf. Zinszahlung – das während der Laufzeit ausgezahlte Darlehen budgetiert werden sollte, um den vertraglichen Verpflichtungen während der Laufzeit nachkommen zu können. Auch ist darüber aufzuklären, dass der Ehegatte des potentiellen Darlehensnehmers den Vertrag ebenfalls als Partei abschließen sollte, so dass eine lebzeitige Zwangsverwertung nach Vorversterben eines Ehegatten ausgeschlossen wird. Inhaltlich muss die Aufklärung zudem die Situation der Er81  So explizit BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 34 = WM 2018, 268; wohl auch, wenngleich zurückhaltender BGH, Urt. vom 15.10.2004 – V ZR 223/03, NJW 2005, 983, 985 = WM 2005, 69. 82  Siehe hierzu ausführlich oben Kapitel 3: B.I., Systematisierung der typischen Verbraucherrisiken, S. 75.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata339

ben nach dem Tod des Darlehensnehmers in den Blick nehmen und auf deren Rückzahlungsrecht hinweisen. Ebenfalls als vertragsspezifische Besonderheit ist die Haftungsbeschränkung anzusehen, die die persönliche Haftung des Darlehensnehmers für den Fall ausschließt, dass die (Zwangs)Verwertung des Grundstücks nicht genügend Geldmittel erlöst, um die ausstehende Valuta (ggf. samt Zinsen) zu begleichen. Es ist hierbei besonders herauszustellen, dass es sich trotz Endfälligkeit und Haftungsbeschränkung bei dem Vertrag dennoch um ein Darlehen und keinen Kaufvertrag handelt. Folglich kann das Darlehen zurückgezahlt werden und muss zurückgezahlt werden, wenn der Sicherungsgegenstand ausgelöst werden soll. Ein etwaiger Übererlös steht dem Darlehensnehmer bzw. den Erben zu. Abschließend ist darüber aufzuklären, dass die Auszahlungssumme als Folge der Endfälligkeit und Haftungsbeschränkung im Vergleich zum klassischen Darlehen geringer ausfällt, hierfür jedoch keine Kreditwürdigkeitsprüfung83 durchgeführt werden muss. Der Kredit kann daher im Grundsatz unabhängig vom monatlichen Einkommen und dem sonstigen Vermögen des Darlehensnehmers vergeben werden. In diesem Kontext sind ebenfalls die Grundzüge der Berechnungsmethode und die zugrunde liegenden Faktoren (Lebenswahrscheinlichkeit, Zinshöhe und Werthaltigkeit des Grundstücks) darzustellen. Hierauf aufbauend hat sich die an die Aufklärung anschließende Erteilung der konkreten Handlungsempfindung primär an wirtschaftlichen Erwägungen zu orientieren. So muss der Beratungsschuldner von einem Vertragsschluss abraten, wenn alternative Finanzierungsformen (bspw. ein herkömmliches grundpfandrechtlich besichertes Darlehen) zu günstigeren Konditionen zur Verfügung stehen.84 Der Abschluss eines Immobilienverzehrkreditvertrages ist nur dann zu empfehlen, wenn der Darlehensnehmer über kein oder ein geringes Einkommen oder sonstiges Vermögen verfügt, so dass der Abschluss alternativer Finanzierungsoptionen an der Kreditwürdigkeitsprüfung der §§ 505a ff. BGB scheitern würde, und ein Verkauf des Grundstücks aufgrund des Affektionsinteresses des Darlehensnehmers ausgeschlossen ist. Auch hier ist jedoch von einem Vertragsschluss abzuraten, wenn die laufenden Einnahmen des künftigen Darlehensnehmers (auch in Kombination mit den ausge83  Dies gilt sowohl nach BGB als auch nach KWG, siehe hierzu unten Kapitel 5: A.II.2.a), Zivilrechtliche Kreditwürdigkeitsprüfung gem. §§ 505a, 505b BGB, S. 354 sowie Kapitel 5: A.II.2.b), Aufsichtsrechtliche Kreditwürdigkeitsprüfung gem. § 18a KWG, S.  354 ff. 84  Hierzu allgemein BGH, Urt. vom 15.10.2004 – V ZR 223/03, NJW 2005, 983, 985 = WM 2005, 69; implizit wohl auch BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 34 = WM 2018, 268.

340

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

zahlten Mitteln und Vereinbarung einer Treuhandkonstruktion) voraussichtlich nicht ausreichen würden, um die laufenden Pflichten aus dem Vertrag (bspw. zur Instandhaltung) zu erfüllen.85 (2) Umfang der Beratungspflicht Weiterhin bleibt die Frage des Umfangs der soeben erörterten Inhalte zu untersuchen. Auch der Umfang der Beratungspflicht ist einzelfallabhängig zu bestimmen.86 Heranzuziehen ist hierfür der Wissensstand und die Risikobereitschaft des Kunden.87 In Anlehnung an die Explorationspflicht des Anlegers beim Anlageberatungsvertrag sind diese Faktoren beim Kunden zu erfragen.88 Auch hier lassen sich schwerlich einzelfallabhängige Überlegungen anstellen. Stattdessen soll auch hier eine generalisierte Betrachtung ausreichen. Wie der Rechtsvergleich gezeigt hat, unterliegt der durchschnittliche Verbraucher einem Informationsdefizit hinsichtlich der Vertragsgestaltung der Reverse Mortgage und damit seinen Rechten und Pflichten.89 Es steht damit zu vermuten, dass auch im deutschen Recht grundsätzlich keine bzw. keine hinreichenden Kenntnisse vorausgesetzt werden können. Gestützt wird diese These durch die Erwägung, dass sich der Immobilienverzehrkreditvertrag in seiner wirtschaftlichen Grundkonzeption an Menschen im Seniorenalter richtet. Wie gezeigt90 unterliegen diese alterspezifischen kognitiven Einschränkungen: So stützen Senioren ihre Entscheidung auf eine weniger fundierte Informationsbasis und auch die Leistungsfähigkeit von Kurz- und Langzeit85  OLG Karlsruhe, Urt. vom 11.01.1995 – 3 U 2/94, WM 1995, 747, 748; hierzu Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 233; wohl auch OLG Stuttgart, Beschl. vom 04.04.2000 – 9 W 57/99, WM 2000, 1190, 1191, das davon spricht, dass nur solche Finanzierungen vorgeschlagen werden dürfen, die der Darlehensnehmer aufgrund seiner Einkommensverhältnisse auch bedienen kann; weitergehend OLG Celle, Urt. vom 04.10.1989 – 3 U 298/88, NJW-RR 1990, 878, 880 = VuR 1990, 15, welches die Bank zur Ablehnung des Vertragsschlusses verpflichtet sieht. 86  BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 851 Rn. 34 = WM 2018, 268; BGH, Urt. vom 15.10.2004 – V ZR 223/03, NJW 2005, 983, 985 = WM 2005, 69; hierzu Buck-Heeb, ZIP 2018, 705, 710. 87  BGH, Urt. vom 06.07.1993 – XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 = NJW 1993, 2433 (Bond-Urteil); ähnlich MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 74; siehe auch Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 230; dies., NJW 2018, 853; dies., ZIP 2018, 705, 710; Schimansky/Bunte/Lwowski BankR-HdB/Siol, § 43 Rn. 8. 88  Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 232; dies., ZIP 2018, 705, 710. 89  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 3: B.I.1., Informationsdefizit des Verbrauchers, S. 75. 90  Siehe zum Folgenden bereits oben Kapitel 3: B.I.1.a), Rechtliche und wirtschaftliche Komplexität, S. 76.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata341

gedächtnis ist beeinträchtigt.91 Darüber hinaus sind altersbedingte kognitive Verzerrungen zu nennen, bspw. der positivity effect.92 Ausgehend von diesem Verbraucherbild wird im Regelfall eine ausgedehnte Beratung erforderlich sein, um der Verpflichtung aus dem Finanzierungsberatungsvertrag nachzukommen. (3) Rechtsfolge Um sich keiner Pflichtverletzung schuldig zu machen, muss der Berater die genannten Informationen im herausgearbeiteten Umfang vollständig und richtig erteilen.93 Prognosen, etwa hinsichtlich der Wertentwicklung des Grundstücks, müssen in vertretbarer Weise berechnet worden sein, wobei der potentielle Darlehensnehmer das Risiko einer anderweitigen (Markt)Entwicklung trägt.94 Auch müssen die Beratung und die darauf gestützte Empfehlung kundengerecht sein.95 Verstößt der Berater in dieser Weise gegen die Beratungspflicht, führt dies rechtsfolgenseitig regelmäßig nicht zur Rückabwicklung des zeitlich darauffolgenden Darlehensvertrages, vielmehr kann der Darlehensnehmer gem. § 280 Abs. 1 BGB Ersatz der Mehrkosten verlangen, die ihm infolge des Verstoßes gegen die Beratungspflicht entstanden sind.96 b) Vorvertragliche Aufklärungspflichten Kommt es nach den oben dargestellten Grundsätzen zu keinem Vertragsschluss, könnte sich eine schadensersatzbewährte Aufklärungspflicht allen-

91  Siehe mit Nachweisen bereits oben Kapitel 3: B.I.1.a), Rechtliche und wirtschaftliche Komplexität, S. 76. 92  Siehe mit Nachweisen bereits oben Kapitel 3: B.I.1.a), Rechtliche und wirtschaftliche Komplexität, S. 76. 93  BGH, Urt. vom 06.07.1993 – XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129 = NJW 1993, 2433 (Bond-Urteil); BGH, Urt. vom 15.10.2004 – V ZR 223/03, NJW 2005, 983 = WM 2005, 69. 94  BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 852 Rn. 40 ff. = WM 2018, 268. 95  OLG Stuttgart, Urt. vom 05.04.2000 – 9 U 203/99, WM 2002, 1299, 1302; ähnlich OLG Stuttgart, Beschl. vom 04.04.2000 – 9 W 57/99, WM 2000, 1190, 1191; Krüger, ZBB 2000, 383, 385; Schnauder, WM 2014, 783, 786. 96  BGH, Urt. vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, NJW 2018, 848, 853 Rn. 53 = WM 2018, 268 mit weiteren Nachweisen aus der älteren Rechtsprechung; im Kontext von § 511 BGB Buck-Heeb/Lang, ZBB 2016, 320, 333; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 511 Rn. 34.

342

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

falls als Schutzpflichtverletzung im vorvertraglichen Stadium darstellen (§ 280 Abs. 1 i. V. m. §§ 311 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2, 241 Abs. 2 BGB).97 aa) Grundsatz und klassischer Vierer-Kanon der Rechtsprechung Neben allgemeinen Angaben zu den Darlehenskonditionen (Nominal- und Effektivzins, Laufzeit, Zins- und Tilgungsraten sowie die Besicherung) und Pflichten,98 trifft die Bank im (gewerblichen) Finanzierungsbereich grundsätzlich jedoch keine Aufklärungspflicht gegenüber dem Kunden.99 Die Bank muss damit im Grundsatz nicht über Risiken der Kreditvergabe, die Zweckmäßigkeit des Geschäfts und etwaige Vor- und Nachteile aufklären.100 Dieser Grundsatz folgt aus der typologischen Risikostruktur des Darlehens sowie dem daraus ableitbaren Trennungsgrundsatz.101 So ist dem Darlehensnehmer das Verwendungsrisiko zugewiesen, während der Darlehensgeber einzig und allein das Risiko der Zahlungsunfähig- bzw. Zahlungsunwilligkeit (Adressrisiko) des Darlehensnehmers zu tragen hat.102 Das zu finanzierende Geschäft und das Kreditgeschäft sind demnach im Sinne der typusspezifischen Risikoverteilung des Darlehens zu trennen.103 Eine Pflicht zur Aufklärung kann sich im Einzelfall nach der Rechtsprechung jedoch dann ergeben, wenn die infrage stehenden Umstände für die andere Partei von erkennbarer und wesentlicher Bedeutung für den Vertragsschluss sind und eine Mitteilung mit Blick auf den Grundsatz von Treu und Glauben erwartet werden kann.104 In der allgemeinen, zu § 241 Abs. 2 BGB 97  Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 226; Richrath, WM 2004, 653, 657; MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 80 i. V. m. Rn. 75 ff.; vgl. auch MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 511 Rn. 7; Tonner, in: Derleder/Knops/Bamberger, Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht, § 6 Rn. 6. 98  KG Berlin, Urt. vom 15.03.2005 – 24 U 103/10 – juris, Rn. 46; Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 226; Schimansky/Bunte/Lwowski BankR-HdB/Siol, § 44 Rn. 12 und 19. 99  MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 72; MünchKommBGB/Emmerich, § 311 Rn. 117; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 225. 100  Aus der Rechtsprechung bspw. BGH, Urt. vom 09.03.1989 – III ZR 269/87, NJW 1989, 1667 = WM 1989, 665; BGH, Urt. vom 14.06.2004 – II ZR 393/02, BGHZ 159, 294, 316 = NJW 2004, 2736; aus der Literatur hierzu MünchKommBGB/ Berger, Vor. § 488 Rn. 72; MünchKommBGB/Emmerich, § 311 Rn. 117; Staudinger/ Freitag, 2015, § 488 Rn. 225. 101  Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 226. 102  MünchKommBGB/Berger, Vor. §  488 Rn. 7  f. und 72; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 33. 103  MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 8; Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 34. 104  Siehe schon RG, Urt. vom 01.03.1928 – VI 258/27, RGZ 120, 249, 252; siehe aus der Rechtsprechung des BGH bspw. BGH, Urt. vom 08.06.1978 – III ZR 136/76,



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata343

entwickelten Dogmatik wird hieraus gefolgert, dass ein Informationsgefälle zwischen den Parteien bestehen müsse, das für den Aufklärungsschuldner erkennbar sei und sich auf für den schutzbedürftigen Informationsgläubiger erkennbare und besonders relevante Umstände des Geschäfts beziehe.105 Der Interessenwiderstreit ist durch eine Güterabwägung zu lösen.106 Zu den Einzelfallumständen zählen hierbei der konkrete Vertragsinhalt, die Komplexität der Transaktion, die Bedeutung des Geschäfts für den Darlehensnehmer sowie die Erfahrenheit, finanzielle Bildung und sonstigen Verhältnisse desselben.107 Zur Konkretisierung dieser Formel haben sich in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH vier108 Fallgruppen herausgebildet, bei denen die genannten Voraussetzungen vorliegen und damit ausnahmsweise eine vorvertragliche Aufklärungspflicht der Bank anerkannt wird: – ein erkennbarer Wissensvorsprung der Bank bzgl. der speziellen Risiken des zu finanzierenden Geschäfts, – eine Überschreitung der Kreditgeberrolle durch die Bank, – die Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestandes durch die Bank oder – eine schwerwiegende Interessenkollision der Bank.109 Zu untersuchen bleibt damit, ob eine der genannten Fallgruppen im Fall des Immobilienverzehrkreditvertrages zur Anwendung gelangt und damit dem Darlehensgeber schadensersatzbewehrte Aufklärungspflichten auferlegt. BGHZ 72, 92, 101 = NJW 1978, 2145; BGH, Urt. vom 28.11.2001 – VIII ZR 37/01, NJW 2002, 1042, 1043 = WM 2002, 446; für weitere Nachweise aus der Rechtsprechung siehe Staudinger/Olzen, 2015, § 241 Rn. 447. 105  MünchKommBGB/Bachmann, § 241 Rn. 134–137; Staudinger/Olzen, 2015, § 241 Rn. 447 ff. mit jeweils weiteren Nachweisen. 106  Staudinger/Olzen, 2015, § 241 Rn. 454 m. w. N. 107  Richrath, WM 2004, 653, 654; siehe allgemein hierzu MünchKommBGB/ Bachmann, § 241 Rn. 138–144; ebenso Staudinger/Olzen, 2015, § 241 Rn. 461 mit jeweils weiteren Nachweisen. 108  In der Literatur wird stellenweise versucht, aus der Rechtsprechung des BGH neue Fallgruppen herauszubilden, etwa mit Blick auf die Geschäftsunerfahrenheit des Darlehensnehmers, siehe hierzu Fuellmich/Rieger, ZIP 1999, 465, 469; Schwintowski/Samhat, BankR, Kap. 14 Rn. 248 ff.; Tonner, in Derleder/Knops/Bamberger, Deutsches und Europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht, § 6 Rn. 62, oder mit Blick auf die Komplexität der Transaktion, siehe hierzu Schimansky/Bunte/Lwowski BankRHdB/Siol, § 44 Rn. 49 ff. Diese Faktoren sind richtigerweise jedoch als Einzelfallumstände im Rahmen der bereits etablierten Fallgruppen zu berücksichtigen, so dass es keiner eigenständigen Fallgruppenbildung bedarf, siehe zu dieser Kritik Richrath, WM 2004, 653, 658 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung. 109  Zur Systematisierung siehe statt vieler Staudinger/Freitag, 2015, §  488 Rn. 229 ff. mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des BGH.

344

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

bb) Wissensvorsprung Zunächst können sich Aufklärungspflichten unter dem Gesichtspunkt des Wissensvorsprungs der Bank ergeben. Hierfür kann grundsätzlich an zwei Punkte angeknüpft werden: einem Wissensvorsprung bezüglich der Kreditverwendung und bezüglich der Kreditgewährung.110 (1) Wissensvorsprung bezüglich des zu finanzierenden Geschäfts So trifft die darlehensgebende Bank zum einen dann eine Aufklärungspflicht, wenn diese bezüglich der spezifischen Risiken des zu finanzierenden Vorhabens, also bezüglich der Kreditverwendung, über einen Wissensvorsprung gegenüber dem Darlehensnehmer verfügt und dies auch erkennen kann.111 Nach den zu den sog. Schrottimmobilien entwickelten Rechtsprechungsgrundsätzen betrifft die Aufklärungspflicht allerdings nicht die Vertragsgestaltung und damit einhergehende Risiken, sondern die spezifischen Risiken des zu finanzierenden Vorhabens, in concreto die Konkursreife bzw. Überschuldung der jeweiligen Immobilien-Fonds-Gesellschaft.112 Der Immobilienverzehrkreditvertrag ist jedoch nicht derart ausgestaltet, dass mit den ausgezahlten Mitteln konkrete Vermögensgegenstände finanziert werden sollen.113 Vielmehr kann der Darlehensnehmer die Mittel, solange er seinen vertraglichen Pflichten, wie etwa der Instandhaltung, nachkommt, für beliebige Zwecke verwenden, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht feststehen müssen. So kann im Regelfall schon kein Wissensvorsprung der Bank bezüglich konkreter Spezifika des zu finanzierenden Geschäfts angenommen werden. Zudem würde sich die Aufklärungspflicht in diesem Fall auch nur auf diese spezifischen Risiken des zu finanzierenden Geschäfts beziehen und gerade nicht auf die Vertragsgestaltung als solche. Jedoch nur auf 110  So auch die Systematisierung bei Tonner, in: Derleder/Knops/Bamberger, Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht, § 6 Rn. 48 und 53. 111  BGH, Urt. vom 14.06.2004 – II ZR 393/02, BGHZ 159, 294, 316 = NJW 2004, 2736; BGH, Urt. vom 26.10.2004 – XI ZR 255/03, BGHZ 161, 15, 20 = NJW 2005, 664, 665; BGH, Urt. vom 16.05.2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1, 20 Rn. 41 = NJW 2006, 2099. 112  BGH, Urt. vom 14.06.2004 – II ZR 393/02, BGHZ 159, 294, 316 = NJW 2004, 2736; BGH, Urt. vom 26.10.2004 – XI ZR 255/03, BGHZ 161, 15, 20 = NJW 2005, 664, 665; BGH, Urt. vom 16.05.2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1, 20 Rn. 41 = NJW 2006, 2099. 113  Hiervon ausgenommen sind freilich Mittel, die zum Abschluss von Gebäudeoder sonstigen Versicherungen verwendet werden, jedoch scheint die praktische Relevanz einer Aufklärungspflicht bezüglich der Solvenz einer Versicherungsgesellschaft gering und soll deshalb an dieser Stelle vernachlässigt werden.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata345

diese kommt es vorliegend im Rahmen der Untersuchung des Informationsdefizits an. Eine Aufklärungspflicht unter dem Gesichtspunkt des Wissensvorsprungs bezüglich der Mittelverwendung kann damit vernachlässigt werden. (2) Wissensvorsprung bezüglich der Kreditgewährung Zum anderen hat der BGH allerdings auch Aufklärungspflichten der Bank in Bezug auf die Kreditgewährung angenommen. So muss nach der Rechtsprechung über die Vor- und Nachteile einer spezifischen, von üblichen Marktmodellen abweichenden Gestaltung des Darlehensvertrages aufgeklärt werden, wenn sich diese für den Darlehensnehmer wirtschaftlich schlechter darstellen als marktübliche Modelle.114 Konkret hatte die Bank einem Ehepaar zwecks Umschuldung einen Festkredit angeboten, bei welchem während der Laufzeit keine Tilgungs- sondern nur Zinsleistungen zu erbringen waren.115 Die Valuta sollte erst am Ende der Laufzeit mit den Erträgen einer separat abzuschließenden Kapitallebensversicherung getilgt werden, die die Darlehensnehmer während der Laufzeit besparen sollten.116 Monatlich war somit neben den Tilgungszahlungen auch die Versicherungsprämie zu zahlen, welche von der Bank an die Versicherungsgesellschaft weitergeleitet wurde.117 Der BGH nahm ausnahmsweise eine Aufklärungspflicht der Bank an118 und führte zur Begründung aus, dass zum einen der Umstand zu berücksich114  Grundlegend aus der Rechtsprechung BGH, Urt. vom 09.03.1989 – III ZR 269/87, NJW 1989, 1667, 1668 = WM 1989, 665; in Fortsetzung BGH, Urt. vom 03.04.1990 – XI ZR 261/89, BGHZ 111, 117, 123 f. = NJW 1990, 1844; zuletzt bestätigend, jedoch zur Frage der Verjährung, BGH, Urt. vom 16.05.2017 – XI ZR 430/16, NJW 2017, 2189, 2190 Rn. 18 = ZIP 2017 1152; in Abgrenzung hierzu betreffen BGH, Urt. vom 15.10.2004 – V ZR 223/03, NJW 2005, 983 = WM 2005, 69 und BGH, Urt. vom 01.07.2014 – XI ZR 247/12, NJW 2014, 3360 = WM 2014, 1621 den Fall eines Finanzierungsberatungsvertrages. 115  BGH, Urt. vom 09.03.1989 – III ZR 269/87, NJW 1989, 1667 = WM 1989, 665; ein ähnlicher Sachverhalt lag der Folgeentscheidung zugrunde, siehe hierzu BGH, Urt. vom 03.04.1990 – XI ZR 261/89, BGHZ 111, 117, 118 f. = NJW 1990, 1844. 116  BGH, Urt. vom 09.03.1989 – III ZR 269/87, NJW 1989, 1667 = WM 1989, 665. 117  BGH, Urt. vom 09.03.1989 – III ZR 269/87, NJW 1989, 1667 = WM 1989, 665. 118  BGH, Urt. vom 09.03.1989 – III ZR 269/87, NJW 1989, 1667, 1668 = WM 1989, 665; hieraus den Grundsatz der Kundengerechtigkeit ableitend Köndgen, Gewährung und Abwicklung grundpfandrechtlich gesicherter Kredite, S. 49; Buck-Heeb/ Lang, ZBB 2016, 320, 328.

346

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

tigen sei, dass keine besonders geschäftserfahrenen bzw. rechtskundigen Personen als Darlehensnehmer aufgetreten seien.119 Zum anderen sei der Vertragsschluss mit spezifischen Nachteilen verbunden, die sich dem genannten Personenkreis nicht ohne Weiteres erschließen würden.120 Insbesondere hob der BGH die langfristige Bindung der Darlehensnehmer hervor, die sich daraus ergebe, dass eine Tilgung der Valuta erst mit dem Tod der Darlehensnehmer und der damit verbundenen Auszahlung der Kapitallebensversicherung angestrebt werde und deren Ausmaß für den genannten Personenkreis nicht ohne Aufklärung ersichtlich sei.121 Auch sei für den Darlehensnehmer nicht erkennbar, dass eine vorzeitige Kreditkündigung aufgrund der erhöhten Rückkaufsverpflichtung zu einer Einbuße des angesparten Vermögens führe.122 Abschließend sei zu beachten, dass es sich um einen Konsumentenkredit handle, bei welchem eine Einschätzung der Gesamtkosten besonders entscheidungserheblich sei.123 Nur hierdurch könne der Darlehensnehmer verschiedene Angebote prüfen und gegeneinander abwägen.124 Infolge der intransparenten Vertragsgestaltung sei für den Darlehensnehmer jedoch nicht erkennbar gewesen, dass die Entscheidung für ein marktübliches Annuitätendarlehen wirtschaftlich sinnvoller gewesen wäre.125 Die darlehensgebende Bank sei daher ausnahmsweise dazu verpflichtet gewesen, den Darlehensnehmer über die spezifischen Vor- und Nachteile der angebotenen Vertragsgestaltung, die Unterschiede zu marktüblichen Gestaltungen und die Gesamtkosten des Darlehens aufzuklären.126 Es fragt sich damit, ob diese Rechtsprechungsgrundsätze auf den Immobilienverzehrkreditvertrag übertragen werden können. Hierfür spricht zunächst der Umstand, dass auch beim Immobilienverzehrkreditvertrag eine grundsätzlich lebenslange Bindung eingegangen wird, die sich aus der Verknüp119  BGH, Urt. vom 09.03.1989 – III ZR 269/87, NJW 1989, 1667, 1668 = 1989, 665. 120  BGH, Urt. vom 09.03.1989 – III ZR 269/87, NJW 1989, 1667, 1668 = 1989, 665. 121  BGH, Urt. vom 09.03.1989 – III ZR 269/87, NJW 1989, 1667, 1668 = 1989, 665. 122  BGH, Urt. vom 09.03.1989 – III ZR 269/87, NJW 1989, 1667, 1668 = 1989, 665. 123  BGH, Urt. vom 09.03.1989 – III ZR 269/87, NJW 1989, 1667, 1668 = 1989, 665. 124  BGH, Urt. vom 09.03.1989 – III ZR 269/87, NJW 1989, 1667, 1668 = 1989, 665. 125  BGH, Urt. vom 09.03.1989 – III ZR 269/87, NJW 1989, 1667, 1668 = 1989, 665. 126  BGH, Urt. vom 09.03.1989 – III ZR 269/87, NJW 1989, 1667, 1668 = 1989, 665; unter Bezugnahme auf die Vorgängerentscheidung auch BGH, Urt. 03.04.1990 – XI ZR 261/89, BGHZ 111, 117, 123 f. = NJW 1990, 1844.

WM WM WM WM WM WM WM WM vom



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata347

fung von Fälligkeit und Ableben des Darlehensnehmers ergibt. Zum anderen stellt sich der Immobilienverzehrkredit im Regelfall wirtschaftlich ungünstiger als übliche Finanzierungen dar und entspricht lediglich der Interessenlage eines eng umgrenzten Personenkreises.127 Der Rechtsvergleich hat belegt, dass sich die spezifischen Vor- und Nachteile der Reverse Mortgage durchschnittlichen Verbrauchern nicht erschließen. Hierzu zählt die rising debt, falling equity-Natur des Vertrages, das Konzept des Überschuldungsverzichts bzw. des damit einhergehenden Ausschlusses der sonstigen persönlichen Haftung, der mögliche Verlust der Immobilie zu Lebzeiten sowie die Auswirkungen auf die Erbmasse. Auch wird der Darlehensnehmer schwerlich durchschauen, dass der Verzehrkredit nur dann eine Alternative zu anderen Finanzierungsformen darstellt, wenn ein genuines Affektionsinteresse an der Immobilie besteht oder keine ausreichenden Mittel zur laufenden Tilgung eines herkömmliches Darlehens zur Verfügung stehen. Im Regelfall kann ein durchschnittlicher Verbraucher folglich nicht beurteilen, ob der Immobilienverzehrkreditvertrag seiner Interessenlage entspricht. Dies belegen auch zahlreiche US-amerikanische Fälle, in denen Verbraucher wirtschaftliche Schäden erlitten. Die Schäden resultierten daraus, dass anstelle von klassischen und kostengünstigeren Darlehen Reverse Mortgage-Verträge abgeschlossen wurden, häufig ohne dass die spezifischen Vorteile des Vertrages (Bewohnbarkeit der Immobilie und keine laufenden Tilgungsleistungen) den Vertragsschluss notwendig gemacht hätten.128 Abschließend gilt es zu beachten, dass der Darlehensnehmer im Regelfall nicht in der Lage sein wird, die Gesamtkosten des Darlehens berechnen zu können, da hierfür komplizierte versicherungsmathematische Berechnungen anzustellen sind, bei denen es die Faktoren Lebenserfahrung, Grundstückwert und Zinsentwicklung zu berücksichtigen gilt. Die von der Rechtsprechung zum Darlehen mit Kapitallebensversicherung entwickelten Grundsätze lassen sich somit auf den Abschluss eines Immobilienverzehrkreditvertrages übertragen. Ein Darlehensnehmer, der eine klassische Finanzierung sucht und einen Immobilienverzehrkreditvertrag angeboten bekommt, ist folglich über die geschilderten Vor- und Nachteile, Besonderheiten und (geschätzten) Gesamtkosten aufzuklären. Hinsichtlich des Inhalts der Aufklärungspflicht kann nach oben verwiesen werden.129

127  Siehe

hierzu oben Kapitel 2: B.II.1., Interessenlage, S. 65 ff. hierzu mit Nachweisen bereits oben Kapitel 3: B.I.1.c), Auswirkungen des Informationsdefizits, S. 80. 129  Siehe zum Inhalt der Aufklärungspflicht (als Teil der Beratungspflicht) oben Kapitel 5: A.I.2.a)cc)(1), Inhalt der Beratungspflicht, S. 337. 128  Siehe

348

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

cc) Überschreitung der Kreditgeberrolle Weiterhin kommen Aufklärungspflichten in Betracht, wenn die Bank über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht und als Partei des zu finanzierenden Geschäfts auftritt.130 Entscheidend hierfür ist, ob der Darlehensgeber Funktionen wahrnimmt, die eigentlich der initiierenden Partei des Finanzierungsgeschäfts oblägen, bspw. Werbung und Vertrieb.131 Auch die Fallgruppe der Überschreitung der Kreditgeberrolle stellt schlussendlich auf den Trennungsgrundsatz bzw. dessen Durchbrechung durch die Bank ab.132 Es kann damit prinzipiell auf das soeben Gesagte zum Wissensvorsprung bzgl. des zu finanzierenden Geschäfts verwiesen werden.133 Auch hier ist zu beachten, dass der Immobilienverzehrkreditvertrag der Konsum­ erleichterung dient.134 Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses hat der Darlehensnehmer regelmäßig keine Vorstellung von den zu tätigenden Anschaffungen. Allein hieraus folgt, dass die Bank ihre Rollte als Kreditgeberin typischerweise nicht überschreiten kann bzw. überschreiten wird. Jedoch auch selbst wenn der Darlehensnehmer die Valuta bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für bestimmte Anschaffungen verwenden möchte, kann hieraus regelmäßig keine Aufklärungspflicht abgeleitet werden. Denn es steht zu vermuten, dass die den Anschaffungen zugrunde liegenden Verträge mit einer Vielzahl von Vertragspartnern geschlossen werden und jeweils lediglich ein geringes Vertragsvolumen umfassen. Es liegt kein Fall einer bestimmten Anschaffung vor, bei welcher die gesamte Valuta zur Finanzierung des Geschäfts herangezogen werden muss.

130  Grundlegend, jedoch noch zur Frage des Einwendungsdurchgriffs, siehe BGH, Urt. vom 12.07.1979 – III ZR 18/78, NJW 1980, 41, 42 ff. = DNotZ 1980, 344; zur Frage der Aufklärungspflichten siehe bspw. BGH, Urt. vom 28.04.1992 – XI ZR 165/91, NJW 1992, 2146, 2147 = DNotZ 1993, 114; BGH, Urt. vom 19.05.2000 – V ZR 322/98, NJW 2000, 3065, 3066 = WM 2000, 1287; grundlegend aus der Literatur hierzu Hopt, FS Stimpel, 265, 280 (zum Einwendungsdurchgriff) und 287 (zur Aufklärungspflicht). 131  BGH, Urt. vom 19.05.2000 – V ZR 322/98, NJW 2000, 3065 = WM 2000, 1287; zu einer Aufzählung und Erörterung einzelner Bereiche siehe ausführlich Hopt, FS Stimpel, 265, 281 ff. 132  MünchKommBGB/Berger, Vor. § 488 Rn. 76. 133  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel  5: A.I.2.b)bb)(2), Wissensvorsprung bezüglich der Kreditgewährung, S. 345. 134  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 2: B.II., Der Kreditnehmer, S. 64.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata349

dd) Gefährdungstatbestand Eine Aufklärungspflicht kann sich weiterhin daraus ergeben, dass der Darlehensgeber einen besonderen Gefährdungstatbestand geschaffen hat.135 Nach der Rechtsprechung müsste die Bank hierzu ihr eigenes wirtschaft­liches Risiko bewusst auf den Darlehensnehmer verlagert haben, so dass dieser Gefahren zu tragen hat, die über die normalerweise mit dem zu finanzierenden Vorhaben verbundenen Gefahren hinausgehen.136 Die hierunter zu fassenden Sachverhalte und damit einhergehende Kasuistik sind derart weitgehend, dass in Bezug auf den Immobilienverzehrkreditvertrag keine allgemeinen Überlegungen abgeleitet werden können.137 Negativ gewendet kann aus der Fallgruppe des besonderen Gefährdungstatbestandes einzig der Umstand ausgesondert werden, dass die Bank durch die Vereinbarung besonderer Kündigungsrechte (Verstoß gegen Instandhaltungspflichten) und eines variablen Zinssatzes das Risiko veränderlicher Grundstückswerte und das Zinsanpassungsrisiko und damit das Überschreitungsrisiko abzusichern sucht. Denn der Darlehensgeber bezweckt mit der Vereinbarung der genannten Tatbestände die Absicherung der genuinen, kreditspezifischen Risiken,138 so dass rein begrifflich schon kein besonderer Gefährdungstatbestand vorliegen kann.139 ee) Interessenkollision Abschließend ist auch keine Aufklärungspflichten begründende Interessenkollision der Bank anzunehmen. Eine solche liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn die Bank sowohl Darlehen an den vermögenslosen Initiator des zu finanzierenden Geschäfts als auch an den Erwerber desselben vergibt, um die drohende Zahlungsunfähigkeit des Initiators hierdurch zu kompensieren.140 Nachdem der Immobilienverzehr der Konsumerleichterung dient, ist eine 135  BGH, Urt. vom 28.04.1992 – XI ZR 165/91, NJW 1992, 2146, 2147 = DNotZ 1993, 114; BGH, Urt. vom 20.03.2007 – XI ZR 414/04, NJW 2007, 2396, 2397 Rn. 18 = BKR 2007, 238. 136  Statt vieler BGH, Urt. vom 20.03.2007 – XI ZR 414/04, NJW 2007, 2396, 2397 Rn. 19 = BKR 2007, 238. 137  Siehe zu einigen Beispielsfällen Schwintowski/Samhat, BankR, Kap.  14 Rn. 244–253. 138  Siehe hierzu ausführlich oben Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 60 und Kapitel 4: B.III.2.e)aa)(2), Kündigung infolge Verstoßes gegen vertragliche Bestimmungen, S. 227. 139  Siehe zu einer ähnlichen Situation BGH, Urt. vom 20.03.2007 – XI ZR 414/04, NJW 2007, 2396, 2397 Rn. 19 = BKR 2007, 238. 140  BGH, Urt. vom 17.12.1991 – XI ZR 8/91, NJW-RR 1992, 373, 374 f.; BGH, Urt. vom 05.04.2011 – XI ZR 365/09, NJW-RR 2011, 1064, 1065 = WM 2011, 876.

350

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

solche Interessenkollision aus den oben genannten Gründen regelmäßig nicht anzunehmen.141 3. Notarielle Beurkundung gem. § 311b Abs. 1 S. 1 BGB Auch wenn dem Informationsdefizit des Verbrauchers durch die Anwendung des § 311b Abs. 1 S. 1 BGB potentiell begegnet werden könnte, da den Notar gem. §§ 17 ff. BeurkG weitreichende Prüfungs- und Belehrungspflichten treffen, scheidet sowohl eine direkte als auch analoge Anwendung der Norm mangels Pflicht zur Eigentumsübertragung aus.142 Zwar können sich die Parteien nach Fälligkeit auf eine Übertragung des Grundstücks zu Tilgungszwecken verständigen, so dass § 311b Abs. 1 S. 1 BGB zur Anwendung gelangen würde,143 allerdings wird hierdurch keine verbraucherschützende Wirkung erzielt. Denn die Vorschrift würde nur dann Anwendung finden, wenn der Schutzzweck dem Grunde nach nicht mehr erreicht werden kann, der Verbraucher den u. U. wirtschaftlich und rechtlich nachteiligen Vertrag also bereits geschlossen hat. 4. Widerrufsrecht gem. § 495 und § 312g BGB Im US-amerikanischen Recht steht dem Kreditnehmer ein Rücktrittsrecht zu („right of rescission“), welches in seinen Rechtswirkungen und Voraussetzungen mit dem Widerrufsrecht des deutschen Rechts vergleichbar ist. Unterliegt der Darlehensnehmer demnach dem Informationsdefizit und schließt einen wirtschaftlich ungünstigen Vertrag, kann er sich gem. § 355 Abs. 1 BGB durch das Widerrufsrecht vom Vertrag lösen. Dies setzt jedoch voraus, dass dem Darlehensnehmer auch ein Widerrufsrecht zusteht. Der Weg über das Widerrufsrecht des § 495 BGB ist dabei aus den bereits erörterten Gründen verschlossen, so dass allenfalls allgemeine Widerrufsrechte nach §§ 312 ff. BGB in Betracht kommen; die praktische Relevanz von Fernabsatzverträgen oder Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, dürfte im vorliegenden Kontext indes gering sein, auch wenn eine Erleichterung des digitalen Abschlusses von ­Finanzprodukten de lege ferenda wünschenswert erscheint.144

141  Siehe

hierzu oben Kapitel 5: A.I.2.b)bb), Wissensvorsprung, S. 344 ff. ausführlich hierzu oben Kapitel 4: C.II.1., Formerfordernisse, S. 258 ff. 143  Statt vieler MünchKommBGB/Lieder, § 1149 Rn. 11. 144  Zum Widerrufsrecht siehe bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882. Ausführlich zur Digitalisierung von Bankprodukten siehe Freitag, ZIP 2018, 1805. 142  Siehe



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata351

5. Information durch AGB-rechtliche Gestaltung Wird der Immobilienverzehrkreditvertrag formularmäßig vereinbart, so unterliegt die Vereinbarung dem aus dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB stammenden Bestimmtheitsgebots, welches nach der Rechtsprechung des EuGHs eine transparente Darstellung der Funktionsweise der Vertragsbestimmungen, u. U. unter Verwendung von Beispielrechnungen, erfordert.145 Hierdurch wird ebenfalls zur Bekämpfung des Informationsdefizits des Verbrauchers beigetragen.146

II. Schutz vor verfrühter Zwangsvollstreckung Weiterhin gilt es zu untersuchen, welche allgemeinen Mechanismen das deutsche Recht vorsieht, um den Verbraucher vor einer verfrühten Zwangsvollstreckung zu schützen. 1. Schutz durch § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB a) Festlegung des Fälligkeitszeitpunkts und Ausschluss der ordentlichen Kündigung Einen grundsätzlichen Schutz vor der verfrühten Zwangsvollstreckung vermittelt zunächst § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB, welcher den Fälligkeitszeitpunkt der Rückzahlungsverpflichtung und den Todeszeitpunkt des Darlehensnehmers miteinander verknüpft.147 Verbraucherschützende Züge weist die Norm deshalb auf, da keine Immobilienverzehrkreditverträge mit einer kürzeren bzw. festen Laufzeit vereinbart werden können. Abweichende Vertragsgestaltungen würden folglich aus der Definition des Immobilienverzehrkreditvertrages herausfallen, so dass durch die Anwendung der Regelungen über die Kreditwürdigkeitsprüfung der Vertragsschluss faktisch unmöglich gemacht werden würde. § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB bewirkt somit, dass der Darlehensnehmer im Grundsatz das Darlehen nicht zu seinen Lebzeiten zurückzahlen muss. Dies wiederum hat mittelbar zur Folge, dass der Darle145  EuGH, Urt. vom 14.10.2017 – C-186/16, WM 2017, 1974, 1978 Rn. 49 f. = BKR 2018, 201 (Funktion von Fremdwährungskrediten); EuGH, Urt. vom 30.04.2014 – C-26/13 (Kásler/OTP Jelzálogbank Zrt“), EuZW 2014, 506, Rn. 74 f. = NJW 2014, 2335 (ebenfalls zur Funktion von Fremdwährungskrediten, insbesondere zum Wechselkursrisiko); hierzu bereits oben Kapitel 4: C.II.5.b)aa), Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, S. 280. 146  Wohl auch Kulms, ZfIR 2002, 614, 622. 147  Ausführlich zur Auslegung siehe oben Kapitel 4: B.III.2.e)aa)(1), Tod des Verbrauchers, S. 226.

352

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

hensgeber mangels Fälligkeit keinen Gebrauch von seinem Verwertungsrecht machen und somit das Grundstück nicht zwangsverwerten kann. Die Norm schützt den Grundeigentümer somit dem Grunde nach davor, bereits zu Lebzeiten Eigentum und Besitz am Grundstück zu verlieren, so dass der ­ Darlehensnehmer das Grundstück bis zu seinem Tod bewohnen kann. Mit der Verknüpfung von Fälligkeits- und Todeszeitpunkt geht zudem materiell der konkludente Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts des Darlehensgebers (§ 488 Abs. 3 Alt. 1 BGB) einher.148 Dieses kann im Gegensatz zum Recht des Darlehensnehmers (§ 489 Abs. 4 BGB) ausgeschlossen werden,149 was selbst dann gilt, wenn für die Rückzahlung kein fester Zeitpunkt vereinbart wurde.150 Im Fall des Immobilienverzehrkreditvertrages folgt dies rechtstechnisch nicht nur aus der Definition des Vertrages in § 491 Abs. 3 S. 4 BGB, welche zwangsläufig eine Zeitbestimmung vorsieht, sondern bereits aus dem Vertragszweck,151 der darin liegt, dem Darlehensnehmer die Nutzung des Grundstücks bis an dessen Lebensende zu ermöglichen. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn der Darlehensgeber den Vertrag lediglich bei Vorliegen wichtiger Gründe, also außerordentlich, kündigen kann. § 491 Abs. 3 S. 4 BGB schützt den Verbraucher somit durch Festlegung des grundsätzlichen Fälligkeitszeitpunkts und durch Ausschluss der ordent­ lichen Kündigung des Darlehensgebers in zweifacher Hinsicht vor einer verfrühten – also lebzeitigen – Zwangsvollstreckung. b) Vereinbarung vertraglicher außerordentlicher Kündigungsgründe (default events) Aus dem Gesagten folgt, dass § 491 Abs. 3 S. 4 BGB hinsichtlich der Frage der (vorzeitigen) Fälligkeit ein Mindestmaß an Schutz festlegt, den Verbraucher jedoch nicht grenzenlos vor der Vorfälligkeit bewahren will. So öffnet § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB die Vertragsgestaltung zugunsten des Darlehensgebers und ermöglicht diesem, vertragliche Verhaltens- und Infor148  Siehe hierzu mit Nachweisen bereits oben Kapitel 4: B.III.2.e)aa)(2), Kündigung infolge Verstoßes gegen vertragliche Bestimmungen, S. 227. 149  BGH, Urt. vom 31.01.1995 – XI ZR 56/94, NJW 1995, 1212 = WM 1995, 743; MünchKommBGB/Berger, § 488 Rn. 240; LBS/Krepold, Bankrechts-Kommentar, Kap. 14 § 489, 490 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, 2015, § 488 Rn. 341. 150  BGH, Urt. vom 31.01.1995 – XI ZR 56/94, NJW 1995, 1212 = WM 1995, 743; MünchKommBGB/Berger, § 488 Rn. 240; LBS/Krepold, Bankrechts-Kommentar, Kap. 14 § 489, 490 Rn. 12; Staudinger/Mülbert, 2015, § 488 Rn. 341; a. A., BGH, Urt. vom 10.01.1980 – III ZR 108/78, WM 1980, 380, 381 = DB 1980, 1163. 151  Zu den Möglichkeiten eines Ausschlusses der ordentlichen Kündigung siehe statt vieler MünchKommBGB/Berger, § 488 Rn. 240; Staudinger/Mülbert, 2015, § 488 Rn. 346.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata353

mationspflichten auszuhandeln, deren Nichteinhaltung durch Vereinbarung eines außerordentlichen Kündigungsrechts sanktioniert werden kann (default events).152 Anders als im US-amerikanischem Recht, bei welchem die Kündigungsgründe zum Schutz des Verbrauchers enumerativ im Gesetz aufgelistet sind,153 überlässt das deutschrechtliche Pendant die Festlegung der Kündigungsgründe im Sinne der Privatautonomie der Vereinbarung der Parteien. Materiell schweigt sich § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB indes zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen einer solchen Vereinbarung aus, so dass sich eine Nachkontrolle an allgemeinen Grundsätzen (§ 314, § 307 und § 138 BGB) zu orientieren hat. Wie gesehen154 sind in die Wirksamkeitsprüfung die Belange beider Parteien einzustellen, so dass eine der wirtschaftlichen Absicherung dienende Regelung grundsätzlich wirksam sein wird. Der Verbraucher wird demnach nicht vor einer Zwangsvollstreckung geschützt, die er selbst durch seine Vertragsuntreue verursacht hat, sondern folgerichtig vor missbräuch­ lichen Vertragsgestaltungen. 2. Präventiv wirkende Rechtsinstitute Wie der Rechtsvergleich gezeigt hat, liegt ein Hauptgrund der verfrühten Zwangsvollstreckung darin, dass der Darlehensnehmer mangels Liquidität nicht zur Einhaltung seiner vertraglichen Verpflichtungen imstande ist.155 So befanden sich Ende Februar 2012 nahezu zehn Prozent der ausstehenden HECM-Kreditverträge allein aufgrund unterlassener Steuer- oder Versicherungszahlungen im Zahlungsverzug.156 Als Konsequenz der ausufernden Kündigungswelle wurde im US-amerikanischen Recht gem. 24 C.F.R. § 206.37 eine Kreditwürdigkeitsprüfung eingeführt, bei welcher der Kreditgeber anhand der Kredithistorie des Kreditnehmers sowie einer Einkommens- und Cash-Flow-Analyse zu beurteilen hat, ob dieser in der Lage sein wird, seine vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der Darlehensnehmer selbst bei vollständigem Verbrauch der ausgezahlten Valuta imstande ist, seinen vertraglichen Verpflich152  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 4: B.III.2.e)aa)(2), Kündigung infolge Verstoßes gegen vertragliche Bestimmungen, S. 227. 153  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.II.2.b)cc)(1), Die Rück- und Zinszahlungsverpflichtung, S. 98. 154  Siehe hierzu oben Kapitel 4: C.IV.1., Vertraglich vereinbarte außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers, S. 298 ff. 155  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 3: B.I.2., Gefahr der verfrühten Zwangsvollstreckung, S. 81. 156  CFPB, Report to Congress, S. 129.

354

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

tungen nachkommen.157 Anderenfalls ist der Kreditnehmer i.  R.  d. sog. „LESA“ zur Zurückhaltung eines Teils des Auszahlungsbetrags verpflichtet. Im deutschen Recht drängt sich die Parallele zu §§ 505a, 505b BGB bzw. § 18a KWG auf, welche die in Art. 18 WIKr-RiL vorgesehene Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung im deutschen Recht sowohl in zivilrechtlicher als auch aufsichtsrechtlicher Hinsicht umsetzen. a) Zivilrechtliche Kreditwürdigkeitsprüfung gem. §§ 505a, 505b BGB Hinsichtlich der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kreditwürdigkeitspflicht bleibt jedoch lediglich festzuhalten, dass auch diese tatbestandlich einen Verbraucherdarlehensvertrag i. S. v. § 491 Abs. 1 BGB voraussetzt, welcher im Fall des Immobilienverzehrkreditvertrages nicht vorliegt. Die §§ 505a, 505b BGB sind in der Konsequenz nicht anwendbar.158 b) Aufsichtsrechtliche Kreditwürdigkeitsprüfung gem. § 18a KWG Fraglich ist indes, ob das Gleiche auch für die aufsichtsrechtliche Norm des § 18a KWG gilt. Unterstellt der handelnde Darlehensnehmer vergibt Immobilienverzehrkredite in einem solchen Umfang, dass von einem gewerbsmäßigen Handeln oder dem Erfordernis eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs ausgegangen werden kann, ist der Darlehensgeber gem. § 1 Nr. 2 Alt. 1 KWG als Kreditinstitut anzusehen, so dass in der Folge die aufsichtsrechtlichen Sonderreglungen, insbesondere § 18a KWG, anwendbar wären.159 Dies gilt jedoch nur dann, wenn es sich beim Immobilienverzehrkreditvertrag um einen Darlehensvertrag i.  S.  v. § 488 BGB handelt, so dass insgesamt von der Vergabe von Krediten i. S. d. § 1 Nr. 2 Alt. 1 KWG gesprochen werden kann.160 Dass dies der Fall ist, wurde bereits an anderer Stelle nachgewiesen.161 Zwar setzt auch § 18a i. V. m. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KWG tatbestandlich das Bestehen eines Verbraucherdarlehensvertrages voraus, so dass mit Hinweis auf die oben162 stehenden Ausführungen die Anwendbarkeit der Norm 157  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 3: B.II.2.c)dd), Kreditwürdigkeitsprüfung und LESA, S. 113. 158  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 4: B.IV.1., Ausschluss der §§ 491 ff. BGB und §§ 655a ff. BGB, S. 231. 159  Zu einer ausführlichen Herleitung dieses Gedankens unter Beachtung des europäischen Aufsichtsrechts siehe bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1880 f. 160  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1881. 161  Siehe hierzu oben Kapitel 4: A., Rechtsnatur, S. 157 ff. 162  Siehe hierzu oben Kapitel 4: B.IV.1., Ausschluss der §§ 491  ff. BGB und §§ 655a ff. BGB, S. 231.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata355

abgelehnt werden müsste.163 Fraglich ist indes, ob der dem § 18a KWG zugrunde liegende Begriff des Verbraucherdarlehensvertrages zwingend in diesem Sinn zu verstehen ist.164 aa) Pro: Wortlaut, Telos und Systematik So spricht § 18a Abs. 1 KWG allgemeinhin vom Verbraucherdarlehensvertrag, ohne diesen zu definieren.165 Anders als § 491 Abs. 1 S. 2 BGB, der den Grundsatz des binären Systems des bürgerlich-rechtlichen Verbraucherdarlehens festgelegt, schweigt sich § 18a KWG zu dieser Frage aus und deutet dieses Begriffsverständnis lediglich in Abs. 1 S. 2 an.166 Darüber hinaus spricht auch der Schutzzweck des § 18a KWG für eine solche Auslegung.167 Denn § 18a KWG soll Kreditinstitute daran hindern, riskante, d. h. nicht hinreichend besicherte, Kredite zu vergeben, die bei einer Akkumulation von Ausfällen letztlich zu einem wirtschaftlichen Zusammenbruch der Bank und somit zu einem Verlust der Einlagen führen würden.168 Zwar sind im Fall des Immobilienverzehrkreditvertrages keine laufenden Tilgungs- oder Zinszahlungsleistungen zu erbringen, jedoch ist auch beim Verzehrkredit eine Rück- und Zinszahlung obligatorisch,169 welche zudem durch den Überschuldungsverzicht auf den wirtschaftlichen Wert des Grundstücks beschränkt sind. Übersteigt demnach der endfällige Betrag den Grundstückswert, stehen dem Kreditinstitut keine Möglichkeiten zu Verfügung, die tatsächlich bestehende Forderung rechtlich durchzusetzen, so dass diese schlussendlich wirtschaftlich entwertet wird.170 Die Gefahr der Realisierung des Überschreitungsrisikos entspricht damit wirtschaftlich der Ausfallgefahr des Immobilienkredits, so dass hiermit die gleichen Gefahren für die Einlagensicherheit der Bank einhergehen.171 Im Ausgangsfall besteht somit eine mit herkömmlichen Darlehensverträgen vergleichbare Interessenlage. Abschließend kann gegen eine solche Auslegung auch nicht eingewendet werden, dass § 18a KWG, anders als für Allgemein- oder Immobiliar-Ver163  Freitag/Allstadt,

WM 2017, 1877, 1881. WM 2017, 1877, 1881. 165  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1881. 166  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1881. 167  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1881. 168  Statt vieler Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Bock KWG § 18 Rn. 1. 169  Siehe hierzu oben Kapitel 4: B.III.2.c)ee)(5), Abwägung und Ergebnis, S. 224. 170  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 4: C.III.3., Die Wirkung der Haftungsbeschränkung, S. 296. 171  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1881. 164  Freitag/Allstadt,

356

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

braucherdarlehensvertrag, keine konkretisierenden Vorgaben zur Art und Umfang der Kreditwürdigkeitsprüfung macht.172 Denn die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung ergibt sich aus § 18a Abs. 1 S. 1 KWG, bei welchem allgemeinhin vom Verbraucherdarlehensvertrag die Rede ist.173 Dass Art, Umfang und Rechtsfolgen der Kreditwürdigkeitsprüfung für Allgemein- und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge in § 18a Abs. 1 S. 2, Abs. 2a, 4, etc. näher ausgestaltet sind, schadet insoweit nicht, da hieraus im Umkehrschluss nicht zwangsläufig abgeleitet werden kann, dass eine Kreditwürdigkeitsprüfung nur für diese beiden Verbraucherdarlehensarten durchzuführen ist. Hierfür sprechen die in Abs. 2 und 3 aufgestellten Grundsätze. Abs. 3 spricht lediglich von den „Grundlage[n] der Kreditwürdigkeitsprüfung“ und von „Auskünfte[n] des Darlehensnehmers“, bezieht sich also gerade nicht auf die beiden Subtypen des Verbraucherdarlehensvertrages. Gleiches gilt für Abs. 2, der allgemein vom Darlehensvertrag spricht. Die Lücke hinsichtlich der genauen Grundlage der Kreditwürdigkeitsprüfung für den Immobilienverzehrkreditvertrag könnte durch eine teleologische Auslegung des § 18a KWG geschlossen werden.174 Nachdem dieser dem Schutz der Einleger dient, könnte i. R. d. Kreditwürdigkeitsprüfung zum einen darauf rekurriert werden, dass „der Wert der zu verzehrenden Immobilie voraussichtlich dazu ausreichen wird, die Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag zu erfüllen“.175 Zum anderen könnte geprüft werden, ob das laufende Einkommen des Darlehensnehmers ausreichen wird, um den sonstigen Verpflichtungen – namentlich der Verpflichtung zur Instandhaltung oder Zahlung von Grundlasten – nachzukommen. bb) Contra: Normhistorie und historischer Gesetzgeberwille Entscheidend gegen eine solche Lesart des § 18a KWG sprechen jedoch sowohl die Normhistorie als auch der Wille des historischen Gesetzgebers.176 So wurde bei Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie177 die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung als Abs. 2 des bis zu diesem Zeitpunkt nur für 172  Freitag/Allstadt,

WM 2017, 1877, 1881. WM 2017, 1877, 1881. 174  Ohne Bezeichnung dieses Vorgehens auch Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1881. 175  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1881. 176  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1881. 177  Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/WEG des Rates (Verbraucherkreditrichtlinie), Abl. L 133/66.; hierzu bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1881. 173  Freitag/Allstadt,



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata357

Großkredite geltenden § 18 KWG eingefügt.178 Bereits nach damaligem Stand ging der Gesetzgeber von einer Akzessorietät von Zivil- und Aufsichtsrecht aus, so dass sich die Auslegung des aufsichtsrechtlichen Verbraucherdarlehensbegriffs an § 491 BGB auszurichten hatte.179 Insbesondere sollten die Ausnahmetatbestände des § 491 Abs. 2 BGB a. F. auch Wirkung für das Aufsichtsrecht entfalten.180 Mit Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie wurde die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung des vormaligen § 18 Abs. 2 in § 18a KWG übergeleitet und an die neue Terminologie des § 491 BGB angepasst.181 Im Kontext der Umsetzung bekräftigte der Gesetzgeber nochmals dieses Begriffsverständnis,182 indem er in der Begründung des Regierungsentwurfs davon ausging, dass mit Statuierung der durch die WIKr-RiL vorgegebenen Kreditwürdigkeitsprüfung im deutschen Zivilrecht keine neuen Aufgaben auf die Kreditinstitute zukämen, da diese aufgrund einer dem neuen § 18a KWG vergleichbaren Regelung in § 18 Abs. 2 KWG (a. F.) bereits de lege lata zu einer umfassenden Kreditwürdigkeitsprüfung bei Immobilienkrediten verpflichtet gewesen seien.183 Jedoch auch in der zweiten Umsetzungsrunde bestätigt der Gesetzgeber diese Lesart und führte in der Begründung des Entwurfs zum FinAufsRErgG aus, dass eine Vergabe von Immobilienverzehrkrediten weder am Verbot des § 505b Abs. 2 S. 3 BGB noch des § 18a Abs. 4 S. 3 KWG scheitere, welche verbieten würden, dass die Kreditwürdigkeitsprüfung hauptsächlich auf den Wert der Sicherheit gestützt werde.184 Diese Einschätzung ist jedoch nur dann zutreffend, wenn der Begriff des Verbraucherdarlehens in § 18a KWG zivilrechtsakzessorisch ausgelegt wird und damit nicht den Immobilienverzehrkreditvertrag erfasst.

178  Art. 7 Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 03.08.2009, BGBI. I 2009, S. 2355; hierzu bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1881. 179  Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht, BT-Drs. 16/11643, S. 144; siehe darüber hinaus Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1881 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur. 180  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1881 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur. 181  Art. 12 Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie sowie zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften (WIKr-RiL-UmsG) vom 11.3.2016, BGBI. 2016 1, S. 396. 182  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1881. 183  RegE-WIKr-RiL-UmsG, BT-Drs. 18/5922, S. 67; Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1881. 184  RegE-FinAufsRErgG vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39; siehe hierzu JurisPK-BGB/Schwintowski, (01.02.2020), § 491 Rn. 77.

358

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

Der Darlehensgeber ist somit de lege lata weder zivil- noch aufsichtsrechtlich zur Prüfung der Kreditwürdigkeit verpflichtet.185 c) Auszahlungssperre und Pflicht zur Bildung von Rücklagen Um dem Problem der verfrühten Zwangsvollstreckung beizukommen, sieht das US-amerikanische Recht eine anfängliche Limitierung des Auszahlungsbetrags im ersten Jahr nach Vertragsschluss sowie eine Verpflichtung zur Bildung von Rücklagen vor, wenn die Kreditwürdigkeitsprüfung indiziert, dass der Darlehensnehmer nicht in der Lage sein wird, den laufenden Verpflichtungen nachzukommen.186 Hierdurch soll vermieden werden, dass der Kreditnehmer, der im Regelfall über kein sonstiges Einkommen verfügt, die gesamte Valuta verbraucht und folglich mit seinen vertraglichen Verpflichtungen in Verzug gerät. Eine solche Verpflichtung zur Limitierung des Auszahlungsbetrages oder zur Bildung von Rücklagen ist dem deutschen Darlehensrecht indes fremd. Freilich bleibt es den Parteien unbenommen, beides individualvertraglich zu vereinbaren. Hinsichtlich der Limitierung des Auszahlungsbetrags könnten die Parteien eine zeitlich und anteilig gestufte Auszahlung vereinbaren, die sich rechtstechnisch dadurch erreichen lässt, dass sich der Fälligkeitszeitpunkt der Auszahlungsverpflichtung des Darlehensgebers gem. § 271 Abs. 1 BGB an bestimmten Zeitabschnitten zu orientieren hat.187 Funktionsäquivalent für die Rücklagenbildungspflicht i. R. d. LESA ist im deutschen Recht die Vereinbarung eines Treuhandauftrags, also der Begründung eines Treuhandverhältnisses zwischen Darlehensnehmer und Darlehensgeber.188 Je nach Art der Auszahlung könnten die Parteien entweder die einmalige oder monatliche Einzahlung eines Teilbetrags der Valuta vereinbaren. Die Höhe der zurückzuhaltenden Beträge muss je nach der gewählten Vertragsgestaltung im Einzelfall bestimmt und vertraglich festgesetzt werden. Klassischerweise wird der Darlehensnehmer durch die Vereinbarung von Kündigungsgründen faktisch verpflichtet werden, die grundstückbezogenen 185  Zu den allgemeinen Haftungsfolgen der Bank bei Vergabe von Immobilienverzehrkreditverträgen, die die Einlagesicherheit der Bank gefährden siehe Freitag/ Allstadt, WM 2017, 1877, 1882. 186  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.II.2.b)bb)(2), Die gesetzliche Begrenzung der Auszahlungshöhe, S. 96 und Kapitel 3: B.II.2.c)dd), Kreditwürdigkeitsprüfung und LESA, S. 113. 187  Statt vieler Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 155. 188  Ausführlich zum Treuhandauftrag Müller-Feldhammer, JZ 2009, 136; siehe auch MünchKommBGB/Berger, § 488 Rn. 36; MünchKommHGB/Herresthal, Recht des Zahlungsverkehrs Rn. A287 ff.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata359

Kosten (Grundsteuer, Wasser, Gas, Strom etc.) zu tragen sowie Instandhaltungsarbeiten durchzuführen. Die Höhe des Betrages kann hierbei anhand von Schätzwerten und Wahrscheinlichkeiten ermittelt werden. In der Treuhandabrede könnte zudem vereinbart werden, dass die kontoführende Bank im Bedarfsfall die zurückgehaltenen Mittel gegen Einreichung entsprechender Belege direkt an den jeweiligen Gläubiger zu leisten hat.

III. Schutz vor cross-selling-Praktiken Das Kopplungsverbot der §§ 492a, 492b BGB ist auf den Immobilienverzehrkreditvertrag nicht anwendbar. Eine Koppelung von Immobilienverzehrkreditvertrag und sonstigen Finanzprodukten ist somit innerhalb der allgemeinen Grenzen (§ 138 bzw. § 307, § 123 Abs. 1 Alt. 1BGB) zulässig.

IV. Schutz des Ehegatten In Abhängigkeit davon, welche vertragliche Gestaltung für den Verzehrkredit gewählt wird, welche sachenrechtliche Stellung dem Ehegatten in Bezug auf das Grundstück zukommt und welchen Güterstand die Ehegatten vereinbart haben, ergeben sich teils erhebliche Unterschiede bezüglich der Möglichkeiten des Ehegatten, den Vertragsschluss bzw. die Zwangsvollstreckung des Grundstücks zu verhindern. 1. Schutz durch die vertragliche Gestaltung und § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB Im Ausgangspunkt der Untersuchung der verbraucherschützenden Rechtsinstitute ist auch in Bezug auf den Ehegatten zunächst an § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB zu denken, der den Spielraum für verbraucherschützende Vertragsgestaltungen vorgibt. Unproblematisch von § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB sind demnach Fallgestaltungen erfasst, bei denen der andere Ehegatte den Vertrag ebenfalls als Darlehensnehmer abschließt und durch die rechtsgeschäftliche Parteivereinbarung der Fälligkeitszeitpunkt der Rückzahlungsverpflichtung an den Tod des zuletzt versterbenden Ehegatten geknüpft wird.189 Das Risiko der verfrühten Zwangsvollstreckung ist in diesem Fall ausgeschlossen, insofern die Parteien nicht gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen.

189  Siehe hierzu ausführlich oben Kapitel 4: B.III.1.b)bb), Der Ehegatte des Verbrauchers und sonstige Dritte, S. 197.

360

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

Jedoch auch ohne die Beteiligung des anderen Ehegatten als Darlehensnehmer, steht es dem darlehensnehmenden Ehegatten und dem Darlehensgeber frei, den Zeitpunkt der Rückzahlungsverpflichtung an den Tod des zuletzt versterbenden Ehegatten zu knüpfen. Der Wortlaut von § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB erfasst diesen Fall zwar nicht ausdrücklich, es entspricht allerdings dem gesetzgeberischen Willen die Norm analog auf die diese Fallgestaltung – unabhängig von deren praktischen Relevanz – anzuwenden.190 Mit beiden Konstellationen ist jedoch kein zwingender Schutz des anderen Ehegatten verbunden. Denn sowohl eine direkte als auch eine analoge Anwendung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB setzen voraus, dass sich die Parteien rechtsgeschäftlich auf den dreiseitigen Vertragsschluss bzw. auf eine derartige Zeitbestimmung geeinigt haben. § 491 Abs. 3 S. 4 BGB (analog) knüpft den Fälligkeitszeitpunkt nicht von Gesetzes wegen an den Tod des Ehegatten. Wie der Rechtsvergleich mit dem US-amerikanischen Recht gezeigt hat, bestehen gegen einen solchen Regelungsansatz indes praktische Bedenken: Bis zur Einführung einer zwingenden Regelung durch das HUD wurden Ehegatten häufig – primär aus wirtschaftlichen Gründen – vom Vertrag ausgelassen, so dass das Grundstück im Todesfall des darlehensnehmenden Ehegatten verwertet werden konnte.191 Ein zwingender Schutz unter Abwägung der berechtigten Belange des Darlehensgebers, wie dies etwa beim US-amerikanischen Verfahren zum Aufschub der Fälligkeit der Fall ist, ist mit § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB damit nicht verbunden. 2. Schutz durch die sachenrechtliche Ausgangslage Weiterhin ergeben sich verbraucherschützende Implikationen aus der sachen­rechtlichen Ausgangslage. In Abhängigkeit davon, ob dem nicht am Vertrag beteiligten Ehegatte Allein- oder Miteigentum am Grundstück zukommt oder dieses im Alleineigentum des darlehensnehmenden Ehegatten steht, ergeben sich verschiedene Möglichkeiten des anderen Ehegatten, auf den Vertragsschluss einzuwirken.

190  Siehe hierzu ausführlich oben Kapitel 4: B.III.1.b)bb)(2)(b), Analoge Anwendung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB, S. 200. 191  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 3: B.I.4., Schutz dritter Parteien, S. 85 sowie Kapitel 3: B.II.2.c)ff)(1)(a), Aufschub des Fälligkeitszeitpunkts, S. 118.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata361

a) Alleineigentum des nicht am Vertrag beteiligten Ehegatten Keine Risiken für den nicht am Vertrag beteiligten Ehegatten bestehen für den Fall, dass dieser Alleineigentümer des zu belastenden Grundstücks ist. Denn der darlehensnehmende Ehegatte sieht sich mangels sachenrechtlicher Berechtigung an der Bestellung der Grundschuld am Grundstück des anderen Ehegatten gehindert, wenn der andere Gatte nicht zustimmt. Verweigert der andere Ehegatte die Grundschuldbestellung, steht dem Darlehensgeber kein Verwertungsrecht am Grundstück zu.192 Ohne das Verwertungsrecht wird der Darlehensgeber den Immobilienverzehrkreditvertrag jedoch nicht mit dem darlehensnehmenden Ehegatten schließen. Dem anderen Ehegatten kommt somit zumindest mittelbar die Entscheidungshoheit über den Abschluss des Vertrages zu, so dass er durch die Verweigerung der Grundschuldbestellung das Risiko der verfrühten Zwangsvollstreckung komplett ausschließen kann. b) Mitteigentum des nicht am Vertrag beteiligten Ehegatten Steht beiden Ehegatten das Grundeigentum gemeinschaftlich nach Bruchteilen zu (§§ 741 ff. BGB),193 so sind die Gatten hinsichtlich des Eigentums zwangsläufig Miteigentümer i. S. d. §§ 1008 ff. BGB.194 Gem. § 747 S. 1 BGB kann jeder Miteigentümer über seinen Anteil ohne Zustimmung des anderen verfügen.195 Aus sachenrechtlicher Perspektive wird dies von § 1114 BGB umgesetzt, welcher gestattet, dass auch der Miteigentumsanteil durch eine Hypothek belastet werden kann.196 In Übereinstimmung mit dem Gedanken des § 747 S. 1 BGB setzt die Hypothekenbestellung nicht die Zustimmung des anderen Teils voraus, so dass der Miteigentümer seinen Anteil eigenverantwortlich belasten kann.197 Kommt es zur Verwertung des Mit­ 192  Ausgenommen sind freilich Fallgestaltungen, in denen der Darlehensgeber die Grundschuld gutgläubig gem. § 892 BGB erwirbt. Dies kann jedoch vorliegend vernachlässigt werden. 193  Dies ist aufgrund der gesamthänderischen Bindung gerade dann nicht der Fall, wenn zwischen den Ehegatten der Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart wurde, siehe hierzu statt vieler MünchKommBGB/K. Schmidt, § 1008 Rn. 1. 194  LBS/Haertlein, Bankrechts-Kommentar, Kap.  25 §  1114 Rn.  2; MünchKommBGB/Lieder, § 1114 Rn. 2; MünchKommBGB/K. Schmidt, § 1008 Rn. 1. 195  LBS/Haertlein, Bankrechts-Kommentar, Kap. 25 § 1114 Rn. 1; MünchKomm­ BGB/Lieder, § 1114 Rn. 1 f. 196  LBS/Haertlein, Bankrechts-Kommentar, Kap. 25 § 1114 Rn. 1 MünchKomm­ BGB/Lieder, § 1114 Rn. 1 f.; Staudinger/Wolfsteiner, 2015, § 1114 Rn. 5. 197  MünchKommBGB/Lieder, §  1114 Rn. 2; LBS/Haertlein, Bankrechts-Kommentar, Kap. 25 § 1114 Rn. 2.

362

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

eigentumsanteils wird dieser wie ein selbständiges Grundstück behandelt.198 Nachdem die Regelung des § 1114 BGB lediglich den Haftungsgegenstand der Hypothek konkretisiert und keine Regelung zur Akzessorietät von Forderung und Hypothek trifft, ist die Vorschrift über § 1192 Abs. 1 BGB auch auf die Grundschuld anwendbar.199 Schließt einer der Miteigentümer einen Immobilienverzehrkreditvertrag und bestellt zur Erfüllung seiner sicherungsvertraglichen Pflichten eine Grundschuld an seinem Miteigentumsanteil, so folgt aus dem Gesagten, dass eine Verwertung des Anteils bei Fälligkeit und Nichtzahlung der zu sichernden Forderung den Anteil des anderen Gatten unberührt lässt. Freilich gehen mit diesem Fall praktische Probleme einher, so dass diese Fallgestaltung rein tatsächlich aus Sicht des Darlehensgebers zu vernachlässigen sein dürfte, wenn der andere Ehegatte nicht auch seinen Teil belastet. Auch hier kommt dem anderen Ehegatten damit mittelbar die Entscheidungsgewalt über den Abschluss des Vertrages zu. c) Alleineigentum des darlehensnehmenden Gatten Steht das Grundstück hingegen im Alleineigentum des darlehensnehmenden Ehegatten, kommen dem anderen Ehegatten die soeben erörterten Schutzmechanismen nicht zugute. 3. Schutz durch die güterrechtliche Zuordnung der Vermögensmassen Steht das Grundstück im Alleineigentum des Darlehensnehmers, ist zu untersuchen, welche Möglichkeiten dem anderen Ehegatten aufgrund des Güterrechts verleiben, um auf den Vertragsschluss einzuwirken. Es gilt hierbei nach den Güterständen der Zugewinngemeinschaft, der Gütergemeinschaft und der Gütertrennung zu differenzieren. a) Zugewinngemeinschaft, § 1365 BGB Waren die Ehegatten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Immobilienverzehrkreditvertrages verheiratet und befanden sich dabei im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, ist hinsichtlich der aus dem Sicherungs198  MünchKommBGB/Lieder, § 1114 Rn. 24; ähnlich LBS/Haertlein, BankrechtsKommentar, Kap. 25 § 1114 Rn. 2. 199  Langenbucher/Bliesener/Spindler/Haertlein, Bankrechts-Kommentar, Kap. 25 § 1114 Rn. 3; MünchKommBGB/Lieder, § 1114 Rn. 26; BeckOK BGB/Rohe, 47. Ed. 01.08.2018, § 1114 Rn. 1.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata363

vertrag resultierenden Verpflichtung zur Bestellung der Grundschuld und dem darauf folgendem dinglichen Bestellungsakt an § 1365 BGB zu denken.200 Dieser gilt sowohl im Fall des Alleineigentums des darlehensnehmenden Ehegatten bezüglich des gesamten Grundeigentums, als auch für den Miteigentumsanteil am Grundstück des darlehensnehmenden Ehegatten.201 aa) Verfügung über das Vermögen im Ganzen, § 1365 Abs. 1 BGB (1) Aufstellung der Grundsätze § 1365 Abs. 1 BGB macht die Wirksamkeit von rechtgeschäftlichen Verpflichtungen einerseits (§ 1365 Abs. 1 S. 1 BGB) und deren sachenrechtliche Erfüllung andererseits (§ 1365 Abs. 1 S. 2 BGB) von der Einwilligung oder Genehmigung (§ 1366 BGB) des anderen Ehegatten abhängig, wenn es sich hierbei um eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen handelt. Vermögen i. S. v. § 1365 BGB meint Aktivvermögen, so dass Verbindlichkeiten des verfügenden Ehegatten im Grundsatz unberücksichtigt bleiben.202 Nach der herrschenden Einzeltheorie erfüllen auch einzelne Vermögensgegenstände das Tatbestandsmerkmal des Vermögens im Ganzen, wenn diese nahezu den gesamten Wert des Vermögens ausmachen.203 Die in der Rechtsprechung hierfür herausgebildeten Grenzwerte für das Restvermögen liegen schon Schnabl, NZM 2007, 714, 715 Fn. 19. MünchKommBGB/Koch, § 1365 Rn. 56 (zum Verkauf) und Rn. 65 (zur Belastung); hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass ein Teilversteigerungsverfahren eingeleitet wird, auf welchen § 1365 nach überwiegender Meinung analog anzuwenden ist, hierzu statt vieler MünchKommBGB/Koch, §  1365 Rn.  59 ff. m. w. N. 202  BGH, Urt. vom 25.06.1980 – IV b ZR 516/80, BGHZ 77, 293, 295 f. = NJW 1980, 2350; BGH, Urt. vom 02.02.2000 – XII ZR 25/98, BGHZ 143, 356, 359 = NJW 2000, 1947; Erman/Budzikiewicz, § 1365 Rn. 6; MünchKommBGB/Koch, § 1365 Rn. 11; BeckOK-BGB/Siede/Cziupka, 53. Ed. 01.02.2020, § 1365 Rn. 9 Staudinger/Thiele, 2017, § 1365 Rn. 14. 203  BGH, Beschl. vom 28.04.1961 – V ZB 17/60, BGHZ 35, 135, 143 = NJW 1961, 1301; BGH, Urt. vom 26.02.1965 – V ZR 227/62, BGHZ 43, 174 f. = NJW 1965, 909; BGH, Urt. vom 22.04.1975 – VI ZR 90/74, BGHZ 64, 246, 247 = NJW 1975, 1270; BGH, Urt. vom 25.06.1980 – IV b ZR 516/80, BGHZ 77, 293, 295 = NJW 1980, 2350; aus neuerer Zeit siehe BGH, Urt. vom 22.10.2014 – XII ZR 194/13, NJW 2015, 56, 57, Rn. 28 = FamRZ 2015, 121; aus der Literatur Erman/Budzikiewicz, § 1365 Rn. 8 f.; MünchKommBGB/Koch, § 1365 Rn. 16–19; BeckOK-BGB/ Siede/Cziupka, 53. Ed. 01.02.2020, § 1365 Rn. 10; Staudinger/Thiele, 2017, § 1365 Rn. 17; zur Gegenauffassung siehe insbesondere Rittner, FamRZ 1961, 1; Tiedau, MDR 1961, 721. 200  So

201  Vgl.

364

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

bei 15 % bei kleinen Vermögen204 und zehn Prozent bei großen Vermögen205. Vom Verfügungsbegriff umfasst sind nach h. M. auch Belastungen des entsprechenden Vermögensgegenstandes (Grundschuldbestellung), was jedoch im Wege der teleologischen Reduktion206 nur dann zutrifft, wenn die Belastung nahezu den gesamten wirtschaftlichen Wert des Grundstücks aufzehrt.207 Eine allgemeingültige Wertgrenze hat sich zugunsten einer wirtschaftlichen Einzelfallbetrachtung bislang zwar nicht durchsetzen können,208 jedoch wird auch für diese Frage unter Berücksichtigung etwaiger Doppe­ lungen auf die oben genannten Wertgrenzen der Einzeltheorie abgestellt.209 Speziell für die Bestellung von Grundschulden ist zudem zu beachten, dass es nicht auf die Valutierung der zu sichernden Forderung, sondern den Nominalwert der Grundschuld ankommt.210 Denn die Grundschuld belastet das Grundstück – unabhängig von der Forderungshöhe – bis zur Tilgung der Forderung, ab welcher dem Schuldner bzw. Grundeigentümer ein Freigabeanspruch zusteht.211 In subjektiver Hinsicht setzt § 1365 Abs. 1 BGB nach der herrschenden strengen subjektiven Theorie voraus, dass der Geschäftspartner um die Ver204  BGH, Urt. vom 13.03.1991 – XII ZR 79/90, NJW 1991, 1739, 1740 = FamRZ 1991, 669; BGH, Urt. vom 16.01.2013 – XII ZR 141/10, BGHZ 196, 95, 96 Rn. 11 = NJW 2013, 1156; BGH, Urt. vom 22.10.2014 – XII ZR 194/13, NJW 2015, 56, 57, Rn. 28 = FamRZ 2015, 121; zusammenfassend hierzu Staudinger/Thiele, 2017, § 1365 Rn. 47. 205  BGH, Urt. vom 13.03.1991 – XII ZR 79/90, NJW 1991, 1739, 1740 = FamRZ 1991, 669; BGH, Urt. vom 16.01.2013 – XII ZR 141/10, BGHZ 196, 95, 96 Rn. 11 = NJW 2013, 1156. 206  Zum methodischen Unterbau siehe Staudinger/Thiele, 2017, § 1365 Rn. 47. 207  Explizit zur Grundschuld BGH, Urt. vom 07.10.2011 – V ZR 78/11, NJW 2011, 3783 = WM 2012, 73; siehe darüber hinaus BGH, Urt. vom 12.07.1989 – IV b ZR 79/88, NJW 1990, 112 f. = FamRZ 1989, 1051; BGH, Urt. vom 16.01.2013 – XII ZR 141/10, BGHZ 196, 95, 99 Rn. 17 = NJW 2013, 1156; Erman/Budzikiewicz, § 1365 Rn. 18; MünchKommBGB/Koch, §  1365 Rn.  65  f.; BeckOK-BGB/Siede/­ Cziupka, 53. Ed. 01.02.2020, § 1365 Rn. 19.11 f.; Staudinger/Thiele, 2017, § 1365 Rn. 47. 208  BGH, Urt. vom 07.10.2011 – V ZR 78/11, NJW 2011, 3783, 3784, Rn. 11 = WM 2012, 73; Erman/Budzikiewicz, § 1365 Rn. 18; MünchKommBGB/Koch, § 1365 Rn. 66; Staudinger/Thiele, 2017, § 1365 Rn. 48. 209  Erman/Budzikiewicz, § 1365 Rn. 18; MünchKommBGB/Koch, § 1365 Rn. 66; BeckOK-BGB/Siede/Cziupka, 53. Ed. 01.02.2020, § 1365 Rn. 19.12.; Staudinger/ Thiele, 2017, § 1365 Rn. 48. 210  BGH, Urt. vom 07.10.2011 – V ZR 78/11, NJW 2011, 3783, 3784, Rn. 8 = WM 2012, 73; BeckOK-BGB/Siede/Cziupka, 53. Ed. 01.02.2020, § 1365 Rn. 19.11; Staudinger/Thiele, 2017, § 1365 Rn. 48. 211  BGH, Urt. vom 07.10.2011 – V ZR 78/11, NJW 2011, 3783, 3784 Rn. 7 f. = WM 2012, 73; Staudinger/Thiele, 2017, § 1365 Rn. 48.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata365

fügung über das Vermögen im Ganzen weiß oder zumindest die Umstände kennt, aus denen sich diese ergibt.212 (2) Anwendung der Grundsätze Fraglich ist, ob § 1365 Abs. 1 BGB nach den aufgestellten Maßstäben – unter Zugrundelegung einer generalisierten Betrachtung – den Abschluss des Immobilienverzehrkredits bzw. der Sicherungsabrede und der zur Erfüllung dieser notwendigen Bestellung der Grundschuld erfasst. So ist zunächst der Frage nachzugehen, ob die Verpflichtung zur Grundschuldbestellung als Verfügung über das Vermögen im Ganzen anzusehen ist. Dass auch die Belastung eines Grundstücks eine Verfügung in diesem Sinn darstellen kann, wenn der wirtschaftliche Wert des Grundstücks hiervon nahezu aufgezehrt wird, wurde soeben festgestellt. Konkret für den Immobi­ lienverzehr gilt, dass dieser im Regelfall für solche Darlehensnehmer konzipiert ist, die über wenig oder gar keine Liquidität und damit verbunden über ein geringes oder gar kein Einkommen verfügen. Hiermit einher geht im Regelfall die Feststellung, dass auch keine sonstigen Sicherungsgegenstände zur Verfügung stehen, so dass das Grundstück mangels Liquidität und sonstigem Vermögen den einzigen Vermögenswert darstellen wird. Hinsichtlich der vorzunehmenden wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung kann damit im Regelfall davon ausgegangen werden, dass das Grundstück gemessen am hypothetisch nach der Verfügung noch vorhandenen Vermögen über 85 % am Gesamtvermögen ausmachen wird. Die Grenze von 90 %, die die Rechtsprechung im Fall eines großen Vermögens anlegt, ist hierbei zu vernachlässigen, da Parteien, die über ein großes Vermögen verfügen, im Regelfall nicht auf den Abschluss eines Immobilienverzehrkreditvertrages angewiesen sein werden. Vielmehr verfügen diese über ausreichend Liquidität, um notwendige Instandhaltungsarbeiten oder sonstige altersbedingte Kosten aus eigenen Mitteln zu decken.213 Dass die Darlehensvaluta u. U. lediglich monatsweise ausgezahlt wird, so dass erst im Todeszeitpunkt des Darlehensnehmers von einer vollständigen Valutierung ausgegangen werden kann, steht nach dem Gesagten der Anwendung von § 1365 Abs. 1 BGB nicht entgegen, da auf den Nominalwert der Grundschuld abzustellen ist. 212  BGH, Urt. vom 22.04.1975 – VI ZR 90/74, BGHZ 64, 246, 247 = NJW 1975, 1270; BGH, Urt. vom 21.03.1996 – III ZR 106/95, BGHZ 132, 218, 221 = NJW 1996, 1740; BGH, Urt. vom 22.10.2014 – XII ZR 194/13, NJW 2015, 56, 57, Rn. 28 = FamRZ 2015, 121; Erman/Budzikiewicz, § 1365 Rn. 11b; MünchKommBGB/ Koch, § 1365 Rn. 33 und 67; BeckOK-BGB/Siede/Cziupka, 53. Ed. 01.02.2020, § 1365 Rn. 17; Staudinger/Thiele, 2017, § 1365 Rn. 20. 213  Ähnlich bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882 f.

366

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

Probleme bereitet indes die Frage, ob durch die Belastung der gesamte wirtschaftliche Wert des Grundstücks betroffen wird, da der Kreditgeber im Regelfall nicht den gesamten Grundstückswert beleiht, sondern einen Sicherungsabschlag vornehmen wird, der zwischen zehn und zwanzig Prozent des Grundstückswertes rangiert.214 Legt man die in der Literatur vorgeschlagenen Grenzen an, so hinge die Anwendbarkeit von § 1365 BGB entscheidend von der Höhe des vom Darlehensgeber zu kalkulierenden Sicherheitsabschlags ab. Es gilt jedoch zu beachten, dass der Sicherheitsabschlag regelmäßig nur die Auszahlung des Darlehens und damit die schuldrechtliche Ebene erfassen, in concreto also lediglich die Höhe des Auszahlungsbetrags verringern wird.215 Allein der Umstand, dass das Grundstück als einziges Haftungsobjekt zur Verfügung steht, gebietet aus wirtschaftlicher Sicht, den Nominalwert der Grundschuld auf den gesamten Grundstückswert zu erstrecken. Ob der Darlehensgeber mit Blick auf die subjektiven Anforderungen des Tatbestandes weiß, dass das Grundstück das gesamte Vermögen des Darlehensnehmers ausmacht, ist eine Frage des Einzelfalls. Für den Regelfall dürfte jedoch gelten, dass der Darlehensgeber im Rahmen der (internen) Bewertung der Kreditrisiken Kenntnis vom Verfügungscharakter erlangen wird. Auch spricht hierfür der Geschäftszweck des Verzehrkredits,216 da der Darlehensnehmer ansonsten (d. h. bei sonstig vorhandenem Vermögen) ein herkömmliches Darlehen in Anspruch nehmen könnte. Nach dem Gesagten ist somit davon auszugehen, dass der Tatbestand des § 1365 Abs. 1 BGB regelmäßig einschlägig sein wird, wenn im Zeitpunkt der (Verpflichtung zur) Verfügung die Ehe bestanden hat und die Parteien durch Ehevertrag nicht vom gesetzlichen Güterstand abgewichen sind.217 Demnach hängt die Wirksamkeit des Vertrages und der Grundschuldbestimmung von der Zustimmung bzw. Genehmigung des anderen Ehegatten ab. Dieser kann das Risiko der Zwangsvollstreckung durch Verweigerung der Einwilligung/Genehmigung grundsätzlich ausschließen. 214  Siehe hierzu aus rechtstatsächlicher Sicht mit aktuellen Zahlen Krauß, notar 2017, 312, 320; ders., ErbR 2017, 530, 534; aus früherer Zeit Kulms, ZfIR 2002, 614, 618; siehe darüber hinaus das Beispiel bei Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 107; allgemein zum Sicherheitsabschlag S. 46. 215  Siehe hierzu die Prozentangaben zur Auszahlungshöhe bei CFPB, Report to Congress, S. 18; siehe zu den Auswirkungen der Risiken auf die Auszahlungshöge auch Arentz, Immobilienverzehr, S. 126; Leis, Reverse Mortgage, S. 123; auch Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages, S. 46; allgemein zur Kalkulation S.  118 ff. 216  Siehe hierzu Kapitel 2: B.II.1.a), Liquiditätsbedürfnis und Eigenkapitalbindung, S.  65 ff. 217  Ähnlich bereits Schnabl, NZM 2007, 714, 715 Fn. 19.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata367

bb) Ersetzung der Zustimmung, § 1365 Abs. 2 BGB Allerdings kann die Zustimmung des anderen Ehegatten gem. § 1365 Abs. 2 BGB durch das Familiengericht ersetzt werden, wenn die (Verpflichtung zur) Verfügung den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht und der andere Gatte die Zustimmung ohne ausreichenden Grund verweigert oder durch Krankheit oder Abwesenheit an der Abgabe gehindert ist und mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. (1) Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung (a) Aufstellung der Grundsätze Hinsichtlich der Frage der Ordnungsgemäßheit der Verwaltungsmaßnahme stellt die Rechtsprechung darauf ab, ob „ein sorgfältiger Wirtschafter mit rechter ehelicher Gesinnung“ das Rechtsgeschäft eingegangen wäre.218 Hinter der Formel steht in erster Linie die Frage der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit, nicht Erforderlichkeit des Geschäfts.219 Bestehen mehrere alternative Verwaltungsmaßnahmen, entspricht das Geschäft dann nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Wahl der Alternative unter ökonomischen Gesichtspunkten evident zweckmäßiger erscheint.220 Konkret betrifft dies bspw. die Frage nach dem Verhältnis von Mietwert und laufenden Grundstückskosten.221 Übersteigen die laufenden Kosten des Grundstücks eine durch die Vermietung desselben erlösbare Miete, spricht

218  BayObLG, Beschl. vom 09.07.1963 – BReg. 1 Z 25/63, BayObLGZ 1963, 183, 186 und 188 = FamRZ 1963, 521; BayObLG, Beschl. vom 02.04.1968 – BReg. 1 a Z 6/68, BayObLGZ 1968, 97, 99 = FamRZ 1968, 315; BayObLG, Beschl. vom 08.01.1975 – BReg. 3 Z 102/74, NJW 1975, 833 = MDR 1975, 491; BayObLG, Beschl. vom 23.05.1985 – BReg. 1 Z 21/85, FamRZ 1985, 1040, 1041; OLG Hamm, Beschl. vom 14.03.1967 – 15 W 443/66, FamRZ 1967, 572, 573 = BWNotZ 1967, 313; OLG Köln, Beschl. vom 26.05.2004 – 16 Wx 80/04, NJW-RR 2005, 4, 5. 219  BayObLG, Beschl. vom 09.07.1963 – BReg. 1 Z 25/63, BayObLGZ 1963, 183, 187 = FamRZ 1963, 521; BayObLG, Beschl. vom 02.04.1968 – BReg. 1 a Z 6/68, BayObLGZ 1968, 97, 99 = FamRZ 1968, 315; BayObLG, Beschl. vom 08.01.1975 – BReg. 3 Z 102/74, NJW 1975, 833 = MDR 1975, 491; OLG Hamm, Beschl. vom 14.03.1967 – 15 W 443/66, FamRZ 1967, 572, 573 = BWNotZ 1967, 313; MünchKommBGB/Koch, § 1365 Rn. 97; BeckOK-BGB/Siede/Cziupka, 53. Ed. 01.02.2020, § 1365 Rn. 30. 220  BayObLG, Beschl. vom 23.05.1985 – BReg. 1 Z 21/85, FamRZ 1985, 1040, 1041; MünchKommBGB/Koch, § 1365 Rn. 97. 221  OLG Köln, Beschl. vom 26.05.2004 – 16 Wx 80/04, NJW-RR 2008, 8, 9.

368

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

dies indiziell für die Wirtschaftlichkeit des Verkaufs, insofern keine gegenteiligen Interessen oder Umstände entgegenstehen.222 Auch die Gegenleistung ist in die Frage der ordnungsgemäßen Verwaltung einzustellen.223 Diese muss zwar nicht dem objektiven Marktwert entsprechen.224 Allerdings ist bspw. zu berücksichtigen, dass eine Zwangsversteigerung in der Regel weniger Geldmittel erlösen wird als ein freihändiger Verkauf.225 Auch zu berücksichtigen ist, ob die Gegenleistung lediglich einseitig dem verfügenden Gatten zugutekommt, etwa bei Auszahlung einer Leibrente, die an den Tod dieses Ehegatten gekoppelt ist.226 Unter Beachtung dieser wirtschaftlichen Maßstäbe folgt aus dem Merkmal der rechten ehelichen Gesinnung jedoch, dass auch die sonstigen Interessen der gesamten Familie,227 die von § 1365 Abs. 1 BGB geschützten Interessen des anderen Ehegatten228 sowie sonstige ideelle Gründe229 bei der Abwägung zu berücksichtigen sind. Die Abwägung fällt zugunsten des verfügenden Gatten aus, wenn ein Vergleich der Vor- und Nachteile vor und nach der Verfügung ergibt, dass die Vorteile der Verfügung die Nachteile derselben überwiegen.230 (b) Anwendung der Grundsätze Nach den aufgestellten Grundsätzen kommt es hinsichtlich der Frage, ob der Abschluss eines Immobilienverzehrkreditvertrages den Grundsätzen ord222  OLG

Köln, Beschl. vom 26.05.2004 – 16 Wx 80/04, NJW-RR 2008, 8, 9. 53. Ed. 01.02.2020, § 1365 Rn. 32; Staudinger/ Thiele, 2017, § 1365 Rn. 77. 224  BayObLG, Beschl. vom 09.07.1963 – BReg. 1 Z 25/63, BayObLGZ 1963, 183, 189 = FamRZ 1963, 521. 225  BayObLG, Beschl. vom 23.05.1985 – BReg. 1 Z 21/85, FamRZ 1985, 1040, 1041. 226  Staudinger/Thiele, 2017, § 1365 Rn. 77. 227  OLG Hamm, Beschl. vom 14.03.1967 – 15 W 443/66, FamRZ 1967, 572, 573 = BWNotZ 1967, 313; BayObLG, Beschl. vom 23.05.1985 – BReg. 1 Z 21/85, FamRZ 1985, 1040, 1041; OLG Köln, Beschl. vom 10.01.2007 – 16 Wx 237/06, NJW-RR 2008, 8, 9; MünchKommBGB/Koch, § 1365 Rn. 97; BeckOK-BGB/Siede/ Cziupka, 53. Ed. 01.02.2020, § 1365 Rn. 30. 228  BayObLG, Beschl. vom 08.01.1975 – BReg. 3 Z 102/74, NJW 1975, 833 = MDR 1975, 491; MünchKommBGB/Koch, § 1365 Rn. 97; BeckOK-BGB/Siede/­ Cziupka, 53. Ed. 01.02.2020, § 1365 Rn. 30. 229  BayObLG, Beschl. vom 09.07.1963 – BReg. 1 Z 25/63, BayObLGZ 1963, 183, 189 f. = FamRZ 1963, 521 (Einräumung eines Wohnrechts trotz angespannten Verhältnisses zwischen zweiter Ehefrau und Kind aus erster Ehe). 230  BayObLG, Beschl. vom 23.05.1985 – BReg. 1 Z 21/85, FamRZ 1985, 1040, 1041. 223  BeckOK-BGB/Siede/Cziupka,



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata369

nungsgemäßer Verwaltung entspricht, auf den jeweiligen Einzelfall an. Generell gilt es zu beachten, dass der Darlehensnehmer im Grundsatz vor der Entscheidung steht, das Grundstück zu verkaufen oder einen Immobilienverzehrkreditvertrag aufzunehmen, um mit Hilfe eines Teils der ausgezahlten Mittel das Grundstück instand zu halten. Von maßgeblicher Bedeutung ist damit, ob der Vorteil der hypothetisch ersparten Miete in Kombination mit den ausgezahlten Mitteln einem durch freihändigen Verkauf zu erzielenden Erlös zumindest annährend gleichkommen wird. Eine vollständige Realisierung des objektiven Marktwertes ist nicht erforderlich. Ob ein etwaiger Zwangsversteigerungs-Überschuss nach Tod des Darlehensnehmers zu berücksichtigen ist, scheint mit Blick auf die Zahl der Variablen der Kalkulation (Lebenserwartung, Grundstückswert, Zinshöhe)231 fraglich. In die wirtschaftliche Betrachtung ist zudem die Erwägung einzustellen, dass sich die Ehegatten im Fall des Immobilienverzehrkredits etwaige Kosten für einen altersgerechten Umbau und für den Umzug ersparen. Neben diesen wirtschaftlichen Erwägungen sind sonstige Gründe, die für oder gegen die Aufnahme eines Immobilienverzehrkredits sprechen, in die Betrachtung einzustellen. So würde für die Aufnahme des Kredits beispielsweise sprechen, dass das Grundstück ebenfalls von minderjährigen Kindern bewohnt wird, die durch den Verkauf und Umzug in ihrer Entwicklung beeinträchtigt werden könnten.232 Auch wenn die Kinder bereits erwachsen sind kann ein schützenswertes Interesse am Erhalt des Hauses bestehen, wenn seinerseits Enkelkinder das Haus bewohnen. Auch sonstige Faktoren, wie etwa ein durch besondere Umstände begründetes, gesteigertes Affek­ tionsinteresse am Haus, altersbedingte Eingewöhnungsschwierigkeiten an fremden Orten oder körperliche Einschränkungen, die einen Umzug unmöglich machen, sind zu berücksichtigen. (2) Ausreichende Gründe zur Verweigerung (a) Aufstellung der Grundsätze Entspricht die Aufnahme des Immobilienverzehrkredits den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, kann der Ehegatte gem. § 1365 Abs. 2 BGB die Zustimmung verweigern, wenn hierfür ausreichende Gründe vorliegen.233 231  Siehe hierzu ausführlich oben Kapitel 2: B.I.2.a), Das Überschreitungsrisiko als Kernrisiko, S. 60. 232  Ähnlich OLG Köln, Beschl. vom 10.01.2007 – 16 Wx 237/06, NJW-RR 2008, 8, 9. 233  Ausgespart wird die Frage der Verhinderung des Ehegatten nach § 1365 Abs. 2 Alt. 2 BGB.

370

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

Ob ausreichende Gründe zur Verweigerung der Zustimmung vorliegen, ist anhand einer Abwägung der beiderseitigen Interessen im Einzelfall festzustellen.234 Zugunsten des anderen Ehegatten können nur solche Gründe in die Abwägung eingestellt werden, die den Schutzzweck von § 1365 Abs. 2 BGB (Sicherung der wirtschaftlichen Grundlage der ehelichen Lebensgemeinschaft sowie des Zugewinnausgleichsanspruchs)235 betreffen. Hinsichtlich des Merkmals der Gefährdung der wirtschaftlichen Basis der ehelichen Lebensgemeinschaft ist danach zu fragen, ob die aus dem Rechtsgeschäft stammenden Gegenleistungen die wirtschaftliche Basis der Ehe zu erhalten vermögen.236 Zugunsten der Verweigerung durch den anderen Gatten können zudem nachteilige Folgen des Geschäfts berücksichtigt werden.237 Zu nennen ist der Verlust des Besitzes an der ehelichen Wohnung238 oder eine generell mangelnde Sicherstellung der Versorgung des anderen Gatten239. Entgegen der Meinung von Siede/Cziupka240 kann der Rechtsprechung des OLG Stuttgart nichts Gegenteiliges entnommen werden, da dort das Interesse am Besitz der Wohnung nicht schlechthin verneint, sondern die Notwendigkeit einer Abwägung der Interessen betont wird.241 Da­ rüber hinaus können auch ideelle Gründe im Rahmen der Abwägungsentscheidung berücksichtigt werden, wenn diese nicht unsachlich oder (außerhalb der Grenzen des § 1365 Abs. 1 BGB) eigennützig sind.242

234  BayObLG, Beschl. vom 02.04.1968 – BReg. 1a Z 6/68, BayObLGZ 1968, 97, 101 f. = FamRZ 1968, 315; BayObLG, Beschl. vom 08.01.1975 – BReg. 3 Z 102/74, NJW 1975, 833, 834 = MDR 1975, 491; MünchKommBGB/Koch, § 1365 Rn. 100. 235  Zu den Schutzzwecken statt vieler MünchKommBGB/Koch, § 1365 Rn. 1 f. 236  BayObLG, Beschl. vom 02.04.1968 – BReg. 1a Z 6/68, BayObLGZ 1968, 97, 100 = FamRZ 1968, 315; BayObLG, Beschl. vom 08.01.1975 – BReg. 3 Z 102/74, NJW 1975, 833, 834 = MDR 1975, 491. 237  BayObLG, Beschl. vom 02.04.1968 – BReg. 1a Z 6/68, BayObLGZ 1968, 97, 100 = FamRZ 1968, 315; BayObLG, Beschl. vom 08.01.1975 – BReg. 3 Z 102/74, NJW 1975, 833, 834 = MDR 1975, 491. 238  OLG Stuttgart, Beschl. vom 03.12.1981 – 8 W 284/81, NJW 1983, 634; a. A. BeckOK-BGB/Siede/Cziupka, 53. Ed. 01.02.2020, § 1365 Rn. 33. 239  OLG Hamm, Beschl. vom 14.03.1967 – 15 W 443/66, FamRZ 1967, 572, 573 = BWNotZ 1967, 313; Staudinger/Thiele, 2017, § 1365 Rn. 82. 240  BeckOK-BGB/Siede/Cziupka, 53. Ed. 01.02.2020, § 1365 Rn. 33. 241  OLG Stuttgart, Beschl. vom 03.12.1981 – 8 W 284/81, NJW 1983, 634. 242  OLG Hamm, Beschl. vom 14.03.1967 – 15 W 443/66, FamRZ 1967, 572, 573 = BWNotZ 1967, 313; BayObLG, Beschl. vom 08.01.1975 – BReg. 3 Z 102/74, NJW 1975, 833, 834 = MDR 1975, 491; Staudinger/Thiele, 2017, § 1365 Rn. 80; a. A. BeckOK-BGB/Siede/Cziupka, 53. Ed. 01.02.2020, § 1365 Rn. 33, die das Inte­ resse des Ehegatten an der ehelichen Wohnung, entgegen des Schutzzwecks von § 1365 BGB, als eigennützig einstufen.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata371

Daneben wird die Abwägung regelmäßig dann zugunsten des Ehegatten ausgehen, wenn dieser durch die Zustimmung seinen Zugewinnausgleichsanspruch in konkreter Art und Weise gefährden würde,243 also wenn eine Gefährdung des Anspruchs nach Würdigung aller Einzelfallumstände nicht unwahrscheinlich erscheint.244 (b) Anwendung der Grundsätze In concreto spricht für den verfügenden Ehegatten hinsichtlich des Schutzzwecks des Erhalts der wirtschaftlichen Grundlage der ehelichen Gemeinschaft, dass durch Aufnahme des Immobilienverzehrkredits der status quo erhalten wird. Denn durch die Aufnahme zusätzlicher Liquidität können notwendige Instandhaltungsarbeiten vorgenommen oder sonstige Grundstückskosten (bspw. Grundsteuer) gezahlt werden, so dass es den Ehegatten möglich bleibt, das Grundstück weiterhin zu bewohnen. Allerdings fließt die Liquidität den Ehegatten nicht ohne Erhebung von Zinsen zu, die den wirtschaftlichen Wert der Zahlung mindern. Zudem droht im Todesfall des Darlehensnehmers die Verwertung des Grundstücks, so dass der andere Ehegatte in diesem Fall seine wirtschaftliche Existenzgrundlage verlieren würde. Zudem wird ab diesem Zeitpunkt die Auszahlung der Darlehensvaluta eingestellt, so dass dem Ehegatten darüber hinaus weniger Geld zur Verfügung stünde. Zugunsten des verfügenden Gatten ist in diesem Kontext jedoch zu berücksichtigen, dass der andere Gatte auch dann seine Lebensgrundlage verlieren würde, wenn die Verwertung des Grundstücks aufgrund der zu hohen Kosten obligatorisch wäre.245 Für die Abwägung von wesentlicher Bedeutung dürfte zudem die Frage sein, ob der Darlehensgeber bereit ist, den anderen Gatten als Darlehensnehmer am Vertrag zu beteiligen. In diesem Fall würde sich die Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung nach dem Todeszeitpunkt des zuletzt versterbenden Ehegatten richten, so dass sich der andere Ehegatte keiner Zwangsvollstreckung bei Vorversterben des anderen Teils gegenübersähe. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Höhe der Auszahlung aufgrund des gesteigerten ­Risikos in diesem Fall für den Darlehensgeber geringer ausfallen würde.246 243  BGH, Beschl. vom 08.03.1978 – IV ZB 32/76, NJW 1978, 1380, 3181 = WM 1978, 489; BayObLG, Beschl. vom 23.05.1985 – BReg. 1 Z 21/85, FamRZ 1985, 1040, 1041; Staudinger/Thiele, 2017, § 1365 Rn. 81. 244  BayObLG, Beschl. vom 08.01.1975 – BReg. 3 Z 102/74, NJW 1975, 833, 834 = MDR 1975, 491. 245  BayObLG, Beschl. vom 09.07.1963 – BReg. 1 Z 25/63, BayObLGZ 1963, 183, 189 = FamRZ 1963, 521. 246  CFPB, Report to Congress, S. 134; Jakubowicz, 54 U. Louisville L. Rev., 183, 201 (2016); Robertson, 27 Quinnipiac. Prob. L. J., 94, 98 (2013); siehe hierzu bereits oben Kapitel 3: B.I.4., Schutz dritter Parteien, S. 85.

372

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

Aus dem zweiten Schutzzweck von § 1365 Abs. 1 BGB (Sicherstellung der Werthaltigkeit des Zugewinnanspruchs247) wird indes regelmäßig ein Verweigerungsgrund abzuleiten sein. Denn durch Aufnahme des Immobilienverzehrkredits wird aus wirtschaftlicher Sicht die Verwertung des Grundstücks antizipiert, welches folglich – zumindest im Todesfall des Darlehensnehmers – aus seinem Vermögen ausscheidet und damit nicht für die Bewertung des Endvermögens (§ 1375 Abs. 1 S. 1 BGB) herangezogen werden kann. In der Folge fällt der Zugewinn geringer aus, der sich aus der Differenz von Anfangs- und Endvermögen gem. § 1373 BGB errechnet, womit gleichsam die Höhe des Ausgleichsanspruchs nach § 1378 Abs. 1 BGB gemindert wird. Zwar wird durch die Darlehensvergabe gleichermaßen das Geldvermögen des Ehegatten erhöht. Die Geldmittel werden jedoch regelmäßig zur Instandhaltung des Grundstücks und Zahlung der Grundsteuer eingesetzt, so dass der zugeflossene Geldwert ebenfalls aus dem Vermögen des verfügenden Ehegatten ausscheiden wird. Zusätzlich ist die Zinsbelastung zu beachten. Die Erzielung eines Übererlöses bei der Zwangsversteigerung des Grundstücks, der zur Kompensation eines Teils des Grundstückswertes herangezogen werden könnte, scheint indes ungewiss und muss vernachlässigt werden. Nach dem Gesagten kann somit regelmäßig von einer konkreten Gefährdung des Ausgleichsanspruchs ausgegangen werden. cc) Ergebnis Als Zwischenergebnis kann festgehalten werden, dass die Verpflichtung zur Bestellung und die Bestellung der Grundschuld im Regelfall die Zustimmung bzw. Genehmigung des anderen Ehegatten voraussetzen. Auch wenn das Geschäft häufig den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen wird, wird der andere Ehegatte dennoch die Zustimmung bzw. Genehmigung begründet verweigern dürfen. In diesem Fall kann der andere Ehegatte einseitig durch Verweigerung der Zustimmung bzw. Genehmigung auf den Vertragsschluss einwirken und damit das Risiko der Zwangsvollstreckung a priori ausschließen. b) Gütergemeinschaft, § 1424 BGB Waren die Ehegatten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses verheiratet und haben sie den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart, könnte dem 247  Statt

vieler MünchKommBGB/Koch, § 1365 Rn. 2.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata373

nicht verwaltungsbefugten Ehegatten § 1424 BGB zugutekommen, wenn das Grundstück zum Gesamtgut der Ehegatten gehört. § 1424 BGB bestimmt, dass der verwaltende Ehegatte nur mit Zustimmung des anderen Gatten über das Grundstück verfügen (S. 1) und die entsprechende Verpflichtung eingehen (S. 2) darf. Genauso wie im Fall des § 1365 Abs. 1 BGB unterfällt dem Begriff der Verfügung auch die Belastung des Grundstücks.248 Ebenfalls kann die Zustimmung des anderen Ehegatten gem. § 1426 BGB durch das Familiengericht ersetzt werden, wenn das Geschäft den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und der andere Ehegatte seine Einwilligung ohne ausreichenden Grund verweigert. Im Grundsatz kann hierbei auf die oben aufgestellten Grundsätze und Erwägungen verwiesen werden,249 wobei es jedoch zu beachten gilt, dass das Vermögen beiden Ehegatten zukommt, so dass hinsichtlich der Frage der Ordnungsgemäßheit des Rechtsgeschäfts ein strengerer wirtschaftlicher Maßstab anzulegen ist als dies bei § 1365 Abs. 2 BGB der Fall ist.250 c) Gütertrennung, § 1414 BGB Der Grundkonzeption des Güterstandes der Gütertrennung folgend bestehen keine familienrechtlichen Spezialregelungen (insbesondere Verfügungs­ beschränkungen),251 die dem anderen Ehegatten bei Abschluss eines Immobilienverzehrkredits zugutekommen würden. Vielmehr stehen sich die Vermögensmassen der beiden Ehegatten aus güterrechtlicher Perspektive252 wie die Vermögensmassen von Unverheirateten gegenüber.253 Dem nicht am Vertrag beteiligten Ehegatten kommen damit keinerlei fami­ lienrechtliche Rechtsinstitute zur Hilfe.

248  Erman/Heinemann, § 1424 Rn. 2; MünchKommBGB/Münch, § 1424 Rn. 5; Staudinger/Thiele, 2018, § 1424 Rn. 9. 249  Siehe hierzu oben Kapitel 5: A.IV.3.a)bb), Ersetzung der Zustimmung, § 1365 Abs. 2 BGB, S. 367. 250  Erman/Heinemann, § 1426 Rn. 1; MünchKommBGB/Münch, § 1426 Rn. 3; BeckOK-BGB/Siede, 53. Ed. 01.02.2020, § 1426 Rn. 5; Staudinger/Thiele, 2018, § 1426 Rn. 5. 251  Erman/Heinemann, § 1414 Rn. 1; MünchKommBGB/Münch, Vor. § 1414 Rn. 6 und 16; Staudinger/Thiele, 2018, Vor. § 1414 Rn. 1. 252  Die allgemeinen Ehewirkungen, die im Einzelnen auch vermögensrechtliche Bedeutung erlangen, sind freilich auch im Fall der Gütertrennung nicht ausgeschlossen, hierzu statt vieler Staudinger/Thiele, 2018, Vor. § 1414 Rn. 2. 253  BayObLG, Beschl. vom 09.09.1960 – BReg. 2 Z 121/60, BayObLGZ 1960, 370, 375 = FamRZ 1961, 220; Erman/Heinemann, § 1414 Rn. 1; MünchKommBGB/ Münch, Vor. § 1414 Rn. 1; Staudinger/Thiele, 2018, Vor. § 1414 Rn. 10.

374

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

V. Schutz der Erben Abschließend bleibt zu untersuchen, welchen Schutz die Erben des Darlehensnehmers vor bzw. nach dessen Tod genießen. 1. Schutz der vermögensrechtlichen Basis der Erbmasse § 2286 BGB stellt klar, dass der Erblasser durch Abschluss eines Erbvertrages – in den Grenzen der § 2287 und § 2288 BGB – nicht in seiner lebzeitigen Verfügungsbefugnis beeinträchtigt wird. Aufgrund der geringeren Bindungswirkung gilt dies erst recht für eine testamentarische Erbeinsetzung.254 Belastet der Erblasser demnach sein Vermögen ohne Schädigungsabsicht durch den Abschluss eines Immobilienverzehrkreditvertrages samt Bestellung einer Grundschuld, hat der Erbe, genauso wie bei der Aufnahme eines herkömmlichen Immobiliarkredits, keine rechtliche Handhabe, um den Bestand des Grundstücks und damit die vermögensrechtliche Basis der Erbmasse zu schützen.255 Auch der Weg über das Recht der Pflichtteilsergänzung (§§ 2303 Abs. 1, 2325 Abs. 1 BGB) ist nicht gangbar, da der Immobilienverzehrkreditvertrag vertragstypologisch keine Schenkung, sondern ein Darlehen darstellt.256 Zudem ist mit Abschluss des Vertrages keine Erbeinsetzung der Bank bzw. Ausschluss der gesetzlichen Erben verbunden.257 Auch ein Anspruch der Erben aus § 826 BGB ist wegen des legitimen Eigeninteresses des Darlehensnehmers am Vertragsschluss ausgeschlossen.258 2. Recht zur Auslöse des Sicherungsgegenstandes Das im US-amerikanischen Recht als redemption bezeichnete Recht ergibt sich aus deutschrechtlicher Perspektive bereits aus dem Grundsatz der Universalsukzession (§ 1922 Abs. 1 BGB), welcher den Erben sowohl in die

254  Im Kontext von Art. 24 EuErbVO siehe MünchKommBGB/Dutta, Art. 24 EuErbVO Rn. 5; indirekt auch Staudinger/Kanzleiter, 2019, § 2286 Rn. 1; MünchKommBGB/Musielak, Vor. § 2274 Rn. 1. 255  Schnabl, NZM 2007, 714, 718, der daneben eine Analoge der Anfechtungsvorschriften diskutiert, jedoch mangels Regelungslücke im Ergebnis ablehnt. 256  Schnabl, NZM 2007, 714, 718; siehe ausführlich zur Abgrenzung von der Schenkung oben Kapitel 4: A.III.2., Abgrenzung von der Schenkung, S. 175. 257  Schnabl, NZM 2007, 714, 718. 258  Schnabl, NZM 2007, 714, 718.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata375

Position des Darlehensnehmers als auch des Grundschuldschuldners eintreten und Eigentum und Besitz am Grundstück erwerben lässt.259 Dem Erben steht es damit offen, das Darlehen zurückzuzahlen bzw. auf die Grundschuld zu leisten, um somit die Zwangsvollstreckung in das Grundstück (§§ 1147, 1192 Abs. 1 BGB) zu verhindern. Eine haftungsbewehrte Pflicht hierzu besteht indes nicht, da die Wirkungen der zwischen Erblasser und Darlehensgeber vereinbarten Haftungsbeschränkung qua Vertragsübergang ebenfalls zugunsten der Erben eingreifen. Entscheidet sich der Erbe folglich gegen eine Rückzahlung des Darlehens, kann der Darlehensgeber allenfalls das Grundstück unter Gebrauch der Grundschuld zwangsverwerten – eine darüber hinausgehende persönliche Haftung der Erben ist ausgeschlossen. Übersteigt der Wert der Rückzahlungsverpflichtung die durch die Zwangsvollstreckung erlösten Mittel, kann der Erbe dem Darlehensgeber ebenfalls die Einwendung der beschränkten Haftung entgegenhalten. Im umgekehrten Fall besteht ein schuldrechtlicher Anspruch des Erben auf Auskehr des Mehrerlöses.260

VI. Schlussfolgerung: Der Schutzumfang de lege lata Nach der Erörterung der Rechtslage de lege lata, bleibt abschließend zu bewerten, ob die genannten Rechtsinstitute die immobilienverzehrspezifischen Risiken zu bekämpfen imstande sind, oder ob es im Umkehrschluss einer Neuregelung de lege ferenda bedarf. 1. Informationsdefizit des Verbrauchers Nach allgemeinen Grundsätzen kann dem Informationsdefizit entweder durch den (konkludenten) Abschluss eines Beratungsvertrages, der vorvertraglichen Verpflichtung zur Aufklärung seitens des Darlehensgebers oder durch das AGB-rechtliche Transparenzgebot begegnet werden. Die Tauglichkeit der genannten Rechtsinstitute zur Bekämpfung des Informationsdefizits scheint indes fraglich. a) Beratungsvertrag Im Grundsatz hilft der Beratungsvertrag dem Informationsdefizit des Verbrauchers ab, da der Beratungspflicht zugleich eine Aufklärung über alle 259  Schnabl,

NZM 2007, 714, 718. hierzu mit Nachweisen bereits oben Kapitel 4: C.V.4., Abwarten der Zwangsvollstreckung, S. 323. 260  Siehe

376

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

entscheidungserheblichen Tatsachen immanent ist. Die Pflicht greift jedoch nur dann ein, wenn der Beratungsvertrag auch geschlossen wird. Der Vertragsschluss hängt indes von den Unwägbarkeiten des jeweiligen Einzelfalls ab, so dass hierdurch kein genereller Verbraucherschutz erreicht wird. Zwar könnte eingewendet werden, dass dies einen Vorteil gegenüber den starren Regelungen des Verbraucherdarlehensrechts darstellt, da nicht alle Personen, unabhängig von deren persönlichen Kompetenz, Vorbereitung etc., dem Begriff des Verbrauchers unterworfen werden und unter Umständen über bereits bekannte Umstände aufgeklärt und beraten werden müssen. Vielmehr kann im Einzelfall, wenn eine Beratung durch die andere Partei gewünscht ist, auf die individuellen Schwächen des Verbrauchers eingegangen werden. Auch wenn diese Konsequenz unter Hinweis auf die allgemeine Rechtsgeschäftslehre folgerichtig ist, überzeugt das Ergebnis mit Blick auf die Risiken des Immobilienverzehrkreditvertrages und der Willkür der Ergebnisse nicht. Ein typisiertes Anknüpfen an den Begriff des Verbrauchers ohne Rücksicht auf dessen tatsächliches Schutzbedürfnis ist dem Regelungskonzept des Verbraucherschutzrechts im Gegenteil sogar immanent.261 Eine Beachtung individueller Umstände ist damit kein spezifisches Argument, sondern eine generelle Systemfrage, die bezüglich des vorliegenden Untersuchungsgegenstandes außer Betracht bleiben muss. Der Beratungsvertrag ist damit wenig geeignet, um dem strukturellen Problem des Informationsdefizits des Verbrauchers abzuhelfen. b) Allgemeine vorvertragliche Informationspflichten Ähnliches gilt für die allgemeinen vorvertraglichen Aufklärungspflichten. Auch deren Bestand, Inhalt und Umfang hängen von der Bewertung der Einzelfallumstände ab, so dass kein zwingendes und einheitliches Schutz­ niveau erreicht wird. Es ist bereits fraglich, was unter den spezifischen Details der vertraglichen Gestaltung i. S. d. Rechtsprechung des BGH zu verstehen ist. Anders als bei gesetzlich statuierten Pflichten sieht sich der Darlehensgeber bei der Beantwortung dieser Frage allein gelassen, so dass eine erhebliche Rechtsunsicherheit und die Gefahr entsteht, dass der Verbraucher das Risiko eines für ihn ungünstigen Geschäfts durch die Behauptung eines etwaigen Aufklärungspflichtverstoßes im Nachhinein auf den Darlehensgeber abwälzt.262 Auch ist unklar, wann ein Finanzierungsvertrag noch als markt­ 261  Bülow/Artz/Bülow, Einf. Rn.  44; Staudinger/Fritzsche, 2018, § 13 Rn. 8; MünchKommBGB/Micklitz/Purnhagen, 7. Aufl. 2015, Vor. §§ 13, 14 Rn. 41. 262  Allgemein zu dieser Befürchtung im Kontext der Aufklärungspflichten MünchKommBGB/Bachmann, § 241 Rn. 131; Richrath, WM 2004, 653.



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata377

unüblich im Sinne der Rechtsprechung gilt und wann die Schwelle zur Marktüblichkeit überschritten wird. c) AGB-rechtliches Transparenzgebot Die Verwendung von Beispielrechnungen in AGB aufgrund des Transparenzgebots ist grundsätzlich dazu geeignet, das Informationsdefizit des Verbrauchers zu bekämpfen. Allerdings ist dieses nur als unterstützende Maßnahme zu qualifizieren. Zudem hängen die konkreten Schritte von der Interpretation der EuGH-Rechtsprechung ab, so dass auch hier eine einheitliche Rechtsanwendung fraglich erscheint und Fragen der Rechtssicherheit in der Praxis aufgeworfen werden.263 d) Schlussfolgerung Im Bereich des Informationsdefizits scheint es aufgrund der Defizite der allgemeinen Rechtsinstitute und hinsichtlich der überragenden Bedeutung des Informationsdefizits geboten, eine spezialgesetzliche Regelung zu treffen.264 Zu denken ist an eine Anpassung von §§ 491a, 492 bis 495 BGB. 2. Verfrühte Zwangsvollstreckung a) Nachprüfung der vereinbarten Kündigungsgründe Hinsichtlich der verfrühten Zwangsvollstreckung sorgt die Nachprüfung vertraglich vereinbarter Kündigungsgründe am Maßstab von § 314 BGB für gerechte Einzelfallergebnisse, so dass eine konkrete Festlegung von Fälligkeitsereignissen – vergleichbar mit dem US-amerikanischen Recht – entbehrlich scheint. Vielmehr wird bereits durch den Tatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB in Wechselwirkung mit § 314 BGB impliziert, dass diejenigen Kündigungsgründe, die der Absicherung der Kalkulationsrisiken des Darlehens dienen, im Grundsatz vereinbart werden können, wenn der Verstoß nicht unwesentlich ist und dem Darlehensnehmer in Abhängigkeit vom konkreten Kündigungsgrund eine Abhilfefrist gesetzt wurde.

263  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 4: C.II.5.b)aa), Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, S. 280. 264  A. A. Brozio, ReWir 2012, Ausgabe 10, 1, 15 f., der befürchtet, dass sich die Informationspflichten negativ auf die Marktbildung auswirken könnten und daher eine staatliche Informationskampagne für zweckmäßiger erachtet.

378

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

Eine Festlegung konkreter außerordentlicher Kündigungsgründe, etwa in einer Neufassung von § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB, würde somit nicht zum Schutz des Verbrauchers beitragen. Demgegenüber würde die Privatautonomie der Parteien ohne Notwendigkeit eingeschränkt werden. Zwar könnte eingewendet werden, dass mit der gesetzlichen Festlegung konkreter Kün­ digungsgründe ein Stück Rechtssicherheit gewonnen wäre. Jedoch ist zu ­beachten, dass auch die konkrete Festlegung von Kündigungsgründen nicht ohne abstrakte Rechtsbegriffe, etwa bzgl. der Verhältnismäßigkeit einer Kündigung im Verhältnis zu den konkreten Einzelfallumständen und dem Parteiinteresse auskäme, so dass die Prüfung des § 314 Abs. 1 S. 2 BGB schlicht in die §§ 491 ff. BGB verlagert werden würde. b) Präventiv wirkende Rechtsinstitute Hinsichtlich der Wirksamkeit der präventiv wirkenden Rechtsinstitute, namentlich der Vereinbarung einer gestuften Auszahlung bzw. der Treuhandabrede, ist festzuhalten, dass diese eine rechtsgeschäftliche Abrede vo­ raussetzen und damit nicht in jedem Fall wirksam werden können. Auch betreffen derartige präventiv wirkende Rechtsinstitute den Kernbereich der Verantwortungssphäre des Verbrauchers, da sich diese auf die Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen auswirken. Es erschiene als grobe Bevormundung, eine zwingende Regelung solcher Rechtsinstitute mit Präventionswirkung zu fordern, wie dies im US-amerikanischen Recht der Fall ist. Vielmehr sollte es der Privatautonomie der Parteien überlassen bleiben, derlei Abreden zu schließen. c) Schlussfolgerung Es kann damit festgehalten werden, dass hinsichtlich der Vereinbarung von Kündigungsgründen kein Handlungsbedarf besteht, da eine allgemeine Nachkontrolle anhand von § 314 und § 138 BGB ausreichend erscheint, um den Schutz des Darlehensnehmers zu gewährleisten, ohne dabei die Privatautonomie der Parteien über Gebühr einzuschränken. Die erörterten präventiv wirkenden Rechtsinstitute entfalten de lege lata zwar keine zwingende Wirkung, woraus ein Verlust an Präventionswirkung resultiert, woran jedoch mit Blick auf die Verantwortungssphäre des Verbrauchers und die Privatautonomie der Parteien de lege ferenda festzuhalten ist. Zwar haften auch der Kreditwürdigkeitsprüfung paternalistische Züge an, allerdings ist diese europarechtlich vorgegeben und damit im deutschen Recht zwingend vorzusehen. Um einen Ausgleich zwischen Prävention und Eigenverantwortung zu erreichen, erscheint es damit systemgerechter, die



A. Untersuchung des Verbraucherschutzes de lege lata379

bereits bestehende Kreditwürdigkeitsprüfung an die Besonderheiten des Immobilienverzehrkredits anzupassen und keine Pflicht zur Rücklagenbildung und Zahlung durch den Darlehensgeber zu statuieren, die dem Darlehensrecht fremd ist. Insgesamt ist somit lediglich im präventiven Bereich eine Neuregelung notwendig, während es im repressiven Bereich keiner Korrektur bedarf. 3. Schutz vor cross-selling-Praktiken Nachdem das deutsche Recht im Bereich des cross-sellings lediglich die allgemeinen Grenzen der §§ 134, 138, 242 BGB zum Schutz des Verbrauchers ins Feld führen kann, ist in diesem Bereich von einem Regelungsbedürfnis auszugehen. Als Vorlage können §§ 492a, 492b BGB dienen. 4. Schutz des Ehegatten Dem Schutz des Ehegatten dienen außerhalb des Darlehensrechts sowohl allgemeine sachenrechtliche Grundsätze als auch in bestimmten Fällen das Ehegattengüterrecht. Mit Blick auf die sachenrechtliche Ausgangslage kommt dem Ehegatten im Fall des Alleineigentums des Ehegatten mittelbar die Entscheidungsgewalt über den Abschluss des Vertrages zu. Ähnliches gilt für das Miteigentum am Grundstück. Einzig im Fall des Alleineigentums des Darlehensnehmers kann der Ehegatte den Vertragsschluss aus sachenrechtlicher Sicht nicht verhindern. In diesem Fall greifen jedoch u. U. familienrechtliche Rechtsinstitute ein. So erlaubt das Güterrecht in den Fällen der §§ 1365 Abs. 1, 1424 BGB einen einzelfallabhängigen Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Ehegatten. Der nicht am Vertrag beteiligte Ehegatte muss in das Rechtsgeschäft einwilligen bzw. dieses genehmigen, so dass er zwangsweise in die Entscheidung über den Vertragsschluss einbezogen werden muss. Hierdurch wird verhindert, dass der Vertrag ohne Kenntnis des anderen Gatten geschlossen wird bzw. Bestand hat. Jedoch auch die Interessen des darlehensnehmenden Ehegatten sind zu berücksichtigen. So kann die Zustimmung des anderen Ehegatten ersetzt werden, wenn die eng umrissenen wirtschaftlichen Voraussetzungen der Tatbestände gegeben sind, wobei auch hier die schützenswerten Belange des anderen Gatten zu berücksichtigen sind. Einzig im Fall der Gütertrennung kommt dem Ehegatten kein Mitentscheidungsrecht zu.

380

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

Die beschriebene Rechtslage de lega lata ist jedoch nicht geeignet, um den Ehegatten hinreichend vor einer Zwangsvollstreckung bei Tod des Darlehensnehmers zu schützen. Auch wenn dem Ehegatten ein „Abwehrrecht“ in Form der sachenrechtlichen Ausgangslage oder durch das eheliche Güterrecht zukommt, weisen diese Rechtsbehelfe Defizite auf. Speziell für das Güterrecht ergibt sich diese Einsicht daraus, dass das Zustimmungserfordernis des Ehegatten im Einzelfall zunächst evaluiert werden muss und die Verweigerung zudem durch das Familiengericht ersetzt werden kann. Die Rechtsinstitute weisen allerdings auch generelle Mängel auf, da diese rein präventiv wirken und voraussetzen, dass der Darlehensnehmer und sein Ehegatte um die Konsequenzen des Vertragsschlusses wissen. Wie die Erfahrungen des US-amerikanischen Rechts indes gezeigt haben, liegt das Missbrauchspotential gerade im Informationsdefizit begründet: Anbieter nutzten das Informationsdefizit aus und ließen den Ehegatten aus dem Vertrag aus, um hierdurch die Zwangsvollstreckung nach dem Tod des Darlehensnehmers zu erleichtern.265 Die „Abwehrrechte“ laufen somit leer, wenn Anbieter unter Ausnutzung des Informationsdefizits diese Rechte gezielt umgehen. In der Konsequenz statuierte das US-amerikanische Recht das beschriebene Verfahren zum Aufschub des Fälligkeitszeitpunktes, um diesen Missstand zu beseitigen. An einer vergleichbaren Auffangregelung fehlt es im deutschen Recht, so dass von einer Schutzlücke gesprochen werden kann, wenn der Ehegatte nicht am Vertrag beteiligt wird oder keine entsprechende Fälligkeitsregelung getroffen wird. 5. Schutz des Erben Das deutsche Erbrecht gewährt den Erben – mit Ausnahme enger Sonderbestimmungen – kein Recht, um das wirtschaftliche Substrat der Erbmasse zu sichern. Vielmehr kann der künftige Erblasser zu Lebzeiten nach Belieben über sein Vermögen verfügen. Folgerichtig bedarf es keines besonderen Schutzes der Erben. Ein Schutzregime zugunsten der Erben wäre systemfremd und würde darüber hinaus die Privatautonomie des Erblassers grundlos einschränken. Dass auch die Bestimmungen über die Pflichtteilsergänzung keine Anwendung finden, rechtfertigt sich aus der Rechtsnatur des Immobilienverzehrkreditvertrages. Hierin ist keine Umgehung des Pflichtteilsrechts zu erblicken, wie dies auch bei Abschluss eines herkömmlichen Realkredits nicht der Fall wäre. 265  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 3: B.I.4., Schutz dritter Parteien, S. 85 sowie Kapitel 3: B.II.2.c)ff)(1)(a), Aufschub des Fälligkeitszeitpunkts, S. 118.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda381

Auch bedarf es keines gesonderten Rechts zur Auslöse des Sicherungsgegenstandes („redemption“), da ein solches Recht dem deutschen Erbrecht durch das Prinzip der Universalsukzession (§ 1922 Abs. 1 BGB) systemimma­ nent ist. Nachzudenken ist allenfalls über die Statuierung einer Pflicht des Darlehensgebers, den Erben mit Blick auf die Wirrungen des Erbfalls genügend Zeit einzuräumen, um das Grundstück freihändig verkaufen oder die die Rückzahlung anderweitig, etwa durch eine Umschuldung des Darlehens, leisten zu können.

B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda Die Untersuchung der Rechtslage de lege lata hat somit ergeben, dass allen voran im Bereich des Informationsdefizits Regelungsbedarf für eine Neufassung des Immobilienverzehrkredits besteht. Hiervon ausgehend soll im Folgenden ein Vorschlag für eine Regelung de lege ferenda gemacht werden. Hierfür werden zunächst die Gründe dargelegt, die für die Notwendigkeit einer Neuregelung streiten, gefolgt von einer Erörterung der Regelungskompetenz des deutschen Gesetzgebers. Abschließend soll untersucht w ­ erden, wie der Immobilienverzehrkreditvertrag unter Zugrundelegung der b ­isher gefundenen Ergebnisse in das Verbraucherdarlehensrecht integriert werden kann. In Anbetracht der Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes auf verbraucherrechtliche Fragestellungen, sollen hierbei Rechtsfragen ausgespart werden, die die Darlehensgeberseite betreffen (z. B. bezüglich einer expliziten Ausnahme vom Zinses-Zins-Verbot des § 248 BGB)266.

I. Das Erfordernis einer Neuregelung 1. Wirtschaftliche und rechtstatsächliche Notwendigkeit Gegen eine Neufassung des Verbraucherdarlehensrechts könnte zunächst eingewendet werden, dass sich ein Markt für Immobilienverzehrprodukte in Deutschland aus rechtstatsächlicher Sicht bislang nicht bilden konnte,267 so dass es keiner Regulierung des Immobilienverzehrkreditvertrages bedarf. Die Kausalität zwischen den Gegebenheiten verläuft indes umgekehrt: Nicht das Fehlen eines Marktes ist als Ursache dafür zu sehen, dass eine Regulierung entbehrlich ist. Vielmehr ist die fehlende Regulierung und die damit einher266  Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part II S. 100; Schneider, Kalkulation von Lifetime- bzw. Reverse Mortgages, S. 126. 267  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 1: A.II., Altersabsicherung durch Immobilienverzehr, S. 37.

382

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

gehende Rechtsunsicherheit bezüglich der Wirksamkeit und Grenzen der Vereinbarung ursächlich für die fehlende Marktbildung.268 Für eine Neuregelung des Immobilienverzehrkredits spricht zudem der steigende Bedarf an alternativen (privaten) Altersvorsorgekonzepten, der sich aus den Schwächen der gesetzlichen Altersabsicherung und der wandelnden Demographie ergibt.269 Zudem sind auch deutsche Verbraucher bereits Opfer betrügerischer Geschäftspraktiken im Kontext des Immobilienverzehrkredits geworden.270 2. Europarechtliche Erwägungen Eine Beschäftigung mit der Frage, in welchem systematischen Zusammenhang eine Kodifikation des Immobilienverzehrkredits in das System des deutschen Zivilrechts einzubetten und welches Regelungsmaß hierbei anzulegen ist, ist zudem aus europarechtlicher Sicht geboten. Denn der europäische Gesetzgeber erkennt im Grundsatz das „ökonomische Potential von Immobilienverzehrprodukten (wie ‚umgekehrten Hypotheken‘)“271 an, sieht aber zugleich „die potenziellen Risiken solcher Produkte“272. Nachdem die von der Kommission in Auftrag gegebene Studie zum Immobilienverzehr in ­Europa zwischenzeitlich durchgeführt wurde,273 scheint es möglich, dass sich der europäische Gesetzgeber im Wege der Richtliniengesetzgebung der Regulierung annehmen wird. 3. Korrektur der zweiten Umsetzungsrunde der WIKr-RiL Darüber hinaus ist eine Neuregelung aus dem profanen Grund der Gesetzeskorrektur geboten. Denn wie bereits festgestellt wurde, ist der Tatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB, obgleich dem Wortlaut der WIKr-RiL entnommen, sprachlich verunglückt. Dies zeigt sich bspw. an der Formulierung des Fälligkeitszeitpunkts oder der Vereinbarung von außerordentlichen Kündi268  Siehe hierzu mit Nachweisen bereits oben Kapitel 1: A.II., Altersabsicherung durch Immobilienverzehr, S. 34 ff. und Kapitel 1: A.IV., Notwendigkeit gesetzlicher Regulierung, S. 42. 269  Siehe hierzu oben Kapitel 1: A.IDemographischer Wandel und Altersvorsorge, S.  31 ff. 270  O. V., Focus Online vom 15.11.2017: Verbraucherschützer warnen Finger weg von Umkehrhypotheken: Geben Sie ihr abbezahltes Haus bloß nicht her! 271  Weissbuch vom 18.12.2008, Kom (2007) 807 endg., S. 10. 272  Weissbuch vom 18.12.2008, Kom (2007) 807 endg., S. 10. 273  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 4: B.I.3., Europarechtliche Färbung des Tatbestandes, S. 187.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda383

gungsrechten. Zudem sollte, nachdem der Immobilienverzehrkreditvertrag vertragstypologisch dem Darlehen (§ 488 BGB) zuzuordnen ist, die Terminologie an die des Darlehensrechts angeglichen werden. Auch in materieller Hinsicht weist der Tatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB Unzulänglichkeiten auf. Zu korrigieren ist etwa der verfehlte Wortlaut, der objektiv betrachtet die Verknüpfung von Fälligkeitszeitpunkt und Todestag des anderen Ehegatten nicht zulässt. 4. Vermeidung von Wertungswidersprüchen Abschließend kann als entscheidendes Argument für eine Neuregulierung die zuvor festgestellte Schutzwürdigkeit des Verbrauchers ins Feld geführt werden. Erkennt man das Postulat des Verbraucherschutzes an, was im Rahmen dieser Arbeit mit Blick auf die Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes auch der Fall sein soll,274 fragt sich, warum der Gesetzgeber den Immobilienverzehrkreditvertrag vollständig aus dem Anwendungsbereich der §§ 491 ff. BGB ausgenommen hat.275 Ist ein Verbraucher, der einen einfachen Ratenkredit aufnimmt, schutzwürdiger als ein Darlehensnehmer, der im Endergebnis die wirtschaftliche Sub­ stanz seines Grundstücks liquidiert? Warum billigt der Gesetzgeber ersterem den Schutz durch Informationspflichten (§§ 491a, 492, 493 BGB) oder Widerrufsrecht (§ 495 BGB) zu, während er dem anderen Verbraucher den gesamten Schutz der §§ 491 ff. BGB versagt? Umso virulenter wird dieser Befund, führt man sich vor Augen, dass der Immobilienverzehrkreditvertrag aufgrund seiner wirtschaftlichen und rechtlichen Komplexität mit einer Vielzahl von spezifischen Risiken276 behaftet ist, die die Risiken eines herkömmlichen Immobilienkredits bei Weitem übersteigen.277 274  Zum allgemeinen Spannungsverhältnis von Privatautonomie und Verbraucherschutz, dessen Erörterung und Auflösung haben sich andere Arbeiten verdient gemacht, so dass ein Eingehen auf diese Fragen vorliegend zu keinem Erkenntnis­gewinn beitragen kann. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien bspw. genannt Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher; Lieb, DNotZ 1989, 274; Medicus, Abschied von der Privatautonomie im Schuldrecht?; Repgen, Kein Abschied von der Privatautonomie: die Funktion zwingenden Rechts in der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie; Rittner, JZ 2011, 269; Westermann, AcP 178 (1978), 150 mit jeweils weiterführenden Nachweisen. 275  So bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882; sich anschließend MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 94. 276  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.I., Systematisierung der typischen Verbraucherrisiken, S. 75. 277  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882; sich anschließend MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 94.

384

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

Auch ist der Vertrag speziell auf Rentner und damit einen besonders schutzwürdigen Personenkreis zugeschnitten. Denn zum einen unterliegen diese spezifischen, altersbedingten kognitiven Verzerrungen, zum anderen sind Rentner auf den Vertragsschluss angewiesen, da neben dem Immobilienverzehrkredit zumeist keine weiteren Möglichkeiten zur Liquiditätsbeschaffung bestehen. Der Wertungswiderspruch ist, vor allem mit Blick auf den Rechtsgedanken von § 505b Abs. 2 S. 3, evident.

II. Die Regelungskompetenz des deutschen Gesetzgebers Auch wenn die Wohnimmobilienkreditrichtlinie im Grundsatz mindestharmonisierenden Charakter aufweist (Art. 2 Abs. 1),278 ist der deutsche Gesetzgeber nicht an einer Regulierung des Immobilienverzehrkredits gehindert.279 Erstens erlaubt die WIKr-RiL die Festlegung strengerer Verbraucherschutzvorschriften (in Ausnahme hierzu Art. 2 Abs. 2 WIKr-RiL), was im Falle einer grundsätzlichen Eröffnung der §§ 491 ff. BGB für den Immobilienverzehrkreditvertrag der Fall wäre. Zweitens unterfällt der Immobilienverzehrkreditvertrag gem. Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL nicht dem Anwendungsbereich der Richtlinie, so dass bereits denklogisch nicht gegen den Regelungsgehalt von Richtlinienvorgaben verstoßen werden kann.

III. Der systematische Standort der Regelung Bevor im Einzelnen auf die materiellen Aspekte der Neuregelung eingegangen wird, ist es zunächst notwendig, deren systematischen Standort im BGB zu bestimmen. Der Bundesrat hatte hierzu im Gesetzgebungsverfahren angeregt, entweder den Anwendungsbereich der §§ 491 ff. BGB partiell für den Immobilienverzehrkreditvertrag zu eröffnen oder ein Regelungsregime sui generis zu schaffen.280 Ob diese Sonderregelung in das Verbraucherdarlehensrecht übernommen oder als Annex in ein eigenständiges Kapitel des Untertitels 1 (bspw. „Kapitel 3: Besondere Vorschriften für Immobilienverzehrkreditverträge“) oder sogar in einen eigenständigen Untertitel zu Titel 3 (bspw. „Untertitel 7: Immobilienverzehrkreditverträge“) verschoben werden sollte, ließ der Bundesrat indes offen.

278  Statt

vieler MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, Vor. § 491 Rn. 30. den umgekehrten Fall auch Omlor, ZIP 2017, 112, 118. 280  BRat, Stellungnahme Entwurf FinAufsRErgG vom 10.02.2017, BR-Drs. 815/ 16, S. 22. 279  Für



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda385

Die Bestimmung des systematischen Standorts der Regelung ist untrennbar mit der Frage der vertragstypologischen Einordnung des Immobilienverzehrkreditvertrages verbunden. Wie nachgewiesen handelt es sich bei diesem trotz dessen Bezeichnung als Kreditvertrag um einen Darlehensvertrag i. S. v. § 488 BGB.281 Hieraus folgt, dass eine Regelung in einem eigenen Unter­titel systematisch verfehlt wäre. Zwar finden sich in Untertitel 6 ebenfalls Darlehensverträge, die systematisch eigentlich dem Untertitel 1 zuzuordnen wären.282 Die Sonderstellung dieser unentgeltlichen Darlehensverträge rechtfertigt sich jedoch daraus, dass diese mangels Entgeltlichkeit, welche zwingende Voraussetzung des europarechtlich determinierten Verbraucherdarlehensbegriffes ist, bereits rein begrifflich aus dem Anwendungsbereich der §§ 491 ff. BGB herausfallen.283 Vom Darlehen i. S. v. § 488 BGB unterscheiden sich die unentgeltlichen Darlehensverträge indes dadurch, dass diese einen Verbrauchervertrag i. S. v. § 310 Abs. 3 BGB voraussetzen.284 Im Gegensatz hierzu würde der Immobilienverzehrkreditvertrag nach der hier vertretenen Auslegung ohne Ausschlusstatbestand dem Begriff des Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrages i. S. v. § 491 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Alt. 1 BGB unterfallen.285 Denn der Vertrag ist zwangsweise entgeltlich ausgestaltet, wird zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer geschlossen und wird durch ein Grundpfandrecht abgesichert. Folglich wäre es systematisch verfehlt, würde man den Immobilienverzehrkreditvertrag in einem eigenen Untertitel oder Kapitel regeln. Vielmehr ist der Vertrag in das Verbraucherdarlehensrecht der §§ 491 ff. BGB zu integrieren. Rechtstechnisch lässt sich dieses Ergebnis durch die ausdrückliche Klarstellung in § 491 Abs. 3 S. 2 BGB n. F. erreichen, dass der Immobilienverzehrkreditvertrag als Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag zu behandeln ist. Nicht ausreichend wäre es hingegen, den Ausschlusstatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB schlicht zu streichen. Denn in diesem Fall würden die ­Definition des Vertrages, die damit einhergehenden verbraucherschützenden Implikationen (Festsetzung einer vertraglichen Mindestlaufzeit und Haf281  Siehe

hierzu Kapitel 4: A., Rechtsnatur, 157 ff. Bülow/Artz/Bülow, § 514 Rn. 6 f.; Erman/Nietsch, § 514 Rn. 3 und 5; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 514 Rn. 1 f. und 6. 283  Bülow/Artz, ZIP 2016, 1204; Bülow/Artz/Bülow, § 514 Rn. 6 f.; Rosenkranz, NJW 2016, 1473, 1475; Schürnbrand, WM 2016, 1105; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 514 Rn. 3. 284  Bülow/Artz/Bülow, § 514 Rn. 6; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 514 Rn. 8; indirekt wohl auch Rosenkranz, NJW 2016, 1473, 1475, der von Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern spricht. 285  Zur Frage der Entgeltlichkeit der Verträge nach altem Recht Schnabl, NZM 2007, 714, 717. 282  Indirekt

386

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

tungsbeschränkung) und die Ausstrahlungswirkung des Tatbestandes auf das übrige Recht (bspw. § 138 BGB) verloren gehen. Daneben rechtfertigt sich die Beibehaltung des Tatbestandes daraus, dass in den Regelungen der §§ 491 ff. BGB an den Begriff des Immobilienverzehrkredits anzuknüpfen sein wird, so dass es zweckmäßig erscheint, die Umschreibung des Vertrages vor die Klammer zu ziehen. Abschließend spricht gegen eine Streichung des Tatbestandes, dass aus einer solchen abgleitet werden könnte, dass der Gesetzgeber den Vertrag nunmehr missbilligt, so dass es erneut zu Rechtsunsicherheiten in der Praxis kommen könnte.

IV. Der Inhalt der Regelung Die Klarstellung, dass der Immobilienverzehrkreditvertrag als ImmobiliarVerbraucherdarlehensvertrag gilt, führt zunächst zu einer pauschalen Anwendung der §§ 491 ff. BGB, sofern diese an den Begriff anknüpfen. In Abhängigkeit von deren Schutzzweck und Regelungsgehalt ist im Folgenden abzugleichen, ob eine Übertragung der Vorschrift auf den Immobilienverzehr­ kreditvertrag geboten erscheint oder an dessen Spezifika scheitert.286 Ist Letzteres der Fall, muss entweder eine Ausnahmevorschrift oder eine ergänzende, spezifische Regelung geschaffen werden.287 Auf diese Weise wird der Immobilienverzehrkreditvertrag in subtiler Art und Weise in das System des Verbraucherdarlehensrechts integriert, ohne dessen inhärente Systematik zu zerstören oder die Rechtsanwendung durch eine Fülle von Verweisungsvorschriften unnötig zu erschweren.288 Aufbauend auf den Erkenntnissen der Analyse der Parteiinteressen, den Ergebnissen des Rechtsvergleichs und der Untersuchung der Rechtslage de lege lata soll daher im Folgenden ein Konzept für die Neuregelung des Immobilienverzehrkreditvertrages de lege ferenda entworfen werden. Der vorgeschlagene Normtext findet sich zusammengefasst am Ende der Ausführungen.289

286  Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882; sich anschließend MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 94. 287  Ähnlich Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882; ähnlich MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 491 Rn. 94. 288  Ähnlich Fischer, ZAP Fach 8, 585, 589. 289  Siehe hierzu unten Kapitel 5: C., Zusammenfassung: Das Regelungsregime de lege ferenda, S. 435.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda387

1. Begriff des Immobilienverzehrkreditvertrages, § 491 Abs. 3 S. 4 BGB Hinsichtlich des Wortlauts und des Regelungsgehalts sieht sich der bisherige Tatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB einigen, bereits erörterten Kritikpunkten ausgesetzt,290 welche im Zuge einer Neuregelung zu bereinigen wären. Darüber hinaus sollte der Tatbestand in Übereinstimmung mit § 491 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Alt. 1 BGB klarstellen, dass der Immobilienverzehrkreditvertrag durch ein Grundpfandrecht abgesichert werden kann. Zwar wird hierdurch die Sicherungsübereignung als Sicherungsmittel ausgeschlossen, jedoch kommt dieser nur geringe praktische Bedeutung zu. Zudem ist das gesetz­ liche Leitbild des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB a. F. ohnehin auf die grundpfandrechtliche Besicherung zugeschnitten.291 2. Vorvertragliche Informationspflichten, § 491a BGB a) Informationspflichten gem. § 491a Abs. 1 BGB § 491a Abs. 1 BGB verpflichtet den Darlehensgeber zur vorvertraglichen Information des Darlehensnehmers. Die Norm verweist auf Art. 247 EGBGB, welcher die Anforderungen an den konkreten Inhalt der Informationspflicht statuiert. Der europäische Gesetzgeber postuliert in Bezug auf die Informationspflichten, dass diese für den Immobilienverzehrkreditvertrag fundamental anders ausgestaltet werden müssten, um den Besonderheiten des Geschäfts Rechnung zu tragen, welche allen voran in der Umkehrung des Zahlungsstroms lägen.292 Träfe diese Prämisse zu, wäre eine bloße Öffnung des Anwendungsbereichs des § 491a Abs. 1 BGB verfehlt. Denn wie der Vergleich mit dem US-amerikanischen Recht gezeigt hat, würde ein solches Vorgehen durch die kontradiktorischen Informationen zur Vertiefung des Informationsdefizits beitragen.293 Folglich soll die These des europäischen Gesetzgebers überprüft werden, um hierdurch mittelbar die Frage beantworten zu können, ob es der Statuierung neuer Informationspflichten bedarf. 290  Siehe ausführlich zur Kritik bereits oben Kapitel 4: B.V., Stellungnahme zum Tatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB, S. 246 ff. 291  Siehe hierzu bereits oben Kapitel 4: B.IV.3.d), Stellungnahme zur Konstruktion des Verzehrkredits, S. 244. 292  Erwägungsgrund (16) WIKr-RiL. 293  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 3: B.II.3.e)aa), Informationspflichten, S. 139.

388

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

aa) Angaben bzgl. der Kreditwürdigkeitsprüfung, Art. 247 § 1 Abs. 1 EGBGB Art. 247 § 1 Abs. 1 EGBGB enthält streng betrachtet keine Informationspflicht, sondern verpflichtet den Darlehensgeber in Umsetzung von Art. 20 Abs. 3 und 4 WIKr-RiL dazu, alle für die Kreditwürdigkeitsprüfung notwendigen Informationen vom Verbraucher einzuholen und diesen auf die Notwendigkeit der Durchführung der Prüfung sowie die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben hinzuweisen. Wie noch zu erörtern sein wird, ist die Durchführung einer Kreditwürdigkeitsprüfung – mit entsprechenden Modifikationen – auch im Fall eines Immobilienverzehrkredits angezeigt, so dass die Pflicht unverändert für den Immobilienverzehrkreditvertrag übernommen werden kann. bb) Verwendung des ESIS-Merkblatts, Art. 247 § 1 Abs. 2 EGBGB (1) Die Informationstauglichkeit des ESIS-Merkblatts Art. 247 § 1 Abs. 2 EGBGB verpflichtet den Darlehensgeber in Umsetzung von Art. 14 Abs. 2 WIKr-RiL zur Information des Verbrauchers über die in Anlage 6 zum EGBGB enthaltenen Informationen (ESIS-Merkblatt). Auch wenn der Begriff des ESIS-Merkblatts in Anbetracht der fehlenden europäischen Vereinheitlichung der Informationspflichten im Bereich des Immobilienverzehrkreditvertrages nicht übernommen werden sollte, könnte das ESIS-Merkblatt dennoch unter geändertem Namen als inhaltliche Vorlage für ein immobilienverzehrspezifisches Informationsschreiben dienen. Im Folgenden ist daher die Tauglichkeit der dort vorgesehenen Informationspflichten in Bezug auf den Verzehrkredit zu untersuchen. Da der Immobilienverzehrkreditvertrag nach dem gesetzlichen Leitbild von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB als grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen ausgestaltet ist, können zunächst alle allgemeinen Informationskategorien des ESIS-Merkblatts für die immobilienverzehrspezifische Information übernommen werden. Dies betrifft die Vorbemerkungen sowie die in Nr. 1, 2, 4, 8–15 genannten Informationen, bspw. Angaben zum Kreditgeber, zum Kreditvermittler, zum Zinssatz und anderen Kosten oder zusätzlichen Auflagen. Einzig die in Nr. 3, 5–7 genannten Informationsposten können nicht auf den Verzehrkredit übertragen werden, da diese nicht auf dessen vertragliche Besonderheiten (Fälligkeitszeitpunkt, Haftungsbeschränkung) abgestimmt sind.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda389

Hinsichtlich der in Nr. 3 (Hauptmerkmale des Kredits) geforderten Angaben zum Kreditbetrag, zur Laufzeit und zum zurückzuzahlenden Gesamtbetrag ergeben sich diese Bedenken daraus, dass durch die Verknüpfung von Fälligkeits- und Todeszeitpunkt des Darlehensnehmers keine verlässlichen Angaben zur Vertragslaufzeit gemacht werden können – weder durch Angabe eines Enddatums, noch durch Festlegung der Laufzeit.294 Wird darüber hi­ naus eine lebenslange Auszahlung der Valuta vereinbart, können ebenfalls keine belastbaren Angaben zum Kredit- oder Gesamtbetrag gemacht werden, allenfalls kann der Darlehensgeber anhand statistischer Wahrscheinlichkeiten Prognosen abgeben. Da der Darlehensnehmer die Valuta mangels Fälligkeit zudem während der Vertragslaufzeit nicht tilgen muss, sollten die in Nr. 5 (Häufigkeit und Anzahl der Ratenzahlungen) und Nr. 6 (Höhe der einzelnen Raten) vorgesehenen Informationen nicht auf den Immobilienverzehrkreditvertrag erstreckt werden. Neben dem fehlenden Informationswert besteht überdies die Gefahr einer Verwechslung mit dem Auszahlungsmodus der monatlichen Auszahlung. Dies belegt das US-amerikanische Recht, bei dem sich widersprechende Informationen zwischen allgemeinen Immobilien-Krediten und der Reverse Mortgage zu einer Vertiefung des Informationsdefizits geführt haben.295 Aus den gleichen Gründen ist der in Nr. 7 genannte Tilgungsplan obsolet. Abschließend ist zu bemerken, dass das ESIS-Merkblatt keinerlei Angaben zu den Spezifika des Immobilienverzehrkreditvertrages enthält. Zu nennen sind etwa die Auswirkungen der Haftungsbeschränkung oder ein Hinweis darauf, dass das Grundstück infolge einer außerordentlichen Kündigung bereits zu Lebzeiten des Darlehensnehmers zwangsverwertet werden kann, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen nicht zurückzahlen kann. Insgesamt ist somit der These des europäischen Gesetzgebers zuzustimmen, dass die von der WIKr-RiL vorgegebenen Informationspflichten aufgrund der strukturellen Unterschiede von Immobiliar-Kredit und Immobilienverzehrkreditvertrag nicht auf letzteren übertragen werden können. Das ESIS-Merkblatt eignet sich in seiner gegenwärtigen Form somit nicht als Informationsquelle für den Verbraucher. (2) Vorschlag alternativer Informationspflichten Es sind demnach Informationspflichten zu statuieren, die an die Besonderheiten des Immobilienverzehrkreditvertrages angepasst sind. Als Vorbild 294  Statt

vieler MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491a Rn. 21. hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 3: B.II.3.e)aa)(1), Allgemeine und spezielle Kritik, S. 139. 295  Siehe

390

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

hierfür könnten die im US-amerikanischen Recht vorgesehenen Informa­ tionspflichten herangezogen werden. Zunächst ist an die TALC-Rates des Truth in Lending Acts zu denken, die die Entwicklung der Gesamtkredit­ kosten im Zeitverlauf darstellen.296 Allerdings stießen diese in der US-amerikanischen Rechtsliteratur auf Kritik, da empirisch nachgewiesen werden konnte, dass Verbraucher die TALC-Rates mit der Entwicklung der Zinskosten verwechselten und hieraus den falschen Schluss zogen, dass sich diese im Zeitverlauf verringerten.297 Auch das vom Board of Governors of the Federal Reserve vorgeschlagene Informationsblatt (Key Questions to Ask about Reverse Mortgage Loans)298 sollte nicht in das deutsche Recht übernommen werden. Denn dieses gleicht in seiner konkreten Ausgestaltung mehr einer Aufklärung durch die Verbraucherschutzzentralen als einer neutralen Information über die konkreten Produktdetails. Eine solche allgemeine Aufklärungspflicht ist sowohl der Verbraucherkreditrichtlinie bzw. Wohnimmobilienkreditrichtlinie im Speziellen als auch dem BGB im Allgemeinen fremd. Allein der zweite Teil des Vorschlags des Board of Governors, der speziell auf die Reverse Mortgage zugeschnittene Informationspflichten vorgesehen und allgemeine Informationen aus dem Gesetz gestrichen hätte,299 kann als Vorlage herangezogen werden. Anstatt den Vorschlag jedoch schlicht zu übernehmen, scheint es vorzugswürdig, allein dessen Regelungskonzept fruchtbar zu machen. Demnach sind die im deutschen Recht vorgesehenen Informationspflichten nach dem ESISMerkblatt um die allgemeinen, kontradiktorischen Kredit-Informationen zu bereinigen und um immobilienverzehrspezifische Informationen zu ergänzen. Dies hat den Vorteil, dass die Informationspflichten bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen und Immobilienverzehrkreditverträgen lediglich in den relevanten Kategorien divergieren, so dass beide Kredittypen auch graduell untereinander vergleichbar sind. Zudem werden Systembrüche im Recht der vorvertraglichen Informationen vermieden. Durch die hiermit hergestellte Transparenz wird darüber hinaus der Gefahr entgegengewirkt, dass Verbraucher Immobilienverzehrkredite ohne wirtschaftliche Notwendigkeit abschließen, wenn alternative Kreditangebote interessengerechtere Ergebnisse erzielen. 296  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.II.3.c)bb), Spezielle Informationspflichten für Reverse Mortgages, S. 133. 297  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.II.3.e)aa)(1), Allgemeine und spezielle Kritik, S. 139. 298  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.II.3.e)aa)(2), Reformvorschlag des Board of Governors of the Federal Reserve, S. 141. 299  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.II.3.e)aa)(2), Reformvorschlag des Board of Governors of the Federal Reserve, S. 141.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda391

Um keine begriffliche Verwirrung mit dem ESIS-Merkblatt aufkommen zu lassen und eine europaeinheitliche Informationsregelung für den Immobilienverzehrkreditvertrag zu implizieren, sollte das Informationsblatt als „Merkblatt für Immobilienverzehrkreditverträge“ bezeichnet werden. Im Grundsatz kann sich das immobilienverzehrspezifische Merkblatt am ESIS-Merkblatt orientieren und folglich die in den Vorbemerkungen und in Nr. 1, 2, 4, 8–15 genannten Informationen übernehmen. Allerdings ist Nr. 4 um einen Hinweis zur Fälligkeit der Zinszahlungsverpflichtung und einen Warnhinweis zu ergänzen, dass die Zinslast nur geschätzt werden kann und von der Lebensdauer des Darlehensnehmers abhängt. In Nr. 8 sind die Angaben zum Widerrufsrecht zu streichen, da dem Darlehensnehmer, wie noch zu erörtern sein wird, eine Bedenkzeit zusteht. Die aufgezeigten Widersprüche in Nr. 3, 5–7 sind durch spezifische Informationen und Warnhinweise zu ersetzen.300 In Nr. 3 (Hauptmerkmale des Kredits) ist unter einer Unterüberschrift a) (Kreditbetrag und Währung) der Hinweis aufzunehmen, dass der Kreditbetrag im Fall der lebenslangen Auszahlung nicht mit Sicherheit vorausgesagt und lediglich ein Schätzwert angegeben werden kann. Unter Unterüberschrift b) ist in Übereinstimmung mit § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 BGB die Art der Auszahlung zu nennen, während unter c) Angaben zur Laufzeit des Kredits und zum Zinssatz zu machen sind. Hinsichtlich der Laufzeit ist zwingend auf den Prognosecharakter der Angaben hinzuweisen. Gleiches gilt für den zurückzuzahlenden Gesamtbetrag unter Unterüberschrift d), falls eine lebenslange Auszahlung vereinbart wird. Unter Unterüberschrift e) ist auf die Haftungsbeschränkung hinzuweisen. Anstelle der Angaben zur Häufigkeit und Anzahl von Teilzahlungen ist in Nr. 5 über die Art der Auszahlung (pauschale oder regelmäßige Auszahlung), den Fälligkeitszeitpunkt der Auszahlung und falls zutreffend über die Möglichkeit der Einzahlung der Valuta auf ein Treuhandkonto zu informieren. Auch die in Nr. 6 vorgesehenen Informationen zur Höhe der einzelnen Raten sind gänzlich zu streichen und hingegen durch Informationen zum Fälligkeitszeitpunkt von Rück- und Zinszahlungsverpflichtung zu ersetzen. Hiervon ist insbesondere der Hinweis umfasst, dass während der Laufzeit keine Tilgungsleistungen zu erbringen und Zinsen nur dann laufend zu zahlen sind, wenn sich die Parteien darauf verständigen. Auf die Möglichkeit der vorzeitigen Fälligstellung durch außerordentliche Kündigung ist ebenfalls hinzuweisen.

300  Zum konkreten Vorschlag siehe unten Kapitel  5: C.IV., Änderungen des EGBGB, S. 441.

392

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

Nachdem auch ein Tilgungsplan nach Nr. 7 obsolet ist, ist an dessen Stelle über die Leistungs- und Verhaltenspflichten i. S. v. § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB (Vertragsbestimmungen) zu informieren. Die prominente Platzierung der Pflichten als eigenständige Kategorie rechtfertigt sich vor dem Hintergrund der einschneidenden Folgen einer verfrühten Zwangsvollstreckung infolge Kündigung – der Verbraucher soll sich bereits im vorvertraglichen Stadium über seine zukünftigen Pflichten bewusst werden, um die Tauglichkeit der Vertragskonditionen besser einschätzen zu können. Aus demselben Grund ist ein expliziter Hinweis auf die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung durch den Darlehensgeber bei Verstoß gegen die Vertragsbestimmungen aufzunehmen. Abschließend ist das Merkblatt durch eine explizite Warnung vor dem Verlust der Immobilie bei Vorfälligkeit infolge Vertragspflichtverletzung in Nr. 13 abzurunden. Der Standort in Nr. 13 ist zu wählen, da auch das ESISMerkblatt die rechtlichen bzw. finanziellen Folgen des Vertrages dort aufzeigt und damit die Vergleichbarkeit der Angebote auch über den Bereich des Immobilienverzehrs hinaus gefördert wird. Exkursorisch ist in diesem Zusammenhang noch darauf hinzuweisen, dass die in Art. 247a § 1 Abs. 2 EGBGB bei standardisiertem Angebot (§ 675a BGB) von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen zu erteilenden Informationen, die zeitlich vor den vorvertraglichen Informationspflichten zu verorten sind,301 gleichsam zu ändern sind. Aus den genannten Gründen ist in Art. 247a § 1 Abs. 2 S. 3 EGBGB eine Klarstellung aufzunehmen, dass der Informationspflicht durch Schätzwerte hinsichtlich Laufzeit und ggf. Nettodarlehensbetrag bzw. Gesamtbetrag nachgekommen werden kann, hierauf jedoch explizit hinzuweisen ist. cc) Weitere vorvertragliche Pflichten, Art. 247 § 1 Abs. 3 und 4 EGBGB Die unter Art. 247 § 1 Abs. 3 (weitere vorvertragliche Informationen, insbesondere hinsichtlich eines Abtretungsverbots) sowie Abs. 4 (Information bei Ablehnung des Vertragsschlusses durch den Darlehensgeber) genannten Informationspflichten sind allgemeingültig und können daher ohne Anpassungen für den Immobilienverzehrkreditvertrag übernommen werden. b) Anspruch auf Vertragsentwurf gem. § 491a Abs. 2 BGB Der Anspruch auf Aushändigung eines Vertragsentwurfs gem. § 491a Abs. 2 BGB soll es dem Verbraucher ermöglichen, verschiedene Kreditange301  MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber,

Art. 247a § 1 EGBGB Rn. 3 ff.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda393

bote miteinander zu vergleichen.302 Der Schutzzweck der Regelung kann ohne Weiteres auf den Immobilienverzehrkreditvertrag übertragen werden. c) Erläuterungspflicht gem. § 491a Abs. 3 BGB aa) Telos und Übertragbarkeit der Vorschrift § 491a Abs. 3 BGB verpflichtet den Darlehensgeber zu einer produktbezogenen Erläuterung, die den Darlehensnehmer dazu befähigen soll, eigenverantwortlich darüber zu befinden, ob der konkrete Vertrag dem verfolgten Zweck und den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers entspricht.303 Die Erläuterungspflicht steht dabei zwischen Aufklärung und Beratung, bleibt jedoch hinter letzterer zurück.304 Auch müssen die im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung offenbarten Umstände, insofern diese noch nicht durchgeführt wurde, nicht einbezogen werden.305 Inhaltlich umfasst die Erläuterungspflicht zunächst die vorvertraglichen Informationen samt Erklärung der Fachbegriffe,306 die Hauptmerkmale samt Besonderheiten des angebotenen Vertrages,307 eine Erläuterung der speziellen Vor- und Nachteile308 sowie 302  Bülow/Artz/Artz, § 491a Rn. 26; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491a

Rn. 1.

303  Bülow/Artz/Artz, § 491a Rn. 29 und 30; Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, § 491a Rn. 27; Erman/Nietsch, § 491a Rn. 45; Schürnbrand, ZBB 2014, 168, 175; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491a Rn. 66; hingegen für personalisierte Elemente Hoffmann/Bartlitz, WM 2014, 2297, 2302; Hofmann, BKR 2010, 232, 233 f.; Metz, NJW 2012, 1990, 1995 (der das Know-Your-Customer-Prinzip anwenden will); siehe ausführlich zum Streitstand die Nachweise bei MünchKommBGB/Schürnbrand/ Weber, § 491a Rn. 66 Fn. 147. 304  Bülow/Artz/Artz, § 491a Rn. 29 und 30; Hofmann, BKR 2010, 232, 233 f.; Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, § 491a Rn. 27; Metz, NJW 2012, 1990, 1995; Erman/ Nietsch, § 491a Rn. 45; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491a Rn. 64 und 65 f. 305  Wohl h. M., siehe hierzu Bülow/Artz/Artz, § 491a Rn. 29; Staudinger/KessalWulf, 2012, § 491a Rn. 27; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491a Rn. 66 f.; für die andere Ansicht siehe etwa Hoffmann/Bartlitz, WM 2014, 2297, 2303; siehe zudem die weiterführenden Nachweise bei MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491a Rn. 67 Fn. 152. 306  MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491a Rn. 68; einschränkend, lediglich für komplexe Fachbegriffe und nur bei Bedarf des Verbrauchers Bülow/Artz/ Artz, § 491a Rn. 29a und 31. 307  Bülow/Artz/Artz, § 491a Rn. 32; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491a Rn. 68. 308  Bülow/Artz/Artz, § 491a Rn. 32; Metz, NJW 2012, 1990, 1195; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491a Rn. 68; einschränkend (nur bei entsprechender Komplexität und Neuartigkeit des Finanzierungsproduktes) Hofmann, BKR 2010, 232, 236.

394

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

die Aufzeigung von Alternativen309. Auch sind die vertragsspezifischen Auswirkungen zu erläutern, also etwa Art und Umfang der finanziellen Belastung oder die Haftungsrisiken des speziellen Vertrages.310 Der Darlehensgeber ist jedoch nicht dazu verpflichtet, vom Vertragsschluss abzuraten, auf günstigere Produkte oder Produkte anderer Anbieter hinzuweisen.311 Hinsichtlich der Intensität der Erläuterung kann grundsätzlich auf einen durchschnittlichen Verbraucher abgestellt werden, es sei denn konkrete Verdachtsmomente, bspw. Verständnisprobleme, die besondere Komplexität oder Neuartigkeit des Produkts, erfordern eine tiefergehende (personalisierte) Auseinandersetzung.312 Bezüglich des Immobilienverzehrkredits ist zunächst zu konstatieren, dass dieser als komplexes und (zumindest im deutschen Rechtsraum) neuartiges Finanzprodukt grundsätzlich einer eingehenden und auch personalisierten Erläuterung bedarf. In Anlehnung an die Ergebnisse des Rechtsvergleichs ist insbesondere auf die Rechtsnatur des Vertrages als Darlehen (und die damit verbundene Pflicht zur Rückzahlung), die wirtschaftlichen Implikationen des umgekehrten Zahlungsstroms in Kombination mit den Berechnungsfaktoren Lebenswahrscheinlichkeit, Grundstückswert und Zinsen sowie die vertraglich vereinbarten Kündigungsrechte einzugehen. Als vertragstypische Auswirkung ist das Risiko der verfrühten Zwangsvollstreckung, der Regelfall der Grundstücksverwertung am Ende der Vertragslaufzeit und die Wirkungen der Haftungsbeschränkung zu erläutern. Die Erläuterungspflicht des § 491a Abs. 3 BGB lässt sich demnach ebenfalls ohne Weiteres auf den Immobilienverzehrkreditvertrag übertragen und scheitert nicht an dessen Besonderheiten. Vielmeher werden diese der Erläuterung zugrunde gelegt. Wie der Vergleich mit dem US-amerikanischen Recht gezeigt hat, ist die Statuierung einer solchen Erläuterungspflicht auch aus rechtspolitischen Gesichtspunkten geboten: So wurde empirisch nachgewiesen, dass eine persönliche Erläuterung der Vertragsdetails das Informa­

309  Ausführlich hierzu Metz, NJW 2012, 1990, 1992 („Gesamtpaket“); siehe auch MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491a Rn. 68; zurückhaltend Bülow/Artz/ Artz, § 491a Rn. 32. 310  Bülow/Artz/Artz, § 491a Rn. 32; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491a Rn. 69. 311  MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491a Rn. 68; ähnlich Bülow/Artz/ Artz, § 491a Rn. 30; Hofmann, BKR 2010, 232, 234. 312  Bülow/Artz/Artz, §  491a Rn.  29a; Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, §  491a Rn. 27; Erman/Nietsch, § 491a Rn. 45; Schürnbrand, ZBB 2014, 168, 175; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491a Rn. 71 f.; anders Hoffmann/Bartlitz, WM 2014, 2297, 2298; sowie Hofmann, BKR 2010, 232, 234 f. (mit Beispielen zur Komplexität der Finanzprodukte), die generell hiervon ausgehen.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda395

tionsdefizit des Verbrauchers stärker eindämmen konnte als bloß gedruckte Informationen.313 bb) Erläuterungs- vs. Beratungspflicht Es fragt sich in diesem Kontext lediglich, ob die Erläuterungspflicht zur Bekämpfung des Informationsdefizits ausreicht, oder ob der Darlehensgeber nicht zu einer Beratung verpflichtet werden sollte. So gleicht die Beratungspflicht des US-amerikanischen Rechts de lege lata zwar mehr der soeben dargestellten Erläuterungspflicht, da der Berater keine konkreten Kreditgeber oder Produkte empfehlen darf, doch wird dies gerade von der US-amerikanische Rechtsliteratur kritisiert, so dass hieraus für das deutsche Recht die logische Konsequenz gezogen werden könnte, eine genuine Beratungspflicht zu statuieren. Gegen eine Übernahme des Beratungskonzepts spricht jedoch zunächst, dass die Ausgangslage im US-amerikanischen Recht eine fundamental andere ist als im deutschen Recht. So wird dort die Beratung von einer unabhängigen Beratungsinstanz vorgenommen, die keine Beziehungen zu Kreditgebern unterhalten darf. Fragen der Unabhängigkeit, Qualität und Finanzierung der Berater hängen von der staatlichen Überwachung durch das HUD und der Förderung des HECM-Programms aus öffentlichen Mitteln ab. Wenngleich sich eine Beratung folglich positiv auf das Informationsdefizit auswirken könnte, scheint es mit Blick auf die derzeitige rechtstatsächliche Relevanz des Immobilienverzehrkreditvertrages unwahrscheinlich, dass sich eine solche öffentliche Förderung in Deutschland rechtspolitisch durchsetzen ließe. Darüber hinaus erscheint eine solche Fragestellung weniger zivil- als sozialrechtlich motiviert. Bis der Immobilienverzehr an tatsächlicher Bedeutung gewinnt, könnte die Beratungspflicht in der Interimszeit zwar dem Darlehensgeber auferlegt werden. Hiergegen spricht jedoch die im US-amerikanischen Recht bestätigte Vermutung, dass dieser keine in gleichem Maße unabhängige Beratung wie eine unbeteiligte Partei leisten kann. Von grundlegenderer Bedeutung ist allerdings, dass eine solche verpflichtende Beratung einen zivilrechtlichen Systembruch darstellen würde. Denn wie sich im Umkehrschluss zu § 511 BGB bzw. Art. 22 WIKr-RiL ergibt, ist der Darlehensgeber als Interessenwalter in eigenen Angelegenheiten tätig und soll deshalb nur dann beratend tätig werden müssen, wenn er sich hierzu ausdrücklich privatautonom verpflichtet.314 Die Statuierung einer haftungsbe313  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 3: B.II.2.c)bb), Beratungspflichten, S. 108 sowie Kapitel 3: B.II.2.e)bb), Kritik an der Beratungspflicht, S. 126. 314  Buck-Heeb/Lang, ZBB 2016, 320, 328; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 511 Rn. 1.

396

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

währten Beratungspflicht würde dem wiedersprechen, so dass sich eine Ausnahmevorschrift zugunsten des Immobilienverzehrkreditvertrages schwer­lich rechtfertigen ließe. d) Keine Übertragbarkeit von § 491a Abs. 4 BGB § 491a Abs. 4 BGB enthält Sonderbestimmungen für Darlehen i. S. v. § 491 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 BGB und ist somit für den Immobilienverzehrkreditvertrag irrelevant. Eine Ausnahmevorschrift ist aufgrund der systematischen Stellung und Definition in § 491 BGB nicht erforderlich. 3. Schriftformerfordernis und Vertragsinhalt, § 492 i. V. m. § 494 BGB a) Schriftformerfordernis, § 492 Abs. 1 i. V. m. § 494 Abs. 1 BGB aa) Telos und Übertragbarkeit der Vorschrift Nach § 492 Abs. 1 S. 1 BGB bedürfen Verbraucherdarlehensverträge grund­ sätzlich315 der Schriftform, da ansonsten § 494 Abs. 1 BGB die Rechtsfolge der Formunwirksamkeit anordnet. Mit dem Erfordernis der Schriftform werden unterschiedliche Zwecke verfolgt. Zum einen soll der Verbraucher vor einer übereilten, mündlichen Entscheidung geschützt werden,316 zum anderen soll er verschiedene Vertragsangebote innerhalb der Widerrufsfrist miteinander vergleichen können, um somit Preistransparenz herzustellen.317 Auch diese Schutzzwecke sind allgemeine Ausflüsse des Verbraucherschutzgedankens und damit auf den Immobilienverzehrkreditvertrag übertragbar.318

315  Zu den Ausnahmen im digitalen Vertriebskanal und den damit einhergehenden praktischen Schwierigkeiten siehe Freitag, ZIP 2018, 1805, 1808. 316  Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, §  492 Rn. 1; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 492 Rn. 1; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492 Rn. 1; allgemein zum Schutzzweck der Schriftform MünchKommBGB/Einsele, § 126 Rn. 1. 317  Bülow/Artz/Artz, § 492 Rn. 10 i. V. m. Bülow/Artz/Bülow, § 495 Rn. 15; Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, § 492 Rn. 1; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 492 Rn. 1 f.; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492 Rn. 1. 318  Siehe allerdings zur berechtigten Kritik am Schriftformerfordernis und der Änderungsmöglichkeit de lege ferenda Freitag, ZIP 2018, 1805, 1808.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda397

bb) Schriftform vs. notarielle Beurkundung Allerdings ist aus rechtspolitischer Sicht zu fragen, ob die Anordnung des Schriftformerfordernisses zum Schutz des Verbrauchers ausreicht. Denn im wirtschaftlichen Endergebnis entspricht der Immobilienverzehrkreditvertrag regelmäßig einem (Leibrenten-)Kaufvertrag, für welchen § 311b Abs. 1 S. 1 BGB immerhin den Formzwang der notariellen Beurkundung anordnet. Zwar rechtfertigt sich eine Übertragung des Formerfordernisses nicht aus dogmatischen Gründen, da der Immobilienverzehrkreditvertrag als Darlehensvertrag ausgestaltet ist und den Darlehensnehmer somit keine Pflicht zur Übertragung des Grundeigentums trifft. Gleichwohl ist eine Erstreckung der Beurkundungspflicht geboten, weil die Schutzzwecke des Formzwangs (Übereilungsschutz, Gültigkeitsgewähr, Beweis-, Schutz- und Warnfunk­ tion)319 beim Immobilienverzehrkreditvertrag gleichsam zum Tragen kommen. Dieser nimmt eine Sonderstellung zwischen Kauf- und Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag ein: Auch ohne Pflicht zur Übertragung des Grundeigentums wird der Darlehensnehmer oder dessen Erben im Regelfall die Verwertung des Grundstücks im Fälligkeitszeitpunkt hinnehmen, um die Darlehensschuld zu tilgen. Es ist somit nicht auf den formalen Aspekt der Pflicht zur Eigentumsübertragung abzustellen, sondern auf die abstrakte Gefährlichkeit des Vertrages. Aus Wertungssicht spricht hierfür darüber hinaus, dass der Gesetzgeber gem. § 505b Abs. 2 S. 3 BGB grundsätzlich Darlehensverträge missbilligt, bei denen die Wohnimmobilie des ansonsten kreditunwürdigen Verbrauchers als einzige Sicherheit eingesetzt wird, so dass dieses mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit im Fälligkeitszeitpunkt zwangsverwertet werden wird.320 Zur Kompensation dieser Risiken erscheint eine Übertragung des Formzwangs folglich angebracht. So trägt der Formzwang in Kombination mit der Erläuterungspflicht nach § 491a Abs. 3 BGB zur Bekämpfung des Informationsdefizits des Verbrauchers bei. Der Notar unterliegt nach §§ 17 ff. BNotO weitreichenden Prüfungs- und Belehrungspflichten und ist als unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes (§ 1 BNotO) zur Gleichbehandlung der Parteien verpflichtet. 319  BeckOK-BGB/Gehrlein, 53. Ed. 01.02.2020, § 311b Rn. 1; MünchKommBGB/ Ruhwinkel, § 311b Rn. 2. 320  MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 505b Rn. 11; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 505b Rn. 5; siehe auch die Wertung des Referentenentwurfs des BMF und BMJV zur Verordnung zur Festlegung von Leitlinien zu den Kriterien und Methoden der Kreditwürdigkeitsprüfung bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen (Immobiliar-Kreditwürdigkeitsprüfungsleitlinien-Verordnung – ImmoKWPLV) vom 21.07.2017, S. 12 f.; siehe weiterführend zur ImmoKWPLV Binder, ZIP 2018, 1201; Buck-Heeb/Siedler, BKR 2018, 269; Omlor, NJW 2018, 2445; Feldhusen, WM 2019, 97.

398

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

Die bereits thematisierte Schwäche der Unabhängigkeit des Darlehensgebers im Rahmen der Erläuterungspflicht könnte hierdurch zumindest in Bezug auf die rechtliche Dimension des Vertrages durch eine unabhängige und objektive Kontrollinstanz kompensiert werden. Eine solche Kombination der Rechtsinstitute würde im Ergebnis zu einer starken Annäherung an die im US-amerikanischen Recht vorgesehene Beratungspflicht führen, ohne dass es hierfür einer gesonderten staatlichen Subvention oder Aufsicht bedürfte – vielmehr kann auf das bestehende und durch die BNotO einer Regulierung und Aufsicht (§§ 92 ff. BNotO) unterworfene System zurückgegriffen werden. Rechtstechnisch ist der Formzwang in § 492 Abs. 1 S. 4 n. F. anzuordnen, da § 311b Abs. 1 S. 1 BGB auf eine Pflicht zur Übertragung des Grundeigentums abstellt, die beim Verzehrkredit gerade nicht besteht. Die Heilungsvorschrift des S. 2 würde somit leerlaufen. Durch die Sonderregelung in § 492 BGB wird sichergestellt, dass die Rechtsfolgen des Formmangels und dessen Heilung durch das Verbraucherdarlehensrecht vorgegeben werden, die die Besonderheiten der Materie berücksichtigen. b) Mindestvertragsinhalt, § 492 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB aa) Telos der Vorschrift Um nicht gleichsam der Nichtigkeitsfolge des § 494 Abs. 1 BGB zu unterliegen, sind gem. § 492 Abs. 2 BGB die in Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB genannten Informationen zwingend in den Vertrag aufzunehmen. Welchen Inhalt der konkrete Vertrag aufweisen muss, ergibt sich aus dessen Einordnung als Allgemein- bzw. Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag oder als geduldete bzw. eingeräumte Überziehungsmöglichkeit.321 Der Zweck der Vorschrift liegt ebenfalls im Schutz des Verbrauchers vor Übereilung322 und der Schaffung von Preistransparenz durch die Vergleichbarkeit verschiedener Angebote.323

321  Bülow/Artz/Artz,

§ 492 Rn. 73 f. 2012, § 492 Rn. 26; MünchKommBGB/Schürnbrand/

322  Staudinger/Kessal-Wulf,

Weber, § 492 Rn. 1. 323  Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, § 492 Rn. 1; MünchKommBGB/Schürnbrand/ Weber, § 492 Rn. 1.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda399

bb) Übertragbarkeit der Vorschrift Die Schutzzwecke des § 492 Abs. 2 BGB sind allgemeine Ausprägungen des Verbraucherschutzes und können somit problemlos auf den Verzehrkredit erstreckt werden. Zudem schreibt auch das US-amerikanische Recht zum Schutz des Verbrauchers einen zwingenden Mindestvertragsinhalt vor. Von dieser Feststellung zu trennen und damit separat zu erörtern ist indes die Frage, ob die in Art. 247 §§ 6 ff. EGBGB vorgesehenen Vertragsinhalte ohne inhaltliche Änderung auf den Immobilienverzehrkreditvertrag ausgeweitet werden können. Hiernach wären die in § 3 Abs. 1 Nr. 1–7, 10 und 13 i. V. m. § 6 Abs. 1 S. 2 sowie die in § 7 Abs. 2 und § 8 Abs. 2 und 3 genannten Inhalte zwingend in den Immobilienverzehrkreditvertrag aufzunehmen, da dieser nach § 491 BGB n. F. einen Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag darstellt.324 Die in §§ 10–13 enthaltenen Informationspflichten können aufgrund der spezifischen Konstruktion des Immobilienverzehrkredits vernachlässigt werden. Die allgemeinen Kreditinformationen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1–3, 5, 10, 13, Abs. 4, § 7 Abs. 2, § 8 Abs. 2 und 3) können ohne Weiteres für den Verzehrkreditvertrag übernommen werden. Bezüglich der in § 3 Abs. 1 Nr. 4 (Nettodarlehensbetrag), Nr. 6 (Vertragslaufzeit) und Nr. 7 (Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen) geforderten Angaben stellen sich dagegen die bereits zu den vorvertraglichen Informationen erörterten Probleme: Aufgrund der Verknüpfung von Fälligkeits- und Todeszeitpunkt kann die Vertragslaufzeit nicht sicher vorhergesagt werden, Tilgungsleistungen entfallen während der Vertragslaufzeit und der Nettodarlehensbetrag kann zumindest im Fall der lebenslangen Auszahlung nicht im Vorfeld sicher berechnet werden. Zudem fehlen verpflichtende Hinweise auf die Prognoseschwierigkeiten der Kalkulation oder Angaben zur Haftungsbeschränkung und deren Auswirkungen. Die genannten Mindestvertragsinhalte können damit nicht ohne Anpassung auf den Immobilienverzehrkreditvertrag übertragen werden. cc) Vorschlag eines vertraglichen Mindestinhalts Spiegelbildlich zum ähnlich gelagerten Problem adäquater vorvertraglicher Informationen, müssen die Vorgaben zum Mindestvertragsinhalt für den Immobilienverzehrkreditvertrag folglich angepasst werden. Der Regelungssystematik des EGBGB folgend ist hierzu auf die im vorvertraglichen Bereich nach dem Merkblatt für Immobilienverzehrkreditverträge zu erteilenden In324  Die in Art. 247 § 6 Abs. 1 S. 2 EGBGB anmutende Verweisung auf die Angaben von Abs. 1 Nr. 2–6 ist einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers geschuldet; siehe hierzu m. w. N. MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492 Rn. 28.

400

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

formationen abzustellen. Rechtstechnisch lassen sich diese Vorgaben durch eine Ergänzung in Art. 247 § 6 Abs. 1 S. 4 EGBGB zum Mindestvertrags­ inhalt erklären, der auf die in Anlage 6a (Merkblatt für Immobilienverzehrkreditverträge) enthaltenden Informationen Bezug nimmt. Handelt es sich um einen variablen Zinssatz sind zudem die Angaben in § 3 Abs. 4 verpflichtend in den Vertrag aufzunehmen. c) Rechtsfolgen von Formmängeln, § 494 BGB aa) Nichtigkeitsfolge und Heilung, § 494 Abs. 1 und 2 BGB Wurde die Form des Verbraucherdarlehensvertrages insgesamt oder der Mindestvertragsinhalt nach Art. 247 § 6 und 10 bis 13 EGBGB nicht eingehalten, ordnet § 494 Abs. 1 BGB325 die Rechtsfolge der Nichtigkeit des Vertrages an. Die Übernahme der Sanktionsfolge scheint auch in Bezug auf den Immobilienverzehrkreditvertrag angemessen und kann somit auf diesen erstreckt werden. Nachdem § 494 Abs. 2 S. 1 BGB hinsichtlich der Heilungsmöglichkeit lediglich auf die Schriftform abstellt, muss der Wortlaut an das hier vorgeschlagene Beurkundungserfordernis des Immobilienverzehrkreditvertrages angepasst werden. Um Rechtssicherheit zu schaffen und Rechtsmissbrauch zu verhindern, ist für den Fall der lebenslangen Auszahlung zudem klarzustellen, dass die Heilungswirkung bereits bei Empfang der ersten Teilzahlung eintritt. Die Rechtsfolge des S. 2 kann hingegen ohne Anpassung übertragen werden. Zwar ist es möglich, dass der Gesamtbetrag im Fall der lebenslangen Auszahlung im Zeitverlauf vom Schätzwert abweicht, allerdings sanktioniert S. 2 nur das Fehlen der Angaben bzw. greift lediglich bei groben Fehlinformationen ein, die keinerlei Informationswert für den Darlehensnehmer aufweisen.326 Dies ist jedoch auch bei Abweichen von Schätzwert und tatsächlichem Gesamtdarlehensbetrag nicht der Fall, da über den verpflichtenden Mindestvertragsinhalt der Hinweis auf die Schätzung dieser Werte in den Vertrag aufgenommen werden muss. Dies ist konsequenterweise im Rahmen der Rechtsfolgen von § 494 Abs. 2 S. 2 BGB zu berücksichtigen. Der Darlehensnehmer wird somit über den statistisch wahrscheinlichen (anhand von Sterbetafeln berechneten) Gesamtbetrag und die Möglichkeit informiert, dass die angegebenen Werte im Zeitverlauf vom Schätzwert abweichen können.

325  § 494 Abs. 1 BGB ist im Verhältnis zu § 125 BGB als speziellere Norm anzusehen und daher vorrangig in den Blick zu nehmen; siehe zum Normverhältnis statt vieler MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 494 Rn. 14. 326  Statt vieler MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 494 Rn. 12.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda401

bb) Angabe des effektiven Jahreszinses, § 494 Abs. 3 BGB Wird der effektive Jahreszins zu niedrig angegeben, sanktioniert § 494 Abs. 3 BGB dies dadurch, dass sich der vertragliche Sollzinssatz um den zu niedrig angegebenen effektiven Jahreszins vermindert. In die Berechnung des effektiven Jahreszinses sind nach der Anlage zu § 6 PangV u. a. die Laufzeit des Kredits, die Nummer der letzten Auszahlungstranche und der Zeitraum zwischen Auszahlung und Tilgung einzustellen.327 Diese Werte können im Fall eines Immobilienverzehrkredits indes nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden. Neben der unbekannten Laufzeit, die einem jeden Verzehrkredit immanent ist, gilt dies insbesondere für eine lebenslange Auszahlung der Valuta, bei welcher vor dem Vertragsschluss nicht vorausgesagt werden kann, welche laufende Nummer die letzte Auszahlung (vgl. Variable m) haben wird. Um einen Ausgleich zwischen dem Informationsinteresse des Darlehensnehmers und dem Sicherheitsbedürfnis des Darlehensgebers zu schaffen, ist daher für folgenden Kompromiss zu plädieren: Der Darlehensgeber ist auch im Falle eines Immobilienverzehrkredits zur Angabe des effektiven Jahreszinses verpflichtet, kann die Berechnung indes auf die der internen Kalkulation zugrunde liegenden bzw. objektiv nachvollziehbare Schätzwerte stützen. Dies entspricht der US-amerikanischen Rechtslage. Dort muss der Darstellung der TALC-rates ebenfalls die antizipierte Lebenswahrscheinlichkeit zugrunde gelegt werden. Hierfür ist zunächst die Anlage zu § 6 PangV um eine Anmerkung zu ergänzen, dass der Immobilienverzehr-Darlehensgeber die Berechnung anhand von fundierten Schätzwerten (z. B. aufgrund von Sterbetafeln) vornehmen kann. Weiterhin ist die Rechtsfolge in § 494 Abs. 3 BGB an den Immobilienverzehrkreditvertrag anzupassen. Denn eine Bewertung, wann der angegebene effektive Jahreszins vom tatschlichen Jahreszins abweicht, kann erst dann erfolgen, wenn Gewissheit über die zuvor zugrunde gelegten Schätzwerte erlangt wurde, also bei Fälligkeit des Kredits. Die Sanktionsfolge de lege lata würde durch die zu diesem Zeitpunkt (meist Tod des Darlehensnehmers) bestehenden praktischen Abwicklungsschwierigkeiten konterkariert werden. Allerdings kann eine Falschangabe auch nicht sanktionslos bleiben, da der Darlehensgeber ansonsten die finanzielle Attraktivität seines Angebots durch die Angabe willkürlicher Schätzwerte zulasten des Darlehensnehmers verbessern könnte. Um dem vorzubeugen sollte § 494 Abs. 3 S. 2 BGB n. F. vielmehr vorsehen, dass sich der Sollzinssatz um die Differenz vermindert, die zwischen dem aufgrund solider Schätzwerte berechneten effektiven Jah327  Zu den Einzelheiten der Berechnung statt vieler MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 491a Rn. 17.

402

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

reszins und dem tatsächlich zu niedrig angegebenen effektiven Jahreszins besteht. cc) Die übrigen Rechtsfolgen, § 494 Abs. 4–6 BGB Die sonstigen Rechtsfolgen bei Verstoß gegen § 492 Abs. 1 und 2 BGB können problemlos für den Immobilienverzehrkreditvertrag übernommen werden. Für § 494 Abs. 6 S. 1 Alt. 1 BGB ist lediglich darauf hinzuweisen, dass durch das Merkblatt für Immobilienverzehrkreditverträge, das gleichsam den Mindestvertragsinhalt vorgibt, sichergestellt ist, dass bezüglich der Laufzeit und des Gesamtbetrages auch Schätzwerte angegeben werden können. d) Anspruch auf Vertragsabschrift, § 492 Abs. 3 S. 1 BGB Der Anspruch auf Übermittlung einer Vertragsabschrift nach § 492 Abs. 3 S. 1 BGB dient der Information des Verbrauchers über den Vertragsinhalt, so dass er sich über seine vertraglichen Rechte und Pflichten unterrichten kann.328 Der Schutzzweck der Vorschrift kann ohne Einschränkung auf den Immobilienverzehrkreditvertrag übertragen werden und trägt damit zur Bekämpfung des Informationsdefizits bei. e) Anspruch auf Tilgungsplan, § 492 Abs. 3 S. 2 BGB Nachdem der Fälligkeitszeitpunkt nicht durch ein Rückzahlungsdatum bestimmt ist und auch keine Rückzahlungen während der Vertragslaufzeit zu leisten sind, ist der Anspruch auf Übermittlung eines Tilgungsplans auf den Immobilienverzehrkreditvertrag nicht anwendbar. f) Formvoraussetzungen von Vollmachten, § 492 Abs. 4 BGB § 492 Abs. 4 BGB erstreckt die Form des Abs. 1 und die in Abs. 2 angeordneten Pflichtangaben auf Vollmachten, die der Darlehensnehmer zwecks Abschlusses des Vertrages einer dritten Person erteilt. Um den Schutzzweck der genannten Regelungen nicht dergestalt leerlaufen zu lassen, dass der Verbraucher die Informationen von vornherein nicht wahrnimmt, müssen

328  Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, §  492 Rn. 1; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, §  492 Rn.  1  f.; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492 Rn. 2 i. V. m. Rn.  1.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda403

sowohl die Form als auch der Inhalt auf die Vollmacht übertragen werden.329 Nachdem es sich um einen allgemeinen Schutzgedanken handelt, kann die Vorschrift auf den Immobilienverzehrkreditvertrag übertragen werden. g) Form nachvertraglicher Erklärungen, § 492 Abs. 5 BGB Nach § 492 Abs. 5 BGB müssen Erklärungen, die dem Darlehensnehmer gegenüber nach Vertragsschluss abzugeben sind, auf einem dauerhaften Datenträger (§ 126b S. 2 BGB) erfolgen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass alle den Vertrag betreffenden Informationen derart aufbewahrt und dokumentiert werden können, dass deren Inhalt zu einem späteren Zeitpunkt nachvollzogen werden kann.330 Als Beispiel seien die nachvertraglichen Informationspflichten nach § 493 BGB, Mahnungen, Kündigungen oder Fristsetzungen genannt.331 Die Anordnung des Formerfordernisses ist ebenfalls Ausdruck eines allgemeinen Verbraucherschutzgedankens, der auf den Immobilienverzehrkreditvertrag übertragen werden kann. Im Gegenteil scheint es in Hinblick auf die verheerenden Folgen einer verfrühten Zwangsvollstreckung erst recht angebracht, die Vorschrift zur Anwendung gelangen zu lassen. Praktisch bedeutsam ist die Textform bspw. für den Fall einer Fristsetzung i. S. v. § 314 Abs. 2 S. 1 BGB. Durch die Textform wird dem Verbraucher verdeutlicht, gegen welche Pflicht er verstoßen hat und wie dem Pflichtverstoß innerhalb welcher Zeitspanne abgeholfen werden muss. Jedoch auch hinsichtlich der Kündigungserklärung wird dem Darlehensnehmer bzw. dessen Erben klar vor Augen geführt, dass die Zwangsvollstreckung droht und somit ggf. Maßnahmen ergriffen werden müssen, um diese abzuwehren. h) Nachholung von Angaben, § 492 Abs. 6 BGB Die Möglichkeit zur Nachholung fehlender Angaben nach § 492 Abs. 6 BGB hängt funktional mit der Möglichkeit des Widerrufs zusammen und soll daher in diesem Kontext erläutert werden.332

329  BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 492 Rn. 34; Erman/Nietsch, § 492 Rn. 24; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492 Rn. 48. 330  MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492 Rn. 59; ähnlich BeckOK-BGB/ Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 492 Rn. 42; Erman/Nietsch, § 492 Rn. 27. 331  Bülow/Artz/Artz, § 492 Rn. 154; Erman/Nietsch, § 492 Rn. 27; MünchKomm­ BGB/Schürnbrand/Weber, § 492 Rn. 60. 332  Siehe hierzu unten Kapitel 5: B.IV.6., Widerrufsrecht und Bedenkzeit, § 495 BGB, S. 414.

404

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

i) Vereinbarung eines veränderlichen Sollzinssatzes, § 492 Abs. 7 BGB § 492 Abs. 7 BGB stellt klar, dass die Vereinbarung eines an einen Index bzw. Referenzzinssatz gekoppelten veränderlichen Sollzinssatzes nur dann wirksam ist, wenn der Index bzw. Referenzzinssatz objektiv, eindeutig bestimmt und für den Darlehensgeber und Darlehensnehmer verfügbar und überprüfbar ist. Die Regelung ist ebenfalls auf den Immobilienverzehrkreditvertrag übertragbar, da keine Spezifika der Vertragsgestaltung entgegenstehen. 4. Verbot von Kopplungsgeschäften und Ausnahmen, §§ 492a, 492b BGB a) Grundsatz: Verbot von Kopplungsgeschäften, § 492a BGB aa) Telos und Übertragbarkeit der Vorschrift § 492a Abs. 1 S. 1 BGB verbietet es, den Abschluss eines ImmobiliarVerbraucherdarlehensvertrages davon abhängig zu machen, dass der Darlehensnehmer oder ein Dritter weitere Finanzprodukte oder -dienstleistungen erwirbt (sog. Kopplungsgeschäft). Begrifflich setzt das Vorliegen eines Kopplungsgeschäfts voraus, dass dieses zur Bedingung des Abschluss des Kreditvertrages gemacht wird, während in Abgrenzung hierzu im Rahmen eines zulässigen Bündelungsgeschäft Leistungen lediglich optional angeboten werden.333 Folglich liegt kein unzulässiges Kopplungsgeschäft vor, wenn das zu koppelende Produkt auch ohne den Kreditvertrag angeboten wird.334 Anders gewendet müssen Kreditvertrag und Kopplungsgeschäft in eine Haupt- und Nebenleistung aufgespalten werden können,335 so dass der Kreditvertrag auch ohne die andere Leistung durchführbar und ökonomisch sinnvoll ist.336 In sachlicher Hinsicht verbietet das Verbot des § 492a Abs. 1 S. 1 BGB die Kopplung mit Finanzprodukten bzw. Finanzdienstleistungen. Während ein 333  Bülow/Artz/Bülow, § 492a Rn. 3, 5 und 14; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 492a Rn. 2 f. und 5; Erman/Nietsch, § 492a Rn. 2; MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 492a Rn. 2 und 5. 334  MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492a Rn. 2; Erman/Nietsch, § 492a Rn. 2. 335  Bülow/Artz/Bülow, §  492a Rn.  5; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492a Rn. 2; ähnlich Erman/Nietsch, § 492a Rn. 2. 336  Bülow/Artz/Bülow, §  492a Rn.  5; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492a Rn. 2 und 5; einschränkend Erman/Nietsch, § 492a Rn. 2.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda405

Finanzprodukt die Anlage von Geld betrifft, folgt der Begriff der Finanzdienstleistung der Legaldefinition des § 312 Abs. 5 S. 1 BGB, bezieht sich also auf Bankdienstleistungen und alle mit der Kreditgewährung einhergehenden Tätigkeiten.337 Rechtsfolgenseitig ordnet § 492a Abs. 2 Hs. 1 BGB die Nichtigkeit des gekoppelten Geschäfts an, wenn der Darlehensgeber in unzulässiger Weise den Darlehensvertrag mit sonstigen Finanzprodukten oder Finanzdienstleistungen koppelt. In Ausnahme zur Grundregel des § 139 BGB bleibt der Verbraucherdarlehensvertrag nach Hs. 2 bestehen,338 was selbst dann gilt, wenn der Parteiwille übereinstimmend auf die Aufrechterhaltung des Vertrages gerichtet ist.339 Telos der Regelung ist es, den Verbraucher vor einem Abschluss von unvorteilhaften Verträgen zu schützen.340 Die Ausgangslage des Kopplungsverbotes entspricht damit dem in der USamerikanischen Literatur diskutierten Problem des cross-sellings, das insbesondere deferred annuities betrifft.341 Wie der Rechtsvergleich gezeigt hat, sind Verbraucher, die auf den Abschluss einer Reverse Mortgage angewiesen sind, besonders anfällig für derlei Kreditvergabepraktiken.342 Grund hierfür ist die rechtliche und wirtschaftliche Komplexität der Reverse Mortgage in Kombination mit den allgemeinen und altersspezifischen Verständnisdefiziten des Verbrauchers. Ein durchschnittlicher Verbraucher kann regelmäßig nicht abschätzen, ob das zu koppelnde Geschäft als sinnvolle Ergänzung der Hauptleistung anzusehen ist oder einen wirtschaftlichen Nachteil darstellt. Die Regelung des § 492a Abs. 1 BGB entspricht damit inhaltlich 12 U.S.C. § 1715z-20 (o), welcher das US-amerikanische Verbot des cross-sellings für die HECM regelt. Aufgrund der Erfahrung des US-amerikanischen Gesetzgebers mit räuberischen Kreditvergabepraktiken auf dem Reverse-MortgageMarkt, scheint eine Übertragung der Vorschrift aus rechtspolitischen Gründen gerechtfertigt.

337  Bülow/Artz/Bülow, § 492a Rn. 7; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 492a Rn. 4; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492a Rn. 4. 338  Bülow/Artz/Bülow, § 492a Rn. 12; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 492a Rn. 6 f.; Erman/Nietsch, § 492a Rn. 7; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492a Rn. 6. 339  Bülow/Artz/Bülow, § 492a Rn. 12. 340  Erwägungsgrund (24) WIKr-RiL; Bülow/Artz/Bülow, § 492a Rn. 3; BeckOKBGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 492a Rn. 2; Erman/Nietsch, § 492a Rn. 1; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492a Rn. 1. 341  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.I.3., Predatory Lending und Cross-Selling, S. 83. 342  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 3: B.I.3., Predatory Lending und Cross-Selling, S. 83.

406

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

bb) Weitergehender Schutz durch funktionale Abtrennung Fraglich ist allerdings, ob eine bloße Erstreckung des Kopplungsverbots genügt, um den Verbraucher vor Kopplungsgeschäften zu schützen. Das USamerikanische Recht geht insofern über das bloße Kopplungsverbot hinaus und verbietet es Reverse Mortgage-Anbietern, sonstige Finanzprodukte zu vertreiben oder mit Parteien in Zusammenhang zu stehen, die derlei Produkte anbieten. Das übrige Geschäft des Kreditgebers oder der Drittpartei ist nur dann vom Verbot ausgenommen, wenn durch hinreichende Schutzmaßnahmen sichergestellt ist, dass Mitarbeitern im Reverse Mortgage-Bereich keine wirtschaftlichen Anreize gesetzt werden, um den Kreditvertrag mit sonstigen Finanz- oder Versicherungsprodukte zu verbinden. Gegen eine Erstreckung dieser Pflichten spricht jedoch zunächst rein formal, dass diese organisationsrechtliche Frage systematisch korrekt dem Aufsichtsrecht zu überantworten ist. Unabhängig hiervon, erscheint es jedoch bereits fraglich, ob der Regelungsgehalt dieses funktionalen Trennungsgebots übernommen werden sollte. Denn zum einen sollte der Darlehensgeber eigenverantwortlich darüber befinden können, wie dieser seinen operativen Geschäftsbetrieb organisiert und strukturiert. Zum anderen ist der Verbraucher durch das differenzierte Regel-Ausnahmen-System der §§ 492a, 492b BGB i. V. m. §18a Abs. 8a KWG hinreichend geschützt, welches neben der Teilnichtigkeit des Kopplungsgeschäfts darüber hinaus bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 i. V. m. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB gewährt.343 Abschließend ist diese Frage für das gesamte Verbraucherdarlehensrecht zu beantworten und nicht lediglich für den Immobilienverzehrkreditvertrag – eine partielle Regelung ist systematisch verfehlt. b) Zulässige Kopplungsgeschäfte, § 492b BGB In Ausnahme zu § 492a Abs. 1 S. 1 BGB listet § 492b BGB Tatbestände auf, von denen sich der Gesetzgeber vorteilhafte wirtschaftliche Auswirkungen für den Verbraucher verspricht oder bei denen ein legitimes Interesse des Darlehensgebers am Abschluss des Kopplungsgeschäfts anzuerkennen ist, so dass die Verträge von der Rechtsfolge der Nichtigkeit ausgenommen sind.344

343  Erman/Nietsch,

Rn. 6.

§ 492a Rn. 7; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492a

344  BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, §  492b Rn. 1; Erman/Nietsch, § 492b Rn. 1; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492b Rn. 1.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda407

aa) Eröffnung eines Zahlungs- oder Sparkontos, § 492b Abs. 1 Nr. 1 BGB Die erste Ausnahme betrifft die Eröffnung eines Zahlungs- bzw. Sparkontos, wobei die Konten nicht zu jedem beliebigen Zweck eröffnet werden dürfen, sondern einer gesetzlichen Zweckbindung unterliegen.345 § 492b Abs. 1 Nr. 1 lit. a) bis c) zählt enumerativ diejenigen Zwecke auf, die zu einer Privilegierung des Vertragsschlusses führen.346 Die Privilegierung entfällt folglich, wenn der Vertrag zu anderen als den gesetzlich bestimmten Zwecken abgeschlossen wird.347 Ausreichend ist hierfür bereits das Hinzutreten weiterer Zwecke zu den gesetzlich determinierten.348 (1) Zweckbindung nach § 492b Abs. 1 Nr. 1 lit. a) Nach lit. a) muss die Kapitalansammlung den Zweck verfolgen, den Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag zurückzuzahlen oder zu bedienen. Nachdem eine Rückzahlung im Fall des Immobilienverzehrkreditvertrages zumindest zu Lebzeiten des Darlehensnehmers ausgeschlossen ist und auch danach die Rückzahlung im Regelfall aus der Immobilie geleistet werden soll, kann der Zweck der Rückzahlung nicht auf den Immobilienverzehrkreditvertrag übertragen werden. In Abhängigkeit davon, wie der Zweck der Bedienung des Darlehens auszulegen ist, könnte hierunter in Anlehnung an das US-amerikanischen Recht349 die Eröffnung eines Kapitalsammelkontos verstanden werden, von welchem die laufenden Kosten (Versicherungsprämien, Instandhaltungskosten, Grundsteuern etc.) des Vertrages zu leisten sind. Ohne nähere Begründung scheint die Literatur allerdings aufgrund der systematischen Nähe zum Zweck der Darlehensrückzahlung hierunter lediglich Zinszahlungen zu verstehen.350 Die Gesetzesbegründung spricht hingegen allgemein von „Bedin345  Bülow/Artz/Bülow, §  492b Rn.  5; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492b Rn. 3; ähnlich BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 492b Rn. 3 f. 346  Bülow/Artz/Bülow, §  492b Rn.  5; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492b Rn. 3; ähnlich BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 492b Rn. 3 f. 347  Bülow/Artz/Bülow, §  492b Rn.  5; ähnlich BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 492b Rn. 3; Erman/Nietsch, § 492b Rn. 3 f.; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492b Rn. 3. 348  Bülow/Artz/Bülow, § 492b Rn. 5 und 7; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492b Rn. 3; ähnlich BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 492b Rn. 3, der vom einzigen Zweck spricht und das Genannte damit impliziert. 349  Siehe hierzu oben Kapitel  3: B.II.2.c)dd), Kreditwürdigkeitsprüfung und LESA, S. 113. 350  Bülow/Artz/Bülow, § 492b Rn. 6; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 492b Rn. 4; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492b Rn. 3.

408

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

gungen aus dem Darlehensvertrag“.351 Hieraus kann geschlossen werden, dass sich der Zweck des Kontos auf alle Zahlungsverpflichtungen erstrecken darf, die mit dem Darlehensvertrag in Zusammenhang stehen. (2) Zweckbindung nach § 492b Abs. 1 Nr. 1 lit. b) und c) Weiterhin darf die Eröffnung des Kontos gem. lit. b) der Ansammlung von Kapital dienen, um hiervon die erforderlichen Mittel für die Gewährung eines Darlehens bereitzustellen. Die Regelung nimmt hierbei vornehmlich die Ansparphase von Bauspardarlehen in den Blick.352 Da der Immobilienverzehrkreditvertrag der Liquiditätsverschaffung dient, ist der Ausnahmetatbestand für diesen aus praktischer Sicht irrelevant. Schließlich darf das Konto nach lit. c) dem Darlehensgeber als zusätzliche Sicherheit für den Fall eines Zahlungsausfalls des Darlehensnehmers dienen. Nachdem die Definition des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB bereits rein begrifflich voraussetzt, dass die persönliche Haftung auf die Wohnimmobilie beschränkt ist, kann die Ausnahmeregelung nicht auf den Immobilienverzehrkreditvertrag übertragen werden. bb) Erwerb oder Halten eines Anlage- oder privaten Rentenproduktes, § 492b Abs. 1 Nr. 2 BGB Nach § 492b Abs. 1 Nr. 2 können Anlage- oder private Rentenprodukte erworben bzw. gehalten werden, um die in Nr. 2 lit. b) genannten Ziele zu verfolgen. Anders als bei Nr. 1 muss der Anlage- bzw. Rentenzweck neben die in Nr. 2 lit. b) bezeichneten Zwecke treten, aus dem Wortlaut „in erster Linie“ folgt jedoch, dass neben dem hauptsächlichen Anlage- bzw. Rentenzweck auch weitere untergeordnete Zwecke verfolgt werden können.353 Neben den bereits genannten Vorbehalten gegen einzelne Zweckrichtungen, ist die Ausnahme für Anlage- und Ruhestandsprodukte kritisch zu sehen. Denn diese betreffen gerade den Fall, der im US-amerikanischen Recht unter dem Stichwort der deferred annuities diskutiert wird. Die wirtschaftlichen Schäden derlei Kopplungen von Reverse Mortgage-Verträgen und Anlage351  RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 83; hierauf bezugnehmend ohne weitere Konsequenzen abzuleiten Erman/Nietsch, § 492b Rn. 3. 352  RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 83; BeckOKBGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 492b Rn. 3; Erman/Nietsch, § 492b Rn. 3; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492b Rn. 3. 353  Bülow/Artz/Bülow, § 492b Rn. 8; Erman/Nietsch, § 492b Rn. 4; MünchKomm­ BGB/Schürnbrand/Weber, § 492b Rn. 4.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda409

bzw. Ruhestandsprodukten wurden bereits hinreichend erörtert.354 Eine Erstreckung der Ausnahmeregelung für Immobilienverzehrkreditverträge würde somit Missbrauch Tür und Tor öffnen, so dass es aus rechtspolitischen Gründen geboten ist, die Ausnahmebestimmung nicht auf den Verzehrkredit zu erstrecken. cc) Abschluss eines Darlehensvertrages mit Wertbeteiligung, § 492b Abs. 1 Nr. 3 BGB Die Kopplung eines Darlehensvertrages mit Wertbeteiligung i. S. v. § 492b Abs. 1 Nr. 3 BGB auf der einen und eines Immobilienverzehrkreditvertrages auf der anderen Seite erscheint nicht der spezifischen Konstruktionen beider Vertragsarten zu entsprechen, so dass es keiner Erstreckung der Ausnahme­ regelung bedarf. dd) Abschluss einschlägiger Versicherungen, § 492b Abs. 2 BGB Nach § 492b Abs. 2 dürfen Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge mit einschlägigen Versicherungen gekoppelt werden, insofern diese auch bei anderen als den vom Darlehensgeber bevorzugten Anbietern abgeschlossen werden dürfen. Inhaltlich erfasst sind hiervon alle Versicherungen, die entweder die Rückzahlung des Darlehens oder den Wert des Sicherungsgegenstandes absichern.355 Zu nennen sind Kreditausfall-, Lebens-, Feuer- oder Wohngebäudeversicherungen.356 Um das Überschreitungsrisiko abzudecken, hat der Darlehensgeber ein legitimes Interesse am Abschluss einer Wohngebäudeversicherung, so dass der praktische Nutzen einer Übertragung der Ausnahmevorschrift zu bejahen ist. Hinsichtlich des Abschlusses von Kreditausfallversicherungen ist fraglich, ob deren Kopplung zugelassen werden sollte. Denn im wirtschaftlichen Endpunkt wird zumeist die Sicherheit zur Tilgung der Valuta verwendet. Auch aus praktischer Sicht wird sich eine Kreditausfallversicherung im Regelfall wohl nicht oder nicht ohne entsprechende Erhöhung der Versicherungszahlungen auf die Versicherung eines Immobilienverzehrkredits einlassen, so 354  Siehe

S. 83.

hierzu oben Kapitel 3: B.I.3., Predatory Lending und Cross-Selling,

355  Erwägungsgrund (25) WIKr-RiL; RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 84; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 492b Rn. 8; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492b Rn. 6. 356  RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 84; vgl. auch Erwägungsgrund (42) und (50) WIKr-RiL; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 492b Rn. 8; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492b Rn. 6.

410

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

dass schon kein praktisches Bedürfnis nach der Zulassung der Versicherung besteht. Im Gegenteil wird durch die Zulassung derlei Versicherungen das Missbrauchspotential erhöht. Zuzulassen sind allenfalls Versicherungen, die das Langlebigkeitsrisiko des Darlehensnehmers absichern und ab dem Überschreitungspunkt die ­Auszahlungsverpflichtung des Darlehensgebers übernehmen.357 Durch diese wird das Überschreitungsrisiko des Darlehensgebers in legitimer Art und Weise abgesichert. ee) Genehmigte Geschäfte, § 492b Abs. 3 BGB Nach § 492b Abs. 3 BGB sind schließlich solche Kopplungsgeschäfte gestattet, die zuvor von der BaFin als zuständiger Behörde im Einzelfall genehmigt wurden. § 492b Abs. 3 BGB ordnet demnach nur die Rechtsfolge an und knüpft hinsichtlich des Tatbestandes an die nach § 18a Abs. 8a KWG zu erteilende Genehmigung an.358 Nachdem die Prüfung im Einzelfall der Aufsichtsbehörde überlassen bleibt, ist die Regelung vorbehaltlos auf den Immobilienverzehrkreditvertrag übertragbar. ff) Regulatorische Schlussfolgerungen Aus dem Gesagten folgt, dass die Ausnahmebestimmungen in § 492b BGB partiell auf den Immobilienverzehrkreditvertrag erstreckt werden können. Um diejenigen Regelungen auszuschließen, die nach den Erfahrungen des US-Rechts zum Schaden des Verbrauchers wirken, bietet sich eine eigene Ausnahmeregelung in einem neu zu schaffenden § 492b Abs. 4 BGB an, welche insbesondere den Abschluss von Treuhandabreden und Versicherungsverträgen gestattet. 5. Informationen während der Vertragslaufzeit, § 493 BGB a) Informationspflichten bei Ende der Sollzinsbindung, § 493 Abs. 1 BGB Gem. § 493 Abs. 1 BGB hat der Darlehensgeber den Darlehensnehmer bei einem Vertrag mit gebundenem Sollzinssatz (§ 489 Abs. 5 S. 2 BGB), der vor der Vertragslaufzeit endet, mindestens drei Monate vor Ende der Soll357  Brozio, ReWir 2012, 1, 9; Reifner/Clerc-Renaud/Pérez-Carrillo/Tiffe/Knobloch, Study on Equity Release Schemes in the EU, Part I S. 99; Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages S. 101 und 106. 358  Ausführlich hierzu Omlor, NJW 2017, 1633, 1638.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda411

zinsbindung darüber zu unterrichten, ob er zu Vereinbarung einer neuen Sollzinsbindungsabrede bereit ist (S. 1), wobei der Sollzinssatz in diesem Fall mitanzugeben ist (S. 2). § 493 Abs. 1 BGB erfasst somit Fälle der sog. unechten Abschnittsfinanzierung.359 Durch die Vorschrift soll es dem Darlehensnehmer ermöglicht werden, frühzeitig einen Marktvergleich durchzuführen.360 Grundsätzlich bleibt es dem Darlehensgeber auch bei Abschluss eines Immobilienverzehrkreditvertrages unbenommen, die Vereinbarung einer nach Abschnitten bemessenen Sollzinsbindung anzuregen. Verständigen sich die Parteien hierüber, besteht auch beim Darlehensnehmer eines Immobilienverzehrkredits ein Informationsbedarf im soeben beschriebenen Sinn, so dass die Vorschrift auch auf diesen übertragen werden kann. Dass es rechtstatsächlich im Regelfall wohl zu keiner Umschuldung kommen wird, da der Immobilienverzehrkreditvertrag ein Mittel ‚of last resort‘ zur Liquiditätsbeschaffung darstellt, steht dem nicht entgegen. b) Informationspflichten bei Ende der Vertragslaufzeit, § 493 Abs. 2 BGB Drei Monate vor Ende der Vertragslaufzeit hat der Darlehensgeber den Darlehnsnehmer gem. § 493 Abs. 2 S. 1 BGB über seine Bereitschaft zur Fortsetzung des Vertrages zu informieren. Die Norm erfasst Fälle der echten Abschnittsfinanzierung361, so dass die Vorschrift nur dann eingreift, wenn ein Bedürfnis nach der Fortführung des Vertrages gegeben ist, etwa weil die Tilgung ungewiss ist.362 Unabhängig von den praktischen Schwierigkeiten, den Zeitpunkt der Vertragsbeendigung im Fall des Immobilienverzehrkreditvertrages festzulegen, ist dieser nicht darauf ausgelegt, fortgeführt zu werden. Wie § 491 Abs. 3 S. 4 BGB vielmehr verdeutlicht, ist die Tilgung durch Zwangsverwertung des Grundstücks sichergestellt, wenn der Darlehensnehmer – oder dessen Erben – keine Tilgungszahlungen leisten können. Die 359  Ady, WM 2010, 1305, 1306 (vor Umsetzung der WIKr-RiL); BeckOK-BGB/ Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 493 Rn. 2; Erman/Nietsch, § 493 Rn. 4; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 493 Rn. 4; a. A. Knops, WM 2008, 2185, 2189 (vor Umsetzung der WIKr-RiL) mit dem Hinweis, dass eine Mitteilung über die Bereitschaft zur Prolongation nur dann erforderlich sei, wenn die Entscheidung hierüber im Ermessen des Darlehensgebers stehe, was jedoch gerade nur bei der echten Abschnittsfinanzierung der Fall sei. 360  BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 493 Rn. 2; Erman/Nietsch, § 493 Rn. 4; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 493 Rn. 1. 361  Ady, WM 2010, 1305, 1306 (vor Umsetzung der WIKr-RiL); Erman/Nietsch, § 493 Rn. 4 und 8; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 493 Rn. 4. 362  Erman/Nietsch, §  493 Rn. 8; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 493 Rn. 4.

412

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

Vorschrift findet demgemäß nach ihrem Schutzzweck auf den Immobilienverzehrkreditvertrag keine Anwendung und kann auch nicht auf diesen übertragen werden. Es bedarf jedoch auch keines Ausschlusstatbestandes, da die Regelung bereits ihrem Schutzzweck nach keine Anwendung findet. c) Wirksamkeit des veränderlichen Sollzinssatzes, § 493 Abs. 3 BGB § 493 Abs. 3 S. 1 BGB enthält Vorgaben zur Wirksamkeit einer Anpassung des veränderlichen Sollzinssatzes. So hängt die Wirksamkeit einer Anpassung davon ab, dass der Darlehensgeber den Darlehensnehmer über die in Art. 247 § 15 EGBGB genannten Umstände informiert. Umfasst sind hiervon Angeben zur angepassten Höhe der Teilzahlungen und der Zahl und der Fälligkeit von Teilzahlungen. § 493 Abs. 3 S. 2 BGB lässt abweichende Vereinbarungen im Rahmen des Art. 247 § 15 Abs. 2 und 3 EGBGB zu. Nachdem Immobilienverzehrkreditverträge auch mit einem variablen Zinssatz vereinbart werden können, kann die Vorschrift auf den Vertrag übertragen werden. d) Informationspflichten gem. § 493 Abs. 4 und 5 BGB Die Informationspflicht zum Verbraucherdarlehen in Fremdwährung (Abs. 4) und zur vorzeitigen Erfüllbarkeit (Abs. 5) sollen im jeweiligen systematischen Kontext erörtert werden. e) Erstreckung der Pflichten auf den neuen Gläubiger, § 493 Abs. 6 BGB Durch die Erstreckung der Informationspflichten auf den neuen Gläubiger nach Abs. 1–5 gem. § 493 Abs. 6 BGB soll sichergestellt werden, dass der Verbraucher über die genannten Umstände auch nach erfolgter Abtretung der Forderung informiert wird.363 Nachdem die Norm einen allgemeinen Schutzzweck verfolgt und auch nicht an den Spezifika des Immobilienverzehrkredits scheitert, kann die Regelung folglich auf diesen übertragen werden. f) Statuierung darüber hinausgehender Informationspflichten Abschließend bleibt zu erörtern, ob die in § 493 Abs. 1–5 BGB de lege lata vorgeschriebenen Informationspflichten ausreichen, um den Informa­ tionsbedarf des Darlehensnehmers nach Vertragsschluss über die für die reibungslose Durchführung des Vertrages notwendigen Informationen zu befrie363  Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, §  493 Rn. 6; Erman/Nietsch, § 493 Rn. 19; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 493 Rn. 1.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda413

digen, oder ob es einer genuin immobilienverzehrspezifischen Informationspflicht bedarf. Als Anknüpfungspunkt für eine solche Regelung kann das US-amerikanische Recht herangezogen werden, welches den Darlehensgeber zu einer monatlichen und jährlichen Information des Darlehensnehmers über den Stand des Darlehens verpflichtet.364 Inhaltlich betrifft die Informationspflicht die wirtschaftliche Entwicklung des Darlehens: die Höhe des angelaufenen Rückzahlungsbetrages, der an das HUD abgeführten Versicherungsprämien, der Zinslast sowie des noch verfügbaren Kreditbetrags und des principal limits.365 Die Erstreckung einer solchen Regelung auf den Immobilienverzehrkreditvertrag scheint vor dem Hintergrund des Rechtsvergleichs gerechtfertigt.366 Denn die Verknüpfung von Todes- und Fälligkeitszeitpunkt täuschte USamerikanische Verbraucher über die Rechtsnatur des Vertrages und damit deren Rückzahlungsverpflichtung hinweg. In der Folge vernachlässigten diese ihre vertraglichen Pflichten, so dass eine Großzahl von Krediten vorzeitig – also zu Lebezeiten des Verbrauchers – fällig gestellt werden musste.367 Die Regelung laufender Informationspflichten könnte diesem Umstand dadurch entgegenwirken, dass dem Darlehensnehmer die Höhe seiner Rückzahlungsverpflichtung regelmäßig vor Augen geführt wird. De lege ferenda ist daher die Verpflichtung des Darlehensgebers zu regeln, den Darlehensnehmer regelmäßig über die in Abhängigkeit von der Auszahlungsart relevanten Informationen zu unterrichten. Naturgemäß müsste eine solche Regelung keine Angaben zu den abgeführten Versicherungsprämien enthalten, da das deutsche Recht keine verpflichtende Ausfallversicherung kennt. Unabhängig davon, ob die monatliche Zahlung lebenslang oder zeitlich begrenzt erfolgt, wäre im Fall der monatsweisen Auszahlung gleichsam monatsweise über die Höhe der aufsummierten Rückzahlungsverpflichtung zu unterrichten. Wird dem Verbraucher hingegen eine Kreditlinie gewährt, müsste 364  Siehe mit Nachweisen oben Kapitel  3: B.II.2.c)cc), Informationspflichten, S. 112. 365  Siehe mit Nachweisen oben Kapitel  3: B.II.2.c)cc), Informationspflichten, S. 112. 366  Zwar besteht ein allgemeiner Auskunftsanspruch, dieser setzt jedoch u. a. voraus, dass der Auskunftsgläubiger nicht selbst in der Lage ist, die relevanten Informationen in zumutbarer Weise zu beschaffen; siehe hierzu zuletzt BGH, Urt. vom 25.07.2017 – VI ZR 222/16, NJW 2017, 2755, 2756 Rn. 13 = WM 2017, 2158. Dies scheint im Fall des Immobilienverzehrdarlehensnehmers gerade nicht der Fall zu sein, da dieser sowohl um die Auszahlungs- als auch Zinshöhe weiß und damit die relevanten Faktoren – unter Zuhilfenahme fachlicher Hilfe – ausrechnen könnte. Eine explizite Festlegung der hier vorgeschlagenen Pflicht scheint unabhängig von dieser Frage indes gerechtfertigt, um Rechtssicherheit zu schaffen. 367  Siehe hierzu oben Kapitel 3: B.I.2., Gefahr der verfrühten Zwangsvollstreckung, S. 81.

414

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

der Darlehensgeber den Darlehensnehmer nach jedem Abruf über den verbleibenden Restbetrag und den aktuellen Stand der Rückzahlungsverpflichtung informieren. Lediglich im Fall der Einmalzahlung wäre die Informationspflicht obsolet, da sich die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung in diesem Fall nach Vertragsschluss nicht mehr erhöht, so dass der soeben beschriebene Normzweck in diesem Fall leerliefe. Hiervon ausgenommen sind freilich Fallgestaltungen in denen die Einmalzahlung mit einer anderen Auszahlungsart, etwa einer zeitlich begrenzten monatlichen Auszahlung, verbunden wird. Vereinbaren die Parteien, dass die Zinsen erst am Ende der Vertragslaufzeit fällig werden – was angesichts des Zinses-Zins-Verbots des § 248 BGB in Kombination mit der tendenziell langen Vertragsdauer aus bankbetriebswirtschaftlicher Sicht problematisch sein könnte368 – ist der Darlehensnehmer unabhängig von der vereinbarten Auszahlungsart zudem vierteljährig über die Höhe der angelaufenen Zinsen zu informieren. Systematisch ist die Informationspflicht in Abs. 6 n. F. (de lege ferenda) zu verorten. Die in Abs. 6 a. F. (de lege lata) angeordnete Erstreckung der Informationspflichten auf den neuen Darlehensgeber nach Abtretung müsste hingegen in einen neu zu schaffenden Abs. 7 n. F. überführt werden.369 Anderenfalls würde die systematische Stellung der neuen Informationspflicht (so dann bspw. in Abs. 7) implizieren, dass Abs. 6 a. F. nicht für die neue Informationspflicht dieses Abs. 7 gelten soll. Der Wortlaut von Abs. 7 ist zudem dahingehend anzupassen, dass nunmehr die Pflichten nach Abs. 1–6 erfasst werden. 6. Widerrufsrecht und Bedenkzeit, § 495 BGB Aus rechtspolitischer Sicht ist weiterhin zu erörtern, ob dem Darlehensnehmer ein Widerrufsrecht eingeräumt oder eine Bedenkzeit zugestanden werden sollte. Das US-amerikanische Recht räumt dem Darlehensnehmer ein als „Rücktrittsrecht“ (right of rescission) bezeichnetes Recht zur Rückabwicklung des Vertrages ein, das in seinen Rechtswirkungen mit dem Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1 i. V. m. §§ 355 ff. BGB vergleichbar ist.370 Das im deutschen Recht geregelte und auf Art. 14 Abs. 6 UAbs. 2 WIKr-RiL zurückzuführende Widerrufsrecht soll es dem Verbraucher ermöglichen, verschiedene Ver368  Zu dieser Einschätzung Schneider, Kalkulation von Lifetime- bzw. Reverse Mortgages, S. 19. 369  Siehe hierzu unten den Anhang der neugefassten Regelungen Kapitel 5: C.I., Änderungen des Verbraucherdarlehensrechts, S. 435. 370  Zu den Rechtswirkungen des US-amerikanischen Rücktrittsrechts siehe oben Kapitel 3: B.II.3.c)dd), Rücktrittsrecht, S. 136.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda415

tragsangebote hinsichtlich deren wirtschaftlichen und rechtlichen Sinnhaftigkeit miteinander zu vergleichen.371 Durch das Widerrufsrecht soll der Informationsvorsprung des Darlehensgebers beseitigt oder zumindest kompensiert werden, um hierdurch Vertragsparität herzustellen,372 die die Grundlage privatautonomer Entscheidungen bildet.373 Das Widerrufsrecht wird jedoch in den in § 495 Abs. 2 Nr. 1–3 BGB bezeichneten Fällen durch eine Bedenkzeit gem. § 495 Abs. 3 BGB ersetzt. Die Bedenkzeit dient ähnlichen Zwecken374 wie das Widerrufsrecht und unterscheidet sich von diesem lediglich in dogmatischer Hinsicht, da die Bedenkzeit als ein für sieben Tage bindendes Angebot i. S. v. § 148 BGB ausgestaltet ist.375 Nachdem bereits für die Anordnung der notariellen Beurkundung in § 492 Abs. 1 BGB n. F. plädiert wurde, wäre der Entfall des Widerrufsrechts gem. § 495 Abs. 2 Nr. 2 BGB systematisch folgerichtig,376 womit dem Darlehensnehmer die Bedenkzeit des Abs. 3 zuzugestehen ist. Von dieser systematischen Frage ist jedoch die rechtspolitische zu trennen, ob es in Anbetracht der notariellen Aufklärung überhaupt der Anordnung einer Bedenkzeit bedarf. Gleiche Zweifel hatte der deutsche Gesetzgeber bereits i. R. d. Umsetzung der WIKr-RiL zur Regelung der Bedenkzeit geäußert, sah sich jedoch aufgrund der Richtlinienvorgaben an den Regelungsauftrag des europäischen Gesetzgebers gebunden.377 Gegen die Erstreckung der Bedenkzeit auf den Immobilienverzehrkreditvertrag mag eingewendet werden, 371  Bülow/Artz/Bülow, § 495 Rn. 15; Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, § 495 Rn. 1; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 495 Rn. 1; Erman/Nietsch, § 495 Rn. 1; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 495 Rn. 1. 372  Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 58 ff.; Bülow/Artz/Bülow, § 495 Rn. 15; Fuchs, AcP 196 (1996), 313, 351; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 495 Rn. 1; kritisch zum Widerrufsrecht Bungeroth, FS Schimansky, 279, 290; KrollLudwigs, ZEuP 2010, 509, 526 ff. 373  Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 58; Bülow, FS Söllner, 189 f.; Bülow/Artz/Bülow, § 495 Rn. 15. 374  BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 495 Rn. 33; MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 495 Rn. 22. 375  RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 88; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 495 Rn. 23; bereits zum Entwurf des Umsetzungsgesetzes Piekenbrock, GPR 2015, 26, 29. 376  Nach dem Wortlaut reicht eine vertragliche Vereinbarung nicht aus, vielmehr muss das Gesetz die notarielle Beurkundung anordnen, was mit § 492 Abs. 1 BGB n. F. der Fall wäre, siehe hierzu Bülow/Artz/Bülow, § 495 Rn. 179; Staudinger/ Kessal-Wulf, 2012, § 495 Rn. 12; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 495 Rn. 31; Erman/Nietsch, § 495 Rn. 9; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 495 Rn. 19. 377  RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S.  87; hierzu BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 495 Rn. 33; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 495 Rn. 22.

416

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

dass eine notarielle Beurkundung ausreichend erscheint, um den Verbraucher zu schützen. Die Ergebnisse des Rechtsvergleichs haben diese These indes widerlegt. Vielmehr verknüpft das US-amerikanische Recht aus Verbraucherschutzgesichtspunkten gerade die obligatorische Beratung des Verbrauchers, die in ihren Ansätzen mit der notariellen Beurkundung des deutschen Rechts vergleichbar ist, mit dem Widerrufsrecht. Dieses hohe Schutzniveau rechtfertigt sich vor dem Hintergrund der Komplexität des Vertrages, des Informationsdefizits und der damit einhergehenden erhöhten Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers. Aus systematischer Sicht werden durch dieses Vorgehen zudem Systembrüche im Rechtsinstitut der Bedenkzeit vermieden, welche folglich für jede Art der durch Gesetz vorgeschriebenen notariellen Beurkundung gilt. Auch eine Erstreckung der mit dem Widerrufsrecht zusammenhängenden378 Vorschrift des § 492 Abs. 6 BGB auf den Immobilienverzehrkreditvertrag ist folglich obsolet. Denn diese soll dem Darlehensgeber die Nachholung derjenigen Angaben ermöglichen, die nicht bereits zur Nichtigkeit des Vertrages (§ 494 Abs. 1 BGB) führen, um damit nachträglich den Lauf der Widerrufsfrist nach § 356b Abs. 2 S. 1 BGB in Gang setzen zu können.379 Hierdurch soll letztlich Rechtssicherheit380 hinsichtlich des Bestehens des Vertrages geschaffen und ein ewiges Widerrufsrecht381 vermieden werden.382 Der Regelungsmechanismus ist demnach nur für das Widerrufsrecht von Relevanz.383 Nachdem zuvor für eine Bedenkzeit plädiert wurde, ist die Erstreckung der Vorschrift des § 492 Abs. 6 BGB auf den Verzehrkredit damit zu verneinen. 7. Einwendungsverzicht, Wechsel- und Scheckverbot, § 496 BGB a) Einwendungsverzicht, § 496 Abs. 1 BGB § 496 Abs. 1 BGB verbietet Vereinbarungen, nach denen der Darlehensnehmer auf sein Recht verzichtet, nach einer erfolgten Abtretung den Abtretungsgläubiger Einwendungen nach § 404 BGB entgegenzuhalten oder eine 378  Statt

vieler MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492 Rn. 61. vieler MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492 Rn. 62. 380  Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, § 492 Rn. 82; ähnlich Erman/Nietsch, § 492 Rn. 28; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492 Rn. 62. 381  Ausführlich zum Problem des ewigen Widerrufsrechts statt vieler Protzen, NJW 2016, 3479. 382  Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, § 492 Rn. 82; Erman/Nietsch, § 492 Rn. 28. 383  Statt vieler MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 492 Rn. 61. 379  Statt



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda417

ihm gegen den Darlehensgeber zustehende Forderung nach § 406 BGB auch dem Abtretungsgläubiger gegenüber aufzurechnen. Der Darlehensnehmer soll hierdurch vor einem Rechtsverlust bei Abtretung der Forderung geschützt werden.384 Nachdem eine Abtretung der Darlehensforderung durch den Gläubiger auch im Fall des Immobilienverzehrkreditvertrages zu Refinanzierungszwecken denkbar ist,385 kann die Vorschrift ohne Vorbehalte auf diesen übertragen werden. b) Unterrichtungspflicht bei Abtretung, § 496 Abs. 2 BGB Wird die Forderung aus dem Verbraucherdarlehensvertrag abgetreten oder tritt ein sonstiger Gläubigerwechsel ein, ist der Darlehensnehmer unverzüglich über den Wechsel und die Kontaktdaten des neuen Gläubigers i. S. v. Art. 246b § 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 EGBGB zu unterrichten, so dass die Norm damit den Schutzgedanken des Abs. 1 fortführt.386 Hieraus folgt zugleich, dass der Schutzzweck gleichsam auf den Immobilienverzehrkreditvertrag erstreckt werden kann. Gleiches gilt für die Ausnahmeregelung in S. 2 und S. 3. c) Wechsel- und Scheckverbot, § 496 Abs. 3 BGB Gem. § 496 Abs. 3 S. 1 BGB darf der Darlehensnehmer nicht dazu verpflichtet werden, für die Verbindlichkeiten aus dem Verbraucherdarlehensvertrag eine Wechselverbindlichkeit einzugehen, gleiches gilt nach S. 2 für die Sicherung der Ansprüche des Darlehensgebers durch Entgegennahme ­eines Schecks. Verstößt der Darlehensgeber gegen diese Verbote, hat er den Wechsel oder Scheck herauszugeben (S. 3) und ggf. Schadensersatz zu leisten (S. 4). Die Hingabe von Wechsel und Scheck ist verboten, da Art. 17 WG und Art. 22 ScheckG die Einwendungen des Verbrauchers bei Übertragung des Wechsels bzw. Schecks ausschließen und darüber hinaus eine Beweislast­

384  Bülow/Artz/Bülow, § 496 Rn. 4; Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, § 496 Rn. 1; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 496 Vor. Rn. 1. und Rn. 1; Erman/ Nietsch, § 496 Rn. 1 f.; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 496 Rn. 1. 385  Siehe zur securitization im Kontext der Revere Mortgage Kulms, ZfIR 2002, 614, 622. 386  Ausführlich zum Hintergrund und der Interessenlage der Regelung Artz, ZGS 2009, 23, 25; siehe zudem Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, § 496 Rn. 12; BeckOKBGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 496 Rn. 3; Erman/Nietsch, § 496 Rn. 7; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 496 Rn. 13 i. V. m. Rn. 1.

418

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

umkehr sowie eine Beweismittelbeschränkung im Urkundenprozess zur Folge haben.387 Auch wenn die praktische Bedeutung der Erstreckung des § 496 Abs. 3 BGB auf den Immobilienverzehrkredit gering sein dürfte, da während der Vertragslaufzeit keine Zahlungen erfolgen und nach Fälligkeit im Regelfall die besicherte Immobilie zwangsversteigert wird,388 scheint eine Ausnahmeregelung für Verzehrkredite nicht geboten. Denn völlig ausgeschlossen sind Konstellationen nicht, in denen der Darlehensgeber (im Fall der Vorfälligkeit) oder dessen Erben die Rückzahlung leisten wollen, um die besicherte Immobilie auszulösen, so dass der Schutzzweck von § 496 Abs. 3 BGB auch in diesen Fällen eingreifen kann. Zudem sind keine zwingenden Gründe für eine Ausnahmeregelung ersichtlich. 8. Verfahren nach Fälligkeit a) Unbilligkeiten der Rechtslage nach §§ 491 ff. BGB Im Folgenden ist zu untersuchen, ob das Verfahren nach Fälligkeit – unterstellte man den Immobilienverzehrkreditvertrag den Regelungen der §§ 491 ff. BGB – einen ausgewogenen Ausgleich zwischen den parteilichen Interessen schafft oder ob es einer eigenständigen Regelung bedarf. Hierfür soll zunächst die Rechtslage nach den §§ 491 ff. BGB dargestellt werden, um so dann mögliche Unbilligkeiten mit Blick auf die Interessenlage der Parteien herauszuarbeiten. aa) Das Verfahren nach Fälligkeit Unterstellte man den Immobilienverzehrkreditvertrag de lege ferenda den Regelungen der §§ 491 ff. BGB, würde sich das Verfahren nach Fälligkeit zum einen nach § 497 BGB, zum anderen nach allgemeinen Grundsätzen der Zwangsvollstreckung richten. § 497 BGB enthält Bestimmungen für den Verzug des Darlehensnehmers und gewährt dem Darlehensgeber nach Abs. 1 allen voran einen Anspruch auf Verzugszinsen. Die Norm berücksichtigt natürlicherweise nicht die Besonderheiten des Immobilienverzehrkreditvertrages, bei welchem während der Vertragslaufzeit keine Tilgungs- und ggf. Zinszahlungen zu leisten sind, so dass der Anwendungsbereich der Vorschrift bereits rein faktisch stark 387  Staudinger/Kessal-Wulf, 2012, § 496 Rn. 15; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 496 Rn. 5; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 496 Rn. 2. 388  Siehe hierzu bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda419

eingeschränkt wird.389 Von praktischer Relevanz ist die Vorschrift lediglich bei einer vorzeitigen Fälligstellung des Kredits infolge einer Kündigung des Darlehensgebers oder bei Fälligstellung des Vertrages infolge des Todes des Darlehensnehmers. Die Norm sieht weiterhin keine spezifischen Schutzbestimmungen für den Darlehensnehmer, seinen Ehegatten oder Erben vor. Zudem ist der Darlehensgeber in diesem Fall aufgrund seines der Grundschuld entspringenden Zwangsverwertungsrechts (§ 1147 BGB i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB) zur zwangsweisen Verwertung des Grundstücks berechtigt. Bei einer Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung durch den Darlehensnehmer bedarf es vor Ergreifung entsprechender Maßnahmen nicht einmal der Durchführung eines Erkenntnisverfahrens (vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). bb) Unbilligkeiten des Verfahrens nach Fälligkeit Kommt es zu einer vorzeitigen Fälligstellung des Kredits infolge einer außerordentlichen Kündigung des Darlehensgebers, sieht sich der Darlehensnehmer unerwartet mit einer u. U. hoch aufsummierten Rückzahlungsverpflichtung konfrontiert. Er benötigt daher Zeit, um entsprechende Schritte (rechtliche und wirtschaftliche Beratung, Umschuldungsmaßnahmen etc.) einzuleiten. Die Möglichkeit der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Grundstück hängt wie ein Damoklesschwert über dem Darlehnsnehmer und vertieft seine wirtschaftliche Drucksituation. Die Vorschriften der §§ 491 ff. BGB bzw. sonstige allgemeine Normen enthalten keinerlei Rechtsbehelfe, um dieser wirtschaftlichen Drucksituation abzuhelfen. Anders als das US-amerikanische Recht enthält das deutsche Recht darüber hinaus keine Regelung für den Fall, dass der Ehegatte des Darlehensnehmers nicht am Vertrag beteiligt wird und der Darlehensnehmer verstirbt. Nach den dargestellten Grundsätzen könnte der Darlehensgeber aufgrund der eintretenden Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung das Grundstück zwangsverwerten, wodurch der Ehegatte den Ort seiner zentralen Lebensführung verlieren würde. Dass der Ehegatte in der genannten Situation grundsätzlich schutzwürdig ist, ergibt sich aus der Wertung des § 563 Abs. 1 BGB, welcher einen ähnlichen Schutzkonflikt für das Wohnraummietrecht regelt.390 389  Ähnlich bereits Freitag/Allstadt, WM 2017, 1877, 1882; hingegen spricht Omlor davon, dass die (allgemeinen) Verzugsregelungen für Geldzahlungen irrelevant seien, da eine Übertragung der Immobilie und keine Rückzahlung der Valuta geschuldet sei; siehe hierzu Omlor, NJW 2017, 1633, 1635. Entgegen der hier vertretenen Auffassung geht Omlor indes auch von einer anderen Auslegung von § 491 Abs. 3 S. 4 BGB aus. 390  Statt vieler hierzu MünchKommBGB/Häublein, § 563 Rn. 1; BeckOK-BGB/ Herrmann, 53. Ed. 01.02.2020, § 563 Rn. 1.

420

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

Gegen die Schutzbedürftigkeit des Ehegatten kann auch nicht angeführt werden, dass die Parteien den Fälligkeitszeitpunkt an den Todestag des Ehegatten knüpfen können oder dieser den Vertrag schlicht als Mitdarlehensnehmer abschließen könnte. Denn die Erfahrungen des US-Rechts haben gezeigt, dass in diesem Bereich erhebliches Missbrauchspotential besteht und Ehe­ gatten absichtlich und unter Ausnutzung des Informationsdefizits des Darlehensnehmers aus dem Vertrag herausgehalten wurden, um das Grundstück im Todesfall leichter verwerten zu können.391 Auch ist eine bloß präventiv wirkende Zustimmungsverweigerung des Ehegatten (nach allgemeinem Güterrecht)392 nicht ausreichend. Hierdurch kann der Ehegatte zwar poten­ tiell den Vertragsschluss hindern, hat jedoch keine rechtliche Handhabe, um den Darlehensgeber zu einem Abschluss des Vertrages als Partei zu zwingen, wenn das eheliche Güterrecht nicht eingreift. Abschließend würde die bloße Anwendungseröffnung der §§ 491 ff. BGB ebenfalls nicht die Interessenlage der Erben in den Blick nehmen, wenn der Vertrag infolge des Todes des Darlehensnehmers fällig gestellt wird. Bedenkt man, dass diese zunächst die erbrechtlichen Verhältnisse klären und die Vertragsunterlagen sichten müssen, so unterliegen diese erst recht der oben beschriebenen Drucksituation. Die Erben bedürfen demnach einer gewissen Zeit, um über das Schicksal des Vertrages befinden zu können. Auch hierfür sehen die §§ 491 ff. BGB und das sonstige Zivilrecht keinerlei Sonderbestimmungen vor. cc) Schlussfolgerung Aus dem Gesagten folgt, dass § 497 BGB im Fall des Immobilienverzehrkredits zwar nur eingeschränkt zur Anwendung gelangt, jedoch keinerlei Regelungen für das Verfahren nach dem Eintritt der Fälligkeit vorsieht. Auch die Möglichkeit des Darlehensnehmers die Zwangsvollstreckung – u. U. sogar ohne Durchführung eines Erkenntnisverfahrens – einzuleiten ist aufgrund der spezifischen Interessenlage und Vertragskonstruktion als unbillig zu erachten. Mangels sonstiger Bestimmungen bedarf es damit einer Sonderregelung für das Verfahren nach Eintritt der Fälligkeit des Immobilienverzehrkreditvertrages.

391  Siehe

hierzu oben mit Nachweisen Kapitel 3: B.I.4., Schutz dritter Parteien,

392  Siehe

hierzu oben Kapitel 5: A.VI.4., Schutz des Ehegatten, S. 379.

S. 85.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda421

b) Rechtstechnische Umsetzung: § 497a BGB Anstatt partielle Änderungen an der Norm des § 497 BGB vorzunehmen, scheint es geboten, eine Neuregelung für den Immobilienverzehrkreditvertrag in einem systematisch an die Verzugsregelung anschließenden § 497a BGB zu treffen, der analog zur US-amerikanischen Rechtslage spezifische Regelungen für das Verfahren nach der Fälligstellung des Verzehrkredits vorsieht.393 aa) Informationspflichten, § 497a Abs. 1 BGB In Abs. 1 ist in Anlehnung an die Regelung des 24 C.F.R. § 206.125(a)(2) eine Informationspflicht des Darlehensgebers zu regeln, nach welcher dieser den Darlehensnehmer unverzüglich über die Fälligstellung des Kredits und das sich anschließende Verfahren zu informieren und auf die Auswirkungen der Haftungsbeschränkung hinzuweisen hat. Durch das Merkmal „die im Einzelfall bestehenden Tilgungsmöglichkeiten“ soll der Darlehensgeber den Darlehensnehmer frühzeitig darüber informieren, ob er die Rückzahlung in Gänze erwartet, sich auf eine Umschuldung einlässt, eine Übertragung des Grundstücks an erfüllungsstatt annimmt oder das Grundstück freihändig zwecks Tilgung verkauft werden darf. In Kombination mit § 492 Abs. 5 BGB hat die Mitteilung auf einem dauerhaften Datenträger zu erfolgen. Die Statuierung der Informationspflicht erscheint geboten, um den Darlehensnehmer auf die Gefährlichkeit der Situation (Verlust der Immobilie) und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Zwangsvollstreckung (Haftungsbeschränkung) hinzuweisen. Zudem müssen sich die Parteien hinsichtlich der im Einzelfall bestehenden, wirtschaftlichen Möglichkeiten verständigen. bb) Temporärer Ausschluss der Zwangsvollstreckung, § 497a Abs. 2 BGB (1) Dogmatik Um der beschriebenen wirtschaftlichen Drucksituation abzuhelfen, sollte dem Darlehensnehmer in Anlehnung an das US-amerikanische Recht in einem neuen § 497a Abs. 2 S. 1 BGB eine Frist zur Sondierung der Situation zugestanden werden.394 393  Siehe zum Normtext unten Kapitel 5: C.I., Änderungen des Verbraucherdarlehensrechts, S. 435. 394  Anders als das US-amerikanischen Recht, welches eine Heilungsmöglichkeit für die zum Verzug führende Ursache vorsieht (insofern die Fälligkeit nicht aufgrund

422

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

Aus dogmatischer Sicht ist die Regelung als Einrede auszugestalten, die mit Erhebung die Durchsetzbarkeit der Forderung ausschließt, jedoch die Fälligkeit unberührt lässt.395 Die Konstruktion als Einrede und nicht als Tatbestand zum Aufschub der Fälligkeit rechtfertigt sich aus der Erwägung, dass ein solcher Tatbestand den Regelungsgehalt des allgemeinen Fälligkeitsregimes (§ 314 BGB) und der Vorgaben des § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB konterkarieren würde. Es würde zu einer Kaskade von Fälligkeitsereignissen kommen, die die genannten Tatbestände ihres ursprünglichen Aufgabenbereichs berauben würden. Zwar wäre auch an eine Ausgestaltung als 30-tägige Kündigungsfrist zu denken. Jedoch müsste sodann bei Tod des Darlehensnehmers nichtsdestotrotz eine Regelung geschaffen werden, die der soeben erörterten Konstruktion entsprechen würde. Denn die Fälligkeit würde in einem solchen Fall ohne Kündigung eintreten und so dann den Erben des Darlehensnehmers die wirtschaftliche Drucksituation aufbürden, so dass zumindest für diesen Fall eine Einrede statuiert werden müsste.396 Zweckmäßiger erscheint es folglich, eine einheitliche Regelung für beide Fallgestaltungen zu schaffen. Im Rahmen der Einrede-Lösung kann der Darlehensnehmer zudem selbst darüber befinden, ob er die Einrede erhebt oder die Zwangsvollstreckung gewähren lässt, da von vornherein keine Möglichkeiten zur Umschuldung oder Rückzahlung des Darlehens bestehen. Hinsichtlich der Länge der Ausschlussfrist ist es fraglich, ob die Frist gesetzlich determiniert oder am Einzelfall ausgerichtet werden sollte. Für eine unbestimmte Frist spricht zwar, dass diese alle für den Einzelfall relevanten Umstände (Marktsituation, Lage und Zustand des Grundstücks, Möglichkeiten der Umschuldung) berücksichtigen kann und somit der Einzelfallgerechtigkeit dient. Andererseits ist eine solche Regelung der Rechtssicherheit abträglich. So hat der Darlehensgeber in jedem Einzelfall zu prüfen, welche Faktoren die Angemessenheit des Fristlaufs beeinflussen und setzt sich zudem dem Risiko einer ex post stattfindenden gerichtlichen Kontrolle aus. Es ist daher, wie im US-amerikanischen Recht, für eine starre Frist von 30 Tagen zu plädieren.

des Todes des Darlehensnehmers eingetreten ist), bedarf es einer solchen Regelung aufgrund der Abhilfefrist des § 314 Abs. 2 S. 1 BGB regelmäßig nicht. 395  Zur terminologischen Differenzierung siehe statt vieler MünchKommBGB/ Ernst, § 286 Rn. 21 und 35; BeckOK-BGB/Lorenz, 53. Ed. 01.02.2020, § 286 Rn. 12 und 20 sowie § 271 Rn. 2. 396  Ausführlich hierzu sogleich unten Kapitel 5: B.IV.8.b)ee), Sonderregelung für den Erbfall, § 497a Abs. 5 BGB, S. 427.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda423

(2) Rechtspolitische Rechtfertigung Ein zeitlicher Ausschluss der Zwangsvollstreckung rechtfertigt sich vor dem oben dargestellten Hintergrund der Einräumung einer Sondierungszeit für den Darlehensnehmer. Hierfür spricht auch, dass der Darlehensgeber den einzigen bzw. einzig relevanten Vermögenswert des Darlehensnehmers liquidiert. Wie sich an der Wertung des § 505b Abs. 2 S. 3 BGB zeigt, missbilligt der Gesetzgeber im Grundsatz Vertragsgestaltungen, die auf eine Rückzahlung aus der Wohnimmobilie angelegt sind.397 Im Umkehrschluss stellt § 491 Abs. 3 S. 4 BGB lediglich eine systematische Ausnahme hierzu dar, welche den Abschluss von Immobilienverzehrkreditverträgen entgegen der Kreditwürdigkeitsprüfungspflicht der §§ 505a ff. BGB ermöglichen soll.398 Dennoch gilt es zu beachten, dass es sich beim Immobilienverzehrkreditvertrag im Grundsatz um einen Verbraucherdarlehensvertrag handelt, bei dem der Darlehensnehmer gleichsam vor einer unnötigen Zwangsverwertung des Grundstücks zu schützen ist, auch wenn diese den wirtschaftlichen Regelfall darstellen wird. Hieraus folgt, dass die Wertung des § 505b Abs. 2 S. 3 BGB zumindest mittelbar dergestalt für den Immobilienverzehrkreditvertrag gelten muss, als die Zwangsvollstreckung die ultima ratio der Möglichkeiten des Darlehensgebers darstellen muss. Wenn also folglich die den Verbraucher schützende Kreditwürdigkeitsprüfung die Wertung des § 505 Abs. 2 S. 3 BGB konstruktionsbedingt nicht umzusetzen vermag, so muss dem Dar­ lehensnehmer de lege ferenda zwingend eine andere Möglichkeit zukommen, alle sonstigen Maßnahmen (Umschuldung etc.) auszuschöpfen, bevor eine Zwangsvollstreckung eingeleitet werden darf. Hierfür sprechen auch rechtsvergleichende Erwägungen. Nach 24 C.F.R. § 206.125 (a)(2)(i)–(iii) hat der Darlehensnehmer 30 Tage Zeit, um u. a.399 das Darlehen samt Zinsen zu begleichen, das Grundstück zur Beschaffung der Mittel zu verkaufen oder das Grundeigentum zwecks Tilgung auf den Darlehensgeber zu übertragen.

397  RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 99; siehe hierzu statt vieler MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 505b Rn. 11; BeckOK-BGB/ Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 505b Rn. 5. 398  Siehe hierzu mit Nachweisen bereits oben Kapitel 4: B.I.4., Beschränkte Leitbildfunktion des Tatbestandes, S. 190. 399  Die Möglichkeit zur Heilung der Vertragspflichtverletzung nach 24 C.F.R. § 206.125 (a)(1)(iv) ist dem deutschen Recht mit § 314 Abs. 2 S. 1 BGB inhärent und muss deshalb an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden.

424

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

cc) Verzugszinsen und Verzugsschadensersatz, § 497a Abs. 3 BGB (1) Dogmatik Als Ausgleich für die fehlenden Liquidationsmöglichkeiten trotz formalen Eintritts der Fälligkeit ist der Darlehensgeber für die fortgesetzte Kapitalüberlassung zu kompensieren. Nachdem die Durchsetzbarkeit der Rückzahlungsverpflichtung durch die Erhebung der Einrede gehemmt wird,400 das Kapitalnutzungsrecht jedoch durch die Kündigung endet,401 bedarf es in § 497a Abs. 3 BGB einer separaten Regelung, die es dem Darlehensgeber erlaubt, Verzugszinsen für die Zeit der erhobenen Einrede zu verlangen. Funktional kann im Wege einer Rechtsfolgenverweisung auf § 497 Abs. 1 bzw. 4 BGB verwiesen werden, welcher jedoch dahingehend klarstellend zu modifizieren ist, dass die Haftung des Darlehensnehmers auch bezüglich der Verzugszinsen und darüber hinausgehender Schadensersatzansprüche auf den Wert der Immobilie beschränkt ist. (2) Rechtspolitische Erwägungen Die Gewährung eines Anspruchs auf Verzugszinsen seitens des Darlehensgebers rechtfertigt sich daraus, dass dieser das Grundstück durch die Neuregelung des § 497a BGB trotz Eintritt der Fälligkeit während des Fristlaufs nicht verwerten kann. Auch wenn die Ansprüche aus dem Darlehen einredebehaftet sind und damit dem Grunde nach kein Anspruch aus § 497 Abs. 1, 4 BGB gegeben wäre,402 muss dem Darlehensgeber folglich als Ausgleich für das ihm auferlegte Sonderopfer ein Anspruch auf Zahlung der Verzugszinsen bzw. darüber hinausgehender Verzugsschäden zustehen. Denn der dem Darlehensgeber eigentlich zustehende Anspruch aus § 497 Abs. 1 und 4 BGB wird lediglich als Reflex der Einredeerhebung von Gesetzeswegen ausgeschlossen, ohne dass die schützenswerten Interessen des Darlehensnehmers dies gebieten würden. Dieser wird hinreichend durch die Haftungsbeschränkung und die Klarstellung geschützt, dass auch die Haftung für Sekundäransprüche auf die Immobilie beschränkt ist. Die Beschränkung der Ansprüche rechtfertigt sich ihrerseits daraus, dass der Darlehensgeber die Verzugslage durch die Vertragsgestaltung und den Vertragsschluss mitgeschaffen hat. Der Immobilienverzehrkreditvertrag wird regelmäßig mit Verbrauchern geschlossen, die über keine oder wenig Liquidität verfügen und das Darlehen zumeist nicht zurückzahlen können. Im 400  Statt

vieler MünchKommBGB/Ernst, § 286 Rn. 23. vieler MünchKommBGB/Berger, § 488 Rn. 31. 402  Statt vieler MünchKommBGB/Ernst, § 286 Rn. 23. 401  Statt



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda425

Regelfall wird der Darlehensgeber die Verzugslage und Zwangsverwertung des Grundstücks bei Fälligkeit bereits bei Vertragsschluss antizipieren. Dem Darlehensgeber entstehen folglich keine monetären Einbußen, mit denen er nicht hätte rechnen müssen. Die Einschränkung der Verzugsansprüche wird auch durch die Wertung des § 505b Abs. 2 S. 3 BGB bzw. das Grundregel- Ausnahmeverhältnis von § 505b Abs. 2 S. 3 BGB und § 491 Abs. 3 S. 4 BGB gestützt. Denn die Öffnung der Kreditvergabe für den Immobilienverzehrkredit rechtfertigt sich nach Ansicht des Gesetzgebers daraus, dass die Haftung des Darlehensnehmers auf die Immobilie beschränkt ist.403 Für diesen Schutzgedanken macht es indes keinen Unterschied, aus welchen Anspruchsgrundlagen sich die Zahlungspflicht ergibt. dd) Sonderregelung für den Ehegatten, § 497a Abs. 4 BGB In dem neu zu schaffenden § 497a Abs. 4 BGB ist weiterhin eine Sonderregelung für den Fall vorzusehen, dass der Ehegatte des Darlehensnehmers nicht Vertragspartei des Darlehensvertrages ist oder die Fälligkeit nicht an den Todestag des Ehegatten geknüpft wird und der Darlehensnehmer verstirbt. Die Regelung kann dabei – mit entsprechenden Modifikationen – an § 563 BGB und 24 C.F.R. § 206.55 angelehnt werden. § 497a Abs. 4 S. 1 BGB hat demnach vorzusehen, dass der Ehegatte im beschriebenen Fall bei Tod des Darlehensnehmers ipso iure im Wege der Sonderrechtsnachfolge in den Vertrag eintritt und zugleich die Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung kraft Gesetzes an den Tod des Ehegatten geknüpft wird. Anders als im Fall des § 563 Abs. 1 BGB rechtfertigt sich die Einschränkung auf den Ehegatten und keine sonstigen Familienangehörigen aus der spezifischen Interessenlage der Parteien des Verzehrkredits. Zum einen ist der Vertrag speziell auf Senioren zugeschnitten, so dass der Schutz des Ehegatten im Vordergrund steht und praktischen Bedürfnissen entspricht. Zum anderen müssen die Interessen des Darlehensgebers im Blick behalten werden, der einen Vertrag nicht abschließen wird, wenn sich das Langlebigkeitsrisiko infolge des Eintritts eines Kindes des Darlehensnehmers in den Vertrag drastisch erhöhen würde. Um weiterhin das berechtigte Interesse des Darlehensgebers an einer voraussehbaren Kalkulation zu wahren, ist die Norm nach S. 2 in Anlehnung an die Voraussetzungen von 24 C.F.R. § 206.55 nur anwendbar, wenn der Ehegatte oder Lebenspartner

403  RegE-FinAufsRErgG

vom 23.01.2017, BT-Drs. 18/10935, S. 39.

426

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

1. (Mit-)Eigentum am Grundstück bzw. ein sonstiges, die Bewohnbarkeit sicherstellendes Recht innehat oder durch den Erbfall erwirbt, 2. das Grundstück ebenfalls als Hauptwohnsitz nutzt, 3. mit dem Darlehensnehmer verheiratet oder verpartnert war, die Ehe bzw. Lebenspartnerschaft bis zur Fälligkeit des Darlehens bestanden hat und 4. die Ehe oder Lebenspartnerschaft dem Darlehensgeber bei Vertragsschluss angezeigt wurde. Durch die Voraussetzung des Eigentums- bzw. sonstigen Rechtserwerbs wird sichergestellt, dass die Norm nicht eingreift, wenn der Ehegatte infolge eines Räumungsverlangens der Erben das Grundstück verlassen und der Kredit sodann mittels außerordentlicher Kündigung (kein Hauptwohnsitz) fällig gestellt werden würde. In diesem Fall würde die Norm zu einem bloßen Formalismus verkommen, so dass ein Ausschluss gerechtfertigt erscheint. Die sonstigen Einschränkungen (Bestand der Ehe bei Vertragsschluss/Bestehen bis Fälligkeit, Anzeige der Ehe) dienen dem Schutz des Darlehensgebers. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass es zu keinem infiniten Aufschub der Fälligkeit kommt, wenn der überlebende Ehegatte nochmals heiratet und der Fälligkeitszeitpunkt fortwährend hinausgeschoben werden würde. Durch die Anzeigeobliegenheit kann der Darlehensgeber bereits bei Vertragsschluss darüber befinden, ob er in Anbetracht des Alters des Ehegatten und des Langlebigkeitsrisikos den Vertrag schließen möchte. Um die Voraussetzungen rein tatsächlich nicht leer laufen zu lassen, ist in das oben404 beschriebene Merkblatt für Immobilienverzehrkreditverträge iRv. § 491a Abs. 1 BGB ein Hinweis auf die Rechtslage des Ehegatten und auf die Voraussetzungen des § 497a Abs. 4 BGB aufzunehmen. Um weiterhin die Kalkulation des Darlehens nicht zu erschweren, stellt S. 3 Hs. 1 klar, dass die Auszahlungsverpflichtung des Darlehensgebers bei Eintritt des Ehegatten erlöschen würde. Der Erlöschenstatbestand ist gerechtfertigt, da der Ehegatte auch als Vertragspartei hätte beitreten können und § 497a Abs. 4 BGB lediglich dem Schutz vor einer Zwangsvollstreckung dient. Es ist damit kein legitimes Interesse des Ehegatten an einer weiteren Auszahlung des Darlehens anzuerkennen. Um die Werthaltigkeit des Grundstücks sicherzustellen, stellt S. 3 Hs. 2 klar, dass der Ehegatte nach S. 3 Hs. 2 in alle vertraglichen Pflichten (bspw. zur Instandhaltung) eintritt, so dass der Darlehensgeber Pflichtverstöße mittels außerordentlicher Kündigung sanktionieren kann.

404  Siehe hierzu oben Kapitel 5: B.IV.2.a)bb)(2), Vorschlag alternativer Informa­ tionspflichten, S. 389.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda427

Um eine Zwangsvollstreckung für den Fall zu erleichtern, dass der Ehegatte das Grundstück nicht weiter bewohnen möchte, hat S. 4 in Anlehnung an § 563 Abs. 3 S. 1 BGB eine befristete Ausschlagungsmöglichkeit des Ehe­ gatten vorzusehen. § 497a Abs. 4 S. 6 BGB entspricht hierbei § 563 Abs. 3 S. 2 BGB. Insgesamt schafft die Regelung des § 497a Abs. 4 BGB damit einen Ausgleich zwischen dem Interesse des Ehegatten, das Grundstück weiterhin bewohnen zu können, und dem Interesse des Darlehensgebers an einer sicheren Kalkulation des Vertrages. Durch ihre Auffangfunktion entzieht die Regelung solchen Gestaltungen den wirtschaftlichen Reiz, die den Ehegatten gezielt und unter Ausnutzung des Informationsdefizits benachteiligen sollen. ee) Sonderregelung für den Erbfall, § 497a Abs. 5 BGB Die Regelungen der Abs. 1–3 betreffen lediglich den Fall, dass der Darlehensgeber den Vertrag aufgrund eines Verstoßes gegen vertragliche Verpflichtungen vor dem Todeszeitpunkt des Darlehensnehmers mittels Kündigung fällig stellt. Abs. 4 schiebt die Zwangsverwertung nur für den Ehegatten des Darlehensnehmers auf. Es bedarf somit einer gesonderten Regelung für die Situation, dass der Vertrag aufgrund des Todes des Darlehensnehmers oder dessen Ehegatten fällig gestellt wurde und die Erben in die vertrag­ lichen Verpflichtungen eingetreten sind. Hierbei gilt es zu beachten, dass die Erben mit Eintritt des Erbfalls zunächst mit der Sichtung der Erbmasse, Feststellung der erbrechtlichen Verhältnisse und sonstigen hiermit zusammenhängenden organisatorischen Maßnahmen betraut sind. Darüber hinaus müssen sich die Erben in die vertraglichen Regelungen einlesen und sich mit den wirtschaftlichen Auswirkungen des Vertrages auseinandersetzen. Bevor konkrete Schritte unternommen werden können, scheint es daher gerechtfertigt, den Erben eine Sondierungsfrist von drei Monaten mittels Erhebung einer Einrede zuzugestehen. Als konzeptionelle Vorlage dient § 139 HGB, welcher den ähnlich gelagerten Fall des Nachrückens der Erben nach Tod eines Gesellschafters in die OHG betrifft. Auch hier sind ähnliche Überlegungen anzustellen,405 so dass die Regelung, insbesondere hinsichtlich der Zweifelregelung zugunsten der Ausschlagungsfrist, übernommen werden kann.

405  Statt

vieler MünchKommHGB/K. Schmidt, § 139 Rn. 5.

428

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

ff) Anwendung allgemeiner Vorschriften, § 497a Abs. 6 BGB Da die bisherigen Regelungen lediglich das Verfahren nach Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung regeln, ist in einem Abs. 6 klarzustellen, dass die allgemeinen Regelungen des Verbraucherdarlehensrechts bzw. des allgemeinen Schuldrechts hiervon unberührt bleiben.406 Auch nach Ablauf der Ein­ redefrist von Abs. 2 bzw. 5 sprechen keine Gründe dagegen, die allgemeinen Regelungen zur Anwendung gelangen zu lassen. Um keine Zweifel an deren Anwendbarkeit aufkommen zu lassen, ist der explizite Hinweis auf das Normverhältnis gerechtfertigt. Aus Klarstellungsgründen sollte darüber hi­ naus darauf hingewiesen werden, dass die Haftung des Darlehensnehmers auch für sämtliche Sekundäransprüche auf die Immobilie beschränkt ist. 9. Gesamtfälligstellung bei Teilzahlungsdarlehen, § 498 BGB § 498 BGB statuiert zum Schutz des Verbrauchers qualifizierte Anforderungen an die Gesamtfälligstellung eines an sich in Raten zu tilgenden Darlehens.407 Nachdem während der Vertragslaufzeit keine Teilleistungen zu erbringen sind und die Rückzahlung am Ende der Vertragslaufzeit in Gänze fällig wird, ist die Regelung des § 498 BGB für den Immobilienverzehrkreditvertrag obsolet. Nachdem der Wortlaut die Vereinbarung einer ratenweisen Tilgung voraussetzt, bedarf es jedoch keiner Ausnahmeregelung für den Verzehrkreditvertrag. 10. Kündigungsrecht des Darlehensgebers, Leistungsverweigerung, § 499 BGB a) Ausschluss der Vereinbarung ordentlicher Kündigungsrechte, § 499 Abs. 1 BGB Die Vorschrift des § 499 Abs. 1 BGB verbietet es dem Darlehensgeber bei einem auf bestimmte Zeit geschlossenen Darlehensvertrag ein ordentliches Kündigungsrecht zu vereinbaren, dessen Kündigungsfrist zwei Monate unterschreitet. Nachdem durch § 491 Abs. 3 S. 4 BGB, der in konstitutiver Weise die ordentliche Kündigung des Darlehensgebers ausschließt,408 sichergestellt 406  Ähnlich

bereits Omlor, NJW 2017, 1633, 1635 f.

407  Staudinger/Kessal-Wulf, § 498 Rn. 1; BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019,

§ 498 Rn. 1 und 3; Erman/Nietsch, § 498 Rn. 1; MünchKommBGB/Schürnbrand/­ Weber, § 498 Rn. 1. 408  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 4: B.III.2.e)aa)(2), Kündigung infolge Verstoßes gegen vertragliche Bestimmungen, S. 227.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda429

ist, dass der Darlehensgeber keine ordentlichen Kündigungsgründe vereinbaren kann, bedarf es der Regelung des § 499 Abs. 1 BGB nicht. Eine Ausnahmeregelung für Immobilienverzehrkredite ist zudem obsolet, da die Vorschrift lediglich für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge gilt. b) Leistungsverweigerungsrecht, § 499 Abs. 2 BGB Nachdem der Verzehrkredit als Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag einzuordnen ist, wäre eine Erstreckung von § 499 Abs. 2 BGB auf diesen systemwidrig, da die Norm nur für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge gilt. Auch aus rechtspolitischer Sicht erscheint eine Erstreckung der Norm nicht veranlasst. c) Beendigung wegen Falschangaben bei Kreditwürdigkeitsprüfung, § 499 Abs. 3 BGB § 499 Abs. 3 schließt die Beendigungs- bzw. Änderungsmöglichkeiten des Darlehensgebers für den Fall aus, dass der Darlehensnehmer die für die Kreditwürdigkeitsprüfung relevanten Informationen unvollständig erteilt und hierbei nicht arglistig gehandelt hat oder die Kreditwürdigkeitsprüfung in sonstiger Weise nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Durch die Vorschrift soll der Verbraucher geschützt werden, der durch die Einreichung der Unterlagen unter Umständen überfordert ist.409 Die Kreditwürdigkeitsprüfung sollte mit einigen Modifikationen auch auf den Immobilienverzehrkreditvertrag Anwendung finden,410 so dass die Vorschrift des § 499 Abs. 3 BGB ebenfalls auf den Immobilienverzehrkreditvertrag erstreckt werden kann. 11. Vorzeitige Erfüllbarkeit und Vorfälligkeitsentschädigung, §§ 500–502 BGB, § 493 Abs. 5 BGB Nach § 500 Abs. 2 BGB kann der Darlehensnehmer seine aus dem Verbraucherdarlehensvertrag resultierenden Verpflichtungen jederzeit ganz oder teilweise erfüllen. Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen mit gebundenem Sollzinssatz muss hierfür ein berechtigtes Interesse des Darlehensneh-

409  Vgl. Erwägungsgrund (58) WIKr-RiL; siehe zudem MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 499 Rn. 13. 410  Siehe hierzu sogleich Kapitel 5: B.IV.14., Kreditwürdigkeitsprüfung, §§ 505a, 505b, 505d BGB, S. 431 ff.

430

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

mers bestehen.411 Durch die Vorschrift soll dem Darlehensnehmer die Umschuldung des Darlehens erleichtert und zugleich der Wettbewerb gefördert werden.412 Auch wenn die Kalkulation durch die Einpreisung einer vorzeitigen Rückzahlung erschwert werden könnte, erscheint eine Übertragung auf den Immobilienverzehrkreditvertrag aufgrund der grundsätzlich vergleichbaren Ausgangslage geboten. Denn auch der Darlehensnehmer eines Immobilienverzehrkredits kann sich während der Vertragslaufzeit aufgrund geänderter Lebensumstände dazu entschließen, die Valuta zurückzuzahlen und somit die Wohnimmobilie vorzeitig auszulösen. Die Interessen des Darlehensgebers werden hinreichend berücksichtigt, wenn die Regelung des § 502 BGB auf den Verzehrkredit erstreckt wird. Abschließend kann aus rechtsvergleichender Perspektive angeführt werden, dass das US-amerikanische Recht in 12 U.S.C. § 1715z-20 (d)(4); 24 C.F.R. § 206.27 (b)(4) sowie § 206.209 die Möglichkeit der vorzeitigen Rückzahlung zulässt. Somit sprechen die besseren Argumente dafür, die Regelung des § 500 Abs. 2 BGB auch auf den Immobilienverzehrkreditvertrag zu erstrecken. Folgerichtig sollten auch die Vorschriften des § 493 Abs. 5 BGB (Informa­ tionen zur vorzeitigen Erfüllbarkeit), § 501 BGB (Kostenermäßigung) und § 502 BGB (Vorfälligkeitsentschädigung) auf den Immobilienverzehrkredit übertragen werden. Zwar sieht das US-amerikanische Recht der HECM vor, dass keinerlei Vertragsstrafen erhoben werden dürfen, wenn sich der Verbraucher zur vorzeitigen Rückzahlung entschließt. Jedoch wird hierdurch zu einseitig in die Belange des Darlehensgebers eingegriffen. Auch sind keine Gründe ersichtlich, warum speziell für den Immobilienverzehrkreditvertrag vom Grundgedanken des Verbraucherdarlehensrechts abgewichen werden sollte. Bezüglich eines Ausschlusses der Vorfälligkeitsentschädigung wegen unzureichender Angabe der Laufzeit nach § 502Abs. 2 Nr. 2 BGB sind über das wertungsoffene Tatbestandsmerkmal „unzureichend“ die Besonderheiten des Immobilienverzehrkredits zu berücksichtigen, so dass der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung nicht lediglich deswegen entfällt, da die Vertragslaufzeit geschätzt wurde. Es bedarf damit keiner Anpassung der Regelung.

411  Eingehend zum Begriff des berechtigten Interesses siehe Wehrt, BKR 2018, 221, 222 ff. 412  BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 500 Rn. 1; MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 500 Rn. 1.



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda431

12. Umwandlungsrecht bei Fremdgewährschuld, § 503 BGB und § 493 Abs. 3 BGB Auch wenn die Ausreichung eines Immobilienverzehrkredits in Fremdwährung aufgrund der bereits aus der Grundkonstruktion resultierenden hohen Risiken praktischerweise zu vernachlässigen sein dürfte,413 schadet eine Erstreckung der Vorschrift auf Immobilienverzehrkreditverträge nicht. Gleiches gilt für die Informationspflicht über das Umwandlungsrecht nach Vertragsschluss gem. § 493 Abs. 3 BGB. 13. Überziehungsmöglichkeiten, §§ 504–505 BGB Die Regelungen zu den Überziehungsmöglichkeiten betreffen nicht die Konstellation des Immobilienverzehrkredits und sind daher nicht auf diesen übertragbar. Eines Ausschlusstatbestandes bedarf es indes nicht, da der Verzehrkredit nicht dem Anwendungsbereich der Vorschriften unterfällt. 14. Kreditwürdigkeitsprüfung, §§ 505a, 505b, 505d BGB a) Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung und Grundlagen, §§ 505a, 505b BGB aa) Telos und Übertragbarkeit Der Darlehensgeber ist vor Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages gem. § 505a Abs. 1 S. 1 BGB zur Prüfung der Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers verpflichtet und darf den Vertrag nach S. 2 nicht schließen, sollte die Prognoseentscheidung ergeben, dass der Verbraucher seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht wird nachkommen können.414 Ein dennoch geschlossener Vertrag unterliegt den Rechtsfolgen des § 505d BGB.415 Durch die Kreditwürdigkeitsprüfung soll der Verbraucher zum einen vor der Einge413  Zu den Risiken des Immobilienverzehrkreditvertrages siehe oben Kapitel 2: B.I.2., Wirtschaftliche Risiken, S. 60 ff. (für die Risiken des Darlehensgebers) und Kapitel 3: B.I., Systematisierung der typischen Verbraucherrisiken, S. 75 ff. (für die Risiken des Darlehensnehmers); ausführlich zu den Verbraucherschutzrisiken beim Fremdgewährdarlehen siehe Omlor, BKR 2018, 195; Zapf, Verbraucherschutz beim Abschluss von Hypothekarkreditverträgen, S. 69 ff. 414  Ausführlich zur Kreditwürdigkeitsprüfung Buck-Heeb, NJW 2016, 2065; eingehend zum Verhältnis von Erläuterungs- und Kreditwürdigkeitsprüfungspflicht unter der Verbraucherkreditrichtlinie Hoffmann/Bartlitz, WM 2014, 2297. 415  Eingehend hierzu und der Frage, ob dem Darlehensnehmer neben § 505d BGB ein Schadensersatzanspruch zukommt, siehe Buck-Heeb, NJW 2016, 2065, 2066 ff.

432

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

hung von Verpflichtungen geschützt werden, die seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit übersteigen.416 Zum anderen dient die Vorschrift der Eindämmung volkwirtschaftlicher Schäden, die infolge verantwortungsloser Kreditvergabe entstehen können.417 Vor Verabschiedung des FinAufsRErgG scheiterte die Vergabe von Immobilienverzehrkreditverträgen an der Pflcht zur Kreditwürdigkeitsprüfung.418 Eine wortlautgleiche Übertragung der betreffenden Vorschriften ist demnach ausgeschlossen. bb) Modifizierte Kreditwürdigkeitsprüfung, §§ 505a Abs. 4, 505b Abs. 2 S. 4 BGB (1) Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung, § 505a Abs. 4 BGB Allerdings könnte eine speziell auf den Immobilienverzehrkreditvertrag zugeschnittene Kreditwürdigkeitsprüfungspflicht statuiert werden. Die Prüfung könnte sich in Anlehnung an das US-amerikanische Recht auf diejenigen Kosten erstrecken, die der Darlehensnehmer während der Vertragslaufzeit zu zahlen hat und deren Nichtleistung zur vorzeitigen Fälligstellung und damit Zwangsverwertung des Grundstücks führen. Als Beispiele seien die Abführung von Versicherungsprämien für die Gebäudeversicherung oder die Zahlung von Grundsteuern genannt. Wie die Erfahrungen des US-amerikanischen Rechts gezeigt haben, könnte auf diese Weise die Gefahr einer verfrühten Zwangsvollstreckung erheblich minimiert werden.419 Um die Sonderstellung des Immobilienverzehrkreditvertrages deutlich zu machen und die Anwendbarkeit der sonstigen Regelungen der Kreditwürdigkeitsprüfung auszuschließen, ist die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung in einem separaten § 505a Abs. 4 BGB (bzw. § 18a Abs. 2b KWG420) festzu416  Vgl. EuGH, Urt. vom 27.3.2014 – C-565/12 (LCL Le Crédit Lyonnais SA/ Fesih Kalhan), NJW 2014, 1941 (mit Anm. Bartlitz); hierzu auch Freitag, LMK 2014, 358906; RegE-WIKr-RiL-UmsG vom 07.09.2015, BT-Drs. 18/5922, S. 62; BeckOKBGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 505a Rn. 1 f.; Erman/Nietsch, § 505a Rn. 1; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 505a Rn. 1. 417  BeckOK-BGB/Möller, 53. Ed. 01.05.2019, § 505a Rn. 1; MünchKommBGB/ Schürnbrand/Weber, § 505a Rn. 1. 418  Siehe hierzu oben Kapitel 4: B.I.2., Der Immobilienverzehrkreditvertrag nach BGB, S. 183. 419  Siehe hierzu mit Nachweisen oben Kapitel 3: B.II.2.c)dd), Kreditwürdigkeitsprüfung und LESA, S. 113. 420  Nachdem sich die Abs. 1–2a mit der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung beschäftigen, während sich die Abs. 3 und 4 mit den Grundlagen der Kreditwürdigkeitsprüfung beschäftigen, scheint die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung in Abs. 2b



B. Vorschlag für ein Regelungsregime de lege ferenda433

schreiben. Demnach darf der Vertrag nur geschlossen werden, wenn der Darlehensnehmer seinen laufenden Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag wahrscheinlich wird nachkommen können. Vom Begriff der laufenden Verpflichtungen ist nicht die Rückzahlung erfasst, vielmehr fällt hierunter all das, was nach der Absprache der Parteien zur Absicherung des Überschreitungsrisikos vereinbart wird. Anders gewendet ist alles erfasst, was den Darlehensgeber im Fall der Vertragspflichtverletzung gem. § 491 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 BGB zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Hierdurch wird sichergestellt, dass der Darlehensgeber das Darlehen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen421 Bestimmungen ausreichen darf, auch wenn der Darlehensnehmer die Rückzahlung nicht aus eigenen Mitteln leisten kann. (2) Grundlagen der Kreditwürdigkeitsprüfung, § 505b Abs. 2 S. 4 BGB Nachdem der Anknüpfungspunkt der Kreditwürdigkeitsprüfung beim Immobilienverzehrkreditvertrag vom herkömmlichen Immobiliar-Verbraucherdarlehen abweicht, ist eine Klarstellung in § 505b Abs. 2 S. 4 BGB (bzw. §18a Abs. 4 S. 4 KWG) aufzunehmen, dass S. 1 und 2 mit der Maßgabe gelten, dass nur solche Faktoren zu berücksichtigen sind, die für die Einschätzung relevant sind, ob der Darlehensnehmer seinen laufenden Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag voraussichtlich nachkommen kann. Durch den expliziten Bezug auf S. 1 und S. 2 wird die Anwendung von S. 3 auf den Immobilienverzehrkreditvertrag ausgeschlossen. Gem. § 505e BGB sind das Bundesministerium für Finanzen und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ermächtigt, eine Rechtsverordnung zu erlassen, die die Leitlinien der Kreditwürdigkeitsprüfung konkretisieren. Diesem Rechtssetzungsauftrag sind die benannten Ministerien mit der Verabschiedung der Kreditwürdigkeitsprüfungsleitlinien-Verordnung422 (ImmoKWPLV) nachgekommen.423 Die Leitlinien sehen naturgemäß de lege richtig verortet, so dass systematisch sichergestellt ist, dass die Regelung nur für Immobilienverzehrkredite gilt. 421  Hiervon ausgenommen sind freilich rechtgeschäftlich vereinbarte Auszahlungsbedingungen, siehe hierzu statt vieler MünchKommBGB/Berger, § 488 Rn. 39, sonstige Vereinbarungen, wie bspw. ein Treuhandauftrag, siehe hierzu ausführlich MüllerFeldhammer, JZ 2009, 136; siehe auch MünchKommBGB/Berger, § 488 Rn. 36; MünchKommHGB/Herresthal Recht des Zahlungsverkehrs Rn. A287 ff.; oder die Auszahlung an eine dritte Partei, hierzu Staudinger/Freitag, 2015, § 488 Rn. 156 f. 422  Verordnung zur Festlegung von Leitlinien zu den Kriterien und Methoden der Kreditwürdigkeitsprüfung bei Immobiliar-Verbraucherdarlehnsverträgen (ImmobiliarKreditwürdigkeitsprüfungsleitlinien-Verordnung) vom 24.04.2018, BGBl. I, S. 529. 423  Siehe weiterführend hierzu Binder, ZIP 2018, 1201; Buck-Heeb/Siedler, BKR 2018, 269.

434

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

lata keine Bestimmungen für den Immobilienverzehrkreditvertrag vor und sind daher de lege ferenda anzupassen. Mit Änderung der §§ 505a und 505b BGB würde § 505e BGB automatisch den Umfang der Rechtssetzungsbefugnis auf den Immobilienverzehrkreditvertrag ausdehnen. Im Rahmen der ImmoKWPLV bietet es sich zunächst an, einen Abs. 1a in § 2 ImmoKWPLV einzufügen, welcher – ähnlich Abs. 1 – den Regelungsgehalt von § 505a Abs. 4 BGB wiederholt und hierbei präzisiert, dass unter laufenden Verpflichtungen Zinszahlungen, die Zahlung von Grundsteuern, die Zahlung von Versicherungsbeiträgen und die Instandhaltungskosten des Grundstücks fallen. In einem § 4a ImmoKWPLV – der sich systematisch an § 4 ImmoKWPLV orientiert – sind die bei der Prüfung zu berücksichtigenden Faktoren aufzuzählen, die sich ihrerseits am US-amerikanischen Recht orientieren.424 cc) Rechtsfolgen bei Verstoß gegen die Kreditwürdigkeitsprüfung, § 505d BGB Die Übertragung der Rechtsfolgen in § 505d BGB bei Verstoß gegen die Kreditwürdigkeitsprüfung scheint gerechtfertigt. Zu ergänzen ist die Vorschrift lediglich um einen Abs. 2 S. 2, in welchem klargestellt wird, dass das außerordentliche Kündigungsrecht des Darlehensgebers ausgeschlossen ist, wenn er gegen seine Verpflichtung zur Kreditwürdigkeitsprüfung verstoßen hat. Nachdem in der Regelung auf die Leistungsfähigkeit des Darlehensnehmers Bezug genommen wird, ist das Kündigungsrecht selbst bei Verstoß gegen die Kreditwürdigkeitsprüfungspflicht dann nicht ausgeschlossen, wenn sich der Kündigungsgrund auf den mangelnden Leistungswillen des Darlehensnehmers stützt und nicht dessen Leistungsfähigkeit. Eine zwangsweise Anordnung der Eröffnung eines Treuhandkontos – wie dies das US-amerikanische Recht der HECM im Rahmen des LESA vorsieht – ist hingegen abzulehnen. Zwar können die Parteien ein solches Vorgehen vereinbarten – was auch gem. § 4a ImmoKWPLV zu berücksichtigen ist – jedoch sollte dies den Parteien im Sinne der Privatautonomie selbst überlassen bleiben. Insbesondere sollte der Darlehensgeber frei darüber befinden können, ob er den Kreditvertrag schließen möchte, oder ob er an der Leistungsbereitschaft des Darlehensnehmers aus sonstigen Gründen zweifelt. Gleiches gilt für die Statuierung von Auszahlungssperren.

424  Siehe zu den Einzelheiten unten Kapitel 5: C.III., Änderungen der Immo­ KWPLV, S. 440.



C. Zusammenfassung: Das Regelungsregime de lege ferenda435

15. Weitere Pflichten gem. § 505c BGB Gem. § 505c BGB sind bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen für die Immobilienbewertung zulässige Bewertungsmaßstäbe anzuwenden (Nr. 1), die Bewertung von fachlich qualifizierten und unabhängigen Gutachtern vornehmen zu lassen (Nr. 2) und die Bewertung auf einem dauerhaften Datenträger zu dokumentieren und aufzubewahren (Nr. 3). Die Vorschriften tragen der besonderen Bedeutung des Grundstücks Rechnung und sollen die Kreditwürdigkeitsprüfung erleichtern.425 Nachdem ein Vorschlag zur Neuregelung der Kreditwürdigkeitsprüfung vorgestellt wurde, erscheint eine flankierende Absicherung durch § 505c BGB geboten.

C. Zusammenfassung: Das Regelungsregime de lege ferenda Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen ist das Verbraucherdarlehensrecht, die PangV, die ImmoKWPLV und das EGBGB wie nachfolgend dargestellt zu ändern. I. Änderungen des Verbraucherdarlehensrechts und PangV § 491 Verbraucherdarlehensvertrag […] (2)  1[…]. 2Keine Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge sind Verträge, 1. […] 6. bei denen es sich um Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge gemäß Absatz 3 handelt. (3)  1[…] 2Ebenfalls Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge sind entgeltliche Immobilienverzehrdarlehensverträge, die zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer geschlossen werden, durch ein Grundpfandrecht abgesichert sind und 1. bei welchen sich der Darlehensgeber zur pauschalen, regelmäßigen oder anderen Formen der Darlehensauszahlung verpflichtet und der Darlehensnehmer für die aus dem Darlehensvertrag resultierenden Pflichten unter Ausschluss der sonstigen persönlichen Haftung lediglich mit der Immobilie haftet (Überschuldungsverzicht) und

425  Erman/Nietsch,

Rn. 1.

§ 505c Rn. 1; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, § 505c

436

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

2. der Darlehensgeber erst nach dem Tod des Verbrauchers oder dessen Ehegatten die Rückzahlung des zur Verfügung gestellten Darlehensbetrags fordern kann, wobei hiervon das Recht des Darlehensgebers zur außerordentlichen Kündigung infolge der Verletzung einer vertraglich vereinbarten Pflicht unberührt bleibt. 3

Keine Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge sind Verträge gemäß Absatz 2 Satz 2 Nummer 4. 4Auf Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge gemäß Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 ist nur § 491a Absatz 4 anwendbar. § 492 Schriftform, notarielle Beurkundung, Vertragsinhalt (1)  1[…]. 4Abweichend von Satz 1 bedürfen Immobilienverzehrdarlehnsverträge der notariellen Beurkundung. […] § 492b Zulässige Kopplungsgeschäfte […] (4) Im Fall eines Immobilienverzehrdarlehensvertrages ist eine Kopplung nur dann zulässig, wenn der Darlehensgeber den Abschluss des Vertrages davon abhängig macht, 1. dass der Darlehensnehmer, ein Familienangehöriger des Darlehensnehmers oder beide zusammen ein Zahlungs- oder ein Sparkonto eröffnen, dessen einziger Zweck in der Ansammlung von Kapital besteht, um hiervon die laufenden Verpflichtungen im Sinne von § 505a Absatz 4 Satz 3 zu begleichen, wobei das Konto auch der Treuhand des Darlehensgebers überlassen werden kann, 2. dass der Darlehensnehmer im Zusammenhang mit dem Immobilienverzehrdarlehensvertrag eine Versicherung abschließt, deren Zweck in der Erhaltung des Grundstückswertes oder der Absicherung des Langlebigkeitsrisikos liegt, und dem Darlehensnehmer gestattet ist, diese Versicherung auch bei einem anderen als bei dem vom Darlehensgeber bevorzugten Anbieter abzuschließen oder 3. dass der Darlehensnehmer ein im Sinn von Absatz 3 genehmigtes Finanzprodukt oder eine genehmigte Finanzdienstleistung in Anspruch nimmt. § 493 Informationen während des Vertragsverhältnisses […] (6) Im Fall eines Immobilienverzehrdarlehensvertrages hat der Darlehensgeber den Darlehensnehmer 1. bei Vereinbarung einer regelmäßigen Auszahlung monatlich über die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung oder 2. bei Vereinbarung einer Kreditlinie nach Abruf einer Teilzahlung über die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung und des noch verfügbaren Betrages und



C. Zusammenfassung: Das Regelungsregime de lege ferenda437

3. unabhängig von der Art der Auszahlung vierteljährig über die Höhe der am Ende der Vertragslaufzeit zu entrichtenden Zinsen, insofern diese nicht sofort fällig werden, zu unterrichten. (7) Wurden Forderungen aus dem Darlehensvertrag abgetreten, treffen die Pflichten aus den Absätzen 1 bis 6 auch den neuen Gläubiger, wenn nicht der bisherige Darlehensgeber mit dem neuen Gläubiger vereinbart hat, dass im Verhältnis zum Darlehensnehmer weiterhin allein der bisherige Darlehensgeber auftritt. § 494 Rechtsfolgen von Formmängeln (1) Der Verbraucherdarlehensvertrag und die auf Abschluss eines solchen Vertrags vom Verbraucher erteilte Vollmacht sind nichtig, wenn die Schriftform oder im Fall eines Immobilienverzehrdarlehensvertrages die notarielle Beurkundung insgesamt nicht eingehalten wurden oder wenn eine der in Artikel 247 §§ 6 und 10 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben fehlt. (2) […] 3Vereinbaren die Parteien im Fall eines Immobilienverzehrdarlehnsvertrages eine lebenslange Auszahlung, so tritt die Rechtsfolge des Satzes 1 bereits bei Empfang der ersten Teilzahlung ein. (3) 1[…] 2Hat der Darlehensgeber im Fall eines Immobilienverzehrdarlehensvertrages der Berechnung keine objektiv nachvollziehbaren Schätzwerte im Sinne der Anlage zu § 6 der Preisangabenverordnung zugrunde gelegt, vermindert sich der Sollzinssatz um den Prozentsatz, um den der effektive Jahreszins hierdurch zu niedrig angegeben ist. […] Anlage zu § 6 PangV […] Anmerkungen: […] n) Bei einem Immobilienverzehrdarlehensvertrag kann der Berechnung der von der Laufzeit des Darlehens abhängigen Variablen die vom Darlehensgeber ermittelte Lebensdauer des Darlehensnehmers zugrunde gelegt werden, wenn diese statistisch (bspw. anhand von Sterbetafeln) oder in sonstiger, objektiv nachvollziehbarer und belastbarer Weise berechnet wurde. Der Darlehensgeber kann einen angemessenen Sicherheitsabschlag in die Berechnung einstellen. § 497a BGB Verfahren bei Eintritt der Fälligkeit bei Immobilienverzehrdarlehensverträgen (1) 1Tritt bei einem Immobilienverzehrdarlehensvertrag die Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung vor dem Tod des Darlehensnehmers aufgrund einer Kündigung i. S. v. § 491 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 BGB ein, hat der Darlehensgeber

438

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

diesen unverzüglich über den Eintritt der Fälligkeit zu unterrichten. 2Hierbei ist auf das Bestehen und die Wirkungen der Haftungsbeschränkung, die im Einzelfall bestehenden Tilgungsmöglichkeiten sowie die Möglichkeit der Erhebung der Einrede nach Absatz 2 hinzuweisen. (2) Ab Eintritt der Fälligkeit kann der Darlehensnehmer 30 Tage lang die Erfüllung der im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag stehenden Verbindlichkeiten verweigern. (3) 1Erhebt der Darlehensnehmer die Einrede nach Absatz 2, steht dem Darlehensgeber für die entsprechende Zeit dennoch der in § 497 Absatz 1 und 4 bezeichnete Anspruch zu. 2Auch für diesen Anspruch ist die Haftung des Darlehensnehmers auf die Immobilie beschränkt. (4) 1Führt der Tod des Darlehensnehmers zur Fälligstellung der Rückzahlungsverpflichtung, tritt der Ehegatte oder Lebenspartner mit der Folge in den Vertrag ein, dass die Fälligkeit bis zum Tod des Ehegatten oder Lebenspartners aufgeschoben wird. 2Voraussetzung hierfür ist, dass 1. der Ehegatte oder Lebenspartner spätestens 90 Tage nach Fälligkeit (Mit-)Eigentum oder ein vergleichbares, die Bewohnbarkeit sicherstellendes Recht am Grundstück erwirbt, 2. der Ehegatte oder Lebenspartner das Grundstück bis zur Fälligkeit bereits als Hauptwohnsitz genutzt hat, 3. der Ehegatte bzw. Lebenspartner bei Vertragsschluss mit dem Darlehensnehmer verheiratet bzw. verpartnert war und die Ehe bzw. Lebenspartnerschaft bis zum Fälligkeitszeitpunkt bestanden hat und 4. die Ehe oder Lebenspartnerschaft bei Vertragsschluss dem Darlehensgeber angezeigt wurde. 3 Mit Eintritt des Ehegatten bzw. Lebenspartners in den Darlehensvertrag erlischt die Auszahlungsverpflichtung des Darlehensgebers; die Verpflichtungen des Darlehensnehmers, in welche der Ehegatte bzw. Lebenspartner eintritt, bleiben hiervon unberührt 4Erklärt der Ehegatte bzw. Lebenspartner innerhalb eines Monats, nachdem er vom Tod des Darlehensnehmers Kenntnis erlangt hat, dem Darlehensgeber, dass er den Darlehensvertrag nicht fortsetzen wolle, gilt der Eintritt als nicht erfolgt. 6Für geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Personen gilt § 210 entsprechend.

(5) 1Tritt die Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung aufgrund des Todes des Darlehensnehmers oder dessen Ehegatten bzw. Lebenspartner ein, findet Absatz 1 in Bezug auf den Erben entsprechende Anwendung. 2Der Erbe kann die Erfüllung der Verpflichtungen im Sinne von Absatz 2 drei Monate lang nach dem Zeitpunkt, in welchem er von dem Anfall der Erbschaft Kenntnis erlangt hat, verweigern. 3Ist bei dem Ablauf der drei Monate das Recht zur Ausschlagung der Erbschaft noch nicht verloren, so enden die Rechtswirkungen der erhobenen Einrede nicht vor dem Ablauf der Ausschlagungsfrist. 4Absatz 3 findet entsprechende Anwendung. (6) 1Die Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften bleibt vor Eintritt der Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung und nach Ablauf der Rechtswirkungen der erho-



C. Zusammenfassung: Das Regelungsregime de lege ferenda439 benen Einrede unberührt. 2Auch für diese Ansprüche ist die Haftung des Darlehensnehmers auf die Immobilie beschränkt.

§ 505a Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung bei Verbraucherdarlehensverträgen (1) […] (4) 1Der Darlehensgeber hat vor dem Abschluss eines Immobilienverzehrdarlehensvertrages die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers zu prüfen. 2Der Darlehensgeber darf den Immobilienverzehrdarlehensvertrag nur abschließen, wenn wahrscheinlich ist, dass der Darlehensnehmer seinen laufenden Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag vertragsgemäß nachkommen wird. 3Eine laufende Verpflichtung liegt vor, wenn diese nicht die Rückzahlung des Darlehens betrifft und ein Verstoß gegen die Pflicht einen vertraglich vereinbarten Kündigungsgrund im Sinne von § 491 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 BGB darstellt. […] § 505b Grundlage der Kreditwürdigkeitsprüfung bei Verbraucherdarlehensverträgen […] (2) 1[…] 4Im Fall eines Immobilienverzehrdarlehensvertrages gelten Satz 1 und 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass nur solche Faktoren zu berücksichtigen sind, die für die Einschätzung relevant sind, ob der Darlehensnehmer seinen laufenden Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag voraussichtlich nachkommen kann. […] § 505d Verstoß gegen die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung […] (2) 1[…] 2Führt die Vertragspflichtverletzung im Sinne von Satz 1 im Fall eines Immobilienverzehrdarlehensvertrages dazu, dass der Darlehensgeber gem. § 491 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 BGB zur Kündigung des Darlehensvertrages berechtigt wäre, ist das außerordentliche Kündigungsrecht des Darlehensgebers darüber hinaus ausgeschlossen. […]

II. Änderungen des KWG § 18a KWG Verbraucherdarlehen und entgeltliche Finanzierungshilfen; Verordnungsermächtigung […] (2b) 1Der Darlehensgeber hat vor dem Abschluss eines Immobilienverzehrdar­ lehensvertrages die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers zu prüfen. 2Der Darle-

440

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

hensgeber darf den Immobilienverzehrdarlehensvertrag nur abschließen, wenn wahrscheinlich ist, dass der Darlehensnehmer seinen laufenden Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag vertragsgemäß nachkommen wird. 3Eine laufende Verpflichtung liegt vor, wenn diese nicht die Rückzahlung des Darlehens betrifft und ein Verstoß gegen die Pflicht einen vertraglich vereinbarten Kündigungsgrund im Sinne von § 491 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 BGB darstellt. […] (4) […] 4Im Fall eines Immobilienverzehrdarlehensvertrages gelten Satz 1 und 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass nur solche Faktoren zu berücksichtigen sind, die für die Einschätzung relevant sind, ob der Darlehensnehmer seinen laufenden Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag voraussichtlich nachkommen kann.

III. Änderungen der ImmoKWPLV § 2 ImmoKWPLV Grundlagen der Kreditwürdigkeitsprüfung […] (1a) 1Im Fall eines Immobilienverzehrdarlehensvertrages dient die Kreditwürdigkeitsprüfung lediglich der Bewertung, ob es wahrscheinlich ist, dass der Darlehensnehmer seinen laufenden Verpflichtungen nachkommen wird. 2Eine laufende Verpflichtung liegt vor, wenn diese nicht die Rückzahlung des Darlehens betrifft und ein Verstoß gegen die Pflicht einen vertraglich vereinbarten Kündigungsgrund im Sinne von § 491 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 BGB darstellt. 3Laufende Verpflichtungen sind unter den Voraussetzungen von Satz 2 insbesondere 1. die Zahlung von Zinsen, sofern diese vor der Rückzahlung geschuldet werden, 2. die Abführung von Grundsteuern, 3. die Zahlung von Versicherungsbeiträgen für Wohngebäude- oder sonstige Versicherungen, 4. die Instandhaltung des Grundstücks. 4

§ 2 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

[…] § 4a ImmoKWPLV Kreditwürdigkeitsprüfung bei Immobilienverzehrdarlehensvertrag (1) 1Der Darlehensgeber hat die Faktoren angemessen zu berücksichtigen, die für die Einschätzung relevant sind, ob der Darlehensnehmer seinen laufenden Verpflichtungen aus dem Immobilienverzehrdarlehensvertrag voraussichtlich nachkommen kann. 2Diese sind insbesondere 1. die Höhe und Modalität der Darlehensauszahlung, 2. der Umstand, ob die Valuta zur Erfüllung der laufenden Verpflichtungen verwendet wird, insbesondere, ob die Valuta nach der Parteivereinbarung ganz oder teilweise auf ein Treuhandkonto eingezahlt wird, welches dem Zweck dient, dem Darlehens-



C. Zusammenfassung: Das Regelungsregime de lege ferenda441 nehmer genügend Kapital zur Erfüllung seiner laufenden Verpflichtungen zur Verfügung zu stellen,

3. künftig zu erwartende Erhöhungen oder Verminderungen der Grundsteuer, 4. künftig zu erwartende Erhöhungen oder Verminderungen von Versicherungsprä­ mien, 5. der künftig zu erwartende Instandhaltungsbedarf der Immobilie, 6. sonstige regelmäßige Ausgaben, Schulden und finanzielle Verbindlichkeiten des Darlehensnehmers, 7. künftig zu erwartende Einnahmen aus einer Vermietung und Verpachtung von Immobilien, soweit diese Einnahmen dem Grunde und der Höhe nach wahrscheinlich und nachhaltig zu erzielen sind und eine Vermietung keinen vertraglich vereinbarten Kündigungsgrund darstellt, wobei mögliche, aber ungewisse Mietsteigerungen nicht zu berücksichtigen sind, 8. sonstiges Einkommen, Ersparnisse und andere Vermögenswerte. (2) Als andere Vermögenswerte des Darlehensnehmers können nur solche Gegenstände berücksichtigt werden, deren Wert innerhalb von kurzer Zeit liquidiert werden kann. (3) § 4 Absatz 3 Satz 1 und 2 sowie Absatz 4 finden entsprechende Anwendung.

IV. Änderungen des EGBGB Art. 247 Informationspflichten bei Verbraucherdarlehensverträgen, entgeltlichen Finanzierungshilfen und Darlehensvermittlungsverträgen § 1 Vorvertragliche Informationen bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen […] (5) 1Handelt es sich bei dem Darlehensvertrag um einen Immobilienverzehrdarlehensvertrag im Sinne von § 491 Absatz 3 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches, gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend. 2Abweichend von Absatz 2 Satz 2 muss der Darlehensgeber hierbei das entsprechend ausgefüllte Merkblatt für Immobilienverzehrdarlehensverträge gemäß dem Muster in Anlage 6a verwenden. […] § 6 Vertragsinhalt (1) […] Bei einem Immobilienverzehrdarlehensvertrag sind abweichend von Satz 2 alle im Merkblatt für Immobilienverzehrdarlehensverträge gemäß dem Muster in Anlage 6a genannten Angaben zwingend, wobei die Angaben zum Zinssatz bei entsprechender Vereinbarung um die in § 3 Absatz 4 gennanten Informationen zu ergänzen sind. […]

442

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

Art. 247a Allgemeine Informationspflichten bei Verbraucherdarlehensverträgen, Verträgen über entgeltliche Finanzierungshilfen und deren Vermittlung § 1 Allgemeine Informationspflichten bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen und entsprechenden Finanzierungshilfen (2) […] 3Bei einem Immobilienverzehrdarlehensvertrag kann der Informationspflicht auch durch Schätzwerte, insbesondere zur Laufzeit, dem Nettodarlehensbetrag oder den Kosten des Darlehens, nachgekommen werden, wenn hierauf explizit hingewiesen wird. […] Anlage 6a: Muster für das Merkblatt für Immobilienverzehrdarlehensverträge (Vorbemerkungen), 1. Kreditgeber, 2. (Kreditvermittler) Entspricht ESIS-Merkblatt 3. Hauptmerkmale des Kredits a) Kreditbetrag und Währung: [Wert] [Währung] (bei Ungewissheit über die Höhe des Kreditbetrages): Bitte beachten Sie: Der hier aufgeführte Kreditbetrag ist eine Schätzung. Der tatsächlich anfallende Betrag kann sich während der Vertragslaufzeit verändern! (falls zutreffend): [Hinweise des ESIS-Merkblatts zum Kredit in Fremdwährung] b) Art der Auszahlung Sie haben sich für folgende Auszahlungsart entschieden: [Auszahlungsart] c) Laufzeit des Kredits und Zinssatz [geschätzte Laufzeit aufgrund Prognose der Lebenszeit des Darlehensnehmers] Bitte beachten Sie: Die Laufzeit des Kredits hängt grundsätzlich von Ihrer Lebensdauer ab. Die hier aufgeführte Laufzeit ist eine Schätzung. Der Kredit wird erst dann zur Rückzahlung fällig, wenn sie verstorben sind. In Ausnahme hiervon, kann der Kredit zudem vorzeitig gekündigt werden, wenn Sie gegen Ihre vertraglichen Pflichten verstoßen (siehe unten). [Art des anwendbaren Zinssatzes] d) Zurückzuzahlender Gesamtbetrag und Besicherung Dies bedeutet, dass Sie [Betrag] je geliehene(n) [Währungseinheit] zurückzuzahlen haben. (bei Ungewissheit der Höhe des Gesamtbetrags) Bitte beachten Sie: Der Gesamtbetrag ist ebenfalls von der Laufzeit des Kredits abhängig und kann im Zeitverlauf von dem vorliegenden Schätzwert abweichen. [Sicherheit]



C. Zusammenfassung: Das Regelungsregime de lege ferenda443 Für dieses Merkblatt zugrunde gelegter Schätzwert der Immobilie: [Betrag] (falls zutreffend) Beleihungsgrenze (maximale Höhe des Kredits im Verhältnis zum Wert der Immobilie): [Verhältnis] oder Mindestwert der Immobilie als Voraussetzung für die Aufnahme eines Kredits in der angegebenen Höhe: [Betrag] e) Haftungsbeschränkung Die Haftung des Darlehensnehmers beschränkt sich auf den Wert der Immobilie. Im Übrigen haftet der Darlehensnehmer nicht persönlich. 4. Zinssatz und andere Kosten Der effektive Jahreszins entspricht den Gesamtkosten des Kredits, ausgedrückt als jährlicher Prozentsatz. Der effektive Jahreszins erleichtert den Vergleich verschiedener Angebote. Der für Ihren Kredit geltende effektive Jahreszins beträgt [effektiver Jahreszins]. Er setzt sich zusammen aus: Zinssatz: [Wert in Prozent oder, falls zutreffend, Angabe eines Referenzzinssatzes und Prozentwerts der Zinsmarge des Kreditgebers]. Der Zins wird hierbei [Fälligkeitszeitpunkt, bspw. monatlich oder erst am Ende der Laufzeit] erhoben. Bitte beachten Sie: Die Höhe der Zinslast ist von der Gesamtdauer des Vertrages abhängt, welche wiederum grundsätzlich von Ihrer Lebensdauer abhängt. Der Vertrag kann jedoch bei Vertragsverstößen vorzeitig gekündigt und damit fällig gestellt werden. [Rest wie ESIS-Merkblatt] 5. Auszahlungsdetails a) Auszahlungsart (falls zutreffend) Sie haben sich für folgende Auszahlungsart entschieden: [Auszahlungsart] (falls zutreffend) Sie haben sich für die Kombination folgender Auszahlungsarten entschieden: [Kombination der Auszahlungsarten] b) Zeitpunkt der Auszahlungen (falls zutreffend) Sie erhalten den Gesamtkreditbetrag i. H. v. [Auszahlungshöhe] [Währung] ausgezahlt am [Auszahlungsdatum]. (falls zutreffend) Die Valuta wird Ihnen zu Beginn jeden Monats über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg in Raten i. H. v. [Ratenhöhe] [Währung], ausgezahlt. (falls zutreffend) Die Valuta wird Ihnen zu Beginn jeden Monats über einen Zeitraum von [Anzahl der Monate] Monaten hinweg in Raten i. H. v. [Ratenhöhe] [Währung], ausgezahlt. (falls zutreffend) Es wird Ihnen eine Kreditlinie i. H. v. [Kreditlinienhöhe] [Währung] eingeräumt, bei welcher Sie selbst entscheiden können, wann einzelne Teilzahlungen erfolgen sollen. Die Auszahlung erfolgt in diesem Fall spätestens [Tageszahl] nach Mittelung Ihres Auszahlungswunsches. (falls zutreffend) [Kombination der genannten Auszahlungsmethoden]

444

Kap. 5: Der Verbraucherschutz im deutschen Recht

c) Auszahlung auf ein Treuhandkonto (falls zutreffend) Ein Teil der Valuta i. H. v. [Betrag] [Währung] wird auf ein näher bezeichnetes Treuhandkonto des Darlehensgebers eingezahlt, von welchem Auszahlungen nur für die Begleichung grundstücksbezogener Pflichten erfolgen dürfen. 6. Zeitpunkt der Rück- und Zinszahlung a) Rückzahlung Der Darlehensnehmer muss die Valuta während der Laufzeit des Vertrages nicht zurückzahlen. Die Rückzahlungsverpflichtung wird grundsätzlich erst mit dem Tod des Darlehensnehmers fällig. Hiervon unberührt bleibt das Recht des Darlehensgebers zur außerordentlichen Kündigung wegen Verstoßes gegen vertragliche Verpflichtungen (siehe unten), welche eine vorzeitige Fälligstellung der Rückzahlungsverpflichtung zur Folge hat. b) Zinszahlung (falls zutreffend) Die Zinszahlungen werden [Fälligkeitsintervall, bspw. monatlich] fällig. (falls zutreffend) Die Zinszahlungen werden am Ende der Vertragslaufzeit fällig. c) Einrede ab Eintritt der Fälligkeit, § 497a Abs. 2 und 5 BGB Wird der Vertrag vor dem Tod des Verbrauchers fällig gestellt, kann der Verbraucher 30 Tage lang die Rückzahlung verweigern. Gleiches gilt für die Erben nach dem Tod des Darlehensnehmers, wobei hierbei eine Frist von mindestens drei Monaten besteht. d) Eintritt der Ehegatten nach § 497a Abs. 4 BGB Schließt der Ehegatte des Darlehensnehmers den Vertrag nicht ebenfalls als Vertragspartei ab oder wird der Fälligkeitszeitpunkt nicht mit dem Todestag des Ehegatten verknüpft, tritt der Ehegatte automatisch mit dem Tod des Darlehensnehmers in den Vertrag ein und der Fälligkeitszeitpunkt wird kraft Gesetzes an den Todestag des Ehegatten geknüpft. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass 1. der Ehegatte oder Lebenspartner spätestens 90 Tage nach Fälligkeit (Mit-)Eigentum oder ein vergleichbares, die Bewohnbarkeit sicherstellendes Recht am Grundstück erwirbt, 2. der Ehegatte oder Lebenspartner das Grundstück bis zur Fälligkeit bereits als Hauptwohnsitz genutzt hat, 3. der Ehegatte bzw. Lebenspartner bei Vertragsschluss mit dem Darlehensnehmer verheiratet bzw. verpartnert war und die Ehe bzw. Lebenspartnerschaft bis zum Fälligkeitszeitpunkt bestanden hat und 4. die Ehe oder Lebenspartnerschaft bei Vertragsschluss dem Darlehensgeber angezeigt wurde. Bitte beachten Sie: Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, kann das Grundstück zwangsverwertet werden!



C. Zusammenfassung: Das Regelungsregime de lege ferenda445 7. Leistungs- und Verhaltenspflichten // Kündigungsgründe a) Leistungs- und Verhaltenspflichten Der Darlehensnehmer ist zu folgendem Verhalten bzw. folgenden Leistungen verpflichtet: [Vertragliche Leistungs- und Verhaltenspflichten] b) Außerordentliches Kündigungsrecht Verstößt der Darlehensnehmer einmalig oder wiederholt gegen die unter a) genannten Leistungs- und Verhaltenspflichten, ist der Darlehensgeber, u. U. nach einer zuvor zu setzenden Frist i. S. v. § 314 Abs. 2 S. 1 BGB, zur außerordentlichen Kündigung des Kredits berechtigt. 8. Zusätzliche Auflagen, 9. Vorzeitige Rückzahlung, 10. Flexible Merkmale Entspricht ESIS-Merkblatt 11. Sonstige Rechte des Kreditnehmers Bevor Sie sich für die Aufnahme des Kredits entscheiden, haben Sie ab dem [Zeitpunkt, zu dem die Bedenkzeit beginnt] [Dauer der Bedenkzeit] Bedenkzeit. Sobald Sie den Kreditvertrag vom Kreditgeber erhalten haben, können Sie diesen nicht vor Ablauf einer Frist von [Zeitraum der Bedenkzeit] annehmen. 12. Beschwerden Entspricht ESIS-Merkblatt 13. Nichteinhaltung der aus dem Kreditvertrag erwachsenden Verpflichtungen: Konsequenzen für den Kreditnehmer Auch wenn der Kredit erst zum Zeitpunkt Ihres Todes fällig wird, kann ein Verstoß gegen die unter Abschnitt 7a) genannten Pflichten zur außerordentlichen Kündigung des Kredits und damit zu einer vorzeitigen Fälligstellung des Kredits führen. Wird der Kredit (vor- oder rechtzeitig) fällig gestellt, sind Sie oder Ihre Erben zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet. Sie können die Rückzahlung entweder aus eigenen Mitteln leisten oder Ihr Grundstück zwecks Tilgung veräußern. Kommen Sie oder Ihre Erben der Zahlungspflicht nicht nach, kann der Darlehensgeber das Grundstück zwangsversteigern lassen. Es besteht damit die Gefahr, dass Sie das Grundstück bereits zu Lebzeiten verlieren, wenn Sie während der Vertragslaufzeit gegen vertragliche Verpflichtungen verstoßen. Planen Sie deshalb Ihre Ausgaben so, dass Sie genügend Geld zur Verfügung haben, um die laufenden Kosten (bspw. Grundsteuer, Versicherungsprämien, Instandhaltung) bezahlen zu können. Übersteigt der Darlehensbetrag die durch die Zwangsversteigerung erlösten Mittel, sind Sie oder Ihre Erben nicht mit Ihrem sonstigen Vermögen haftbar (Haftungsbeschränkung). Im umgekehrten Fall stehen Ihnen oder Ihren Erben die Mehrerlöse zu. (falls zutreffend) 14. Zusätzliche Informationen, 15. Aufsichtsbehörde Entspricht ESIS-Merkblatt

Kapitel 6

Zusammenfassung in Thesen Die Untersuchung hat damit insgesamt Folgendes ergeben: 1. Unter Immobilienverzehr im wirtschaftlichen Sinn ist die Liquidierung des im Grundeigentum gebundenen Eigenkapitals zur Schaffung eines zusätzlichen Einkommens(stroms) unter Erhaltung eines Wohnrechts zu verstehen. Rechtstechnisch kann der Immobilienverzehr durch darlehensoder kaufvertragliche Gestaltungen realisiert werden. Produkte, die dem Darlehensmodell folgen, sind als Reverse bzw. Lifetime Mortgage bekannt. Kaufvertragliche Konstruktionen werden als Home Reversion Plan bezeichnet. 2. Bei darlehensvertraglichen Konstruktionen werden grundpfandrechtlich besicherte Darlehensverträge abgeschlossen, bei welchem die Rückzahlungspflicht grundsätzlich an den Todeszeitpunkt des Darlehensnehmers geknüpft wird. Abweichend hiervon kann der Vertrag im Rahmen sog. default events vor der eigentlichen Zeit gekündigt und damit fällig gestellt werden. Nicht notwendiger Bestandteil, dennoch weit verbreitet, sind Haftungsbeschränkungen auf den Wert der Wohnimmobilie. 3. Die Interessenlage des Kreditgebers einer darlehensvertraglichen Kon­ struktion entspricht im Ausgangspunkt derjenigen eines herkömmlichen Darlehensgebers, welcher Geldbeträge zur Generierung von Zinsen ausreicht. Im Gegensatz zu herkömmlichen Darlehen ist die Kalkulation jedoch weitaus risikoreicher. Das Überschreitungsrisiko bezeichnet hierbei das Risiko, dass der ausgereichte Betrag den Wert der Wohnimmobilie überschreitet. Das Überschreitungsrisiko setzt sich aus den Laufzeit-, Zins- und Immobilienwertrisiken zusammen. 4. Der Darlehensnehmer einer darlehensvertraglichen Konstruktion ist hingegen an der Liquidierung des im Grundstück gebundenen Eigenkapitals interessiert, um einen zusätzlichen Einkommensstrom zu schaffen, über welchen dieser ansonsten nicht verfügen würde. Die u. U. geringere Auszahlung bei höheren Kosten im Vergleich zu herkömmlichen Darlehen wird aufgrund eines Affektionsinteresses am Grundstück in Kauf genommen.



Kap. 6: Zusammenfassung in Thesen447

5. Im US-amerikanischen Recht sind darlehensvertragliche Konstruktionen als Reverse Mortgage bekannt. Mit derartigen Verträgen sind zahlreiche Verbraucherrisiken verbunden. Zu nennen sind das Informationsdefizit, die verfrühte Zwangsvollstreckung, cross-selling-Praktiken (und sonstige Betrugsfälle) sowie Gefahren für den Ehegatten und die Erben. 6. Das US-amerikanische Recht zeichnet sich durch eine duale Regelungsstruktur für HECMs und Proprietary Reverse Mortgages aus, wobei erstere den Markt dominieren und von der FHA gegen das Überschreitungsrisiko versichert werden. Als Rechtsquellen sind der NHA, TILA, RESPA und der Dodd-Frank-Act zu nennen. Das einzelstaatliche Recht ist von nur untergeordneter Bedeutung. 7. Die Reverse Mortgage ist im US-amerikanischen Recht als grundpfandrechtlich (mortgage oder deed of trust) gesichertes Darlehen ausgestaltet. Der Darlehensgeber muss demnach einen bestimmten Geldbetrag auszahlen, während der Darlehensnehmer zur Rück- und Zinszahlung, zur Bestellung des Sicherungsmittels und zur Zahlung zinsunabhängiger Entgelte verpflichtet ist. Die Fälligkeit von Rück- und Zinszahlung hängt vom Tod des Verbrauchers ab, alternativ von im Gesetz enumerativ genannten Fälligkeitsereignissen. Nach Eintritt der Fälligkeit kann das zur Fälligkeit führende Ereignis u U. geheilt werden, alternativ ist dem Darlehensnehmer oder dessen Erben eine Frist zur Zahlung bzw. zum Verkauf oder Übereignung des Grundstücks zuzugestehen. 8. Sowohl der NHA als auch TILA und RESPA sehen weitreichende Verbraucherschutzbestimmungen vor, die Ergebnis eines gesetzgeberischen „trial-and-error“-Verfahrens sind. Zu nennen sind Informationspflichten des Kreditgebers zur Funktionsweise des Vertrages, den Rechten und Pflichten unter diesem sowie den Vertragskosten. Weiterhin zu nennen sind Beratungspflichten, Kreditwürdigkeitsprüfungspflichten, Pflichten zur Bildung von Rücklagen und Begrenzungen der Auszahlungshöhe, Rücktrittsrechte und die Bestimmung eines vertraglichen Mindeststandards. 9. Auch im deutschen Recht kann das Darlehensmodell als Darlehen im Rechtssinn (§ 488 BGB) ausgestaltet sein, selbst wenn die Rückzahlung zu Lebzeiten des Darlehensnehmers ausgeschlossen wird, solange den Erben ein Restbetrag von gewisser Größe zur Rückzahlung verbleibt. 10. Regulatorischer Ausgangspunkt des Immobilienverzehrs im deutschen Recht bildet § 491 Abs. 3 S. 4 BGB, der durch das FinAufsRErgG in das Verbraucherdarlehensrecht eingefügt wurde und unter marginaler Abänderung die Definition des Immobilienverzehrkreditvertrages aus Art. 3 Abs. 2 lit. a) WIKr-RiL übernimmt. Die Norm schließt die Anwendbarkeit der §§ 491 ff. BGB auf den Immobilienverzehrkreditvertrag aus.

448

Kap. 6: Zusammenfassung in Thesen

Nach der hier vertretenen Auffassung ist § 491 Abs. 3 S. 4 BGB als grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen auszulegen, bei welchem die Haftung auf die Verwertung der Wohnimmobilie beschränkt ist. 11. Dem Immobilienverzehrkreditvertrag stehen im deutschen Recht keine Wirksamkeitshindernisse (Formerfordernisse, Unwirksamkeit infolge Unbestimmtheit, mangelnde Eintragungsfähigkeit des wechselnden Forderungsbestandes, Wirksamkeit gem. § 138 BGB oder §§ 307 ff. BGB, Widerrufsrechte) entgegen. Die Haftungsbeschränkung ist als Begrenzung der Haftung auf die Wohnimmobilie unter Ausschluss der ansonsten bestehenden persönlichen Haftung des Verbrauchers zu verstehen. Die im US-amerikanischen Recht vorgesehenen Kündigungsmöglichkeiten können auch im deutschen Recht wirksam als außerordentliches Kündigungsrecht i. S. v. § 314 BGB vereinbart werden. Nach Eintritt der Fälligkeit kann der Darlehensnehmer (oder dessen Erben) die Rückzahlung des ausstehenden Betrages leisten, das Grundstück freihändig verkaufen, das Grundstück an erfüllungsstatt an den Darlehensgeber veräußern oder die Zwangsvollstreckung abwarten. 12. De lege lata finden die Verbraucherschutzvorschriften der §§ 491 ff. BGB auf Immobilienverzehrkreditverträge keine Anwendung, so dass ledig­ lich allgemeine Rechtsinstitute verbraucherschützende Wirkung entfalten kön­nen. 13. Dem Informationsdefizit des Verbrauchers kann im Einzelfall durch einen Beratungsvertrag begegnet werden, der jedoch einen entsprechenden Rechtsbindungswillen voraussetzt. U. U. können sich auch Aufklärungspflichten des Darlehensgebers unter dem Aspekt des Wissensvorsprungs ergeben. Zudem findet § 311b Abs. 1 S. 1 BGB keine Anwendung und Widerrufsrechte stehen dem Verbraucher nur aus allgemeinen Quellen (§§ 312 ff. BGB) zu. Dem Informationsdefizit wird flankierend durch das AGB-rechtliche Transparenzgebot entgegengewirkt. 14. Weiterhin wird der Verbraucher de lege lata durch § 491 Abs. 3 S. 4 BGB vor einer verfrühten Zwangsvollstreckung bewahrt, indem der Fälligkeits- mit dem Todeszeitpunkt verbunden wird, so dass kürzere Vertragslaufzeiten nicht vereinbart werden können. Ansonsten gelten die allgemeinen Grenzen der §§ 314, 138, 307, 242 BGB, die jedoch die im US-amerikanischen Recht üblichen Kündigungsgründe auch im deutschen Recht billigen. Rechtsgeschäftlich kann der verfrühten Zwangsvollstreckung durch eine stufenweise Auszahlung der Valuta und der Einrichtung eines Treuhandkontos entgegengewirkt werden.



Kap. 6: Zusammenfassung in Thesen449

15. Cross-Selling-Praktiken bzw. Kopplungsgeschäfte sind de lege lata für Immobilienverzehrkreditverträge nicht grundsätzlich verboten. Die Wirksamkeit einer Vereinbarung bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln. 16. Der Ehegatte ist entweder als Miteigentümer geschützt oder muss dem Vertrag im Rahmen der Zugewinngemeinschaft bzw. Gütergemeinschaft zustimmen. Die Zustimmung kann im Einzelfall durch das Familiengericht ersetzt werden. 17. Die Erben des Darlehensnehmers haben keine Möglichkeit, die vermögensrechtliche Basis der Erbmasse zu schützen. Diese treten jedoch bei Tod des Darlehensnehmers gem. § 1922 Abs. 1 BGB in dessen Stellung ein, so dass diese zumindest den Sicherungsgegenstand auslösen können. 18. De lege ferenda sollte der Verbraucherschutz für Immobilienverzehrkreditverträge ausgebaut werden. Hierfür steht dem deutschen Gesetzgeber die Regelungskompetenz zu. Entsprechende Regelungen müssen insbesondere dem Informationsdefizit, der Gefahr der verfrühten Zwangsvollstreckung und der Gefahr von cross-selling-Praktiken abhelfen. Der Schutz des Ehegatten und der Erben wird größtenteils de lege lata durch allgemeine Vorschriften erreicht. 19. Inhaltlich sollte der Immobilienverzehrkreditvertrag, seiner Rechtsnatur entsprechend, dem Anwendungsbereich der §§ 491 ff. BGB unterstellt werden. 20. Das Gros der verbraucherschützenden Vorschriften kann auf den Immobilienverzehrkreditvertrag ausgeweitet werden, indem der Immobilienverzehrkreditvertrag gem. § 491 Abs. 3 S. 2 BGB als Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag eingeordnet wird. Darüber hinaus sind punk­ tuelle Änderungen im Verbraucherdarlehensrecht, der PangV, der Immo­ KWPLV und dem EGBGB vorzunehmen. 21. Anpassungen erfordern die vorvertraglichen Informationen und der vertragliche Mindestinhalt, welche insbesondere an die Besonderheiten des Fälligkeitszeitpunktes, der Auszahlungsart und der Haftungsbeschränkung angepasst werden müssen. Eine gedankenlose Übernahme des ESIS-Merkblatts würde zu einer mit dem US-amerikanischen Recht vergleichbaren Rechtslage führen, bei welcher sich die zu gebenden Informationen widersprächen. 22. Zudem ist dafür zu plädieren, den Immobilienverzehrkreditvertrag dem Formerfordernis der notariellen Beurkundung zu unterwerfen, so dass in Kombination mit der Erläuterungspflicht des § 491a Abs. 3 BGB ein mit dem US-amerikanischen Recht der Beratung vergleichbarer Schutzstandard erreicht wird.

450

Kap. 6: Zusammenfassung in Thesen

23. Die Regelungen zum Kopplungsgeschäft sind mit entsprechenden Änderungen auf den Verzehrkredit zu übertragen und entsprechen damit der US-amerikanischen Rechtslage. 24. Weiterhin ist eine Regelung für das Verfahren nach Fälligstellung des Kredits zu schaffen, welche die Interessen des Darlehensnehmers (bzw. dessen Ehegatten und Erben) und des Darlehensgebers austariert. 25. Die Regelungen der Kreditwürdigkeitsprüfung sollten mit entsprechenden Modifikationen auf den Immobilienverzehrkreditvertrag ausgeweitet werden. Anders als beim Immobiliar-Verbraucherdarlehen sollte das Ziel der Prüfung nicht in der Frage nach der Fähigkeit zur Rückzahlung liegen, sondern vielmehr die Fähigkeit zur Bedienung laufender Verpflichtungen, die anderenfalls zur Fälligstellung des Kredits führen würden, betreffen. Die Anforderungen an die Kreditwürdigkeitsprüfung sind in der ImmoKWPLV zu konkretisieren. 26. Neben diesen Änderungen erfordern einzelne Vorschriften einen expliziten Ausschlusstatbestand für Immobilienverzehrkreditverträge bzw. entsprechende Folgeänderungen.

Literaturverzeichnis Ady, Johannes, Die „unechte Abschnittsfinanzierung“ nach der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, in: WM 2010, S. 1305–1309. Alsup, J. Alton, The New And Improved Texas Reverse Mortgage, in: 55 Consumer Fin. L. Q. Rep. (2001), S. 207–222. Alsup, J. Alton, Texas’ New And Improved Reverse Mortgage, in: 68 Tex. B. J. (2005), S. 1076–1077. Arentz, Oliver, Immobilienverzehr – Möglichkeiten und Grenzen, Köln 2010 (zitiert als Arentz, Immobilienverzehr). Artz, Markus, Der Verbraucher als Kreditnehmer, Berlin 2001. Artz, Markus, Neue verbraucherkreditrechtliche Informationspflichten durch das Risikobegrenzungsgesetz – Hinweise für die Vertragspraxis und gemeinschaftsrecht­ liche Implikationen, in: ZGS 2009, S. 23–29. Askin, Marilyn, Aging in Place with Federally Insured Reverse Mortgages, in: 156 N. J. Law. (1993), S. 36–39. Ayad, Patrick, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, in: BB 2011, S. 530–531. Bamberger, Heinz Georg/Roth, Herbert/Hau, Wolfgang/Poseck, Roman (Hrsg.), Beck’scher Onlinekommentar zum BGB, 53. Edition: 01.05.2019 und 01.02.2020, München 2019/2020 (zitiert als BeckOK-BGB/Bearbeiter, Stand, § … Rn. …). Barron, Paul/Rosin, Dan, Federal Regulation of Real Estate and Mortgage Lending, 4. Auflage, Stand: Dezember 2019, abgerufen über Westlaw. Bartlitz, David, Anmerkung zum Urteil des EuGH vom 27.03.2014 – C-565/12 (LCL Le Crédit Lyonnais SA/Fesih Kalhan), in: NJW 2014, 1944–1945. Baumbach, Adolph/Hopt, Klaus (Hrsg.), Handelsgesetzbuch: HGB mit GmbH & Co., Handelsklauseln, Bank- und Kapitalmarktrecht, Transportrecht (ohne Seerecht), 39. Auflage, München 2020 (zitiert als Baumbach/Hopt/Bearbeiter, § … Rn. …). Baumgärtel, Gottfried, Neue Tendenzen der Prozeßhandlungslehre, in: ZZP 87 (1974), S. 121–137. Baur, Jürgen/Stürner, Rolf, Sachenrecht, 18. Auflage, München 2009 (zitiert als Baur/Stürner, Sachenrecht, § … Rn. …). Bernhardt, Roger/Burkhart, Ann M., Real Property In A Nutshell, 7. Auflage, St. Paul 2016 (zitiert als Bernhardt/Burkhart, Real Property). Binder, Jens-Hinrich, Kreditwürdigkeitsprüfung bei Verbraucherkrediten – Bestandsaufnahme und aktuelle Entwicklungen, in: ZIP 2018, S. 1201–1210.

452 Literaturverzeichnis Black, Paul, Reverse Mortgages and The Current Financial Crisis, in: 8 NAELA J. (2012), S. 87–111. Blum, George L., Fair Housing Administration’s Standards Under 12 U.S.C.A. § 1715z-20 and 24 C.F.R. § 206.27 for Insuring Home Equity Conversion Mortgages or So-Called Reverse Mortgages, in: 31 A.L.R. Fed. 3d Art. 2 (abgerufen über Westlaw). Boehm, Thomas P./Ehrhardt, Michael C., Reverse Mortgages and Interest Rate Risk, in: Journal of the American Real Estate and Urban Economics Association 1994, S. 387–408. Bohnenkamp, Ruth/Eckstein, Daniela/Wetjen, Birgit, Haus-gemachte Rente in: Capital 2007 (Heft 22), S. 56–63. Böning, Daniela, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, Tübingen 2011. Boos, Karl-Heinz/Fischer, Reinfried/Schulte-Mattler, Hermann, Kommentar zu ­Kreditwesengesetz, VO (EU) Nr. 575/2013 (CRR) und Ausführungsvorschriften, Band 1, 5. Auflage, München 2016 (zitiert als Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Bearbeiter, § … Rn. …). Brenner, Eric, Reverse Mortgages And Elderly Americans: Protecting The Greatest Asset From Potentially Misleading Advertising Practices, in: 80 Alb. L. Rev. (2016/2017), S. 569–593. Brockmann, Bärbel, Wenn das Haus die Rente zahlt, in: Süddeutsche Zeitung v. 17.03.2017, S. 24. Brozio, Tim, Das Instrument der Umkehrhypothek als Altersvorsorge – Ein Praxismodell, in: ReWir 2012, Ausgabe 10, S. 1–18. Bruns, Alexander, Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung, Tübingen 2003. Buck-Heeb, Petra, Kreditberatung, Finanzierungsberatung, in: BKR 2014, S. 221–236. Buck-Heeb, Petra, Rechtsfolgen fehlender oder fehlerhafter Kreditwürdigkeitsprüfung – Das neue Verbraucherkreditrecht nach Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie, in: NJW 2016, S. 2065–2070. Buck-Heeb, Petra, Kreditvergabe nach dem Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz, in: WM 2017, S. 1329–1337. Buck-Heeb, Petra, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 19.12.2017 – XI ZR 152/17, in: NJW 2018, S. 853–854. Buck-Heeb, Petra, Finanzierungsberatung: Aufklärungspflichten und Haftung, in: ZIP 2018, S. 705–714. Buck-Heeb, Petra/Lang, Volker, Kreditwürdigkeitsprüfung, Exploration und Beratung bei Immobiliar-Verbraucherdarlehen nach der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie, in: ZBB 2016, S. 320–336. Buck-Heeb, Petra/Siedler, Rainer, Kreditwürdigkeitsprüfung nach der ImmobiliarKreditwürdigkeitsprüfungsleitlinien-Verordnung (ImmoKWPLV), in: BKR 2018, S. 269–276.

Literaturverzeichnis453 Budde, Robert/Gruppe, Christoffer, Anforderungen an die außerordentliche Kündigung von Handelsvertreter- und Vertragshändlerverträgen wegen zu geringer Umsätze, in: ZVertriebsR 2014, S. 71–78. Bülow, Peter, Der Grundsatz pacta sunt servanda im europäischen Sekundärrecht, in: Köbler, Gerhard/Heinze, Meinhard/Hromadka, Wolfgang (Hrsg.) Europas universale rechtsordnungspolitische Aufgabe im Recht des dritten Jahrtausends: Festschrift für Alfred Söllner zum 70. Geburtstag, München 2000, S. 189–198 (zitiert als Bülow, FS Söllner). Bülow, Peter, Verbraucherkreditrecht im BGB, in: NJW 2002, S. 1145–1150. Bülow, Peter, Rechtsfragen des Immobiliar-Verbraucherkreditvertrages im neuen Recht, in: WM 2015, S. 1309–1312. Bülow, Peter, Recht der Kreditsicherheiten – Sachen und Rechte, Personen, 9. Auflage, Heidelberg 2017 (zitiert als Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. …). Bülow, Peter/Artz, Markus, Unentgeltliche Kreditverträge – ein neues Paradigma im deutschen Verbraucherprivatrecht, in: ZIP 2016, S. 1204–1208. Bülow, Peter/Artz, Verbraucherkreditrecht, 10. Auflage, München 2019 (zitiert als Bülow/Artz/Bearbeiter, § … Rn. …). Bünger, Reinhart, Kreditrichtlinie für Senioren noch immer mangelhaft, Der Tagesspiegel v. 24.12.2016, S. I01. Bungeroth, Erhard, Schutz vor dem Verbraucherschutz? – Merkwürdigkeiten im Verbraucherkreditgesetz, in: Horn, Norbert/Lwowski, Hans-Jürgen/Nobbe, Gerd (Hrsg.), Bankrecht, Schwerpunkte und Perspektiven: Festschrift für Herbert Schimansky, Köln 1999, S. 279–297 (zitiert als Bungeroth, FS Schimansky). Chinloy, Peter/Megbolugbe, Isaac F., Reverse Mortgages: Contracting and Crossover Risk, in: Journal of the American Real Estate und Urban Economics Association 1994, S. 367–386. Class, Ryan, You Can Go Home Again: Achieving The Goals Of HUD’s Reverse Mortgage Program While Protecting Non-Borrower Spouses And Other Heirs, in: 37 Rev. Banking & Fin. L. (2017), S. 413–443. Consumer Financial Protection Bureau, Reverse Mortgages – Report to Congress, abrufbar unter https://files.consumerfinance.gov/a/assets/documents/201206_cfpb_ Reverse_Mortgage_Report.pdf (zuletzt abgerufen am 28.02.2020) (zitiert als CFPB, Report to Congress, S. …). Consumer Financial Protection Bureau, A closer look at reverse mortgage advertisements and consumer risks, abrufbar unter https://files.consumerfinance.gov/ f/201506_cfpb_a-closer-look-at-reverse-mortgage-advertising.pdf (zutletzt abgerufen am 01.08.2018) (zitiert als CFPB, Reverse Mortgage Advertisements and Consumer Risks, S. …). Czycholl, Harald, Wie das Haus Rente zahlt, in: Die Welt v. 12.03.2016, S. IM 1–3. Damrau, Jürgen, Zur Aufrechnung seitens der Pfandleiher, in: GewArch 2004, 177– 184.

454 Literaturverzeichnis Damrau, Jürgen, Kommentar zur Pfandleiherverordnung und zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Pfandkreditgewerbe, 2. Auflage, Stuttgart 2005 (zitiert als Damrau, PfandleiherVO, § … Rn. …). Damrau, Jürgen/Tanck, Manuel, Praxiskommentar Erbrecht, 3. Auflage, Angelbachtal 2014 (zitiert als Damrau/Tanck/Bearbeiter, Erbrecht). Dauner-Lieb, Barbara, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher – Systemkonforme Weiterentwicklung oder Schrittmacher der Systemveränderung?, Berlin 1983 (zitiert als Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. …). Depré, Peter (Hrsg.), ZVG – Kommentar zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, 2. Auflage, Köln 2019 (zitiert als Depré/Bearbeiter, § … Rn. …). Derleder, Peter/Knops, Kai-Oliver/Bamberger, Heinz Georg (Hrsg.), Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht – Band 1, 3. Auflage, Berlin u. a. 2017 (zitiert als Bearbeiter in: Derleder/Knops/Bamberger, Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht, § … Rn. …). Destatis, Pressemitteilung Nr. 021 vom 20.01.2016: Alterung der Bevölkerung durch aktuell hohe Zuwanderung nicht umkehrbar, abrufbar unter https://www.destatis. de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2016/01/PD16_021_12421.html, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als Destatis, Pressemitteilung Nr. 021 vom 20.01.2016: Alterung der Bevölkerung durch aktuell hohe Zuwanderung nicht umkehrbar). Destatis, Aktualisierung der 13. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung – Basis 2015, abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/ Bevoelkerung/Bevoelkerungsvorausberechnung/Publikationen/Downloads-Vorausberechnung/bevoelkerung-bundeslaender-2060-aktualisiert-5124207179004.html, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als Destatis, Aktualisierung der 13. Ko­ ordinierten Bevölkerungsvorausberechnung – Basis 2015). Destatis, Bevölkerung im Wandel – Annahmen und Ergebnisse der 14. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung, abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/Pres se/Pressekonferenzen/2019/Bevoelkerung/pressebroschuere-bevoelkerung.pdf?__ blob=publicationFile, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert Destatis, Bevölkerung im Wandel – Annahmen und Ergebnisse der 14. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung). Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsaufsichtsrechts im Bereich der Maßnahmen bei Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems und zur Änderung der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (Finanzaufsichtsrechteergänzungsgesetz), BRDrucksache 815/16, abrufbar unter https://www.bundestag.de/blob/495656/e36bcd b39ccf2ca0ef276069ce0152d0/08a-data.pdf, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als Deutsche Kreditwirtschaft, Stellungnahme zum RegE-FinAufsRErgG vom 02.03.2017, S. …). Dietzel, Alexander, Der Pfändungsschutz der privaten Altersvorsorge nach den §§ 851c und 851d ZPO, Frankfurt am Main 2014.

Literaturverzeichnis455 Ebenroth, Carsten Thomas/Boujong, Karlheinz/Joost, Detlev/Strohn, Lutz (Hrsg.), Handelsgesetzbuch, Band 1: §§ 1–342e, 4. Auflage, München 2020; Band 2: §§ 343–475h, Transportrecht, Bank- und Börsenrecht, 3. Auflage, München 2015 (zitiert als E/B/J/S/Bearbeiter, § … Rn. …). Edge, Kathryn Reed, Reverse Mortgages: Paying The Piper, in: 52 Tenn. B. J. (2016), S. 25–29. Eickmann, Dieter, Anmerkung zum Beschluss des BayObLG vom 07.11.1996 – 2Z BR 111/96, in: DNotZ 1997, S. 729–730. Emmerich, Volker, Zulässigkeit und Wirkungsweise der Vollstreckungsverträge, in: ZZP 82 (1969), S. 413–437. English, David M., The Home: Where Our Heart Resides, in: 35 No. 6 Bifocal (2014), S. 158–163. Enneccerus, Ludwig/Lehmann, Heinrich, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts – Band 2: Recht der Schuldverhältnisse, 15. Auflage, Tübingen 1958 (zitiert als Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, S. …). Erman, Walter (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 15. Auflage, Köln 2017 (zitiert als Erman/Bearbeiter, § … Rn. …). Ernst, Wolfgang, Negativzinsen aus zivilrechtlicher Sicht – ein Problemaufriss, in: ZfPW 2015, S. 250–256. Esser, Josef/Schmidt, Eike, Schuldrecht – Band I: Allgemeiner Teil, Teilband 1: Entstehung, Inhalt und Beendigung von Schuldverhältnissen, 8. Auflage, Heidelberg 2000 (zitiert als Esser/Schmidt, Schuldrecht AT/1, § … S. …). Esser, Josef/Weyers, Hans-Leo, Schuldrecht, Band II: Besonderer Teil, Teilband 1: Verträge, 8. Auflage, Heidelberg 1998 (zitiert als Esser/Weyers, Schuldrecht BT II Teilb. 1). Evans, Ingrid/Oren, Daniel, Toppling Reverse Mortgage Abuse, in: 53 Trial (2017), S. 30–36. Feldhusen, Claire, Verbraucherrechte vor Vertragsschluss nach Umsetzung der Wohn­ immobilienkreditrichtlinie, in: NJ 2016, S. 182–188. Feldhusen, Claire, Kreditwürdigkeitsprüfung: Wieviel Würdigung erlaubt die Prüfung nach Erlass der Immobiliar-Kreditwürdigkeitsprüfungsleitlinien-Verordnung?, in: WM 2019, S. 97–107. Feliv, Oleksiy, Verwertung der Hypothek und lex commissoria im deutschen und ­ukrainischen Recht, in: WiRO 2007, S. 197–200. Fikentscher, Wolfgang/Heinemann, Andreas, Schuldrecht, 11. Auflage, Berlin u. a. 2017 (zitiert als Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, § … Rn. …). Fischer, Nikolaj, Reform der Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie 2014/17/EU – Überblick zu den verbraucherprivatrechtlichen Auswirkungen des „Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetzes“, in: ZAP Fach 8, S. 585–594. Fischinger, Philipp, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, Tübingen 2015. Foerste, Ulrich, Gewinne des Gläubigers bei Unter-Wert-Erwerb von Sicherungsgut, in: ZBB 2009, S. 285–298.

456 Literaturverzeichnis Freckmann, Peter, Der Rückgewähranspruch bei Sicherungsgrundschulden in der Bankpraxis – zugleich Anmerkung zu den BGH-Urteilen vom 10.11.2011 – IX ZR 142/10 und vom 16.12.2011 – V ZR 52/11, in: BKR 2012, S. 133–141. Freckmann, Peter/Grziwotz, Herbert/Krepold, Hans-Michael/Münscher, Michael (Hrsg.), Praktikerhandbuch Baufinanzierung – Rechts- und Praxisfragen der Immobilienfinanzierung, 4. Auflage, Heidelberg 2017 (zitiert als Praktiker-HdBBaufinanzierung/Bearbeiter, Rn. …) Freitag, Robert, Die Beendigung des Darlehensvertrages nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, in: WM 2001, S. 2370–2377. Freitag, Robert, Anmerkung zum Urteil des EuGH vom 27.03.2014 – C-565/12 – „LCL Le Crédit Lyonnais SA./.Fesih Kalhan – Tribunal d’instance d’Orléans“ in: LMK 2014, 358906. Freitag, Robert, Fernabsatz von Bankdienstleistungen im Digitalkanal, in: ZIP 2018, S. 1805–1814. Freitag, Robert/Allstadt, Lars, Der Immobilienverzehrkreditvertrag – Anmerkungen zur Neufassung des § 491 BGB im Zuge des Finanzaufsichtsrechteergänzungsgesetzes, in: WM 2017, S. 1877–1883. Frühauf, Markus, Umkehrhypotheken Rente aus Stein, in: F.A.Z. vom 02.12.2015, S. C2. Fuchs, Andreas, Zur Disponibilität gesetzlicher Widerrufsrechte im Privatrecht – unter besonderer Berücksichtigung der Widerrufsrechte nach §§ 7 VerbrKrG, 168 S. 2 und 130 Abs. 1 S. 2 BGB, in AcP 196 (1996), S. 313–394. Fuellmich, Reiner/Rieger, Stefan, Die Haftung der Banken für massenhaft fehlerhafte Treuhandmodellfinanzierungen, in: ZIP 1999, S. 465–476. Ganssauge, Karsten/Meurer, Holger, IFRS 17: Nicht nur ein Thema für Versicherungsunternehmen!, in: WPg 2018, S. 18–23. Gaul, Friedhelm, Lex commissoria und Sicherungsübereignung, in: AcP 168 (1968), S. 351–382. Gaul, Friedhelm, Zulässigkeit und Geltendmachung vertraglicher Vollstreckungsbeschränkung – BGH, NJW 1968, 700, in: JuS 1971, S. 347–349. Gaul, Friedhelm/Schilken, Eberhard/Becker-Eberhard, Ekkehard, Zwangsvollstreckungsrecht, 12. Auflage, München 2010. Gerlach, Finn, Transparenzanforderungen an eine Klausel zur Devisenumrechnung in Fremdwährungsdarlehen, in: GWR 2014, S. 415. Gernhuber, Joachim, Das Schuldverhältnis: Begründung und Änderung; Pflichten und Strukturen; Drittwirkungen, Tübingen 1989 (zitiert als Gernhuber, Schuldverhältnis, § … S. …). Gierke, Otto v., Schuld und Haftung im älteren deutschen Recht – insbesondere die Form der Schuld und Haftungsgeschäfte, Breslau 1910 (zitiert als v. Gierke, Schuld und Haftung im älteren deutschen Recht, S. …). Graf v. Westphalen, Friedrich, AGB-Recht im Jahr 2013, in: NJW 2014, S. 2242– 2250.

Literaturverzeichnis457 Graf v. Westphalen, AGB-Recht im ersten Halbjahr 2017, in: NJW 2018, S. 205–208. Graf v. Westphalen, AGB-Recht im zweiten Halbjahr 2017, in: NJW 2018, S. 1520– 1523. Gsell, Beate/Krüger, Wolfgang/Lorenz, Stephan/Reymann, Christoph (Hrsg.), BeckOnline.Grosskommentar – BGB, München 2020 (zitiert als BeckOGK-BGB/Bearbeiter, Stand, § … Rn. …). Gurlit, Elke, Die Entwicklung des Banken- und Kapitalmarktaufsichtsrechts seit 2017, in: WM 2020, S. 105–115. Hall, Kenneth, Mortgage and Consumer Loan and Lease Disclosure Handbook, Stand: Oktober 2019, abgerufen über Westlaw. Hammond, Celeste, Reverse Mortgages: A Financial Planning Device For The Elderly, in: 1 Elder L. J. (1993), S. 75–111. Harkness, Donna, When Over-The-Limit Is Over The Top: Addressing The Adverse Impact Of Unconscionable Consumer-Credit Practices On The Elderly, in: 16 Elder L. J. (2008), S. 1–31. HausPlusRente, Immobilienverrentung einfach erklärt, abrufbar unter https://www. hausplusrente.de/immobilienverrentung/, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als HausPlusRente, Immobilienverrentung). Hawkins, Jim, Exploiting Advertising, in: 80 Law & Contemp. Probs (2017), S. 43– 71. Heermann, Peter W., Geld und Geldgeschäfte, Handbuch des Schuldrechts in Einzeldarstellungen, Band 10, Tübingen 2003. Heinrich, Stefan, Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz – Eine rechtsvergleichende und ökonomische Analyse, Berlin 2009 (zitiert als Heinrich, Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz). Heinze, Christian, Die abstrakte Verkehrshypothek, in: AcP 211 (2011), S. 105–152. Helman, Andrew, Putting Equity Back In Reverse Mortgages: How State Legislatures Can Bring Fairness To Home Equity Conversion Mortgages, in: 12 Marq. Elder’s Advisor (2011), S. 415–452. Henssler, Martin, Risiko als Vertragsgegenstand, Tübingen 1994. Hergenröder, Wolfgang, Die Vollstreckungsvereinbarung im System der Zwangsvollstreckung, in: DGVZ 2013, S. 145–150. Hesse, Martin, Ende der Gratiskultur, in: Der Spiegel v. 06.08.2016, S. 72/Wirtschaft. Heymann, Ekkehardt v., Neuregelung des Kündigungsrechts nach § 247 BGB, in: BB 1987, S. 415–421. Hillemacher, Umkehrhypothek als Alternative – Mit einer Immobilie die Rente aufbessern?, abrufbar unter http://www.n-tv.de/ratgeber/Mit-einer-Immobilie-dieRente-aufbessern-article18581041.html, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als Hillemacher,. Umkehrhypothek als Alternative – Mit einer Immobilie die Rente aufbessern?).

458 Literaturverzeichnis Historisch-kritischer Kommentar zum BGB, hrsg. v. Schmoeckel, Mathias/Rückert, Joachim/Zimmermann, Reinhard, Band III: Schuldrecht Besonderer Teil §§ 433– 853, 1. Teilband: vor § 433–§ 656, Tübingen 2013 (zitiert als HKK/Bearbeiter). Hoffmann, Jochen/Bartlitz, David, Erläuterungs- und Bonitätsprüfungspflicht im Verbraucherkreditrecht, in: WM 2014, S. 2297–2304. Hofmann, Christian, Die neue Erläuterungspflicht des § 491a Abs. 3 BGB, in: BKR 2010, S. 232–238. Hölder, Das Sammelvermögen als Schuldner, in: DJZ 1910, S. 1263–1266. Hölper, Sabine, Müssen jetzt die Eltern helfen?, in: Die Zeit v. 22.09.2016, S. 10/Zeit Geld. Hopt, Klaus J., Haftung der Banken bei der Finanzierung von Publikumsgesellschaften und Bauherrenmodellen – Zur Grenzziehung bei § 123 Abs. 2 BGB, Einwendungsdurchgriff, culpa in contrahendo, und Prospekthaftung, in: Lutter, Marcus/ Mertens, Hans-Joachim/Ulmer, Peter (Hrsg.), Festschrift für Walter Stimpel zum 68. Geburtstag am 29. November 1985, 1985 Berlin (zitiert als Hopt, FS Stimpel). Hopt, Klaus J., Funktion, Dogmatik und Reichweite der Aufklärungs-, Warn- und Beratungspflichten der Kreditinstitute, in: Lange, Hermann/Nörr, Knut Wolfgang/ Westermann, Harm Peter (Hrsg.), Festschrift für Joachim Gernhuber zum 70. Geburtstag, Tübingen 1993, S. 169–189 (zitiert als Hopt, FS Gernhuber). Huber, Matthias, Die aktuellen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Vorfälligkeitsentschädigung – Eine kritische Stellungnahme, in: WM 2017, S. 605–613. Jahr, Günther, Die Einrede des bürgerlichen Rechts, in: JuS 1964, S. 218–224. Jahr, Günther, Die Einrede des bürgerlichen Rechts, in: JuS 1964, S. 293–305. Jakubowicz, Ben, What The HECM Is A Reverse Mortgage: The Importance Of The Home Equity Conversion Mortgage In An Aging America, in: 54 U. Louisville L. Rev. (2016), S. 183–208. Jauernig, Othmar (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 17. Auflage, München, 2018 (zitiert als Jauernig/Bearbeiter). Jauernig, Othmar/Berger, Christian, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, 23. Auflage, München 2010. Josten, Ralf, Kreditvertragsrecht, 2. Auflage, München 2017 (zitiert als Josten, Kreditvertragsrecht, S. … Rn. …). Juergens, Jennifer, Reverse Mortgage Complexity Is Negatively Impacting Older Americans, in: 6 HLRe (2016), S. 209–230. Juris Praxiskommentar BGB, hrsg. v. Herberger, Maximilian/Martinek, Michael/Rüßmann, Helmut/Weth, Stephan/Würdinger, Markus, Band 1 – Allgemeiner Teil, 8. Auflage, Saarbrücken 2017; Band 2 – Schuldrecht, 8. Auflage, Saarbrücken 2017 und 9. Auflage, Saarbrücken 2020; Band 3 – Sachenrecht, 8. Auflage, Saarbrücken 2017 (zitiert als JurisPK-BGB/Bearbeiter, (Updatestand), § … Rn. …). Kalateh, Cyrosch, Kreditspezifische Informationspflichten von Banken bei der Kreditvergabe – Eine Untersuchung von Aufklärungs- und Beratungspflichten entlang

Literaturverzeichnis459 verschiedener Kreditarten, Köln 2016 (zitiert als Kalateh, Kreditspezifische Informationspflichten von Banken bei der Kreditvergabe, S. …). Kaltenstein, Jens, 60 Jahre „Großen Rentenreform“ von 1957 – Rückblick auf eine systemprägende „Jahrhundert-Reform“, in: NZS 2017, S. 1–7. Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, hrsg. v. Körner, Anne/Leitherer, Stephan/Mutschler, Bernd, Band 2, Loseblatt, 107. Ergänzungslieferung (Stand 12/19), München 2019 (zitiert als KassKomm/Bearbeiter, (Stand 12/19), § … Rn. …). Kästle, Martina, Rechtsfragen der Verwendung von Covenants in Kreditverträgen, Berlin 2003. Kesseler, Christian, Rückgewähransprüche an Grundschulden in der Insolvenz, in: NJW 2012, S. 577–581. Kirchhof, Gregor/Kulosa, Egmont/Ratschow, Eckart (Hrsg.), Beck’scher Onlinekommentar zum EStG, 05 Ed. 01.11.2019, München 2019 (zitiert als BeckOK-EStG/ Bearbeiter, Stand, § … Rn. …). Klein, Linda S./Sirmans, C. F., Reverse Mortgages and Prepayment Risk, in: Journal of the American Real Estate and Urban Economics Association 1994, S. 490–431. Klitzing, Christoph von/Seiffert, Marc, Der neue Beratungsprozess für ImmobiliarVerbraucherdarlehen – Neue (Un)klarheiten aus Brüssel und Berlin, in: WM 2016, S. 774–780. Köndgen, Johannes, Gewährung und Abwicklung grundpfandrechtlich gesicherter Kredite, 3. Auflage, Köln 1994. Köndgen, Johannes, Financial Covenants – „Symbiotische“ Finanzierungsverträge im Spannungsfeld von Vertrags-, Gesellschafts- und Insolvenzrecht, in: Prütting, Hanns (Hrsg.), Insolvenzrecht 1996, Köln 1997. Köndgen, Johannes, Die Entwicklung des Bankkreditrechts in den Jahren 1995–1999, in: NJW 2000, S. 468–482. Krauß, Hans-Frieder, Immobilienkaufvertrag – Aktuelle Entwicklungen, in: notar 2017, S. 312–321. Krauß, Hans-Frieder, Die „Versilberung des Betongoldes“ oder „Eat your brick“, in: ErbR 2017, S. 530–538. Kreikebohm, Ralf (Hrsg.), Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI – Kommentar, 5. Auflage, München 2017 (zitiert als Kreikebohm/Bearbeiter, § … Rn. …). Kroll-Ludwigs, Kathrin, Die Zukunft des verbraucherschützenden Widerrufsrechts in Europa, in: ZEuP 2010, S. 509–535. Krüger, Ulrich, Die Hausbank zwischen Finanzierungs- und Unternehmensberatung, in: ZBB 2000, S. 383–390. Kulms, Rainer, Altersvorsorge durch Immobilienverzehr – Zur Übertragbarkeit der reverse mortgage vom US-amerikanischen auf das deutsche Recht, in: ZfIR 2002. S. 614–622.

460 Literaturverzeichnis Kümpel, Siegfried/Mülbert, Peter O./Früh, Andreas/Seyfried, Thorsten (Hrsg.), Bankund Kapitalmarktrecht, 5. Auflage, Köln 2019 (zitiert als Kümpel/Mülbert/Früh/ Seyfried/Bearbeiter, Kapitel … Rn. …). Lampe, Donald/Richardson, Ryan, The Consumer Financial Protection Bureau At Five: A Survey Of The Bureau’s Activities, in: 21 N. C. Banking Inst. (2017), S. 85–130. Lang, Gunnar, Reverse Mortgage als Alterssicherungsinstrument in Deutschland, Baden-Baden 2008. Langenbucher, Katja/Bliesener, Dirk/Spindler, Gerald (Hrsg.), Bankrechts-Kommentar, 2. Auflage, München 2016 (zitiert als Langenbucher/Bliesener/Spindler/Bearbeiter, Bankrechts-Kommentar, Kap… § … Rn. …). Larenz, Karl, Lehrbuch des Schuldrechts, Erster Band: Allgemeiner Teil, 14. Auflage, München 1987 (zitiert als Larenz, Schuldrecht AT, § … S. …). Larenz, Karl, Lehrbuch des Schuldrechts, Zweiter Band, Halbband 1: Besonderer Teil, 13.  Auflage, München 1986 (zitiert als Larenz, Schuldrecht Band II HalbB. 1). Latona, Dan, Reversing Course: Strengthening Consumer Protections For Reverse Mortgages, in: 23 Elder L. J. 2016, S. 417–452. Leis, Patrick, Reverse Mortgage – Ein innovatives Rentenprodukt für Deutschland?, Düsseldorf 2008 (Diss.), abrufbar unter https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/ DerivateServlet/Derivate-9372/Dissertation_Final.pdf, zuletzt abgerufen am 28.02. 2020 (zitiert als Leis, Reverse Mortgage, S. …). Leonhard, Franz, Besonderes Schuldrecht des BGB, Zweiter Band, Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft, Zehnte Abteilung, Zweiter Teil, München und Leipzig 1931 (zitiert als Leonhard, Besonderes Schuldrecht des BGB). Lieb, Manfred, Schutzbedürftigkeit oder Eigenverantwortlichkeit?, in: DNotZ 1989, S. 274–297. Loonin, Deanne/Renuart, Elizabeth, The Life And Debt Cycle: The Growing Debt Burdens Of Older Consumers And Related Policy Recommendations, in: 44 Harv. J. on Legis. (2007), S. 167–203. Lwowski, Hans-Jürgen/Fischer, Gero/Langenbucher, Katja (Hrsg.), Das Recht der Kreditsicherung, 10. Auflage, Berlin 2018 (zitiert als Lwowski/Fischer/Langenbucher/Bearbeiter, Kreditsicherung, § … Rn. …). Maier, Andreas, Home Reversion und Reverse Mortgage: Ein Beitrag zur Erklärung der Nachfrage nach Immobilienverzehrprodukten in Deutschland, Göttingen 2010 (zitiert als Maier, Home Reversion und Reverse Mortgage). Maier, Arne, Kenntnis der finanzierenden Bank von einem groben Missverhältnis zwischen Kaufpreis und Verkehrswert (zugleich Anmerkung zu BGH, Urt. vom 18.10.2016, Az.: XI ZR 145/14), in: VuR 2017, S. 142–149. Mancini, Sarah/Cohen, Alys, Surviving The Borrower: Assumption, Modification, And Access To Mortgage Information After a Death Or Divorce, in: 43 Pepp. L. Rev. (2016), S. 345–413.

Literaturverzeichnis461 Mancini, Sarah/Williamson, Odette, Reversing Course: Stemming The Tide Of Reverse Mortgage Foreclosures Through Effective Servicing And Loss Mitigation, in: 26 Elder L. J. (2018), S. 85–130. Medicus, Dieter, Abschied von der Privatautonomie im Schuldrecht? – Erscheinungsformen, Gefahren, Abhilfen, Köln 1994 (zitiert als Medicus, Abschied von der Privatautonomie im Schuldrecht?). Meier, Patrick, Zur Abgrenzung zwischen Dauerschuldverhältnis und Ratenvertrag, in: ZfPW 2016, S. 233–256. Meincke, Eberhard/Hingst, Kai-Michael, Der Kreditbegriff im deutschen Recht de lege lata und de lege ferenda, in: WM 2011, S. 633–640. Mesch, Maria, Die Gestaltung von Kündigungsklauseln in Vertragshändlerverträgen, in: ZVertriebsR 2015, S. 8–14. Metz, Matthias, Reverse Mortgage – Zukunftsmarkt für die Bausparkassen?, in: Immobilien & Finanzierung 2010, S. 388–389. Metz, Rainer, Erläuterungspflichten bei Verbraucherkrediten, in: NJW 2012, S. 1990– 1995. Miceli, Thomas J./Sirmans, C. F., Reverse Mortgages and Borrower Maintenance Risk, in: Journal of the American Real Estate and Urban Economics Association (1994), S. 433–450. Mitchell, Olivia S./Piggott, John, Unlocking Housing Equity in Japan, abrufbar unter http://www.nber.org/papers/w10340.pdf, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als Mitchell/Piggott, Unlocking Housing Equity in Japan, S. …). Modigliani, Franco/Ando, Albert, The ‚Life Cycle‘ Hypothesis of Saving: Aggregate Implications and Tests, in: The Collected Papers Of Franco Modigliani Volume 2, Cambridge u. a. 1980, S. 275–304. Modigliani, Franco/Brumberg, Richard, Utility Analysis and the Consumption Function: An Interpretation of Cross-Section Data, in: Post-Keynesian Economics, 2. Auflage, 1962 London, S. 388–436. Modigliani, Franco/Brumberg, Richard, Utility Analysis and Aggregate Consumption Functions: An Attempt at Integration, in: The Collected Papers Of Franco Modi­ gliani Volume 2, Cambridge u. a. 1980, S. 128–197. Möller, Mirko, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, in: EWiR § 89a HGB 1/11, S. 219–220. Mugdan, Benno, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Band 2: Recht der Schuldverhältnisse, Berlin 1899 (zitiert als Mugdan, Materialien, Band 2, S. …). Mülbert, Peter, Das verzinsliche Darlehen, in: AcP 192 (1992), S. 447–515. Mülbert, Peter, Die Auswirkungen der Schuldrechtsmodernisierung im Recht des „bürgerlichen“ Darlehensvertrags, in: WM 2002, S. 465–476. Müller, Reinhold, Vorsorge – Das Problem mit der „Rente aus Stein“, in: VW 2010, S. 924.

462 Literaturverzeichnis Müller-Feldhammer, Ralf, Einwendungen und Aufrechnung beim Treuhandauftrag, in: JZ 2009, S. 136–141. Münchener Anwalts Handbuch Bank- und Kapitalmarktrecht, hrsg. v. Fandrich, An­ dreas/Karper, Ines, 2. Auflage, München 2018 (zitiert als MAH BankR/Bearbeiter, § … Rn. …). Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. v. Säcker, Franz J./Rix­ ecker, Roland/Oetker, Hartmut/Limperg, Bettina, Band 1: Allgemeiner Teil: §§ 1–240, ProstG, AGG, 7. Auflage, München 2015; Band 1: Allgemeiner Teil: §§ 1–240, AllgPersönlR, ProstG, AGG, 8. Auflage, München 2018; Band 2: Schuldrecht – Allgemeiner Teil: §§ 241–432, 5. Auflage, München 2007; Band 2: Schuldrecht – Allgemeiner Teil I: §§ 241–310, 8. Auflage, München 2019; Band 3: Schuldrecht – Allgemeiner Teil II: §§ 311–432, 8. Auflage, München 2019; Band 4: Schuldrecht – Besonderer Teil I: §§ 433–534, Finanzierungsleasing, CISG, 8. Auflage, München 2019; Band 5: Schuldrecht – Besonderer Teil II, §§ 535–630h, BetriebsKV, HeizkostenV, WärmeLV, EFZG, TzBfG, KSchG, MiLoG, 8. Auflage, München 2020; Band 6: Schuldrecht – Besonderer Teil III, §§ 631–704, 8. Auflage, München 2020; Band 6: Schuldrecht – Besonderer Teil IV: §§ 705–853, Partnerschaftsgesellschaftsgesetz, Produkthaftungsgesetz, 7. Auflage, 2017; Band 8: Sachenrecht: §§ 854–1296, WEG, ErbbauRG, 8. Auflage, München 2020; Band 9: Familienrecht I: §§ 1297–1588, Versorgungsausgleichsgesetz, Gewaltschutzgesetz, Lebenspartnerschaftsgesetz, 8. Auflage, München 2019; Band 11: Erbrecht: §§ 1922–2385, §§ 27–35 BeurkG, 8. Auflage, München 2020; Band 11 Internationales Privatrecht I: Europäisches Kollisionsrecht, Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (Art. 1–26), 7. Auflage, München 2018; Band 12: Internationales Privatrecht II, Internationales Wirtschaftsrecht, Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (Art. 50–253), 7. Auflage, München 2018 (zitiert als MünchKommBGB/Bearbeiter, § … Rn. …). Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, hrsg. v. Schmidt, Karsten, Band 1: Erstes Buch: Handelsstand, §§ 1–104a HGB, 4. Auflage, München 2016, Band 6: Bankvertragsrecht, Recht des Zahlungsverkehrs, Emissionsgeschäft, Anlageberatung, Effektengeschäft, Depotgeschäft, Ottawa Übereinkommen über Internationales Factoring, 4. Auflage, München 2019 (zitiert als MünchKommHGB/Bearbeiter, § … Rn. …). Münchener Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, hrsg. v. Langheid, Theo/ Wandt, Manfred, Band 1: §§ 1–99 VVG, 2. Auflage, München 2016; Band 2: §§ 100–216 VVG, 2. Auflage, München 2016 (zitiert als MünchKommVVG/Bearbeiter, § … Rn. …). Musielak, Hans-Joachim, Parteivereinbarungen in der Zwangsvollstreckung, in: Meller-Hannich, Caroline/Haertlein, Lutz/Gaul, Friedhelm/Becker-Eberhard, Ekkehard (Hrsg.), Rechtslage – Rechtserkenntnis, Rechtsdurchsetzung – Festschrift für Eberhard Schilken zum 70. Geburtstag, München 2015, S. 749–762 (zitiert als Musielak, FS Schilken). Nelson, Annie, Reverse Mortgages: Changes Brought About By The Housing And Economic Recovery Act, in: 13 N. C. Banking Inst. (2009), S. 337–363. Nelson, Caleb, Preemption, in: 86 Va. L. Rev. (2000), S. 225–305.

Literaturverzeichnis463 Nelson, Grant S./Whitman, Dale A./Burkhart, Ann M./Freyermuth, R. Wilson, Real Estate Finance Law, 6. Auflage, St. Paul 2015. Nietsch, Michael, Grundschulderwerb nach dem Risikobegrenzungsgesetz – Der Ausschluss des gutgläubigen einredefreien Erwerbs nach § 1192 Ia BGB, in: NJW 2009, S. 3606–3610. Nomos Kommentar zum BGB, hrsg. v. Dauner-Lieb, Barbara/Langen, Werner, Band 2/1 Schuldrecht: §§ 241–610, 3. Auflage, Baden-Baden 2016 (zitiert als NKBGB/Bearbeiter, § Rn. …). Omlor, Sebastian, Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie und ihre Umsetzung in Deutschland, in: ZIP 2017, S. 112–119. Omlor, Sebastian, Neuregelung der Finanzierung von Wohnimmobilien, in NJW 2017, S. 1633–1639. Omlor, Sebastian, Aktuelles Gesetzgebungsvorhaben: Änderung der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie, in: JuS 2017, S. 397–399. Omlor, Sebastian, Verbraucherschutz bei Fremdwährungskrediten – Zugleich Besprechung von EuGH, Urt. v. 20.09.2017 – C-186/16 (Andricuiuc/Banca Românească), in: BKR 2018, S. 195–200. Omlor, Sebastian, Leitlinien für die Kreditwürdigkeitsprüfung bei Immobiliar-Verbraucherdarlehen, in: NJW 2018, S. 2445–2449. Ornstein, Stephen/Yoon, Matthew, Home Equity Conversion Mortgages, in: 61 Consumer Fin. L. Q. Rep. (2007), S. 135–142. O. V., Eintrag „wohnen“ im Duden Online, abrufbar unter https://www.duden.de/ rechtschreibung/wohnen, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als O. V., Eintrag „wohnen“ (Herkunft) – Duden Online). O. V., Kurz & Bündig, in: VW 2017, S. 7. O. V., Focus Online vom 15.11.2017: Verbraucherschützer warnen Finger weg von Umkehrhypotheken: Geben Sie ihr abbezahltes Haus bloß nicht her!, abrufbar unter https://www.focus.de/immobilien/finanzieren/verbraucherschuetzer-warnenfinger-weg-von-umkehrhypotheken-geben-sie-ihr-abbezahltes-haus-bloss-nichther_id_7851687.html, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als O. V., Focus Online vom 15.11.2017: Verbraucherschützer warnen Finger weg von Umkehr­ hypotheken: Geben Sie ihr abbezahltes Haus bloß nicht her!). Palandt, Otto (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch: BGB, 79. Auflage, München 2020 (zitiert als Palandt/Bearbeiter, § … Rn. …). Paz García, Norma/Cole, Prescott/Reeves, Shawna, Examining Faulty Foundations in Today’s Reverse Mortgages, abrufbar unter https://advocacy.consumerreports.org/ wp-content/uploads/2013/02/reverse-mortgage-report-2010.pdf, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als Paz García/Cole/Reeves, Reverse Mortgages, S. …). Pepe, Stephen, The Home Equity Conversion Mortgage As A Long-Term Care Insurance Alternative For Financing in-Home Care, in: 14 NAELA J. (2018), S. 41–58. Peters, Egbert, Rezension zu Scherf, Vollstreckungsverträge, in: AcP 172 (1972), S. 561–564.

464 Literaturverzeichnis Philipp, Markus, Zulässigkeit und Durchsetzbarkeit von Parteivereinbarungen in der Zwangsvollstreckung, in: RPfleger 2014, S. 456–467. Phillips, William A./Gwin, Stephen B., Reverse Mortgages, in: 44 Transactions Of Society Of Actuaries 44 (1992), S. 289–323. Piekenbrock, Andreas, Die geplante Umsetzung der Wohnimmobilienkreditvertragsrichtlinie, in: GPR 2015, S. 26–35. Planck, Gottlieb, Bürgerliches Gesetzbuch, Zweiter Band: Recht der Schuldverhältnisse, 3. Auflage, Berlin 1907 (zitiert als Planck/Bearbeiter). Pötzsch, Olga/Rößger, Felix, Bevölkerung Deutschlands bis 2060 – 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, abrufbar unter https://www.destatis.de/GPStatis tik/servlets/MCRFileNodeServlet/DEMonografie_derivate_00001444/Bevoelke rung2060(13).pdf;jsessionid=A5121B19338FF6AFCB614AAE221BD948, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als Pötzsch/Rößger, Bevölkerung Deutschlands bis 2060 – 13. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, S. …). Protzen, Daniel, Keine Ausschlussfristen für das „ewige“ Widerrufsrecht, in: NJW 2016, S. 3479–3484. Prütting, Hanns/Wegen, Gerhard/Weinreich, Gerd (Hrsg.), BGB Kommentar, 14. Auflage, Köln 2019 (zitiert als PWW/Bearbeiter, § … Rn. …). Raatz, Johann Georg, Vollstreckungsverträge, Berlin 1935. Rank, Alisa/Schmidt-Kessel, Martin, Mortgage Credit in Germany, in: EuCML 2017, S. 176–179. Rave, Klaus, Immobilieneigentum als Option zur Erhöhung des Alterseinkommens, in: Immobilien & Finanzierung 2010, S. 384–385. Redfoot, Donald/Scholen, Ken/Brown, Kathi, Reverse Mortgages: Niche Product or Mainstream Solution? Report On The 2006 AARP National Survey Of Reverse Mortgage Shoppers, abrufbar unter https://assets.aarp.org/rgcenter/consume/ 2007_22_revmortgage.pdf, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als Redfoot/ Scholen/Brown, Reverse Mortgages, S…). Reichel, Hans, Gewillkürte Haftungsbeschränkung, in: Festschrift für Georg Cohn zu seinem siebenzigsten Geburtstag, Zürich 1915, S. 205–239 (zitiert Reichel, FS Cohn). Reichsgerichtsrätekommentar, hrsg. v. Mitgliedern des Bundesgerichtshofs, Band II, 2. Teil: §§ 414–610 (Anhang nach § 455: Abzahlungsgesetz), 12. Auflage, Berlin u. a. 1978 (zitiert als RGRK/Bearbeiter). Reifner, Udo/Clerc-Renaud, Sebastian/Pérez-Carrillo, Elena/Tiffe, Achim, Study on Equity Release Schemes in the EU – Part I und Part II, Norderstedt 2010. Reifner, Udo/Feldhusen, Claire, Handbuch Kreditrecht – Verbraucherdarlehen einschließlich Immobiliardarlehen, 2. Auflage, München 2019 (zitiert als Reifner/ Feldhusen/Bearbeiter, Handbuch Kreditrecht, § … Rn. …). Reifner, Udo/Pfau, Juliane, Umgekehrter Hypothekenkredit – Reverse Mortgage (Die Nutzung des selbstgenutzten Wohneigentums zur privaten Altersvorsorge durch ein „Reverse Mortgage“) in: Reifner, Udo/Tiffe, Achim (Hrsg.), Innovative Finanz­dienstleistungen, Baden-Baden 2007.

Literaturverzeichnis465 Reilly, Jean, Reverse Mortgages: Backing Into The Future, in: 5. Elder L. J. (1997), S. 17–74. Reinicke, Dietrich/Tiedtke, Klaus, Kreditsicherung durch Schuldbeitritt, Bürgschaft, Patronatserklärung, Garantie, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung, Eigentumsvorbehalt, Pool-Vereinbarungen, Pfandrecht an beweglichen Sachen und Rechten, Hypothek und Grundschuld, 5. Auflage, Neuwied 2006 (zitiert als Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. …). Renner, Moritz/Leidinger, Andreas, Zur AGB-Kontrolle standardisierter Unternehmenskreditverträge, in: BKR 2015, S. 499–505. Renner, Moritz/Schmidt, Daniela, Kollektiver Gläubigerschutz bei Covenants, in: ZHR 180 (2016), S. 522–551. Repgen, Tilman, Kein Abschied von der Privatautonomie – Die Funktion zwingenden Rechts in der Verbrauchergüterkaufrichtlinie, Paderborn u. a. 2001. Richrath, Jochen, Aufklärungs- und Beratungspflichten – Grundlagen und Grenzen, in: WM 2004, S. 653–661. Richter, Jens, Die US-amerikanische Reverse Mortgage – Zur Übertragbarkeit der umgekehrten Hypothek ins deutsche Recht, in: HanseLR 2010, S. 39–50. Riesenhuber, Karl, EuGH: Kontrollfreiheit des Hauptgegenstandes des Vertrags, in: LMK 2014, 358903. Rimmelspacher, Bruno, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 25.10.2002 – V ZR 253/01, in: WuB I F 3, S. 5.03. Rittner, Fritz, Handelsrecht und Zugewinngemeinschaft (I): Die Bedeutung des § 1365 BGB im Handelsrecht, in: FamRZ 1961, S. 1–17. Rittner, Fritz, Der privatautonome Vertrag als rechtliche Regelung des Soziallebens, in: JZ 2011, S. 269–274. Robertson, René, „But It’s My House Too“: HUD’S Failure To Include Statutorily Required Protections For Non-Borrwoing Spouses In Reverse Mortgage Regulations, in: 27 Quinnipiac Prob. L. J. (2013), S. 94–113. Roquette, Hermann, Vollstreckungsverträge, in: ZZP 49 (1925), S. 160–176. Rosenblum, Bernd/Kaiser, Dennis, Kreditvergabe von Banken: Ist ein verstärkter Verbraucherschutz analog zur Anlageberatung sinnvoll?, in: BB 2014, S. 585–590. Rosengart, Anja, Tausche Haus gegen Rente, in: Die Zeit v. 27.10.2005, Beilage Geld Spezial, S. 46. Rosenkranz, Frank, Das Umsetzungsgesetz zur Wohnimmobilienkreditrichtlinie und die verbundenen Verträge, in: NJW 2016, S. 1473–1477. Rott, Peter, Die neue Immobiliarkredit-Richtlinie 2014/17/EU und ihre Auswirkungen auf das deutsche Recht, in: BKR 2015, S. 8–14. Ruland, Franz, Plädoyer für eine nachhaltige Rentenpolitik auch über 2030 hinaus, in: NZS 2016, S. 721–729. Samhat, Abbas, Der Grundschuldsicherungsvertrag – Teil II, in: WM 2019, S. 849– 856.

466 Literaturverzeichnis Sawyer, Carolyn, Reverse Mortgages: An Innovative Tool For Elder Law Attorneys, in: 26 Stetson L. Rev. (1996), S. 617–646. Schäfer, Frank, Wohnimmobilienkreditrichtlinie – Geschichte und Umsetzung im Verbraucherdarlehensrecht, in: VuR 2014, S. 207–216. Scherf, Dieter, Vollstreckungsverträge, Köln u. a. 1971. Schiedermair, Gerhard, Vereinbarungen im Zivilprozess, Bonn 1935. Schieke, Wendy Little, The Advisability Of Reverse Mortgage To Pay For Care Needs, in: 47 Md. B.J. (2014), S. 26–33. Schimansky, Herbert/Bunte, Hermann-Josef/Lwowski, Hans-Jürgen (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, Band 1, 5. Auflage, München 2017 (zitiert als Schimansky/ Bunte/Lwowski BankR-HdB/Bearbeiter, § … Rn. …). Schmudde, David, A Practical Guide To Mortgages And Liens, U.S.A 2004. Schnabl, Daniel, Die US-amerikanische reverse mortgage („umgekehrte Hypothek“): Ein Alterssicherungsmodell für Deutschland?, in: NZM 2007, S. 714–719. Schnauder, Franz, Sorgfalts- und Aufklärungspflichten im Kreditgeschäft, in: JZ 2007, S. 1009–1020. Schnauder, Franz, Der Kreditvertrag im Wandel der Zeit – Vom „bürgerlichen“ Darlehensvertrag zum Verbraucherkreditvertrag, in: WM 2014, S. 783–791. Schneider, Mike, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages – Eine kritische Analyse am Beispiel des US-amerikanischen Home Euqity Conversion Mortgage (HECM)-Modells, Duisburg u. a. 2009 (zitiert als: Schneider, Kalkulation von Lifetime bzw. Reverse Mortgages). Schoen, Gerd-Dieter, Der Krediteröffnungsvertrag als schuldrechtliche Rahmenverpflichtung, Erlangen 1965 (Diss.). Schug, Christel, Zur Dogmatik des vollstreckungsrechtlichen Vertrages, Bonn 1969 (Diss.). Schulz, Wolfgang, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 23.06.1995 – V ZR 265/93, in: JR 1996, S. 245–247. Schulze, Reiner, Bürgerliches Gesetzbuch Handkommentar, 10. Auflage, Baden-Baden 2019 (zitiert als HK-BGB/Bearbeiter). Schulze, Reiner/Grziwotz, Herbert/Lauda, Rudolf (Hrsg.), Bürgerliches Gesetzbuch – Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 4.  Auflage, Baden-Baden 2020 (zitiert als Schulze/Grziwotz/Lauda/Bearbeiter, § … Rn. …). Schürnbrand, Jan, Die Richtlinie über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher, in: ZBB 2014, S. 168–178. Schürnbrand, Jan, Verbraucherschutz bei unentgeltlichen Finanzierungen, in: WM 2016, S. 1105–1110. Schwerdtner, Peter, Das Recht zur außerordentlichen Kündigung als Gegenstand rechtsgeschäftlicher Vereinbarungen im Rahmen des Handelsvertreterrechts, in: DB 1989, S. 1757–1759.

Literaturverzeichnis467 Schwerin, Claudius v., Schuld und Haftung im geltenden Recht, München und Berlin 1911. Schwintowski, Hans-Peter (Hrsg.), Bankrecht, 5. Auflage, Köln 2018 (zitiert als Schwintowski/Bearbeiter, BankR, Kap. … Rn. …). Seckelmann, Robert, ‚Zins‘ und ‚Zinssatz‘ im Sinne der Sache – Eine Rückbesinnung aufgrund von BGH-Urteilen und EU-Richtlinien, in: BB 1998, S. 57–69. Serick, Rolf, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung – Band II: Die einfache Sicherungsübertragung – Erster Teil, 2. Auflage, Heidelberg 1986 (zitiert als Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II, S …). Serick, Rolf, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung – Band III: Die einfache Sicherungsübertragung – Zweiter Teil, Heidelberg 1970 (zitiert als Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung III, S …). Serick, Rolf, Die Verwertung von Sicherungseigentum, in: BB 1970, S. 541–552. Serick, Rolf, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung – Neue Rechtsentwicklungen, 2. Auflage, Heidelberg 1993 (zitiert als Serick, Neue Rechtsentwicklungen, S. …). Servatius, Wolfgang, Gläubigereinfluss durch Covenants – Hybride Finanzierungsinstrumente im Spannungsfeld von Fremd- und Eigenfinanzierung, Tübingen 2008 (zitiert als Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants). Shiller, Robert J./Weiss, Allan N., Moral Hazard in Home Equity Conversion, in: Real Estate Economics 2000, S. 1–31. Shimeall, Kent M., Boon Or Bust: Home Equity Conversion, in: 4 Del. Law. (1985), S. 48–51. Siedenbiedel, Christian, Nicht weniger Baukredite – aber große Rechtsunsicherheit, in: F.A.Z. v. 30.12.2016, S. 31. Spiegl, Katarina, Die vertraglich begründete Leibrente – Untersuchung zum deutschen im Vergleich zum französischen und österreichischen Recht, Passau 2014 (Diss.), abrufbar unter https://opus4.kobv.de/opus4-uni-passau/frontdoor/index/index/docId/206 (unter Volltext Dateien herunterladen), zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als Spiegl, Die vertraglich begründete Leibrente, S…). Stamenković, Vladimier/Michel, Roman-Raphael, Die geplante Neuregelung zum Inhalt und zur Durchsetzung der Kreditwürdigkeitsprüfung im deutschen Recht, in: VuR 2016, S. 132–141. Stark, Debra Pogrund/Choplin, Jessica/Mikels, Joseph/McDonnell, Amber Schonbrun, Complex Decision-Making And Cognitive Aging Call For Enhanced Protection Of Seniors Contemplating Reverse Mortgages, in: 46 Ariz. St. L. J. (2014), S. 299–364. Stauder, Bernd, Der bankgeschäftliche Krediteröffnungsvertrag, Bielefeld 1968. Staudinger, Julius v. (Begr.), Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Buch 1: Allgemeiner Teil Einleitung zum BGB, §§ 1–14 VerschG, Neubearbeitung 2018; Allgemeiner Teil, §§ 90–124, §§ 130– 133 (Sachen und Tiere, Geschäftsfähigkeit, Willenserklärung), Neubearbeitung 2017; §§ 134–138, ProstG (Allgemeiner Teil 4a – Gesetzliches Verbot und Sitten-

468 Literaturverzeichnis widrigkeit), Neubearbeitung 2017; Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse, §§ 241– 243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 1995; §§ 241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2015; Vorbem zu §§ 244–248; §§ 244–248; PrKG (Geldrecht), Neubearbeitung 2016; §§ 305–310, UKlaG (AGB-Recht 1 und Unterlassungsklagengesetz), Neubearbeitung 2019; §§ 311b, 311c (Grundstücksverträge), Neubearbeitung 2018; §§ 488–490; 607–610 (Darlehensrecht), Neubearbeitung 2015; §§ 491–512 (Verbraucherdarlehen), Neubearbeitung 2012; §§ 516–534 (Schenkungsrecht), Neubearbeitung 2013; §§ 652–656 (Maklervertrag), Neubearbeitung 2016; §§  741–764 (Gemeinschaft, Leibrente, Spiel), Neubearbeitung 2015; Buch 3: Sachenrecht, ErbbauRG, §§ 1018–1112 (Erbbaurechtsgesetz, Dienstbarkeiten, Vorkaufsrecht, Reallasten), Neubearbeitung 2017; §§ 1113–1203, Neubearbeitung 2015; Einleitung zum WEG, §§ 1–19 WEG (Wohnungseigentumsgesetz 1); Neubearbeitung 2018 Buch 4: Familienrecht, §§ 1363–1407 (Eheliches Güterrecht 1 – Gesetzliches Güterrecht), Neubearbeitung 2017; §§ 1408–1563 (Eheliches Güterrecht  2 – Vertragliches Güterrecht), Neubearbeitung 2018; Buch 5: Erbrecht, Einleitung zum Erbrecht, §§ 1922–1966 (Erbfolge), Neubearbeitung 2017; §§ 2265–2302 (Gemeinschaftliches Testament, Erbvertrag), Neubearbeitung 2019; §§ 2303–2345 (Pflichtteil, Erbunwürdigkeit), Neubearbeitung 2015, Berlin (zitiert als Staudinger/Bearbeiter, Bearbeitungsjahr, § … Rn. …). Stork, Phillip, Immobilienverzehrpläne – Eine neue Form der kapitalgedeckten Altersvorsorge, Darmstadt 2007 (zitiert als Stork, Immobilienverzehrpläne). Stucki, Barbara R., Use Your Home to Stay at Home – Expanding the Use of Reverse Mortgages for Long-Term Care: A blueprint for Action, abrufbar unter https:// www.cms.gov/Research-Statistics-Data-and-Systems/Statistics-Trends-and-Re ports/Reports/downloads/stucki_2005_4.pdf, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als Stucki, Use Your Home to Stay at Home, S. …). Tamm, Marina/Tonner, Klaus/Brönneke, Tobias (Hrsg.), Verbraucherrecht – Recht­ liches Umfeld, Vertragstypen, Rechtsdurchsetzung, 3. Auflage, Baden-Baden 2020 (zitiert als Tamm/Tonner/Brönneke/Bearbeiter, § … Rn. …). The American Law Institute, Restatement (First) of Property (1936), abgerufen über Westlaw, Updatestand: Oktober 2019 (zitiert als Restatement (First) of Property § … (Am. Law. Inst. 1936)). The American Law Institute, Restatement (Third) of Property (Mortgages) (1997), abgerufen über Westlaw, Updatestand: Oktober 2019, (zitiert als Restatement (Third) of Property (Mortgages) § … (Am. Law. Inst. 1997)). Tiedau, Erwin, Zur Problematik des § 1365 BGB unter besonderer Berücksichtigung des Gesellschaftsrecht, in: MDR 1961, S. 721–727. Tiedtke, Klaus, Verfallabrede ohne Bestellung eines (Grund-)Pfandrechts – Eine Besprechung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 23. Juni 1995, ZIP 1995, 1322 in: ZIP 1996, S. 57–61. Tiffe, Achim, Reverse Mortgage – Marktchancen, Kundenwünsche und Gestaltung, in: Immobilien & Finanzierung 2007, S. 586–590. Tuhr, Andreas v., Der allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Erster Teil, Erster Band: Allgemeine Lehren und Personenrecht, Leipzig 1910 (zitiert als v. Tuhr, Allgemeiner Teil des BGB I, S. …).

Literaturverzeichnis469 Twomey, Tara, Crossing Paths: The Intersection Of Reverse Mortgages And Bankrupty, in: 89 Am. Bankr. L. J. (2015), S. 363–395. Twomey, Tara/Jurgens, Rick, Subprime Revisited: How Reverse Mortgage Lenders Put Older Homeowners’ Equity at Risk, abrufbar unter https://www.nclc.org/im ages/pdf/foreclosure_mortgage/predatory_mortgage_lending/reverse-mortgagesreport1009.pdf, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als Twomey/Jurgens, Subprime Revisited, S. …). U.S. Department of Housing and Urban Development, Home Equity Conversion Mortgages for Seniors, abrufbar unter https://portal.hud.gov/hudportal/HUD?src=/ program_offices/housing/sfh/hecm/hecmhome, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als HUD, Home Equity Conversion Mortages for Seniors). U.S. Department of Housing and Urban Development, Home Equity Conversion Mortgages Handbook 4235.1 REV-1 (Stand 11/94), abrufbar unter https://www. hud.gov/program_offices/administration/hudclips/handbooks/hsgh/4235.1 (downloadbar als word oder pdf), zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als HUD, HECM Handbook 4235.1 REV-1 (Stand 11/94), Kapitel). U.S. Department of Housing and Urban Development, Housing Counseling Handbook 7610.1 REV-5 (Stand 05/2010), abrufbar unter https://www.hudexchange. info/resources/documents/Housing-Counseling-Handbook.pdf, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als HUD, Housing Counseling Handbook 7610.1 REV-5 (Stand 05/2010), Kapitel … S. …). U.S. Department of Housing and Urban Development, Mortgagee Letter 2010-37, abrufbar unter https://www.hud.gov/sites/documents/10-37ML.PDF, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als HUD, Mortgagee Letter 2010-37, S. …). U.S. Department of Housing and Urban Development, Mortgagee Letter 2013-27, abrufbar unter https://www.hud.gov/sites/documents/ML13-27.PDF, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als HUD, Mortgagee Letter 2013-37, S. …). U.S. Department of Housing and Urban Development, Mortgagee Letter 2014-07, abrufbar unter https://www.hud.gov/sites/documents/14-07ML.PDF, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als HUD, Mortgagee Letter 2014-07, S. …). U.S. Department of Housing and Urban Development, Mortgagee Letter 2015-15, abrufbar unter https://www.hud.gov/sites/documents/15-15ML.PDF, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als HUD, Mortgagee Letter 2015-15, S. …). U.S. Department of Housing and Urban Development, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide – Revised July 13, 2016, abrufbar unter https://www. hud.gov/sites/documents/16-10ML-ATCH.PDF, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als HUD, HECM Financial Assessment And Property Charge Guide, S. …). U.S. Department of Housing and Urban Development, Single Family Mortgages Model Documents, abrufbar unter https://www.hud.gov/program_offices/housing/ sfh/model_documents, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als HUD, Single Family Mortgages Model Documents). U.S. Government Accountability Office, Reverse Mortgages – Product Complexity and Consumer Protection Issues Underscore Need for Improved Controls over

470 Literaturverzeichnis Counseling for Borrowers, abrufbar unter https://www.gao.gov/assets/300/291790. pdf, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als GAO, Reverse Mortgages, S. …). Verbraucherzentrale, Umkehrhypothek und Leibrente: Mietfrei im zuvor eigenen Haus wohnen, abrufbar unter https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/geldversicherungen/bau-und-immobilienfinanzierung/umkehrhypothek-und-leibrentemietfrei-im-zuvor-eigenen-haus-wohnen-10758, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als Verbraucherzentrale, Umkehrhypothek und Leibrente: Mietfrei im zuvor eigenen Haus wohnen). Vetter, Markus, Altersvorsorge und Immobilien – Das deutsche und amerikanische System in der kritischen Analyse, Hamburg 2014 (zitiert als Vetter, Altersvorsorge und Immobilien). VMT-Immofinanz, Umkehrhypothek: Das Prinzip ist ganz einfach, abrufbar unter https://vmt-immofinanz.de/umkehrhypothek, zuletzt abgerufen am 28.02.2020 (zitiert als VMT-Immofinanz, Umkehrhypothek: Das Prinzip ist ganz einfach). Vogler, Winfried, Die Ansprüche der Bank bei Kündigung des Darlehensvertrages wegen Zahlungsverzugs – zugleich zur Rechtsnatur des Darlehensvertrages und zur Lehre vom Dauerschuldverhältnis, Baden-Baden 1992. Vogt, Axel, Wertermittlungen im Rahmen von Reverse-Mortgage-Produkten, in: Immobilien & Finanzierung 2010, S. 386–387. Volmer, Michael, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 25.10.2002 – V ZR 253/01, in: EWiR § 1149 BGB 1/03, S. 1081–1082. Vortmann, Jürgen, Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, 12. Auflage, Köln 2019. Weber, Jörg-Andreas, Kreditsicherungsrecht, 10. Auflage, München 2018. Wehrt, Klaus, Das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie – Was ändert sich bei der Vorfälligkeitsentschädigung, in: BKR 2018, S. 221–231. Weitnauer, Wolfgang, Covenants und AGB-Kontrolle, in: ZIP 2005, S. 1443–1448. Wenzel, Jens, Rechtsfragen internationaler Konsortialkreditverträge – Deutsches und englisches Recht, München 2006 (zitiert als Wenzel, Rechtsfragen internationaler Konsortialkreditverträge). Wesierski, Brigitte, Warum braucht man in Deutschland die Umkehrhypothek?, in: Immobilien & Finanzen 2010, S. 382–383. Westermann, Harm Peter, Sonderprivatrechtliche Sozialmodelle und das allgemeine Privatrecht, in: AcP 178 (1978), S. 150–195. Wieling, Hans Josef, Sachenrecht – Band 1: Sachen, Besitz und Rechte an beweg­ lichen Sachen, 2. Auflage, Berlin u. a. 2006 (ziert als Wieling, Sachenrecht I, § … S. …). Wilhelm, Jan, Sachenrecht, 6. Auflage, Berlin u. a. 2019. Wirth, Christian, Konsequenzen des Wegfalls des § 102 VVG a. F. für den grundpfandrechtlich besicherten Kredit, in: WM 2009, S. 1731–1738.

Literaturverzeichnis471 Wittig, Arne, Financial Covenants im inländischen Kreditgeschäft, in: WM 1996, S. 1381–1391. Wittig, Arne, Representations and Warranties – Vertragliche Tatsachenbehauptungen in der anglo-amerikanischen Kreditdokumentation, in: WM 1999, S. 985–996. Wolf, Ernst, Lehrbuch des Schuldrechts – Band 1: Allgemeiner Teil, Köln u. a. 1978 (zitiert als Wolf, Schuldrecht AT, § … Rn. …). Wolfsteiner, Hans, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 25.10.2002 – V ZR 253/01, in: DNotZ 2003, S. 129–131. Zapf, Benjamin Wilhelm, Verbraucherschutz bei Abschluss von Hypothekarkreditverträgen – Unter besonderer Berücksichtigung des Richtlinienvorschlags der Europäischen Kommission für Wohnimmobilienkreditverträge vom 31.03.2011, Würzburg 2014 (zitiert als Zapf, Verbraucherschutz bei Abschluss von Hypothekarkreditverträgen, S. …). Zapf, Benjamin Wilhelm, Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie 2014/17/EU – Am Ziel einer langen Reise?, in: ZEuP 2016, 656–686. Zweigert, Konrad/Kötz Hein, Einführung in die Rechtsvergleichung auf dem Gebiete des Privatrechts, 3. Auflage, Tübingen 1996 (zitiert als Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung § …, S. …).

Sachregister Abstrakte Verkehrshypothek  265 Amerikanische Rechtsquellen –– Alternative Mortgage –– Transaction Parity Act von 1982  146 –– Code of Federal Rules  90 –– Dodd-Frank-Act  144 –– Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act  88 –– Housing and Community Development Act of 1987  89 –– Housing and Economic Recovery Act of 2008  90 –– Mortgagee letter  90 –– National Housing Act  88 –– Real Estate Settlement Procedures Act  88, 143 –– Reverse Mortgage Stabilization Act of 2013  90 –– Truth in Lending Act  88, 130 Anpassungsrisiko siehe Überschreitungsrisiko Consumer Financial –– Protection Bureau  75 Crossoverrisk siehe Überschreitungs­ risiko Darlehensmodell  51 Duale Regelungsstruktur –– Duale Regelungsstruktur  87 –– Home Equity Conversion Mortgage  87 –– Proprietary Reverse Mortgage  87 Fälligkeit –– Immobilienverzehrkreditvertrag siehe Immobilienverzehrkreditvertrag

–– Regelungsvorschlag siehe Regelungsvorschlag –– Reverse Mortgage siehe Reverse Mortgage Falsa-Demonstratio-Non-Nocet-Grundsatz  157 Federal Housing Administration  87 Federal Trade Commission  138 Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz  42, 186 Funktionale Methode  49, 74 Haftung –– Begriff der Haftung  285 –– Erlöschen der Haftungsbeschränkung  295 –– Gegenständliche Haftungsbeschränkung  288 –– Grundsatz der allgemeinen Vermögenshaftung  286, 288 –– Haftungsbeschränkung  288 –– Haftungsrechtliches Begriffsverständnis  213 –– Non-recourse-Klausel  52, 59, 106 –– Rechnerische Haftungsbeschränkung  288 –– Rechtsnatur  293 –– Reine Sachhaftung  287, 289, 294 –– Sachhaftung  286 –– Überschuldungsverzicht  52, 61 –– Umfang  294 Höchstbetragshypothek  265 Home Reversion Plan  58 Immobilienmarktrisiko siehe Überschreitungsrisiko Immobilienverzehrkreditvertrag –– Aleatorischer Charakter  278

Sachregister473 –– Auszahlungspflicht –– andere Formen der Kreditauszahlung  202 –– Pauschale Zahlung  201 –– Regelmäßige Auszahlung  201 –– Beschränkte Leitbildfunktion  234, 282 –– Bestandteile –– Darlehensvertrag  180 –– Grundschuld  266 –– Haftungsbeschränkung  213, 284 –– Fälligkeit –– Default Event  227 –– Fälligkeit  226 –– Kündigung siehe Kündigung –– Tod des Verbrauchers  226 –– Zwangsvollstreckung  323 –– Haftung  213, 285–288, 293–295 –– im Gegenzug nur –– Haftungsrechtliches Begriffsverständnis  213 –– Rückzahlungsrechtliches Begriffsverständnis  213 –– Wirtschaftliches Begriffsverständnis  215 –– Zinsrechtliches Begriffsverständnis  211 –– Instandhaltungspflicht  313 –– Kreditwürdigkeitsprüfung  354 –– Kritik an der Umsetzung  247 –– Kündigung siehe Kündigung –– Normgenese  182 –– Parteien –– Ehegatte des Verbrauchers  197 –– Kreditgeber  195 –– Kreditnehmer  196 –– Pflichten –– Auszahlungspflicht siehe Auszahlungspflicht –– Instandhaltungspflicht siehe In­ standhaltungspflicht –– Rückzahlungspflicht siehe Rück­ zahlungspflicht

–– Versicherungspflicht siehe Versicherungspflicht –– Zinszahlungspflicht siehe Zinszahlungspflicht –– Rechtsfolgen  232, 234, 235 –– Rechtsnatur  157 –– Risikostruktur –– Grundlagen  256 –– Immobilienwertrisiko  257 –– Langlebigkeitsrisiko  257 –– Rückzahlungspflicht –– Rückzahlungspflicht  166, 321 –– Übertragung des Grundeigentums erfüllungsstatt  323 –– Verkauf der Wohnimmobilie  322 –– Zwangsvollstreckung  323 –– Spekulationscharakter  278 –– Terminologie  255 –– Verbraucherschutz –– Auszahlungssperre  358 –– Beratungsvertrag –– Abgrenzung  331 –– Inhalt  337 –– Rechtsfolgen bei Verstoß  341 –– Umfang  340 –– Vertragsschluss  333, 335 –– Fälligkeit  351, 352 –– Informationspflichten  329 –– Kreditwürdigkeitsprüfungspflicht  354 –– Notarielle Beurkundung  350 –– Rücklagenbildungspflicht  358 –– Schutz der Erben  374 –– Schutz des Ehegatten –– Alleineigentum des Darlehensnehmers  362 –– Alleineigentum des Ehegatten  361 –– Fälligkeit  360 –– Gütertrennung  373 –– Miteigentum  361 –– Verfügung gem. § 1365 BGB  365, 369, 371

474 Sachregister –– Verfügung gem. § 1424 BGB  373 –– Transparenzgebot  351 –– Verbot von Kopplungsgeschäften  359 –– Vorvertragliche Aufklärungspflicht –– Besonderer Gefährdungstatbestand  349 –– Grundlagen  342 –– Interessenkollision  349 –– Überschreitung der Kreditgeberrolle  348 –– Wissensvorsprung  344, 345 –– Widerrufsrecht  350 –– Versicherungspflicht  313 –– Wirksamkeit –– AGB-Kontrolle  280–282 –– Äquivalenzstörung  269 –– Bestimmtheit  263, 264 –– Form  258, 259 –– Transparenzgebot  281 –– Übersicherung  275, 278 –– Widerrufsrecht  284 –– Wohnimmobilie –– Begriff der Wohnimmobilie  204 –– Übertragung des Grundeigentums  323 –– Untergang der Wohnimmobilie  295, 317 –– Verkauf der Wohnimmobilie  322 –– Zwangsvollstreckung  323 –– Zinszahlungspflicht  225 –– Zwangsvollstreckung  323 Informationspflichten –– de lege lata siehe Regelungsvorschlag –– Immobilienverzehrkreditvertrag siehe Immobilienverzehrkreditvertrag –– Reverse Mortgage siehe Reverse Mortgage Interessenlage –– Interessenlage des Kreditgebers –– Rückzahlung  59

–– Überschreitungsrisiko  siehe Über­ schreitungsrisiko –– Zinsen  59 –– Interessenlage des Kreditnehmers –– Affektionsinteresse  67 –– Bewohnbarkeit der Immobilie  67 –– Eigenkapitalbindung  65 –– Erbschaftsmotiv  68 –– Konsumzweck  66 –– Lebenszyklushypothese  65 Kaufvertrag, Abgrenzung  166 Kongruenzrisiko siehe Überschreitungsrisiko Kopplungsgeschäfte –– de lege lata siehe Regelungsvorschlag –– Immobilienverzehrkreditvertrag siehe Immobilienverzehrkreditvertrag –– Reverse Mortgage siehe Reverse Mortgage Kreditwürdigkeitsprüfung –– de lege lata siehe Regelungsvorschlag –– Immobilienverzehrkreditvertrag siehe Immobilienverzehrkreditvertrag –– Reverse Mortgage siehe Reverse Mortgage Kündigung –– Außerordentliche Kündigung –– Außerordentliche Kündigung des Darlehensgebers  316, 318 –– Außerordentliche Kündigung des Darlehensnehmers  169, 319 –– Gesetzliche Kündigungsgründe –– Anwendbarkeit  314–316 –– Ordentliche Kündigung –– Ordentliche Kündigung des Darlehensgebers  319 –– Ordentliche Kündigung des Darlehensnehmers  168, 319 –– Vertragliche Kündigungsgründe  298 –– Abwägungskriterien  303, 304 –– Grundlasten  313 –– Hauptwohnsitzpflicht  311 –– Instandhaltungspflicht  313

Sachregister475 –– Leerstand der Immobilie  311 –– Prüfungsmaßstab  298, 302 –– Veräußerungsverbot  307 –– Vermietungsverbot  310 –– Versicherungspflicht  313 Langlebigkeitsrisiko siehe Überschreitungsrisiko Leibrente, Abgrenzung  177 loan model  51 Makrovergleich  49 Mikrovergleich  49, 74 Mobilitätsrisiko siehe Überschreitungs­ risiko Moral-Hazard-Risiko siehe Überschreitungsrisiko Non-recourse siehe Haftung Preemption  145 Produktformen –– Fixed Repayment Reverse Mortgage  56 –– Home Income Plan  56 –– Lifetime Mortgage  54 –– Reverse Annuity Mortgage  94 –– Reverse Mortgage  54 –– Roll-Up-Reverse Mortgage  55 –– Shared Appreciation Reverse Mort­ gage  56 Regelungsvorschlag –– Inhalt –– Abschrift des Vertrages  402 –– Abschrift des Vertragesentwurfes  392 –– Anpassung des veränderlichen Sollzinssatzes  412 –– Bedenkzeit  415 –– Beratungspflicht  395 –– Einwendungsverzicht  416 –– Erläuterungspflicht  393 –– Eröffnung der §§ 491 ff. BGB  386

–– Fälligkeit –– Einrede de lege lata  422 –– Erben  427 –– Informationspflichten de lege lata  421 –– Sonderrechtsnachfolge des Ehegatten  425 –– Unbilligkeiten de lege lata  419 –– Verzugszinsen de lege lata  424 –– Form –– Mindestvertragsinhalt  399 –– Nachvertragliche Erklärungen  403 –– Notarielle Beurkundung  397 –– Rechtsfolgen  400, 401, 402 –– Schriftform  396 –– Vollmacht  402 –– Fremdwährungsdarlehen  431 –– Information bei Abtretung  417 –– Information bei Ende der Sollzinsbindung  410 –– Information bei Ende der Vertragslaufzeit  411 –– Informationspflichten  389, 392 –– Kopplungsgeschäfte –– Ausnahmen  407, 408, 409, 410 –– Funktionale Abtrennung  406 –– Kopplungsverbot –– Anwendbarkeit  405 –– Kreditwürdigkeitsprüfung –– Falschangaben  429 –– ImmoKWPLV  434 –– Maßstab  433 –– Modifizierte Anwendbarkeit  432 –– Rechtsfolgen  434 –– Sonstige Pflichten  435 –– Nachvertragliche Informationen  413, 414 –– Pflichtenübergang auf den neuen Gläubiger  412 –– Tatbestand des § 491 Abs. 3 S. 4 BGB  387

476 Sachregister –– Unanwendbare Vorschriften  396, 402, 408, 409, 412, 415, 416, 428, 429, 431 –– Veränderlicher Sollzinssatz  404 –– Vorfälligkeitsentschädigung  430 –– Vorzeitige Erfüllung  429 –– Wechsel- und Scheckverbot  417 –– Widerrufsrecht  414 –– Notwendigkeit –– Europarechtliche Aspekte  382 –– Korrektur von § 491 BGB  382 –– Wertungswidersprüche  383 –– Wirtschaftliche Aspekte  381 –– Regelungskompetenz  384 –– Systematischer Standort  384 Reverse Mortgage –– Auszahlungspflicht –– Line of credit payment option  95 –– Lump sum payment option  95 –– Modified tenure payment option  95 –– Modified term payment option  95 –– Tenure Payment Option  94 –– Term Payment Option  94 –– Bestandteile –– Ausfallversicherung  106 –– Deed of trust  101 –– Haftungsbeschränkung  106 –– Loan Agreement  92 –– Mortgage  92, 101 –– Fälligkeit –– Deferral of due and payable status  153 –– Foreclosure  105 –– Grundlagen  98 –– Hauptwohnsitzpflicht  99 –– Heilung der Fälligkeit  104 –– Kritik  125, 151 –– Tod des Kreditnehmers  99 –– Übererlös  106 –– Verkauf des Grundstücks  99 –– Haftung –– Deficiency judgement  106

–– Haftungsbeschränkung  106 –– Non-recourse-Klausel  106 –– Instandhaltungspflicht  100 –– Kostenzahlungspflicht –– Allowable charges and fees after endorsement  103 –– Fees at closing  103 –– Property Charges  93, 100 –– Repair Administration Fee  103 –– Pflichten –– Auszahlungspflicht siehe Auszahlungspflicht –– Instandhaltungspflicht  siehe Instandhaltungspflicht –– Kostenzahlungspflicht  siehe Kos­ tenzahlungspflicht –– Rückzahlungspflicht  siehe Rück­ zahlungspflicht –– Zinszahlungspflicht siehe Zinszahlungspflicht –– Rechtsfolgen –– Schadensersatz  138, 154 –– Strafrechtliche Sanktionen  138, 154 –– Strafschaden  138 –– Verwaltungsrechtliche Sanktionen  138, 154 –– Rückzahlungspflicht –– Rückzahlungspflicht  98, 104 –– Vorfälligkeitsentschädigung  100 –– Verbraucherschutz –– Aufsichtsrechtliche Vorgaben  108, 117 –– Beratungspflicht  108, 126, 149 –– Deferral of due and payable status  119 –– Informationspflichten  112, 133, 139, 148 –– Initial disbursement limit  96 –– Kopplungsgeschäfte siehe Verbot des cross-sellings –– Kreditwürdigkeitsprüfung  113, 129, 151 –– Life Expectancy set aside  97

Sachregister477 –– Obligatorischer Vertragsinhalt  135 –– Offenlegungspflicht  143 –– Principal limit set aside  96 –– Property charge set aside  97 –– Repair Set Aside  97 –– Right of rescission  136 –– Rücktrittsrecht  136, 142 –– Servicing fee set aside  98 –– Verbot des cross-sellings  117, 150 –– Zulässiger Werbeinhalt  137, 144, 150 –– Zinszahlungspflicht –– Feste Verzinsung  98 –– Variable Verzinsung  98 –– Zinszahlungspflicht  98 –– Zwangsvollstreckung –– Beginn  105 –– Deficiency judgement  106 –– Foreclosure  105 –– Non-recourse-Klausel  106 –– Verfrühte Zwangsvollstreckung  150 Risiko schwankender Immobilienpreise siehe Überschreitungsrisiko Rising balance, falling equity  76 sale model  51 Schenkung, Abgrenzung  176 Sonderkündigungsrisiko siehe Überschreitungsrisiko Störung der Geschäftsgrundlage  318 Supremacy clause  145 Transparenzgebot  281 Überschreitungsrisiko  60 –– Allgemeines Immobilienmarktrisiko  63 –– Anpassungsrisiko  62 –– Kongruenzrisiko  62 –– Langlebigkeitsrisiko  62 –– Laufzeitrisiko  61

–– Mobilitätsrisiko  62 –– Moral-Hazard-Risiko  63 –– Risiko schwankender Immobilienpreise  63 –– Sonderkündigungsrisiko  62 –– Zinsrisiko  62 Umkehrhypothek  55 United States Government Accountabil­ ity Office  75 U.S. Department of Housing and Urban Development  87 Verbraucherrisiken –– Cross-selling  84 –– Deferred annuities  85 –– Drittrisiko  86 –– Endowment effect  77 –– Gefahr der verfrühten Zwangsvollstreckung  82 –– Halo effect  80 –– Heuristics  78 –– Informationsdefizit  75 –– Opportunitätskosten  81 –– Optimism bias  77, 80 –– Positivity effect  78 –– Predatory lending  84 –– Take the best-Effekt  78 –– Temporal discounting effect  77 Verbraucherschutz –– de lege lata siehe Regelungsvorschlag –– Immobilienverzehrkreditvertrag siehe Immobilienverzehrkreditvertrag –– Reverse Mortgage siehe Reverse Mortgage Verkaufsmodell  51, 56 Versicherungsvertrag, Abgrenzung  178 Wohnimmobilienkreditrichtlinie  40, 182 Zinsrisiko siehe Überschreitungsrisiko