Die Völkerrechtssubjektivität internationaler nichtstaatlicher Organisationen [1 ed.] 9783428496488, 9783428096480

Die vorliegende Dissertation widmet sich der völkerrechtlichen Einordnung internationaler nichtstaatlicher Organisatione

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Die Völkerrechtssubjektivität internationaler nichtstaatlicher Organisationen [1 ed.]
 9783428496488, 9783428096480

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MICHAEL HEMPEL

Die Völkerrechtssubjektivität internationaler nichtstaatlicher Organisationen

Veröffentlichungen des Walther-Schücking-Instituts für Internationales Recht an der Universität Kiel Herausgegeben von J 0 s t Dei b r ü c kund R a i n e rHo f man n Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht

124

Völkerrechtlicher Beirat des Instituts:

Daniel Bardonnet l'Universite de Paris 11 Rudolf Bernhardt Heidelberg Lucius Caflisch Institut Universitaire de Hautes Etudes Internationales, Geneve Antonius Eitel New York; Bonn

Fred L. Morrison University of Minnesota, Minneapolis Albrecht Randelzhofer Freie Universität Berlin Krzysztof Skubiszewski Polish Academy of Sciences, Warsaw; The Hague

Luigi Ferrari Bravo Universitil di Roma

Christian Tomuschat Humboldt-Universität zu Berlin

Louis Henkin Columbia University, New York

Sir Arthur Watts London

Tommy T. B. Koh Singapore John Norton Moore University of Virginia, Charlottesville

Rüdiger Wolfrum Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg

Die Völkerrechtssubjektivität internationaler nichtstaatlicher Organisationen

Von Michael Hempel

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Hempel, Michael: Die Völkerrechtssubjektivität internationaler nichtstaatlicher Organisationen I von Michael Hempel. - Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Veröffentlichungen des Walther-Schücking-Instituts für Internationales Recht an der Universität Kiel; Bd. 124) Zugl.: Kiel, Univ., Diss., 1998 ISBN 3-428-09648-7

Alle Rechte vorbehalten

© 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 1435-0491 ISBN 3-428-09648-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@

Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde im Wintersemester 1997/98 abgeschlossen und im Januar 1998 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität Kiel als Dissertation angenommen. Veröffentlichungen und tatsächliche Geschehnisse nach diesem Zeitpunkt konnten nur noch vereinzelt berücksichtigt werden. Die Entstehung dieser Arbeit wurde von vielen mit wertvollen Hinweisen begleitet. Mein ganz besonderer Dank richtet sich jedoch an meinen Doktorvater, Herrn Professor Dr. Jost Delbrück, der den fachlichen Fortgang der Arbeit in vorbildlicher Weise betreut hat, mir jederzeit fiir ein Gespräch zur Verfügung stand und mir dabei zahlreiche wertvolle Hinweise gab. Für die Erstellung des Zweitgutachtens bin ich Herrn Professor Dr. Rainer Hofinann zu Dank verpflichtet. Allen Mitarbeitern des Walther-Schücking-Instituts fiir Internationales Recht an der Universität Kiel danke ich ebenfalls herzlich rur ihre Hilfsbereitschaft. Besonders gilt dies rur Julia Friedland und Natalie Kauther, die die Mühe der Fußnotenkorrektur auf sich genommen haben, und Frau Dr. Ursula Heinz, die mir wertvolle Hinweise betreffend die Veröffentlichung dieser Arbeit gab. Darüber hinaus sei auch dem Auswärtigen Amt rur den gewährten Druckkostenzuschuß gedankt. Entscheidenden Anteil an der zügigen Fertigstellung des Manuskripts hatte ferner meine Frau Ute, die mich stets in Gesprächen mit konstruktiver Kritik begleitete und mir ihre moralische Unterstützung zuteil werden ließ. Schließlich möchte ich einer guten akademischen Tradition folgen und diese Arbeit meinen Eltern widmen, die die Fertigstellung leider nicht mehr erleben konnten. Kiel, im Dezember 1998

Michael Hempel

Inhaltsverzeichnis Einleitung ...................................................................................................................... 15 Erster Teil

Untersuchungsgegenstand

19

A. Definition der IN GO ................................................................................................. 19

I. Bisherige Definitionsversuche ........................................................................... 19 I. Definition des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen ........... 19 2. Definition der UNESCO ............................................................................... 20 3. Definition des Europarates ............................................................................ 20 4. Definition der Union of International Associations ...................................... 21 5. Definitionen der Völkerrechtswissenschaft .................................................. 22

11. Eigener Definitionsversuch .............................................................................. 25 B. Entwicklung internationaler nichtstaatlicher Organisationen .................................... 28

I. FTÜhphase der Entwicklung ............................................................................... 28 11. Zeit des Völkerbundes ...................................................................................... 31 111. Entwicklung seit dem Ende des 2. Weltkrieges ............................................... 35

c. Tätigkeitsfelder der INGOs ....................................................................................... 37 I. Religion ............................................................................................................. 37 11. Rechtsentwicklung und Politik ......................................................................... 38 111. WirtschaftsfOrderung, Wirtschaftshilfe und Umweltschutz ............................. 41 IV. Medizin, Naturwissenschaft und Technik ....................................................... 45 V. Bildung, Kunst und Sport................................................................................. 45 D. Organisatorische Merkmale der INGOs .................................................................... 46

8

Inhaltsverzeichnis

E. Rechtspersönlichkeit von INGOs .............................................................................. 49 I. Rechtspersönlichkeit im nationalen Recht ......................................................... 49 11. Die Rechtspersönlichkeit der INGOs im Völkerrecht ...................................... 53 Zweiter Teil

Völkerrechtssubjektivität

56

A. Stand der Diskussion zur Völkerrechtssubjektivität nach 1945 ................................ 56 I. Völkerrechtssubjekte als Träger völkerrechtlicher Rechte und Ptlichten .......... 56 I. Deduktiver Ansatz ........................................................................................ 57 a) Subjekt aufgrund Wahrnehmung internationaler Funktionen ................... 57 b) Subjekt aufgrund bestehender Souveränität.. ........................................... 59 c) Subjekt aufgrund allgemeinen Völkerrechts ............................................. 59 d) Kritische Würdigung ................................................................................ 60 2. Induktiver Ansatz.......................................................................................... 62 a) Begriff des Völkerrechts ........................................................................... 62 aa) Recht zwischen Staaten und gekorenen Völkerrechtssubjekten sowie zwischen diesen selbst.. ............................................................... 63 bb) Recht internationaler Organisationen ................................................ 64 cc) Verträge zwischen Staaten und Privaten ............................................ 65 dd) Internes Verbandsrecht nichtstaatIicher Organisationen .................... 67 b) Begriff der Rechts- und Ptlichtenstellung ................................................ 67 c) Kritische Würdigung ................................................................................ 69 11. Völkerrechtssubjekte als Haftungsobjekte ........................................................ 71 I. Theorie der Völkerrechtssubjekte als Haftungsobjekte................................. 71 2. Kritische Würdigung .................................................................................... 72 B. Eigener Definitionsansatz.......................................................................................... 72 I. Methodisches Vorgehen .................................................................................... 72 11. Begründung der Völkerrechtssubjektivität ....................................................... 74

Inhaltsverzeichnis

9

1. Definition der Völkerrechtssubjektivität ....................................................... 74 2. Begriff des V ölkerrechts ............................................................................... 75 2. Vorliegen einer Rechts- oder PflichtensteIlung ............................................ 79 BI. Zusammenfassung ........................................................................................... 81 Dritter Teil

Regelungen und deren Umsetzung

82

I. Abschnitt Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

83

A. Materielle Rechtspositionen ...................................................................................... 83

I. Schutz der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit als Freiheitsrecht ........... 83 I. Art. 21,22 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte ...... 83 2. Art. 15, 16 Amerikanische Menschenrechtskonvention ............................... 86 3. Art. 1l Europäische Menschenrechtskonvention .......................................... 87 4. Art. 10,11 Afrikanische Charta der Rechte des Menschen und der Völker 89 11. Schutz der Vereinigungsfreiheit als soziales Grundrecht ................................. 91 I. Art. 8 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale, kulturelle Rechte .. 91 2. Art. 5 Europäische Sozialcharta .................................................................... 92 3. Abkommen Nr. 87 und 98 der Internationalen Arbeitsorganisation ............. 94 111. Weitere materielle Rechtspositionen ............................................................... 97 I. Faires Gerichtsverfahren nach Art. 6 EMRK ................................................ 97 2. Freiheit der Meinungsäußerung nach Art. 10 EMRK ................................... 98 3. Glaubens- und Gewissensfreiheit nach Art. 9 EMRK ................................... 99 B. Verfahrensbeteiligung von INGOs .......................................................................... 101

I. Regelungen zur Umsetzung internationaler Konventionen .............................. 101 11. Regelungen zur Durchsetzung von materiellen Rechten ................................ 104 I. Gerichtliche Durchsetzung von Rechten ..................................................... 104 2. Außergerichtliche Durchsetzung von Rechten ............................................ 106

10

Inhaltsverzeichnis a) Art. 25 EMRK ....................................................................................... 107 b) Art. 44 AMRK ....................................................................................... 109 c) Art. 55 AfChMR .................................................................................... 110 d) Art. 24ILO-Satzung .............................................................................. 112 e) Europäische Sozialcharta (ESC) ............................................................ 114 111. Regelungen zur Beteiligung an der Rechtsfindung internationaler Gerichte. 115 IV. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung internationaler Organisationen .................................................................................................. 118 I. Vereinte Nationen ....................................................................................... 118 2. Weltorganisation für Tourismus (WTO) ..................................................... 118 3. Internationale Arbeitsorganisation (ILO) .................................................... 120 2. Abschnitt Regelungen zwischen Staaten und internationalen Organisationen

121

A. Amtssitzabkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika .............................. 122

B. Amtssitzabkommen der UN-Sonderorganisationen und anderer internationaler

Organisationen ....................................................................................................... 124 3. Abschnitt Regelungen des Innen rechts internationaler Organisationen

127

A. Regelungen zur Durchsetzung von materiellen Rechten ......................................... 127 I. Das 1503-Verfahren des Wirtschafts- und Sozialrates ..................................... 127 11. Das Mitteilungsverfahren der UNESCO ........................................................ 129 1Il. Das Mitteilungsverfahren der ILO zum Schutze der Koalitionsfreiheit ........ 131 IV. Das Verfahren der Weltbank ......................................................................... 133 B. Regelungen zur Beteiligung an der Rechtsfindung internationaler Gerichte ........... 135 I. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EuGMR) ............................... 136 11. Inter-Amerikanischer Gerichtshof für Menschenrechte .................................. 137 C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung internationaler Organi-

sationen .................................................................................................................. 139

Inhaltsverzeichnis

11

I. Vereinte Nationen ............................................................................................ 139 I. Hauptorgane der Vereinten Nationen ......................................................... 140 a) Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen ................................ 140 aa) Regelungen des Sekundärrechts ....................................................... 140 bb) Rechtliche Würdigung der Regelungen ........................................... 145 cc) Praktische Umsetzung der Regelungen ............................................ 146 b) Beteiligung an der Arbeit des Generalsekretariats ................................. 149 c) Beteiligung an der Arbeit der übrigen Hauptorgane ............................... 151 2. Spezialorgane der Vereinten Nationen ....................................................... 153 a) Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) ........................................ 153 b) Weltkinderhilfswerk (UNICEF) ............................................................. 156 c) Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) .............................. 160 3. Konferenzen der Vereinten Nationen ......................................................... 162 4. Sonderorganisationen der Vereinten Nationen ........................................... 170 a) Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) ........ 171 b) Internationale Arbeitsorganisation (lLO) ............................................... 175 c) Weltbank ................................................................................................ 178 11. Beteiligung an der Arbeit regionaler zwischenstaatlicher Organisationen am Beispiel Europas ...................................................................................... 183 I. Europarat .... ....................................... ........................ ............... .............. .... 183 2. Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ........ 186 Vierter Teil

Zusammenfassende Beurteilung der Völkerrechtssubjektivität von INGOs und Ausblick

190

Literaturverzeichnis ................................................................................................... 199 Stichwortverzeichnis .................................................................................................. 223

Abkürzungsverzeichnis AFDI

Annuaire fran!j:aise de droit international

AJIL

American Journal of International Law

Ann.Eur.

Annuaire Europeenne

AustrianJPIL

Austrian Journal ofPublic and International Law

AVR

Archiv des Völkerrechts

BDGVR

Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht

BGBI.

Bundesgesetzblatt

BR-Drs.

Bundesrats-Drucksache

BYIL

British Yearbook of International Law

CD

European Commission of Human Rights: Commission Decisions

ColumbiaHRLJ

Columbia Human Rights Law Journal

CornellILJ

Cornelllnternational Law Journal

DÖV

Die öffentliche Verwaltung

DR

European Commission of Human Rights: Decisions and Reports

DVBI.

Deutsches Verwaltungsblatt

EA

Europa-Archiv

EJIL

European Journal of International Law

ELR

European Law Review

EPIL

Encyc10pedia ofPublic International Law

ETS

European Treaty Series

EuGRZ

Europäische Grundrechte Zeitschrift

Eur.Ct.H.R.

European Court ofHuman Rights

EuR

Europarecht

FS

Festschrift

FW

Friedenswarte

Abkürzungsverzeichnis

13

GeorgiaJlCL

Georgia Journal of International and Comparative Law

GH

Gerichtshof

GYIL

German Yearbook of International Law

GS

Gedenkschrift

HRLJ

Human Rights Law Journal

HRQ

Human Rights Quarterly

HYIL

Hague Yearbook of International Law

ICLQ

International Comparative Law Quarterly

IJIL

Indian Yearbook oflnternational Law

IKRK

Internationales Komitee des Roten Kreuzes

ILA

International Law Association

ILC

International Law Commission

ILM

International Legal Materials

ILR

International Law Reports

10

International Organization

IPRax

Internationale Privatrechtszeitschrift

Int. Ass.

International Associations

ILabourR

International Labour Review

ItYBIL

Italian Yearbook ofInternational Law

JDI

Journal de Droit International

JIR

Jahrbuch für Internationales Recht

JuS

Juristische Schulung

JZ

Juristenzeitung

ÖZöRV

Österreichische Zeitschrift rur öffentliches Recht und Völkerrecht

MichiganJIL

Michigan Journal oflnternational Law

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

NGO

Non-Governmental Organization

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NLJ

Netherlands Law Journal

NTIR

Nordisk Tidsskrift for International Recht

NYU JIL

New York University Journal oflnternational Law and Policy

Abkürzungsverzeichnis

14 RabelsZ

Rabels Zeitschrift

RdC

Recueil des Cours d'Acadmie de Droit International

RDH

Revue de Droits de I'Homme

RDI

Revue de Droit International

Res.

Resolution

RGDIP

Revue general de droit international public

RP

Repertory of Practice

RUDH

Revue Universelle des Droits de l'Hornrne

Rz.

Randziffer

SchwJIR

Schweizer Jahrbuch für Internationales Recht

UIA

Union of International Associations

TA

Transnational Associations

TJU

Texas International Law Journal

UKTS

United Kingdom Treaty Series

VandJTL

Vanderbild Journal ofTransnational Law

VertU

Verfahrensordnung

VerwA

Verwaltungsarchiv

VirgJIL

Virginia Journal ofInternational Law

VN

Vereinte Nationen

WAITRO

World Association of Industrial and Technological Research

WVR

Wörterbuch des Völkerrechts

YaleU

Yale Law Journal

YB

Yearbook

ZaöRV

Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht

Einleitung Die Massengesellschaft moderner Industriestaaten hat dazu geführt, daß einzelne sich zu Gruppen zusammenschließen, um ihren Interessen besser Geltung verleihen zu können. Solche Interessengruppen betätigen sich heute in fast allen Bereichen des wirtschaftlichen und politischen Lebens und stellen ein wesentliches Element im Willensbildungsprozeß demokratischer Staaten dar. I Von zentraler Bedeutung ist dabei, daß sie zur Vorformung des politischen Willens des Volkes beitragen, indem der Widerstreit der Interessen einzelner Gruppenmitglieder zur Herausbildung überschaubarer Komplexe politischer Alternativen führt, die dann wiederum Gegenstand politischer Entscheidungen sein können. 2 Auch in den internationalen Beziehungen versuchen Interessengruppen, ihren Einfluß geltend zu machen. Bis zur Schaffung der Vereinten Nationen wurden diese Gruppen als internationale Idealvereine bezeichnet. 3 Nunmehr ist diese Bezeichnung jedoch durch den überwiegend verwendeten Begriff der nichtstaatlichen Organisation oder das Akronym NGO abgelöst worden, welche ihren Ursprung im Begriff der Non-Govemmental Organization des Art. 71 SVN haben. 4 Die Übersetzung dieses englischen Begriffs ist zwar ungenau, da sie impliziert, daß es auch staatliche internationale Organisationen geben kann, was in I Vgl. zur Rolle von Interessengruppen und Verbänden aus neuerer Zeit Zippelius, Allgemeine Staatslehre (Politikwissenschaft), 1994, S. 222 ff.; Herzog, Staat und Recht im Wandel, 1993, S. I ff., beide m.w.N.; vgl. ferner die grundlegenden Werke von Kaiser, Die Repräsentation organisierter Interessen, 1956 und Wittkämper, Grundgesetz und Interessenverbände, 1963. 2 Zippelius (Anm. I), S. 225. 3 Vgl. Schrag, Internationale Idealvereine, 1936; im englischen Sprach kreis wurde der Begriff der "international association" oder "private international organization" verwendet; vgl. Beatus, Interessengruppen in internationalen Organisationen, 1967, S. 7 m.w.N.; im französischen Sprachkreis die Bezeichnung "associations internationales", vgl. nur PolWs, Condition juridique des associations internationales, Annuaire de I'Institut de droit international 30 (1923), S. 97. 4 Vgl. Brückner, Das Verhältnis der Nichtstaatlichen Organisationen zur UNO, VN 1973, S. 48; Bleckmann, Non-Governmental Organizations, in: International Encyclopedia of Comparative Law, Vol. XVII, State and Economy, Chapter 25, Universal Economic Organisations, S. 75; vgl. zur Entstehungsgeschichte des ebenfalls aus neuerer Zeit stammenden Begriffes der internationalen Organisation Potter, Origin of the Term International Organization, AJIL 1945, S. 803 ff., Weiss/Gordenker, NGOs, United Nations and Global Governance, 1996.

16

Einleitung

sich unmöglich ist, sie soll jedoch hier beibehalten werden, da sie sich weitgehend durchgesetzt hat. 5 Daß aber auch dieser Begriff nicht unstreitig ist, läßt sich an der Kritik der Sozialwissenschaft ablesen. Danach ist der Begriff abzulehnen, da er die Vorstellung vermittle, daß die Regierungen das Zentrum der Gesellschaft bildeten, und die Bürger ihre Peripherie. Es wird stattdessen das Konzept der wichtigen gesellschaftlichen Gruppen ("major groups") vorgeschlagen. 6 Diesem Vorschlag soll hier jedoch nicht gefolgt werden, da mit ihm keine Klarheit hinsichtlich der zu erfassenden Gruppen gewonnen wird. Wie auf nationaler Ebene sind NGOs in fast allen Bereichen des internationalen Lebens aktiv. So versuchen sie die von ihnen verfolgten Interessen auf sehr unterschiedliche Weise zur Geltung zu bringen. Im wesentlichen sind sie dabei darauf angewiesen, Einfluß von außen auszuüben. Stärker als viele Interessengruppen, die sich auf die nationale Ebene beschränken, bemühen sie sich, durch den Einsatz der Medien große Teile der Bevölkerung zu erreichen. Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace unternehmen zu diesem Zweck Kampagnen, die von der Besetzung von Industrieschornsteinen bis zu Boykottaufrufen gegen Produkte einzelner Unternehmen reichen. 7 Auch Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International versuchen durch Zeitungsanzeigen große Teile der Bevölkerung auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. 8 Stärker als im nationalen Bereich ist auf internationaler Ebene die Einbeziehung von NGOs in die staatliche Entscheidungsfindung Gegenstand rechtlicher Regelungen geworden. Zwar sind diese Regelungen auch Gegenstand verschiedener völkerrechtlicher Untersuchungen gewesen, bisher fehlt es jedoch an einer eingehenden Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus den rechtlichen Regelungen die Völkerrechtssubjektivität von NGOs hergeleitet werden kann. Diese Frage ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil es sich bei der Rechtssubjektivität um die Frage nach dem personalen Geltungsbereich des Völkerrechts und damit einem notwendigen Konstruktionselement rur jede Art von

5 Vgl. Kaiser, Nichtstaatliche Internationale Organisationen, WVR Bd. 11, 1961, S. 612; anders Zemanek, I~.ternationale Organisationen als Handlungseinheiten in der Völkerrechtsgemeinschaft, OZöRV 1956, S. 337. 6 Vgl. Martens, Dabeisein ist noch nicht alles, Die NGOs in den VN: Akteure, Kritiker, Nutznießer, VN 1993, S. 170 mit Anm. 17, der sich auf Nerjin, Neither Prince nor Merchant Citizen: An Introduction to the Third System, Development Dialogue 1/1987, S. 173 und die UNCED stützt. 7 Vgl. Schießl/Scheuring, David ohne Schleuder, Spiegel special 11/1995, S. 36 f.; Weber, Bananen bügeln für Greenpeace, Spiegel special 11/1995, S. 134 f.; Rößinger, Harpunen, Helikopter, Haftminen, Spiegel special 11/1995, S. 50, 54. 8 Thränhardt, Amnesty International (ai), in: Handwörterbuch Internationale Organisationen, 1995, S. 21; Holm, Post für Häftling 2 I 649, Spiegel special 11/1995, S. 93 tf.

Einleitung

17

völkerrechtlicher Rechtsbeziehung handelt. 9 Der Frage der Völkerrechtssubjektivität von NGOs soll daher in dieser Arbeit nachgegangen werden. Da jedoch die Zahl der NGOs in der Zeit nach 1945 eine starke Ausweitung erfahren hat, soll die Untersuchung auf die internationalen nichtstaatlichen Organisationen beschränkt werden, für die in der Folge auch das Akronym INGO gebraucht wird. 10 Für die Zwecke der Untersuchung ist die Arbeit in drei Teile gegliedert, wobei die Vielfalt der Erscheinungsfonnen von INGOs es erforderlich macht, die Konkretisierung des Untersuchungs gegenstandes an den Anfang der Erörterungen zu stellen. 11 Dazu soll nicht nur ein Definitionsversuch des Begriffes der INGO unternommen, sondern auch die historische Entwicklung der INGOBewegung aufgezeigt werden. Damit die Vielfalt der Erscheinungsfonnen internationaler nichtstaatlicher Organisationen deutlich wird, sollen anschließend verschiedene Tätigkeitsfelder von INGOs beschrieben werden. Zur Vervollständigung des Bildes wird hierbei auch auf die Organisationsstruktur eingegangen. Abschließend wird in diesem Teil der Stand der Diskussion zur Rechtspersönlichkeit von INGOs im nationalen und internationalen Recht dargestellt. Der zweite Teil der Arbeit befaßt sich mit dem Begriff und der Definition der Völkerrechtssubjektivität. Nach einer kurzen historischen Einführung in die Entwicklung des Begriffs, werden die zur Völkerrechtssubjektivität vertretenen Auffassungen dargestellt und einer kritischen Würdigung unterzogen. Diese Vorarbeit soll dann den Versuch einer eigenen Defmition der Völkerrechtssubjektivität ennöglichen. Dazu wird eingangs der verfolgte methodische Ansatz dargelegt, um anschließend auf dieser Grundlage die einzelnen Elemente der Definition zu bestimmen. Im dritten Teil der Arbeit werden schließlich verschiedene völkerrechtliche Nonnen daraufhin untersucht, ob sich aus diesen eine Völkerrechtssubjektivität der INGOs ableiten läßt. Zu diesem Zweck werden zu Beginn Nonnen des zwischenstaatlichen Rechts einer näheren Betrachtung unterzogen. Im folgenden wird eine Untersuchung der rechtlichen Regelungen zwischen Staaten und internationalen Organisationen vorgenommen. Im dritten Abschnitt wendet sich diese Arbeit dann Rechten und Pflichten zu, die im Innenrecht internationaler 9 V gl. Nöl/, Die Völkerrechtssubjektivität der Europäischen Gemeinschaften und deren Bindung an das allgemeine Völkerrecht, 1986, S. 6; Moster, Die Erweiterung des Kreises der Völkerrechtssubjekte, ZaöRV 1962, S. 20. 10 Dies geschieht in Anlehnung an White, International Non-Governmental Organizations, 1951, S. VII, der, soweit ersichtlich, als erster Autor diese Bezeichnung und die Abkürzung INGO verwendet hat. 11 Nach Schermers, International Institutional Law, 1980, S. 16 reicht die Verschiedenartigkeit so weit, daß eine vergleichende Studie nicht möglich sein soll. 2 Hempel

18

Einleitung

zwischenstaatlicher Organisationen enthalten sind. Abschließend wird zu der Untersuchung in einer zusammenfassenden Beurteilung Stellung genommen. In einem Ausblick soll dann versucht werden, die Möglichkeiten der Entwicklung der Rechtsstellung der INGOs auszuloten. Dazu wird nach einer kurzen Darstellung aktueller Reformprojekte der Vereinten Nationen in aller Kürze auch auf die Bedeutung von INGOs für die Entwicklung einer globalen Zivilgesellschaft eingegangen werden.

Erster Teil

Untersuchungsgegenstand A. Definition der INGO Die Versuche, den Begriff der internationalen nichtstaatlichen Organisation bzw. des internationalen Idealvereins zu defmieren, reichen bis in das Jahr 1910 zurück und haben bisher zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt. I Wenn mit der vorliegenden Arbeit ein erneuter Definitionsversuch unternommen wird, geschieht dies in dem Bewußtsein, daß auch damit wohl keine allgemein akzeptierte Defmition erreicht werden wird, da eine Begriffsdefinition notwendig durch die Zwecksetzung des Betrachters bestimmt wird. 2 Dennoch kann aufgrund der Erforderlichkeit der Eingrenzung des Untersuchungs gegenstandes dieser Arbeit nicht auf eine erneute Auseinandersetzung mit dem Begriff der INGO verzichtet werden. Hierzu erscheint es sinnvoll, eingangs eine kurze Darstellung der bisher in der Praxis und der Völkerrechtswissenschaft vertretenen Definitionen vorzunehmen, um auf dieser Basis anschließend einen eigenen Ansatz zu entwickeln.

I. Bisherige Definitionsversuche 1. Definition des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen

Vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen wird der Begriff der INGO definiert als jede internationale Organisation, die nicht durch ein zwischenstaatliches Abkommen errichtet wurde. Dabei sollen diejenigen Organisationen eingeschlossen sein, die von staatlichen Stellen bestimmte Mitglieder aufnehmen, vorausgesetzt, daß eine solche Mitgliedschaft nicht die freie Mei-

I Zur historischen Entwicklung vgl. Stosic, Les organisations non gouvernementales et les Nations Unies, 1964, S. 67-75; vgl. auch Papini, Les relations entre I'UNESCO et les Organisations Non Gouvernementales, 1967, S. 21-24. 2 Nach der neueren von Dubislav entwickelten Definitionslehre liegt dies im Charakter der synthetischen Definition begründet; vgl. zu diesem Problem Klug, Juristische Logik, 4. Aufl., 1982, S. 103.

20

I. Teil: Untersuchungsgegenstand

nungsäußerung der Organisation beeinträchtigt. 3 Der internationale Charakter einer Organisation soll dann gegeben sein, wenn die Organisation in mindestens drei Staaten Mitglieder hat. 4

2. Definition der UNESCO

Auch die UNESCO hat den Begriff der INGO definiert und lehnt sich dabei an die Definition des Wirtschafts- und Sozialrates an. Danach wird eine internationale Organisation als INGO betrachtet, mit der die UNESCO näher bezeichnete Beziehungen aufrechterhalten kann, wenn sie nicht durch ein zwischenstaatliches Abkommen geschaffen wurde, ihre Ziele und Rolle einen nichtstaatlichen Charakter haben und die folgenden weiteren Bedingungen erfüllt: (I) Ausübung von Aktivitäten in Bereichen, die in die Kompetenz der UNESCO fallen; die tatsächliche Fähigkeit und den Willen, zur Realisierung der Ziele der Organisation beizutragen, wobei die Aktivitäten im Einklang mit den Prinzipien des Gründungsvertrages zu erfolgen haben; (2) Vereinigung eines nicht unbedeutenden Teils von Gruppen oder Personen, die an einer oder mehreren Aktivitäten im Kompetenzbereich der UNESCO interessiert sind; reguläre Mitglieder in Staaten, deren Zahl und Verschiedenheit im Rahmen des Möglichen geeignet ist, die verschiedenen kulturellen Regionen der Welt hinreichend zu repräsentieren; (3) Im Falle einer Organisation mit regionalem Charakter im geographischen und kulturellen Sinne dieses Wortes, einen Mitgliederbestand, der die Gesamtheit der interessierten Region hinreichend repräsentiert; (4) Ausstattung mit einem dauerhaften Direktionsorgan von internationaler Struktur; Vertreter, die ordnungsgemäß bevollmächtigt sind, sowie das Verfügen über Methoden und Mittel, die es erlauben, regelmäßig mit den Mitgliedern in den verschiedenen Staaten in Kontakt zu treten. s 3. Definition des Europarates

Der jüngste Definitionsversuch der Praxis ist vom Europarat unternommen worden. Danach ist eine INGO ein Verein, eine Stiftung oder andere private Institution, die die folgenden Voraussetzungen erfüllt: (1) ein nicht gewinnorientiertes Ziel von internationalem Nutzen; (2) Gründung durch einen in3 Die ursprüngliche Definition in der ECOSOC Res. 288 B ( X) vom 27. Februar 1950 wurde durch die ECOSOC Res. 1296 (XLIV) vom 23. Mai 1968 erweitert. 4 Siehe Non-Govemmental Organizations, RP Vol. HI, S. 556, Ziff. 13, wobei im Englischen das Wort "affiliates" verwendet wird, was auch Filiale bedeuten kann. 5 UNESCO Doc., Actes de la Conference generale, 11. session, Paris 1960, Res. 11 C/Resolutions, 10, S. 89.

A. Definition der INGO

21

nerstaatlichen Rechtsakt einer Vertragspartei; (3) tatsächliche Aktivitäten in mindestens zwei Vertragsstaaten; (4) satzungsmäßiger Sitz in einem Vertragsstaat und tatsächlicher Sitz in demselben oder einem anderen Vertragsstaat. 6

4. Definition der Union

0/International Associations

Besonders erwähnt werden soll an dieser Stelle auch der Definitionsversuch der "Union of International Associations", die sich seit ihrer Gründung bemüht, Kriterien für den Begriff der nichtstaatlichen internationalen Organisation festzulegen. Dabei wurden von dieser Organisation sieben Kriterien entwickelt, die für eine nichtstaatliche internationale Organisation entscheidend sein sollen. (I) Zielsetzungen: Die Zielsetzungen müssen einen internationalen Charakter mit der Absicht aufweisen, in mindestens drei Staaten tätig zu werden; (2) Mitgliedschaft: Es müssen individuelle und/oder kollektive Mitgliedschaften, die mit vollem Stimmrecht ausgestattet sind, in mindestens drei Staaten bestehen; die Mitgliedschaft muß für alle angemessen qualifizierten Individuen und/oder Organisationen in den Staaten offenstehen, in denen die INGO tätig ist. Die Stimmen müssen so verteilt sein, daß keine einzige nationale Gruppe die INGO kontrollieren kann; (3) Organisationsstruktur: die Verfassung muß eine formale Struktur gewährleisten, die den Mitgliedern das Recht einräumt, in regelmäßigen Abständen Exekutivorgane und deren Mitglieder zu wählen; die INGO muß einen ständigen Amtssitz haben und es muß für eine dauernde Tätigkeit der INGO Vorsorge getroffen sein; (4) Amtsträger: Die Vorsitzenden und anderen Mitglieder der Organe sollten normalerweise aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten kommen; (5) Finanzierung: Bedeutende Anteile der Haushalte der INGO müssen aus drei Staaten kommen; profitorientierte internationale NGOs bleiben unberücksichtigt, was nicht ausschließt, daß die INGOs Gewinne erzielen, die der Finanzierung ihrer Tätigkeiten dienen oder ihre ökonomische Position verbessern wollen; (6) Beziehungen zu anderen Organisationen: Institutionen, die mit einer anderen Organisation formale Beziehungen unterhalten, bleiben unberücksichtigt, wenn sie nicht nachweisen können, daß sie unabhängig sind und eigene Amtsträger wählen; (7) Tätigkeiten: Es müssen Informationen über gegenwärtige Aktivitäten vorhanden sein. 7

6 Convention Europeenne sur la reconnaissance de la personnalite juridique des organisations internationales non gouvernementales vom 24. April 1986; ETS 124; vgl. zur Auslegung der einzelnen BegritTsmerkmale Wiederkehr, La Convention Europeenne sur la reconnaissance de la personnalite juridique des organisations internationales non gouvernementales du 24 avril 1986, AFDI 1987, S. 752 tT. 7 Vgl. UIA, Yearbook oflnternational Organizations, 1989/90, Appendix 3: Types of Organization.

22

I. Teil: Untersuchungsgegenstand

5. Definitionen der Völkerrechtswissenschaft

In der Völkerrechtswissenschaft ist eine Vielzahl von DefInitionsversuchen des Begriffes der INGO unternommen worden, die kaum mehr zu überschauen ist. Um einen Überblick über die vertretenen Auffassungen zu vermitteln, soll die nachfolgende Darstellung eine Ordnung nach den Begriffsbestandteilen Organisation, Internationalität und Nichtstaatlichkeit vornehmen. Ergänzend soll ein Überblick über die nach Auffassung der Wissenschaft nicht unter den Begriff fallenden INGOs gegeben werden. Nur wenige Autoren gehen in ihrer DefInition auf den organisatorischen Rahmen einer INGO ein. Soweit dies geschieht, werden im wesentlichen zwei Hauptrichtungen verfolgt. So wird von einigen lediglich verlangt, daß ein Mindestmaß an institutioneller Struktur besteht. Welche Anforderungen an die Struktur gestellt werden, bleibt offen. 8 Andere Autoren machen hinsichtlich der Organisationsstruktur konkrete Vorgaben. Zu diesen Vorgaben zählen inhaltliche Anforderungen an die Satzung der Organisation, die von der Festsetzung des Organisationszieles bis zur Festlegung des Verfahrens zur Revision der Satzung reichen. 9 Ein weiteres wesentliches Element dieser Defmitionen ist die Forderung nach der Einrichtung bestimmter Organe. Während einige die Errichtung eines ständigen Organs als ausreichend betrachten, fordern andere neben Organen zur Willensbildung auch Organe zur Umsetzung der Ergebnisse des Willensbildungsprozesses. 10 Über diese Anforderungen hinaus werden vereinzelt sehr spezielle Voraussetzungen aufgestellt. 11 Zeigen die vorangegangenen Ausführungen, wie wenig Einigkeit über den organisatorischen Rahmen einer INGO besteht, so bietet sich hinsichtlich der Internationalität ein noch uneinheitlicheres Bild. Umstritten ist bereits der Anknüpfungspunkt für dieses Begriffsmerkmal. Ein großer Teil der Literatur knüpft an die Mitgliedschaft der Organisation an und fordert, daß Mitglied8 So Neuhold/Hummer/Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Teil I, 1991, S. 211; Otlet, L'organisation internationale et les associations internationales, in: Annuaire de la vie internationale, 2e serie vol. I, 190811 909, S. 37 tT.; Langrod, L'evaluation du röle des organisations internationales non gouvernementales, 1955, S.510. 9 Politis, Condition juridique des associations internationales, Annuaire de \'Institut de droit international 1923, S. 112. 10 Für das Erfordernis nur eines Organs vgl. Beigbeder, The Role and Status of International Humanitarian Volunteers and Organizations, 1991, S. 80; für die Einrichtung mehrerer vgl. Zemanek, Das Vertragsrecht internationaler Organisationen, 1951, S. 122; vgl. auch White, International Non-Governmental Organizations, 1951, S. 14; Meynaud, Les groupes de pression internationaux, 1961, S. 184. 11 Rodgers, Facilitation Problems of International Associations, 1960, S. 15 fordert die Anerkennung der Organisation; Bleckmann, Non-Governmental Organizations, S. 76 verlangt die Dauerhaftigkeit der Organisation.

A. Definition der INGO

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schaften in verschiedenen Staaten bestehen müssen. 12 Dazu wird ausgeruhrt, daß es entscheidend auf den Wohnsitz der Mitglieder ankommen SOll.13 Andere Autoren sehen in der internationalen Zielsetzung oder der internationalen Tätigkeit das entscheidende Kriterium. 14 In Anlehnung an die Definition der "Union of International Associations" wird darüber hinaus vertreten, daß es auf die Internationalität der Verwaltung und der Fonds ankomme. IS Mit dem Ziel, ein größtmögliches Maß an Akzeptanz zu finden, kombinieren einige Autoren einzelne Voraussetzungen miteinander. 16 Auch dieser Auffassung ist es aber bisher nicht gelungen, Übereinstimmung bezüglich der zu kombinierenden Anknüpfungspunkte zu erreichen. Die Suche nach einer gemeinsamen Definition wird zudem dadurch erschwert, daß darüber Streit besteht, ob rur die Internationalität der Bezug zu zwei, drei oder mehr Staaten zu fordern ist. 17 Über den Begriff der Nichtstaatlichkeit einer Organisation gehen die Ansichten ebenfalls auseinander. Als Anknüpfungspunkt fiir den nichtstaatlichen Charakter werden dabei einzelne oder mehrere der im folgenden genannten Kriterien herangezogen. Im Anschluß an die Definition des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen wählt eine große Zahl von Autoren den Griindungsakt einer Organisation als ausschlaggebendes Kriterium. Danach soll eine Organisation dann nichtstaatlich sein, wenn sie aufgrund einer Privatinitiative zustandegekommen ist. 18 Daneben wird die Unabhängigkeit der INGO als ent12 So alIgemein schon im Jahre 1910 Otlet (Anm. 8), S. 37; Meynaud (Anm. 10), S. 183; vgl. aus neuerer Zeit Beigbeder (Anm. 10), S. 80; Skjelsbaek, The Growth of International Nongovernmental Organization in the Twentieth Century, 10 1971, S. 422. 13 Vgl. Zemanek(Anm. 10), S. I2\. 14 Für die Anknüpfung an das Ziel vgl. Bastid, Les conditions d'attribution d'un statut international ades associations d'initiative privee, Annuaire de l'Institut de droit international 1950, Vol. I, S. 567; für die Anknüpfung an die Tätigkeit vgl. Neuhold/HummeriSchreuer(Anm. 8), S. 211; DahmiDelbrückIWolfrum, Völkerrecht, Bd.I, 2, MS, § 108, S. 3. 15 Rodgers (Anm. 11), S. 15. 16 Otlet (Anm. 8), S. 37 ff.; PolWs (Anm. 9), S. 112; Langrod (Anm. 8), S.509; Bettati, La contribution des organisations a la formation et a I'application des normes internationales, in: Les O.N.G. et le droit international, 1986, S. 8; Zemanek (Anm. 10), S. 121; Rechenberg, Non-Governmental Organizations, EPIL Vol. 9, S. 276; Bleckmann (Anm. 11), S. 76. 17 White (Anm. 10), S. 14; Skjelsbaek (Anm. 12), S. 422; Beigbeder, Le röle international des organisations non gouvernementales, 1992, S.9; Rechenberg (Anm. 16), S. 276; Zemanek (Anm. 10), S. 121 fordern zwei Staaten; Morosow, Internationale Organisationen, 1971, S. 150 scheint der Forderung nach drei Staaten zuzuneigen; Stosic (Anm. I), S. 78; Rodgers (Anm. 11), S. 15; Bleckmann (Anm. 11), S. 76 fordern mehrere Staaten. 18 Politis (Anm. 9), S. 112; Bastid (Anm. 14), S.567; Neuhold/Hummer/Schreuer (Anm. 8), S. 211; Blodgett, The Evolving Relationship between the United Nations and International Non-Governmental Organizations, 1982, S. 5; Otto, Nongovernmental Organizations in the United Nations System: The Emerging Role of International Civil So-

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I. Teil: Untersuchungsgegenstand

scheidendes Wesensmerkmal der Nichtstaatlichkeit genannt. Dementsprechend soll eine Organisation nichtstaatlich sein, wenn sie weder durch eine staatliche Stelle organisiert noch kontrolliert wird. 19 Von anderer Seite wird auf die Funktion der Organisation abgestellt. Nichtstaatlich ist eine Organisation danach, soweit sie nicht hoheitliche Aufgaben wahrnimmt. 20 Schließlich soll es nach Ansicht einiger Völkerrechtswissenschaftler darauf ankommen, ob die Mitglieder Privatpersonen oder Träger öffentlicher Gewalt sind. Nur wenn sich der Kreis der Mitglieder aus Privatpersonen oder privaten Organisationen zusammensetzt, soll von einer INGO gesprochen werden. 21 Ein großes Maß an Übereinstimmung besteht in der Literatur darüber, daß einige nichtstaatliche Organisationen nicht unter den Begriff der INGOs fallen sollen. Um welche Organisationen es sich dabei handelt, ist jedoch umstritten. Von der wohl überwiegenden Meinung werden die profitorientierten Organisationen aus dem Kreis der INGOs ausgeschlossen. Zu diesen Organisationen werden vor allem Organisationen gezählt, deren Hauptzweck in der Gewinnerzielung besteht. 22 Darüber hinaus wird vertreten, daß religiöse Organisationen nicht als INGOs in Betracht kommen. 23 Weiterhin werden von einigen Autoren diejenigen Organisationen ausgeschieden, die keinen freiwilligen Ein- oder Austritt zulassen. 24 Schließlich wird noch vertreten, daß der Begriff der INGO

ciety, HRQ 1996, S. 110; Macalister-Smith, Non-Governmental Organizations, in: FS Bernhardt, 1995, S. 481; Bettati (Anm. 16), S. 9 f.; Rechenberg (Anm. 16), S. 276; Bleckmann (Anm. 11), S.76; Kaiser, NichtstaatIiche Organisationen, WVR Bd. 11, S. 612; Zemanek (Anm. 10), S. 120. 19 Stosic (Anm. I), S. 79; Beigbeder (Anm. 10), S. 80; Bleckmann (Anm. 11), S. 76; ähnlich Skjelsbaek (Anm. 12), S. 422; auf die Probleme, die mit diesem Kriterium verbunden sind, weist Kaiser (Anm. 18), S. 612 hin. 20 NeuholdlHummeriSchreuer (Anm. 8), S. 211; Dahm/Delbyück/Wolfrom (Anm. 14), S. 3. 21 So Rechenberg (Anm. 16), S.276; Socini Leyendeker, Organisations non gouvernementales et droit international, HYIL 1989, S. 170; Zemanek (Anm. 10), S. 121; Papini (Anm. I), S. 24; White, The Structure of Private International Organizations, 1933, S. 14, der a\1erdings die Teilnahme von Staatenvertretern zuläßt. 22 So NeuholdlHummerlSchreuer (Anm. 8), S. 211; DahmlDelbyück/Wolfrom (Anm. 14), S. 3 f.; für die ältere Lehre vgl. Stosic (Anm. I), S. 67-75; Beigbeder (Anm. 10), S. 80; Bettati (Anm. 16), S. 10; Bleckmann (Anm. 11), S. 76; Lador-Lederer, International Non-Governmental Organizations and Economic Entities, 1963, S. 60; Zemanek (Anm. 10), S. 121; Rodgers (Anm. 11), S. 15; anders Rechenberg (Anm. 16), S. 276; Kaiser (Anm. 18), S. 612. 23 Lador-Lederer (Anm. 22), S. 60. 24 NeuholdlHummerlSchreuer (Anm. 8), S.212; Dahm/Delbyück/Wolfrom (Anm. 14), S. 4.

A. Definition der INGO

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nicht für illegale Organisationen und Befreiungsbewegungen verwendet werden soll.25

n. Eigener Dermitionsversuch Die vorangegangene Darstellung zeigt, daß sowohl in der Praxis internationaler Organisationen als auch in der Wissenschaft eine Vielzahl von Definitionen des Begriffs der nichtstaatlichen Organisationen vertreten wird. Diese Auffassungen erscheinen jedoch nicht befriedigend, da sie entweder ungenau oder unvollständig sind. 26 Ohne auf einzelne Definitionen eingehen zu wollen, erscheinen die genannten Defmitionen insbesondere deshalb unvollständig, weil sie entweder nicht alle Elemente des Begriffs der nichtstaatlichen internationalen Organisation einschließen oder eine befriedigende Erfassung der auszuschließenden Organisationen fehlt. Dieser Arbeit soll daher eine eigene Defmition zugrundegelegt werden, die alle wesentlichen Kriterien enthält und eine genauere Bestimmung des Kreises der INGOs zuläßt. 27 Zu diesem Zweck soll bei den einzelnen Begriffsmerkmalen angesetzt und diese konkretisiert werden. Darüber hinaus ist zu bestimmen, inwieweit die so gewonnene Defmition durch weitere Kriterien ergänzt werden muß. In beiden Fällen erscheint der Rückgriff auf bisherige Definitionen zweckmäßig, um daraus Schlüsse für das allgemeine Verständnis des Begriffs abzuleiten, auf dem die eigene Definition dann aufbauen kann. Wie bereits ausgeführt, setzen sich nur wenige Defmitionen mit dem Begriff der Organisation auseinander. Sofern die dargestellten Auffassungen auf dieses Kriterium eingehen, haben sie jedoch gemein, daß ein zumindest minimaler institutioneller Rahmen vorausgesetzt wird. Ausgehend von dieser Basis soll für die Konkretisierung des institutionellen Rahmens der Organisation auf die Ergebnisse der Soziologie zurückgegriffen werden. Danach fallen unter den Begriff der Organisation die Institutionen, Gruppen und sozialen Gebilde, die ein gemeinsames Ziel verfolgen, dabei geplant arbeitsteilig gegliedert sind und ihre Aktivität auf eine gewisse Dauer ausgerichtet haben. 28 Für die Zwecke der hier

25 Neuhold/Hummer/Schreuer (Anm. 8), S.212; DahmiDelbrückiWolfrum (Anm. 14), S. 4. 26 Als Beispiel für die Ungenauigkeit einzelner Definitionen sei nur auf Bettati (Anm. 16), S. 8 ff. verwiesen, der die Frage otTenläßt, wie die von ihm herausgearbeiteten Kriterien der Internationalität und der Nichtstaatlichkeit mit Inhalt zu füllen sind. 27 Damit lehnt sich die Definition an die schon unternommenen Definitionsversuche an. Zur Erforderlichkeit der Zwecksetzung bei Definitionen vgl. Rickert, Zur Lehre von der Definition, 2. Aufl., 1915, S. 37; Klug (Anm. 2), S. 107. 28 Vgl. Fuchs-Heinritz, Organisation, in: Fuchs-Heinritz (Hrsg.), Lexikon zur Soziologie, 3. Aufl. 1994, S. 478.

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I. Teil: Untersuchungsgegenstand

verwendeten Defmition wird hinsichtlich der arbeitsteiligen Gliederung innerhalb eines sozialen Gebildes die Schaffung zumindest eines Organs für ausreichend gehalten. Darüber hinausgehende Voraussetzungen erscheinen nicht angebracht, da wegen der Vielfalt der Erscheinungsformen von Organisationen eine Grenzziehung ansonsten kaum möglich wäre. Hinsichtlich der Internationalität einer Organisation besteht in Theorie und Praxis nur soweit Übereinstimmung, als darunter Organisationen verstanden werden, die Bezüge zu mehr als einem Staat aufweisen. In Ausfiillung dieses Begriffes werden, wie gezeigt, verschiedene Anknüpfungspunkte gewählt. Für die vorliegende Arbeit wird dieser Begriff dahingehend verstanden, daß eine Organisation international ist, wenn Mitgliedschaften in mindestens zwei Staaten bestehen. Diese Defmition bietet sich an, da von der Internationalität einer Organisation gesprochen wird und das tragende Element der Organisation deren Mitglieder sind. Nur wenn die Mitgliedschaft also international ist, kann von einer INGO gesprochen werden. Eine Hinzuziehung von Kriterien wie der Tätigkeit der Organisation oder der Zusammensetzung ihrer Organe erscheint nachrangig. Eine alleinige Anknüpfung an die Tätigkeit erscheint zudem nicht angezeigt, da dies zu Abgrenzungsschwierigkeiten hinsichtlich der Art und Intensität der Tätigkeit führen würde. Als Lösung dieses Problems jede Tätigkeit mit Auslandsbezug ausreichen zu lassen, wäre dabei nicht sinnvoll, da dieses Verständnis nur schwer mit dem allgemeinen Sprachgebrauch zu vereinbaren wäre. In einer Vielzahl von Fällen wird die Wahl von unterschiedlichen Anknüpfungspunkten allerdings zum gleichen Ergebnis führen, da die internationale Mitgliedschaft einer Organisation häufig eine internationale Tätigkeit oder eine internationale Zusammensetzung der Organe nach sich zieht. Nach der hier verwendeten Defmition scheiden jedoch Organisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz aus dem Kreis der INGOs aus, da sie keine internationale Mitgliedschaft gewähren. 29 Untersucht man die bisherigen Defmitionen daraufhin, welches Verständnis der Nichtstaatlichkeit ihnen zugrundeliegt, so scheint ihnen gemein zu sein, daß die Organisationen dem staatlichen Einfluß entzogen sein sollen. 30 Der tiefere Grund dieses Verständnisses kann in der Befürchtung gesehen werden, daß andernfalls Organisationen erfaßt wären, die nur staatliche und nicht eigene Auffassungen zum Ausdruck bringen. Da staatlicher Einfluß sowohl bei der Gründung als auch bei der späteren Tätigkeit einer Organisation ausgeübt werden kann, ist für die Nichtstaatlichkeit daher zu fordern, daß die Gründung durch Privatinitiative erfolgt und die Tätigkeit nicht staatlich kontrolliert wird. Die Überprüfung der Rechtrnäßigkeit von Organisationshandlungen durch staatliche 29 Andere Definitionen haben gerade wegen des IKRK die Mitgliedschaft für nicht entscheidend gehalten, so z.B. Bastid, worauf Zemanek (Anm. 10), S. 121 hinweist. 30 Ausdrücklich weist Beigbeder (Anm. 10), S. 80 daraufhin.

A. Definition der INGO

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Organe ist jedoch zulässig. Mischorganisationen, deren Mitglieder sowohl Privatpersonen als auch staatlich bestimmte Vertreter sind, können zu den nichtstaatlichen Organisationen gerechnet werden, sofern der Staat nicht den Entscheidungsfmdungsprozeß bestimmen kann. Die dargestellten Definitionen zeigen, daß die überwiegende Auffassung dahin geht, bestimmte Organisationen nicht unter den Begriff der INGO zu fassen. 31 Ein gemeinsames Kriterium zur Bestimmung dieser Gruppe von Organisationen fehlt bislang. Da ein solches Kriterium zu einer nachvollziehbaren Begriffsbestimmung aber erforderlich erscheint, soll fiir die Zwecke dieser Arbeit die nicht-ideelle Zielsetzung einer Organisation als Entscheidungskriterium dienen. Lediglich Organisationen mit ideeller Zielsetzung fallen demzufolge hier unter den Begriff der INGOs. Als ideell werden dabei jene Organisationen angesehen, die ein auf das Gemeinwohl gerichtetes Ziel verfolgen. Damit sind sowohl religiöse als auch politische Vereinigungen in den Kreis der INGOs einbezogen, da sie für die Förderung des zwischenmenschlichen Zusammenlebens und damit fiir das Gemeinwohl eintreten. Grund der Beschränkung des INGO-Begriffs auf ideelle Vereinigungen ist die Verschiedenartigkeit von Organisationen dieser Art und Organisationen mit nicht-ideeller Zielsetzung. Diese Verschiedenartigkeit wird besonders am Beispiel der gewinnorientierten Organisationen deutlich, die in der völkerrechtlichen Praxis sowohl eine eigenständige Bezeichnung als transnationale Wirtschaftsunternehmen ("Transnational Corporations", TNCs) erfahren haben als auch Gegenstand gesonderter Regelungsbemühungen sind. 32 Sie sollen daher aus dem Kreis der INGOs ausgeschieden werden. Das Merkmal der Gewinnorientierung ist nach hier vertretener Auffassung aber nur dann gegeben, wenn der Hauptzweck der Organisation in der Gewinnerzielung liegt. Die Voraussetzungen sind indes nicht erfiillt, wenn die Gewinnerzielung einer Organisation geringen Umfangs ist und lediglich der Finanzierung der Arbeit der Organisation dienen soll. Auch Organisationen, die Geldmittel verwalten, die fiir einen gemeinnützigen Zweck eingesetzt werden sollen, sind auszunehmen. Andernfalls würde der Kreis der INGOs zu eng gezogen. Die ideelle Zielrichtung muß ferner bei den Organisationen verneint werden, die sich außerhalb des Rechts bewegen. Daher gehören Organisationen, die illegale Ziele verfolgen, nicht zu den INGOs. Ebenso sind

31 Selbst die Vereinten Nationen scheinen davon auszugehen, wenn sie zwar INGO in der dargestellten Weise definieren, aber solche Organisationen von den Konsultativbeziehungen ausschließen wollen, die Ziele verfolgen, die nicht im Einklang mit der Satzung der Vereinten Nationen stehen. 32 Vgl. zu diesem Begriff NeuholdlHummeriSchreuer (Anm. 8), S. 205; als Regelungen seien nur die OECD-Richtlinien für Multinationale Unternehmen von 1976, der 1978 von der Internationalen Handelskammer ausgearbeitete Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Erpressung und Bestechung und der noch in Arbeit befindliche UNVerhaltenskodex für transnationale Unternehmen genannt; vgl. dies., S. 403 ff

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I. Teil: Untersuchungsgegenstand

autoritäre Sekten auszuschließen, da diese in der Regel keinen freiwilligen Einoder Austritt der Mitglieder zulassen. Schließlich scheiden Befreiungsbewegungen als INGOs aus, sofern sie die gewaltsame Loslösung von einem Staat anstreben und damit ein Ziel verfolgen, das im Widerspruch zum geltenden Völkerrecht steht. 33 Unter Zugrundelegung der vorangegangenen Erörterungen kann der Begriff der INGOs dahingehend definiert werden, daß es sich dabei um eine von Privatpersonen gegründete Vereinigung handelt, die ein gemeinsames ideelles Ziel verfolgt und mindestens ein Organ aufweist. Sie hat in mindestens zwei Staaten Mitglieder und ist von staatlicher Kontrolle unabhängig. Profitorientierte und illegale Organisationen oder Organisationen, die keinen freiwilligen Ein- oder Austritt gewährleisten, sind ausgeschlossen. Ebenso können gewaltbereite Befreiungsbewegungen nicht zu den INGOs gezählt werden.

B. Entwicklung internationaler nichtstaatlicher Organisationen I. Frühphase der Entwicklung

Wann die ersten INGOs in Erscheinung getreten sind, läßt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, da anzunehmen ist, daß die ersten Zusammenschlüsse aufgrund ihrer geringen Bedeutung wenig Beachtung fanden. 34 Als älteste bekannte INGOs können die christlichen Kirchen und ihre Orden angesehen werden. Die Entstehung der Orden reicht dabei bis in das 6. Jahrhundert zurück. Zu dieser Zeit wurde der Benediktinerorden gegründet, der sich in ganz Europa neben der Verbreitung des Glaubens auch der Schulbildung und der Krankenpflege annahm. Andere Orden folgten diesem Beispiel. 3s Ein Zusammenschluß von Privatpersonen außerhalb des kirchlichen Organisationsrahmens erfolgte erst ge33 Zur Völkerrechtswidrigkeit des Sezessionsanspruches vgl. Uibopuu, Wars of National Liberation, EPIL Vol. 4, S. 345; Barberis, Nouvelles questions concernant la personalite juridique internationale, RdC 1983 I, S. 252 f.; vgl. auch Kränert, Die Stellung nationaler Befreiungsbewegungen im Völkerrecht, 1984, S. 160 ff. 34 Vgl. Stosic (Anm. I), S. 21. 35 Rechenberg (Anm. 16), S. 278; Beigbeder (Anm. 17), S. 12; ders. (Anm. 10), S. 8 nennt die Tätigkeit des Sankt Johannes Ordens während der Kreuzzüge; Skjelsbaek (Anm. 12), S. 424 und Jacobson, Networks of Interdependence, 1979, S. II verweisen auf den Orden der Rosenkreuzer ab 1694. Die hier vertretene Auffassung ist in der literatur nicht unbestritten. Verschiedene Autoren gehen von der Entstehung von INGOs im 19. Jhdt. aus, andere meinen, daß INGOs modernen Typs erst in dieser Zeit entstanden, vgl. White (Anm. 10), S. 4; Stosic (Anm. I), S. 25; Feld/Jordan/Hurwitz, International Organizations, 1983, S. 29. Die dieser Arbeit zugrundeliegende Definition läßt jedoch ein früheres Ansetzen erforderlich erscheinen, obgleich der im Mittelalter vorherrschende Universalitätsgedanke Vorbehalte hinsichtlich der Internationalität notwendig macht; vgl. dazu den 2. Teil.

B. Entwicklung internationaler nichtstaatlicher Organisationen

29

gen Ende des 17. Jahrhunderts. Als maßgebliches Ereignis wird in diesem Zusammenhang häufig die Vereinigung amerikanischer Quäker zur Verbesserung des Loses der Sklaven im Jahr 1696 genannt. Im 18. Jahrhundert folgten Vereinigungen in England und Frankreich mit der gleichen Zielsetzung. 36 Aus diesen nationalen Vereinigungen konnte sich dann 1823 die "British and Foreign AntiSlavery Society" und damit die erste modeme internationale INGO entwickeln. Diese fiühe Menschenrechtsbewegung erreichte schließlich 1840 mit einem Kongreß zur Abschaffung der Sklaverei, der "World Anti-Slavery Convention", ihren Höhepunkt. 37 Während bis zum Jahr 1848 die GIiindungen von INGOs sporadisch blieben,

kann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Vielzahl von Gründungen

beobachtet werden. 38 Zu diesen INGOs gehörte beispielsweise die 1862 gegründete "International Geodesical Association" als erste wissenschaftliche Organisation. 39 Ferner begann mit dem von Henri Dunant 1863 initiierten "Comite International des secours aux blesses", das später den Namen Internationales Komitee vom Roten Kreuz erhielt, die Entwicklung der nichtstaatlichen Kriegsopferfiirsorge. 4o Nur ein Jahr später kam es mit der GIiindung der Organisation der internationalen Arbeiterschaft zur Schaffung der ersten Vereinigung, die sich für das Wohl der Arbeiter einsetzte. 41 Die ersten Einrichtungen, die sich der Rechtsfortbildung widmeten, wurden 1873 mit der "International Law Association" und dem "Institut de droit international" gegriindet. 42 1894 wurde dann aus der auf Pierre de Coubertin zurückgehenden Idee der Erneuerung der olympischen Spiele das Internationale Olympische Komitee und damit der erste

36 Lador-Lederer (Anm. 22), S. 112; Stosic (Anm. I), S. 25; Nchama, The role of non-governmental organizations in the promotion and protection of human rights, TA 1992, S. 187 nennt das Jahr 1641, in dem sich die ersten Gruppen bildeten, vgl. auch Charnowitz, Two Centuries of Participation: NGOs and International Governance, MichiganJIL 1997, S. 183 ff. 37 Bowett, The Law of InternationalInstitutions, 1982, S. 4. 38 Die Entwicklung ging damit im wesentlichen der Entwicklung zwischenstaatlicher Organisationen mit Ausnahme der Rheinkommission voraus, vgl. White (Anm. 10), S. 5; zur Rheinkommission vgl. Jacobson (Anm. 35), S. 59. 39 Stosic (Anm. I), S. 25. 40 Vgl. Klemp, Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, in: Handwörterbuch internationale Organisationen, 1995, S. 196, der die Liga der Rotkreuzgesellschaften nennt; siehe auch Chiang, Non-Governmental Organizations at the United Nations, 1981, S. 22. 41 Rechenberg(Anm. 16), S. 278. 42 Stosic (Anm. I), S. 25; vgl. zu diesen Organisationen, die noch heute bestehen Dutheil De La Rochere, La contribution de I'association de droit international, in: Les O.N.G. et le droit international (Anm. 16), S. 109 tf. für die International Law Association (ILA) und Visscher, La contribution de I'Institut de droit international, in: Les O.N.G. et le droit international (Anm. 16), S. 103 tf. für das Institut de droit international.

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I. Teil: Untersuchungsgegenstand

internationale Sportverband geboren. 43 Bereits diesen ersten INGOs gelang es, auf Entscheidungen der Staatengemeinschaft Einfluß zu nehmen. Insbesondere ihre Mitwirkung bei der Gründung zwischenstaatlicher Organisationen bildet hierfiir ein Beispiel. 44 Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts stieg die Zahl der INGO-Gründungen stark an. 45 Die Ursachen rur diese Entwicklung können an dieser Stelle zwar nicht ausruhrlich dargestellt werden, bedingt dürfte dieses Anwachsen jedoch vor allem durch die zunehmende Industrialisierung und den wachsenden internationalen Handel gewesen sein. Gerade diese Veränderung der wirtschaftlichen Gegebenheiten erforderte eine verstärkte Kooperation der am Wirtschaftsleben beteiligten Personen, zumal staatliche Institutionen nicht alle Bedürfnisse befriedigten. 46 Daneben ist die wachsende Bedeutung des Einzelnen zu nennen, dem in zunehmendem Maße die Einflußnahme auf politische Entscheidungen möglich war. 47 Die große Zahl von INGOs ließ auch das Bedürfnis nach Kooperation untereinander wachsen und fiihrte 1907 zur Gründung der "Union ofInternational Associations". Mit dieser Vereinigung war eine Organisation geschaffen, die sich bis heute um die Wahrung der Interessen nichtstaatlicher Organisationen bemüht. 48 Der Gründung dieser Organisation folgte bereits 1910 der erste Weltkongreß internationaler Privatvereine, der sich die Ausarbeitung eines Konventionsentwurfs zur Regelung des Rechtsstatus internationaler Idealvereine zum Ziel setzte. Der erste Entwurf einer solchen Konvention wurde jedoch nicht vom Weltkongreß, sondern vom "Institut de droit international" im Jahr 1912 erarbeitet. Im folgenden Jahr legte dann auch der zweite Weltkongreß einen Entwurf vor. Inhaltlich wiesen diese Entwürfe große Ähnlichkeit auf, indem sie vorsahen, daß den internationalen Privatvereinen im nationalen Bereich die gleichen Rechte wie nationalen Vereinen eingeräumt werden sollten. Beiden Konventionen blieb die Umsetzung in zwischenstaatliche Abkommen jedoch versagt.49 Mitursächlich dafiir war der Ausbruch des 1. Weltkrieges, der rur die INGO-Bewegung einen starken Einschnitt bedeutete. 43 Vgl. zur Entwicklung Baare-Schmidt, Der Status des Olympische Komitees im Völkerrecht, 1983, S. 6 ff. 44 So nennt White (Anm. 10), S. 246 f. die Beteiligung an der Errichtung der International Relief Union und der International Union for the Protection of Literacy and Artistic Works. 45 Vgl. die Aufstellung bei Stosic (Anm. I), S. 28 f. und die Graphik bei Skjelsbaek (Anm. 12), S. 424. 46 Reuter, Institutions Internationales, 1956, S. 54; Potter, An Introduction to the Study of International Organization, 1948, S. 37; White (Anm. 10), S. 4; auf die mangelnde Bedürfnisbefriedigung weist Lador-Lederer (Anm. 22), S. 61 hin. 47 Mit ähnlicher Argumentation Chiang (Anm. 40), S. 25 ff., der allerdings auf die Aufklärung abstellt. 48 Vgl. Skjelsbaek (Anm. 12), S. 422. 49 Vgl. Schrag, Internationale Idealvereine, 1936, S. 193 ff.

B. Entwicklung internationaler nichtstaatIicher Organisationen

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Sowohl die Neugriindung von INGOs als auch die Arbeit bereits bestehender INGOs kamen in dieser Zeit weitgehend zum Erliegen. 50

11. Zeit des Völkerbundes In der Nachkriegszeit nahm die Zahl der INGO-Gründungen wieder zu. Die Gruppe der Organisationen im Bereich der Gesundheit, des Handels, der Industrie und der Wissenschaft entwickelte sich dabei zur größten Gruppe noch vor den religiös geprägten Organisationen. 51 Zu diesen Organisationen zählte sowohl die 1919 gegriindete "International Federation of Trade Unions" (IFTU) als auch die 1920 errichtete Internationale Handelskanuner, die sich die Lösung technischer und politischer Probleme der Weltwirtschaft zum Ziel setzte. 52 Besondere Bedeutung für die INGO-Bewegung erlangte ihre Einbeziehung in die Arbeit des Völkerbundes. Dabei war es nicht selbstverständlich, daß INGOs einbezogen wurden, da in der Satzung des Völkerbundes für eine Einbeziehung von INGOs eine rechtliche Grundlage fehlte. Art. 24 SVB sah lediglich vor, daß alle früher durch Gesamtverträge errichteten internationalen Stellen dem Bund unterstellt werden sollten. Stellen, die nach Inkrafttreten der Satzung gebildet und Ausschüsse, die mit der Regelung von Angelegenheiten von internationalem Interesse betraut würden, sollten ebenfalls dem Bund untergeordnet werden. 53 Der Wortlaut der Regelung deutete darauf hin, daß nur Stellen berücksichtigt werden sollten, die durch zwischenstaatlichen Vertrag geschaffen worden waren. 54 Dennoch verabschiedete der Rat 1921 eine Resolution, die alle internationalen Stellen in den Anwendungsbereich des Art. 24 einbezog. Gleichzeitig legte der Rat Richtlinien für die Ausgestaltung der Zusammenarbeit fest. 55 Bereits 1923 wurde diese Regelung jedoch durch eine weitere Resolution widerrufen. Begründet wurde dieser Schritt damit, daß Art. 24 nur durch völkerrechtlichen Vertrag geschaffene Stellen erfasse und die Arbeit der INGOs nicht durch den Anschein einer offiziellen Kontrolle behindert werden sollte. 56 Skjelsbaek (Anm. 12), S. 425. Tew, The Organisational World, Int. Ass. 1960, S. 732; Blaisdell, International Organisations, 1966, S. 11. 52 Vgl. zur IFTU White (Anm. 10), S. 77; zur Internationalen Handelskammer Dahlgrün, Funktion und Rechtspersönlichkeit der Internationalen Handelskammer, 1969, S. 8 ff. 53 Einen Bezug auf das nationale Rote Kreuz enthält Art. 25 der Satzung, vgl. Münch/v. Eynern, Internationale Organisationen und Regionalpakte, 1962, S. 87. 54 Beatus, Interessengruppen in internationalen Organisationen, 1967, S. 12. 55 Vgl. League 0/ Nations, Handbook oflnternational Organizations, 1925, S. 8. 56 League 0/ Nations, Official Journal, 4th year, No. 8, 2 July 1923, S. 858; Pickard, The Greater United Nations, 1956, S. 25; White (Anm. 10), S. 252 f. 50

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I. Teil: Untersuchungsgegenstand

Die Auswirkungen dieses Wandels waren gering, da sich in den beiden Jahren der Geltung der Resolution keine Organisation dem Bund unterstellt hatte. 57 Gewicht gewann die Arbeit der INGOs indes durch das vom Völkerbund eingeführte Beisitzersystem. 58 Dieses Beisitzersystem sah vor, daß Vertreter von INGOs in festgelegter Zahl an der Arbeit bestimmter Ausschüsse teilnehmen konnten. In verschiedenen Resolutionen und Geschäftsordnungen war geregelt, wie die Teilnahme gestaltet werden sollte. Dabei wurden INGOVertretern in der Regel die gleichen Rechte zugestanden wie Mitgliedern, mit Ausnahme des Stimmrechts und der Möglichkeit, den Vorsitz in einem Ausschuß zu führen. Ihnen stand es offen, in verschiedenen Komitees das Wort zu ergreifen, Berichte zu unterbreiten, Diskussionen zu initiieren, Resolutionen vorzuschlagen und Änderungsanträge einzubringen. 59 Funktional nahmen die Vertreter der INGOs sowohl die Stellung von Experten als auch die Rolle von Gruppenvertretern ein. 60 Als ein beispielhafter Erfolg dieser Beteiligung kann die 1921 auf Betreiben eines Konsortiums von INGOs erfolgte Berufung Fridjof Nansens zum Hochkommissar für russische Flüchtlinge gewertet werden. 61 Neben der Tätigkeit in den Ausschüssen des Völkerbundes unterhielten INGOs auch Kontakte zu dessen Sekretariat. Dieses unterrichtete INGOs regelmäßig über die sie berührenden Vorgänge und besorgte diesen, soweit erforderlich, auch Dokumente der Völkerbundsorgane. Weiterhin stellte das Sekretariat die Beiträge von INGOs zur Arbeit des Völkerbundes in dem vom Sekretariat herausgegebenen Jahrbuch über Internationale Organisationen zusammen. Vertreter des Sekretariats nahmen schließlich auch an Konferenzen und Kongressen von INGOs teil. Eine unmittelbare Einflußnahme nichtstaatlicher Organisationen auf den Rat oder die Versammlung bestand dagegen nicht. 62 Verschiedentlich wandten sich diese Organe des Völkerbundes jedoch mit der Bitte an INGOs, ihnen zu bestimmten Themen Informationen zur Verfügung zu stel-

Beatus (Anm. 54), S. 16. Der ~egriff entspricht dem von Beatus (Anm. 54), S. 18 gewählten und stellt die wörtliche Ubersetzung des Begriffs "assessor" oder "assesseur" dar; vgl. auch v. Weiss, Die Non-Governmental Organizations und die Vereinten Nationen, ZfP 1980, S. 394 ff. 59 Vgl. eine Aufstellung der Ausschüsse und der Arbeit der INGOs bei White (Anm. 10), S. 248 ff.; Stosic (Anm. I), S. 158 ff.; White (Anm. 10), S. 249 erwähnt jedoch auch, daß INGOs zum Teil Stimmrecht hatten; siehe auch Chiang (Anm. 40), S. 35; Robb, League Committees and Assessors, Association Internationale 1955, S. 579; Berens tein, Les Organisations ouvrieres, leurs competences et leur röle dans Ia Societe des Nations, 1936, S. 245. 60 Beatus (Anm. 54), S. 21 ff. 61 Macalister-Smith (Anm. 18), S. 484. 62 Beatus (Anm. 54), S. 26. 57

58

B. Entwicklung internationaler nichtstaatlicher Organisationen

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len oder Berichte anzufertigen. 63 Darüber hinaus wurden einige Publikationen von INGOs vom Völkerbund subventioniert. 64 Im übrigen genossen INGOs die gleiche Behandlung wie alle Privatpersonen, die sich fiir die Arbeit des Völkerbundes interessierten. Den Organisationen wurden weder besondere Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt noch Sitzplätze fiir sie reserviert. Auch Dokumente wurden an sie, von der beschriebenen Ausnahme abgesehen, nicht verteilt. 65 Die Zusammenarbeit zwischen Völkerbund und INGOs erstreckte sich auch auf verschiedene Konferenzen der Organisation. Besonders weitreichend war die Beteiligung von INGOs an der WeltabTÜstungskonferenz im Jahre 1932, die zugleich den Höhepunkt der Einbeziehung in die Arbeit des Völkerbundes bedeutete. 66 Den INGOs wurden hier sowohl Konferenzdokumente zugänglich gemacht als auch die Möglichkeit eingeräumt, Petitionen an Delegierte zu verteilen. Außerdem war ihnen erlaubt, auf einer speziell anberaumten Sondersitzung der Konferenz vom vollständig anwesenden Teilnehmerkreis angehört zu werden. 67 Von 1936 an wurde dann eine Abkehr der Organe des Völkerbundes von einer engen Zusammenarbeit mit INGOs vollzogen. Im Zuge der Neuorganisation der Ausschüsse wurde das Beisitzersystem aufgegeben und durch ein System der Korrespondenten ersetzt. Diesen Korrespondenten war die Teilnahme an Ausschußsitzungen nur noch möglich, wenn sie eine Einladung erhalten hatten und spezielle Sachkompetenz hinsichtlich der behandelten Themen besaßen. 68 Neben dem Völkerbund bezog der Ständige Internationale Gerichtshof (StlGH) INGOs in seine Arbeit mit ein. Art. 66 seines Statuts gab ihm die Möglichkeit, von internationalen Organisationen Stellungnahmen einzuholen. INGOs waren nach dem Wortlaut miteinbezogen. In Anwendung dieser Vorschrift hat der StlGH zur Vorbereitung von Gutachten fiir die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) verschiedene internationale Vereinigungen der Arbeitnehmer

63 Nach White (Anm. 10), S. 250 wandte sich zum Beispiel die Versammlung 1935 an acht internationale Frauenvereinigungen, damit diese einen Bericht über den Status der Frauen in der Welt anfertigten. 64 League 01 Nations, Ten Years of World Co-operation, 1930, S. 291; Pickard (Anm. 56), S. 23-27; White (Anm. 10), S. 249-252; Consultation between United Nations and Non-Governmental Organizations, United Nations Studies No. 3, S. 11-13; vgl. auch Byückner, Das Verhältnis der nichtstaatlichen Organisationen zur UNO, VN 1973, S. 48 f.; Chiang (Anm. 40), S. 35. 65 Consultation between UN and NGOs (Anm. 64), S. 12; Beatus (Anm. 54), S. 26. 66 Chiang (Anm. 40), S. 35; vgl. daneben auch Beatus (Anm. 54), S. 27, der die Beteiligung von INGOs an der Weltwirtschaftskonferenz beschreibt. 67 Pickard (Anm. 56), S. 44 f.; Beatus (Anm. 54), S. 32. 68 White (Anm. 10), S. 252-255; Pickard (Anm. 56), S. 53 f.; Consultation Between UN and NGOs (Anm. 64), S. 12 f.; vgl. auch Chiang (Anm. 40), S. 38. 3 Hempel

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I. Teil: Untersuchungsgegenstand

und Arbeitgeber um ihre Stellungnahmen gebeten. 69 Auch die ILO selbst band INGOs in ihre Arbeit mit ein. 70 Im Gegensatz zum Völkerbund wurden diese Beziehungen auch nach 1936 aufrechterhalten. Begünstigt wurde diese Zusammenarbeit allerdings durch die satzungsrechtliche Zusammensetzung von Konferenz und Verwaltungsrat aus Vertretern von Regierungen, Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Diese Zusammensetzung ermöglichte es dann vor allem der International Federation of Trade Unions (IFTU), auf die Entscheidungen der Organisation Einfluß zu nehmen. Als weitere zwischenstaatliche Institution verdient das "International Institute of Intellectual Cooperation" Erwähnung, da es ebenfalls enge Arbeitsbeziehungen zu einer Reihe von INGOs unterhielt. 7 I Schließlich ist noch das "Nansen International Office for Refugees" mit seinen Verbindungen zu humanitären INGOs zu nennen. Den INGOs kam in der Arbeit dieser Institution vor allem die Aufgabe zu, die Gesundheitsfürsorge der Flüchtlinge zu übernehmen und mit Geldmitteln und Dienstleistungen zur Verbesserung der Situation der Flüchtlinge beizutragen. 72 Da der ungewisse Rechtsstatus der INGOs in der Zwischenkriegszeit immer größere Bedeutung für die Organisationen gewann, wurde dieses Problem in der Rechtswissenschaft erneut aufgegriffen. 1923 arbeitete das "Institut de droit international" einen weiteren Konventionsentwurf zu dieser Frage aus. 73 Wie der erste blieb jedoch auch dieser Versuch erfolglos. Dennoch wurde die Arbeit nichtstaatlicher Organisationen durch das Fortbestehen dieses Problems nicht allzu stark behindert. Von einer Reihe Staaten wurde der von INGOs erbrachte Beitrag sogar begrüßt. Welchen Stellenwert die Staatengemeinschaft dieser Arbeit einräumte, ist insbesondere daran abzulesen, daß bedeutende Regierungsorganisationen aus INGOs hervorgingen. Das bekannteste Beispiel dieser Art dürfte das "Institute of Education Sciences" sein, welches 1925 als nichtstaatliche Organisation gegründet und 1929 in das zwischenstaatliche "Bureau of Education" umgewandelt wurde. 74 Die Bedeutung der INGOs erreichte während des zweiten Weltkrieges dann aber einen Tiefpunkt, da die Tätigkeit der INGOs weitgehend zum Erliegen kam. 75

69 Vgl. White (Anm. 10), S. 256, der die Gutachten NT. I, 2, 13, 50 nennt; siehe auch Shelton, The Participation of Nongovernmental Organizations in International Judicial Proceedings, AJIL 1994, S. 622 mit Nachweisen der teilnehmenden INGOs. 70 White (Anm. 10), S. 257. 71 White (Anm. 10), S. 255 f. 72 White (Anm. 10), S. 255. 73 Politis (Anm. 9), S. 97 ff. 74 White (Anm. 10), S. 246. 75 V gl. Skjelsbaek (Anm. 12), S. 424.

B. Entwicklung internationaler nichtstaatlicher Organisationen

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III. Entwicklung seit dem Ende des 2. Weltkrieges Mit dem Ende des zweiten Weltkrieges kam es zu einem Wiedererstarken der INGO-Bewegung. Bereits auf der Griindungskonferenz der Vereinten Nationen in San Francisco übten INGOs Einfluß auf verschiedene Delegationen aus. Eine direkte Beteiligung von INGOs an der Konferenz war allerdings nicht vorgesehen. Institutionalisiert war diese Einflußnahme bei der amerikanischen Delegation. Bereits vor Beginn der Konferenz hatte das State Department nämlich 42 amerikanische NGOs als Berater seiner Delegation ausgesucht. Den übrigen interessierten NGOs stand eine Verbindungsstelle des State Department zur Verfügung. Inhaltlich traten beide Gruppen sowohl fiir eine Einbeziehung nationaler und internationaler NGOs in die Arbeit der Vereinten Nationen als auch für die Ausweitung des Aufgabenbereichs des Wirtschafts- und Sozialrates ein. 76 Vor allem diesen beiden Gruppen dürfte es zuzuschreiben sein, daß die USA, die anfänglich jegliche Beteiligung von INGOs an der Arbeit der Vereinten Nationen abgelehnt hatten, schließlich der Einbeziehung eines Artikels in die Satzung zustimmten, der die Möglichkeit der Aufnahme von Konsultativbeziehungen mit nationalen und internationalen NGOs vorsah. 77 Andere Staaten waren schon zuvor für eine Beteiligung von INGOs eingetreten. Vor allem der Sowjetunion war daran gelegen, die "World Trade Union Conference" (WTUC) bereits an der Arbeit der GTÜndungskonferenz zu beteiligen. Damit sollte der WTUC die Möglichkeit gegeben werden, sich für einen besonderen Status im Sicherheitsrat und im Wirtschafts- und Sozialrat einzusetzen. 78 Der schließlich eingefügte Art. 71, der allen INGOs die Möglichkeit gab, Konsultativbeziehungen zum Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen zu unterhalten, bedeutete daher einen Kompromiß der Positionen der beiden Großmächte. Die näheren Voraussetzungen fiir die Aufnahme von Konsultativbeziehungen waren jedoch offengelassen worden und mußten noch durch den Wirtschafts- und Sozialrat festgelegt werden. Dies geschah im Juni 1946 durch die Resolution 2/3, die Regelungen betreffend die Auswahlkriterien fiir INGOs und den Zweck und Umfang der Konsultation enthielt79 , nachdem die Generalversammlung aufDrängen der World Federation ofTrade Unions (WFTU) den Wirtschafts- und Sozialrat ersucht hatte, Regelungen fiir einen Konsultations76 Chiang (Anm. 40), S. 39 ff., der auf Robins, US Non-Govemmental Organizations and the Educational Campaign from Dumbarton Oaks, 1944 through the San Francisco Conference 1945, 1960, S. 274, verweist; vgl. auch Goodrich, The United Nations, 1959, S. 277 f.; Nicholas, The UN as a Political Institution, 1971, S. 138; Beatus (Anm. 54), S. 36; Blodgett(Anm. 18), S. 47. 77 Chiang (Anm. 40), S. 47 tf. 78 Chiang (Anm. 40), S. 42 ff.; vgl. neben RusselI, A History of the United Nations Charter, 1958, S. 798 tf. auch Robins (Anm. 76), S. 167 f. 79 Arrangements for Consultation with Non-Govemmental Organizations, Res. 2/3 vom 21. Juni 1946, ESC, OR I1, S. 360 ff.

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I. Teil: Untersuchungsgegenstand

mechanismus zu erarbeiten. Diese Regelungen wurden dann später durch die Resolution 288 B vom 27. Februar 1959 abgeändert. 80 Aufgrund der Unzulänglichkeiten dieser Resolution wurde diese durch Resolution 1296 modifiziert, die die aktuellen Voraussetzungen rur Konsultativbeziehungen mit INGOs enthält. Sowohl Art. 71 SVN als auch die genannten Resolutionen haben in der Folge dann sowohl den Spezialorganen als auch den Sonderorganisationen der Vereinten Nationen als Vorlage fiir die rechtliche Gestaltung ihrer Konsultativbeziehungen gedient. In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg ist eine Fortsetzung der Entwicklung der Zwischenkriegszeit erkennbar. Wie schon in der Zwischenkriegszeit, so wurde die Bedeutung der Arbeit einiger INGOs auch in dieser Zeit durch Umwandlung in zwischenstaatliche Organisationen honoriert. Als Beispiel sei die 1950 erfolgte Umwandlung der Internationalen Meteorologischen Organisation in die Weltorganisation rur Meteorologie genannt. 81 Ein Erfolg konnte ferner hinsichtlich des Rechtsstatus von INGOs mit der Unterzeichnung der Europäischen Konvention zur Verbesserung der Rechtsstellung der INGOs im Jahr 1986 erzielt werden, die nunmehr vorsieht, daß die Rechtspersönlichkeit, die eine INGO in einem Vertragsstaat besitzt, auch in den anderen Vertragsstaaten anzuerkennen ist. 82 Über diese Entwicklungen hinaus werden INGOs zunehmend in die internationale Zusammenarbeit integriert. Beispielhaft sei das arbeitsteilige Zusammenwirken im Bereich der Entwicklungshilfe genannt, das auf europäischer Ebene im Lome-Abkommen von 1975 seinen Niederschlag gefunden hat. 83 Gefördert wird diese Entwicklung nicht zuletzt durch das starke Anwachsen der Zahl der INGOs, das den Staaten nunmehr eine weitreichende Kooperation mit nichtstaatlichen Akteuren ermöglicht. Allein die "Union of International Associations" zählte im Jahre 1985 mehr als 14.000 nichtstaatliche Organisationen. 84 Dabei weisen die Organisationen hinsichtlich ihrer geographischen Verteilung allerdings die Besonderheit auf, daß der Großteil der Organisationen ihren Sitz in den westlichen, entwickelten Staaten hat, wobei Frankreich die Liste der Staaten anfUhrt, die in mehr als 1000 INGOs vertreten sind. 8s 80 Arrangements for Consultation with Non-Governmental Organizations, Res. 288 B (X) vom 27. Februar 1950, ESC, OR X, Supplement No. I, Resolutions, S. 24 ff. 81 Schermers, Internationallnstitutional Law, 1980, S. 17; vgl. ferner für WTO SeidlHohenveldern/Loibl, Das Recht der Internationalen Organisationen, 1992, Rz. 0103. 82 Vgl. zur Entstehungsgeschichte und zur Auslegung der einzelnen Vorschriften Wiederkehr (Anm. 6), S. 749 tf. Erwähnt sei an dieser SteHe, daß dieser Konvention 1950 ein weiterer Regelungsversuch des "Institut de droit international" voranging: Bastid (Anm. 14), S. 547 ff.; vgl. auch Papini (Anm. I), S. 28. 83 Macalister-Smith (Anm. 18), S. 486. 84 UIA, Yearbook 1985, Vol. 11, S. 1478. 8S Vgl. TabeHe bei Skjelsbaek (Anm. 12), S. 431, 433, der aber darauf hinweist, daß der Dekolonialisierungsprozeß zu einem Anstieg der INGOs in Entwicklungsländern geführt hat.

C. Tätigkeitsfelder der INGOs

37

Es folgen die Bundesrepublik Deutschland, Belgien und das Vereinigte Königreich von Großbritannien. Die Vereinigten Staaten von Amerika folgen auf Platz 12 als erster amerikanischer Staat. Platz 16 wird von Japan als dem ersten asiatischen Staat eingenommen. 86 Die geographische Verteilung der Verwaltungssitze folgt in etwa der Bürgerbeteiligung an der Arbeit der INGOs. So beherbergt Frankreich, dort in erster Linie Paris, die meisten Verwaltungssitze. Es folgen Belgien, dort Brüssel, und das Vereinigte Königreich von Großbritannien, dort London. An vierter Stelle liegen dann die Vereinigten Staaten von Amerika mit New York als dem Zentrum der Verwaltungssitze. 87

C. Tätigkeitsfelder der INGOs Die Ausführungen zur Geschichte der INGO-Bewegung haben bereits deutlich gemacht, daß sich nichtstaatliche internationale Organisationen in sehr verschiedenen Bereichen betätigen. Dies hat in der Vergangenheit dazu geführt, daß in der Literatur unterschiedliche Kategorisierungen der Organisationen unternommen wurden, die aber den Zwecken dieser Arbeit zum Teil wenig dienlich sind. 88 Um einen Überblick über die Vielfalt des Spektrums nichtstaatlicher Organisation zu ermöglichen, sollen im folgenden daher einige ausgewählte Organisationen nach Tätigkeitsfeldern geordnet dargestellt werden. 89

I. Religion Bei einer großen Anzahl von INGOs handelt es sich um religiöse Verbände. Zu diesen Organisationen zählen neben dem Internationalen Rat Christlicher Kirchen90 der Ökumenische Rat der Kirchen,91 der Reformierte Weltbund,92 der

VIA, Yearbook 1985, Vol. 11, S. 1490. VIA, Yearbook 1985, Vol. 11, S. 1497. 88 Vgl. zur Kategorisierung nach Funktionen Lador-Lederer (Anm. 22), S. 64; nach Organisationsmerkmalen Mosler, Die Erweiterung des Kreises der Völkerrechtssubjekte, ZaöRV 1962, S. 6; nach Kategorien der Vereinten Nationen Kaiser (Anm. 18), S. 613; Lagoni, Art. 71, in: The Charter ofthe Vnited Nations, 1994, Rz. 10. 89 Für eine ausführliche Darstellung wird auf VIA, Yearbook 1985, Vol. I verwiesen. 90 VIA, Yearbook 1985, Vol. I, Zifr. B 1737. 91 Thränhardt, Ökumenischer Rat der Kirchen/ÖRK (World Council of Churches/ WCC), in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S. 316; Baratta/Clauss, Internationale Organisationen, 1991, S. 470; Höhne/Rose, Handbuch der Internationalen Organisationen, 1969, S. 768, die auch den Begriff Weltkirchenrat verwenden. 92 Baratta/Clauss (Anm. 91), S. 469. 86

87

I. Teil: Untersuchungsgegenstand

38

Jüdische Weitkongreß 93 sowie die "Muslim World League" 94. Diese Organisationen haben sich vor allem die Stärkung der Gemeinschaft der Gläubigen, die Verbreitung des Glaubens und den Einsatz fiir die Glaubensfreiheit zum Ziel gesetzt. Zu diesem Zweck sind sie publizistisch aktiv, wobei sich ihre Tätigkeit sowohl auf die einfache Vermittlung der Glaubensinhalte als auch auf die Veröffentlichung der Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung bezieht. Dariiber hinaus unterstützen sich die Verbandsmitglieder gegenseitig durch finanzielle Mittel und praktische Hilfe. Zudem betätigen sich einige der Organisationen im Bereich der Katastrophen-, Entwicklungs- und Flüchtlingshilfe. 95 11. RechtsentwickJung und Politik

Auch auf juristischem Gebiet ist es, wie bereits erwähnt, zu internationalen Zusammenschlüssen von Privatpersonen gekommen. Zu ihnen zählt neben der ,.International Law Association" und dem "Institut tUr internationales Recht" (Institut de droit international) auch die Internationale Vereinigung fiir Strafrecht. 96 Diese Organisationen sind bestrebt, den Austausch zwischen Juristen verschiedener Nationen zu fordern. Dabei stehen das Studium des Rechts, die Rechtsentwicklung und die Harmonisierung der verschiedenen Rechtsordnungen im Vordergrund. Dariiber hinaus soll durch ihre Arbeit ein Beitrag zur internationalen Verständigung geleistet werden. Die genannten Ziele versuchen die Organisationen durch die Ausarbeitung von Expertenstudien zu verwirklichen, die der Öffentlichkeit dann regelmäßig in selbst herausgegebenen Publikationen zugänglich gemacht werden. 97 Für einzelne Rechtsbereiche haben sich spezielle nichtstaatliche Organisationen entwickelt. Der Schutz der Menschenrechte, tUr den sich unter anderem "Amnesty International",98 die Internationale Juristen-Kommission,99 die

Baratta/Clauss (Anm. 91), S. 486. Reissner, Liga der Islamischen Welt, in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S. 290; Baratta/C/auss (Anm. 91), S. 332. 9S Vgl. hierzu UIA, Yearbook 1985, Vol. I, Ziff. B 3501 für den Ökumenischen Rat und UIA, Yearbook 1985, Vol. I, Ziff. C 4378 für die Muslim World League; siehe auch Beigbeder (Anm. 10), S. 225 ff. 96 lJIA, Yearbook 1985, Vol. I, Ziff. B 1324. 97 Vgl. hierzu die Ziele und Aktivitäten der International Law Association, UIA, Yearbook 1985, Vol. I, Ziff. B 2189. 98 Baratta/Clauss (Anm. 91), S.26; Thränhardt, Amnesty International AI, in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S. 21; Rodley, Le röle d'une O.N.G. comme amnesty international au sein des organisations internationales, in: Les O.N.G. et le droit international (Anm. 16), S. 127; weiterführende Literatur: C/audius/ Stepan, Amnesty International, Portrait einer Organisation, 1987; Müller, Betrifft: am93

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C. Tätigkeitsfelder der INGOs

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Internationale Liga der Menschenrechte,loo die "International Federation of Human Rights,,101 und die "Minority Rights Group" einsetzen,102 nimmt dabei eine herausragende Stellung ein. Diese Organisationen treten vor allem fiir die Beachtung der Menschenrechtsdeklaration und der beiden Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen ein. Dazu untersuchen sie mögliche Menschenrechtsverletzungen und werden, soweit dies zum Schutz der Opfer erforderlich ist, bei Regierungen vorstellig. Regelmäßig äußern sie sich auch vor Gremien internationaler Organisationen zur Menschenrechtssituation in bestimmten Staaten und veröffentlichen Berichte über Länder, in denen es zu Menschenrechtsverletzungen kommt. Eine weitere Aufgabe dieser Verbände besteht in der Hilfe tUr Opfer von Menschenrechtsverletzungen, zu der auch das Entsenden von Beobachtern zu Gerichtsverhandlungen gehört. Um eine weltweite Achtung der Menschenrechte zu erreichen, versuchen sie zudem, die Etablierung weiterer Menschenrechtsgruppen voranzubringen. 103 Anerkennung hat insbesondere die Arbeit von "Amnesty International" gefunden, die fiir ihren Beitrag zum Menchenrechtsschutz 1977 mit dem Friedensnobelpreis und 1978 mit dem Menschenrechtspreis der Vereinten Nationen ausgezeichnet wurde. 104 Für die Rechte der Frauen setzen sich auf internationaler Ebene der Internationale Frauen-Verband,lOs der "International Council of Women"l06 und die "International Federation ofBusiness and Professional Women" ein. 107 Diese Organisationen verfolgen in erster Linie das Ziel, die Gleichberechtigung der Frauen durchzusetzen. Zusammen mit anderen Organisationen treten die INGOs bei Regierungen und internationalen Organisationen unter anderem fiir eine

nesty international, 1989; darüber hinaus amnesty international, Der internationale Menschenrechtsschutz, 1981; vgL ferner die Jahresberichte der Organisation. 99 Zu näheren Infonnationen vgL Höhne/Rose (Anm. 91), S. 603. 100 UIA, Yearbook 1985, VoLl, Ziff. B 2205. 101 Laurin, La contribution de la federation internationale des Droits de I'Homme a I'application des nonnes relatives aux Droits de I'Homme, in: Les O.N.G. et le droit international (Anm. 16), S. 159 ff. 102 UIA, Yearbook 1985, VoL I, Ziff. F 0172. 103 VgL insbesondere zur Arbeit der Liga der Menschenrechte UIA, Yearbook 1985, VoL I, B 2205; vgL hierzu allg. Wiseberg/Scoble, Human Rights NGO's: Notes Towards Comparative Analysis, RDH 1976, S. 611 ff.; Posner, The role of nongovernmental organisations: structures, objectives and strategies, in: International Human Rights Law in the Commonwealth Carribean, 1991, S. 359 ff.; verwiesen sei ebenfalls auf Livezey, NGOs and the Ideas of Human Rights, 1988, S. 19 ff., der aber vorwiegend auf die Arbeit amerikanischer NGOs verweist. 104 Neuhold/HummeriSchreuer (Anm. 8), S. 213. 105 UIA, Yearbook 1985, VoLl, Ziff. B 1152. 106 VgL auch Höhne/Rose (Anm. 91), S.571, die den deutschen Begriff Internationaler Frauenrat verwenden. 107 UIA, Yearbook 1985, VoL I, Ziff. B 1872.

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I. Teil: Untersuchungsgegenstand

gleiche Entlohnung von Mann und Frau, die Beendigung der Diskriminierung der Frau bei der Erziehung und bessere FamiIienbedingungen ein. Darüber hinaus veranstalten sie Seminare rur Frauen, die diesen ihre Rechte aufzeigen und ihnen grundlegende Kulturtechniken wie Lesen und Schreiben vermitteln sollen. 108 Eine weitere Gruppe von INGOs verfolgt vorrangig politische Zielsetzungen. Zu ihnen gehören die Interparlamentarische Union,I09 aber auch die Christdemokratische Internationale,llo die Liberale Internationale lll und die Sozialistische Internationale I12. Unter diesen Organisationen nimmt die Interparlamentarische Union eine gewisse Sonderstellung ein, da ihr Ziel darin besteht, den persönlichen parteiübergreifenden Kontakt zwischen den Mitgliedern einzelner Parlamente herzustellen und an der Errichtung und Entwicklung parlamentarischer Institutionen mitzuwirken. Zu diesem Zweck hat die Union ein Programm zur technischen Zusammenarbeit ins Leben gerufen. Weiterhin hat sie ein Berichtssystem rur die Verletzung von Menschenrechten von Parlamentariern geschaffen. Daneben ermöglicht sie einen weltweiten Erfahrungsaustausch auf Konferenzen, Symposien und Seminaren. l13 Die Ziele der übrigen Organisationen mit politischen Zielsetzungen sind an der jeweiligen Parteiideologie orientiert. Allen gemein ist, daß sie der Koordination der internationalen Aktivitäten der Parteien dienen und das Ideengut der Partei verbreiten sollen. Die Betätigung dieser Organisationen reicht dabei von der Veranstaltung von Seminaren und Kongressen bis zur Sammlung und Verbreitung von Informationen. I14

108 Vgl. hierzu insbesondere den International Council of Women, UIA, Yearbook 1985, Vol. I, Ziff. B 1763. 109 Ferdinand, Interparlamentarische Union/IPU (Interparliamentary Union/IPU), in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S.233; Baratta/C/auss (Anm. 91), S. 293; Höhne/Rose (Anm. 91), S. 619. 110 Vgl. Baratta(Clauss (Anm. 91), S. 83; Hacke, Christliche Demokratische Internationale/CD! (früher: Christliche Demokratische We1tunionlCDWU), in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S. 67; ferner Homer, Konservative und christdemokratische Parteien in Europa, 1981. 111 Vorländer, Liberale Internationale/LI, in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S. 284 ff.; Baratta/C/auss (Anm. 91), S. 324. 112 Seide/mann, Sozialistische Internationale/SI, in: Handwörterbuch Internationale Organisationen, 1985, S. 321; Baratta/C/auss (Anm. 91), S. 413; Höhne/Rose (Anm. 91), S.548; Zorghbibe, L'internationale socialiste: structure et ideologie, Politique Etrangere 1969, S. 81 ff. 113 Ferdinand (Anm. 109), S. 233 ff. 114 Vgl. Neuhold/Hummer/Schreuer (Anm. 8), S. 215; zur Arbeit der Liberalen Internationale Vorländer (Anm. 111), S. 284 f.; zur Arbeit der Christdemokratischen Internationale VIA, Yearbook 1985, Vol. I, ZitT. F 0266.

C. Tätigkeitsfelder der INGOs

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III. Wirtschaftsförderung, Wirtschaftshilfe und Umweltschutz Aufgrund der großen Bedeutung von Wirtschaft und Umwelt für das zwischenmenschliche Zusammenleben sind auch in diesem Bereich INGOs entstanden. Als herausragende Organisation, die sich für die Förderung der Wirtschaft einsetzt, ist hier die Internationale Handelskammer zu nennen. 115 Die Kammer versteht sich als Kommunikations- und Selbstverwaltungsorgan der Privatwirtschaft in internationalen Handels- und Verkehrsfragen. Dazu tritt sie für eine liberale Wirtschaftsordnung ein und ist bemüht, die Interessen ihrer Mitglieder in allen unternehmensrelevanten Feldern der internationalen Politik zu wahren. In Verfolgung dieses Zieles nimmt sie an der Arbeit verschiedener zwischenstaatlicher Organisationen teil. Einen bedeutenden Teil ihrer Arbeit widmet die Kammer jedoch auch der Erarbeitung von Richtlinien und Standardfonnularen rur den Wirtschaftsverkehr. Zudem fördert sie den Infonnationsaustausch unter ihren Mitgliedern durch verschiedene Publikationen und regelmäßig veranstaltete Konferenzen und Symposien. Schließlich sei noch die Schiedstätigkeit der Kammer zur Beilegung von internationalen Handelsstreitigkeiten genannt. 116 Neben der Kammer beschäftigen sich einzelne INGOs wie die "International Air Transport Association" (lATA) mit bestimmten Bereichen der Wirtschaft. 117 Die IAT A beispielsweise bemüht sich vor allem um die Förderung eines sicheren, regelmäßigen und wirtschaftlichen Luftverkehrs zum weltweiten Nutzen. Um dieses Ziel zu verwirklichen, setzt sie sich in Zusammenarbeit mit der IeAO rur eine Vereinheitlichung rechtlicher Regelungen und die Standardisierung von Qualitätsnonnen ein, die den Luftverkehr betreffen. Ferner tritt sie rur die Verbesserung des Lufttransports, des Lufthandels und der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Luftverkehrsunternehmen ein. Sie fungiert außerdem als Agentur für gemeinsame Problemlösungen der Luftfahrtunternehmen und ist für diese eine Anlaufstelle für Infonnation und technisches Wissen. Darüber hinaus leitet sie Expertengruppen, die sich mit ständig wiederkehrenden Problemen der Luftfahrt beschäftigen. 118 Wie bereits im vorangegangenen Abschnitt kurz erwähnt, haben sich auch in der Arbeitswelt internationale nichtstaatliche Gruppen gebildet. So beschäftigen

115 Vgl. generell Dahlgf'Ün (Anm. 52); auch Höhne/Rose (Anm. 91), S. 643; Baratta/Clauss (Anm. 91), S. 244; Platzer, Internationale Handelskammer (International Chamber ofCommerce/ ICe), in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S. 188. 116 Vgl. Platzer (Anm. 115), S. 189. 117 Weber, Internationale Lufttransportgesellschaft (International Air Transport Association/IATA), in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S. 219; Baratta/C/auss (Anm. 91), S. 237; vgl. weiter Brancker, IATA and what it does, 1977; Chuang, The International Air Transport Association, 1972; Specht, Die IATA, 1973. 118 Vgl. Weber (Anm. 117), S. 219; UIA, Yearbook 1985, Vol. I, Ziff. B 1149.

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I. Teil: Untersuchungsgegenstand

sich mit Problemen der Arbeit der Internationale Bund freier Gewerkschaften,1I9 der Weltverband der Arbeitnehmer l20 und der Weltgewerkschaftsbund l21 auf Seiten der Arbeitnehmer l22 und die "International Organization of Employers" auf Seiten der Arbeitgeber J23 • Die Zielsetzungen dieser Organisationen sind sehr verschieden. Zwar besteht auf Arbeitnehmerseite Einigkeit darüber, daß die Rechte der Arbeiter gestärkt werden sollen, doch sind die Zwischenziele von der politischen Prägung der jeweiligen INGO bestimmt. So strebt der Internationale Bund Freier Gewerkschaften die Vollbeschäftigung, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und den Ausbau des sozialen Netzes an,124 während der stärker ideologisch ausgerichtete Weltgewerkschaftsbund auf die internationale Solidarität der Arbeiter und deren Klassenbewußtsein abstellt. 12s Eine vermittelnde Position nimmt der Weltverband der Arbeitnehmer ein, der in Anlehnung an die katholische Soziallehre für eine humane Wirtschaft in einer pluralistischen Gesellschaft eintritt. 126 Ihre unterschiedlichen Ziele verfolgen die Organisationen durch Unterrichtsangebote für Arbeiter, das Entsenden von Repräsentanten in internationale Gremien und finanzielle Unterstützung von Arbeiterbewegungen in der Dritten Welt. 127 Im Gegensatz zu den Arbeitnehmerorganisationen verfolgt die "International Organization of Employers" den Zweck, den fachlich-technischen wie auch politischen Meinungsaustausch der Mitgliedsverbände der Arbeitgeber untereinander und die öffentliche Verbreitung unternehmerischer Zielvorstellungen zu fördern. Daneben soll die Organisation die Arbeitgeberinteressen in der Internationalen Arbeitsorganisation (lLO) koordinieren. In der letztgenannten Aufgabe liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit der Organisation. Sie arbeitet jedoch auch mit der Internationalen Handelskammer eng zusammen, mit der sie 119 Mielke, Internationaler Bund freier Gewerkschaften, in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S. 213 m.w.N.; Baratta/Clauss (Anm. 91), S.238; Höhne/Rose (Anm. 91), S. 534. 120 Mielke, Weltverband der Arbeitnehmer, in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S. 424; Baratta/Clauss (Anm. 91), S. 492. 121 Rütters, Weltgewerkschaftsbund! WGB, in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S. 415 m.w.N.; Baratta/C1auss (Anm. 91), S.480; Höhne/Rose (Anm. 91), S. 529. 122 Neben diesen Gewerkschaftsverbänden existiert eine Vielzahl von Internationalen Berufssekretariaten; vgl. dazu Rütters, Internationale Berufssekretariate, in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S. 165 m.w.N. 123 Platzer, Internationale Arbeitgeberorganisation, in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S. 146; Baratta/Clauss (Anm. 91), S. 288. 124 Mielke (Anm. 119), S. 215. 125 Rütters (Anm. 121), S. 416. 126 Baratta/Clauss (Anm. 91), S. 492. 127 Vgl. hierzu nur UIA, Yearbook 1985, Vol. I, Ziff. A 1667y für die ICFTU; auch Baratta/Clauss (Anm. 91), S. 239 f.

C. Tätigkeitsfelder der INGOs

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seit 1977 einen gemeinsamen Koordinierungsausschuß unterhält. Zudem unterstützt sie Arbeitgeberverbände in Osteuropa und der Dritten Welt im Wege von Studienmissionen und Informationsdienstleistungen. 128 Eine Anzahl von INGOs widmet sich der Wirtschaftshilfe, worunter in diesem Zusammenhang sowohl die Entwicklungs- als auch die humanitäre Hilfe verstanden werden SOIl.129 Auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe sind hier neben den bereits erwähnten religiösen Vereinigungen die Arbeit der Gesellschaft für Internationale Entwicklung 130 und Caritas Internationalis 131 zu nennen. Gemeinsam ist dieser Gruppe von INGOs, daß sie sich um die Verbesserung des Lebensstandards in den Entwicklungsländern bemühen, wobei sie die Koordinierung staatlicher und nichtstaatlicher Aktivitäten auf diesem Gebiet anstreben. Zudem wollen die Organisationen in den Industriestaaten das Verständnis rur die Probleme der Entwicklungsländer wecken. Ihre Aktivitäten reichen von der Durchführung technischer und fmanzieller Hilfe über die Sammlung und Verbreitung von Informationen und die Ausarbeitung von eigenen Studien bis zur Gründung und Entwicklung unabhängiger Netzwerke von NGOs in Staaten der Dritten Welt. Als Ergebnis ihrer Arbeit kann die zunehmende Beteiligung von NGOs der Dritten Welt an Entwicklungshilfeprojekten gesehen werden, was wiederum einen Schritt zur eigenständigen Entwicklung dieser Staaten bedeutet. 132 Namhafte Vertreter der Gruppe von INGOs, die sich im humanitären Bereich betätigen, sind die Liga der Rotkreuzgesellschaften,133 der "International Council of Voluntary Agencies" und die "medecins sans frontieres".134 128 Platzer (Anm. 123), S. 147; vgl. auch Huu Tuong Dao, Le röle des organisations d'employeurs et de travailleurs dans l'adoption des normes internationales du travail, in: Les O.N.G. et le droit international (Anm. 16), S. 207 ff. 129 Vgl. zu diesem Komplex insbesondere Beigbeder (Anm. 10); KeidellKoch, Die Rolle von NGOs bei humanitären Hilfseinsätzen im Rahmen der UN-Friedenssicherung, FW 1996, S. 124 ff.; Jessen, Von der Fremdsteuerung zur Selbststeuerung - NGOs in der Entwicklungstheorie und -politik, FW 1996, S. 141. 130 VIA, Yearbook 1985, Vol. I, Ziff. B 3228. 13\ Baratta/Clauss (Anm. 91), S. 97. \32 Vgl. hierzu insbesondere Beigbeder (Anm. 17), S. 132 ff.; UIA, Yearbook 1985, Vol. I, B 3228; siehe auch Arickal, Die "Non-Governmental Organisations" (NGOs) als Partner des Staates im Rahmen einer geplanten sozial ökonomischen Entwicklung, 1976; zur Einbeziehung in die staatliche Entwicklungshilfe v. Stockhausen, Nichtstaatliche Entwicklungsträger auf dem Vormarsch, Aus Politik und Zeitgeschichte 1983, B 23, S. 33 ff.; Gezelius/Milwood, NGOs in Development and Participation in Practice, TA 1991, S. 278 ff. m.w.N. \33 Vgl. Klemp, Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S.196; Höhne/Rose (Anm. 91), S. 632 ff.; vgl. ferner Boissier, Histoire du Comite International de la Croix Rouge de Solferino a Tsoushima, 1963; Haug, Rotes Kreuz - Werden, Gestalt, Wirken, 1963; Huber, Rotes Kreuz - Grundsätze und Probleme, 1941; Pictet, Die Grundsätze des Roten Kreuzes, Revue internationale de la Croix Rouge 1955, S. 483 ff. \34 Beigbeder (Anm. 10), S. 262.

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I. Teil: Untersuchungsgegenstand

Ziel dieser Organisationen ist es, fiir die Verbesserung der Situation der Opfer von Katastrophen und Kriegen zu sorgen. Dabei reicht der Tätigkeitsbereich der Organisationen vom Sammeln der Informationen über eine bestimmte Krisenlage, über die Koordinierung der Aktivitäten verschiedener INGOs bis hin zu direkter Hilfe im Krisengebiet. Dort übernehmen die Organisationen häufig die medizinische Soforthilfe der Opfer, versorgen Notleidende mit Zelten, Decken und Medikamenten und leisten Seuchenvorsorge. I3S Der Schutz der Umwelt steht im Mittelpunkt der internationalen nichtstaatlichen Organisationen "Greenpeace International",136 "World-Wide Fund ofNature",137 und der Internationalen Union zur Erhaltung der Natur und der natürlichen Hilfsquellen. 138 Dabei stehen die Erhaltung der Artenvielfalt und der Qualität der Umwelt im Vordergrund der Arbeit dieser Verbände. Darüber hinaus wollen sie das Verantwortungsbewußtsein der Menschen rur ihre Umwelt schärfen. Ihre Ziele verfolgen die genannten Organisationen auf vielfältige Art und Weise. So wird häufig die Umsetzung von Umweltstandards durch sie überwacht und diesem Ziel in Einzelfällen mit spektakulären Aktionen Nachdruck verliehen. Weiterhin beschäftigen sich diese INGOs mit der Planung und Durchfiihrung von Erhaltungsmaßnahmen. Insbesondere die Internationale Union zur Erhaltung der Natur und ihrer Hilfsquellen hat sich hier hervorgetan. Sie fördert Erhaltungsmaßnahmen, indem sie staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen Informationen zur Verfiigung stellt und diesen mit ihrer Fachkenntnis als Berater zur Seite steht. Ein besonders enges Verhältnis hat sich zum "World-Wide Fund for Nature" und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) entwickelt. Dabei orientiert sich die Arbeit der Union an der "World Conservation Strategy", die als Leitfaden zum Umweltschutz von der Organisation 1980 erarbeitet wurde und neben der Festlegung der Zielsetzungen des Umweltschutzes auch Vorschläge fiir die effektive Umsetzung dieser Ziele enthalten. 139

135 Vgl. zur Arbeit des ICVA Beigbeder (Anm. 10), S. 97 f.; zur Liga der Rotkreuzgesellschaften; ders., S. 73 ff. 136 Thränhardt, Greenpeace, in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S. 135; Baratta/Clauss (Anm. 91), S. 225; vgl. auch Brown, The Greenpeace Story, 1989. 137 Baratta/Clauss (Anm. 91), S. 496. 138 Baratta/Clauss (Anm. 91), S. 308. 139 Thränhardt (Anm. 136), S. 133 rur Greenpeace; Kiss/Shelton, International Environmental Law, 1991, S. 70 f.; siehe ferner Smith, The Role ofSpecial Purpose and Non Governmental Organizations in the Environmental Crisis, in: World Eco Crisis. International Organizations in response, 1972, S. 135.

c. Tätigkeitsfelder der INGOs

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IV. Medizin, Naturwissenschaft und Technik Von den verschiedenen Organisationen, die sich auf dem Gebiet der Medizin und Gesundheit betätigen, ist insbesondere die "World Medical Association" zu nennen. Sie strebt die Erreichung von höchsten internationalen Standards in medizinischer Erziehung, Wissenschaft, Kunst, Ethik und Gesundheitsfürsorge an. Zu diesem Zweck bemüht sie sich besonders stark um die Entwicklung und Verteilung medizinischer Hilfsmittel. Weiterhin hat sie in der Vergangenheit verschiedene berufsbezogene Richtlinien erarbeitet, wie beispielsweise die Richtlinie für die Versorgung von zivilen Kranken und Verwundeten in einem bewaffneten Konflikt oder die Richtlinie für die biomedizinische Forschung. 140 Die Förderung von Naturwissenschaften und Technik ist das Anliegen des Internationalen Rates Wissenschaftlicher Unionen, 141 der "Union of International Technical Associations" 142 und der "World Association ofIndustrial and Technological Research Organisations". 143 Diese INGOs setzen sich hierbei vor allem für eine bessere Kooperation und Koordination von Aktivitäten ihrer nationalen Mitgliedsverbände ein. Gerade im Wissenschaftsbereich wird damit die Erwartung eines verstärkten Transfers von Forschungsergebnissen verbunden. Um diese Ziele zu erreichen, haben die Organisationen Fachausschüsse gebildet, veranstalten Kongresse und Seminare und geben Publikationen heraus. Daneben veranstalten die technisch ausgerichteten Organisationen Trainingsprogramme für Verbandsmitglieder aus Entwicklungsländern und führen Expertenlisten, auf die im Bedarfsfall von Mitgliedern zuriickgegriffen werden kann. 144

V. Bildung, Kunst und Sport Dem Bereich der Bildung und Erziehung widmen sich der Weltverband der Lehrerorganisationen, 145 die "Association for Childhood Education International,,146 und der Internationale Studentenbund l47 . Diese Organisationen streben an, die Erziehung und das Wohlergehen der Kinder zu fördern. Um dieser Aufgabe gerecht werden zu können, wird die Kooperation aller an der Kin140 VIA, Yearbook 1985, Vol. I, Ziff. B 3554. 141

Baratta/Clauss (Anm. 91), S. 253; Höhne/Rose (Anm. 91), S. 703.

144

Vgl. nur die WAITRO, VIA, Yearbook 1985, Vol. I, Ziff. B 3950y.

142 VIA, Yearbook 1985, Vol. I, Ziff. A 3353y. 143 VIA, Yearbook 1985, Vol. I, Ziff. B 3950y. 145 VIA, Yearbook 1985, Vol. I, Ziff. A 3491y. 146 VIA, Yearbook 1985, Vol. I, Ziff. D 3658. 147 Höhne/Rose (Anm. 91), S. 582.

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I. Teil: Untersuchungsgegenstand

deserziehung beteiligten Gruppen von ihnen als unverzichtbar angesehen. Zur Verwirklichung ihrer Ziele setzen diese Organisationen stärker als andere auf den Meinungsaustausch auf Konferenzen und Seminaren. Die Ergebnisse ihrer Arbeit werden dann anschließend in Zeitschriften veröffentlicht. 148 Von den Organisationen, die sich im Kunstsektor engagieren, soll an dieser Stelle nur auf "PEN International" hingewiesen werden. Das Ziel dieses Verbandes ist vor allem die Förderung der Freundschaft und der intellektuellen Kooperation von Schriftstellern. Zu diesem Zweck veranstaltet der Pen-Club Kongresse, auf denen den Schriftstellern nicht nur Gelegenheit zum Meinungsaustausch geboten wird, sondern auch die Vermittlung der Literatur kleinerer Staaten beabsichtigt ist. Gegenstand der Kongresse ist dariiber hinaus der Einsatz für politisch verfolgte Schriftsteller und die Gewährleistung der Meinungsfreiheit. 1989 führte dieses Engagement beispielsweise zur Verurteilung der Unterdrückung der Meinungsfreiheit in China und Rumänien. 149 Große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit genießen INGOs im Bereich des Sports. Für die Verbreitung des olympischen Gedankens setzt sich dabei das Internationale Olympische Komitee ein. ISO Auf dem Gebiet des Fußballsports ist die "Federation Internationale de Football Association" (FIFA) zu nennen. lsl Beide Verbände wollen die Organisation und Entwicklung des Sports und der sportlichen Wettbewerbe fordern, wobei die FIFA sich auf den Bereich des Fußballsports beschränkt. Die Aktivitäten dieser INGOs sind vielflHtig. So geben sie das Reglement vor, nach dem der Sport ausgeübt werden soll und tragen Sorge für dessen Einhaltung. Ferner veranstalten sie Seminare für Funktionäre und Schiedsrichter. Schließlich dokumentieren sie auch die Ereignisse des Sports und seine Entwicklung. ls2

D. Organisatorische Merkmale der INGOs Die Darstellung des Untersuchungs gegenstandes wäre unvollständig, wenn nicht auch die organisatorischen Merkmale nichtstaatlicher Verbände beVgl. zum Weltverband UIA, Yearbook 1985, Vol. I, A 3491y. Baratta/Clauss (Anm. 91), S. 388. ISO Vgl. Hübner, Internationales Olympisches Komitee (International Olympic CommitteelIOC), in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S. 228; Baratta/Clauss (Anm. 91), S. 285; Höhne/Rose (Anm. 91), S. 765. 151 Baratta/Clauss (Anm. 91), S. 214; Hübner, WeItfußballverband (Federation Internationale de Football Association/FIFA), in: Handwörterbuch Internationale Organisationen (Anm. 40), S. 408; Höhne/Rose (Anm. 91), S. 760, der die Bezeichnung Internationaler Fußball verband verwendet. 1S2 Vgl. Hübner (Anm. 150), S. 228; zum IOC UIA, Yearbook 1985, Vol. I, Ziff. A 2303y. 148

149

D. Organisatorische Merkmale der INGOs

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schrieben würden. Die Beschreibung kann jedoch nur einige wichtige Gemeinsamkeiten aufzeigen, da die Gestaltungsfreiheit der Privatpersonen zu einer Vielzahl von Verbandssatzungen geführt hat. ls3 Eine erste wichtige Gemeinsamkeit besteht in der demokratischen Struktur der Verbände, die daran erkennbar ist, daß die Willensbildung innerhalb der Organisation ihren Ausgang bei den Mitgliedern nimmt und zur Wahl der Verbandsleitung führt. IS4 Diese INGOs besitzen daher zwei Gruppen von Organen, die sich in Organe zur Wahrung der Einzelinteressen der Mitglieder und Organe zur Wahrnehmung gemeinsamer Interessen unterteilen lassen. Zu den Organen zur Wahrung der Einzelinteressen zählt die Mitgliederversammlung, die sich sowohl aus Einzelpersonen als auch aus VeTtretem nationaler Organisationen zusammensetzen kann, und verschiedentlich auch die Bezeichnung Konferenz, Kongreß oder Generalversammlung trägt. Sie bildet das oberste Organ der INGO, dem weitreichende Kompetenzen zustehen. Diese Kompetenzen umfassen in der Regel das Recht der Satzungs änderung, die Festsetzung der Leitlinien der Politik der INGO, die Aufuahme neuer Mitglieder und die Wahl der Mitglieder der übrigen Organe der INGO. Diese Organe wiederum sind der Versammlung zur Rechenschaft verpflichtet. Die Mitgliederversammlung tagt gewöhnlich in regelmäßigen Zeitabständen und faßt ihre Beschlüsse in der Regel nach dem Mehrheitsprinzip.lss Für die Zeit zwischen den Sitzungen der Mitglieder nimmt ein Lenkungsausschuß die Aufgaben der Mitgliederversammlung wahr. Dieses Organ trägt verschiedentlich auch den Namen Rat oder Exekutivkomitee. Stärker als die Mitgliederversammlung ist der Ausschuß jedoch mit der Ausgestaltung der Politik der Organisation befaßt. Häufig steht der Zugang zu diesem Organ nur einem Teil der Mitglieder offen, um eine effektive Arbeit zu ennöglichen. Die Auswahl der Mitglieder erfolgt dabei entsprechend ihrem Beitrag und ihrer Bedeutung für die Organisation. ls6 Darüber hinaus kennen einige Organisationen auch die Bildung von Ausschüssen oder Kommissionen. Auch in den Ausschüssen ist nur ein Teil der Mitglieder repräsentiert. Die Aufgabe dieser Ausschüsse ist es, Beschlüsse zu bestimmten Themenkomplexen vorzubereiten, soweit dies nicht durch den Lenkungsausschuß geschieht. Die Beschlußentwürfe legt der jeweili-

Vgl. zu den Einzelheiten die Verweise im vorangegangenen Abschnitt. Vgl. zu hierarchischen Organisationen Morosow (Anm. 17), S. 168; B/eckmann (Anm. 1 I), S. 77. ISS Stosic (Anm. 1), S. 117 f.; Morosow (Anm. 17), S. 167 f.; B/eckmann (Anm. 11), IS3

IS4

S. 77. 156

S.77.

Stosic (Anm. 1), S. 118 f.; Morosow (Anm. 17), S. 168 f.; B/eckmann (Anm. 11),

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I. Teil: Untersuchungsgegenstand

ge Ausschuß dann der Mitgliederversammlung vor, die darüber abzustimmen hat. 157 Neben den Organen zur Wahrung der Einzelinteressen der Mitglieder existieren ferner Organe zur Wahrnehmung gemeinsamer Interessen. Die Interessen werden dabei durch ein Direktionsorgan, regelmäßig Präsident genannt, wahrgenommen. Die Aufgabe dieses Organs ist vor allem die Repräsentation der Organisation nach außen. Weiterhin hat dieses Organ die Sitzungen der Mitgliederversammlungen zu leiten. Darüber hinausgehende Aufgaben variieren stark von INGO zu INGO und sind oft von der Persönlichkeit des Präsidenten abhängig. Ergänzt wird die Arbeit dieses Organs durch ein Verwaltungsorgan, das gewöhnlich die Bezeichnung Sekretariat trägt und für die Ausführung der Beschlüsse der übrigen Verbandsorgane und die Administration der internationalen Verbandszusammenarbeit zuständig ist. 158 Neben den genannten Organgruppen haben verschiedene INGOs Organe geschaffen, die schiedsrichterliche Funktionen erfüllen. Besonders entwickelt sind diese Organe bei der Internationalen Handelskammer und einigen Sportverbänden. Die Auswahl der Mitglieder zu diesem Organ erfolgt durch Wahl. Ihre Aufgabe ist es dann, die Streitigkeiten der Mitglieder durch Vergleich oder Schiedsspruch beizulegen. 159 Da die Wirkungsmöglichkeiten einer INGO wesentlich von der finanziellen Situation der Organisation abhängen, kommt der Liquidität der Organisation große Bedeutung zu. Die erforderliche Finanzierung der INGO-Aktivitäten erfolgt überwiegend durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Darüber hinaus stehen Mittel aus Zuschüssen staatlicher und zwischenstaatlicher Einrichtungen zur Verfügung, die bei einigen Organisationen die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen bei weitem übersteigen. Einige wenige Organisationen erhalten zudem Geld für das Erbringen von Leistungen. Diese Leistungen umfassen sowohl Dienstleistungen für staatliche und nichtstaatliche Institutionen als auch den Verkauf eigener Publikationen. 160 Zunehmend haben die INGOs erkannt, daß die eigenen Kapazitäten häufig nicht ausreichend oder nicht effektiv zur Erledigung ihrer Aufgaben eingesetzt werden können. Zur besseren Problemlösung unterhalten INGOs daher Beziehungen zu Staaten, internationalen zwischenstaatlichen Organisationen und anderen INGOs. Dabei treten sie bei Staaten und internationalen zwischenstaatlichen Organisationen vor allem beratend in Erscheinung, arbeiten jedoch Stosic (Anm. I), S. 121 f.; Bleckmann (Anm. 11), S. 77. Stosic (Anm. I), 120; Bleckmann (Anm. 11), S. 77. 159 Vgl. Dahlgrün (Anm. 52), S. 140, der darüber hinaus auch den vorgeschalteten Schlichtungsmechanismus der Kammer beschreibt. 160 Chiang (Anm. 40), S. 76 f.; Morosow (Anm. 17), S. 169 f.; Beigbeder (Anm. 17), S. 47 ff.; vgl. Dahlgrün (Anm. 52), S. 144 für die Einnahmen, die von der Internationalen Handelskammer durch die Vermittlung von Schiedsleuten erzielt werden. 157 158

E. Rechtspersönlichkeit von INGOs

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gerade im Bereich der Entwicklungshilfe auch mit diesen zusammen, worauf später noch einzugehen ist. Mit anderen INGOs kooperieren sie in verschiedenen Zusammenschlüssen. Den wohl bedeutendsten bereichsübergreifenden Zusammenschluß stellt die "Union of International Associations" dar, welche die Entwicklung eines umfassenden Netzwerks von internationalen INGOs zum Ziel hat. Ebenfalls bereichsübergreifend sind die Konferenzen und Komitees von INGOs, die Konsultativbeziehungen zu internationalen zwischenstaatlichen Organisationen unterhalten. Diese Vereinigungen bemühen sich vor allem, ihre Arbeit aufeinander abzustimmen und die Rolle der INGOs bei den betreffenden Organisationen zu stärken. Schließlich bestehen neben diesen Formen der Zusammenarbeit fachspezifische INGO-Gruppen, wie der "Council ofVoluntary Agencies", welcher in der Entwicklungshilfe aktiv ist. 161

E. Rechtspersönlichkeit von INGOs Obwohl das Phänomen internationaler nichtstaatlicher Organisationen nicht neu ist, ist die juristische Auseinandersetzung mit dieser Erscheinungsform privater Zusammenarbeit eher am Rande erfolgt. Grundlegende Probleme bestehen dabei bereits hinsichtlich der Rechtspersönlichkeit dieser Organisationen im nationalen und internationalen Recht. I. Rechtspersönlichkeit im nationalen Recht Die Rechtspersönlichkeit von INGOs im nationalen Recht ist gerade aufgrund ihrer Internationalität problematisch. Die Problemlösung, die in den Bereich des internationalen Gesellschaftsrechts, einem Teilbereich des Internationalen Privatrechts, fällt, wird dadurch erschwert, daß die Bestimmung der Rechtspersönlichkeit im Internationalen Privatrecht der Staaten unterschiedlich ausgestaltet ist. Während einige Staaten der sogenannten Sitztheorie folgen, wenden andere die Gründungstheorie an. 162 Diese Theorien sind zwar ursprünglich zur Anerkennung der Rechtsfähigkeit und zur Ermittlung des Gesellschaftsstatuts von Aktiengesellschaften entwickelt und von dort zunächst nur auf andere Handelsgesellschaften übertragen worden, gelten aber nunmehr auch 161 Stosic (Anm. I), S. 144 ff.; White (Anm. 10), S. 14 ff.; v. Weiß, Die NonGovernmental Organizations und die VN, ZfP 1980, S. 401 ff.; Beigbeder (Anm. 10), S. 94; ders. (Anm. 17), S. 43. 162 Einen Überblick über den Stand der Entwicklung in Praxis und Rechtswissenschaft geben Kegel, Internationales Privatrecht, 1995, S. 413 ff.; Kropholler, Internationales Privatrecht, 1994, S. 470 ff.; Groß/eid, Internationales Unternehmensrecht, 2. Aufl., 1995, S. 38 ff.; Sandrock, Die Multinationalen Korporationen im Internationalen Privatrecht, BDGVR Heft 18 (1978), S. 169 ff.

4 Hempel

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I. Teil: Untersuchungsgegenstand

fiir sonstige Gesellschaftsgebilde. 163 Der Sitztheorie zufolge ist die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die Gesellschaft ihren effektiven Verwaltungssitz hat. Das Recht des Verwaltungssitzes bestimmt dann des weiteren auch das Organisationsrecht der Gesellschaft. Dazu zählen vor allem Regeln über die Satzung und ihre Änderung, über die Organe und ihre Kompetenzen und Regelungen der Rechte und Pflichten der Mitglieder. l64 Dieser Lehre folgen vor allem viele westeuropäische Staaten. Auch in der Rechtsprechung der Bundesrepublik Deutschland hat sich diese Lehre durchgesetzt. Maßgebend fiir die Bestimmung des tatsächlichen Verwaltungssitzes ist der Sitz der Geschäftsleitung, an dem die grundlegenden Entscheidungen der Untemehmensfiihrung getroffen werden. 165 Eine Ausnahme von der Anknüpfung an den Verwaltungs sitz kann allerdings in den Fällen des "renvoi" gelten, wenn eine Gesellschaft nach deutschem Recht gegründet wurde und die Rechtsordnung des Staates, in dem sich der Hauptsitz befindet, auf das deutsche Recht zurückverweist. 166 Probleme entstehen bei Anwendung dieser Theorie fiir INGOs, deren Verwaltungssitz am Ort des jeweils amtierenden Vorsitzenden liegt. Nach den Regeln der Sitztheorie müssen nämlich die Gründungsvorschriften am Ort des effektiven Verwaltungssitzes erfiillt sein. So fiihrt beispielsweise die Sitzverlegung vom Inland ins Ausland in der Bundesrepublik Deutschland nach einer starken Meinung zur Auflösung einer Gesellschaft. Bei der Verlegung vom Ausland ins Inland wird die Neugründung der Gesellschaft gefordert. 167 Dieses Erfordernis hat dann häufig zur Folge, daß eine INGO als nicht ordnungsgemäß gegründet gilt und daher keine Rechtsfähigkeit besitzt. 168 Die Gründungstheorie, die vor allem in "Common Law" Staaten, aber auch in den Niederlanden und der Schweiz angewendet wird, unterscheidet sich nun von der Sitztheorie, indem sie an den Gründungsakt einer Gesellschaft anknüpft. Entscheidend fiir die Rechtsfähigkeit ist daher die Rechtsordnung, nach Staudinger-Großfeld, Internationales Gesellschaftsrecht, Rz. 12. Großfeld (Anm. 162), S. 38 ff.; Kegel (Anm. 162), S. 418 (; vgl. auch Wink/er v. Mohren/eis, Internationales Gesellschaftsrecht, in: Ergänzbares Lexikon des Rechts, 1992, Gruppe 13/320, S. 3. 165 Vgl. zur Rechtsprechungspraxis aus jüngster Zeit BGH, NJW 94, S.939; OLG Düsseldorf, IPRax 93, S.412; BayObLG, IPRax 92, S.389; für einen rechtsvergleichenden Überblick siehe Staudinger-Großfeld (Anm. 163), Rz. 141 ff. 166 Kropholler (Anm. 162), S.474; Ebenroth/Eyles, Der Renvoi nach der Novellierung des deutschen IPR, IPRax 1989, S. I, 9. 167 Zur Auflösung BayObLG, JZ 1993, S.372, mit Anm. Ebenroth/Auer, EuZW 1992, S. 548 mit Anm. Behrens; zur Neugründung OLG Zweibrücken, NJW 1990, S.3092; IPRax 1991, S.406, 380 Aufsatz Großfeld/König; zu den Einzelheiten vgl. auch Münchener Kommentar-Ebenroth, Nach Art. 10, Rz. 217 ff. 168 Münchener Kommentar-Ebenroth (Anm. 167), Rz. 121; zur Vereinbarkeit der Sitztheorie mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem EWG-Vertrag Großfeld (Anm. 162), S. 67, 55; Kegel (Anm. 162), S. 416. 163 164

E. Rechtspersönlichkeit von INGOs

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welcher die Gesellschaft gegründet wurde. Damit gibt diese Theorie den Griindem einer Gesellschaft die Möglichkeit, das Heimatrecht frei zu wählen. 169 Anders als bei der Sitztheorie hat eine Verlegung des Verwaltungssitzes der Gesellschaft auf diese Wahl keinen Einfluß. Das Problem, das mit dieser Theorie aber verbunden ist, liegt auf der Hand. Wie das Beispiel der Vereinigten Staaten zeigt, nehmen Gesellschaften nämlich ihre Gründung in den Gliedstaaten vor, welche die liberalste Rechtsordnung aufweisen. 170 Beiden Theorien ist gemein, daß sie auf die nationalen Rechtsordnungen verweisen. Damit werden INGOs, wie andere Gesellschaften auch, einer Vielzahl von Einzelrechtsordnungen unterstellt. Nur sehr begrenzt werden diese Rechtsordnungen den Besonderheiten der INGOs gerecht, indem sie eigene Regelungen fiir diese Gesellschaften vorsehen. 171 Zumeist wird die Rechtsfähigkeit der INGOs nach dem allgemeinen Gesellschaftsrecht des jeweiligen Staates beurteilt. 172 Ferner wird der Erwerb der Rechtsfähigkeit in einigen Staaten dadurch erschwert, daß, unabhängig von der Anwendung der Sitz- oder Gründungs theorie, die Anerkennung der Gesellschaften durch staatliche Organe gefordert wird. Eine Vielzahl von Staaten hat dieses Erfordernis jedoch aufgegeben. 173 Um die Regelungen zur Rechtsfähigkeit internationaler Gesellschaften zu vereinheitlichen, sind verschiedene Bemühungen zum Abschluß zwischenstaatlicher Verträge unternommen worden. Diese sind aber weitgehend erfolglos geblieben. So erreichte das Haager Übereinkommen über die Anerkennung ausländischer Gesellschaften von 1956 nicht die erforderliche Anzahl von Ratifikationen. Das EG-Übereinkommen über die gegenseitige Anerkennung von Gesellschaften und juristischen Personen von 1968, das in Ausführung des Art. 220 EGV geschlossen wurde, trat ebenfalls nicht in Kraft. Begrenzten Erfolg hatte dagegen in jüngster Zeit die Konvention des Europarates zur Anerkennung der Rechtspersönlichkeit von INGOs, die 1991 in Kraft trat. 174 Diese Konven169 Großfeld (Anm. 162), S. 43 tf.; vgl. auch Staudinger-Großfeld (Anm. 163), Rz. 141 tf.; Kropholler(Anm. 162), S. 470. 170 Großfeld (Anm. 162), S. 44 tf. 171 Die belgische Rechtsordnung sieht eine solche eigenständige Regelung vor, wobei allerdings fiir die Gesellschaften das Erfordernis besteht, zumindest einen be1gischen Staatsangehörigen in den Vorstand der Gesellschaft aufzunehmen, vgl. Rodgers (Anm. 11), S. 44 tf. 172 Ein Überblick über einige Rechtsordnungen findet sich bei Stosic (Anm. I), S. 92 tf.; Rodgers (Anm. 11), S. 44 ff.; Morosow (Anm. 17), S. 172 ff.; eine Kategorisierung der Regelungen nimmt Bettati (Anm. 16), S. 11 f. vor. 173 Nach Großfeld (Anm. 162), S. 56 ff. fordert Frankreich in Europa noch die Anerkennung; ein Relikt aus dieser Zeit der Anerkennung im deutschen Recht sind die §§ 23 und 80 BGB, vgl. Kegel (Anm. 162), S. 425. 174 Vgl. zur Entwicklung Revillard, Les Conventions internationales relatives aux associations, Journal du droit 1992, S. 299 ff.; zum Scheitern des EG-Übereinkommens

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I. Teil: Untersuchungsgegenstand

tion setzt voraus, daß eine Organisation in einem Vertragsstaat Rechtsfähigkeit erlangt hat, damit ihre Rechtsfähigkeit und ihre rechtliche Kapazität in anderen Staaten anerkannt werden kann. Im Falle eines wesentlichen öffentlichen Interesses können diese Rechte aber von staatlicher Seite eingeschränkt werden. Zudem kann die Anwendung der Konventionsbestimmungen ausgeschlossen werden, wenn die INGO durch ihr Ziel, ihren Zweck oder ihre Aktivität der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Sicherheit oder anderen schutzwerten Gütern entgegensteht. Neben diesen weitreichenden Einschränkungsmöglichkeiten besteht ein weiteres Manko dieser Konvention darin, daß sie nur fiir den europäischen Bereich Regelungen treffen kann und fiir andere Regionen dieser Welt Abkommen fehlen. Lediglich einzelnen bilateralen Verträgen lassen sich Klauseln zur Regelung des Gesellschaftsrechts und damit zur Rechtsstellung von INGOs entnehmen. 175 In der Vertragspraxis der Bundesrepublik hat dies jedoch verschiedentlich zur Anerkennung der Gründungstheorie und damit zu einer Liberalisierung des Gesellschaftsrechts gefiihrt. 116 Wenn die vorangegangenen Ausführungen auch zeigen, daß verschiedene Regelungsansätze zur Bestimmung der Rechtsfähigkeit von INGOs bestehen, die zumindest in einem Staat Rechtsfähigkeit erlangt haben, ist damit das Problem des Status von nichtrechtsfähigen Vereinigungen noch ungelöst. Die Hervorhebung diese Problems ist deshalb von Bedeutung, weil zahlreiche INGOs jegliche nationale Rechtsform ablehnen, da sie der Auffassung sind, daß dies mit ihrer internationalen Stellung nicht vereinbar sei. 177 Dies hat in einer Vielzahl von Rechtsordnungen zur Folge, daß nur die für die Organisation handelnde Person Rechte erwerben und sich verpflichten kann. 178 Ansätze fiir eine Timmermans, Die europäische Rechtsangleichung im Gesellschaftsrecht, RabelsZ 1984, S. 39 f.; Kropholler (Anm. 162), S. 470 ff.; zur FundsteIle der Konvention siehe Anm. 6; vgl. auch Wiederkehr (Anm. 6); zum Inkrafttreten Beigbeder (Anm. 17), S. 17. Parteien dieses Vertrages sind Belgien, Griechenland, das Vereinigte Königreich von Großbritannien und die Schweiz. 175 Vgl. Revillard (Anm. 174), S.299; Kropholler (Anm. 162), S. 470 ff.; Beitzke, Einige Bemerkungen zur Rechtsstellung ausländischer Gesellschaften in FS Luther, 1976, S. I tT. zu den bilateralen Verträgen. 176 Vgl. Art. XXV Abs. 5 des Freundschafts- Handels- und Schiffahrtsvertrag mit den Vereinigten Staaten, BGBI. 1956 11, S. 487 und Art. 15 des Niederlassungsvertrag mit Spanien, BGBI. 1972 H, S. \042. Siehe dazu auch EbenrothlBippus, Die staatsvertragliche Anerkennung ausländischer Gesellschaften in Abkehr von der Sitztheorie, Der Betrieb 1988, S. 842. 177 Bastid (Anm. 14), S. 551; Zemanek (Anm. 10), S. 119; Van Hecke, Rechtspersönlichkeit für internationale Idealvereine?, in: FS Seidl-Hohenveldern, 1988, S. 631; Benvenuti, The Nature and Features of International Non-Governmental Organizations, ItYBIL 1978179, S. 96. 178 Van Hecke (Anm. 177), S. 631; in der Bundesrepublik wird auch für nichtrechtsfähige Organisationen die Sitztheorie angewendet, um den rechtlichen Status dieser Organisationen zu bestimmen, vgl. Kegel (Anm. 162), S.428; Staudinger-Großfeld (Anm. 163), Rz. 532.

E. Rechtspersönlichkeit von INGOs

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Gleichbehandlung von rechtsfähigen und nichtrechtsfähigen Vereinigungen zeichnen sich bisher nur hinsichtlich der passiven Parteifähigkeit der Organe ab. So läßt sich der Rechtsprechung in der Bundesrepublik beispielsweise entnehmen, daß eine Anerkennung der passiven Parteifähigkeit dieser nichtrechtsfähigen Organisationen in analoger Anwendung des § 50 Abs. 2 ZPO erfolgen könnte. 179 In den Niederlanden lassen sich ähnliche Tendenzen ausmachen. Dort wurde in zwei Gerichtsentscheidungen, die die "Union cycliste internationale" und die "Federation Internationale des Echecs" betrafen, die passive Parteifähigkeit dieser nichtrechtsfähigen Organisationen anerkannt. 180

11. Die Rechtspersönlichkeit der INGOs im Völkerrecht Von der Rechtspersönlichkeit nach internationalem Privatrecht ist die Völkerrechtssubjektivität von INGOs zu unterscheiden, die der ausschließliche Gegenstand dieser Arbeit sein soll. Die Notwendigkeit der Klärung der Frage nach der Völkerrechtssubjektivität wird deutlich, wenn der Diskussionsstand zu diesem Problem betrachtet wird. So wird die Völkerrechtssubjektivität von INGOs von einer Vielzahl von Autoren verneint, ohne daß jedoch eine einheitliche Begriindung dieser Auffassung erfolgt. Ein Teil des Schrifttums gesteht Völkerrechtssubjektivität nur den Wirkungseinheiten zu, die eine Rechts- und Pflichtenstellung innehaben und verneint die Völkerrechtssubjektivität wegen einer fehlenden Rechts- und Pflichtenstellung der INGOs im Völkerrecht. 181 Insbesondere wird die Gewährung eines Konsultativstatus durch zwischenstaatliche Organisationen als nicht ausreichend angesehen. 182 Soweit dies näher begriindet wird, wird darauf verwiesen, daß der Status aufgrund des internen Verbandsrecht gewährt werde, welches nicht unmittelbar völkerrechtlicher Natur sei. 183 Ein anderer Ansatz dehnt zwar den Begriff des Völkerrechts auf das interne Verbandsrecht aus, lehnt die Völkerrechtssubjektivität aber deshalb ab, weil es an einem regelmäßigen Verkehr der INGOs mit den Staaten fehle. 184 Von andeVgl. Groß/eid (Anm. 162), S. 60. Vgl. Van Hecke (Anm. 177), S. 633. 181 So Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 1984, S. 251; lpsen, Völkerrecht, 1990, S. 73 f.; Kimminich, Einführung in das Völkerrecht, 1993, S. 209 ff.; Henkin/Pugh/Schachter/Smits, International Law, 1987, S. 319 f.; Beigbeder (Anm. 10), S. 328, so wohl auch Baare-Schmidt (Anm. 43), S.64; Rich, The Legal Regime for a Permanent Olympic Site, NYU. JIL 1982/83, S. 38. 182 Seidl-Hohenveldern (Anm. 81), S. 2 f. 183 Mosler (Anm. 88), S. 45, der jedoch INGOs als Völkerrechtssubjekten im weiteren Sinne ansieht; Benvenuti (Anm. 177), S. 97, 99, \02 spricht von indirekten Berechtigungen. 184 Zemanek, Über das dualistische Denken in der Völkerrechtswissenschaft, in: FS Verdross, 1960, S. 336. 179 180

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I. Teil: Untersuchungsgegenstand

rer Seite wird die Völkerrechtssubjektivität deshalb verneint, weil INGOs weder durch völkerrechtlichen Gründungsakt zustandegekommen sind, noch die Völkerrechtssubjektivität durch einen nachfolgenden Verleihungsakt geschehen ist. 185 Nach wieder anderer Ansicht soll es auf die Quasi-Souveränität und die Anerkennung der Wirkungseinheiten ankommen, die INGOs gerade fehle. 186 Vereinzelt wird Völkerrechtssubjektivität nur den Wirkungseinheiten zugestanden, die Gegenstand völkerrechtlicher Sanktion und Haftung sein können. 187 Schließlich seien die Autoren genannt, bei denen die Begründung rur die Ablehnung der Völkerrechtssubjektivität im Dunkeln bleibt. So wird beispielsweise vorgebracht, daß den INGOs zwar ein internationalrechtlicher Status zukomme, aber keine Völkerrechtssubjektivität. 188 Eine Konkretisierung dieser Aussage fehlt. Teilweise wird die mangelnde Völkerrechtssubjektivität auch lediglich behauptet. 189 Eine kleine Zahl von Autoren geht von einer zumindest beschränkten Völkerrechtssubjektivität von INGOs aus. Die Begründung dieser Auffassung stützt sich darauf, daß INGOs bestimmte völkerrechtliche Rechte und Pflichten eingeräumt werden. Zumeist wird die Gewährung des Konsultativstatus als eine solche Rechts- und Pflichtenbeziehung angesehen. l90 Eine andere Auffassung, die den Begriff der Völkerrechtssubjektivität soziologisch bestimmt, gelangt zur Völkerrechts subjektivität derjenigen INGOs, die im Bereich ihrer Gemeinschaft eine eigenständige Tätigkeit ausüben und von anderen internationalen Wirkungseinheiten zumindest de facto anerkannt sind. 191 Eine weitere Auffassung

185 186

S.17.

Wohl auch Zemanek (Anm. 10), S. 123. Rohn, Relations Between the Council of Europe and International NGOs, 1957,

187 Vgl. Wengier, Der Begriff der Völkerrechtssubjektivität im Lichte der politischen Gegenwart, FW 1951153, S. 126 f. 188 Rechenberg (Anm. 16), S. 251. 189 So Okeke, Controversial Subjects of Contemporary International Law, 1974, S. 206; Papini (Anm. I), S. 27; Dupuy, Droit international public, 1993, Rz. 29; Stosic (Anm. I), S. 85; White (Anm. 10), S. 10; Betatti (Anm. 16), S. 15, der betont, daß die fehlende Völkerrechtssubjektivität seit langem außer Zweifel stehen würde. 190 So DahmlDelbrücklWolfrum, Völkerrecht, Bd. I, I, 1989, S. 25 f.; dies. (Anm. 14), S. 20; Kaiser (Anm. 18), S. 614; Bleckmann (Anm. 11), S. 87 f.; Eisemann-Kreuz, Die internationale Handelskammer, ZaöRV 1951152, S. 477; wohl auch Jennings/Watts (eds.), Oppenheim's International Law, 1992, S. 21 f.; vgl. auch Alvarez, Le droit international nouveau dans ses rapports avec la vie actuelle des peuples, 1959, S. 606; vorsichtig auch Socini Leyendeker (Anm. 21), S. 170, wenn er sagt, daß kein Grund besteht, die Völkerrechtssubjektivität von INGOs zu verneinen, wenn man die Völkerrechtssubjektivität von Individuen zuläßt. Gleichzeitig schwächt er dies ab, indem er ausdrückt, daß es vielleicht verfiiiht ist, solche Behauptungen aufzustellen, daß aber zumindest eine Tendenz in die Richtung besteht. 191 Dahlgrün (Anm. 52), S. 235 ff.

E. Rechtspersönlichkeit von INGOs

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schließt aus der Funktion der INGOs auf deren Völkerrechtssubjektivität. 192 Dariiber hinaus lassen sich auch bei dieser Auffassung Vertreter ausmachen, die ihre Auffassung nicht näher begtiinden. 193 Schließlich sind hier noch die Auffassungen zu elWähnen, die die Frage der Völkerrechtssubjektivität von INGOs offenlassen oder zu ihr keine Stellung nehmen 194. Soweit die Frage nach der Rechtsstellung offengelassen wird, wird dies ausweichend mit dem Problem der Wahl der Defmition der Völkerrechtssubjektivität l95 oder der schwierigen Stellung der INGOs begründet. 196 Die vorangehende Darstellung des Streitstandes zur Völkerrechtssubjektivität von INGOs zeigt zweierlei. So wird zum einen deutlich, daß über den Begriff der Völkerrechts subjektivität keine Einigkeit besteht, wobei nur einige Verfasser die Völkerrechtssubjektivität der INGOs in ein Gesamtsystem der Völkerrechtssubjektivität eingebettet haben, zum anderen wird ersichtlich, daß eine genaue Analyse der rechtlichen Regelungen, die INGOs betreffen, fehlt. Aus diesem Grunde soll im folgenden Teil dieser Arbeit zunächst der Begriff der Völkerrechtssubjektivität herausgearbeitet werden, um anschließend im dritten Teil der Arbeit verschiedene rechtliche Regelungen des internationalen Rechts daraufhin zu untersuchen, ob aus ihnen auf die Völkerrechtssubjektivität von INGOs geschlossen werden kann.

192 Lador-Lederer (Anm. 22), S. 14, 210, 215; auch Carreau, Droit international public, 1994, S. 398 f. scheint dieser Ansicht zuzuneigen. 193 So Nguyen Quoc DinhlDaillierlPellet, Droit international public, 1992, S.675; Byückner (Anm. 64), S. 48; Fourlanos, Subjectivity in International Law and the Position ofthe Individual, NTIR 1984, S. 17. 194 So halten sich NeuholdlHummerlSchreuer (Anm. 8), S. 211 in ihrem Lehrbuch bedeckt; ebenso auch Beatus (Anm. 54), S. 169; Guggenheim, Traite de droit international public, vol. I, 1957, S.283-289; v. Weiß (Anm. 161), S. 392 ff., der der Völkerrechtssubjektivität zwar ein Kapitel widmet, aber zu diesem Problem selbst nicht SteIlung bezieht; keine Stellung bezieht auch Menon, The Subjects of Modern International Law, HYIL 1990, S. 30 ff., der seinen Aufsatz zwar der Völkerrechtssubjektivität widmet, die INGOs aber mit keinem Wort erwähnt; ebenso FischerlKöck, Grundzüge des Rechts der Internationalen Organisationen, 1981, S. 189, 387 ff. 195 V gl. Lagoni (Anm. 88), Rz. 21, der zwar die Beantwortung dieser Frage offenläßt, aber zuvor auch von Rechten und Pflichten gesprochen hat. 196 So Chuang (Anm. 117), S. 12 f., der betont, daß INGOs nicht den Status des IKRK besitzen und ansonsten nicht in das Schema passen.

Zweiter Teil

Völkerrechtssubjektivität Nachdem im vorangegangenen Teil die Problematik der Völkerrechtssubjektivität nichtstaatlicher Organisationen dargestellt wurde, soll nun eine systematische Gesamtdarstellung der aktuell vertretenen Auffassungen zur Völkerrechtssubjektivität und deren Bewertung versucht werden, um auf dieser Grundlage die methodische Erarbeitung der dieser Ausarbeitung zugrundezulegenden Arbeitsdefinition zu ermöglichen.

A. Stand der Diskussion zur Völkerrechtssubjektivität nach 1945 Wenn im folgenden die Auffassungen zur Völkerrechtssubjektivität l wiedergegeben und kritisch gewürdigt werden sollen, so kann in dieser Arbeit nur eine Auswahl von Abhandlungen zu diesem Problem behandelt werden, da eine umfassende Darstellung den Rahmen der Arbeit sprengen würde. 2 Aufgrund der hier getroffenen Auswahl erscheint es jedoch möglich, die Ansätze von Theorie und Praxis zur Zuerkennung von Völkerrechtssubjektivität nachzuzeichnen.

I. Völkerrechtssubjekte als Träger völkerrechtlicher Rechte und Pflichten Die wohl herrschende Auffassung in der Völkerrechtswissenschaft nimmt für die Bestimmung der Völkerrechtssubjektivität Rückgriff auf die in der allgemeinen Rechtstheorie verwendete Definition der Rechtssubjektivität. Danach ist Rechtssubjekt, wer Träger von Rechten und Pflichten ist. 3 Auf das Völkerrecht I Die Begriffe Völkerrechtssubjektivität, Völkerrechtspersönlichkeit und Völkerrechtsfähigkeit werden hier als Synonyma verwendet. Soweit einige Verfasser zwischen diesen Begriffen unterscheiden, wird darauf gesondert hingewiesen. 2 Zu einem umfassenden Schrifttumsverzeichnis vgl. Barberis, Nouvelles questions concernant la personalite juridique internationale, RdC 1983 I, S. 289 ff.; vgl. auch die bei Faßbender, Die Völkerrechtssubjektivität internationaler Organisationen, ÖZöR 1986/87, S. 27-44 angegebene Literatur, die sich in erster Linie, aber nicht nur, auf die Völkerrechtssubjektivität internationaler Organisationen bezieht. 3 Röh/, Allgemeine Rechtslehre, Ein Lehrbuch, 1995, S. 471.

A. Stand der Diskussion zur Völkerrechtssubjektivität nach 1945

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übertragen lautet die Definition dann, daß Völkerrechtssubjektivität die Trägerschaft völkerrechtlicher Rechte und Pflichten erfordert. Mit dieser Definition selbst ist aber noch nicht viel gewonnen, da sie offenläßt, wie die Definition zu konkretisieren ist. Ein Teil der Literatur und der Rechtsprechung wählt hierzu einen apriorischen Ausgangspunkt und leitet aus der so gewonnenen Völkerrechtssubjektivität bestimmte Rechte und Pflichten ab. Dieser Ansatz soll hier als deduktiver Ansatz bezeichnet werden. 4 Dagegen wird von anderer Seite die Ansicht vertreten, daß die Völkerrechtssubjektivität aus den NOI1l1en des zwischenstaatlichen Rechts folge. Erst die Rechts- oder Pflichtenstellung einer Wirkungseinheit mache diese nämlich zu einem Völkerrechtssubjekt. 5 Dieser Ansatz wird im folgenden daher induktiver Ansatz genannt. 6 1. Deduktiver Ansatz

a) Subjekt aufgrund Wahrnehmung internationaler Funktionen Wie bereits erwähnt, wird in der Literatur teilweise vertreten, daß Völkerrechtssubjektivität aus der Funktion einer Wirkungseinheit folge. 7 Von Vertretern dieser Auffassung wird ausgefiihrt, daß zwar einst die Rechtspersönlichkeit eine Funktion zu einer internationalen machte, daß aber nunmehr die Funktion die rechtliche Internationalität herbeifiihre. Erforderlich, aber auch ausreichend hierfiir soll die Wahrnehmung einer staatsähnlichen Funktion einer Wir-

4 Vgl. zur Ableitung materie\ler Rechte aus der Völkerrechtssubjektivität RamaMontaldo, International Legal Personality and Implied Powers of International Organizations, BYIL 1970, S. 116 ff.; Nöll, Die Völkerrechtssubjektivität der Europäischen Gemeinschaften und deren Bindung an das a\lgemeine Völkerrecht, 1986, S. 56, Fn. I. 5 Anders als beim deduktiven Ansatz folgen daher aus der bloßen Innehabung der Völkerrechtssubjektivität keine spezifischen materie\len Rechte. 6 Vgl. zu dieser Bezeichnung Rama-Montaldo (Anm. 4), S. 112; daneben versuchen andere Verfasser, Elemente der beiden genannten Ansätze zu verbinden; vgl. dazu vor a\lem v. d. Heydte, Rechtssubjekt und Rechtsperson im Völkerrecht, in: FS Spiropoulus, 1957, S. 237 ff.; auch Broms, Subjects: Entitlement in the International Legal System, in: The Structure and Process of International Law, 1983, S. 383 ff. 7 Vgl. neben Lador-Lederer, International Non-Governmental Organizations and Economic Entities, 1963, S. 14, 210, 215; auch Dahlgrün, Funktion und RechtspersönIichkeit der Internationalen Handelskammer, 1969, S. 246 (; Okeke, Controversial subjects of contemporary international law, 1974, S. 19; Imhoof, La personalite juridique et le statut des institutions de caractere international; SchwJlR 1989, S. 98 ff., der die Praxis des Schweizer Bundesrates anführt; zu den Vertretern dieser Auffassung kann aber nicht Nöll (Anm. 4), S. 35 gezählt werden, da er zwar auf die Funktion Bezug nimmt, die Völkerrechtssubjektivität aber aus konkreten Rechten und Pflichten ableitet.

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2. Teil: Völkerrechtssubjektivität

kungseinheit sein. Diese wird dann bejaht, wenn eine Wirkungs einheit Legislativ-, Exekutiv- und ludikativfunktionen wahrnimrnt. 8 Eine andere Auffassung stellt stärker auf die Wahrnehmung internationaler Sozialfunktionen ab und kommt so beispielsweise fiir die Internationale Handelskammer zu dem Schluß, daß diese ein Subjekt des internationalen Rechts sei. Zwar wird auch hier als Begriindung die rechtssetzende und streitschlichtende Tätigkeit einer Wirkungseinheit vorgebracht, doch beruht diese Auffassung weniger auf einem Vergleich zum Staat als vielmehr auf einem individualistischen Ausgangspunkt, der an die französische Schule anknüpft. 9 Schließlich wird von einigen Vertretern fiir die Rechtspersönlichkeit allgemein auf die Rolle abgestellt, die eine Wirkungseinheit in den internationalen Beziehungen spielt. 10 Zu den Vertretern eines funktionalen Ansatzes soll hier auch der IGH gezählt werden, der zur Völkerrechtssubjektivität in seinem Gutachten "Reparations for Injuries Suffered in the Service of the United Nations" Stellung zu nehmen hatte. Dabei war die Frage zu beantworten, ob den Vereinten Nationen Völkerrechtssubjektivität zukomme. Anders als sein Vorgänger bejahte der IGH diese Frage und fiihrte dazu aus, daß die Mitgliedstaaten der Vereintem Nationen durch das Betrauen der Organisation mit bestimmten Funktionen und damit verbundenen Pflichten die Organisation selbst mit der Kompetenz ausgestattet hatten, diese Funktionen auch effektiv auszuüben. 11 Auch wenn der vom IGH gewählte theoretische Ansatz aus dieser Entscheidung nicht ganz deutlich hervorgeht,12 so scheint der Gerichtshof doch zumindest einem funktionalen An-

8 Lador-Lederer (Anm. 7), S. 14, der sich dabei insbesondere auf NGOs bezieht; ders., Erweiterung des Kreises der Völkerrechtssubjekte, ZaöRV 1963, S. 665, 672. 9 Vgl. Dahlgrün (Anm. 7), S. 22 I tf., der bei seinen Ausführungen klar herausstellt, daß er sich an der soziologischen Schule Scelles orientiert. \0 Diese Ansicht vertritt Schermers für die Rechtspersönlichkeit internationaler Organisationen; Schermers, International Institutional Law, 1980, § 1387; vgl. auch O'Connell, International Law, 2. Aufl., 1970, S. 99, der im übrigen für den induktiven Ansatz eintritt. II "It is at present the supreme type of international organization and it could not carry out the intentions of its founders if it was devoid of international personality. It must be acknowledged that its Members, by entrusting certain functions to it, with the attendant duties and responsibilities, have c10thed it with the competence required to enable those functions to be effectively discharged", IC] Reports 1949, S. 179; dieser Auffassung des IGH hat sich auch Mann, Die juristische Person des Völkerrechts, ZHR 1988, S. 306 angeschlossen. 12 An anderer Stelle scheint es, als ob der IGH dem hergebrachten Konzept der allgemeinen Rechtstheorie folgt, wenn er auf die "attribution of international personality" abstellt, IC] Reports 1949, S. 178; zur Problematik der Einordnung der Entscheidung vgl. Mosler, Die Erweiterung des Kreises der Völkerrechtssubjekte, ZaöRV 1962, S. 19.

A. Stand der Diskussion zur Völkerrechtssubjektivität nach 1945

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satz zuzuneigen. Eine Bestätigung fmdet diese Einordnung in dem "Certain Expenses" Gutachten des Gerichtshofes. 13

b) Subjekt aufgrund bestehender Souveränität Auch die Souveränität wird heute teilweise noch zur Voraussetzung für die Zuerkennung der Völkerrechtssubjektivität erhoben. 14 Ausgehend von einem relativen Souveränitätsbegriff, bringt diese Ansicht vor, daß neben den Staaten auch anderen souveränen Wirkungseinheiten Völkerrechtssubjektivität zukommen kann. Wann diese Souveränität gegeben ist, ist dieser Ansicht zufolge empirisch festzustellen. Dabei soll es darauf ankommen, ob die fraglichen Wirkungseinheiten eine der Staatsgewalt ähnliche Gewalt besitzen. Dies wiederum wird angenommen, wenn ihre Rechtsordnung autonom ist, sich also von keiner anderen Gewalt, insbesondere nicht der staatlichen, ableitet. 15

c) Subjekt aufgrund allgemeinen Völkerrechts Ein Teil der Lehre vertritt die Auffassung, daß internationale Organisationen Völkerrechtssubjektivität besitzen, sofern sie bestimmte Kriterien erfüllen. Demzufolge soll einer Organisation Völkerrechtssubjektivität zukommen, wenn sie internationale Organe besitzt, nicht der Autorität eines Staates oder anderen organisierten Gemeinschaft untersteht, souveräne und! oder internationale Akte im eigenen Namen ausfUhrt und nicht lediglich Verpflichtungen im Namen der an der Organisation beteiligten Staaten eingeht. 16 Auf die Errichtung der Organisation durch einen völkerrechtlichen Vertrag soll es nicht ankommen. Viel13 Certain Expenses of the United Nations (Art. 17, Para. 2 of the Charter), ICJ Reports 1962, S. 2 I . 14 Dieser Ansatz wurde urspünglich von der sowjetischen Lehre vertreten, dürfte von dieser aber mittlerweile aufgegeben sein; vgl. zu dieser Lehre Modzorjan, Subjekte des Völkerrechts, 1963, S. 6 f.; Osakve, Contemporary Soviet Doctrine and the Juridicial Nature of Universal International Organizations, AJIL 1971, S. 502 ff. 15 Köck, Die völkerrechtliche Stellung des Heiligen Stuhls, 1975, S. 32 f., der diesen Ansatz vor allem auf den Heiligen Stuhl bezieht; ähnlich Hafkemeyer, Der Rechtsstatus des souveränen Malteser-Ritter-Ordens als Völkerrechtssubjekt ohne Gebietshoheit, 1956, S. 96; Oechslin, Die Völkerrechtssubjektivität des apostolischen Stuhls und der katholischen Kirche, 1974, S. 66 f.; Himmels, Der Souveräne Malteser-Ritterorden als Völkerrechtssubjekt, in: FS Remmers, 1995, S. 214. 16 Seyersted, Objective International Personality of Intergovemmental Organisations, 1963, S. 46 tf.; für internationale Organisationen auch Rama-Montaldo (Anm. 4), S. 145; so wohl auch Amerasinghe, International Legal Personality Revisited, AustrianJPIL 1995, S. 130 f.; weitere Autoren bei Döll, Völkerrechtliche Kontinuitätsprobleme bei internationalen Organisationen, 1967, S. 23 Fn. 116.

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2. Teil: Völkerrechtssubjektivität

mehr werden die Voraussetzungen der Rechtssubjektivität aus der Staatenpraxis hergeleitet und als gewohnheitsrechtlich etabliert bezeichnet. 17 Bei Vorliegen dieser Kriterien wird der Organisation objektive Rechtspersönlichkeit zuerkannt. 18 Diese Auffassung beschränkt sich in ihrem Anwendungsbereich jedoch nicht allein auf internationale Organisationen, sondern behauptet auch einen gewohnheitsrechtlichen Grundsatz, aus dem die Völkerrechtssubjektivität aller souveränen rechtlichen Gemeinschaften folgt. Dazu wird ausgefiihrt, daß das entscheidende Kriterium dieser Souveränität die Selbstregierung einer Wirkungseinheit sei, während der internationalen Handlungsfähigkeit und Handlungsfreiheit geringere Bedeutung zukomme. Letztlich versucht also auch diese Lehre die Bestimmung der Völkerrechtssubjektivität über einen Vergleich mit den Staaten zu erreichen. Dabei nimmt sie allerdings bewußt in Kauf, daß die Nichtberücksichtigung der Handlungsfreiheit einer Wirkungseinheit zu einer unerwünschten Einbeziehung bestimmter Gemeinschaften fUhrt. 19 d) Kritische Würdigung Der gemeinsame Schwachpunkt der ersten beiden Richtungen des deduktiven Ansatzes liegt darin begründet, daß sie Völkerrechtssubjektivität im Ergebnis denjenigen Wirkungseinheiten zukommen lassen wollen, welche dem Staat als dem originären Völkerrechtssubjekt vergleichbar sind. 20 Der Vergleich mit dem Staat erscheint jedoch aus zwei Gründen problematisch. So verdeutlichen einerseits die dargestellten Auffassungen, daß bereits die Auswahl des Vergleichskriteriums schwierig ist. Wegen der Vielschichtigkeit des Staatsbegriffs sind neben den Kriterien der Funktion und der Souveränität auch weitere denkbar. Andererseits lassen die dargestellten Kriterien erkennen, daß eine klare Abgrenzung des Kreises der Völkerrechtssubjekte nicht möglich ist. Gerade die Abgrenzung unter Zuhilfenahme des Kriteriums der Souveränität oder der Funktion fUhrt zu einer Grauzone, die die Entscheidung über die Völkerrechtssubjektivität in das Ermessen des einzelnen Betrachters stellt. Seyersted (Anm. 16), S. 100. Hiervon ist der Begriff der objektiven Rechtspersönlichkeit bei Zemanek, Internationale Organisationen als Handlungseinheiten in der Völkerrechtsgemeinschaft, ÖZöR 1956, S. 357 zu unterscheiden, der damit zum Ausdruck bringt, daß einer Anerkennung nur deklaratorische Bedeutung zukommen soll; so auch Bernhardt, Die Europäische Gemeinschaft als neuer Rechtsträger im Geflecht der Tradition zwischenstaatlicher Verbindungen, EuR 1983, S. 203. 19 Seyersted (Anm. 16), S. 91 f. 20 Kritisch Ld.S. Mosler (Anm. 12), S. 21, der dies zum Ausdruck bringt, indem er die Rechtspersönlichkeit als einen reinen Beziehungspunkt ohne soziologisch definierbare Basis sieht; vgl. auch 0 'Connell (Anm. 10), S. 80 f. 17

18

A. Stand der Diskussion zur Völkerrechtssubjektivität nach 1945

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Weiterhin sind die genannten Ansätze abzulehnen, da sie von einer naturgegebenen Rechtspersönlichkeit auszugehen scheinen. Bei der Völkerrechtssubjektivität handelt es sich jedoch um einen juristischen Begriff. Erst durch eine Wertentscheidung eines Normgebers wird aus einer Wirkungseinheit ein Rechtsträger. Daß im staatlichen Bereich umfassend allen Menschen Rechtspersönlichkeit eingeräumt wird, beruht allein auf Wertentscheidungen, die in früheren Epochen nicht selbstverständlich waren. 21 Dabei ist es im innerstaatlichen Recht nicht ungewöhnlich, daß die Rechtsfähigkeit in unterschiedlichem Umfang besteht. Es ist daher nur schwer nachvollziehbar, warum es für die Völkerrechtssubjektivität auf die Vergleichbarkeit mit dem originären Rechtssubjekt Staat ankommen soll. Darüber hinaus läßt sich gegen diese Auffassungen vorbringen, daß sie der einheitlichen Verwendung des Begriffs der Rechtspersönlichkeit widersprechen. In der allgemeinen Rechtstheorie wird dieser Begriff nämlich so verstanden, daß die Rechtspersönlichkeit aus der Norm folgt. Ein Abweichen von der allgemeinen Rechtstheorie, die auch außerhalb des nationalen Rechts Geltung beansprucht, wäre nur vertretbar, wenn dafür sachliche Gründe bestehen würden. Solche Gründe sind hier jedoch nicht ersichtlich. 22 Auch die Auffassung, die von einer völkergewohnheitsrechtlichen Ermächtigung ausgeht, wird der Tatsache nicht gerecht, daß es sich bei der Völkerrechtssubjektivität um eine Rechtskonstruktion handelt. Es kann also nur darauf ankommen, aus den Normen die Völkerrechtssubjektivität von Wirkungseinheiten abzuleiten, nicht aber die Rechtspersönlichkeit durch eine Norm zu schaffen, um daraus auf bestimmte materielle Normen zu schließen. 23 Doch selbst wenn man der Auffassung in ihrem Ausgangspunkt folgte, daß sich die Völkerrechtssubjektivität aus einer materiellrechtlichen Norm ableiten läßt, fehlt es für die Annahme einer gewohnheitsrechtlichen Norm zumindest an der Rechtsüberzeugung. Sowohl der Widerstand in der Lehre als auch in der Praxis machen deutlich, daß Staaten nicht gewillt sind, eine so weitgehende Beschränkung ihrer Handlungsfreiheit zugunsten internationaler Organisationen hinzunehmen. 24

21 Rudalf, Völkerrecht und deutsches Recht, 1967, S. 41, der darauf hinweist, daß die Entscheidung über die Rechtspersönlichkeit von Epoche zu Epoche differiert. 22 Masler (Anm. 12), S. 21. 23 Barberis (Anm. 2), S. 169; vgl. auch Reuterswärd, The Legal Nature oflnternational Organizations, NTIR 1980, S. 18 ff. 24 Faßbender (Anm. 2), S. 45; Nöll (Anm. 4), S. 125.

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2. Teil: Völkerrechtssubjektivität 2. Induktiver Ansatz

Eine große Gruppe von Völkerrechtswissenschaftlern definiert den Begriff der Völkerrechtssubjektivität über die Normen. 25 Danach kann die Völkerrechtssubjektivität nur aus völkerrechtlichen Normen abgeleitet werden. Innerhalb der Gruppe sind die Einzelheiten der Definition jedoch umstritten. Problematisch ist bereits der Begriff des Völkerrechts. Darüber hinaus wird darum gestritten, welche Rechts- und Ptlichtenstellung für die Anerkennung der Völkerrechtssubjektivität erforderlich ist. Einige wenige Autoren lassen die Rechtsund Ptlichtenstellung nicht genügen und machen die Zuerkennung der Völkerrechtspersönlichkeit von weiteren Voraussetzungen abhängig. So wird von verschiedenen Autoren beispielsweise ein willensbegabter Bewußtseinsträger gefordert. 26 Von anderer Seite wird ein bestimmter Umfang an Rechten und Ptlichten fiir notwendig gehalten. 27 Wieder andere scheinen die Völkerrechtssubjektivität von der Anerkennung durch die Staatengemeinschaft abhängig machen zu wollen. 28 a) Begriff des Völkerrechts Nur wenige Verfasser, die speziell zur Völkerrechtssubjektivität Stellung genommen haben, haben sich vertieft mit dem Umfang des Völkerrechts befaßt. Eine Beschränkung der Darstellung auf diese Auffassungen würde daher nur unzureichend den Stand der Diskussion zu diesem Problem widerspiegeln. Es

2S Diese Auffassung vertreten DahmlDelbrücklWolfrum, Völkerrecht, Bd. 1/1, 1989, S.22; VerdrosslSimma, Universelles Völkerrecht, 1984, S. 221 f.; Barberis (Anm. 2), S. 166; Mosler (Anm. 12), S. 18 ff.; De Lupis, Law Making by International Organizations, 1965, S. 21; Döll (Anm. 16), S. 22; Weissberg, The International Status of the United Nations, 1961, S. 13; Zemanek, Das Vertragsrecht internationaler Organisationen, 1951, S. 21 f., 27; ders. (Anm. 18), S. 343, 349; Kussbach, Die Rechtsstellung nationaler Befreiungsbewegungen, im humanitären Völkerrecht, in: FS Verdross, 1980, S. 514 f.; Seidl-Hohenveldern, Das Recht Internationaler Organisationen, 4. Aufl. 1984, S. 37 ff.; v. Wedel, Der Status der palästinensischen Befreiungsbewegungen im Völkerrecht, RDI 1974, S. 204; Nöll (Anm. 4), S. 138; Janis, Individuals as Subjects of International Law, Corne11IU 1984, S. 64 ff.; Grassi, Die Rechtsstellung des Individuums im Völkerrecht, 1955, S. 115; Krenz, The Refugee as a Subject oflnternational Law, ICLQ 1966, S. 93; Rudolf(Anm. 21), S. 48. 26 Nawiasky, Die Stellung der Einzelperson im Völkerrecht, FW 1953155, S. 235; so auch Feldmann, International Personality, RdC 1985 11, S. 359, der darüber hinaus die Teilnahme an den international-rechtlichen Beziehungen fordert. 27 Korowicz, The Problem of International Personality of Individuals, AJIL 1956, S. 558 ff. 28 Schwarzenberger, A Manual of International Law, 1976, S. 64, 65 und Menon, The Subjects ofModern International Law, HYIL 1990, S. 84 deuten dies an.

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empfiehlt sich daher, an dieser Stelle den Streitstand unter Einbeziehung allgemeiner Abhandlungen zum Umfang des Völkerrechts darzustellen. Übereinstimmung herrscht hier zwischen den verschiedenen Auffassungen nur insoweit, als das zwischenstaatliche Recht zum Völkerrecht gezählt wird. 29 Streitig ist dagegen vor allem die Zuordnung von vier Problemgruppen. So besteht Uneinigkeit darüber, ob auch die Regelungen einbezogen werden müssen, die zwischen Staaten und anderen zum völkerrechtlichen Rechtsverkehr zugelassenen Wirkungseinheiten sowie zwischen diesen Wirkungseinheiten selbst vereinbart werden. Fraglich ist auch, ob das Innenrecht internationaler Organisationen vom Begriff des Völkerrechts umfaßt wird. Darüber hinaus wird kontrovers diskutiert, ob Verträge zwischen Staaten und Privaten dem Völkerrecht zuzurechnen sind. Schließlich wollen einige Autoren das Recht nichtstaatlicher Organisationen dem Völkerrecht zuordnen.

aa) Recht zwischen Staaten und gekorenen Völkerrechtssubjekten sowie zwischen diesen selbst Von einem kleinen Teil der Lehre wird vertreten, daß nur das zwischenstaatliche Recht als Völkerrecht anzusehen ist. 3o Die herrschende Auffassung geht jedoch dahin, auch das Recht zwischen Staaten als geborenen und anderen Wirkungseinheiten als gekorenen Völkerrechtssubjekten sowie das Recht zwischen den gekorenen Völkerrechtssubjekten selbst als Völkerrecht zu betrachten, sofern die Staaten das gekorene Völkerrechtssubjekt zur Rechtssetzung berechtigt haben. 3 I Begründet wird diese Auffassung damit, daß sich die Zusammensetzung der Mitglieder des internationalen Systems verändert habe und dieser Tatsache auch bei der Definition des Völkerrechts Rechnung getragen werden müsse. Verwiesen wird dabei insbesondere auf die Ausdehnung des Kreises der Völkerrechtssubjekte, wobei hier verschiedene Autoren Gefahr laufen, tautologisch vorzugehen. 32

29 Vgl. nur DahmlDelbrückiWolfmm (Anm. 25), S.28; JenningslWatts, Oppenheims's International Law, Bd. 1/ I, 1992, S. 4; Dupuy, Droh international public, 2. Aufl., 1993, S. I. 30 JenningslWatts (Anm. 29), S. 4. 31 Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, Bd. I, 1975, S. 7 tT.; vgl. hierzu auch die Arbeiten der International Law Commission. 32 Verdross/Simma (Anm. 25), S. 2, der von der Ausdehnung des Kreises der Völkerrechtssubjekte spricht und später Völkerrechtssubjektivität über das Völkerrecht definiert.

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2. Teil: Völkerrechtssubjektivität

bb) Recht internationaler Organisationen Wenn an dieser Stelle auf die Einordnung des Rechts der internationalen Organisationen eingegangen wird, so soll darunter das von den Organisationen bzw. ihren Organen gesetzte Recht verstanden werden. 33 Zur Einordnung dieses Rechts der internationalen Organisationen werden im wesentlichen zwei Grundpositionen vertreten. 34 Die eine ordnet das Recht dem Völkerrecht zu, die andere sieht darin ein Recht sui generis. 35 Soweit das Recht dem Völkerrecht zugeordnet wird, erfolgt dies häufig ohne Begründung. Sofern eine Begründung gegeben wird, wird angeführt, daß das Recht seine Geltung aus dem Völkerrecht ableite und daher diesem zuzurechnen sei. 36 Dennoch wird von einigen Vertretern dieser Auffassung nicht die Nähe dieser Rechtsordnung zum Innenrecht von Staaten geleugnet. Diese Autoren lösen das daraus entstehende Problem der Unterscheidung zwischen staatlichem und zwischenstaatlichem Recht jedoch dadurch, daß sie von dem Recht der internationalen Organisationen als einem Völkerrecht im weiteren Sinne sprechen. 37 Ein weiterer in diesem Zusanunenhang vertretener Ansatz bleibt nicht bei dem völkerrechtlichen Geltungsgrund des Innenrechts stehen, sondern bezieht zur Beurteilung der Zuordnung zum Völkerrecht den Gedanken der Autonomie der Rechtsordnung mit ein. Dieser Ansicht zufolge fehlt es dem Innenrecht der internationalen Organisationen an der notwendigen Autonomie von der völkerrechtlichen Geltungsgrundlage und ist daher dem Völkerrecht zuzuordnen. 38 Die Auffassungen, die das Recht der internationalen Organisationen als Recht sui generis ansehen, begründen dies mit den strukturellen Unterschieden

33 Zur weiteren Aufgliederung des Begriffes vgl. Bernhardt, Qualifikation und Anwendungsbereich des internen Rechts internationaler Organisationen, BDGVR, Heft 12, S. 9 ff. 34 Zu einer Darstellung der Einordnung dieses Rechtskreises in das völkerrechtliche System siehe Nacimiento, Die Amerikanische Deklaration der Rechte und Pflichten des Menschen, 1997, S. 4 ff. 35 Zu einer ausführlichen Darstellung des Streitstandes vgl. Meng, Das Recht der Internationalen Organisationen - eine Entwicklungsstufe des Völkerrechts, 1979, S. 149 ff. 36 An dieser Stelle seien nur genannt Verdross/Simma (Anm. 25), S. 401; Jaenicke, Völkerrechtsquellen, WVR Bd. III, S. 767; Wa/dock, General Course on Public International Law, RdC 196211, S. 5 ff.; für weitere Nachweise vgl. Meng (Anm. 35), S. 151, Fn. 18. 37 So Verdross, Die Verfassung der Völkerrechtsgemeinschaft, 1926, S. 80; Scheuner, Die Rechtssetzungsbefugnis internationaler Gemeinschaften, in: FS Verdross, 1960, S.231. 38 Meng (Anm. 35), S. 177 f., der jedoch das Dienstrecht internationaler Organisationen als Recht sui generis bezeichnet.

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zwischen Völkerrecht und dem Recht internationaler Organisationen. 39 Dabei wird argumentiert, daß das Recht der internationalen Organisationen durchaus mit dem innerstaatlichen Recht eines durch völkerrechtlichen Vertrag gegründeten Staates vergleichbar sei und daher eine solche Einordnung zulasse. 4o Eine andere Gruppe von Autoren stellt stärker auf das soziologische Substrat des Innenrechts internationaler Organisationen ab. 41 Danach bildet dieses Recht internationaler Organisationen eine eigenständige Rechtsordnung, da die Organisationen eine wirksame soziale Einheit mit eigenem Willensbildungsprozeß darstellen.42 cc) Verträge zwischen Staaten und Privaten Besonders problematisch hinsichtlich des Umfangs des Völkerrechts ist die Einordnung der Verträge zwischen Staaten und Privaten. 43 Einigkeit besteht dahingehend, daß diese Verträge dem nationalen Recht zugeordnet werden können.« Weiterhin besteht Übereinstimmung dariiber, daß bestimmte "internationalisierte" Verträge einer anderen Rechtsordnung zuzuordnen sind. Als internationalisiert werden dabei insbesondere diejenigen Verträge angesehen, die von staatlicher Seite durch zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge befugte Stellen geschlossen wurden und nicht ausdrücklich nationalem Recht unterstellt sind. 45 Streitig ist dagegen, ob diese Verträge dem Völkerrecht46 oder einer dritten Rechtsordnung zuzuordnen sind. Soweit auf eine dritte Rechtsordnung verwie-

39 Miehsler, Qualifikation und Anwendungsbereich des internen Rechts internationaler Organisationen, BDGVR, Heft 12, S. 71 f.; Rudolf(Anm. 21), S. 42 ff.; Wengier, Völkerrecht Bd. I, 1964, S. 319 tf.; ders. Völkerrecht Bd. 11, 1964, S. 1276 tf. 40 Miehsler (Anm. 39), S. 71. 41 So die italienische Ordnungslehre und die französische Institutionenlehre, vgl. Meng (Anm. 35), S. 153 ff. 42 Romano, Corso di diritto internazionale, 4. Aufl., 1939, S. 242 tf. 43 Zu einer umfassenden Darstellung vgl. StoII, Vereinbarungen zwischen Staat und ausländischem Investor, 1982, S. 28 ff. 44 V gl. hierzu Böckstiegei, Der Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmen, 1971, S. 105. 45 So Verdross, Die Sicherung von ausländischen Privatrechten aus Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung, ZaöRV 1957/58, S. 639 tf., wobei daraufhinzuweisen ist, daß andere Definitionen hiervon etwas abweichen. 46 So Fischer, Die internationale Konzession, 1974, S. 451; Jonathan, L 'arbitrage Texaco-Calasiatic contre gouvernement libyen, AFDI 1977, S. 458; Böckstiegel (Anm. 44), S. 146 tf.; wohl auch Merciai, Les entreprises multinationales en droit international, 1993, S. 203 f., der auch auf die Ableitung aus dem "code of conduct" eingeht; Barberis (Anm. 2), S. 160-170, 175. 5 Hempel

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2. Teil: Völkerrechtssubjektivität

sen wird, wird diese entweder in der lex contractus,47 den allgemeinen Rechtsgrundsätzen48 oder einem transnationalen Recht49 gesehen. Die Zuordnung der Verträge zum Völkerrecht wird von der Mehrzahl ihrer Vertreter damit begründet, daß ein "internationalisierter" Vertrag einen Vertrag inter pares darstelle, der inzident eine konkludente Anerkennung des privaten Vertragspartners beinhalte. 50 Ein anderer Ansatz kommt zwar ebenfalls zur Zurechnung des Vertrages zum Völkerrecht, will darin jedoch keinen völkerrechtlichen Vertrag, sondern einen Vertrag erblicken, der zum einen einen privatrechtlichen Vertrag und zum anderen eine einseitige völkerrechtliche Verpflichtung des Gaststaates enthalte. 51 Die Lehre von der lex contractus betrachtet dagegen den zwischen Staat und Privatpersonen geschlossenen Vertrag als ausschließliche, aber auch genügende Grundlage rur die Beziehungen zwischen den Parteien. 52 Ein Rückgriff auf das Völkerrecht ist demzufolge nicht erforderlich. Auch nach der Auffassung, die fiir die Heranziehung allgemeiner Rechtsgrundsätze eintritt, können die Verträge nicht dem Völkerrecht oder nationalen Recht zugerechnet werden. Dennoch sei es erforderlich, sie in einen rechtlichen Rahmen einzubetten, der in Ermangelung konkreter Regelungen in den von den Kulturvölkern anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätzen liegen SOll.53 Diesem letztgenannten Ansatz ist die Auffassung verwandt, die von einer transnationalen Rechtsordnung ausgeht, die neben den internationalisierten Verträgen auch das Recht internationaler Organisationen, das Recht internationaler Verbände Privater und der internationalen Wirtschaftszusammenschlüsse erfassen soll. 54 Inhaltlich greift auch diese Auffassung zur Beurteilung internationaler Verträge auf die allgemeinen Rechts-

Vgl. Verdross (Anm. 45), s. 635-638. McNair, The General Principles of Law Recognised by Civilised Nations, BYIL 1957, S. I ff.; zu diesem Ansatz sollen auch die Vertreter gezählt werden, die einen intemational-privatrechtlichen Ansatz verfolgen; vgl. Zweigert, Verträge zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern, BDGVR, Heft 5, S. 194 ff.; Mann, Die Verträge der Völkerrechtssubjekte und die Parteiautonomie, in: FS Gutzwiller, 1959, S. 477 ff. 49 Borchers, Verträge von Staaten mit ausländischen Privatpersonen, 1966, S. 199; Zemanek, Über das dualistische Denken in der Völkerrechtswissenschaft, in: FS Verdross, 1960, S. 323 ff.; Lalive, Un recent arbitrage suisse, SchwJIR 1962, S. 296; so wohl auch Rengeling, Privatvölkerrechtliche Verträge, 1971, S. 226. 50 Böckstiegel (Anm. 44), S. 184 ff., 344; letztlich dürfte dieser Ansatz auf das Schiedsgutachten Texaco v. Libyan Arab Republic, ILR 53 (1979), S. 433 von Dupuy zurückgehen. 51 Stoll (Anm. 43), S. \05 ff. 52 Verdross (Anm. 45), S. 635 ff. 53 McNair (Anm. 48), S. 7 ff.; Stein, Lex Mercatoria, Realität und Theorie, 1995, S. 252 f. benutzt hier den Begriff "lex mercatoria". 54 Zemanek (Anm. 49), S. 323 ff. 47

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grundsätze und das Gewohnheitsrecht zurück. 55 Begriindet wird diese Auffassung damit, daß gerade dieses Recht zum Völkerrecht und zum Landesrecht in einem unabhängigen Verhältnis stehe. S6

dd) Internes Verbandsrecht nichtstaatlicher Organisationen Ein Teil des Schrifttums vertritt die Ansicht, daß auch die Regelungen, die von nichtstaatlichen Organisationen fiir ihren eigenen Organisationsbereich getroffen werden, dem internationalen Recht zuzurechnen sind. S7 ZU diesem Ergebnis gelangt die Ansicht, weil sie dem internationalen Recht die Regelungen zuordnet, die nicht dem nationalen Recht angehören und zudem die autonome Rechtsordnung des jeweiligen Verbandes bilden. Dazu wird ausgeführt, daß zwar der Verbandsgriindung ein Rechtsgeschäft zugrunde liege, das nach internationalem Privatrecht bzw. internationalem Verwaltungsrecht zu beurteilen sei. Würden durch das Rechtsgeschäft jedoch generell-abstrakte Normen als Verfassung des Verbandes erzeugt, die vollständig und ausschließlich seien, so habe die Ordnung ihren Geltungsgrund nicht mehr im staatlichen Recht. S8 Dieser Auffassung wird von einer Vielzahl von Autoren widersprochen. Begriindet wird dies in der Regel damit, daß es nur den Staaten als den originären Völkerrechtssubjekten möglich sei, neue Völkerrechtssubjekte zu schaffen. 59 b) Begriff der Rechts- und Ptlichtenstellung Die Auseinandersetzung mit dem Problem der Völkerrechtssubjektivität hat bisher nur wenig zur Klärung des Rechts- oder Pflichtenbegriffs beigetragen. 60 So ist derzeit in der Literatur noch nicht endgültig geklärt, ob einem Völkerrechtssubjekt eine Vielzahl von Rechten und Pflichten zustehen muß oder ob die Gewährung einer einzigen Rechts- oder Pflichtenposition ausreicht. Ein Borehers (Anm. 49), S. 20 I. Vgl. Stoll (Anm. 43), S. 44. 57 Zemanek (Anm. 49), S. 330. 58 Zemanek (Anm. 18), S. 330, der dies allerdings für die Völkerrechtssubjektivität nicht ausreichen läßt, da hierzu ein ständiger Rechtsverkehr mit den Staaten erforderlich und dieser nicht gegeben sei. 59 So Mosler (Anm. 12), S. 31. 60 Um die Klärung haben sich aber insbesondere Bleckmann, Allgemeine Staats- und Völkerrechtslehre, 1995; ders., The Subjective Right in Public International Law, GYIL 1985, S. 144 ff.; ders., General Theory of Obligations, GYIL 1995, S. 26 ff.; Szaszy, La regle juridique, le droit subjectif et le sujet de droit en droit international, in: FS Andrassy, 1968, S. 307 tf.; Nawiasky (Anm. 26), S. 237 fund 238 ff. bemüht; vgl. auch Reuterswärd(Anm. 23), S. 14, 16. 55

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2. Teil: Völkerrechtssubjektivität

großer Teil der Literatur vertritt hierzu die Auffassung, daß die Zuerkennung von Völkerrechtssubjektivität eine Vielzahl von Rechten und Pflichten voraussetzt, begründet dies jedoch nicht näher. 61 Nur wenige Autoren erkennen bereits bei Vorliegen einer einzigen Rechts- oder Ptlichtenposition die Völkerrechtssubjektivität einer Wirkungseinheit an. 62 Darüber hinaus besteht im Schrifttum keine Einigkeit darüber, ob die Rechts- oder Ptlichtenstellung tatsächlich gegeben sein muß oder die bloße Möglichkeit der Rechts- oder Ptlichtenträgerschaft genügt. 63 Probleme bereitet ferner die Bestimmung des Begriffes der Rechtsstellung einer Wirkungseinheit. Zum Teil wird diese Rechtsstellung von der Durchsetzbarkeit der Rechtsposition vor internationalen Einrichtungen abhängig gemacht,64 während andere Stimmen die bloße Gewährung einer RechtssteIlung für erforderlich halten. 65 Vertreter der ersten Auffassung stellen das Erfordernis der Durchsetzbarkeit einer Rechtsposition vor allem im Zusammenhang mit der Berechtigung von Individuen dar. Demnach kann von einer Berechtigung einer Wirkungseinheit nur dann gesprochen werden, wenn dieser unmittelbar durch die Norm die Befugnis eingeräumt wird, von einem Staat in einem völkerrechtlichen Verfahren ein bestimmtes Verhalten zu fordern. Eine Begründung für diese Ansicht wird nicht gegeben. Die Auffassung scheint jedoch davon auszugehen, daß nur auf diesem Wege die Mediatisierung des einzelnen im Völkerrecht durchbrochen werden kann. 66 Auch der IGR scheint dieser Ansicht zuzuneigen, wenn er ausführt, daß 61 Korowicz (Anm. 27), S.558; Schwarzenberger (Anm. 28), S.42; Fourlanos, Subjectivity in International Law and the Position of the Individual, NTIR 1984, S. 22; Zemanek (Anm. 18), S. 349; Feldmann (Anm. 26), S. 359. 62 Barberis (Anm. 2), S. 167 f. 63 Für das tatsächliche Vorliegen einer Rechts- oder PflichtensteIlung sprechen sich aus De Lupis (Anm. 25), S. 21; Dö/l (Anm. 16), S. 22; Weissberg (Anm. 25), S. 13; die Möglichkeit genügt nach Ansicht von Zemanek (Anm. 25), S. 21 tf. und S. 27. 64 Verdross/Simma (Anm. 25), S.256; Barberis (Anm. 2), S. 187 f.; Reuterswärd (Anm. 23), S. 14 f.; Grahl-Madsen, The Status of Refugees, 1966, S. 53 f.; Miyazaki, Internationaler Schutz der Menschenrechte und Völkerrechtsunmittelbarkeit, in: FS Mosler, 1983, S. 589; Miehsler, Das Auftreten neuer Völkerrechtssubjekte und die Steilung der Staaten, in: Loccumer Protokolle 4/1969, S. 31 f.; Korowicz (Anm. 27), S. 535, der im Falle mangelnder Durchsetzbarkeit von potentieller Subjektivität spricht. 65 Fourlanos (Anm. 61), S. 21; Bernhardt, Das Auftreten neuer Völkerrechtssubjekte und die Stellung der Staaten, in: Loccumer Protokolle 4/1969, S. 41 tf.; Obi/ade, The Individual as a Subject of International Law, IJIL 1974, S. 93; Partseh, Individuals in International Law, EPIL Bd. 8, 1985, S. 320; besonders weit geht hier Amador, Le sujet passif de la responsabilite et la capacite d 'etre demandeur en droit international, RDI 1956, S. 269 tT., der in Fällen des diplomatischen Schutzes das Individuum als Rechtsträger sieht; auch Mu/lerson, Human Rights and the Individual as Subjects of International Law: A Soviet View, EJIL 1990, S. 37, 39 scheint auf die Durchsetzbarkeit zu verzichten; angedeutet wird dies auch bei DahmiDelbrückiWolfrum (Anm. 25), S. 34 tT. hinsichtlich des Rechtscharakters des Völkerrechts. 66 Vgl. diesbzgl. Verdross/Simma (Anm. 25), S. 256; Barberis (Anm. 2), S. 187 f.

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Völkerrechts subjektivität einer Wirkungseinheit bedeute, "that it has capacity to maintain its rights by bringing international claims.,,67 Die Gegenposition verzichtet auf das Erfordernis der Durchsetzbarkeit und verlangt lediglich die Trägerschaft von Rechten und Ptlichten. Die Frage der Durchsetzbarkeit wird als eine Konsequenz dieser Trägerschaft betrachtet. Begründet wird diese Auffassung damit, daß auch im nationalen Recht Regelungen bekannt seien, die der Durchsetzbarkeit ermangelten. Zudem dürfe nicht vergessen werden, daß auch die Möglichkeit der Durchsetzung internationaler Normen vor nationalen Gerichten gegeben sei. Schließlich wird von anderer Seite ergänzend vorgebracht, daß die Forderung nach der Durchsetzbarkeit die Rechtsund die Handlungsfahigkeit verwechsle. 68

c) Kritische Würdigung Obwohl der induktive Ansatz richtigerweise die Völkerrechtssubjektivität als Rechtskonstruktion versteht, zeigen die einzelnen vertretenen Auffassungen in bezug auf ihre Verwendbarkeit in dieser Arbeit Schwächen. Eine Schwäche einer Zahl von Autoren liegt darin, daß eine umfassende Definition des Begriffs der Völkerrechtssubjektivität nicht unternommen wird. 69 So erscheinen entweder die Ausfiihrungen zum Geltungsbereich des Völkerrechts oder die Konkretisierung der Rechts- und PtlichtensteUung ergänzungsbedürftig. Weiterhin dürfte eine Reihe von Ausführungen aufgrund der tatsächlichen Entwicklung des internationalen Systems veraltet sein. Daneben erscheint auch Kritik an der Definition der einzelnen Begriffsmerkmale angezeigt. Sofern die Auffassungen nur das von Staaten gesetzte Recht als Völkerrecht ansehen, muß ihnen entgegengehalten werden, daß diese Feststellung wohl nicht mehr mit der Wirklichkeit der internationalen Beziehungen übereinstimmt. Zumindest die Rechtssetzung internationaler Organisationen sollte hier einbezogen werden, da diese Wirkungseinheiten nunmehr auch das zwischenstaatliche Recht mitgestalten. 70

67 Reparations for Injuries Sutfered, ICJ Reports 1949, S. 179; vgl. auch Case Conceming the Barcelona Traction, Light and Power Company, Limited, ICJ Reports 1970, S. 33 und South West Africa Cases (Ethopia v. South Africa; Liberia v. South Africa), ICJ Reports 1966, S. 29 f.; siehe hierzu auch Bleckmann (Anm. 60), GYIL 1985, S. 145 f. und Partsch (Anm. 65), S. 316 f.; vgl. auch Grassi (Anm. 25), S. 116 f. 68 Fourlanos (Anm. 61), S. 21; vgl. auch Mosler, Reflexions sur 1a personalite juridique en droit international public, in: FS Rolin, 1964, S. 231 f. 69 Eine Ausnahme in dieser Hinsicht bildet Mosler (Anm. 12), S. I tf., der allerdings eingesteht, daß nicht alle Probleme in seiner Abhandlung gelöst worden seien. 70 Vgl. hierzu Berber (Anm. 31), S. 9; Rudolf(Anm. 21), S. 39.

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2. Teil: Völkerrechtssubjektivität

Den Auffassungen, die das Bestehen einer Rechtsordnung neben dem Völkerrecht und dem nationalen Recht annehmen, ist entgegenzuhalten, daß der Inhalt dieser Rechtsordnung weitgehend inhaltsleer bleibt. Weder das Organisationsrecht der Mehrzahl internationaler Organisationen noch Verträge zwischen Staaten und Privaten erreichen eine Regelungsdichte, die es erlauben würde, von einem Rechtssystem oder einer eigenständigen Rechtsordnung zu sprechen. 7I Lediglich die Europäischen Gemeinschaften mögen in diesem Zusammenhang eine Ausnahme bilden, die es noch zu untersuchen gilt. In den übrigen Fällen bleibt jedoch der Rückgriff auf nationales Recht oder Völkerrecht notwendig. Die Erforderlichkeit eines solchen Rückgriffs macht aber deutlich, daß eine eigenständige Rechtsordnung gerade nicht besteht. 72 Weiter spricht gegen die Annahme einer dritten Rechtsordnung die grundsätzliche Offenheit des Völkerrechts, die einen solchen Rückgriff verzichtbar erscheinen läßt. 73 Die Auffassung, die zum internationalen Recht auch die Regelungen zählen will, die von nichtstaatlichen Organisationen erlassen werden, verkennt dagegen die Unterschiede, die zwischen Verbands- und Völkerrecht bestehen. So mag eine INGO wohl eine internationale Satzung aufweisen und dennoch in einem Subordinationsverhältnis zu einem oder mehreren Staaten stehen. Die übrigen Ansätze zum Umfang des Völkerrechts verdienen im Ergebnis Zustimmung; inwieweit ihren Begründungen gefolgt werden soll, ist im folgenden Abschnitt zu untersuchen. Als grundsätzliche Kritik betreffend die Rechts- und PflichtensteIlung ist festzuhalten, daß sich die bisherigen völkerrechtlichen Abhandlungen häufig auf Behauptungen beschränken. Lediglich der Streit um die Durchsetzbarkeit von Rechten bildet hierzu eine Ausnahme. Soweit in Literatur und Rechtsprechung verlangt wird, daß eine Rechtsstellung auch eine Durchsetzungsmöglichkeit erfordert, muß dies aber auf Kritik stoßen, da die Durchsetzung einer Norm nicht notwendigerweise zu einer Rechtsposition gehört. Aus dem nationalen Rechtskreis ließe sich hierzu die Naturalobligation als Gegenbeispiel anführen. 74 Aber auch fiir den Bereich des Völkerrechts scheint diese Argumentation nicht zutreffend. So besteht im Bereich der Menschenrechte in einer Vielzahl von Fällen keine oder nur eine schwache Durchsetzungsmöglichkeit, ohne daß von der herrschenden Meinung die Rechtsqualität dieser Vorschriften bestritten wird.

7\ Dies räumt auch Stein (Anm. 53), S. 241 ein, die aber dennoch zu dem Ergebnis gelangt, daß eine lex mercatoria existiert. 72 So prägnant Stoll (Anm. 43), S. 42 für die lex contractus und die allgemeinen Rechtsgrundsätze; gleiches gilt aber nach hier vertretener Ansicht auch fUr die übrigen Ansätze. 73 DahmiDelbrückiWolfrum (Anm. 25), S. 23. 74 Rudolf(Anm. 21), S. 15, der dies im Zusammenhang mit der Geltung des Völkerrechts ausfUhrt.

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Soweit in der Literatur auf die Durchsetzbarkeit einer Rechtsposition verzichtet wird, wird ein anderes Problem deutlich. Einem Großteil der Auffassungen ist nämlich ihre Unschärfe gemein. So wird bisher von den Vertretern dieser Ansicht lediglich verlangt, daß eine direkte oder unmittelbare Berechtigung einer Wirkungseinheit vorliegt. Wann dies der Fall ist, wird nicht ausgeführt. Eine Abgrenzung zum bloßen Rechtsreflex 7s wird nur selten vorgenommen.

11. Völkerrechtssubjekte als Haftungsobjekte 1. Theorie der Völkerrechtssubjekte als Haftungsobjekte Orientierten sich die bisher dargestellten Ansichten zur Völkerrechtssubjektivität stark an den Erkenntnissen der herrschenden Rechtstheorie, so wird daneben auch die Auffassung vertreten, daß als Völkerrechtssubjekte nur diejenigen Wirkungseinheiten verstanden werden können, gegen die sich eine völkerrechtliche Sanktion richtet. 76 Begründet wird diese Ansicht damit, daß die Völkerrechtssubjektivität keine Frage rein theoretischer Konstruktion sei, sondern ein Aspekt des Rechtszwanges und der Schadenshaftung. 77 Dabei wendet sich die Ansicht gegen das reine Normdenken der herrschenden Meinung, welches das in der Norm bestimmte Verhalten für die Bestimmung der Rechtssubjektivität als entscheidend ansieht. Vielmehr kommt es nach dieser Ansicht auf den Zweck einer Norm an, wobei als Normzweck das Verhüten eines bestimmten Verhaltens angesehen wird. Bei diesem zweckbestimmten Verhütungsgedanken liegt dann aber das Hauptgewicht der Rechtsordnung bei der Drohung mit der Unrechtsfolge vor der eventuellen Tat,18 weshalb auch an diese angeknüpft wird. In Anwendung dieses Ansatzes gelangt die Auffassung zur Völkerrechtssubjektivität aller international aktionsflihigen Verbände einerseits und der einzelnen in der internationalen Politik effektiv tätigen Individuen andererseits. 79

7S Vgl. zu diesem Begriff Bachof, Retlexwirkungen und subjektive Rechte im öffentlichen Recht, in: GS Jellinek, 1955, S. 287 ff. 76 Wengier, Der Begriff der Völkerrechtssubjektivität im Lichte der politischen Gegenwart, FW 1951/53, S. 113 ff.; ähnlich Quadri, Diritto Internaziona1e Publico, 5. Autl., 1968, S. 520 tT.; Eustathiades, Les sujets du droit international et 1a responsabilite, RdC 1953 111, S. 415, 426, die sich aber stärker am induktiven Ansatz orientieren. 77 Wengier (Anm. 76), S. 142. 78 Wengier (Anm. 76), S. 114 f. 79 Wengier (Anm. 76), S. 142.

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2. Teil: Völkerrechtssubjektivität

2. Kritische Würdigung

Die Anknüpfung dieser Ansicht an die Sanktion einer Rechtsverletzung weist jedoch Schwächen auf. Zwar verfolgt sie, wie die nonnativen Theorien auch, den Zweck, die Einwirkung des Rechts auf das Verhalten einer Wirkungseinheit zu erfassen, doch überzeugt diese Auffassung nicht. Zum Zeitpunkt der Sanktion wird nämlich die Wirkungseinheit Gegenstand des Verhaltens einer anderen Wirkungseinheit. Daher ist zu Recht behauptet worden, daß diese Ansicht eigentlich an ein Rechtsobjekt anknüpfe. 80 Weiterhin verkennt sie, daß die Deliktsfähigkeit in der Mehrzahl der Rechtsordnungen die Rechtsfähigkeit gerade voraussetzt. Nur wer rechtserheblich handeln kann, kann fiir sein Tun haftbar sein. 81 Darüber hinaus rückt diese Auffassung das Haftungsmoment zu stark in den Vordergrund. Die Völkerrechtsgemeinschaft ist nämlich nicht nur eine Gemeinschaft zum Zweck der Unrechtsverhütung durch Zwangsandrohung und Haftungsfurcht, sondern auch eine Gemeinschaft zum Zwecke der Rechtsverwirklichung aus Rechtsüberzeugung und gemeinsamen Interessen. 82 Schließlich ist diese Auffassung deshalb zu kritisieren, weil ihre Aussage unscharf bleibt und eine genaue Bestimmung der Völkerrechtssubjektivität nicht erlaubt.

B. Eigener Definitionsansatz Die vorangegangenen Ausführungen zeigen, daß die bisherigen Defmitionen des Begriffs der Völkerrechtssubjektivität für die Zwecke der vorliegenden Arbeit ergänzungsbedürftig scheinen. Es soll daher im folgenden Abschnitt eine dieser Arbeit zugrundezulegende Defmition entwickelt werden. I. Methodisches Vorgehen Die Vielzahl der Betrachtungsweisen in der Rechtstheorie hat dazu geführt, daß das Wesen des Rechts sehr verschieden aufgefaßt wurde und zur Bildung verschiedener rechts theoretischer Schulen geführt hat. 83 Dabei ist erkennbar,

80 Barberis (Anm. 2), S. 166; vgl. außerdem v. Wedel (Anm. 25), S. 199; Schneider, Zur Rechtsstellung des Internationalen Roten Kreuzes, AVR 1955/56, S. 264 f., der aufgrund seiner Kritik zu einer Unterscheidung von Haftungssubjekten und Integrationssubjekten gelangt; zur Kritik an Quadri siehe Faßbender (Anm. 2), S. 44 f. 81 v. Wedel (Anm. 25), S. 199. 82 Schneider (Anm. 80), S. 264 f.; v. Wedel (Anm. 25), S. 199. 83 Vgl. Fastenrath, Lücken im Völkerrecht, 1991, S. 32 ff.; zur allgemeinen Rechtstheorie vgl. Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, 1977, S. 15 f.; auch Kaufmann, Recht und Gerechtigkeit, in: Einführung in Rechtsphilosophie und

B. Eigener Definitionsansatz

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daß einige Autoren ihre Rechtstheorie im wesentlichen auf nur eine der verschiedenen möglichen Betrachtungsweisen stützen. 84 Ein solches Vorgehen ist nach der hier vertretenen Auffassung jedoch abzulehnen, da das Herausgreifen nur eines Ansatzes der Mehrdimensionalität des Phänomens Recht nicht gerecht werden kann. Gerade die Betrachtung des Völkerrechts zeigt, daß dieses Rechtsgebiet außer durch seine Normen von den sozialen Gegebenheiten geprägt ist. Die faktische Einflußnahme der Staaten auf das Recht ist dabei sowohl bei der Normentstehung als auch bei der Normanwendung von entscheidender Bedeutung. 8s Daher soll für die Zwecke dieser Arbeit eine Kombination einer normativen und einer soziologischen Betrachtungsweise gewählt werden. Die Verbindung dieser beiden Betrachtungsweisen erfaßt zwar ebenfalls nicht alle Dimensionen des Rechts, hat jedoch im Vergleich zu einer "reinen" Rechtstheorie den Vorteil, daß sie das Recht als Sollensordnung in Beziehung zum Sein setzt. Diese Verbindung erscheint wesentlich, da Sollensvorschriften auf das Sein gerichtet sind und auf dessen Beeinflussung abzielen. Beide Elemente stehen daher in notwendiger Beziehung zueinander, was auch in methodischer Hinsicht zu berucksichtigen ist. 86 Zudem fUhrt diese Vorgehensweise anders als eine auf Methodenreinheit bedachte Betrachtung zu größerer Realitätsnähe der Völkerrechtswissenschaft und damit auch zu größerer Akzeptanz ihrer Ergebnisse. 87 Die Verbindung dieser Betrachtungsweisen bedeutet jedoch nicht, daß das Völkerrecht als Normensystem geleugnet und an die Stelle der Normen das tatsächliche Verhalten der Staaten treten soll. Vielmehr soll die normative Betrachtungsweise durch die soziologische ergänzt werden. Dazu wird eingangs im Wege der normativen Betrachtung versucht, den Gehalt des Begriffs der Völkerrechtssubjektivität zu ermitteln. Normativ soll dabei in der Weise verRechtstheorie der Gegenwart, 1977, S. 282 f.; einen Überblick über die positivistischen Rechtstheorien gibt A lexy, Begriff und Geltung des Rechts, 1992, S. 31 ff. 84 Genannt sei hier Ke1sen, der mit seiner Reinen Rechtslehre einen normativen Ansatz verfolgt; Kelsen, Reine Rechtslehre, 2. Auflage, 1960, wenngleich dieser Ansatz nicht frei von soziologischen Elementen ist; zu einem soziologischen Ansatz vgl. Ehrlich, Grundlegung der Soziologie des Rechts, 4. Aufl., 1989; zu einer stark ethisch ausgerichteten Betrachtung vgl. Dupuy, Conc1usion du colloque, in: L 'avenir du droit international, 1984, S. 445 ff. 8S Mit ähnlicher Argumentation Simma, Das Reziprozitätselement im Zustandekommen völkerrechtlicher Verträge, 1972, S. 40. 86 Vgl. auch Henkel (Anm. 83), S. 549 tf.; Simma (Anm. 85), S. 38 m.w.N.; Stone, Problems Confronting Sociological Enquiries Concerning International Law, RdC 1956 I, S. 89; ähnliches deuten DahmiDelbrückiWolfrum (Anm. 25), S. 41 an; andere Autoren nennen als weiteres entscheidendes Merkmal die Richtigkeit des Rechts; so Alexy (Anm. 84), S. 29; so auch Dreier, Der Begriff des Rechts, NJW 1986, S. 896, der der Gesetztheit bei systemabhängigen Normen staatlicher Rechtssysteme den Vorrang einräumt. 87 Simma (Anm. 85), S. 41.

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2. Teil: Völkerrechtssubjektivität

standen werden, daß der Begriff durch logisch-analytisches Vorgehen aus der Nonn gewonnen werden soll. Soweit diese Methode ergebnislos bleibt oder das Ergebnis dieser Betrachtung ergänzungsbedürftig erscheint, soll die soziologische Betrachtung hinzugezogen werden. Durch dieses Vorgehen soll insbesondere die soziale Wirklichkeit Berücksichtigung fmden, die dem Recht zugrunde liegt. Soweit sie als Grundlage des Rechts erachtet wird, soll sie dann auch in die Arbeitsdefinition der Völkerrechtssubjektivität aufgenommen werden. 88

11. Begründung der Völkerrechtssubjektivität

J. Definition der Völkerrechtssubjektivität Die Definition des Begriffs der Völkerrechtssubjektivität hat, wie im vorangegangenen Abschnitt ausgeführt, bei der Nonn anzusetzen. Betrachtet man allein die Nonn, so wird ersichtlich, daß die Nonn selbst das Verhalten von Wirkungseinheiten regelt, indem diese entweder verpflichtet oder berechtigt werden. Diese Wirkungseinheiten sind die Subjekte, an die sich die Nonn richtet. Mithin ist Rechtssubjekt ein Träger von Rechten oder Pflichten, ein Völkerrechtssubjekt ein Träger völkerrechtlicher Rechte oder Pflichten. Um die Berechtigungen vom Allgemeinbegriff des Rechts unterscheiden zu können, soll bei ersteren in der Folge von subjektiven Rechten gesprochen werden. 89 Rechte und Pflichten müssen aber nicht kumulativ gegeben sein, um die Völkerrechtssubjektivität zu begründen, da bereits die Berechtigung oder Verpflichtung einer Nonn eine Wirkungseinheit von einem Objekt zu einem Subjekt macht. 90 Qualifikationen des Rechtssubjekts, wie etwa dessen Willensflihigkeit, erscheinen nach dem hier verfolgten methodischen Ansatz entbehrlich. 91 Die Rechtsflihigkeit juristischer Personen bereitet daher kein Problem und stellt sich als Frage nach der Handlungsfahigkeit einer Wirkungseinheit dar. Da die Völkerrechtssubjektivität aus einer bestehenden Nonn abgeleitet wird, ist auch die potentielle Rechtsträgerschaft einer Wirkungseinheit für die Bestimmung der Rechtssubjektivität ohne Bedeutung. Nur die Rechtsträgerschaft in einer Geltungskraft besitzenden Nonn entscheidet über die Frage der Völkerrechtssubjektivität. Allein auf diese nonnative Betrachtung abzustellen, hätte jedoch zur Folge, daß eine Nonn beharrlich nicht angewendet werden könnte und dennoch die Vgl. zu ähnlicher Vorgehensweise Simma (Anm. 85), S. 39 f. Siehe zu dieser KlarsteIlung nur Kelsen (Anm. 84), S. 131. 90 Im Ergebnis auch Barberis (Anm. 2), S. 167. 91 Anders aber Bierling, Prinzipien lehre Bd. I, 1894, S. 20 I tf., der noch das Vorliegen eines psychologischen Moments verlangt. 88

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B. Eigener Definitionsansatz

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Rechtssubjektivität bejaht werden müßte. Die Rechtssubjektivität bliebe dann aber ein theoretisches Konstrukt. Das Ergebnis stünde dem Verständnis entgegen, daß Norm und soziale Wirklichkeit in Beziehung zueinander stehen. Es muß daher gefordert werden, daß die Norm ein Minimum an tatsächlicher Beachtung aufweist oder zumindest die generelle Chance der Beachtung besitzt. 92 Mit dieser Voraussetzung der Rechtssubjektivität wird nämlich einerseits der Tatsache Rechnung getragen, daß es sich bei Normen um Sollensvorschriften handelt, die nicht zur beliebigen Disposition der sie bestimmenden Machtträger stehen, andererseits stellt sie den notwendigen Bezug zwischen Sein und Sollen her. Die soeben gewonnene DefInition der Völkerrechtssubjektivität bedarf jedoch der weiteren Konkretisierung, um als Grundlage für die Bestimmung der Rechtssubjektivität von INGOs dienen zu können. So ist in den folgenden Abschnitten zu klären, welche Normen dem Völkerrecht zuzuordnen sind und wann eine Rechts- und Ptlichtenstellung angenommen werden kann. 2. Begriff des Völkerrechts

Das Völkerrecht als das Recht zwischen Völkerrechtssubjekten zu beschreiben, verbietet sich, da dies einen Zirkelschluß bedeuten WÜfde. 93 Auch ein normativ-analytisches Vorgehen kann zu keiner befriedigenden Lösung fiihren, da die Struktur der völkerrechtlichen Norm keine Charakteristika aufweist, die sie gegenüber der innerstaatlichen Normstruktur hervorheben. Ebenso ist eine bloß negative DefInition abzulehnen, die Völkerrecht als das Recht begreift, das nicht dem innerstaatlichen Recht zuzuordnen ist, da damit gerade die Streitfrage nicht beantwortet werden kann, welcher Rechtsordnung Verträge zwischen Privaten und Staaten zuzuordnen sind. Aus diesem Grund hat die Bestimmung des Begriffs des Völkerrechts unter Einbeziehung der sozialen Wirklichkeit zu erfolgen. Nach der hier vertretenen Auffassung hat sich die Wahl des Anknüpfungspunktes dabei daran zu orientieren, das soziale Substrat der jeweiligen Rechtsordnung aufzuzeigen. Daher erscheint beispielsweise die Anknüpfung an die völkerrechtliche Sanktionsart fiir die Bestimmung des Völkerrechts wenig hilfreich, da die Sanktion die zwangsweise Durchsetzung von Normen zum Ziel hat und somit gerade ein Normensystem bedingt. Auch die Bezugnahme auf den 92 Ähnlich im Ansatz bei Wildhaber, Wo steht das Völkerrecht heute? Versuch einer Standortbestimmung, SchwJIR 1980, S. 87; Henkel (Anm. 83), S. 545, der allerdings von der generellen Chance der Durchsetzbarkeit spricht. 93 So aber dennoch NeuholdlSchweizeriHummer, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Teil 1,2. Autl., 1991, S. 2 f.

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2. Teil: Völkerrechtssubjektivität

Gegenstand des Rechts oder seine Adressaten setzt an der falschen Stelle an, da die Gegenstände und Adressaten des Völkerrechts zuweilen auch im innerstaatlichen Recht anzutreffen sind. Als Beispiel mag der Schutz der Menschenrechte in beiden Rechtsordnungen dienen. Kennzeichnend für das Völkerrecht erscheinen vielmehr die Form der Rechtssetzung und die der Rechtsordnung zugrunde liegende konkrete Gemeinschaft. 94 Danach stellt sich das Völkerrecht als das Recht der Verbände dar, die keinem anderen Verband eingegliedert sind und sich als gleichgeordnet betrachten. 95 Erst diese Gleichordnung der Verbände fiihrt nämlich dazu, den Beziehungen einen bestimmten Ordnungsrahmen zu geben. In einem solchen Gleichordnungsverhältnis befinden sich nach der hier vertretenen Ansicht gegenwärtig sowohl die souveränen Staaten als auch der Heilige Stuhl. Das in ihren gegenseitigen Beziehungen geltende Recht soll im folgenden als primäres Völkerrecht bezeichnet werden. 96 Wie im innerstaatlichen Bereich sind zum Völkerrecht darüber hinaus auch die Regelungen zu zählen, die sich aus der primären Rechtsordnung ableiten. Eine solche Ableitung ist dann gegeben, wemi das primäre Recht den Geltungsgrund weiterer Normen bildet, also die Ermächtigung zur Rechtssetzung enthält und sich die Rechtmäßigkeit nach diesem beurteilt. 97 In einem solchen Fall soll im folgenden von sekundärem Völkerrecht gesprochen werden. Nicht von dem Begriff des sekundären Völkerrechts sind indes die Rechtsordnungen erfaßt, die sich zwar aus dem primären Recht ableiten, sich aber zu einer autonomen Rechtsordnung entwickelt haben. Denn hier fehlt gerade der bestimmende Einfluß des primären Völkerrechts auf diese Rechtsordnung. 98 Auf der Grundlage dieser Ausführungen lassen sich nun die oben dargestellten Problemfälle einordnen. Für die Rechtsbeziehungen zwischen Staaten und gekorenen Völkerrechtssubjekten sowie zwischen den gekorenen Völkerrechtssubjekten selbst bedeutet dies, daß ihre Beziehungen dem Völkerrecht zu94 So auch Dominice, Observations sur la definition du droit des gens, in: FS Bindschedler, 1980, S. 74 ff., der letztlich stärker historisch ausgerichtet ist; Oechslin (Anm. 15), S. 51 f., der allerdings stärker auf das vorrechtliche Substrat abstellt. 9S Dieses Verständnis geht letztlich auf Mosler, Völkerrecht als Rechtsordnung, ZaöRV 1976, S. 16 zurück. 96 So die herrschende Terminologie, vgl. Seidl-Hohenveldern (Anm. 25), S. 219; Meng (Anm. 35), S. 13; Autoren die Vertragsrecht als vom Gewohnheitsrecht abgeleitet ansehen, sprechen von Tertiärrecht; so Arrangio-Ruiz, The Nonnative Role ofthe General Assembly of the United Nations, RdC 1972 I1I, S. 512; vgl. hierzu auch DahmlDelbrückiWolfrum, Völkerrecht, Bd. 1/2, MS, § \08, S.20, die von NGOs als Rechtssubjekten des Sekundärrechts sprechen. 97 Meng (Anm. 35), S. 177 f stellt dagegen allein auf den Geltungsgrund ab; nur hinsichtlich der Privatrechtssubjektivität spricht er dieses Problem kurz an, ohne jedoch die ganze Breite des Problems der Rechtrnäßigkeitsbeurteilung zu erfassen. 98 In diesem Sinne auch Meng (Anm. 35), S. 177 f

B. Eigener Definitionsansatz

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zuordnen sind. Die Zuordnung folgt nicht schon daraus, daß es sich dabei um Rechtssetzung von Wirkungseinheiten handelt, die keinem anderen Verband eingegliedert sind, sondern aus ihrer Ableitung aus dem primären Völkerrecht. Die Annahme einer autonomen Rechtssetzung würde gerade die Tatsache außer Acht lassen, daß die Tätigkeit internationaler Organisationen von der zwischenstaatlichen Rechtsgrundlage abgeleitet ist und von dieser in der Regel abhängig bleibt. Dies gilt sowohl bei rechtlicher als auch bei tatsächlicher Betrachtung. Aus rechtlicher Sicht steht es nämlich den Mitgliedstaaten offen, die Rechtsgrundlage einer Organisation zu ändern und damit auf ihre Kompetenzen einzuwirken. Die Betrachtung der sozialen Wirklichkeit zeigt, daß zwar insbesondere mitgliedstarke Organisationen zunehmend eine Eigendynamik entwickeln und die Änderung der Rechtsgrundlage aufgrund divergierender Interessen der Mitgliedstaaten nur nach langwierigen Verhandlungen zu erreichen ist,99 bei der weitaus größten Zahl der Organisationen aber der Einfluß der Mitgliedstaaten weiterhin bestimmend geblieben ist. Einen Sonderfall stellen die Europäischen Gemeinschaften dar, die sich nunmehr so stark von ihrer Geltungsgrundlage entfernt haben, daß sie hier bereits zu den Schöpfern des primären Völkerrechts gezählt werden sollen. Zwar haben sich die Gemeinschaften bei rechtlicher Betrachtung noch nicht von der zwischenstaatlichen Rechtsgrundlage gelöst, insbesondere fehlt es ihnen an der für Staaten typischen Kompetenz-Kompetenz; in tatsächlicher Hinsicht genießen die Europäischen Gemeinschaften jedoch ein Maß an Eigenständigkeit, das über dasjenige anderer internationaler Organisationen weit hinausgeht. Vor allem sei hierbei auf die ausschließliche Vertragsschlußkompetenz der Gemeinschaften in bestimmten Rechtsbereichen verwiesen. 100 Das Innenrecht internationaler Organisationen ist ebenfalls als sekundäres Recht dem Völkerrecht zuzurechnen. Auch für diese Rechtsnormen erfolgt die Zurechnung zum Völkerrecht aufgrund ihrer Ableitung aus dem Gründungsvertrag der Organisation. Sie sind nicht mit Normen des innerstaatlichen Rechts vergleichbar, da der internationalen Organisation anders als den Staaten die Möglichkeit der autonomen Rechtssetzung fehlt. Die Rechtssetzung bleibt von der völkerrechtlichen Grundlage abhängig. 101 Hierin liegt auch der Unterschied zu den häufig zitierten Staaten, die durch zwischenstaatlichen Vertrag geschaffen wurden und deren Innenrecht nicht dem Völkerrecht zugerechnet wird. Das

Darauf weist vor allem Mosler (Anm. 95), S. 24 hin. Oppermann, Europarecht, 1991, Rz. 787, 1649; die Rechtsstellung der EG ist von der der EU zu unterscheiden, die stark umstritten ist; vgl. KoeniglPechstein, Die Europäische Union, Der Vertrag von Maastricht, 1995, S. 20; v. Bogdany, Die Verschmelzung der Europäischen Gemeinschaften in der Europäischen Union, NJW 1995, S. 2324 ff. 101 Vgl. hierzu Meng (Anm. 35), S. 177 f. 99

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2. Teil: Völkerrechtssubjektivität

in diesem Zusammenhang vorgebrachte Argument, daß auch Staaten mehr oder weniger autonom sein könnten,102 greift nicht, da dabei die tatsächlichen Unterschiede der Autonomie vernachlässigt werden. So verkennt die Ansicht, daß es im Ermessen der Mitgliedstaaten einer internationalen Organisation steht, die Vorschriften des Innenrechts durch die Änderung des primären Rechts abzuwandeln. Diese bleiben also Herren des Organisationsrechts. Zudem spricht gegen die Annahme eines solchen Sonderverbandsrechts, daß die Trennung von Sonderverbandsrecht und Völkerrecht nicht überzeugend möglich ist. So enthalten beispielsweise die Gründungsverträge, die übereinstimmend dem Völkerrecht zugeordnet werden, häufig Regelungen, welche die innere Ordnung der Organisation betreffen. Würde für die Gründungsverträge nun zwischen Völkerrecht und Sonderverbandsrecht getrennt, so würde dies dem Prinzip der Einheit der Verträge zuwiderlaufen. Weiterhin spricht gegen eine solche Trennung, daß interne Rechtssetzungsakte internationaler Organisationen in der Praxis teilweise allgemeine völkerrechtliche Wirkungen auslösen, die mit der Annahme eines Sonderverbandsrechts nur schwer zu erklären sind. 103 Eine Einschränkung hinsichtlich der Zuordnung des Innenrechts internationaler Organisationen ist aber auch in diesem Zusammenhang für die Europäischen Gemeinschaften geboten, da sich hier eine autonome Rechtsordnung entwickelt hat. 104 Nicht dem Völkerrecht zugeordnet werden können in der Regel Verträge zwischen einzelnen Staaten und Privatpersonen sowie das Verbandsrecht nichtstaatlicher internationaler Organisationen. Verträge zwischen einzelnen Staaten und Privatpersonen können deshalb nicht zum Völkerrecht gezählt werden, weil in der weitaus größten Zahl der Fälle eine Anerkennung eines Gleichordnungsverhältnisses durch die Rechtsgenossen nicht besteht. 105 Wenn auch einzelne Verträge aufgrund ihrer Internationalisierung eine Gleichordnung im Verhältnis zum jeweiligen Vertragsstaat herbeizuführen vermögen, so kann dies allein für die Einbettung in die völkerrechtliche Rechtsordnung noch nicht als ausreichend angesehen werden. Da nämlich eine Rechtsordnung Regelungen für eine Gemeinschaft von zumindest zwei Wirkungseinheiten trifft, kann die Ausdehnung der Gemeinschaft nur im Einvernehmen von zumindest zwei Staaten er-

Vgl. Rudolf(Anm. 21), S. 43. DahmlDelbrückiWolfrnm (Anm. 25), S. 29; Nacimiento (Anm. 34), S. 174 fordert aber zu Recht, daß ein Rechtserzeugungs- und Rechtsbindungswille erforderlich ist. 104 DahmlDelbrückiWolfrnm (Anm. 25), S. 30. 105 Nicht überzeugend scheint dagegen die Argumentation von Stoll (Anm. 43), S. 88, die eine Beziehung "inter pares" deswegen ablehnt, weil es sich bei dem Vertragsparteien um sozial ungleiche Partner handelt. 102

103

B. Eigener Definitionsansatz

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folgen. Ein solches Einvernehmen fehlt jedoch gerade bei den Verträgen zwischen Staaten und INGOS. 106 Nicht zum Völkerrecht zu zählen ist ferner auch das Verbandsrecht nichtstaatlicher internationaler Organisationen, da dieses Recht bisher noch der Kontrolle staatlicher Autorität unterworfen ist. Daran ändert auch die Einrichtung einer eigenständigen Schiedsgerichtsbarkeit durch einige INGOs nichts, da deren Entscheidungen weiterhin durch staatliche Gerichte überpriift werden können. I07 Damit bleiben diese Streitigkeiten letztlich der staatlichen Autorität unterstellt und folglich im Anwendungsbereich des internationalen Privat- oder Verwaltungsrechts, welches nicht zum Völkerrecht zählt.

3. Vorliegen einer Rechts- oder PflichtensteIlung Ausgehend von einer Untersuchung der Normstruktur zeigt sich, daß in einer Norm eine Verpflichtung oder eine Berechtigung einer Wirkungseinheit statuiert werden kann. Die in der Norm enthaltene Berechtigung im Sinne eines subjektiven Rechts wiederum setzt eine Verpflichtung einer anderen Wirkungseinheit zu einem bestimmten Verhalten voraus, stellt somit eine dreistellige Relation zwischen dem Träger, dem Adressaten und dem Gegenstand des Rechts dar. 108 In Konkretisierung dieser Relation ergibt sich, daß als Adressat und damit Verpflichteter einer Norm diejenige Wirkungseinheit anzusehen ist, deren Verhalten die Norm notwendig regelt. Das geregelte Verhalten und damit der Gegenstand des Rechts kann dabei in einem Tun oder Unterlassen bestehen. Soweit dem Verpflichteten hinsichtlich des aufgegebenen Verhaltens Ermessen verbleibt, besteht fiir ihn die Verpflichtung einer rechtsmißbrauchsfreien Ermessensausübung. 109 Diese Ermessensbegrenzung ist zwar keineswegs selbstverständlich, folgt aber daraus, daß der Annahme eines "freien" Ermessens im Völkerrecht der allgemeine Rechtsgrundsatz des Rechtsmißbrauchsverbots entgegensteht. 110

106 Ähnlich Mosler (Anm. 12), S. 44; es erscheint jedoch durchaus möglich, daß ein solches Einvernehmen bei wachsender Bedeutung von INGOs zumindest faktisch erzielt wird. 107 Vgl. nur van Hecke, Rechtspersönlichkeit internationaler Idealvereine, in: FS Seidl-Hohenveldern, 1988, S. 669 ff. 108 Alexy, Recht, Vernunft, Diskurs, 1995, S.267; ähnlich Sztizy (Anm. 60), S. 313 ff.; Bleckmann (Anm. 60), GYIL 1985, S. 149 ff.; Kelsen (Anm. 85), S. 132 ff., wobei die bei den letztgenannten die Durchsetzbarkeit für erforderlich halten. 109 Gading, Der Schutz grundlegender Menschenrechte durch militärische Maßnahmen des Sicherheitsrates, 1995, S. 222. 110 Bleckmann, Allgemeine Staats- und Völkerrechtslehre, Vom Kompetenz- zum Kooperationsvölkerrecht, 1995, S. 610.

2. Teil: Völkerrechtssubjektivität

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Besteht hinsichtlich der Bestimmung des Adressaten und des Gegenstands des Rechts weitgehend Übereinstimmung, so zeigt sich hinsichtlich der Rechtsträgerschaft das bereits im vorangegangenen Abschnitt dargestellte uneinheitliche Bild. Nach hier vertretener Ansicht ist Rechtsträgerschaft dann gegeben, wenn das besondere Interesse einer Wirkungseinheit oder einer Gruppe von Wirkungseinheiten und nicht bloß das Interesse der Allgemeinheit geschützt werden soll. Im letztgenannten Fall kann nämlich kein subjektives Recht angenommen werden, da eine Konkretisierung der beschriebenen dreistelligen Relation nicht möglich erscheint. Welches Interesse im Einzelfall geschützt werden soll, ist durch Auslegung der fraglichen Norm zu ermitteln. Soweit eine solche Auslegung ergebnislos bleibt, ist darauf abzustellen, welche Wirkungseinheit tatsächlich durch die Norm geschützt ist. III Nicht erforderlich für die Begründung eines subjektiven Rechts ist die Durchsetzbarkeit einer bestimmten Rechtsposition. Zwar erscheint es zulässig, das subjektive Recht in diesem Sinne zu defmieren, I 12 zwingend ist der Schluß aber nicht. 113 Aus der Tatsache, daß die überwiegende Zahl von Rechtsnormen durchgesetzt werden kann, können nicht notwendig Schlüsse für den Begriff des Rechts gefolgert werden. Auch wenn jede Rechtsordnung sanktionsbewehrte Normen zu enthalten hat,114 so heißt dies nicht, daß jede einzelne Norm sanktionsbewehrt sein muß. IIS Für den Verzicht auf das allgemeine Erfordernis der Durchsetzbarkeit spricht vielmehr, daß auch im innerstaatlichen Bereich von subjektiven Rechten gesprochen wird, ohne daß es auf die Möglichkeit der Durchsetzbarkeit ankommen würde. Zu diesen subjektiven Rechten zählen die bereits genannten Naturalobligationen. Ferner liegt dieses Verständnis auch den Normen zugrunde, die die Klagebefugnis einer Wirkungseinheit und damit den Weg zur gerichtlichen Durchsetzung betreffen,1l6 da sie gerade ein subjektives Recht voraussetzen. Schließlich dürfte ein anderes Verständnis subjektiver Rechte Probleme bei der Erfassung der Konstellationen bereiten, bei denen einer Wirkungseinheit Berechtigungen eingeräumt werden, die Durchsetzung wegen deren Handlungsunfähigkeit jedoch einer anderen Wirkungseinheit überlassen bleibt. Daß es sich bei dem Problem der Durchsetzbarkeit von Rechten keiBachof(Anm. 75), S. 287 tT.; Bleckmann (Anm. 110), S. 610. 112 In der deutschen Rechtstheorie ist das Erfordernis der Durchsetzbarkeit bis zu Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, 1919, S.51 zurückzuverfolgen; vgl. weiter Kelsen (Anm. 84), S. 139 ff.; in jüngster Zeit Scherzberg, Grundlagen und Typologie des subjektiven öffentlichen Rechts, DVBI. 1988, S. 130; vgl. auch Hoerster, Die rechtsphilosophische Lehre vom Rechtsbegriff, JuS 1987, S. 184 ff. 113 Alexy, Theorie der Grundrechte, 1985, S. 167. 114 Hart, Concept of Law, 1961, S. 195, 212 f. 115 Alexy(Anm. 114), S. 168 Fn. 32. 116 Es sei nur die Rechtsschutzgarantie des deutschen Grundgesetzes in Art. 19 IV GG genannt. 111

B. Eigener Definitionsansatz

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neswegs nur um ein Problem des innerstaatlichen Rechts handelt, sondern sich ebenso im internationalen Recht stellt, wird daran deutlich, daß im Völkerrecht ein zentrales Durchsetzungsorgan fehlt und im übrigen entweder keine oder nur schwache Durchsetzungsmöglichkeiten gegeben sind. 117 Würde daher die Durchsetzungsmöglichkeit im Völkerrecht zur Voraussetzung eines subjektiven Rechts erhoben, so enthielte das Völkerrecht wohl nur wenige subjektive Rechtspositionen. Bildet somit die Durchsetzbarkeit einer Berechtigung keine Voraussetzung für das subjektive Recht, so soll damit nicht ausgedrückt werden, daß der Beachtung der Norm keine Bedeutung zukommt. Entsprechend dem hier vertretenen methodischen Ansatz ist vielmehr zu fordern, daß die Norm ein Minimum an Beachtung genießt oder die generelle Chance der Beachtung verspricht. Ist somit nun durch die Darstellung der einzelnen Elemente der eingangs erwähnten dreisteIligen Relation klargestellt, was unter dem Begriff des subjektiven Rechts zu verstehen ist, so enthält diese Definition die Konkretisierung des Begriffs der Verpflichtung als notwendiges Element. Die Besonderheit der Verpflichtung besteht lediglich darin, daß das aufgegebene Verhalten auch der Allgemeinheit geschuldet werden kann. I 18

IH. Zusammenfassung Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß Völkerrechtssubjektivität die Trägerschaft völkerrechtlicher Rechte oder Pflichten bedeutet, die ein Minimum an Beachtung genießen oder die Chance der Beachtung versprechen. Der Begriffs des Völkerrechts umfaßt dabei in erster Linie die Rechtsbeziehungen der Verbände, die in keinen anderen Verband eingegliedert sind. Darüber hinaus ist zum Völkerrecht auch das Recht zu zählen, das sich aus diesem Rechtskreis, insbesondere dem zwischenstaatlichen Recht, ableitet. Damit wird das Recht zwischen Staaten und gekorenen Völkerrechtssubjekten sowie das Recht zwischen gekorenen Völkerrechtssubjekten selbst miteinbezogen. Weiterhin gehört das Innenrecht internationaler Organisationen in diesen Rechtskreis, da auch dieses seine Grundlage im zwischenstaatlichen Recht hat. Nicht zum Völkerrecht zählen dagegen Verträge zwischen einzelnen Staaten und INGOs sowie das Verbandsrecht nichtstaatlicher internationaler Verbände. Für den Begriff der Rechts- und PflichtensteIlung kommt es wesentlich darauf an, daß es sich um eigene Rechte oder Pflichten einer Wirkungseinheit handelt, was wiederum durch Auslegung zu ermitteln ist. Auf die Möglichkeit der Durchsetzung einer Rechtsposition kommt es nicht an.

117 118

Fourlanos (Anm. 61), S. 22. Alexy (Anm. 108), S. 267.

6 Hernpel

Dritter Teil

Regelungen und deren Umsetzung Da die Völkerrechtssubjektivität von Wirkungseinheiten nach hier vertretener Auffassung induktiv aus den Nonnen des Völkerrechts zu gewinnen ist, sollen im folgenden das zwischenstaatliche Recht,· das Recht zwischen Staaten und internationalen Organisationen sowie das Innenrecht internationaler Organisationen daraufhin untersucht werden, ob sich aus ihnen Rechte oder Pflichten für INGOs ergeben. Soweit dies der Fall ist, ist dann danach zu fragen, inwieweit solchen berechtigenden oder verpflichtenden Nonnen in der Staatenpraxis Geltungskraft zukommt. Der Umfang der untersuchten Nonnen soll dabei auf das gesetzte Recht beschränkt werden. Außerdem wird auf Regelungen, welche die Katholische Kirche und den Heiligen Stuhl betreffen, nicht eingegangen, da diese eine gesonderte Problematik darstellen, die andernorts bereits behandelt wurde. I Ebenso soll das humanitäre Völkerrecht aufgrund seines eigenständigen Regelungscharakters nicht Gegenstand dieser Arbeit sein. 2

I Eine ausführliche Untersuchung der Rechtsstellung des Heiligen Stuhls hat Köck, Die völkerrechtliche Stellung des Heiligen Stuhls, 1975 vorgelegt; vgl. auch DahmlDelbrückiWolfrum, Völkerrecht, Bd. 1/2, MS, § 115. 2 Eine Untersuchung dieses Regelungsbereichs enthalten die Abhandlungen von Beigbeder, The Role and Status of International Humanitarian Volunteers and Organizations, 1991 und ders., Le röle international des organisations non gouvernementales, 1992; vgl. auch Dahm/Delbrück/Wolfrum (Anm. I), § 117; wie vielfältig der Kreis möglicher Berechtigungen und Verpflichtungen von INGOs im humanitären Völkerrecht sein kann, ergibt sich daraus, daß auch INGOs nach dem Wortlaut der Art. 8 und 10 der ersten drei Genfer Abkommen und Art. 9 und 11 des IV. Abkommens die Funktion einer Schutzmacht übernehmen können, soweit sie die Gewähr für Unparteilichkeit und Wirksamkeit bieten; daneben sehen die Genfer Konventionen sowie ihre bei den Zusatzprotokolle zahlreiche weitere Funktionen für humanitäre INGOs vor; genannt seien an dieser Stelle nur das Recht auf Entfaltung der freien Initiative von unparteiischen Hilfsorganisationen in Art. 9 der ersten drei Abkommen und Art. 10 des IV. Abkommens und die Betreuungsaufgabe der Hilfsorganisationen in Art. 142 IV. Abkommen.

A. Materielle Rechtspositionen

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1. Abschnitt

Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts Die Nonnen des zwischenstaatlichen Rechts beziehen häufig lNGOs in ihren Regelungsbereich mit ein. Dabei kann zwischen materiellen Positionen und bloßer Verfahrensbeteiligung nichtstaatlicher Organisationen unterschieden werden. Während materielle Positionen vor allem im Bereich der Menschenrechte gegeben sind, ist die Möglichkeit der Verfahrensbeteiligung insbesondere im Bereich der Mitwirkung an der Arbeit internationaler Organisationen vorgesehen.

A. Materielle Rechtspositionen I. Schutz der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit als Freiheitsrecht Materielle Positionen von lNGOs sind, soweit ersichtlich, noch nicht Gegenstand vertiefter völkerrechtswissenschaftlicher Untersuchungen gewesen. Dennoch wäre die Behandlung der Frage der Völkerrechtssubjektivität unvollständig, wenn nicht auch auf diese möglichen Rechtspositionen eingegangen würde. Von besonderer Bedeutung für diese Arbeit ist dabei die Frage, inwieweit sich lNGOs auf die Rechte der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit berufen können. Um diese Frage beantworten zu können, sollen im folgenden die einschlägigen Regelungen der allgemeinen internationalen und regionalen Menschenrechtspakte daraufhin untersucht werden, ob sich ihnen Rechte oder eventuell auch Pflichten von lNGOs entnehmen lassen. 1. Art. 21, 22 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte Der internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPbürgR) sieht den Schutz der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit in Art. 21 und 22 vor. 3 Gemäß Art. 21 IPbürgR wird das Recht, sich friedlich zu versammeln, anerkannt; nach Art. 22 IPbürgR hat jedennann das Recht, sich frei mit anderen zusammenzuschließen sowie zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden. Die Ausübung der Rechte aus Art. 21 und 22 IPbürgR darf keinen anderen als den gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen unterworfen werden, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen oder der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung (ordre public), zum Schutz der 3

BGBl. 1976 11, S. 1068.

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3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

Volks gesundheit, der öffentlichen Sittlichkeit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Bei den genannten Normen stellt sich zunächst die Frage, ob diese nichtstaatlichen Wirkungseinheiten überhaupt subjektive Rechte vermitteln können oder lediglich Verpflichtungen der Vertragsstaaten gegenüber der Allgemeinheit enthalten. Einen ersten Anhaltspunkt für die Gewährung eines solchen Rechts einzelner natürlicher Personen scheint der Wortlaut des Art. 22 IPbürgR zu enthalten, wenn das Recht auf Vereinigungsfreiheit jedermann zugestanden wird. Zweifel an dieser Auslegung könnten sich allerdings daraus ergeben, daß dessen Art. 2 (1) zwar den Staaten die Pflicht auferlegt, die im Pakt anerkannten Rechte zu achten, der Art. 2 (2) diese Verpflichtung aber abzuschwächen scheint, indem er die Vertragsstaaten lediglich dazu verpflichtet, die erforderlichen Schritte zu unternehmen, um den Rechten Wirksamkeit zu verleihen. Dieser Absatz könnte daher den Schluß nahelegen, daß der Pakt keine unmittelbare Rechtsverleihung vorsieht, sondern lediglich eine Zielvorgabe für die Vertragsstaaten enthält. In diese Richtung könnte auch Art. 40 IPbürgR weisen, der den Staaten die Verpflichtung auferlegt, über die erzielten Fortschritte bei der Verwirklichung des Paktes zu berichten. 4 Dieses Verständnis würde jedoch nicht hinreichend den Zusammenhang berücksichtigen, in dem die Absätze des Art. 2 IPbürgR zueinander stehen. Denn bei einer derartigen Auslegung liefe der erste Absatz mit seiner Verpflichtung zur Beachtung der Grundrechte des Paktes leer. Den Vertrags staaten könnte eine Nichtbeachtung nicht vorgeworfen werden, da sie sich lediglich zur Zielverwirklichung bereit erklärt hätten. Darüber hinaus spricht der letzte Absatz des Art. 2 IPbürgR für die Einräumung unmittelbarer Rechte, da er vorsieht, daß die Vertrags staaten im Falle der Verletzung von Konventionsrechten die Möglichkeit der Beschwerde haben. Diese Vorschrift wäre sinnlos, wenn der Pakt lediglich Zielvorgaben enthalten würde. S Art. 2 IPbürgR ist also zu entnehmen, daß der IPbürgR nicht lediglich Zielvorgaben, sondern subjektive Rechte zumindest für einzelne natürliche Personen enthält. Aus der Zusammenschau dieser Vorschrift mit dem Wortlaut des Art. 22 IPbürgR folgt daher ein individuelles Recht aufVereinigungsfreiheit. Anders als Art. 22 IPbürgR enthält der Wortlaut des Art. 21 IPbürgR keinen ausdrücklichen Hinweis auf eine individuelle Rechtsgewährung, da hier lediglich die Formulierung verwendet wird, daß das Recht, sich friedlich zu versammeln, gewährt wird. Die Bezeichnung des Rechtsträgers scheint in dieser Norm 4 Vgl. zu dieser Argumentation Sachverständigenbericht, S.47; Goose, Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, NJW 1974, S. 1306; Bartsch, Die Entwicklung des Internationalen Menschenrechtsschutzes, NJW 1977, S. 474. S So auch die herrschende Meinung, vgl. Beyerlin, Die Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer in den Menschenrechtsinstrumenten der Vereinten Nationen, in: Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, 1980, S. 1169 ff.; Tomuschat, Die Bundesrepublik Deutschland und die Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen, VN 1978, S. 3 f.

A. Materielle Rechtspositionen

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zu fehlen. Daß damit jedoch nicht ausgedrückt werden soll, daß diese Nonn keine subjektiven Rechte gewährt, wird sowohl aus der Entstehungsgeschichte der Nonn als auch aus dem Nonninhalt ersichtlich. Der Entstehungsgeschichte läßt sich nämlich entnehmen, daß die bestehende Fonnulierung von der französischen Delegation gerade eingebracht wurde, um zu verdeutlichen, daß die Versammlungsfreiheit ein Naturrecht darstellt, daß unabhängig von staatlicher Anerkennung Geltung besitzt. 6 Der Nonninhalt bringt dieses Verständnis ebenfalls zum Ausdruck, indem die Nonn eine ausfiihrliche Schrankenaufzählung enthält, die überflüssig wäre, wenn die Nonn nur hinsichtlich ihres Zieles verbindlich wäre. 7 Somit gewährt auch Art. 21 IPbürgR grundsätzlich subj ektive Rechte. Steht somit fest, daß sich den Art. 21 und 22 IPbürgR Rechtspositionen fiir einzelne natürliche Personen entnehmen lassen, so schließt sich daran die Frage an, ob auch Personenvereinigungen, insbesondere INGOs, durch die Nonnen geschützt werden. Die wörtliche Auslegung des Art. 22 IPbürgR spricht zunächst gegen ein solches Recht der Personenvereinigungen, da der Begriff des "Jedennann" nach allgemeinem Sprachverständnis auf Individuen hindeutet. 8 Anders verhält es sich bei Art. 21 IPbürgR, der keinen zwingenden Schluß auf einen bestimmten Adressatenkreis zuläßt. 9 Wird dann der Zusammenhang dieser Nonnen mit dem Art. 2 (I) IPbürgR hergestellt, so wird deutlich, daß das Abkommen auf den Schutz des Individuums zielt. Art. 2 (I) IPbürgR spricht nämlich davon, daß die Vertragsstaaten zum Schutz der Individuen, also der natürlichen Personen verpflichtet sind. Daß in der deutschen Übersetzung dabei der weite Begriff der Person verwendet wird, ist fiir die völkerrechtliche Auslegung ohne Bedeutung, da sowohl der englische als auch der französische Text, und somit die authentischen Vertragssprachen, die Begriffe "individuals" und "individus" verwenden. Gestützt wird diese Auslegung letztlich durch Art. I des Ersten Zusatzprotokolls zum IPbürgR, der lediglich ein Beschwerderecht fiir

6 U.N. Doc. ElCN.4/SR.169, §§ 56,66; siehe auch U.N. Doc. Al2929, 54 (§ 140); auch Bossuyt, Guide to the "travaux preparatoires" of the International Convenant on Civil and Political Rights, 1987, S. 415 f.; Partseh, Freedom ofConscience, and Political Freedoms, in: The International Bill of Rights, The Convenant on Civil and Political Rights, 1981, S. 456, Anm. \05. 7 Nowak, U.N. Convenant on Civil and Political Rights, CCPR Commentary, 1993, S. 372 f.; Partsch (Anm. 6), S. 231 f.; Van Dijk/van Hoof, Theorie and Practice of the European Convention on Human Rights, 2. Aufl., 1990, S. 439. 8 Buergenthal, To Respect and to Ensure: State Obligations and Permissible Derogations, in: The International Bill of Rights, The Convenant on Ci vii and Political Rights, 1981, S. 73. 9 Dies scheint der Grund für die Annahme von Partsch (Anm. 6), S. 233 zu sein, daß sich Art. 21 IPbürgR ein Gruppenrecht entnehmen lasse; eine explizite Begründung dieser Annahme fehlt jedoch.

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3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

Einzelpersonen vorsieht. 10 Auch die Tatsache, daß Art. 1 IPbürgR mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker ein Gruppenrecht einräumt, vermag die Argumentation nicht zu entkräften. Da nämlich diese Vorschrift den Teil I des Paktes bildet und die Verpflichtung des Art. 2 (1) IPbürgR in den Teil 11 des Abkommens fällt, spricht die Systematik des Vertrages dafür, daß sich der Ausschluß kollektiver Rechte allein auf die nachfolgenden Rechte in Teil III bezieht. 11 Dieses Normverständnis wird durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift untermauert. Denn in den Vorbereitungsverhandlungen wurde ein japanischer Vorschlag, daß Wort Individuum durch den Begriff der Person zu ersetzen, zurückgezogen, da die Mehrzahl der Delegierten ihre Ablehnung gegenüber diesem Vorschlag geäußert hatte. 12 Folglich können sich INGOs nicht auf das Recht der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit des IPbürgR berufen. Möglich erscheint allenfalls, daß die Individuen als Gruppe ihre Rechte vorbringen, was aber nicht zu einem Recht der Vereinigung selbst führen kann. 13

2. Art. 15, 16 Amerikanische Menschenrechtskonvention Der IPbürgR fmdet eine Ergänzung durch die regionalen Menschenrechtspakte. Dabei weist die Amerikanische Menschenrechtskonvention (AMRK) die größte Ähnlichkeit mit diesem Abkommen auf. Beleg hierfür sind auch die Art. 15 und 16 AMRK, die den Art. 21 und 22 IPbürgR nachgebildet sind. 14 Daher greifen die soeben angestellten grundSätzlichen Überlegungen zur Einräumung subjektiver Rechte auch für die Art. 14 und 15 AMRK. Zwar ist die Staatenverpflichtung in Art. 1 (1) AMRK schwächer ausgestaltet, Zweifel an der unmittelbaren Anwendbarkeit der Vorschriften werden jedoch durch Art. 44 AMRK ausgeräumt. Denn die Möglichkeit der Individualbeschwerde setzt

\0 Vgl. zur Individualbeschwerde von INGOs auch Tyagi, Cooperation Between the Human Rights Committee and Nongovernmental Organizations: Pennissibility and Propositions, TILJ 1983, S. 277 ff. 11 Anders aber Nowak (Anm. 7), S. 40; siehe auch Nowak, The Effectiveness of the International Convenant on Civil and Political Rights - Stocktaking after the First Eleven Sessions of the UN Human Rights Committee, HRLJ 1980, S. 155. 12 Siehe U.N. Doc. NC.3/L.1166; vgl. auch die verschiedenen Ansichten in U.N. Doc. NC.3/SR.1257, SR.1258, SR.1259; siehe weiter U.N. Doc. N5655, S. 5, § 17; Bossuyt (Anm. 6), S. 53. 13 Vgl. zu ähnlicher Argumentation Schwelb, Civil and Political Rights: The International Measures of Implementation, AJIL 1968, S. 864; anderer Ansicht Nowak (Anm. 7), S. 387; Partsch (Anm. 6), S. 233. 14 Abgedruckt in Buergenthal/Norris/Shelton, Protecting Human Rights in the Americas, 3. Autl., 1990, S. 493 ff.

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gerade voraus, daß unmittelbare Verpflichtungen aus der Konvention erwachsen. Auch in der AMRK deutet der Wortlaut hinsichtlich der Vereinigungsfreiheit auf ein Individualrecht, während die Vorschrift zum Schutz der Versammlungsfreiheit den Adressatenkreis offenläßt. Der systematische Zusammenhang mit Art. 1 (1) AMRK macht jedoch die Individuairechtsverbürgung deutlich. Danach wird der Schutz der Konvention ausschließlich Personen zuteil. Der Begriff der Person wiederum ist in Art. 1 (2) AMRK dahingehend konkretisiert, daß darunter natürliche Personen ("human beings") zu verstehen sind. Art. 44 AMRK, der neben Individuen auch INGOs ein Beschwerderecht im Fall von Menschenrechtsverletzungen einräumt, vermag an dieser Auslegung nichts zu ändern, da anders als in der noch zu behandelnden Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) die Geltendmachung subjektiver Rechte nicht erforderlich ist, sondern eine Verfahrensstandschaft als zulässig erachtet wird. 15 Das Ergebnis dieser Auslegung fmdet zudem eine Stütze in der Praxis der amerikanischen Menschenrechtskomrnission, die im Fall einer Beschwerde von 105 Aktionären der Bank von Lima betonte, daß Rechte aus der Konvention nur natürlichen Personen, nicht aber juristischen Personen zustehen können. 16 Damit scheint generell die Möglichkeit ausgeschlossen zu sein, daß eine Organisation eigene Rechte innehaben kann. Somit lassen sich auch aus der AMRK keine materiellen subjektiven Rechte rur INGOs ableiten.

3. Art. 11 Europäische Menschenrechtskonvention Auch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) enthält in ihrem Abschnitt über Grundrechte und Grundfreiheiten in Art. 11 eine Regelung zum Schutz der Versammlungs- und Vereinsfreiheit. 17 Danach wird allen Menschen das Recht gewährt, sich friedlich zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen, einschließlich des Rechts, Gewerkschaften zu bilden. Durch Gesetz kann dieses Recht jedoch, aus ähnlichen Gründen wie im IPbürgR, eingeschränkt werden. Für die Konvention ergibt sich die unmittelbare Einräumung subjektiver Rechte zumindest fiir einzelne natürliche Personen aus Art. 1 EMRK, der festlegt, daß die Vertragsparteien allen ihrer Jurisdiktion unterstehenden Personen, die in der Konvention aufgezählten Rechte und Freiheiten einräumen. Denn ge15 Kokott, Das interamerikanische System zum Schutz der Menschenrechte, 1986, S. 56 tT. 16 Report Nr. 10/91, Case 10.169, Peru, 22. Februar 1991, Annual Report ofthe Inter-American Commission on Human Rights 1990/91, S. 423, 425. 17 213 UNTS 232.

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3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

rade der Wortlaut dieser Bestimmung macht deutlich, daß nicht eine mittelbare, sondern unmittelbare Anwendbarkeit der Konventionsbestimmungen gewollt ist. 18 Die Garantie subjektiver Rechte durch die EMRK kann ferner Art. 25 EMRK entnommen werden, da diese Vorschrift das Individualbeschwerderecht von einer Beschwer abhängig macht und dieser Begriff so zu verstehen ist, daß eine Verletzung subjektiver Rechte durch den Beschwerdeführer gerügt werden muß. 19 Da Art. 11 EMRK allen Menschen das Recht auf Versammlungsfreiheit einräumt, stellt sich aber auch hier die Frage, ob sich neben natürlichen Personen auch INGOs auf diese Vorschrift berufen können. Aufschluß über diese Frage der Berechtigung kann wiederum nur die Auslegung der Vorschrift geben. Die semantische Interpretation des Art. 11 EMRK scheint zunächst für ein Individualrecht zu sprechen. Anders als in den vorgenannten Abkommen wird diese Auslegung aber nicht durch die systematische Interpretation bestätigt. Vielmehr spricht der Zusammenhang des Art. 11 EMRK mit der Schutzgarantie des Art. 1 EMRK für die Gewährung von Rechten auch für nichtstaatliche Organisationen, da anstelle des Begriffs Individuum der weite Begriff der Person verwendet wird. Auch der Zusammenhang mit Art. 25 EMRK stützt diese Auslegung, da nach dieser Vorschrift nationalen und internationalen NGOs 2o der Individualbeschwerdeweg nur offensteht, sofern sie beschwert sind. Gerade diese Formulierung weist darauf hin, daß die Beschwerde die Geltendmachung subjektiver Rechte erfordert. 2 I Da keine Norm der Konvention INGOs ausdrücklich subjektive Rechte einräumt, ist davon auszugehen, daß sich subjektive Rechte auch Vorschriften entnehmen lassen, die als allgemeines Menschenrecht formuliert sind. Auf welche konkreten Rechte sich INGOs berufen können, wird indes aus dieser Vorschrift nicht deutlich. Hierzu muß daher darauf abgestellt werden, ob eine Norm ihrem Wesen nach auf INGOs anwendbar ist und nicht lediglich den Schutz der menschlichen Person beabsichtigt.22 Dies ist bei Art. 18 FroweinlPeukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK Kommentar, 1985, S. 13 f.; Irland/GB, GH 25, S. 91 = EuGRZ 1979, S. 149 tT. 19 FroweinlPeukert (Anm. 18), S. 363; Kitz, Die Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer nach der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Europäischen Sozialcharta, in: Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, 1980, S. 1081, folgert dagegen für die EMRK das subjektive Recht schon aus Art. 25 der Konvention und stützt sich dabei auf Schorn, Die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte, 1965, S. 259. 20 Der Begriff der NGO in Art. 25 EMRK ist in Abgrenzung zu den Personenvereinigungen zu verstehen und umfaßt juristische Personen, nichtrechtsfähige Vereine und Kirchen; vgl. Rogge, Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention, Stand Januar 1995, Art. 25 Rz. S. 128 ff 21 Siehe zu diesem Verständnis nur Villiger, Handbuch der EMRK, 1993, S. 63; Rogge (Anm. 20), Art. 25, Rz. 119. 22 Vi/liger (Anm. 21), S. 63, der als anschauliches Beispiel für ein Recht, auf das sich NGOs nicht berufen können, die Ehefreiheit des Art. 12 EMRK nennt.

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11 EMRK. der Fall. Denn da der Schutz der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit immer auch den Schutz einer Vereinigung von Personen bezweckt, reicht der persönliche Geltungsbereich der Nonn über die einzelne Person hinaus und vennag in ihrem Anwendungsbereich auch Personenvereinigungen zu erfassen. 23 Dieses Ergebnis der Nonnauslegung wird durch die Praxis der Kommission gestützt. Für die Versammlungsfreiheit läßt sich dies der Entscheidung dem Fall Rassemblement jurassien und Unite jurassienne gegen die Schweiz entnehmen. 24 Dort stellte sich nämlich die Frage, ob eine separatistische Organisation in einem Hotel in Moutier eine Versammlung durchführen durfte, die nach Ankündigung einer Gegendemonstration von der Berner Regierung verboten worden war. In der rechtlichen Bewertung des Falles ging die Kommission davon aus, daß Vereinigungen zwar das Recht auf Versammlungsfreiheit zustehen könne, im konkreten Fall die Maßnahmen der Behörden jedoch nach Art. 11 Abs. 2 EMRK. gerechtfertigt seien. Für die Vereinigungsfreiheit hat die Kommission ein solches Gruppenrecht grundsätzlich in Vereinigung X gegen Schweden anerkannt. In diesem Fall, in dem eine schwedische Studentenvereinigung die Anerkennung eines bestimmten Status nach schwedischem Recht erstrebte, stellte die Kommission fest, daß die Vereinigung grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Art. 1 I EMRK. falle. Eine Verletzung des Art. I 1 EMRK. wurde jedoch verneint, da die erstrebte Anerkennung nicht die Existenz der Vereinigung selbst betraf, sondern lediglich ihre Zielverwirklichung. 2s Wenn sich die genannten Entscheidungen auch auf das Recht nationaler NGOs beziehen, so sind hier keine Gründe ersichtlich, warum INGOs in der Praxis anders behandelt und vom Schutzbereich dieser Nonn ausgenommen werden sollten.

4. Art. 10, 11 Afrikanische Charta der Rechte des Menschen und der Völker Die Afrikanische Charta der Rechte des Menschen und der Völker (AfChMR) ist als jüngstes regionales Menschenrechtsabkommen 1986 in Kraft getreten und sieht den Schutz der Versammlungs- und die Vereinigungsfreiheit 23 So auch FroweinlPeukert (Anm. 18), S.244; Kitz (Anm. 19), S. 1081; Vil/iger (Anm. 21), S. 63 für die EMRK; MacdonaldlMatscherlPetzold, The European System for the Protection of Human Rights, 1993, S. 498, weisen in diesem Zusammenhang vor allem auf die bedeutende soziale Funktion der Vereinigungen hin. 24 Decisions and Reports 17, S. 93. 25 Decisions and Reports (DR) 9, S. 5, 7; vgl. auch Vereinigung X c. Bundesrepublik Deutschland, DR 26, S. 270; Council of Civil Service Unions u.a. c. Großbritannien, DR 50, S. 228.

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3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

in Art. 10 und II vor. 26 Die Herleitung subjektiver Rechte natürlicher Personen aus diesen Regelungen bereitet aufgrund des unklaren Wortlauts des Art. I AfChMR jedoch Probleme. Art. I AfChMR sieht lediglich vor, daß die Vertragsstaaten verpflichtet werden, die Rechte der Charta anzuerkennen und gesetzgeberische oder andere Maßnahmen zur Verwirklichung der Charta zu treffen. Damit unterscheidet sich die AfChMR von anderen Menschenrechtskonventionen, die eine unmittelbare Verpflichtung zur Respektierung der Menschenrechte enthalten, was wiederum auf eine fehlende direkte Verbindlichkeit der Normen der Charta hindeuten könnte. Hiergegen ist jedoch der Wortlaut des Art. 47 AfChMR anzuführen, der von der Verletzung der Bestimmungen der Charta durch andere Vertragsstaaten spricht. Eine Verletzung materieller Rechte ist aber nur möglich, sofern die Normen unmittelbare Bindungswirkung entfalten. Letztlich spricht auch das Ziel der Charta, den einzelnen vor der staatlichen Autorität zu schützen, für diese Auslegung. 27 Somit stellt sich die Frage, ob sich auch lNGOs auf Art. 10 und II AfChMR berufen können. Anders als in den bisher genannten Abkommen deutet der Wortlaut der Normen auf die Einbeziehung von lNGOs in den persönlichen Schutzbereich der Vorschrift. Danach ist nämlich Rechtsträger der Versamm1ungs- und Vereinigungs freiheit eine Person. Dieser Begriff wiederum wird im Gegensatz zur AMRK nicht näher eingegrenzt. Da die Charta an anderer Stelle die Rechtsträgerschaft von Individuen und Bürgern besonders hervorhebt, läßt sich daraus im Gegenschluß folgern, daß der Begriff der Person ansonsten weit zu verstehen ist und natürliche Personen und Personengruppen umfaßt. Daß die Charta der Einräumung von Gruppenrechten grundsätzlich offen gegenübersteht, kann auch daraus ersehen werden, daß die Charta Völkern als Gruppen bestimmte Rechte zugesteht. 28 In der Praxis hat die afrikanische Menschenrechtskommission bisher zu diesem Problem noch keine Stellung genommen. 29 Es steht aber zu erwarten, daß die Praxis das Ergebnis der Vertragsauslegung stützen wird. Die vorangegangenen Ausführungen zur Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit als Freiheitsrecht lassen sich daher nunmehr dahingehend zusammenfas26 Abgedruckt in Ouguergouz, La Charte Africaine des droits de I'homme et des peupIes, 1993, S. 422 ff. 27 Gittleman, The African Charter on Human and Peoples' Rights: A Legal Analysis, VirgJIL 1982, S. 667. 28 Ouguergouz (Anm. 26), S. 83 ff. scheint jedoch lediglich von Individualrechtsverbürgungen auszugehen; Kodjo, The African Charter on Human and Peoples' Rights, HRU 1990, S. 277 deutet dagegen die Einräumung von Rechten von Personenvereinigungen an. 29 Siehe zu dem komplexen Verfahren Benedek, Durchsetzung von Rechten des Menschen und der Völker in Afrika auf regionaler und nationaler Ebene, ZaöRV 1994, S. 150 ff.

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sen, daß IPbÜTgR, AMRK, EMRK und AfChMR einzelnen natürlichen Personen subjektive Rechte auf Versanunlungs- und Vereinigungs freiheit einräumen. Rechte von Personenvereinigungen und damit Rechte für INGOs werden jedoch allein durch die EMRK und die AfChMR begründet.

11. Schutz der Vereinigungsfreiheit als soziales Grundrecht Entsprechend ihrem Doppelcharakter als Freiheitsrecht und soziales Grundrecht ist die Vereinigungsfreiheit nicht nur in den allgemeinen Menschenrechtspakten, sondern auch in Abkommen zum Schutz wirtschaftlicher und sozialer Rechte garantiert. Da mit diesen Vorschriften vor allem der Schutz einer besonders wichtigen Gruppe von INGOs, nämlich der Gruppe der Gewerkschaften, bezweckt wird, sollen diese im folgenden Gegenstand der Untersuchung sein.

1. Art. 8 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale, kulturelle Rechte Die Vertragsstaaten des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwirtR) verpflichten sich in Art. 8 IPwirtR, das Recht eines jeden zu gewährleisten, Gewerkschaften zu bilden oder Gewerkschaften eigener Wabl beizutreten. 3o Einschränkungen dieses Rechts sind nur durch Gesetz möglich. Das Recht der Gewerkschaften, nationale Vereinigungen und Verbände zu gründen, sowie das Recht, internationale Gewerkschaftsorganisationen zu bilden und solchen beizutreten, ist ebenfalls geschützt. Schließlich soll den Gewerkschaften auch das Recht eingeräumt werden, sich im Rahmen der gesetzlichen Regelungen frei zu betätigen. Obwohl INGOs in Art. 8 IPwirtR, anders als in den allgemeinen Menschenrechtspakten, ausdrücklich erwähnt werden, ist fraglich, ob sich daraus ein subjektives Recht für diese Organisationen herleiten läßt. So spricht der Wortlaut der Vorschrift allein von einer Staatenverpflichtung, die Vereinigungsfreiheit zu gewähren. Weder natürliche Personen noch Personenvereinigungen werden ausdrücklich berechtigt. Die Zusanunenschau mit anderen Normen des Paktes bestätigt das Ergebnis dieser Wortlautinterpretation. Dies folgt nach hier vertretener Auffassung jedoch nicht bereits aus Art. 2 (I) IPwirtR, der vorsieht, daß die Vertragsstaaten nur Schritte in Richtung auf die Verwirklichung der Bestimmungen des Vertrages zu unternehmen haben. Wenn daraus nämlich im Schrifttum gefolgert wird, daß es sich bei den Bestimmungen des Paktes nicht 30

Vgl. Text des Abkommens in BGBI. 1973 11, S. 1570.

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um strikte Verpflichtungen, sondern lediglich um Zielvorgaben handelt,31 kann dem nur im Ergebnis zugestimmt werden. 32 Der in Rede stehende Art. 8 IPwirtR bildet indes insofern eine Ausnahmevorschrift des Paktes, als sein Wortlaut eine direkte Staatenverpflichtung enthält. 33 Gegen die Annahme eines subjektiven Rechts aus Art. 8 IPwirtR spricht aber insbesondere das Fehlen einer Art. 2 (3) IPbürgR entsprechenden Regelung. Gerade die Rechtsschutzgarantie dieser Norm zeigt nämlich, daß die Umsetzung des materiellen Rechts keiner weiteren staatlichen Akte bedarf. 34 Gestärkt wird dieses Argument zudem durch das Fehlen eines Petitionsverfahrens oder einer Beschwerdemöglichkeit für natürliche Personen oder Personenvereinigungen im IPwirtR oder seinen Ergänzungen. In der Praxis scheint dieses Verständnis des Art. 8 IPwirtR auch der Arbeit des Ausschusses für wirtschaftliche und soziale Rechte zugrundezuliegen. 35 Folglich lassen sich Art. 8 IPwirtR keine subjektiven Rechtspositionen entnehmen. 36 2. Art. 5 Europäische Sozialcharta

Im regionalen Bereich finden sich dem Art. 8 IPwirtR vergleichbare Regelungen in der Europäischen Sozialcharta (ESC). In Art. 5 ESC verpflichten sich 3\ Tomuschat (Anm. 5), S. 2; Bartsch (Anm. 4), S. 474; Bleckmann, Grundgesetz und Völkerrecht, 1975, S. 390; Sproedt, Koalitionsfreiheit und Streikrecht in den universellen und europäischen Kollektivabkommen, in: Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, 1980, S. 46; vgl. auch die Denkschrift der Bundesregierung zum Sozialpakt, BRDrs. 3051 73, S. 17. 32 So auch Sproedt (Anm. 31), S. 48 m.w.N.; Beyerlin (Anm. 5), S. 1162. 33 Beyerlin (Anm. 5), S. 1162; Sproedt (Anm. 31), S. 47; Schwelb, Some Aspects of the International Convenant on Human Rights of December 1966, in: Eide/Schou, International Protection of Human Rights, Nobel Symposium 7 (1968), S. 109; vgl. auch die Denkschrift der Bundesregierung, S. 20 f.; geteilt wird diese Ansicht von der Menschenrechtskommission und dem 111. Komitee; vgl. U.N. Doc. N2929, GAOR 10th Session (1955), Annexes (X), 28-11, S. 106, § 13 und N3525, GAOR 11th Session (1956/57), Annexes (XI) 31, S. 10, § 69. 34 Vgl. Beyerlin (Anm. 5), S. 1162 f.; Aiston/Quin, The Nature and Scope of State Parties' Obligations under the International Convenant on Economic, Social and Cultural Rights, HRQ 1987, S. 165. 35 Herausgestellt hat der Ausschuß die Staatenverpflichtung in einer besonderen Kommentierung des Art. 2 IPwirtR, in der er betont, daß der Pakt auch unmittelbare Verpflichtungen enthalte, diese Verpflichtung jedoch offensichtlich nur auf die Staaten bezieht; Committee on Economic, Social and Cultural Rights, OR E (1991), Supplement No. 3, S. 83 ff.; angedeutet war diese Haltung bereits in dem ersten Bericht des Ausschusses, Committee on Economic, Social and Cultural Rights, OR E (1987) 111, Supplement No. 17, S. 48. 36 Dieser Ansicht scheint auch Craven, The International Convenant on Economic, Social and Cultural Rights, 1995, S. 214 zuzuneigen, wenn er von Interessen Einzelner spricht.

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die Vertragsparteien, die Freiheit der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gewährleisten und zu fördern, örtliche, nationale oder internationale Organisationen zum Schutz ihrer wirtschaftlichen und sozialen Interessen zu bilden und diesen Organisationen beizutreten. 37 Ein subjektives Recht kann dieser Vorschrift indes nicht entnommen werden. Zwar enthält der Wortlaut dieser Vorschrift eine Staatenverpflichtung zur Beachtung des Norminhalts, eine Berechtigung einzelner Personen läßt sich daraus allerdings nicht folgern. Zudem kann die unmittelbare Staatenverpflichtung nach Art. 20 ESC nur eintreten, soweit ein Vertragsstaat die Annahme der Vertragsbestimmung erklärt hat. Daß die Vertragsstaaten nicht die Einräumung subjektiver Rechte beabsichtigten, wird überdies bei einem Blick auf den Anhang zur ESC deutlich, der gemäß Art. 38 ESC einen Bestandteil der Charta bildet. Zu Teil III der ESC und damit auch zu Art. 5 ESC wird dort ausgefiihrt, daß die Charta rechtliche Verpflichtungen enthält, deren Durchführung ausschließlich der in ihrem Teil IV vorgesehenen Überwachung unterliegt. Damit wird klargestellt, daß sich einzelne weder vor internationalen noch innerstaatlichen Instanzen auf Vorschriften der ESC berufen können. 38 Als einziges Überwachungsinstrument der ESC steht das Staatenbeschwerdeverfahrens zur Verfiigung. Wenn auch die Durchsetzungsmöglichkeit nach hier vertretener Auffassung keine Voraussetzung fiir ein subjektives Recht bildet, so kann doch aus dieser ausdrücklichen Versagung einer individuellen Durchsetzungsmöglichkeit auf das Fehlen subjektiver Rechte geschlossen werden. Bestätigt wird diese Auslegung letztlich durch den Ausschuß der Unabhängigen Sachverständigen, wenn er in seinen Schlußfolgerungen zu Art. 5 ESC lediglich von einer Verpflichtung der Staaten spricht, die Vorgaben der Vorschrift in nationales Recht umzusetzen. 39 Als Ergebnis der Auslegung des Art. 5 ESC bleibt also festzuhalten, daß mit dieser Vorschrift Privatpersonen und INGOs keine subjektiven Rechte gewährt werden sollen. 4o

BGBI. 1964 11, S. 1262. Hierauf hat insbesondere Wengier, Die Unanwendbarkeit der Europäischen Sozialcharta im Staat, 1969, S. 10 hingewiesen. 39 Conseil de l'Europe, Recueil de Jurisprudence relative a la Charte Sociale Europeenne, 1982, S.44. 40 So auch Kitz (Anm. 19), S. 1088; Guradze, Die Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen vom 16. Dezember 1966, JIR 1971, S.251 m.w.N.; dieser Auffassung scheint auch Schambeck, Grundrechte und Sozialordnung, 1969, S. 98 f. zu sein, der die unmittelbare Anwendbarkeit der ESC ablehnt. 37

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3. Abkommen Nr. 87 und 98 der Internationalen Arbeitsorganisation Auch die Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO),41 deren Zahl mittlerweile auf mehr als 170 angewachsen ist,42 enthalten Regelungen betreffend den Schutz berufsbezogener Gruppierungen. Eine Reihe von Abkommen sieht dabei den Schutz der Vereinigungsfreiheit berufsbezogener nationaler und internationaler NGOs vor,43 wobei die Übereinkommen Nr. 87 und 98 für die Rechtsstellung dieser nichtstaatlichen Organisationen von besonderer Bedeutung sind. So werden im Übereinkommen Nr. 87 der ILO sowohl die Vereinigungsfreiheit als auch der Schutz des Vereinigungsrechtes gewährleistet. 44 Dazu wird den Arbeitgebern und Arbeitnehmern das Recht eingeräumt, Organisationen eigener Wahl zu bilden und solchen Organisationen beizutreten. Nach Art. 3 der Konvention haben die Organisationen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber dariiber hinaus das Recht, ihre Vertreter frei zu wählen, ihre Geschäftsfiihrung und Tätigkeit zu regeln und ihr Programm aufzustellen. Weiterhin schreibt Art. 4 vor, daß die Organisationen weder im Verwaltungswege aufgelöst noch eingestellt werden dürfen. Schließlich werden in Art. 5 die Organisationen berechtigt, Verbände und Zentralverbände zu bilden und sich solchen anzuschließen. Übereinkommen Nr. 98 ergänzt dann die Bestimmungen des Übereinkommens Nr. 87,45 indem dort statuiert wird, daß den Organisationen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber in bezug auf ihre Bildung, Tätigkeit und Verwaltung gebührender Schutz gegen jede Einmischung von anderer Seite zu gewähren ist. Die rechtliche Würdigung der ILO-Übereinkommen Nr. 87 und 98 wird durch die ungewöhnliche Art ihres Zustandekommens erschwert. Die Übereinkommen wurden nämlich von der Allgemeinen Konferenz der ILO mit 2/341 Diese Übereinkommen sind nach hier vertretener Auffassung dem Völkerrecht zuzurechnen, da sie ihren Grund in einem völkerrechtlichen Vertrag haben; so auch die h.M., während ein kleiner Teil der Literatur von internationalen Gesetzen oder bei nichtratifizierten Abkommen yon Übereinkommen sui generis ausgehen will; vg\. Morhard, Die Rechtsnatur der Ubereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation, 1988, S. 97 f., 184. 42 Samson, The Standard-Setting and Supervisory System of the International Labour Organisation, in: Social Rights as Human Rights, 1994, S. 116; vg\. auch Ghebali, The International Labour Organisation, A Case Study on the Evolution of UN Specialized Agencies, 1989, S. 212. 43 Einen Überblick bieten Valticos, International Labour Law, 1979, S. 79 ff. und v. Potobsky, The Freedom of the Worker to Organise According to the Principles and Standards of the International Labour Organisation, in: Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, 1980, S. 1123 ff. 44 Convention 87 of the International Labour Organisation concerning Freedom of Association and Protection of the Right to Organise, 68 UNTS 17; deutsche Übersetzung BGB\. 1956 " 2073; BGB\. 1963 " 1136. 45 BGB\. 1955 11, S. 1122.

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Mehrheit beschlossen und sind von den Mitgliedern anschließend den zuständigen staatlichen Stellen zugeleitet worden. Diese hatten dann dariiber zu entscheiden, ob sie der Annahme der Übereinkommen zustimmten oder diese ablehnten. Im Falle der Zustimmung hatte das Mitglied dem Generaldirektor der ILO die Ratiftkation mitzuteilen. 46 Bedingt durch dieses Verfahren wirft die Feststellung des maßgeblichen Anknüpfungspunktes fiir die Rechtsverbindlichkeit der Übereinkommen Probleme auf. Vereinzelt wird hierfür die Verabschiedung durch die Konferenz als ausreichend erachtet. 47 Der Großteil der Auffassungen fordert dagegen die Ratiftkation durch mindestens einen Mitgliedsstaat. 48 Sofern die Verabschiedung der Übereinkommen in der Konferenz für die Rechtsverbindlichkeit der Übereinkommen als entscheidend erachtet wird, müßte die Einräumung subjektiver Rechte in diesen Abkommen wohl verneint werden, da dann die Anwendung der Abkommen in jedem Fall einen staatlichen Ausführungsakt voraussetzte. Dieser Auffassung soll hier jedoch nicht gefolgt werden, da die Verabschiedung der Konvention noch keine materiellen Rechte oder Pflichten der Mitgliedstaaten zu begründen vermag, die dann in nationales Recht umgesetzt werden müßten. 49 Fraglich ist, ob sich aus den einzelnen ILO-Übereinkommen subjektive Rechte entnehmen lassen. Der Wortlaut der Normen der genannten Abkommen legt den Schluß nahe, daß diese Abkommen auf Gewährung subjektiver Rechte zielen, da Rechte entweder Individuen oder berufsbezogenen Organisationen zugeordnet werden. Dieser Interpretation scheinen systematische Argumente entgegenzustehen. So enthält Art. 1 des Übereinkommens Nr. 87 lediglich die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das Übereinkommen zur Anwendung zu bringen, was für eine progressive Umsetzung der Normen und gegen eine unmittelbare Verbindlichkeit derselben spricht. Auch der Art. 19 der ILO-Satzung, der die Staaten lediglich dazu auffordert, die Abkommen durchzuführen, läßt diese Deutung zu. Dieser Schluß ist jedoch nicht zwingend. Die Normen können auch dahingehend ausgelegt werden, daß der Begriff der Durchführung weit verstanden wird und mit der tatsächlichen Beachtung der Norm gleichbedeutend ist. Für dieses Verständnis spricht der Vergleich mit Art. 2 (1) IPwirtR, der die progressive Umsetzung des Paktes durch eine deutliche Formulierung Vgl. zum Verfahren Morhard (Anm. 41), S. 19 ff. So wohl Fried, Rechtsvereinheitlichung im internationalen Arbeitsrecht; Eine Methode zur Untersuchung der Rechtsvereinheitlichung am Beispiel der IAO, 1965, S.158. 48 Hamburger, Die Theorie von den Subjekten und Mitgliedern der Völkerrechtsordnung und der IAO, Niemeyers Zeitschrift für Internationales Recht 1926, S. 156; Fehlinger, Internationaler Arbeiterschutz, 1926, S. 18; Scelle, L'Organisation Internationale du Travail et le B.I.T., 1930, S. 181 f. 49 Morhard (Anm. 41), S. 56 der herausstellt, daß es sich bei der Vorlagepflicht an die zuständigen Stellen nicht um eine Verpflichtung aus einzelnen Übereinkommen, sondern um eine Pflicht aus Art. 19 ILO-Satzung handelt. 46 47

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3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

herausstellt. 50 Art. I des Übereinkommens fehlt dagegen eine solche deutliche Formulierung. Ein Indiz fiir die unmittelbare Anwendbarkeit der Übereinkommen und damit die Einräumung subjektiver Rechte ist zudem in der Einrichtung des Beschwerdeverfahrens betreffend die Verletzung der Vereinigungsfreiheit zu sehen, in dem es berufsbezogenen Vereinigungen möglich ist, eine Verletzung der Vereinigungs freiheit geltend zu machen. 51 Die Praxis des Ausschusses für Vereinigungsfreiheit spricht fiir dieses Verständnis. Die Einräumung subjektiver Rechte kommt dabei beispielsweise in den Schlußfolgerungen des Ausschusses betreffend eine Beschwerde gegen die pakistanische Regierung zum Ausdruck, die von der International Federation of Building and Woodworkers (IFBWW) eingebracht wurde. 52 In diesem Verfahren wandte sich die IFBWW sowohl gegen das Erfordernis vorheriger behördlicher Zulassung von Vereinigungen als auch gegen das Vereinigungsverbot fiir Arbeiter im öffentlichen Dienst. In beiden Fällen hielt der Ausschuß die staatlichen Regelungen für unvereinbar mit Übereinkommen Nr. 87 und forderte die Regierung zur Einhaltung des Übereinkommens auf. Die nähere Betrachtung der Normen offenbart also, daß die Übereinkommen der ILO INGOs subjektive Rechte einräumen. Als Ergebnis der vorangegangenen Untersuchung der Vereinigungsfreiheit als soziales Grundrecht kann somit festgehalten werden, daß weder der IPwirtR noch die ESC INGOs subjektive Rechte einräumen, sondern lediglich Staatenverpflichtungen enthalten. Allein die Abkommen Nr. 87 und 98 der ILO bilden hier eine Ausnahme, indem sie INGOs eigene Rechtspositionen gewähren. Insbesondere die Praxis des Ausschusses für Vereinigungsfreiheit bestätigt dieses Ergebnis.

50 In der deutschen Übersetzung heißt es dort: "Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, ... um nach und nach mit allen geeigneten Mitteln, vor allem durch gesetzgeberische Maßnahmen, die volle VeIWirklichung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu erreichen"; die unmittelbare Anwendbarkeit der Normen zur Vereinigungsfreiheit wird vor allem von Va/tieos (Anm. 43), S. 55 betont. 51 Dieses Verfahren beschreiben v. Potobsky (Anm. 43), S. 1119 ff.; Pouyat, The ILO's freedom ofassociation standards and machinery: a summing up, ILabourR 1982, S. 287 ff.; Samson (Anm. 42), S. 115 ff., die zu den subjektiven Rechten nicht Stellung beziehen; aus der Möglichkeit einer Beschwerde in diesem Verfahren läßt sich jedoch kein Recht schließen, da den Rechtsgrundlagen nicht die Gewährung einer subjektivrechtlichen Stellung zu entnehmen ist; vgl. Official Bulletin Vol. XXXVI (1953), S. 233 f., Official Bulletin Vol. XXXIV (1951), S. 208 f. 52 Case No. 1696, Complaint against the Government of Pakistan presented by the International Federation of Building and Woodworkers, ILO Official Bulletin 1994, Series B, No. I, Reports of the Committee on Freedom of Association (292nd and 293rd Reports), S. 43.

A. Materielle Rechtspositionen

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IH. Weitere materielle Rechtspositionen Die vorangegangene Untersuchung hat ergeben, daß einige Menschenrechtsübereinkommen INGOs das Recht der Versammlungs- oder der Vereinigungsfreiheit einräumen. Aufgrund der vielfaItigen Betätigungsfelder von INGOs kommt aber darüber hinaus jedoch eine Anzahl weiterer Rechtspositionen in Betracht. Denkbar erscheinen so verschiedene Rechte wie das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren, die Glaubens- und Gewissensfreiheit oder das Recht der freien Meinungsäußerung. Auszuscheiden sind lediglich die Regelungen, die allein den Schutz der menschlichen Person bezwecken. In welchem Umfang sich INGOs auf solche Rechtspositionen berufen können, kann hier nicht in voller Breite dargestellt werden. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich daher darauf, am Beispiel der EMRK einige weitere Rechtspositionen von INGOs zu untersuchen.

1. Faires Gerichtsveifahren nach Art. 6 EMRK Der Schutz des fairen Gerichtsverfahrens ist in Art. 6 EMRK geregelt und umfaßt eine Reihe von Anforderungen an Gericht und Gerichtsverfahren. Zu den Anforderungen an das Gericht zählen die gesetzliche Grundlage des Gerichts, seine Unabhängigkeit und Unbefangenheit, die mindestens einmalige volle Überprüfung sowohl des Sachverhalts als auch der Rechtsfragen eines Rechtsstreits, das Recht auf Zugang zum Gericht, die Öffentlichkeit des Verfahrens sowie dessen angemessene Dauer. Wesentliche Elemente des fairen Gerichtsverfahrens sind die persönliche Teilnahme der Parteien am Verfahren, die verfahrensrechtliche Gleichstellung der Beteiligten, das Beweisrecht und der Anspruch auf rechtliches Gehör. S3 Diese allgemeinen Grundsätze sind fiir das Strafverfahren in Absatz 2 und 3 des Art. 6 EMRK besonders ausgestaltet. Da bereits festgestellt wurde, daß der EMRK grundsätzlich subjektive Rechte fiir INGOs entnommen werden können, stellt sich nun die Frage, ob Art. 6 EMRK auf INGOs anwendbar ist. Daß diese Vorschrift nicht allein den Schutz der menschlichen Person bezweckt, ergibt sich daraus, daß die Norm umfassend das faire Verfahren in Zivil- und Strafsachen gewährleisten will. S4 S3 Ein Überblick über die Garantien des fairen Gerichtsverfahrens findet sich bei VilIiger (Anm. 21), S. 240 fI, 275 ff. S4 Vgl. dazu nur das Urteil Moreira de Azevedo gegen Portugal, Nr. 189 § 66; bemerkenswert an der Rechtsprechung des Gerichtshofes erscheint, daß er über den Wortlaut des Art. 6 EMRK die Verfahrensgarantie auch auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit ausgedehnt hat; siehe dazu König, Sero A No 27, § 90; auch Dugrip, L'aplicabilite de l'articJe 6 de la CEDH aux juridictions administratives, RUDH 1991, S. 336 ff.; Pettiti, La Convention Europeenne des Droits de I 'Homme, Commentaire articJe par articJe, 1995, S. 251. 7 Hempel

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3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

Da in Zivil verfahren in der Regel auch Personenvereinigungen parteiflihig sind,55 wäre der Schutz des Art. 6 EMRK also unvollständig, wenn diese Personenvereinigungen sich nicht auf diese Nonn berufen könnten. Der allgemeine Schutz des fairen Verfahrens umfaßt somit auch INGOS. 56 Die Praxis hat zu der Frage der Anwendbarkeit des Art. 6 EMRK auf Personenvereinigungen bereits frühzeitig im Fall der Church of X gegen das Vereinigte Königreich Stellung genommen. In diesem Fall machte die Beschwerdefiihrerin die Verletzung der fairen und öffentlichen Anhörung durch staatliche Maßnahmen geltend. Die Kommission stellte hierzu fest, daß sich die Kirche grundsätzlich auf Art. 6 Absatz 1 EMRK berufen könne, eine Verletzung dieser Vorschrift jedoch nicht gegeben sei. 57 Diese Entscheidung wurde in der Folge von der Kommission rur andere Personenvereinigungen bestätigt. 58 Auch die Auffassung der Kommission stützt daher das Ergebnis der Auslegung.

2. Freiheit der Meinungsäußerung nach Art. 10 EMRK Auch hinsichtlich der Freiheit der Meinungsäußerung in Art. 10 EMRK stellt sich die Frage, ob diese von Personenvereinigungen in Anspruch genommen werden kann. Obwohl dies überwiegend angenommen wird, erscheint ein solches Verständnis des persönlichen Schutzbereichs der Nonn nicht ganz unproblematisch, da die Meinungsäußerung selbst von einer natürlichen Person getätigt wird. 59 Art. 10 (1) Satz 3 erhellt jedoch, daß die Konvention von einem weiten, Personenvereinigungen umfassenden Begriff der Freiheit der Meinungsäußerung ausgeht. Das dort vorgesehene Genehmigungsverfahren fiir Rundfunk-, Lichtspiel- und Fernsehunternehmen läßt nämlich erkennen, daß neben natürlichen Personen auch Personenvereinigungen in den Schutzbereich des Art. 10 EMRK einbezogen werden sollen, die Freiheit der aufgezählten Unternehmen allerdings einem Genehmigungsvorbehalt unterliegt.60 Das alleinige Abstellen auf den unmittelbaren Verursacher einer Äußerung würde darüber hinaus den Bedürfnissen der Wirklichkeit nicht gerecht. Zum einen spricht die große Bedeutung dieses Grundrechts rur einen umfassenden Schutz von MeiSS An dieser Stelle sei nur auf § 50 Abs. 2 der deutschen Zivilprozeßordnung velWiesen, der nichtrechtsfähigen Vereinen die passive Prozeßfähigkeit einräumt; zur Rechtslage in den Niederlanden vgl. Teil I dieser Arbeit. S6 ZU diesem Ergebnis kommen auch Frowein/Peukert (Anm. 18), S. 109. 57 3798/68, Church ofX gegen Vereinigtes Königreich, CD 29, S. 70, 75 f. S8 5460/72, The Firestone Tire and Rubber Co. u.a., CD 43, S. 99, 106; im Fall der Umweltschutzorganisation WWF hat die Kommission diese Frage offengelassen, 12104/86 und 13278/87, Inglin u.a./ Besmer u.a. gegen die Schweiz. S9 Darauf weist Kaufmann, Das Problem der Glaubens- und Überzeugungsfreiheit, Diss. iur., 1989, S. 250 im Zusammenhang mit der Glaubens- und Gewissensfreiheit hin. 60 Vgl. zu diesem Schrankenvorbehalt Frowein/ Pellkert (Anm. 18), S. 232.

A. Materielle Rechtspositionen

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nungsäußerungen, zum anderen würde die Beschränkung des Art. 10 EMRK auf natürliche Personen der Tatsache nicht hinreichend Rechnung tragen, daß Personenvereinigungen im Bereich der Medien eine entscheidende Bedeutung rur die Meinungsbildung zukommt. Diese Bedeutung ergibt sich daraus, daß die Arbeit der modernen Medien durch arbeitsteilige Prozesse geprägt ist, deren Rahmen die Personenvereinigung bildet. Faktisch dürfte es häufig gar nicht möglich sein, individuelle Anteile aus diesem Prozeß auszusondern. Hinzu kommt, daß das Medienunternehmen selbst aufgrund seiner finanziellen und organisatorischen Komplexität zum gefährdeten Eingriffsobjekt geworden iSt. 61 Dieses Verständnis des Art. 10 EMRK wird sowohl durch die Entscheidungen der Kommission als auch des Gerichtshofs bestätigt. So ging die Kommission im Fall Sunday Times gegen Vereinigtes Königreich, in dem ein Chefredakteur der Zeitung sowohl im eigenen Namen als auch im Namen des Verlages Beschwerde erhoben hatte, ohne weiteres von der Beschwerdefähigkeit des Verlages aus, was im Ergebnis auch vom Gerichtshof bestätigt wurde. 62 In der Folge ist diese Entscheidungspraxis dann von Kommission und Gerichtshof fortgesetzt worden. 63 Da der Übertragung dieser Spruchpraxis auf INGOs nach hier vertretener Auffassung keine erkennbaren Hindernisse entgegenstehen, kann auch Art. 10 EMRK die Einräumung einer subjektiven Rechtsstellung von INGOs entnommen werden. 3. Glaubens- und Gewissensfreiheit nach Art. 9 EMRK

Anders als die bisher genannten Rechte der EMRK betrifft die Frage der Anwendbarkeit des Rechts auf Glaubens- und Gewissensfreiheit des Art. 9 EMRK auf nichtstaatliche Organisationen nur einen Teil der INGOs, nämlich diejenigen, die weltanschaulich ausgerichtet sind. Wie bei Art. 10 EMRK erscheint die Anwendbarkeit des Art. 9 EMRK auf diese INGOs jedoch fraglich, da es die natürlichen Personen sind, die Gewissen bilden und Glauben ausüben. 6\ Berka, Die Kommunikationsfreiheit in Österreich: Informationsfreiheit, Freiheit der Meinungsäußerung und Zensurverbot im Überblick, EuGRZ 1982, S. 413, 420; Kloepfer, Innere Pressefreiheit und Tendenzschutz im Lichte des Artikel 10 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, 1996, S. 98 f. m.w.N.; vgl. auch Tsakiridis, Das Recht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention und die Frage seiner Drittwirkung, 1988, S. 121. 62 Beschwerde Nr. 6538174, EuGRZ 1977,439,440; Urteil, Sero A, Nr. 30, S. 39, § 64. 63 Autronic, Sero A Nr. 178, 7,23, § 47, EuGRZ 1990,261, 262; Markt intern gegen BRD, Sero A Nr. 165,4,20, § 34; weitere Beispiele bei Diesbach, Völkerrechtliche Garantien der Presse- und Informationsfreiheit, 1977, S. 97 f.; Tsakiridis (Anm. 61), S. 121 Anm.379.

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3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

Besonders deutlich wird dies im Bereich der Gewissensfreiheit, weil dort gerade das "forum internum" und die autonome Persönlichkeit der natürlichen Person geschützt werden sollen. Folglich müßte Art. 9 EMRK hinsichtlich der Gewissensfreiheit dahingehend verstanden werden, daß lediglich eine Individualrechtsverbiligung zugesichert wird. 64 Die nähere Betrachtung des Rechts auf Glaubensfreiheit zeigt dagegen, daß Art. 9 EMRK über eine bloße Individualrechtsverbiligung hinausgeht. Dies macht bereits der Wortlaut der Vorschrift deutlich, welcher die Religionsausübung in Gemeinschaft mit anderen garantiert und damit die Verbindung zwischen Individualgrundrecht und Verbandsgrundrecht herstellt. Volle Wirksamkeit kann das Grundrecht folglich erst erlangen, wenn den Religionsgemeinschaften ein grundrechtlich gesicherter Freiheitsraum zukommt. 6s Die Gemeinschaft selbst muß daher eigene Positionen wahrnehmen können. 66 In der Praxis der Kommission herrschte anfangs die Auffassung vor, daß Personenvereinigungen nicht in den persönlichen Schutzbereich des Art. 9 EMRK fallen würden. Daher wies die Kommission in einem Fall aus dem Jahr 1968 eine Beschwerde der Church of Scientology gegen das Vereinigte Königreich zurück, in dem diese sich gegen Einreisebeschränkungen und andere Benachteiligungen in England gewandt hatte. Als Begründung wurde angefiihrt, daß eine Vereinigung nicht dazu in der Lage sei, das Recht aus Art. 9 EMRK innezuhaben. 67 Eine Änderung dieser Linie wurde im Jahr 1979 eingeleitet, als die Kommission erneut darüber zu entscheiden hatte, ob der Church of Scientology hinsichtlich eines Werbeverbots ein Beschwerderecht zustand. Abweichend von der Entscheidung aus dem Jahr 1968 wurde dem Beschwerdefiihrer nunmehr das Beschwerderecht zugestanden. Begründet wurde dies damit, daß die Unterscheidung zwischen der Kirche und ihren Mitgliedern künstlich sei, in Wirklichkeit mache die Kirche die Rechte ihrer Mitglieder geltend. Daraus folgerte die Kommission, daß die Kirche die Rechte des Art. 9 EMRK in eigener Person als Repräsentantin ihrer Mitglieder innehaben und ausüben könne. 68 Ausgeschlossen hat die Kommission die Anwendbarkeit des Art. 9 EMRK jedoch auf Organisationen, die nicht die Ausübung eines religiösen Glaubens zum Ziel haben. 69 64 Blum, Die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit nach Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention, 1990, S. 172. 65 Blum (Anm. 64), S. 170; so auch Bleckmann, Von der individuellen Religionsfreiheit des Art. 9 EMRK zum Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, 1995, S. 30. 66 Kaufmann (Anm. 59), S. 250. 67 3798/68, Church of Scientology gegen Vereinigtes Königreich, YB 12 (1969), S. 306 ff. 68 7805/77, Church of Scientology, DR 16, 68; vgl. auch Omkarananda und Divine Light Zentrum gegen Schweiz, DR 25, S. 105. 69 X GmbH gegen Schweiz, DR 16, 85.

B. Verfahrensbeteiligung von INGOs

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Auch wenn die Entscheidungen der Kommission zur Rechtsstellung der Religionsgemeinschaften den Anschein erwecken, als handle die Gemeinschaft in Vertretung ihrer Mitglieder, ist anzunehmen, daß die Kommission von eigenen Rechten der Gemeinschaft ausgeht. Für dieses Verständnis spricht nämlich, daß die Beschwerde nach Art. 25 EMRK gerade die Geltendmachung eigener und nicht fremder Rechte voraussetzt. Auch die Tatsache, daß die Kommission bei Disziplinarfällen, bei denen das Recht des Geistlichen gegen das Recht der Gemeinschaft stand, der letztgenannten Rechtsposition den Vorzug gegeben hat, legt einen solchen Schluß nahe. 70 Somit bestätigt auch die Praxis die Annahme, daß Art. 9 EMRK zumindest religiösen INGOs subjektive Rechte einräumt. Der kurze Überblick über einige Vorschriften der EMRK verdeutlicht, daß INGOs über den Schutz der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit hinaus subjektive Rechte zustehen können. Dabei wird mit der vorangegangenen Untersuchung keineswegs der Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Vielmehr sollte damit verdeutlicht werden, daß sich INGOs in stärkerem Maße als gemeinhin erörtert auf Menschenrechtsverbürgungen berufen können.

B. Verfahrensbeteiligung von INGOs Das zwischenstaatliche Recht enthält eine Reihe von Normen, welche die Verfahrensbeteiligung von INGOs am Rechtssetzungs- und Rechtsdurchsetzungsprozeß vorsehen. Diese lassen sich in Normen zur Umsetzung internationaler Konventionen, zur Durchsetzung eigener oder fremder materieller Rechte, zur Beteiligung der Rechtsfmdung internationaler Gerichte und Normen zur Beteiligung an der Entscheidungsfindung internationaler Organisationen unterteilen.

I. Regelungen zur Umsetzung internationaler Konventionen An erster Stelle soll hier auf die Normen des zwischenstaatlichen Rechts eingegangen werden, welche die Einbeziehung von INGOs in die Umsetzung internationaler Konventionen zum Ziel haben. Eine weitreichende Einbeziehung erfolgt dabei in der Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung, die im Dezember 1996 in Kraft getreten ist. 71 Bereits in den Vorbemerkungen zur 70 7374/16, DR 5, 157, 10901/84, Prüssner gegen BRD, EuGRZ 1986,648, NJW 1987, 1131. 71 United Nations Convention to Combat Desertification in Those Countries Experiencing Serious Drought and/or Desertification, Particularly in Africa (Desertification Convention), U.N. Doc. AlAC.24 1/27 (1994), abgedruckt in 33 ILM 1328; vgl. zur Entstehungsgeschichte dieser Konvention Danish, International Environmental Law and the

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3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

Konvention wird die besondere Rolle nationaler und internationaler NGOs hinsichtlich der Progranune zur Bekämpfung der Wüstenbildung und der Dürre hervorgehoben. 72 Der besonderen Rolle wird dann in der Darstellung der Prinzipien der Konvention Rechnung getragen, indem die Vertragsparteien dazu aufgerufen werden, in partnerschaftlichem Geist auf eine Zusanunenarbeit von Staat, Gemeinden, nationalen und internationalen NGOs und Landbesitzern hinzuwirken, um ein besseres Verständnis rur die Natur und den Wert des Bodens sowie rur die knappen Wasserressourcen in den betroffenen Gebieten zu erreichen. Weiter konkretisiert wird die Pflicht zur Kooperation im Abschnitt über nationale Aktionsprogranune zur Bekämpfung der Wüstenbildung. Danach sollen die nationalen Aktionsprogranune eine effektive Beteiligung auch von INGOs bei Planung, Entscheidung, Umsetzung und Überprüfung der Programme vorsehen. 73 Darüber hinaus regelt der Abschnitt über wissenschaftliche und technische Zusanunenarbeit, daß die Vertragsparteien, soweit dies angemessen erscheint, das Fachwissen von INGOs im Bereich der Sanunlung, der Analyse und des Austausches von Daten und Informationen nutzen sollen. Insbesondere die Weitergabe von Informationen und Erfahrungswissen an Zielgruppen in verschiedenen Regionen wird dazu als geeignet angesehen. Ferner sollen INGOs am Technologietransfer in betroffene Gebiete beteiligt werden. 74 Neben den genannten Abschnitten sieht der Abschnitt über unterstützende Maßnahmen eine Einbeziehung von nationalen und internationalen NGOs vor, indem die Vertragsstaaten dazu aufgefordert werden, diese Organisationen sowohl an der Entwicklung lokaler und nationaler Kapazitäten zur Bekämpfung der Wüstenbildung als auch an Bewußtseinsbildungs- und Erziehungsprogranunen zur Aufklärung über Gründe und Folgen von Wüstenbildung und DÜfre zu beteiligen. Darüber hinaus sollen die Organisationen in die finanziellen Mechanismen zur Verwirklichung der Ziele der Konvention einbezogen werden. 75 Schließlich sieht das Abkommen rur INGOs die Möglichkeit der Entsendung von Beobachtern zu den Sitzungen der Konferenz der Vertragsstaaten vor, "Bottom-Up" Approach, A Review of the Desertification Convention, Indiana Journal of Global Legal Studies 1995, S. 4 ff.; Bums, The International Convention to Combat Desertification: Drawing a Line in the Sand ?, MichiganJIL 1994/95, S. 849 ff. 72 Sowohl in den Vorbemerkungen zur Konvention als auch in der Konvention selbst wird in der Regel der allgemeine Begriff der "non-governmental organization" verwendet, ohne daß konkretisiert wird, ob nationale oder internationale Organisationen darunter gefaßt werden sollen; der Begriff soll daher hier weit verstanden werden und den Begriff der internationalen NGOs umfassen. 73 Desertification Convention, Art. 10 (2) (f); diese Bestimmung wird in Art. 13 (I) (b) und 14 (2) der Konvention dahingehend ausgeführt, daß Mechanismen zur Kooperation entwickelt werden sollen. 74 Desertification Convention, Art. 16 (d) und 18 (I), 18 (2) (a). 75 Desertification Convention, Art. 19 (I) (a), 19 (2), 19 (3), 20 (2), 20 (4), 21 (I), 21 (3),21 (5).

B. Verfahrensbeteiligung von INGOs

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sofern die Organisationen hinsichtlich der von der Konvention umfaßten Angelegenheiten die notwendige Qualifikation besitzen und nicht ein Drittel der Vertragsstaaten gegen die Zulassung der Organisation stimmt. 76 Die genannten Vorschriften der Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung enthalten keine ausdrücklichen Berechtigungen oder Verpflichtungen für INGOs. Vielmehr statuieren sie eine Reihe von ausdrücklichen Pflichten für die Vertragsstaaten. Da Pflichten der Vertrags staaten jedoch auf Seiten des unmittelbar Begünstigten zu Berechtigungen führen, ist danach zu fragen, inwieweit INGOs in den Konventionsbestimmungen unmittelbar begünstigt werden. Eine umfassende unmittelbare Begünstigung von INGOs sieht die Konvention hinsichtlich der Planung, Durchführung und Überprüfung nationaler Aktionsprogramme vor. Dieses Verständnis ist dem Wortlaut des Art. 10 der Konvention zu entnehmen, der als Soll-Vorschrift gestaltet ist, und wird durch weitere Regelungen der Konvention gestützt. So sprechen sowohl die Aufforderung zur Kooperation staatlicher und nichtstaatlicher Wirkungseinheiten im Abschnitt über die Prinzipien der Konvention als auch die generelle Privilegierung der Programmumsetzung auf unterstaatlicher Ebene für diese Auslegung.77 Ebenso enthalten die Verpflichtungen der Vertragsstaaten zur Zusammenarbeit bei Bewußtseinsbildungs- und Erziehungsprogrammen und die Pflicht zur Einbeziehung von INGOs in den finanziellen Mechanismus unmittelbare Begünstigungen nichtstaatlicher Organisationen, die wiederum Rechtspositionen auf Seiten dieser Wirkungseinheiten begründen. Die übrigen Bestimmungen der Konventionen, die eine Einbeziehung von INGOs vorsehen, räumen dagegen den Vertragsstaaten oder der Konferenz der Vertragsstaaten Ermessen ein, über das Ausmaß der Kooperation zu entscheiden, und gewähren daher lediglich ein Recht auf eine willkürfreie Entscheidung. Seinen Ausdruck findet das Ermessen in diesen Fällen regelmäßig darin, daß die Einbeziehung von INGOs nur dann erfolgen soll, wenn dies angemessen erscheint. 78 Eine gerichtliche oder außergerichtliche Durchsetzung ist in der Konvention weder für die erst- noch für die letztgenannten Rechtspositionen vorgesehen, da das Verfahren zur Streitschlichtung lediglich Vertragsstaaten offensteht. 79

76 Desertification Convention, Art. 22 (7); eine allgemeine Aufforderung zur Zusammenarbeit von Konferenz und NGOs ist bereits in Art. 22 (2) (h) enthalten. 77 Dieser Ansicht neigt auch Danish (Anm. 71), S. 13 zu, wenn er auch nur davon spricht, daß den genannten Regelungen "möglicherweise" Rechte entnommen werden können. 78 Sowohl Art. 16 als auch Art. 18 (I), 18 (2) (a), 19 (1), 19 (2) und 22 (2) (h) der Desertification Convention stellen dies durch die Formulierung "as appropriate" heraus; in Art. 22 (7) deutet die Formulierung "may be so admitted" auf Ermessen hin. 79 Desertification Convention, Art. 28 (I): "Parties shall settle any dispute between them concerning the interpretation or application ofthe Convention through negotiation or other peaceful means oftheir own choice".

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3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

Praktische Erfahrungen betreffend die Umsetzung der Konvention liegen bislang noch nicht vor, da diese erst im Dezember 1996 in Kraft trat. Da nationale und internationale NGOs jedoch bisher federfiihrend an der Umsetzung von Maßnahmen gegen die Ausdehnung der Wüsten- und Dürregebiete beteiligt waren und die zentrale Bedeutung der Organisationen bei der Umsetzung der Konvention von Teilnehmern der Vertragskonferenz ausdrücklich anerkannt wurde, steht zu erwarten, daß die Kooperation zwischen Vertragsstaaten und INGOs in der durch die Konvention festgelegten Form erfolgen wird. 80 11. Regelungen zur Durchsetzung von materiellen Rechten 1. Gerichtliche Durchsetzung von Rechten

Eine weitreichende gerichtliche Durchsetzung von Rechten ist INGOs bisher nur im Recht der europäischen Gemeinschaften möglich, das hier jedoch nicht Gegenstand der Untersuchung iSt. 81 In eingeschränkter Weise haben INGOs aber daneben die Möglichkeit, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Rechtssachen vorzulegen. Der aufgrund des 9. Protokolls zur EMRK eingefügte Art. 48 (1) e) EMRK gesteht diese Möglichkeit nichtstaatlichen Organisationen zu, welche zuvor die Kommission mit einer Beschwerde befaßt haben. 82 In Art. 48 (2) EMRK wird diese Bestimmung dahingehend ausgeführt, daß die Beschwerde zunächst einem Ausschuß zuzuleiten ist, der sich aus drei Mitgliedern zusammensetzt und dem ein Richter des Staates angehört, gegen den sich die Beschwerde richtet. Sofern der Ausschuß zu der Überzeugung gelangt, daß der Fall keine schwerwiegenden Fragen der Auslegung oder Anwendung der EMRK aufwirft und auch sonst keinen Grund für eine Befassung des Gerichtshofes bietet, kann der Fall dann dem Ministerrat zur weiteren Behandlung zugewiesen werden.

80 Vgl. zum Beitrag der NGOs zur Bekämpfung der Wüstenbildung Danish (Anm. 71), S. 6 m.w.N., der darüber hinaus auf die aktive Teilnahme von etwa 50 NGOs an den Vertragsverhandlungen hinweist, wobei NGOs aus dem Süden dominierten; zur Bedeutung der Rolle der INGOs vgl. Danish (Anm. 71), S. 12, der in diesem Zusammenhang auf eine Stellungnahme des schwedischen Konferenzvorsitzenden Bo Kjellen hinweist. 81 Vgl. Grabitzl Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Loseblatt, Art. 173 Rz. 52. 82 Die Vorschrift ist aufgrund des Protokolls Nr. 9 vom 6. November 1990, BGBI. 199411, S. 491 (in Kraft seit dem I. November 1994, BGBI. 199411, S. 3623) eingefügt worden.

B. Verfahrensbeteiligung von INGOs

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In Art. 48 EMRK ist die Möglichkeit, dem Gerichtshof Rechtssachen vorzulegen, ausdriicklich als Recht nichtstaatlicher Organisationen ausgestaltet. 83 Zur Anwendung gelangt die Vorschrift indes nur, wenn sich der betroffene Staat der Gerichtsbarkeit des Europäischen Menschengerichtshofes unterworfen und das 9. Protokoll ratifiziert hat. Erst in diesem Fall steht INGOs der Rechtsweg nach Art. 48 EMRK grundsätzlich offen. Verfahrensrechtlich setzt die Norm jedoch voraus, daß die Kommission zuvor mit der Sache befaßt worden ist. 84 Erst wenn diese die Beschwerde fiir zulässig erklärt hat, ist die Befassung des Gerichts mit der Streitsache möglich. Vorgeschaltet bleibt aber der Ausschuß, dem es obliegt, darüber zu entscheiden, ob die Sache eine Erörterung durch das Gericht verdient. Nach dem Erläuternden Bericht zum 9. Protokoll ist dies nicht der Fall, wenn die Rechtsfrage in vorangegangenen Fällen bereits geklärt wurde oder die Klärung von Fakten erstrebt wird. Ferner ist die Einschaltung des Gerichts nicht notwendig, sofern der betroffene Vertragsstaat erklärt hat, der Entscheidung der Kommission Folge zu leisten. 8s Soweit das Gericht dann selbst mit einer Sache befaßt ist, sind die Parteien einander im Verfahren gleichgestellt, was nicht zuletzt durch die Änderung der Verfahrensordnung des Gerichtshofes ermöglicht wurde. 86 Aufgrund des dem Gerichtsverfahren vorgelagerten Vorpriifungsverfahrens kann für die INGOs dennoch nicht von einer den Staaten vergleichbaren Stellung vor dem Gerichtshof gesprochen werden. Auf die Änderung dieser Rechtslage zielt das noch nicht in Kraft getretene 11. Protokoll zur EMRK,87 das im Gegensatz zum 9. Protokoll als Zusatzprotokoll ausgestaltet ist. 88 Damit wird das dort geregelte Verfahren als Pflichtverfahren festgelegt.89 Den Vertragsstaaten bleibt also nur die Möglichkeit der Kündigung nach Art. 65 EMRK, um sich ihren Verpflichtungen zu entziehen. Auch in diesem Protokoll wird INGOs das Recht auf Geltendmachung von

83 Davon gehen auch Pettiti (Anm. 54), S. 803 und Flauss, Le droit de recours individuel devant la Cour Europeenne des Droits de I'Homme. Le Protocole No. 9 a la Convention Europeenne des Droits de I'Homme, AFDI 1990, S. 507, 511 ohne weiteres aus. 84 Pettiti (Anm. 54), S. 803. 8S Vgl. hierzu Harris/O'Boyle/Warbrick, Law of the European Convention on Human Rights, 1995, S. 659 ff. 86 Vgl. Harris/O'Boyle/Warbrick (Anm. 85), S. 663; so auch der Explanatory Report zu Protokoll Nr. 9 EMRK, HRLJ 1991, S. 51, 53. 87 Doc H (94) 5 (1994), 33 ILM 943 (1994). 88 Damit ist die Ratifikation aller Vertragsstaaten der EMRK erforderlich; vgl. Rudolf, Der Entwurf eines Zusatzprotokolls über die Refonn des Kontrollmechanismus der EMRK, EuGRZ 1994, S. 53, 58; vgl. zu diesem Protokoll auch Bernhardt, Refonn of the Control Machinery under the European Convention on Human Rights: Protocol No. 11, AJIL 1995, S. 145; Mowbray, A New European Court of Human Rights, Public Law 1994, 540; Schermers, The Eleventh Protocol to the European Court of Human Rights, ELR 1994, S. 367. 89 Erläuternder Bericht zu Protokoll NT. 11 zur EMRK, EuGRZ 1994, S. 335.

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3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

Konventionsrechten eingeräumt. Anders als nach dem 9. Protokoll ist die Beschwerde jedoch unmittelbar an den Gerichtshof zu richten. Die Prüfung durch die Kommission entfällt, stattdessen werden Kommission und Gerichtshof zu einem Organ zusammengelegt. An ihre Stelle tritt der neue Gerichtshof. Nach dem Erläuternden Bericht zum 11. Protokoll entscheidet aber eingangs noch ein Ausschuß über die Zulässigkeit der Streitsache. Hält der Ausschuß die Beschwerde nicht für unzulässig, legt er diese einer Kammer vor. Die Kammer hat dann darüber zu entscheiden, ob die Beschwerde zulässig und begründet ist. In Fällen mit bestimmten, schwerwiegenden Auswirkungen kann die Kammer vor Erlaß eines Urteils die Streitsache an die Große Kammer abgeben, sofern nicht eine Partei des Verfahrens dem widerspricht. Auch nach Erlaß eines Urteils durch die Kammer kann die Sache jedoch ausnahmsweise von der Großen Kammer geprüft werden; nämlich dann, wenn schwerwiegende Fragen der Auslegung oder Anwendung der Konvention betroffen sind oder eine Frage von allgemeiner Bedeutung zu entscheiden ist. 90 Die durch das 11. Protokoll vorgenommenen Änderungen der EMRK sind verschiedentlich kritisiert worden. 91 Für die Stellung der Individuen und INGOs bedeuten sie jedoch einen wesentlichen Fortschritt, da ihnen der direkte Zugang zum Gericht gewährt und die Verfahrensdauer verkürzt wird. 92 Im Falle des Inkrafttretens des 11. Protokolls werden daher wohl auch die Vertreter, welche die Rechtssubjektivität von INGOs von der gerichtlichen Durchsetzbarkeit der Rechte abhängig machen, ihre Haltung ändern. 93

2. Außergerichtliche Durchsetzung von Rechten Von größerer Bedeutung als die gerichtliche Durchsetzung ist die außergerichtliche Durchsetzung von Rechten durch INGOs. Dabei soll hier der Begriff der Durchsetzung weit verstanden werden und auch Petitions- und Beschwerdeverfahren umfassen. Da diese Form der außergerichtlichen Durchsetzung von Rechten INGOs vor allem auf dem Gebiet der Menschenrechte eingeräumt wird, sollen im folgenden Abschnitt einige bedeutende Menschenrechtsschutzverfahren untersucht werden.

90 Vgl. hierzu den Erläuternden Bericht (Anm. 89), S.331 f.; Drzemczewski/MeyerLadewig, Grundzüge des neuen EMRK Kontrollmechanismus nach dem am 11. Mai 1994 unterzeichneten Reform-Protokoll (Nr. 11), EuGRZ 1994, S. 317; HarrislO'Boyle/Warbrick (Anm. 85), S. 708. 91 Insbesondere hat sich Schermers (Anm. 88), S. 367 tf. hierzu kritisch geäußert; vgl. aber auch Harris/O'Boyle/Warbrick (Anm. 85), S. 712 ff. 92 Hierauf weisen Harris/O'Boyle/Warbrick (Anm. 85), S. 714 hin. 93 Shelton, The Participation of Nongovernmental Organizations in International Judicial Proceedings, AJlL 1994, S. 630.

B. Verfahrensbeteiligung von INGOs

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a) Art. 25 EMRK Der bereits erwähnte Art. 25 (1) EMRK sieht vor, daß neben Einzelpersonen und Personenvereinigungen auch nichtstaatliche Organisationen, die sich durch die Verletzung der in der Konvention anerkannten Rechte beschwert fiihlen, bei der Europäischen Menschenrechtskommission Beschwerde einlegen können. Voraussetzung der Befassung der Kommission mit der Beschwerde ist, daß der von der Beschwerde betroffene Staat die Zuständigkeit der Kommission flir das Beschwerdeverfahren anerkannt hat. 94 Eine solche Anerkennung ist mittlerweile durch alle Vertrags staaten erfolgt, wenn auch die Mehrzahl von der Möglichkeit der zeitlichen Begrenzung der Anerkennungserklärung Gebrauch gemacht hat. 9S Diese Ausgestaltung der Individualbeschwerde als Fakultativklausel erschien zum Zeitpunkt der Ausarbeitung der Konvention notwendig, weil Art. 25 EMRK Individuen, Personenvereinigungen und nichtstaatlichen Organisationen eine bis dahin weitgehend neuartige Möglichkeit der Geltendmachung von Rechten in einem justizmäßigen Verfahren gestattete. 96 Der Begriff der nichtstaatlichen Organisation ist dabei weit zu verstehen und umfaßt juristische Personen, nichtrechtsfahige Vereine und Handelsgesellschaften. Abzugrenzen ist der Begriff aber vom Begriff der Personenvereinigungen, der die Einbeziehung unorganisierter Personenmehrheiten in den Kreis der Berechtigten bezweckt. 91 Um nun diesen Wirkungseinheiten nicht die Möglichkeit einer actio popularis einzuräumen, läßt sich dem Wortlaut der Norm entnehmen, daß nicht jede beliebige Organisation jede beliebige Rechtsverletzung geltend machen kann. Vielmehr ist die Geltendmachung eigener Rechte erforderlich. Für INGOs bedeutet dies, daß sie nicht die Rechte einzelner Mitglieder einfordern können, sondern nur die Rechte, die ihnen als Organisation zustehen. 98 Darüber hinaus

94 Die Vorschrift lautet: "The Commission may receive petitions addressed to the Secretary-General of the Council of Europe from any person, non-governmental organisation or group of individuals c1aiming to be the victim of a violation by one of the High Contracting Parties of the rights set forth in this Convention, provided that the High Contracting Parties against which the complaint has been lodged has declared that it recognises the competence ofthe Commission to receive such petitions. Those ofthe High Contracting Parties who have made such a declaration undertake not to hinder in any way the effective exercise of this right ", 213 UNTS 236. 9S Pettiti (Anm. 54), S. 580; zu betonen ist an diese Stelle, daß andere als zeitliche Vorbehalte nicht möglich sind; dies hat der Gerichtshof in einem Fall betreffend die Türkei herausgestellt. 96 Rogge (Anm. 20), Art. 25 Rz. 88 spricht gar von einem echten und effektiven Klagerecht. 97 Rogge (Anm. 20), Art. 25 Rz. 125 ff.; so auch FroweinlPeukert (Anm. 18), S. 365; Go/song, Implementation of International Protection of Human Rights, RdC 1963 III, S.91. 98 Pettiti (Anm. 54), S. 586 ff., der aber darauf hinweist, daß ausnahmsweise auch die Geltendmachung der Rechte einer anderen Person möglich ist.

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3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

wird auch für INGOs, wie für alle Petenten, die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde dadurch eingeschränkt, daß sie erst nach Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs die Kommission anrufen können. 99 Die Darstellung des Art. 25 EMRK zeigt, daß es sich bei der Individualbeschwerde um einen völkerrechtlichen Rechtsbehelf besonderer Art handelt, der auch nichtstaatlichen Organisationen eine eigene völkerrechtliche Befugnis einräumt. 100 Dieser Rechtsbehelf ermöglicht es nichtstaatlichen Organisationen, vor der Kommission als gleichberechtigte Partei aufzutreten. 101 Damit wird INGOs ein echtes Recht eingeräumt, das über die Gewährung eines bloßen Petitionsrechts hinausgeht. Dies läßt sich bereits dem zweiten Satz des Art. 25 (1) EMRK entnehmen, in welchem den Staaten ausdrücklich die Verpflichtung auferlegt wird, die Ausübung des Rechts aus Art. 25 EMRK in keiner Weise zu behindern. Zudem spricht die Ausgestaltung der Regelungen zur Beschwerde rur diese Annahme. Diese beinhalten nämlich konkrete Vorgaben für die Behandlung eingelegter Beschwerden durch die Kommission und tragen somit für ein justizf6rmiges Verfahren Sorge. Schließlich läßt sich rur die Rechtsgewährung anfUhren, daß allein dadurch ein effektiver Schutz der Menschenrechte auf europäischer Ebene gewährleistet werden kann. 102 Wie bereits den obigen Ausruhrungen zu entnehmen ist, haben INGOs von der Individualbeschwerde Gebrauch gemacht. Soweit die Kommission eine Rechtsverletzung festgestellt hat und der Streit nicht beigelegt werden konnte, hat sie die Fälle dem Gerichtshof vorgelegt. Gerade im Bereich der Freiheit der Meinungsäußerung sind die beschwerderuhrenden Organisationen mit ihren Beschwerden auch durchgedrungen. Dabei hat sich der Gerichtshof häufig nicht auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit beschränkt, sondern auch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Organisationen Schadensersatz zuzusprechen. 103 Art. 26 EMRK. Vgl. Rogge (Anm. 20), Art. 25, Rz. 82; Wa/ter, Die europäische Menschenrechtsordnung, Individualrechte, Staatenverpflichtungen und ordre public nach der Europäischen Menschenrechtskonvention, 1970, S. 33. 101 Vgl. hierzu Art. 28 EMRK, Art. 17 11, 17 III, 21 11, 24 III, VertD EMRK; siehe auch Sperduti, L'individu et le droit international, RdC 1956 11, S. 822. 102 So im Ergebnis die Literatur, vgl. Rogge (Anm. 20), Art. 25 Rz. 88; Van Dijk/Van Hoof(Anm. 7), S. 35; Go/song (Anm. 97), S. 96; Müller-Rappard, Le droit d'action en vertu des dispositions de la Convention europeenne des droits de I'homme, in: La protection internationale des droits de I'homme, 1977, S. 46; Matscher, Die Rechtsstellung des Beschwerdeführers im Verfahren vor den Organen der Europäischen Menschenrechtskonvention, in: Der Grundrechtsschutz im Europäischen Gemeinschaftsrecht, 1982, S. 94. 103 Siehe hierzu Urteil vom 29. Oktober 1992, Case of Open Door and Dublin Weil Woman v. Ireland, Sero A, Nr. 246, A, S. 34; Urteil vom 24. November 1993, Case of Informationsverein Lentia and others v. Austria, Sero A, Nr. 276, S. 18. 99

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B. Verfahrensbeteiligung von INGOs

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b) Art. 44 AMRK Ein weiteres regionales Individiualbeschwerdeverfahren ist in Art. 44 AMRK geregelt. Danach ist jede nichtstaatliche Organisation, die in einem oder mehreren Mitgliedsstaaten anerkannt ist, berechtigt, der Kommission Petitionen vorzulegen, welche die Verletzung der Konvention durch einen Mitgliedsstaat betreffen. 104 Anders als in der EMRK wird die Zuständigkeit der Kommission zur Priifung der Beschwerde schon mit Ratifikation der AMRK durch den Vertragsstaat begriindet. Darüber hinaus unterscheidet sich diese Vorschrift von Art. 25 EMRK darin, daß der Beschwerdeführer nicht geltend machen muß, in seinen Rechten verletzt zu sein. Auch Dritte können hier die Rechte eines Opfers einer Konventionsverletzung riigen. Für die AMRK besteht daher grundsätzlich die Möglichkeit der Popularbeschwerde. 105 Als Gemeinsamkeit weisen EMRK und AMRK jedoch den Rechtscharakter der Individualbeschwerde auf. Dieser Rechtscharakter ist bereits dem Wortlaut des Art. 44 AMRK zu entnehmen, wenn auch eine ausdriickliche Berechtigung wie in Art. 25 EMRK nicht statuiert wird. Zudem spricht die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Individualbeschwerde, die in den auf Art. 44 AMRK folgenden Regelungen enthalten ist und der sich bestimmte Pflichten der Kommission gegenüber INGOs entnehmen lassen, fiir eine Rechtsgewährung. 106 Folglich steht INGOs nach der AMRK das Recht auf Erhebung einer Beschwerde und auf Priifung derselben zu. In der Praxis wurden zahlreiche Beschwerden fiir Individuen durch lokale oder internationale Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften und Berufsverbände erhoben, wobei auch einige europäische Verbände die Möglichkeit der Beschwerde genutzt haben. 107 Von der Möglichkeit der Befassung des Gerichtshofes ist dagegen bisher nur vereinzelt Gebrauch gemacht worden. Dies dürfte jedoch darauf zuriickzuführen sein, daß vor Einrichtung des Gerichtshofes die Streiterledigung allein durch die Kommission erfolgte und diese nur zö-

104 "Any person or group of persons, or any non-governmental entity legally recognized in one of more member states of the Organization, may lodge petitions with the Commission containing denunciations or complaints of violation of this Convention by aState Party." (9 ILM 687) 105 Shelton (Anm. 93), S. 615. 106 Dieser Auffassung scheint auch Buergenthal, Menschenrechtsschutz im interamerikanischen System, EuGRZ 1984, S. 169, 175 zu sein, wenn er ausdrücklich von einem Individualbeschwerderecht spricht. 107 Vgl. Norris, Bringing Human Rights Petitions before the Inter-American Human Rights Commission, Santa Clara Law Review 1980, S. 738 ff., zitiert bei Kokott (Anm. 15), S. 56 Fn. 243 m.w.N.

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3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

gernd bereit war, diese Kompetenz mit dem Gerichtshof zu teilen. In jüngster Zeit beginnt sich hier jedoch eine Änderung abzuzeichnen. lOS

c) Art. 55 AfChMR Im Gegensatz zu den bisher genannten Menschenrechtsübereinkommen sieht die AfChMR kein Individualbeschwerdeverfahren vor, da dies zur Zeit der Entstehung des Abkommens politisch nicht durchsetzbar erschien. 109 Art. 55 AfChMR regelt stattdessen ein Verfahren zur Berücksichtigung von Mitteilungen, die nicht von Staaten stammen (sogenannte" andere Mitteilungen"). Nach dieser Vorschrift stellt der Sekretär der Afrikanischen Menschenrechtskommission eine Liste der eingegangenen Mitteilungen zusammen und übermittelt diese anschließend den Kommissionsmitgliedern. 110 Diese können sich dann dazu äußern, mit welchen Mitteilungen sich die Kommission befassen sollte. Im Fall der Befassung mit einer Mitteilung hat die Kommission gern. Art. 56 AfChMR die Zulässigkeit der Mitteilungen zu prüfen, bevor sie sich den materiellen Fragen widmet. Erst wenn eine Mitteilung auf eine Reihe von schweren und massiven Verletzungen von Menschenrechten hinweist, macht die Kommission die Versammlung darauf aufinerksam. Die Versammlung wiederum hat die Möglichkeit, um eine eingehende Untersuchung und einen Bericht durch die Kommission nachzusuchen. 111 Weitere Durchsetzungsmöglichkeiten der AfChMR sind nicht gegeben. Insbesondere ist die Anrufung eines Gerichtshofes nicht möglich. Dem Wortlaut der genannten Vorschriften läßt sich anders als den Vorschriften der bereits erwähnten regionalen Menschenrechtskonventionen kein subjektives Beschwerderecht für INGOs entnehmen. Aus ihnen folgen lediglich Rechte der Kommission; andere Personen sind nur mittelbar betroffen. Dieses Verständnis entspricht auch durchaus der Intention der Vertragsstaaten, die ursprünglich gerade keine Individualbeschwerde zulassen wollten. Ein anderes Ergebnis könnte sich jedoch daraus ergeben, daß der Inhalt der Charta hinsichtlich des Mitteilungsverfahrens durch die Ausführungsvorschriften der Verfah-

108 Siehe Medina, The Inter-American Commission on Human Rights and the InterAmerican Court of Human Rights: Reflections on a Joint Venture, HRQ 1990, S.439, 449 ff. 109 Benedek (Anm. 29), S. 158. 110 Vgl. 21 ILM 59 ff.; Macalis/er-Smith, Non-Governmental Organizations, Humanitarian Action and Human Rights, in: FS Bernhardt, 1995, S. 490, Fn. 23. 111 Art. 58 AfChMR.

B. Verfahrensbeteiligung von INGOs

III

rensordnung der Kommission modifiziert worden ist,112 die als interpretative Fortentwicklung l13 der AfChMR bereits in diesem Abschnitt behandelt werden soll. Stärker als Art. 55 AfChMR sieht die Verfahrensordnung eine besondere Berücksichtigung einzelner Mitteilungen vor. Dies wird bereits in Art. 114 VerfO deutlich, der zwischen der Zulässigkeit von Mitteilungen betreffend einzelne Menschenrechtsverletzungen und Mitteilungen betreffend schwere und massive Verletzungen unterscheidet. Im erstgenannten Fall kann die Mitteilung vom Opfer vorgenommen werden, die Mitteilung einer anderen Person ist dagegen nur zulässig, wenn das Opfer selbst zu einer Mitteilung nicht in der Lage ist. Im letztgenannten Fall steht die Möglichkeit der Mitteilung neben einzelnen Individuen auch Organisationen zu. Danach ist es INGOs möglich, eine Rechtsverletzung auch dann geltend zu machen, wenn die Rechte der Organisation selbst nicht verletzt sind. In beiden Fällen hat eingangs eine Zulässigkeitsprüfung der Mitteilung zu erfolgen, über deren Ergebnis der Mitteilende zu unterrichten ist. Wird eine Mitteilung als zulässig erachtet, hat die Kommission nach Art. 117 und 118 VerfO die Begründetheit der Beschwerde zu prüfen, wobei alle Erklärungen des betroffenen Staates an den Mitteilenden zur Stellungnahme weitergeleitet werden. Anschließend nimmt die Kommission zum Fall Stellung und setzt den Mitteilenden darüber in Kenntnis. 114 Aus der letztgenannten Verpflichtung der Kommission, den Mitteilenden in das Verfahren der Prüfung seiner Mitteilung einzubeziehen und ihn über den Fortgang des Verfahrens zu unterrichten, läßt sich nach der hier vertretenen Auffassung nunmehr folgern, daß das Verfahren betreffend "andere Mitteilungen" durch die VerfO einen subjektiv-rechtlichen Einschlag erhalten hat. Dem Mitteilenden wird dadurch ein eigenes Recht auf Prüfung seiner Mitteilung eingeräumt. Da auch INGOs Urheber einer Mitteilung sein können, kann aus Art. 55 AfChMR in seiner Fortentwicklung durch die VerfO also ein echtes Beschwerderecht fiir INGOs abgeleitet werden. In der Praxis ist die Möglichkeit der Mitteilung von INGOs auch genutzt worden. So erhielt der Ausschuß beispielsweise von Amnesty International, dem International Lawyers Committee for Human Rights und der Civil Liberties Organization Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen in Tansania, Tunesien und Nigeria, die dann zur Ergreifung von Maßnahmen zur Beendigung der Verletzungshandlungen fiihr-

112 Dies folgt aus Art. 114 III b des Reglement de la Commission africaine des droits de l'homme et des peuples, Text bei Ouguergouz (Anm. 26), S. 436 tT.; vgl. auch ders., S.332. 113 So zutreffend Benedek (Anm. 29), S. 159. 114 Trotz dieser Vorschriften läßt die VertU offen, wie mit Mitteilungen zu verfahren ist, die gewöhnliche Menschenrechtsverletzungen rügen; die Kommissionspraxis war hier in der Vergangenheit uneinheitlich, siehe Benedek (Anm. 29), S. 162.

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3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

ten. Inwieweit diesen Mitteilungen letztlich Erfolg beschieden sein wird, kann indes noch nicht beurteilt werden, da bisher kein Verfahren zum Abschluß gebracht wurde. 115

d) Art. 24 ILO-Satzung Auch im Bereich der wirtschaftlichen und sozialen Rechte steht INGOs die Möglichkeit der Beschwerde offen. Zu nennen ist hier insbesondere Art. 24 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation, der vorsieht, daß Berufsverbände von Arbeitnehmern oder Arbeitgebern eine Beschwerde an das Internationale Arbeitsamt richten können, wenn ein Mitgliedstaat ein Übereinkommen nicht in befriedigender Weise durchführt. Der Verwaltungsrat kann die Beschwerde dann der betreffenden Regierung übermitteln und sie um eine Stellungnahme bitten. 116 Zweck dieser Vorschrift ist es, den Berufsverbänden die Möglichkeit zu geben, die Durchsetzung des materiellen Gehalts der Übereinkommen der Organisation zu überwachen. 117 Unter dem Begriff des Berufsverbandes werden dabei vor allem berufsbezogene INGOs verstanden. 118 Nicht erforderlich ist jedoch, daß der Berufsverband selbst in seinen Rechten verletzt ist. Die Organisation kann sich sowohl über die mangelnde Durchfiihrung im eigenen Staat als auch in jedem anderen Mitgliedstaat beschweren. 119 Aus Art. 24 eine Rechtsstellung fiir INGOs abzuleiten, erscheint problematisch, da die Möglichkeit der Beschwerde zwar erwähnt wird, dem Wortlaut eine Rechtsstellung der Organisationen aber nicht unmittelbar entnommen werden kann. Zudem ergeben sich Zweifel aus der Formulierung der Norm, die das weitere Verfahren in das Ermessen des Verwaltungsrates zu stellen scheint. 120

Vgl. Ouguergouz (Anm. 26), S. 346; auch Benedek (Anm. 29), S. 164. Die Vorschrift lautet: "In the event of any representation being made to the International Labour Office by an industrial association of employers or of workers that any of the Members has failed to secure in any respect the effective observance within its jurisdiction of any Convention to which it is a party, the Governing Body may communicate this representation to the Government against which it is made, and may invite that Government to make such statement on the subject as it may think fit." (UKTS 47 (1948); deutsche Übersetzung BGBI. 1957 11, 317, 1964 11, 101, 1975 11, 2208) 117 Morhard (Anm. 41), S. 91. 118 Osieke, Constitutional Law and Practice in the International Labour Organisation, 1985, S. 219. 119 Auf das Ermessen weist Morhard (Anm. 41), S.92 mit Verweis auf Berger/ Kuttig/Rhode, Internationales Arbeitsrecht, 1931, S. 145 hin, ohne jedoch auf die Standing Orders einzugehen. 120 So Morhard (Anm. 41), S. 93, der sich auf das Internationale Arbeitsamt, Der Einfluß der Übereinkommen und Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisation, 1977, S. 67 und Berger/Kuttig/Rhode (Anm. 119), S. 146 beruft. 115

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B. Verfahrensbeteiligung von INGOs

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Wäre die Annahme eines solchen Ennessens zutreffend, ließe sich aus Art. 24 daher allenfalls ein Recht auf rechtsmißbrauchsfreie Entscheidung über die Beschwerde herauslesen. Art. 24 ist jedoch durch die Standing Orders von 1981 konkretisiert worden, 12 I denen sich nunmehr eine Eingrenzung des Ennessens des Verwaltungsrates entnehmen läßt. Wie bei den bereits beschriebenen Durchsetzungsverfahren im Bereich der bürgerlichen und politischen Rechte ist nach Eingang der Beschwerde zunächst deren Zulässigkeit zu prüfen, die nur in bestimmten Fällen verneint werden kann. Ist die Zulässigkeit gegeben, beruft der Verwaltungsrat einen dreiköpfigen Ausschuß, um den materiellen Gehalt der Beschwerde zu prüfen. Dabei kann der Ausschuß zur Klärung des Sachverhalts vom Beschwerdeführer oder dem betroffenen Staat weitere Infonnationen anfordern. Über das Ergebnis der Prüfung fertigt der Ausschuß einen Bericht, der dem Rat vorgelegt wird. Dieser entscheidet dann darüber, ob die Beschwerde gemäß Art. 25 veröffentlicht wird. Die Standing Orders begründen also durchaus fiir die am Beschwerdeverfahren beteiligten Organe der ILO die Pflicht zur Prüfung der Zulässigkeit und gegebenenfalls der Begründetheit eines Falles. Daß diese Pflicht gegenüber der jeweils beschwerdefiihrenden Organisation besteht, ist den Standing Orders dagegen nicht zweifelsfrei zu entnehmen. Ein Anhaltspunkt hierfiir ergibt sich aber aus der Möglichkeit der Einbeziehung des Beschwerdefiihrers in laufende ILO-Verfahren. Darüber hinaus spricht die Pflicht des Internationalen Arbeitsamts zur Mitteilung des Verfahrensergebnisses an die Beschwerdefiihrer fiir ein Recht auf Durchfiihrung eines Beschwerdeverfahrens. 122 Daher erscheint es zulässig, aus Art. 24 in seiner Ausgestaltung durch die Standing Orders von 1981 die Berechtigung von INGOs zur Beschwerde und deren Untersuchung zu folgern. 123 Trotz der Möglichkeiten, die das Beschwerdeverfahren bietet, ist dieser Weg bisher nur in wenigen Fällen gewählt worden. 124 Der wohl bedeutendste Fall ist eine Beschwerde der International Confederation of Free Trade Union (ICFTU) gegen die Tschechoslowakei aus dem Jahr 1977, in dem die ICFTU der betroffenen Regierung vorwarf, dadurch gegen die Diskriminierungskonvention der Vgl. ILO, Official Bulletin, Vol. 64 (1981) Series A, No. I, S. 93-95. Art. 9 der Standing Orders von 1981. 123 Im Ergebnis auch Osieke (Anm. 118), S. 220, der ausdrücklich von einem Recht der industriellen Vereinigungen spricht. 124 Samson (Anm. 42), S. 134 spricht von 25 Verfahren in der Zeit von 1981 bis 1990; Ghebali (Anm. 42), S. 233, von 24 von 1945 bis 1983; zu einer ausführlichen Darstellung einzelner Fälle siehe Osieke (Anm. 118), S. 215 tT., der neben dem noch zu beschreibenden Verfahren gegen die Tschechoslowakei das Verfahren gegen die Staaten der Europäischen Gemeinschaften, GB, 205th session, Doc. No. GB 205/8/17, S. 1, und gegen Nicaragua, ILO, 68th session (1982), P.R. No. 4, S. 5 nennt; in bei den Fällen waren INGOs Beschwerdeführer. 121

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8 Hempel

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3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

ILO von 1958 verstoßen zu haben, daß sie hinsichtlich der Beschäftigung von Unterzeichnern einer Deklaration, die auf die mangelhafte Menschenrechtspolitik der Regierung aufmerksam machte, repressive Maßnahmen ergriffen hatte. Da die Beschwerde zulässig war, wurde ein Ausschuß zur Prüfung einer möglichen Rechtsverletzung eingesetzt. Der Regierung wurde Gelegenheit gegeben, zur Beschwerde Stellung zu nehmen. Da der Ausschuß die Stellungnahme der Regierung als nicht ausreichend erachtete, wurden schließlich auf seinen Vorschlag hin Beschwerde, Stellungnahme der Regierung sowie der Bericht des Ausschusses veröffentlicht. 125 e) Europäische Sozialcharta (ESC) Im Gegensatz zur Satzung der ILO sieht die ESC keine Beschwerdeverfahren rur Einzelpersonen oder nichtstaatliche Organisationen vor. Einziges Kontrollinstrument ist bisher das Staatenberichtsverfahren. 126 Ein Wandel dieses Status zeichnet sich jedoch aufgrund des jüngsten Zusatzprotokolls zur ESC ab. Art. 1 (b) des noch nicht inkraftgetretenen Zusatzprotokolls räumt INGOs, denen vom Europarat Konsultativstatus gewährt wurde und die auf die entsprechende Liste des Regierungsausschusses gesetzt wurden, nämlich ein Beschwerderecht ein. 127 Die Zulässigkeit der Beschwerde soll aber nur in den Angelegenheiten gegeben sein, rur die die beschwerderuhrenden INGOs eine anerkannte besondere Kompetenz besitzen. Sind diese Voraussetzungen gegeben, hat der Ausschuß der unabhängigen Experten die Begründetheit der Beschwerde zu prüfen, die dann tnit einem Bericht abschließt. Dieser soll anschließend sowohl an den Ministerausschuß als auch an die INGO, den betroffenen Staat und die parlamentarische Versammlung gesandt werden. Über den Bericht hat der Ministerausschuß zu entscheiden. Das Zusatzprotokoll stellt eine wesentliche Stärkung des Durchsetzungsmechanismus der ESC dar, indem es die Kontrolle der Umsetzung der Charta nicht mehr dem politischen Kalkül einzelner Vertragsstaaten überläßt. Vielmehr wird die Beschwerdemöglichkeit verschiedener Organisationen als Recht ausgestaltet. Dies geht bereits aus dem Wortlaut des Art. I ZP hervor, der ausdrücklich von einem Recht auf Beschwerde spricht, und wird durch die weitgehende Ver-

125 ILO, Official Bulletin, Vol. 62 (\ 979) Series A, No. I, S. 4; vgl. Osieke (Anm. 118), S. 217 126 Vgl. zu Einzelheiten dieses Verfahrens Harris, The European Social Charter, 1984, S. 200 tT. 127 Additional Protocol to the European Social Charter Providing for a System of Collective Complaints, 34 ILM 1456 ff. mit Anmerkung von Zimmermann.

B. Verfahrensbeteiligung von INGOs

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fahrensbeteiligung der INGOs gestützt. 128 Bei Inkrafttreten des Zusatzprotokolls wird daher eine weitere Rechtsstellung für INGOs begründet werden. 129

111. Regelungen zur Beteiligung an der Rechtsfindung internationaler Gerichte Soweit bisher die Beteiligung von INGOs an Verfahren internationaler Gerichte behandelt wurde, geschah dies hinsichtlich ihrer Stellung als Partei eines Verfahrens. Sowohl das nationale als auch das internationale Recht kennen jedoch auch die Beteiligung nichtstaatlicher Organisationen als amici curiae. Der Begriff des amicus bezeichnet dabei einen sachverständigen Beistand im Prozeß, der zur Erläuterung streitiger Tat- oder Rechtsfragen herangezogen werden kann. 130 Zwischenstaatliche Regelungen betreffend die Beteiligung internationaler Organisationen an Gutachtenverfahren lassen sich dem Statut des Internationalen Gerichtshofs (IGH-Statut) entnehmen. 131 Nach Art. 66 (2) IGH-Statut setzt der Kanzler jede internationale Organisation, die nach Ansicht des Gerichtshofs oder seines Präsidenten über eine Frage Auskunft geben könnte, davon in Kenntnis setzen, daß der Gerichtshof bereit ist, schriftliche und mündliche Darstellungen entgegenzunehmen. Gemäß Art. 66 (4) IGH-Statut sind Organisationen, die solche Darstellungen abgegeben haben, dann auch zur Stellungnahme zu Darstellungen von Staaten und anderen Organisationen berechtigt. Die weite Formulierung des Art. 66 (2) IGH-Statut legt nahe, daß der Begriff der internationalen Organisation INGOs einschließt. 132 Dieser Schluß wird durch einen Vergleich des Art. 66 IGH-Statut mit Art. 34 IGH-Statut bestätigt. Art. 34, der die Beteiligung internationaler Organisationen im streitigen Verfahren regelt, stellt nämlich ausdrücklich heraus, daß unter diese Norm nur öffent128 Da aufgrund des Art. 12 ZP auch der Anhang zur ESC betreffend das Durchsetzungsverfahren geändert wird, wird dann wohl auch die Gewährung materieller Rechtspositionen in der ESC angenommen werden müssen. 129 Nach Art. 14 ZP tritt das Protokoll einen Monat nach dem Tag in Kraft, an dem fünf Staaten das ZP als verbindlich anerkannt haben. 130 Die Möglichkeit der Beteiligung eines amicus curiae bestand bereits im römischen Recht; heute ist die Beteiligung vor allem in den Staaten verbreitet, die dem common law System zuzurechnen sind; in civil law Staaten wird eine vergleichbare Beteiligung durch eine weite Auslegung der Interventionsvorschriften erreicht; vgl. Shelton (Anm. 93), S. 616 ff.; vgl. auch Krislov, The Amicus Curiae Brief - From Friendship to Advocacy, YaleLJ 1962/63, S. 694; Dietzi, Der "amicus curiae brief' im amerikanischen Prozeßrecht, Schweizer Juristen-Zeitung 1985, S. 91. 131 Der deutsche Wortlaut des Statuts findet sich in BGBI. 1973 11, S. 505. 132 Diese Auffassung liegt auch den Ausführungen von Shelton (Anm. 93), S. 620 ff. zugrunde.

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3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

lich-rechtliche Organisationen fallen. Geht somit aus Art. 66 IGH-Statut hervor, daß INGOs in den Regelungsbereich der Vorschrift fallen, so schließt sich daran die Frage nach der Berechtigung der INGOs durch die Norm an. Auch eine solche Berechtigung von INGOs kann jedoch bei Art. 66 IGH-Statut angenommen werden, da die Vorschrift den Kanzler im Falle entsprechender Sachkompetenz einer INGO zur Benachrichtigung der Organisationen verpflichtet. Der Verpflichtung korrespondiert dann nach hier vertretener Auffassung ein Recht derINGO. Die Möglichkeit der Einbeziehung von INGOs als amici curiae, die Art. 66 IGH-Statut bietet, ist in der Praxis bisher nur im Gutachten zu Süd-West-Afrika in Erwägung gezogen worden. In diesem Verfahren hatte die Liga rur Menschenrechte darum ersucht, Informationen zum Fall zu unterbreiten. Das Gericht teilte daraufhin mit, daß die Liga Informationen vorlegen könne. Es wies in diesem Zusammenhang aber ausdrücklich darauf hin, daß sich die Organisation auf Rechtsfragen zu beschränken habe und keine Ausfiihrungen zu Tatsachenfragen machen sollte. I33 An diese Beschränkung hielt sich die Liga indes nicht, was auch der Grund dafiir gewesen sein mag, daß der Gerichtshof in der Folgezeit keine weitere Beteiligung von INGOs als amici curiae zuließ. So wurde eine Beteiligung der Liga an dem Süd-West-Afrika Verfahren in den Jahren 1970-71 ebenso abgelehnt 134 wie eine Einbeziehung einer Gruppe internationaler Physiker gegen den Atomkrieg in das Gutachtenverfahren zur Frage der Rechtmäßigkeit des Einsatzes von Nuklearwaffen durch Staaten in bewaffueten Konflikten. Der Gerichtshof stellte im letztgenannten Fall jedoch klar, daß das Ersuchen mit aller Sorgfalt geprüft worden sei, wegen der Besonderheiten des Falles und des Umfanges der von der WHO gestellten Frage von einer Beteiligung der Organisation jedoch abgesehen worden sei. 13s Zusammenfassend läßt sich daher feststellen, daß der Gerichtshof Art. 66 IGHStatut zwar eng auslegt, die Möglichkeit der Beteiligung von INGOs aber grundsätzlich anerkannt wird. Für das streitige Verfahren vor dem IGH trifft Art. 34 (2) IGH-Statut eine Regelung fiir die Einbeziehung internationaler Organisationen. Danach kann der Gerichtshof öffentlich-rechtliche Organisationen um Auskünfte über bei ihm anhängige Rechtssachen ersuchen. Er hat solche Auskünfte ferner entge133 ICJ P1eadings (International Status of South West Africa) 1950, S. 324; Letter from the Registrar, ICJ Pleadings 1950, S. 327. 134 ICJ Pleadings (Legal Consequences for States ofthe Continued Presence ofSouth Africa in Namibia) 1970, S. 639, 640, 644, 672, 678, 679; in diesem Zusammenhang ist auch die Vermutung geäußert worden, daß die Ablehnung der Beteiligung auf die Nichteinhaltung der Beschränkung zurückzuführen ist; vgl. Clark, The International League for Human Rights and South West Africa 1947-1957, HRQ 1981, S. 101, 116124. 135 Letter from the Registrar to Barry D. Levy (May 28, 1994).

B. Verfahrensbeteiligung von INGOs

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genzunehmen, wenn die Organisationen die Infonnationen von sich aus erteilen. In der Verfahrensordnung des Gerichts 136 wird Art. 34 in Art. 69 (4) dahingehend konkretisiert, daß unter den Begriff der öffentlich-rechtlichen Organisationen alle internationalen Organisationen der Staaten zu verstehen sind. Sowohl der Wortlaut des Art. 34 als auch die Verfahrensordnung machen somit deutlich, daß INGOs gerade aus dem Kreis der Organisationen ausgeschlossen werden sollen. Dieser Auslegung steht nicht entgegen, daß bei der Entstehung des IGH-Statuts auf Statut und Praxis des StIGH Bezug genommen wurde, die eine Einbeziehung von INGOs erlaubten. 137 Wäre eine solche Einbeziehung in die Arbeit des IGH gewollt gewesen, so hätte dies im Wortlaut ausdrücklich klargestellt werden müssen. Die Auffassung, daß der IGH auch nach Art. 34 IGHStatut INGOs als amici curiae einbeziehen kann, ist daher aufgrund des klaren Wortlautes abzulehnen. Mögen auch bei einigen Organisationen Zweifel angebracht sein, ob es sich um internationale zwischenstaatliche oder nichtstaatliche Organisationen handelt, so zählt die Mehrzahl der INGOs nicht zu den Organisationen von Staaten. INGOs sind daher in den Regelungsbereich der Vorschrift nicht einbezogen, so daß sich eine Rechts- oder PflichtensteIlung daraus nicht ableiten läßt. Dem entspricht die Praxis des IGH, die in streitigen Verfahren bislang eine Beteiligung von INGOs zurückgewiesen hat. Insbesondere der Asylum-Fall verdient hier Erwähnung, da in diesem Fall die Teilnahme der Liga fiir Menschenrechte unter Hinweis auf den unterschiedlichen Wortlaut von Art. 34 und 66 des IGH-Statuts abgelehnt wurde. 138 Eine Erörterung der Beteiligung von INGOs an den Entscheidungen des IGH wäre unvollständig, wenn nicht auch auf Art. 50 IGH-Statut eingegangen würde. 139 Dieser Vorschrift zufolge kann der Gerichtshof jederzeit Personen, Personenvereinigungen, Dienststellen, Kommissionen oder sonstige Einrichtungen mit der Vornahme einer Untersuchung oder der Abgabe eines Gutachten betrauen. Aufgrund dieser Vorschrift kann sich der Gerichtshof auch an INGOs wenden. Ein bestimmtes Recht dieser Organisationen läßt sich daraus indes nicht folgern. Vielmehr steht es im Ennessen des Gerichtshofs, welcher Mittel er sich bedient. Beschränkt ist sein Ennessen lediglich durch das Verbot des Rechtsmißbrauchs. In der Praxis ist eine Einbeziehung von INGOs unter Bezugnahme auf Art. 50 IGH-Statut bisher noch nicht erfolgt. Eine Öffnung des IGH deutet sich allenfalls im Nicaragua-Fall an, da das Gericht dort zum Ausdruck gebracht hat, daß auch Infonnationen in Entscheidungen miteinzubezie-

Rules of the Court, AJIL 1979, S. 770. So aber wohl Shelton (Anm. 93), S. 620 tT. 138 Letter from the Registrar, JCJ Pleadings 1950 (2 Asylum), S. 227. 139 Siehe zu dieser Vorschrift allgemein White, The Use of Experts by International Tribunals, 1965, S. 43 ff.; zur Anwendung der Norm auf JNGOs Shelton (Anm. 93), S. 625 tT. 136 137

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3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

hen seien, die auf anderen als den in der Verfahrensordnung bezeichneten Wegen zu ihm gelangt seien. 140

IV. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung internationaler Organisationen 1. Vereinte Nationen Die Satzungen der Vereinten Nationen und ihrer Sonderorganisationen enthalten Regelungen, nach denen die Organisationen befugt sind, Konsultativbeziehungen zu INGOs zu unterhalten. So kann der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen nach Art. 71 SVN geeignete Abmachungen mit nichtstaatlichen Organisationen zwecks Konsultation treffen. Solche Abmachungen können mit internationalen und, soweit angebracht, nach Konsultation des betreffenden Mitglieds der Vereinten Nationen, auch mit nationalen nichtstaatlichen Organisationen getroffen werden. 141 Diese Regelungen berechtigen jedoch unmittelbar nur die internationale Organisation und belassen dieser Ermessen hinsichtlich der Ausgestaltung des Konsultationsverhältnisses. 142 Sie begriinden daher keine Rechte oder Pflichten fiir bestimmte INGOs.

2. Weltorganisationjür Tourismus (WTO) Eine besondere Form der Beteiligung von INGOs an der Arbeit einer zwischenstaatlichen Organisation ist im Statut der Weltorganisation für Tourismus vorgesehen. 143 Das Statut dieser Organisation, die durch Umwandlung des nichtstaatlichen internationalen Verbandes der amtlichen Fremdenverkehrsorganisationen (IUOTO) entstanden ist und 1975 ihre Tätigkeit aufge-

140

31.

Shelton (Anm. 93), S. 628 unter VelWeis auf ICJ Reports 1986, S. 14, 25, Ziff.

141 Vgl. zum englischen authentischen Wortlaut U.N. Conference on International Organisation, Doc., Vol. XV (1945), S. 335 ff. 142 Diese Ansicht wird ausdrücklich von Lagoni, Kommentierung zu Art. 71, in: Charter of the United Nations, 1994, Rz. 9 geteilt, wenn er sagt, daß "a non-governmental organization has no legal claim or tide to a consultative status". 143 Statutes of the World Tourism Organisation (WTO), 985 UNTS 351; vgl. auch Dicke, WTO - World Tourism Organisation, in: United Nations: Law Policies and Practice, 1995, S. 1501, m.w.N.; Vellas, Tourism, EPIL Vol. 9, S. 376 ff. m.w.N.; ders., Apropos de cent conventions touristiques: Elaboration d 'un droit international du tourisme, JDI 1980, S. 286 ff.; Klein, L 'Organisation Mondiale Du Tourisme, AFDI 1974, S. 659 ff.

B. Verfahrensbeteiligung von INGOs

119

nommen hat,l44 sieht nämlich neben der Möglichkeit der Vollmitgliedschaft fiir Staaten und der assoziierten Mitgliedschaft fiir Territorien und Gruppen von Territorien, die nicht selbst fiir ihre auswärtigen Beziehungen verantwortlich sind, eine angeschlossene Mitgliedschaft vor. Nach Art. 7 (1) WTO-Statut soll die angeschlossene Mitgliedschaft internationalen Organisationen staatlichen oder nichtstaatlichen Charakters offenstehen, die sich mit besonderen touristischen Interessengebieten befassen. Soweit Organisationen bereits assoziierte Mitglieder der IUOTO waren, genügt zur Begründung der angeschlossenen Mitgliedschaft die Erklärung der Anerkennung der Verpflichtungen, welche die angeschlossene Mitgliedschaft mit sich bringt. Über das Beitrittsgesuch anderer Organisationen wird auf Antrag durch die Generalversammlung entschieden. Art. 7 (5) WTO-Statut gewährt den aufgenommenen Mitgliedern die Möglichkeit, sich zu einem Ausschuß der angeschlossenen Mitglieder zu vereinigen, der dann auf den Sitzungen der Organisation vertreten sein darf, die Ergänzung der Tagesordnung verlangen und Empfehlungen auf den Treffen abgeben kann. Art. 7 (6) WTO-Statut stellt ferner klar, daß sich angeschlossene Mitglieder allein oder vertreten durch den Ausschuß an allen Aktivitäten der Organisation beteiligen können. 145 In Art. 9 (3) und 14 (3) WTO-Satzung erfährt diese Bestimmung schließlich ihre konkrete Ausprägung durch die Einräumung des Teilnahmerechts des Ausschusses an der Arbeit der Generalversammlung und des Exekutivrates. Die genannten, weitgehenden Beteiligungsmöglichkeiten beziehen sich allerdings nicht auf das Stimmrecht innerhalb der WTO-Organe. Dieses bleibt nämlich den angeschlossenen Mitgliedern vorenthalten. 146 Der Wortlaut der genannten Regelungen des WTO-Statuts zeigt jedoch, daß angeschlossenen Mitgliedern und damit auch INGOs, die diesen Status innehaben, konkrete Beteiligungsrechte zukommen. Dies folgt im übrigen auch aus der Zusammenschau mit dem Annex zum Statut l47 , wenn hinsichtlich der Beitragszahlungen der angeschlossenen Mitglieder deren begrenzte Rechte berücksichtigt werden sollen. Wie bereits angedeutet, räumt das Statut angeschlossenen Mitgliedern jedoch nicht nur Rechte ein, sondern erlegt diesen auch Pflichten auf. So hat nach Art. 25 WTO-Statut die Finanzierung der Organisation sowohl durch Beiträge der Vollmitglieder als auch der assoziierten und angeschlossenen Mitglieder zu er144 Zum Prozeß der Umwandlung dieser Organisation und den damit verbundenen Problemen siehe Castaneda, Une nouvelle methode pour la creation d'organismes internationaux le cas recent de I'U.I.O.O.T., AFDI 1970, S. 625 tT. 145 Zum Umfang der Aktivitäten siehe Pahr, Im Interesse der Gäste wie der Gastgeber, Die Weltorganisation für Tourismus, VN 1987, S. 98 tf. 146 Dieses steht nach Art. 28 - 30 i.V.m. Art. 14 WTO-Statut nur den Vollmitgliedern zu. 147 Annex, Financing Rules, 985 UNTS 359 f.

120

3. Teil, I. Abschn.: Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

folgen. Der Annex zum Statut führt dazu aus, daß bei der Festsetzung der Beiträge der assoziierten und angeschlossenen Mitglieder die unterschiedlichen Grundlagen ihrer Mitgliedschaft und ihre begrenzten Rechte in der Organisation zu berücksichtigen sind. Gerät ein Mitglied mit der Zahlung in Verzug, so soll es der Dienste der Organisation verlustig werden, wenn der Rückstand zwei Jahresbeiträge erreicht und die Generalversammlung nicht anders entscheidet. Weiterhin trifft INGOs nach Art. 34 im Zusammenhang mit Art. 3 WTO-Statut die Pflicht, keine Zwecke zu verfolgen, die den Zielen der Organisation zuwiderlaufen. Im Falle der Nichtbeachtung dieser Pflicht kann die Organisation die Mitgliedschaft des betroffenen Mitgliedes aussetzen. Art. 35 (3) WTO-Statut sieht schließlich vor, daß angeschlossene Mitglieder ihre Mitgliedschaft nur mit einjähriger Frist kündigen können. Die aufgezählten Pflichten der angeschlossenen Mitglieder stellen echte völkerrechtliche Verpflichtungen dar, die gegenüber der Organisation bestehen und, wie gezeigt, auch sanktionsbewehrt sind. Das WTO-Statut bildet damit ein erstes Beispiel dafür, daß das Völkerrecht INGOs nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. In der Praxis der Organisation hat diese Fonn der Einbeziehung bisher zu keinen Problemen geführt. Vielmehr haben INGOs sowohl als Beobachter auf den Konferenzen als auch bei der Umsetzung der Politiken der Organisation eine wichtige Rolle gespielt. 148

3. Internationale Arbeitsorganisation (ILO)

Auch die Satzung der Internationalen Arbeitsorganisation sieht die Einbeziehung nichtstaatlicher Organisationen in die Arbeit der Organisation vor. Nach Art. 3 (I) ILO-Satzung werden die Mitglieder der Organisation in der Allgemeinen Konferenz durch zwei Regierungsdelegierte sowie je einen Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertreten. Die Auswahl der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter hat gemäß Art. 3 (5) ILO-Satzung im Einverständnis mit den maßgebenden Berufsverbänden des betreffenden Landes zu erfolgen. Dabei hat jede Regierung danach zu streben, mit allen Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu einem Einvernehmen zu gelangen. 149 An der Arbeit der Konferenz sind die Vertreter in vollem Umfang beteiligt. Art. 4 (I) ILOSatzung räumt ihnen sogar Stimmrecht ein. Daneben regelt Art. 7 der Satzung auch die Mitarbeit von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden im Verwal-

148 Vgl. hierzu Report of the Secretary-General of the World Tourism Organization on the progress made in the implementation of the Manila Oeclaration on World Tourism, V.N. Ooc. N38/182 Annex, S. 4, siehe auch V.N. Ooc. N36/236, V.N. Ooc. N44/273. 149 Morhard (Anm. 41), S. 9, Fn. 12; Berger/Kuttig/Rhode (Anm. 119), S. 37.

B. Verfahrensbeteiligung von INGOs

121

tungsrat, dem als ausführendem Organ entscheidende Bedeutung in der Arbeit der Organisation zukommt. Der Wortlaut der Normen erfaßt typischerweise Vertreter der Berufsverbände der Arbeitnehmer und Arbeitgeber, da diese regelmäßig die Interessen der am Arbeitsleben beteiligten Gruppen wahrnehmen. Obwohl der Wortlaut den Kreis der berechtigten Verbände nicht näher eingegrenzt, spricht der Sinn und Zweck der Regelungen dabei für eine Beschränkung auf nationale NGOs. Sinn und Zweck der gemeinschaftlichen Vertretung eines Mitgliedes ist es nämlich, eine umfassende Vertretung der Produktivkräfte eines Mitgliedsstaates in der ILO zu erreichen. ISO Eine solche Vertretung erscheint aber nur möglich, wenn der vertretende Verband mit den nationalen Gegebenheiten und Problemen der Arbeitswelt vertraut ist. Diese Sachkompetenz ist gerade nationalen und nicht internationalen Verbänden eigen. Die Praxis bestätigt dieses Ergebnis dadurch, daß die Regierungen der Mitgliedsstaaten in der Vergangenheit entweder Vertreter nationaler Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbände als Delegierte bezeichnet haben. lsl

2. Abschnitt

Regelungen zwischen Staaten und internationalen Organisationen Regelungen, die sich auf INGOs beziehen, finden sich auch in verschiedenen Amtssitzabkommen zwischen internationalen Organisationen und ihren Sitzstaaten. 1S2 An erster Stelle soll hier das Amtssitzabkommen der Vereinten Nationen mit den Vereinigten Staaten von Amerika behandelt werden, da dieses Abkommen den Hauptsitz der Weltorganisation betrifft und anderen Abkommen als Modell gedient hat. Anschließend soll kurz auf weitere Amtssitzabkommen eingegangen werden.

Ghebali (Anm. 42), S. 29. Dieses läßt sieh beispielsweise den Ausfiihrungen von Osieke (Anm. 118), S. 52 ff. entnehmen. 152 Zu PrivlIegien und Immunitäten internationaler Organisationen allgemein vgl. Jenks, International Immunities, 1961; Zacklin, Diplomatie Relations: Status, Privileges and Immunities, in: A Handbook on International Organizations, 1988, S. 179 ff.; Michaels, International Privileges and Immunities, 1971. 150

ISI

122

3. Teil, 2. Abschn.: Regelungen zwischen Staaten und Organisationen

A. Amtssitzabkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika Das Amtssitzabkommen zwischen den Vereinten Nationen und den Vereinigten Staaten von Amerika trifft in Abschnitt 11 Regelungen, die sich auf Vertreter von INGOs beziehen. Danach sollen die staatlichen, bundesstaatlichen oder lokalen Behörden der Vereinigten Staaten weder den Zutritt zu noch den Austritt aus dem Amtssitzdistrikt von Vertretern nichtstaatlicher, durch die Vereinten Nationen zwecks Konsultation nach Art. 71 SVN anerkannter Organisationen behindern. Darüber hinaus sind die Behörden zum Schutz dieser Vertreter während des Transits zum Amtssitz verpflichtet. 153 Abschnitt 13 ergänzt diese Regelungen, indem er den grundsätzlichen Vorrang des Amtssitzabkommens vor nationalen Vorschriften klarstellt, welche die Einreise und den Aufenthalt der von Abschnitt 11 erfaßten Personen betreffen. In diesem Zusammenhang wird klargestellt, daß die eingeräumten Privilegien nur für Handlungen gelten, welche diese Personen in offizieller Eigenschaft vorgenommen haben. Im Falle eines Mißbrauchs ihrer Privilegien können diese Personen ausgewiesen werden. Fraglich erscheint es jedoch, inwieweit sich aus den genannten Normen des Amtssitzabkommens Rechte oder Pflichten für INGOs herleiten lassen. Bedenken könnten sich zum einen daraus ergeben, daß nach Abschnitt 27 des Abkommens der Sinn desselben vor allem in der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Vereinten Nationen besteht und daher lediglich die Vereinten Nationen selbst berechtigt sein könnten. Zum anderen ergeben sich Bedenken daraus, daß die Regelungen zwar unmittelbar den Transit der Vertreter von INGOs, die entsendenden INGOs aber nur mittelbar betreffen. Gegen die Annahme, daß das Amtssitzabkommen nur den Vereinten Nationen Rechte einräumt, läßt sich jedoch Abschnitt 13 anfiihren, der in Absatz (c) explizit von Rechten der in Abschnitt 11 genannten Personen spricht. Darüber hinaus weist Absatz (a) dieses Abschnitts auf eine Berechtigung der in Abschnitt 11 genannten Personen, da die dort geregelte Verpflichtung des Gastlandes zur Erteilung notwendiger Visa unmittelbar das Interesse dieser Personen schützt. Sinn dieser Vorschriften ist daher neben der Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Vereinten Nationen auch der Schutz der Möglichkeit der Beteiligung nichtstaatlicher Vertreter am Wil-

153 "The federal, state or local authorities of the United States shall not impose any impediments to transit to or from the headquarters distriet of: (4) representatives ofnongovernmental organizations recognized by the United Nations for the purpose of consultation under Article 71 of the Charter. The appropriate American authorities shall afford any necessary protection for such persons while in transit to or from the headquarters distriet." (Agreement between the United Nations and the United States of America regarding the Headquarters of the United Nations, 11 UNTS 20; deutsche Übersetzung in SchweitzeriRudolf, Internationale Organisationen, 1969, S. 107)

A. Amtssitzabkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika

123

lensbildungsprozeß der Organisation. IS4 Die Annahme einer Berechtigung der in Abschnitt 11 genannten Personen fmdet in der Praxis der Vereinten Nationen eine Stütze. So wurde anläßlich der rechtlichen Auseinandersetzung über die Rechtmäßigkeit der Versagung eines Visums für einen Vertreter der World Federation ofTrade Unions von Vertretern verschiedener Mitgliedstaaten die Ansicht vertreten, daß das Arntssitzabkommen Vertretern nichtstaatlicher Organisationen Rechte einräume. ISS Der Rechtsberater der Vereinten Nationen hat sich darauf in einem Rechtsgutachten dieser Auffassung angeschlossen.ls 6 Schließlich wurde diese Ansicht auf Seiten der Vereinigten Staaten grundsätzlich geteilt, wenn auch die Konsultativbeziehungen zur Generalversammlung davon ausgenommen sein sollen. IS7 Steht somit fest, daß Abschnitt 11 für bestimmten Personen Rechte vorsieht, so schließt sich daran die Frage an, ob diese Rechte nicht nur der Person des Vertreters, sondern auch der vertretenen lNGO zustehen. Wortlaut und Zusammenhang mit anderen Vorschriften bleiben für die Beantwortung dieser Frage unergiebig, so daß letztlich die Frage nach dem durch die Norm geschützten Interesse Klärung zu bringen hat. In Verfolgung dieser Frage wird ersichtlich, daß das Transitrecht in Zusammenhang mit dem Konsultativstatus gewährt wird und lNGO-Vertreter nicht um ihrer selbst willen geschützt sind, sondern in ihrer Funktion als Vertreter ihres Verbandes. Primäres Interesse der Vorschrift ist also die ungehinderte Einbeziehung der Arbeit von lNGOs in die Tätigkeit der Vereinten Nationen. Daraus wiederum folgt, daß das Recht aus Abschnitt 11 auch INGOs zustehen muß. Dieses Ergebnis wird durch die Entscheidung des United States District Court von New Y ork in der Rechtssache der Vereinigten Staaten gegen die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) bestätigt. ls8 Dieser Fall betraf zwar keine lNGO nach der dieser Arbeit zugrunde liegenden IS4 Mit diesem Ergebnis auch Tobiassen, The Reluctant Door, The Right of Access to the United Nations, 1969, S. 108; diese Ansicht wurde bereits in der PrepCom vom Vertreter Uruguays geäußert, U.N. Doc. PC/G/5. ISS Liang, The Question of Access to the United Nations Headquarters of Representatives ofNon-Governmental Organizations, AJIL 1954, S. 434; Tobiassen (Anm. 154), S. 193 ff. 156 Vgl. hierzu das ILC-Yearbook 1967 11, S. 288. 157 U.N. Doc. E/1921, S. 5; trotz dieser Auffassung haben die USA in der Folge wiederholt die Erteilung von Visa unter Berufung auf die Notstandsklausel in Abschnitt des Public Law 357 verweigert; vgl. Gross, Immunities and Privileges of Delegations to the United Nations, 10 1962, S. 493; Rodgers, Facilitation Problems of International Associations, 1960, S. 79 ff.; Liang (Anm. 155), S. 445 ff.; Tobiassen (Anm. 154), S. 256 ff. 158 Die Entscheidung ist abgedruckt in ILM 1988, S. 1055 ff.; eine Darstellung der Streitigkeiten gibt Fitschen, Closing the PLO Observer Mission to the United Nations in New York: The Decisions of the International Court of Justice and the U.S. District Court, Southern District of New York, GYIL 31, S. 595 ff.; vgl. auch Suy, Recht und Praxis der Amtssitzabkommen. Der Status der PLO-Vertretung als Musterfall und Bewährungsprobe, VN 1988, S. 82.

124

3. Teil, 2. Absehn.: Regelungen zwischen Staaten und Organisationen

Definition, ist aber insofern mit dieser Problematik vergleichbar, als auch in diesem Fall Abschnitt 11 streitentscheidend war, der seinem Wortlaut nach lediglich Einzelpersonen zu berechtigen scheint. Dabei hatte das Gericht die Frage der Zulässigkeit der Schließung der ständigen Beobachtennission der PLO bei den Vereinten Nationen in New York zu klären. Das Gericht ging in seiner Entscheidung ausdriicklich von einer Berechtigung der PLO durch das Amtssitzübereinkommen aus und entnahm diesem Abkommen die Verpflichtung der Vereinigten Staaten, Beeinträchtigungen der ständigen Beobachtermission zu unterlassen. 159 Daß das Department of lustice in diesem Fall auf Rechtsmittel verzichtete, kann als Indiz dafür gewertet werden, daß es grundsätzlich der Rechtsansicht des Gerichts zustimmte. 16O Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, daß das Amtssitzabkommen auch INGOs selbst ein Recht auf Transit einräumt.

B. Amtssitzabkommen der UN-Sonderorganisationen und anderer internationaler Organisationen Neben dem genannten Amtssitzabkommen sind in einer Vielzahl anderer Abkommen Regelungen getroffen, welche die ungehinderte Tätigkeit internationaler Organisationen in einem Gastland gewährleisten sollen. 161 Diese können hier jedoch nicht alle behandelt werden, so daß exemplarisch einige Abkommen betreffend die UN Sonderorganisationen und andere internationale Organisationen dargestellt werden sollen. Wie das Amtssitzabkommen der Vereinten Nationen mit den Vereinigten Staaten enthalten auch die Sitzabkommen zwischen Sonderorganisationen der Vereinten Nationen und deren Gaststaaten Regelungen für den ungehinderten 159 Zur Berechtigung der PLO wurde ausgeführt: "The View that under the Headquarters Agreement the United States must allow PLO representatives aecess to and presence in the vicinity of the United Nations was adopted by the court in AntiDefamation League of B'nai B'rith v. Kissinger (... ) the United States has, for fourteen years, acted in a manner consistent with a recognition of the PLO's rights in the Headquarters Agreement. TIris course of conduct under the Headquarters Agreement is important evidence of ist meaning." (ILM, 1988, S. 1076) 160 Reisman, The Arafat Visa Affair: Exceeding the bounds of Host State Discretion, AJIL 1989, S. 519 weist jedoch auf die Tendenz zur restriktiven Auslegung des Abkommens hin. 161 So bestehen weitere Amtssitzabkommen der Vereinten Nationen mit der Schweiz; weiterhin schließen die Vereinten Nationen für Konferenzen und sonstige Veranstaltungen Abkommen, um die Privilegien und Immunitäten der Teilnehmer zu gewährleisten; eine Aufstellung dieser Abkommen findet sich im Juridicial Yearbook der Vereinten Nationen. Soweit erforderlich werden hierbei auch Regelungen für den Schutz von INGOs getroffen, vgl. hierzu nur Memorandum to the Chief, Non-Govemmental Section, Economic and Social Council Secretariat, UN Juridicial Yearbook 1971, S. 185.

B. Amtssitzabkommen der UN-Sonderorganisationen

125

Zugang zum Amtssitz der betreffenden Organisation. 162 So sieht das Abkommen zwischen der französischen Republik und der Organisation der Vereinten Nationen fiir Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) in Art. 9 vor, daß der Transit von Vertretern nichtstaatlicher Organisationen ungehindert möglich sein SOll.163 Abschnitt 22 des Amtssitzabkommens zwischen der Ernährungsund Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und der Regierung der italienischen Republik enthält eine vergleichbare Regelung. 164 Da diese Regelungen weitgehend dem Amtssitzabkommen zwischen den Vereinten Nationen und den Vereinigten Staaten von Amerika nachgebildet sind, wird auf die obigen Ausführungen verwiesen, eine Berechtigung von INGOs ist auch hier gegeben. Gleiches gilt fiir Art. 14 des Sitzabkommens zwischen der Schweiz und der Internationalen Arbeitsorganisation. Wenn diese Norm auch nur generell das Recht auf freien Transit von Personen schützt, die von der Organisation eingeladen wurden,165 so zählen zu diesen Personen auch die Vertreter nichtstaatlicher Organisationen. In der Praxis haben die genannten Sitzabkommen bisher wenig Probleme bereitet. Soweit dieses doch der Fall war, haben die zuständigen Organe der Organisationen interveniert, um die Visaerteilung zu beschleunigen. 166 Einen besonders weitreichenden Schutz von INGOs sieht das Amtssitzabkommen zwischen der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) und der österreichischen Republik vor. 167 Während Abschnitt 27 des Amtssitzabkommens, wie andere Amtssitzabkommen, den ungehinderten Transit von INGO-Vertretern gewährt, geht Abschnitt 42 über diese Regelung hinaus, indem Vertretern von INGOs, mit denen die Organisation Konsultativbeziehungen 162 Eine Aufstellung der Amtssitzabkommen der Sonderorganisationen findet sich in U.N. Ooc. ST/LEG/SER.B 11; zu den Privilegien der Sonderorganisationen generell vgl. Goodrich, The Legal Status, Privileges and Immunities ofthe Specialized Agencies ofthe United Nations and certain other International Organizations, 1964. 163 Accord entre le Gouvernement de la Republique Francaise et l'Organisation des Nations Unies pour I'Education, la Science et la Culture, relatif au Siege de I'UNESCO et a ses Privileges et immunites sur le territoire francais, 357 UNTS 10, U.N. Ooc. ST/LEG/SER.B 11, S. 240 ff. 164 Agreement between the Government of the Italian Republic and the Food and Agriculture Organization ofthe United Nations Regarding the Headquarters ofthe Food and Agriculture Organization of the United Nations, U.N. Ooc. ST/LEG/SER.B 11, S.187ff. 165 Accord entre la Suisse et I'Organisation Internationale du Travail concernant le statut juridique en suisse de I'Organisation internationale du Travail, 15 UNTS 378. 166 The Practice ofthe United Nations, the Specialized Agencies and the International Atomic Energy Agency Concerning their Privileges and Immunities, ILC-Yearbook 1967 11, S. 318 f. 167 Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Atomenergieorganisation über den Amtssitz der Internationalen Atomenergie-Organisation, 339 UNTS 112.

126

3. Teil, 2. Abschn.: Regelungen zwischen Staaten und Organisationen

unterhält, weitergehende Privilegien und Immunitäten eingeräumt werden. 168 Dabei handelt es sich um Privilegien und Immunitäten, die üblicherweise Diplomaten zugebilligt werden. So umfaßt die Regelung beispielsweise den Schutz der Person, ihrer Ehegatten und ihrer unterhaltsberechtigten Kinder vor persönlicher Verhaftung oder Anhaltung und vor Beschlagnahme ihres privaten und ihres Dienstgepäcks, die Befreiung von jeglicher Jurisdiktion in bezug auf die von ihnen gemachten mündlichen oder schriftlichen Äußerungen und die Unverletzlichkeit aller Schriftstücke, Dokumente und sonstigen amtlichen Materials. Abschnitt 43 (b) des Abkommens stellt indes klar, daß die Privilegien und Immunitäten den Betreffenden im Interesse der IAEO und nicht zu ihrem persönlichen Vorteil eingeräumt werden. Nach Satz 2 dieses Absatzes ist die IAEO daher ermächtigt, die Immunität aufzuheben, soweit dies nach Ansicht der IAEO den Lauf der Gerechtigkeit hemmen würde und die Funktionsfähigkeit der IAEO nicht beeinträchtigt. Aus der letztgenannten Regelung könnten sich Zweifel hinsichtlich der unmittelbaren Berechtigung von INGOs ergeben, da es im Ermessen der Organisation zu liegen scheint, in welchem Umfang Immunität gewährt wird. Der Wortlaut des Abschnitt 42 macht aber deutlich, daß seitens der INGOs ein Anspruch auf Gewährung der Privilegien und Immunitäten gegenüber der Republik Österreich besteht, so daß auch in diesem Verhältnis eine Rechts- und Pflichtenbeziehung besteht. Bestätigt wird dies durch Abschnitt 43 Satz 1, wonach die Privilegien den betreffenden Organisationen einzuräumen sind. Damit besteht zwischen Staat und INGOs eine zweipolige Rechtsbeziehung, die sowohl INGO-Vertreter als auch INGOs selbst als Berechtigte ausweist. Soweit ersichtlich hat die praktische Umsetzung dieser Regelung bisher keine Probleme aufgeworfen. 169 Auch in Amtssitzabkommen von Regionalorganisationen ist der Schutz des freien Transits schließlich vorgesehen. So verpflichtet beispielsweise Art. 5 des Abkommens zwischen dem Europarat und der französischen Republik das Gastland, den Transit von Personen nicht zu hindern, die vom Europarat eingeladen wurden. l7O Da von dieser Vorschrift die Vertreter von INGOs erfaßt werden, ist auch in diesem Fall von einer unmittelbaren Berechtigung nichtstaatlicher Organisationen auszugehen. Probleme hinsichtlich der tatsächlichen Anwendung des Abkommens sind bisher nicht aufgetreten.

168 Vgl. zu diesem Abschnitt Rodgers, The Headquarters Agreement of the International Atomic Energy Agency of I March 1958 at Vienna, BYIL 1958, S. 391, der auf die Einzigartigkeit dieser Vorschrift hinweist. 169 Vgl. ILC-Yearbook 196711, S. 319. 170 Special Agreement between the Council of Europe and France relating to the seat of the Council of Europe, 249 UNTS 208.

A. Regelungen zur Durchsetzung von materiellen Rechten

127

3. Abschnitt

Regelungen des Innenrechts internationaler Organisationen Die wohl weitreichendste Einbeziehung internationaler nichtstaatlicher Organisationen in die Arbeit zwischenstaatlicher Organisationen erfolgt durch das Innenrecht der letztgenannten Organisationen. Wie im ersten Abschnitt dieses Teils kann dabei zwischen Regelungen zur Durchsetzung materieller Rechte, zur Beteiligung an der Rechtsfmdung internationaler Gerichte und zur Beteiligung an der Meinungsbildung internationaler Organisationen unterschieden werden.

A. Regelungen zur Durchsetzung von materiellen Rechten Der Begriff der Regelungen, die der Durchsetzung materieller Rechtspositionen dienen, soll auch hier weit verstanden werden und vor allem Mitteilungsverfahren internationaler Organisationen einschließen. Die Untersuchung beschränkt sich dabei auf Regelungen der Vereinten Nationen, der UNESCO, der ILO und der Weltbank, deren Wortlaut INGOs ausdrücklich erfaßt.

I. Das 1503-Verfahren des Wirtschafts- und Sozialrates Ein besonderes Verfahren zum Schutz der Menschenrechte hat der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (WSR) eingerichtet.!7! Dieses sogenannte 1503-Verfahren verfolgt das Ziel, offensichtlich grobe und systematische Menschenrechtsverletzungen aufzudecken. 172 Zu diesem Zweck hat die Unterkommission für die Verhinderung von Diskriminierungen und für den Schutz der Minderheiten!73 ein Verfahren zur Feststellung der Zulässigkeit und Begründetheit von Mitteilungen entwickelt, die von Einzelpersonen oder Personengruppen stammen können, die Opfer einer Menschenrechtsverletzung ge-

171 Procedure Dealing with Communications relating to Violations of Human Rights and Fundamental Freedoms, Res. 1503 (XLVIII) vom 27. Mai 1970, U.N. ECOSOC, 48th Sess., Suppt. No. I A, S.8 in Verbindung mit Res. I (XXIV) of the SubCommission on Prevention of Discrimination and Protection of Minorities vom 13. August 1971, U.N. Doc. E/CN.4/1070, E/CN.4/Sub.2/323. 172 Da mit diesem Verfahren keine unmittelbare Abhilfe bei einzelnen Menschenrechtsverletzungen bezweckt wird, wird dieses Verfahren auch als PetitionsInformationsverfahren bezeichnet; vgt. Alston, The United Nations and Human Rights, A Critical Appraisal, 1992, S. 146. 173 Im folgenden Unterkommission genannt.

128

3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

worden sind. Daneben steht das Mitteilungsverfahren auch INGOs offen, die eine unmittelbare und zuverlässige Kenntnis von schweren Menschenrechtsverletzungen erlangt haben. 174 Wird eine Mitteilung als zulässig erachtet, kann der materielle Gehalt der Mitteilung in einem mehrstufigen Verfahren durch eine Arbeitsgruppe der Unterkommission, die Unterkommission selbst oder die Menschenrechtskommission überprüft werden. Dabei hat die Kommission die Möglichkeit, eine eingehende Untersuchung anzuordnen, die mit einem Bericht und Empfehlungen an den WSR abschließt, oder einen Ad-hoc-Ausschuß zur Durchführung einer Untersuchung einzusetzen, was aber nur mit Zustimmung des betreffenden Staates möglich ist. Bis zur Entscheidung über eine Empfehlung wird über Mitteilungen in nichtöffentlicher Sitzung verhandelt. 17s Die Rechtsposition, die INGOs in den genannten Resolutionen eingeräumt wird, ist sehr begrenzt. Ausdrücklich bezieht sich nur die Resolution 1 der Unterkommission auf Mitteilungen nichtstaatlicher Organisationen und beschränkt sich dabei auf die Regelung der Zulässigkeit solcher Mitteilungen. Der Resolution läßt sich daher nur ein Recht auf Prüfung der Zulässigkeit einer Mitteilung entnehmen. Weiterreichende Berechtigungen sind nicht ersichtlich. 176 Insbesondere besteht kein Recht der Mitteilenden auf Unterrichtung über den weiteren Fortgang des Verfahrens. Trotz der sehr begrenzten Rechtsstellung wird das 1503-Verfahren von INGOs häufig genutzt. 177 Wegen der Vertraulichkeit des Verfahrens ist eine Untersuchung der Umsetzung der Regelungen des 1503-Verfahrens jedoch nur bedingt möglich. Aus den bekanntgewordenen Informationen zu einigen Überprüfungsverfahren ist aber ersichtlich, daß Mitteilungen von INGOs zur Befassung sowohl der Arbeitsgruppe als auch der Unterkommission und der Kommission

174 Neben diesem Erfordernis stellt Res. I weitere Voraussetzungen für die Zulässigkeit betreffend die Maßstäbe und Merkmale der Mitteilungen, den Inhalt von Mitteilungen und die Art der Behauptungen, das Bestehen anderer Rechtsbehelfe und die Fristgemäßheit auf. 175 Zu einer ausführlicheren Darstellung des Verfahrens siehe Alston (Anm. 172), S. 145 ff.; Zuijdwijk, Petitioning the United Nations, A Study in Human Rights, 1982; Tolley, The Concealed Crack in the Citadel: The United Nations Commission on Human Rights' Response to Confidential Communications, HRQ 1984, S. 429 ff. 176 Diese Ansicht vertritt auch Tardu, Human Rights Complaint Procedures of the United Nations: Assessment and Prospects, in: FS Partsch, 1989, S. 310; Zuijdwijk (Anm. 175), S. 90 zieht diese Möglichkeit ohne nähere Begründung nicht in Erwägung, kommt aber über die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte zum gleichen Ergebnis. 177 Cassese, How Could Nongovernmental Organizations Use the UN Bodies more Effectively?, Universal Human Rights 1979, S. 73 ff.; Ermacora, Non-governmental organizations as promoters of Human Rights, in: FS Wiarda, 1988, S. 176 f.; vgl. Beispiele bei Tolley (Anm. 175), S. 435; Weissbrodt, The Role of International Nongovernmental Organizations in the Implementation of Human Rights, TILJ 1977, S. 311.

A. Regelungen zur Durchsetzung von materiellen Rechten

129

mit Menschenrechtssituationen in verschiedenen Staaten geführt haben. 178 Der Erfolg dieser Mitteilungen kann indes als eher gering bezeichnet werden, da bei Prüfung des materiellen Gehalts einer Mitteilung neben rechtlichen häufig auch politischen Überlegungen wesentliches Gewicht zukommt. 179 So gelang es beispielsweise dem ugandischen Präsidenten Idi Amin mit Unterstützung einiger Staaten der Organisation Afrikanischer Staaten (OAU), eine Überprüfung der Menschenrechtssituation in Uganda zu verhindern. 180 Auch in den Fällen, in denen die Situation auf der Tagesordnung der Kommission blieb, war das Ergebnis nicht immer befriedigend, da die Kommission nur selten das Instrumentarium der Resolution ausschöpfte und statt dessen einen Dialog mit den betroffenen Staaten bevorzugte. So ist die schärfste Sanktionsmöglichkeit der Kommission, eine Empfehlung an den WSR zu richten, bisher weitgehend ungenutzt geblieben. 181 Diese Schwächen des 1503-Verfahrens haben daher auch zu Kritik seitens einiger INGOs geführt. Da dieses Verfahren jedoch ein weiteres Druckmittel zum Schutz der Menschenrechte darstellt, wird es von INGOs weiterhin genutzt. 182

11. Das Mitteilungsverfahren der UNESCO Die UNESCO hat ein dem 1503-Verfahren nachgebildetes Verfahren zum Schutz von Menschenrechten geschaffen. 183 Danach untersucht der Ausschuß für Konventionen und Empfehlungen Mitteilungen, die "cases" und "questions" von Menschenrechtsverletzungen im Zuständigkeitsbereich der UNESCO betreffen. Mit der Bezugnahme auf "cases" und "questions" wird dabei herausgestellt, daß auch einzelne Menschenrechtsverletzungen Gegenstand der Untersu178 Von einigen Autoren wird die Mitarbeit in diesem Verfahren als unverzichtbar bezeichnet. 179 Vgl. Gonzales, The Political Sources of Procedural Debates in the United Nations: Structural Impediments to Implementation of Human Rights, NYUJ 1980/81, S. 458; Tolley (Anm. 175), S. 453 f. 180 Vgl. hierzu Alston (Anm. 172), S. 149. 181 1988 lehnte der WSR eine Empfehlung der Kommission ab, Material über die Menschenrechtssituation in Albanien wegen der mangelnden Kooperationsbereitschaft der Regierung zu veröffentlichen, U.N. CHR Res. 1988/17. 182 Vgl. hierzu die Äußerung eines philipinischen Menschenrechtsaktivisten, die von Alston (Anm. 172), S. 151 zitiert wird. 183 Zur Entwicklung dieses Verfahrens siehe Marks, The Complaint Procedure ofthe United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO), in: The Guide to International Human Rights Practice, 1984, S. 94 ff.; ders., UNESCO and Human Rights: The Implementation of Rights Relating to Education, Science, Culture, and Communication, TIU 1977, S. 35 ff.; Bastid, La mise en oeuvre d'un recours concernant les droits de I'homme dans le domaine relevant de la competence de I'UNESCO, in: FS Mosler, 1983, S. 45 ff. 9 Hempel

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

chung des Ausschusses sein können. 184 In beiden Fällen können Mitteilungen von INGOs eingereicht werden, soweit sie zuverlässige Kenntnis von Verletzungen erlangt haben. Ist dies geschehen, soll der Generaldirektor dem Autor der Mitteilung deren Eingang bestätigen und sicherstellen, daß der Autor keine Einwände gegen die Weiterleitung der Mitteilung an den Ausschuß hat. Anschließend ist über die Zulässigkeit der Beschwerde eine Entscheidung zu treffen, die dem Autor der Beschwerde mitzuteilen ist. Gleichermaßen ist der Autor einer Mitteilung zu unterrichten, wenn seine Mitteilung zwar zulässig ist, aber nach Erörterung des materiellen Gehalts keine weiteren Maßnahmen erfordert. Die übrigen Mitteilungen werden vom Ausschuß mit dem Ziel behandelt, eine freundschaftliche Lösung des Falles herbeizufiihren. Über die Arbeit fertigt der Ausschuß dann einen Bericht an, der dem Exekutivausschuß vorgelegt wird. Soweit Mitteilungen Situationen massiver, systematischer oder flagranter Verletzung von Menschenrechten und Grundfreiheiten betreffen, werden diese vom Exekutivausschuß und der Generalversammlung in öffentlicher Sitzung erörtert. 18S Mit den dargestellten Regelungen geht das UNESCO-Verfahren über das 1503-Verfahren nicht nur insoweit hinaus, als einzelne Menschenrechtsverletzungen Gegenstand von Erörterungen sein können, sondern auch hinsichtlich der Rechtsstellung von INGOs. Neben dem Recht auf Prüfung der Mitteilung enthält die Resolution nämlich die Pflicht des Generaldirektors, den Autor einer Mitteilung über den Stand des Verfahrens zu unterrichten. Damit ist fiir den Beschwerdefiihrer in diesem Verfahren regelmäßig ersichtlich, inwieweit seine Mitteilung Maßnahmen der Organisation nach sich gezogen hat. Die Praxis des UNESCO-Verfahrens zeigt, daß ca. 34 Prozent der Mitteilungen von nationalen oder internationalen NGOs stammen. 186 Eine fundierte Beurteilung der Umsetzung der rechtlichen Grundlagen wird jedoch auch bei diesem Verfahren durch die Vertraulichkeit der Untersuchung erschwert. Diejenigen Informationen, die bislang zugänglich sind, weisen aber darauf hin, daß Mitteilungen nichtstaatlicher Organisationen regelmäßig weiterverfolgt werden, das gewählte Verfahren in der Praxis indes modifiziert wurde. 187 So werden die 184 Die Auslegung der Begriffe ist jedoch umstritten, vgl. dazu Delbrück, Die UNESCO im Dienste des Menschenrechtsschutzes: Die speziellen Gewährleistungen auf den Gebieten Erziehung, Wissenschaft, Kultur und ihre Durchsetzung, 1985, S. 9; Partseh, La mise en oeuvre des droits de I'homme par I'UNESCO, AFDI 1990, S. SOl. 185 Study of Procedures which should be followed in the examination of cases and questions which might be submitted to UNESCO conceming the exercise of human rights in the spheres of its competence, in order to make its action more effective, UNESCO Res. 104 EX/Dec.3.3 (1978), zitiert bei Tardu, Human Rights, The International Petition System, Bd. III, Annex 8. 186 Partsch (Anm. 184), S. 488. 187 Vgl. dazu Weissbrodt/Farley, The UNESCO Human Rights Procedure: An Evaluation, HRQ 1994,391 ff.

A. Regelungen zur Durchsetzung von materiellen Rechten

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Phase der Zulässigkeits- und Begründetsheitsprüfung nicht scharf getrennt. Regelmäßig findet nur in einigen Fällen eine Entscheidung über die Zulässigkeit einer Mitteilung statt. In der Mehrzahl der Fälle wird eine Mitteilung ohne nähere Prüfung während mehrerer Sitzungen auf der Tagesordnung belassen und eine einvernehmliche Lösung mit dem betroffenen Staat versucht. Ist diese erreicht, wird die Mitteilung aus dem Register gestrichen. Die Lösung der Fälle besteht bei individuellen Menschenrechtsverletzungen in der Regel in der Abhilfe durch die betroffenen Staaten. So wurde durch Verhandlungen beispielsweise die Freilassung inhaftierter Personen oder die Ausstellung von Papieren zur Ausreise erreicht. 188 Hinsichtlich individueller Mitteilungen hat sich die Vorgehensweise des Ausschusses daher bisher als effektiver Pragmatismus erwiesen. 189

III. Das Mitteilungsverfahren der ILO zum Schutze der KoaIitionsfreiheit Ein weiteres Mitteilungsverfahren, an dem INGOs beteiligt werden können, ist von der ILO zum Schutze der Koalitionsfreiheit eingerichtet worden. 190 Die Verfahrensregelungen dieses seit 1950 durch die Resolutionen der Organisation ausgestalteten Verfahrens sehen vor, daß nationale Organisationen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, welche ein direktes Interesse an einer Angelegenheit haben, internationale Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen, die Konsultativstatus bei der ILO besitzen, und andere internationale Organisationen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in Angelegenheiten, die ihre angeschlossenen Organisationen unmittelbar betreffen, Mitteilungen an die ILO richten können. 191 Weitere Voraussetzung ist, daß die Verbände eine dauerhafte Existenz besitzen, damit mit ihnen auch während des laufenden Verfahrens kor\88 Einen Überblick über eine ausgewählte Anzahl von Fällen geben WeissbrodtlFarley (Anm. 187), S. 398 ff. \89 Delbrück (Anm. 184), S. 14; ders., Non-judicial Procedures of Enforcement of Internationally Protected Human Rights with Special Emphasis on the Human Rights Practice of UNESCO, in: Neuntes deutsch-polnischnes Juristen-Kolloquium, 1992, S. 45; Partsch (Anm. 184), S. 506; kritisch zu den Ergebnissen aber WeissbrodtlFarley (Anm. 187), S. 392 f. \90 Siehe hierzu grundlegend Procedure for the Examination of Complaints alleging Breaches of Freedom of Association, ILO Official Bulletin XXXIV (1951), S. 207 ff.; ILO Reports of the Committee on Freedom of Association XXXVI (1953), S. 223 ff.; zum Ganzen ausführlich SwepstonlTardu, Complaint Procedures of the ILO, Special ILO Procedures for Examining Complaints Concerning Freedom of Association, in: The International Petition System, Band I1I, Part One, IV; auch Jenks, The International Protection of Trade Union, 1957, S. 180 ff., 500 ff. \9\ 29th Report of the Governing Body Committee on Freedom of Association and Communications Relating Thereto, ILO Official Bulletin XLIII (1960), S. 79.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

respondiert werden kann. In Fällen, in denen die mitteilende Organisation den ILO-Organen unbekannt ist, ist der Generaldirektor ermächtigt, weitere Informationen über die Zahl der Mitglieder, die Statuten und die Organisation zu verlangen. 192 Die Auslegung der Resolution ergibt, daß auch hier INGOs subjektive Rechte eingeräumt werden. So geht bereits der Wortlaut dieser Resolutionen von einer Verpflichtung zur Annahme der Mitteilung seitens der Internationalen Arbeitsorganisation aus, die ausdrücklich die beschwerdeführenden INGOs berechtigt. 193 Darüber hinaus spricht die Ermessensbeschränkung durch die Verfahrensregelungen für die Prüfung der Zulässigkeit und BegrüDdetheit von Mitteilungen für die Gewährung einer Rechtsstellung. Auch der Zweck des Verfahrens, die Koalitionsfreiheit effektiv zu schützen, läßt sich hierfür anführen. 194 Die Erreichung dieses Zwecks wird nämlich gerade dadurch gefördert, daß den direkt betroffenen ein Recht auf Einleitung eines Verfahrens zur Überprüfung möglicher Verletzungen der Koaltionsfreiheit gegeben wird. Schließlich wird dieses Verständnis der Rolle der INGOs in der ILO als Partner bei der Durchsetzung des Rechts gerecht. 195 Das Verfahren zum Schutze der Koalitionsfreiheit beginnt mit der Prüfung der Zulässigkeit der Mitteilung durch den Generaldirektor. Diese beschränkt sich im wesentlichen auf die Substantiierung des Vorwurfes. Nach Eingang der Mitteilung setzt der Generaldirektor daher zunächst der mitteilenden Organisation eine Frist zur Eingabe weiterer Informationen. Anschließend erhält der betroffene Staat Gelegenheit, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Nach Durchführung dieser Schritte werden die vorliegenden Unterlagen dann an den Ausschuß für Koalitionsfreiheit weitergeleitet, dem die rechtliche Beurteilung des Falles obliegt. Sofern weitere Informationen erforderlich sind, kann der Ausschuß das schriftliche Verfahren fortführen, eine Anhörung der Parteien anordnen oder Untersuchungen vor Ort vornehmen. Häufig wird vom Ausschuß auch die Möglichkeit direkter Kontakte mit der Regierung des betroffenen 192 19th Report of the Governing Body Committee on Freedom of Association, ILO Official Bulletin XXXIX (1956), S. 103. 193 Davon scheint auch der Ausschuß in seinem Ersten Bericht des Ausschusses auszugehen, wenn er sagt: "The Committee considers that it would be altogether inconsistent with the purpose for which the procedure for examination of allegations concerning the infringement of trade union rights has been established for it to admit that the dissolution or purported dissolution of an organisation by governmental action extinguishes the right of the organisation to invoke the procedure", zitiert nach Sweptson/Tardu (Anm. 190), S. 25. 194 Vgl. zu diesem Bemühen der ILO allgemein Samson, The Changing Pattern of ILO Supervision, ILabourR 1979, S. 569; zur Bedeutung der Koalitionsfreiheit siehe auch Osieke, Constitutional Law and Practice in the International Labour Organization, 1985, S. 178; Swepston/Tardu (Anm. 190), S. 5. 195 Samson (Anm. 194), S. 574.

A. Regelungen zur Durchsetzung von materiellen Rechten

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Staates genutzt. Ist ein Verfahren abgeschlossen, so wird die Entscheidung des Ausschusses in einem Bericht veröffentlicht. 196 Das Verfahren zum Schutze der Koalitionsfreiheit ist das am häufigsten genutzte Beschwerdeverfahren der ILO. Besondere Bedeutung kommt diesem Verfahren insbesondere deshalb zu, weil die Mitteilungen, die überwiegend von nationalen oder internationalen NGOs stammen, 197 jeden Mitgliedstaat der ILO betreffen können. 198 In der Praxis ist daher erkennbar, daß sich der Ausschuß in jedem individuellen Fall um eine objektiv-rechtliche Beurteilung der vorgelegten Mitteilungen bemüht, was wiederum zu einer großen Akzeptanz der Entscheidungen auf Seiten der Mitgliedstaaten gefiihrt hat. So wurden beispielsweise Gewerkschaftsfunktionäre aus der Haft entlassen, die Überwachung von Gewerkschaften eingestellt oder nationale Untersuchungskommissionen eingesetzt. 199 Gefördert wird die Beachtung der Entscheidungen auch dadurch, daß in den Berichten des Ausschusses regelmäßig über die Abhilfemaßnahmen der betroffenen Staaten berichtet wird. Zudem werden die Berichte zur weiteren Behandlung an den Expertenausschuß zur Überwachung der Konventionen und Empfehlungen weitergeleitet, soweit ein Staat Vertragspartei der verletzten Konvention ist. 200

IV. Das Verfahren der Weltbank

In jüngster Zeit hat die Weltbank ein Verfahren zur Überprüfung der Beachtung ihrer operationalen Politiken und Direktiven sowie ihrer Verfahrensvorschriften bei Planung und Durchfiihrung ihrer Projekte ins Leben gerufen. 201 Entsprechend der maßgeblichen Resolution No. 93-10 der Weltbank können nunmehr Personengruppen Ersuchen an einen Prüfungsausschuß richten, soweit sie der Auffassung sind, daß die genannten Vorschriften der Bank nicht beachtet wurden. In der Regel können nur Gruppen aus den Staaten ein Ersuchen an den Ausschuß richten, in denen die Verwirklichung eines Weltbankprojektes 196 Vgl. zu den einzelnen Voraussetzungen und Handlungsmöglichkeiten Swepstonl Tardu (Anm. 190), S. 19 ff. 197 Swepston/Tardu (Anm. 190), S. 24. 198 Osieke (Anm. 194), S. 178; Pouyat, The ILO's freedom of association standards and machinery: a summing up, ILabourR 1982, S. 287; v. Potobsky, Protection ofTrade Union Rights: Twenty Years' Work by the Committee on Freedom of Association, ILabourR 1972, S. 70. 199 Swepston/Tardu (Anm. 190), S. 104 ff. 200 Tardu (Anm. 176), S. 306. 201 V gl. hierzu allgemein Schermers, International Institutional Law, 1980, Rz. 671; der Text der für dieses Verfahren maßgeblichen Res. No. 93-10 und der Ausführungsvorschriften findet sich bei Shihata, The World Bank Inspection Panel, 1994, S. 124 ff., 374 ff.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

beabsichtigt ist oder mit dessen Ausfiihrung bereits begonnen wurde. Gruppen in anderen Staaten steht die Möglichkeit nur ausnahmsweise zu, und zwar dann, wenn eine angemessene Vertretung auf lokaler Ebene nicht möglich erscheint und die Direktoren der Bank diese Ansicht teilen. Über die genannten Kriterien hinaus müssen die Gruppen weitere Voraussetzungen erfiillen. So müssen sie behaupten, in ihren Rechten oder Interessen durch Handlungen oder Unterlassungen der Bank betroffen zu sein oder betroffen werden zu können. Dies wiederum soll nur dann der Fall sein, wenn die Beeinträchtigung durch die Planung oder Ausfiihrung von Bankprojekten erfolgt. Erforderlich ist weiterhin die Geltendmachung eines bereits eingetretenen oder bevorstehenden Schadens. Schließlich hat die ersuchende Partei nachzuweisen, daß sie sich beim Management der Bank um Abhilfe bemüht hat. 202 Die Vorschriften der Resolution No. 93-10 erfassen in erster Linie Ersuchen von nationalen NGOs, die nicht Gegenstand dieser Untersuchung sind. Dennoch kommt diesen Vorschriften fiir die vorliegende Arbeit Bedeutung zu, da zum einen nationalen Untergliederungen von INGOs die Möglichkeit gegeben wird, Ersuchen einzureichen, zum anderen die Mutterorganisation selbst tätig werden kann, wenn die Verbandsstruktur in einem einzelnen Staat nur schwach ausgeprägt ist. 203 Letztere Möglichkeit dürfte bei einer Anzahl von Entwicklungsländern gegeben sein. Sofern INGOs die beschriebenen Voraussetzungen erfiillen, räumt die Resolution ihnen auch ein subjektives Recht ein, ein Ersuchen an den Ausschuß zu richten. 204 Den Ausschuß trifft dann die Pflicht, das Ersuchen zu prüfen und den Ersuchenden über das Ergebnis zu bescheiden hat. Der Wortlaut der Resolution stellt die Verpflichtungen des Ausschusses durch die Formulierung "shall receive" und "shall be informed" heraus. Darüber hinaus spricht die detaillierte Ausgestaltung des Verfahrens fiir eine Berechtigung der betroffenen INGOs. Schließlich entspricht die Einräumung eines solchen subjektiven Rechts auch dem Verfahrenszweck, eine möglichst wirkungsvolle Überprüfung der Operationen der Bank und eine effiziente Aufgabenerfiillung durch die Bank zu

202 Eine gute Übersicht der Voraussetzungen gibt Bradlow, International Organizations and Private Complaints: The Case of the World Bank Inspection Panel, VirgJIL 1994, S. 581 ff. 203 Vgl. zur Verfahrensbeteiligung von INGOs allgemein Shihata (Anm. 201), S. 57 f., der herausstellt, wie umstritten die Möglichkeit der Repräsentation einer betroffenen Partei in den Beratungen zur Resolution zwischen Direktoren der Geber- und Nehmerländer war; speziell zu INGOs BradlowISchlemmer-Schulte, The World Bank's New Inspection Panel: A Constructive Step in the Transformation of the International Legal Order, ZaöRV 1994, S. 413, Fn. 108. 204 Diese Einschätzung teilen wohl auch BradlowlSchlemmer-Schulte (Anm. 203), S. 402 ff. und Bradlow (Anm. 202), S. 554 f.

B. Regelungen zur Beteiligung an der Rechtsfindung internationaler Gerichte 135

erreichen. 2os Denn nur bei einem solchen Regelungsgehalt wird die Bank auf Ersuchen verpflichtet, ihr Verhalten zu überprüfen. Das Prüfungsverfahren der Bank ist so ausgestaltet, daß die Ersuchen eingangs vom Ausschuß daraufhin überprüft, ob sie eine vertiefte Untersuchung erfordern. Ist dies der Fall, so betraut der Ausschußvorsitzende ein oder mehrere Mitglieder des Ausschusses mit der Untersuchung des Falles. Diese Untersuchung wird mit einem Bericht abgeschlossen, der Schlußfolgerungen darüber enthalten soll, ob im vorgelegten Fall Vorschriften der Bank verletzt wurden. Zu diesem Bericht hat anschließend das Management der Bank innerhalb von 6 Wochen in einem eigenen Bericht Stellung zu nehmen. Nach Abschluß dieses Verfahrens sind dann beide Berichte der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 206 Die praktische Umsetzung der Resolution kann bisher noch nicht beurteilt werden. Es ist aber zu erwarten, daß dieses Verfahren sowohl von nationalen als auch von internationalen NGOs genutzt wird und zu einer verbesserten Rechtsanwendung und einer effizienteren Aufgabenerfüllung der Bank führen wird. 207 Vorstellbar ist beispielsweise die Überprüfung der Beachtung der Regelungen betreffend die unfreiwillige Umsiedlung von Personen, die Einhaltung der Regelungen betreffend die Beteiligung der Öffentlichkeit an den von der Bank geförderten Projekten oder die ordnungsgemäße Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen für geplante Förderprojekte der Bank. 2oS

B. Regelungen zur Beteiligung an der Rechtsfindung internationaler Gerichte Wie das primäre Recht trifft auch das sekundäre Recht Regelungen zur Beteiligung von INGOs am Rechtsfindungsprozeß. Besonders beachtlich erscheint dabei ihre Einbeziehung in die Arbeit des europäischen und amerikanischen Menschengerichtshofes, die im folgenden untersucht werden soll.

205 Auf diese bei den Gründe läßt sich die Einrichtung des Prüfungsverfahrens nach Bradlow (Anm. 202), S. 565 und Shihata (Anm. 201), S. 5 f. zurückführen. 206 Siehe zur Darstellung des Verfahrens sowie einer kritischen Betrachtung der Verfahrensregelungen Bradlow (Anm. 202), S. 589 ff.; siehe auch Shihata (Anm. 201), S. 71 ff. 207 Bradlow (Anm. 202), S. 601 ff., der darüber hinaus die Möglichkeit der Rechtsentwicklung herausstellt; vgl. auch Shihata (Anm. 20 I), S. 103 ff., der die mögliche Entwicklung zurückhaltender beurteilt und auch Risiken wie eine mögliche Internationalisierung nationaler Streitigkeiten oder den potentiellen Mißbrauch des Verfahrens nennt. 208 Siehe zu diesen sowie zu weiteren Möglichkeiten BradlowlSchlemmer-Schulte (Anm. 203), S.393 mit Bezugnahme auf die einschlägigen Vorschriften der Bank; Bradlow (Anm. 202), S. 576 ff.; Shihata (Anm. 201), S. 41 ff.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

I. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EuGMR) Die Einbeziehung Dritter, und damit auch von INGOs, in den Rechtsfindungsprozeß des EuGMR als amici curiae begann erst in den späten 1970er Jahren. 209 Eine Rechtsgrundlage für dieses Vorgehen fehlte jedoch. Erst durch die Änderung der Verfahrensordnung des Gerichts im Jahre 1982, die am 1. Januar 1983 in Kraft trat, wurde eine rechtliche Grundlage für eine solche Einbeziehung geschaffen. Die Verfahrensordnung sieht nunmehr in Art. 37 (2) die Möglichkeit der Beteiligung Dritter vor. Danach kann der Präsident des Gerichtshofes im Interesse einer geordneten Rechtspflege jeden Vertragsstaat, aber auch jede beteiligte Person mit Ausnahme des Beschwerdeführers einladen oder ermächtigen, binnen einer festgelegten Frist eine schriftliche Stellungnahme zu von ihm bestimmten Fragen vorzulegen. 2IO Von Anbeginn wurde Art. 37 (2) VerfO so verstanden, daß der Begriff der Person weit auszulegen ist und sowohl nationale als auch internationale Organisationen erfaßt. Eine unmittelbare Berechtigung von INGOs auf Beteiligung kann dieser Vorschrift indes nicht entnommen werden. Vielmehr stellt der Wortlaut der Norm klar, daß die Entscheidung über die Beteiligung Dritter im Ermessen des Gerichtspräsidenten liegt. 2lI Dritten kommt somit lediglich das Recht auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung zu. Nach den Ausführungen des 2. Teils dieser Arbeit ist das Ermessen jedoch weit zu verstehen und lediglich durch das Verbot des Rechtsmißbrauchs begrenzt. Auch wenn hinsichtlich der Beteiligung eines amicus curiae Ermessen besteht, so hat das Gericht in einer Reihe von Fällen die Beteiligung nationaler und internationaler NGOs zugelassen. Soweit eine Beteiligung abgelehnt wurde, war dies in der Regel darauf zurückzuführen, daß das Vorbringen verspätet erfolgte, Informationen über Staaten enthielten, die nicht Streitpartei waren, ein rechtlich einfaches Verfahren vorlag oder die Stellungnahme keine neuen Erkenntnisse vermitteln konnte. 212 In der überwiegenden Zahl der Fälle wurde dem Ersuchen um Beteiligung jedoch entsprochen. 213 Dabei wurde auch den 209 Zu den frühen Fällen der amicus curiae Beteiligung vgl. die Fälle Winterwerp v. Netherlands, 33 Eur.Ct.H.R. (Ser. A) 1979 und Young, James and Webster v. United Kingdom, 44 Eur. Ct.H.R. (Ser. A) 1981; zur Entwicklung siehe auch Shelton, The Participation ofNGOs in International Judicial Proceedings, AJIL 1994, S. 630 f. 2\0 Zum Text der Verfahrensordnung siehe Council of..Europe, European Court of Human Rights, Rules of the Court A and B, 1994; dt. Ubersetzung BGBI. 1989 11, S. 955, geändert gern. Bek. v. 3.1.1992, BGBI. 1992 11, S. 70. 211 Ähnlich auch Lester, Amici curiae: third-party interventions before the European Court ofHuman Rights, in: FS Wiarda, 1988, S. 342 f. 212 Diese Zusammenfassung gibt Shelton (Anm. 209), S. 632, der dazu eine kurze Untersuchung der betreffenden Fälle vorgenommen hat. 213 Die Untersuchung von Shelton (Anm. 209), S. 632 geht von 25 Ersuchen aus, von denen 9 zurückgewiesen und 16 zugelassen wurden.

B. Regelungen zur Beteiligung an der Rechtsfindung internationaler Gerichte 137

internationalen Menschenrechtsorganisationen Amnesty International, Interrights und der britischen Sektion der Commission of Jurists die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Sowohl der Lingens Fall als auch der Fall Monnell and Morris zeigen aber, daß der Gerichtshof bei dieser Fonn der Einbeziehung durchaus von seinem Recht Gebrauch macht, den Inhalt der Stellungnahme näher einzugrenzen. 214 Im Rahmen dieser Möglichkeiten ist es den genannten INGOs dennoch gelungen, den Gerichtshof zu einer Auseinandersetzung mit den unterbreiteten Stellungnahmen zu veranlassen. Teils beschränkte sich der Gerichtshof dabei auf eine Diskussion der vorgebrachten Ansichten,215 teils wurde den Ausführungen der Stellungnahme der Organisationen im Urteil ausdriicklich gefolgt. 216 Wenn diese Praxis nun auch nicht den Schluß zuläßt, daß sich die Möglichkeit der Beteiligung als amicus curiae zu einer Rechtsstellung verfestigt hat, so vermittelt sie dennoch einen Eindruck der tatsächlichen Bedeutung dieser Beteiligung im Verfahren des Gerichtshofes.

11. Inter-Amerikanischer Gerichtshof für Menschenrechte Die Einbeziehung von amici curiae-Stellungnahmen war ursprünglich in den Vorschriften der Verfahrensordnung des Inter-Amerikanischen Gerichtshofes für Menschenrechte (AmGMR) weder für das streitige noch für das Gutachtenverfahren geregelt. 217 Nach der Änderung des Art. 34 (I) der Verfahrensordnung im Jahre 1991 ist jedoch nunmehr eine Einbeziehung Dritter in

214 In Lingens v. Austria, 103 Eur. Ct.H.R. (Ser. A.) 1986 wurden die Eingrenzungen nicht näher präzisiert; in Monnell and Morris v. United Kingdom, 115 Eur. Ct.H.R. (Ser. A) 1987 führte das Gericht aus, daß die Stellungnahme auf Angelegenheiten begrenzt sei, die direkt die Streitfrage vor dem Gerichtshofbetrafen. 215 So wurde im Fall Lingens, Ziff 41 ausführlich die Stellungnahme der Gruppe Interrights diskutiert; ebenso erfolgte in Brannigan and McBride v. United Kingdom, 258B Eur.Ct.H.R. (Ser. A) 1993, Ziff. 42, 45, 62 eine ausführliche Diskussion der Stellungnahmen von Amnesty International und Interrights. 216 So stellt das Urteil zum Fall Soering v. United Kingdom, 161 Eur. Ct. H.R. (Ser. A), 1989, Ziff. 102 fest: " This "virtual consensus in Western European legal systems that the death penalty is, under current circumstances, no longer consistent with regional standards of justice", to use the words of Amnesty International, is reflected in Protocol No. 6 to the Convention, which provides for the abolition ofthe death penalty in time of peace. 217 Die ursprüngliche Fassung des Art. 34 (I) VerfO sah nur vor, daß der Gerichtshof Dritte anhören konnte, soweit deren Ausführungen der Entscheidung förderlich schienen; der Text dieser Fassung findet sich bei Buergentha/lNorris/Shelton, Protecting Human Rights in the Americas, 3. Aufl., 1990, S. 543; trotz der fehlenden ausdrücklichen Anerkennung wies der Gerichtshof, soweit ersichtlich, keine von INGOs eingereichten Stellungnahmen zurück, vgl. Shelton (Anm. 209), S. 638.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

das streitige Verfahren ausdrücklich ermöglicht worden. 218 Danach kann das Gericht auf Ersuchen einer Partei oder auf eigene Veranlassung jede Art von Beweismaterial zulassen, welches es zur Tatsachenklärung für erforderlich hält. Insbesondere kann es anordnen, Zeugen, sachverständige Zeugen oder jede andere Person zu hören, deren Vorbringen das Gericht für nützlich hält. Für das Gutachtenverfahren besteht keine derartige Regelung. Art. 55 VerfD erlaubt dem Gericht jedoch die Anwendung der Vorschriften über das streitige Verfahren auf das Gutachtenverfahren, so daß die Einbeziehung von amici curiae auch im Gutachtenverfahren erfolgen kann. 219 Nach dem Wortlaut des Art. 34 (1) VerfD ist der Kreis der begünstigten Personen weit zu verstehen und umfaßt die Beteiligung von INGOs. Da es sich bei Art. 34 (1) VerfD jedoch um eine Ermessensvorschrift handelt, ist eine Herleitung unmittelbarer Rechte von INGOs nicht möglich. Auch in diesem Fall steht den INGOs lediglich ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung zu. Von dem Ermessen, Stellungnahmen zurückzuweisen, hat der Gerichtshof aber, soweit ersichtlich, bisher keinen Gebrauch gemacht. Soweit ersichtlich hat der Gerichtshof bisher noch keine Stellungnahme einer INGO zuruckgewiesen. 220 Vielmehr hat er regelmäßig bei beiden Verfahrensarten den Eingang der Stellungnahmen von INGOs in seinen Urteilen oder Gutachten in die Sachverhaltsdarstellung aufgenommen. 221 Im 13. Gutachtenverfahren hat er darüber hinausgehend eine Beteiligung von INGOs am mündlichen Verfahren zugelassen. m , Bei den an den Verfahren beteiligten amici curiae handelte es sich um Organisationen wie Amnesty International, die International Human Rights Law Group 218 Der Text dieser VerfO findet sich bei Buergenthal/Norris, Human Rights, The Inter-American System, Band 2, Heft 8.2, September 1993, S. 3 ff. 219 Art. 54 (3) VerfO, demzufolge interessierte Parteien zur Abgabe schriftlicher Stellungnahmen aufgefordert werden können, dürfte für die Beteiligung von INGO dagegen nicht einschlägig sein. Der Vergleich mit der ursprünglichen Fassung der VerfO legt den Schluß nahe, daß sich diese Vorschrift wohl auf die Mitgliedstaaten, die Kommission oder den Generalsekretär bezieht. 220 Buergenthal, The Advisory Practice of the Inter-American Human Rights Court, AJIL 1985, S. 15; Lester (Anm. 211), S. 344; Shelton (Anm. 209), S. 638. 221 Vgl. zu den streitigen Verfahren den Velasquez Rodriguez Fall, Urteil vom 29. Juli 1988, Buergenthal/Norris (Anm. 218), Band 6, Heft 25.5, S. 136; den Godinez Cruz Fall, Urteil vom 20. Januar 1989, Buergenthal/Norris (Anm. 218), Band 6, Heft 25.5, S.222 und den Fairen Garbi und Solis Corrales Fall, Buergenthal/Norris (Anm. 218), Band 6, Heft 25.6, S. 18; vgl. zu den Gutachtenverfahren das I. Gutachten vom 24. September 1982 "Other Treaties" Subject to the Consultative Jurisdiction of the Court", Buergenthal/Norris (Anm. 218), Band 5, Heft 25, S.70; 2; Gutachten vom 24. September 1982 "The Effect of Reservations on the Entry into Force of the American Convention", Buergenthal/Norris (Anm. 218), Band 5, Heft 25, S. 88 und das 5. Gutachten vom 13. November 1985 " Compulsory Membership in an Association Prescribed by Law for the Practice of Journalism", Buergenthal/Norris (Anm. 218), Band 6, Heft 25.2, S. 3. 222 Vgl. Shelton (Anm. 209),640 mit weiteren Ausführungen zu diesem Gutachten.

c. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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und die International League for Human Rights. Daß gerade auch den Stellungnahmen dieser INGOs besondere Bedeutung zukommt, läßt sich auch im Falle des Inter-Amerikanischen Gerichtshofes daran ablesen, daß in den Entscheidungen häufig auf die Stellungnahmen Bezug genommen oder aus ihnen zitiert wird. 223 Allerdings ist bisher in der Praxis eine Entwicklung in Richtung auf eine unmittelbare Berechtigung von INGOs nicht erkennbar.

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung internationaler Organisationen Die wohl ausfiihrlichsten Regelungen zur Einbeziehung von INGOs in die Arbeit internationaler Organisationen betreffen die Beteiligung von INGOs am Meinungsbildungsprozeß in der Form von Konsultativbeziehungen. Die Mehrzahl der Organisationen trifft dabei gesonderte Regelungen rur Haupt- und Nebenorgane. Aufgrund der Vielzahl der bestehenden Regelungen wird rur die Zwecke der vorliegenden Arbeit eine Auswahl getroffen, die sowohl Umfang als auch Ausmaß dieser Regelungen deutlich machen soll. So werden im ersten Teil dieses Abschnitts die Vorschriften zur Beteiligung an der Arbeit der Vereinten Nationen dargestellt, um anschließend kurz auf die Konsultativbeziehungen zu weiteren internationalen sowie regionalen Organisationen einzugehen. I. Vereinte Nationen Einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Konsultativbeziehungen zwischen internationalen Organisationen und INGOs haben die Vereinten Nationen geleistet. Von entscheidender Bedeutung waren dabei die Regelungen des WSR zur Beteiligung nichtstaatlicher Organisationen am Meinungsbildungsprozeß. Diese sollen daher eingangs ausfiihrlich dargestellt werden. Auf die Beteiligung von INGOs an der Arbeit der übrigen Hauptorgane wird im Anschluß eingegangen. Schließlich soll ein Überblick über die Mitwirkung von INGOs in Spezialorganen, auf Regierungskonferenzen und in Sonderorganisationen der Vereinten Nationen gegeben werden.

223 Beispielhaft sei auf das 5. Gutachten (Anm. 221), S. 27 verwiesen, in dem auf die Stellungnahme der Federaci6n Latino-americana de Periodistas Bezug genommen wird; vgl. zu weiteren Beispielen Shelton (Anm. 209), S. 639 f.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

1. Hauptorgane der Vereinten Nationen

a) Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen aa) Regelungen des Sekundärrechts Die Ennächtigungsgrundlage des WSR zur Aufuahme von Konsultativbeziehungen mit INGOs findet sich in Art. 71 SVN, derzufolge der WSR Abmachungen mit nichtstaatlichen Organisationen treffen kann. Entsprechend dieser Ennächtigung hat der WSR Ausfiihrungsregelungen zu Art. 71 SVN in der Res. 1296 und in seiner Verfahrensordnung getroffen. 224 Dabei wird der Kreis der für Konsultativbeziehungen in Betracht kommenden internationalen NGOs durch verschiedene Prinzipien eingeschränkt. So muß die Organisation mit Angelegenheiten befaßt sein, die in die Kompetenz des WSR fallen, Ziel und Zweck der Organisation müssen den Grundsätzen der Vereinten Nationen entsprechen und die Organisation soll gewillt sein, die Arbeit der Vereinten Nationen zu unterstützen. Sie soll darüber hinaus repräsentativen Charakter besitzen und ein anerkanntes internationales Ansehen genießen. Weiterhin ist ein gewisser organisatorischer Rahmen erforderlich. So muß die INGO einen Hauptsitz aufweisen, an dem ein leitender Direktor die Aufgaben des Verbandes wahrnimmt. Zudem muß sich die Organisation eine Satzung gegeben haben, die vorsieht, daß die Festlegung der Politik der Organisation durch ein Plenarorgan erfolgt. Ferner soll die Satzung die Verantwortlichkeit der ausführenden Organe gegenüber dem politischen Organ regeln. Um Organisationen den Zugang zu verwehren, die lediglich als Sprachrohr anderer Personen dienen, sollen die Haupteinnahmen der Organisation von deren Mitgliedsverbänden oder individuellen Mitgliedern stammen. Spenden sollen unter Angabe des Betrages und des Spenders offengelegt werden. Soweit eine fmanzielle oder andere Unterstützung durch eine Regierung erfolgt, soll dies offen erklärt werden. 225 Darüber hinaus sollen Konsultativbeziehungen nur mit den INGOs unterhalten werden, die einen bedeutenden Beitrag zur Arbeit des Rates zu leisten vennögen und

224 U.N. ECOSOC Res. 1296 (XLIV) vom 23.5.1968, ECOSOC OtT.Rec., 44th Sess., Suppl. 1,21 ff. (Res. 1296); in der Verfahrensordnung, U.N. Doc. E/5715/Rev. 2, sind die Regeln 9 (2), 10, 12, 13 (3) und 80-84 von besonderer Bedeutung; zur Entstehungsgeschichte, insbesondere den politischen Hintergrund vgl. Brückner, Das Verhältnis der Nichtstaatlichen Organisationen zur UNO, VN 1973, S. 50 ff.; Otto, Nongovernmental Organizations in the United Nations System, The Emerging Role of International Civil Society, HRQ 1996, S. 113 tT.; die Resolution 1996/31 vom 25.7.1996 hat hier aufgrund mangelnder praktischer Anwendung noch keine Berücksichtigung gefunden, weicht jedoch in ihren Grundzügen nicht von der Res. 1296 ab. 225 Res. 1296 ZitT. I bis 8.

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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hinsichtlich der vom Rat behandelten Themen die wesentlichen Meinungen und Interessen der verschiedenen Regionen der Welt repräsentieren. 226 Der Kreis der beteiligten Organisationen wird dabei in drei Kategorien unterteilt. 227 In die Kategorie I fallen diejenigen INGOs, die mit der Mehrzahl der Tätigkeitsbereiche des Rates befaßt sind und demonstrieren können, daß sie bereits Beiträge zum Erreichen der Ziele der Vereinten Nationen auf wirtschaftlichen und sozialem Gebiet geleistet haben und darüber hinaus mit dem wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten der von ihnen vertretenen Völker vertraut sind. Weiterhin soll deren Mitgliedschaft weitgehend repräsentativ rur größere Teile der Bevölkerung in einer großen Anzahl von Staaten sein. Sofern diese Voraussetzungen vorliegen, kommt diesen INGOs ein genereller Konsultativstatus zu. In Kategorie 11 fallen die Organisationen, die eine spezielle Kompetenz in nur einigen Tätigkeitsbereichen des Rates aufweisen und die auf diesen Gebieten international bekannt sind. Ihnen kommt ein spezieller Konsultativstatus ZU. 228 In diese Gruppe sollen darüber hinaus auch diejenigen Organisationen aufgenommen werden, die sich allgemein fiir die Idee und die Ziele der Vereinten Nationen einsetzen. 229 Eine besondere Voraussetzung stellt die Resolution fiir die Aufnahme von Konsultativbeziehungen mit Organisationen auf, die sich auf dem Gebiet der Menschenrechte betätigen. Der Resolution 1296 zufolge sollen diese nur dann in die Kategorie 11 aufgenommen werden, wenn sie ein generelles Interesse am Schutz der Menschenrechte haben und nicht auf die Vertretung der Interessen bestimmter Gruppen, einer einzelnen Nation oder der Situation in einem einzigen Staat beschränkt sind. Besondere Berücksichtigung sollen dabei die Bewerbungen von Organisationen fmden, die gegen Kolonialismus, die Apartheid, die Rasse betreffende Intoleranz und andere gravierende Verletzungen von Menschenrechten vorgehen. 23o INGOs, welche nicht die Voraussetzungen rur die Aufnahme in Kategorie I oder 11 erfiillen, die aber gelegentliche oder nützliche Beiträge zur Arbeit des Rates, seiner nachgeordneten Organe und anderer Organe der Vereinten Nationen leisten können, sollen in eine Liste aufgenommen werden, die auch Roster genannt wird. 231

Res. 1296 Ziff. 14. Zur älteren Einteilung in die Kategorien A, Bund C vgl. Hüfner, NonGovernmental Organizations, in: United Nations: Law Policies and Practice, Vol. 2, 1995, Rz. 8; vgl. auch Kaiser, Nichtstaatliche Internationale Organisationen, in: WVR Bd. H, 1961, S. 613. 228 Res. 1296 Ziff. 16. 229 Res. 1296 Ziff 18. 230 Res. 1296 Ziff. 17. 231 Res. 1296 Ziff. 19; dabei werden drei Gruppen unterschieden; es werden diejenigen Organisationen gesondert gefiihrt, die vom Rat, vom Generalsekretär und die wegen ihres Status bei den Unterorganen anerkannt sind; vgl. Lagoni, Kommentierung zu Art. 71, in: The Charter ofthe United Nations, 1994, Rz. 13. 226 227

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

Den Organisationen stehen je nach Kategorie bestimmte Möglichkeiten der Beteiligung an der Arbeit des Rates zu. So soll der Rat allen INGOs die vorläufige Tagesordnung übennitteIn. Organisationen der Kategorie I können dann dem Ausschuß des Rates für NGOs vorschlagen, daß Themen, die für die Organisation von besonderem Interesse sind, vom Generalsekretär auf die Tagesordnung gesetzt werden. 232 Darüber hinaus können INGOs der Kategorien I und 11 schriftliche Stellungnahmen abgeben, welche für die Arbeit des Rates von Bedeutung sein können. Diese Stellungnahmen sind in den offiziellen Sprachen der Vereinten Nationen zu unterbreiten und sollen zu einem Zeitpunkt eingereicht werden, der Gelegenheit für Konsultationen zwischen der betreffenden INGO und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen läßt. Dabei sollen die Organisationen den Kommentaren des Generalsekretärs in ihren Stellungnahmen ausreichend Rechnung tragen. Der Umfang der Stellungnahme ist von der Einstufung der INGOs abhängig. Organisationen der Kategorie I steht es frei, Schriftsätze mit bis zu 2000 Wörtern einzureichen. Wird diese Wörterzahl überschritten, ist eine Zusammenfassung der Stellungnahme zu übennitteIn oder eine ausreichende Anzahl von Kopien der Stellungnahme zur Verfügung zu stellen. Ausnahmsweise können die Texte auch an den Generalsekretär in voller Länge übennittelt werden. Den Organisationen der Kategorie 11 steht es offen, Schriftsätze von nicht mehr als 500 Wörtern einzureichen. Im Falle des Überschreitens haben sie die Möglichkeit, eine Zusammenfassung zu übermitteln. Ausnahmsweise ist auch hier eine Weitergabe der ungekürzten Stellungnahme möglich. Die Organisationen, die im Roster geführt werden, haben eine den Organisationen der Kategorie entsprechende Mitwirkungsmöglichkeit nur, soweit sie vom Generalsekretär zu einer Stellungnahme aufgefordert wurden. Die entsprechend den Vorgaben der Resolution eingereichten Stellungnahmen werden vom Generalsekretär an den Rat weitergeleitet, es sei denn, daß sie obsolet geworden sind. 233 Ebenso werden mißbräuchliche Stellungnahmen nicht weitergeleitet. 234 Die Beteiligung von INGOs beschränkt sich aber keinesfalls auf die Übennittlung von Stellungnahmen. Von besonderer Bedeutung sind daneben vor allem die Beteiligungsmöglichkeiten der Organisationen an den öffentlichen Sitzungen des Rates. So haben Organisationen der ersten und zweiten Kategorie die Möglichkeit, Beobachter zu den Sitzungen des Rates und seiner Nebenorgane zu entsenden. Vertreter der im Roster geführten Organisationen können zu den Sitzungen Beobachter entsenden, die Gegenstände ihres Tätigkeitsbereich behandeln. Schließlich betreffen einige Regelungen die AnhöRes. 1296 Ziff. 20 f. Res. 1296 Ziff. 23 ff. 234 Vgl. zur Behandlung des Mißbrauchs des Konsultativstatus U.N. ECOSOC Res. 454 (XIV), geändert durch Res. 728 (XXVIII) und Res. 1919 (LVIII); werden Menschenrechtsverletzungen gerügt, so ist Ziff. 8 der ECOSOC Res. 1503 (XLVIII) zu beachten. 232 233

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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rung von INGOs. Danach haben Vertreter von Organisationen der ersten Kategorie das Recht, wenn sie vom Ausschuß dem Rat zur Anhörung empfohlen wurden, ihren Standpunkt in einer einmaligen Erklärung darzulegen. Soweit keine besonderen Nebenorgane für die speziellen Tätigkeitsgebiete eingerichtet wurden, mit denen die Organisationen der Kategorie 11 befaßt sind, soll eine solche Anhörungsmöglichkeit auch für die Organisationen der Kategorie 11 bestehen. In Ergänzung hierzu wird INGOs der Kategorie I die Möglichkeit eingeräumt, eine einführende, mündliche Erklärung zu einem Tagesordnungspunkt abzugeben, wenn der Rat über einen Tagesordnungspunkt diskutiert, der von der Organisation vorgeschlagen und in die Tagesordnung aufgenommen wurde. Besteht nach dieser Stellungnahme noch Klärungsbedarf, kann die Organisation zu einer zusätzlichen Erklärung eingeladen werden. 235 Für die Kommissionen und Nebenorgane des Rates gelten vergleichbare Regelungen. Diese sind zum einen in der bereits genannten Resolution 1296, zum anderen in den betreffenden Verfahrensordnungen festgelegt. 236 Danach haben auch die Kommissionen und Nebenorgane INGOs die Tagesordnung mitzuteilen, sie als Beobachter an öffentlichen Sitzungen teilnehmen zu lassen und schriftliche Stellungnahmen entgegenzunelunen. 237 Allerdings besteht für Organisationen der Kategorie 11 die Möglichkeit, Stellungnahmen mit bis zu 1500 Wörtern einzureichen. Die Regelungen zur Anhörung sind hier allgemeiner als für den Rat selbst gefaßt. Diesen Regelungen zufolge können die Kommissionen oder Nebenorgane INGOs aller Kategorien konsultieren, wenn sie dieses für erforderlich halten. Über die Regelungen für den Rat hinausgehend ist für Kommissionen und Nebenorgane vorgesehen, daß diese die Anfertigung von speziellen Studien durch INGOs anregen können. Über den Umfang ihrer Tätigkeiten im Rat sowie in den übrigen Organen haben INGOs dem Rat alle vier Jahre Bericht zu erstatten. 238 Neben den genannten Regelungen, die für sämtliche Kommissionen und Nebenorgane gelten, hat der Rat besondere Regelungen für die Kommission für nachhaltige Entwicklung (Commission on Sustainable Development, CSD) getroffen. 239 So wird in diesem Fall INGOs Zugang zur CSD gewährt, ohne daß das herkömmliche Zulassungsverfahren durchlaufen zu werden braucht. Voraussetzung für den Konsultativstatus ist lediglich, daß die interessierte nichtRes. 1296 Ziff. 25. Vgl. hierzu insbesondere die Art. 5, 75 und 76 der Verfahrensordnung der "funetional eommissions", U.N. Ooe. E/5975/Rev. I; zu den Verfahrensordnungen der Wirtsehaftskommissionen vgl. Rechenberg Non-Govemmental Organizations, EPIL Vol. 9, S. 279; dazu insbesondere U.N. Ooe. E/ECEI778/Rev.3. 237 Res. 1296 ZitT. 26 tT. 238 Res. 1296 ZitT. 40 (b). 239 V gl. Proeedura1 arrangements for the Commission on Sustainab1e Deve\opment, U.N. Ooe. E/Oec.l1993/215 vom 12.2.1993. 235 236

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

staatliche Organisation akkreditiert war, an der Arbeit des Vorbereitungsausschusses zur Konferenz über Umwelt und Entwicklung teilzunehmen. Weiterhin sind die Beteiligungsmöglichkeiten für INGOs hier ausgeweitet worden. Schriftliche Stellungnahmen sind danach zwar grundsätzlich auf eigene Kosten zu erstellen, eine Begrenzung der Länge der Stellungnahmen besteht aber nicht. Zudem ist nunmehr eine weitergehende Beteiligung der INGOs an den öffentlichen Sitzungen der CSD möglich, da jede Art von Intervention durch INGOs zugelassen werden kann. Die INGOs sind jedoch dazu aufgerufen, ihre Interessen durch einen oder mehrere Sprecher wahrzunehmen. Die Entscheidung über die Intervention verbleibt letztlich im Ermessen der Kommission. 24o Werden bestimmte Regelungen betreffend den Konsultativstatus nicht eingehalten, so kann der Konsultativstatus ausgesetzt oder widerrufen werden. Dies soll dann geschehen, wenn substantiierte Beweise über einen geheimen Einfluß von Regierungen auf die Finanzen der INGO vorliegen, die die Organisation dazu veranlassen soll, Akte zu unternehmen, die den Zielen und Prinzipien der Satzung der Vereinten Nationen widersprechen. Außerdem soll die Sanktion erfolgen, wenn die Organisation ihren Status mißbraucht, indem sie unsubstantiierte oder politisch motivierte Akte gegen einen Mitgliedsstaat unternimmt, die im Gegensatz zu den Prinzipien der Vereinten Nationen stehen. Schließlich kann die Suspendierung oder der Widerruf erfolgen, wenn die Organisation in den vorangegangenen drei Jahren keinen positiven oder effektiven Beitrag zur Arbeit des Rates geleistet hat. Zentrale Bedeutung hinsichtlich der Konsultativbeziehungen kommt dem NGO-Ausschuß zu, der nicht nur die Entscheidung über die Aussetzung oder den Widerruf des Konsultativstatus vorbereitet,241 sondern darüber hinaus auf die Auswahl und Klassifizierung der INGOs einzuwirken vermag, da diese durch ihn erfolgt.242 Er stellt damit das Bindeglied zwischen Rat und INGO dar, dem es obliegt, Konsultationen mit INGOs zu unterhalten. Der Ausschuß selbst wird für den Zeitraum von vier Jahren gewählt und setzt sich aus 19 Mitgliedern 240 U.N. ECOSOC Dec. 1993/215 sieht in 2 (iii) vor: "These non-governmental organizations may be given an opportunity to briefly address the meetings of the Commission and its subsidiary organs. Taking into account the number of non-governmental organizations expressing adesire to be accorded that opportunity, the chairman of the Commission or its subsidiary organ may request the non-govemmental organization concerned to address the meetings through one or more spokespersons." 241 Res. 1296 Zitf. 35-38. 242 Zeitweise wurde vom WSR der Name Council Committee on NGOs verwendet; heute ist der WSR wieder zur ursprünglichen Bezeichnung Committee on NGOs zurückgekehrt; vgl. neben Lagoni (Anm. 231), Rz. 3 auch U.N. Doc. E/571 5/Rev. I, Rule 9 Ziff. 3, rule 12 I, rules 80-84; wegen der Kritik des Kompetenzmangels und der politischen Motivation des Ausschusses siehe Beigbeder, Le röle international des organisations non gouvernmentales, 1992, S. 35; ebenso zum Consensus-Verfahren der Auswahl ders., S. 36.

c. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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zusammen, die auf der Basis einer gleichmäßigen geographischen Verteilung ausgesucht werden sollen. 243

bb) Rechtliche Würdigung der Regelungen Wie die vorstehenden Erörterungen zeigen, sieht die Resolution 1296 die Einbeziehung von INGOs in die Arbeit des WSR ausdrücklich vor. Der Kreis der einbezogenen Organisationen wird indes auf INGOs beschränkt, welche die Ziele der Vereinten Nationen zu fördern vennögen. Inwieweit diesen Organisationen nun durch die Resolution Rechte und Pflichten eingeräumt werden, ist auch hier wieder im Wege der Auslegung zu ermitteln. Dabei ist zwischen der Begründung und Unterhaltung des Konsultativverhältnisses zu unterscheiden. Ein Anspruch auf Begründung des Konsultativverhältnisses ist der Resolution nicht zu entnehmen. Vielmehr macht bereits Art. 71 SVN deutlich, daß die Entscheidung darüber im Ennessen des Rates steht. 244 Fraglich ist, ob dies auch für die Unterhaltung des Konsultativverhältnisses gilt. 245 Sowohl die semantische als auch die systematische Interpretation legt den gegenteiligen Schluß nahe, da bereits in den Ausführungen der Resolution zu den Leitprinzipien des Konsultativstatus hervorgehoben wird, daß INGOs nicht die gleichen "Rechte" wie Staaten oder Sonderorganisationen zustehen, die an Sitzungen ohne Stimmrecht teilnehmen können. Ist damit noch kein konkretes Recht bezeichnet, so macht diese Aussage doch deutlich, daß INGOs generell Rechte zustehen können. An anderer Stelle wird die Resolution dann konkreter, indem INGOs spezifische subjektive Rechte eingeräumt werden. So sind INGOs nach dem Wortlaut der Ziffer 25 der Resolution unter den oben beschriebenen Voraussetzungen ausdrücklich berechtigt, Stellungnahmen in öffentlichen Sitzungen abzugeben. 246 Weitere subjektive Rechte folgen aus den Bestimmungen, die entweder als Sollvorschriften des Rates ausgestaltet sind, wie etwa die Pflicht des Rates, den Organisationen die Tagesordnung zu übermitteln, oder INGOs Ennessen ein243 Lagoni (Anm. 231), Rz. 5; die Entscheidungen des Ausschusses werden von der NGO-Section des Generalsekretariats vorbereitet, die nach Chiang, Non-Govemmental Organizations at the United Nations, 1981, S. 138 ff., insbesondere S. 140 eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. 244 Diese Ansicht vertreten auch Lagoni (Anm. 231), Rz. 9; Rechenberg (Anm. 236), S. 280 und Macalister-Smith, Non-Governmental Organizations, Humanitarian Action and Human Rights, in: FS Bernhardt, 1995, S. 491. 245 Die Ansicht, daß durch die Aufnahme von Konsultativbeziehungen keine Rechte begründet werden, vertritt Rechenberg (Anm. 236), S. 280, der an anderer Stelle aber von einem gewissen rechtlichen Status der INGOs spricht; a.A. Lagoni (Anm. 231), Rz.10. 246 Im englischen Text wird hierbei in Ziff. 25 die Formulierung "shall be entitled" verwendet. 10 Hempel

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

räumen, von bestimmten Beteiligungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen, wie beispielsweise die Möglichkeit, Stellungnahmen einzureichen. Daneben legt die Resolution aber auch die Pflichten von INGOs fest. Sowohl die Aufforderung zur Offenlegung von Spenden als auch die Berichterstattungspflicht sind hier besonders zu nennen. Daß mit diesen Bestimmungen die Einräumung einer Rechts- und PflichtensteIlung von INGOs durchaus gewollt ist, wird durch die Regelung von Widerrufund Suspendierung des Konsultativstatus gestützt. Eine solche Regelung wäre nämlich entbehrlich, wenn die Entscheidung über Gewährung und Entzug von Rechten zur Disposition des Rates stehen würde. Zudem entspricht diese Auslegung dem in der Resolution verfolgten Ziel, dem Rat zum einen die besonderen Fachkenntnisse der INGOs zugänglich zu machen, zum anderen die Einbeziehung der öffentlichen Meinung zu erreichen. Denn dieses würde nur begrenzt verwirklicht werden können, wenn dem Rat letztlich Ermessen hinsichtlich des Umfanges der Beteiligung verschiedener INGOs zukommen würde. Eine möglichst unvoreingenommene Meinungsbildung innerhalb des Rates erscheint durch eine Verrechtlichung der Beziehungen am ehesten gewährleistet. Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, daß Resolution 1296 sowohl Rechte als auch Pflichten für INGOs enthält. 247 Hinsichtlich der rechtlichen Bedeutung der Resolution 1296 ist ergänzend anzumerken, daß anders als in den bereits behandelten Vorschriften INGOs nicht lediglich einzelne Rechte zugeordnet werden, sondern ein Komplex von subjektiven Rechten, aber auch Pflichten geschaffen worden ist. Dennoch darf das Konsultativverhältnis nicht mit dem Teilnahmerecht von Staaten und Sonderorganisationen nach Art. 69, 70 SVN verwechselt werden und ist von diesem abzugrenzen. 248 Während der Konsultativstatus lediglich die Einräumung bestimmter, eng begrenzter Rechte vorsieht, wird durch Art. 69 und 70 SVN ein umfangreiches Teilnahmerecht gewährt, das lediglich ohne Stimmrecht auszuüben ist. 249

cc) Praktische Umsetzung der Regelungen Die Zahl der vom NGO-Ausschuß mit Konsultativstatus versehenen INGOs ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen und hat die 1000 nunmehr 247 Vgl. zu dieser Argumentation auch DahmiDelbrückiWolfrnm, Völkerrecht, Bd. 1/2, MS, § 107, S. 16 f. 248 Dieses wird auch in Res. 1296 Ziff. 12 klar herausgestellt, die den Konsultativbeziehungen die Funktion der Experteninformation und des Ausdrucks der öffentlichen Meinung zuweist, Res. 1296 Ziff. 14. 249 Vgl. die Kommentierungen zu Art. 70, 71 von Lagoni (Anm. 231).

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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überschritten. 25o Wie einige Beispiele belegen, wird die Auswahl allerdings nicht inuner allein auf rechtliche Überlegungen gestützt, sondern gelegentlich durch politische Faktoren bestinunt. 251 Soweit INGOs dann aber der Konsultativstatus eingeräumt wurde, haben diese von der Möglichkeit der Stellungnahme regen Gebrauch gemacht. Wie sich aus den VieIjahresberichten der Organisationen ablesen läßt, hat der WSR ferner einer Anzahl von Gesuchen um Anhörung stattgegeben. 252 Die Sanktionierung von Pflichtverletzungen durch INGOs scheint dagegen kaum zu erfolgen. Einzig die Verletzung der Berichtspflicht durch die Organisationen führte bisher regelmäßig zum Widerruf des Konsultativstatus. 253 In anderen Fällen verfuhr der Ausschuß dagegen weitaus großzügiger. 254 Eine zentrale Bedeutung konunt der Beteiligung von INGOs an der Arbeit der Konunissionen und Nebenorgane des WSR zu. Beachtlich ist hierbei ihr Beitrag auf dem Gebiet der Menschenrechte, der Entwicklung und der Umwelt. 255 Besonders die Beteiligung an der Arbeit der Menschenrechtsorgane ist in den vergangenen Jahren inuner stärker genutzt worden. Nahmen 1987 an der Sitzung der Menschenrechtskonunission 108 nationale und internationale NGOs teil,256 so waren es 1993 dann bereits 154. Von diesen wurden 53 Mitteilungen eingebracht und 361 mündliche Erklärungen abgegeben. 257 Dabei beteiligen sich die Organisationen sowohl an der Erarbeitung von Menschenrechtsstandards, als auch an der Durchsetzung von bereits geltenden Menschenrechten. 258 Im ersten Fall hat das Wirken nichtstaatlicher Organisationen dazu 250 1995 wurden 69 INGOs in der Kategorie I, 436 INGOs in der Kategorie Ir und 563 INGOs im Roster geführt; vgl. List of Non-governmental Organizations in Consultative Status with the ECOSOC as at 31 July 1995, V.N. Doc. Eil 995/INF/5 vom 20. September 1995. 251 Rechenberg (Anm. 236), S. 280; diese Ansicht wird dadurch bestätigt, daß auch Organisationen wie der Weltgewerkschaftsbund und der Internationale Demokratische Frauenbund ein Konsultativverhältnis mit dem ECOSOC unterhalten, obwohl diese Organisationen in der Vergangenheit von den Regierungen ihrer Länder kontrolliert wurden, vgl. dazu Kaiser (Anm. 227), S. 612; eine Bestätigung findet sich auch bei Dtto (Anm. 224), S. 116 f., die vor allem auf den Widerruf des Konsultativstatus der International Gay and Lesbian Association (IGLA) verweist. 252 Vgl. hierzu die Tätigkeitsberichte der INGOs in V.N. Doc. E/C.211 99312. 253 V gl. Report of the Committee on Non-Governmental Organizations on its resumed 1995 session, V.N. Doc. Eil 99611 7, S. 3 f. 254 Soweit ersichtlich ist in neuerer Zeit nur im Fall der IGLA der Widerruf des Konsultativstatus erfolgt; siehe Dtto (Anm. 224), S. 114. 255 Lagoni (Anm. 231), Rz. 22. 256 Lagoni (Anm. 23 I), Rz. 13. 257 Hüfner (Anm. 227), Rz. 19. 258 V gl. hierzu bereits White, Les organisations non gouvernementales et leurs relations avec les Nations Vnies, RGDIP 1952, S. 69 f.; Ennacora (Anm. 177), S. 175 f.; Leary, Role for Non-Governmental Organizations in Human Rights: A Case Study of

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

geführt, daß bestimmte Themen erstmalig von der Organisation aufgegriffen wurden oder INGOs zumindest auf die Gestaltung von Standards Einfluß nahmen. 259 Wie weit in solchen Fällen der Einfluß nichtstaatlicher Organisationen gehen kann, ist an der Konvention zum Schutz des Kindes zu erkennen, bei der nicht nur die Initiative zur Konvention von einer nationalen NGO ausging, sondern INGOs auch aktiv an der Gestaltung des Konventionsentwurfs durch die Menschenrechtskommission teilnahmen. Dabei gelang es ihnen, sowohl den Anstoß zur Aufuahme einiger neuer Regelungen zu geben als auch auf Formulierungen, Form und Inhalt der Konvention Einfluß zu nehmen?60 Soweit sich INGOs um die Durchsetzung von Menschenrechten bemühen, haben die Organisationen in Unterstützung der Vereinten Nationen auch eigene "fact-finding"Missionen unternommen, deren Erkenntnisse sie dann den betreffenden Organen mitgeteilt haben. 261 Neben dem Menschenrechtsschutz haben sich INGOs in den letzten Jahren verstärkt für den Umweltschutz eingesetzt, wobei es zu einer engen Zusammenarbeit zwischen der CSD und Umweltschutzorganisationen Non-Governmental Participation in the Development ofinternational Norms on Torture, in: UN Law/Fundamental Rights: Two Topics in International Law, 1979, S. 197 ff.; Weissbrodt (Anm. 177), S. 306 ff.; Wiseberg, Protecting Human Rights Activists and NGOs: What More Can be done, HRQ 1991, S. 537; WiseberglScoble, The International League for Human Rights: the Strategy of a Human Rights NGO, Georgia JICL 1977, S. 30 I; KamingalRodley, Direct Interventions at the United Nations: NGO Participation in the Commission on Human Rights and its Sub-Commission, in: Guide to International Human Rights Practice, 1984, S. 186 ff. 259 Nchama, The role of the non-governmental organizations in the promotion and protection of human rights, TA 1992, S. 196 ff., 200 nennt hier Beispiele, die bis zur Ausarbeitung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte reichen; zu Aktivitäten der Commission of Jurists MacDermot, The role of NGOs in human rights standardsetting, TA 1992, S. 182 ff.; siehe auch Rodley, The work of non-governmental organizations in the world-wide promotion and protection of human rights, TA 1992, S. 202 ff.; Alger, Actual and Potential Roles for NGOs in World-wide Movements for the Attainment ofHuman Rights, TA 1992, S. 329. 260 Cohen, The Role of Nongovernmental Organizations in the Drafting of the Convention on the Rights ofthe Child, HRQ 1990, S. 137; Longford, NGOs and the Rights ofthe Child, in: The Conscience ofthe WorId, The Influence ofNon-Governmental Organisations in the UN System, 1996, S. 214 ff., 218 ff.; vgl. weitere Belege für den Bereich der Menschenrechte bei Otto (Anm. 224), S. 117, Anm. 66; eine kritische Beurteilung der Einflußmöglichkeiten erfolgt allerdings durch Chiang (Anm. 243), S. 154; vgl. auch Schermers (Anm. 20 I), S. 109, der auf Sharp, UNECOSOC, 1969, S. 33 verweist. 261 In jüngster Zeit haben diese Missionen eine Diskussion ausgelöst, da für sie keine den Regelungen internationaler Organisationen entsprechenden Standards geIten; vgl. Hannum, Fact-Finding by Non-Governmental Human Rights Organizations, in: FactFinding before International Tribunals, 1993, S. 293 ff.; ThoolenlVerstappen, Human Rights Missions, A Study of the Fact-Finding Practice of NGOs, 1986; WeissbrodtlMcCarthy, Fact-Finding by International Nongovernmental Human Rights Organizations, Virg.JIL 1981, S. I ff.; vgl. allgemein zu den Missionen auch Steiner, Diverse Partners, Non-Governmental Organizations in the Human Rights Movement, 1991, S. 35, 62, 66.

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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gekommen ist. 262 Letztlich dürfte dies auch der Grund dafür sein, daß auf der ersten Tagung der Kommission INGOs zu ansonsten für sie geschlossenen Arbeitsgruppen zugelassen wurden und nunmehr eine faktische Aufhebung der Dreiklassenstruktur des Konsultativstatus erfolgt ist. 263 b) Beteiligung an der Arbeit des Generalsekretariats Wenn auch die Satzung der Vereinten Nationen keine Regelungen für die Zusammenarbeit zwischen INGOs und dem Generalsekretariat enthält, ist diese Zusammenarbeit doch durch das Sekundärrecht der Vereinten Nationen ausgestaltet worden. So sollen INGOs nach Resolution 1296 die Möglichkeit haben, die Bediensteten des Generalsekretariats in Angelegenheiten gegenseitigen Interesses oder gegenseitiger Betroffenheit zu konsultieren. Soweit erforderlich kann der Generalsekretär die Ausarbeitung spezieller Studien oder Papiere durch INGOs erbitten. Ferner ist der Generalsekretär berechtigt, den INGOs seine Hilfe zur Verfügung zu stellen. Dieses soll durch die prompte Verteilung der Dokumente des Rates, den Zugang zur Pressedokumentation der Vereinten Nationen, die Benutzung der Bibliothek der Vereinten Nationen, die Bereitstellung von Räumlichkeiten für Konferenzen sowie die Bereitstellung von angemessenen Sitzgelegenheiten und der Versorgung mit Dokumenten während der öffentlichen Sitzungen der Generalversammlung geschehen. 264 Über diese Regelungen hinaus hat der Generalsekretär dazu aufgefordert, die Zusammenarbeit zwischen INGOs und den Hauptabteilungen des Generalsekretariats sowie dem Büro der Vereinten Nationen in Genf zu fördern, indem in allen Hauptabteilungen Verbindungsbeamte bestimmt werden. 265 Diese Bestimmungen wiederum werden ergänzt durch Resolution 1297 des WSR, welche die Zusammenarbeit zwischen INGOs und dem Office of Public Information, nunmehr Department of Information (DPI), beim Generalsekretär vorsieht. Hinsichtlich der Ausgestaltung der Beziehungen sieht die Resolution allerdings nur vor, daß der Generalsekretär bei Aufnahme der Beziehungen den Buchstaben und den Geist der Resolution 1296 beachten so11.266

262 Zur Arbeit der Kommission allgemein siehe Orliange, La Commission du Development Durable, AFDI 1993, S. 820 ff. 263 Vgl. Martens, Dabeisein ist noch nicht alles, Die NGOs in den Vereinten Nationen: Akteure, Kritiker, Nutznießer, VN 1993, S. 170. 264 Res. 1296, ZitT. 44 tT.; vgl. auch Lagoni (Anm. 231), Rz. 18. 265 Report of the Secretary-General in Response to Recommendations of the Committee and of Economic and Social Council Resolutions 1739 (LIV) and 1740 (LIV), U.N. Doc. ElC.2/768, S. 11 tT. 266 U.N. ECOSOC Res. 1297 vom 12. Mai 1968 "Non-governmental organizations".

ISO

3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

Rechtspflichten werden für den Generalsekretär durch Resolution 1296 nur sehr begrenzt begründet. Die Auslegung läßt lediglich bezüglich der Konsultationen zwischen Generalsekretariat und INGOs den Schluß auf eine Verpflichtung des Generalsekretariats gegenüber INGOs zu. Die übrigen Regelungen belassen dem Generalsekretär dagegen Ermessen, inwieweit die nach Resolution 1296 möglichen Vergünstigungen INGOs zugestanden werden. Auch die Aufforderung zur engeren Zusammenarbeit schafft keine Rechtspflicht, da sie lediglich als Empfehlung formuliert ist. 267 Ebenso verhält es sich mit Resolution 1297, der sich keine Rechte oder Pflichten entnehmen lassen. Gerade der Verweis auf die Beachtung des Geistes der Resolution 1296 gibt dem Generalsekretär Ermessen, im Einzelfall auch von den Regelungen der Resolution 1296 abzuweichen. Trotz fehlender Verpflichtung hat sich in der Praxis zwischen INGOs und Generalsekretariat eine enge Zusammenarbeit entwickelt. Die NGO-Section des Department of International Economic and Social Affairs (DIESA) befaßt sich dabei mit den Aufgaben, die in Resolution 1296 vorgesehen sind. Die Umsetzung der Aufgaben wird der NGO-Section jedoch wegen der geringen Zahl ihrer Mitarbeiter erheblich erschwert. Darüber hinaus macht sich das Fehlen eines echten Teilnahmerechts von INGOs im Gefüge der Vereinten Nationen darin bemerkbar, daß ihnen regelmäßig nur wenige Sitzplätze zur Verfügung gestellt werden. 268 Dennoch bestehen auf zahlreichen Ebenen des Generalsekretariats Kontakte mit INGOs; so mit dem Under Secretary-General for Economic and Social Affairs, dem Assistant Secretary-General for Public Information und dem Director of the Information Service in Genf. 269 In jüngster Zeit sind diese teilweise auch auf die Durchführung von Wahlbeobachtungen erstreckt worden. 270 In Ergänzung der Aufgaben der DIESAlNGO-Section ist die DPIINGOSection für die Unterrichtung nationaler und internationaler NGOs zuständig. Zu diesem Zweck stellt die DPIINGO-Section INGOs schriftliches Informationsmaterial über die Arbeit der Vereinten Nationen zur Verfügung und übernimmt vor Ort die Aufgabe, INGOs auch mündlich über aktuelle Vorgänge zu

267 Der Wortlaut macht dies deutlich: "The Secretary-General intends to request each department within the Secretariat to ensure that in each oftheir substantive units there is an official who can serve as a contact point between the unit and relevant nongovernmental organizations." 268 Chiang (Anm. 243), S. 145. 269 Blodgett, The Evolving Relationship between the United Nations and International Non-Governmental Organizations, Ph.D. Diss., 1982, S. 112 f. 270 Häufig ist aber in diesen Fällen zu beobachten, daß INGOs und Verantwortliche der Vereinten Nationen weniger miteinander als nebeneinander die Wahlbeobachtung betreiben; statt formeller Kontakte sind in anderen Fällen informelle Kontakte gewählt worden, siehe hierzu Jason, The Role of Non-Governmental Organizations in International Election Observing, NYUJ 1991/92, S. 1799 ff., 1814 ff.

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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unterrichten. Daneben steht den Organisationen das NGO Resource Center zur Vert'ügung. 271 Um darüber hinaus einen kontinuierlichen Meinungsaustausch zu gewährleisten, wird jährlich eine Konferenz abgehalten, an der Vertreter von DPI und INGOs teilnehmen. 272 Schließlich ist zur Erleichterung der Zusammenarbeit mit INGOs das NGOIDPI Executive Committee ins Leben gerufen worden, das vor allem die Organisation der jährlich stattfindenden Konferenz und anderer Veranstaltungen unterstützt. 273

c) Beteiligung an der Arbeit der übrigen Hauptorgane Weniger ausgestaltet als die Beteiligung der Arbeit von INGOs im WSR und im Generalsekretariat ist die Beteiligung nichtstaatlicher Organisationen an der Arbeit der Generalversammlung, des Treuhandrates und des Sicherheitsrates. Die Einbeziehung von INGOs in die Arbeit der Generalversammlung ist, soweit ersichtlich, nur in einer Resolution aus dem Jahre 1952 erwähnt. Danach kann der Generalsekretär auf Anfrage des WSR oder der Conference of NGOs in Consultative Status with ECOSOC (CONGO) Vereinbarungen treffen, nach denen INGOs mit Konsultativstatus beim WSR an öffentlichen Sitzungen der Generalversammlung teilnehmen können, wann immer wirtschaftliche oder soziale Angelegenheiten betroffen sind, die in der Kompetenz des Rates und der Organisation liegen. 274 Verbindliche Regelungen werden durch diese Resolution indes nicht geschaffen. Vielmehr hat der Generalsekretär Ermessen, ob er von der Ermächtigungsgrundlage Gebrauch macht. In der Praxis hat die Resolution jedoch eine großzügige Anwendung erfahren. So sind INGOs an der Arbeit verschiedener Haupt- und Spezialausschüsse der Generalversammlung beteiligt worden. 275 Ihre Beteiligung beschränkte sich

U.N. Doc. ElAC. 70/1994, S. 5. So befaßte sich die Konferenz von 1980 mit Strategien zur Motivation des öffentlichen Interesses, nationalen Aktionen und Informationen gegen das weltweite Wettrüsten; siehe hierzu Blodgett (Anm. 269), S. 111; vgl. auch Chiang (Anm. 243), S. 158. 273 Dieser Ausschuß hat sich eine eigene Satzung gegeben und setzt sich aus 18 Mitgliedern zusammen, die für einen Zeitraum von einem Jahr gewählt werden, vgl. U.N. Doc. E/AC.70/1994/5, S. 18; vgl. auch Chiang(Anm. 243), S. 158 f. 274 Application of the Headquarters Agreement to representatives of nongovernmental organizations, U.N. GA Res. 606 (VI), GAOR Suppl. 20, S. 87, NI922 (1952); U.N. ECOSOC Res. 455 (XIV); daneben hat die GV jedoch in zahlreichen Einzelfällen zur Zusammenarbeit aufgerufen, vgl. Socini Leyendecker, Organisations nongouvernementales et droit international, HYIL 1989, S. 173. 275 U.N. Doc. E/AC.70/l994, S.42; Blodgett (Anm. 269), S. 115 f.; Hüfner (Anm. 227), Rz. 20; Beigbeder (Anm. 242), S. 32 erwähnt, daß der Ausschuß gegen Apartheid und der Ausschuß zur Palästinafrage ad hoc Vereinbarungen zur Zusammenarbeit getroffen haben. 271

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

dabei nicht auf ein bloßes Zugangsrecht. Vielmehr wurde ihnen darüber hinaus die Gelegenheit zu mündlichen Stellungnahmen gegeben. Dokumente von INGOs durften außerhalb des Sitzungsraumes ausgelegt werden. 276 Ferner haben INGOs an Sondersitzungen der Generalversammlung teilgenommen. Dabei reichte die Einbeziehung auf der Sondersitzung zu Abriistungsfragen im Jahre 1978 besonders weit, da erstmalig ein Tag vorgesehen war, an dem INGOs ihre Positionen vor der Generalversammlung darlegen konnten. 25 INGOs und sechs Forschungsinstitutionen wurde hierbei das Rederecht eingeräumt. 277 Die Wirkung des Tages der nichtstaatlichen Organisationen wurde allerdings dadurch eingeschränkt, daß an diesem Tag Sitzungen zweier zwischenstaatlicher Arbeitsgruppen stattfanden. 278 Auf späteren Sitzungen der Generalversammlung wurde von der Praxis weitreichender Einbeziehung aber wieder abgegangen. Auf einer Sondersitzung der Generalversammlung im Jahre 1990 durfte beispielsweise nur ein Sprecher einer nichtstaatlichen Organisation auftreten. 279 Eine gewisse Kompensation hierfiir kann jedoch darin gesehen werden, daß schriftliche Stellungnahmen von INGOs zu Themen, die von der Generalversammlung behandelt werden, vom Generalsekretär in einer Liste geführt werden und von den Mitgliedern der Generalversammlung angefordert werden können. 280 Regelungen, die Konsultationen zwischen INGOs und Treuhandrat vorsehen, bestehen nicht. Wie die Mitglieder der Generalversammlung haben die Mitglieder des Treuhandrates aber die Möglichkeit, auf schriftliche Stellungnahmen zuriickzugreifen, die sich auf der vom Generalsekretär angefertigten Liste befmden. 281 Auch rur die Einbeziehung von INGOs in die Arbeit des Sicherheitsrates bestehen bislang keine Regelungen. In der Praxis hat der Sicherheitsrat jedoch auf

U.N. Ooc. E/AC.70/1994, S. 42. A Guide to the Final Oocument of the Special Session on Oisarmament, U.N. Ooc. ST/OPII619, S. I; vgl. auch Blodgett (Anm. 269), S. 116; Hüfner (Anm. 227), Rz.20. 278 Schermers (Anm. 20 I), S. 110. 279 Hüfner (Anm. 227), Rz. 17. 280 Gunter, Toward a Consultative Relationship between the United Nations and Non-Governmental Organizations?, VanderbiltJTNL 1977, S. 582; White, International Non-GovernmentaIOrganizations, 1951, S. 260; Blodgett (Anm. 269), S. 115; daneben hat die Generalversammlung verschiedentlich INGOs aufgerufen, die Umsetzung ihrer Resolutionen zu unterstützen, Repertory of Practice, Vol. 111, S. 561; als Beispiel sei auf U.N. GA Res. 639 (VII) verwiesen. 281 Blodgett (Anm. 269), S. 118; White (Anm. 280), S.260; Gunter (Anm. 280), S. 582 weist darüber hinaus auf ein Petitionsverfahren hin, das INGOs offensteht, soweit die Bedingungen in den Treuhandgebieten betroffen sind; die praktische Bedeutung dieses Verfahrens ist heute allerdings gering. 276

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C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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die Liste der Mitteilungen nichtstaatlicher Organisationen zugreifen können. 282 Dariiber hinaus hat der Sicherheitsrat INGO wiederholt zur Mitwirkung bei der Umsetzung seiner Resolutionen aufgerufen und Staaten zur Duldung der Aktivitäten der INGOs aufgefordert. 283 Schließlich sind INGOs durch den Sicherheitsrat in die Resolution 688 miteinbezogen worden. Resolution 688 sieht nämlich vor, daß der Irak internationalen humanitären Organisationen sofortigen Zugang zu allen Hilfsbedürftigen in allen Teilen des Iraks gewähren möge. 284 Eine Berechtigung haben INGOs dadurch auf dem Gebiet der humanitären Hilfe indes nicht erfahren, da das Einverständnis des irakischen Staates zur Voraussetzung gemacht wurde. 285 2. Spezialorgane der Vereinten Nationen

INGOs sind auch an der Arbeit der Spezialorgane der Vereinten Nationen beteiligt. Da es jedoch nicht erkenntnisfördernd erscheint, die ganze Breite dieser Konsultativbeziehungen darzustellen, beschränkt sich die folgende Untersuchung auf die exemplarische Darstellung der Beziehungen zum Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen fiir Flüchtlinge, dem Weltkinderhilfswerk und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen. 286 a) Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) Auch der Hohe Kommissar für Flüchtlinge bezieht INGOs in seine Arbeit mit ein. Bestimmungen fiir die Zusammenarbeit trifft dabei bereits die Satzung

282 White (Anm. 280), S. 260; Blodgett (Anm. 269), S. 118; Gunter (Anm. 280), S.582. 283 Vgl. Blodgett (Anm. 269), S. 118, der als Beispiel einen Appell des Security Council Committee aus dem Jahre 1979 betreffend Südafrika anführt. 284 "Insists that Iraq allow immediate access by international humanitarian organizations to all those in need of assistance in all parts of Iraq ... ", U. N. SC Res. 688 (1991) Ziff. 3, in Res. 898 (\ 994) Ziff. 18, ist die Aufforderung weniger stark formuliert. 285 Beigbeder, The Role and Status of International Humanitarian Volunteers and Organizations, 1991, S. 406; vgl. auch Macalister-Smith (Anm. 244), S. 498. 286 Hinsichtlich der Konferenz über Handel und Entwicklung (UNCTAD), dem Development Fund for Women (UNIFEM), dem Welternährungsprogramm (WFP), dem United Nations Population Fund (UNFPA) und UN Centre for Human Settlement (Habitat) sei aufU.N. Doc. ElAC.70/l994, S. 61 ff. verwiesen; zum Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) vgl. Beigbeder (Anm. 285), S.56, 334; Hüfner (Anm.227), Rz. 13; Schulze, Nicht-Regierungsorganisationen und die Demokratisierung des VN-Systems, in: Die Reform der VN - Die Weltorganisation zwischen Krise und Erneuerung, 1994, S. 132, Fn. 29; UNDP, Human Development Report 1993.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

des Amtes des Hohen Kommissars287.288 Danach soll der Hochkommissar Dauerlösungen des Flüchtlingsproblems anstreben, indem er die Regierungen und vorbehaltlich der Genehmigung der betreffenden Regierungen, Privatorganisationen darin unterstützt, die freiwillige Repatriierung von Flüchtlingen oder deren Eingliederung in neue staatliche Gemeinschaften zu erleichtern. 289 Weiterhin hat der Hochkommissar rur den Schutz der Flüchtlinge zu sorgen, die unter die Zuständigkeit seines Amtes fallen, indem er mit Privatorganisationen Fühlung nimmt und die Koordinierung der Bemühungen privater Organisationen, die sich mit der Flüchtlingsvorsorge befassen, erleichtert. 29o Sind die Vorschriften der Satzung eher allgemein gehalten, so sieht die Verfahrensordnung des Exekutivausschusses rur Programme des Hochkommissars konkrete Regelungen fiir die Aufnahme von Konsultativbeziehungen zwischen Exekutivausschuß und INGOs vor. 291 Nach den Regeln 39 und 41 ist es Vertretern von INGOs, die Konsultativbeziehungen mit dem WSR unterhalten oder Mitglieder der Flüchtlingskommission der ständigen Konferenz der freiwilligen Hilfsorganisationen sind, möglich, dem Ausschuß gegenüber schriftliche oder mündliche Erklärungen abzugeben. Hinsichtlich des genauen Umfangs der Beteiligung wird auf die Regelungen des WSR verwiesen. 292 Die letztgenannten Regelungen, die sich an den Vorschriften des WSR orientieren, gewähren wie diese zwar kein Recht auf Aufnahme von Konsultativbeziehungen, wohl aber nach Einräumung des Konsultativstatus das Recht auf Unterbreitung schriftlicher Stellungnahmen und begrenzt auch ein Recht auf Anhörung. Der Satzung des Amtes des Hochkommissars lassen sich indes keine 287 Zur Arbeit des Flüchtlingskommissars allgemein siehe Türk, Das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR), 1992; v. Glahn, Der KompetenzwandeI internationaler Flüchtlingshilfeorganisationen, 1992. 288 U.N. GA Res. 428 (V), Annex, Statute ofthe Office ofthe United Nations High Commissioner for Refugees, GA OR Fifth Session, Supplement No. 20 (All 775); dt. Übersetzung bei v. Glahn (Anm. 287), S. 175 ff.; für die Auswahl der INGOs ist darüber hinaus das Dokument UNHCRlNGO-Partnership maßgeblich, vgl. U.N. Doc. ElAC.70/l994, S. 64. 289 U.N. GA Res. 428 (V), Ziff. I. 290 U.N. GA Res. 428 (V), Ziff. 8 (h), (i), erwähnt sei bereits an dieser Stelle, daß der Hochkommissar nach Ziff. 10 öffentliche oder private Geldmittel, die er zur Unterstützung von Flüchtlingen erhält, an private Stellen weiterleiten soll, die nach seiner Ansicht für die Durchführung solcher Hilfsmaßnahmen am besten geeignet sind; vgl. auch RP, Vol. III, S. 560 f., Ziff. 37. 291 Der Exekutivausschuß ist Nachfolgeorgan des UN High Commissioner's Advisory Committee on Refugees und für UNHCR-organisatorische Fragen zuständig, vgl. Türk (Anm. 287), S. 103; zur geschichtlichen Entwicklung dieses Organs vgl. Schnyder, Les aspects juridiques actuels du probleme des refugies, RdC 1965 I, S. 399 ff. 292 U.N. Doc. AlAC.96/187/Rev.4, Rules of Procedure for the Executive Committee ofthe High Commissioner's Programme, Regeln 39 bis 41; die Verfahrensordnung bezieht sich dabei auf die U.N. ECOSOC Res. 288 B (X), Ziff. 28 bis 30; vgl. zur vorhergenden Regelung U.N. Doc. AlAC.36/Rev.l; RP, Vol. III, S. 560, para. 37.

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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konkreten Rechte oder Pflichten entnehmen, da sie dem Hochkommissar Ermessen belassen, in welcher Form die Beziehungen zu INGOs ausgestaltet werden. 293 In der Praxis hat sich ein enges Konsultationsverhältnis zwischen Exekutivausschuß des Hochkommissars und INGOs ausgebildet. 294 Die Einteilung der INGOs in drei Kategorien folgt dabei dem Beispiel des WSR. 29S Die Anzahl der Organisationen, die den Konsultationsprozeß nutzen, erreicht jedoch bei weitem nicht die Zahl des WSR. Zwischen 80 und 100 nationale und internationale NGOs nehmen in der Regel am Konsultationsprozeß teil, wobei der Exekutivausschuß aber für die Aufnahme von Konsultationen nicht zwingend ein Konsultativverhältnis beim WSR voraussetzt. Vielmehr kommt es darauf an, daß die Organisation nicht politisch ist und humanitäre und soziale Ziele verfolgt. 296 Eine erste Konsultation der INGOs erfolgt regelmäßig eine Woche vor Sitzungsbeginn des Exekutivausschusses. Anschließend nehmen INGOs dann auch an den Sitzungen des Exekutivausschusses und des Hochkommissars teil, wobei es INGOs teilweise gelungen ist, auf die Gestaltung der Politik des Hochkommissars Einfluß zu nehmen. 297 Daneben fmden jährlich etwa 25 informelle Treffen mit nichtstaatlichen Organisationen statt. 298 Von größerer praktischer Bedeutung als die Konsultativbeziehungen sind jedoch die gemeinsamen Anstrengungen von UNHCR und INGOs, Flüchtlingsprogramme und Hilfsprojekte durchzuführen oder INGOs im Bereich der Entwicklungshilfe zu beteiligen. 299 Diese Beteiligung von nichtstaatlicher Organisationen an der Arbeit des UNHCR erreichte 1993 einen Umfang von etwa 300 Millionen US-Dollar und führte zur Projekteinbindung von mehr als 300 natio-

293 So aber Macalister-Smith (Anm. 244), S.489 unter Bezugnahme auf U.N. GA Res. 428 (V) und die Flüchtlingskonvention. 294 Beigbeder (Anm. 285), S. 27 tT. m.w.N.; Macalister-Smith (Anm. 244), S.492 unter Verweis auf.!aeger, in: Willetts, Pressure Groups in the Global System, 1982, S. 171-178; einen Uberblick über die Beteiligung von INGOs gibt auch Ho/born, Refugees: A Problem ofOur Time, Bd. I, 1975, S. 119 ff., 521 ff.; zu den Gründen vgl. Beatus, Interessengruppen in internationalen Organisationen, 1967, S. 86. 295 Hüfner (Anm. 227), Rz. 13. 296 Penrose/Seaman, The Save the Children Fund and Nutrition for Refugees, in: The Conscience ofthe World, The Intluence ofNon-Governmental Organizations in the UNSystem, 1996, S. 249; Beigbeder (Anm. 285), S. 29; U.N. Ooc. EIAC. 70/1994, S. 64 f. 297 Penrose/Seaman (Anm. 296), S. 241 beschreiben dies am Beispiel des Save the Children Fund; vgl. auch Ho/born (Anm. 294), S. 127. 298 U.N. Ooc. ElAC.70/1994/5, S. 64. 299 Vgl. "Refugee Aid and Oevelopment" vom 15. Oezember 1989, U.N. Ooc. NAC.961736, S. 13 ff., wo auf die große Bedeutung der Beteiligung nichtstaatlicher Organisationen hingewiesen wird; siehe auch Türk (Anm. 287), S. 241 f.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

nalen und internationalen NGOs. 30o Die Zusammenarbeit wird dabei durch Verträge geregelt, welche die gegenseitigen Rechte und Pflichten beider Parteien festlegen. Häufig ist in diesen Verträgen dabei eine Vereinbarung über die Art und Weise der finanziellen Zuwendungen des UNHCR an die ausführende INGO und die Modalitäten der Ausführung getroffen, wobei die Kosten der Projekte entweder vollständig oder nur zum Teil vom UNHCR getragen werden. 30 ) Die Aufgaben, die INGOs in diesen Verträgen zugewiesen werden, betreffen vor allem die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, Wasser und sanitären Einrichtungen, deren Unterbringung, die Gesundheitsfiirsorge sowie die Erziehung und Ausbildung. Die Kontrolle der Umsetzung des Projekts verbleibt jedoch in der Zuständigkeit des UNHCR. 302 Letztlich verbleibt es also bei diesen Verträgen bei einem Über-I Unterordnungsverhältnis von UNHCR und INGOs, so daß diese noch nicht dem Völkerrecht zugeordnet werden können. Wird mit der dargestellten Vertragspraxis im wesentlichen die tatsächliche Hilfe fiir Flüchtlinge angestrebt, so verfolgt der UNHCR daneben auch das Ziel, eine stärkere Einbeziehung der INGOs in den Dialog mit den betroffenen Regierungen zu erreichen. 303 Wegen der weltweit gestiegenen Bedürfnisse der Flüchtlinge bemühen sich UNHCR und INGOs dabei in jüngster Zeit, die gegenseitige Zusammenarbeit weiter zu verstärken. Zu diesem Zweck ist ein Prozeß zur Entwicklung einer partnerschaftlichen Beziehung begründet worden, der im Ergebnis zu einem Verhältnis der Gleichheit unter Anerkennung der unterschiedlichen Rollen von UNHCR und INGOs führen S0l1. 304

b) Weltkinderhilfswerk (UNICEF) Als weiteres Spezialorgan der Vereinten Nationen, welches INGOs in seine Arbeit miteinbezieht, ist das Weltkinderhilfswerk zu nennen. Dem sekundären 300 Romero-Perez, Partnership in Action, Refugee 1997, S. I; Penrose/Seaman (Anm. 296), S. 249; Beigbeder (Anm. 285), S. 29. 301 Beigbeder (Anm. 285), S. 29, der dieses an Beispielen aus Sambia, Honduras und Malaysia veranschaulicht; nach diesen Angaben wurde beispielsweise das Projekt in Sambia zu 85 % vom UNHCR finanziert; vgl. auch Ho/born (Anm. 294), S. 524, der einige bedeutende Partnerorganisationen nennt. 302 Türk (Anm. 287), S. 199. 303 Penrose/Seaman (Anm. 296), S. 249. 304 Vgl. dazu "Information Note on Parinac (UNHCRINGO Partnership in Action)" vom 23. September 1993, U.N. Doc. AlAC.96/INF.I77: "The much increased needs for concerted humanitarian action worldwide have shown c1early that this UNHCRINGO partnership needs to be strengthened and promoted"; mittlerweile haben sechs regionale Konferenzen und eine globale Konferenz zur Entwicklung dieses Prozesses stattgefunden; siehe auch Romero-Perez (Anm. 300), S. 2 f. mit weiteren Informationen; Penrose/Seaman (Anm. 296), S. 249 (

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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Recht dieser Organisation30S zufolge soll INGOs vor Sitzungsbeginn des Exekutivausschusses der UNICEF die vorläufige Tagesordnung der Sitzungen des Ausschusses zugeleitet werden. Eine Möglichkeit der Einflußnahme auf die Tagesordnung ist im Gegensatz zum WSR nicht gegeben. Den INGOs verbleibt lediglich das Mittel der Konsultation, um auf diese Einfluß zu nehmen. Weiterhin können sie schriftliche Stellungnahmen einreichen, welche die Arbeit des Exekutivausschusses betreffen. Für die öffentlichen Sitzungen des Exekutivausschusses können INGOs dann Vertreter zur Teilnahme an den Sitzungen bestimmen. Mitglieder des NGO-Ausschusses bei der UNICEF, die aufgefordert werden, vor dem Exekutivausschuß zu sprechen, sollen sogar am Verhandlungstisch Platz nehmen dürfen. Anderen Vertretern nichtstaatlicher Organisationen kann eine Anhörung durch Vereinbarung mit dem Vorsitzenden ermöglicht werden. 306 Die Bestimmungen zum Konsultationsverhältnis zwischen Exekutivauschuß und INGOs sind weitgehend denen des WSR nachgebildet. Wie in Resolution 1296 macht auch der Wortlaut der UNICEF-Regelungen deutlich, daß INGOs bestimmte Rechte eingeräumt werden. 307 Anders als beim WSR stehen bei der UNICEF jedoch die Beteiligungsrechte im Vordergrund; Pflichten und Sanktionen sind dagegen nur sehr schwach ausgestaltet. 308 In der Praxis hat die Beteiligung nichtstaatlicher Organisationen an der Arbeit der UNICEF große Bedeutung erlangt. Allein mehr als 140 nationale und internationale NGOs haben sich dem NGO-Ausschuß angeschlossen, weitere Organisationen unterhalten vom NGO-Ausschuß unabhängige Konsultativbeziehungen. 309 Da eine Einteilung in Kategorien für den Exekutivausschuß nicht vorgenommen worden ist, 305 Zur Arbeit des Hilfswerkes alIgemein vgl. Karunatilleke, Le Fonds des Nations Unies pour l'Enfance, 1967; Black, The Children and the Nations, 1986. 306 Rules Governing Relationship with Non-Governmental Organizations Committee on UNICEF, abgedruckt in: United Nations International Children's Emergency Fund, Report of the Executive Board, U.N. ECOSOC OR (XIV), Suppl. No. 7, S. 64; ergänzende Regelungen finden sich in den Rules of Procedure of the Executive Board vom 20. Mai 1994, U.N. Doc. E/ICEF/I77/Rev.6, Regel 50.2 und Annex Anm. 2.(c). 307 So das Recht auf die Übermittlung der vorläufigen Tagesordnung oder das Recht zur Eingabe schriftlicher Mitteilungen; dagegen verbleibt die Entscheidung über die Zulassung mündlicher Beiträge im Ermessen des Exekutivausschusses; diese Ansicht scheint auch Karunatilleke (Anm. 305), S. 95 zu vertreten, wenn er von Rechten und Privilegien spricht. 308 Als Pflicht ist hier die, bisher nicht genannte, Aufforderung zur Berücksichtigung der StelIungnahme des Exekutivdirektors zu schriftlichen Eingaben von INGOs zu nennen, vgl. Rules, Anm. 5 c). 309 Vgl. Zizzamia, NGO/UNICEF Cooperation, A Historical Perspective, UNICEF History Series, Monograph V, S. 76; neben Beziehungen zum Exekutivausschuß unterhalten INGOs vor alIem Beziehungen zum Programmausschuß der UNICEF; siehe "Basic Information on Non-Governmental Organizations Having Consultative Status with UNICEF" vom 22. Oktober 1980, U.N. Doc. ElICEF/NG0/79/Rev.4, S. I.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

stehen diesen Organisationen auch weitgehend die gleichen Partizipationsrechte zu.3\O Für die möglichst wirkungsvolle organisatorische Umsetzung der Regelungen zur Konsultation ist auf seiten der nichtstaatlichen Organisationen der NGO-Ausschuß, auf seiten des Exekutivausschusses ein Verbindungsbeamter zuständig. 311 Während von der UNICEF die Konsultativbeziehungen vor allem dazu genutzt werden, Informationen über die Arbeit der Organisation zu verbreiten,312 hat sich in der Vergangenheit die Mitarbeit der INGOs nicht auf diese Aufgabe beschränkt. Häufig haben INGOs auch hier versucht, auf Sitzungen der UNICEF auf Entscheidungen der Organisation Einfluß zu nehmen. Der Tätigkeitsbereich reicht dabei von Problemen der Gesundheitsvorsorge fiir Mutter und Kind bis zu Fragen der Erziehung. 313 In einzelnen Fällen hat die Arbeit der INGOs auch Wirkung gezeigt. So dürfte beispielsweise die von der UNICEF in Zusammenarbeit mit der WHO erarbeitete Richtlinie betreffend das Marketing von Mutterrnilchersatz letztlich auf eine INGO-Kampagne gegen die Marketingspraxis der Nahrungsmittelindustrie auf den Gebiet der Kinderernährung zurückzuführen sein. 314 Von großem Gewicht fiir die Entscheidungspraxis der UNICEF ist ferner die Einbeziehung von INGOs in die Vorbereitung und Durchführung von Regierungskonferenzen. Anders als bei der Einbeziehung in die Arbeit des Exekutivausschusses werden Vertreter von INGOs nämlich hier auch als offizielle Teilnehmer in die Konferenzen einbezogen, wobei ihnen die gleiche Stellung wie Regierungsdelegierten eingeräumt wird. 315 Über die Konsultativbeziehungen hinaus werden INGOs an der Umsetzung von Konventionen sowie der Durchführung von Programmen und Hilfsaktionen der UNICEF beteiligt.316 Insbesondere im Programmbereich der Organisation

Siehe Hüfner (Anm. 227), Rz. 13; Karunatilleke (Anm. 305), S. 96. U.N. Ooc. E/AC.70/1994/5, S. 63. 312 V gl. Zizzamia (Anm. 309), S. 10; Black (Anm. 305), S. 232. 313 Einen sehr ausführlichen Überblick gibt Zizzamia (Anm. 309), S. 16 ff.; besonders erwähnt sei an dieser Stelle das seit 1984 jährlich veranstaltete NGO-Forum, das in Verbindung mit dem Exekutivausschuß stattfindet; vgl. beispielsweise für das 5. Forum zum Thema "Challenge for the 1990s ... planing for children", UNICEF, Report of the Executice Board, U.N. ECOSOC OR (1989), Suppl. 12, S. 16. 314 Zizzamia (Anm. 309), S. 24 ff. 315 An dieser Stelle sei insbesondere auf die Konferenz von Alma Ata im Jahre 1978 hingewiesen, die sich mit Fragen der Gesundheitsfürsorge befaßte; zum Positionspapier nichtstaatlicher Organisationen für diese Konferenz vgl. "Report of the Executive Board", U.N. Ooc. E/ICEF/661, para. 118; zur Konferenz selbst siehe Zizzamia (Anm. 309), S. 20. 316 Besonders hervorzuheben ist die Bedeutung der INGOs hinsichtlich der Umsetzung und Überwachung der Konvention zum Schutz des Kindes; vgl. "Report of the Executive Oirector" vom 6. April 1994, U.N. Ooc. E/ICEF/l994/2 (Part 11) (Report 310 311

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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ist seit 1987 eine wachsende Beteiligung von INGOs zur verzeichnen. So haben INGOs Aktivitäten zur Verbesserung der Ernährungssituation und der Gesundheitsfürsorge von Kindern entwickelt, Impfungen von Kindern durchgefiihrt und Aidsvorsorge durch Aufklärungsmaßnahmen betrieben. 317 Seit dem Weltkindergipfel unterstützen sie darüber hinaus einzelne Staaten bei der Entwicklung und Umsetzung nationaler Aktionsprogranune zur Verbesserung der Situation der Kinder. 318 Zunehmend leisten INGOs auch in Notsituationen Hilfe, wobei die Organisation der Aktionen durch die UNICEF, die Hilfeleistung vor Ort jedoch durch INGOs erfolgt.319 Für diese Aktionen wurden INGOs allein 1994 elf Milliarden US-Dollar für die Ausführung von Hilfsaktionen zur Verfiigung gestellt, während den Vereinten Nationen selbst lediglich sieben bis acht Milliarden US-Dollar zur Verfiigung standen. 32o Aufgrund dieser wichtigen Funktionen von INGOs bei der Durchführung von Progranunen und Hilfsaktionen wird nunmehr, wie beim UNHCR auch, verstärkt auf die Entwicklung eines partnerschaftlichen Verhältnisses von UNICEF und nichtstaatlichen Organisationen hingewirkt. 321

1994), S.65; "Report of the Executive Director" vom 17. April 1996, V.N. Doc. ElICEF/1996/1O Part. I, S. 31. 317 Vgl. Report 1994 (Anm. 316), S.66; Hüfner (Anm. 227), Rz. 18; Beigbeder (Anm. 285), S. 40; Zizzamia (Anm. 309), S. 26, der besonders die Aktivitäten im Bereich der Verbesserung der Ernährungssituation der Kinder herausstellt. 318 So nahmen INGOs beispielsweise als vollwertige Mitglieder an der Afrikanischen Hilfskonferenz teil; siehe "Non-Governmental Organizations Committee on UNICEF Statement to UNICEF Executive Board" vom 28. April 1993, V.N. Doc. EIICEF/1993/NG0/1, S. 2. 319 So versorgte UNICEF 1993 von Kenia aus 30 nationale und internationale NGOs im Südsudan und weitere 40 in Somalia mit Hilfsgütern, die von den Organisationen vor Ort verteilt wurden; im gleichen Jahr leisteten UNICEF und INGOs in Ruanda Hilfe, "UNICEF Emergency Operations" vom 28. Dezember 1994, V.N. Doc. E/ICEF/1995/5, S. 31; vgl. ferner "UNICEF Emergency Operations" vom 24. Februar 1993, V.N. Doc. ElICEF/1993/11, S. 9 mit Ausführungen zu Hilfsaktionen in Somalia, Irak und Jugoslawien. 320 "Statement of the Non-Governmental Organizations (NGO) Committee on UNICEF" vom 20. September 1995, V.N. Doc. E/ICEF/1995/NGO/5, S. 31; vgl. darüber hinaus Beigbeder (Anm. 285), S. 40; Zizzamia (Anm. 309), S. 45. 321 Gerade von Seiten der nichtstaatlichen Organisationen wird auf eine stärkere Einbeziehung gedrängt, vgl. "Statement of the Non-Governmental Organizations Committee on UNICEF to UNICEF Executive Board at its Annual Session 1996, 17. - 21. June 1996" vom 17. Juni 1996, V.N. Doc. E/ICEF/1996/NGO/3, S. I; diese Forderung wurde jedoch bereits durch eine von der VNICEF in Auftrag gegebene Studie erhoben, vgl. "Statement of the Non-Governmental Organizations Committee on VNICEF on the Booz Allen Hamilton Study", vom 30. Januar 1995, V.N. Doc. E/ICEF/1995/NGO/I, S. I.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

c) Umweltprogranun der Vereinten Nationen (UNEP) Die Einbeziehung von INGOs in die Arbeit des Umweltprogranuns der Vereinten Nationen322 ist bereits in Resolution 2997 (XXVII) der Generalversanunlung angelegt. In dieser Resolution werden diejenigen nichtstaatlichen Organisationen, die mit Umweltfragen befaßt sind, ersucht, den Vereinten Nationen volle Unterstützung und Zusanunenarbeit zu gewähren, um ein größtmögliches Maß an Zusanunenarbeit und Koordinierung zu erreichen. 323 Um diese Aufforderung umzusetzen, hat die UNEP in Regel 69 der Verfahrensordnung des Verwaltungsrates die Einbeziehung von INGOs vorgesehen. Nach dieser Regel ist es den in Resolution 2997 (XXVII) genannten INGOs gestattet, Beobachter in öffentliche Sitzungen des Verwaltungsrates der UNEP und seiner Nebenorgane zu entsenden. Auf Einladung des Präsidenten oder Vorsitzenden und mit Zustimmung des Verwaltungsrates ist es ihnen auch möglich, mündliche Stellungnahmen abzugeben, soweit diese ihren Tätigkeitsbereich betreffen. Schriftliche Mitteilungen, die der Organisation von INGOs zur Verfügung gestellt werden, sollen durch das UNEP-Sekretariat verteilt werden. 324 Auch im Rahmen der UNEP ist die Einräumung des Konsultativstatus mit der Gewährung von Rechten verbunden. Diese folgen nicht schon aus Resolution 2997 (XXVII), da diese Resolution lediglich eine unverbindliche Aufforderung enthält. Etwas anderes ergibt sich jedoch aus der Verfahrensordnung des Verwaltungsrates. Der Wortlaut macht nämlich deutlich, daß sowohl die Einreichung von schriftlichen Mitteilungen als auch die Teilnahme an den öffentlichen Sitzungen des Verwaltungsrates als Berechtigungen verstanden werden. Besondere Pflichten der INGOs oder Sanktionen sind in der Verfahrensordnung nicht vorgesehen. Auf der Grundlage der Verfahrensordnung sind INGOs in vielfältiger Weise an der Arbeit der UNEP beteiligt.325 Um die Einbeziehung der INGOs zu erleichtern, ist von seiten der nichtstaatlichen Organisationen das Environment

322 Vgl. allgemein zur UNEP Kilian, Umweltschutz durch Internationale Organisationen, 1987, S. 234 ff.; ders., UNEP-United Nations Environment Programme, in: United Nations, Vol. 2, S. 1296 tf. 323 U.N. Resolution 2997 (XXVII) "Institutional and Financial Arrangements for International Environmental Cooperation (United Nations Environment Programme)" vorn 15. Dezember 1972~ U.N. GAOR, 27th Session, Suppl. No. 30, S.43, U.N. Doc. N8730 (1972); dt. Ubersetzung bei Knipping/v. Mangoldt/Riltberger, Das System der Vereinten Nationen und seine Vorläufer, Bd. 1/1,1995, S. 791 ff. 324 U.N. Doc. UNEP/GC/3/Rev.3, "Rules of Procedure of the Governing Council" vorn 4. Januar 1988; zur älteren Praxis der Einbeziehung von INGOs siehe Blodgelt (Anm. 269), S. 93. 325 Eine Einteilung in Kategorien erfolgt dabei nicht, vgl. Hüfner (Anm. 227), Rz. 13.

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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Liaison Centre (ELC) eingerichtet worden,326 dessen wichtigste Funktion darin besteht, die Öffentlichkeit über die UNEP und ihre Aktivitäten zu infonnieren. 327 Von größerer Bedeutung rur INGOs ist jedoch ihre Beteiligung an der Gestaltung von Politik und Programmen der UNEP. Das wohl erfolgreichste Beispiel bildet hier die World Conservation Strategy, die gemeinsam von UNEP, World Conservation Union (IUCN) und World Wide Fund for Nature (WWF) erarbeitet wurde, um Prinzipien rur die Erhaltung lebender Ressourcen und deren nachhaltige Nutzung festzulegen. 328 Zunehmend beteiligen sich INGOs auch an der Überwachung von Umweltstandards. 329 Das wohl erste Beispiel dieser Art bildete die vorübergehende Übernahme der Sekretariatsaufgaben des Washingtoner Artenschutzabkomrnens durch die IUCN. Eine Institutionalisierung dieses Prozesses ist nunmehr mit Schaffung des World Conservation Monitoring Center erfolgt. In dieser Einrichtung von UNEP, IUCN, WWF und World Resources Institute (WRI) widmen sich nämlich UNEP und INGOs gemeinsam der Kontrolle der Entwicklung der Artenvielfalt. 33o Darüber hinaus haben UNEP, UNESCO und der International Council for Scientific Unions (ICSU) mit der Entwicklung eines weltweiten gemeinsamen Systems zur Klimaüberwachung begonnen. 331 Neben dieser institutionalisierten Form der Überwachung

326 Vgl. zum ELC Ca/dweil, International Environmental Policy, 1984, S.97; Morphet, NGO's and the Environment, in: The Conscience of the World, The Intluence of Non-Governmental Organizations in the UN-System, 1996, S. 127. 327 Vgl. U.N. Doc. UNEP/Ser.3 "1993, Annual Report of the Executive Director", S. 128, der dazu ausführt, daß UNEP die Herausgabe der Zeitschrift "Ecoforum" durch die ELC unterst.litzt; daneben geht der Bericht auf weitere Formen der Zusammenarbeit im Bereich der Offentlichkeitsarbeit ein. 328 Vgl. dazu Sands, Principles of international environmental law, Vol. I, 1995, S. 97; Thacher, The Role of the United Nations, in: The International Politics of the Environment, 1991, S. 189; BirnielBoy/e, International Law and the Environment, 1992, S. 78; kritisch zur RoBe der INGOs Garner, Transnational Alignment of Nongovernmental Organizations for Global Environment Action, VandJTL 1990, S. 1066. 329 Dies ist auch in dem Bericht der Brundtland-Kommission festgehalten, vgl. WCED, "Our Common Future" 1987, S. 12-17; die RoBe der INGOs ist ferner von der Generalversammlung der Vereinten Nationen ausdrücklich gewürdigt worden, U.N. GA Res. 39/229 "Protection against Products harmful to health and the Environment" vom 11. Februar 1985. 330 Die Übernahme der Sekretariatsaufgaben erfolgte durch Vertrag und wird seit 1984 durch die UNEP selbst wahrgenommen, U.N. Doc. UNEP/Ser.3, 1992 Annual Report of the Executive Director (Annual Report 1992), S. 45; vgl. den Text des Artenschutzabkommens von 1973 bei Hohmann (ed.), Basic Documents ofInternational Law, Vol. II1, 1992, S. 1346 tT.; das World Conservation Monitoring Center wurde dann im Jahre 1988 ins Leben gerufen; vgl. zu weiteren Informationen www.wcmc.org.uk. 331 Morphet (Anm. 326), S. 140 unter Verweis auf U.N. Doc. E/CN. I 7/1993/14 "Information Provided by the United Nations Environment Programme on the Implementation of Agenda 21" vom 7. Juni 1993; gelegentlich wird für die erwähnten Organisatio11 Hempel

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

von Umweltstandards bemühen sich INGOs in zahlreichen Einzelfällen um eine Beachtung des Umweltschutzes. Im Bereich des Artenschutzes ist es so beispielsweise dem WWF durch Intervention beim Sekretariat des Washingtoner Artenschutzabkommens gelungen,332 den Schutz des afrikanischen Elefanten zu verbessern und ein Verbot des Elfenbeinhandels zu erreichen. 333 Schließlich ist an dieser Stelle zu erwähnen, daß auch die UNEP dazu übergegangen ist, verschiedene Programme und Projekte in Kooperation mit INGOs durchzuführen. 334 Dabei gewährt die UNEP zahlreichen INGOs finanzielle Unterstützung zur Durchführung der Projekte, wobei jeweils genau festgelegt ist, welche Ziele angestrebt, welche Aktivitäten zur Verwirklichung unternommen und welche Leistungen nach Abschluß des Programms vorgewiesen werden sollen. 335

3. Konferenzen der Vereinten Nationen Die Möglichkeit der Teilnahme von INGOs an Konferenzen des WSR ist bereits in den Resolutionen betreffend den allgemeinen Konsultativstatus beim Rat vorgesehen. Erforderlich ist lediglich eine Einladung der INGOs durch den WSR. Ist eine solche erfolgt, sollen INGOs die gleichen Rechte und Privilegien, aber auch Pflichten zukommen wie bei Teilnahme an den Sitzungen des WSR. Eine Ausnahme gilt in den Fällen, in denen der Rat anders entscheidet. 336 In der Praxis ist INGOs schon früh die Teilnahme an den Konferenzen des WSR ermöglicht worden, die von den INGOs mit den damit verbundenen Rechten und Privilegien auch genutzt wurde. 337

nen auch der Ausdruck "Quasi Governmental Organizations" verwendet, vgl. Kilian (Anm. 322), S. 232. 332 Angemerkt sei, daß das Sekretariat als Unterorgan der UNEP handelt, Annual Report 1992, S. 45. m Vgl. Sands, The Role of Non-Governmental Organizations in Enforcing Environmental Law, in: Control over Compliance with International Law, 1991, S. 65. 334 Kilian (Anm. 322), S. 278; ein Beispiel fiir den Bereich des Artenschutzabkommens findet sich in U.N. Ooc. UNEP/Ser.3 "UNEP Annual Report 1992", S. 45. 335 Vgl. in "Report on New Projects 1995", U.N. Ooc. UNEP/SER. 18 nur "Instituti on aI Support to the World Conservation Monitoring Centre", S.39; "Support for the preparation of Global Strategies and Action Plans for Elephant and Rhinoceros Conservation", S. 39; "Support to Earth Report", S. 142. 336 U.N. ECOSOC Res. 1296 Ziff. 34; eine Regelung fiir die Beteiligung von INGOs an Konferenzen des WSR sah bereits U.N. ECOSOC Res. 288 B (X), Ziff. 33 vor; vgl. auch allgemein FeldlJordan, International Organizations: A Comparative Approach, 1983, S. 239 ff. 337 Für die Konferenz betreffend den Status der Staatenlosen im Jahre 1954 wurde beispielsweise auf der ersten Sitzung beschlossen, von der Möglichkeit der Einbeziehung von INGOs mit Konsultativstatus beim WSR nach U.N. ECOSOC Res. 288 B (X) Gebrauch zu machen, U.N. Ooc. E/CONF. I 7/SR.1 , S. 7; von der Möglichkeit zur

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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Im Gegensatz zu den Regelungen des WSR war eine Konsultation von INGOs für Konferenzen der Generalversammlung nicht vorgesehen. So ist es nicht verwunderlich, daß beispielsweise für die Seerechtskonferenz im Jahre 1958 weder in der Initiativresolution 1105 (XI) noch in der Verfahrensordnung der Konferenz Regelungen für eine Beteiligung nichtstaatlicher Organisationen getroffen worden war. 338 Dennoch bemühten sich INGOs, auf verschiedenen Wegen auf die Konferenz Einfluß zu nehmen. Die World Federation for the Protection of Animals (WPA) unternahm dazu den Versuch, direkt auf die Regierungen einzuwirken, indem sie eine Note an alle Delegationen der Konferenz sandte, in der sie sich gegen bestimmte, grausame Methoden der Tötung von Walen und Seehunden wandte. In Verfolgung dieses Zieles versuchte die Organisation, die Delegationen von der Notwendigkeit zu überzeugen, einen Artikel zum Schutz der Tiere in die Fischereikonvention aufzunehmen. Schließlich erklärte sich dann die nepalesische Delegation zur Einbringung dieses Vorschlags bereit. 339 Auch dieser gelang es zwar nicht, die Aufnahme eines Artikels in die Konvention zu erreichen, wohl aber verabschiedete die Konferenz eine Resolution, welche die Staaten dazu aufforderte, humanere Methoden des Fangens und Tötens von Meereslebewesen vorzuschreiben. 34o Ein Wandel hinsichtlich der Einbeziehung von INGOs in die Arbeit der Konferenzen der Generalversammlung trat in den 60er Jahren ein. 341 Von Fall zu Fall wurde dabei entschieden, unter welchen Voraussetzungen INGOs konsultiert werden sollten. 342 Einen Höhepunkt erreichte die Einbeziehung von INGOs 1972 auf der Umweltkonferenz von Stockholm. Schon in der Initiativresolution der Generalversammlung wurde der Generalsekretär dazu aufgerufen, bei der Erstellung eines Berichtes in Vorbereitung auf die Konferenz Beiträge von geschriftlichen Mitteilung hat nachweisbar der Jüdische Weltkongreß Gebrauch gemacht, vgl. U.N. Doc. E/CONF.17/NGO.1. 338 In U.N. GA Res. 1105 (XI) "International conference of plenipotentiaries to examine the law of the sea" werden nur die Sonderorganisationen und andere zwischenstaatliche Einrichtungen dazu eingeladen, Beobachter zu entsenden; die Verfahrensordnung U.N. Doc. AlCONF.13/35 sieht in Art. 63 ebenfalls nur die Beteiligung dieser beiden Gruppen vor. 339 Schermers, International Institutional Law, 1980, § 761 verweist auf U.N. Doc. AlCONF. 13/C3/L6. 340 U.N. Doc. AlCONF.I3/38, S. 144 "Humane Killing of Marine Life" vom 25. April 1958. 34\ Willetts, The Pattern of Conferences, in: Global Issues in the United Nations Framework, 1989, S. 51 schildert jedoch sehr anschaulich, daß die Einbeziehung keineswegs immer unproblematisch war; so sah sich der Vorbereitungsausschuß rur die Menschenrechtskonferenz im Jahre 1968 nicht dazu in der Lage, eine Entscheidung über die Beteiligung von INGOs zu treffen und verwies die Frage an die Generalversammlung; diese wiederum ließ die Beteiligung nur unter eingeschränkten Bedingungen zu; siehe auch U.N. Doc. AlCONF.32/PCI7. 342 U.N. Doc. E/AC. 70/1994/5, S. 30.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

eigneten INGOs zu berücksichtigen. 343 Die Verfahrensordnung der Konferenz sah dann vor, daß zur Konferenz eingeladene INGOs als Beobachter an den Sitzungen der Konferenz und ihrer Hauptausschüsse teilnehmen konnten. 344 Im Falle einer Aufforderung durch den Präsidenten oder den Vorsitzenden und mit Zustimmung des betreffenden Organs sollten sie auch mündliche Stellungnahmen abgeben können. 345 Daß mit dieser Regelung durchaus eine Berechtigung von eingeladenen INGOs erstrebt war, folgt auch in diesem Fall aus dem klaren Wortlaut der Verfahrensordnung. Zu der Konferenz wurden sowohl INGOs mit als auch ohne Konsultativstatus beim WSR eingeladen. 346 237 INGOs folgten der Einladung und nahmen an mindestens einer Sitzung der Konferenz oder ihrer Gremien teil, wobei einigen wenigen INGOs die Möglichkeit zur mündlichen Stellungnahme gegeben wurde. 347 Über die Beteiligung an der offiziellen Konferenz hinaus unternahmen nichtstaatliche Organisationen parallel zur Konferenz zahlreiche andere Aktivitäten. Besonders zu erwähnen sind dabei die Veranstaltung eines eigenen NGOForums und die Herausgabe einer Konferenzzeitung. 348 Daß der Beitrag der INGOs zur Arbeit der Konferenz von den Delegationen insgesamt positiv beurteilt wurde, läßt sich am Aktionsplan ablesen, der von der Konferenz beschlossen wurde, und ausdrücklich eine Zusammenarbeit von staatlichen, zwischen-

343 "The Problem of Human Environment" vom 6. Dezember 1968, U.N. GA Res. 2398 (XXIII); die tatsächliche Rolle der INGOs ging über diese Resolution hinaus; so forderte der Generalsekretär der Konferenz einen besonderen Ausschuß der ICSU (SCOPE) dazu auf, einen Vorschlag für die Gestaltung eines weltweiten Umweltüberwachungssystems zu erstellen; siehe Smith, The Role of Special Purpose and Nongovemmental Organizations in the Environmental Crisis, 10 1972, S. 318. 344 Eingeladen werden sollten sowohl INGOs mit Konsultativstatus beim WSR als auch andere NGOs internationalen Charakters, soweit sie mit Gegenständen der Konferenz befaßt waren; die Organisationen wurden dann in zwei Kategorien mit verschiedenen Beteiligungsrechten eingeteilt; vgl. U.N. Doc. NCONF.48/PC.II, S. 65, NCONF.48/PC.13, S. 44 sowie "United Nations Conference on the Human Environment" vom 20. Dezember 1971, U.N. GA Res. 2850 (XXVI). 345 "Provisional rules of procedure" vom 28. Dezember 1971, U.N. Doc. NCONF.48/3, S. 11. 346 Morphe!, NGO's and the Environment, in: The Conscience ofthe World, The Intluence ofNon-Governmental Organisations in the U.N.-System, 1996, S. 124. 347 Zu dieser Zahl sowie einer Untersuchung der teilnehmenden INGOs siehe Feraru, Transnational Political Interests and the Global Environment, 10 1974, S. 36, die auf S.48 die Internationale Handelskammer, die World Society for Ekistics und das Boy Scouts World Bureau als Konferenzredner nennt; eine Aufstellung der teilnehmenden INGOs findet sich in "List of Observers of Non-Governmental Organizations at the United Nations Conference on the Human Environment" vom 10. November 1972, U.N. Doc. NCONF.48/INF.6/Rev.l. 348 Feraru (Anm. 347), S. 48 f.; Morphe! (Anm. 346), S. 124 f.; De Lupis, The Human Environment: Stockholm and its Follow Up, in: Global Issues in the United Nations Framework, 1989, S. 212 f.

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen bei der Umsetzung des Aktionsplanes vorsieht. 349 Die 1974 vom WSR in Rom veranstaltete World Food Conference bietet ein ganz ähnliches Bild. Auch die Verfahrensordnung dieser Konferenz sah vor, daß eingeladene INGOs Vertreter zur Teilnahme an der Konferenz und ihrer Hauptausschüsse bestimmen konnten. 35o Auf Aufforderung konnten Vertreter von INGOs mündliche Stellungnahmen abgeben. Schriftliche Stellungnahmen von INGOs sollten durch das Sekretariat weitergeleitet werden, sofern sie in einer Konferenzsprache abgefaßt waren und nicht mehr als 500 Wörter überschritten. Umfassendere Stellungnahmen sollten vom Sekretariat nur in der von den INGOs zur Verfügung gestellten Anzahl von Exemplaren verteilt werden. 351 Auch der Verfahrensordnung dieser Konferenz ist eine Berechtigung der INGOs zu entnehmen, soweit sie zur Konferenz eingeladen sind. In der Praxis wurde die Möglichkeit der Teilnahme an der Konferenz von 100 nationalen und internationalen NGOs genutzt. Daneben haben zwischen 350 und 400 nichtstaatliche Organisationen an anderen Veranstaltungen am Konferenzort teil genommen. 3S2 Der Beitrag der INGOs zur Konferenz war beachtlich. So gelang es INGOs mit der Unterstützung von 24 Entwicklungsländern, die Entschließung über die Schaffung eines wünschenswerten Gleichgewichts zwischen Bevölkerungszahl und Nahrungsmittelangebot zu initiieren. 3S3 Auch die Vertreterinnen verschiedener Frauenorganisationen unterbreiteten erfolgreich einen Resolutionsvorschlag über die Rolle der Frau in der Nahrungsmittelproduktion. 354 Einige Beobachter dieser Konferenz gingen gar soweit zu behaupten, daß es nur wenige Vorschläge gab, die nicht die Bedenken nichtstaatlicher Organisationen berücksichtigten. 355 Das Ergebnis der Konferenz dürfte dabei wohl auch durch Aktivitäten beeinflußt worden sein, die außerhalb der offiziellen Ver349 "An Aetion Plan for the Human Environment" vom 9. Februar 1972, V.N. Ooe. NCONF.48/5, S. 36 f. 350 Naeh "Preparations for the World Food Conferenee" vom 15. Mai 1974, V.N. ECOSOC Res. 1840 (LVI) sollten sowohl Organisationen mit Konsultativstatus beim WSR als aueh andere geeignete niehtstaatliehe Organisationen eingeladen werden. 351 Provisional Rules of Proeedure for the Conferenee, VN Ooe. E/CONF.65/2, S. 15; siehe zur Annahme der vorläufigen Verfahrensordnung "Report of the World Food Conferenee", V.N. Ooe. E/CONF.65/20, S. 28. 352 Oie offizielle Zahl findet sieh in der "Provisional List of Non-Govemmental Organizations" UN Ooe. E/CONF.65/NGO/Mise.l; die Zahl der sonstigen teilnehmenden niehtstaatIiehen Organisationen wird von Weiss/Jordan, The World Food Conferenee and Global Problem Solving, 1976, S. 131 genannt. 353 "Aehievement of a Stable Balanee Between Population and Food Supply", UN Ooe. E/CONF.65/C.I/L.14 vom 9.11.1974; vgl. aueh Engels/Khan/Matthies, We\twirtsehaftsordnung am Wendepunkt: Konflikt oder Kooperation?, 1975, S. 20 I. 354 Women and Food, UN Ooe. E/CONF.65/C.I/L.13 vom 9.11.1974. 355 Weiss/Jordan (Anm. 352), S. 134; vgl. zu weiteren Gebieten der Aktivität von INGOs Engels/Khan/Matthies (Anm. 353), S. 201.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

anstaltungen stattfanden, wie die Veranstaltung eines Expertenforums und die Herausgabe einer Zeitung durch nichtstaatliche Organisationen. Schließlich nutzten Vertreter die Gelegenheit der Konferenzteilnahme zu zahlreichen inoffiziellen Begegnungen mit Regierungsdelegierten. 356 Eine neue Qualität erreichte die Partizipation von INGOs 1992 mit der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro. 357 Bereits in der Initiativresolution der Generalversammlung wurden INGOs dazu aufgerufen, gegebenenfalls Beiträge zur Konferenz zu leisten. 358 Für die Teilnahme von INGOs an den Sitzungen des Vorbereitungsausschusses zur Konferenz wurden die Voraussetzungen dann in den Entscheidungen 1/1 und 2/1 geregelt. Danach konnten relevante INGOs auf eigene Kosten schriftliche Stellungnahmen abgeben. INGOs mit Konsultativstatus beim WSR sollte die Gelegenheit gegeben werden, vor der Vollversammlung des Vorbereitungsausschusses und den Arbeitsgruppen zu sprechen; andere INGOs sollten um das Rederecht ersuchen können. Bei einer zu großen Zahl von Ersuchen sollte eine Gruppenbildung der INGOs erfolgen und die mündliche Stellungnahme durch einen Sprecher wahrgenommen werden. Die Entscheidung 2/1 stellte jedoch ausdrücklich klar, daß die Einräumung des Rederechts im Ermessen des Vorsitzenden und des Vorbereitungsausschusses verblieb. 359 Die genannten Regelungen waren schließlich auch für die Akkreditierung der INGOs zur Konferenz selbst maßgebend, da die Generalversammlung in Resolution 46/168 entschied, daß alle INGOs, die bis zum Ende der vierten Tagung des Vorbereitungsausschusses zur Mitarbeit im Ausschuß akkreditiert waren, als Beobachter zur Konferenz eingeladen werden sollten. 36o Der Umfang der Be356 Vgl. Weiss/Jordan (Anm. 352), S. 133 ff.; das Dokument des Expertenforums ist als UN Doc. E/CONF.65/14 veröffentlicht. 357 Eine Aufstellung weiterer wichtiger Konferenzen in neuerer leit, an denen INGOs teilgenommen haben, findet sich in U.N. Doc. E/AC.70/1994/5, S. 31 ff. 358 "United Nations Conference on Environment and Development" vom 22. Dezember 1989, U.N. GA Res. 44/228. 359 Dec. I/I ofthe Preparatol)' Committee ofthe United Nations Conference on Environment and Development, Role of non-governmental organisations in the preparatol)' process for the United Nations Conference on Environment and Development, U.N. Doc. A/45/46, S. 22 f., von der Generalversammlung angenommen in "United Nations Conference on Environment and Development" vom 21. Dezember 1990, U.N. Doc. A/Res. 45/211 liff. 13, Dec. 2/1 of the Preparatol)' Committee of the United Nations Conference on Environment and DeveJopment, Procedure for determining nongovernmental organisation's competence and relevance to the work of the Preparatol)' Committee, U.N. Doc. A/46/48, abgedruckt in: Willetts (ed.), The Conscience of the World, The Influence of Non-Governmental Organisations in the U.N.-System, 1996, Appendix B, S. 303 f.; zu den Problemen, die mit der Einbeziehung nichtstaatlicher Organisationen verbunden waren vgl. Doherty, The Role of Nongovernmental Organizations in UNCED, in: Negotiating International Regimes, 1994, S. 204 ff. 360 "United Nations Conference on Environment and Development" vom 18. Februar 1992, U.N. GA Res. 46/168 liff. 9 (f).

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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teiligung der INGOs an der Konferenz wurde in deren Verfahrensordnung festgelegt. Nach Regel 65 konnten eingeladene nichtstaatliche Organisationen Vertreter zur Teilnahme an den öffentlichen Sitzungen der Konferenz und ihrer Hauptausschüsse bestimmen. Auf Aufforderung des Vorsitzenden des Konferenzorgans und mit Zustimmung des betreffenden Organs konnten INGOs ferner mündliche Stellungnahmen abgeben. Ergänzend sah Regel 67 VerfD vor, daß schriftliche Stellungnahmen von INGOs vom Sekretariat in der zur Verfiigung gestellten Anzahl von Ausfertigungen an die Delegationen verteilt werden sollten, soweit diese sich auf die Arbeit der Konferenz bezogen und einen Gegenstand betrafen, der in die Kompetenz der INGOs fiel. 361 Berechtigungen lassen sich aus den dargestellten Regelungen sowohl fiir die Beteiligung an der Arbeit des Vorbereitungsausschusses als auch der Konferenz ableiten. Dabei beschränken sich die Rechte jedoch im wesentlichen auf die Teilnahme als Beobachter. Die Entscheidung über die Aufforderung zur mündlichen Stellungnahme verbleibt im Ermessen der Organe der Konferenz und wird lediglich durch das Willkürverbot begrenzt. Die beschriebenen Regelungen haben dazu geführt, daß eine Reihe von INGOs die Möglichkeit zur Teilnahme an den Sitzungen des Vorbereitungsausschusses und der Konferenz genutzt hat. 362 Die Zahl der akkreditierten Organisationen war dabei mit 1420 größer als bei allen vorangegangenen Konferenzen der Vereinten Nationen. Das Spektrum der INGOs reichte von den großen internationalen Organisationen bis zu den sogenannten "grass-roots"Organisationen. 363 Auch die in Rio anwesenden INGOs beschränkten sich jedoch keineswegs auf die bloße Teilnahme als Beobachter der Konferenz, sondern nutzten die Konferenz zu zahlreichen INGO-Aktivitäten außerhalb der offiziellen Konferenz. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Veranstaltung eines "Globalen Forums", auf dem die Organisationen gemeinsam versuchten, "alternative Konventionen" zu entwerfen, welche die Schwächen der offiziellen Konventionsentwürfe vermeiden sollten. 364 Daneben kam es zu zahlreichen Begegnungen zwischen INGOs und Regierungsdelegierten und

"Adoption ofthe Rules ofProcedure", U.N. Doc. NCONF.15112, S. 18. Die besondere RolIe der IUCN bei Vorbereitung der Konferenz stelIt Morphet (Anm. 346), S. 134 heraus. 363 Martens, Dabeisein ist noch nicht alIes, Die NGOs in den Vereinten Nationen: Akteure, Kritiker, Nutznießer, VN 1993, S. 169; Doherty (Anm. 359), S. 207, die auch darauf hinweist, daß an der Konferenz etwa 150 nichtstaatliche Organisationen als Beobachter offizielIer Delegationen teilnahmen; Unmüssig, Zwischen Hoffnung und Enttäuschung, Die Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED): eine erste Bewertung, VN 1992, S. 121 spricht von 746 Organisationen; Morphet (Anm. 346), S. 136 nur von mehr als 650 teilnehmenden Organisationen. 364 Sand, International Environmental Law after Rio, EurJIL 1993, S. 385; Doherty (Anm. 359), S. 213; Unmüssig (Anm. 363), S. 121. 361

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der Herausgabe mehrerer Konferenzzeitungen. 365 Die Bewertung der Einflußnahme der INGOs ist schwierig. Während teilweise vertreten wurde, daß INGOs wesentliche Teile der Agenda 21 sowie die Rahmenkonventionen zum Schutz des Klimas und zum Erhalt der biologische Vielfalt mitgestaltet haben, wurde an anderer Stelle der Einfluß zuriickhaltender beurteilt. 366 Zumindest haben die Regierungsdelegationen die Bedeutung der Beteiligung von INGOs in Agenda 21 gewürdigt, indem sie in Kapitel 27 ausdriicklich die Stärkung der Rolle von nichtstaatlichen Organisationen in Richtung auf eine partnerschaftliche Beziehung für nachhaltige Entwicklung vorgesehen haben und dariiber hinaus an anderer Stelle die Einbeziehung von INGOs besondere Erwähnung fmdet. 367 Die Verfahrensregelungen für die Menschenrechtskonferenz in Wien im Jahre 1993 sahen ebenfalls eine großzügige Einbeziehung von INGOs in die Arbeit der Konferenz vor. 368 Danach konnten sowohl INGOs mit Konsultativstatus beim WSR als auch INGOs, die an den Sitzungen des Vorbereitungsausschusses oder den regionalen Vorbereitungskonferenzen teilgenommen hatten, Beobachter für die Teilnahme an der Konferenz und ihren Hauptausschüssen bestimmen. 369 Zu den Regionalkonferenzen wiederum waren neben den INGOs mit Konsultativstatus beim WSR auch andere INGOs zugelassen, die im Bereich der Menschenrechte und! oder der Entwicklung tätig waren und ihren Hauptsitz in der entsprechenden Region hatten. 37o Allen Organisationen

Doherty (Anm. 359), S. 208 f. Eine positive Beurteilung nimmt Morphet (Anm. 346), S. 138 f. unter besonderer Hervorhebung der IUCN und ICSU vor; so auch Doherty (Anm. 359), S. 213 f., die ferner in Auswertung einer Fragebogenaktion darauf hinweist, daß der überwiegende Teil der befragten nichtstaatlichen Organisationen ihre Teilnahme an der Konferenz ebenfalls positiv beurteilen; zurückhaltender Unmüssig (Anm. 363), S. 121 f., die davon spricht, daß die Lobbyarbeit lediglich in Ansätzen die Positionen der Verhandlungsführer zu beeinflussen vermochte; siehe auch Schulze, Nicht-Regierungs-organisationen und die Demokratisierung des UN-Systems, in: Die Reform der VN - Die Weltorganisation zwischen Krise und Erneuerung, 1994, S. 128. 367 Der Text des Kapitels findet sich in Johnson, The Earth Summit, The United Nations Conference on Environment and Development (UNCED), 1993, S. 419 tT.; als Beispiel für eine weitere Bezugnahme auf INGOs sei auf das Kapitel 38, Ziff. 38.42 ff. verwiesen, ders., S. 497 f. 368 Siehe zur Konferenz allgemein Wolfrum, Die Entwicklung des internationalen Menschenrechtsschutzes, EA 1993, S. 681 ff. 369 Vgl. PC.3/3. "Provisional Rules of Procedure for the World Conference on Human Rights", U.N. Doc. A/47/24/Add.l, S. 25 fT., Rule 66, angenommen durch U.N. GA Res. 47/122 vom 18. Dezember 1992; die Teilnahme nichtstaatIicher Organisationen war jedoch stark umstritten, vgl. Schulze (Anm. 366), S. 129, Fn. 20. 370 PC.3/2. "Participation of representatives of non-governmental organizations at regional meetings" U.N. Doc. A/47/24/Add.l, S.25; für die allgemeine Vorbereitungskonferenz führte die Anwendung der Verfahrensordnung der funktionalen Kommissio365

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war es nach Art. 66 der Verfahrensordnung möglich, Beobachter für die Teilnahme an Ausschußsitzungen oder Arbeitsgruppen zu bestimmen. Art. 67 VerfO sah darüber hinaus vor, daß vom Sekretariat schriftliche Stellungnahmen von INGOs an die an der Wiener Konferenz teilnehmenden Delegationen verteilt werden sollten, soweit sie sich auf die Arbeit der Konferenz bezogen und einen Gegenstand im Kompetenzbereich der INGOs betrafen. 371 Wie in den Verfahrensordnungen anderer Konferenzen wurde INGOs damit auch bei der Wiener Konferenz das Recht auf Teilnahme als Beobachter und auf Übermittlung schriftlicher Stellungnahmen gewährt. Darüber hinausgehende Rechte waren in der Verfahrensordnung nicht enthalten. Dennoch haben INGOs versucht, in möglichst großen Umfang Einfluß auf den Verlauf der Konferenz zu nehmen. Dabei begann die Arbeit der INGOs auf den Vorbereitungskonferenzen, zu denen sie zahlreiche Studien beisteuerten. 372 Beachtlich waren hierbei die Bemühungen der Frauenorganisationen, die auf eine stärkere Berücksichtigung der Rechte der Frau drangen. 373 An der Wiener Konferenz selbst nahmen dann schließlich 841 nationale und internationale NGOs teil,374 denen im Rahmen der Sitzungen verschiedener Organe der Konferenz die Möglichkeit zu zahlreichen mündlichen Stellungnahmen gegeben wurde. 375 Um ihren eigenen Positionen darüber hinaus Ausdruck zu verleihen, veranstalteten INGOs wiederum ein NGO-Forum mit Veranstaltungen zu verschiedenen menschenrechtlichen Problemen,376 dessen Bericht dann von den Vereinten Nationen als offizielles Dokument veröffentlicht wurde. 377 Ferner benen im wesentlichen zu einer Beschränkung auf die Einbeziehung nichtstaatlicher Organisationen mit Konsultativstatus beim WSR, vgl. U.N. Doc. NCONF. 157/PC. 13, S. 3. 371 U.N. Doc. N47/24/Add.l, S. 41. 372 Vgl. amnesty international, Jahresbericht 1994, 1994, S. 42. 373 Sullivan, Women's Human Rights and the 1993 World Conference on Human Rights, AJIL 1994, S. 152. 374 Diese Zahl ergibt sich aus dem "Report of the World Conference on Human Rights, Report of the Secretary-General" vom 13. Oktober 1993, U.N. Doc. NCONF. I 57/24 (Part I), S. 9; siehe auch Hüfner, Non-Govemmental Organizations, in: United Nations: Law Policies and Practice, Vol. 2, 1995, Rz. 19; Azzam, NonGovemmental Organizations and the UN World Conference on Human Rights, Tbe Review 1993, S. 96 berichtet davon, daß 17 Einladungen an nichtstaatliche Organisationen wieder zurückgezogen wurden. 375 Vgl. "Report ofthe World Conference on Human Rights, Report ofthe SecretaryGeneral" vom 13. Oktober 1993, U.N. Doc. NCONF.157/24 (Part I), S. 13 f.; angemerkt sei an dieser Stelle aber, daß nichtstaatlichen Organisationen im Hauptausschuß nur 50 Sitzplätze zur Verfügung standen, vgl. Azzam (Anm. 374), S. 97. 376 Azzam (Anm. 374), S.96, 98; Liedermann, Weltkonferenz der Vereinten Nationen über Menschenrechte, in: FS Schambeck, S. 848; Connors, NGOs and the Human Rights ofWomen at the United Nations, in: Tbe Conscience ofthe World, Tbe Influence of Non-Govemmental Organisations in the U.N.-System, 1996, S. 172 weist insbesondere auf die Veranstaltungen zu den Rechten der Frauen hin. 377 U.N. Doc. NCONF. 157/7 und Add. I.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

schlossen die teilnehmenden INGOs die Einrichtung eines Verbindungsausschusses, der zukünftig den Kontakt zum Konferenzsekretariat pflegen sollte. 378 Auf die abschließenden Konferenzdokumente wirkte sich die Arbeit der INGOs indes nur begrenzt aus, da sie von deren Abfassung ausgeschlossen waren. 379 Allein die Arbeit einiger INGOs zur Stärkung der Rechte der Frau fand nachweislich Eingang in diese Dokumente. 380 Mittelbar dürfte es aber auch auf die intensive Lobbyarbeit von INGOs zuriickzufiihren sein, daß die Konferenz die Generalversammlung der Vereinten Nationen aufforderte, sich auf ihrer nächsten Sitzung mit der Frage der Einrichtung eines Hochkommissariats fiir Menschenrechte zu befassen. 381 4. Sonderorganisationen der Vereinten Nationen

Über die genannten Institutionen der Vereinten Nationen hinaus bezieht auch die Mehrzahl der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen INGOs in ihre Arbeit mit ein. Um einen Überblick über die Art der Beziehungen zu vermitteln, soll exemplarisch die Zusammenarbeit mit der Organisation der Vereinten Nationen fiir Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO), der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und der Weltbank (IBRD) dargestellt werden. 382

378 Dieser Ausschuß hat die Nachfolge des Joint Planning Committee angetreten, nachdem sich dieses mangels Akzeptanz bei der Mehrzahl der nichtstaatlichen Organisationen selbst aufgelöst hatte, Azzam (Anm. 374), S. 97. 379 Cook, Amnesty International at the United Nations, in: The Conscience of the World, The Influence of Non-Govemmental Organisations in the U.N.-System, 1996, S. 192; Schulze (Anm. 366), S. 129; Liedermann (Anm. 376), S. 847 weist jedoch zu Recht darauf hin, daß der Ausschluß von der Teilnahme an Sitzungen bestimmter Konferenzorganekein ungewöhnlicher Vorgang ist. 380 Azzam (Anm. 374), S.95; Sullivan (Anm. 373), S. ISS; Connors (Anm. 376), S.147. 38\ Dieser Erfolg ist vor allem auf die Arbeit von Amnesty International zurückzuführen, vgl. Cook (Anm. 379), S. 194 f., die anschaulich beschreibt zu welchen Mitteln "ai" dabei greifen mußte; siehe auch Azzam (Anm. 374), S. 98. 382 Die Ermächtigungsgrundlagen finden sich in der Satzungen der Organisationen, so Art. 19 (I) (b) UNIDO, Art. 71 WHO, Art. 1311 WIPO, Art. 26 b WMO, Art. XIII (I) und (3) FAO, Art. 8 (2) IFAD, Art. 65 ICAO, Art. 62 IMO; al1gemeine Bezugnahmen auf internationale Organisationen finden sich in Art. 501TU, Art. 10 UPU, Art. 15 IMF; lediglich Bezugnahmen auf internationale öffentliche Organisationen enthalten Art. IV (7) IFC, Art. VI (7) IDA; vgl. zu den Regelungen betreffend die übrigen Sonderorganisationen insgesamt U.N. Doc. E/AC.70/1994/5; zur WHO Beigbeder, Les relations des O.N.G. avec I'organisation mondiale de la sante, in: Les O.N.G. et le Droit International, 1986, S. 167 ff.; vgl. ferner zur FAO Fadda, La F.A.O. et les O.N.G., in: Les O.N.G. et le Droit International, 19l56, S. 189 ff.

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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a) Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) Von den Sonderorganisationen der Vereinten Nationen besitzt wohl die UNESCO die detailliertesten Regelungen zur Einbeziehung von INGOs. Grundlage der Konsultation der INGOs ist Art. XI (4) der Satzung der UNESCO. 383 Danach kann die Organisation geeignete Vereinbarungen über gegenseitige Konsultation und Zusammenarbeit mit INGOs treffen, die auf Gebieten tätig sind, die in ihre Zuständigkeit fallen, und kann sie bitten, bestimmte Aufgaben zu übernehmen. Die Ausgestaltung der Beziehungen der UNESCO zu INGOs basierte bis 1995 auf Direktiven aus den Jahren 1960 und 1966. 384 Diese Direktiven sahen die Einteilung der beteiligten INGOs in drei Gruppen vor. Jede Organisation, die Aktivitäten im Zuständigkeitsbereich der UNESCO ausübte und die weiteren formellen Anforderungen der Direktiven erfüllte, konnte vom Generaldirektor zunächst in die Kategorie von Beziehungen sogenannter gegenseitiger Information (Kategorie C) aufgenommen werden. Hatte eine Organisation in einem Zeitraum von mindestens zwei Jahren wirksam mit der UNESCO zusammengearbeitet, so konnte sie in die Kategorie von Beziehungen der Information und Konsultation (Kategorie B) aufgenommen werden. Organisationen, die einen regelmäßigen wichtigen Beitrag zur Arbeit der UNESCO leisteten, konnten dann in die Kategorie von Beziehungen der Konsultation und Assoziierung (Kategorie A) eingestuft werden. Zu diesen Organisationen mußten enge und ständige Arbeitsbeziehungen unterhalten werden. Ferner hatte der Generaldirektor diese aufzufordern, ihm regelmäßig Ratschläge für die Ausarbeitung und Durchfiihrung von Programmen der UNESCO zu unterbreiten und sich an den Aktivitäten der UNESCO zu beteiligen. Eine Umstufung der INGOs in eine niedrige Kategorie wurde durch den Exekutivrat auf Vorschlag des Generaldirektors vorgenommen, soweit dies erforderlich war. 385 Je nach Kategorie stellten die Direktiven Pflichten für INGOs auf. INGOs der Kategorie C hatten den Generaldirektor ständig über ihre Aktivitäten zu unterrichten und ihren Mitgliedern die Aktivitäten der UNESCO zu vermitteln. Organisationen in Kategorie B hatten auf Verlangen des Generaldirektors Gutachten zu erstellen und Beiträge zu Umfragen, Studien oder Veröffentlichungen zu leisten. Weiterhin sollten sie mit ihren Aktivitäten zur Durchfiihrung bestimmter Teile des UNESCO-Programms beitragen, die UNESCO zu von ihnen 383 Vgl. 4 UNTS 275, dt. Übersetzung BGBI. 1971 11, 472; vgl. daneben auch Art. IV (E), der das Recht auf Entsendung von Beobachtern statuiert, sofern Konsultativbeziehungen aufgenommen wurden; generell zur UNESCO vgl. Hajnal, Guide to UNESCO, 1983. 384 "Directives concerning Unesco's Relations with International Non-Governmental Organizations" ("Directives"), abgedruckt in: Manual of the General Conference 1971, S.145. 385 Vgl. hierzu "Directives", Ziff. 11. I bis 11. 8.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

veranstalteten Tagungen einladen, soweit diese einen Bezug zum Programm der UNESCO aufwiesen, und dem Generaldirektor periodische Berichte über ihre Aktivitäten und ihren Beitrag zu Aktionen der UNESCO liefern. Über diese Pflichten hinausgehend traf Organisationen in Kategorie A die Pflicht, eng mit der UNESCO zusammenzuarbeiten und die UNESCO in ihren Bemühungen zur Verbesserung der internationalen Koordinierung der Aktivitäten der nichtstaatlichen Organisationen zu unterstützen. 386 Neben den genannten Pflichten waren in den Direktiven auch Vergünstigungen fiir INGOs vorgesehen. INGOs der Kategorie C konnten danach von der Generalkonferenz zur Entsendung von Beobachtern zur Konferenz und ihren Kommissionen eingeladen werden, sofern eine Zweidrittelmehrheit rur eine solche Einladung stimmte. INGOs in Kategorie A und B waren dagegen vom Generaldirektor ohne Abstimmung einzuladen. Mit Zustimmung des amtierenden Vorsitzenden konnten diese Beobachter auch Erklärungen abgeben und schriftliche Mitteilungen in einer der Arbeitssprachen der UNESCO einreichen, die dann vom Generaldirektor an den Exekutivrat und gegebenenfalls an die Konferenz weitergereicht wurden. Für Organisationen der Kategorie A war ferner vorgesehen, daß diese so eng und so regelmäßig wie möglich zur Mitarbeit in den verschiedenen Phasen der Planung und Durchfiihrung von Aktivitäten der UNESCO herangezogen werden sollten. Um Organisationen, die fiir das Sekretariat von besonderem Interesse waren, die Mitarbeit zu erleichtern, sahen die Direktiven außerdem vor, daß sich die UNESCO, im Rahmen des Möglichen, um Verwaltungsräume rur die Organisationen bemühen sollte. 387 Anders als die bisher behandelten Regelungen zur Einbindung von INGOs in die Arbeit internationaler Organisationen sahen die Direktiven der UNESCO die fmanzielle Unterstützung von INGOs vor. Diese Unterstützung sollte einerseits in der Form von Subventionen, andererseits in der Form von begünstigenden Verträgen gewährt werden. Während die ursprünglichen Regelungen die Subventionierung von einzelnen, besonders wichtigen INGOs der Kategorien A und B zum Zweck der Beteiligung an Reisekosten, Verwaltungsauslagen und ähnlichem vorsahen, beschränkt eine Neuregelung aus dem Jahr 1993 nun die Subventionierung auf neu geschaffene INGOs, die in erster Linie aus Entwicklungsländern stammen sollen. Darüber hinaus soll die Subventionierung nur fiir einen Zeitraum von zwei bis vier Jahren zugesagt werden und in Zukunft verstärkt eine Förderung durch begünstigende Verträge zwischen INGOs und UNESCO erfolgen. Diese können der Neuregelung zufolge vom Generaldirektor abgeschlossen werden, sofern dies zur Durchfiihrung von Programmen er-

386 387

"Directives", Ziff. 111.1. "Directives", Ziff. IV.I bis IV.4.

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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forderlich ist. 388 Dem Völkerrecht sind diese Verträge aufgrund des mangelnden Gleichordnungsverhältnisses von UNESCO und INGOs aber nicht zuzuordnen. Die bis Ende 1995 geltenden Direktiven sahen sowohl Rechte als auch Pflichten fiir INGOs vor. 389 So machte der Wortlaut deutlich, daß die Einladung von INGOs der Kategorie A und B zwingend zu erfolgen hatte, dem Generaldirektor verblieb kein Ermessen. Weiter traf den Generaldirektor die Pflicht, Stellungnahmen an den Exekutivrat weiterzuleiten. Hinsichtlich der übrigen Vergünstigungen, wie der Einräumung des Rederechts, stand dem Generaldirektor dagegen Ermessen ZU. 39O Stärker als bei anderen Einrichtungen der Vereinten Nationen standen diesen Rechten aber Pflichten von INGOs gegenüber, die ausdrücklich als solche bezeichnet werden. Soweit diesen Pflichten nicht genügt wurde, stand die Sanktion der Umstufung zur Verfügung.391 An der Arbeit der UNESCO beteiligten sich in den vergangenen Jahren mehr als 580 nationale und internationale NGOs, die überwiegend den Kategorien B oder C angehörten. 392 Sofern einzelne Organisationen nicht im Einklang mit den Direktiven oder der Politik der UNESCO handelten, hat der Exekutivrat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, diesen den Konsultativstatus abzuerkennen. 393 Die Mehrzahl der INGOs versuchte jedoch, mit ihrer Arbeit die Ziele der UNESCO zu fördern. Zu diesem Zweck nahmen allein an der 26. Sitzung der Generalkonferenz Vertreter von 150 nichtstaatlichen Organisationen teil. 394 Daneben bemühten sich INGOs auch, auf die Arbeit des Exekutivrates und des Se388 Vgl. den Text der Neuregelung in "Soutien de I'execution du programme", Ziff. 13.141, abgedruckt in TA 1994, S. 188 f; die vorherige Regelung findet sich in "Directives", Ziff. VI.I bis V1.16. 389 Von Rechten und Pflichten spricht auch Hoggart, UNESCO and NGOs: A Memoir, in: The Conscience of the World, The Intluence of Non-Governmental Organisations in the U.N.-Systern, 1996, S. 101; ferner Hajnal (Anm. 383), S. 86 und Beatus, Interessengruppen in internationalen Organisationen, 1967, S. 94. 390 Papini, Les relations entre I'UNESCO et les organisations non gouvernementales, 1967, S. 49 scheint allerdings auch in diesem Fall von einem Recht der INGOs auszugehen. 391 So wurden unter Ziff. III. der "Directives" beispielsweise Ptlichten zur Information der UNESCO und zur Kooperation mit der UNESCO bei der Ausführung von Programmen festgelegt; die Umstufung von INGOs sah Ziff. 11. 8 der "Directives" vor. 392 Im Mai 1995 unterhielten 588 nationale und internationale NGOs offizielle Beziehungen zur UNESCO; siehe UNESCO heute 1996, S. 45; eine Auflistung der INGOs findet sich in "Report of the Director-General on the Activities of the Organization in 1988-1989", UNESCO Doc. 26 C/3, S. 137 ff. 393 Zu nennen sind hier insbesondere die Organisationen, die sich nicht hinreichend vom Apartheidssystem in Südafrika distanzierten; vgl. zu den maßgeblichen Resolutionen Partan, Documentary Study of the Politization of UNESCO, 1975, S. 133; siehe auch Hajnal (Anm. 383), S. 89 ff. 394 Vgl. zu dieser Zahl "Report of the Director-General 1990 - 1991", UNESCO Doc. 26 C/3, S. 117.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

kretariats einzuwirken. 39S Gemäß den Direktiven der UNESCO nutzte die Organisation dieses Engagement der INGOs sowohl zu deren Einbeziehung in die Planung der UNESCO-Aktivitäten als auch deren Beteiligung an der Durchführung der Aktivitäten. So haben nichtstaatliche Organisationen in Ausführung der Programme der UNESCO Studien ausgefiihrt, Publikationen erstellt und Seminare veranstaltet. 396 Auch der mittelfristige Plan der UNESCO sah für die Jahre 1990 bis 1995 wieder die Einbindung verschiedener INGOs in die Aktivitäten auf dem Gebiet der Bildung, der Wissenschaft und der Erhaltung und Bereicherung des Kulturerbes vor. 397 Zur Umsetzung der Programme dieses Plans wurden allein in den ersten beiden Jahren des Planungszeitraums 32 INGOs Subventionen in Höhe von 3,4 Millionen US-Dollar gewährt. Zudem wurden mit ihnen 349 Verträge mit einem Volumen von etwa 4 Millionen USDollar abgeschlossen. 398 Über die Verwirklichung dieser spezifischen Programme hinaus ist eine Anzahl von INGOs damit beschäftigt, die generellen Ziele der UNESCO zu fördern, indem sie sowohl für internationale intellektuelle Zusammenarbeit und gegenseitiges Verständnis als auch für kulturelle und soziale Entwicklung eintreten. 399 Die Neuregelung der Direktiven der UNESCO betreffend die Beziehungen mit nichtstaatlichen Organisationen aus dem Jahr 1995 sieht nun eine Änderung der Konsultativbeziehungen zu INGOs vor, indem die bisherigen Kategorien A, Bund C durch die Einteilung der Beziehungen zu INGOs in fonnale und operationale Beziehungen abgelöst werden. 4OO Fonnale Beziehungen sollen mit INGOs zum Zwecke der Unterhaltung eines dauerhaften Austausches aufgenommen werden, wobei die Neuregelung zwischen Konsultativ- und Assoziierungsbeziehungen unterscheidet. 401 Erstere Kategorie entspricht der früheren Kategorie B, letztere der Kategorie A. Rechte und Pflichten von INGOs in diesen beiden neu benannten Kategorien entsprechen weitgehend den bisher für Kategorie A und B geltenden Regeln, so daß auf die obigen Ausführungen ver395 Papini (Anm. 390), S. 50 ff.; vgl. auch Gillette, les ong et I'unesco, 1968, 4. Kapitel; wie bedeutend die Beteiligung von INGOs im Bereich der Ausarbeitung von Konventionen ist, stellt Hoggart (Anm. 389), S. 111 am Beispiel der Konvention betreffend den Kauf und Transfer von kulturellem Eigentum heraus. 396 Papini (Anm. 390), S. 67 ff.; Hoggart (Anm. 389), S. 114. 397 "Dritter Mittelfristiger Plan der UNESCO (1990-1995), UNESCO Doc. 25 C/4, S. 3 I, 41, 62. 398 "Report of the Director-General 1990 - 1991" (Anm. 394 ),S. 160 f. 399 Papini (Anm. 390), S. 80 ff.; ein Beispiel für eine weitere Form der Kooperation von UNESCO und INGOs gibt Hoggart (Anm. 389), S. 113 mit seinem Bericht über eine von Amnesty International in den Räumlichkeiten der UNESCO veranstaltete Konferenz gegen Folter. 400 "Revised Directives concerning UNESCO's relations with international nongovernmental organizations", UNESCO Doc. 28 C/Resolutions 13.42, Annex. 401 "Revised Directives" (Anm. 400), Annex, Preamble, Ziff. 5.

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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wiesen werden kann. 402 Ein neues Element enthalten dagegen die Regelungen betreffend die Unterhaltung von operationalen Beziehungen, mit denen das Ziel einer flexiblen und dynamischen Partnerschaft zwischen nichtstaatlichen Organisationen und UNESCO verfolgt wird und die, im Falle von internationalen NGOs, die Vorstufe zur Aufnahme formaler Beziehungen bilden können. Danach ist es nämlich den Organen der UNESCO nunmehr möglich ist, auch zu nationalen oder lokalen NGOs Beziehungen aufzunehmen und diese in die Umsetzung von Programmen einzubeziehen. Zu diesem Zweck werden den INGOs Rechte und Pflichten zugeordnet, die zuvor für die Kategorie C galten. 403 Um die Kooperation der Vielzahl der an der Arbeit der UNESCO beteiligten nationalen und internationalen NGOs zu verbessern, sehen die neuen Direktiven eine Stärkung der Rolle der Konferenz der nichtstaatlichen Organisationen vor. 404 Hinsichtlich der praktischen Umsetzung der Regelungen wird gesagt werden können, daß diese aufgrund der vorgenommenen vorsichtigen Anpassung an neue Bedürfnisse wenig Probleme bereiten wird.

b) Internationale Arbeitsorganisation (ILO) Die ILO trifft in Art. 12 (3) ihrer Verfassung die Regelung, daß die Organisation geeignete Vorkehrungen treffen kann, um nach ihrem Ermessen anerkannte nichtstaatliche Organisationen, einschließlich der internationalen Verbände von Arbeitgebern, Arbeitnehmern, Landwirten und Genossenschaften, anzuhören. Diese Vorschrift ist durch einzelne Resolutionen und die Verfahrensordnungen der ILO näher ausgestaltet worden. 40s Danach kann die ILO zu verschiedenen Gruppen von INGOs Arbeitsbeziehungen unterhalten, von denen die Beziehungen zu anerkannten internationalen nichtstaatlichen Organisationen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern, Landwirten 402 Teilweise sind die Voraussetzungen für INGO etwas schärfer gefaßt; so ist beispielsweise gefordert, daß die INGO eine non-profit organization ist und Rechtspersönlichkeit besitzt; solche Regelungen fehlten bislang, vgl. "Revised Directives" (Anm.400), Annex, Ziff. I. 2.1. und 2.2 (e); eine moderate Erweiterung der Pflichten hat dadurch stattgefunden, daß INGOs in Konsultativbeziehungen nunmehr wesentlich zum Sechsjahresbericht des Exekutivrates beitragen sollen, vgl. "Revised Directives" (Anm. 400), Annex, Ziff. 7.1. (a) (vii); eine Erweiterung der Begünstigungen von INGOs in einern Assoziierungsverhältnis stellt die Aufforderung an die UNESCO zum Abschluß von Kooperationsrahmenverträgen dar, "Revised Directives" (Anm. 400), Annex, Ziff. 8.3 (b) (iv). 403 "Revised Directives" (Anm. 400), Annex, Ziff. 11. 404 Vgl. "Revised Directives" (Anm. 400), Annex Ziff. III. 405 V gl. zu einern Überblick Osieke, Controversial subjects of conternporary internationallaw, an examination ofthe entities ofinternationallaw and their treaty making capacity, 1974, S. 69 ff.; Ghebali, The International Labour Organisation, A Case Study on the Evolution ofUN Specialized Agencies, 1989, S. 31.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

oder Genossenschaften ausdrücklich als Konsultativbeziehungen bezeichnet werden. Der Begriff der Internationalität wird dabei dahingehend verstanden, daß in der Regel nur Organisationen mit universalem Charakter erfaßt werden sollen. 406 Im übrigen unterhält die ILO Beziehungen zu weiteren berufsbezogenen INGOs ohne Konsultativstatus, autonomen regionalen nichtstaatlichen Organisationen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, Organisationen einer speziellen Liste, die ein besonderes Interesse an einem Arbeitsbereich der ILO demonstriert haben und weiteren nichtstaatlichen Organisationen, die wegen eines besonderen Interesses um eine Einladung ersucht haben. 407 Die Beteiligungsmöglichkeiten, die all diesen INGOs zukommen, ergeben sich aus den Verfahrensordnungen der ILO-Organe. So sieht die Verfahrensordnung der Konferenz vor, daß eingeladene INGOs Beobachter zur Konferenz oder ihren Ausschüssen entsenden können. 408 Soweit keine Verwaltungs- oder Haushaltsfragen betroffen sind, können die Organisationen mit Zustimmung des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden auch schriftliche oder mündliche Erklärungen abgeben. 409 Nach der Verfahrensordnung des Verwaltungsrates können INGOs ferner zu Sitzungen dieses Organs oder seiner Ausschüsse eingeladen werden. Mit Zustimmung des Vorsitzenden in Übereinstimmung mit dem stellvertretenden Vorsitzenden steht es ihnen offen, schriftliche Stellungnahmen in Umlauf zu bringen. 410 Für die von der ILO einberufenen Regionalkonferenzen und die Industrieausschüsse sind dann schließlich Regelungen vorgesehen, die der Verfahrensordnung der Konferenz entsprechen. 411 406 Siehe hierzu vor allern die Resolutionen des Verwaltungsrates von 1948, wiedergegeben in " 105th Session of the Goveming Body of the International Labour Office", ILO Official Bulletin, XXXI (1948), Sero A, S. 150 (; vgl. auch Osieke (Anm. 405), S.70. 407 Vgl. zur Aufstellung U.N. Doc. E/AC.70/1994/5, S.68; Osieke (Anm. 405), S. 70 f. führt für die regionalen NGOs ILO GB, I 57th Session (1963) Minutes, S. 121 (, ILO GB 158th Session (1964) Minutes, S. 51 ( an; zur Ausnahme der African Trade Union Unity (OATUU), siehe ILO GB 212th Session (1980) Minutes S. VIII/l 7; zur speziellen Liste siehe Huu Tuong Dao, Le role des organisations d'ernployeurs et de travailleurs dans l'adoption et I'application des nonnes internationales du travail, in: Les O.N.G. et le Droit International, 1986, S. 215 ff. 408 "Standing Orders ~f the International Labour Conference", Mai 1989, ILO Doc. 13, Art. 2 (j), deutsche Ubersetzung in: Deutschland/Deutschland, Die Internationale Arbeitsorganisation, 1981, S. 112 ff.; zu den Anforderungen, die für eine Einladung einer IN GO erfüllt sein müssen, die nicht Konsultativstatus besitzt, siehe "Representation of non-governmental international organisations at the International Labour Conferen ce" , ILO Official Bulletin, LXXIII (1990), Sero A, S. 129 f. 409 "Standing Orders" (Anm. 408), Art. Art. 14 (10), Art. 56 (9). 410 Der Text der Verfahrensordnung findet sich bei Deutschland/Deutschland (Anm. 408), S. 260 ff.; Art. 7 VerfO triffi: dann eine Regelung für die Beteiligung nichtstaatlicher Organisationen. 411 Die Verfahrensordnung für Regionalkonferenzen findet sich in DeutschlandlDeutschland (Anm. 408), S. 296 ff.; Art. 18 VerfO sieht dann die Einbeziehung

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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Neben den Verfahrensordnungen legen verschiedene Einzelresolutionen weitere Privilegien und Pflichten für Organisationen mit allgemeinem oder regionalem Konsultativstatus und Organisationen der speziellen Liste fest. Gemein ist diesen Resolutionen die Verpflichtung der ILO, INGOs regelmäßig Dokumente der ILO-Organe zur Verfiigung zu stellen. 412 Die Resolution betreffend Organisationen der speziellen Liste legt darüber hinaus bestimmte Pflichten nichtstaatlicher Organisationen fest, indem sie aufgefordert werden, im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Ausfiihrung der Aktivitäten der Organisation zu unterstützen, der ILO die Tagesordnung ihrer Veranstaltungen zu übermitteln und über ihre Tätigkeiten zu berichten. 413 Die dargestellten Regelungen der Verfahrensordnungen räumen lediglich INGOs mit Konsultativstatus das Recht auf Entsendung von Beobachtern ein. Darüber hinausgehende Beteiligungsmöglichkeiten stehen im Ennessen der Organe der ILO. Die übrigen Regelungen erweitern den Rechtsstatus dann nur begrenzt, indem sie das Recht auf Bezug von Dokumentation und die Pflicht zur Zusammenarbeit statuieren. In der Praxis hat die ILO lediglich sieben Organisationen Konsultativstatus eingeräumt. 414 Daneben hat sie regelmäßig einer Gruppe von INGOs zu Sitzungen ihrer Organe eingeladen, wenn auch die Zahl nicht mit der anderer zwischenstaatlicher Organisationen vergleichbar ist. 4IS Die Kerngebiete der Zusammenarbeit mit INGOs betrafen die Vorbereitung und Durchführung von Schulungen zur Aufnahme selbständiger Arbeit und zur Einkommensentwicklung, die berufliche Wiedereingliederung, das Thema Frauen und Entwicklung, die arbeitsintensive infrastrukturelle Entwicklung und das

von INGOs vor; die Verfahrensordnung der Industrieausschüsse und anderer Ausschüsse ist abgedruckt bei dens., S. 358 tT.; Art. 7 verro sieht die Beteiligung von INGOs vor; vgl. ferner Osieke (Anm. 405), S. 71. 412 Vgl. zu den Resolutionen betreffend Organisationen mit allgemeinem Konsultativstatus Beatus (Anm. 389), S. 105; zu INGOs mit regionalem Konsultativstatus Osieke (Anm. 405), S. 70 f.; zu INGOs der speziellen Liste Huu Tuong Dao (Anm. 407), S.217,219. 413 Huu Tuong Dao (Anm. 407), S. 215 ff. 414 Für eine Auflistung der Organisationen sowie Ausführungen zu ihrer Stellung innerhalb der ILO sei auf Ghebali (Anm. 405), S. 31 und Osieke (Anm. 405), S. 71 verwiesen. 415 1990 ermächtigte der Verwaltungsrat den Generaldirektor zur Sitzung der Konferenz drei Arbeitgeber-, 28 Arbeitnehmervertreter und Beobachter von weiteren 16 INGOs einzuladen, "Requests from non-govemmental international organisations wishing to be represented at the 77th Session (1990) of the Conference" , ILO Official Bulletin LXXIII (1990), Sero A, S. 144; 1989 bewegte sich die Zahl in etwa dem gleichen Rahmen, siehe "Non-governmental international organisations", ILO Official Bulletin LXXII (1989), Sero A, S. \03. 12 Hempel

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

Genossenschaftswesen. In die Programmverwirklichung der ILO wurden INGOs bisher vor allem aufgrund von Verträgen eingebunden. 416 Wenn die hier beschriebene konsultative Einbeziehung von INGOs nicht mit anderen zwischenstaatlichen Organisationen vergleichbar ist, so ist dies vor allem auf die starke Einbindung berufsbezogener nationaler NGOs in die ILO zurückzuführen, die sich aufgrund der dreigliedrigen Struktur der Organisation ergibt. In diesem Zusammenhang verdient jedoch Erwähnung, daß im Rahmen der Kooperation verschiedener nationaler NGOs in der ILO eine staatenübergreifende Gruppenbildung dieser Organisation erfolgt ist, die in der Verfahrensordnung der Konferenz Berücksichtigung gefunden hat. So ist dort ausdrücklich vorgesehen, daß die einzelnen berufsbezogenen Gruppen einen Vorstand wählen, ein Sekretariat errichten und eigene Sitzungen abhalten können. 417 In der Praxis führt dann diese Gruppenbildung zu gemeinsamen Positionen der jeweiligen Gruppe von NGOs und damit zu einer gestärkten Stellung derselben. 418 Für die Arbeitgeberorganisationen geht die Gruppenbildung über diesen Rahmen sogar noch hinaus, da dort die Koordinierung durch eine INGO, nämlich die Internationale Arbeitgeberorganisation, erfolgt, die als Gruppensekretariat bei allen Sitzungen fungiert. 419

c) Weltbank420 Art. V Abschnitt 8 (a) des Abkommens über die Weltbank sieht vor, daß die Bank im Rahmen der Bestimmungen des Abkommens mit jeder allgemeinen internationalen Organisation sowie mit öffentlichen internationalen Organisationen zusammenarbeiten kann, die auf verwandten Gebieten besondere Aufgaben wahmehmen. 421 Diese Vorschrift ist im Jahre 1989 durch die Operational Direktive 14.70 (OD 14.70) hinsichtlich der Beziehungen der Bank zu INGOs

416 Vg\. U.N. Doc. E/AC.70/l994/5, S. 68; zum Völkerrecht sind diese Verträge aufgrund eines fehlenden Gleichordnungsverhältnisses aber nicht zu zählen. 417 Siehe Art. 71 ff. der "Standing Orders" (Anm. 408). 418 Morhard, Die Rechtsnatur der Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation, 1988, S. 11 m.w.N. weist in diesern Zusammenhang auf die Blockbildung bei den Abstimmung der Konferenz hin; vg\. auch Dahm, Völkerrecht, Bd. 2, 1961, S. 714. 419 Ghebali (Anm. 405), S. 138. 420 Der Begriff der Weltbank steht hier für die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD) und die Internationale Entwicklungsorganisation (IDA). 421 2 UNTS 134, dt. Übersetzung BGB\. 1952 II 554; al\gemein zur Weltbank, Salda, WorId Bank, 1995.

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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konkretisiert worden. 422 Danach werden die zuständigen Stellen der Bank ennutigt, INGOs in die verschiedenen Phasen der Weltbankprojekte einzubeziehen, sofern dieses angemessen erscheint. 423 Verwiesen wird dabei auf Regelungen, welche die Möglichkeit der Beteiligung nichtstaatlicher Organisationen an der Problemanalyse im Entwicklungshilfebereich, an der Identifizierung, Gestaltung, Finanzierung und Umsetzung von Projekten sowie an der Überwachung und Bewertung von Weltbankvorhaben nennen. 424 Besondere Regelungen trifft die Direktive für die Beteiligung von INGOs an der Umsetzung von Projekten, indem sie den Abschluß projektgebundener Verträge vorsieht. Die Einbeziehung in die verschiedenen Projektphasen soll die Bank vor allem durch konstruktive Arbeitsbeziehungen zwischen Regierungen, Geberländern und INGOs ennutigen. Darüber hinaus soll sie sich gegenüber Fragen und Ersuchen um Infonnationen von INGOs, die sich auf von der Bank geförderte Projekte beziehen, aufgeschlossen zeigen, soweit nicht die Vertraulichkeit der Infonnationen ein anderes Verhalten gebietet. Um die Einbeziehung von INGOs in die Arbeit der Bank zu verbessern, wird der International Economic Relations Division of the External Affairs Department (EXTIE) die Aufgabe der Koordinierung der Beziehungen zwischen Bank und INGOs übertragen. 425 Neben OD 14.70 sehen weitere Direktiven die Beteiligung von INGOs vor. So fordert die Direktive betreffend indigene Völker, daß an der Durchfiihrung von Projekten üblicherweise auch INGOs mit Erfahrung in Angelegenheiten indigener Völker beteiligt werden sollten. 426 Die Direktive betreffend unfreiwillige Umsiedlungen hebt ebenfalls hervor, daß sowohl bei der Planung als auch bei der Durchfiihrung oder Überwachung von Umsiedlungen Raum für die Beteiligung von INGOs gegeben sein kann. 427 Die Darstellung der für INGOs maßgeblichen Direktiven zeigt, daß die Belange der INGOs in den Regelungen der Direktiven Berücksichtigung gefunden haben. Bestimmte Rechte oder Pflichten sind diesen Regelungen jedoch nicht zu entnehmen. OD 14.70 macht dies deutlich, indem in der Einleitung der Direktive herausgestellt wird, daß diese Direktive den zuständigen Stellen der Bank lediglich als Leitlinie dienen soll. Entsprechend dieser Intention sind die 422 World Bank Operational Manual, Operational Oirective 14.70 (0014.70), Involving Nongovernrnental Organizations in Bank-Supported Activities, vgl. auch UN Ooc. ElAC.70/l994/5, Annex III. 423 00 14.70, Ziff. 10. 424 0014.70, Ziff. 8. 425 00 14.70, Ziff. 20; vgl. auch Beigbeder, Le role international des organisations non gouvernementales, 1992, S. 39. 426 World Bank Manual, Operational Oirective 4.20, Indigenous People, Ziff. 14 (c), abgedruckt bei Shihata, The World Bank Inspection Panel, 1994, S. 234 ff. 427 World Bank Manual, Operational Oirective 4.30, Involuntary Resettlement, Ziff. 6, abgedruckt bei Shihata (Anrn. 426), S. 246 ff.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

einzelnen Fonnen zur Einbeziehung von INGOs als bloße Möglichkeiten ausgestahet. 428 Ebenso ist bei den übrigen Direktiven verfahren worden. Dieses Abweichen von der bisher dargestellten Praxis der Vereinten Nationen und anderer Sonderorganisationen ist dadurch zu erklären, daß die Direktiven bis zum Jahr 1989 nur dem internen Gebrauch dienten und erst allmählich eine verbindliche Ausgestaltung derselben erfolgt.429 In der Praxis hat dennoch eine immer stärkere Einbeziehung von nationalen und internationalen NGOs bei allen Projektphasen stattgefunden. 430 Wurden von 1973 bis 1990 von der Weltbank nichtstaatliche Organisationen an insgesamt 304 Projekten beteiligt, so erfuhr die Beteiligung im Zeitraum von 1991 bis 1993 eine deutliche Steigerung, indem die Mitwirkung von nationalen und internationalen NGOs an 229 neuen Projekten erfolgte.431 Verstärkt bemüht sich die Weltbank in jüngster Zeit dabei um eine größere Projektbeteiligung von nationalen und lokalen nichtstaatlichen Organisationen, wobei die Entwicklung der Kapazitäten dieser Organisationen durch Zusammenarbeit mit INGOs angestrebt wird. 432 Überwiegend dienen die Projekte der Weltbank der Verbesserung des landwirtschaftlichen Sektors und der Infrastruktur in Entwicklungsländern. 433 Besonders augenfällig ist, daß sich INGOs sowohl an der Projektgestaltung als auch an der Umsetzung der Projekte besonders stark beteiligen. 434 Hinsichtlich der Projektgestaltung ist jedoch anzumerken, daß die Ein428 Im englischen Wortlaut OD 14.70, Ziff. 10 heißt es in den "Guidelines for Involving NGOs in Bank-Supported Activities": "Staff are encouraged whenever appropriate to involve NGOs, particularly local NGOs, in Bank-supported activities along the Iines set out in para. 8, bearing in mi nd the strengths and weaknesses ofNGOs (paras 6-7)". 429 Vgl. Shihata, The World Bank and Non-Governmental Organizations, CornellIU. 1992, S. 635. 430 Einen Überblick gibt Shihata (Anm. 429), S. 628 ff. 431 Nelson, The World Bank and Non-Governmental Organizations, The Limits of Apolitical Development, 1995, S. 68; vgl. auch die ältere Darstellung von Nelson, The World Bank and Non-Governmental Organizations: Political Economy and Organizational Analysis, 1991, S. 143; vgl. ferner World Bank, The World Bank's Partnership with Nongovernmental Organizations, 1996, S. 6; Cleary, The World Bank and NGOs, in: The Conscience ofthe World, The Intluence ofNon-Governmental Organisations in the U.N.-System, 1996, S. 69. 432 Die Weltbank fUhrt als Beispiel fUr eine erfolgreiche Zusammenarbeit ein lokales Projekt in Benin zur Lebensmittelversorgung an, bei dem lokale NGOs nach Problemen in der Testphase des Projekts von INGOs Unterstützung erhielten und so auch der notwendige Technologietransfer erleichtert wurde; zudem hebt die Bank hervor, daß Teilnehmer nichtstaatIicher Organisationen zu zahlreichen Veranstaltungen des Economic Development Institute der Weltbank, ihrem Trainings- und Lernzentrum, eingeladen werden, siehe World Bank (Anm. 431), S. 12; vgl. ferner Nelson (Anm. 431), S. 81. 433 SalmenlEaves, Interactions between Nongovernmental Organizations, Governments and the World Bank: Evidence from Bank Projects, in: Nongovernmental Organizations and the World Bank, 1991, S. \05. 434 Vgl. Shihata (Anm. 429), S. 629, 630 f.; Nelson (Anm. 431), S. 72 f.

c. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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beziehung bei Projekten mit starkem Umweltbezug zwar weit reicht, in anderen Bereichen jedoch zuriickhaltend erfolgt.435 Die Ursache fiir dieses Verhalten ist aber wohl vor allem darin zu sehen, daß die Weltbank die Einbeziehung in die Projekturnsetzung als vorrangig ansieht. In die Projekturnsetzung werden INGOs daher auch in großem Umfang eingebunden, wobei sie regelmäßig als Subunternehmer beteiligt werden. So wurde beispielsweise in jüngster Zeit CARE mit der Ausfiihrung von Straßenbauarbeiten in Sierra Leone und der Errichtung von Schulgebäuden in Liberia betraut. 436 Teilweise werden INGOs auch zur Umsetzung von sozialen Maßnahmen eingesetzt, welche die Folgen von Projekten zur wirtschaftlichen Anpassung mildem sollen. 437 Die Einzelheiten der Ausfiihrung eines Projekts werden dabei durch Vertrag zwischen INGO und dem betroffenen Staat geregelt. 438 Im Gegensatz zur Planungs- und Umsetzungsphase haben INGOs in den übrigen Bereichen des Projektzyklus Zurückhaltung gezeigt. So ziehen nichtstaatliche Organisationen bei der Projektfmanzierung eine eigene ergänzende finanzielle Unterstützung einer gemeinsamen Finanzierung mit der Weltbank vor. 439 Eine scharfe Abgrenzung zwischen eigener und fremder Finanzierung erscheint jedoch nicht in jedem Fall möglich, da einige INGOs mit Subventionen aus verschiedenen Programmen der Weltbank unterstützt werden und diese Gelder wiederum in Projekte investiert werden. 440

435 World Bank (Anm. 431), S. 6; Nelson (Anm. 431), S. 79 betont hier, daß sich die Beteiligung an der Projektplanung in den übrigen Fäl\en häufig darauf beschränkt, die Folgen von wirtschaftlichen Anpassungsmaßnahmen zu mildern. 436 World Bank (Anm. 431), S. 8 f.; Salmen/Eaves (Anm. 433), S. 121, die aber darauf hinweisen, daß aufgrund mangelnder Abstimmung zwischen CARE und den betroffenen Gemeinden in Liberia einige Schulgebäude letztlich nicht genutzt wurden und verfielen. 437 Nelson (Anm. 431), S. 75 f. 438 Die Bank selbst schließt in der Regel keine Verträge mit INGOs ab, kann für einzelne Projekte jedoch die Einbeziehung von INGOs vorsehen, World Bank (Anm. 431), S. \0; vgl. ferner Salmen/Eaves (Anm. 433), S. 120 ff.; Nelson (Anm. 431), S. 74; aufgrund des fehlenden Gleichordnungsverhältnisses zwischen Bank und INGOs sind diese Verträge jedoch nicht dem Völkerrecht zuzuordnen. 439 Shihata (Anm. 429), S. 629 f.; eine besonders hervorzuhebende Ausnahme bildet jedoch eine Spende von Rotary International an die Weltbank in Höhe von 15 Millionen US-Dollar zur Errichtung eines Impfstotfwerkes in China, wobei die Errichtung dieses Werkes der gemeinsamen Aufsicht von chinesischem Gesundheitsministerium, der Bank und Rotary International unterlag, vgl. World Bank (Anm. 431), S. 9. 440 Vgl. Shihata (Anm. 429), S. 629 f.; die vielfaltigen Möglichkeiten der Subventionierung von INGOs werden daran deutlich, daß das Special Grants Program, das Small Grants Program, das Sma\1 Grants Program der Global Environment Facility, der Consultant Trust Fund und die Consultative Group to Assist the Poorest Mittel an INGOs vergeben, siehe World Bank (Anm. 431), S. \0 ff.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

Neben den geschilderten projektbezogenen Aktivitäten haben sich INGOs in den vergangenen Jahren verstärkt auch um die Beteiligung an den Diskussionen über die allgemeinen Politiken der Bank bemüht, um möglichst fiühzeitig auf den Entscheidungsfindungsprozeß einwirken zu können. Erschwert wird diese Form der Einflußnahme allerdings dadurch, daß Regelungen für die Entsendung von Beobachtern zu den politischen Sitzungen der Organisation bislang fehlen. INGOs sind daher darauf angewiesen, von ihren Regierungen zu den jährlichen Treffen der Weltbank als Beobachter zugelassen zu werden.441 Daher haben INGOs auch andere Wege beschritten, um auf die Politik der Weltbank Einfluß zu nehmen. So tauschen sie sich regelmäßig im Vorfeld der Treffen im NGO/ World Bank Committee mit Verantwortlichen der Weltbank über Probleme aus, die im Zuständigkeitsbereich der Weltbank liegen. 442 Zudem organisieren sie während der jährlichen Tagung der Weltbank Parallelkonferenzen mit zahlreichen Veranstaltungen und geben eigene Informationsmaterialien heraus. 443 In einer Reihe von Fällen hat dieses Vorgehen dann auch zu einer Berücksichtigung der Position nichtstaatlicher Organisationen durch die Weltbank gefiihrt, was vor allem im Bereich des Umweltschutzes deutlich erkennbar ist. 444 Aber auch über diesen Bereich hinaus haben nichtstaatliche Organisationen ihren Einfluß ausüben können. So hat beispielsweise der Protest dieser Organisationen gegen die Umsiedlungsmaßnahmen des Sardar Sarowar Dammprojekts in Indien zur Folge gehabt, daß die Weltbank eine unabhängige Studie zur Überprüfung des Projekts in Auftrag gab. 44s Weiterhin hat das Drängen von INGOs nunmehr zu einer Öffuung der Informationspolitik der Weltbank gefiihrt. 446 Daß

441 World Bank, Cooperation between the World Bank and NGOs: Recent Progress, TA 1990, S. 117. 442 Das Committee wurde bereits 1984 gegründet und bringt Vertreter von 26 nationalen und internationalen NGOs und Angehörige der Bank zusammen, vgl. Cleary (Anm. 431), S. 82; Nelson (Anm. 426), S. 56, die auf die besonderen Probleme des Dialogs eingehen, die vor allem aus der Verschiedenheit der Interessen nichtstaatlicher Organisationen resultieren; vgl. ferner World Bank (Anm. 431), S. 16, wo als Gegenstände der halbjährigen Treffen Probleme der Armut, des Umweltschutzes, der partizip'atorischen Entwicklungshilfe, des Bankmanagments und der Offenheit gegenüber der Offentlichkeit genannt werden. 443 Nelson (Anm. 431), S. 59. 444 Nelson (Anm. 431), S. 55, 110 m.w.N. betreffend die Einflußnahme nichtstaatlicher Organisationen auf die Umweltpolitik der Weltbank; siehe insbesondere zu den noch bestehenden Problemen Rich, The Emperor's New Clothes: The World Bank and Environmental Reform, World Policy Journal 1990, S. 307 ff. 44S In diesem Fall, bei dem vor allem die Umsiedlung der vom Dammbau betroffenen Personen Probleme bereitete, warfen einige nichtstaatliche Organisationen der Bank dennoch vor, sich weder an ihre eigenen Politiken noch an die Ergebnisse der Studie zu halten, vgl. Nelson (Anm. 426), S. 61, 133, 154 ff. 446 Als Ergebnis dieser neuen Informationspolitik ist es nunmehr vor allem möglich, sowohl die Project Information Documentation vor ihrer Weiterleitung an das Board der

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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die Einbeziehung nichtstaatlicher Organisationen in die Arbeit der Weltbank dennoch nicht unwnstritten ist, läßt sich zwn einen daran ablesen, daß einzelne Staaten in der Vergangenheit die Zulassung verschiedener Organisationen abgelehnt haben, zwn anderen daran, daß im Jahre 1994 ein Strategiepapier, das eine stärkere Einbeziehung von INGOs vorsah, vom Management der Bank abgelehnt wurde. 447 Eine Verfestigung der Beteiligungsmöglichkeiten von INGOs zu Rechts- oder Ptlichtenstellungen ist daher noch nicht absehbar.

11. Beteiligung an der Arbeit regionaler zwischenstaatlicher Organisationen am Beispiel Europas Soweit hier die Beteiligung nichtstaatlicher Organisationen an der Willensbildung regionaler zwischenstaatlicher Organisationen dargestellt wird, beschränkt sich diese Arbeit auf die exemplarische Erörterung der Bestimmungen zur Einbeziehung von INGOs in die Arbeit des Europarats und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. 448

1. Europarat

Auf europäischer Ebene unterhält der Europarat enge Beziehungen zu INGOs. Bereits 1951 sah eine Resolution des Ministerkomitees die Gewährung des Konsultativstatus an INGOs vor. Dieser Resolution folgte eine Ausgestaltung der Regelungen in den Jahren 1954, 1960 und 1972.449 1993 wurden die Regelungen aus dem Jahr 1972 dann durch neue Regelungen ersetzt.

Bank als auch die Staff Appraisal Reports nach Annahme durch das Board einzusehen, siehe World Bank (Anm. 431), S. 18; Nelson (Anm. 431), S. 138 ff. 447 Die Ablehnung betraf die Zulassung nichtstaatlicher Organisationen aus Indien, dem Sudan, Malaysia und Indonesien zur Berliner Jahrestagung im Jahre 1988; 1989 wurde dann allerdings wieder eine liberalere Zulassungspolitik verfolgt, siehe Nelson (Anm. 431), S. 59; zum Strategiepapier von 1994, ders., S. 184. 448 Eine etwas ältere Darstellung der Einbeziehung in die Arbeit weiterer regionaler Organisationen findet sich bei Beatus (Anm. 389), S. 122 ff.; siehe zur OECD auch Lahner, La contribution des O.N.G. a la formation et a I'application des normes internationales dans le cadre de I'O.C.D.E., in: Les O.N.G. et le Droit International, 1986, S. 221 ff.; Beigbeder (Anm. 425), S. 41; vgl. auch Fenaux, Origine, nature et fonction des reseaux transnationaux d'organisations non-gouvernementales: ModeIes Europeens de democratie associative, Ann. Eur. 1980, S. 34 ff. 449 Vgl. zur Entwicklung Carstens, Das Recht des Europarates, 1956, S. 233 ff.; Rohn, Relations Between the Council of Europe and International Non-Governmental Organizations, 1957, S. 23 ff.; Beatus (Anm. 389), S. 133 ff.; vgl. ferner Entschließung (72) 35 des Ministerkomitees vom 16. Oktober 1972 über die Beziehungen zwischen dem Europarat und INGOs, abgedruckt bei Hummer/Wagner, Dokumente und Ma-

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

Nach dem Anhang zu Resolution (93) 38 des Ministerkomitees können nun INGOs Konsultativstatus erhalten, die für ihren Kompetenzbereich repräsentativ sind und eine engere Verbindung unter den Mitgliedern des Europarates zu fördern vermögen. 4SO Sofern INGOs Konsultativstatus eingeräumt wird, können diese dem Generalsekretär Schriftsätze zur Weiterleitung an die Ausschüsse von Ministerkomitee, Versammlung, ständiger Konferenz der Gemeinden und Regionen sowie Regierungsexperten einreichen. Vor den Sitzungen der Versammlung sollen ihnen die Tagesordnung und die öffentlich zugänglichen Dokumente übersandt werden. Weiter sollen sie zu den öffentlichen Sitzungen der ständigen Konferenz der lokalen und regionalen Autoritäten, zu generellen Informationsveranstaltungen sowie zu sektoralen Treffen eingeladen werden. 4S1 Als Gegenleistung wird von den nichtstaatlichen Organisationen verlangt, dem Generalsekretär die von ihm erforderten Informationen, Dokumente oder Stellungnahmen zur Verfiigung zu stellen und die Aktivitäten des Europarats publik zu machen. Über ihre Tätigkeit haben INGOs dann alle zwei Jahre Bericht zu erstatten. 4S2 Im Falle der Nichtbeachtung der aufgezählten Verpflichtungen kann der Konsultativstatus durch den Generalsekretär entzogen werden. Darüber hinaus kann der Status entzogen werden, wenn eine Organisation bereits hinreichend durch eine andere Organisation vertreten ist, ihre Aktivität nicht mehr in den Arbeitsbereich des Europarates fällt oder sie sich in einer Weise betätigt hat, die nicht mit dem Status einer nichtstaatlichen Organisation vereinbar ist. Abweichend von den bisher dargestellten Regelungen zum Konsultativstatus sieht die Resolution (93) 38 nach dem Entzug des Konsultativstatus die Möglichkeit der Überprüfung der Entscheidung durch das Ministerkomitee oder die Versammlung vor. Diese können in einem Zeitraum von drei Monaten, nachdem ihnen die betroffenen Organisationen mitgeteilt wurden, eine Untersuchung hinsichtlich jeder betroffenen INGO verlangen. Die Entscheidung über die Streichung aus der Liste der Organisationen mit Konsultativstatus wird dann entweder vom Ministerkomitee auf Vorschlag der Versammlung oder vom Ministerkomitee allein getroffen. 4S3 Neben der Gewährung des Konsultativstatus sieht eine Entschließung des Ministerkomitees von 1976 vor, INGOs auf Antrag in den Steuerungsausschüs-

teriaIien zum Europarat, 1990, S. 704 ff.; Ölz, Non-Governmental Organizations in Regional Human Rights Systems, Columbia Human Rights Law Review 1997, S. 332 ff. 450 Resolution (93) 38 on relations between the Council of Europe and international non-governmental organizations (Resolution (93) 38), vom 18. Oktober 1993, Appendix, Revised Rules for Consultative Status, Ziff. 2. 451 Resolution (93) 38, Appendix, Ziff. 4. 452 Resolution (93) 38, Appendix, Ziff. 5; dieser Bericht soll auch Informationen über die von der jeweiligen INGOs durchgeführten Veranstaltungen enthalten. 453 Resolution (93) 38, Appendix, Ziff. 10 und 11.

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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sen Beobachterstatus einzuräumen. 454 In Art. 9 der Verfahrensordnung sind dann die Beteiligungsmöglichkeiten dieser Beobachter festgelegt. Danach können sie, mit Genehmigung des Vorsitzenden, mündliche oder schriftliche Stellungnahmen zu den behandelten Themen abgeben und Vorschläge zur Abstimmung unterbreiten, wenn sie die Unterstützung von mindestens einem Ausschußmitglied fmden. An der Abstimmung können sich INGOs jedoch nicht beteiligen. Der Gewährung des Beobachterstatus kommt dennoch fiir die Stellung der INGOs besondere Bedeutung zu, da Ausschußsitzungen nach Art. 5 der Verfahrensordnung nichtöffentlich sind und INGOs mit Beobachterstatus daher eine echte Sonderstellung eingeräumt wird. 455 Die Entschließungen des Europarates weisen Parallelen zu den Regelungen des WSR der Vereinten Nationen auf. Wie Resolution 1296 des WSR sehen auch die Entschließungen des Ministerkomitees vor, daß die Einräumung des Konsultativ- oder Beobachterstatus im Ermessen des jeweiligen Organs des Europarates liegt. Ist einer INGOs Konsultativstatus oder Beobachterstatus gewährt worden, ist die Möglichkeit zur Entsendung von Beobachtern durch INGOs in beiden Entschließungen als subjektives Recht ausgestaltet. Die weiteren Möglichkeiten der Beteiligung sind fiir Beobachter in das Ermessen des jeweiligen Ausschusses und seiner Mitglieder gestellt. Die Entschließung zum Konsultativstatus geht dariiber hinaus, indem sie weitere Rechte, wie das Recht auf Bezug der Tagesordnung und der öffentlich zugänglichen Dokumente, einräumt. Andererseits enthält sie hinsichtlich der Art und Weise der Kooperation auch ausdrückliche Pflichten von INGOS. 456 Die Rechtsförmigkeit der Handhabung der Konsultativbeziehungen wird dadurch verbessert, daß die Entscheidung des Generalsekretärs über die Gewährung und den Entzug des Status durch das Ministerkomitee oder die Versammlung einer Untersuchung unterzogen werden kann. Bisher ist INGOs der Konsultativstatus großzügig eingeräumt worden, so daß die Zahl der beteiligten Organisationen auf etwa 370 angestiegen ist. 457 Beobachterstatus ist dagegen bisher nur Amnesty International und der Internatio454 "Any steering committee may, by an unanimous decision, admit or admit to any committee answerable to it, observers from non-member states of the Council of Europe, or from intergovernmental or non-govemmental international organisations ... ", Entschließung (76) 3 des Ministerkomitees vom 18. Februar 1976 betreffend Struktur, Mandat und Arbeitsmethoden sämtlicher Expertenkomitees, Ziff. 11. 5., abgedruckt bei Hummer/Wagner (Anm. 449), S. 117 ff. 455 Anhang 2 zur Entschließung (76) 3 des Ministerkomitees vom 18. Februar 1976 betreffend Struktur, Mandat und Arbeitsmethode sämtlicher Expertenkomitees, Rules of Procedure for Council of Europe committees, abgedruckt bei Hummer/Wagner (Anm. 449), S. 124 ff. 456 Vgl. vor Inkrafttreten der Neuregelung Fenaux (Anm. 448), S. 31, der von Rechten und Pflichten spricht. 457 Council 0/ Europe, Europe through its associations, S. I.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

nal Commission of Jurists gewährt worden. 458 Die Beiträge, die von diesen INGOs ausgegangen sind, sind vielfaItig. Um mit diesen Beiträgen ihren Einfluß auf die Entscheidungsfmdung des Europarats möglichst wirkungsvoll ausüben zu können, haben die INGOs einen Verbindungsausschuß eingerichtet, der die Koordination der INGO-Aktivitäten übernimmt und fiir die Beziehungen zu den Organen des Europarates zuständig iSt. 459 Die wohl wichtigste Form der Einflußnahme ist die Mitwirkung der INGOs an der Erarbeitung von Konventionen. Beispielhaft sei hier auf die Europäische Antifolterkonvention von 1987 verwiesen, die auf einen Konventionsentwurf der International Commission of Jurists und des Schweizer Komitees gegen Folter zurückgeht. 460 Daneben werden INGOs vom Europarat regelmäßig mit der Ausarbeitung von Studien oder der Ausführung von Untersuchungen beauftragt oder in die Durchführung von Kampagnen der Organisation miteinbezogen. Eine wichtige Funktion kommt INGOs ferner im Prozeß der Demokratieentwicklung in Zentral- und Osteuropa zu. Mit dem Ziel, in dieser Region die demokratischen Strukturen zu stärken, wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche gemeinsame Seminare von Europarat und INGOs veranstaltet. 461 Daß die Zusammenarbeit dennoch des Ausbaus bedarf, geht aus der Erklärung von Vilnius hervor, mit der die vom Europarat veranstaltete Konferenz über nichtstaatliche Organisationen und die zivile Gesellschaft endete. Ausdrücklich wurde nämlich in dieser Erklärung hervorgehoben, daß angesichts der Probleme in der Region eine neue Partnerschaft zwischen allen Akteuren der paneuropäischen Konstruktion, einschließlich der INGOs, erforderlich sei. 462 2. Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)

Der Prozeß der Zusammenarbeit von Staaten West- und Osteuropas, der 1975 in Helsinki mit der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) begonnen hatte, führte im Laufe der Jahre zu einer Institutionalisierung dieses Prozesses und 1995 schließlich zur Umbenennung der Konferenz 458 Drzemczewski, Tbe Role of NGOs in Human Rights Matters in the Council Of Europe, HRLJ 1987, S. 277. 459 Council 01 Europe (Anm. 457), S. 2. 460 Drzemczewski (Anm. 458), S. 276, der herausstellt, daß der Entwurf auf Anforderung des Berichterstatters des Rechtsausschusses der Versammlung erstellt wurde; anzumerken ist, daß die Einbeziehung zur Zeit der Fertigstellung des Artikels noch auf der Grundlage von Resolution (72) 35 des Ministerkomitees erfolgte; einen Änderung dieser Praxis seit 1993 ist jedoch nicht ersichtlich. 461 Vgl. Drzemczewski, Tbe Council of Europe's cooperation and assistance programmes for countries of Central and Eastern Europe in the human rights field, HRLJ 1991, S. 342, der einige Beispiele anführt. 462 Council 01 Europe, Vilnius Declaration, S. I.

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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in Organisation fiir Sicherheit und Zusanunenarbeit (OSZE). Auch fiir diese regionale zwischenstaatliche Organisation sehen die Regelungen eine Einbeziehung von INGOs vor. 463 Die Basis dieser Einbindung war bereits in der KSZESchlußakte von Helsinki enthalten und wurde in späteren Dokumenten der Konferenz ausdrücklich herausgestellt. 464 Eine konkrete Ausgestaltung der Einbeziehung in den KSZE-Prozeß erfolgte jedoch erst mit Beginn des zweiten Treffens der Konferenz über die Menschliche Dimension der KSZE in Kopenhagen. 465 Eine umfassende Berücksichtigung des Beitrages von INGOs über den Bereich der menschlichen Dimension hinaus wurde dann auf dem vierten KSZE-Folgetreffen in Helsinkivorgenommen. 466 So wird die im Kopenhagener Dokument vorgesehene Bewegungsfreiheit fiir INGOs innerhalb von Konferenzeinrichtungen der Menschlichen Dimension durch das Helsinki-Dokument von 1992 auf andere KSZE-Treffen ausgeweitet. Zu diesem Zweck ist INGOs auf Anfrage ein Akkreditierungsausweis auszustellen. 467 Darüber hinaus soll nach diesem Dokument INGOs der ungehinderte Zugang zu allen Plenarsitzungen der Überprüfungskonferenzen, Seminaren, Workshops und Treffen des Büros fiir Demokratische Institutionen und Menschenrechte, Sitzungen des Hohen Rats, soweit dieser als Wirtschaftsforum zusanunentritt, zu Implementierungstreffen über Menschenrechte und anderen Expertentreffen freigestellt werden. Ferner kann jedes Treffen beschließen, einige andere Sitzungen fiir die Teilnahme nichtstaatlicher Organisationen freizugeben. 468 Während der

463 Zur Frage, ob die OSZE eine internationale Organisation mit Rechtspersönlichkeit darstellt, siehe Bort/off, Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, Diss. iur., 1996, S. 398, der die OSZE als internationale Organisation ansieht, ihr aber keine Völkerrechtsfähigkeit zukommen lassen will; so auch Wenig, Möglichkeiten und Grenzen der Streitbeilegung ethnischer Konflikte durch die OSZE, 1996, S. 85 ff.; anders Seid/-Hohenve/dern, Internationale Organisationen aufgrund von soft law, in: FS Bernhardt, 1995, S. 233, der die Rechtspersönlichkeit bejaht; Schweisfurth, Eine Organisation in statu nascendi, in FS Bernhardt, 1995, S. 228, der von einer internationalen Organisation in statu nascendi ausgeht. 464 Vgl. Schlußakte von Helsiniki, in: Fastenrath (Hrsg.), KSZE, Dokumente der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, Loseblatt, A.I. Prinzip VII; die wichtige Rolle der nichtstaatlicher Organisationen in der KSZE wurde herausgestellt in der Charta von Paris für ein neues Europa, Fastenrath, A.2., Abschnitt "Leitsätze für die Zukunft", Unterabschnitt "Nichtstaatliche Organisationen"; Abschließendes Dokument des Wiener Folgetreffens, Fastenrath, B.3., Anhang XI. 465 Konferenz über die Menschliche Dimension der KSZE, Dokument des Kopenhagener Treffens (Kopenhagener Dokument), Fastenrath (Anm. 464), H.I., Anhang; siehe auch Konferenz über die Menschliche Dimension der KSZE, Dokument des Moskauer Treffens (Moskauer Dokument), Fastenrath (Anm. 464), H.4., Ziff. 43. 466 Beschlüsse von He\sinki (Helsinki Dokument), Fastenrath (Anm. 464), A.6., Kapitel IV, Ziff. 12-17. 467 V gl. Kopenhagener Dokument (Anm. 465), Anhang, erster Spiegelstrlch mit Helsinki-Dokument (Anm. 464), Abschnitt IV, Ziff. 15, erster Spiege\strlch. 468 Helsinki Dokument (Anm. 464), Abschnitt IV, Ziff. 15, zweiter Spiege\strlch.

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3. Teil, 3. Abschn.: Regelungen des Innenrechts der Organisationen

Veranstaltungen soll zwischen Delegierten und Vertretern von INGOs die Möglichkeit ungehinderter Kontakte gewährleistet werden. 469 Zudem ist INGOs jedes offizielle Dokument der Konferenz in allen Arbeitssprachen sowie jedes Dokument, das die Delegierten den INGOs zu übermitteln wünschen, zugänglich zu machen. Andererseits wird den INGO-Vertretern die Möglichkeit eingeräumt, den Delegierten Mitteilungen zukommen zu lassen. Dafür wird ihnen Zugang zu den Fächern der Delegationen gewährt. Ferner soll den Delegierten der freie Zugriff aufINGO-Dokumente ermöglicht werden. 470 Schließlich sollen von den Institutionen der Organisation und den Delegationen Verbindungspersonen für INGOs benannt werden. 471 Allgemein sind die Institutionen der OSZE dazu aufgefordert, die Tätigkeit der INGOs zu unterstützen. 472 Anders als die bisher behandelten Organisationen sehen die maßgeblichen Regelungen der OSZE nicht die Einräumung eines Konsultativstatus für INGOs vor. Dennoch wird die Beteiligung von INGOs an der Arbeit der Organisation dergestalt geregelt, daß die Möglichkeit zur Teilnahme an der Arbeit der OSZE als Recht gewährt wird. Insbesondere die Regelungen betreffend den freien Zugang zu Veranstaltungen der OSZE und die Übermittlung von Dokumenten lassen diesen Schluß zu. In der Praxis der Organisation haben INGOs stetig an Bedeutung gewonnen. Waren sie anfangs darauf angewiesen, ihren Interessen allein auf von ihnen veranstalteten Parallelkonferenzen Geltung zu verschaffen, so entwickelte sich nach dem Treffen von Kopenhagen eine stetig wachsende Beteiligung an der Arbeit der Konferenz selbst,473 wobei insbesondere die Veranstaltungen zur Menschlichen Dimension das Interesse der INGOs fanden. Auf dem Expertentreffen zu Fragen betreffend nationale Minderheiten in Genf gelang es den nichtstaatlichen Organisationen dabei über die bloße Beobachtung der Veranstaltungen des Treffens hinaus, ihre Einflußnahme auf die versammelten Experten dadurch zu verbessern, daß der ihnen zur Verfügung gestellte Konferenzraum neben dem Raum der Veranstaltung des Treffens als Begegnungsstätte

469 Kopenhagener Dokument (Anm. 465), Anhang, zweiter Spiegelstrich, i.V.m. Helsinki Dokument (Anm. 464), Abschnitt IV, Ziff. 15, erster Spiegelstrich. 470 Kopenhagener Dokument (Anm. 465), Anhang, dritter bis fünfter Spiegelstrich, i.V.m. Helsinki Dokument (Anm. 464), Abschnitt IV, Ziff. 15, erster Spiegelstrich. 471 Helsinki Dokument (Anm. 464), Abschnitt IV, Ziff. 15, dritter Spiegelstrich. 472 Dies wird besonders in der Zusammenfassung der Schlußfolgerungen und Beschlüsse des Ratstreffens von Rom, Fastenrath (Anm. 464), C.4., Abschnitt IV, Ziff. 4, erster und vierter Spiegel strich für den Bereich des Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte hervorgehoben. 473 Vgl. Kamarotos, CSCE: A Potential Fertile Ground for NGO Action, TA 1991, S. 250 f.; OSCE Doc. "Contacts with Non-Governmental Organizations", Internet, S. I, wonach beim Budapester Treffen 1994 mehr als 600 nationale und internationale NGOs teilnahmen.

C. Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung der Organisationen

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von staatlichen und nichtstaatlichen Vertretern genutzt wurde. 474 Wohl auch in Würdigung des positiven Beitrags der nichtstaatlichen Organisationen wurde dann auf dem ersten Implementierungstreffen zur Menschlichen Dimension 1994 in Warschau INGOs eine umfassende Möglichkeit zur Entsendung von Beobachtern und zur Wortmeldung bei jeder Sitzung eingeräumt. 475

474 Kamarotos (Anm. 473), S. 251 weist aber darauf hin, daß dieser Fortschritt erst nach Wochen des Drängens erreicht wurde und INGOs zuvor auf ihre Beobachterrolle beschränkt waren; zudem wurde einigen INGOs der Zugang zur Konferenz durch bürokratische Hindernisse erschwert. 475 Amnesty International (Anm. 372), S. 56 f.

Vierter Teil

Zusammenfassende Beurteilung der Völkerrechtssubjektivität von INGOs und Ausblick Der vorangegangene Teil dieser Untersuchung zeigt, daß INGOs in großem Umfang in den Regelungsbereich des zwischenstaatlichen Rechts, des Rechts zwischen Staaten und internationalen Organisationen und des Innenrechts internationaler Organisationen miteinbezogen worden sind. Für das zwischenstaatliche Recht läßt sich dazu festhalten, daß INGOs vor allem im Bereich der Menschenrechte Rechtspositionen eingeräumt worden sind. So wird INGOs sowohl in Art. 10 EMRK. als auch Art. 10 und ll AfChMR und den Abkommen 87 und 98 der ILO das Recht auf Versammlungsund! oder Vereinigungsfreiheit gewährt. Am Beispiel der EMRK. wurde ferner gezeigt, daß INGOs auch andere materielle Rechte, wie das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren, auf Freiheit der Meinungsäußerung und auf Glaubens- und Gewissensfreiheit, geltend machen können. Hinsichtlich der Durchsetzung dieser Rechte geht die EMRK. besonders weit, indem sie in Art. 48 EMRK. die Möglichkeit der gerichtlichen Durchsetzung der materiellen Rechte durch INGOs vorsieht. Art. 44 AMRK., Art. 55 AfChMR und Art. 24 ILO-Satzung sehen dagegen lediglich die Geltendmachung von Rechten im Wege eines Beschwerdeverfahrens vor den zuständigen Exekutivorganen der jeweiligen Organisation vor. Über den Bereich der Menschenrechte hinaus sieht das zwischenstaatliche Recht weitere Beteiligungsrechte von INGOs vor. Besonders weit reicht dabei die Einbeziehung nichtstaatlicher Organisationen in die Umsetzung der Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung, wo INGOs an der Planung, Umsetzung und Überwachung nationaler Aktionsprogramme beteiligt werden sollen. Aber auch die Beteiligung an der Rechtsfindung internationaler Gerichte ist hier zu nennen, die für den IGH aufgrund von Art. 66 des Statuts erfolgen soll. Schließlich hat die Untersuchung des WTO-Statuts gezeigt, daß INGOs zur Mitwirkung an der Arbeit internationaler Organisationen berechtigt sind. Das WTO-Statut vermittelt nämlich über die Form der angeschlossenen Mitgliedschaft, die INGOs erwerben können, bestimmte Rechte, aber auch Pflichten innerhalb der WTO.

4. Teil: Zusammenfassende Beurteilung und Ausblick

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Aus den genannten Rechts- und Ptlichtenpositionen des zwischenstaatlichen Rechts folgt nach der hier zugrundegelegten Defmition der Völkerrechtssubjektivität dann unmittelbar die Völkerrechtssubjektivität internationaler nichtstaatlicher Organisationen. Da diese jedoch notwendig auf der Rechtssetzung durch Staaten beruht, kann sie nur als eine abgeleitete Rechtssubjektivität bezeichnet werden, die von der Rechtssubjektivität der Staaten insofern verschieden ist, als ihr Umfang auf die vertraglich eingeräumten Rechte und Pflichten beschränkt ist. Auch die Untersuchung des Rechts zwischen Staaten und internationalen Organisationen hat gezeigt, daß INGOs bestimmte Rechte eingeräumt werden. Hierbei handelt es sich in erster Linie um Transitrechte und Rechte auf ungestörte Ausübung der Konsultationstätigkeit bei internationalen Organisationen, die in einer Reihe von Amtssitzabkommen zugesichert sind. Das Amtssitzabkommen der IAEA mit Österreich macht aber deutlich, daß auch Privilegien und Immunitäten, die denen von international geschützten Personen vergleichbar sind, gewährt werden können. Wie für das zwischenstaatliche Recht gilt auch hier, daß die Völkerrechtssubjektivität aus den gewährten Rechten abgeleitet werden kann, wobei die Rechtssubjektivität ebenfalls durch das jeweilige Abkommen bestimmt wird. Die weitreichendsten Regelungen der Rechtsstellung von INGOs finden sich im Innenrecht internationaler Organisationen. Dabei können wie im zwischenstaatlichen Recht Regelungen zur Durchsetzung materieller Rechte, zur Beteiligung an der Rechtsfindung internationaler Gerichte und zur Meinungsbildung internationaler Organisationen unterschieden werden. Regelungen zur Durchsetzung materieller Rechte finden sich vor allem im menschenrechtlichen Bereich, wo die Beteiligung von INGOs im 1503-Verfahren des WSR und den Mitteilungsverfahren von UNESCO und ILO vorgesehen ist. Darüber hinaus steht INGOs das Recht zu, Ersuchen an einen Priifungsausschuß der Weltbank zu richten, soweit ein Verstoß gegen Politiken oder Direktiven der Bank vorliegt. In sehr eingeschränktem Maße haben INGOs auch das Recht, an der Rechtsfmdung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Interamerikanischen Gerichtshofes für Menschenrechte als "amicus curiae" mitzuwirken. Die Gerichte sind aber in diesen Fällen lediglich zu einer willkürfreien Entscheidung über die Beteiligung von INGOs verpflichtet. Anders verhält es sich dagegen mit den Regelungen zur Beteiligung an der Meinungsbildung internationaler Organisationen. Zentrale Bedeutung kommt dabei Resolution 1296 des WSR zu, die sowohl Rechte als auch Pflichten für INGOs statuiert. Diese Resolution, welche die Konsultativbeziehungen zwischen WSR und INGOs regelt, beinhaltet zwar kein Recht von INGOs auf Begründung des Konsultativstatus zum Rat, im Falle der Aufnahme von Konsultativbeziehungen werden INGOs jedoch Rechte eingeräumt Pflichten und auf-

192

4. Teil: Zusammenfassende Beurteilung und Ausblick

erlegt. Der Umfang der Rechte hängt dabei von der Art des Konsultativstatus ab und umfaßt in der Regel das Recht auf Mitteilung der Tagesordnung, der Teilnahme an öffentlichen Sitzungen des Rates und seiner Unterorgane und die Einreichung schriftlicher Stellungnahmen durch INGOs. Die Pflichten der INGOs betreffen insbesondere die Information des Rates über die Tätigkeiten der Organisation. Nach dem Modell der Resolution 1296 des WSR wurde auch die Einbeziehung nichtstaatlicher Organisationen in die Arbeit von Spezialorganen, Sonderorganisationen und Konferenzen der Vereinten Nationen gestaltet. Anders als beim WSR ist bei den Spezialorganen und Sonderorganisationen jedoch erkennbar, daß INGOs verstärkt in die Programmumsetzung einbezogen werden. Eine Ausnahme bilden die Regelungen der Weltbank, da diese die Einbeziehung von INGOs nicht verbindlich festlegen, sondern den Organen der Bank als Leitbild dienen sollen. Daß neben den Vereinten Nationen auch regionale Organisationen INGOs Beteiligungsrechte einräumen, zeigen schließlich die Beispiele des Europarates und der OSZE. Da nach der hier vertretenen Auffassung auch das Innenrecht internationaler Organisationen dem Völkerrecht zuzuordnen ist, kann aus den Rechts- und Pflichtenpositionen dieses Rechtskreises ebenfalls die Völkerrechtssubjektivität von INGOs gefolgert werden. Weil diese Rechte und Pflichten aber letztlich auf zwischenstaatlichem Recht beruhen, wird durch sie ebenfalls nur eine abgeleitete Völkerrechtssubjektivität begründet, die in diesem Fall als Völkerrechtssubjektivität zweiter Ordnung bezeichnet werden könnte. Zusammenfassend läßt sich daher feststellen, daß sowohl aus dem zwischenstaatlichen Recht als auch dem Recht zwischen Staaten und internationalen Organisationen und dem Innenrecht internationaler Organisationen die Völkerrechtssubjektivität von INGOs geschlossen werden kann. Diese ist jedoch letztlich eine aus dem zwischenstaatlichen Recht abgeleitete und damit vom Willen der Staatengemeinschaft abhängig.' Galt das Interesse der vorliegenden Arbeit bislang allein der rechtstheoretischen Frage nach der Völkerrechtssubjektivität nichtstaatlicher internationaler Organisationen, so soll im folgenden Ausblick in aller Kürze versucht werden, Tendenzen der Entwicklung der Rolle von INGOs im Völkerrecht nachzuzeichnen und die Auswirkungen dieser Entwicklung auf das System der internationalen Beziehungen aufzuzeigen. 2

I Vgl. zu einer ähnlichen Begründung erneut Dahm/Delbrück/ Wolfrum, Völkerrecht, Bd. 1/2, MS, § 107, S. 20; siehe auch Habe, Global Challenges to Statehood, Global legal Studies Journal 1997, S. 207 ff.

4. Teil: Zusammenfassende Beurteilung und Ausblick

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Hinsichtlich der Entwicklung der Rolle von INGOs zeigen die vorangegangenen Ausführungen, daß die Einbeziehung von INGOs in das Völkerrecht in den vergangenen Jahren eine starke Ausweitung erfahren hat. Die Ausweitung ist dabei nicht nur in quantitativer, sondern auch in qualitativer Hinsicht erfolgt. Deutlich läßt sich dies fiir den europäischen Bereich an Art. 48 EMRK ablesen. Während vor Inkrafttreten der Änderung dieser Vorschrift im Jahre 1994 nichtstaatlichen Organisationen im Falle der Verletzung ihrer Grundrechte lediglich die Möglichkeit der Individualbeschwerde vor der europäischen Menschenrechtskommission offenstand, ist den Organisationen nunmehr ein echtes Klagerecht vor dem Straßburger Gerichtshoffiir Menschenrechte eingeräumt. Ein weiterer bedeutender Schritt zur umfassenden Einbeziehung von INGOs wurde von der Staatengemeinschaft 1994 im Umweltbereich mit der Unterzeichnung der Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung unternommen. Indem diese Konvention die Vertragsstaaten nämlich dazu verpflichtet, INGOs sowohl an der Planung, Umsetzung und Überwachung nationaler Aktionsprogramme zu beteiligen, stellt sie im Völkerrecht ein Novum dar. Neu an dieser Konvention ist dabei, daß die Einbeziehung von INGOs bereits im zwischenstaatlichen Recht erfolgt und konsequent fiir alle Abschnitte der Programmverwirklichung gilt. Weniger weitgehend, aber dennoch nennenswert, ist darüber hinaus die Ausweitung der Einbeziehung von INGOs in den Bereich der Entwicklungshilfe. Insbesondere die Spezialorgane und die Sonderorganisationen der Vereinten Nationen sind auch hier dazu übergegangen, INGOs an der Planung und Durchfiihrung von Hilfsprogrammen zu beteiligen. Daß diese weitgehenden neuen Regelungen keine Einzelf!ille darstellen, sondern eine allgemeine Tendenz widerspiegeln, wird durch zwei Reformprojekte bestätigt, über die derzeit in den Vereinten Nationen beraten wird. Hierbei handelt es sich zum einen um die Reform des Konsultationsmechanismus des WSR, zum anderen um einen Deklarationsentwurf zum besseren Schutz von Personen und Personengruppen, die fiir die Beachtung von Menschenrechten eintreten. Der Ruf nach einer Reform des Konsultationsmechanismus des WSR der Vereinten Nationen, wie er in Resolution 1296 festgelegt ist, reicht bis in das Jahr 1971 zurück, als im Zusammenhang mit der Forderung nach einer neuen Weltwirtschaftsordnung ausdrücklich zu einem "more meaningful and producti-

2 Wie aus dieser Zusammenfassung hervorgeht, wird hier bewußt die Rechtssetzungsund Schiedsfunktion einiger Organisationen ausgeklammert, welche diese gegenüber ihren Mitgliedern ausüben; vgl. zum Internationalen Olympischen Komitee BaareSchmidt, Der Status des Internationalen Olympischen Komitees im Völkerrecht, Diss. iur., 1983, S. 17 ff.; Rittberger, Das Internationale Olympische Komitee - eine WeItregierung des Sports, FW 1996, S. 155, sprechen gar von einer Weltregierung des Sports; zur Internationalen Handelskammer Dahlgrnn, Funktionen und Rechtspersönlichkeit der Internationalen Handelskammer, Diss. iur., 1969, S. 77 ff.

13 Hempel

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4. Teil: Zusammenfassende Beurteilung und Ausblick

ve relationship" aufgerufen wurde. 3 Dem folgte wenig später im WSR eine Empfehlung zur Vereinfachung der Beziehungen zu INGOs. 4 Schließlich wurden die Beziehungen auch Gegenstand der Erörterung eines Ad-hocAusschusses der Generalversammlung, welcher die Ineffizienz der Konsultativbeziehungen ebenfalls heftig kritisierte und Verbesserungen forderte. s Es dauerte jedoch bis zum Jahre 1993, um eine Arbeitsgruppe mit der Zielsetzung einzuberufen, den Konsultationsmechanismus einer grundsätzlichen Überprüfung zu unterziehen. 6 Diese Arbeitsgruppe, an deren Arbeit INGOs beteiligt wurden, 7 hat ihren Abschlußbericht vorgelegt, auf dessen Grundlage nunmehr die WSR-Resolution 1996/31 vom 25.7.1996 zur Regelung der Konsultativbeziehungen erlassen wurde. Danach konnte zwar im Rahmen dieser Gruppe in einigen Punkten zwar keine Einigung erzielt werden, hinsichtlich wesentlicher Bestimmungen wurde jedoch ein Konsens erreicht. Dem Entwurf zufolge wird der Kreis der nichtstaatlichen Organisationen, mit denen Konsultativbeziehungen aufgenommen werden können, erweitert und soll nunmehr auch nationale Organisationen umfassen. 8 Eine weitere Neuerung besteht darin, daß der Entwurf die Zusammenarbeit mit INGOs nicht auf den WSR beschränkt, sondern zu einer Ausdehnung auf das gesamte System der Vereinten Nationen auffordert. 9 Dieser Aufruf fmdet seinen Niederschlag dann in einem eigenen Kapitel über die Beteiligung nicht3 U.N. ECOSOC Res. 1580 vom 26.05.1971; vgl. zur Kritik auch Green, NGOs, in: Human Rights and World Order, 1978, S. 95; Gunter, Toward a Consultative Relationship Between the United Nations and Non-Governmental Organizations, VanderbiltJTL 1977, S. 579 tT.; Chiang, Non-Governmental Organizations at the United Nations, 1981, S. 14, der aufU.N. ECOSOC Res. 1919 (LVIII) vom 12. Mai 1975 verweist. 4 U.N. ECOSOC Res. 1739 (L1V) vom 4. Mai 1973. 5 U.N. GA Res. 32/197, vom 20. Dezember 1977, Annex, Teil 11, Ziff. 45. 6 Vgl. OltO, Nongovernmental Organizations in the United Nations System, The Emerging Role oflntemational Ci vii Society, HRQ 1996, S. 107; Martens, Dabeisein ist noch nicht alles, Die NGOs in den Vereinten Nationen: Akteure, Kritiker, Nutznießer, VN 1993, S. 168, die auf U.N. ECOSOC Res. 1993/80 und U.N. ECOSOC Res. 1993/214 vom 12.2.1993 verweisen. 7 So nennt der Komissionsbericht allein 27 Organisationen, die an der dritten Sitzung teilnahmen; vgl. "Report ofthe Open-ended Working Group on the Review of Arrangements for Consultation with Non-Governmental Organizations" (Report 1996) vom 29. Mai 1996, U.N. Doc. Eil 996/58, Ziff. 5. 8 Die Einbeziehung nationaler NGOs bringt auch eine Umbenennung der Kategorien nichtstaatlicher Organisationen mit sich; nach dem Entwurf wird es in Zukunft NGOs mit generellem oder speziellem Konsultativstatus geben sowie Organisationen, die im Roster geführt werden, Report 1996, Annex, Ziff. 16 f. 9 In Report 1996, Ziff. 1.1 heißt es dazu: "The whole United Nations System, including United Nations bodies and conferences, dealing not only with economic, social, and sustained economic growth and sustainable development issues but also with disarmement, fmance, trade law, hwnanitarian issues and human rights questions, should be open to participation by non-governmental organizations."

4. Teil: Zusammenfassende Beurteilung und Ausblick

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staatlicher Organisationen an Konferenzen der Vereinten Nationen. 10 Anders als Resolution 1296 schafft die Neuregelung dariiber hinaus in Anerkennung der sich entwickelnden Beziehungen zwischen Vereinten Nationen und INGOs die Möglichkeit der generellen Überprüfung der Konsultativvereinbarungen, soweit dies zur Erleichterung der Mitwirkung nichtstaatlicher Organisationen erforderlich erscheint. II Auch wenn sich diese Refonn im Vergleich zur Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung bescheiden ausnimmt und die Beteiligungsrechte im wesentlichen unverändert läßt, so zeigt sie doch ebenfalls das Fortschreiten der Einbeziehung von nationalen und internationalen NGOs in den Bereich der internationalen Angelegenheiten und die Anerkennung, die der Arbeit nichtstaatlicher Organisationen zuteil wird. Das zweite Refonnprojekt, das hier Erwähnung verdient, ist ein Deklarationsentwurf, der seit 1985 von der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen vorbereitet wird. Durch die "Declaration on the Right and Responsibility of Individuals, Groups and Organs of Society to Promote and Protect Universally Recognized Human Rights and Fundamental Freedoms" soll nämlich einzelnen und Gruppen die Möglichkeit gegeben werden, sich tUr die Verwirklichung der Menschenrechte einzusetzen. 12 So sieht dieser Entwurf bisher vor, daß jedennann, allein oder in Verbindung mit anderen das Recht hat, den Schutz und die Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu verfolgen und zu fordern. Weitere Nonnen sehen das individuelle und kollektive Recht auf Infonnationsbeschaffung und das Recht auf friedliche Aktionen gegen Menschenrechtsverletzungen vor. Eine besondere Stellung nimmt schließlich Art. 3 des 3. Kapitels ein, in dem Personen und Gruppen der Schutz des nationalen Recht gewährt werden soll, sofern diese sich mit friedlichen Mitteln gegen die Verletzung der Menschenrechte und Grundfreiheiten wenden. I3 Obwohl dieser Deklaration, sollte sie von den Vereinten Nationen verabschiedet werden, wohl keine unmittelbaren Rechte entnommen werden könReport 1996, Annex, nach Ziff. 33. Nach Report 1996, ZitT. 11.5 soll diese Anpassung durch den WSR in Zusammenarbeit mit dem NGO-Ausschuß erfolgen. 12 Posner, The Establishment of the Right of Nongovemmental Human Rights Groups to Operate, in: Human Rights: An Agenda for the Next Century, 1994, S. 405 tT.; Wiseberg, Protecting Human Rights Activists and NGOs: What More Can be Done, HRQ 1991, S. 537 . 13 Siehe zum Stand der Diskussion der Menschenrechtskommission "Drafting of a Declaration on the Right and Responsibility of Individuals, Groups and Organs of Society to promote and protect universally recognized Human Rights and Fundamental Freedoms" vom 29. März 1996, U.N. Doc. E/CNAI\996/97; Posner (Anm. 12), S. 413 weist in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Einschränkung in Kapitel V, Art. 3 hin; die Deklaration ist nach Abschluß der Arbeit nunmehr von der Generalversammlung angenommen worden, vgl. GA Res. 53/144 vom 8. März 1999, AlRES/53/144. 10

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4. Teil: Zusammenfassende Beurteilung und Ausblick

nen,14 drückt auch sie die Anerkennung der Tätigkeit von Menschenrechtsorganisationen aus und stellt den ersten Schritt hin zu einem internationalen Abkommen zum Schutz von Personen und Personengruppen dar, die sich rur den Menschenrechtsschutz einsetzen. ls Letztlich zeigt sich daher auch an diesem Beispiel die Tendenz, zu einer stärkeren Einbeziehung nichtstaatlicher Organisationen in das Völkerrecht zu kommen. Insgesamt erscheint es zulässig, die völkerrechtliche Entwicklung der Rolle internationaler nichtstaatlicher Organisationen dahingehend zu beschreiben, daß sich das Verhältnis der Staatengemeinschaft zu nichtstaatlichen Organisationen in Teilbereichen von einem Verhältnis der Subordination zu einem Verhältnis echter Kooperation entwickelt hat und sich diese Tendenz in Zukunft fortsetzen wird. Besonders deutlich ist diese Tendenz im Bereich der Menschenrechte, des Umweltschutzes und der Entwicklungshilfe zu erkennen, wobei die Kooperation zwischen INGOs und den verschiedenen Teilen des Systems der Vereinten Nationen aufgrund des hohen Ansehens und der Glaubwürdigkeit einiger INGOs über die ursprünglich angestrebten formellen Abkommen weit hinausgegangen ist. 16 Mit der Entwicklung der Rolle von INGOs ist auch die Ausdehnung des Kreises der Akteure der internationalen Beziehungen über die Staaten hinaus verbunden. Zunehmend bildet sich dabei eine Gesellschaftsstruktur heraus, die durch die Berücksichtigung der Interessen verschiedener sozialer Gruppen geprägt ist und sich zu einem Pendant des innerstaatlichen Bereich entwickelt. 17 Mit dieser Entwicklung geht auch die Demokratisierung der internationalen Beziehungen einher, da Entscheidungen nicht mehr allein Regierungsvertretern überlassen werden, sondern in Abstimmung mit den betroffenen Verbänden erfolgen. Den Verbänden kommt dabei wie im innerstaatlichen Bereich die Funktion zu, als Mittler zwischen Staat und Individuum an der Vorformung des politischen Willens mitzuwirken. 18 14 Posner (Anm. 12), S. 412 und Wiseberg (Anm. 12), S. 537 sprechen in diesem Zusammenhang aber von Rechten und Pflichten. IS Kritisch hierzu steht jedoch Reisman, Human Rights Workers as Internationally Protected Persons, in: The Living Law of Nations, 1996, S. 391, 395, der deshalb für die Ausdehnung des Gewohnheitsrechts der Verbrechen gegen die Menschlichkeit eintritt. 16 Macalister-Smith, Non-Governmental Organizations, Humanitarian Action and Human Rights, in: FS Bernhardt, 1995, S. 493; Hüfner, Non-Governmental Organizations (NGOs) im System der Vereinten Nationen, FW 1996, S. 119; kritisch hierzu aber Garner, Transnational Alignment of NGOs for Global Environment Action, VanderbiltJTL 1990, S. 1066; auch Posner(Anm. 12), S. 415. 17 Hüfner (Anm. 16), S. 119 spricht deshalb von einer globalen Zivilgesellschaft. 18 Zu der Rolle der Verbände im innerstaatlichen Bereich wird an dieser Stelle auf die Ausführungen in der Einleitung dieser Arbeit verwiesen; vgJ. auch Schulze, NichtRegierungsorganisationen und die Demokratisierung des UN-Systems, in: Die Reform der VN - Die Weltorganisation zwischen Krise und Erneuerung, 1994, S. 132, der hin-

4. Teil: Zusammenfassende Beurteilung und Ausblick

197

Der wirklich umfassenden Einbeziehung von INGOs in die internationale Gesellschaft stehen jedoch noch wesentliche Hindernisse entgegen. Berücksichtigt man nämlich, daß mehr als 10.000 INGOs international aktiv sind, so wird deutlich, daß eine Beteiligung bereits durch die bloße Anzahl der Organisationen wesentlich erschwert wird. Ferner stellt die zweifelhafte Legitimation einzelner Organisationen, die bereits innerhalb ihrer Herkunftsländer umstritten sind, ein ernstes Problem dar. 19 Des Weiteren zeichnet sich schon heute ab, daß die internationalen Beziehungen in der Zukunft von einigen einflußreichen INGOs dominiert sein werden, während andere Organisationen, gerade aus Staaten der Dritten Welt, nur unzureichend repräsentiert sein werden. 2o Dieses wiederum hätte zur Folge, daß die tatsächliche Interessenlage aller Gesellschaftsgruppen nur verzerrt wiedergegeben werden könnte. Schließlich wird eine mögliche einflußreiche Rolle von INGOs in den internationalen Beziehungen dadurch geschwächt, daß die Glaubwürdigkeit einiger Organisationen nicht gewährleistet ist. 21 Während dies in einigen Fällen in der Abhängigkeit von staatlicher Unterstützung begründet liegt, resultiert die fehlende Glaubwürdigkeit in anderen Fällen aus der fehlenden Sachlichkeit der Organisationen. Als Beispiel für eine solche fehlende Sachlichkeit sei auf den Boykottaufruf der Umweltorganisation Greenpeace gegen die Versenkung der Bohrinsel Brent Spar verwiesen, der letztlich auf einem Rechenfehler der Organisation beruhte und auf Seiten des Shell-Konzerns zu Millionenverlusten fiihrte. Die genannten Hindernisse auf dem Weg zu einer zivilen Gesellschaft machen deutlich, warum eine Reihe von Staaten INGOs bisher noch erhebliches Mißtrauen entgegenbringen. 22 Darüber hinaus ist die ablehnende Haltung einiger Staaten aber auch wohl daraus zu verstehen, daß INGOs zuweilen gegen den Widerspruch betroffener Staaten ihre Aktivitäten entfalten, wobei diese Vorgehensweise im Menschenrechtsbereich mit der wenig schmeichelhaften Bezeichnung eines revolutionären Humanitarismus belegt wurde. 23 Dieses Mißsichtlich der Berücksichtigung der Individualinteressen auf die Präambel der Satzung der Vereinten Nationen verweist; vgl. zu Kritik am bisherigen System Czempiel, Weltpolitik im Umbruch, 2. Aufl., 1993, S. 31. 19 Auf diese Probleme weist Schulze (Anm. 18), S. 133 f. ausdrücklich hin. 20 DorseylPigott, The UN System and NGOs: New Relationships for a New Era, in: The UN System and NGOs, S. 13 ff. 21 DorseylPigott (Anm. 20), S. 13 ff. 22 Hüfner, Non-Governmental Organizations, in: United Nations: Law Policies and Practice, Vol. 2, 1995, Rz. 23; Hüfner (Anm. 16), S. 119; Beigbeder, Le röle international des organisations non gouvernementales, 1992, S.37; auch Martens, (Anm 6), S. 169, der einen Grund in dem Eindringen der Organisationen in die traditionel1e Domäne der Diplomaten sieht. 23 Macalister-Smith (Anm. 16), S. 496; Gottlieb, International Assistance to Civilian Populations in Anned Conflicts, NYUJ 1971, S.422 f.; Posner, The Status of Human Rights NGOs, ColumbiaHRLJ 1994, S. 273.

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4. Teil: Zusammenfassende Beurteilung und Ausblick

trauen einiger Staaten dürfte denn auch der Grund ihrer Bemühung sein, der Ausweitung der Rolle von INGOs in den internationalen Beziehungen entgegenzuwirken. Insbesondere der Einsatz von INGOs für die Menschenrechte wird dazu regelmäßig als ungesetzliche Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten verurteilt. 24 Staatliche Maßnahmen gegen INGOs reichen dabei von Drohungen über Belästigungen bis hin zu Verfolgungen der Organisationen. Daß es sich dabei keineswegs nur um autoritäre Regime handelt, die zu solchen Maßnahmen greifen, zeigt die Versenkung der Rainbow Warrior durch den französischen Geheimdienst. 25 Auch wenn die letztgenannten Beispiele nicht für alle Staaten repräsentativ sind, so machen sie doch deutlich, daß der Ausweitung der Rolle von INGOs noch eine Anzahl von Hindernissen entgegensteht. Erst wenn Lösungsmöglichkeiten für die Beseitigung dieser Hindernisse gefunden worden sind, wird der Weg zu einer modernen globalen zivilen Gesellschaft offenstehen.

Vgl. Posner (Anm. 23), S. 273. Macalister-Smith (Anm. 16), S. 495; Schulze (Anm. 18), S. 134; Posner (Anm. 23), S. 274; WiseberglScoble, Recent Trends in the Expanding Universe ofNGOs Dedicated to the Protection of Human Rights, in: Global Human Rights, Public Policies, Comparative Measures and NGO Strategies, 1981, S. 260. 24 25

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Stichwortverzeichnis Amnesty International 38

ESC92,114

AfChMR 89

EuGMR 136

- Art. 55 1\0

Europarat 20,183

AMRK86

Exekutivkomitee 47

- Art. 44109 Amtssitzabkommen 122, 124

Finanzierung 48

Beisitzersystem 32

Generalversammlung 47

Bildung 45, 171

Greenpeace 16

British and Foreign Anti-Slavery Society 29

GTÜndungstheorie 50

Induktiver Ansatz 61 Comite International des secours aux blesses 29 CONGO 151

International Federation of Trade Unions (IFTU) 34 Internationale Olympische Komitee 29 IN GO 19 ff.

Deduktiver Ansatz 57 Definition - INGO 19 ff. - Völkerrechtssubjektivität 56 ff.

Entwicklung 28 EMRK 87, 97, 98, 99 -Art 25107 - Art. 48 104

Institut de droit international 29 lnter-Amerikanischer Gerichtshof für Menschenrechte 137 International Geodesical Association 29 International Law Association 29 Internationale Handelskammer 31 ILO 33, 94, 112, 120, 131, 175 IPbürgR 83

224

Stichwortverzeichnis

IPwirtR 91

StlGH 33

Konsultativbeziehungen 139 ff.

Tätigkeitsfelder 37 tf.

- Generalsekretariat 149

Technik 45

- Konferenzen 162 tf. - Sonderorganisationen 170 ff.

Umweltschutz 41,160

- Spezialorgane 153 ff.

UNEP 160

- Wirtschafts- und Sozialrat 140 ff.

UNESCO 20, 171

Kunst 45

- Mitteilungsverfahren 129 UNHCR 153

Medizin 45

Nationales Recht 49

UNICEF 156 Union of International Associations 21,30

Naturwissenschaft 45 NGOl6

Vereinte Nationen 118, 139 Völkerbund 3 I tf.

OSZE 186 tf.

Völkerrecht 75 Völkerrechtssubjektivität 56 ff.

Politik 38

- Haftungsobjekte 71

Präsident 48 WeItabrüstungskonferenz 33 Rechtsentwicklung 38 Rechtspersönlichkeit 49 ff. Religion 37

Weltbank 133, 178 Wirtschaftshilfe 41, 178 Wirtschafts- und Sozial rat 19,127,140 Wirtschaftsförderung 41

Sitztheorie 50 Sport 45

WTOl18 Wüstenbildung 101