Die völkerrechtliche Kriminalisierung von modernen Akten des internationalen Terrorismus: Unter besonderer Berücksichtigung des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs [1 ed.] 9783428525010, 9783428125012

Angesichts der Globalisierung des Terrorismus und der Verletzung völkerrechtlicher Schutzgüter durch ihn wird offensicht

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Die völkerrechtliche Kriminalisierung von modernen Akten des internationalen Terrorismus: Unter besonderer Berücksichtigung des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs [1 ed.]
 9783428525010, 9783428125012

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Schriften zum Völkerrecht Band 175

Die völkerrechtliche Kriminalisierung von modernen Akten des internationalen Terrorismus Unter besonderer Berücksichtigung des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs Von Kerstin Wolny

Duncker & Humblot · Berlin

KERSTIN WOLNY

Die völkerrechtliche Kriminalisierung von modernen Akten des internationalen Terrorismus

Schriften zum Völkerrecht Band 175

Die völkerrechtliche Kriminalisierung von modernen Akten des internationalen Terrorismus Unter besonderer Berücksichtigung des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs

Von

Kerstin Wolny

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG) der Universität St. Gallen hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0251 ISBN 978-3-428-12501-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

In Erinnerung an Sebastian Horsten (23.9.1974 –17.3.2004)

Danksagung Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2006 von der Juristischen Abteilung der Universität Sankt Gallen (Schweiz) als Dissertation angenommen. Die Arbeit befindet sich auf dem Stand von November 2006. Später erschienene Literatur und Rechtsprechung konnten vereinzelt Berücksichtigung finden. Die Untersuchung entstand in einem Zeitraum von vier Jahren während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin an der Universität Sankt Gallen und als Fellow am International Human Rights Law Institute in Chicago (USA). Der Aufenthalt am letztgenannten Institut wurde mir durch ein Stipendium des Schweizer Nationalfonds ermöglicht. Frau Prof. Dr. Dr. Juliane Kokott möchte ich für die Betreuung der Arbeit und für die Freiheit, die sie mir bei der Behandlung und Gestaltung des Themas ließ, herzlich danken. Außerdem danke ich Prof. Hans Vest für die wertvollen Hinweise und die Erstellung des Zweitgutachtens. Spezieller Dank gilt zudem Prof. Cherif Bassiouni (Chicago), der kritisch, aber wohlwollend den Fortgang der Arbeit begleitete. Ebenfalls danke ich Prof. Bernd Grzeszick (Erlangen), der mir den nötigen Freiraum zur Fertigstellung der Arbeit ließ. Nicht zuletzt danke ich meinen Bremer Professoren Dian Schefold und Gerhard Stuby für ihren Rat und menschlichen Rückhalt in jeder Phase meines wissenschaftlichen Werdegangs. Dank gebührt darüber hinaus meinen früheren Kolleginnen und Kollegen an den Universitäten Sankt Gallen und Erlangen-Nürnberg sowie meinen langjährigen Freunden in Bremen, Berlin, Sankt Gallen und Nürnberg für ihren Zuspruch, Humor, konstante Aufmunterung und tatkräftige Hilfe bei der Korrektur. Dank geht an dieser Stelle auch an Chefarzt Dr. Jochen Molling und sein Team in Magdeburg, der mir meinen Forschungsaufenthalt in den USA und damit den Ausbau der Arbeit in jeglicher Hinsicht ermöglichte. Ich danke allen von Herzen! Schließlich danke ich ganz besonders meiner Familie für ihre Unterstützung und ihren Rückhalt – und (extra mit dem Dir geschätzten Gedankenstrich) Christoph. Der Schmitz-Nüchterlein-Stiftung in Nürnberg verdanke ich die großzügige Gewährung eines Druckkostenzuschusses für die vorliegende Arbeit. Die Veröffentlichung wurde ebenfalls durch einen Druckkostenzuschuss des Auswärtigen Amtes gefördert. Nürnberg, im November 2007

Kerstin Wolny

Inhaltsverzeichnis A. Problemstellung und Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die neue Dimension des internationalen Terrorismus im 21. Jahrhundert als Herausforderung für das Völkerrecht . . . . . . . . . . . . I. Fehlen einer allgemein gültigen Definition des internationalen Terrorismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Herkömmlicher Terrorismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Internationaler Terrorismus in neuen Dimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die neue Dimension im Hinblick auf die eingesetzten Terrormittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Terrorismus mittels konventioneller Waffen . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Terrorismus mittels Massenvernichtungswaffen . . . . . . . . . . . . . . aa) Atomterrorismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bioterrorismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Chemieterrorismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Cyberterrorismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Neue Dimension im Hinblick auf die Terrorfolgen . . . . . . . . . . . . . . a) Völkerrechtliche Größenordnung internationaler Terroranschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Neue Wertung nach UN-Charta – Auswirkungen auf die Struktur des Friedenssicherungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Veränderte Reaktionsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Neue Dimension im Hinblick auf die Operationsweise . . . . . . . . . . a) Globalisierte Organisationsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Internationaler Terrorismus als ökonomische Bedrohung . . . . . . c) Globale Verdichtung der Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Neue Dimension der terroristischen Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nicht-staatlicher Terrorismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Staatsterrorismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Staatlich unterstützter Terrorismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Kriterien für eine Definition des internationalen Terrorismus neuer Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Internationales Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Arbeitsdefinition des internationalen Terrorismus neuer Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21 25 25 28 32 33 34 35 35 39 41 43 46 46 49 51 52 52 53 54 55 56 57 59 62 63 64 67

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Inhaltsverzeichnis

C. Die Kriminalisierung des internationalen Terrorismus auf völkerrechtlicher Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kriminalisierung des internationalen Terrorismus nach Völkervertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Maritimer Terrorismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) 1958 Genfer Konvention des Seerechts und das 1983 Seerechtsübereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) 1988 Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschifffahrt; 1988 Protokoll zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit fester Plattformen, die sich auf dem Festlandsockel befinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Terrorismus gegen die Zivilluftfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) 1963 Abkommen über strafbare und andere bestimmte an Bord von Luftfahrzeugen begangene Handlungen . . . . . . . . . . . . b) 1970 Übereinkommen zur Bekämpfung der widerrechtlichen Inbesitznahme von Luftfahrzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) 1971 Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt . . . . . . . . . . . d) 1988 Protokoll zur Bekämpfung widerrechtlicher Gewalthandlungen an internationalen Flughäfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Regelungswerke betreffend den Schutz von Personen . . . . . . . . . . . . a) 1973 Übereinkommen über die Verhütung, Verfolgung und Bestrafung von Straftaten gegen völkerrechtlich geschützte Personen, einschließlich Diplomaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) 1979 Internationale Konvention gegen Geiselnahme . . . . . . . . . . c) 1995 Abkommen zum Schutz von UN- und dazugehörigem Personal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Regelungswerke betreffend die Begehung von terroristischen Sprengstoffattentaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) 1991 Übereinkommen über die Kenntlichmachung von plastischen Sprengstoffen zum Zweck ihrer Entdeckung . . . . . . b) 1998 Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) 1891 Übereinkommen der Internationalen Postunion . . . . . . . . . . 5. Regelungswerke betreffend den Gebrauch von Massenvernichtungswaffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) 1979 Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) 2005 Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung von Akten des Nuklearterrorismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69 69 70 70

71 72 75 75 76 77 78 78 81

81 83 84 85 87 87 87 89 90 90 91

Inhaltsverzeichnis c) d) e) f)

II.

III.

IV.

1993 Chemiewaffenkonvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1975 Biowaffenkonvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2001 Biowaffen-Protokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2002 Modellentwurf eines Internationalen Abkommens über die Verhütung und Strafbarkeit von Bioterrorismus . . . . . . . . . . . aa) Völkerrechtliche Strafbarkeit von Bioterrorismus . . . . . . . . bb) Durchsetzung der Strafansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Regelungswerk betreffend die Finanzierung des Terrorismus: Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Entwurf eines umfassenden Terrorismusabkommens . . . . . . . . . . . . . 8. Regionale Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Kriminalisierung des internationalen Terrorismus nach Völkergewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Resolutionspraxis der UN-Generalversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Resolutionspraxis des UN-Sicherheitsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kriminalisierung von konventionellen Terrorakten . . . . . . . . . . . b) Kriminalisierung von Massenvernichtungswaffen . . . . . . . . . . . . 3. UN Special Committees on Terrorism . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. International Law Commission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entwürfe zum Draft Code of Crimes against the Peace and Security of Mankind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entwürfe zum IStGH-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Internationaler Terrorismus als eigenständiges völkerrechtliches Verbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorliegen eines Völkerrechtsverbrechens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorliegen eines transnationalen Verbrechens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einstufung des internationalen Terrorismus neuer Dimension in die Systematik des Völkerstrafrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

D. Die Strafbarkeit des internationalen Terrorismus unter dem IStGH-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Strafrechtliche Instanzen zur Verfolgung von Akten des internationalen Terrorismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Nationale Strafverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nationale Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Räumliche Jurisdiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sachliche Jurisdiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Militärgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Nationale Gerichte im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Internationale Strafverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Internationales Tribunal auf Koalitionsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 93 97 100 104 105 106

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Inhaltsverzeichnis

II.

b) Ad Hoc Tribunal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Strafbarkeit von Akten des internationalen Terrorismus unter dem IStGH-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Internationaler Terrorismus als Völkermord . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhaltliche Ausgestaltung des Art. 6 IStGH-Statut . . . . . . . . . . . . aa) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Subsumtion des internationalen Terrorismus unter Art. 6 IStGH-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Internationaler Terrorismus als Verbrechen gegen die Menschlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhaltliche Ausgestaltung des Art. 7 IStGH-Statut . . . . . . . . . . . . aa) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Einzeltatbestände des Art. 7 Abs. 1 lit. a–lit. k IStGHStatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) „Handlungen im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung“. . (a) „Ausgedehnt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) „Systematisch“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) „Angriff“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) „Gegen die Zivilbevölkerung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Voraussetzungen nach Maßgabe des Völkergewohnheitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Voraussetzungen gemäß Art. 7 IStGH-Statut . . . . . . . . . b) Subsumtion des internationalen Terrorismus unter Art. 7 IStGH-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorsätzliche Tötung (Art. 7 Abs. 1 lit. a IStGH-Statut) . . . (1) Terrorhandlungen als vorsätzliche Tötung . . . . . . . . . . . (2) Terrorhandlungen im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Terrorhandlungen gegen die Zivilbevölkerung . . . . . . . bb) Vertreibung oder zwangsweise Überführung der Bevölkerung (Art. 7 Abs. 1 lit. d IStGH-Statut) . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Freiheitsberaubung (Art. 7 Abs. 1 lit. e IStGH-Statut) . . . . dd) Folter (Art. 7 Abs. 1 lit. f IStGH-Statut) . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Verfolgung (Art. 7 Abs. 1 lit. h IStGH-Statut) . . . . . . . . . . . ff) „Andere unmenschliche Handlungen“ (Art. 7 Abs. 1 lit. k IStGH-Statut) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis gg) Subjektive Tatseite: Terrorhandlungen in Kenntnis des Angriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Internationaler Terrorismus als Kriegsverbrechen . . . . . . . . . . . . . . . a) Terrorismus und humanitäres Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beurteilung nach Maßgabe des „Genfer Rechts“ und des „Haager Rechts“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beurteilung nach Maßgabe des Völkergewohnheitsrechts cc) Terrorismus und die Grundsätze des humanitären Völkerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhaltliche Ausgestaltung des Art. 8 IStGH-Statut . . . . . . . . . . . aa) Vorliegen eines bewaffneten Konflikts . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Staatsterrorismus und bewaffneter Konflikt . . . . . . . . . . (2) Nicht-staatlicher Terrorismus und bewaffneter Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kriegsverbrechen als Teil eines Planes oder Politik . . . . . . cc) Systematik von Art. 8 IStGH-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Subsumtion des internationalen Terrorismus unter Art. 8 IStGH-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Terrorismus spezifische Kriegsverbrechen gegen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Geschützter Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vorsätzliche Tötung (Art. 8 Abs. 2 lit. a (i); Art. 8 Abs. 2 lit. c (i) IStGH-Statut) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Misshandlungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Folter (Art. 8 Abs. 2 lit. a (ii), 1. Alt.; Art. 8 Abs. 2 lit. c (i), 4. Alt. IStGH-Statut) . . . . . . . . . . . (b) Unmenschliche oder grausame Behandlung (Art. 8 Abs. 2 lit. a (ii), 2. Alt; Art. 8 Abs. 2 lit. c (i), 3. Alt. IStGH-Statut) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Verursachen von Leiden und Gesundheitsschäden (Art. 8 Abs. 2 lit. a (iii) IStGH-Statut) . . . . . . . . . . (d) Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Geiselnahme (Art. 8 Abs. 2 lit. a (viii), Art. 8 Abs. 2 lit. c (iii) IStGH-Statut) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Vertreibung oder zwangsweise Überführung der Bevölkerung (Art. 8 Abs. 2 lit. a (vii) 1. und 2. Alt., Art. 8 Abs. 2 lit. b (viii) 2. Alt. IStGH-Statut . . . . . . . bb) Terrorismus spezifische Kriegsverbrechen gegen das Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Enteignungsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zerstörungsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis cc) Terrorismus spezifische Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Kampfmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Angriffe auf die Zivilbevölkerung (Art. 8 Abs. 2 lit. b (i), Art. 8 Abs. 2 lit. e (i) IStGH-Statut) . . . . . . . . . . . . . (2) Angriffe auf zivile Objekte (Art. 8 Abs. 2 lit. b (ii), (ix), Art. 8 Abs. 2 lit. e (ii), (iv) IStGH-Statut) . . . . . . . dd) Terrorismus spezifische Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Kampfmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Strafbarkeit von Akten des Atomterrorismus . . . . . . . . . (2) Strafbarkeit von Akten des Bioterrorismus . . . . . . . . . . . (a) Verbot der Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen (Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut) . . (b) Strafbarkeit des Einsatzes biologischer Massenvernichtungswaffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Strafbarkeit von Akten des Chemieterrorismus . . . . . . . (a) Chemische Waffen als Gift (Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Chemische Waffen als Kampfgase und gleichartige Mittel (Art. 8 Abs. 2 lit. b (xviii) IStGHStatut) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Strafbarkeit des Einsatzes von chemischen Massenvernichtungswaffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Strafbarkeit von Akten des Cyberterrorismus . . . . . . . . (5) Die Generalklausel des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xx) IStGH-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Inhaltliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Strafbarkeit von Akten des Chemie-, Bio- und Cyberterrorismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Neue völkerstrafrechtliche Praxis zum Delikt des Terrorismus als Kriegsverbrechen: The Prosecutor vs. Stanislav Galic . . . . . aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtliche Bewertung durch den JStGH . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Terrorhandlungen als Kriegsverbrechen gemäß Art. 3 JStGH-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Angriff gegen die Zivilbevölkerung als Verletzung der Gesetze und Gebräuche des Krieges . . . . . . . . . (b) Terror gegen die Zivilbevölkerung als Verletzung der Gesetze und Gebräuche des Krieges . . . . . . . . . (2) Terrorhandlungen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemäß Art. 5 JStGH-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit von Galic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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237 238 239 240 241 241 243 244 245 245 246 246 247 247 248 248

Inhaltsverzeichnis 4. Internationaler Terrorismus als Aggression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhaltliche Ausgestaltung des Art. 5 IStGH-Statut . . . . . . . . . . . b) Strafbarkeit der Aggression nach geltendem Völkerrecht . . . . . aa) Entwicklung vor 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entwicklung nach Gründung der Vereinten Nationen . . . . . (1) Kodifikationsbemühungen der UN . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die „Aggressionsdefinition“ von 1974 . . . . . . . . . . . . . . (3) Der ILC-Entwurf von 1991 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Der ILC-Entwurf von 1996 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Aggressionstatbestand in den Verhandlungen zum IStGH-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Draft Resolution of the Assembly of States Parties on the Continuity of Work in Respect of the Crime of Aggression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Definitionsvorschlag des Aggressionsverbrechens . . . . (2) Verbrechenselemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Objektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Täterkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Subsumtion des internationalen Terrorismus unter den Entwurf zum Aggressionsverbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Nicht-staatlicher Terrorismus als Aggression . . . . . . . . . . . . bb) Staatsterrorismus als Aggression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 250 251 252 252 255 255 256 259 260 261

263 263 265 266 266 269 270 270 270 272 273

E. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Anhang: Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 (Auszug) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313

Abkürzungsverzeichnis a. A. ABl. Abs. Abschn. a. E. a. F. AJIL AJP Alt. Art. Aufl. AVR BGBl. BGH BMJ BRD BT-Drs. BVerfG BWC bzw. CWC ders. d.h. dies. DVBl. EGMR Einl. EJIL EMRK EPIL ETA EU EuGRZ ff. FS

anderer Ansicht/Auffassung Amtsblatt Absatz Abschnitt am Ende alte Fassung American Journal of International Law Allgemeine Juristische Praxis Alternative Artikel Auflage Archiv des Völkerrechts Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bundesministerium der Justiz Bundesrepublik Deutschland Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Biological Weapons Convention beziehungsweise Chemical Weapons Convention derselbe das heißt dieselbe(n) Deutsche Verwaltungsblätter Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Einleitung European Journal of International Law Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten Encyclopedia of Public International Law Euskadi Ta Askatasuna (Baskische Terrororganisation) Europäische Union Europäische Grundrechtszeitung fortfolgende Festschrift

Abkürzungsverzeichnis GA GA HarvILJ HLKO Hrsg. Hs. ICC ICLQ IGH IKRK ILA ILC ILM IMT IMTFE IPbpR IRA IStGH i. V. m. JStGH JZ KJ lit. LJIL m. w. N. NJW Nr. NStZ NVwZ OLG ÖMZ para. RAF Res. RGBl. Rn. RStGH S. SC StGB u. a. UN

General Assembly (UN-Generalversammlung) Genfer Abkommen Harvard International Law Journal Haager Landkriegsordnung Herausgeber Halbsatz International Criminal Court International and Comparative Law Quarterly Internationaler Gerichtshof Komitee des Internationales Roten Kreuzes International Law Association International Law Commission International Legal Materials International Military Tribunal International Tribunal for the Far East Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte Irish Republican Armee Internationaler Strafgerichtshof in Verbindung mit Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien Juristenzeitung Kritische Justiz litera Leiden Journal of International Law mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Oberlandesgericht Österreichische Militärische Zeitschrift Paragraph Rote Armee Fraktion Resolution Reichsgesetzblatt Randnummer Internationaler Strafgerichtshof für Ruanda Seite Security Council Strafgesetzbuch unter anderem United Nations (Vereinte Nationen)

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20 UNAMI UNTS Vol. WMD Y.L.J. ZaöRV ZAR z. B. Ziff. ZIS ZP I ZP II

ZRP ZStW

Abkürzungsverzeichnis United Nations Assistance Mission in Iraq United Nations Treaty Series Volume Weapons of Mass Destruction Yale Law Journal Zeitschrift für ausländisches und öffentliches Recht Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik zum Beispiel Ziffer Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik Zusatzprotokoll zum Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte Zusatzprotokoll zum Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

A. Problemstellung und Aufbau der Arbeit Seit den Anschlägen in New York, Madrid oder London ist das Gefahrenpotential des internationalen Terrorismus unverkennbar. Der lange Zeit gültige Lehrsatz des Terrorismusforschers Brian Jenkins: „Terrorists want a lot of people watching, not a lot of people dead“1 bedarf spätestens seit den Anschlägen vom 11. September 2001 der Korrektur. Handelte es sich bei Terrorakten traditionell um Phänomene, die in ihren Ursachen, Zielen, Aktionsfeldern und Wirkungen auf nationale Konflikte begrenzt waren und vorrangig auf das Erregen von Aufmerksamkeit abzielten, machen zeitgenössische terroristische Aktionen deutlich, dass der Terrorismus in seiner Ausrichtung keine Begrenzungen territorialer Art mehr aufweist und auf Massenvernichtung ausgerichtet ist. Zwar ist nicht sicher, ob das Signum des 11. Septembers 2001 allein in der Massenvernichtung besteht, denn es ging zumindest auch um die Zerstörung hochgradig symbolischer Ziele. Dennoch hat der 11. September 2001 die von Terrorismusexperten und Sicherheitsbehörden prognostizierte Bedrohung durch atypische Terrorgefahren Realität werden lassen. Moderne terroristische Gewaltakte sind heute in Konzeption, Ausmaß und Folgen so ausgestaltet, dass sie den Weltfrieden und die internationale Sicherheit nachhaltig bedrohen und die internationale Gemeinschaft als Ganzes betreffen können. Der terroristische Strategiewandel zeichnet sich durch jegliche Negierung menschlicher Werte aus, er besteht in der Globalisierung terroristischer Organisationsstrukturen und einer Änderungen in der Wahl der Mittel, der Zielgruppe und des Vernichtungsgrades. Die Fähigkeit einer neuen Terroristengeneration, etwa zivile Transportmittel zu Waffen umzufunktionieren und in Ballungszentren zur Explosion zu bringen, stellt nur eine Facette moderner Aktionsformen des internationalen Terrorismus dar. Wird die Mehrzahl der Terroranschläge vermutlich auch weiterhin mit Bomben und Schusswaffen ausgeführt werden, so eröffnen der technische Fortschritt, der vereinfachte Zugang zu Informationen und die Verfügbarkeit von umfangreichem, neuem Waffenmaterial ungeahnte und verheerende Formen terroristischen Handelns: Terrorismus mit nuklearen, biologischen oder chemischen Kampfstoffen sowie mittels elektronischer Daten ist heute möglich und im Rahmen einer auf Massenvernichtung gerichteten Terrorstrategie auch Erfolg versprechend. Brutalste Terror1

Jenkins, in: Leventhal/Alexander (Hrsg.), Nuclear Terrorism, 1986, 28.

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A. Problemstellung und Aufbau der Arbeit

anschläge – insbesondere solche mittels Massenvernichtungswaffen – sind heute keine Frage mehr des ob, sondern des wann. Diese neue Situation stellt eine der Herausforderungen für das internationale Strafrecht dar. Innerstaatliche Rechtsordnungen wähnten sich bislang auf klassische Terrorgefahren vorbereitet – bezüglich der neuen atypischen Terrorbedrohung ist dies aber nicht der Fall. Terroristische Verhaltensweisen sind in den meisten Rechtsordnungen nach nationalem Strafrecht als „gewöhnliche“ Delikte unter Strafe gestellt. Sofern ein eigenständiger Straftatbestand des Terrorismus im nationalen Recht nicht gegeben ist, werden terroristische Aktionsformen von herkömmlichen Straftatbeständen wie Mord, Totschlag, Geiselnahme, Nötigung, Brandstiftung oder diversen Sprengstoffdelikten erfasst. Daneben existiert eine Vielzahl von völkerrechtlichen Anti-Terrorismus-Abkommen, die auf klassische Aktionsformen des Terrorismus, wie Geiselnahme, Luftpiraterie oder Sprengstoffgefahren, zugeschnitten sind und den Bereich der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen regeln. Doch zeigen sich hergebrachte Formen der Strafverfolgung zeitgenössischen Terroraktivitäten kaum gewachsen. Angesichts der Globalisierung des Terrorismus und der Verletzung auch völkerrechtlicher Schutzgüter wird offensichtlich, dass die strafrechtliche Auseinandersetzung mit terroristischen Gewaltakten nicht auf das nationale Strafrecht begrenzt bleiben darf. Nationale Strafrechtsordnungen können den spezifischen völkerrechtlichen Unrechtsgehalt terroristischer Verhaltensweisen nicht erfassen. Zur Ahndung von Terrorverbrechen mit Relevanz für die internationale Gemeinschaft tritt hier – insbesondere mit Blick auf atypische Terrorformen mittels Massenvernichtungswaffen – das Erfordernis einer internationalen Strafgerichtsbarkeit zutage, welche die nationalen Kompetenzen zur Strafverfolgung terroristischer Verbrechen zwar nicht ersetzen soll, aber doch zu ergänzen hat. Kaum eine nationale Strafrechtsordnung hält Strafnormen bezüglich der Aneignung von und des Umgangs mit Massenvernichtungswaffen bereit; auch in diesem Bereich muss bislang auf „gewöhnliche“ Delikte ausgewichen werden, um eine Kriminalisierung der entsprechenden Verhaltensweisen zu erreichen. Aufgrund dieser Defizite der bisherigen strafrechtlichen Behandlung terroristischer Gewalttaten im nationalen Recht beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der Frage, ob das Völkerstrafrecht ein geeignetes Instrumentarium zur Erfassung von Akten des internationalen Terrorismus bereithält. Eine völkerrechtliche Strafverfolgung terroristischer Gewaltakte setzt zum einen das Vorhandensein entsprechender Strafnormen als Teil der Völkerrechtsordnung voraus, zum anderen ist eine funktionierende Gerichtsbarkeit erforderlich. Unter dieser Untersuchungsprämisse sind folgende Teilaspekte abzuhandeln: Zunächst ist der Frage nachzugehen, was Akte des in-

A. Problemstellung und Aufbau der Arbeit

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ternationalen Terrorismus neuer Dimension von traditionellen Terrorformen unterscheidet und sie als Problem des Völkerrechts etabliert. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob moderne Terrorakte bereits durch bestehende Normen des Völkerrechts erfasst werden und so eine entsprechende völkerrechtliche Kriminalisierung erfahren. Drittens wird zu klären sein, ob die supranationale Strafgerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) terroristische Gewaltakte erfassen kann. Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Ausgangspunkt der völkerrechtlichen Analyse ist eine Betrachtung des internationalen Terrorismus in seiner herkömmlichen und seiner neuen Dimension und dessen Einordnung als aktuelles Problem des Völkerrechts. Der erste Teil der Arbeit (Abschnitt B.) zeigt auf, wodurch sich moderne Formen des internationalen Terrorismus von herkömmlicher terroristischer Gewaltanwendung unterscheiden und was den internationalen Terrorismus in seiner neuen Dimension auszeichnet. In diesem Zusammenhang werden aktuelle Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus identifiziert und der Terrorismus in seiner neuen Form erfasst. Im zweiten Teil (Abschnitt C.) untersucht die Arbeit, ob das bestehende Völkerrecht ein geeignetes Instrument zur Kriminalisierung des internationalen Terrorismus darstellt. Ausgehend von der These, dass Defizite in der nationalen Strafverfolgung bestehen und der internationale Terrorismus neuer Dimension völkerstrafrechtlich erfasst werden muss, wird die Aufmerksamkeit im dritten Teil (Abschnitt D.) auf die internationale Strafgerichtsbarkeit gerichtet. Es wird dargelegt, warum sich insbesondere der IStGH für die Aufgabe der völkerrechtlichen Ahndung internationaler Terrorakte anbietet. Im Mittelpunkt dieses Abschnitts steht die eingehende Analyse, ob terroristische Gewaltakte der Jurisdiktion des IStGH unterfallen und als eines der im IStGH-Statut normierten Völkerrechtsverbrechen qualifiziert werden können. Die ausdrückliche Einbeziehung des Terrorismus in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des IStGH ist derzeit nicht vorgesehen. Das IStGH-Statut enthält somit keinen eigenen Tatbestand des internationalen Terrorismus. Wenn es aber gelänge, Akte des internationalen Terrorismus unter die bestehenden völkerrechtlichen Straftatbestände – namentlich Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Aggression – zu subsumieren, dann wäre die Grundlage dafür geschaffen, terroristische Gewaltakte der Strafverfolgung durch den IStGH zu unterstellen. Abschließend werden die Ergebnisse der Untersuchung kritisch bewertet und verbleibende Strafbarkeitslücken hinsichtlich der völkerrechtlichen Kriminalisierung von modernen Akten des internationalen Terrorismus aufgezeigt.

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A. Problemstellung und Aufbau der Arbeit

Zum Gegenstand der vorliegenden wissenschaftlichen Beweisführung werden exemplarisch neben terroristischen Gewaltakten unter Einsatz von Massenvernichtungswaffen vorrangig die Anschläge vom 11. September 2001 gemacht. Letzteren kommt damit eine Betrachtung ex post facto zu, die angesichts der Tatsache, dass das IStGH-Statut erst am 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist, rein theoretischer Natur bleibt. Die vorliegende Analyse orientiert sich ausschließlich am Besonderen Teil des Völkerstrafrechts. Fragestellungen, die zwar Bedeutung für eine mögliche Bestrafung terroristischer Gewaltakte durch den IStGH erlangen können, aber für die eigentliche Subsumtion terroristischer Verhaltensweisen unter die bestehenden Kernverbrechen ohne Relevanz sind, müssen gesonderten Untersuchungen vorbehalten bleiben. Es handelt sich insoweit überwiegend um Probleme aus dem Allgemeinen Teil des Völkerstrafrechts sowie prozessuale Aspekte. Da sich die vorliegende Untersuchung ausschließlich mit dem Thema der Repression internationaler Terrorakte beschäftigt, bleiben auch völkerrechtliche Präventionsmechanismen unberücksichtigt. Ferner werden nur AntiTerrorismus-Abkommen auf UN-Ebene analysiert, während regionale Abkommen übersichtsartig dargestellt, aber nicht untersucht werden. Im deutschsprachigen Raum hat der Vorschlag, Akte des internationalen Terrorismus unter die Jurisdiktion des IStGH zu stellen, nach derzeitigem Forschungsstand keine umfassende Aufarbeitung erfahren.2 Die Diskussion der Staatengemeinschaft über eine Ausweitung des Zuständigkeitsbereiches des IStGH ist erst auf einer Revisionskonferenz im Jahre 2009 vorgesehen. Wegen aktueller Terrorgefahren und bestehender Probleme in der Strafverfolgung von internationalen Terrorakten muss die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dieser Thematik jedoch bereits heute geführt werden. Die vorliegende Arbeit verfolgt daher neben der inhaltlichen Subsumtion von Akten des internationalen Terrorismus unter die Völkerstrafgerichtsbarkeit auch das Ziel, durch die Analyse bestehender Subsumtionsmodelle terroristischer Gewaltakte unter die Gerichtsbarkeit des IStGH einen Beitrag zum Ausbau und zur Weiterentwicklung der völker(straf)rechtlichen Werteordnung zu leisten.

2 Anders im englischsprachigem Schrifttum, vgl. hier eindrücklich Arnold, The ICC as a New Instrument for Repressing Terrorism, 2004.

B. Die neue Dimension des internationalen Terrorismus im 21. Jahrhundert als Herausforderung für das Völkerrecht I. Fehlen einer allgemein gültigen Definition des internationalen Terrorismus „Internationaler Terrorismus“ ist heutzutage ein politisches Schlag- und Reizwort. Sehr verschiedene Phänomene werden mittlerweile unter diesem Begriff zusammengefasst. In der Wissenschaft wurde eine Vielzahl von Erklärungsversuchen, Ursachenanalysen und Bekämpfungsmethoden diskutiert. Bislang konnte aus diesen Ansätzen noch keine universell gültige Definition des internationalen Terrorismus hergeleitet werden, da sich die Staatengemeinschaft nicht auf einen adäquaten Terminus festlegen konnte.1 Den Begriff des internationalen Terrorismus umfassend und unstreitig zu definieren, stellt sich als eine äußerst komplexe und schwierige Aufgabe dar. Derzeit existieren weit über 100 Terrorismusdefinitionen,2 die alle möglichen Aspekte des Terrorismus mit seinen vielfältigen Mustern und Zielen zu umfassen versuchen. Das Problem besteht darin, dass kein finaler Bezugspunkt besteht, sondern dass eine Definition mit weltweiter Akzeptanz soziale Prozesse erfassen muss, die zwangsläufig Veränderungen unterliegen. Allgemein beschreibt „Terrorismus“ den Prozess der Anwendung von Terrorgewalt.3 Etymologisch betrachtet handelt es sich bei dem Begriff, der erst seit der Französischen Revolution von 1789 existiert, um einen Neologismus aus „terreur“ (Schrecken) und dem lateinisch-griechischen Suffix „ismus“.4 Anfangs wurde mit Terrorismus ausschließlich ein staatlicher 1 Wardlaw, Political Terrorism, 2. Aufl., 1989, 3; Teichmann, Philosophy 1989, 505 ff.; Schmalenbach, NZWehrr 2000, 15 (15); Doucet, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Law, 2003, 277 (277); Stern, The Ultimative Terrorists, 1999, 11; Wehner, Europäische Zusammenarbeit bei der polizeilichen Terrorismusbekämpfung aus rechtlicher Sicht, 1993, 32. 2 Vgl. Schmid/Jongman, Political Terrorism, 1988, 1 ff.; Ganor, Defining Terrorism: Is One Man’s Terrorist Another Man’s Freedom Fighter?, http://www. ict.org.il/articles/define.htm; Marx, ZAR 2002, 127 (128); vgl. auch „Keine Begriffsdefinition von Terrorismus“, in: Neue Zürcher Zeitung v. 13.02.2002, 2. 3 Bassiouni, International Criminal Law, Vol. 1, 2. Aufl., 1999, 771. 4 Dazu ausführlich Herzog, Terrorismus – Versuch einer Definition und Analyse internationaler Übereinkommen zu seiner Bekämpfung, 1991, 18; Hess, in: Pritt-

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B. Die neue Dimension des internationalen Terrorismus im 21. Jh.

Handlungstypus erfasst. So definierte das Oxford English Dictionary von 1795 Terrorismus wie folgt:5 „Government by intimidation as carried out by the party in power in France between 1789–1794; generally, a policy intended to cause terror in those against whom it is adopted.“

War also Terrorismus zunächst nur in staatlicher Auskleidung bekannt, zeigt er sich seit dem 19. Jahrhundert auch in privater Erscheinungsform, indem Terrorgruppen Gewaltaktionen gegen staatliche Organe und zur Einschüchterung der Bevölkerung unternahmen.6 Solche Terrorakte waren zwar in der Regel auf nationales Territorium begrenzt, sie wiesen zum Teil aber schon damals grenzüberschreitende Bezüge auf, so dass der Terrorismus in internationaler Ausprägung heute im Grunde kein neues Phänomen darstellt. Zahlreiche Attentate auf führende Staatsmänner Anfang des 20. Jahrhunderts7 machten eine intensive Beschäftigung der Staatengemeinschaft mit dem Problem des internationalen Terrorismus unumgänglich. 1937 wurde in Genf die Convention for the Prevention and Punishment of Terrorism verabschiedet, sie trat jedoch niemals in Kraft.8 Einzig im Rahmen dieser Konvention ist es der internationalen Staatengemeinschaft gelungen, Terrorismus völkerrechtlich zu erfassen. Nach Errichtung der Vereinten Nationen witz/Baurmann/Günther/Kuhlen u. a. (Hrsg.), FS für Klaus Lüderssen, 2002, 489 (489); Walther, in: Brunner/Conze/Koselleck (Hrsg.), Geschichtliche Grundbegriffe, 1990, Band 6, 336 ff., 358; Maskaliunaite, Baltic Defence Law Review 2002, 36 (40). 5 Teichmann, Philosophy 1989, 505 (507). 6 Zum Terrorismus im zaristischen Russland Laqueur, Die globale Bedrohung, 1. Aufl., 1998, 23 ff.; Friedlander, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Vol. 4, 2000, 845. 7 Vgl. etwa das Attentat von Sarajewo 1914 auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand sowie das Attentat vom 09.10.1934, bei dem der französische Außenminister Barthou ermordet wurde. s. Laqueur, Die globale Bedrohung, 1. Aufl., 1998, 26 ff. 8 League of Nations, Convention for the Prevention and Punishment of Terrorism, League of Nations Doc. C 546 (I.), M 383 (I.) 1937, V (1938). Durch diesen völkerrechtlichen Vertrag unterlagen Angriffe auf Leib und Leben von Staatsoberhäuptern oder deren Familien sowie weiterer hoher Regierungsbeamter, die Beschädigung öffentlichen Eigentums und die Lebensgefährdung fremder Staatsbürger der internationalen Ächtung. Das Abkommen wurde von nur einem Staat ratifiziert; zudem ließ es brisante Probleme außen vor: Diese betrafen das Asylrecht und die Frage der Auslieferung von politisch motivierten Tätern, ebenso die Möglichkeit staatlicher Verstrickung in terroristische Aktivitäten. s. dazu Walther, in: Brunner/ Conze/Koselleck (Hrsg.), Geschichtliche Grundbegriffe, 1990, Band 6, 441; Friedlander, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Vol. 4, 2000, 847; Hudson, International Tribunals, 1944, 185.

I. Fehlen einer gültigen Definition des internationalen Terrorismus

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haben sich verschiedene UN-Organe der Problematik des internationalen Terrorismus angenommen. Die UN-Generalversammlung hat terroristische Aktionen über die Jahrzehnte hinweg in einer Vielzahl von Resolutionen ausdrücklich verurteilt, den Begriff des Terrorismus aber nie eindeutig definiert.9 Stellungnahmen der UN-Generalversammlung zum Terrorismus blieben in der Zeit des Kalten Krieges mehrheitlich unklar; zwar verurteilten sie diesen einerseits, andererseits bekräftigten sie das Recht der Völker auf Selbstbestimmung und auf Befreiung von kolonialer Fremdherrschaft.10 Diese Haltung der UN-Generalversammlung änderte sich erst zu Beginn der 90er Jahre mit der Declaration on Measures to Eliminate International Terrorism,11 die keinen Bezug mehr zum Recht auf Selbstbestimmung und zur Rechtmäßigkeit des bewaffneten Befreiungskampfes vorsieht. Bislang existiert in einschlägigen internationalen Übereinkommen, sowohl auf UN- als auch auf gesamteuropäischer Ebene, kein einheitlicher und innerhalb der Staatengemeinschaft allgemein anerkannter Terminus des internationalen Terrorismus. Zwar zeigen sowohl die Politik-, Geschichts-, Sozial- und Kommunikationswissenschaft als auch die Psychologie Definitionsansätze auf,12 doch geben diese wenig Rückschluss auf einen universell gültigen juristischen Bedeutungsinhalt. Eines der Hauptprobleme der internationalen Gemeinschaft, eine allgemeingültige Definition zu finden, liegt in der Sondierung der fundamentalen Werte, welche die Bewertung terroristischen Verhaltens bestimmen. Der politische Aspekt und die Motivation spielten und spielen bei der Begriffsbestimmung eine zentrale Rolle und machen eine allgemeingültige Definition so gut wie unmöglich.13 Die Definitionskriterien sind mehrheitlich subjektiv und basieren primär auf politischen Erwägungen; daneben nimmt der Terrorismus den regionalen und historischen Umständen entsprechend unterschiedliche Formen an. Obwohl einheitlich in gewissen politischen Komponenten, erfährt er eine zunehmende Internationalisierung14 und wird 9 s. u. a. UN GA Res. 42/159 v. 07.12.1987; UN GA Res. 44/29 v. 04.12.1989; UN GA Res. 46/51 v. 27.01.1992. Ausführlich dazu Wüstenhagen, in: von Schorlemer (Hrsg.), Praxishandbuch UNO, 2003, 101; sowie Lambert, Terrorism and Hostages in International Law, 1990, 28 ff. 10 Walter, in: Walter/Vöneky/Röben/Schorkopf (Hrsg.), Terrorism as a Challenge for National and International Law, 2004, 23 (36); Marauhn, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Vol. 4, 2000, 850. 11 UN GA Res. 49/60 v. 09.12.1994. 12 Zu den verschiedenen Ansätzen s. Schmid/Jongman, Political Terrorism, 1988; Bunzl, Gewalt ohne Grenzen, 1991, 3 ff.; Herzog, Terrorismus – Versuch einer Definition und Analyse internationaler Übereinkommen zu seiner Bekämpfung, 1991, 18 ff.; Daase, Die Friedens-Warte 2001, 55 ff.; Wardlaw, Political Terrorism, 2. Aufl., 1989, 4 ff.; Corlett, Terrorism, 2003. 13 Bassiouni, International Criminal Law, Vol. 1, 2. Aufl., 1999, 771.

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B. Die neue Dimension des internationalen Terrorismus im 21. Jh.

mit verschiedenen Mitteln sowohl von Staaten als auch von Privaten in unterschiedlichster Art und Weise ausgeübt.15 Ist eine möglichst präzise Definition des Terrorismus auch schwierig und international nur bedingt konsensfähig, so bedarf es speziell für eine Kriminalisierung nach Völkerrecht unabdingbar einer definitorischen Eingrenzung des internationalen Terrorismus. Vorliegend wird der Versuch unternommen, herkömmliche Definitionshemmnisse zu überwinden und anhand der Analyse moderner terroristischer Erscheinungsformen eine definitorische Grundlage für eine völkerrechtliche Neubewertung von Taten des internationalen Terrorismus zu schaffen.

II. Herkömmlicher Terrorismus Um sich der neuen Dimension des internationalen Terrorismus analytisch annähern zu können, bedarf es zunächst einer Darstellung und Auseinandersetzung mit den Erscheinungsformen des herkömmlichen Terrorismus. Klassischer Terrorismus, verstanden als Sammelbegriff für politisch motivierte Gewalttaten verschiedenster Zielrichtung und Ausführung, ist vielfältig und einem ständigen Wandel unterworfen. Politische und militärische Spannungen sowie die Situation in Krisengebieten waren nicht selten Auslöser für terroristische Aktivitäten: Im 20. Jahrhundert gab es eine Vielzahl an separatistischen Bewegungen, die mittels Terrorstrategie die Unabhängigkeit besetzter Gebiete anstrebten, etwa in Algerien, in Nordirland, im Mittleren Osten oder auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Diese Beispiele zeigen, dass sich Terrorismus sehr oft in Verbindung mit einem bewaffneten Konflikt etablieren konnte.16 Darüber hinaus fand Terrorismus aber auch unabhängig von bewaffneten Auseinandersetzungen statt; dies belegen eine Vielzahl von spektakulären Anschlägen insbesondere in den 1960–1980er Jahren, die überwiegend in westlichen Industriestaaten begangen wurden. Die Zuordnung von Terrorismus als derjenige herkömmlicher Prägung knüpft an das Selbstverständnis und Selbstbild terroristischer Gruppen an. Traditionelle Terrorgruppen lassen sich grob in einen bestimmten gesellschaftlich-historischen Hintergrund einordnen, der das jeweilige terroristische Vorgehen prägt und ihm bestimmte Strukturen verleiht.17 Die Vielfalt 14

von Bubnoff, NJW 2002, 2672 (2672). Elagab, International Law: Documents Relating to Terrorism, 1995, iii. 16 Gasser, RICR 84, 2002, 547 (548). 17 Hoffman, Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden 2000, 125 (125); Hirschmann, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 27 (34). 15

II. Herkömmlicher Terrorismus

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terroristischer Bewegungen wird – um nur einige Gruppen zu nennen – schon daran deutlich, dass nationale und antikolonialistische „Befreiungsbewegungen“ (z. B. PLO, ANC, Frente POLISARIO)18, regionale oder separatistische Bewegungen (z. B. IRA19, ETA20, Al Fatah21) als terroristische Organisationen ebenso in Betracht kommen können wie auch „gesellschaftsrevolutionäre“ Gruppen (z. B. RAF22, Rote Brigaden23, Action Directe24).25 Kennzeichnend für herkömmliche terroristische Gewaltakte ist ein klar ersichtlicher territorialer Bezug, selbst wenn ein terroristischer Akt mitunter auch mehreren Staaten Schaden zugefügt hat. Weil terroristische Organisationen und Personen ganz unterschiedliche Ziele verfolgt haben, sind Akte des Terrorismus bislang rechtlich immer nur unter Berücksichtigung der nationalen oder regionalen Gegebenheiten zu beurteilen gewesen. In der Dritten Welt standen Terrorakte vielfach im Zusammenhang mit dem Prozess der Entkolonialisierung; dort sind sie mit der Besetzung fremder Gebiete bzw. mit Auseinandersetzungen vor rassistischem, religiösem, ethnischem oder sozialem Hintergrund legitimiert worden.26 In den letzten beiden Jahr18 Zu den einzelnen nationalen Befreiungsbewegungen ausführlich Paech/Stuby, Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen, 2001, 252 ff. 19 Näher zur IRA u. a. Neumann, IRA, langer Weg zum Frieden, 2002; English, Armed Struggle, 2003; Parry, Terrorism, 1976, 376 ff. 20 Die baskische ETA zählt neben der IRA zu den bekanntesten Terrorgruppen Westeuropas. Zu ihren Taktiken gehört es, Staatsbeamte, vor allem Richter, zu entführen und ihnen den „Prozess“ zu machen. Dazu Janke, in: Gutteridge (Hrsg.), The New Terrorism, 1986, 135 ff. 21 Näher zur Doktrin von Al Fatah Harkabi, in: Laqueur (Hrsg.), Zeugnisse politischer Gewalt, 1978, 128 ff. 22 Mit der Übernahme des lateinamerikanischen Konzepts der Stadtguerilla konstituierte sich in der Bundesrepublik die Rote Armee Fraktion (RAF). Die RAF war lange Jahre die aktivste deutsche Terrorgruppierung. Sie widmete sich in punktuellen Aktionen der Ermordung von führenden Vertretern der BRD (z. B. Siegrid Buback, Jürgen Ponto, Hanns-Martin Schleyer). s. näher hierzu Rebmann, Probleme bei der Bekämpfung des Terrorismus, 1986, 10 ff.; Grässle-Münscher, Kriminelle Vereinigung, 1991, 124 ff.; Wunschik, Baader-Meinhofs Kinder, 1997. 23 Vgl. Pisano, in: Gutteridge (Hrsg.), The New Terrorism, 1986, 167 ff. 24 Mit der Action Directe (AD) war in Frankreich eine linksextremistische Terrororganisation aktiv, um den französischen Staat zu schädigen. Nach dem Vorbild der Roten Brigaden und der Roten Armee Fraktion (RAF) richteten sich ihre Anschläge vor allem gegen Symbole der Staatsmacht wie Gerichte oder Polizeistationen; weitere Anschläge wurden auf NATO-Einrichtungen verübt. 25 Johnson, in: Laqueur (Hrsg.), Zeugnisse politischer Gewalt, 1978, 230 (237 f.); Rebmann, NJW 1985, 1735 (1735). 26 Kreis, in: Funke (Hrsg.), Terrorismus, 1977, 158 (159); Rebmann, NJW 1985, 1735 (1735); Global Responses to the New Global Challenges, Recommendations for the G-8 Kananaskis Summit from the G-8 Preparatoty Conference v. 05.06.2002, 8.

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hunderten standen annähernd 100 Völker vor der Aufgabe, ihren Kolonialstatus zu überwinden und ihre Unabhängigkeit durchzusetzen. Manche erreichten ihr Ziel erst in jahrelangen Guerillakämpfen oder Bürgerkriegen.27 Vor diesem Hintergrund hatten verschiedene Entwicklungsländer auf UNEbene lange Zeit darauf beharrt, dass Gewalttaten von Freiheitskämpfern, die mit dem Ziel völkerrechtlicher Selbstbestimmung legitimiert wurden, nicht als Akte des Terrorismus qualifiziert werden dürften.28 Der viel zitierte Satz „One man’s terrorist is another man’s freedom fighter“ beschreibt diese konträren Auffassungen in treffender Weise. Erst mit der Verabschiedung der Declaration on Measures to Eliminate International Terrorism29 durch die UN-Generalversammlung im Jahr 1994 hat sich die internationale Gemeinschaft darauf verständigt, „Freiheitskämpfer“ nicht vom Verbot des Terrorismus auszunehmen. Seither werden alle terroristischen Handlungen, Methoden und Praktiken unabhängig von ihrer Zielsetzung unmissverständlich als kriminell geächtet.30 Gesellschaftsrevolutionäre Terrorgruppierungen in den westlichen Industriestaaten haben hauptsächlich das ideologische Ziel verfolgt, das herrschende System zu überwinden. Zur Rechtfertigung ihrer Anschläge beriefen sie sich auf Fehlentwicklungen und Auswüchse der pluralistischen Gesellschaftsordnungen, die technologische Infrastruktur oder die Rüstungsindustrie.31 Die Gewaltaktionen erfolgten aus dem Untergrund und sollten allgemeine Unsicherheit und Schrecken, aber auch Sympathie und Unterstützungsbereitschaft erzeugen – dies in dem originären Bewusstsein, dass es in den Metropolen keinen revolutionären Terror mit Waffen gegen Menschen geben könne.32 Das traditionelle Ziel des Terrorkampfes wurde in der militärischen Zerstörung des Feindes gesehen und es lag auf der Hand, „que le terrorisme en ville ne peut jouer aucun rôle décisif “.33 27

Näher dazu Paech/Stuby, Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen, 2001, 245 ff.; 342 ff. 28 Cassese, International Criminal Law, 2003, 120 ff.; Oeter, ZaöRV 1989, 445 ff.; Fischer, in: Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, § 59, Rn. 13. 29 UN GA Res. 49/60 v. 09.12.1994. 30 Report of the Secretary-General’s High-level Panel on Threats, Challenges and Change, § 160, A/59/565 v. 02.12.2004. 31 Vgl. etwa RAF-Schrift „Guerilla, Widerstand und antiimperialistische Front“, verbreitet im Mai 1982, abgedruckt in: Hoffmann, Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, 1997, 291 ff. Ferner Waldmann, in: Frank/ Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 11 (19). 32 So lehnten frühe terroristische Bewegungen gegen diktatorische Regime in Südamerika und in der Karibik den bewaffneten Kampf in Städten explizit ab, weil hier das Kampfterrain und die soziale Zusammensetzung der Bevölkerung so unübersichtlich seien. Vgl. Walther, in: Brunner/Conze/Koselleck (Hrsg.), Geschichtliche Grundbegriffe, Band 6, 1990, 323 (436).

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Die Mittel und Methoden der Terrorführung beschränkten sich dabei auf den Einsatz traditioneller Waffentechnik wie Feuer- und Explosionswaffen. Sowohl in der Auswahl seiner Opfer als auch in der Höhe der Opferzahlen unterlag der herkömmliche Terrorismus gewissen Schranken.34 Hohe Opferzahlen und Massenmord wurden grundsätzlich nicht gebilligt.35 Traditionelle Terrorvereinigungen sind auf die öffentliche Meinung und das Sponsoring von Sympathisanten angewiesen, und weil sie ein politisches Programm verfolgen, müssen sie darauf achten, ihren Anhängern nicht zu schaden – was ihrer Gewaltstrategie eindeutige Grenzen setzt.36 Es ist unwahrscheinlich, dass „klassische“ Terrorgruppierungen Massenvernichtungswaffen einsetzen, weil sie in der gemischten Bevölkerung genauso viele Sympathisanten wie „Feinde“ treffen könnten. Anschläge gigantischen Ausmaßes und die Massenvernichtung widersprechen eindeutig der hergebrachten Terrorstrategie.37 Trotz signifikanter Unterschiede im Einzelnen entsprachen alle bislang bekannten Erscheinungsformen des Terrorismus in Entstehungsgeschichte, Entwicklung und Beendigung einem nahezu gleichartigen Muster.38 Folgende Charakteristika sind dem herkömmlichen Terrorismus gemein: Er ist inhaltlich bestimmbar (z. B. Linksterrorismus, Rechtsterrorismus, separatistische Bewegungen, anarchistische oder religiöse Gruppierungen), zumeist hierarchisch strukturiert und in der Gruppenstärke klein bis mittelgroß.39 Der Rekrutierungskreis ist relativ begrenzt. Die Operationsziele sind gemäß traditionellem Verständnis mehrheitlich gut identifizierbar und die Opfer sehr oft speziell ausgewählt.40 Die Massenvernichtung wird abgelehnt. In Anbetracht der geringen finanziellen Mittel, die traditionellen Terrorgrup33

Debray, Révolution dans la révolution. Lutte armeé politique en amérique latine, 1967, 40, 77. 34 So ist etwa dem Linksterrorismus deutscher oder italienischer Provenienz zwar eine gewisse Präzisierung ihrer Opfer zu entnehmen – es wurden gezielt Diplomaten, Politiker, Generäle, Richter, Staatsanwälte und Wirtschaftsführer terrorisiert –, es wurden aber ebenso Personen ohne hervorgehobene Stellung zum Angriffssubjekt terroristischer Gewalt gemacht. 35 Gemäß Jenkins war der „klassische“ Terrorismus folgendermaßen gekennzeichnet: „Terrorists want a lot of people watching, not a lot of people dead.“, vgl. Jenkins, in: Leventhal/Alexander (Hrsg.), Nuclear Terrorism, 1986, 28. 36 Waldmann, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 11 (16); Laqueur, Die globale Bedrohung, 1. Aufl., 1998, 286. 37 Laqueur, Die globale Bedrohung, 1. Aufl., 1998, 281; Münkler, „Grammatik der Gewalt“; in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 16.10.2002, 8. 38 Vgl. Hirschmann, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B51/2001, 7 (10, Übersicht 3); Johnson, Perspektiven des Terrorismus, in: Laqueur (Hrsg.), Zeugnisse politischer Gewalt. Dokumente zur Geschichte des Terrorismus, 1978, 230 (237). 39 Hoffman, Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden, 2000, 125 (125). 40 Hoffman, Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden, 2000, 125 (125).

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pierungen in der Vergangenheit zur Verfügung standen, haben es diese unterlassen, umfassende und häufige Anschläge zu unternehmen. Terroristen traditioneller Prägung hatten ihre Operationsgebiete auf eine Region oder einen Staat begrenzt, und es gab nur vereinzelt internationalisierte Operationen. Mehrheitlich fehlte es an einer gezielten Einbindung ausländischer Terrorgruppen. Somit hat bisher eine internationalisierte Ausrichtung des Terrorismus trotz teilweise ähnlicher Programmatik und Anschlagsrichtung der einzelnen Gruppierungen so gut wie nicht stattgefunden.41 Im Gegensatz zu herkömmlichen Terrorformen dürfte in dem Bemühen, Terrorismus insgesamt zu internationalisieren und die globale Öffentlichkeit als Resonanzraum zu erreichen, die Hauptgefahr liegen, die vom modernen internationalen Terrorismus ausgeht. Inwiefern eine neue Dimension des internationalen Terrors eröffnet ist, wird letztlich davon abhängen, ob sich Terroristen zukünftig Massenvernichtungswaffen und den vielfältigen Möglichkeiten des Cyberspace bedienen werden.

III. Internationaler Terrorismus in neuen Dimensionen Wurde die Mehrzahl von Terroranschlägen in der Vergangenheit auf konventionelle Art mit Sprengstoffen und Schusswaffen ausgeführt, sind Terrorakte heute in logistischer, operativer und technischer Hinsicht sowie im Ausmaß ihrer Zerstörung als wesentlich komplexer einzustufen.42 Dies wurde bereits bei den Anschlägen vom 11. September 2001 deutlich. Hielt die Wissenschaft vor dem 11. September 2001 wenig von Horrorszenarien eines „age of terrorism“, welche durch „biological, chemical and nuclear instruments of death and destruction [. . .]“ gekennzeichnet sind, „used intentionally by subnational groups [. . .] to obtain realistic or illusionary goals [. . .] and undermine the ability of legitimate governments to rule or ultimately to survive“43, so gewinnt der Terrorismus mit Massenvernichtungswaffen heute vor dem Hintergrund Aufsehen erregender Terroranschläge als Teil moderner Terrorstrategien zunehmend an Ein41 Eine Ausnahme bildet hier der palästinensische Terror als „klassische“ Form des internationalen Terrorismus, welcher seine Aufgabe darin sah, der Weltöffentlichkeit die Existenz des Palästinenserproblems bewusst zu machen. s. Klink, Kriminalistik 1991, 763 (763). Auch verfolgte z. B. die RAF eine Tendenz zur „Internationalisierung“ ihrer terroristischen Aktionen und die Einbindung entsprechender ausländischer Gruppierungen. Bezeichnend war diesbezüglich allerdings nur, dass sie bei ihren Anschlägen vorzugsweise die Namen getöteter ausländischer Terroristen benützten. s. Rebmann, Probleme bei der Bekämpfung des Terrorismus, 1986, 13. 42 Eingehend zum Einsatz neuer Technologien und deren Wirkung auf Terrorgruppen s. Jackson, in: Prados (Hrsg.), America Confronts Terrorism, 2002, 216 ff. 43 Alexander/Finger (Hrsg.), Terrorism, 1977, X. f.

III. Internationaler Terrorismus in neuen Dimensionen

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fluss.44 Regierungserklärungen, andere offizielle Berichte und wissenschaftliche Studien weisen immer wieder darauf hin, dass vermehrt nicht-staatliche Akteure oder transnationale Gruppen nukleare, biologische oder chemische Substanzen erwerben oder selbst produzieren könnten, um sie als Terrorwaffe gegen Staaten und deren Zivilbevölkerung einzusetzen.45 Ferner werden Terrorattacken durch Informationsoperationen und gezielt manipulierte Datenangriffe auf Verkehrs-, Informations- und Energiezentren erwartet. Diese neuen Formen des Terrors scheinen nicht nur möglich, sondern angesichts ihrer Zerstörungswirkung und des hohen Grades an Verwundbarkeit der modernen Industriegesellschaften immer wahrscheinlicher. Daher gilt es, den Terrorismus mittels Massenvernichtungswaffen sowie weitere modi operandi des modernen internationalen Terrorismus in die vorliegende Betrachtung mit aufzunehmen. Zwar werden von einigen Autoren auch der so genannte Öko- und Narcoterrorismus als neue Terrorformen angesehen.46 Diese bleiben vorliegend aber unberücksichtigt, da das Bedrohungspotential des Ökoterrorismus im Vergleich zu den hier behandelten Terrorformen als gering einzustufen ist, und Narcoterrorismus der bloßen Finanzierung von terroristischen Gruppierungen dient. 1. Die neue Dimension im Hinblick auf die eingesetzten Terrormittel Im Folgenden werden moderne Terrormittel identifiziert und für die Begriffsbestimmung des internationalen Terrorismus neuer Dimension aufbereitet. Neben Terrorakten mit konventionellen Waffen kommen insbesondere der terroristische Gebrauch chemischer und biologischer Substanzen 44 Neuneck, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 169 (170); s. auch „Großbritannien im Banne des Rizin-Terrors“, in: Neue Zürcher Zeitung v. 16.01.2003, 3; „Vier Anklagen nach dem Giftfund in London“, in: Neue Zürcher Zeitung v. 13.01.2003, 1. 45 Insbesondere die USA sind Vorreiter und Taktgeber in der Abwehr und Bekämpfung von Terrorismus mittels Massenvernichtungswaffen., vgl. u. a. Department of Defense, Quadrennial Defense Review Report, Washington D. C., 30. September 2001; United States, Countering the Changing Threat of International Terrorism: Report of the National Commission on Terrorism, Washington 2001. Vgl. ferner die Studie von Leventhal/Alexander, Preventing Nuclear Terrorism. The Report and Papers of the International Task Force on Prevention of Nuclear Terrorism, 1987; Falkenrath/Newman/Thayer, America’s Achilles’ Heel. Nuclear, Biological, and Chemical Terrorism and Covert Attack, 1998; Friedlander, Terrorism, Vol. 1, 1979, 141 f.; Maerli, Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden, 2001, 213 ff.; Progress Report prepared by UN-Special Rapporteur Koufa on Terrorism and Human Rights, E/CN.4/Sub.2/2001/31 v. 27.06.2001. 46 Laqueur, Die globale Bedrohung, 1. Aufl., 1998, 249 ff.; Münchau, Terrorismus auf See aus völkerrechtlicher Sicht, 1994, 37; Harnischmacher, Archiv für Kriminologie 1990, 1 (4 ff.).

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sowie Taten des sog. Atomterrorismus oder Cyberterrorismus als neuartige Terrorformen in Betracht. a) Terrorismus mittels konventioneller Waffen Wie nicht erst die Geschehnisse vom 11. September 2001 beweisen, lassen sich auf konventionelle Art verheerende Attentate begehen.47 Es ist davon auszugehen, dass es für Terroristen auch in absehbarer Zukunft am leichtesten möglich sein wird, sich konventioneller Terrormittel wie Sprengstoffe oder Schusswaffen zu bedienen.48 Mit Rückgriff auf solche Terrormittel verfolgen die Täter eher die traditionelle Terrorstrategie, die darauf ausgerichtet ist, durch gezielten Einsatz von Gewalt primär Aufsehen zu erregen und das Gefühl von Unsicherheit in eine Zivilbevölkerung zu tragen. Es geht Terroristen und Terrorgruppen also weniger um eine sehr hohe Anzahl von willkürlich ausgewählten Opfern als vielmehr darum, Aufmerksamkeit auf sich und ihre Ziele zu lenken.49 Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 stellt sich die Frage, ob der Gebrauch konventioneller Waffentechnik das traditionelle Verständnis von Terrorismus weiterhin bedient oder ob in Zukunft auch der Terrorismus mit herkömmlichen Waffen eine rechtliche Neubewertung erfahren muss. Die Befürchtung, dass mit den besagten Anschlägen ein Tabu gebrochen wurde und sich die Absicht, Massen zu vernichten, als wesentliches neues Element moderner konventioneller Terrorstrategie herausstellen könnte, ist nicht von der Hand zu weisen. Zwar ist das Szenario der Verwendung eines Linienflugzeuges als Waffe gegen ein Gebäude dem herkömmlichen Terrorismus zuzuordnen, jedoch weisen die Art und Organisation der Durchführung sowie das Ausmaß an Zerstörung in eine neue Richtung internationaler Terrorgewalt. Der Gebrauch traditioneller Waffentechnik durch Terroristen ist gekennzeichnet durch die Freisetzung kinetischer Energie mit dem Ziel, Störungen 47 Vgl. u. a. den Anschlag auf das World Trade Center vom 26.02.1993, verübt mit einer Autobombe; ferner die Anschläge auf die US-Botschaften von Nairobi und Dar es Salaam vom 07.08.1998, wo fast zeitgleich zwei Bomben zur Explosion gebracht wurden. Näher zu den genannten Botschaftsanschlägen Perl, in: Prados (Hrsg.), America Confronts Terrorism, 2002, 305 ff. 48 Hoffman spricht vom technologischen Konservatismus der Terroristen, die seit ihrem ersten Auftreten vor rund 150 Jahren stets „Bomb and Gun“ als Waffen bevorzugen. Vgl. Waldmann, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 11 (24). 49 Vgl. Zitat bei Hoffman: „Terrorists wanted more people watching than dead“, in: Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden, 2000, 123 (126); Neuneck, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 169 (194).

III. Internationaler Terrorismus in neuen Dimensionen

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des öffentlichen Lebens sowie weit reichende Schädigungen von Personen und Sachwerten zu erreichen.50 Die neue Dimension des internationalen Terrorismus mit konventionellen Waffen bleibt dieser Charakteristik grundsätzlich treu und zielt weiterhin auf die Anwendung schwerster Gewalt gegen einen Staat oder dessen Zivilgesellschaft ab. Zur Strategie des konventionellen Terrorismus kommen jedoch neue Aspekte, wie z. B. die zunehmende Internationalisierung des Terrorismus und der weltweite Zugang terroristischer Gruppierungen zu konventionellen Waffenarsenalen, hinzu. Insbesondere vergrößert das gestiegene Maß an Skrupellosigkeit in der Tatausübung, hinsichtlich der Tatobjekte und des Ausmaßes an Zerstörung das terroristische Bedrohungspotential mittels konventioneller Waffen und verleiht ihm eine neue Prägung.51 Im Hinblick auf den Einsatz konventioneller Waffen bei Terroranschlägen ist festzuhalten, dass von diesen konventionellen Terrorschlägen zukünftig große Gefahren für Staaten und deren Bevölkerung ausgehen. Terroristen können mit relativ einfachen Mitteln und in Abkehr herkömmlicher Terrorstrategie, d.h. mit Billigung hoher Opferzahlen, schwerste Gewalt in Ballungsgebiete und wichtige Funktionszentren tragen. Dies rechtfertigt es, die Anwendung schwerer konventioneller Terrorgewalt einer rechtlichen Neubewertung durch das Völkerrecht zu unterziehen. b) Terrorismus mittels Massenvernichtungswaffen Bis Anfang der 90er Jahre wurde der Einsatz von Massenvernichtungswaffen durch terroristische Akteure allgemein kaum als Gefahr wahrgenommen.52 Durch das Ende des Kalten Krieges und den Zusammenbruch des Ostblocks hat sich die Bedrohungslage dramatisch gewandelt. aa) Atomterrorismus Verfügten bislang ausschließlich Staaten über Mittel und Know-how, Kernwaffen zu produzieren und sie mit geeigneten Trägersystemen zum Einsatz zu bringen, so ist aufgrund des technologischen Fortschritts und der 50 Heintschel von Heinegg, in: Epping/Fischer/Heintschel von Heinegg (Hrsg.), FS für Knut Ipsen, 2000, 129 (133). 51 von Bubnoff, NJW 2002, 2672 (2672); Nowak, DVBl. 2003, 108 (108); Wardlaw, Political Terrorism, 2. Aufl., 1989, 188; Crelinsten, Terrorism and Criminal Justice, 1978, 7. 52 Falkenrath/Newman/Thayer, America’s Achilles’ Heel. Nuclear, Biological, and Chemical Terrorism and Covert Attack, 1998, xxii; Schätz, ÖMZ, 2002, 279 (284); Turek, Internationale Politik, 2001, 63 (63).

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B. Die neue Dimension des internationalen Terrorismus im 21. Jh.

verbesserten finanziellen Ausstattung moderner Terrorvereinigungen nicht mehr auszuschließen, dass Terroristen in den Besitz nuklearen Materials gelangen, solches verbreiten oder selbst eine Kernwaffe bauen. Die Zugangsmöglichkeiten von Terroristen zu atomaren Waffen bzw. nuklearem Material sind vielfältig: Zum einen ist an die terroristische Inbesitznahme einer funktionsfähigen atomaren Waffe durch Diebstahl oder Ausstattung durch einen unterstützenden Staat zu denken,53 zum anderen könnten Terroristen eigenhändig nukleare Waffen konstruieren und herstellen, ohne auf fremde Waffentechnik angewiesen zu sein. Der Kauf von Spaltmaterial oder radiologischen Waffen54 auf dem internationalen Schwarzmarkt ist keine Illusion mehr,55 und auch die Finanzierung stellt 53 US-National Research Council, Committee on Science and Technology for Countering Terrorism, Making the Nation Safer, 2002, 39; Allison/Kokoshin, in: Kayyem/Pangi (Hrsg.), First to Arrive, 2003, 8 (14); Leventhal/Alexander (Hrsg.), Preventing Nuclear Terrorism, 1986, 7. 54 Radiologische Waffen bedienen sich traditioneller Sprengstoffe oder anderer Mittel, um Radioaktivität freizusetzen. Bereits eine geringe Menge radioaktiven Materials genügt, um aus einer herkömmlichen Bombe eine sog. „schmutzige Bombe“ zu fertigen. Dabei handelt es sich nicht um eine Atombombe (gekennzeichnet durch eine für die Atombombe typische Kettenreaktion), doch kann ein Anschlag mit einer „schmutzigen Bombe“ ebenfalls Radioaktivität freisetzen. s. auch Stern, A Rational Response to Dirty Bombs, Financial Times v. 11.06.2002, http://www.ksgnotes 1.harvard.edu/BCSIA/Library.nsf/pubs/DirtyBomb; US-National Research Council, Committee on Science and Technology for Countering Terrorism, Making the Nation Safer, 2002, 48; Stern, The Ultimate Terrorists, 1999, 25 ff. Laqueur, Die globale Bedrohung, 1. Aufl., 1998, 89; Stern, A Rational Response to Dirty Bombs, Financial Times v. 11.06.2002, http://www.ksgnotes1.harvard.edu/ BCSIA/Library.nsf/pubs/DirtyBomb. 55 Gemäß des Presseberichtes der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) vom 01.11.2001 konnten seit 1993 175 Fälle des Schmuggels von nuklearem Material und 201 Fälle des Schmuggels von anderem (medizinischem und industriellem) radioaktivem Material offiziell registriert werden. 18 dieser Fälle bezogen sich dabei auf kleine Mengen hoch radioaktiven Uraniums oder Plutoniums, jene Substanzen, die zum Bau einer Atombombe benötigt werden, vgl. http://www.iaea.or.at/worl dato/Press/P_release/2001/nt_pressrelease.shtml. Die Nuclear Threat Initiative führt eine Datei, die Fälle und Berichte über den Schmuggel von nuklearen und radioaktiven Materialien in und aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion erfasst, s. unter http://www.nti.org/db/nistraff/index.html. Allgemein werden insbesondere mangelnde Sicherheitsstandards für nukleares Material auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion als Risiko angesehen, s. Report of the National Commission on Terrorism v. 07.06.2000, abgedruckt in: Prados (Hrsg.), America Confronts Terrorism, 2002, 40 (45); US-National Research Council, Committee on Science and Technology for Countering Terrorism, Making the Nation Safer, 2002, 40. Tschetschenische Terrorgruppen sollen bereits Warnungen herausgegeben haben, gegen Russland sog. „schmutzigen Bombe“ einzusetzen, s. Allison/Kokoshin, in: Kayyem/Pangi (Hrsg.), First to Arrive, 2003, 8 (12); Bunn, in: Cirincone (Hrsg.), Repairing the Regime, 2000, 71 ff.

III. Internationaler Terrorismus in neuen Dimensionen

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angesichts zahlungsbereiter Sponsoren einiger Terroristengruppen56 oder staatlicher Zuwendungen kein zwingendes Hindernis mehr dar.57 Die Vorteile des Besitzes, Baus und Einsatzes einer Kernwaffe liegen wegen deren enormen Schädigungs- und entsprechenden Einschüchterungspotentials dieser Waffen auf der Hand:58 Relativ klein in Gestalt können bereits in minderer Qualität hergestellte nukleare Waffen eine Sprengkraft bis zu einigen Kilotonnen besitzen und versetzen Terroristen damit in die Lage, ein Machtzentrum auf Anhieb zu zerstören.59 Unter den ökologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen eines atomaren Terrorschlags hätten ein Staat und die betroffene Bevölkerung langfristig zu leiden. Gegebenenfalls kann bereits der Aufbau einer nuklearen Drohkulisse den terroristischen Zielsetzungen genügen. Die Gefahr, dass Terroristen eine Atomwaffe herstellen und tatsächlich einsetzen, wird unter gegenwärtigen Umständen noch als gering eingeschätzt.60 In der Fachliteratur wird mehrheitlich davon ausgegangen, dass es Terrorvereinigungen ohne Hilfe von außen bislang nicht möglich ist, Kernwaffen herzustellen und die Probleme bei der Zündung solcher Waffen zu überwinden.61 Wegen der zunehmenden internationalen Vernetzung, des technischen Fortschritts, der wachsenden Expertise sowie der Skrupellosigkeit terroristischer Gruppierungen ist diese Prognose über den Einsatz radioaktiver Substanzen und nuklearen Waffenmaterials kritisch zu überdenken.62 56 So wird vermutet, dass der Al Kaida ein erhebliches Vermögen zur Seite steht, welches sich aus Osama Bin Ladins Privatvermögen und einem Geflecht aus von ihm kontrollierten Firmen zusammensetzt, die ihm als Geldquelle für Terroranschläge nützlich sind. Dazu Hirschmann, Aus Politik und Zeitgeschichte, B51/2001, 7 (12). Allgemein zu den finanziellen Möglichkeiten von Terrororganisationen Jackson, in: Prados (Hrsg.), America Confronts Terrorism, 2002, 216 (234 ff.). 57 Laqueur, Die globale Bedrohung, 1. Aufl., 1998, 316. 58 Jenkins, in: Leventhal/Alexander (Hrsg.), Nuclear Terrorism, 1986, 31 f.; Wardlaw, Political Terrorism, 2. Aufl., 1989, 26; Hirschmann, in: Bundesakademie für Sicherheitspolitik (Hrsg.), Sicherheitspolitik in neuen Dimensionen, 2001, 457 ff.; Hirschmann, Aus Politik und Zeitgeschichte, B51/2001, 7 (9). 59 Beres, in: Kegley (Hrsg.), International Terrorism, 1990, 228 (235); Neuneck, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 169 (171, Fn. 7). 60 Beres, in: Kegley (Hrsg.), International Terrorism, 1990, 228 (230); Hoffman, Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden 2000, 125 (126). 61 Neuneck, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 169 (183); Hoffman, Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden 2000, 125 (126); Wardlaw, Political Terrorism, 2. Aufl., 1989, 191 f.; Laqueur, Die globale Bedrohung, 1. Aufl., 1998, 317. 62 Mehr und mehr Terrorexperten gehen davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis der erste Fall eines erfolgreichen terroristischen Anschlages mittels nu-

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B. Die neue Dimension des internationalen Terrorismus im 21. Jh.

Als weitere Varianten des Atomterrorismus kommen die Besetzung atomarer Anlagen sowie ein konventioneller Angriff auf Einrichtungen mit radioaktivem Material in Betracht.63 Insbesondere das Szenario, dass Selbstmordattentäter mit Luftfahrzeugen Anschläge auf Kernreaktoren durchführen und dabei atomares Material freisetzen, hat die Staaten zu Präventivmaßnahmen veranlasst.64 Auf UN-Ebene hat die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) einen Aktionsplan erstellt, auf dessen Grundlage die Sicherheit atomarer Anlagen weltweit überprüft und die jeweiligen nationalen Sicherheitsstandards in Einklang gebracht werden sollen.65 Die Ausführungen zu den verschiedenen Varianten des Atomterrorismus zeigen, dass der Zugang zu und die Verwendung von radioaktivem Material ausreichend terroristisches Bedrohungspotential bieten, um es einer völkerrechtlichen Analyse zu unterstellen. Im Rahmen einer Neubewertung von Taten des internationalen Terrorismus müssen daher Handlungen des nuklearen Terrorismus Berücksichtigung finden.

klearer Materialen eintritt. Vgl. Sievert, „Kampf gegen den Nuklearterrorismus in den USA“, in: Neue Zürcher Zeitung v. 15.07.2003, 7; Gurr/Cole, The New Face of Terrorism: Threats from Weapons of Mass Destruction, 2000, 18; Sauer, Nuclear Arms Control, 1998, 35. 63 US-National Research Council, Committee on Science and Technology for Countering Terrorism, Making the Nation Safer, 2002, 41 ff.; Leventhal/Alexander (Hrsg.), Preventing Nuclear Terrorism, 1987, 7. Weitere Beispiele der Ausführung von Atomterrorismus hält Kellen bereit, in: Leventhal/Alexander (Hrsg.), Preventing Nuclear Terrorism, 1987, 106 f. 64 Bundesministerium für Umweltschutz, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Umweltbericht 2006, 132 f. Die nationale amerikanische Flugbehörde (Federal Aviation Agency – FAA) hatte bereits frühzeitig, in Reaktion auf die Anschläge vom 11. September 2001, am 30. Oktober 2001 den Überflug von 86 nuklearen Anlagen in den USA verboten, s. „IAEA: Experts seek response to threat of nuclear terrorism“, Europe Environment 600 – November 20, 2001, I.15; Ossenbühl, NVwZ 2002, 290 (290 ff.); Sendler, NVwZ 2002, 681 (681 ff.). Mit Blick auf den Schutz von Kernkraftwerken vor Terrorangriffen mit entführten Zivilflugzeugen entwickelt die Technik gegenwärtig neue Ansätze, u. a. ein automatisches Abwehrsystem, welches in die nationale Flugsicherungsorganisation integriert werden könnte. s. dazu „Kernkraftwerke vor Terrorangriffen schützen“, in: Neue Zürcher Zeitung v. 23.01.2002, 13. 65 Nuclear Security – Measures to Protect Against Nuclear Terrorism, Report by the Director General; GOV/2004/50-GC (48)/6 v. 11.–08.2004; Report by the Director General on Nuclear Security – Progress on Measures to Protect against Nuclear Terrorism, GOV/INF/2002/11-GC (46)/14, Attachment 1, 1; IAEA Action Plan to combat nuclear terrorism, http://www.iaea.org/NewsCenter/Features/ Nuclear_Terrorism/index.shtml. Auf EU-Ebene wurde das „Scientific and Technological Options Assessment“ Committee (STOA) zur Evaluierung atomarer Anlagen eingerichtet. s. dazu „Nuclear Safety: Heated Debate on Nuclear Plant Safety“, in: Europe Environment 599, I.11 f.

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bb) Bioterrorismus In Bezug auf weiterentwickelte Formen des Terrorismus ist ferner auf die Verwendung biologischer Kampfstoffe einzugehen. Bioterrorismus bezeichnet den Einsatz biologischer Krankheitserreger (Bakterien und Viren)66 oder Giftstoffe67 durch Staaten, Einzelpersonen oder Gruppen, um politische, religiöse, ökologische oder andere ideologische Ziele zu erreichen.68 Bioterrorismus charakterisiert sich dadurch, dass mit einer geringen Menge an biologischen Substanzen, rudimentärer Logistik und wenig Personal ein hohes Maß an Zerstörung und terroristischer Bedrohung erzielt wird. Für Terroristen ist die Verwendung biologischer Substanzen außerdem „attraktiv“, weil sich diese relativ günstig produzieren lassen und dabei keine besonderen Fachkenntnisse erforderlich sind.69 Terroristischen Akteuren bieten sich heute vielfältige Beschaffungsmöglichkeiten für Erreger. Zellkulturen lassen sich – sofern sie nicht frei in der Natur vorkommen70 – legal per Postversand beziehen, aus zivilen oder militärischen Laboratorien stehlen71 oder auf dem Schwarzmarkt kaufen.72 Staatlich unterstützte Ter66 Zu den bekanntesten und gefährlichsten Erregern zählen Anthrax (bacillus anthracis), Pest (yersinia pestis) und Pocken. Weniger bekannte – aber ebenso gefährliche Erreger – sind Brucellose, Tularämie, Q-Fieber, Virusenzephalitis oder virales hömorrhagisches Fieber. 67 Botulinustoxin (clostridium botulinum) und Rizin (ricinis communis) stellen in dieser Sparte die bekanntesten und bei weitem gefährlichsten Gifte dar. Näher dazu s. Testimony of W. Seth Carus before a Joint Hearing of the Senate Select Committee on Intelligence and the Senate Judiciary Committee Subcommittee on Technology, Terrorism and Government Information v. 04.03.1998, http://www.fas.org/ irp/congress/1998_hr/s980304-carus.htm; Thränert, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 389 (391). 68 Carus, Bioterrorism and Biocrimes (Working Paper im Besitz der Autorin), 1998, 3. 69 Drielak/Brandon, Weapons of Mass Destruction, 2000, 3 f.; Vegar, Bulletin of the Atomic Scientists, Vol. 54, No. 2, 1998. 70 Erreger und Toxine können in freier Natur vorkommen, etwa als Krankheiten oder Epidemien. So ist Milzbrand weltweit verbreitet, vor allem in Viehzuchtgegenden und in wärmeren Klimazonen. Terroristen stünde hier die Möglichkeit offen, Krankheitskeime von erkrankten oder toten Menschen oder Tieren zu isolieren und für den Terrorgebrauch nutzbar zu machen. s. Thränert, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 389 (391). 71 So wurde z. B. am 15. Januar 2003 in der Presse berichtet, dass aus einem Medizinlabor einer Technischen Universität in Texas Behältnisse, in denen sich Erreger der Beulenpest befinden, verschwunden sind; vgl. http://www.spiegel.de/politik/aus land/0,1518,230895,00.html, s. ferner US-National Research Council, Committee on Science and Technology for Countering Terrorism, Making the Nation Safer, 2002, 84.

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rorgruppen oder repressive Regime können zudem auf staatliche Biowaffenprogramme zurückgreifen.73 Vor dem Hintergrund der theoretischen Bedrohung, die sich aus Modellrechungen zum Einsatz biologischer Kampfmittel ergibt,74 sowie aufgrund der Sensibilität des Themas in der öffentlichen Diskussion und in den Medien, ist die Gefahr, die von einem aufkeimenden Bioterrorismus ausgeht, allgegenwärtig.75 In den USA führt man bereits Planspiele durch, in denen die Reaktion auf einen feindlichen biologischen Angriff trainiert wird.76 Wie groß die Gefahr durch terroristische Bioangriffe auch erscheinen mag, eine akute praktische Bedrohung lässt sich aus der empirischen Analyse derzeit nicht belegen.77 Die geringe Verwirklichungsrate biologischer 72 Es wird zudem nicht ausgeschlossen, dass biologisches Material auch von ehemaligen Versuchsgebieten für Biowaffen entwendet werden kann, so Choffnes, Bulletin of the Atomic Scientists, Vol. 57, No. 2, 2001, 57 ff. 73 In der Praxis ist die Bereitstellung biologischen Waffenmaterials durch einen Staat an eine terroristische Organisation bislang nicht bestätigt bzw. bekannt geworden; vgl. „Keine eindeutigen Beweise“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 28.10.2002, 2. Das U. S. Verteidigungsministerium geht davon aus, dass sowohl der Iran, Irak, Libyen, Nordkorea als auch Syrien, ggf. ebenso der Sudan biologische Waffenprogramme besitzen bzw. aufbauen; Testimony of W. Seth Carus before a Joint Hearing of the Senate Select Committee on Intelligence and the Senate Judiciary Committee Subcommittee on Technology, Terrorism and Government Information v. 04.03.1998, http://www.fas.org/irp/congress/1998_hr/s980304-carus.html; so auch Garett, Countering Bioterrorism, in: Hoge/Rose (Hrsg.), How Did This Happen? Terrorism and the New War, 2001, 217. 74 World Health Organization, Health Aspects of Chemical and Biological Weapons, 1970, 95 ff. 75 Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wurden in den USA mehrere Milzbranderkrankungen bekannt, die durch Briefe verursacht wurden, die mit Anthraxsporen versetzt und auf dem üblichen Postweg an verschiedene Regierungseinrichtungen (Büro des Senators Tom Daschle und Senators Patrick Leahy) sowie an Medienvertreter (New York Post, Fernsehsender NBC) versandt wurden. Im Verlauf dieser Anthrax-Fälle verstarben 5 Personen, 18 Personen wurden mit Milzbrand infiziert. s. Thränert, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 389 (390). Auch in Deutschland kam es vereinzelt zur Verbreitung von Milzbrandbriefen, s. dazu Benecke/Moser/Trepkes/Spauschus, Kriminalistik 2002, 112 ff. 76 So hat das Center for Strategic and International Studies gemeinsam mit dem John Hopkins Center for Civilian Biodefense Studies, the ANSWER Institute for Homeland Security and the Oklahoma National Memorial Institute for the Prevention of Terrorism das Projekt „Dark Winter 2002“ entwickelt, in welchem ein Pockenangriff auf US-Territorium simuliert und die Einsatzfähigkeit amerikanischer Behörden auf höchster Ebene getestet wurde. s. „Dark Winter 2002“, Planspiel über einen Pockenangriff auf US-Territorium; vgl. http://www.terrorisminfo.mipt.org/ Dark-Winter.asp (17.11.2007). 77 Die 1999 erstmals publizierte Studie des Monterey Institute of International Studies (USA) geht von 54 vermeintlich biologischen Terroranschlägen weltweit im

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Einsätze ist weniger auf Probleme bei der Herstellung oder Inbesitznahme von biologischem Material, sondern hauptsächlich auf die Schwierigkeiten bei der effektiven und großflächigen Verbreitung biologischer Substanzen zurückzuführen.78 Dies mindert die terroristische Bedrohung nicht: Biologische Substanzen sind immer noch die am wenigsten berechenbaren Kampfstoffe. Ihr Einsatz hat unmittelbare Gesundheitsbeeinträchtigungen oder gar den Tod zur Folge.79 Bereits die Drohung mit dem Einsatz biologischen Materials verursacht Panik; allein damit kann das terroristische Ziel erreicht werden.80 Im Gegensatz zu der hierzu geführten öffentlichen Diskussion hat sich der terroristische Gebrauch und flächendeckende Einsatz biologischer Erreger in waffenfähigem Format – durch Staaten und nicht-staatliche Akteure – bislang als weniger brisant dargetan. Dennoch muss der Bioterrorismus Eingang in der vorliegenden Analyse finden, weil Terroristen nachweislich im Besitz kritischer biologischer Substanzen sind81 und sie nicht davor zurückschrecken, solche Stoffe auch einzusetzen. Bioterrorismus stellt eine neue Dimension des Terrors dar. cc) Chemieterrorismus Chemieterrorismus wird mittels chemischer Kampfstoffe (Giftgas und Gifte) begangen. Diese basieren auf synthetisch hergestellten Substanzen, die von Lebewesen über Haut, Lunge, Augen, Blut oder Nerven aufgenomZeitraum von 1900 bis Mai 1999 aus. In nur zwei Fällen führte der Einsatz biologischer Mittel zu konkreten Schädigungen der menschlichen Gesundheit; vgl. näher Monterey Institute of International Studies in Monterey, Kalifornien (USA), Studie, abgedruckt in: Carus, Bioterrorism and Biocrimes, (Working Paper im Besitz der Autorin), 1998, 7 ff. Ferner Tucker/Sands, Bulletin of the Atomic Scientists, Vol. 55, No. 4, 1999; Roberts (Hrsg.), Biological Weapons: Weapons of the Future?, 1993, 68 (77); Byrne/Williams (Hrsg.), International Cooperation in Fighting Chemical and Biological Weapons, 2003, 7; Schmid, in: Yepes-Enriquez/Tabassi (Hrsg.), Treaty Enforcement and International Cooperation in Criminal Matters with Special Reference to the Chemical Weapons Convention, 2002, 413 (414). 78 Stern, Emerging Infectious Diseases, 1999, 517 (520); Carus, Biological Warfare Threats in Perspective; http://www.brook.edu/fp/events/199804271_carus.htm; Thränert, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 389 (396); Kupperman/Smith, in: Roberts (Hrsg.), Biological Weapons: Weapons of the Future?, 1993, 35 (40); Falkenrath/Newman/Thayer, America’s Achilles’ Heel. Nuclear, Biological, and Chemical Terrorism and Covert Attack, 1998, S. 119 ff.; Haar, The Future of Biological Weapons, 1991, 55. 79 Knouss, in: Kayyem/Pangi (Hrsg.), First to Arrive, 2003, 121 (123 f.). 80 Kellman, Harv. J. L. & Pub. Pol’y 2001, 721 (728). 81 Vgl. Neuneck, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 169 (192), Tabelle 4.

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men werden können und zur zeitweiligen Paralyse oder zum Tod führen.82 Chemiewaffen sind in ihrem Wirkungsgrad weniger tödlich als biologische Substanzen oder nukleare Waffen und müssen daher in entsprechend größerer Menge eingesetzt werden, um vergleichbare Effekte zu erzielen.83 Terrorgruppen waren bisher nur begrenzt in der Lage, chemische Kampfstoffe mit militärisch effektiven Einsatzmitteln zu verbreiten.84 Auch im Fall chemischer Kampfstoffe ist vorstellbar, dass Terroristen sich diese über Staaten beschaffen, die über entsprechende Chemiewaffen verfügen.85 Der Gebrauch chemischer Substanzen stellt für Terrorakteure eine kostengünstige und effektive Alternative dar, um durch Manipulation der Lebensgrundlagen oder durch direkten Eingriff in den menschlichen Organismus zu paralysieren und zu töten. Deswegen kann nicht ausgeschlossen werden, dass Terroristen in Zukunft in größerem Umfang versuchen werden, chemische Kampfstoffe einzusetzen. Eignet sich auch die Mehrheit der Gifte nicht für Massenvernichtungswaffen, darf das Gefahrenpotential, welches von chemischen Substanzen und gegebenenfalls Waffen in Händen terroristischer Akteure ausgeht, dennoch nicht unterschätzt werden.86

82 Neuneck, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 169 (179); Knouss, in: Kayyem/Pangi (Hrsg.), First to Arrive, 2003, 121 (122 f.); Weinstein/Alibek, Biological and Chemical Terrorism, 2003, 114; Harigel, Chemical and Biological Weapons: Use in Warfare, Impact on Society and Environment, Carnegie Endowment Report 2001, http://www.carnegieendowment.org/publications/index. cfm?fa=view&id=630. 83 Neuneck, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 169 (179). 84 Falkenrath/Newman/Thayer, America’s Achilles’ Heel. Nuclear, Biological, and Chemical Terrorism and Covert Attack, 1998, 100 ff. Das Training der öffentlichen Behörden weitet sich auch auf simulierte Chemieanschläge aus, vgl. etwa „Behörden simulieren Chemieanschlag auf Pariser Metro“, in: Magdeburger Volksstimme v. 23.10.2003. 85 Thränert, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 389 (394); US-National Research Council, Committee on Science and Technology for Countering Terrorism, Making the Nation Safer, 2002, 109; Bailey, Doomsday Weapons in the Hands of Many, 1991, 55. 86 Mit dem Giftgasanschlag in der Tokioter U-Bahn am 20.03.1995 setzte eine Gruppe mit dem Nervengas Sarin eine Substanz ein, die zu den chemischen Massenvernichtungswaffen gezählt wird. Die Verbreitungsmethode (Saringasanschlag in U-Bahn) und der Tatort (Nähe des Tokioter Regierungsviertels) zeigt, dass die Gruppierung den Tod vieler Menschen in Kauf genommen hat: 12 Menschen starben, über 5000 weitere Personen wurden verletzt. Dieser Einsatz ist der erste Fall, bei dem chemische Kampfstoffe von nicht-staatlichen Akteuren eingesetzt wurden, um massenweise Menschen zu töten. Dazu näher Neuneck, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 169 (194 ff.).

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c) Cyberterrorismus War bislang der virtuelle Raum des Internets für Terroristen lediglich eine Plattform zur Informationsbeschaffung und Propagandaverbreitung, stellt die Manipulation von Datenverarbeitungsanlagen und Netzwerken mittlerweile eine eigenständige terroristische Strategie dar, die zunehmend an Bedeutung gewinnt:87 „The face of terrorism is changing. While the motivations remain the same, we are now facing new and unfamiliar weapons. The intelligence systems, tactics, security procedures and equipment that were once expected to protect people, systems, and nations, are powerless against this new, and very demanding weapon. Moreover, the methods of counterterrorism that our world’s specialists have honed over the years are ineffectual against this enemy. Because, this enemy does not attack us with truckloads of explosives, nor with briefcases of sarin gas, nor with dynamite strapped to the bodies of fanatics. This enemy attacks us with one’s and zero’s at a place we are most vulnerable: the point at which the physical and virtual worlds converge.“88

Cyberterrorismus ist Informationsterrorismus. Es wird elektronischer Terror erzeugt.89 Unter den Begriff fällt jeder vorsätzliche Angriff auf Datenbestände, Computerprogramme und Computersysteme, der sich gewaltsam gegen einen Staat oder eine Zivilgesellschaft richtet und Chaos hervorrufen soll.90 Cyberterroristische Akte können die Zerstörung ganzer Daten- und Informationssysteme sowie Fernmeldenetze zur Folge haben. Öffentliche und private Netzwerke sind gleichermaßen gefährdet. Im Mittelpunkt des terroristischen Interesses steht die Manipulation hoch sensibler Sicherheitsbereiche: Neben der Informations- und Telekommunikationstechnologie, dem Verkehrs-91 und Finanzwesen und der Stromversorgung92 können ins87 Präsident Clinton benannte bereits im Dezember 2000 die Gefahren aus den Datennetzen als „bedeutende Herausforderung der Zukunft“ und betonte, dass sich die USA auf die „neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen wie Cyberterrorismus“ einstellen müsse, vgl. http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/4542/1. html; US Department of State, Pattern of Global Terrorism, 2000, abgedruckt in: Prados (Hrsg.), America Confronts Terrorism, 2002, 86 (111 f.); Lake, 6 Nightmares, 2000, 33 ff.; US-National Research Council, Information Technology for Counterterrorism: Immediate Actions and Future Possibilities, 2003, 11 ff. 88 Collin, „The Future of Cyber Terrorism: Where the Physical and Virtual Worlds Converge“, Vortrag, 11th Annual International Symposium on Criminal Justice Issues, Chicago 1997. 89 Laqueur, Die globale Bedrohung, 1. Aufl., 1998, 95. 90 Pollitt, Cyberterrorism – Fact or Fancy, http://www.cosc.georgetown.edu/ ~denning/infosec/politt.html. 91 Es sind Eingriffe in die Flugkontrolle und Störungen des zivilen Luftverkehrs denkbar; so könnten Cyberterroristen Luftkontrollsysteme etwa derart manipulieren, dass Flugzeuge in der Luft kollidieren.

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besondere Institutionen der Landesverteidigung von Eingriffen in den Datenverkehr betroffen sein.93 Die Zahl der potentiellen Ziele cyberterroristischer Aktivität ist nahezu endlos und wird mit der Zunahme des Gebrauchs von Informationssystemen weiter wachsen. Solche Angriffe auf Datensysteme sind mit verhältnismäßig geringem Aufwand durchführbar. Die Angreifer bleiben in der Regel anonym und können mit wenig Personal aus großer und sicherer Entfernung agieren. Einige Systeme sind mittlerweile lebensnotwendige Bestandteile der modernen Gesellschaft, was sie äußerst anfällig für die terroristische Bedrohung neuer Art macht. Jedoch sind die aus dem Cyberterrorismus hervorgehenden Gefahren derzeit noch begrenzt, da die manipulierbaren Prozesse weitestgehend bislang noch menschlicher Supervision unterliegen.94 Terroristische Dateneingriffe können so entdeckt und ihre Folgen verhindert werden. Bei physischen und mechanischen Prozessen besteht lediglich eine indirekte Gefahr, da der Zugriff auf Kontrollsysteme, z. B. bei der Flugsicherung oder dem Betrieb von U-Bahnen, immer noch einer finalen menschlichen Intervention unterliegt.95 Obwohl die Zahl der Cyberangriffe auf öffentliche und private Rechner unaufhaltsam wächst, ist eine akute 92 Zu den Gefahren für das Energiesystem durch Terrorattacken eingehend USNational Research Council, Committee on Science and Technology for Countering Terrorism, Making the Nation Safer, 2002, 177 ff. 93 Die bevorzugten Angriffsziele sind primär in den USA auszumachen, namentlich die Energie-, Finanz- und High-Tech-Unternehmen. Die meisten Angriffe werden innerhalb der Vereinigten Staaten gestartet; PC-Welt Online, http://www. pcwelt.de/news/internet/24761/ (13.11.2002). Angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit von Cyberattacken werden auf nationaler Ebene neue Expertengruppen sowie Regierungseinrichtungen zum Schutz vor Cyberterrorismus eingerichtet. Um der Gefahr, die durch Cyberangriffe drohen, begegnen zu können, wappnen sich die Staaten vermehrt, allen voran die USA, durch die Schaffung entsprechender Organisationen und Programme zur Abwehr potentieller Gefahren aus dem Cyberspace. So haben die RAND Corporation und das Center for Strategic and International Studies (CSIS) bereits Ende 2000 umfassende und detaillierte Studien über konkrete Bedrohungen durch Cyberterrorismus für das US-Territorum vorgelegt. Vgl. unter http://www.heise.de/tp/deutsch/special/info/4542/1.htmlww. Es wurden verschiedene Organisationen auf amerikanischer Ebene geschaffen: National Security Agency (NSA), National Infrastructure Protection Center (NIPC), President’s Commission on Critical Infrastructure Protection (PCCIP), Information Infrastructure Task Force (ITFC) u. a. Von der Bush-Administration wurde Ende 2002 ein Bericht über „Cyber Space Security“ vorgelegt; vgl. http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ info/4542/1.html; Hutter, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 225 (242); Dieterle/Schrötel/Bux, Kriminalistik 2003, 330 (334). 94 US-National Research Council, Committee on Science and Technology for Countering Terrorism, Making the Nation Safer, 2002, 142 ff.; van Creveld, Technology and War, 1991, 242. 95 Politt, Cyberterrorism – Fact or Fancy, http://www.cosc.georgetown.edu/~den ning/infosec/politt.html.

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globale terroristische Bedrohung durch private Akteure zumindest bislang nicht nachweisbar. Drängender ist derzeit die Gefahr des staatlichen Missbrauchs der modernen Informationstechnologie zu Zwecken der elektronischen Kriegsführung.96 Unter elektronischer Kriegsführung werden Angriffe im Computernetz verstanden, die mit der Zielsetzung lanciert werden, den von Computern und Datensystemen verwalteten gegnerischen Informationsfluss „zu unterbrechen, zu manipulieren oder gänzlich zu eliminieren“.97 Staaten ist der Computer als „Waffe“ nicht unbekannt. Neu ist aber der vermehrte Einsatz der Informationstechnologie als Element in der Austragung zwischenstaatlicher Konflikte. So hat im Februar 2003 die US-Regierung eine Geheimdirektive für Cyberangriffe erlassen, welche den US-Streitkräften die Entwicklung von Richtlinien zum Einsatz von Cyberwaffen gegen ausländische Computer gestattet.98 Andere Nationen sind dem Beispiel der USA gefolgt: Heute arbeiten mehr als 120 Staaten daran, ihre Kompetenzen in diesem Bereich fortzuentwickeln und die Informationstechnologie für sich nutzbar zu machen.99 Bislang hat sich die Staatengemeinschaft des Problemkreises der elektronischen Kriegsführung lediglich in der Resolution 53/70 der UN-Generalversammlung vom 4. Dezember 1998 angenommen und zu erkennen gegeben, dass die Verwendung von Informationstechnologien unter bestimmten Voraussetzungen mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbar ist und die Sicherheit der Staaten nachteilig berühren kann.100 2001 verabschiedete 96 Die Termini variieren. Zuweilen wird auch von „Informationskriegsführung“ (ein allenfalls weiter Begriff) oder von „Informationsoperationen“ gesprochen. Vgl. näher hierzu Heintschel v. Heinegg, in: Epping/Fischer/Heintschel v. Heinegg (Hrsg.), FS für Knut Ipsen, 129 ff.; Schmitt, NZWehrr 1999, 177 (177 ff.); Stein/ Marauhn, ZaöRV 2000, 1 ff.; US-National Research Council, Information Technology for Counterterrorism: Immediate Actions and Future Possibilities, 2003, 24. 97 Joint Chiefs of Staff, Joint Doctrine for Information Operations (Joint Publication 3-13), Oct. 9, 1988, s. GL-5; Schmitt, NZWehrr 1999, 177 (178). 98 CNN-Bericht v. 08.02.2003. 99 Nach Angaben des US-Geheimdienstes wurde bereits eine Anzahl von Staaten identifiziert, die virtuelle Angriffe begehen könnten, u. a. China, Iran, Irak, Nordkorea, Libyen und Russland. Diese Staaten würden Viren entwickeln, um Rechnersysteme im Ausland zu zerstören, so der Vorwurf, vgl. http://www.pcwelt.de/news/ internet/24761; http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,483416,00.html; s. auch Joyner/Lorionte, EJIL 2001, 825 (831 f.). So sollen etwa im Jahr 2007 zahlreiche Computer in Bundesministerien mit Spionageprogrammen aus China infiziert gewesen sein, so das Ergebnis einer Überprüfung durch den Verfassungsschutz und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, vgl. http://www.spiegel.de/ netzwelt/tech/0,1518,501954,00.html (25.08.2007). 100 UN GA Res. 53/70 v. 04.01.1999 nimmt Bezug auf den Terrorismus und unterstreicht: „[. . .] it is necessary to prevent the misuse or exploitation of information resources or technologies for criminal and terrorist purposes, [. . .]“.

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der Europarat die erste internationale Konvention über Cyberkriminalität; 2003 folgte ein dazugehöriges Zusatzprotokoll betreffend die Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und fremdemfeindlicher Art.101 Die Gefahren, die vom Cyberterrorismus ausgehen, können schwerlich negiert werden. Es ist davon auszugehen, dass die Industriestaaten in Zukunft verstärkt einer terroristischen Bedrohung ausgesetzt sein werden, die auf der modernen Informationstechnologie basiert. Cyberterrorismus ist demnach als eine in neuer Dimension auftretende Terrorform in der vorliegenden Arbeit zu berücksichtigen. 2. Neue Dimension im Hinblick auf die Terrorfolgen a) Völkerrechtliche Größenordnung internationaler Terroranschläge Die Art und Weise der Durchführung zeitgenössischer terroristischer Gewaltaktionen und die gestiegene Intensität konventioneller Terrorgewalt sowie der Rückgriff auf Massenvernichtungswaffen spiegeln die Möglichkeiten und die Bereitschaft einer neuen Terroristengeneration wider, brutalste Mittel in der terroristischen Ausgestaltung einzusetzen. Terroristen variieren in ihren Gewaltformen und können dabei unterschiedliche, aber – im Vergleich zu „klassischen“ Terroranschlägen – ungleich höhere materielle und menschliche Verluste unter der Zivilbevölkerung hervorrufen. So forderten die Anschläge vom 11. September 2001 mehr Todesopfer als jeder terroristische Anschlag in der modernen Geschichte zuvor.102 Die Verwendung von 101 Übereinkommen über Computerkriminalität v. 23.11.2001 (ETS Nr. 185). Das Übereinkommen ist die erste internationale Vereinbarung über Straftaten, die mittels Internet oder sonstiger Computernetze begangen werden. Es betrifft vor allem Verletzungen des Urheberrechts, Betrug per Computer, Kinderpornographie und Verstöße gegen die Sicherheit von elektronischen Netzen. Die Konvention des Europarats gegen Computerkriminalität ist am 23. November 2001 von der Bundesrepublik Deutschland gezeichnet worden und am 01.07.2004 in Kraft getreten. Deutschland hat das Zusatzprotokoll am 28. Januar 2003 gezeichnet; es ist am 01.03.2006 in Kraft getreten. Zur Schaffung einer universalen „Information Operations Convention“ s. Rathmell, in: Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.), Rüstungskontrolle im Cyberspace, 2001, 31 ff. 102 Krajewski, KJ 2001, 363 (364). Zum Vergleich: Bisherige Terroranschläge forderten jeweils maximal mehrere hundert Tote (z. B. Lockerbie-Attentat: 270, Oklahoma-Attentat: 168). Zwischen 1968–1977 wurden weltweit 1695 Menschen durch internationale Terroranschläge getötet, s. Mickolus, Transnational Terrorism, 1980, xxxviii (Table 6). Die Opfer der Anschläge vom 11. September 2001 werden mit ca. 3000 bemessen, s. Office of the Coordinator for Counterterrorism, US Department of State, Pattern of Global Terrorism, 2001, May 2002, abgedruckt in: Zucker, Preliminary Benefit/Cost Framework for Counterterrorism Public Expendi-

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Massenvernichtungswaffen durch Terroristen lässt noch weitaus höhere Opferzahlen befürchten.103 Während frühere Terroraktionen so geplant und ausgeführt wurden, dass sie Personen politischer und gesellschaftlicher Natur treffen mussten,104 werden neuerdings wahllos Bombenanschläge gegen Zivilisten durchgeführt.105 Terroristische Anschläge modernen Formats zielen damit nicht mehr ausschließlich auf eindeutig politische Opfer. Jedermann kann jederzeit zum Opfer werden.106 Nur das „ob“ und das „wieviel“ der menschlichen Verluste scheint entscheidend. Diese Negierung menschlicher Werte bringt einen strategischen terroristischen Wandel in der Wahl der Zielgruppe und deren Vernichtungsgrad mit sich. Zwar stellen sich moderne Terroranschläge weiterhin als überraschende und punktuelle Gewaltanwendungen gegen einen direkt betroffenen, relativ begrenzten und numerisch zu erfassenden Bevölkerungsteil dar, doch können sie nunmehr aufgrund des Ausmaßes und der Wirkung darüber hinaus auch als Angriff auf die gesamte Menschheit qualifiziert werden, welcher nachhaltig die Grundfesten des menschlichen Zusammenlebens erschüttert.107 Anschläge mit einer vergleichbaren Intensität wie jene vom 11. September 2001 sowie Terroranschläge mittels Massenvernichtungswaffen betures, 2003, 7. So auch „Amerikanischer Terrorbericht mit Nuancen“, in: Neue Zürcher Zeitung v. 23.05.2002, 3; Less, Country Report on the USA, in: Walter/ Vöneky/Röben/Schorkopf (Hrsg.), Terrorism as a Challenge for National and International Law, 2004, 633 (635). 103 Falkenrath/Newman/Thayer, America’s Achilles’ Heel. Nuclear, Biological, and Chemical Terrorism and Covert Attack, 1998, 5; Gardiner, The Cool Arm of Destruction, 1974, 131. 104 Z. B. hohe Amtsträger, Diplomaten, Angehörige von Polizei und Militär oder Wirtschaftsgrößen des zu bekämpfenden Regimes. Vgl. dazu unter B. II. 105 Münkler, „Grammatik der Gewalt“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 16.10.2002, 8; Nehm, NJW 2002, 2665 (2669); von Selle, NJW 2000, 992 (996); Falkenrath/Newman/Thayer, America’s Achilles’ Heel. Nuclear, Biological, and Chemical Terrorism and Covert Attack, 1998, 48, 55; Gurr/Cole, The New Face of Terrorism: Threats from Weapons of Mass Destruction, 2000, 23 ff. 106 Friedlander, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Vol. 4, 2000, 849; Crelinston, Terrorism and Criminal Justice, 1978, 8; Sofsky, Zeiten des Schreckens, 2. Aufl., 2002, 179. Meggle spricht von einem „Terrorkalkül mit erwarteter Horrorfunktion“; ders., Deutsche Zeitschrift für Philosophie 2002, 149 (151). 107 Häussler, ZRP 2001, 537 (538); Bruha/Bortfeld, VN 2001, 161 (161); Friedlander, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia in Public International Law, Vol. 4, 2000, 849; Gross, KJ 2002, 1 (1); s. auch „Global Responses to the New Global Challenges“, Recommendations for the G-8 Kananaskis Summit from the G-8 Preparatory Conference v. 05.06.2002. Brower/Chalk sprechen mit Blick auf die bioterroristische Gefahren als „the transnational spread of infectious disease as a threat to human security“, s. Brower/Chalk, Infectious Diseases, 2003, 7 ff.

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treffen – aus völkerrechtlich normativer Perspektive gesprochen – die Weltgemeinschaft als Ganzes, weil sie das Zusammenleben der Staaten und Völker tangieren. Internationale Terrorakte modernen Formats erreichen mithin eine völkerrechtliche Größenordnung. Bei der völkerrechtlichen Beurteilung von Terrorangriffen mittels Massenvernichtungswaffen und Daten besteht das Hauptproblem darin, dass der Gewaltbegriff in Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta nach herrschender Ansicht als „Waffengewalt“ ausgelegt wird.108 Unstrittig geht diese Definition vom herkömmlichen militärischen Arsenal aus.109 Im Zusammenhang mit modernen Durchführungsformen des internationalen Terrorismus stellt sich damit insbesondere die Frage, ob Angriffe mittels chemischer und biologischer Materialien oder durch Elektronen der Anwendung von Waffengewalt im Sinne von Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta gleichzusetzen sind. Zwar stellen weder Bakterien noch Viren sowie Informationen Waffen im herkömmlichen Sinne dar,110 doch steht außer Frage, dass die Verwendung chemischer und biologischer Kampfstoffe unter die Definition von „Waffengewalt“ fällt. Denn obwohl sich diese Materialien erheblich von jenen Mitteln unterscheiden, die kinetische Energie freisetzen (z. B. Explosivstoffe),111 führt der Einsatz biologischer und chemischer Substanzen zu vergleichbaren, unmittelbaren Folgen verbotener konventioneller Gewaltanwendung, namentlich Gesundheitsbeeinträchtigungen oder gar zum Tod.112 Indem cyberterroristische Angriffe entsprechende Einwirkungen zeigen, d.h. auf die unmittelbare physische Beschädigung materiellen Vermögens oder die Verletzung oder Tötung von Menschen abzielen (so kann die Manipulation des Flugverkehrs zum Absturz einer Maschine oder der unerlaubte Datentransfer zur Kernschmelze in einem Atomkraftwerk führen), sind sie auch mit der Anwendung von Waffengewalt vergleichbar und können vom Gewaltverbot der UN-Charta erfasst werden.113 108 Vgl. statt vieler Randelzhofer, in: Simma (Hrsg.), Charter of the United Nations, Vol. 1, 2. Aufl., 2002, Art. 2 (4), Rn. 16 ff.; Fischer, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, § 59, Rn. 12. 109 Vgl. UN GA Res. 3314 (XXIX) v. 14.12.1974 (Aggressionsdefinition der UNGeneralversammlung), abgedruckt in: VN 1975, 120. 110 Schmitt, NZWehrr 1999, 177 (183 f.); Heintschel von Heinegg, in: Epping/Fischer/Heintschel von Heinegg (Hrsg.), FS für Knut Ipsen, 2000, 129 (138). 111 Konventionelle und nukleare Waffen setzen kinetische Energie frei, wobei insbesondere nukleare Waffen in Wirkung und Ausmaß eine enorme Zerstörungsgewalt haben können. Dazu Beres, in: Kegley (Hrsg.), International Terrorism, 1990, 228 (237). 112 Schmitt, NZWehrr 1999, 177 (183); Heintschel von Heinegg, in: Epping/Fischer/Heintschel von Heinegg (Hrsg.), FS für Knut Ipsen, 2000, 129 (138). 113 Bothe, in: Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, 3. Aufl., 2001, 8. Abschn. I 1 b, Rn. 10; Heintschel von Heinegg, in: Epping/Fischer/Heintschel von Heinegg

III. Internationaler Terrorismus in neuen Dimensionen

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Zum Charakteristikum der Gewaltkomponente als immanentes Kriterium terroristischer Aktionsformen ist festzuhalten: Der neue internationale Terrorismus zeichnet sich durch den besonders skrupellosen Einsatz von konventionellen Waffen bzw. den potentiellen Gebrauch von Massenvernichtungswaffen und Daten aus. Bei der Beurteilung fortentwickelter Terrorformen darf dabei nicht ausschließlich auf ein Freisetzen kinetischer Energie durch Feuer- oder Explosionswaffen abgestellt werden, denn das Bedrohungspotential moderner Terroranschläge manifestiert sich heute auch in nuklearen, chemischen, biologischen und virtuellen Gefahren. Derartige Anschläge des internationalen Terrorismus stellen zugleich Anschläge auf die gesamte zivilisierte Welt dar, was ihnen eine neue, völkerrechtliche Bedrohungsqualität im Sinne von Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta verleiht. b) Neue Wertung nach UN-Charta – Auswirkungen auf die Struktur des Friedenssicherungsrechts „Klassische“ Terrorformen sind durch die Destabilisierung ziviler Strukturen gekennzeichnet; sie vermochten jedoch bislang selten etwas politisch Signifikantes zu erreichen.114 Die Anschläge vom 11. September 2001 sowie nachfolgende Terroraktionen zeigen diesbezüglich eine Änderung auf. Mit ihnen ist es gelungen, sowohl die Innen- als auch Außenpolitiken der Staaten nachhaltig zu beeinflussen und zu prägen. Die Furcht vor weiteren, weltweiten Anschlägen, die Existenz von einschlägigen Terrororganisationen in einer Region oder der potentielle Besitz von Massenvernichtungswaffen sind heute Anlass für weit reichende innenpolitische Anti-Terror-Gesetzgebungen oder Militäraktionen im Ausland.115 Diese Reaktionen der Staaten verdeutlichen, dass eine qualitative und quantitative Fortentwicklung des internationalen Terrorismus in einer neuen Dimension wahrgenommen wird und entscheidend auf die zwischenstaatlichen Beziehungen einwirkt. (Hrsg.), FS für Knut Ipsen, 2000, 129 (139); Hutter, in: Frank/Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, 2002, 225 (235); a. A. Kanuck, HarvILJ 1996, 272 (289). 114 Schelling, in: Frey/Morris (Hrsg.), Violence, Terrorism and Justice, 1991, 20. 115 Vgl. die Gesetzgebungsinitiativen in den USA (Patriot Act), in der Schweiz (Verbot der Terrororganisation Al Kaida; Erweiterung der gesetzlichen Meldepflichten und Einführung eines Melderechts gegenüber dem Bundesamt für Polizei), Bundesrepublik Deutschland (Regelungen zur Geldwäsche, Einführung der bundesweiten Rasterfahndung, Einschränkung des Datenschutzes, Verschärfungen beim Zuwanderungsgesetz und Asylrecht, Aufnahme von biometrischen Daten bei der Ausstellung von Visa), Frankreich (Sicherheitsgesetze v. 01.11.2001) und Großbritannien (Anti-Terrorism, Crime and Security Act 2001) oder Initiativen der EU (u. a. Europäisches Rahmenabkommen zur Auslieferung von Straftätern auf Grundlage eines europäischen Haftbefehls, Schaffung einer Anti-Terror-Arbeitsgruppe bei EUROPOL).

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B. Die neue Dimension des internationalen Terrorismus im 21. Jh.

Mit Blick auf die für diese Arbeit relevante zwischenstaatliche Ebene hat der UN-Sicherheitsrat in der Vergangenheit wiederholt festgestellt, dass schwere Terroranschläge „den Weltfrieden und die internationale Sicherheit“ bedrohen.116 In Anknüpfung an die in Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta normierte Begrifflichkeit der internationalen Beziehungen117 umfassen die Begriffe „Weltfrieden“ und „internationale Sicherheit“ dabei ausschließlich die Anwesenheit zwischenstaatlicher Gewaltanwendung, d.h. die von einem Staat zu verantwortende Gewalt, die gegen einen anderen Staat gerichtet ist.118 Die bisherige Sicherheitsratspraxis zeigt, dass der UN-Sicherheitsrat internationale Terrorakte bis in die jüngste Vergangenheit nicht unmittelbar als „Friedensbedrohung“ im Sinne von Art. 39 UN-Charta qualifizierte, sondern lediglich und ausschließlich die staatliche Förderung terroristischer Aktivitäten als Friedensbedrohung angesehen hat.119 Zuvor hatte es das UN-Gremium vermieden, einen konkreten Terroranschlag als tatsächliche Friedensbedrohung zu bezeichnen. Das Neue besteht nun darin, dass der UN-Sicherheitsrat in den Resolutionen 1368 (2001)120 und 1373 (2001)121, welche die Anschläge vom 11. September 2001 zum völkerrechtlichen Bezugspunkt nehmen, erstmalig von einer tatsächlichen Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit durch schwere Akte des internationalen Terrorismus selbst spricht und darüber hinaus das Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung allgemein anerkennt.122 Durch die Qualifizierung der Anschläge vom 11. September 2001 als „Friedensbedrohung“ im Sinne von Art. 39 UN116 S/Res/731 (1992) v. 21.01.1992; S/Res/748 (1992) v. 31.03.1992; S/Res/1269 (1999) v. 19.10.1999; S/PRST/1999/29 v. 22.10.1999. 117 Randelzhofer, in: Simma (Hrsg.), Charter of the United Nations, Vol. 1, 2. Aufl., 2002, Art. 2 (4), Rn. 29; Bothe, in: Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, 3. Aufl., 2004, 8. Abschn. I 1 b, Rn. 11. 118 Frowein/Krisch, in: Simma (Hrsg.), Charter of the United Nations, Vol. 1, 2. Aufl., 2002, Introduction to Chapter VII, Rn. 7; Randelzhofer, in: Simma (Hrsg.), Charta der Vereinten Nationen, 1991, Art. 39, Rn. 6. 119 Krajewski, KJ 2001, 363 (368); Bothe, in: Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, 3. Aufl., 2004, 8. Abschn. I 1 b, Rn. 11. 120 S/Res/1368 (2001) v. 12.09.2001, welche festhält, dass der UN-Sicherheitsrat „regards such acts, like any other act of international terrorism, as a threat to international peace and security.“ 121 S/Res/1373 (2001) v. 28.09.2001 hält fest, dass die Terrorakte vom 11. September 2001, „like any other act of terrorism, constitute a threat to the peace and security.“ 122 Vgl. ferner S/RES/1377 v. 12.11.2001; S/RES/1438 v. 14.10.2002; S/RES/1452 v. 20.12.2002; S/RES/1455 v. 17.01.2003; S/RES/1516 v. 20.11.2003; S/RES/1526 v. 30.01.2004; S/RES/1530 v. 11.03.2004. Dazu auch Bruha/Bortfeld, VN 2001, 161 (162); Tomuschat, EuGRZ 2002, 535 (543 f.); Schrijver, NILR 2001, 271 (284 ff.); Stuby, Blätter für deutsche und internationale Politik 2001, 1330

III. Internationaler Terrorismus in neuen Dimensionen

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Charta und dem Verzicht auf frühere staatliche Zurechnungsfragen nimmt der UN-Sicherheitsrat zugleich eine qualitative Erweiterung des Rechts der Friedensbedrohung vor: Er schließt nun die Verantwortlichkeit nicht-staatlicher Akteure für eine Friedensbedrohung nicht mehr explizit aus.123 Hier ist eine völkerrechtliche Fortentwicklung erkennbar.124 c) Veränderte Reaktionsmechanismen Terroristische Anschläge rufen regelmäßig vehemente staatliche Reaktionen hervor; mit dem Charakter moderner Terrororganisationen – als internationales Netzwerk – wird sich auch die Natur der Gegenmaßnahmen ändern: Die militärische Konfliktbewältigung ist bislang Mittel der Wahl, wenn es um die Frage nach Reaktionsmechanismen auf die internationale Terrorbedrohung geht. Dies verdeutlichen die jüngeren Militäreinsätze in Afghanistan und im Irak. Neu ist, dass eine vermehrte Bereitschaft unter den Staaten festzustellen ist, gegen nicht-staatliche Terroranschläge auch mit massiven militärischen Mitteln vorzugehen.125 Diese Entwicklung in (1335); Murphy, HarvILJ 2002, 41; Frowein, „Terroristische Gewalttaten und das Völkerrecht“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 15.09.2001, 10. 123 Krajewski, KJ 2001, 363 (382); ders., AVR 2002, 183 (197). Näher zu nichtstaatlichen Einheiten und Individuen als Adressaten kollektiver Maßnahmen gem. Kap. VII UN-Charta s. Frowein/Krisch, in: Simma (Hrsg.), Charter of the United Nations, 2. Aufl., 2002, Vol. 1, Introduction to Chapter VII, Rn. 43 ff. A.A. IGHGutachten, Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory v. 09.07.2004, Rn. 139: Hier fordert der Gerichtshof in Abkehr der jüngeren UN-Resolutionspraxis für Art. 51 UN-Charta den Angriff eines Staates gegen einen anderen Staat. Diese Begründung ignoriert völlig, dass der UN-Sicherheitsrat die Anschläge des 11. September völlig losgelöst von deren Zurechnung zu einem Staat als Auslöser für das Selbstverteidigungsrecht qualifiziert hat, so Herdegen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2006, 240 f. Herdegen hält das IGH-Urteil unter diesem Gesichtspunkt nicht dem modernen Völkerrecht entsprechend, weil „sich das moderne Völkerrecht auch der militärischen Auseinandersetzung innerhalb von Staaten an[nimmt]“, s. ders., Völkerrecht, 5. Aufl., 2006, 376. 124 Eine diesbezügliche Richtungsänderung ließ sich der Resolutionspraxis des UN-Sicherheitsrates frühzeitig entnehmen, so im Fall der Bosnischen Serben, S/Res/770 (1992) v. 13.08.1992; S/Res/942 (1994) v. 23.10.1994; im Fall UNITA, S/Res/1127 (1997) v. 28.08.1997; S/Res/1137 (1998) v. 12.06.1998; S/Res/1295 (2000) v. 18.04.2000 sowie im Fall der Taliban in Afghanistan und Mitglieder der Al Kaida, S/Res/1267 (1999) v. 15.10.1999; S/Res/1333 (2000) v. 19.12.2000; S/Res/1390 (2002) v. 16.01.2002. Dazu Frowein/Krisch, in: Simma (Hrsg.), Charter of the United Nations, 2. Aufl., 2002, Vol. 1, Introduction to Chapter VII, Rn. 43. 125 Tietje/Nowak, NZWehrr 2002, 1 (17); Terwilliger/Cooperstein/Gunnarson/ Blumenthal/Parker, The War on Terrorism: Law Enforcement or National Security, The Federalist Society 2001, http://www.fed-soc.org/Publications/Terrorism/milita rytribunals.htm; ferner Prittwitz, in: ders./Baurmann/Günther/Kuhlen u. a. (Hrsg.), FS für Klaus Lüderssen, 2002, 499 (504); Gill, SozWelt 2002, 49 (57 ff.).

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B. Die neue Dimension des internationalen Terrorismus im 21. Jh.

der Ausgestaltung der staatlichen Reaktionen ist problematisch, deutet sie doch darauf hin, dass sich die Terrorismusbekämpfung von einer ursprünglich polizeilichen Aufgabe in verstärktem Maße zu einer internationalen Herausforderung wandelt, die nun vorrangig das Militär betrifft.126 Auch wenn der Einsatz militärischer Mittel möglicherweise einen schnelleren und direkteren Zugriff auf internationale Terroristen ermöglicht, ist auf die Kurzfristigkeit und Kurzsichtigkeit militärischer Lösungen hinzuweisen. Das Völkerstrafrecht hält gleichwohl Alternativen bereit. 3. Neue Dimension im Hinblick auf die Operationsweise a) Globalisierte Organisationsstruktur Die strategische Ausrichtung der Terroristen, Gewalt auf der zwischenstaatlichen Ebene zu begehen, hat auch Folgen für die Organisationsstruktur terroristischer Gruppen. Die Organisation weltweit agierender Gruppen ist heute weniger durch hierarchische Führung gekennzeichnet, sie erfolgt vielmehr autonom und zum Teil durch flexible und untereinander vernetzte private Terrorzellen.127 Terroristische Gruppierungen sind in globalen bzw. staatenübergreifenden Netzwerken organisiert, in denen die Täter weniger einer hierarchischen Führung bedürfen, weil sie von einzelnen Zellen ohne permanente Koordination und Kontrolle aus tätig werden können. Vor allem 126 Münkler, „Grammatik der Gewalt“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 16.10.2002, 8; „Terrorismus als strategische Herausforderung“, http://www. archiv.nzz.ch/books/nzzmonat/0/$7N9FJ$T.html (19.09.2001); Sofksy, Zeiten des Schreckens, 2. Aufl., 2002, 182; Daase beobachtet eine unterschiedliche Wahrnehmung der Gegenstrategien zum Terrorismus seitens der USA und Europa: Während die USA Terrorismus vor allem als Problem staatlich geförderter Kriegsführung betrachten und mit konventionellen Vergeltungsschlägen reagieren, favorisieren die Europäer eine Sichtweise, die den Terrorismus als substaatliches Phänomen einstuft und seine Bekämpfung im Rahmen strafrechtlicher und polizeilicher Maßnahmen vorsieht. s. Daase, Die Friedens-Warte 2001, 55 (76). 127 Laqueur, Die globale Bedrohung, 1. Aufl., 1998, 285; Münkler, „Grammatik der Gewalt“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 16.10.2002, 8; Hoffman, Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden, 2000, 125 (125); Wördemann, in: Funke (Hrsg.), Terrorismus, 1977, 140 (146 f.). Das amerikanische FBI charakterisiert z. B. die Terrorgruppierung, die 1993 das World Trade Center in New York bombardierte, als: „[t]he loosely affiliated group of international extremists [. . .] not acting on behalf of any nation that sponsors anti-Western terrorism. Nor was the group a formal terrorist organization with an identifiable organizational structure, known as base operation, or well-established means of fund raising. Rather, the group was made up of individuals representing several different nationalities who came together for the express purpose of carrying out a terrorist attack.“, vgl. Less, Country Report on the USA, in: Walter/Vöneky/Röben/Schorkopf (Hrsg.), Terrorism as a Challenge for National and International Law, 2004, 633 (652).

III. Internationaler Terrorismus in neuen Dimensionen

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besteht eine erhöhte Flexibilität bezüglich unterschiedlicher Gewaltstrategien, die nach den jeweiligen regionalen Gegebenheiten und der politischen Lage variabel eingesetzt werden. Damit zeigen sich signifikante Unterschiede zu den herkömmlichen Terrororganisationen: Während bei den terroristischen Vorläufern des 20. Jahrhunderts noch eine favorisierte, politische Strategie sowie eine geringe, regional begrenzte Mitgliedschaft zu verzeichnen war,128 verzichten moderne Terrorgruppen auf politische Dogmen und eine bestimmte Taktik und haben in der Mitgliederzahl – dies gilt insbesondere für extremistische Gruppen – großen Zulauf.129 Der Hintergrund hierfür ist in einem Strategiewandel des internationalen Terrorismus zu sehen, welcher die Abkehr von einer klar fassbaren politisch-ideologischen Motivation und die Hinwendung zu hoch entwickelter Waffentechnik und zum Terror als selbständige Taktik beinhaltet.130 Eine derart globalisierte Organisationsstruktur hat wiederum zur Folge, dass die auf die „klassischen“ Formen des Terrorismus ausgerichteten Gegenmaßnahmen weniger Erfolg versprechend sind: Als Netzwerk organisiert sind die einzelnen Gruppen schwerer zu identifizieren, ebenso ist eine Zerstörung der Führungsebene weniger folgenreich für die Fortsetzung weltweiter, terroristischer Aktionen. b) Internationaler Terrorismus als ökonomische Bedrohung Gesellschaften sind heute nicht mehr ausschließlich in eine politische, sondern auch in eine sozioökonomische Ordnung integriert; deshalb richten sich Akte des internationalen Terrorismus in verstärktem Maße auch gegen die Wirtschaft als Zielobjekt. Dabei steht nicht nur die Zufügung unmittelbarer materieller Schäden im Vordergrund des terroristischen Interesses. Moderne Terroranschläge und Anschläge mit Massenvernichtungswaffen zielen auch auf langfristige negative ökonomische Folgen ab mit dem Fokus, bestimmte Wirtschaftssysteme schwerwiegend zu beeinträchtigen.131 Die dem 11. September 2001 nachfolgenden Anschläge, etwa auf Djerba 128

Vgl. unter B. II. Lustig, in: Yepes-Enriquez/Tabassi (Hrsg.), Treaty Enforcement and International Cooperation in Criminal Matters with Special Reference to the Chemical Weapons Convention, 2002, 424 (424); Laqueur, Die globale Bedrohung, 1. Aufl., 1998, 285; Hirschmann, Aus Politik und Zeitgeschichte B51/2001, 7 (10 f.). 130 Schelling, in: Frey/Morris (Hrsg.), Violence, Terrorism and Justice, 1991, 23; Münkler, „Grammatik der Gewalt“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 16.10.2002, 8; Beres, in: Kegley (Hrsg.), International Terrorism, 1990, 228 (237). 131 Münkler, „Grammatik der Gewalt“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 16.10.2002, 8; Gurr/Cole, The New Face of Terrorism: Threats from Weapons of Mass Destruction, 2000, 88, 95 ff. Näher zu den Massenvernichtungswaffen als ökonomische Bedrohung s. Stern, The Ultimate Terrorists, 1999, 73. 129

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B. Die neue Dimension des internationalen Terrorismus im 21. Jh.

und Bali, verdeutlichen, dass nicht die Ermordung der ausländischen Besucher im Vordergrund stand, sondern vielmehr die Destabilisierung von attraktiven Reisezielen beabsichtigt war, um durch den Rückgang des Tourismus und dem daraus resultierenden Einnahmenausfall die wirtschaftliche Lage in einem Land oder einer Region nachhaltig zu beeinflussen.132 Eine derartige ökonomische Bedrohung muss sich nicht nur in konventionellen Anschlägen auf Tourismuszentren widerspiegeln; auch bioterroristische Anschläge werden mit dem Ziel durchgeführt, einen enormen ökonomischen Schaden zu verursachen.133 Wie bereits anhand der Erscheinungsform des Cyberterrorismus aufgezeigt wurde, kann der gezielte Angriff auf Daten ebenfalls zu verheerenden und nachhaltigen Schädigungen eines Wirtschaftssystems führen. Diese Zuwendung des internationalen Terrorismus hin zu ökonomischen Zielen134 – in der Absicht, Finanzströme zu manipulieren sowie Börsenkurse und das Konsumverhalten zu beeinflussen – bedeutet eine operative Neuausrichtung des internationalen Terrorismus. c) Globale Verdichtung der Kommunikation In den aktuellen Terrorstrategien nimmt ferner die mediale Wirkung terroristischer Aktionen eine neue, bedeutsame Stellung ein.135 Moderne Terrorakte sind immer auch Medienereignisse.136 Mit der Ausweitung der Medien, der globalen Präsenz internationaler Terrorstrukturen und der Auswahl symbolträchtiger Terrorziele entsteht so eine „Weltöffentlichkeit“, in der sich der internationale Terrorismus präsentiert.137 In dem Wissen, dass sich 132 Das gleiche gilt, wenn Hotels oder Fluglinien terroristische Angriffsobjekte darstellen. Weitere Beispiele bei Schelling, in: Frey/Morris (Hrsg.), Violence, Terrorism and Justice, 1991, 20 (22). Vgl. auch „Offene Fragen nach der Bluttat von Bali“, in: Neue Zürcher Zeitung v. 16.01.2003, 9. 133 So schätzt der US Postal Service die Kosten der Anthraxanschläge aus dem Jahr 2001, bei dem es zu 5 Toten und 17 bekannten Infizierten im Rahmen der Anschläge mittels einer nicht-ansteckenden Krankheit kam, auf ca. 5 Milliarden US Dollar. Im Fall einer ansteckenden Krankheit sind die Opfer und Kosten sehr viel höher einzuschätzen. s. Brower/Chalk, Infectious Diseases, 2003, 72 f. 134 Auch war mit den Anschlägen des 11. September 2001 auf das World Trade Center ausdrücklich ein Wirtschaftszentrum betroffen. 135 von Bubnoff, NJW 2002, 2672 (2672); Kotzur, AVR 2002, 454 (467); Waldmann, Terrorismus, 1998, 108; Edwards-Winslow, in: Kayyem/Pangi (Hrsg.), First to Arrive, 2003, 59 ff.; Wilkinson, Terrorism and Democracy, 2000, 174 ff.; Cooper, in: Alexander/Finger (Hrsg.), Terrorism, 1977, 141 ff.; Farnen, Terrorism 13, 1990, 99 ff.; Wardlaw, Political Terrorism, 2. Aufl., 1989, 7. 136 Hetzer, Kriminalistik 2002, 490 (492). 137 Münkler, Internationale Politik, 2001, 11 (11); Kreis, in: Funke (Hrsg.), Terrorismus, 1977, 160.

III. Internationaler Terrorismus in neuen Dimensionen

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die Massenmedien jeweils nur auf einen oder zwei Konflikte konzentrieren, ist es Anliegen moderner Terrorgruppierungen, in strategisch wichtigen Staaten Aufmerksamkeit durch Gewalt zu erregen und damit die globale Politik, die Weltwirtschaft und das staatliche Machtgleichgewicht zu beeinträchtigen.138 Durch ein „Maximum an Medienberichterstattung“139 gewinnt der Terrorismus neuer Dimension an Bedeutung und den Akteuren wird eine Weltbühne bereitet.140 4. Neue Dimension der terroristischen Akteure Die Entwicklung des internationalen Terrorismus hin zu globalisierten Terrornetzwerken, die staatenübergreifende Gewaltakte begehen, findet seinen Niederschlag auch in einer Neubestimmung des terroristischen Täterkreises, der im Folgenden anhand völkerrechtlich-dogmatischer Fallgruppen skizziert werden soll.141 Grundsätzlich kann Terrorismus von unterschiedlichen Akteuren durchgeführt werden: Einzelpersonen können Terrorakte in eigenem Interesse oder für einen Staat vornehmen, und der Staat selbst kann Täter terroristischer Aktivitäten sein.142

138

Laqueur, Die globale Bedrohung, 1. Aufl., 1998, 309. Shpiro, Internationale Politik 2001, 19 (19). 140 Kotzur, AVR 2002, 454 (467); Wördemann, in: Funke (Hrsg.), Terrorismus, 1977, 140 (152); Crelinsten, Terrorism and Criminal Justice, 1978, 8; Kreis, in: Funke (Hrsg.), Terrorismus, 1977, 160; Gill, SozWelt 2002, 49 (58). 141 Die Frage, anhand welcher Kriterien Terrorismus den verschiedenen Tätergruppen zugeordnet werden soll, ist im völkerrechtlichen Schrifttum umstritten. Während einige Autoren den nicht-staatlichen Terrorismus und den Staatsterrorismus als zwei vollkommen unterschiedliche Konzepte auffassen, die eine getrennte Behandlung erfordern, gehen andere Meinungen dahin, dass sich beide Konzepte ergänzen und eine gemeinsame Analyse gerechtfertigt scheint. Einige Entwicklungsländer haben die Position vertreten, dass Staatsterrorismus (im Sinne staatlicher Repression) für die Existenz von nicht-staatlichem Terrorismus (im Sinne substaatlicher Revolution) ursächlich und demzufolge Vorraussetzung in der Begutachtung von nicht-staatlichem Terrorismus sei. Vgl. Stohl/Lopez (Hrsg.), The State as Terrorist, 1984, 1 (6 f.); Lambert, Terrorism and Hostages in International Law, 1990, 17; a. A. Daase, Die Friedens-Warte 2001, 55 (60); Crenshaw, in: Kegley, International Terrorism, 1990, 163 (169); Herman/O’Sullivan, The Terrorism Industry, 1989, 13–51. 142 Bassiouni, in: Evans/Murphy (Hrsg.), Legal Aspects of International Terrorism, 1978, 485; UN-Special Rapporteur Koufa, Specific Human Rights Issues: New Priorities, in particular Terrorism and Counter-Terrorism, Working Paper by the Commission on Human Rights, E/CN.4/Sub.2/2004/40 v. 25.06.2004, 7. 139

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B. Die neue Dimension des internationalen Terrorismus im 21. Jh.

a) Nicht-staatlicher Terrorismus Per definitionem ist nicht-staatlicher Terrorismus allgemein dadurch gekennzeichnet, dass einzelne Personen oder Personengruppen aus eigennützigen und/oder politischen Gründen Anschläge auf Leben, Leib, Freiheit oder Eigentum planen und durchführen.143 „Klassischen“ nicht-staatlichen Terrorakteuren wurde ein völkerrechtlicher Bezug bislang nicht zuteil, da sie als Privatpersonen trotz staatsübergreifender Aktivitäten ihrer Natur nach eine nur begrenzte Völkerrechtssubjektivität und in ihrem Aktionsraum einen klaren territorialen Bezug aufwiesen. Nicht-staatlicher Terror wurde „lediglich“ als eine Erscheinungsform von Kriminalität begriffen, auf welche die Staaten innerhalb ihres Hoheitsbereiches und nach Maßgabe des nationalen Straf- und Polizeirechts zu reagieren hatten. Zeitgenössische Terrorakte manifestieren, wie bereits ausgeführt, einen terroristischen Strategiewandel: Im 21. Jahrhundert sind Staaten nicht mehr die einzigen Akteure, die Gewalt in den internationalen Beziehungen ausüben können. Ein entscheidender Grund hierfür ist, dass sich neue und staatlich unabhängige Formen des Terrorismus etabliert haben, die ohne kohärente politische Ideologie oder eine Massenbasis auskommen. Relativ kleine Gruppen und Personen agieren autonom, sind aber international vernetzt und bedrohen in effektivster Weise die Weltgemeinschaft. Definierte das Völkerrecht in den vergangenen Jahrzehnten den internationalen Terrorismus primär noch als staatlich gefördertes, zum Teil regional verankertes Instrumentarium einzelner Staaten, ihre politischen Belange gewaltsam durchzusetzen, so machen die jüngsten Entwicklungen deutlich, dass traditionelle Handlungsmuster sowohl rechtlich als auch strategisch nicht mehr greifen. Herkömmliche Mechanismen von Diplomatie, Sanktion, außenund wirtschaftspolitischen Handlungsweisen oder militärischer Konfliktbewältigung scheinen an Bedeutung zu verlieren angesichts der Tatsache, dass identifizierbare Staaten oder staatliche Organisationen als Hauptakteure in den Hintergrund treten und die terroristischen Gewaltakte vermehrt international tätigen Gruppen oder Einzelpersonen zuzuschreiben sind. Nach traditionellem Verständnis kommt den Staaten als primären Völkerrechtssubjekten die Pflicht zur Erhaltung des Friedens und der Achtung der Menschenrechte zu.144 Bislang waren also nur Staaten fähig, Gewalt in der Größenordnung einer „Friedensbedrohung“ im Sinne von Art. 39 UN143

Das US State Department geht derzeit von ca. 30 privaten ausländischen Terrororganisationen aus, die jener Definition unterfallen. s. US-Department of State, Patterns of Global Terrorism. 1997, Publ. No. 10535 (April 1998), http://www.state. gov/www/global/terrorism/1997Report. 144 Krajewski, AVR 2002, 183 (197); Kimminich/Hobe, Einführung in das Völkerrecht, 7. Aufl., 2000, 61; Häussler, ZRP 2001, 537 (538).

III. Internationaler Terrorismus in neuen Dimensionen

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Charta oder eines „bewaffneten Angriffs“ gemäß Art. 51 UN-Charta zu begehen. Wie bereits herausgearbeitet wurde, zeigen moderne Akte des internationalen Terrorismus – wie jene vom 11. September 2001 – jedoch auf, dass auch nicht-staatliche Akteure als Angreifer im Sinne des Art. 51 UNCharta in Betracht kommen. Das Neue an dieser Qualifizierung besteht in dem gewachsenen Potential des nicht-staatlichen Terrorismus, heute wie ein Staat agieren zu können. Nicht-staatliche Akteure (z. B. eine Organisation wie Al Kaida) können Terroranschläge lancieren, die einer Androhung von Gewalt in den zwischenstaatlichen Beziehungen gleichkommen, elementare Menschenrechte außer Kraft setzen und zur Bedrohung der internationalen Sicherheit führen.145 Modernes Terrorverhalten zeichnet sich gerade dadurch aus, dass es von der finanziellen, logistischen oder materiellen Hilfe durch einen Staat nunmehr unabhängig ausgeführt werden kann.146 Der internationale Terrorismus neuer Dimension ist somit gekennzeichnet durch das Auftreten nicht-staatlicher Akteure in staatenübergreifenden Konflikten, mithin durch eine Privatisierung internationaler Gewalt.147 b) Staatsterrorismus Traditionell betrachtet bezieht sich Staatsterrorismus auf staatliche Gewaltakte wie Folter, Tötungen oder Massenverhaftungen, die von amtlichen Organen eines Staates gegen die eigene Bevölkerung im Ganzen, gegen einen Teil hiervon (z. B. eine ethnische Minderheit oder politische Opposi145

Report of the Secretary-General’s High-level Panel on Threats, Challenges and Change, § 146 und 159, A/59/565 v. 02.12.2004. 146 So hat etwa der UN-Sicherheitsrat neu anerkannt, dass auch private Urheber von Gewaltakten den internationalen Frieden bedrohen. So können etwa „Gruppierungen“ wie die Taliban Adressat von UN-Sicherheitsratsresolutionen sein. Damit gibt der Sicherheitsrat zu erkennen, dass auch andere Akteure als Staaten die internationalen Beziehungen so maßgeblich mitbestimmen können, dass sie der Aufmerksamkeit des Sicherheitsrates unterfallen und zum Gegenstand der Resolutionspraxis gemacht werden können. Die Taliban wurden bereits vor den Anschlägen vom 11. September 2001 von UN-Resolutionen angesprochen. Die Adressierung der Taliban änderte sich nach den Anschlägen vom 11. September 2001 insofern, als dass sie zuvor als Gruppierung Taliban („afghan faction known als Taliban“) erfasst wurde; nun wird ein Unterschied zwischen Taliban einerseits und Afghanistan andererseits formuliert. Die jüngeren UN-Resolutionen enthalten keine Aussagen mehr zu den Taliban selbst. Die Resolutionen des Sicherheitsrates sind ein weiterer Beleg dafür, dass nicht nur Staaten, sondern auch andere, private Akteure gestaltend an den internationalen Beziehungen mitwirken können. s. Wolfrum/Philipp, in: von Schorlemer (Hrsg.), Praxishandbuch UNO, 145 (145), (148), (156); s. auch US-Department of State, Patterns of Global Terrorism, 2000, abgedruckt in: Prados (Hrsg.), Americas Confronts Terrorism, 2002, 86 (86 f.). 147 Generell zur Tendenz der „Privatisierung“ internationaler Gewaltausübung Bruha, AVR 2002, 383 (383 f. m. w. N.).

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B. Die neue Dimension des internationalen Terrorismus im 21. Jh.

tion) oder gegen die Bevölkerung eines besetzten Gebietes vorgenommen werden. Ziel des klassischen Staatsterrorismus ist es, die Autorität und Macht des Staates im eigenen Staatsgebiet durchzusetzen.148 Ein frühes Beispiel von Staatsterrorismus stellt die Gewaltherrschaft der Jakobiner im 18. Jahrhundert in Frankreich dar; spätere Akte des Staatsterrorismus umfassen staatliche Aktivitäten etwa während des Dritten Reiches, unter stalinistischer Herrschaft oder jene des Pol Pot Regimes in Kambodscha.149 Unter der Ägide der Vereinten Nationen ist das ursprüngliche Konzept des Staatsterrorismus erweitert worden und bezieht sich heute sowohl auf staatliche Handlungen innerhalb des eigenen Staatsgebietes, auf amtliche Handlungen auch mit internationalem Bezug sowie auf die Beteiligung von staatlich autorisierten Gewaltanwendungen durch Privatpersonen ohne jede öffentliche Funktion. So erfasst der Report des Ad Hoc Committee on International Terrorism aus dem Jahr 1973 den Staatsterrorismus als: „[. . .] terror inflicted on a large scale and with the most modern means on whole populations for purposes of domination or interference in their internal affairs, armed attacks perpetrated under the pretext of reprisals or of preventative action by States against the sovereignty and integrity of third States, and the infiltration of terrorist groups or agents into the territory of other states“.150

Staatsterrorismus in seinem modernen Verständnis kann hiernach in mehreren Konstellationen vorliegen: Zum einen, wenn der Staat terroristische Handlungen durch seine Organe in fremdem Staatsgebiet verübt, und zum anderen, wenn Terroristen auf Geheiß des Staates und von dessen Hoheitsgebiet aus Terrorakte in fremden Staaten verüben.151 Die letzte Alternative wirft die Frage der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit von Staaten für Akte des internationalen Terrorismus auf.152 Staatsterrorismus liegt unstrittig auch dann vor, wenn der Staat selbst terroristische Handlungen durch seine Organe im eigenen Staatsgebiet verübt. Begriffsgeschichtlich folgt dieser Ansatz dem Verständnis, dass es vor allem Staaten sind, die mit Hilfe ihrer Gewaltapparate – einschließlich paramilitä148 Lambert, Terrorism and Hostages in International Law, 1990, 15; Daase, Die Friedens-Warte 2001, 55 (60); Stohl, The Politics of Terrorism, 1988, 20 ff.; Stern, The Ultimate Terrorists, 1999, 14 ff.; Grzeszick, in: Isensee (Hrsg.), Der Terror, der Staat und das Recht, 2004, 55 (65 ff.). 149 Walther, in: Brunner/Conze/Koselleck (Hrsg.), Geschichtliche Grundbegriffe, 1990, Band 6, 416 ff.; Lambert, Terrorism and Hostages in International Law, 1990, 15. 150 Report of the Ad hoc Committee on International Terrorism, UN GAOR, 28th Sess., Supp. 28, Rn. 24, UN Doc A/9028 (1973). 151 Die letzte Alternative betrifft zugleich die Problematik des staatlich unterstützen Terrorismus, der unter B. V. 4. c) behandelt wird. 152 Dazu ausführlich Kilian, NZWehrr 1982, 121 (121 ff.).

III. Internationaler Terrorismus in neuen Dimensionen

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rischer Gruppen und Todesschwadronen – die Zivilbevölkerung terrorisieren, um ihre Herrschaftsposition zu festigen.153 In der Literatur wird bezweifelt, dass es sinnvoll ist, Akte des makrokriminellen Machtmissbrauchs in die Terrorismusdebatte mit einzugliedern.154 Da „Terrorismus“ ganz überwiegend als „Gewalt von unten“ verstanden und als eine bestimmte, politische Kriminalitätsform gegen den Staat subsumiert wird, sei die Gleichsetzung von „politischer Kriminalität“ und staatlich verübter Kriminalität, die sich regelmäßig nach innen und gegen die eigenen Bürger richtet, ausgeschlossen.155 Bei makrokriminellen Gewaltakten liege im Vergleich zu üblichen, politisch motivierten Straftaten, die gegen den Staat und seine Repräsentanten gerichtet sind, eine „umgekehrte Angriffsrichtung“ vor, auch trage die Einordnung von „Staatsterrorismus“ bzw. Regierungskriminalität unter die Terrorismusproblematik nicht zum Verständnis des terroristischen Gesamtphänomens bei.156 Während hiernach das Konzept des internationalen Terrorismus auf innerstaatliche Akte des Staatsterrorismus nicht anwendbar zu sein scheint, ist die Kritik an der kriminologisch unzulässigen Gleichsetzung von „politischem Terror“ als „Gewalt von unten“ und „staatlichem Terror“ als „Gewalt von oben“ allerdings in einem Punkt zu relativieren: Staatliche Gewalthandlungen sind in der Qualifizierung als „politischer Terror“ dann mit zu berücksichtigen, wenn sie die Verletzung von Menschenrechten oder des humanitären Völkerrechts beinhalten und somit möglicherweise zum Völkerrechtsverbrechen erstarken.157 c) Staatlich unterstützter Terrorismus Unabhängig von der Reichweite des Konzepts eines traditionellen Staatsterrorismus existiert im völkerrechtlichen Schrifttum der Begriff des so genannten staatlich unterstützten Terrorismus. Dieser kann Eingang in eine erweiterte Definition des Staatsterrorismus finden; einige Autoren trennen aber auch diese Form des Terrorismus von traditionellem Staatsterrorismus 153

Stohl, The Politics of Terrorism, 1988, 20 ff. Möller, Völkerstrafrecht und Internationaler Strafgerichtshof, 2003, 279; Daase, Die Friedens-Warte 2001, 55 (60). 155 Möller, Völkerstrafrecht und Internationaler Strafgerichtshof, 2003, 279. 156 Jäger, in: Hankel/Stuby (Hrsg.), Strafgerichte gegen Menschheitsverbrechen, 1995, 325 (331). 157 UN-Special Rapporteur Koufa, Specific Human Rights Issues: New Priorities, in particular Terrorism and Counter-Terrorism, Working Paper by the Commission on Human Rights, E/CN.4/Sub.2/2004/40 v. 25.06.2004, 15; Oeter, Die FriedensWarte 2001, 11 (26). „Staatschef Erdogan wirft Israel Staatsterrorismus vor“, http://www.portale.web.de/Schlagzeilen/Nahost/ (03.06.2004); Maskaliunaite, Baltic Defence Law Review 2002, 36 (37). 154

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B. Die neue Dimension des internationalen Terrorismus im 21. Jh.

und qualifizieren darunter jene Handlungen, durch die ein Staat Terroraktivitäten „von unten“ gegenüber fremden Staaten fördert oder duldet, beziehungsweise in seinem Staatsgebiet nur unzulänglich unterbindet.158 Allgemein ist der staatlich unterstützte Terrorismus dadurch gekennzeichnet, dass der Staat nicht-staatlichen Akteuren bei der Planung und Durchführung von Terrorakten dadurch behilflich ist, dass er ihnen logistische oder materielle Unterstützung zukommen lässt.159 Die völkerrechtlich fundierte Annäherung an das Phänomen des staatlich unterstützten Terrorismus setzt bei der Verpflichtung der Staaten an, sich jeder Form der Beteiligung an terroristischen Aktionen gegenüber anderen Staaten zu enthalten. Trifft ein Staat keine Vorkehrungen, um z. B. diplomatisches Personal auf seinem Staatsgebiet vor terroristischen Anschlägen zu schützen, duldet Terrorhandlungen oder beteiligt sich sogar selbst an deren Vorbereitung oder Durchführung, so ist dies eine Pflichtverletzung aus Völkerrecht.160 Ausdrücklich bezieht sich die Aggressionsdefinition aus dem 158 So ähnlich Kilian, NZWehrr 1982, 121 (121); Lambert, Terrorism and Hostages in International Law, 1990, 19; Crenshaw, in: Kegley (Hrsg.), International Terrorism, 1990, 163; Sharp, CJIL 2000, 37 (44); UN-Special Rapporteur Koufa, Specific Human Rights Issues: New Priorities, in particular Terrorism and CounterTerrorism, Working Paper by the Commission on Human Rights, E/CN.4/Sub.2/2004/40 v. 25.06.2004, 16. Zum staatlich unterstützten Terrorismus umfassend s. US-Department of State, Pattern of Global Terrorism, 2000, welches Irak, Libyen und den Sudan als Terrorismus unterstützende Staaten einordnet; abgedruckt in: Prados (Hrsg.), Americas Confronting Terrorism, 2002, 86 (106 ff.). Weitere Beispiele hält Davidson bereit, s. Davidson, in: Wilkinson (Hrsg.), Technology and Terrorism, 1991, 123 (127 f.); Sloan, in: Han (Hrsg.), Terrorism & Political Violence, 1993, 129 ff.; Less, Country Report on the USA, in: Walter/Vöneky/Röben/Schorkopf (Hrsg.), Terrorism as a Challenge for National and International Law, 2004, 633 (654 f.). 159 In der Vergangenheit haben sich u. a. Libyen und der Iran als staatliche Unterstützer terroristischer Aktionen hervorgetan, indem sie bekanntermaßen eigene Agenten beauftragten, im Ausland politische Gegner auszulöschen. 1985 sprengten französische Agenten im Auftrag ihrer Regierung das Greenpeace Schiff „Rainbow Warrior“ in Neuseeland in die Luft. Staatlich unterstützter Terrorismus muss dabei nicht immer auf ausländischem Staatsgebiet ausgetragen werden, vgl. etwa die Beteiligung der iranischen Regierung bei der „Teheraner Geiselnahme“. Solche Beispiele vermögen es allerdings, die dogmatischen Grenzen zwischen individuellem, Staatsterrorismus und staatlich unterstütztem Terrorismus zu verwischen. s. van Leeuwen, in: van Leeuwen (Hrsg.), Confronting Terrorism, 2003, 1 (5 f.); Levitt, Democracies against Terror: The Western Response to State-Supported Terrorism, 1988, 1; Wilkinson, Terrorism versus Democracy, 2000, 62 ff. 160 Cassese, International Criminal Law, 2003, 126; Zimmer, Terrorismus und Völkerrecht, 1998, 7. Die staatliche Unterstützung von Terroraktivitäten kann sowohl staatliche als auch individuelle Verantwortlichkeit auslösen. Diese Auffassung wurde etwa in den Fällen Lockerbie und La Belle bestätigt: Die strafrechtliche Verurteilung von Agenten der Libyschen Arabischen Jamahiriya schloss die staatliche

III. Internationaler Terrorismus in neuen Dimensionen

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Jahre 1974161 auf staatlich unterstützte Terrorhandlungen; sie verbietet speziell das Entsenden bewaffneter Banden und Gruppen durch einen Staat, wenn diese mit Waffengewalt Handlungen gegen einen anderen Staat ausführen und ihre Aktionen einer Angriffshandlung gleichkommen.162 Als passive Unterstützung terroristischer Organisationen kommt die Gewährung eines sicheren Zufluchtortes (sog. safe haven) in Betracht.163 Ein solcher ist angesichts der seit dem 11. September 2001 durchgeführten weltweiten Anti-Terror-Maßnahmen insbesondere für den Erhalt terroristischer Organisationen und die Ausbildung ihrer Kämpfer bedeutsam geworden.164 Wenn ein Staat Terroristen sicheren Unterschlupf auf seinem Territorium bietet, besteht für den Rest der Staatengemeinschaft kaum die Möglichkeit einer wirksamen Ahndung der begangenen Delikte. Für das Täterprofil ist festzuhalten, dass internationaler Terrorismus heute sowohl von Staaten als auch von nicht-staatlichen Einheiten und Privatpersonen in unterschiedlichster Art und Weise ausgeübt wird. Terrorakte können von staatlichen Organen selbst ausgehen oder von ihnen gefördert werden. Die Aufnahme des Staatsterrorismus in die Definition des terroristischen Gewaltaktes ist dabei keine politische Zweckentfremdung des Verantwortung Libyens und dessen Entschädigungszahlungen nicht aus. Dazu UNSpecial Rapporteur Koufa, Specific Human Rights Issues: New Priorities, in Particular Terrorism and Counter-Terrorism, Working Paper by the Commission on Human Rights, E/CN.4/Sub.2/2004/40 v. 25.06.2004, 18. 161 Resolution 3314 (XXIX) der UN-Generalversammlung v. 14.12.1974, UN Doc. A/9631, 148 ff., abgedruckt in: Müller/Wildhaber, Praxis des Völkerrechts, 1977, 454. 162 Art. 3g der Aggressionsdefinition, abgedruckt in: Müller/Wildhaber, Praxis des Völkerrechts, 1977, 454. 163 Byers, ICLQ 2002, 401 (408); Krajewski, AVR 2002, 183 (193); Sharp, CJIL 2000, 37 (44). Afghanistan hat darauf bestanden, dass es keine Ausbildungslager der Al Kaida auf seinem Staatsgebiet führt; auch hat der Sudan jegliche Unterstützung der Al Kaida bestritten. Fragwürdige Fabrikanlagen, die mit der Al Kaida in Zusammenhang gebracht wurden, wurden vom Sudan als legitime pharmazeutische Anlagen deklariert. In Reaktion auf die mangelnde Kooperationsbereitschaft der beiden Staaten haben die USA am 20.08.1998 Ausbildungslager in Afghanistan und die pharmazeutische Fabrikanlage bombardiert. s. Watson/Barry, Our Target was Terror, in: Newsweek v. 31.08.1998. 164 Bruha/Bortfeld, VN 2001, 161 (166). Allerdings muss mit Blick auf moderne Terroraktivität festgehalten werden, dass sich heute Attentäter häufig jahrelang legal in westlichen Industriestaaten aufhalten und von dort ihre Anschläge planen und vorbereiten. Sie benötigen keine Zufluchtsstätte eines Terrorismus unterstützenden Drittstaates mehr, sondern benutzen moderne Kommunikationsmittel und komplexe Strukturen, um ihre Terroraktivität aufrecht zu erhalten. Vgl. auch neu S/Res/1624 (2005) v. 14.09.2005, welche die UN-Mitgliedstaaten auffordert, Personen Zuflucht zu verweigern, die aufgrund glaubhafter Informationen als Terroranstifter einzustufen sind.

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B. Die neue Dimension des internationalen Terrorismus im 21. Jh.

Terrorismuskonzepts, sondern zieht nur die Konsequenz aus der völkerrechtlichen Ächtung und Kriminalisierung der zu Lasten der Zivilbevölkerung verübten systematischen Gewalt unter Verletzung der elementaren Menschenrechte nach sich. Ferner fallen Privatpersonen und autonom agierende Terrorgruppen in den terroristischen Täterkreis. Der internationale Terrorismus neuer Dimension zeichnet sich dadurch aus, dass Staaten nicht mehr die einzigen Akteure sind, die Gewalt in den internationalen Beziehungen ausüben und schwere Menschenrechtsverletzungen verursachen können. Im Sinne einer „Privatisierung“ internationaler Gewalt hat sich der terroristische Täterkreis auf der völkerrechtlichen Ebene entscheidend erweitert und muss um die Aufnahme nicht-staatlicher Akteure ergänzt werden.

IV. Kriterien für eine Definition des internationalen Terrorismus neuer Dimension Anhand der in diesem Abschnitt gesammelten Erkenntnisse zu alten und neuen Terrorformen und deren Akteuren, wird abschließend eine Arbeitsdefinition des internationalen Terrorismus erstellt. Diese soll die Grundlage für die Erfassung von Terrorismus durch das Völkerstrafrecht bilden. Mit der Definition lässt sich das Phänomen des internationalen Terrorismus von anderen Formen des gewalttätigen Konflikts, etwa von zwischenstaatlichen Kampfhandlungen, Guerillakriegen, Revolutionen, Staatsstreichen oder gemeiner Gewaltkriminalität, abgrenzen. Keine Terrorismusdefinition wird dabei umfassend genug sein, um alle möglichen Aspekte, Motive und zukünftigen Erscheinungsformen sicher abzudecken. Die Schwierigkeiten bei der Erstellung einer allgemein akzeptierten Definition liegen zum einen darin, dass bei dem Terrorismusbegriff nicht anhand eines finalen Bezugspunktes angesetzt werden kann; es handelt sich nämlich um die Erfassung eines Prozesses in Bewegung. Unerwartet neue Varianten und terroristische Erscheinungsformen werden hinzukommen, vermöge derer terroristische Aktivitäten noch vielschichtigere Facetten, Beweggründe und Besonderheiten hervorbringen – dementsprechend wird eine Begriffsbestimmung notwendig immer wieder zu modifizieren sein. Zum anderen zeigen sich die Definitionskriterien mehrheitlich subjektiv, da sie größtenteils auf politischen Erwägungen basieren. Letztlich werden Terrorakte aus den unterschiedlichsten Motiven heraus begangen und können von Zeit, Ort und der politischen Zielsetzung abhängig sein.

IV. Kriterien für eine Definition des int. Terrorismus neuer Dimension

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1. Internationales Element Nationaler Terrorismus agiert innerhalb eines Staatsgebietes. Er betrifft die Bürger und das Territorium dieses Staates und wird vorgenommen gegen oder durch diesen Staat. Soweit sich terroristische Handlungen auf eine Nation beschränken, ist es alleinige Aufgabe des betroffenen Staates, sie mit den verfügbaren repressiven Mitteln zu bekämpfen.165 Um Terrorismus als „international“ zu qualifizieren, muss ein internationales Element nachweisbar sein. Generell liegt dieses dann vor, wenn durch terroristische Handlungen Bürger oder das Territorium von mehr als einem Staat betroffen sind und die Terroraktion damit völkerrechtliche Bedeutung erlangt.166 So weisen sowohl staatlicher Terrorismus gegen Drittstaaten als auch die grenzüberschreitende Kooperation von Terrorgruppen, die fremdes Gebiet, Bürger oder Eigentum angreifen, dieses internationale Element auf: Es ist zu bejahen, wenn der Terrorakt gegen Ausländer oder ausländische Ziele vorgenommen wird, mehr als ein staatliches Interesse betroffen ist, und die Handlung darauf abzielt, die Politik fremder Regierungen zu beeinflussen.167 Richten sich die Anschläge gezielt gegen fremde Staatsangehörige, um deren Heimatstaat zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen zu bewegen oder sind fremde Staatsbürger unabhängig von einem Erpressungsversuch des Heimatstaates von einem Terroranschlag betroffen, so erwächst der Terrorismus von einem nationalen zu einem internationalen Problem.168 Der internationale Aspekt gewinnt an Gewicht, wenn insbesondere das Gebiet potentiell aller Staaten sowie internationale Räume (z. B. der internationale Luftraum oder die Hohe See) zum Betätigungsfeld terroristischer Akteure werden. Hier greifen nationale Maßnahmen der Repression ins Leere, und es ist erforderlich, dass die Bekämpfung derartigen Terrorverhaltens auf internationaler Ebene erfolgt. Der Schutz vor internationalem, staatsübergrei165

Für terroristische Aktivitäten, die innerhalb eines Staatsgebietes ausgetragen werden, wie etwa Aktionen der ETA in Spanien, der IRA in Großbritannien oder der Roten Brigaden in Italien, greift das nationale Strafrecht des betroffenen Staates; darüber hinaus können weitere Staaten vertraglich zur grenzüberschreitenden Strafverfolgung und Zusammenarbeit in Strafsachen verpflichtet sein. Vgl. Cassese, International Criminal Law, 2003, 128. 166 Evans/Murphy (Hrsg.), Legal Aspects of International Terrorism, 1978, 10. 167 Lambert, Terrorism and Hostages in International Law, 1990, 22. 168 Zimmer, Terrorismus und Völkerrecht, 1998, 8; Ganor, Defining Terrorism: Is One Man’s Terrorist Another Man’s Freedom Fighter, http://www.ict.org.il/articles/ define.htm; Cassese, International Criminal Law, 2003, 126; ders., Vortrag im Rahmen des Symposiums „Enforcing International Law against Terrorism“, Mailand 2002 (Mitschrift im Besitz der Autorin).

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B. Die neue Dimension des internationalen Terrorismus im 21. Jh.

fendem Terrorismus hat sich damit zu einer „ernsten Angelegenheit“ der Staatengemeinschaft entwickelt.169 Auch wenn die Kriterien des internationalen Elements im Einzelnen geringfügig variieren, sind folgende inhaltliche Gemeinsamkeiten bezüglich der Internationalität des Terrorismus herauszustellen. Das internationale Element liegt vor, wenn: (1) die terroristische Handlung in mehr als einem Staat stattfindet; (2) die terroristische Handlung auf unterschiedliche Staatsbürger Auswirkungen hat; (3) die terroristische Handlung die Sicherheit oder ökonomische Interessen von mehr als einem Staat tangiert.170

2. Arbeitsdefinition des internationalen Terrorismus neuer Dimension Die vorangegangenen Ausführungen zu alten und neuen Formen des Terrorismus haben deutlich gemacht, dass ein gewisser Querschnitt im Terrorverhalten vorzufinden ist. Ausgehend von diesem Querschnitt sind Akten des herkömmlichen und des internationalen Terrorismus neuer Dimension folgende Inhalte gemein: (1) Gewaltkomponente: Akte des Terrorismus sind gekennzeichnet durch eine kriminelle Handlung, die in den meisten nationalen Rechtsordnungen strafbar ist und einen erheblichen Schweregrad aufweist. Hierbei muss es sich um vorsätzliche, unvorhersehbare Akte direkter physischer Gewalt handeln. Im Vordergrund stehen dabei die Tötung von Menschen, schwere Körperverletzungen sowie schwere Schädigungen des Eigentums.171 169 Vgl. „matter of grave concern“, s. Präambel des Montrealer Übereinkommens sowie die Präambel des ZP, s. auch Einleitung der Res. 748 des SR v. 31.01.1992 (S/Res/748), bei dem die Ratsmitglieder „expressed their deep concern over acts of international terrorism and emphasized the need for the international community to deal effectively with all such acts.“ 170 Bassiouni, in: Evans/Murphy (Hrsg.), Legal Aspects of International Terrorism, 1978, 488. 171 Elagab, Documents Relating to Terrorism, 1995, iii.; Ganor, Defining Terrorism: Is One Man’s Terrorist Another Man’s Freedom Fighter, http://www.ict.org.il/ articles/define.htm; Hess, KJ 2002, 450 (451); Kreis, in: Funke (Hrsg.), Terrorismus, 1977, 158 (159). Cassese benennt z. B. Mord, Totschlag, Geiselnahme, Folter, Brandstiftung und andere schwere Delikte, ders., International Criminal Law, 2003, 124; Maskaliunaite, Baltic Defence Law Review 2002, 36 (42 f.).

IV. Kriterien für eine Definition des int. Terrorismus neuer Dimension

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(2) Angriffsobjekt: Die Handlung muss darauf abzielen, einen Staat, eine Bevölkerung, einzelne Bevölkerungsteile oder internationale Organisationen zu nötigen oder ein „Klima des Terrors“ zu erzeugen. Die Wirkung von Terroranschlägen bezieht sich dabei auf weit mehr Personen als nur die physisch betroffenen Opfer.172 (3) Politische Zielrichtung: Hintergrund terroristischer Aktionen ist die Verwirklichung eines bestimmten politischen Zieles. Insofern wird Terrorismus von der gemeinen Kriminalität, der private Motive zugrunde liegen, unterschieden. Die Vornahme terroristischer Handlungen unterliegt dabei mehrheitlich der typischen Terrorstrategie, den Gegner zu einer Reaktion zu veranlassen, die jene politischen Ziele, die sich nicht direkt und ohne Gewalt erreichen lassen, indirekt fördern.173 (4) Angriffssubjekt: Terroristische Handlungen können sowohl von Staaten (Staatsterrorismus, staatlich unterstützter Terrorismus) als auch privaten Akteuren (nicht-staatlicher Terrorismus) vorgenommen werden.174 (5) Ausschluss von Rechtfertigungsgründen: Jegliche Rechtfertigungsgründe für die Vornahme von Terrorhandlungen sind ausgeschlossen. In der Zusammenschau ergeben die benannten Kriterien eine Arbeitsdefinition. Hinsichtlich der Einbeziehung aufgezeigter zeitgenössischer Terrorformen und deren Auswirkungen stellt sich der internationale Terrorismus neuer Dimension wie folgt dar: 172 Cassese, International Criminal Law, 2003, 124; Ganor, Defining Terrorism: Is One Man’s Terrorist Another Man’s Freedom Fighter, http://www.ict.org.il/arti cles/define.htm; Hess, KJ 2002, 450 (451); Oeter, Die Friedens-Warte 2001, 11 (19). Eingehend zu den psychologischen Konsequenzen von Terroranschlägen s. Pangi, in: Kayyem/Pangi (Hrsg.), First to Arrive, 2003, 135 ff. 173 Cassese, International Criminal Law, 2003, 124; Hess, KJ 2002, 450 (451); Crelinsten, Terrorism and Criminal Justice, 1978, 7; Kreis, in: Funke (Hrsg.), Terrorismus, 1977, 158 (159). In der neueren Literatur ist die Auffassung vertreten worden, dass der neue Terrorismus sich nicht mehr durch eine politische, sondern nunmehr religiöse Motivation kennzeichnen lässt: „they [Al Quaida] are unlike the terrorists of the past, such as the Red Brigades or the IRA (or even Hezbollah), who speak the language of their victims and use violent means to achieve political ends that are contestable but not obscure“, vgl. Lukes/Urbinati Words matter, http://www.opendemocracy.net/document store/Doc862-5.pdf. Dieser Auffassung ist entgegenzuhalten, dass auch religiöse Terroristen klare politische Ziele verfolgen (z. B. Errichtung eines eigenen Staates oder den Abzug fremder Truppen). s. dazu Maskaliunaite, Baltic Defence Law Review 2002, 36 (44). 174 Eine rein beschreibende Definition, die nur auf bestimmte Verhaltensweisen und deren Folgen gerichtet ist, aber keine Berücksichtigung der Urheber bzw. Akteure erlaubt, kann zwar nützlich sein, ist aber in allen Fällen nicht präzise genug. Dazu Report der UN-Sonderberichterstatterin Koufa, E/CN.4/Sub.2/2002/31. Ebenso Cassese, Vortrag im Rahmen des Symposiums „Enforcing International Law against Terrorism“, Mailand 2002 (Mitschrift im Besitz der Autorin).

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B. Die neue Dimension des internationalen Terrorismus im 21. Jh.

Internationaler Terrorismus beinhaltet den vorsätzlichen, grenzübergreifenden Einsatz schwerer Gewalt durch Staaten oder nicht-staatliche Akteure gegen Zivilpersonen und Sachgüter mit der Absicht, die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise in Angst und Schrecken zu versetzen, einen Staat oder eine internationale Organisation rechtswidrig zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen, oder die politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates, einer internationalen Organisation oder der Staatengemeinschaft insgesamt ernsthaft zu destabilisieren oder zu zerstören.

Der Definition unterfallen damit traditionelle terroristische Tatbestände wie Mord, Körperverletzung, Erpressung, Entführung oder Geiselnahme sowie die unerlaubte Inbesitznahme öffentlicher Einrichtungen, öffentlicher Transportmittel, von Infrastrukturen, öffentlichen Orten und Gütern oder die ihnen zugefügte Schäden. Die Arbeitsdefinition trägt den modernen Erscheinungsformen des Terrorismus Rechnung und erfasst auch den Gebrauch und die vorherige Aneignung, Herstellung, den Besitz, den Erwerb, den Transport oder die Bereitstellung von Waffen, Sprengstoffen sowie nuklearen, biologischen oder chemischen Materialien; die Freisetzung giftiger Stoffe oder die Verursachung von Bränden, Überschwemmungen oder Explosionen, die Gefährdung von Menschen, Sachgütern und Tieren oder der Umwelt; die Störung oder Unterbrechung der Versorgung mit Wasser, Elektrizität oder anderen Grundgütern sowie den Einsatz von Daten zur Vornahme schwerer Angriffe auf fremde Informationssysteme.175 Die Arbeits175 Die Definitionserstellung erfolgt anhand der in dieser Arbeit erfolgten Analyse der modernen Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus. Die Definition orientiert sich am Vorschlag der EU-Kommission zur Definition des Terrorismus v. 19.09.2001 (KOM/2001/521), am Vorschlag des Europäischen Parlaments (Abl. C 55) v. 24.02.1997, an UN-Resolution (S/Res/1566) v. 08.10.2004 sowie am Report of the Secretary-General’s High-level Panel on Threats, Challenges and Change, § 164 (d), A/59/565 v. 02.12.2004. Nach dem Vorschlag des UN High Panel enthält die Definition des Terrorismus folgende Elemente: (a) Recognition, in the preamble, that State use of force against civilians is regulated by the Geneva Conventions and other instruments, and, if of sufficient scale, constitutes a war crime by the persons concerned or a crime against humanity; (b) Restatement that acts under the 12 preceding anti-terrorism conventions are terrorism, and a declaration that they are a crime under international law; and restatement that te rrorism in time of armed conflict is prohibited by the Geneva Conventions and Protocols; (c) Reference to the definitions contained in the 1999 International Convention for the Suppression of the Financing of Terrorism and Security Council resolution 1566 (2004); (d) Description of terrorism as „any action, in addition to actions already specified by the existing conventions on aspects of terrorism, the Geneva Conventions and Security Council resolution 1566 (2004), that is intended to cause death or serious bodily harm to civilians or non-combatants, when the purpose of such an act, by its nature or context, is to intimidate a population, or to compel a Government or an international organization to do or to abstain from doing any act“.

V. Zwischenergebnis

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definition adressiert als Täter sowohl nicht-staatliche Akteure als auch Staaten, wobei staatsterroristische Akte gegen die eigene Zivilbevölkerung dann von der Definition erfasst sind, wenn sie die Merkmale eines Humanitätsverbrechens erfüllen.

V. Zwischenergebnis Die Ausführungen zu den „klassischen“ und neuen Terrorformen zeigen, dass bei modernen Terroraktivitäten eine quantitative und qualitative Fortentwicklung zu konstatieren ist. Handelte es sich beim internationalen Terrorismus zunächst um ein eingrenzbares Problem, welches in seinen Ursachen, Zielen, Konflikten, Aktionsfeldern und Wirkungen auf bestimmte territoriale Konflikte bezogen war, bei denen es zumeist um Gebietsansprüche, Unabhängigkeit oder Autonomieforderungen ging, so hat er sich mittlerweile zu einem „Weltterrorismus“176 entwickelt, der in der Tendenz keine Begrenzungen territorialer Art mehr aufweist. Der internationale Terrorismus neuer Dimension ist geprägt durch autonome, fortentwickelte Organisationsstrukturen, die ihn in Auftreten und Wirkung schwer fassbar machen und ihm dadurch eine dramatisch erweiterte Gefährlichkeit verleihen. In der Wahl der Mittel zeichnet sich neben dem Terrorismus mittels konventioneller Waffen zukünftig der (staatliche und nicht-staatliche) terroristische Gebrauch von Massenvernichtungswaffen ab, denn dem internationalen Terrorismus neuer Dimension geht es um einen maximalen Schaden. Hinzu kommen Akte des Cyberterrorismus. Auch wenn terroristischer Massenmord mit nuklearen, biologischen oder chemischen Waffen sowie Cyberterrorismus derzeit noch kein akutes Szenario darstellen, ist die Bedrohung durch derartige Terrorgefahren zweifellos gegeben und die Gefahren schwerer internationaler Terrorakte werden mehr als deutlich: Im 21. Jahrhundert muss der Angriff mit konventionellen Waffen, mit Massenvernichtungswaffen oder auch mit Informationen als so schwerwiegend eingestuft werden, dass vom Vorliegen einer „Friedensbedrohung“ im Sinne des Art. 39 UN-Charta oder eines „bewaffneten Angriffs“ im Sinne des Art. 51 UN-Charta auszugehen ist. Damit besitzen Terrorakteure heute das PotenFerner Stein/Meiser, Die Friedens-Warte 2001, 33 (35). Zur allgemeinen Definition s. auch Report of the Ad Hoc Committee established by GA Res. 51/210 v. 17.12.1996, 6. Session, GA Official Record, A/57/37, Annex II Art. 2.1 Draft Comprehensive Convention on International Terrorism, dazu Wiesbrock, VN 2002, 72. 176 Schelling, in: Frey/Morris (Hrsg.), Violence, Terrorism and Justice, 1991, 24; Bruha/Bortfeld, VN 2001, 161 (161); Klink, Kriminalistik 1991, 763 (763); Kersten, Kriminalistik 2002, 7 (9); Zimmer, Terrorismus und Völkerrecht, 1998, 8; Kotzur, AVR 2002, 454 (459), (461).

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B. Die neue Dimension des internationalen Terrorismus im 21. Jh.

tial, in die zwischenstaatlichen Beziehungen einzudringen. Dass Akte des internationalen Terrorismus neuer Dimension die internationale Sicherheit entscheidend beeinflussen können, gibt ihnen damit eine neue und zugleich völkerrechtlich bedeutsame Dimension, die es aus strafrechtlicher Perspektive erforderlich macht, terroristische Gewalttaten völkerstrafrechtlich zu erfassen.

C. Die Kriminalisierung des internationalen Terrorismus auf völkerrechtlicher Ebene Anhand der weiterentwickelten terroristischen Erscheinungsformen konnte in Abschnitt B. verdeutlicht werden, dass moderne Akte terroristischer Gewalt eine qualitative Neubewertung erfahren und sie zu Taten machen, die eine Betroffenheit der internationalen Gemeinschaft auslösen. Ihr Angriff auf die fundamentalen Interessen der Völkergemeinschaft rückt schwere Akte des internationalen Terrorismus nun in eine internationale Dimension; soweit ist eine wesentliche Voraussetzung für eine völkerrechtliche Pönalisierung gegeben. Abschnitt C. widmet sich im Folgenden der Untersuchung, ob Akte des internationalen Terrorismus eine Kriminalisierung auf der völkerrechtlichen Ebene erfahren. Dabei ist anhand der im Völkerrecht anzuwendenden Rechtssätze zu prüfen, ob internationale terroristische Gewaltakte der direkten Strafbarkeit nach Völkerrecht unterliegen. Die Analyse wendet sich entsprechend der Maßgabe von Art. 38 IGH-Statut zunächst der Rechtsquelle des Völkervertragsrechts und sodann dem Völkergewohnheitsrecht zu.

I. Kriminalisierung des internationalen Terrorismus nach Völkervertragsrecht Seit mehr als 40 Jahren haben die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen eine Vielzahl von internationalen Abkommen ausgearbeitet mit dem Ziel, Akte des internationalen Terrorismus zu kriminalisieren und unter Strafe zu stellen. Im Bereich des völkerrechtlichen Vertragsrechts existiert momentan ein Gerüst aus mehr als einem Dutzend internationaler Abkommen, die den internationalen Terrorismus zum Gegenstand haben. Die Abkommen wurden alle im Rahmen der Vereinten Nationen innerhalb einer Zeitspanne von 32 Jahren (1969–2001) verabschiedet und bilden die Rechtsgrundlage für die internationale Bekämpfung des Terrorismus in seinen vielfältigen Erscheinungsformen, sei es Geiselnahme, Flugzeugentführung, Finanzierung von Terrorismus oder auch der Zugang zu und der Gebrauch von Massenvernichtungswaffen. Ausgearbeitet wurden die Anti-Terrorismus-Abkommen von der UN-Generalversammlung, der Internationalen Zivilluftfahrt Organisation (ICAO), der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) und der Internationalen Atomenergie Organisation (IAEO).

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C. Kriminalisierung des int. Terrorismus auf völkerrechtlicher Ebene

Der folgende Abschnitt untersucht die einzelnen völkerrechtlichen Anti-Terrorismus-Abkommen auf ihren direkten Kriminalisierungsgehalt. Die Analyse ist dabei anhand der jeweiligen thematischen Inhalte der Regelungswerke ausgerichtet. 1. Maritimer Terrorismus Für Terrorakte auf See sind die Genfer Konvention des Seerechts von 19581, das UN-Seerechtsübereinkommen (SRÜ) von 19822, das Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschifffahrt3 sowie das Protokoll zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit fester Plattformen, die sich auf dem Festlandsockel befinden4, einschlägig. a) 1958 Genfer Konvention des Seerechts und das 1983 Seerechtsübereinkommen Akte des maritimen Terrorismus entsprechen Handlungen der Piraterie. Die Genfer Seerechtskonvention von 1958 kodifiziert in Art. 15 die Piraterie als strafbare Handlung. Die Strafbarkeit der Piraterie wird in Art. 101 Seerechtsübereinkommen (SRÜ) bekräftigt und neu normiert.5 Gemäß Art. 101 a lit. ii SRÜ sind sowohl Akte der Schiffspiraterie als auch der Luftpiraterie auf hoher See strafbar, begangen „an einem Ort, der keiner 1 Convention on the High Seas v. 29.04.1958, in Kraft getreten am 30.09.1962; Unites Nations Tretay Series, Vol. 499, 311. 2 United Nations Law of the Seas Convention (UNCLOS) v. 10.12.1982, in Kraft getreten am 16.11.1994: BGBl. 1994 II, 2565. 3 Convention for the Suppression of Unlawful Acts Against the Safety of Maritime Navigation v. 10.03.1988, in Kraft getreten am 01.03.1993; BGBl. 1990 II, 508. 4 Protocoll for the Suppression of Unlawful Acts Against the Safety of Fixed Platforms Located on the Continental Shelf v. 10.03.1988, in Kraft getreten am 01.03.1992. 5 Art. 101 UNCLOS: „Piracy consists of any of the following acts: (a) any illegal acts of violence or detention, or any act of depredation, committed for private ends by the crew or the passengers of a private shop or aircraft, and directed: (i)i on the high seas, against another ship or aircraft, or against persons or property on board such ship or aircraft; (ii) against a ship, aircraft, persons or property in a place outside the jurisdiction of any state (b) any voluntary act of participation in the operation of a ship or of an aircraft with knowledge of facts making a pirate ship or aircraft; (c) any act inciting or intentionally facilitating an act described in subparagraph (a) or (b).“

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staatlichen Hoheitsgewalt untersteht“. Art. 101 SRÜ pönalisiert damit jegliche Form der Entführung und Besetzung von Verkehrsmaschinen auf hoher See, die sich außerhalb staatlicher Jurisdiktion befinden. Beide Vertragswerke legen ihren Fokus ausschließlich auf nicht näher spezifizierte private Handlungen von Gewalt gegen Passagiere oder die Besatzung eines Schiffes oder Flugzeuges; politisch motivierte Terrorhandlungen fallen nicht in den Anwendungsbereich.6 Die Vertragswerke begründen keine Verpflichtung aut dedere aut iudicare. Dies ist insofern abdingbar, als dass für die Piraterie auf hoher See diese Regel aus dem Völkergewohnheitsrecht abgeleitet werden kann.7 b) 1988 Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschifffahrt; 1988 Protokoll zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit fester Plattformen, die sich auf dem Festlandsockel befinden Aus moderner Sicht konzentriert sich Piraterie auf hoher See zuvörderst auf weiterentwickelte Angriffsformen auf Schiffe, aber auch auf die Gefährdung der in der hohen See befestigten Inseln und Anlagen. Die IMO hat hierfür eine spezielle Konvention und ein ergänzendes Protokoll entwickelt, um derartige Terroraktionen zu bekämpfen. Sowohl die Konvention als auch das Protokoll von 1988 wurden als Reaktion auf den Überfall und die Besetzung des Passagierschiffes „Achille Lauro“ verabschiedet. Die Sprache und juristische Normierung der Tatbestände in den Vertragswerken ist stark an die Anti-Terrorismus-Abkommen aus dem Bereich der Flugsicherung angelehnt.8 Die 1988 in Rom verabschiedete Konvention bestimmt die Strafbarkeit für solche Terrortaten, die gemäß Art. 3 Abs. 1 „widerrechtlich und vorsätzlich“ begangen wurden und tatbestandsmäßig i. S. d. Art. 3 sind.9 Die 6

Friedlander, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Vol. 4, 2000, 847. 7 Bereits im 16. Jahrhundert wurde die Piraterie als Straftat nach Völkerrecht behandelt, und traditionell wurden Piraten als hostes humani generis angesehen. Die Ächtung der Piraterie war damit das erste völkerrechtliche Verbrechen, welches in allen Jurisdiktionen strafbar war und von den Staaten universell verfolgt werden konnte. s. Andreu-Guzman (Hrsg.), Terrorisme et Droits de l’Homme, 2001, 198; Friedlander, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Vol. 4, 2000, 846. Vgl. auch US vs. Smith, 5 Wheat. 153 (1820). 8 s. unter C. I. 2. 9 Art. 3 Abs. 1 Convention for the Suppression of Unlawful Acts Against the Safety of Maritime Navigation: 1. „Any person commits an offence if that person unlawfully and intentionally: (a) „seizes or exercises control over a ship by force or threat thereof or any other form of intimidation; or

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Akte des Terrorismus, die das Protokoll adressiert, sind fast identisch mit den Normen der Rom-Konvention, vgl. Art. 2 des Protokolls. Sie variieren nur insoweit als dies für die Unterscheidung zwischen Schiffen und befestigten Anlagen notwendig ist.10 Beide Vertragswerke nehmen sich zum Ziel sicherzustellen, dass Straftäter, die sich u. a. der gewaltsamen Übernahme von Schiffen, der Gewaltanwendung gegen Personen an Bord oder der Unterbringung von Instrumenten, die zur Zerstörung oder Beschädigung des Schiffes führen, verfolgt werden und die Vertragsstaaten die Täter der Strafverfolgung zuführen oder ausliefern (aut dedere aut iudicare). c) Analyse Zeigte sich die Piraterie als frühzeitige und traditionelle Bedrohung der Völkergemeinschaft und konnte sie als erstes völkerrechtliches Verbrechen qualifiziert werden, so wird die Bedrohung für Schiffe, Flugzeuge oder installierte Anlagen auf hoher See durch Terroranschläge in der Gegenwart als eher gering eingeschätzt.11 Piraterie als globale Bedrohung ist heute in der Tat selten, dennoch enthält sie alle Charakteristika, um sie als Erscheinungsform des Terrorismus zu qualifizieren. Piraterie auf hoher See tritt heute hauptsächlich in begrenzten geographischen Gebieten auf. Insbesondere in den Gewässern des Südpazifiks und der unübersichtlichen Inselwelt Südostasiens sowie vor der afrikanischen Küste nehmen bewaffnete Piraten- und Raubüberfälle auf den internationalen Schiffsverkehr stetig zu.12 Allgemein wird mit einer hohen Dunkelziffer (b) performs an act of violence against a person on board a ship if that act is likely to endanger the safe navigation of that ship; or (c) destroys a ship or causes damage to a ship or to its cargo which is likely to endanger the safe navigation of that ship; or, (d) places or causes to be placed on an ship [. . .] a device or substance which likely to destroy that ship, or cause damage to that ship or its cargo which endangers or is likely to endanger the safe navigation of that ship; or, (e) destroys or seriously damages maritime navigation facilities or seriously interferes with their operation, if any such acts is likely to endanger the safe navigation of a ship; or, (f) communicates false information, thereby endangering the safe navigation of that ship; or, (g) injures or kills any person, in connection with the commission or the attempted commission of any of the offenses set forth in subpargraphs (a) to (f).“ [. . .]. 10 Lambert, Terrorism and Hostages in International Law, 1990, 53. 11 Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 91. 12 Die Mehrzahl der Übergriffe wird aus indonesischen Gewässern, Bangladesch, Indien, aus Somalia und Nigeria vermeldet. Bevorzugte Anriffsobjekte sind Frachtschiffe, Massengutfrachter, Öltanker sowie Tanker mit chemischen und anderen Pro-

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gerechnet.13 Eine diesbezügliche Strafverfolgung erfolgt eher selten; vermutet wird, dass lokale Behörden mit Piraten zusammenarbeiten und ihnen Informationen und Schutz gewähren.14 Zeichnet sich die Mehrheit des modernen Piratenunwesens durch Übergriffe mit vorwiegend kriminellem Hintergrund aus, wachsen auch in diesem Bereich die Gefahren durch terroristische Angriffe.15 In Reaktion auf die Anschläge vom 11. September 2001 hat die IMO ein neues maritimes Sicherheitskonzept – das 2005 Protokoll zum Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschifffahrt – erarbeitet, welches auf die Absicherung der internationalen Schifffahrt vor Terrorakten auf hoher See abzielt.16 Speziell wird die Liste der in Art. 3 der Rom-Konvention bzw. der in Art. 2 des Protokolls normierten strafbaren Tatbestände um sieben neue Tathandlungen erweitert. Damit soll sichergestellt werden, dass ein weites Spektrum an kriminellen und terroristischen Aktivitäten abgedeckt wird und sowohl die 1988 Konvention als auch das Protokoll den gestiegenen Anforderungen an die Schiffssicherheit entsprechen.17 Im Einzelnen wird das Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschifffahrt neu um Art. 3bis erdukten. Die meisten Überfälle ereignen sich auf hoher See. Vgl. Walter, http:// www.esys.org/piraterie.html (11.02.2004). 13 Witthöft, http://www.bluewater.de/pirat2.htm (11.02.2004). 14 Bislang ist erst ein Fall aus dem Jahr 1998 bekannt, in dem ein Flaggenstaat die Auslieferung von Piraten vom Gewahrsamsstaat verlangte. Vgl. Witthöft, http://www.bluewater.de/pirat2.htm (11.02.2004). 15 146 Staaten sind dem Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschifffahrt bislang beigetreten (Stand 30.09.2007). Im Bereich der Sicherheit der Seeschiffahrt außerhalb der IMO zeigen sich die USA als Vorreiter: Nach den Anschlägen des 11. September 2001 haben sie die sog. Container Security Initiative lanciert, die sich mit dem Monitoring von Schiffsgütern, insbesondere von kritischen (biologischen, chemischen und nuklearen) Materialien, beschäftigt. Es wird an einer Datenbank über den Inhalt von Gütern gearbeitet sowie an der Harmonsierung von Hafenvorschriften. Es ist zu hoffen, dass diese US-Bemühungen der IMO zugeleitet und auf internationaler Ebene ausgebaut werden. Darüber hinaus haben die USA informelle, bilaterale Vereinbarungen mit mehr als 80 Staaten über Fragen der Containersicherheit und Eingriffsbefugnisse in der Schiffsüberwachung getroffen, die sog. Proliferation Security Initiative (PSI). 16 Vgl. IMO-Resolution A.924(22), angenommen auf der Sitzung der 22nd Assembly: 19–30 November 2001. s. Report of the IMO Legal Committee – 83rd session: 8–12 October 2001; http://www.imo.org/Newsroom/mainframe.asp?to pic_id=280&doc_id=1143 (11.02.2004). 17 Vgl. International Conference on the Revision of the SUA Treaties, LEG/ CONF.15/14 v. 20.09.2005.

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gänzt. Danach begeht eine Person eine strafbare Handlung im Sinne der Konvention: „[. . .] when the purpose of the act, by its nature or context, is to intimidate a population, or to compel a Government or an international organization to do or to obtain from any act: • uses against or on a ship or discharging from a ship any explosive, radioactive material or BCN (biological, chemical, nuclear) weapon in a manner that causes or is likely to cause death or serious injury or damage; • discharges, from a ship, oil, liquefied natural gas, or other hazardous or noxious substance, in such quantity or concentration that causes or is likely to cause death or serious injury or damage; • discharges, from a ship, oil, liquefied natural gas, or other hazardous or noxious substance, in such quantity or concentration that causes or is likely to cause death or serious injury or damage; • uses a ship in a manner that causes death or serious injury or damage; • transports on board a ship any explosive or radioactive material, knowing that it is intended to be used to cause, or in a threat to cause, death or serious injury or damage for the purpose of intimidating a population, or compelling a Government or an international organization to do or to abstain from doing any act; • transports on board a ship any BCN weapon, knowing it to be a BCN weapon; • any source material, special fissionable material, or equipment or material especially designed or prepared for the processing, use or production of special fissionable material, knowing that it is intended to be used in a nuclear explosive activity or in any other nuclear activity not under safeguards pursuant to an IAEA comprehensive safeguards agreement; and • transports on board a ship any equipment, materials or software or related technology that significantly contributes to the design, manufacture or delivery of a BCN weapon, with the intention that it will be used for such purpose.“

Die aufgelisteten, tatbestandlichen Neuerungen erweitern die IMO-Abkommen maßgeblich in Bezug auf den Kreis der strafbaren terroristischen Handlungen auf hoher See. Alle Tathandlungen betreffen terroristische Aktivitäten auf einem Schiff. Sie richten sich zum einen gegen den Gebrauch des Schiffes als Terrorwaffe sowie als Transportmittel von Substanzen, die für Massenvernichtungswaffen eingesetzt werden können; zum anderen wird die Existenz von Werkzeugen oder Materialien an Bord eines Schiffes pönalisiert, die nicht notwendigerweise zum Betrieb eines Schiffes benötigt werden, sondern zur Anwendung von Massenvernichtungswaffen befähigen. Das 2005 Protokoll kriminalisiert damit speziell die terroristischen Verhaltensweisen, die im Zusammenhang mit dem Besitz, Transport oder Gebrauch von tauglichen Instrumenten zur Massenvernichtung (A-, B- und

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C-Waffen) stehen.18 Das Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschifffahrt konnte damit um ein modernisiertes Spektrum terroristischer Handlungen erweitert werden. Das Vertragswerk kriminalisiert, wenn auch indirekt, als erstes multilaterales Anti-Terrorismus-Abkommen – und dies ist rechtspolitisch sehr zu begrüßen – den Aspekt „Terrorismus und Massenvernichtungswaffen“ im Bereich des internationalen Schiffsverkehrs. 2. Terrorismus gegen die Zivilluftfahrt Die vorliegende Kategorie von Anti-Terrorismus-Abkommen im Bereich der Zivilluftfahrt hält vier Vertragswerke bereit, deren Fokus auf nicht näher spezifizierten privaten Gewalthandlungen gegen Passagiere oder Besatzungen von Zivilflugzeugen liegt. Die relevanten Dokumente wurden zwischen den Jahren 1963 und 1988 unter der Ägide der International Civil Aviation Organization (ICAO) verabschiedet und sind das Produkt einer Zeit, in der die internationale Zivilluftfahrt in erhöhtem Masse durch Terroranschläge und Flugzeugentführungen gefährdet war.19 a) 1963 Abkommen über strafbare und andere bestimmte an Bord von Luftfahrzeugen begangene Handlungen20 Die 1963 in Tokio verabschiedete Konvention ist die erste Anti-Terrorismus-Konvention, die sich mit der Regelung einer speziellen terroristischen Erscheinungsform, hier der Luftpiraterie21, beschäftigt. Generell befasst sich die Konvention mit Straftaten, die an Bord eines Flugzeuges begangen 18 Das 2005 Protokoll ist in Übereinstimmung mit der UN-Resolution 1540 (2004) ergangen; vgl. dazu unter C. II. 2. b). 19 Zwischen den Jahren 1970–1972 waren Flugzeugentführungen ein häufiges Phänomen; seit 1972 fiel die Anzahl auf ca. 16 Entführungen pro Jahr zurück. Bombenattentate gegen oder an Bord eines Flugzeuges hielten vermehrt auch noch bis 1988 vor, siehe das Attentat auf die PAN AM-Fluglinie im Fall Lockerbie. s. Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 119. Vgl. Murphy, Punishing International Terrorists, 1985, Table 5.1. Domestic and Foreign Aircraft Hijackings, 1977–1982, 110; Maskaliunaite, Baltic Defence Law Review 2002, 36 (39); Levitt, Democracies against Terror: The Western Response to State-Supported Terrorism, 1988, 8 ff.; Wilkinson, Terrorism versus Democracy, 2000, 157 ff. 20 Convention on Offences and Certain Other Acts Committed on Board Aircraft (Tokyo Hijacking Convention) v. 14.09.1963, in Kraft getreten am 04.12.1969; United Nations Traety Series, Vol. 704, No. 10106. 21 Bassiouni spricht von Terrorakten gegen die internationale Zivilluftfahrt als „air piracy“. s. Bassiouni, Introduction to International Criminal Law, 2003, 150.

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werden, jedoch sind die Bestimmungen in der Konvention sehr vage gehalten. Der Akt der Flugzeugentführung wird nicht definiert und erhält mithin keine strafrechtlich relevanten Konturen. Die Konvention zielt primär darauf ab, bestehende Lücken in der Jurisdiktion über solche Terrorakte zu schließen, die an Bord eines zivilen Verkehrsflugzeuges begangen werden. Handlungen an Bord von Militär, Zoll- oder Polizeimaschinen sind vom Anwendungsbereich der Konvention ausgenommen, Art. 1 Abs. 4. Die Konvention verlangt in Art. 3 von den Vertragsstaaten, dass sie alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Ausübung ihrer Jurisdiktion über Handlungen der Luftpiraterie an Bord der von ihnen registrierten Flugzeugen sicherzustellen. Ferner werden Modalitäten der Ergreifung von Tätern, deren Auslieferung, die Wiedergabe von Flugzeug und Fracht sowie die Wiederherstellung der Ordnung an Bord eines Flugzeuges und dessen Weiterflug adressiert, vgl. Art. 6–15. Das Abkommen über strafbare und andere bestimmte an Bord von Luftfahrzeugen begangene Handlungen hat sich als unzureichendes Instrument zur Unterdrückung und Kontrolle von Handlungen der Luftpiraterie erwiesen.22 Die Konvention enthält weder eine Definition strafbaren terroristischen Verhaltens noch benennt sie konkrete Delikte, über welche die Vertragsstaaten ihre Strafbarkeit errichten sollen. Eine Verpflichtung aut dedere aut iudicare begründet die Konvention nicht. b) 1970 Übereinkommen zur Bekämpfung der widerrechtlichen Inbesitznahme von Luftfahrzeugen23 Das Übereinkommen zur Bekämpfung der widerrechtlichen Inbesitznahme von Luftfahrzeugen von 1970 stellt eine Erweiterung des Abkommens über strafbare und andere bestimmte an Bord von Luftfahrzeugen begangene Handlungen dar, indem sie für den Akt der Flugzeugentführung Strafbarkeit begründet, Art. 2, sowie in Art. 7 die Vertragsstaaten zur Auslieferung oder zur Strafverfolgung der Täter auffordert. Strafbares Verhalten liegt gemäß Art. 1 der Konvention dann vor, wenn eine Person in Täterschaft, Versuch oder Teilnahme: „on board an aircraft in flight [. . .] unlawfully, by force or threat thereof, or by any other form of intimidation, seizes, or exercises control of, that aircraft [. . .] commits an offence.“ 22 Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 119; Lambert, Terrorism and Hostages in International Law, 1990, 51 f. 23 Hague Convention for the Suppression of Unlawful Seizure of Aircraft (Hague Hijacking Convention) v. 16.12.1970, in Kraft getreten am 14.10.1971, United Nations Treaty Series, Vol. 860, No. 12325.

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Die Staaten sind nach der Konvention gehalten, ihre Zuständigkeit über Akte der Luftpiraterie zu errichten und die Täter einer Strafverfolgung zuzuführen; der Schwerpunkt liegt hier auf der Maxime: Auslieferung oder Strafverfolgung, vgl. Art. 7. c) 1971 Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt24 Ebenso wie die zuvor benannten völkerrechtlichen Abkommen regelt das Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt Fragen der internationalen Flugsicherung im zivilen Luftverkehr, doch geht sie über den Akt der Flugzeugentführung hinaus und erfasst ferner jene Handlungen, die im Zusammenhang mit dem generellen Flugbetrieb einer Verkehrsmaschine stehen. Die vorliegende Konvention stellt ein ergänzendes Abkommen dar, welches terroristische Gewaltakte während des Flugvorganges sowie Zerstörungshandlungen an Flugzeugen während des Flugbetriebs in seinen Anwendungsbereich mit einschließt.25 Art. 1 der Konvention normiert die Strafbarkeit für Akte der Zerstörung oder Beschädigung von Flugzeugen während des Fluges oder auf dem Boden – wo die Maschinen Passagiere oder Gepäck laden, auf den Abflug vorbereitet oder repariert werden – und diese Handlungen den Betrieb und die Sicherheit des Flugverkehrs beeinträchtigen, vgl. Art 1.26 Das Abkommen sieht ebenfalls die aut dedere aut iudicare-Regel vor, wobei 24

Montreal Convention for the Suppression of Unlawful Acts Against the Safety of Civil Aviation (Montreal Hijacking Convention) v. 23.09.1971; Unites Nations Treaty Series, Vol. 974, 178; in Kraft getreten am 26.01.1973, United Nations Treaty Series, Vol. 974, No. 14118. 25 Marauhn, Terrorism, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public Internation Law, Vol. 4, 2000, 853. 26 Art. 1 Montreal Convention for the Suppression of Unlawful Acts Against the Safety of Civil Aviation: „Any person commits an offence if he unlawfully and intentionally: (a) performs an act of violence against a person on board an aircraft in flight if that act is likely to endager the safety of that aircraft; or (b) destroys an aircraft in service or causes damage to such aircraft which renders it incapable of flight or which is likely to endanger its safety in flight; or (c) places or causes to be placed on an aircraft in service, by any means whatsoever, a device or substance which is likely to destroy that aircraft, or to cause damage to it which renders it incapable of flight, or to cause damage to it which is likely to endanger its safety in flight; or (d) destroys or damages air navigation facilities or interferes with their operation, if any such acts is likely to endanger the safety of aircraft in flight; or (e) communicates information which he knows to be false, thereby endangering the safety of an aircraft in flight. [. . .]“

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der Auslieferung an den Heimatstaat der Vorrang vor der Strafverfolgung durch den Gewahrsamsstaat einzuräumen ist, Art. 7. d) 1988 Protokoll zur Bekämpfung widerrechtlicher Gewalthandlungen an internationalen Flughäfen27 Als Reaktion auf den Rückgang von Flugzeugentführungen gegen Ende der 70er Jahre und den Zuwachs von Attentaten auf Flugeinrichtungen am Boden28 verlagerte sich der Fokus normsetzender ICAO-Tätigkeit auf andere Sicherheitsgefahren gegen die internationale Zivilluftfahrt: Das 1988 Montrealer Protokoll pönalisiert die Sabotage, die Unterbringung von Bomben sowie die Begehung von Attentaten auf dem Flughafengelände. Das Protokoll bezieht sich dabei auf Anschläge auf zivile Flughäfen; Schutzobjekte sind hier die Reisenden und Angestellten als Opfer solcher Attacken sowie Flughafeneinrichtungen.29 Das 1988 Montrealer Protokoll ergänzt mit der Auflistung weiterer Delikte den Art. 1 des Montrealer Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt und ist ausschließlich im Zusammenhang mit dieser Konvention zu interpretieren. e) Analyse Das Zustandekommen der Anti-Terrorismus-Abkommen im Bereich der internationalen Zivilluftfahrt ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich internationale Normen mit Strafcharakter im Bereich des Völkerstrafrechts entwickeln: Je stärker ein kriminelles Phänomen zu Tage tritt (Attentate auf den internationalen zivilen Flugverkehr), je intensiver werden internationale Regelungen verabschiedet (vier völkerrechtliche Abkommen innerhalb von 15 Jahren), die im Laufe der Zeit an Bestimmtheit in der strafrechtlichen Normierung gewinnen.30 Generell haben alle vier Abkommen Handlungen 27 Montreal Protocol on the Suppression of Unlawful Acts of Violence at Airports Serving International Civil Aviation v. 24.02.1988, in Kraft getreten am 06.08.1989, ICAO Doc. 9518. 28 Zwischen 1992 und 1996 wurden weltweit in 59 Flughäfen Attentate verübt. s. Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 120. 29 Art. II 1bis Montreal Protocol: „Any person commits an offence if he unlawfully and intentionally, using any device, substance or weapon: (a) performs an act of violence against a person at an airport serving international civil aviation which causes or is likely to cause serious injury or death; or (b) destroys or seriously damages the facilities of an airport serving international aviation or aircraft not in service located thereon or disrupts the services of the airport, if such an act endangers or is likely to endanger safety at that airport.“

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der Luftpiraterie zum Inhalt; im Besonderen befasst sich jedes einzelne der Abkommen mit einem diesbezüglichen spezifischen Terrorverhalten. In der Gesamtschau lassen die Anti-Terrorismus-Abkommen im Bereich der internationalen Zivilluftfahrt Defizite erkennen; eine umfassende Handhabung des Problems der „air piracy“ und der damit zusammenhängenden Taten findet nicht statt. Indem die Abkommen ausschließlich nicht-staatliche Gewalthandlungen gegen Personen an Bord von Flugzeugen, die rechtswidrige Inbesitznahme der Maschinen oder deren Gefährdung sowie die Beeinträchtigung der für den Flugbetrieb relevanten Einrichtungen adressieren, vermeiden sie die Einbeziehung politisch motivierten Verhaltens in den Kreis der strafbaren Handlungen. Auch werden Akte des Staatsterrorismus nicht durch die Abkommen abgedeckt. Hinsichtlich der aut dedere aut iudicare-Verpflichtung der Vertragsstaaten ist die Formulierung der Abkommen nicht eindeutig. So stellt etwa das Montrealer Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt in Art. 7 und Art. 8 nicht klar, welcher der beiden Pflichten der Vorrang zu gewähren ist. Ebenso enthalten diese Artikel keinerlei Aussage darüber, dass sowohl bei einer Strafverfolgung im Gewahrsamsstaat als auch bei der Auslieferung an den Heimatstaat des Verdächtigen effektiver Rechtsschutz und eine faires Verfahren gewährleistet werden müssen.31 Der Mangel an Präzision hinsichtlich der Frage des Vorrangs der Auslieferung vor Strafverfolgung führte zur langjährigen Auseinandersetzung zwischen den USA und Großbritannien mit Libyen über die Auslieferung der mutmaßlichen Lockerbie-Attentäter.32 Ferner ist den Anti-Terrorismus-Konventionen gegen die 30

Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 119; ders., Introduction to International Criminal Law, 2003, 134 ff., 150. 31 Dazu Bassiouni/Wise, Aut Dedere Aut Iudicare: The Duty to Prosecute or Extradite in International Law, 1995, 58 ff. 32 Im Fall Lockerbie kam es am 21. Dezember 1988 zu einem Bombenattentat auf ein Flugzeug der PAN AM-Fluglinie, bei dem bei der britischen Ortschaft Lockerbie 259 Passagiere und 11 Einwohner den Tod fanden. Der Fall zog eines der umfangreichsten Ermittlungsverfahren nach sich; ferner rief er komplexe völkerrechtliche Rechtsfragen auf. Ende 1991 forderten die USA Libyen zunächst zur Auslieferung der libyschen Attentäter für einen Prozess vor einem US-amerikanischen Gericht auf. Trotz wiederholter Aufforderungen durch den UN-Sicherheitsrat (S/Res/731 (1992) v. 21.01.1992 und S/Res/748 (1992) v. 31.03.1992), dem amerikanischen Auslieferungsersuchen nachzukommen, weigerte sich Libyen. Erst 1999 einigten sich die Parteien darauf, in den Niederlanden ein schottisches Gericht einzurichten und die mutmaßlichen libyschen Attentäter sodann der schottischen Gerichtsbarkeit zu unterwerfen. Die Täter wurden am 05.04.1999 an die Niederlande ausgeliefert. Der Prozess gegen die beiden mutmaßlichen Terroristen endete am 31. Januar 2001 mit einem Freispruch und einer Verurteilung zu 20 Jahren Haft. Vgl. Paech/Stuby, Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen, 2001, 413; Bassiouni/Wise, Aut Dedere Aut Iuducare: The Duty to Prosecute or Ex-

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Zivilluftfahrt gemein, dass sie keine obligatorischen Durchsetzungsmechanismen beinhalten. Die Auslieferungspraxis von Terroristen zeigte sich in der Vergangenheit eher willkürlich, und die Kooperation unter den Staaten in diesem Bereich ist defizitär. In Anbetracht der zweideutigen und zum Teil unvollständigen Konventionsbestimmungen ist hier ist eine Zusammenfassung und Vereinheitlichung der Konventionen in einem einheitlichen völkerrechtlichen Regelungswerk angebracht.33 Konnte auch gegen Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre aufgrund gestiegener Sicherheitsvorkehrungen im Betrieb und der Abfertigung des zivilen Flugverkehrs ein Rückgang von Terroranschlägen auf diesem Sektor verzeichnet werden34, ist diese Bedrohungssituation für den internationalen Flugverkehr seit dem 11. September 2001 wieder allgegenwärtig. Die ICAO hat in der Resolution A33-1 die waffengleiche Verwendung von Zivilflugzeugen als neue terroristische Bedrohung verurteilt und eine Überprüfung sämtlicher ICAO-Übereinkommen auf ihre moderne Anti-Terror-Tauglichkeit angekündigt.35 Die Hinwendung zur Aufnahme neuer Gefahren durch Massenvernichtungswaffen in den Anwendungsbereich der Konventionen ist dabei bislang unterblieben. Mit Blick auf die traditionelle Ausgestaltung der strafbaren Handlungen in den ICAO-Übereinkommen, die im Zusammenhang mit Angriffen gegen die Zivilluftfahrt stehen, ist fraglich, ob Akte der Flugzeugentführung zu solchen völkerrechtlich relevanten Handlungen zählen, die sich gegen die „security of mankind“ richten und damit u. U. als völkerrechtliches Verbrechen qualifizieren. Bislang gab es im völkerrechtlichen Schrifttum keinen Konsens darüber, ob die Flugzeugentführung und damit zusammenhängende Delikte ein Verbrechen nach Völkergewohnheitsrecht darstellen. Die Anschläge vom 11. September 2001 und die neuartige Verwendung von Passagiermaschinen als Waffe sprechen dafür, dass diese Beurteilung von Terrorakten im Bereich der internationalen Zivilluftfahrt in der Gegenwart seine Bestätigung findet.

tradite in International Law, 1995, 58 ff.; Case Concerning Questions of Interpretation and Application of 1971 Montreal Convention Arising from Aerial Incident at Lockerbie, Libya v. United Kingdom, 1992 I.C.J. 3 (Apr. 14); Libya v. United States, 1992 I.C.J. 114 (Apr. 14); 1992 I.C.J. 231 (June 14); 1995 I.C.J. 90 (Sept. 22); 1995 I.C.J. 282 (Sept. 22). 33 Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 120. 34 Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 120. 35 A331-1: Declaration on Misuse of Civil Aircraft as Weapons of Destruction and Other Terrorist Acts Involving Civil Aviation. http://www.icao.int/icao/en/res/ a33_1.htm (12.02.2004).

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3. Regelungswerke betreffend den Schutz von Personen Diese Kategorie von Anti-Terrorismus-Abkommen zum Schutz von Personen beinhaltet drei völkerrechtliche Abkommen, die zwischen den Jahren 1973 und 1994 ausgearbeitet wurden. Schutzobjekt aller drei Regelungswerke sind Personen, die entweder als Geiseln genommen werden oder solche, die bestimmte öffentliche Funktionen wahrnehmen und deshalb durch terroristische Akte besonders gefährdet sind. Hierunter fallen Diplomaten und andere, mit Immunität ausgestattete, Personen, wie Staatsoberhäupter und deren Familienangehörige sowie Mitarbeiter der Vereinten Nationen. Der Schutz von Staatsoberhäuptern und Diplomaten entstammt dem Völkergewohnheitsrecht; diesbezügliche strafrechtliche Normen sind allerdings neueren Ursprungs und finden ihre Quelle im Völkerstrafrecht.36 Angriffe auf Diplomaten und staatliche Funktionsträger durch Terroristengruppen oder Individuen sind kein neues Phänomen. Sie haben, das zeigt die Geschichte, und speziell die des 20. Jahrhunderts, eine häufige und wichtige Rolle in der Weltpolitik eingenommen. Waren dabei die Vorfälle im Einzelnen durch verschiedene Hintergründe und Ergebnisse gekennzeichnet, so erwies sich eine Charakteristik als homogen: Ohne Ausnahme waren bei Angriffen auf Diplomaten und international geschützte Personen politische Motive im Spiel; Ziel war es, staatliche Regierungen zu einem bestimmten Handeln oder Unterlassen zu zwingen.37 a) 1973 Übereinkommen über die Verhütung, Verfolgung und Bestrafung von Straftaten gegen völkerrechtlich geschützte Personen, einschließlich Diplomaten Insbesondere Anfang der 70er Jahre häuften sich internationale Terroranschläge gegen Diplomaten und staatliche Funktionsträger. Angesichts der Zunahme derartiger Vorfälle, deren Häufigkeit und der zunehmenden Schwere der Attacken war die Staatengemeinschaft gezwungen, sich des Problems auf internationaler Ebene anzunehmen und effektive Maßnahmen zum Schutz dieser Personengruppen zu beraten.38 Innerhalb der Vereinten Nationen blieb zunächst strittig, in welchem Gremium dies geschehen sollte und ob angesichts bereits existierender völkerrechtlicher Regelungen auf 36 Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 147; Levitt, Democracies Against Terrorism: The Western Response to State-Supported Terrorism, 1988, 11 ff. 37 Bloomfield/FitzGerald, Crimes against Internationally Protected Persons: Prevention and Punishment. An Analysis of the UN Convention, 1975, 1. 38 Bloomfield/FitzGerald, Crimes against Internationally Protected Persons: Prevention and Punishment. An Analysis of the UN Convention, 1975, 49.

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dem Gebiet des Personen- und Diplomatenschutzes eine spezielle Konvention notwendig ist.39 Aufbauend auf den ILC Draft Articles on Representation of States and their Relations with International Organizations40 wurde am 14. Dezember 1973 das Übereinkommen über die Verhütung, Verfolgung und Bestrafung von Straftaten gegen völkerrechtlich geschützte Personen, einschließlich Diplomaten verabschiedet.41 Gemäß Art. 1 Abs. 1 umfasst der Anwendungsbereich der Konvention ratione personae Opfer politisch motivierten Terrorverhaltens: Diplomatisches Personal und andere Personen, die unter dem speziellen Schutz des Völkerrechts stehen, wie Staats- und Regierungschefs, Außenminister, Vertreter internationaler Organisationen sowie internationale Funktionsträger und deren Familienangehörige. Wer Angreifer im Sinne der Konvention ist, wird durch das Abkommen nicht definiert, sondern den Staaten und ihren jeweiligen Rechtsordnungen überlassen. Art. 2 bestimmt den Anwendungsbereich ratione materiae. Hierunter fallen Mord, Geiselnahme oder sonstige Angriffe auf das Leben oder die Freiheit einer international geschützten Person. Unter „sonstigem Angriff“ wird dabei jede Handlungsweise verstanden, welche eine ähnliche Schwere wie Mord und Geiselnahme aufweist.42 Art. 2 Abs. 2 bestimmt, dass die Staaten für die genannten Taten nationale Strafbarkeit etablieren; ferner haben sie entsprechende Jurisdiktion zu errichten, Art. 3. Des Weiteren hält die Konvention Bestimmungen über die Festnahme, Strafverfolgung oder die Auslieferung mutmaßlicher Täter bereit. So verpflichtet Art. 7 die Staaten zur Strafverfolgung oder Auslieferung, aut dedere aut iudicare. Die Ausgestaltung von Art. 7 mit seiner Verpflichtung zur unbedingten Strafverfolgung im Falle der Nichtauslieferung ist dabei dem Art. 7 des Haager Übereinkommens zur Bekämpfung widerrechtlicher Inbesitznahme von Luftfahrzeugen sowie dem Montrealer Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt nachgebildet.

39 Ausführlich dazu Bloomfield/FitzGerald, Crimes against Internationally Protected Persons: Prevention and Punishment. An Analysis of the UN Convention, 1975, 47 ff. 40 1971 II Yearbook ILC, 278–338. 41 Convention on the Prevention and Punishment of Crimes Against Internationally Protected Persons, Including Diplomatic Agents (Diplomats Convention) v. 14.12.1974, U.N. Doc. A/Res. 3166 (XXVIII); 13 I.L.M. 41. 42 Ausführlich dazu Bloomfield/FitzGerald, Crimes against Internationally Protected Persons: Prevention and Punishment. An Analysis of the UN Convention, 1975, 54.

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b) 1979 Internationale Konvention gegen Geiselnahme Zivilisten sind gegen Angriffe auf die Freiheit ihrer Person durch die 1979 Konvention gegen die Geiselnahme43 geschützt. Neben dieser modernen vertraglichen Fixierung fußt das Verbot der Geiselnahme von Zivilisten ebenso auf dem humanitären Völkerrecht, wo die Geiselnahme seit langem als völkerrechtliches Verbrechen anerkannt ist. So verbietet Art. 34 GA IV die Geiselnahme von Zivilisten im bewaffneten internationalen Konflikt; gemäß des gemeinsamen Art. III der Genfer Abkommen bezieht sich dieses Verbot auch auf bewaffnete Konflikte von nicht-internationalem Charakter. Das Bemühen der Vereinten Nationen, eine internationale Konvention gegen die Geiselnahme von Zivilisten zu erarbeiten, geht auf den Vorschlag der deutschen Bundesregierung zurück. Hintergrund der deutschen Initiative war die Botschaftsbesetzung in Stockholm durch das Holger Meins Kommando der RAF im April 1975. Der deutsche Vorschlag wurde 1976 auf die Agenda der 31. Sitzung der UN-Generalversammlung gesetzt, und – nur zwei Monate nach der Geiselnahme und umstrittenen Militäraktion von Entebbe – im gleichen Gremium verhandelt.44 Angesichts der weltweit eskalierenden Lage terroristischer Geiselnahmen45 sah sich die internationale Gemeinschaft zu schnellem Handeln gezwungen und entschied sich, weder die langsam arbeitende ILC noch das in sich uneinige United Nations Committee on Terrorism mit der Ausarbeitung der Konvention zu beauftragen, sondern diese Aufgabe einem ad hoc-Komitee zu übertragen.46 Aufbauend auf dem deutschen Vorschlag wurde am 17. Dezember 1979 die Konvention gegen die Geiselnahme von der UN-Generalversammlung verabschiedet. Indem der einleitende Abschnitt 5 der Präambel explizit Bezug auf den internationalen Terrorismus nimmt, weist er die Konvention gegen die Geiselnahme als völkerrechtliches Anti-Terrorismus-Instrument aus.47 Der Ver43 Convention Against the Taking of Hostages (Hostage Convention) v. 17.12.1979; in Kraft getreten am 03.06.1980; United Nations Treaty Series, Vol. 1316, No. 21931. 44 Dazu Lagoni, in: Funke (Hrsg.), Terrorismus, 1977, 259 (268 f.). 45 Die Arbeit an der Konvention gegen die Geiselnahme wurde durch eine Reihe von dramatischen Geiselnahmen und militärischen Rettungsaktionen gekennzeichnet: so etwa die Entführung der Lufthansa-Maschine in Mogadischu (Somalien) im Jahr 1977 und die anschließende Befreiungsaktion durch das deutsche GSG 9 oder die Entführung einer ägyptischen Maschine in Larnaca, Zypern, und deren gewaltsame Befreiung durch ägyptische Truppen im Jahre 1978. 46 Lambert, Terrorism and Hostages in International Law, 1990, 60 f. 47 Abschnitt 5 der Präambel lautet wie folgt: „Being convinced that it is urgently necessary to develop international co-operation between States in devising and adopting effective measures for the prevention, prosecution and punishment of all acts of taking hostages as manifestations of international terrorism.“

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weis auf den internationalen Terrorismus wurde auf besonderen Wunsch der UdSSR mit der Zielsetzung eingeführt, dass die Konvention nur in Friedenszeiten Anwendung findet, für Geiselnahmen im bewaffneten Konflikt ausschließlich das Kriegsrecht einschlägig ist und ferner die Konvention nur Akte des internationalen Terrorismus erfasst.48 Art. 1 der Konvention definiert die Tatbestandselemente der Geiselnahme und normiert zudem die Strafbarkeit für Versuch und Teilnahme. Hiernach unternimmt jede Person den strafbaren Akt der Geiselnahme i. S. d. Konvention, wenn sie sich einer Geisel bemächtigt, eine Geisel festhält und diese bedroht, sie zu töten, zu verletzen oder fortwährend als Geisel zu nehmen, und damit das Ziel verfolgt wird, einen Staat, eine internationale Organisation oder jede natürliche oder juristische Person zu einem Verhalten zu zwingen. Die Formulierung „jede Person“ zielt auf die individuelle Verantwortlichkeit der Tat ab; hierunter fallen sowohl non-state actors als auch Personen, die in staatlicher Funktion agieren. Während Art. 2 die Strafbarkeit der Geiselnahme nach nationalem Recht verlangt, sind die Staaten nach Art. 5 gehalten, entsprechende Jurisdiktion über Straftaten des Art. 1 zu errichten. Als zentrale Norm der GeiselnahmeKonvention sieht Art. 8 das aut dedere aut iudicare-Konzept vor. Die Formulierung der aut dedere aut iudicare-Verpflichtung in Art. 8 ist allerdings nicht zwingend ausgefallen, da die Staaten im Falle der Nichtauslieferung den Täter nicht strafrechtlich verfolgen müssen, sondern lediglich gehalten sind, ihn dem „Zwecke der Strafverfolgung“ zuzuführen.49 c) 1995 Abkommen zum Schutz von UN- und dazugehörigem Personal Die jüngste Kategorie von international geschützten Personen stellt das UN-Personal dar. Angesichts der wachsenden Verantwortlichkeiten der Staaten im Rahmen internationaler Friedenssicherung und deren Risiken für Peacekeeping-Truppen war es Anliegen der Vereinten Nationen, ihr Personal in sowohl militärischer und polizeilicher als auch ziviler Mission durch das Abkommen zum Schutz von UN- und dazugehörigem Personal50 abzusichern und unter völkerrechtlichen Schutz zu stellen.51 48

UN Doc A/AC.188/SR.33, 3, Rn. 7–9; UN Doc A/AC.188/SR.35, 2, Rn. 2. Lambert, Terrorism and Hostages in International Law, 1990, 351. 50 Convention on the Safety of United Nations and Associated Personnel (U.N. Personnel Convention) v. 09.12.1994, in Kraft getreten am 15.01.1999; U.N. Doc. A/Res/49/49 (1994). 51 Bouvier, Convention on the Safety of United Nations and Associated Personnel: Presentation and Analysis, http://www.icrc.org/web/eng/siteng0.nsf/iwpList 149/ (01.03.2004), 1 (1 f.). 49

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Art. 1 definiert als UN-Personal jede für die Vereinten Nationen oder eine ihrer Spezialorganisationen beschäftigte Person; zugehöriges Personal sind sonstige Personen, die im UN-Auftrag für Regierungen oder Nichtregierungsorganisationen (NGO) handeln. Den räumlichen Geltungsbereich der Konvention legt Art. 2 fest. Hiernach findet die Konvention bei allen UN-Operationen Anwendung; gemäß Art. 2 Abs. 2 der Konvention sind davon allerdings explizit militärische Maßnahmen auf der Grundlage von Kapitel VII UN-Charta ausgenommen. Im Fall UN-autorisierter Militäreinsätze findet damit die Konvention keine Anwendung, sondern diese Handlungen sollen dem Recht international bewaffneter Konflikte unterliegen. Angehörige von UN-Operationen, die im Rahmen von Kapitel VII UN-Charta eingesetzt werden, sind dadurch gegen Angriffe von feindlichen bewaffneten Einheiten nicht ungeschützt, Art. 20 (a) sieht hier die Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts vor.52 Die Konvention stellt ausdrücklich Mord und Geiselnahme von UN-Personal unter Strafe und kriminalisiert sonstige Angriffe, die das Leben und die Freiheit von UN-Mitarbeitern verletzen sowie UN-Räumlichkeiten, private Unterkünfte oder UN-Transportmittel zerstören, vgl. Art. 9. Die Konvention verpflichtet die Vertragsparteien, diese Akte in ihren nationalen Rechtsordnungen unter Strafe zu stellen, Art. 10; ferner begründet sie aut dedere aut iudicare für die Vertragsstaaten, vgl. Art. 14 und 15. d) Analyse In der Gesamtschau zeigen sich das Abkommen zum Schutz von UN- und dazugehörigem Personal und die Konvention gegen Geiselnahme als weitere Stückwerke in dem Bestreben, Terrorismus auf internationaler Ebene zu bekämpfen. Beide Konventionen decken speziell Akte der Geiselnahme von Zivilisten ab und bieten damit kein weiterführendes Konzept zur umfassenden Kriminalisierung von terroristischen Verhaltensweisen. Art. 1 der Konvention gegen die Geiselnahme normiert ausschließlich das völkerrechtliche Verbot der Geiselnahme von Zivilisten durch Private oder staatliche Funktionsträger; das Abkommen adressiert aber nicht explizit die mit einer Geiselnahme zusammenhängenden Akte. Während die Konvention die Tat der Geiselnahme verbietet, bleiben generelle Gewaltakte gegen die Geisel oder der Mord an einer zivilen Geisel durch das Abkommen ungedeckt – diese Akte sind nicht mit den Tathandlungen des Art. 1 der Konvention gleichzusetzen. Die Vorschriften der Konvention bestimmen nur, dass es rechtswidrig ist, ein Individuum als Geisel zu nehmen oder festzuhalten 52 Dazu genauer Bouvier, Convention on the Safety of United Nations and Associated Personnel: Presentation and Analysis, http://www.icrc.org/web/eng/ siteng0.nsf/iwpList149/ (01.03.2004), 1 (11).

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und anzudrohen, die Geisel zu töten oder zu verletzen. Wenn sich aus dieser Normierung schlussfolgern lassen soll, dass darüber hinaus auch Mord, Totschlag oder Körperverletzung der Geisel von der Konvention erfasst sind, so ist dies der Konvention gegen die Geiselnahme jedenfalls nicht eindeutig zu entnehmen.53 Außerdem beschränkt sich der Text nicht explizit auf politische Geiselnahmen. Damit findet die Konvention sowohl bei Geiselnahmen politischer Natur als auch bei solchen aus privaten Gründen Anwendung; die Geiselnahme muss allerdings eine internationale Komponente aufweisen. Sind auch eine Vielzahl der Angriffe auf UN-Missionen durch terroristische Merkmale gekennzeichnet, stellt das Abkommen zum Schutz von UNund dazugehörigem Personal dennoch keinen ausdrücklichen Bezug zum Terrorismus her. Es werden weder terroristische Akteure noch Akte des Terrorismus tatbestandlich erfasst. Die Konvention pönalisiert Angriffe gegen UN-Personal bzw. zugehörige Mitarbeiter im Allgemeinen und überlässt die Ausgestaltung der Strafbarkeit derartiger Verhaltensweisen im Einzelnen den Vertragsstaaten. Entsprechende Vorgaben hierfür hält die Konvention aber nicht bereit. Dass der Schutz von UN-Personal für die internationale Friedensicherung von eminenter Wichtigkeit ist und Angriffe deshalb zwingend der Strafverfolgung bedürfen, wurde durch die UN-Resolution 1502 (2003) bestätigt.54 Die Resolution wurde in Reaktion auf den Anschlag auf das UNAMIHauptquartier in Bagdad55 am 19. August 2003 erlassen. Der UN-Sicherheitsrat stellte darin fest, dass Angriffe gegen UN-Missionen eine Verletzung des humanitären Völkerrechts darstellen und erinnert die Staaten an ihre Verpflichtung, Verbrechen gegen UN-Personal und UN-Missionen strafrechtlich zu verfolgen. Resolution 1502 (2003) verweist auf das Abkommen zum Schutz von UN- und dazugehörigem Personal und zählt neben Mord und Geiselnahme weitere konkrete Verletzungshandlungen auf. Der internationale Terrorismus wird durch die Resolution 1502 (2003) aber nicht explizit angesprochen. Auf die Bezugnahme zum Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) und dessen materieller Zuständigkeit für derartige Akte im Rahmen des Tatbestandes Kriegsverbrechen wurde aufgrund des Widerstandes der USA ebenfalls verzichtet.56

53

Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Convention, 2001, 147. S/Res/1502 (2003) v. 26.08.2003. 55 Headquarter of the United Nations Assistance Mission in Iraq (UNAMI). 56 Kirgis, Security Council Resolution 1502 on the Protection of Humanitarian and United Nations Personnel, ASIL insights, September 2003, http://www.asil.org/ insights/inisgh115.htm (02.03.2004). 54

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4. Regelungswerke betreffend die Begehung von terroristischen Sprengstoffattentaten Moderne Gesellschaften zeigen sich insbesondere durch Bombenanschläge und Sprengstoffattentate sehr verwundbar. Trotz einer mittlerweile vielfältigen und technisch fortentwickelten Auswahl an Terrormethoden stellt der Terrorismus mittels konventioneller Bomben und Sprengstoffe die immer noch am häufigsten angewendete Anschlagsvariante dar. Sprengstoffe sind leicht auf dem Markt erhältlich und entsprechendes Material lässt sich einfach zur Terrorwaffe zusammenbauen. Bomben können relativ unkompliziert in und an öffentlichen Gebäuden oder Orten platziert werden und versprechen einen hohen Wirkungsgrad, wenn sie direkt gegen Personen oder Sachen eingesetzt werden. a) 1991 Übereinkommen über die Kenntlichmachung von plastischen Sprengstoffen zum Zweck ihrer Entdeckung57 Im Hinblick auf die gestiegene Verwendung von Plastiksprengstoffen als Terrorwaffe wurde im Jahr 1991 unter der Ägide der ICAO das Übereinkommen über die Kenntlichmachung von plastischen Sprengstoffen zum Zweck ihrer Entdeckung angenommen. Die Konvention adressiert die Herstellung, den Transport, Import und Export sowie die Lagerung solcher Materialien und fordert die Vertragsstaaten auf, derartige Handlungen unter Strafe zu stellen, Art. II-IV. Sofern die Staaten diese Strafforderungen entsprechend in ihre nationalen Gesetze implementieren, kann das Übereinkommen über die Kenntlichmachung von plastischen Sprengstoffen zum Zweck ihrer Entdeckung durchaus ein taugliches Instrument darstellen, um die Verwendung von Plastiksubstanzen als Terrormittel wirksam einzugrenzen.58 b) 1998 Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge59 Noch vor den verheerenden Terroranschlägen auf die US-Botschaften in Tansania und Kenia im Jahr 1998 wurde das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge erarbeitet und traf, wie 57 Convention on the Marking of Plastic Explosives for the Purpose of Detection v. 01.03.1991, in Kraft getreten am 21.06.1998, U.N. Doc.S/22393/Corr.1; 30 I.L.M. 721. 58 Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 173. 59 International Convention for the Suppression of Terrorist Bombings v. 15.12.1997, U.N. Doc. A/RES/52/164, Annex.

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die Ereignisse sodann zeigten, den Nerv der Zeit. Die Konvention fasst ihren Schutzbereich sehr weit und zielt auf die Absicherung kritischer Infrastruktur, öffentlicher Plätze und öffentlicher Verkehrssysteme vor jeglicher Form terroristischer Sprengstoffanschläge. So stehen etwa geschäftliche, kulturelle, religiöse und historische Räumlichkeiten sowie Regierungs-, Bildungs- und Unterhaltungseinrichtungen unter dem Schutz der Konvention, vgl. Art. I. In Anbetracht dessen, dass Sprengstoffanschläge auf Kraftwerke, natürliche Energiespeicher oder Kommunikationseinrichtungen großen wirtschaftlichen Schaden anrichten können, werden auch diese Einrichtungen in den Schutzbereich der Konvention aufgenommen, Art. I Abs. 2. Damit stellt das Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge das erste multilaterale Regelungswerk dar, welches die Zerstörung derartiger, hoch sensibler Anlagen explizit unter Strafe stellt.60 Die Konvention verpflichtet die Vertragsstaaten, entsprechende Handlungen in ihren nationalen Rechtsordnungen unter Strafte zu stellen und zudem der aut dedere aut iudicare-Regel nachzukommen, vgl. Art. 5 und 6. Sie geht sogar noch weiter als ihre Vorgänger, weil sie in Art. 15 den Staaten verschiedene zusätzliche Kooperationspflichten im Bereich der Strafverfolgung oder im Wissenstransfer über Sprengstoffe auferlegt.61 Besonders hervorzuheben ist, dass das Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge den möglichen Gebrauch von Massenvernichtungswaffen in den Anwendungsbereich mit einbezieht und damit diesen neuen Aspekt terroristischer Gefahr abdeckt. Art. I Abs. 3 b definiert Sprengstoff oder anderes zerstörendes Material als: „[. . .] a weapon or device that is designed, or has the capability, to cause death, serious bodily injury or substantial material damage through the release, dissemination or impact of toxic chemicals, biological agents or toxic chemicals, biological agents or toxins or similar substances or radiation or radioactive material.“

Die Vorschrift eröffnet die Möglichkeit, die Verwendung chemischer, biologischer und radioaktiver Instrumente und Materialien unter Strafe zu stellen. Die Einbeziehung derartigen Waffenmaterials gibt Raum für eine weites Spektrum an möglichen Terrorhandlungen, die durch die Konvention abgedeckt werden können: so etwa die Freisetzung biologischer Substanzen in öffentlichen Transportmitteln oder ihre Einbringung in Wasserreservoire oder den Gebrauch radiologischer Waffen gegen Regierungseinrichtungen. Indem in Art. I Abs. 2 der Konvention auch Kommunikationseinrichtungen als taugliches Angriffsobjekt benannt werden, können Akte des Cyberterrorismus der Konvention unterfallen, sofern die Zerstörung der Kommunika60

Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 173. Marauhn, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Vol. 4, 2000, 853. 61

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tionseinrichtungen durch eine Explosion erfolgt, die aufgrund elektronischer verfasster Befehlszeilen verursacht worden ist. Das Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge stellt ein Anti-Terrorismus-Abkommen mit viel versprechendem Potential dar, weil es sowohl im Anwendungs- und Schutzbereich als auch in den Verpflichtungen an die Staaten weit reicht und Bombenanschläge mittels Massenvernichtungswaffen abzudecken vermag. Allerdings definiert die Konvention weder Terrorismus noch zieht sie eine klare Trennlinie zwischen terroristischen Bombenanschlägen und solchen anderer Natur.62 Die Konvention findet keine Anwendung auf Anschläge innerhalb eines Staates sowie auf militärische Aktivitäten. c) 1891 Übereinkommen der Internationalen Postunion Zur Kategorie der Anti-Terrorismus-Abkommen, die auf die Bekämpfung von Sprengstoffattentaten ausgerichtet sind, zählen auch jene Regelungswerke, die sich mit der Benutzung der Post zur Übermittlung von Sprengstoffen befassen. Wird der Postverkehr dazu benutzt, Sprengstoffe in Form von Briefbomben oder Paketbomben mit dem Ziel zu versenden, den Empfänger zu verletzen oder zu töten, greifen die Übereinkommen der Internationalen Postunion und ihre Protokolle, einschließlich der verschiedenen Paketabkommen.63 Das Übereinkommen der Internationalen Postunion wurde am 4. Juli 1891 in Wien unterzeichnet.64 Zwischen 1891 und 2001 wurden weitere 57 relevante Regelungswerke im Bereich des internationalen Postverkehrs verabschiedet, welche die Benutzung der Post zu illegalen Zwecken zum Inhalt haben. Die entsprechenden Vorschriften in den Post- bzw. Paketabkommen betreffen dabei „Sprengstoffe, feuergefährliche oder andere Substanzen“ und verpflichten die Vertragsstaaten, die Täter solcher Postvergehen zu bestrafen. Unter dem Merkmal „andere Substanzen“ können hiernach auch radiologische, chemische und biologische Stoffe in den Anwendungsbereich mit einbezogen werden.65 Adressieren die verschiedenen Postabkommen die mitunter auch terroristische Benutzung und Versendung von Briefbomben und Paketbomben, so ist damit lediglich ein spezielles Delikt und nur ein minimaler Ausschnitt terroristischer Aktivität abgedeckt. 62 Marauhn, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Vol. 4, 2000, 853. 63 Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 173. 64 28 Stat. 1078, 17 Martens Nouveau Recueil (ser. 2) 628, in Kraft getreten am 01.07.1892. 65 Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 191.

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5. Regelungswerke betreffend den Gebrauch von Massenvernichtungswaffen Wie in Abschnitt B. bereits herausgestellt, beinhaltet die Verwendung von Massenvernichtungswaffen den Gebrauch von nuklearen, chemischen und biologischen Waffen durch Staaten oder Individuen. Sowohl aufgrund der gestiegenen Verletzlichkeit von Gesellschaft und Umwelt durch den Einsatz von Massenvernichtungswaffen als auch aufgrund der zunehmenden Möglichkeiten für Staaten und non-state actors, in den Besitz derartiger Waffen zu gelangen, jene herzustellen und einzusetzen, sah sich die internationale Staatengemeinschaft aufgefordert, auch auf diesem Gebiet aktiv zu werden und Maßnahmen zur Bekämpfung von Terrorakten mittels Massenvernichtungswaffen zu erlassen. Im Bereich der Nuklearwaffen hat sich die Staatengemeinschaft um zwei völkerrechtliche Regelungswerke zur Eindämmung und Bekämpfung atomarer Gefahren bemüht. Chemische und biologische Waffen zeichnen sich durch ein ähnlich hohes Bedrohungspotential aus, das Atomwaffen zu Eigen ist. Während der Besitz und Gebrauch von Chemieund Biowaffen traditionell den Staaten zuzuordnen waren, hat sich auch hier der Täterkreis in Richtung nicht-staatlicher Akteure erweitert. In Anbetracht der verheerenden Auswirkungen von chemischen und biologischen Waffen auf Mensch und Umwelt war auch in diesem Bereich eine internationale Regulierung geboten. a) 1979 Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial 66 Das Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial reguliert und beschränkt den Zugang und die Verwendung von nuklearem Waffenmaterial. Das Abkommen adressiert nicht den staatlichen Einsatz von Atomwaffen, der gemäß der Rechtsprechung des IGH als solcher keine Völkerrechtsverletzung darstellt.67 Im Mittelpunkt der Konvention stehen vielmehr der Schutz der Umwelt vor nuklearen Gefahren und die Absicherung nuklearen Materials vor Diebstahl. Art. 2 definiert den Anwendungsbereich der Konvention wie folgt: „This Convention shall apply to nuclear material used for peaceful purposes while in international nuclear transport. [. . .]“ 66

Convention on the Physical Protection of Nuclear Material v. 26.10.1979, in Kraft getreten am 08.02.1987, United Nations Treaty Series, Vol. 1456, No. 24631; 18 I.L.M. 1419; s. Commentary to the Convention prepared by the Technical Committee of the IAEA v. 03.09.1993, INFCIRC/225/Rev.3, abgedruckt in Kellman, Draft Annex to the Manual on the International Control and Eliniation of Weapons of Mass Destruction, 1998, Abschnitt 32. 67 IGH, Gutachten v. 08.07.1996 (Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapons), I.C.J. 35, 1668 ff.

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Indem Art. 2 einzig das im internationalen Transport befindliche nukleare Material für friedliche Zwecke benennt, lässt die Konvention keinen Raum für die Einbeziehung von entsprechenden Tathandlungen, die auf die Beschaffung waffenfähigen Materials zu Zwecken des terroristischen Gebrauchs ausgerichtet sind.68 Die Konvention stellt nicht eindeutig den Gebrauch von nuklearem Material für Terrorhandlungen ab und pönalisiert diesen demnach auch nicht ausdrücklich. Das Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial stellt sich als Regelungswerk zur Bekämpfung und Unterdrückung von Akten auch terroristischer Natur dar, dies aber nur insofern, als Schmuggel oder illegaler Transfer von nicht waffenfähigem, nuklearem Material unter Verbot gestellt werden.69 Festzuhalten ist, dass die Konvention keine kriminalisierenden Strafbestimmungen enthält und deshalb Akte des Atomterrorismus auf Grundlage der Konvention nicht der direkten Strafbarkeit nach Völkerrecht unterfallen. b) 2005 Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung von Akten des Nuklearterrorismus70 Nach mehr als siebenjährigen Verhandlungen liegt nun mit dem Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung von Akten des Nuklearterrorismus ein 28 Artikel umfassendes völkerrechtlich bindendes Abkommen vor, welches den Mangel an fehlenden Strafbestimmungen auf dem Gebiet des nicht-staatlichen Atomterrorismus überkommt und eine indirekte, individuelle Strafbarkeit errichtet. Das Abkommen bekräftigt größtenteils das Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial; erweitert dieses aber weiträumig, indem etwa auch Terrorangriffe gegen Atomanlagen in den Schutzbereich mit einbezogen werden. Inhaltlich deckt das Abkommen ein weites Spektrum terroristischer Verhaltensweisen ab, die im Zusammenhang mit nuklearem Material stehen, vgl. Art. 2: „1. Any person commits an offence within the meaning of this Convention if that person unlawfully and intentionally: (a) Possesses radioactive material or makes or possesses a device: (i) With the intent to cause death or serious bodily injury; or (ii) With the intent to cause substantial damage to property or to the environment; 68

Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 195. Ebenda; Bunn, in: Leventhal/Alexander (Hrsg.), Preventing Nuclear Terrorism, 1987, 343. 70 International Convention for the Suppression of Acts of Nuclear Terrorism, UN GA Res. 59/290 v. 13.04.2005. 69

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C. Kriminalisierung des int. Terrorismus auf völkerrechtlicher Ebene (b) Uses in any way radioactive material or a device, or uses or damages a nuclear facility in a manner which releases or risks the release of radioactive material: (i)

With the intent to cause death or serious bodily injury; or

(ii) With the intent to cause substantial damage to property or to the environment; or (iii) With the intent to compel a natural or legal person, an international organization or a State to do or refrain from doing an act. 2. Any person also commits an offence if that person: (a) Threatens, under circumstances which indicate the credibility of the threat, to commit an offence as set forth in paragraph 1 (b) of the present article; or (b) Demands unlawfully and intentionally radioactive material, a device or a nuclear facility by threat, under circumstances which indicate the credibility of the threat, or by use of force. 3. [. . .]“

Im neu vorliegenden Abkommen verpflichten sich die Teilnehmerstaaten, all jene strafrechtlich zu verfolgen, die illegal radioaktives Material besitzen, sich beschaffen, freisetzen oder anderweitig in die Vorbereitung von Nuklearanschlägen verwickelt sind. Für diese Vergehen wird das entsprechende nationale Recht geschaffen bzw. ergänzt, vgl. Art. 5. Es sieht schwere Strafen für diejenigen vor, denen die Absicht nachgewiesen werden kann, durch Nuklearverbrechen Menschen zu töten oder zu verletzen und Schäden an Eigentum oder der Umwelt anzurichten. Strafbar ist ebenso die Erpressung von Personen, Staaten oder internationalen Organisationen mit der Androhung derartiger Taten. Alle Staaten sind verpflichtet, ihr radioaktives Material entsprechend den IAEA-Standards zu sichern. Die Regierungen werden angehalten, ihre Zusammenarbeit beim Austausch von Geheimdienstinformationen zu verstärken und potentiellen Nuklearterroristen keinen Unterschlupf zu gewähren. Mit dem Abkommen besteht nun auch eine Rechtsgrundlage für die internationale Zusammenarbeit bei der Untersuchung, Bestrafung und Auslieferung aller Personen, die Straftaten mit atomarem Spaltmaterial oder Nuklearmitteln begehen.71 Eine konsequente Anwendung der Vertragsbestimmungen wird das Risiko des nicht-staatlichen Atomterrorismus zweifellos eindämmen. Der staatliche Einsatz von Atomwaffen wird hingegen vom Abkommen explizit ausgenommen, vgl. Art. 4. 71 Vgl. auch Bericht des Generalsekretärs über die Tätigkeit der Vereinten Nationen, Generalversammlung, Offizielles Protokoll, Sechzigste Tagung, Beilage 1 (A/60/1), 2005, 15.

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Das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung von Akten des Nuklearterrorismus – zugleich das erste Anti-Terrorismus-Abkommen, welches nach den Anschlägen des 11. September 2001 verabschiedet wurde – ist bestimmend für die Kriminalisierung von Terrorakten mittels Massenvernichtungswaffen. Der Wert des Abkommens liegt klar im richtungweisenden Beitrag zur Identifizierung terroristischer Verhaltensweisen mittels nuklearer Materialien. Allerdings mangelt es dem Abkommen momentan noch an völkerrechtlicher Gültigkeit und damit an praktischer Bedeutung, denn erst nach der Ratifikation durch 22 Länder wird der Vertrag in Kraft treten.72 c) 1993 Chemiewaffenkonvention Für die völkerrechtliche Kriminalisierung von Akten des Chemieterrorismus könnte die Chemiewaffenkonvention (CWC)73 von 1993 einschlägig sein, die das einzige Regelungsinstrument für Chemiewaffen auf internationaler Ebene darstellt. Die CWC ist ein internationales Waffenabrüstungsabkommen, welches den Staaten ein umfassendes Verbot der Entwicklung, Produktion, Inbesitznahme, Verbreitung und Lagerung von Chemiewaffen auferlegt.74 Die Konvention verfolgt das Ziel, bis zum Jahr 2007 sämtliche Chemiewaffen aus den staatlichen Waffenarsenalen zu verbannen. Strafbar erklärt wird ferner der Einsatz von Chemiewaffen in Kriegs- und Friedenszeiten, vgl. Art. I. Welche Waffen unter das Verbot der CWC fallen, ist nicht eindeutig geklärt; der Anwendungsbereich der Konvention ist diesbezüglich eher generell gehalten: 72 Art. 25 International Convention for the Suppression of Acts of Nuclear Terrorism. 73 Convention on the Prohibition of the Development, Production, Stockpiling and Use of Chemical Weapons and on Their Destruction v. 13.01.1993, in Kraft getreten am 29.04.1997; 182 Staaten haben das Abkommen unterzeichnet; 165 Staaten ratifiziert (Stand: 30.09.2005). Vgl. http://disarmament.un.org:8080/TreatyStatus.nsf (17.11.2007). „Annan calls for universal Participation in Chemical Weapons Treaty“, http://www.un.org/apps/sg/sgstats.asp?nid=1205 (29.11.2004). 74 Art. I Abs. 1 Chemical Weapons Convention: „1. Each State Party to this Convention undertakes never under any circumstances: (a) To develop, produce, otherwise acquire, stockpile or retrain chemical weapons or transfer, directly or indirectly, chemical weapons to anyone; (b) To use chemical weapons; (c) To engage in any military preparations to use chemical weapons; (d) To assist, encourage or induce, in any way, anyone to engage in any activity prohibited to a State Party under this Convention.“ Zur historischen Entwicklung siehe Bothe, Das völkerrechtliche Verbot des Einsatzes chemischer und biologischer Waffen, 1973, 4–38; Roberts, in: Morel/Olsen (Hrsg.), The Chemical Weapons Convention, 1993, 1 (1).

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Art. II: (a) „Toxic chemicals and their precursors, except where intended for purposes not prohibited under this Convention, as long as the types and quantities are consistent with such purposes.“

Klarheit schafft hier zum einen Art. I Abs. 9 CWC, der den Umgang mit Chemikalien aus industriellen, landwirtschaftlichen, medizinischen, pharmazeutischen oder sonstigen Gründen für zivile und militärische Zwecke erlaubt. Zum anderen hält die Konvention einen Anhang zu den von der CWC erfassten Chemikalien bereit. Darüber hinaus stellt die CWC auf spezielle Überprüfungsmechanismen hinsichtlich der Art und des Einsatzbereiches bestimmter Chemikalien ab, nach denen ersichtlich ist, welche Staaten sich entsprechend bzw. entgegen der CWC-Konvention verhalten.75 Die Umsetzung der Konvention ist einer speziell geschaffenen Organisation (OPCW) vorbehalten, Art. VIII.76 Die OPCW wird ermächtigt, Vorortuntersuchungen vorzunehmen, einschließlich der Prüfung privater Chemieanlagen, die nicht militärisch genutzt werden. Darüber hinaus sieht die CWC sog. challenge inspections von staatlichen oder privaten Anlagen bzw. Lokalitäten vor. Diese können dann eingeleitet werden, wenn ein Mitgliedstaat Zweifel über den tatsächlichen Charakter der Anlage hegt.77 Strittig bleibt mitunter die tatsächliche Erfolgsrate der vorgenommenen Waffeninspektionen, denn jeder Staat oder subnationale Gruppe kann unter dem Deckmantel genehmigter Fabriken heimlich chemische Waffen produzieren; zudem können Waffeninspektionen umgangen werden.78 Verwiesen wird ferner auf die immensen Kosten und mangelnden technischen Möglichkei75 Bothe, in: Bothe/Ronzitti/Rosas (Hrsg.), The Chemical Weapons Convention: A General Overview, The New Chemical Weapons Convention – Implementation and Prospects, 1998, 1 (5); United Nations Institute for Disarmament Research, The Projected Chemical Weapons Convention: A Guide to the Negotiations in the Conference on Disarmament, 1990, 71. 76 Zur OPCW und ihrer Aufgabe bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus s. OPCW Technical Secretariat, in: Yepes-Enriquez/Tabassi (Hrsg.), Treaty Enforcement and International Cooperation in Criminal Matters with Special Reference to the Chemical Weapons Convention, 2002, 429 ff. Ausführlich zu Organisation und Funktion der OPCW s. Myjer, in: Myjer (Hrsg.), Issues of Arms Control Law and The Chemical Weapons Convention, 2001, 61 ff. 77 Zur inhaltlichen Ausgestaltung der challenge inspections s. United States Arms Control and Disarmament Agency, Convention on the Prohibition of the Development, Production, Stockpiling and Use of Chemical Weapons and Their Destruction, 1993, 150 ff.; Kurzidem, in: Bothe/Ronzitti/Rosas (Hrsg.), The New Chemical Weapons Convention – Implementation and Prospects, 1998, 249 ff. 78 Bailey, in: Morel/Olson (Hrsg.), Shadows and Substance. The Chemical Weapons Convention, 1993, 17 (18); dies., in: Roberts (Hrsg.), Ratifying the Chemical Weapons Convention, Washington (Center for Strategic and International Studies) 1994, 52 (52).

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ten umfassender Waffenkontrollen in den einzelnen Staaten, um den tatsächlichen Bestand an Chemiewaffen zu verifizieren.79 Während sich die meisten Regierungen über ein Universalverbot von Chemiewaffen einig sind, hält dennoch eine Vielzahl von Staaten an ihrem Chemiewaffenprogrammen oder entsprechenden Waffenarsenalen fest; zum Teil ist der Grund hierfür ein Mangel an finanziellen Möglichkeiten, diese Bestände zu beseitigen.80 Tatsächlich befindet sich derzeit chemisches Waffenmaterial in Umlauf, welches auch das CWC-Regime nicht stilllegen kann. Trotz des Bestehens der CWC setzen einige Staaten ihre Suche nach neuen chemischen Kampfmitteln unvermindert fort.81 Die CWC-Konvention enthält explizit keine Vorschriften über die terroristische Verwendung von Chemikalien, da das Vertragswerk nicht für die Bekämpfung von Terroraktivitäten entworfen worden ist.82 Indem die Konvention zwar die staatliche Herstellung, Lagerung und den Gebrauch von chemischen Waffen verbietet, aber einen privaten terroristischen Zusammenhang außen vor lässt, adressiert sie damit Akte des Chemieterrorismus nur indirekt. Ferner sieht die CWC selbst keine Strafbarkeit für die durch die Konvention verbotenen Handlungen vor, sondern überträgt diese Aufgabe den Vertragsstaaten; diese sollen in ihren nationalen Strafordnungen entsprechende Voraussetzungen der Strafbarkeit errichten, vgl. Art. VII. Die CWC-Konvention stellt damit kein kriminalisierendes Anti-Terrorismus-Instrument dar. Auch fehlen dem Abkommen entsprechende Durchsetzungsmechanismen im Falle der Nichtumsetzung der vertraglichen Verpflichtungen seitens eines Mitgliedstaats. In der Gesamtschau ist die CWC ein durchdachtes Waffenkontrollregime, welches das Verfahren zur Einhaltung der in der Konvention niedergelegten Vorschriften betrifft. Die CWC definiert verbotene Chemiewaffen und verpflichtet die Staaten zu deren Vernichtung; das Abkommen hält aber keine Handhabe hinsichtlich der terroristischen Verwendung von chemischen Waffen und deren Kriminalisierung bereit. Diese bestehenden Schwächen der Konvention sind im Rahmen der ersten CWC-Überprüfungskonferenz im Jahre 2003 diskutiert worden. Das Re79 Morel, in: Morel/Olson, Shadows and Substance. The Chemical Weapons Convention, 1993, 217 ff.; Scharf, in: Drell/Sofaer/Wilson (Hrsg.), The New Terror, 1999, 439 (447). 80 Bassiouni, Foreword, in: Yepes-Enriquez/Tabassi (Hrsg.), Treaty Enforcement and International Cooperation in Criminal Matters with Special Reference to the Chemical Weapons Convention, 2002, vii. 81 Etwa die USA, vgl. Dando, The New Biological Weapons Convention. Threat, Proliferation, and Control, 2001, 43. 82 US-National Research Council, Committee on Science and Technology for Countering Terrorism, Making the Nation Safer, 2002, 110.

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view Document appelliert an die Staaten, die durch die CWC verbotenen Verhaltensweisen für jedermann, der auf ihrem Staatsgebiet chemische Aktivitäten vornimmt, unter Strafe zu stellen sowie die Zerstörung von Chemiewaffenbeständen auf ihrem Territorium voranzutreiben.83 Mit Blick auf die wechselnden Möglichkeiten internationaler Terroristen, sich in der Terrorführung chemischer Waffen zu bedienen, haben die Vertragsstaaten ihren Willen bekräftigt, die CWC-Vorschriften gemäß Art. VII CWC zügig und umfassend in ihre nationalen Rechtsordnungen umzusetzen.84 Nur die Implementierung in nationales Recht kann sicherstellen, dass sich Individuen und private Gruppierungen nicht chemischer Waffen betätigen sowie suspekte Chemieanlagen durch die OPCW registriert und kontrolliert werden.85 Jedoch bedarf es auch der getreuen Rechtsumsetzung durch die Staaten. Derzeit besteht eine große Schwäche der CWC darin, dass es an einer vollständigen Implementierung in nationales Recht mangelt. So haben die USA die Umsetzung zugunsten eigener Sicherheitsinteressen beschränkt: Zum einen gewähren die nationalen Vorschriften dem US-Präsidenten, challenge inspections im eigenen Land aus Gründen der nationalen Sicherheit zu untersagen.86 Zum anderen dürfen durch die OPCW entnommenen Proben aus amerikanischen Chemieanlagen nicht außerhalb der USA untersucht werden. Die USA haben zudem die Anzahl der staatlichen und privaten Chemieanlagen, die potentiell unter der Kontrolle der OPWC stehen, begrenzt.87 Andere Staaten können und werden diesem Beispiel der lediglich teilweisen Umsetzung der CWC folgen und damit das Kontrollregime der Konvention aushöhlen. Weil eine Vielzahl von Staaten die Notifizierung von Chemieanlagen an die OPCW verzögern, diese mit eigenen Auflagen belegen oder mitunter Informationen gänzlich versagen, ist auch eine schnelle Umsetzung der CWC in die nationalen Rechtsordnungen und die Schaffung adäquater nationaler Strafnormen nicht zu erwarten.88 Die 83 s. Final Version of the „Review Document as approved by the First Special Session of the Conference of the State Parties to Review the Operation of the Chemical Weapons Convention“ v. 23.05.2003, http://www.opcw.org/html/global/wgrc/ 2k3/rcl_revodoc.html; 2003 CWC Review Conference – General Issues, http:// www.cwc.gov/Global_Outreach/RevConGI (18.02.2004). 84 Political Declaration, Chemical Weapons Review Conference, Rn. 16. 85 Chemical Weapons Review Conference Overview, http://www.cwc.gov/Glo bal_Outreach/cwc_revcon_over-wiew (18.02.2004). 86 Dazu näher Myjer, in: Yepes-Enriquez/Tabassi (Hrsg.), Treaty Enforcement and International Cooperation in Criminal Matters with Special Reference to the Chemical Weapons Convention, 2002, 536 ff. Zum Schutz von Geschäftsinteressen nach Massgabe der CWC s. Burgess, in: Yepes-Enriquez/Tabassi (Hrsg.), Treaty Enforcement and International Cooperation in Criminal Matters with Special Reference to the Chemical Weapons Convention, 2002, 542 ff. 87 Stern, The Ultimate Terrorists, 1999, 114.

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Lücken der CWC sind bekannt; bis die Konvention als taugliches Anti-Terrorismus-Instrument anzusehen ist, ist noch ein langer Weg zu beschreiten. d) 1975 Biowaffenkonvention Biologische Kampfstoffe stellen in den Händen von Terroristen ein immenses Bedrohungspotential dar. Gleichzeitig sind einzelstaatliche Maßnahmen zur Kontrolle biologischer Agenzien angesichts des einfachen Transports von Erregern – auch über die Staatsgrenzen hinweg – und der Möglichkeit schneller Verlagerung der Produktionsstätten wenig effizient. Als Grundlage für die Eindämmung und Bekämpfung biologischer Waffenaktivitäten kommt somit nur ein internationales Regelungswerk in Betracht. Eins solches besteht in der Biowaffenkonvention (BWC)89. Die BWC war das Ergebnis einer langen Suche nach einem ergänzenden Vertragswerk zum Genfer Giftgasprotokoll von 1925; sie ist die erste multilaterale Konvention, die die Abrüstung einer gesamten Waffenkategorie vorsieht.90 In der Biowaffenkonvention wird der Ansatz eines internationalen Waffenkontrollregimes für biologische Waffen gewählt; die Staatengemeinschaft hat sich gegen eine strafrechtliche Regelung der Materie entschieden. Die BWC ist damit nicht als strafrechtliches Instrument zur Biowaffenkontrolle ergangen. Fraglich ist daher, inwieweit die Konvention zur völkerrechtlichen Kriminalisierung von Akten des Bioterrorismus herangezogen werden kann. Inhaltlich bringt die BWC ein einfaches Verbot der Herstellung, Verbreitung und Verwendung biologischer Waffen zum Ausdruck. Dieses Verbot stellt eine die Vertragsstaaten bindende und klar bestimmte Norm ius cogens gegen die Benutzung von Biowaffen dar.91 Art. I der Konvention verbietet die Entwicklung, Produktion, Lagerung oder sonstigen Erwerb von a) biologischen Substanzen und Wirkstoffe, die nicht prophylaktischen, schüt88

Ende 2002 haben 82 Vertragsstaaten (56 %) die CWC in ihre nationalen Gesetzgebungen umgesetzt; vgl. Technical Secretariat, Background Paper on the Conduct of Inspections under the Chemical Weapons Convention and Related Issues, OPWC Document RC-1/S/1 vom 17.04.2003, 17; Kelle, The CWC After Its First Review Conference: Is the Glass Half Full or Half Empty?, http://www.acro nym.org.uk/dd/dd71/71cwc.htm (18.02.2004). 89 Convention on the Prohibition of the Development, Production and Stockpiling of Bacteriological (Biological) and Toxin Weapons and on their Destruction v. 10.04.1972; in Kraft getreten am 26.03.1975; U.N. Doc. A/Res/2826; Unites Nations Treaty Series 163. 90 Dazu Dando, The New Biological Weapons Convention. Threat, Proliferation, and Control, 2001, 133 ff.; Haar, The Future of Biological Weapons, 1991, 1 ff. 91 Kellman, Harv. J. L. & Pub. Pol’y 2001, 721 (726).

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zenden oder anderen friedlichen Zwecken dienen; und b) Waffen, die dazu geeignet sind, biologische Erreger für feindliche Zwecke oder im Rahmen eines bewaffneten Konflikts einzusetzen.92 Aus dem Anwendungsbereich der Norm herausgelassen sind Individuen und private Gruppierungen; das Abkommen adressiert damit nicht private terroristische Akte mittels Biowaffen, und es wird keine individuelle Strafbarkeit für derartige Verhaltensweisen errichtet. Die Vorschriften der BWC sind ausschließlich auf die Beschränkung staatlicher Biowaffenprogramme zugeschnitten und lassen Vorbereitungshandlungen wie die Entwicklung, Produktion, Lagerung und den Gebrauch biologischen Waffenmaterials durch non-state actors außer Betracht.93 In der Gesamtschau stellt sich die BWC als Abkommen symbolischer Natur dar, und die Vorschriften der Konvention sind dementsprechend äußerst rudimentär gehalten. Der BWC mangelt es an einem formalen Prüfungsverfahren, welche eine Einhaltung der Konvention durch die Vertragsstaaten sicherstellen.94 Ebenfalls wird die Forschung für biologische Waffenprogramme durch die BWC nicht verboten. Im Rahmen von fünf Überprüfungskonferenzen zwischen den Jahren 1980–200195 ist es den Staaten mittlerweile gelungen, sowohl über ein BWC-Kontrollsystem zu verhandeln als auch die neuen Risiken des Biosektors zu erfassen. Insbesondere wurden von den Staaten neue Gefahren durch Bio- und Gentechnologie, gentechnisch veränderte Mikroorganismen sowie dem sog. Human Genome Project96 erkannt: 92 Art. 1 CWC: „Each State Party to this Convention undertakes never in any circumstance to develop, produce, stockpile or otherwise acquire or retain: (a) Microbiological or other biological agents, or toxins whatever their origin or method of production, of types and in quantities that have no justification for prophylactic, protective or other peaceful purposes; (b) Weapons, equipment or means of delivery designed to use such agents or toxins for hostile purposes or in armed conflict.“ 93 Bothe, in: Bothe/Ronzitti/Rosas (Hrsg.), The Chemical Weapons Convention: A General overview, The New Chemical Weapons Convention – Implementation and Prospects, 1998, 1 (1); Kellman, Harv. J. L. & Pub. Pol’y 2001, 721 (726). 94 Kellman, Harv. J. L. & Pub. Pol’y 2001, 721 (726); Moodie, The BWC Protocol: A Critique, CBACI Special Report, 2001, 10; Wright, Transnational Law and Contemporary Problems, 1992, 453. 95 Zu den Inhalten der ersten Überprüfungskonferenzen s. UNIDIR, The Third Review of the Biological Weapons Convention: Issues and Proposals, Research Papers Nr. 9, 1991. Ferner Haar, The Future of Biological Weapons, 1991, 8 ff.; Sims, The Evolution of Biological Disarmament, 2001. 96 Das Human Genome Project stellt die Grundlage für eine manipulierbare Wissenschaft bereit. Neben den Vorteilen für die Medizin und die Landwirtschaft eröffnen sich damit aber auch neue Möglichkeiten des biologischen Missbrauchs zu waf-

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„However, genetically manipulated micro-organism, unknown viruses, biological toxins, bioregulators and biochemicals still have an increased importance as potential biological warfare agents. Such weapons can be covertly produced and stored in small sites. [. . .] The methods of bio- and genetechnology became widespread and are therefore more and more accessible to less experienced scientists, which enhance the danger of proliferation of BW technologies.“97

Trotz dieser neuen Risikoabschätzung sind die Vertragsstaaten der Auffassung, dass: „[t]hese scientific and technological developments are still covered by the scope of Art. I of the Convention.“98

In Folge der Attentate vom 11. September 2001 sowie der Reihe anschließender Anthraxanschläge hat die Staatengemeinschaft nun auch die Gefahr durch wachsenden Bioterrorismus in ihre politische Agenda aufgenommen und sich verstärkt den non-state actors zugewandt. So sind etwa die Staaten gemäß Art. III BWC aufgefordert, die Verbreitung von Biomaterial durch Individuen und subnationale Gruppen zu verhindern und dieses Verhalten unter Strafe zu stellen99 sowie Terroristen den Zugang zu biologischem Waffenmaterial und Bioanlagen zu verwehren.100 Die Verwirklichung derartiger Forderungen ist den Staaten nur im Wege der nationalen Umsetzung möglich, vgl. Art. IV BWC. Daher appellierte die 5th Review Conference für eine schnelle und umfassende Implementierung der BWC in nationale Rechtsvorschriften: fentechnischen Zwecken. s. Dando, The New Biological Weapons. Threat, Proliferation, and Control, 2001, 39 ff.; ders., Preventing Biological Warfare, 2002, 62 ff. 97 United Nations, Background Paper on New Scientific and Technological Developments Relevant to the Convention on the Prohibition of the Development, Production and Stockpiling of Bacteriological (Biological) and Toxin Weapons and on Their Destruction, 1996. BWC/CONF.IV/4, Geneva, 30.10.1996; IMS 94-10, Institut für militärische Sicherheitstechnik, ETH Zürich. 98 So auch bestätigt von der 5th BWC-Review Conference (2001); vgl. Art. 1 Abs. 6: „The Conference, conscious of apprehensions arising from relevant scientific and technological developments, inter alia, in the fields of microbiology, biotechnology, molecular biology, genetic engineering, and any applications resulting from genome studies [. . .], reaffirms that the undertaking given by the State Parties in Article I applies to all such developments.“, Draft Final Declaration v. 07.12.2001. 99 Art. III Abs. 4: „The Conference urges State Parties to take appropriate measures to prevent and respond to any violation, including by individuals or sub-national groups, of transfer regulations or legislation, including the qualification of such a violation as a punishable offence [. . .].“ Draft Final Declaration, 5th BWC-Review Conference (2001). 100 Art. III Abs. 6: „The Conference emphasises that terrorists and terrorist groups should be prohibited from receiving materials and capabilities relevant to the Convention.“ Draft Final Declaration, 5th BWC-Review Conference (2001).

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„The Conference encourages State Parties to adopt promptly, in accordance with their constitutional process, measures to prevent terrorists from acquiring biological agents or toxins, dual use equipment and information on the production, stockpiling, acquisition or retention of the agents, toxins, weapons, equipment and means of delivery specified in Article I of the Convention, anywhere in their territory, under their jurisdiction or under their control. The Conference calls upon the States to make all possible efforts to prevent all terrorist acts including bioterrorist acts in all their forms and manifestations.“101

Die Staatenkonferenz manifestierte hiermit ihren Willen zur Bekämpfung auch nicht-staatlicher bioterroristischer Aktivitäten, allerdings findet dies nur im Rahmen eines politischen Forderungskatalogs Ausdruck. Der normative Anwendungsbereich der BWC hat insofern auch in der jüngeren Entwicklung keine explizite Erweiterung in Richtung einer Kriminalisierung von privaten bioterroristischen Erscheinungsformen durch die BWC erfahren; die BWC hält damit keine Vorschriften zur Kriminalisierung von Akten des Bioterrorismus bereit. Möglicherweise könnte dieser Mangel jedoch durch das Biowaffenprotokoll von 2001 überkommen worden sein. e) 2001 Biowaffen-Protokoll Um die Wirksamkeit der BWC zu stärken und Vertragsverletzungen gezielter aufzudecken, errichteten die Vertragsstaaten 1994 eine ad hoc-Arbeitsgruppe, die mit der Ausarbeitung eines ergänzenden Biowaffen-Protokolls beauftragt wurde. Sinn und Zweck des Protokolls sollte es sein, weiterführende Maßnahmen zum Nachweis von biologischem Waffenmaterial und zur Durchsetzung der BWC im Rahmen eines verbindlichen Regelungswerkes zu erlassen.102 In den folgenden Jahren erwiesen sich die Verhandlungen als schwierig und politisch äußerst strittig.103 Dies ist vor allem auf die dual-use Nutzung von Biomaterial zurückzuführen.104 Während chemische Kampfstoffe wie Sarin oder Senfgas grundsätzlich illegal sind und daher per se der völkerrechtlichen Ächtung unterfallen, kommen gefährliche Organismen und Gifte verschiedentlich auch auf legalen Gebieten wie der Biomedizin und in der Forschung zur Anwendung. Obwohl als medizinische Forschungseinrichtung konzipiert, können so Biolabore oder pharmazeutische Anlagen ebenso zur biologischen Waffenproduktion genutzt werArt. IV Abs. 4 Draft Final Declaration, 5th BWC-Review Conference (2001). Kellman, Harv. J. L. & Pol’y 2001, 721 (726). 103 Dazu ausführlich Rosenberg, Allergic Reaction: Washington’s Response to the BWC Protocol, http://www.armscontrol.org/act/2001_07-08/rosenbergjul_aug 01.asp (18.02.2004). 104 Monterey Institute’s Center for Nonproliferation Studies, Limiting the Acquisition and Use of Biological Weapons by Strengthening the BWC, http://www.nti. org/f_wmd411/f2j.html (18.02.2004). 101 102

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den. Mit dem Zuwachs an Biotechnologie und der Möglichkeit, erlaubtes biologisches Material in waffenfähige Form zu bringen, erschwert sich die Kontrolle in diesem Sektor sogar noch. Nach langen und komplizierten Verhandlungen legte die ad hoc-Arbeitsgruppe 2001 einen Protokollentwurf, den sog chairman’s text, vor. Der Entwurf definiert zunächst Inhalt und Umfang des Begriffs der Biowaffe und entsprechender Produktionseinrichtungen und fügt der Liste bereits identifizierter Waffen neue Systeme hinzu.105 Er sieht im Weiteren vor, dass die Vertragsstaaten Auskunft über die von ihnen unterhaltenen dual-use Einrichtungen geben müssen sowie darüber, ob sie biologische Verteidigungsprogramme oder entsprechende Aktivitäten betreiben.106 In allen anderen, nicht angegebenen Fällen sind die Staaten zur Schließung der Bioanlagen verpflichtet. Das Protokoll sieht ferner die Einrichtung einer Untersuchungskommission vor, um ausgewählte Anlagen wahlweise zu inspizieren und deren Arbeitspraxis zu kontrollieren.107 Das Vorgehen der Kommission stützt sich dabei auf das in der internationalen Waffenkontrolle allgemein anerkannte Gleichheitsprinzip, wonach jeder Staat gleichen Kontrollvoraussetzungen unterliegt. Sofern z. B. die USA eine Untersuchung einer verdächtigen Bioanlage in Russland oder im Iran wünschen, müssen sie auch Kontrollen der Anlagen auf ihrem eigenem Staatsgebiet dulden. Dieser vorgeschlagene Überprüfungsmechanismus wurde insbesondere von den USA harsch kritisiert. Zum einen sei die beabsichtigte Praxis der Untersuchungskommission wenig effektiv, da Staaten, die Forschung und Entwicklung von Biowaffen betreiben, ihre Anlagen nicht kennzeichnen würden oder ihre Aktivitäten auf legale Bioanlagen verlagerten. So könnten 105 U. a. „biological material means“ oder „genetic modification means“. s. Draft Protocol to the Convention on the Prohibition of the Development, Production and Stockpiling of Bacteriological (Biological) and Toxin Weapons and their Destruction, Art. 2, BWC/AD HOC GROUP/CRP.8 v. 03.04.2001. 106 Art. 4 Draft Protocol to the Convention on the Prohibition of the Development, Production and Stockpiling of Bacteriological (Biological) and Toxin Weapons and their Destruction, Art. 2, BWC/AD HOC GROUP/CRP.8 v. 03.04. 2001; s. auch Ad Hoc Group of the BWC, Procedural Report (2001), http://www. brad.ac.uk/acad/sbtwc/ahg56/doc56-1.pdf. 107 Art. 6 Draft Protocol to the Convention on the Prohibition of the Development, Production and Stockpiling of Bacteriological (Biological) and Toxin Weapons and their Destruction, Art. 2, BWC/AD HOC GROUP/CRP.8 v. 03.04.2001. Die Untersuchungen vor Ort gliedern sich in „randomly-selected transparency visits“ (Art. 6.B.), „voluntary assistance visits“ (Art. 6.C.) von registrierten Anlagen; ferner können die Vertragsstaaten auch eine Untersuchung einer suspekten Anlage anfordern, sog. „challenge investigation“ (Art. 9.E.). Die Anzahl der on sight-Untersuchungen soll dabei 120 Untersuchungen im Jahr nicht überschreiten (Art. 6.A.). Kritisch hierzu Moodie, The BWC Protocol: A Critique, CBACI Special Report, 2001, 23 ff.

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illegale biologische Forschungsprojekte zum Zeitpunkt eines Kontrollbesuchs durch die Untersuchungskommission versteckt oder rechtzeitig beseitigt werden. Zum anderen stellten die Inspektionen ein hohes Risiko für die private Biotechnologie und die Pharmaindustrie dar; sie sahen sich in ihren Rechten verletzt und befürchteten den Diebstahl ihrer Geschäftsgeheimnisse.108 Obwohl offiziell nicht vorgetragen, kann nicht verkannt werden, dass sich die USA durch die Anerkennung der vom Protokoll vorgeschlagenen on sight-Inspektionen sowohl in ihrer Souveränität als auch in nationalen Sicherheitsinteressen beeinträchtigt sehen. Die US-Regierung hat den vorgelegten Entwurf nicht gebilligt und sich (unter starkem Protest der übrigen BWC-Vertragsstaaten) aus den Verhandlungen der ad hoc-Arbeitsgruppe zurückgezogen. Die USA legten ein Alternativprogramm vor, welches eine Anzahl an Maßnahmen umfasste, die im Wege nationaler Umsetzung Eingang in die Praxis der Vertragsstaaten finden sollten. Hiernach waren u. a. die Herstellung und der Besitz von Biowaffen unter Strafe zu stellen sowie der Zugang zu gefährlichen biologischen Substanzen und Giften zu beschränken. Ein Untersuchungsausschuss, wie ihn der originäre Protokollentwurf vorsah, war nicht Inhalt des Programms, sondern die Kontrolle von Bioanlagen sollte durch einen nicht näher spezifizierten UN-Mechanismus erfolgen.109 Die aufgezeigte Kritik am Protokollentwurf verkennt, dass das Biowaffen-Protokoll von Anfang an nicht dafür konzipiert worden ist, Vertragsverletzungen mit dem Maß an Genauigkeit aufzudecken, wie dies bei chemischen und nuklearen Anlagen möglich ist.110 Da die Produktion von nuklearen und chemischen Waffen Produktionsanlagen einer gewissen Qualität und Größenordnung bedarf, sind die Anlagen zu ihrer Herstellung zahlenmäßig begrenzt und die Kontrolle gestaltet sich relativ überschaubar. Bei Bioanlagen ist dies nicht der Fall. Aufgrund der dual use-Nutzung von 108 Rosenberg, Allergic Reaction: Washington’s Response to the BWC Protocol, http://www.armscontrol.org/act/2001_07-08/rosenbergjul_aug01.asp (18.02.2004); Monterey Institute’s Center for Nonproliferation Studies, Limiting the Acquisition and Use of Biological Weapons by Strengthening the BWC, http://www.nti.org/ f_wmd411/f2j.html (18.02.2004). Zur Rolle der US-Industrie s. Dando, Preventing Biological Warfare, 2002, 132 ff. 109 Monterey Institute’s Center for Nonproliferation Studies, Limiting the Acquisition and Use of Biological Weapons by Strengthening the BWC, http://www.nti. org/f_wmd411/f2j.html (18.02.2004). 110 Monterey Institute’s Center for Nonproliferation Studies, Limiting the Acquisition and Use of Biological Weapons by Strengthening the BWC, http://www.nti. org/f_wmd411/f2j.html (18.02.2004); Rosenberg, Allergic Reaction: Washington’s Response to the BWC Protocol, http://www.armscontrol.org/act/2001_07-08/rosen bergjul_aug01.asp (18.02.2004); Moodie, The BWC Protocol: A Critique, CBACI Special Report, 2001, 11.

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Biomaterial und der Vielzahl an mittleren und kleinen Labore und Forschungseinrichtungen kann in diesem Bereich eine umfassende Kontrolle und eine vollständige Erfassung der verbotenen Anlagen nicht gewährleistet werden.111 Dennoch wurde dem Protokollentwurf dieses Manko zum Vorwurf gemacht und als Argument für die Ineffizienz des Protokolls angeführt. Mit der konzeptionellen Logik des Regelungswerkes lässt sich dieser Vorwurf nicht vereinen. Mit Blick auf die Natur des Biowaffen-Protokolls als Anti-TerrorismusInstrument muss die Kritik an diesem vielmehr an anderer Stelle ansetzen. Weder die BWC noch das Protokoll definieren und kriminalisieren explizit die terroristische Handhabung von Biomaterial. Während der Mangel des Protokolls an vollständiger Identifizierung und Kontrolle von dual use-Anlagen als konzeptionelle Beschränkung im Bereich der Biowaffenkontrolle hinzunehmen ist, wiegt dieser Nachteil – neben der fehlenden Strafbarkeit von Akten des Bioterrorismus – unter dem Aspekt der Terrorismusbekämpfung schwer. Zur effektiven Eindämmung des terroristischen Zugangs zu Biomaterial ist insbesondere notwendig, Kenntnis von den Anlagen zu erlangen, die nicht als offizielle Bioanlagen registriert sind. Terroristen könnten sich Biomaterial in nicht registrierten, kleinen pharmazeutischen Anlagen oder Forschungseinrichtungen beschaffen, denn deren Kontrolle deckt das Protokoll nicht ab. Zusammenfassend handelt es sich bei der BWC und dem Protokollentwurf um Instrumente der internationalen Waffenkontrolle. Beide völkerrechtlichen Regelungswerke kriminalisieren nicht und stellen somit Akte des Bioterrorismus nicht ausdrücklich unter Strafe. Die Abkommen enthalten lediglich eine Verpflichtung an die Vertragsstaaten; non-state actors werden durch die BWC und das Protokoll selbst nicht erfasst. Zwar sind die Staaten gehalten, ihre Jurisdiktion über gefährliche Aktivitäten mit Biowaffen zu errichten und damit indirekt auch gegen private terroristische Handlungen vorzugehen; wie die nationale Jurisdiktion ausgestaltet werden soll, bleibt aber im Einzelnen ungeregelt. Das Hauptproblem wird hier sein, dass – bis auf wenige Ausnahmen – die meisten Staaten keine Vorkehrungen getroffen haben, die in der BWC und im Protokollentwurf niedergelegten Normen gegen Private anzuwenden. Entsprechende Gesetze, die private Aktivitäten auf dem Biosektor (Produktion, Verschiebung oder Hehlerei von Biomaterial) unter Strafe stellen, sind nicht erlassen worden. Ein weiteres Problem besteht darin, dass in den Staaten, in denen bioterroristische Aktivitäten vermutet werden112 (hierzu zählen insbesondere die Entwicklungs111

Moodie, The BWC Protocol: A Critique, CBACI Special Report, 2001, 17. Gemäß US-Regierungsangaben fallen hierunter der Sudan, Libyen, Syrien, Iran, Irak und Nordkorea. s. Monterey Institute’s Center for Nonproliferation Stu112

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länder), die entsprechende staatliche Autorität fehlt, um relevante Vorfälle zu untersuchen. Oder es fehlt an einschlägigen nationalen Gesetzesvorschriften, welche nicht-staatlichen Akteuren den Zugang zu gefährlichen Biomaterialien untersagen.113 Hier besteht eine Lücke, die es Vertragsstaaten mitunter ermöglicht, ihre Aktivitäten im Bereich der Biowaffen auf nicht-staatliche Akteure zu verlagern, da deren Verhalten nicht erfasst wird.114 Die BWC und ihr Protokoll sind für sich genommen viel versprechende Instrumente im Bereich der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Eindämmung und Kontrolle staatlicher Biowaffenprogramme. Wegen der genannten Mängel stellen die BWC und das BWC-Protokoll derzeit kein geeignetes Anti-Terrorismus-Abkommen dar, mit dem die modernen Szenarien des Bioterrorismus durch non-state actors wirksam kriminalisiert und bekämpft werden könnten. f) 2002 Modellentwurf eines Internationalen Abkommens über die Verhütung und Strafbarkeit von Bioterrorismus Die momentane Sachlage bezüglich bioterroristischer Aktivitäten stellt sich damit – im Überblick – wie folgt dar: • die terroristische Inbesitznahme von Biomaterial ist kein internationales Verbrechen; • in den meisten Rechtsordnungen existiert kein Straftatbestand für Bioterrorismus; • es gibt weder ein System zur generellen Kontrolle biologischer Forschung noch zur Kontrolle bio-pharmazeutischer Labore; • das Völkerrecht autorisiert kein behördliches Eingreifen gegen die Herstellung von Biowaffen durch Terroristen; • auch wenn eine solche Legitimation hergestellt würde, sind institutionelle Möglichkeiten zur Bekämpfung bioterroristischer Aktivitäten nicht vorhanden. Vor diesem Hintergrund ist der Modellentwurf eines Internationalen Abkommens über die Verhütung und Strafbarkeit von Bioterrorismus, erarbeitet von Kellman am International Weapons Control Center der DePaul University in Chicago115, richtungweisend, um die derzeitige Definitions- und dies., Limiting the Acquisition and Use of Biological Weapons by Strengthening the BWC, http://www.nti.org/f_wmd411/f2j.html (18.02.2004). 113 Kellman, Harv. J. L. & Pub. Pol’y 2001, 721 (731). 114 Kellman, Harv. J. L. & Pub. Pol’y 2001, 721 (728).

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Strafbarkeitslücke bezüglich bioterroristischer Aktivitäten zu schließen.116 Bei dem Entwurf handelt es sich um ein rein akademisches Modell, das in der Literatur und Praxis bislang keine Bestätigung erfahren hat. Dennoch verdient der Entwurf Beachtung, denn im Gegensatz zur BWC und dem BWC-Protokoll ist der Modellentwurf eines Internationalen Abkommens über die Verhütung und Strafbarkeit von Bioterrorismus nicht den internationalen Waffenabrüstungsabkommen nachgebildet, sondern er legt erstmalig einen rein strafrechtlichen Ansatz zugrunde. Der Modellentwurf stellt ein Novum dar, indem er als internationales Regelungswerk Akte des Bioterrorismus ausdrücklich als völkerrechtliches Verbrechen unter Strafe stellt und sowohl staatliche als auch nicht-staatliche Verhaltensweisen kriminalisiert. Konkret basiert der Modellentwurf auf vier verschiedenen Strategien, die sich inhaltlich ergänzen und nur zusammen ein Gefüge zum bestmöglichen Schutz vor Bioterrorismus bereitstellen: Zunächst kriminalisiert der Entwurf den Gebrauch von Biomaterial zu feindlichen Zwecken; er definiert das strafbare Verhalten sowie verpflichtet die Staaten, entsprechende Jurisdiktion zu errichten und in der Strafverfolgung zu kooperieren. Sodann werden die Staaten gehalten, ein Lizenzsystem für erlaubte Bioaktivitäten zu errichten. Parallel dazu steht den Staaten ein internationaler Mechanismus zur Einhaltung und Kontrolle von bio-safety und bio-security standards zur Verfügung. Letztlich schafft der Modellentwurf eines Internationalen Abkommens über die Verhütung und Strafbarkeit von Bioterrorismus die Voraussetzungen für ein internationales Informationssystem zur Sammlung und Analyse illegaler bioterroristischer Aktivitäten. aa) Völkerrechtliche Strafbarkeit von Bioterrorismus Art. 1 des Modellentwurfs etabliert Bioterrorismus als völkerrechtliches Verbrechen. Die Norm zählt die strafbaren Verhaltensweisen auf, die unter allen Umständen, an jedem Ort und zu jeder Zeit den Tatbestand des Bioterrorismus erfüllen, und errichtet individuelle Verantwortlichkeit für jede Person, Körperschaft oder staatliche Funktionsträger. Eine Rechtfertigung für Taten aus Art. 1 besteht nicht. Staatliche Funktionsträger können sich weder aus politischen, philosophischen, ideologischen, rassischen, ethnischen, religiösen noch ähnlichen Gründen auf Immunität vor der Strafver115

Die Autorin war während ihres Forschungsaufenthalts 2004 am International Human Rights Law Institute der DePaul University, College of Law, Chicago, USA, dem das besagte International Weapons Control Center angegliedert ist. 116 Vgl. Kellman, Draft Model Convention on the Prohibition and Prevention of Biological Terrorism, abrufbar unter: http://www.law.depaul.edu/centers_institutes/ ihrli/_downloads/draft_convention.pdf.

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folgung berufen, vgl. Art. 3.117 Die Strafwürdigkeit aus Art. 1 bezieht sich dabei nur auf solche Verhaltensweisen, mit denen feindliche Zwecke verfolgt werden; Art. 4 definiert diese als bewusstes Verursachen von menschlichem Verlust und Leid sowie der großflächigen Umweltbeeinflussung und Zerstörung der Tier- und Pflanzenwelt. In diesem Zusammenhang erweist sich als fraglich, ob auch die Verwendung von Biomaterialien in bewaffneten Konflikten unter die Strafwürdigkeit des Art. 1 fällt, wenn ihr Einsatz nicht zu Tod und Zerstörung von lebenden Organismen führt, sondern ausschließlich dem militärischen Vorteil dient.118 Während derartige Aktivitäten dem Anwendungsbereich der BWC unterfallen, zeigt sich der Modellentwurf eng zugeschnitten, denn er stellt die non-lethal Anwendungen nicht unter Strafe. Generell bezieht sich der Anwendungsbereich von Art. 1 ausschließlich auf die Normierung von eng definierten, strafrechtlichen Verhaltensweisen; die Vorschrift anerkennt aber zugleich, dass es eine Vielzahl von Bioaktivitäten gibt, die ihrer Natur nach vom Waffenkontrollregime besser erfasst werden. bb) Durchsetzung der Strafansprüche Um dem Regelungswerk entsprechende Wirksamkeit zu verleihen, hält die Draft Model Convention neben der Normierung strafwürdigen Verhaltens in Kapitel VII Maßnahmen zur Umsetzung der Strafansprüche bereit. Der Modellentwurf greift dabei auf einzelne Vorschriften bereits erlassener Anti-Terrorismus-Konventionen zurück und eröffnet damit die Hinwendung vorhandener, positiver Ansätze in der internationalen Terrorismusbekämpfung zu neuen Modellen. Art. 5 stellt das materiell-rechtliche Fundament staatlicher Jurisdiktionsbefugnis über die in Art. 1 normierten bioterroristischen Akte dar. Gemäß Art. 6 haben die Vertragsstaaten darauf zu achten, dass ihre nationalen Strafgesetze die in Art. 3 aufgezählten Rechtfertigungsgründe nicht gestatten.119 Art. 7 sieht vor, dass die Staaten ferner Gesetze 117 Ein ähnliches Konzept verfolgt die Harvard Sussex Law Program’s Draft Convention to Prohibit Biological and Chemical Weapons under International Criminal Law v. 01.11.2001. Article II (3); s. dazu Meselson/Robinson, in: Yepes-Enriquez/Tabassi (Hrsg.), Treaty Enforcement and International Cooperation in Criminal Matters with Special Reference to the Chemical Weapons Convention, 2002, 447 ff. 118 Etwa dem außer Gefecht setzen von gegnerischem Kriegsgerät oder dem zügigen Vorrücken eigener Kampfeinheiten. Siehe dazu Kellman, Draft Model Convention on the Prohibition and Prevention of Biological Terrorism, http://law. depaul.edu/institutes_centers/ihrli/_downloads/draft_convention.pdf, Textual Summary, 3. 119 Art. 6 des Modellentwurfs ist Art. 5 des Internationalen Übereinkommens zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge v. 09.01.1998 sowie Art. 6 des Inter-

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gegen die logistische und finanzielle Unterstützung von bioterroristischen Aktivitäten erlassen.120 Die Durchsetzung des Strafanspruchs erweist sich insofern schwierig als sie davon abhängt, welcher Staat Jurisdiktion über die Tat ausübt. Im Hinblick auf eine effektive Strafverfolgung sind die Staaten daher gehalten, ihre Jurisdiktion erschöpfend auszugestalten; überlappende Jurisdiktion von mehreren Staaten wird angesichts des Risikos etwaiger Lücken in der Strafverfolgung in Kauf genommen. So sieht der Modellentwurf in Art. 8 umfassende Anknüpfungskriterien der Strafverfolgung vor: Neben dem Territorialitätsprinzip kommen sowohl das aktive als auch das passive Personalitätsprinzip sowie das Schutzprinzip zur Anwendung. Angesichts der Annahme, dass Akte des Bioterrorismus als Verbrechen gegen die Menschlichkeit qualifizieren, wird zudem das Universalitätsprinzip für Taten des Bioterrorismus etabliert, Art. 8 Abs. 10.121 Im Falle kollidierender Jurisdiktion gibt Art. 9 sodann den Staaten die Rangfolge der anzuwendenden Jurisdiktion vor. Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, ihre Jurisdiktion gemäß ihrer nationalen Rechtsordnungen zu errichten und sofern möglich, auch auf universale Jurisdiktion zurückzugreifen. Da Art. 1 des Modellentwurfs Bioterrorismus als völkerrechtliches Verbrechen definiert, ist ferner jeder internationale Strafgerichtshof oder jedes internationales Tribunal dazu berechtigt, Akte des Bioterrorismus im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeit zu verfolgen, vgl. Art. 15. Im Falle der – bislang fehlenden – Rechtsverbindlichkeit des Modellentwurfs eines Internationalen Abkommens über die Verhütung und Strafbarkeit von Bioterrorismus wäre hiernach auch der IStGH legitimiert, Akte des internationalen Bioterrorismus zu ahnden. Grundlage für eine effektive Strafverfolgung durch die Staaten ist deren Verpflichtung zu internationaler Rechtshilfe und Kooperation, welche in Art. 10 und 11 niedergelegt ist.122 Art. 12 normiert die Auslieferung mutmaßlicher Bioterroristen. Sie ist zwingend, sofern der Gewahrsamsstaat nicht selbst die Strafverfolgung vornimmt.123 Art. 12 stellt damit sicher, nationalen Übereinkommens zur Bekämpfung der Finnanzierung von Terrorismus v. 09.12.1999 nachgebildet. 120 Art. 7 des Modellentwurfs entspricht Art. 18 (2) des Entwurfs zu einem umfassenden Terrorismusabkommen (Draft Model Convention on the International Suppression of Terrorism), abgedruckt in: Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 305. 121 Kellman, Draft Model Convention on the Prohibition and Prevention of Biological Terrorism, http://law.depaul.edu/institutes_centers/ihrli/_downloads/draft_con vention.pdf, Textual Summary, 3 f. 122 Näher dazu s. Annex on Mutual Legal Assistance and Cooperation, Draft Model Convention on the Prohibition and Prevention of Biological Terrorism, http://law.depaul.edu/institutes_centers/ihrli/_down-loads/draft_convention.pdf.

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dass jede Person oder Körperschaft, die einer bioterroristischen Tat verdächtig ist, der Strafverfolgung zugeführt wird. Die verbleibenden Inhalte des Modellentwurfs eines Internationalen Abkommens über die Verhütung und Strafbarkeit von Bioterrorismus beauftragen die Vertragsstaaten, ein Lizenzsystem für erlaubte Biosubstanzen und Bioaktivitäten zu errichten sowie deren Einhaltung und Kontrolle zu sichern. Obwohl diese Vorschriften nicht strafrechtlicher Natur sind, kommt ihnen wichtige Bedeutung zu: Während die Strafnormen des Ersten bis Vierten Kapitels Verhaltensweisen im Zusammenhang mit dem tatsächlichen Gebrauch und Umgang von Biomaterial zu feindlichen Zwecken pönalisieren und deren Strafverfolgung regeln, bestimmen die verbleibenden Vorschriften die Modalitäten vor dem Eintritt eines bioterroristischen Schadensfalls. Ausgehend von den verheerenden Folgen eines Terroranschlags mit Biowaffen kann die tatsächliche Durchführung eines Anschlags nicht abgewartet werden. Die Bekämpfung bioterroristischer Aktivität muss bereits dort ansetzen, wo sich das Risiko entsprechender Anschläge abzeichnet: etwa im Umgang und Transport mit biologischen Materialien oder deren Erforschung und Verarbeitung in biotechnischen Einrichtungen. Zur Absicherung dieser Vorbereitungshandlungen bioterroristischer Aktivität soll das Lizenzsystem mit dessen internationaler Kontrolleinrichtung dienen. In der Gesamtschau zeichnet sich der Modellentwurf eines Internationalen Abkommens über die Verhütung und Strafbarkeit von Bioterrorismus als völkerrechtliches Regelungsinstrument ab, welches die internationale Staatengemeinschaft mit umfassenden Vollmachten im Kampf gegen den Bioterrorismus ausstattet. Indem die Staaten zur nationalen Strafverfolgung von internationalem Bioterrorismus verpflichtet sind, büßen sie nicht ihre Souveränität ein. Ihnen wird ermöglicht, in der Strafverfolgung zusammenzuarbeiten. Damit das Konzept – nämlich eine umfassende Beschränkung bioterroristischer Aktivität zu etablieren und dementsprechende Strafbarkeit zu errichten – auch trägt, ist es von eminenter Wichtigkeit, dass alle Staaten Akte des Bioterrorismus in ihren nationalen Rechtsordnungen unter Strafe stellen und sodann auf dem Gebiet der Strafverfolgung kooperieren. Nur so kann das Internationale Abkommen über die Verhütung und Strafbarkeit von Bioterrorismus ein tragfähiges völkerrechtliches Instrument zur Bekämpfung von bioterroristischen Aktivitäten sein, wenn es auch kein all umfassendes und ausschließliches ist.124 Wünschenswert wäre, dass dem 123 s. zur näheren Ausgestaltung der Auslieferung Abschnitt 12–15 Annex on Mutual Legal Assistance and Cooperation, Draft Model Convention on the Prohibition and Prevention of Biological Terrorism, http://law.depaul.edu/institutes_cen ters/ihrli/_downloads/draft_convention.pdf.

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Entwurf die Umsetzung von der Wissenschaft in die Praxis zuteil würde und sich das Modell zu einem rechtsverbindlichen völkerrechtlichen Regelungsinstrument gegen den Bioterrorismus etablierte. 6. Regelungswerk betreffend die Finanzierung des Terrorismus: Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus Durch die Verabschiedung des Internationalen Übereinkommens zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus125 wurde eine lang existierende Lücke im Gefüge der Anti-Terrorismus-Abkommen geschlossen und die Strafbarkeit der Finanzierung des internationalen Terrorismus etabliert. Bei der Finanzierung des Terrorismus handelt es sich um einen wesentlichen Bestandteil terroristischer Aktivität, ohne den dieser, insbesondere in seiner modernen Ausgestaltung, heute undenkbar ist. Zwar bedürfen nicht alle Formen terroristischer Aktivität eines umfassenden finanziellen Hintergrundes; oftmals fallen lediglich Kosten für die Lebenserhaltung der Täter an oder diese werden in Leistungen oder Gütern abgegolten.126 In anderen Konstellationen werden hingegen Summen benötigt, die weit über jene Kosten für konventionelle Waffentechnik oder Sprengstoffe hinausgehen; dies ist etwa der Fall, wenn Terrorakte mittels Massenvernichtungswaffen geplant werden.127 Ebenso vielfältig wie der Einsatz der Gelder zeigen sich die terroristischen Finanzquellen. Diese können sowohl legalen (z. B. Geschäfts- oder Privatspenden) als auch illegalen (z. B. Gelder aus organisierter Kriminalität, Drogenhandel oder Geldwäsche) Ursprungs sein.128 Ins124 Kellman, Draft Model Convention on the Prohibition and Prevention of Biological Terrorism, http://law.depaul.edu/institutes_centers/ihrli/_downloads/draft_con vention.pdf, Textual Summary, 13. 125 International Convention for the Suppression of the Financing of Terrorism v. 09.12.1999, in Kraft getreten am 10.04.2002, U.N. Doc. A/RES/54/109 (2000), Annex. Es gehören der Konvention 154 Vertragsstaaten an, 132 haben unterzeichnet (Stand: 01.01.2006). 126 Eine Studie über die Anschläge des 11. September 2001 hat belegt, dass die Attentäter mit kleineren Geldüberweisungen unter 10 000 US Dollar ausgestattet wurden, um ihre Lebenskosten und Studiengebühren abzudecken. s. Mooloy, Terrorism, Typologies and Non-Cooperation, Money Laundering Bulletin, Februar 2002, 2. 127 Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 229. 128 International Bar Association, International Terrorism: Legal Challenges and Responses. A Report by the International Bar Association’s Task Force on Terrorism, 2003, 118. Die Methoden der Finanzierung von Terrorismus werden an Komplexität noch zunehmen: So finanzierten sich die liberianischen Rebellen etwa durch den Diamantenhandel mittels von ihnen kontrollierten Minen. Vgl. Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 229.

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besondere im Hinblick auf die teilweise legale Natur dieser Gelder fällt es den Finanzinstitutionen schwer, den Fluss der Mitteln zu verfolgen und Transaktionen aufzudecken, die für die Unterstützung terroristischer Aktivitäten bestimmt sind.129 Letztlich gelingt es terroristischen Akteuren immer wieder, ihre Transaktionen über andere Kanäle als den offiziellen Finanzsystemen abzuwickeln.130 Banken können diesbezüglich nur reagieren, wenn die Transaktionen als „ungewöhnlich, verdächtig oder anderweitig terroristischer oder krimineller Natur“ erscheinen.131 Das Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus sieht das Einfrieren und die Beschlagnahme von Geldern vor, welche für terroristische Akte vorgesehen sind. Mit der Konvention wird das Ziel verfolgt, Terroristen Geldmittel zu entziehen und damit die Gefahr von Terrorakten zu verringern und einzudämmen. Die Konvention verbietet es jeder Person, jedem Staat oder internationaler Organisation, Geldmittel in dem Bewusstsein zur Verfügung zu stellen, dass die Gelder für ein Terrorverbrechen nach den im Anhang der Konvention benannten Anti-Terrorismus-Abkommen verwendet werden, vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. a. Es ist nicht erforderlich, dass die Gelder tatsächlich zur Ausführung eines speziellen Verbrechens verwendet werden. Die Konvention verbietet ferner jede Handlung, die den Tod oder die schwere Körperverletzung einer Person verursacht, welche nicht aktiv an einem bewaffneten Konflikt beteiligt ist; die Handlung muss darauf ausgerichtet sein, eine Bevölkerung, Regierung oder internationale Organisation zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen zu zwingen, vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. b. Gemäß der Konvention sind Täterschaft, Teilnahme und der Versuch strafbar; diese Handlungen sind unter keinen Gründen gerechtfertigt. Die Konvention findet allerdings keine Anwendung auf Tathandlungen innerhalb eines Staates, wenn diese keinen internationalen Bezug aufweisen. Wie die vorherigen Abkommen verpflichtet die Konvention die Staaten, einen Straftatbestand für die Finanzierung des Terroris129 International Bar Association, International Terrorism: Legal Challenges and Responses. A Report by the International Bar Association’s Task Force on Terrorism, 2003, 118. 130 Seit dem 11. September 2001 konnten insbesondere zwei inoffizielle Finanzkanäle identifiziert werden: zum einen Wohltätigkeitsorganisationen und zum anderen ein informelles System zum Geldwechsel namens Hawala. Zur Einführung von Hawala s. Jost/Sandhu, The Hawala alternative remittance system and its role in money laundering, Interpol General Secretariat, Januar 2000, http:// www.interpol.int/Public/FinancialCrime/Money-Laundering/hawala/default.asp; International Bar Association, International Terrorism: Legal Challenges and Responses. A Report by the International Bar Association’s Task Force on Terrorism, 2003, 119. 131 s. Financial Task Force on Money Laundering, Guidance for Financial Institutions in Detecting Terrorist Financing, 24.04.2002, Rn. 9.

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mus in ihren nationalen Rechtsordnungen zu schaffen und den Täter auszuliefern oder anzuklagen, aut derere aut iudicare.132 Ausgehend von den wachsenden Möglichkeiten eines globalisierten Finanz- und Kommunikationsmarktes kann eine internationale Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus nur gelingen, wenn sich alle Staaten an der Umsetzung von effektiven Maßnahmen auf dem Gebiet der Finanzkontrolle beteiligen. Um den höchsten Grad an Zusammenarbeit unter den Staaten zu erreichen, enthält die Konvention detaillierte Bestimmungen über die internationale Rechtshilfe sowie die Auslieferung. Dass diese Vorschriften weiter reichen als jene der vorherigen Anti-Terrorismus-Abkommen, ist die eigentliche Errungenschaft der Konvention.133 So stimmen die Vertragsstaaten darüber überein, sich auf dem Gebiet der polizeilichen Ermittlungen, Strafverfolgung und Auslieferung optimal zu unterstützen. Anfragen auf Rechtshilfe können nicht mit dem Verweis auf das Bankgeheimnis, politische Auslieferungsausnahme oder sonstige Auslieferungshindernisse abgelehnt werden.134 Bei dem Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus handelt es sich um das jüngste Anti-Terrorismus-Abkommen. Die völkerrechtliche Pönalisierung finanzieller Aktivitäten und das „Einfrieren“ und die Beschlagnahme von Geldern ist ein wichtiger Schritt in der Bekämpfung des Terrorismus, wenngleich damit nicht alle terroristische Gefahren verhindert werden können. Indem die Konvention in ihrer Strafbarkeit vorrangig auf finanzielle Tathandlungen abstellt, erfasst sie wesentliche Vorbereitungshandlungen; für die eigentliche völkerrechtliche Kriminalisierung von Akten des internationalen Terrorismus ist sie jedoch nicht konzipiert, deshalb kann sie eine diesbezügliche Strafbarkeit nicht begründen. 7. Entwurf eines umfassenden Terrorismusabkommens Schließlich ist auf den Entwurf eines umfassenden Terrorismusabkommens einzugehen. Zu untersuchen ist, ob dieser ein zukunftsfähiges Instrument der völkerrechtlichen Pönalisierung von Terrorakten darstellt. Waren die vorherigen Abkommen allesamt auf einen spezifischen, eng umrissenen terroristischen Anwendungsbereich zugeschnitten, handelt es sich bei dem Entwurf eines umfassenden Terrorismusabkommens um das erste völkerrechtliche UN-Abkommen allgemeiner Natur.135 Bereits 1972 hatten die 132

Vgl. Art. 5 bis 7, Art. 10 des Finanzierungsübereinkommens. Legal Department International Monetary Fund, Suppressing the Financing of Terrorism. A Handbook of Legal Drafting, 2003, 10; Kotzur, AVR 2002, 454 (458). 134 Vgl. Art. 13, 14 des Finanzierungsübereinkommens. 133

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USA den Vereinten Nationen einen Vorschlag zur Ausarbeitung einer allgemeinen Terrorismuskonvention unterbreitet, doch musste die US-Initiative hinter dem Konzept der Schaffung spezieller Anti-Terrorismus-Abkommen zurückstehen.136 Die Grundlage für die derzeitigen Verhandlungen über einen neuen Entwurf eines umfassenden Terrorismusabkommens stellen ein indischer Entwurf aus dem Jahr 1996 und seine überarbeitete Fassung aus 2000 dar.137 Die Arbeiten an dem neuen Entwurf, insbesondere die intensiven Einigungsbemühungen nach den Ereignissen vom 11. September 2001, haben verdeutlicht, dass die Staaten darin übereinstimmen, Fortschritte im Kampf gegen den internationalen Terrorismus erzielen zu wollen und dazu umfassende gesetzgeberische Maßnahmen ergreifen. Dennoch konnten die Staaten traditionelle Vorbehalte betreffend einer umfassenden Pönalisierung des internationalen Terrorismus bislang nicht überwinden. So ist sich die Staatengemeinschaft weiter uneinig über: • die Definition des Terrorismus, • das Verhältnis zwischen Terrorismus und nationalen Befreiungsbewegungen, sowie • die Einbeziehung von Handlungen staatlicher Streitkräfte in Ausführung ihrer Funktionen. Die Staaten verpflichten sich im umfassenden Terrorismusabkommen zur Zusammenarbeit in der Bekämpfung und Bestrafung von Akten des Terrorismus. Art. 2 des Entwurfs definierte diese Akte wie folgt:138 135 Unter der Ägide des Völkerbundes wurde 1937 die Convention for the Prevention and Punishment of Terrorism verabschiedet, die niemals in Kraft getreten ist. Vgl. dazu unter B. I. 136 Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 243; Marx, ZAR 2002, 127 (128). 137 Letter dated 01.11.1996 from the Permanent Representative of India to the United Nations addressed to the Secretary-General, UN Doc. A/C.6/51/6 (11.11.1996). Ferner Press Release, Secretary General, United Nations Ready to Lead and Serve in Fight against Terrorism, says Secretary-General: Calls for Comprehensive Intsrument to Tackle International Terrorism in All Its Aspects, UN Doc. S/SM/6092 (24.10.1996). UN Docs. A/C.6/56/L.9 und A/57/37. Draft Comprehensive Convention on International Terrorism, Working Document Submitted by India, UN Doc. A/C.6/55/1 (28.08.2001). Zur Beschreibung der verschiedenen Vorschläge und Änderungsanträge sowie zur Disskussion innerhalb des Hoc Committee s. United Nations, General Assembly, Measures to Eliminate International Terrorism: Report of the Working Group, UN Doc. A/C.6/55/L.2 (19.10.2000). Eingehend zum umfassenden Terrorismübereinkommen und den Verhandlungen ferner van Ginkel, in: van Leeuwen (Hrsg.), Confronting Terrorism, 2003, 207 ff. 138 So in der Fassung: Informal Texts of Articles 2 and 2 bis of the draft comprehensive convention, prepared by the Coordinator, A/57/37, S. 6 (Dieser Text stellt

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„Any person commits an offence within the meaning of this Convention if that person, by any means, unlawfully and intentionally, causes: (a) Death or serious bodily injury to any person; or (b) Serious damage to public or private property, including a place of public use, a State or government facility, a public transportation system, communications system, an infrastructure facility or the environment; or (c) Damage to property, places, facilities, or systems referred to in paragraph 1 (b) of this article, resulting or likely to result in major economic loss, when the purpose of the such act, by its nature or context, is to intimidate a population, or compel a Government or an international organization to do or abstain from doing any act. [. . .]“

Art. 2 definiert auch den Versuch und die Teilnahme als Akte des Terrorismus. Die oben genannte Definition enthält die Formen der Tatbestandsbegehung, die alle mit dem Ziel verfolgt werden, eine Bevölkerung, eine Regierung oder eine internationale Organisation zu bedrohen oder zu einem bestimmten Handeln oder Unterlassen zu zwingen: Die erste Tatbestandsmodalität besteht in der widerrechtlichen und vorsätzlichen Begehung von Handlungen, die den Tod oder die schwere Körperverletzung einer Person verursachen (Art. 2 Abs. 1 lit. a). Die zweite Variante der Tatbestandsbegehung bezieht sich auf die Beschädigung von öffentlichem oder privatem Eigentum sowie staatlichen und Einrichtungen, Transportsystemen, anderen Infrastruktureinrichtungen oder der Umwelt (Art. 2 Abs. 1 lit. b). Schließlich erfüllen den Tatbestand des Art. 2 solche Handlungen, welche die Beschädigung von Einrichtungen des Art. 2 Abs. 1 lit. b vorsehen und damit großen wirtschaftlichen Schaden verursachen (können). Diese in Art. 2 vorgeschlagene Definition der terroristischen Straftat trifft auf einige Bedenken im völkerrechtlichen Schrifttum, namentlich den Mangel an rechtlicher Bestimmtheit, denn die Definition enthält verschiedene Elemente, die der Eindeutigkeit des Tatbestandes widersprechen.139 So bezögen sich die Tatbestandselemente „serious damage“, „major economic loss“, oder „its nature or context“ auf unklare und vage Begriffsbestimmungen, die nicht mit dem Prinzip nullum crimen sine lege, welches universelle Anerkennung in den nationalen Rechtsordnungen und im Völkerstrafrecht findet, zu vereinbaren seien.140 Der Gebrauch der Begrifflichkeit „by its nature or context“ den Stand der Verhandlungen der Working Group of the Sixth Committee im Jahr 2001 dar. Es ist festzuhalten, dass weitere Verhandlungen zu den Entwürfen stattfinden). 139 Andreu-Guzmán, Terrorism and Human Rights, No. 2, 2003, 34; ders., Terrorism and Human Rights, 2002, 205 f.

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lässt zudem darauf schließen, dass das Vorsatzelement von der „Funktionalität“ der Straftat abhängig ist und nicht vom Willen des Täters. Mit dieser Formulierung des Tatbestandes wird das Prinzip der zwingenden Verantwortlichkeit etabliert und vom Grundsatz der subjektiven Verantwortlichkeit, welches im Völkerstrafrecht vorherrschend ist, abgewichen.141 Die Tatbestandsvarianten verdeutlichen, dass der Definitionsentwurf des umfassenden Terrorismusabkommen neben der traditionellen, schweren Gewaltanwendung gegen Personen und Sachgüter auch die Gefährdung öffentlicher Einrichtungen und Infrastrukturen sowie von Kommunikationssystemen und der Umwelt umfasst. Damit deckt die Definition moderne terroristische Erscheinungsformen ab. Wird das umfassende Terrorismusabkommen in der vorgesehenen Form verabschiedet, können zukünftig auch Taten des Atom-, Chemie-, Bio- oder Cyberterrorismus in den Anwendungsbereich der Konvention fallen. In seiner weiteren inhaltlichen Ausgestaltung verpflichtet der Vertragsentwurf die Staaten, für die Handlungen aus Art. 2 in ihren nationalen Rechtsordnungen entsprechende Normen für die Strafbarkeit zu verankern, Art. 4, und festzulegen, dass für solche Akte Rechtfertigungsgründe ausgeschlossen sind, Art. 5. Der Entwurf richtet an die Staaten das Verbot, terroristische Aktionen zu organisieren, diese zu finanzieren oder zu unterstützen sowie sich an der Begehung von terroristischen Aktionen in anderen Staaten in der Form zu beteiligen, dass sie Terroraktivitäten auf ihrem Staatsgebiet tolerieren. Sie haben Maßnahmen zu ergreifen, um den Aufenthalt und die Tätigkeit von Terrorgruppen auf ihrem Staatsgebiet zu verhindern, Art. 8. Der Entwurf gibt eine weite Jurisdiktion vor, da Art. 6 das Territorialprinzip, das aktive und passive Personalitätsprinzip sowie das Schutzprinzip vorsieht. Im Falle der Nichtauslieferung, sind die Staaten zur Strafverfolgung gehalten, aut dedere aut iudicare, Art. 11. 8. Regionale Instrumente Neben den universellen Vertragswerken zur Bekämpfung des Terrorismus auf UN-Ebene sind auch eine Reihe von regionalen Anti-TerrorismusAbkommen verabschiedet worden. So konnten die OAS142, der Europa140 Vgl. Art. 15 Pakt über bürgerliche und politische Rechte; Art. 7 Europäische Menschenrechtskonvention; Art. 9 Interamerikanische Menschenrechtskonvention; Art. 7 African Charter on Human Rights and Peoples Rights; General Principles unter dem IStGH-Statut. 141 Ebenda. Vgl. ferner die Inter-American Commission on Human Rights, Report on Terrorism and Human Rights, Doc. OAS/Ser.L/V/ll.116, Doc. 5 rev. 1 cor., 22.10.2002, Rn. 227.

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rat143, die SAARC144, die Arabische Liga145, das Commonwealth der unabhängigen Staaten146, die Organisation der Afrikanischen Einheit147 sowie die Organisation der Islamischen Konferenz148 eigene, in ihrem Anwendungsbereich räumlich begrenzte Konventionen zur Bekämpfung des Terrorismus vereinbaren. Die regionalen Instrumente folgen dem universalen Modell der bestehenden Anti-Terrorismus-Abkommen auf UN-Ebene: Auch sie sehen keine Definition des Terrorismus vor, sondern es erfolgt die Kriminalisierung einzelner, spezieller terroristischer Verhaltensweisen, wie etwa Mord, Geiselnahme international geschützter Personen oder Flugzeugentführung. Ferner verankern sie das Prinzip aut dedere aut iudicare. Eine direkte Strafbarkeit terroristischen Verhaltens erfolgt im Rahmen regionaler Terrorismusbekämpfung ebenfalls nicht. Gegenstand der regionalen Konventionen ist in der Hauptsache die Koordinierung präventiver Maßnahmen und die Vereinheitlichung des Rechtshilfeverkehrs in Strafsachen.149 Die Gesamtschau der benannten regionalen Abkommen zeigt, dass diese Instrumente keine Neuerungen hinsichtlich der Kriminalisierung von Akten des internationalen Terrorismus bereithalten, sondern lediglich die auf der UN-Ebene analysierten Resultate bestätigen. Da die vorliegende Arbeit ihren Fokus auf die universelle Kriminalisierung des internationalen Terrorismus durch das Völkerrecht legt, erfolgt eine weitere Analyse der regionalen Instrumente nicht.

142 Organization of American States: Convention to Prevent and Punish Acts of Terrorism the Form of Crimes against Persons and Related Extortion that are of International Significance v. 02.02.1971, O.A.S. Doc. A/6/Doc. 88 rev.1, corr.1; 10 ILM, 255. 143 European Convention on the Suppression of Terrorism v. 27.01.1977, E.T.S. No. 90; 15 ILM, 1272. 144 South Asian Association for Regional Cooperation: Regional Convention on the Suppression of Terrorism v. 04.11.1987, abgedruckt in UN Doc. A/51/136 (04.11.1987). 145 The League of Arab States, the Council of Arab Interior and Justice Ministers: The Arab Convention on the Supression of Terrorism v. 22.05.1998. 146 The Commonwealth of Independet States: Treaty on Cooperation aming the States Members of the Commonwealth of Independent States in Combating Terrorism v. 04.06.1999. 147 Organization of African Unity: Convention on the Prevention and Combating of Terrorism v. 14.07.1999. Näher dazu David, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Criminal Responsibility, 2003, 72 ff. 148 Organization of the Islamic Conference: Convention of the Organization of the Islamic Conference on Combating International Terrorism v. 11.10.2000, abgedruckt in UN Doc. A/54/637, *annex. 149 Marauhn, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Vol. 4, 2000, 853; Gless/Lüke, Jura 1998, 70 (71); Wilkitzki, ZStR 1993, 821 (831).

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C. Kriminalisierung des int. Terrorismus auf völkerrechtlicher Ebene

9. Zwischenergebnis Der gescheiterte Versuch der internationalen Staatengemeinschaft, sich auf eine umfassende Terrorismuskonvention zu einigen, hat dazu geführt, dass die Bekämpfung des internationalen Terrorismus bislang einzelnen, bereichsspezifischen Anti-Terrorismus-Abkommen vorbehalten bleibt. Diese wurden im obigen Abschnitt im Überblick behandelt und analysiert. Die jeweiligen Abkommen pönalisieren spezielle Techniken internationalen Terrorverhaltens, wie etwa die Geiselnahme, Flugzeugentführung oder die Vornahme von Sprengstoffanschlägen gegen Zivilisten. Alle Konventionen stellen dabei Täterschaft, Versuch und Teilnahme unter Strafe. Angefangen mit dem 1970 Übereinkommen zur Bekämpfung der widerrechtlichen Inbesitznahme von Luftfahrzeugen hat sich die Tendenz entwickelt, Anti-Terrorismus-Abkommen so auszugestalten, dass sie sehr knappe Vorschriften über die nationale – und somit nach Völkerrecht nur mittelbare – Strafverfolgung, Auslieferung, Jurisdiktion und Rechtshilfe hinsichtlich terroristischer Verhaltensweisen enthalten. Im Ergebnis lassen sich die typischen Merkmale der Kriminalisierung von konventionellen Terrorakten durch das Völkervertragsrecht wie folgt zusammenfassen: (1) Durch die einzelnen Konventionen werden explizit oder indirekt spezielle terroristische Verhaltensweisen kriminalisiert; (2) die speziellen terroristischen Aktionsformen sind in den nationalen Rechtsordnungen unter Strafe zu stellen; damit unterliegen sie nicht der unmittelbaren Strafbarkeit nach Völkerrecht; (3) die Konventionen bestimmen die Zuständigkeit über die speziellen Terrorakte anhand einer Vielzahl von Umständen; (4) die speziellen terroristischen Verhaltensweisen werden als auslieferungsfähige Delikte behandelt; (5) die Konventionen verpflichten die Staaten, die Täter an Staaten mit einschlägiger Jurisdiktion über die terroristischen Akte auszuliefern oder ihren eigenen Strafverfolgungsbehörden mit dem Ziel der Einleitung eines Strafverfahrens zu übergeben, aut dedere aut iudicare; (6) die Staaten sind gehalten, auf dem Wege der internationalen Rechtshilfe bei der Ermittlung und Strafverfolgung hinsichtlich der speziellen Terrorakte zusammenzuarbeiten. Obwohl dies wünschenswert wäre, finden sich diese Merkmale nicht einheitlich in allen benannten Anti-Terrorismus-Abkommen wieder. Dennoch stellen die Konventionen Instrumente des Völkerstrafrechts dar, weil sie hinsichtlich der – von ihnen jeweils umfassten – terroristischen Handlungen

II. Kriminalisierung des int. Terrorismus nach Völkergewohnheitsrecht

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Strafcharakter begründen.150 Das Zustandekommen der Anti-TerrorismusAbkommen spiegelt hierbei den Entwicklungsprozess internationaler Normen mit Strafcharakter im Bereich des Völkerstrafrechts wider: Je stärker ein kriminelles Phänomen in einem speziellen Bereich zu Tage tritt (z. B. Attentate auf den internationalen zivilen Flugverkehr oder auf international geschützte Personen), desto intensiver werden völkerrechtliche Regelungen verabschiedet. Diese gewinnen im Lauf der Zeit an Bestimmtheit in der strafrechtlichen Normierung.151 Das heißt, je mehr Konventionen für ein spezielles terroristisches Phänomen verabschiedet werden, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Normierung der Strafbarkeit, Strafverfolgung, Strafzumessung, Auslieferung, Jurisdiktion und internationaler Rechtshilfe weiterentwickelt hat und damit die Vorschriften dem völkerrechtlichen Bestimmtheitsgebot immer stärker entsprechen. Eine einheitliche Normierung in den Anti-Terrorismusabkommen hinsichtlich der Pönalisierung von Terrorismus wäre vorteilhaft und wünschenswert (Normklarheit)152; sie ist aber unterblieben. Die Analyse hat ergeben, dass hinsichtlich der Kriminalisierung von Massenvernichtungswaffen derzeit noch eine Strafbarkeitslücke besteht. Im Bereich der Bekämpfung von atomaren und chemischen Terrorismus sowie Terrorismus mittels Biowaffen existieren zwar erste Ansätze einer multilateralen Regelung, doch ist diese noch nicht gültig oder es handelt sich hierbei um Instrumente der internationalen Waffenkontrolle, nicht der Strafverfolgung. Die bestehenden Regelungswerke unterliegen keinem strafrechtlichen Ansatz und halten demnach eine völkerstrafrechtliche Kriminalisierung von Akten des Atom-, Bio- und Chemieterrorismus auf dem Gebiet des Völkervertragsrechts momentan nicht bereit. Moderne Gefahren durch cyberterroristische Attacken werden durch keine UN-Konvention abgedeckt.

II. Die Kriminalisierung des internationalen Terrorismus nach Völkergewohnheitsrecht Nachdem im vorhergehenden Abschnitt die Kriminalisierung von Akten des internationalen Terrorismus nach Maßgabe des bestehenden Völkervertragsrechts evaluiert wurde, wird nun geprüft, ob das Völkergewohnheitsrecht entsprechende Regelungen bereithält. 150 Bassiouni, Case Western Reserve Journal of International Law 1993, 15, abgedruckt in: Dugard/Wyngart (Hrsg.), International Criminal Law and Procedure, 1996, 27 (30). 151 Bassiouni, International Terrorism: Multilateral Conventions, 2001, 119; ders., Introduction to International Criminal Law, 2003, 134 ff., 150. 152 Siehe D’Amato, Concept of Custom in International Law, 1971.

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C. Kriminalisierung des int. Terrorismus auf völkerrechtlicher Ebene

1. Resolutionspraxis der UN-Generalversammlung Resolutionen der UN-Generalversammlung gelten als Indiz für das Vorliegen von Völkergewohnheitsrecht. Im Folgenden werden die Resolutionen untersucht, die im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung verabschiedet worden sind. Der Ausgangspunkt für die Behandlung des internationalen Terrorismus innerhalb der UN-Generalversammlung stellt die Friendly Relations Declaration von 1970 dar.153 Hierin verpflichten sich die Staaten: „to refrain from organizing, instigating, assisting or participating in acts of civil strife or terrorist acts in another State or acquiescing in organized activities within its territory directed towards the commission of such acts, when the acts referred to in the present paragraph involve a threat or use of force.“154

Der Resolutionstext sieht keine Definition des „terroristischen Akts“ vor, doch verbietet die Friendly Relations Declaration eindeutig terroristische Aktivitäten.155 In den darauf folgenden Jahren wurden weitere Resolutionen durch die UN-Generalversammlung erlassen, die zum einen Maßnahmen zur Bekämpfung und Kontrolle des internationalen Terrorismus vorsahen, zum anderen seine Ursachen und politischen Hintergründe aufgriffen.156 Im Dezember 1985 verurteilte die Generalversammlung unmissverständlich alle terroristischen Handlungen, Methoden und Praktiken als kriminelle Akte, gleich wo und wann sie begangen wurden.157 Durch diese eindeutige Kriminalisierung terroristischer Akte und der damit zusammenhängenden Schaffung universeller Jurisdiktion kommt der 1985 Resolution normativer Charakter zu.158 Seit dieser Resolution verurteilen alle späteren Resolutionstexte terroristi153

UN GA Declaration on Principles of International Law concerning Friendly Relations and Co-operation among States in accordance with the Charter of the United Nations („the Friendly Relations Declaration“), UN GA Res. 2625 (XXV) v. 24.10.1970. 154 UN GA Res. 2625 (XXV) v. 24.10.1970, Prinzip 1, 8. Abschnitt. 155 Cassese, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 519; Sunga, The Emerging System of International Criminal Law, 1997, 197. 156 Siehe etwa UN GA Res. 3034 (XXVII) v. 18.12.1972 mit dem Titel: „Measures to prevent international terrorism which endagers or takes innocent human lives or jeopardizes fundamental freedoms, and study of the underlying causes of those forms of terrorism and acts of violence which lie in misery, frustration, grievance and despair and which cause some people to sacrifice human lives, including their own, in attempt to effect radical changes“. 157 UN GA Res. 40/61 v. 09.12.1985, Abschnitt 1. 158 Cassese, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 519; El-Ayouty, 5 ILSA J. Int’L & Comp. L., 485 (491).

II. Kriminalisierung des int. Terrorismus nach Völkergewohnheitsrecht

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sche Akte als kriminell und fordern die Staaten auf, entsprechende Maßnahmen auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung zu unternehmen. Keine der Resolutionen vermochte es jedoch, die Rechtfertigung von Terrorverhalten als legitime Ausübung des Selbstbestimmungsrechts der Völker zu überwinden.159 Die Haltung der UN-Generalversammlung änderte sich erst zu Beginn der 90er Jahre mit der Declaration on Measures to Eliminate International Terrorism160. Diese sieht einen Bezug zum Recht auf Selbstbestimmung und die Rechtmäßigkeit des bewaffneten Befreiungskampfes nicht mehr vor. In dieser Resolution bestimmt die UN-Generalversammlung, dass: „(1) it reiterates the condemnation of acts of terrorism as criminal; (2) it characterizes acts of terrorism as a grave violation of the purpose and principles of the United Nations; (3) it provides that criminal acts intended or calculated to provoke a state of terror in the general public, a group or particular person for political purposes are in any circumstance unjustifiable, whatever the considerations of a political, philosophical, ideological, racial, etnic, religious or any other nature that may be invoked to justify them.“161

Die 1994 Declaration on Measures to Eliminate International Terrorism stellt eine wichtige Weiterentwicklung in der Kriminalisierung des internationalen Terrorismus auf UN-Ebene dar. Erstens wird die Strafbarkeit terroristischen Verhaltens als krimineller Akt bestätigt. Zweitens wird Terrorismus als schwere Verletzung der Ziele und Prinzipien der Vereinten Nationen bezeichnet. Drittens wird bekräftigt, dass terroristisches Verhalten unter keinen Umständen zu rechtfertigen ist, vgl. Absätze 1–3. Damit verurteilt die Resolution alle terroristischen Handlungen, Methoden und Praktiken als kriminell. Sie definiert diese als Akte, die dazu gedacht oder darauf angelegt sind, die breite Öffentlichkeit, einen bestimmten Personenkreis oder bestimmte Personen aus politischen Motiven in Schrecken zu versetzen; darüber hinaus bleibt terroristischen Verhaltensweisen jegliche Basis für eine Rechtfertigung versagt. Die Generalversammlung hat ihre Resolutionspraxis seitdem bestätigt.162 159 UN GA Res. 31/102 v. 15.12.1976; UN GA Res. 32/147 v. 16.12.1977; UN GA Res. 34/145 v. 17.12.1979; UN GA Res. 36/109 v. 10.12.1981; UN GA Res. 38/130 v. 19.12.1983; UN GA Res. 40/61 v. 09.12.1985; UN GA Res. 42/159 v. 07.12.1987; UN GA Res. 44/29 v. 04.12.1989. 160 UN GA Res. 49/60 v. 09.12.1994. 161 UN GA Res. 49/60 v. 09.12.1994. 162 UN GA Res. 50/53 v. 11.12.1995; UN GA Res. 51/210 v. 17.12.1996; UN GA Res. 53/108 v. 08.12.1998; Marauhn, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Vol. 4, 2000, 850; Kittichaisaree, International Criminal Law, 2001, 228.

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C. Kriminalisierung des int. Terrorismus auf völkerrechtlicher Ebene

Die benannten Resolutionen stellen ein Indiz für die Existenz von Völkergewohnheitsrecht dar. Denn der IGH hat sowohl im Nuclear Weapons Case163 sowie im Continental Shelf Case164 bestätigt, dass die Resolutionspraxis der UN-Generalversammlung die opinio iuris der Staaten formen kann. Nach der Rechtsprechung des IGH können Resolutionen der UN-Generalversammlung normativen Charakter haben und die Existenz einer Regel des Völkergewohnheitsrechts oder deren Schaffung beweisen. Insbesondere gilt dies, wenn sich die Resolutionspraxis in eine eindeutige Richtung entwickelt hat und die Resolutionen von der Mehrzahl der Staatengemeinschaft angenommen worden sind.165 Wie die Analyse der Resolutionspraxis der Generalversammlung auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung ergibt, sind die wesentlichen Resolutionen ohne Gegenstimme verabschiedet worden.166 Zudem verdeutlicht die jüngere Resolutionspraxis (seit Beginn der 90er Jahre) einen klaren Trend in der inhaltlichen Ausgestaltung: Die Resolutionen konzentrieren sich verstärkt auf die Kriminalisierung terroristischen Verhaltens und entsprechende Bekämpfungsmaßnahmen und lassen Fragen der Ursachen und Rechtfertigung von Terrorverhalten außen vor.167 Die Staatengemeinschaft manifestiert damit einen Wandel in der Betrachtung des internationalen Terrorismus weg vom nationalen Befreiungskampf hin zu kriminellem Verhalten. Somit lässt sie an der grundsätzlichen Ächtung des internationalen Terrorismus durch das Völkerrecht keinen Zweifel. 2. Resolutionspraxis des UN-Sicherheitsrates Im Gegensatz zur Resolutionspraxis der UN-Generalversammlung adressieren die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates im Bereich des internationalen Terrorismus weniger das Phänomen des Terrorismus an sich sowie seiner Ursachen, sondern sie verurteilen konkretes Terrorverhalten. a) Kriminalisierung von konventionellen Terrorakten Nicht erst seit den Anschlägen vom 11. September 2001 hat sich der UNSicherheitsrat mit der Problematik des internationalen Terrorismus befasst. 163 Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapons, ICJ Reports 1996, 226, Rn. 64. 164 Libyan Arab Jamahirya vs. Malta, Judgement, ICJ Reports 1985, 29, Rn. 27. 165 Gegenargument aus dem Gutachten zur Atomwaffenfrage, Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapons, ICJ Reports 1996, 29, Rn. 70. 166 Cassese, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 510 ff. 167 Lambert, Terrorism and Hostages in International Law, 1990, 44.

II. Kriminalisierung des int. Terrorismus nach Völkergewohnheitsrecht

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Seit den 90er Jahren sah sich das Gremium vermehrt mit internationalen terroristischen Aktivitäten konfrontiert, die Gegenstand mehrerer Resolutionen waren: So widmeten sich die Resolutionen 731 (1992) sowie 748 (1992) dem Attentat von Lockerbie168; die Resolutionen 1044, 1054 und 1070 (1996) verlangten die Einstellung der Unterstützung und des Aufenthaltes von Terroristen durch den Sudan169; Afghanistan und das Kosovo wurden zum Gegenstand der jüngeren Resolutionspraxis hinsichtlich der Einstellung terroristischer Aktivitäten gemacht.170 Die Resolution 1269 (1999)171 forderte die internationale Gemeinschaft zur Bekämpfung und Verhütung terroristischer Handlungen auf; sie enthält konkrete Rahmenbedingungen für eine internationale Zusammenarbeit und Koordination auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung. Maßgebliche Beschlüsse seitens des UN-Sicherheitsrates nach dem 11. September 2001 sind die Resolutionen 1368 (2001)172 und 1373 (2001)173, welche die Anschläge auf New York und Washington zum völkerrechtlichen Bezugspunkt nehmen. Das UN-Gremium qualifiziert in beiden Entschlüssen Akte des internationalen Terrorismus erstmalig als eine tatsächliche Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit174 und erkennt darüber hinaus das Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung gegen internationale Terrorschläge in allgemeiner Weise an.175 Vor allem Resolution 1373 (2001) ist mit Blick auf eine effektive 168 Vgl. S/Res/731 (1992) v. 21.01.1992 sowie S/Res/748 (1992) v. 31.03.1992, in denen der UN-Sicherheitsrat erstmals für den staatlich unterstützten Terrorismus festhält, dass die Nichterfüllung der Auflagen und Sanktionen durch Libyen eine „Bedrohung des internationalen Friedens“ darstellt. 169 Vgl. S/Res/1044 (1996) v. 31.01.1996, welche die Auslieferung der im Sudan befindlichen Attentäter nach Ägypten fordert und die Einstellung der Unterstützung und des Aufenthalt von Terroristen verlangt. Da der Sudan der Resolution 1044 (1996) nicht nachkam, ordnete der Sicherheitsrat gemäß Kap. VII UN-Charta Sanktionen an; s. S/Res/1054 (1996) v. 26.04.1996 und S/Res/1070 (1996) v. 16.08.1996. 170 Vgl. S/Res/1214 (1998) v. 08.12.1998 zu Afghanistan; S/Res/1160 (1998) v. 31.03.1998 sowie S/Res/1199 (1998) v. 23.09.1998 und S/Res/1203 (1998) v. 24.10.1998 zum Kosovo. Letztere hält fest, dass nicht nur die Jugoslawische Armee, sondern auch die Kosovarische Befreiungsarmee (UCK) terroristische Akte unternehmen. 171 S/Res/1269 (1999) v. 19.10.1999. 172 S/Res/1368 (2001) v. 12.09.2001, welche festhält, dass der UN-Sicherheitsrat „regards such acts, like any other act of international terrorism, as a threat to international peace and security.“ 173 S/Res/1373 (2001) v. 28.09.2001, welche festhält, dass die Terrorakte des 11. September, „like any other act of terrorism, constitute a threat to the peace and security.“ 174 Näher hierzu unter B. IV. 2.

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C. Kriminalisierung des int. Terrorismus auf völkerrechtlicher Ebene

Bekämpfung terroristischer Gefahren von wesentlicher Bedeutung, denn sie verpflichtet die Staaten, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Terroranschläge zu unterbinden sowie jenen, die Terroraktivitäten finanzieren, planen, unterstützen und begehen, einen sicheren Zufluchtsort zu verwehren. Ferner haben die Staaten dafür Sorge zu tragen, dass Personen, die an der Finanzierung, Planung, Vorbereitung und Durchführung von Terrorakten beteiligt sind, vor Gericht gestellt werden. Terrorakte sind in den nationalen Gesetzen als schwere Verbrechen einzustufen, und es muss eine dem Gewicht der Tat angemessene schwere Strafe verhängt werden. Der Resolutionstext bestimmt weiter, dass sich die Staaten untereinander größtmögliche Hilfe bei strafrechtlichen Ermittlungen oder Strafverfahren zukommen lassen und Maßnahmen ergreifen, um die Bewegungsfreiheit von internationalen Terroristen einzuschränken. Die Zeichen der Zeit erkennend, nimmt das UN-Gremium auch Bezug auf die enge und gefährliche Verknüpfung zwischen dem internationalen Terrorismus und der organisierten Kriminalität, dem illegalen Drogenhandel, der Geldwäsche, dem illegalen Handel mit nuklearem, chemischem und biologischem Material sowie anderen tödlichen Substanzen.176 b) Kriminalisierung von Massenvernichtungswaffen Mit der Verabschiedung der Resolution 1540 (2004)177 hat die internationale Staatengemeinschaft versucht, die vorab aufgezeigten Rechtslücken im Bereich der Kriminalisierung von Massenvernichtungswaffen zu schließen. Resolution 1540 (2004), welche die Kriterien einer Kriminalisierung der Aneignung von Massenvernichtungswaffen festlegt, stellt ein neues Instrument und einen Meilenstein in der Bekämpfung des nicht-staatlichen internationalen Terrorismus und dessen biologischer, chemischer und nuklearer Ausprägung dar.178 Inhaltlich enthält Resolution 1540 (2004) das ausdrückliche Verbot an die Staaten, nicht-staatlichen Akteuren bei der Aneignung von Massenvernichtungswaffen Hilfe zu leisten. Abschnitt 2 adressiert das Verhalten Privater und bestimmt, dass: 175

Stuby, Blätter für deutsche und internationale Politik 2001, 1330 (1335); Bruha/Bortfeld, VN 2001, 161 (162); Tomuschat, EuGRZ 2002, 535 (543 f.); Frowein, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 15.09.2001, 10. 176 Dazu Wüstenhagen, in: von Schorlemer (Hrsg.), Praxishandbuch UNO, 2003, 101 (136). 177 S/Res/1540 (2004) v. 28.04.2004. 178 s. Statement by Ambassador Dr. Gunter Pleuger, Permanent Representative of Germany to the United Nations v. 22.04.2004, http://www.germany-un.org/ archive/speeches/2004/sp_04_22_04.html.

II. Kriminalisierung des int. Terrorismus nach Völkergewohnheitsrecht

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„[. . .] all States, in accordance with their national procedures, shall adopt and enforce appropriate effective laws which prohibit any non-State actor to manufacture, acquire, possess, develop, transfer or use nuclear, chemical or biological weapons and their means of delivery, in particular for terrorist purposes, as well as attempts to engage in any of the foregoing activities, participate in them as an accomplice, assist or finance them.“179

Die Staaten sind verpflichtet, jeglichen nicht-staatlichen Akteuren, wie etwa Terroristen oder Waffenhändlern, die Aneignung oder die Herstellung von Massenvernichtungswaffen zu untersagen sowie entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung dieses Verbots zu erlassen. Konkret werden die Regierungen der einzelnen Staaten angehalten, der Aneignung und Verbreitung von nuklearen, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen vorzubeugen und eine dementsprechende nationale Strafverfolgung zu errichten. Darüber hinaus verpflichtet Abschnitt 3 die Staaten, strikte Exportkontrollen für nukleare, chemische und biologische Waffen und ihre Verbreitungssysteme einzuführen sowie diesbezügliche kritische Materialien, die zum Gebrauch von Massenvernichtungswaffen befähigen, sicherzustellen; vgl. Abschnitt 3 a–d. Um die effektive Implementierung zu gewährleisten, hat der UN-Sicherheitsrat nach Maßgabe von Abschnitt 4 ein neues Committee errichtet, welches für die Dauer von (nunmehr) vier Jahren die nationale Umsetzung der Resolutionsinhalte überwacht.180 Der UN-Sicherheitsrat hat mit der Resolution 1540 (2004) eine richtungweisende Vorgabe zur Kriminalisierung von Massenvernichtungswaffen verabschiedet, weil sie die universelle, nationale Strafbarkeit von Massenvernichtungswaffen zuhanden nicht-staatlicher Akteure zum Gegenstand hat. Resolution 1540 (2004) schafft hier allerdings eine indirekte völkerrechtliche Kriminalisierung, da die Staaten dem völkerrechtlichen Auftrag verpflichtet sind, nationale Strafverfolgungsmaßnahmen gegen private Aktivitäten in Bezug auf den Umgang mit Massenvernichtungswaffen einzuführen. Eine direkte völkerrechtliche Kriminalisierung erfolgt durch Resolution 1540 (2004) nicht. Der Umsetzungsauftrag betreffend der Kriminalisierung von Massenvernichtungswaffen sieht sich zukünftig noch einigen rechtlichen Herausforderungen gegenüber, die mit der Verabschiedung eines solchen vor allem präventiven Konzepts der Kriminalisierung einhergehen. Es ist zu wünschen, dass die nationalen Strafrechtsordnungen Resolution 1540 (2004) wirksam implementieren und damit die Voraussetzung für eine uni179

S/Res/1540 (2004) v. 28.04.2004, unter 2. Vgl. S/Res/1673 (2006) v. 27.04.2006, welche das ursprüngliche Mandat von 2 Jahren auf weitere 2 Jahre bis zum 27. April 2008 verlängerte. Das Programm sowie Arbeitsergebnisse des 1540 Committee finden sich unter http://disarma ment2.un.org/Committee1540/programmeofwork.html (17.11.2007). 180

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C. Kriminalisierung des int. Terrorismus auf völkerrechtlicher Ebene

verselle (nationale) Kriminalisierung privater Aktivitäten auf dem Gebiet der Massenvernichtungswaffen schaffen. Die dargelegte Resolutionspraxis des UN-Sicherheitsrates auf dem Gebiet des internationalen Terrorismus unterstreicht die Trendwende, die bereits bei der UN-Generalversammlung beobachtet werden konnte. Während frühere UN-Resolutionen noch ausschließlich staatliches Terrorverhalten adressierten, weist die jüngere Resolutionspraxis, speziell jene Entschlüsse, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 verabschiedet wurden, auf eine Erweiterung der Adressaten (neu auch non-state actors) und des Zuständigkeitsbereiches (etwa die Kriminalisierung von Massenvernichtungswaffen) hin. Die Hinwendung der Staatengemeinschaft zur Verurteilung von internationalem Terrorverhalten und insbesondere zur Kriminalisierung nicht-staatlicher Terroraktivitäten mittels Massenvernichtungswaffen trägt ihrem Verlangen Rechnung, der terroristischen Bedrohung für den Frieden und die internationale Sicherheit universal zu begegnen. Die aufgezeigte Resolutionspraxis des UN-Sicherheitsrates spricht für den Richtungswandel der Staaten, schwere Akte des internationalen Terrorismus als das Völkerrecht gefährdende Verbrechen einzuordnen und diesbezüglich ihre opinio iuris fortzuentwickeln.181 3. UN Special Committees on Terrorism In die Analyse des Völkergewohnheitsrechts zur Terrorismusproblematik müssen ferner die Aktivitäten des UN Special Committees on Terrorism Eingang finden. Mit der Resolution 3034 der UN-Generalversammlung aus dem Jahr 1972182 wurde das erste Ad Hoc Committee on International Terrorism eingerichtet, welches damit beauftragt wurde, kooperative Maßnahmen zu erarbeiten, die zu einer „zügigen Eliminierung“ der Terrorismusproblematik führen.183 Das Committee wurde in drei Unterabteilungen gegliedert, die sich einzeln mit der Frage nach der Definition des Terrorismus, den Ursachen des Terrorismus sowie mit Maßnahmen zur Bekämpfung des Phänomens befasst sahen.184 Ein Ergebnis wurde jedoch aufgrund inhaltlicher Differenzen in keiner der Arbeitsgruppen erzielt. 1996 errichtete die UN-Generalversammlung eine neues Ad Hoc Committee,185 um ein internationales Abkommen zur Bekämpfung terroristischer 181

Sadat, 3 Wash. U. Global Stud. L. Rev., 135. UN GA Res. 3034 (XXVII) v. 18.12.1972. 183 Lambert, Terrorism and Hostages in International Law, 1990, 36. 184 s. Report of the Ad Hoc Committee on International Terrorism, UN GAOR, 28th Sess., Supp. 28, para. 3; UN Doc. A/9028 (1973). 185 UN GA Res. 51/210 v. 17.12.1996. 182

II. Kriminalisierung des int. Terrorismus nach Völkergewohnheitsrecht

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Bombenanschläge und eine Konvention über die Bekämpfung nuklearen Terrorismus zu erarbeiten sowie bestehende internationale Vertragswerke zu ergänzen.186 Das Mandat für das 1996 Committee wird seitdem jährlich erneuert, und das Gremium widmet sich heute intensiv der Ausarbeitung eines umfassenden Terrorismusabkommens.187 Als Reaktion auf die Anschläge vom 11. Septembers 2001 hat der UNSicherheitsrat mit der Resolution 1373 (2001) das Counter-Terrorism Committee (CTC) errichtet, welchem die Aufgabe zukommt, die Umsetzung der Inhalte aus der Resolution 1373 (2001) in den Mitgliedstaaten zu überwachen.188 Das CTC sammelt die Länderberichte und stellt u. a. den Staaten Hilfe zur Verfügung, denen die technische Implementation der Resolutionsinhalte in ihre nationalen Rechtsordnungen Schwierigkeiten bereitet.189 Eine ähnliche Funktion kommt dem UN 1540 Committee zu, das, wie bereits angesprochen, als Special Committee die effektive Implementation der Resolutionsinhalte 1540 (2004)190 auf dem Gebiet der Massenvernichtungswaffen gewährleisten soll und für die Dauer von zwei Jahren die nationale Umsetzung überwacht.191 Während in der Zeit des Kalten Krieges das Ad Hoc Committee on International Terrorism größtenteils blockiert war und das Gremium sich nicht auf wirksame Gegenmaßnahmen sowie auf eine einheitliche Definition einigen konnte, zeigt sich die Arbeit der seit 1996 existierenden Ad Hoc Committee viel versprechend. Zu einer Einigung auf eine allgemein anerkannte Terrorismusdefinition konnten die UN Special Committees on Terrorism zwar bislang nicht beitragen. Dennoch hat das Counter-Terrorism Committee seit seiner Errichtung durch den UN-Sicherheitsrat 2001 beeindruckende Arbeit geleistet und konnte sehr zur universellen Umsetzung der Resolutionsinhalte 1373 (2001) und zur weltweiten Harmonisierung der nationalen Terrorismusvorschriften beitragen.192 Ein ähnlicher Erfolg wird sich vom neuesten 1540 Committee des UN-Sicherheitsrates im Bereich der Proliferation von Massenvernichtungswaffen erwartet. Die stetige Erweiterung der Aufgaben und Zuständigkeiten der benannten UN Special Committees on Terrorism spricht dafür, dass sich die Problematik des internationalen Ter186 s. http://www.un.org/law/terrorism/ (11.08.2003). Ein weiteres Ergebnis der Arbeit des 1996 Committees stellt das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus dar, vgl. UN GA Res. 54/109 v. 09.12.1999. 187 UN GA Res. 56/88 v. 12.12.2001, Abschnitt 16. 188 S/Res/1373 (2001) v. 18.09.2001. Näher zur CTC s. Williams, VN 2002, 213 ff. 189 s. http://www.un.org/sc/ctc. 190 S/Res/1540 (2004) v. 28.04.2004. Zum Resolutionsinhalt s. o. unter C. II. 2. b). 191 S/Res/1540 (2004) v. 28.04.2004, Abschnitt 4. 192 Siehe dazu ausführlich http://www.un.org/sc/ctc.

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C. Kriminalisierung des int. Terrorismus auf völkerrechtlicher Ebene

rorismus von einer nationalen zu einer internationalen Materie entwickelt hat und innerhalb der Vereinten Nationen mittlerweile als Phänomen vorrangiger Priorität wahrgenommen wird mit dem Ziel, die internationale Kriminalisierung des Terrorismus zu erreichen. 4. International Law Commission a) Entwürfe zum Draft Code of Crimes against the Peace and Security of Mankind Die International Law Commission (ILC) ist in der Terrorismusproblematik eher einem traditionellen Ansatz gefolgt, denn sie unterscheidet noch klar zwischen internem und internationalem Terrorismus: „International terrorism is terrorism organised and carried out by a State against State, whereas internal terrorism is organised and carried out in the territory of a State by nationals of that State. Internal Terrorism comes under internal law, since it does not endanger international relations“.193

Der 1991 Draft Code of Crimes against the Peace and Security of Mankind adressiert dann doch in Art. 24 den internationalen Terrorismus als Problem für die Weltgemeinschaft, allerdings bezieht sich die Norm nur auf die individuelle Strafbarkeit staatlicher Repräsentanten. Die ILC sieht im Staatsterrorismus die eindeutig größere Bedrohung und lässt den privaten Terrorismus außen vor.194 Die Qualität von Art. 24 des Draft Code als Norm des Völkerstrafrechts wurde innerhalb der Staatengemeinschaft bezweifelt, da sie unter strafrechtlichen Gesichtspunkten zu unbestimmt schien. So kritisierte u. a. Australien, dass der Terminus „internationaler Terrorismus“ nicht im besonderen Zusammenhang mit Gewalt aufgeführt wird. Andere Staaten sahen Art. 24 des Draft Code zu eng, da nicht-staatliche Terrorformen keinen Eingang in die Norm gefunden hatten.195 Der Draft Code of Crimes against the Peace and Security of Mankind aus dem Jahr 1996 lehnte die Vorarbeiten des 1991 Entwurfs weitgehend ab 193 Vgl. YBILC (1990), Vol. II, Document A/CN/.4/Ser.A/190 Add. 1 (part 2), 28, Rn. 1 of the commentary on Art. 16 Draft Code of Crimes against the Peace and Security of Mankind. 1954 bezog sich die ILC erstmals in ihrem Draft Code of Crimes against the Peace and Security of Mankind auf „terroristische Handlungen“. Unter den zwölf Tatbeständen, die in dem Entwurf völkerrechtliche Verbrechen darstellen und eine individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit begründen, zählt auch die „Vornahme, Anstiftung oder Duldung durch staatliche Behörden von organisierten Handlungen zur Begehung von Terrorakten in einem anderen Staat.“ Dazu Wüstenhagen, in: von Schorlemer (Hrsg.), Praxishandbuch UNO, 2003, 101 (103). 194 Sunga, The Emerging System of International Criminal Law, 1997, 202. 195 Ebenda.

II. Kriminalisierung des int. Terrorismus nach Völkergewohnheitsrecht

127

und enthielt eine neue Basis der völkerrechtlich strafwürdigen Verbrechen.196 Im Gegensatz zu seinem Vorläufer aus dem Jahr 1991, der zwölf völkerrechtliche Straftatbestände benannt hat, enthielt der 1996 Draft Code nur noch fünf Tatbestände.197 Der 1996 Draft Code verkörperte im Wesentlichen das „Nürnberger Recht“ – alle Straftaten, die Eingang in das Rechtsdokument gefunden haben, zeichneten sich dadurch aus, dass sie das „zivilisatorische Gefüge zerstören“.198 Die ILC erwog zwar zunächst auch die Aufnahme des internationalen Terrorismus als eigenständiges völkerrechtliches Verbrechen in den 1996 Entwurf, doch entschied man sich letztlich dagegen. Der frühe 1996 Entwurfstext definierte den internationalen Terrorismus noch als: „undertaking, organizing, facilitating, financing, encouraging or tolerating acts of violence against another State directed at persons or property and of such nature as to create a state of fear in the minds of public figures, groups or persons or the general public in order to compel the aforesaid State to grant advantages or to act in specific way.“199

Der Ausschluss des internationalen Terrorismus aus dem finalen 1996 Draft Code basierte auf drei Gründen: Zum einen konnte eine konkrete Definition des internationalen Terrorismus, die dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz entspricht, nicht gefunden werden. Im Gegensatz zu den Tatbeständen des Völkermordes, des Verbrechens gegen die Menschlichkeit, des Kriegsverbrechens und der Aggression fehlte zum anderen die Anerkennung des internationalen Terrorismus als Völkerrechtsverbrechen. Schließlich gab es Zweifel daran, dass terroristischen Akten die Schwere eines Verbrechens gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit innewohnt.200 Da sich der 1996 Draft Code nur auf Verbrechen mit einer gesteigerten Schwere bezog, bedürfte es zusätzlicher Kriterien, damit Terrorverbrechen die geforderte völkerrechtliche Dimension erreichten.201

196

Siehe Kritik dazu bei Allain/Jones, EJIL 1997, 100 (117). Folgende Verbrechen haben Eingang in den 1996 Draft Code of Crimes against the Peace and Security of Mankind gefunden: Aggression, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie Verbrechen gegen UN-Personal. s. Cassese, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2000, 500 (Fn. 10); Tomuschat, EuGRZ 1998, 1 (4). 198 Tomuschat, EuGRZ 1998, 1 (2). 199 Report of the ILC on the Work of its Forty-Sevenths Session, GAOR Supp. No. 10 (A/50/10), Rn. 109; Cassese, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2000, 514. 200 Cassese, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2000, 515; Tomuschat, EuGRZ 1998, 1 (5). 201 Allain/Jones, EJIL 1997, 100 (102). 197

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C. Kriminalisierung des int. Terrorismus auf völkerrechtlicher Ebene

b) Entwürfe zum IStGH-Statut Neben der Kodifizierung eines Völkerstrafgesetzbuches befasste sich die ILC auch mit der Ausarbeitung eines Statuts für den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) und legte in ihrer 44. Sitzung vom Juli 1992 erstmals einen vorläufigen Entwurf vor. Die sachliche Zuständigkeit des IStGH sollte sich gemäß Art. 22 auf a) Völkermord; b) schwere Verletzungen der Genfer Abkommen (1949) und deren Zusatzprotokoll I (1977); c) Flugzeugentführung; d) unrechtmäßige Gefährdung der zivilen Luftfahrt; e) Apartheid; f) Verbrechen gegen international geschützte Personen, einschließlich Diplomaten; g) Geiselnahme; h) unrechtmäßige Gefährdung der maritimen Seefahrt und auf dem Kontinentalschelf verankerter Plattformen beschränken.202 Auffallend an dem ersten Entwurf ist, dass es sich nur bei den in Art. 22 a), b) und g) genannten Delikte um klassische Straftatbestände des Völkerstrafrechts handelt; die übrigen Tatbestände sind lediglich als Gegenstand internationaler Strafverfolgungskooperation einzuordnen. Durch die Aufnahme der Delikte Flugzeugentführung, Verbrechen gegen international geschützte Personen sowie unrechtmäßige Gefährdung der zivilen Luft- und Seefahrt ist eine eindeutige Hinwendung der geplanten internationalen Strafgerichtsbarkeit zu terroristischen Delikten erkennbar. Die Art. 23–27 des Entwurfes ermöglichten sachliche Zuständigkeitserweiterungen, etwa durch den UN-Sicherheitsrat oder aufgrund der Bindung von Vertragsstaaten an andere völkerrechtliche Abkommen mit völkerstrafrechtlichen Bestimmungen, die nicht in Art. 22 genannt sind.203 Damit konnte auch eine Vielzahl an weiteren, nicht in dieser Vorschrift näher spezifizierten AntiTerrorismus-Abkommen Eingang in den ersten IStGH-Entwurf finden. Nach weiteren Beratungen und Diskussionen konnte sich die ILC in der 46. Sitzung 1994 auf einen Draft Statute of the International Criminal Court einigen. Die Regelung der sachlichen Zuständigkeit erfuhr im 1994 Entwurf zum IStGH-Statut gegenüber dem vorläufigen Entwurf von 1992 eine völlige Neugestaltung. Art. 20 enthielt nunmehr folgende Tatbestände: a) Völkermord, b) Aggression sowie c) schwere Verletzungen der Gesetze und Gebräuche des Krieges im bewaffneten Konflikt (Kriegsverbrechen); d) Verbrechen gegen die Menschlichkeit und e) völkervertragliche Verbrechen – diese sind im Einzelnen aufgelistet im Anhang des Statuts –, deren Begehung schwere Verbrechen von völkerrechtlicher Bedeutung darstellen.204 202 Ausführlich dazu Boister, Journal of Armed Conflict Law 1998, 27 ff.; Ahlbrecht, Geschichte der völkerrechtlichen Strafgerichtsbarkeit im 20. Jahrhundert, 1999, 340. 203 Ahlbrecht, Geschichte der völkerrechtlichen Strafgerichtsbarkeit im 20. Jahrhundert, 1999, 341.

II. Kriminalisierung des int. Terrorismus nach Völkergewohnheitsrecht

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Mit den Verbrechen des Völkermordes, der Aggression, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit und des Kriegsverbrechens haben die vier völkerrechtlichen Kernverbrechen Eingang in das 1994 Statut gefunden, die heute nach geltendem Völkerrecht strafbar sind. Ihre Strafbarkeit kann nicht auf vertragliche Verpflichtungen reduziert werden.205 Den fünften völkerrechtlichen Straftatbestand bildeten die in völkerrechtlichen Abkommen normierten Verbrechen, soweit es sich um „außerordentlich ernste Verbrechen mit internationaler Betroffenheit handelt“.206 Über Art. 20 e) wurden so die schweren Verletzungen der Genfer Abkommen (1949) und ihres Zusatzprotokolls (1977) und die bereits im Entwurf von 1992 benannten Straftaten gemäß der Anti-Terrorismus-Abkommen (Flugzeugentführung und Verbrechen gegen international geschützte Personen sowie unrechtmäßige Gefährdung der zivilen Luft- und Seefahrt) einbezogen. Der Unterschied zu dem ersten Entwurf besteht darin, dass Art. 20 e) nur Anwendung findet, wenn der Staat des Täters zugleich Vertragsstaat des jeweiligen völkerrechtlichen Abkommens ist.207 Der von der ILC 1994 vorgelegte Entwurf des Statuts für einen IStGH sah demnach eine Einbeziehung terroristischer Straftaten in den Bereich der Jurisdiktion ratione materiae vor, wenn auch nur in der Form eines Verweises auf bestimmte, durch völkerrechtliche Verträge geächtete treaty crimes.208 Akte des internationalen Terrorismus fielen damit unter Art. 20 a) bis e) des 1994 Entwurfs, wobei sich in einer Vielzahl von Fällen Art. 20 e) als einschlägige Norm herausgestellt hätte. Bemerkenswert ist, dass sich sechs von vierzehn der im Anhang aufgeführten treaty crimes auf den Terrorismus bezogen.209 204

Art. 20 des 1994 Draft Statute of the International Criminal Court: „The Court has jurisdiction in accordance with this Statute with respect to the following crimes: (a) the crime of genocide; (b) the crime of aggression; (c) serious violations of the laws and customs applicable in armed conflict; (d) crimes against humanity; (e) crimes, established under or pursuant to the treaty provisions listed in the Annex, which, having regard to the conduct alleged, constitute exceptionally serious crimes of international concern.“ 205 Graefrath, in: Hankel/Stuby (Hrsg.), Strafgerichte gegen Menschheitsverbrechen, 1995, 295 (305). 206 Blanke/Molitor, AVR 2001, 142 (146); Boister, Journal of Armed Conflict Law 1998, 27 (33). Das Kriterium der besonderen Schwere der Tat wird durch Art. 35 (c) des 1994 Entwurfs bestätigt, der besagt, dass der IStGH einen Sachverhalt auch aufgrund mangelnder Schwere ablehnen kann. 207 Ahlbrecht, Geschichte der völkerrechtlichen Strafgerichtsbarkeit im 20. Jahrhundert, 1999, 342. 208 Oeter, Die Friedens-Warte 2001, 11 (14). 209 Cassese, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2000, 515.

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C. Kriminalisierung des int. Terrorismus auf völkerrechtlicher Ebene

Der endgültige ILC-Entwurf, welcher als Grundlage des völkerrechtlichen Abkommens zur Errichtung des Römischen Statuts 1998 erfolgreich verabschiedet werden konnte, vermeidet letztlich einen derart umfassenden Vorschlag zur sachlichen Zuständigkeit des Strafgerichtshofs.210 Die Staaten einigten sich schließlich darauf, das anzuwendende Recht einheitlich in dem Statut festzulegen und auf Verweise auf nationale Vorschriften oder völkerrechtliche Abkommen zu verzichten. Die Zuständigkeit des IStGH ist somit auf die Tatbestände Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Aggression als die traditionell anerkannten Völkerrechtsverbrechen beschränkt. Obwohl der internationale Terrorismus somit nicht im IStGH-Statut aufgeführt ist, zeugen die Arbeiten der ILC zum Vertragsentwurf vom Willen der Staatengemeinschaft, im Rahmen der Errichtung des IStGH Akte des internationalen Terrorismus der direkten Völkerstrafgerichtsbarkeit zu unterstellen.211 Auch wenn das Bemühen um die Einbeziehung terroristischer Straftaten in die Jurisdiktion des IStGH letztlich nicht erfolgreich war, bedeutet dies nicht, dass terroristische Handlungen nicht durch das Statut adressiert werden sollten. Das Statut von Rom ist als Gründungsdokument zum IStGH vorrangig eine völkerrechtliche Vereinbarung zur Errichtung des Strafgerichtshofs. Weder sollte das Dokument eine inhaltlichen Definition des internationalen Terrorismus enthalten noch zur Begründung seiner unmittelbaren Strafbarkeit nach Völkerrecht dienen. Zu einer Einigung ist die Staatengemeinschaft aus konkreten inhaltlichen Gründen nicht gelangt; so konnte die Frage nach der Aufnahme von Freiheitskämpfern in einen möglichen terroristischen Straftatbestand bis zur Verabschiedung des Rom-Statuts nicht geklärt werden.212 Stattdessen einigte man sich darauf, die Bewertung terroristischer Straftaten und deren mögliche Aufnahme in das Statut auf eine zukünftige Revisionskonferenz zu vertagen.213 Gemäß Art. 121 IStGH-Statut findet die Revisionskonferenz sieben Jahren nach Inkrafttreten des Statuts statt; demnach ist sie im Jahr 2009 vorgesehen. Angesichts der Aktualität und der Intensität terroristischer Bedrohung ist dieser Zeitraum zu lang bemessen. Die Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit, insbesondere jene vom 11. September 2001 und nachfolgende Terroranschläge, haben das Bedrohungspotential von Terrorhandlungen dramatisch bestätigt und eindringlich verdeutlicht, dass moderne Erscheinungs210 Der finale ILC-Entwurf ist abgedruckt in Bassiouni, The Statute of the International Criminal Court, A Documentary History, 1998, 234 f. 211 Dazu Schabas, Introduction ICC, 2001, 21, 27; Oeter, Die Friedens-Warte 2001, 11 (14). 212 Cassese, Vortrag im Rahmen des Symposiums „Enforcing International Law against Terrorism“, Mailand 2002 (Mitschrift im Besitz der Autorin). 213 Final Act [des Statuts], Annex I, Res. E.

III. Int. Terrorismus als eigenständiges völkerrechtliches Verbrechen

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formen des internationalen Terrorismus einer völkerrechtlichen Strafverfolgung bedürfen.

III. Internationaler Terrorismus als eigenständiges völkerrechtliches Verbrechen Wie die vorhergehende Untersuchung des Völkervertragsrechts und Völkergewohnheitsrechts in Bezug auf den internationalen Terrorismus gezeigt hat, ist die Kriminalisierung von Akten des internationalen Terrorismus fest im gegenwärtigen Völkerrecht verankert. Diese Kriminalisierung erfolgt grundsätzlich indirekt. Sie ist zwar nicht immer einheitlich, doch spricht sich das Völkerrecht eindeutig für die Strafbarkeit von terroristischen Handlungen aus. Hinsichtlich der Klassifizierung des internationalen Terrorismus als eigenständiges Völkerrechtsverbrechen befindet sich die Völkerrechtsentwicklung in vollem Fluss. Die Frage, ob internationaler Terrorismus als solcher als völkerrechtliches Verbrechen qualifiziert, hat durch die Ereignisse vom 11. September 2001 und der nachfolgenden Entwicklungen enorm an Aktualität gewonnen. Wie die Ausführungen in Abschnitt B zur neuen Dimension internationaler Terrorakte belegen, machen das moderne terroristische Bedrohungspotential einerseits und der Grad der Verletzung internationaler Rechtsgüter andererseits eine völkerrechtliche Neubewertung des internationalen Terrorismus als eigenständiges Völkerrechtsverbrechen unumgänglich.214 Im Einzelnen ist die Einordnung des internationalen Terrorismus als Völkerstraftat jedoch umstritten. 1. Vorliegen eines Völkerrechtsverbrechens Ein Völkerrechtsverbrechen liegt vor, wenn ein Verbrechen eine eigenständige Norm des Völkerstrafrechts verletzt, wenn es also eine direkte Strafbarkeit nach Völkerrecht begründet.215 Im völkerrechtlichen Schrifttum besteht mehrheitlich Übereinstimmung darin, dass die Zugehörigkeit einer 214

So auch Sadat, Wash. U. Global Stud. L. Rev. 2005, 135 (145 ff.); Krajewski, Antworten des geltenden Völkerrechts auf den internationalen Terrorismus, Impulsreferat für den Arbeitskreiskreis „Die Rolle des Völkerrechts in einer globalisierten Welt“ der Heinrich-Böll-Stiftung am 16.01.2004 in Berlin; Zappalà, EJIL 2001, 595 (595); Almond, in: Han (Hrsg.), Terrorism and Violence, 1993, 397; Rubin, in: Han (Hrsg.), Terrorism and Political Violence, 1993, 214. 215 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 1. Teil, Rn. 71; Triffterer, Dogmatische Untersuchungen zur Entwicklung des materiellen Völkerstrafrechts seit Nürnberg, 1966, 9; Bremer, Nationale Strafverfolgung internationaler Verbrechen gegen das humanitäre Völkerrecht, 1999, 45 f.; Gardocki, ZStR 1986, 703 ff.

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C. Kriminalisierung des int. Terrorismus auf völkerrechtlicher Ebene

Norm zum Völkerstrafrecht engen Voraussetzungen unterliegt: Die Norm muss danach erstens ein individuell schuldhaftes Unrecht beschreiben und als Rechtsfolge Strafe androhen. Zweitens muss die Norm Teil der Völkerrechtsordnung sein. Drittens muss die Strafbarkeit unabhängig von der Umsetzung des Tatbestandes in nationales Recht bestehen.216 Eindeutige Völkerrechtsverbrechen sind die sog. Kernverbrechen (core crimes), namentlich die Kriegsverbrechen, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, der Völkermord und das Aggressionsverbrechen.217 Sie haben Eingang in das Rom-Statut gefunden und unterliegen der Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs.218 Der Rückgriff auf die Kernverbrechen als bislang einzige, universal akzeptierte Völkerrechtsverbrechen liegt einer engen Definition des völkerrechtlichen Verbrechens zugrunde, welche mit dem Zweck des Völkerstrafrechts korrespondiert, „den Frieden, die Sicherheit und das Wohl der Welt“ als die höchsten Güter der Völkergemeinschaft zu schützen.219 Deshalb sind nur „schwerste Verbrechen, welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren“220 als Völkerrechtsverbrechen anerkannt. Sie sind in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass die Begehung insbesondere das Produkt staatlichen oder staatlich unterstützten Handelns ist.221 Ob über die Kernverbrechen hinaus weitere Delikte direkt nach Völkerrecht strafbar sind, ist nicht eindeutig geklärt. Einige Stimmen in der Literatur vertreten durchaus einen weiteren Begriff des Völkerstrafrechts und beziehen andere Delikte, etwa den Rauschgifthandel, die Folter oder den Terrorismus, in den Kreis der völkerrechtlichen Verbrechen ein.222

216 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 1. Teil, Rn. 72; Cassese, International Criminal Law, 2003, 136 f.; Jescheck, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Vol. 2, 1999, 1120; Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts, AT, 1996, 123; Dahm, Zur Problematik des Völkerstrafrechts, 1956, 47. 217 Vgl. zum Begriff „Kernverbrechen“ Zimmermann, ZaöRV 1998, 47 (48); Jescheck, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Vol. 2, 1999, 1120; Manske, Verbrechen gegen die Menschlichkeit als Verbrechen an der Menschheit, 2003, 274. 218 Vgl. Art. 5 IStGH-Statut. 219 Präambel Abs. 3 IStGH-Statut. 220 Vgl. Abs. 4 und 9 der Präambel des IStGH-Statuts. 221 So etwa die ILC, Yearbook of the International Law Commission 1986, Vol. II, 41. 222 So etwa Cassese, International Criminal Law, 2003, 24.

III. Int. Terrorismus als eigenständiges völkerrechtliches Verbrechen

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2. Vorliegen eines transnationalen Verbrechens Weil eine universell gültige Terrorismusdefinition und damit ein eigenständiger völkerrechtlicher Terrorismustatbestand fehlt, geht die herrschende Meinung davon aus, dass der internationale Terrorismus bislang kein Völkerrechtsverbrechen darstellt; er müsse vielmehr als transnationales Verbrechen klassifiziert werden.223 Unter den Begriff der transnationalen Verbrechen224 werden solche Verbrechen gefasst, die sich gegen ein internationales Rechtsgut oder Interesse richten und deren Begehung mehr als nur einen Staat betrifft oder Opfer aus mehr als einen Staat gefährdet.225 Transnationale Verbrechen sind – im Gegensatz zu Völkerrechtsverbrechen – nicht eigenständig und unmittelbar strafbar. Bezüglich dieser Verbrechen wird eine Ahndung durch ein internationales Strafgericht nicht für erforderlich erachtet. Das Völkerrecht verpflichtet hier lediglich die Staaten zur Strafbarerklärung. Transnationale Verbrechen sind vorwiegend in internationalen Abkommen normiert226, ihre Anerkennung muss daher durch jeden Staat eigenständig erfolgen. Grundlage der Verfolgung und Bestrafung dieser Kategorie von Verbrechen ist die nationale Durchführungsnorm und nicht unmittelbar das Völkerrecht. Es besteht somit lediglich eine indirekte, durch die innerstaatliche Rechtsordnung vermittelte, Strafbarkeit nach Völkerrecht.227 Als wichtigste transnationale Verbrechen sind Folter228, Menschenhandel229, Straftaten gegen den Luft223 Drumbl, Human Rights Quarterly 2002, 323 (334); Cassese, in: Cassese/ Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 518. 224 Die Begrifflichkeiten variieren, und so werden transnationale Verbrechen in der Literatur auch als „internationale Verbrechen im weiteren Sinne“, „international crimes strictu largo“, „international delicts“ bzw. „sonstige internationale Verbrechen“ erfasst. 225 „Those international criminal law normative proscriptions that affect an international protected interest, and whose commission involves more than one state or harms victims from more than one state.“ Vgl. Bassiouni, Introduction to International Criminal Law, 2003, 122. 226 Vgl. unter C. I. 227 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 1. Teil, Rn. 100; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl., 1984, § 430; Bremer, Nationale Strafverfolgung internationaler Verbrechen gegen das humanitäre Völkerrecht, 1999, 71 f.; Manske, Verbrechen gegen die Menschlichkeit als Verbrechen an der Menschheit, 2003, 273. 228 Unites Nations Convention Against Torture and and Other Cruel, Inhumane or Degrading Treatment or Punishment (Übereinkommen gegen die Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen oder Strafe) v. 10.12.1984, BGBl. 1990 II, 246. 229 Vgl. diverse Abkommen gegen den Mädchen- und Frauenhandel, Abkommen v. 18.05.1904, RGBl. 1905, 695; Übereinkommen vom 04.05.1910, RGBl. 1913, 31; Übereinkommen vom 30.09.1921, RGBl. 1924 II, 180, 202.

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C. Kriminalisierung des int. Terrorismus auf völkerrechtlicher Ebene

verkehr230 und die Schifffahrt231, Geiselnahme232, bestimmte Formen der Betäubungsmittelkriminalität233 und Terrorismus zu nennen. 3. Einstufung des internationalen Terrorismus neuer Dimension in die Systematik des Völkerstrafrechts Für einige der Delikte in der Kategorie der transnationalen Verbrechen gilt, dass sie ipso jure in die Kategorie der Völkerrechtsverbrechen platziert werden können. Transnationale Verbrechen können dann die Schwelle zum Völkerrechtsverbrechen überschreiten, wenn die Tat die nötige Intensität und Schwere aufweist und die Kriterien des Völkerrechtsverbrechens erfüllen.234 Dieser engen Begrenzung der Völkerrechtsverbrechen liegt zweifelsohne eine wertende Betrachtung zugrunde. Aber es besteht auch das Bedürfnis, dass durch das Völkerstrafrecht gerade und ausschließlich die schwersten internationalen Verbrechen, die eine individuelle Verantwortlichkeit nach sich ziehen, geahndet werden sollen. Die Einbeziehung weiterer Verbrechen, die sich weniger gegen die höchsten Rechtsgüter der internationalen Gemeinschaft, sondern eher gegen solche des nationalen Rechts richten, birgt die Gefahr in sich, die besonders schützenswerten Rechtsgüter der Völkergemeinschaft zu trivialisieren, damit den Strafverfolgungsmechanismus aufzuweichen und diesem die notwendige Effektivität zu nehmen.235 Terroristische Straftaten wurden bislang als transnationale Verbrechen behandelt, zum einen aus „politischer Dienlichkeit“, zum anderen, weil es 230

(Tokioter) Abkommen über strafbare und bestimmte andere an Bord von Luftfahrzeugen begangene Handlungen v. 14.09.1963, BGBl. 1969 II, 123; (Haager) Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Inbesitznahme von Luftfahrzeugen v. 16.12.1970, BGBl. 1972 II, 1506; (Montrealer) Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt v. 23.09.1972, BGBl. 1977 II, 1230. 231 (Genfer) Übereinkommen über die Hohe See v. 29.04.1958, BGBl. 1972 II, 1091; Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen v. 10.12.1982, BGBl. 1994 II, 1799; Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschifffahrt v. 10.03.1988, BGBl. 1990 II, 496. 232 Internationales Übereinkommen gegen die Geiselnahme v. 18.12.1979, BGBl. 1980 II, 1361. 233 Einheitsübereinkommen über Suchtstoffe v. 30.03.1962, BGBl. 1973 II, 1354; Übereinkommen über psychotrope Stoffe v. 21.02.1971, BGBl. 1976 II, 1478; Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen v. 20.12.1988, BGBl. 1993 II, 1137. 234 Vgl. soeben unter C. III. 1. 235 Bremer, Nationale Strafverfolgung internationaler Verbrechen gegen das humanitäre Völkerrecht, 1999, 74; Bassiouni, Introduction to International Criminal Law, 2003, 122.

III. Int. Terrorismus als eigenständiges völkerrechtliches Verbrechen

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sich bei herkömmlichen Terrortaten um Akte einzelner Individuen oder nicht-staatlicher Gruppierungen handelte, und erheblicher Schaden internationaler Tragweite nicht entstanden ist.236 Ausgehend von der dargelegten neuen Dimension des internationalen Terrorismus spricht vieles für eine systematische Neubewertung. Terrorakte, insbesondere mittels Massenvernichtungswaffen, sind eine Gefahr für die höchsten Rechtsgüter der Völkergemeinschaft, also Rechtsgüter, an deren Erhalt die Menschheit ein allgemeines Interesse hat.237 Ohne Zweifel erreichen internationale terroristische Gewaltakte damit die für eine völkerstrafrechtliche Erfassung gebotene Dimension. Daher wird von namhaften Völkerrechtlern auch die Auffassung vertreten, nach Völkergewohnheitsrecht sei internationaler Terrorismus nunmehr eine Völkerstraftat.238 Der UN-Sicherheitsrat stützt diese Auffassung, indem er in seinen jüngeren Resolutionen zum internationalen Terrorismus diesen als „threat to international peace and security“ bzw. als „criminal“ klassifiziert.239 Andererseits ist für den völkergewohnheitsrechtlichen Straftatbestand des Terrorismus erforderlich, dass eine auf einer Rechtsüberzeugung der Staaten basierende Staatenpraxis nachweisbar ist, nach der eine entsprechende Strafbarkeit – und nicht nur Strafwürdigkeit – tatsächlich existiert. Dieser Nachweis ist jedoch – derzeit – kaum zu erbringen. Die vorhergehende Evaluation des multilateralen Vertragsregimes sowie des Völkergewohnheitsrecht im Bereich der Terrorismusbekämpfung hat ergeben, dass ein Konsens der Staatengemeinschaft über die konkrete Strafbarkeit des einschlägigen Terrorverhaltens und der zu schützenden Rechtsgüter nicht vorliegt. Aus diesem Grunde ist der herrschenden Lehre zu folgen, dass die Existenz einer Völkerstraftat Terrorismus bislang nicht besteht.240 Jedoch ist in der Tendenz die Entwicklung klar vorgezeichnet: Die gesicherte völkerstrafrechtliche Erfassung von internationalem Terrorismus dürfte wohl nur eine Frage der Zeit sein. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die zukünftige völkerstrafrechtliche Diskussion wesentlich von der Frage der Erfassung terroristischer Gewaltakte im Einzelfall geprägt sein wird. 236

Bassiouni, Introduction to International Criminal Law, 2003, 122. Näher dazu Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 1. Teil, Rn. 73 ff. 238 Etwa Cassese, International Criminal Law, 2003, 120 ff. 239 S/Res/1269 (1999) v. 19.10.1999; S/Res/1368 (2001) v. 12.09.2001; S/Res/1373 (2001) v. 28.09.2001; S/Res/1377 (2001) v. 12.11.2001; S/Res/1456 (2003) v. 20.01.2003. 240 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 1. Teil, Rn. 73; Oeter, Die Friedens-Warte 2001, 11 ff.; Jeßberger, in: Deutsches Institut für Menschenrechte (Hrsg.), Menschenrechtliche Erfordernisse bei der Bekämpfung des Terrorismus, 2002, 22 ff. 237

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C. Kriminalisierung des int. Terrorismus auf völkerrechtlicher Ebene

IV. Zwischenergebnis Die Analyse des Völkervertrags- und Völkergewohnheitsrechts in Abschnitt C. hat ergeben, dass Akte des internationalen Terrorismus im Völkerrecht bislang nur indirekt kriminalisiert werden. Die bestehenden AntiTerrorismus-Abkommen nehmen klassische Formen von Terrorgewalt zum Regelungsinhalt und stufen diese als thematisch eingrenzbare Handlungen einzelner Individuen oder kleiner Gruppierungen ein, bei denen es sich um transnationale Gewaltaktionen ohne Eintritt erheblicher Schäden mit internationaler Tragweite handelt. Allgemein klassifizieren terroristische Straftaten damit derzeit (noch) als transnationale Verbrechen, da ihnen bislang die nötige Schwere der Tat und der nötige Konsens der Staatengemeinschaft über die Strafbarkeit abgesprochen werden muss. Dadurch ist eine direkte Kriminalisierung von Terrorakten im Völkerrecht bislang unterblieben. Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings, dass moderne und insbesondere atypische Terrorformen das Völkerrecht vor neue Herausforderungen stellen und die Staatengemeinschaft zwingen, die traditionellen Regelungsmuster zu überdenken. Die Arbeiten an einer umfassenden Terrorismuskonvention sowie der Durchbruch in der internationalen Kriminalisierung von Massenvernichtungswaffen durch die Resolution 1540 (2004) zeugen von dem Willen der Staatengemeinschaft, das enge Konzept der Kernverbrechen mit Blick auf die Einordnung des internationalen Terrorismus als Völkerrechtsverbrechen möglicherweise zu erneuern.

D. Die Strafbarkeit des internationalen Terrorismus unter dem IStGH-Statut Nachdem in Abschnitt B. herkömmliche und neue Terrorformen vorgestellt wurden und deren völkervertrags- sowie völkergewohnheitsrechtliche Kriminalisierung in Abschnitt C. erfasst werden konnte, ist nun zu analysieren, welche Möglichkeiten der internationalen Gemeinschaft zur Verfügung stehen, schwere Akte des internationalen Terrorismus strafrechtlich zu verfolgen. Die Anti-Terrorismus-Abkommen legen den Fokus klar auf die Strafverfolgung durch nationale Gerichte. Angesichts der Anschläge vom 11. September 2001 und des gestiegenen Bedrohungspotentials durch moderne Terrorakte sind herkömmliche Formen der Strafverfolgung zu überdenken. Abschnitt D. macht sich die Untersuchung zur Aufgabe, welche Foren zur Pönalisierung internationaler Terrorakte in Betracht kommen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob Akte des internationalen Terrorismus unter die Zuständigkeit des neuen Internationalen Strafgerichtshofs fallen und als eines der im IStGH-Statut normierten Völkerrechtsverbrechen zu qualifizieren sind.

I. Strafrechtliche Instanzen zur Verfolgung von Akten des internationalen Terrorismus Die strafrechtliche Verfolgung von Akten des internationalen Terrorismus kann durch nationale sowie durch internationale Gerichte erfolgen. Angesichts des dezentralen Charakters des Völkerrechts bietet sich zunächst die nationale Gerichtsbarkeit für die Strafverfolgung an. Ausgehend von deren Defiziten in der Verfolgung und Durchsetzung des völkerrechtlichen Strafanspruchs ist im Weiteren zu untersuchen, welche strafrechtlichen Instanzen auf der internationalen Ebene für die Verfolgung von Akten des internationalen Terrorismus zur Verfügung stehen.

1. Nationale Strafverfolgung Die nationale Strafverfolgung gehört zum unantastbaren Kernbestand der Hoheitsgewalt eines jeden Staates und geht, da sie ureigenster Ausfluss von nationaler Souveränität ist, der internationalen Strafverfolgung vor. Somit

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D. Die Strafbarkeit des int. Terrorismus unter dem IStGH-Statut

kommt für Taten des internationalen Terrorismus zunächst die nationale Strafgewalt als angemessene Strafverfolgungsinstanz in Betracht. a) Nationale Gerichte aa) Räumliche Jurisdiktion Internationale Terroristen können als Straftäter überall dort vor Gericht gestellt werden, wo ein Staat nach seinem Recht im völkerrechtlich zulässigen Rahmen Jurisdiktion ausüben kann.1 Insbesondere bei grenzüberschreitendem, internationalem Terrorismus unterliegen die Täter dabei selten nur einer staatlichen Strafgewalt, sondern mitunter mehreren. Entscheidend ist hier, nach welchen Anknüpfungskriterien die Strafverfolgung durch einen Staat erfolgen kann. Nach dem vorherrschenden Territorialitätsprinzip wird der Staat des Tatortes immer über Strafgewalt hinsichtlich der auf seinem Territorium begangenen Terrorakte verfügen.2 Strafgewalt hat auch der Heimatstaat des Täters aufgrund des aktiven Personalitätsprinzips.3 Im Rahmen des (völkerrechtlich umstrittenen) passiven Personalitätsprinzips reklamieren auch die Herkunftsstaaten der Opfer zunehmend Strafgewalt.4 Ferner darf ein Staat im Ausland begangene Terrortaten verfolgen, wenn sie seine Sicherheit, Integrität, Souveränität oder andere wichtige Regierungsfunktionen gefährden oder verletzen.5 Dieses Schutzprinzip6 greift auch dann, wenn ein Erfolg der Terrortat auf heimischem Boden nicht zu verzeichnen ist. In den meisten Fällen entkommen internationale Terroristen nach einem Terroranschlag ins Ausland, so dass sich in der Strafverfolgung insbesondere das Prinzip der stellvertretenden Strafrechtspflege als praxisnah erweist.7 Gemäß dem Grundsatz aut dedere aut iudicare8 müssen hiernach 1 Flory, in: Higgins/Flory (Hrsg.), Terrorism and International Law, 1997, 30 (31). Zur Theorie des Strafanwendungsrechts s. ferner Oehler, in: Oehler (Hrsg.), Festschrift für Heinrich Grützner, 1970, 110 ff. 2 Oehler, Internationales Strafrecht, 1983, Kap. 4, Rn. 152 ff.; Münchau, Terrorismus auf See aus völkerrechtlicher Sicht, 1994, 140. 3 Oehler, Internationales Strafrecht, 1983, Kap. 12, Rn. 702 ff. 4 Kokott/Doehring/Buergenthal, Grundzüge des Völkerrechts, 2003, Rn. 342; Oeter, Die Friedens-Warte 2001, 11 (16); Rubin, in: Han (Hrsg.), Terrorism and Political Violence, 1993, 383 f. 5 Viele nationale Jurisdiktionen erweitern ihr Territorialkonzept auf Taten, die Auswirkungen auf das Staatgebiet haben; diese Ausweitung ist jedoch umstritten, vgl. Schabas, Introduction ICC, 2001, 63. 6 Oehler, Internationales Strafrecht, 1983, Kap. 7, Rn. 542 ff. 7 Kokott/Doehring/Buergenthal, Grundzüge des Völkerrechts, 2003, Rn. 343.

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Terroristen, deren Überstellung verlangt wird, ausgeliefert oder im Falle der Verweigerung der Auslieferung vor eigene Gerichte gestellt werden.9 Handelt es sich bei Terrorakten um solche Taten, die für alle Staaten gleich gefährlich sind und geht es um den Schutz von Rechtsgütern, an deren Erhaltung die gesamte Staatengemeinschaft ein Interesse hat, kann schließlich auch das Universalitätsprinzip zur Strafverfolgung internationaler Terroristen greifen.10 Nach diesem beteiligen sich nationale Gerichte an der völkerrechtlichen Strafverfolgung von Individuen aufgrund universeller Jurisdiktion.11 Das Universalitätsprinzip (oder auch Weltrechtsprinzip) ist für solche Straftaten anerkannt, die weder im Inland stattgefunden haben noch gegen eigene Staatsangehörige gerichtet waren, aber aufgrund ihrer Schwere z. B. einen Völkermord oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen.12 Sofern Akte des internationalen Terrorismus die ent8

Rebmann, NJW 1985, 1735 (1738). Das Prinzip des ursprünglichen aut dedere aut punicare geht auf Hugo Grotius zurück, der die Regel des allgemeinen Völkerrechts aufstellte, dass der Zufluchtsstaat das „natürliche“ Recht und die Pflicht habe, die angeklagte Person entweder dem ersuchenden Staat zu übergeben, oder sie unter seinen eigenen Gesetzen zu bestrafen. Die Wortwahl von Grotius (aut dedere aut punire) hat Bassiouni kritisiert: Diese Formel impliziere, dass die angeklagte Person schuldig sei und schlägt anstatt aut dedere aut iudicare vor. Dazu Wiessner, Die Funktion der Staatsangehörigkeit, 1989, 208 (Fn. 996); Rupprecht, Kriminalistik 1991, 769 (770). 10 Paech/Stuby, Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen, 2001, 414; Kokott/Doehring/Buergenthal, Grundzüge des Völkerrechts, 2003, Rn. 342 ff.; Frowein, ZaöRV 2002, 879 (893); Schabas, Introduction ICC, 2001, 60. 11 So klagte bereits Belgien Kriegsverbrechen gegen Zivilisten aus Ruanda an; Deutschland verurteilte Kriegsverbrecher aus Jugoslawien. Dazu Slaughter/BurkeWhite, HarvILJ 2002, 1 (9, Fn. 40, 41). Zurückhaltend dagegen der IGH in seinem Urteil Belgium v. Congo v. 14.02.2002, der das Weltrechtsprinzip nicht zu den kodifizierten Regeln des Völkerrechts zählt und einen Anknüpfungspunkt fordert. Dazu Spinedi, EJIL 2002, 895 ff.; Wirth, EJIL 2002, 877 ff. Belgien hat aufgrund des internationalen Drucks das umstrittene Genozid-Gesetz von 1993 zurückgezogen, vgl. „Abschied vom Genozid-Gesetz in Belgien“, in: Neue Zürcher Zeitung v. 14.07.2003, 4. Ferner Pejic, RICR 2002, 13 (24), (27); Vandermeersch, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Responsibility, 2003, 331 (335). 12 Nach Satzger ergibt sich der völkerrechtliche Anknüpfungspunkt für die Anwendung nationalen Strafrechts im Rahmen des Weltrechtsprinzips aus dem Unwertgehalt der Taten selbst. Vgl. Satzger, NStZ 2002, 125 (131). Das neue deutsche Völkerstrafgesetzbuch (VStG) verfügt nunmehr die Geltung des Weltrechtsprinzips für alle im VStG bezeichneten Verbrechen, „auch wenn die Tat im Ausland begangen wurde und keinen Bezug zum Inland aufweist.“ Bei Völkerrechtsverbrechen ist damit deutsches Strafrecht stets anwendbar, gleichgültig wo, von wem oder gegen wen die Taten begangen worden sind. s. Werle/Jeßberger, JZ 2002, 725 (729). Grundlegend zur universellen Jurisdiktion s. Ratner/Abrams, Accountability for Human Rights Atrocities in International Law, 1997; Roht-Arriaza, Impunity and Human Rights in International Law and Practice, 1995; Burke-White, in: Yepes-Enriquez/ 9

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sprechende Intensität aufweisen und die Tatbestandsmerkmale eines anerkannten völkerrechtlichen Verbrechens erfüllen, findet das Weltrechtsprinzip Anwendung. Dies ist dann der Fall, wenn es sich bei dem Terrorschlag um ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt, wie dies nach überwiegender Auffassung bei den Anschlägen vom 11. September 2001 vertreten wird.13 Internationale Terroristen der nationalen Strafgerichtsbarkeit zu unterstellen und sie z. B. in dem Staat des Begehungsortes abzuurteilen, bietet den Vorteil des direkten Zugriffs auf die Straftäter, auf Zeugen und Beweise.14 Für die Strafverfolgung auf nationaler Ebene spricht ferner, dass ein Verfahren vor Ort dem Genugtuungsgedanken des primär betroffenen Bevölkerungsteils oder eines Staates als Opfer eines schweren internationalen Terrorschlags Rechnung trägt. Im Hinblick auf die Strafverfolgung von internationalen Terroristen stehen der nationalen Strafverfolgung aber wesentliche rechtliche und praktische Bedenken entgegen. Zunächst kann es in einem Staat an einer unabhängigen Gerichtsbarkeit fehlen, so dass ein rechtsstaatliches Strafverfahren zur Bewertung von Akten des internationalen Terrorismus nicht gewährleistet ist. Des Weiteren ist auf das Versagen staatlicher Instanzen hinzuweisen, Terrorverbrechen überhaupt zu verfolgen. Wie jüngere Geschehnisse beispielsweise in Bosnien, Ruanda, Somalia oder Liberia gezeigt haben, kann es infolge bürgerkriegsähnlicher Zustände zur Handlungsunfähigkeit der jeweiligen Regierung und damit zum Wegfall effektiver Staatsgewalt kommen (sog. failed state-Problematik).15 Ist ein Staat nicht mehr handlungsTabassi (Hrsg.), Treaty Enforcement and International Cooperation in Criminal Matters with Special Reference to the Chemical Weapons Convention, 2002, 77 (80). 13 Schabas/Olivier, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Law, 2003, 270 ff.; Stuby, Blätter für deutsche und internationale Politik 2002, 1330 (1338); Frowein, ZaöRV 2001, 879 (893). 14 Diese Arbeit kann eine internationale Gerichtsbarkeit in der Form nicht leisten, da sie für die rasche Sammlung von Beweisen und vor-Ort-Untersuchungen auf die unmittelbare Hilfe der Staaten angewiesen ist. Vgl. auch Bruer-Schäfer, Der Internationale Strafgerichtshof, 2001, 224; Cassese, EJIL 1999, 143 (158). Unter dem IStGH-Statut wird ein Großteil der Untersuchung in der Praxis durch die Mitgliedstaaten durchgeführt, allerdings stehen Verhör, Durchsuchung, Beschlagnahme und ähnliche Maßnahmen unter dem besonderen Schutz des Statuts: Nationale Gesetze variieren hier sehr, so dass der IStGH – vor dem Hintergrund, dass es sich der Gerichtshof nicht erlauben kann, durch die Übernahme nationaler Untersuchungspraktiken Menschenrechte zu verletzen – durch sein Statut eigene Maßstäbe setzt, wenn es um die Behandlung der Rechte des Einzelnen im Untersuchungs- und Vorverfahren geht; vgl. Schabas, Introduction ICC, 2001, 107. 15 Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, § 5, Rn. 11; Thürer, in: Thürer/Herdegen/ Hohloch, BDGV 1996, 9 ff.; Pradetto, Aus Politik und Zeitgeschichte 2001, 24 (25, Fn. 5), (35).

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fähig, ist es ihm auch nicht möglich, Strafgewalt über begangene Akte und Akteure des internationalen Terrorismus auszuüben. Wie ferner der Fall Afghanistan und die Machtübernahme durch die Taliban zeigte16, kann auch ein „stabilisiertes de facto Regime“, welches die Voraussetzungen der Staatlichkeit auf dem von ihm beherrschten Gebiet erfüllt, entsprechende Handlungsfähigkeit hinsichtlich der Strafverfolgung vermissen lassen.17 Die Durchsetzung eines nationalen Strafanspruchs ist hier nicht möglich, deshalb muss eine internationale Gerichtsbarkeit auf dem Gebiet der terroristischen Strafverfolgung greifen. Letztlich ist auf die Unterschiedlichkeit einzelner, nationaler Strafrechtssysteme hinzuweisen, die bei der Verfolgung von internationalen Terroristen Probleme aufwerfen kann.18 Nationales Straf- und Strafverfahrensrecht, angewandt auf im Prinzip identische terroristische Sachverhalte, kann im Einzelnen voneinander differieren und folglich zu unterschiedlichsten Ergebnissen in der Strafverfolgung und damit zu Rechtsunsicherheit führen. Nicht ausgeschlossen ist, dass, je nachdem in welchem Land ein internationaler Terrorist ein Attentat begeht oder gefasst wird, der Täter einer nur geringfügigen oder auch keiner Strafe unterfällt, weil ein Ermittlungsverfahren nicht aufgenommen oder dieses eingestellt wurde.19 Eine solche Praxis führt mitunter nicht nur zu Rechtsunsicherheit, sondern auch zu mangelndem Vertrauen unter den Staaten. So ist z. B. zweifelhaft, ob das Angebot der Taliban, eine Strafverfolgung der Attentäter vom 11. September 2001 und ihre Verurteilung nach arabischem Recht vorzunehmen, westliche Akzeptanz gefunden hätte.20 Erleidet ein Staat einen schweren Terrorschlag, können sich zudem Zweifel an der Objektivität der nationalen Gerichtsbarkeit ergeben, insbesondere dann, wenn eine Nation durch den Terrorakt in Mitleidenschaft gezogen wurde und über die Schuldfrage durch Geschworene entschieden wird; das Gerichtssystem also auf einem Jurysystem basiert.21 Zwar ist auch hier 16

Dazu Wolfrum/Philipp, in: von Schorlemer (Hrsg.), Praxishandbuch UNO, 2003, 145 (153 ff.) 17 Zum de facto Regime Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, § 8, Rn. 15; Bothe, in: Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, 3. Aufl., 2004, VIII., Rn. 14; Frowein, Das de facto-Regime im Völkerrecht, 1968. 18 Almond, in: Han (Hrsg.), Terrorism and Political Violence, 1993, 199; BruerSchäfer, Der Internationale Strafgerichtshof, 2001, 225 f; Tournaye, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Law, 2003, 298 (298). 19 Zu zwischenstaatlichen Kompetenzkonflikten auf dem Gebiet des Strafrechts s. Linke, in: Oehler (Hrsg.), Festschrift für Heinrich Grützner, 1970, 85 ff. 20 „Taliban Rebuffs Pakistani Clerics’ Call for Bin Ladin“, in: The Washington Post v. 30.09.2001, A2. Vogel, HarvILJ 2002, 53 ff. 21 International Bar Association, International Terrorism: Legal Challenges and Responses. A Report by the International Bar Association’s Task Force on Terror-

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grundsätzlich von der Gewährung eines rechtsstaatlichen Strafprozesses auszugehen, doch ist eine Beeinträchtigung der Unparteilichkeit aufgrund gesteigerter emotionaler Wertung des Lebenssachverhalts durchaus möglich. Bei der praktischen Umsetzung des Prinzips der stellvertretenden Strafrechtspflege kommt das Problem der mangelnden Auslieferungspraxis hinzu, welche die nationale Strafverfolgung entscheidend behindern kann. Die meisten Anti-Terrorismus-Abkommen räumen der Auslieferung gegenüber der stellvertretenden Strafrechtspflege den Vorrang ein, dennoch wird die Durchführung der in den Konventionen niedergelegten internationalen Rechtshilfe bislang als eher zurückhaltend bewertet.22 Die mangelnde Auslieferungspraxis ist zurückzuführen auf die Auslieferungsausnahme bei politischen Delikten (political exception rule), wonach die Staaten das Ersuchen um die Überstellung von Terroristen aufgrund von Tatbeständen, die in engerem oder weiterem Sinne mit den politischen Verhältnissen im Staat des Begehungsortes stehen, ablehnen können. Damit ist die Effektivität von Auslieferungsverträgen insgesamt zu relativieren. Je nach ihren politischen oder ideologischen Präferenzen definieren die Staaten das „politische Delikt“ unterschiedlich.23 Sie haben damit weitgehende Entscheidungsfreiheit, ob sie einen verfolgten Terrorist überstellen oder eine Auslieferung verweigern. Mitunter wird die Auslieferungsausnahme der political exception rule von Staaten auch angeführt, um Terroristen Zuflucht, Unterstützung mit Geldmitteln oder gar in Form von Waffenlieferungen zu gewähren. Aus diesem Grund findet vielfach die Kampfausbildung von Terroristen im Ausland statt. Einige nationale Rechtsordnungen (für Deutschland z. B. § 6 Abs. 1 IRG) sowie einzelne multilaterale Abkommen24 weisen zwar darauf hin, dass schwerste Straftaten – insbesondere solche gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit und die Freiheit – nicht durch, wie auch immer geartete, politische Beweggründe zu rechtfertigen seien und die political exception rule bei terroristischen Akten nicht greife. Im völkerrechtlichen ism, 2003, 143; Burke-White, in: Yepes-Enriquez/Tabassi (Hrsg.), Treaty Enforcement and International Cooperation in Criminal Matters with Special Reference to the Chemical Weapons Convention, 2002, 77 (78). 22 Stuby, Blätter für deutsche und internationale Politik 2002, 1330 (1338); Rubin, in: Han (Hrsg.), Terrorims and Political Violence, 1993, 219 ff.; von Bubnoff, Auslieferung, Verfolgungsübernahme, Vollstreckungshilfe, 1988, 8. 23 Dazu Kokott, ZaöRV 1991, 603; Davy, ZAR 2003, 43 (45). 24 Art. 4 des Auslieferungsübereinkommens zwischen den Staaten der Arabischen Liga v. 03.11.1954 (Agreement between the Arab League States Concerning the Extradition of Fugitive Offenders); Art. 27 der Konvention über die Zusammenarbeit in Fragen der Rechtspflege der Organisation Commune Africaine et Malgache (OCAM) v. 12.09.1961; Art. 1 des Europäischen Übereinkommens zur Bekämpfung des Terrorismus v. 27.01.1977. Dazu s. Hailbronner/Olbrich, AVR 1986, 434 (443 ff.).

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Schrifttum hat sich diese Auffassung aber noch nicht universell durchgesetzt.25 Auch erkennen die existierenden internationalen Anti-Terrorismus-Abkommen in ihrer Mehrzahl den politischen Charakter der von ihnen erfassten Straftaten als Rechtfertigungsgrund an.26 Die Ereignisse vom 11. September 2001 haben dem Erfordernis nach Funktionstüchtigkeit internationaler Rechtshilfe Nachdruck verliehen. Die Resolution 1373 des UN-Sicherheitsrates27 weist ausdrücklich auf die Verpflichtung der Staaten zur Auslieferung oder selbständigen Strafverfolgung von internationalen Terroristen hin, so dass das Prinzip aut dedere aut iudicare für terroristische Gewalttaten heute als anerkannt gelten muss.28 Ob dieses Prinzip auch zwingend universelle Anwendung findet, verbleibt angesichts der Existenz von Terrorismus unterstützenden Staaten, die internationalen Terroristen einen sog. safe haven gewähren, allerdings weiter fraglich.29 Im Zusammenhang mit der Auslieferung internationaler Terroristen stellt sich ein zusätzliches Problem: Erwartet die Straftäter vor nationalen Gerichten die Verhängung der Todesstrafe, sind insbesondere die europäischen Staaten an das 6. Zusatzprotokoll der EMRK gebunden und folglich gehalten, eine Auslieferung zu verweigern.30 Entsprechende Auslieferungshin25 Ausführlich dazu Stein, Die Auslieferungsausnahme bei politischen Delikten, 1983, 168 ff. 26 Stein, Die Auslieferungsausnahme bei politischen Delikten, 1983, 170. 27 S/Res/1373 (2001) v. 28.09.2001, Rn. 2 (e) besagt, dass: „States shall [. . .] ensure that any person who participates in financing, planning, preparation or perpetration of terrorist acts or in supporting terrorist acts is brought to justice and ensure that, in addition to any other measure against them, such terrorists acts are established as serious criminal offences in domestic laws and regulations and that the punishment duly reflects the seriousness of such acts.“ 28 Frowein, ZaöRV 2001, 879 (898). 29 So musste angesichts der Begleitumstände die Ernsthaftigkeit der Bemühungen der Taliban, die für den 11. September 2001 verantwortlichen Terroristen zu verhaften, bezweifelt werden. Die Taliban kamen der Pflicht nicht nach, Osama bin Ladin auszuliefern; stattdessen bereiteten sie weiterhin einen safe haven für die Al Kaida. Dazu Krajewski, AVR 2002, 183 (205); Pejic, RICR 2002, 13 (26); ferner „Keine eindeutigen Beweise“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 28.10.2002, 3. 30 Vgl. Europäische Kommission für Menschenrechte, Application No. 22742/93, Aylor-Davis v. France, in: European Commission of Human Rights, Decision and Reports 76-B (1994), 164 (170); Frowein, ZaöRV 2001, 879 (898); van Dijk/van Hoof, Theory and Practice of the European Convention on Human Rights, 1998, 680; Wolny, in: Sutter/Zelger (Hrsg.), 30 Jahre EMRK-Beitritt der Schweiz, 2005, 329 ff. Für Frowein gehen die Regeln des 6. Zusatzprotokolls der EMRK aber nicht soweit, dass sie europäischen Staaten die Vorlage von Dokumenten im Wege der Rechtshilfe verbieten, s. Frowein, ZaöRV 2001, 879 (884). „Dänen liefern keine irakischen Gefangenen mehr aus“, http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518, 312685,00.html (08.10.2004); „Ausbau der Rechtshilfe EU – USA“, in: Zürcher

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dernisse finden sich zudem im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie seinen Fakultativprotokollen und in der Folterkonvention.31 bb) Sachliche Jurisdiktion Terroristische Handlungen sind in den meisten Rechtsordnungen weitgehend nach nationalem Strafrecht als „gewöhnliche“ Delikte strafbar.32 Dies führt dazu, dass man – sofern ein eigenständiger Straftatbestand des Terrorismus im nationalen Recht nicht gegeben ist33 – terroristische AkZeitung v. 25.06.2003, 2. s. auch die Leitentscheidung zur Konventionswidrigkeit der Auslieferung bei drohender Todesstrafe Soering vs. The United Kingdom, Urteil v. 07.07.1989, aufbereitet in EuGRZ 1989, 314 ff. Zum Auslieferungsverbot bei drohender Todesstrafe ferner von Bubnoff, Auslieferung, Verfolgungsübernahme, Vollstreckungshilfe, 1988, 11. 31 Vgl. Art. 6 und 7 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte v. 19.12.1966, BGBl. 1973 II, 1534; Art. 3 UN-Folterkonvention v. 10.12.1984, BGBl. 1990 II, 247. Dazu Bremer, Nationale Strafverfolgung internationaler Verbrechen gegen das humanitäre Völkerrecht, 1999, 42 ff.; so auch UN-Special Rapporteur Koufa, Specific Human Rights Issues: New Priorities, in particular Terrorism and counter-Terrorism, Working Paper by the Commission on Human Rights, E/CN.4/Sub.2/2004/40 v. 25.06.2004, 5; Dugard/van den Wyngaert, AJIL 1998, 187 (196 ff.). 32 Wie Vercher trefflich festhält: „The majority of scheduled offences are normal offences taken from the ordinary criminal law and are not listed as special or political. However, they acquire a different character as soon as they are treated as scheduled offences.“ Vgl. Vercher, Terrorism in Europe, 1992, 297. Siehe auch Vest, ZStR 2003, 46 (49 ff.); Satzger, NStZ 2002, 125 (126); von Selle, NJW 2000, 992 ff.; Wilkinson, Terrorism versus Democracy, 2000, 102; Müller, „Sonderrecht für Terroristen?“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 28.01.2003, 10; Stein, AVR 1992, 38 (39); Almond, in: Han (Hrsg.), Terrorism and Violence, 1993, 199 (204); Schrader, Kriminalistik 2002, 570 (570); Schabas/Olivier, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Law, 2003, 270 (275); Bundesministerium der Justiz, Regierungsentwurf für ein deutsches Völkerstrafgesetzbuch, BR-Drucks. 14/8524 v. 13.03.2002, 12. 33 Vgl. das Beispiel Großbritannien, welches neu Terrorismus als eigenständiges Verbrechen in seinem nationalen Recht verankert hat. Ein eigener Straftatbestand des Terrorismus existiert im deutschen Recht nicht. Ein solcher wurde auch nicht durch die beiden Sicherheitspakete des deutschen Gesetzgebers aus dem Jahr 2001 etabliert. Eine Definition kann einzig in den Berichten des Bundesamtes für Verfassungsschutz gefunden werden. Das Schweizerische Strafgesetzbuch sanktioniert die Beteiligung wie auch die Unterstützung krimineller Organisationen (Art. 260ter) und die Geldwäscherei (Art. 305bis). Die in diesem Zusammenhang stehenden Gelder können gesperrt und konfisziert werden (Art. 59). Dazu „Terrorismus neu im Strafgesetzbuch“, in: Neue Zürcher Zeitung v. 28.06.2002, 13; „Panikgesetz mit blossem Symbolwert“, in: Neue Zürcher Zeitung v. 02.08.2002, 13. Nach dem 11. September 2001 hat der Bundesrat im Eilverfahren folgende neue Terrorismusnorm ausgearbeitet:

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tionsformen unter herkömmliche Straftatbestände wie Mord, Totschlag, Geiselnahme, Nötigung, Brandstiftung oder diverse Sprengstoffdelikte subsumiert. Da kaum eine nationale Strafrechtsordnung Normen bezüglich des Umgangs mit und des Gebrauchs von Massenvernichtungswaffen bereithält, muss auch hier auf „gewöhnliche“ Delikte bzw. bestehende Tatbestände ausgewichen werden, um eine Kriminalisierung der entsprechenden Verhaltensweisen zu erreichen.34 So nimmt etwa das deutsche Strafgesetzbuch einzig in § 129 a und § 129 b Bezug auf den Terrorismus: Es stellt in § 129 a StGB die Bildung terroristischer Vereinigungen unter Strafe; ferner eröffnet der neue § 129 b StGB den Zugriff auf ausländische Terrorvereinigungen.35 Ein Rückgriff auf diese herkömmlichen Straftatbestände hat jüngst zur Strafverfolgung internationaler Terroristen geführt. So wurden nach den Terroranschlägen vom 11. SeptemArtikel 260quinquies des Strafgesetzbuches (Terrorismus): 1. Wer ein Gewaltverbrechen begeht, um die Bevölkerung einzuschüchtern oder einen Staat oder eine internationale Organisation zu einem Tun oder Unterlassen zu nötigen, wird mit Zuchthaus bestraft. 2. In besonders schweren Fällen, namentlich wenn durch die Tat viele Menschen verletzt oder getötet werden, kann der Täter mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft werden. 3. Strafbar ist auch der Täter, der die Tat im Ausland verübt. Artikel 6bis ist anwendbar. Artikel 260sexies des Strafgesetzbuches (Finanzierung des Terrorismus): Wer in der Absicht, ein Verbrechen nach Artikel 260quinquies zu finanzieren, Vermögenswerte sammelt oder zur Verfügung stellt, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis bestraft. 34 Die Bundesrepublik Deutschland konnte auf dem Gebiet der Biowaffen eine entsprechende Gesetzgebung verabschieden. So sehen sowohl das Kriegswaffenkontrollgesetz v. 20.04.1961 (mit zahlreichen Neuerungen) sowie das Aussenwirtschaftsgesetz v. 26.06.2001 strafrechtliche Sanktionen im Falle des Gesetzesbruchs vor. s. Legislation in the Federal Republic of Germany on the Prohibition of Biological Weapons, Fifth Review Conference of the States Parties to the Convention on the Prohibition of the Development, Production and Stockpiling of Bacteriological (Biological) and Toxin Weapons and on their Destruction, Geneva, 19.11.– 07.12.2001, BWC/CONF.V/5 v. 02.10.2001. In dem Strafverfahren gegen Moussaoui hat ein amerikanisches Bundesgericht in Alexandria dem Angeklagten die Verschwörung zum Einsatz von Massenvernichtungswaffen vorgeworfen, s. „Moussaoui erklärt sich für unschuldig“, in: Neue Züricher Zeitung v. 03.01.2002, 2. Ferner Burke-White, in: Yepes-Enriquez/Tabassi (Hrsg.), Treaty Enforcement and International Cooperation in Criminal Matters with Special Reference to the Chemical Weapons Convention, 2002, 77 (78). 35 Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl., 2007, § 129 a, Rn. 1 ff.; § 129 b, Rn. 1 ff.; „Terror-Paragraph soll erweitert und verengt werden“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 22.04.2002, 1. Von einem nur geringen praktischen strafrechtlichen Nutzwert des § 129 s StGB sprechen von Plottwitz, ZRP 2002, 351 (352 ff.); Rauschenberger, Kriminalistik 2001, 772 ff.; Rudolphi, ZRP 1979, 214 (215 ff.) sowie Düx, ZRP 2003, 189 (190).

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ber 2001 in Deutschland mehr als siebzig Strafverfahren gegen Personen mit islamisch-fundamentalistischem Hintergrund eingeleitet.36 In den Fällen Mzoudi und El-Motassadeq konnten die Angeklagten aufgrund von Beweisschwierigkeiten nicht wegen der ihnen zur Last gelegten Terrortaten verurteilt werden: Knapp zwei Jahre nach Beginn des weltweit zweiten Gerichtsverfahrens im Zusammenhang mit den Anschlägen vom 11. September 2001 gegen Abdelghani Mzoudi bestätigte der Bundesgerichtshof (BGH) erst jüngst den Freispruch vom Terrorismusvorwurf. Das erstinstanzliche Gericht hatte Mzoudi mangels Beweisen vom Vorwurf der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit Beihilfe zum Mord an mindestens 3066 Menschen freigesprochen.37 Auch musste der erste Prozess gegen einen mutmaßlichen Helfer der Attentäter vom 11. September 2001, El Motassadeq, im Jahr 2005 neu verhandelt werden. Nachdem der Angeklagte im Februar 2003 wegen Beihilfe zum Mord in 3066 Fällen sowie zum versuchten Mord und zur gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu einer Haftstrafe von 15 Jahren verurteilt worden ist38, hob der BGH dieses Urteil 2004 wegen Fehlern in der Beweiswürdigung auf und verwies das Verfahren zur erneuten Verhandlung an das OLG Hamburg zurück.39 Im zweiten Prozess ließ das OLG Hamburg die Anklage wegen Beihilfe zum Mord fallen und verurteilte den Angeklagten wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu einer Haftstrafe von sieben Jahren. Die Strafverfolgung auf der Grundlage nationaler Strafnormen weist allerdings insoweit völkerrechtliche Defizite auf, als dass sie die unterschied36 Dazu Nehm, NJW 2002, 2665 (2667 f.). Vgl. ferner die neue Bundesgesetzgebung auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung, BGBl. 2002 I, 361; BGBl. 2002, I, 3142; www.cilip.de/terror/gesetze.htm (21.11.2005). 37 BGH, Urteil vom 09.06.2005 – 3 StR 269/04 (OLG Hamburg) = BGH, NJW 2005, 2322 ff. Der Mangel an Beweisen lag der Tatsache zugrunde, dass sowohl US-Dienste als auch deutsche Sicherheitsbehörden wichtige Beweise und potentielle Zeugen aus nationalen Sicherheitsgründen vom Gericht ferngehalten hatten. Vgl. näher dazu „Im Zweifel für Mzoudi“, http://www.spiegel.de/panaroma/0,1518, 285080,00html (05.02.2004); „Urteil, Analyse: Tauziehen bis zum Schluss“, http:// www.portale.web.de/Schlagzeilen,Prozesse/?msg_id=4312914 (05.02.2004). 38 Vgl. German Federal Prosecuting Attorney General Lays Down Indictment For Involvement In September 11 Attacks, Press Release 25/2002 v. 30.08.2002, http:// www.it4m.net/7ecb/061/news/index.php?Artikel=84; „Höchststrafe im ersten Prozess zum 11. September“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 20.02.2003, 1; „Hohe Strafen im Hamburger Kaida-Prozess“, in: Neue Zürcher Zeitung v. 20.02. 2003, 1, s. auch Federal Prosecutor General lays further indictment for involvement in 9/11, Press Release 17/2003 v. 09.05.2003; http://www.it4m.net/7ecb/061/news/ index.php?Artikel=117. 39 BGH, Urteil vom 04.03.2004 – 3 StR 218/03 (OLG Hamburg) = BGH, NJW 2004, 1259 ff.

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lichen terroristischen Gewaltformen zwar als „einfache“ Vergehen oder Verbrechen unter Strafe stellen, jedoch den eigentlichen völkerrechtlichen Unrechtsgehalt von Akten des internationalen Terrorismus nicht spezifisch erfassen.40 Angesichts der Anwendung schwerster physischer Gewalt mit der Qualität zwischenstaatlicher Auseinandersetzungen steht fest, dass der Unrechtsgehalt von Akten des internationalen Terrorismus über den Unrechtsgehalt von nationalen Strafnormen hinausgeht. Sofern internationale terroristische Gewaltakte die Zivilgesellschaft als Ganzes bedrohen, den Frieden und die internationale Sicherheit tangieren oder den Einsatz von Massenvernichtungswaffen beinhalten, kommt ihnen eine völkerrechtliche Qualität zu, deren spezifischer Unrechtsgehalt auch völkerrechtlich erfasst werden muss. Dies ist bei der Anwendung herkömmlicher Strafnormen des nationalen Rechts in der Regel auszuschließen. Indem sich die nationale Strafgewalt der Pönalisierung von Akten des internationalen Terrorismus im Rahmen „einfacher“ Vergehen oder Verbrechen zuwendet, unterbleibt eine adäquate Ahndung der Verletzung auch völkerrechtlicher Schutzgüter durch nationale Gerichte.41 Ausgehend von diesen Defiziten der nationalen Strafnormen, den völkerrechtlichen Unrechtsgehalt von internationalen Terrorakten zu verfolgen, tritt das Erfordernis einer internationalen Strafgerichtsbarkeit für Akte des internationalen Terrorismus zu Tage. b) Militärgerichte Bei terroristischen Verbrechen mit Kriegsbezug ist es den Staaten möglich, diese vor einem Militärgericht – einem Unterfall der nationalen Gerichtsbarkeit – abzuurteilen.42 40 Satzger, NStZ 2002, 125 (126); Tran-Tam, in: Bassiouni/Nanda (Hrsg.), A Treatise on International Criminal Law, Vol. 1, 1973, 493; ähnlich Solera, RICR 2002, 145 (149). Vgl. auch Waldmann, der gegen die Herabstufung von Terrorismus zu einem Fall „normaler“ Kriminalität argumentiert; Waldmann, Terrorismus, 1998, 189. So auch Bundesministerium der Justiz, Regierungsentwurf für ein deutsches Völkerstrafgesetzbuch, BR-Drucks. 14/8524 v. 13.03.2002, 12; ferner beispielhaft die vergleichende Synopse der Bestimmungen des Rom-Statuts und dem deutschen StGB von Werle/Meseke vom Mai 1999 (Unterlagen im Besitz der Autorin). 41 Einzig das deutsche Völkerstrafgesetzbuch trifft nunmehr die Anforderungen zur Durchsetzung eines völkerrechtlichen Strafanspruchs (Pönalisierungsobliegenheit) und hat damit Vorbildfunktion für andere Rechtsordnungen. Das VStGB passt das deutsche materielle Recht an das Rom-Statut an. s. dazu Werle/Jeßberger, JZ 2002, 725 (729); dies., Criminal Law Forum 2002, 191 ff.; Werle, JZ 2001, 885 (890); Satzger, NStZ 2002, 125 ff.; Zimmermann, NJW 2002, 3068 (3068); ders., ZRP 2002, 99 ff.; „Weltpolitik im Landgericht“, in: Der Spiegel 2002, 111; Braum, Europäische Strafgesetzlichkeit, 2003, 115 f.; Bundesministerium der Justiz, Regierungsentwurf für ein deutsches Völkerstrafgesetzbuch, BR-Drucks. 14/8524 v. 13.03.2002, 12.

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D. Die Strafbarkeit des int. Terrorismus unter dem IStGH-Statut

Damit der sachliche Zuständigkeitsbereich der Militärgerichte eröffnet ist, muss ein bewaffneter Konflikt vorliegen. Die Jurisdiktion von Militärgerichten erstreckt sich in aller Regel auf kriegsspezifische, widerrechtliche Verhaltensweisen, die sich als Verletzungen des humanitären Völkerrechts darstellen. Insbesondere die Einordnung von nicht-staatlichen Akten des internationalen Terrorismus in den Rahmen eines bewaffneten Konflikts erweist sich als äußerst komplex und umstritten. Die Problematik besteht darin, dass individuelle Akte des internationalen Terrorismus unabhängig vom Bestehen eines bewaffneten Konflikts lanciert werden und oftmals keinen Nexus zwischen der Terrortat und dem Vorliegen eines bewaffneten Konflikts aufweisen, sondern punktuell und unerwartet von autonom agierenden Terrorakteuren ausgeführt werden. Um terroristische Handlungen unter die Militärgerichtsbarkeit zu einzuordnen, bedarf es daher grundlegend der Anerkennung von internationalen Terroristen als an einem bewaffneten Konflikt beteiligte Personen. Ob internationalen Terroristen nach dem humanitären Kriegsvölkerrecht der Status von Kombattanten zugesprochen werden soll, ist sehr umstritten.43 Im klassischen Kriegsvölkerrecht, wie es in der HLKO von 190744 zum Ausdruck kommt, ergibt sich der Kombattantenstatus aus folgenden drei Voraussetzungen: Erstens muss ein verantwortlicher Vorgesetzter identifizierbar sein. Zweitens müssen Kombattanten an einem Abzeichen erkennbar sein sowie ihre Waffen offen tragen. Drittens sind die Gesetze und Gebräuche des Krieges zu beachten. Das Zusatzprotokoll I (ZP I)45 mildert die Anforderungen, die an den Kombattantenstatus zu stellen sind, weil gemäß Art. 44 III ZP I nunmehr das offene Tragen von Waffen bereits für die Annahme als rechtmäßiger Kombattant ausreichen soll. Diese Ausweitung zeigt sich für die Aufnahme von Terroristen in den Kreis von Kombattanten jedoch wenig handhabbar. Angesichts der verdeckten Vorgehensweise internationaler Terroristen, die ihre Waffen gerade nicht offen tragen, und der Tatsache, dass Terroristen einen zivilen Status vortäuschen und 42

So haben die USA spezielle Militärgerichte für Ausländer eingerichtet, die des Terrorismus Verdächtige aburteilen sollen. 43 Ausführlich dazu u. a. Kurth, ZRP 2002, 404 ff.; Katyal/Tribe, Y. L. J. 2002, 1259 (1260); Kotzur, AVR 2002, 454 (476 f.). Vgl. ferner „Gericht bestätigt Haft für „Kombattanten“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 10.01.2003, 2; „Anhörung über Gefangene in Guantanamo beantragt“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 22.01.2002, 7; Müller, „Auch „Freischärler“ haben Rechte“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 22.01.2002, 7; Rubin, in: Han (Hrsg.), Terrorism and Political Violence, 1993, 379. 44 Haager Landkriegsordnung vom 18.10.1907 (HLKO); RGBl. 1910, 107. 45 I. Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (ZP I) v. 08.06.1977, BGBl. 1990 II, 1551.

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menschenverachtende Terrormethoden anwenden, ist internationalen Terroristen die Zuerkennung eines Kombattantenstatus zu versagen.46 Mangelt es Terrorakteuren an der Kombattanteneigenschaft, ist damit die Zuständigkeit eines Militärgerichts nicht gegeben und eine diesbezügliche nationale Strafverfolgung greift nicht. Selbst wenn man die Kombattanteneigenschaft internationaler Terroristen bejahte, sprechen prozessuale Aspekte gegen eine Zuständigkeit der Militärgerichte für Terrorakte. Verfahrensrechtliche Garantien sind weit weniger vorhanden und ausgeprägt als dies bei ordentlichen Gerichten der Fall ist. Sowohl Deutschland als auch die USA sind Vertragsparteien des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und daher gehalten, jedermann, der von einer Staatsgewalt wegen des Vorwurfs einer Straftat verfolgt wird, die in Art. 9 und Art. 14 des Paktes normierten Mindestgarantien zu gewähren. Zwar sind diese völkerrechtlichen Garantien nach Art. 2 des Paktes nur auf Personen anwendbar, die sich im Gebiet des betreffenden Staates befinden und dessen Herrschaftsgewalt unterstehen. Ein Freibrief für Vertragsparteien, sich bei Hoheitsakten im Ausland von diesen rechtlichen Bindungen zu befreien, besteht damit aber gleichwohl nicht.47 Insbesondere die unter Berufung auf die Military Order vom 13. November 2001 eingerichteten sog. military commissions, die den US-Streitkräften fast unbeschränkte Vollmachten zur Ingewahrsamnahme und Aburteilung von fremden Staatsangehörigen überträgt48, lassen Zweifel an der Gewährung von Mindestgarantien aufkommen: Ursprüngliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Rechtsgrundlage wegen fehlender Auskünfte über die nähere Zusammensetzung solcher Kommissionen oder der Länge der Haftdauer sowie dem Mangel an institutioneller Vorkehrung für eine angemessene Verteidigung49 werden zwar durch die Military Commission Order No. 1 vom 21. März 200250 korrigiert und die military commissions näher ausgestaltet. Dies kann aber nicht gänzlich überzeugen. So ist auch weiterhin eine Berufung ausgeschlossen; das letztverbindliche Urteil soll entweder beim US-Präsidenten oder beim Verteidigungsminister liegen. Aus tatsäch46 Kurth, ZRP 2002, 404 (405); Münchau, Terrorismus auf See aus völkerrechtlicher Sicht, 1994, 48. 47 Tomuschat, EuGRZ 2001, 535 (545); „Is Torture ever justified?“, in: Economist v. 11.01.2003, 11. 48 Vgl. Detention, Treatment, and Trial of Certain Non-Citizens in the War against Terrorism, §§ 3(a), 4(b), 66 Fed. Reg. 57,833 (Nov. 13, 2001). Zur Verfassungswidrigkeit derartiger Militärgerichte unter US-amerikanischen Recht s. Katyal/ Tribe, Y. L. J. 2002, 1259 (1260). 49 Tomuschat, EuGRZ 2001, 535 (545); „Kritik an den Prozessen gegen Gefangene in Guantanamo“, in: Neue Zürcher Zeitung v. 09.07.2003, 3. 50 Military Commission Order No. 1 v. 21.03.2002, ILM 2002, 725.

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lichen und prozessualen Gründen muss der Einsatz der Militärgerichtsbarkeit zur Strafverfolgung von Akten des internationalen Terrorismus folglich als sehr kritisch bewertet werden.51 c) Nationale Gerichte im Ausland Denkbar ist auch, nationale Gerichtsbarkeit über terroristische Taten auf ausländischem Territorium auszuüben. Der Prozess gegen die mutmaßlichen, libyschen Attentäter von Lockerbie ist ein Beispiel für dieses Modell.52 Die Einrichtung eines derartigen Spezialgerichts in einem Drittland kann der Gefahr mangelnder Objektivität und Unparteilichkeit eines nationalen Gerichtsverfahrens im Staat des Tatortes entgegenwirken. Dieser Variante nationaler Gerichtsbarkeit im Ausland stehen allerdings die gleichen Kritikpunkte entgegen, wie sie auch bei der Ausübung nationaler Gerichtsbarkeit auf eigenem Staatsgebiet vorzufinden sind. So kann auch hier das Vorliegen unterschiedlicher nationaler Strafrechtssysteme und eine unterschiedliche Behandlung von Terrorakten durch die staatlichen Justizbehörden beobachtet werden. Ob das Ermittlungsverfahren gegen einen terroristischen Straftäter zur Anklage führt, ob ein Freispruch oder eine Verurteilung mit hoher oder geringfügiger Strafe erfolgt, hängt vom Recht des jeweiligen Staates ab, der den Prozess im Ausland führt. Aufgrund der zum Teil erheblich voneinander abweichenden nationalen Rechtsordnungen besteht Rechtsunsicherheit. 51 So auch Paust, Mich. J. Int’l L. (23) 2001, 1 ff.; Burke-White, in: Yepes-Enriquez/Tabassi (Hrsg.), Treaty Enforcement and International Cooperation in Criminal Matters with Special Reference to the Chemical Weapons Convention, 2002, 77 (83); „Kritik an Prozessen gegen Gefangene in Guantanamo“, in: Neue Zürcher Zeitung v. 09.07.2003, 2. 52 Im Fall Lockerbie kam es am 21. Dezember 1988 zu einem Bombenattentat auf ein Flugzeug der PAN AM-Fluglinie, bei dem bei der britischen Ortschaft Lockerbie 259 Passagiere und 11 Einwohner den Tod fanden. Der Fall zog eines der umfangreichsten Ermittlungsverfahren nach sich; ferner rief er komplexe völkerrechtliche Rechtsfragen auf. Ende 1991 forderten die USA Libyen zunächst zur Auslieferung der libyschen Attentäter für einen Prozess vor einem US-amerikanischen Gericht auf. Trotz wiederholter Aufforderungen durch den UN-Sicherheitsrat (S/Res/731 (1992) v. 21.01.1992 und S/Res/748 (1992) v. 31.03.1992), dem amerikanischen Auslieferungsersuchen nachzukommen, weigerte sich Libyen. Erst 1999 einigten sich die Parteien darauf, in den Niederlanden ein schottisches Gericht einzurichten und die mutmaßlichen, libyschen Attentäter sodann der schottischen Gerichtsbarkeit zu unterwerfen. Die Täter wurden am 05. April 1999 an die Niederlande ausgeliefert. Der Prozess gegen die beiden mutmaßlichen Terroristen endete am 31. Januar 2001 mit einem Freispruch und einem Urteil über 20 Jahre Haft. s. Paech/Stuby, Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen, 2001, 413.

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2. Internationale Strafverfolgung Da es der nationalen Strafverfolgung mitunter an Terrorismus spezifischen Strafnormen mangelt oder sich Defizite in der Verfolgung und Durchsetzung des völkerrechtlichen Strafanspruchs nachweisen lassen, setzt sich die Arbeit im Folgenden mit den strafrechtlichen Instanzen auf internationaler Ebene auseinander, die zur Verfolgung von Akten des internationalen Terrorismus zur Verfügung stehen. a) Internationales Tribunal auf Koalitionsbasis Eine erste Möglichkeit bietet ein internationales Tribunal auf Koalitionsbasis verschiedener Staaten. Damit wäre ein Forum internationaler Strafverfolgung geschaffen, ohne dass es einer umfassenden internationalen Gerichtsbarkeit bedürfte.53 Eine Koalition aus unterschiedlichen Völkerrechtssubjekten könnte sich dafür entscheiden, ein internationales Tribunal zur Aburteilung terroristischer Verbrechen aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrags zu gründen. Bei den Urhebern eines derartigen Strafgerichts kann es sich zum einen um Staaten handeln. Als Beispiel dient hier die Schaffung des Kriegsverbrechertribunals von Nürnberg aufgrund des Londoner Abkommens über die Verfolgung und Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher der europäischen Achsenmächte vom 08.08.1945.54 Andererseits ist es denkbar, eine internationale Gerichtsbarkeit durch eine völkerrechtliche Vereinbarung zwischen einem Staat und den Vereinten Nationen zu etablieren. Beispiele hierfür sind das neu geschaffene UN-Sondergericht für Sierra Leone55 bzw. die Special Panels für Kambodscha.56 53 Gem. Art. 34 Abs. 1 IGH-Statut besteht keine Zuständigkeit des IGH für Taten des internationalen Terrorismus durch Individuen und nicht-staatliche Einheiten, da vor dem IGH nur Staaten auftreten. 54 Bestandteil des Vertrages war das als Anhang beigefügte Statut des Internationalen Militärgerichtshofes (IMT); s. Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, § 41, Rn. 14. 55 Vgl. S/Res/1315 (2000) v. 14.08.2000; S/2000/915 v. 04.10.2000 (Report of the Secretary-General on the establishment of a Special Court for Sierra Leone) sowie S/Res/1346 (2001) v. 30.03.2001. Hintergrund für die Errichtung des Sondergerichts ist der seit 1991 andauernde Konflikt in Sierra Leone, welcher insbesondere durch den Einsatz von Kindersoldaten und die weitverbreitete Praxis der Verstümmelung ganzer Bevölkerungsteile gekennzeichnet war. Die Resolution 1315 (2000) v. 14.08.2000 ist nicht die Rechtsgrundlage des Gerichts, sondern ein völkerrechtliches Abkommen zwischen Sierra Leone und den Vereinten Nationen. Die Gerichtsbarkeit des Sondergerichts soll sich auf solche Personen erstrecken, die die „größte“ Verantwortung bei der Ausführung der dortigen Verbrechen haben. Fragen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit sind beim Sondergericht für Sierra Leone in-

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Es hat materiell-rechtliche und praktische Vorteile, ein Sondertribunal für die Aburteilung internationaler Terrorakte im Rahmen einer Koalition vertraglich zu errichten. Eine Koalition von einigen Partnern hat bessere Aussichten, sich auf eine Terrorismusdefinition zu einigen, als dies von der gesamten Staatengemeinschaft zu erwarten ist. Die rechtlichen Grundlagen für ein Tribunal auf Koalitionsbasis können sich dabei aus Elementen der verschiedenen nationalen Rechtsordnungen der Parteien zusammensetzen. Die gemeinsam gefundene Rechtsgrundlage kann dem Tribunal gesteigerte Legitimität verschaffen, allerdings hängt vieles von der Haltung der beteiligten Staaten ab.57 Ferner kommt den Koalitionsparteien die finanzielle, rechtliche und administrative Zusammenarbeit zugute. Zudem sprechen praktische Gesichtspunkte für dieses Modell: Wird der Prozess nicht im Land des Tatortes, sondern in einem Drittstaat der Koalition abgehalten, kann dies die Sicherheit des Prozesses steigern. Auch aus Gründen des Zeugenschutzes und der Unparteilichkeit des Gerichts ist diese Vorgehensweise sinnvoll. Da nur wenige Mitglieder der Staatengemeinschaft eine internationale Gerichtsbarkeit für Akte des internationalen Terrorismus begründen, ist nicht davon auszugehen, dass das Urteil und die mit dem Tribunal gesetzten rechtlichen Maßstäbe ohne weiteres auf internationale Akzeptanz treffen.58 Eine Pflicht von nicht der Koalition angehörenden Drittstaaten, dem Tribunal Beweismaterial und mutmaßliche Straftäter zur Verfügung zu stellen, besteht nicht. Eine effektive Strafverfolgung und Prozessführung kann sich daher als schwierig erweisen. Zudem stehen die hohen Kosten und die komplizierte Dauer der Einrichtung einem solchen internationalen Tribunal entgegen. b) Ad Hoc Tribunal Um Akte des internationalen Terrorismus vor ein internationales Gericht zu stellen, steht die Möglichkeit offen, ein ad hoc Gericht im Rahmen des Art. 39 UN-Charta zu errichten. Für dieses Konzept hat sich jüngst Aussofern von besonderer Bedeutung, als an vielen Verbrechen Kinder und Jugendliche als Täter (Kindersoldaten) beteiligt waren. Einen Überblick gibt Cryer, ICLQ 50 (2001), 435 ff.; Pejic, RICR 2002, 13 (19). 56 UNTAET/Reg/2000 v. 15.06.2000. Dazu u. a. Pejic, RICR 2002, 13 (18). 57 International Bar Association, International Terrorism: Legal Challenges and Responses. A Report by the International Bar Association’s Task Force on Terrorism, 2003, 144; Hudson, International Tribunals, 1944, 234. 58 Bei der Einrichtung internationaler Strafgerichtsbarkeit kann ein solches Gericht den Eindruck von Siegerjustiz vermitteln, Argwohn unter der jeweils betroffenen Bevölkerung schaffen und zu inneren Widerständen führen. Dies kann eine internationale Akzeptanz behindern. So Ostendorf, ZRP 1996, 467 (468).

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tralien eingesetzt und im Frühjahr 2003 die Staatengemeinschaft dazu aufgerufen, sich für die Schaffung eines internationalen Gerichtshofes einzusetzen, der sich ausschließlich mit der Aburteilung von Terroristen befasst;59 Australien hat sich dabei auf Kapitel VII der UN-Charta gestützt. Vorbilder für ein derartiges Vorgehen stellen die beiden durch Sicherheitsratsbeschluss errichteten ad hoc Tribunale für das ehemalige Jugoslawien (JStGH) und Ruanda (RStGH) dar.60 Die Errichtung von ad hoc Tribunalen auf der Grundlage von Kapitel VII der UN-Charta ist eine von mehreren Möglichkeiten des UN-Sicherheitsrates zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der internationalen Ordnung.61 Um Kapitel VII der UN-Charta zu aktivieren, bedarf es gemäß Art. 39 UN-Charta der Feststellung des UN-Sicherheitsrates, dass eine „Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“ i. S. d. Norm gegeben ist. Diese Feststellung einer Friedensbedrohung ist Bedingung für den Gebrauch der besonderen Kompetenzen des Kapitel VII der UNCharta.62 Wie die Ausführungen in Abschnitt B gezeigt haben, besitzt der internationale Terrorismus heute das Potential, die internationalen Beziehungen entscheidend zu beeinflussen, und ist als „Friedensbedrohung“ i. S. d. Art. 39 UN-Charta anerkannt. Dem entsprechen insbesondere die Resolutionen 1368 (2001)63 und 1373 (2001)64 des UN-Sicherheitsrates, welche Akte des internationalen Terrorismus explizit als „Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“ qualifizieren. Handlungen des internationalen Terrorismus in der Größenordnung wie jene vom 11. September 2001 sind damit den Handlungsformen unter Kapitel VII der UN59

„Australien fordert Gericht für internationalen Terrorismus“, in: Neue Zürcher Zeitung v. 30.04.2003, 9. Ähnlich Marshall-Andrews, „Prepare a Court now for Bin Ladin“, in: The BBC News v. 22.10.2001, http://www.news.bbc.co.uk/hi/english/ uk/newsid_1604000/1604521.stm (19.11.2001); Schabas/Olivier, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Law, 2003, 270 (275); Slaughter, „Terrorism and Justice“, in: The Financial Times v. 12.10.2001; Crelinsten, Terrorism and Criminal Justice, 1978, 7. 60 Vgl. S/Res/827 (1993) v. 25.05.1993 zur Einrichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs zur Verfolgung von Kriegsverbrechern im ehemaligen Jugoslawien (JStGH) sowie S/Res/955 (1994) v. 08.11.1994 zur Einrichtung des Strafgerichtshofes für Ruanda (RStGH). 61 Frowein/Krisch, in: Simma (Hrsg.), The Charter of the Unites Nations, Vol. 1, 2002, Art. 41, Rn. 19. 62 Frowein, in: Simma (Hrsg.), UN-Charta, 1991, Art. 39, Rn. 24. 63 S/Res/1368 (2001) v. 12.09.2001, die festhält, dass der UN-Sicherheitsrat „regards such acts, like any other act of international terrorism, as a threat to international peace and security“. 64 S/Res/1373 (2001) v. 28.09.2001, die festhält, dass die Terrorakte des 11. September, „like any other act of terrorism, constitute a threat to the peace and security“.

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Charta grundsätzlich zugänglich und können somit auch einer ad hoc Gerichtsbarkeit durch Sicherheitsratsbeschluss unterfallen. Der Vorteil eines ad hoc Tribunals der Vereinten Nationen zur Verfolgung von Taten des internationalen Terrorismus liegt in der vorrangigen Zuständigkeit des Gerichts. Die Konkurrenz zwischen nationaler und internationaler Strafverfolgung wäre nach dem Vorbild der Strafgerichte für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda65 zu lösen; dem ad hoc Gericht stünde eine Vorrangkompetenz in der Strafverfolgung zu. Das ad hoc Gericht könnte somit die nationalen Gerichte in jedem Stadium des Verfahrens ersuchen, das Verfahren abzutreten und entsprechende Akte des internationalen Terrorismus seiner internationalen Strafgerichtsbarkeit zu unterwerfen. Aufgrund seiner Befugnisse aus Kapitel VII der UN-Charta kann der UN-Sicherheitsrat die Mitgliedsstaaten zur Kooperation mit dem ad hoc Tribunal verpflichten.66 Die Staaten wären so gehalten, vermeintliche Terroristen an das Tribunal auszuliefern und ebenso Beweise zur Verfügung zu stellen. Das Gericht wäre nicht von den mitunter komplizierten und langwierigen Auslieferungsverfahren abhängig, dies fördert die Effizienz einer solchen Form internationaler Strafverfolgung. Ein solches ad hoc Gericht müsste dabei auf einem Statut beruhen, welches ratione materiae die Voraussetzungen für die Ausübung der Gerichtsbarkeit festlegt sowie ratione loci die Jurisdiktion auf terroristische Verbrechen in entsprechenden Regionen beschränkt. Weitere Bestimmungen über Strafandrohungen und Strafrahmen, Regelungen über Täterschaft und Teilnahme, über Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe, über die Gesetzlichkeit des Richters oder Kollisionsregeln komplettierten das Gericht und wären geeignet, allfällige Bedenken gegenüber einem Mangel an tatbestandlicher Bestimmtheit oder Unparteilichkeit ausräumen.67 Auch die Besetzung eines ad hoc Gerichts spräche für diese Alternative. Die Ernennung der Richter könnte dabei nach dem Vorbild der Strafgerichte für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda zu vollziehen sein. Für diese Tribunale wurden die elf Richter und der Chefankläger von der UN-Generalversammlung auf Vorschlag des Sicherheitsrates gewählt. Aufgrund der Wahl durch die UN-Generalversammlung wären eine adäquate Repräsentation unterschiedlicher nationaler Rechtsordnungen sowie die Wahrung der politischen Interessen der Staaten gewährleistet. Einem entsprechend besetzten ad hoc Tribunal könnte sodann schwerlich das Argument der Parteilich65 Vgl. Art. 9 Abs. 2 JStGH-Statut, ILM 1993, 1192 sowie Art. 8 Abs. 2 RStGHStatut, ILM 1994, 1598. 66 s. Art. 25 UN-Charta. Dazu Delbrück, in: Simma (Hrsg.), UN-Charta, 1991, Art. 25, Rn. 11; Pejic, RICR 2002, 13 (15). 67 Ostendorf, ZRP 1996, 467 (468).

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keit sowie mangelnder Akzeptanz unter der internationalen Gemeinschaft entgegengehalten werden. Allerdings zeigen die Beispiele der ad hoc Gerichte in Jugoslawien und Ruanda, dass diese Tribunale sowohl in sachlicher als auch in zeitlicher Zuständigkeit begrenzt sind. Die Gerichtshöfe werden auf lange oder kurze Sicht ihre Tätigkeit beenden und sodann auch wieder aufgelöst.68 Im Gegensatz zu den auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens und in Ruanda begangenen Völkerrechtsverbrechen handelt es sich bei Akten des internationalen Terrorismus allerdings nicht um abgeschlossene und daher zeitlich begrenzt auftretende Straftaten. Ein ad hoc Gericht, welches etwa ratione temporis auf eine bestimmte Zeitspanne beschränkt ist, stellt sich angesichts der Natur des internationalen Terrorismus und seinem unterschiedlichen Auftreten unter Anwendung variierender Mittel und wegen seiner wechselnden Ziele als eine wahrscheinlich nicht praktikable Lösung dar. Bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus kann eben nicht anhand eines finalen Bezugspunktes angesetzt werden; es handelt sich vielmehr um die Erfassung eines Prozesses in Bewegung: Unerwartet neue Varianten und terroristische Erscheinungsformen werden hinzukommen, die es vermögen, noch vielschichtigere Facetten, Beweggründe und Besonderheiten terroristischer Aktivitäten hervorzubringen. Zudem werden Terroraktivitäten in Ort, Zeit und Wahl der Mittel variieren. Die einmalige oder, sofern die terroristische Gefahr sich zyklisch fortsetzt, mehrmalige Errichtung eines mit einer von vornherein festgelegten, zeitlichen Zuständigkeit versehenen ad hoc Gerichts erscheint daher nicht geeignet. Ein internationales Strafgericht permanenter Natur bietet sich hier an. Gegen das Konzept einer internationalen ad hoc Gerichtsbarkeit für Akte des internationalen Terrorismus sprechen ferner die erheblichen Kosten für die Errichtung und den Aufbau eines solchen Gerichts.69 Insbesondere trägt der Einwand, dass die durch Sicherheitsbeschluss errichteten Straftribunale als Hilfsorgane des Sicherheitsrates fungieren und daher auch durch diesen finanziert werden müssen. Angesichts des knappen UN-Budgets ergeben sich hier Schwierigkeiten, die die Effektivität des Tribunals beeinflussen können. Im Gegensatz zu ad hoc Gerichten wird bei einem ständigen Strafgerichtshof die finanzielle Hauptlast von den Mitgliedsstaaten getragen. Da ein ad hoc Gericht, welches sich den Erfordernissen und auch Fluktuationen 68 So erstreckt sich die Zuständigkeit des JStGH auf einen Zeitraum seit dem 01.01.1991 und einem „vom Sicherheitsrat selbst festzusetzenden Zeitpunkt nach der Wiederherstellung des Friedens“; vgl. Paech/Stuby, Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen, 2001, 420 f. 69 Burke-White, in: Yepes-Enriquez/Tabassi (Hrsg.), Treaty Enforcement and International Cooperation in Criminal Matters with Special Reference to the Chemical Weapons Convention, 2002, 77 (84).

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des internationalen Terrorismus anpasst, bei Terroraktionen von schwerwiegender Tragweite ggf. mehrmals einberufen bzw. erneut errichtet werden müsste und hierdurch erhebliche Kosten entstünden, erscheint diese Möglichkeit ökonomisch wenig sinnvoll. Hingegen können bei einem ständigen Strafgericht, auch wenn die Terrorbedrohung phasenweise wieder abnimmt, die für den Terrorismus veranschlagten Kosten auf andere Zuständigkeitsbereiche eines solchen Tribunals übertragen und, sofern erforderlich, auch wieder zu Zwecken der Terrorismusbekämpfung reaktiviert werden. Darüber hinaus wiegt der politische Aspekt der Errichtung eines neuen ad hoc Gerichts schwer. Das Gericht wird aufgrund Sicherheitsratsbeschluss errichtet; beim Sicherheitsrat handelt es sich um ein politisches Organ, welches auf der Grundlage des Opportunitätsprinzips agiert. Bei der Einrichtung des Gerichts durch Sicherheitsratsbeschluss besteht die Gefahr, dass ein oder mehrere ständige Mitglieder des Sicherheitsrates aus politischen Gründen ihr Veto einlegen und so die Errichtung hinauszögern oder gänzlich vereiteln. Ferner mag die Befürchtung der Einbuße an staatlicher Souveränität aufgrund internationaler Strafgewalt das ad hoc Konzept nicht tragen.70 Praktisches Argument gegen die Errichtung eines temporären ad hoc Tribunals zur Aburteilung von Akten des internationalen Terrorismus ist aber, dass ein funktionstüchtiges Instrument ständiger internationaler Strafgerichtsbarkeit bereits etabliert ist: Die Staatengemeinschaft sprach sich 1998 mit großer Mehrheit für die Errichtung des IStGH aus, welcher am 1. Juli 2002 seine Tätigkeit aufnahm. Es besteht ein geeignetes Gremium für die internationale Strafgerichtsbarkeit. Fraglich ist, ob sich für Handlungen des internationalen Terrorismus eine Zuständigkeit des IStGH begründen lässt. Angesichts der unter den Staaten vorherrschenden Akzeptanz des neuen IStGH ist jedenfalls davon auszugehen, dass den Staaten an einer Aushöhlung der Autorität des IStGH durch die Errichtung einer weiteren, parallel operierenden internationalen ad hoc Gerichtsbarkeit – etwa einem speziellen Anti-Terrorismus-Gericht auf ad hoc Basis – nicht gelegen ist. Die erneute Beiziehung eines auf Kapitel VII UN-Charta errichteten Tribunals zur Ahndung schwerer Verletzungen des Völkerrechts durch die Staaten ist wegen der Errichtung des IStGH zukünftig faktisch ausgeschlossen.

70 Dazu Stuby, in: Hankel/Stuby (Hrsg.), Strafgerichte gegen Menschheitsverbrechen, 1995, 429 (457).

I. Strafrechtliche Instanzen zur Verfolgung von Akten des int. Terrorismus 157

c) Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) Die Analyse zur Verfügung stehender Foren nationaler und internationaler Strafverfolgung für schwerwiegende terroristische Aktionsformen zeigt, dass die Notwendigkeit einer permanenten internationalen Strafgerichtsbarkeit besteht. Voraussetzung hierfür ist aber zunächst, dass Akte des internationalen Terrorismus, die nach dem 1. Juli 2002 – dem Inkrafttreten des IStGH-Statuts – begangen wurden, überhaupt von den im Statut normierten Kernverbrechen Völkermord (Art. 6 IStGH-Statut), Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Art. 7 IStGH-Statut), Kriegsverbrechen (Art. 8 IStGH-Statut) sowie Aggression (Art. 5 IStGH-Statut) erfasst werden.71 Das IStGH-Statut enthält bislang keinen eigenen Tatbestand des internationalen Terrorismus, obwohl dessen Aufnahme im Rahmen der Staatenkonferenz von Rom 1998 durchaus diskutiert worden ist.72 Zu einer Einigung konnte man aus inhaltlichen Gründen nicht gelangen, und so ist die Bewertung terroristischer Straftaten und deren mögliche Aufnahme in das IStGH-Statut einer zukünftigen Revisionskonferenz überlassen, die gem. Art. 121 des Statuts sieben Jahre nach Inkrafttreten des Statuts, also für 2009, vorgesehen ist.73 Eine Ausweitung der internationalen Gerichtsbarkeit auf Akte des internationalen Terrorismus ist daher nur möglich, sofern deren Subsumtion unter die Tatbestände des IStGH gelingt; dies wird im folgenden Abschnitt untersucht. Ob auch in der Praxis Akte des internationalen Terrorismus Eingang in die Rechtsprechung des IStGH finden, muss die zukünftige Arbeit und Spruchpraxis des Gerichtshofs zeigen.74 Die Ahndung von terroristischen Akten durch den IStGH ist derzeit noch eine theoretische Frage.75 Denn anders als die beiden ad hoc Tribunale ist der IStGH nicht mit vorrangiger Jurisdiktionsbefugnis ausgestattet. Ein Ver71 Ein Auszug des IStGH-Statuts mit den entsprechenden völkerrechtlichen Straftatbeständen findet sich im Anhang der Arbeit. 72 Vgl. Proposals Submitted by Algeria, India, Sri Lanka and Turkey on Art. 5, UN Doc. A/CONF.183/C.1/L.27 und A/CONF.183/C.1/L.27/Corr.1; Schabas, Introduction ICC, 2001, 28. 73 Final Act [des Statuts], Annex I, Res. E. 74 Im Vordergrund stehen zunächst die Ermittlungen in Bezug auf schwere Menschenrechtsverletzungen in Kongo-Kinshasa, Uganda, Zentral-Afrika und in Darfur, Sudan; vgl. http://www.icc-cpi.int/cases.html (18.11.2007). 75 Rubin sieht daher weitaus geeignetere Alternativen als jene des internationalen Strafrechts z. B. die Verhängung von moralischen Sanktionen, Import oder ExportKontrollen oder die Einreichung zivilrechtlicher Klagen in den USA gegen Terrorismus unterstützende Staatsoberhäupter; Rubin, HarvILJ 2002, 65 ff. Hierbei handelt es sich aber primär um Maßnahmen gegen Staaten, die nicht die individuelle Verantwortlichkeit internationaler Terroristen betreffen; ders., in: Han (Hrsg.), Terror-

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D. Die Strafbarkeit des int. Terrorismus unter dem IStGH-Statut

fahren vor dem IStGH ist nur zulässig ist, wenn die nationale Justiz nicht willens oder fähig ist, einen in ihre Zuständigkeit fallenden Sachverhalt zu verfolgen und der Fall die erforderliche Schwere aufweist.76 Dieser wesentliche Grundsatz der Komplementarität des Gerichtshofes ist in den Art. 17 ff. IStGH-Statut geregelt; hiernach hängt es von der Effizienz und Ernsthaftigkeit der nationalen Strafverfolgung ab, ob der IStGH einen Fall an sich ziehen darf. Wurde ein terroristischer Sachverhalt bereits von einem Nationalstaat ermittelt oder strafrechtlich verfolgt oder ist die in Rede stehende terroristische Tat nicht ausreichend schwer, wäre ein Verfahren vor dem IStGH wegen Strafklageverbrauchs grundsätzlich unzulässig. Auf die Vertragsstaaten fällt somit die Hauptverantwortung für die strafrechtliche Verfolgung der im Statut normierten Verbrechen; die IStGH-Gerichtsbarkeit arbeitet ergänzend.77 Sofern die Gerichtsbarkeit des IStGH greift, wäre eine geeignete Instanz der Verfolgung und Durchsetzung des völkerrechtlichen Strafanspruchs bezüglich schwerer Akte des internationalen Terrorismus gefunden. Gelingt es dem IStGH, Jurisdiktion auch über Verbrechen des internationalen Terrorismus zu errichten oder Terrortaten mit den im Statut verankerten Kernverbrechen zu erfassen, wären damit auch Verbesserungen auf der Ebene der prozessualen Durchsetzung der Strafansprüche zu erwarten: Die Überstellung terroristischer Straftäter an den IStGH wäre leichter zu erreichen als die Auslieferung an den Staat des Tatortes oder den Heimatstaat der Opfer. Dieses praktische Argument trägt insbesondere dann, wenn es sich bei den Gewahrsamsstaaten um solche handelt, die internationalen Terroristen Unterstützung oder einen safe haven gewähren. Zählen Terrorismus unterstützende Staaten zu den Parteien des Rom-Statuts, wären „Terrorstaaten“ aufgrund ihrer Mitgliedschaft im IStGH nun zur Strafverfolgung terroristischer Akte verpflichtet. Althergebrachte politische Auslieferungsvorbehalte oder eine unzureichende nationale Strafverfolgung könnten so überwunden werden.78 Im Falle des Unterlassens nationaler Strafverfolgung oder anderer Hindernisgründe einer effektiven Strafverfolgung würde nunmehr nach Maßgabe des Grundsatzes der Komplementarität die Gerichtsbarkeit des ism and Political Violence, 1993, 380. Ähnlich auch Olsen, RICR 2002, 173 ff.; Stein, AVR 1992, 38 (41 ff.). 76 Schabas, Introduction ICC, 2001, 69 f.; Ambos, NJW 1998, 3743 (3744); Cassese, EJIL 1999, 144 (158 f.). 77 Vgl. Präambel Abs. 10, Art. 1, s. 2 IStGH-Statut. Werle, JZ 2001, 886; Solera, RICR 2002, 145 (150); Pejic, RICR 2002, 13 (21); Bartelt, AVR 2005, 187 (188). 78 Jeßberger, in: Deutsches Institut für Menschenrechte (Hrsg.), Menschenrechtliche Erfordernisse bei der Bekämpfung des Terrorismus, 2002, 22 ff.; Solera, RICR 2002, 145 (148), (158 ff.). Für den IStGH als Weltstrafgerichtshof für internationale Terroristen s. auch Wilkinson, Terrorism versus Democracy, 2000, 44 f.

II. Strafbarkeit von Akten des int. Terrorismus unter dem IStGH-Statut

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IStGH greifen.79 Die internationale Terrorismusbekämpfung stieße nicht mehr an bekannte Grenzen staatlicher Souveränität, und bestehende Rechtslücken im Hinblick auf die Strafverfolgung von völkerrechtlichen Verletzungshandlungen könnten geschlossen werden. 3. Zwischenergebnis Mit den bisher vorhandenen nationalen und internationalen Strafverfolgungsinstrumenten kann der Herausforderung, die der internationale Terrorismus bezüglich der Strafverfolgung an die Staatengemeinschaft stellt, zwar begegnet werden, die Erfolgsaussichten sind dabei gewiß unterschiedlich. Nationalen Gerichten kann es an Terrorismus spezifischen Strafnormen oder an der Ernsthaftigkeit bzw. Fähigkeit der Strafverfolgung internationaler Terrorsachverhalte fehlen. Hauptgrund für den Ruf nach einer internationalen Strafgerichtsbarkeit für Akte des internationalen Terrorismus ist aber das Defizit nationaler Gerichte, den spezifisch völkerrechtlichen Unrechtsgehalt schwerer Terrorakte, die sich gegen die Zivilgesellschaft als solche richten und zugleich eine friedens- bzw. sicherheitsbedrohende Dimension aufweisen, zu erfassen. Hier ist die internationale Strafgerichtsbarkeit gehalten, das verletzte Normbewusstsein der internationalen Gemeinschaft wiederherzustellen. Der IStGH bietet eine geeignete Plattform für die Behandlung internationaler Terrorakte und zeichnet sich zudem als langfristiges Lösungsmuster aus. Zwar enthält das IStGH-Statut keinen eigenen Tatbestand des internationalen Terrorismus, doch könnten Akte des internationalen Terrorismus von den bestehenden Tatbeständen möglicherweise erfasst werden. Die internationale Strafgerichtsbarkeit soll dabei die nationalen Kompetenzen zur Strafverfolgung terroristischer Verbrechen zwar nicht ersetzen, sie muss diese aber ergänzen, um bestehende Strafbarkeitslücken zu schließen.

II. Die Strafbarkeit von Akten des internationalen Terrorismus unter dem IStGH-Statut Terroristische Gewaltakte können nur dann im IStGH-Statut Beachtung finden, wenn sie unter die Tatbestände des Völkermordes, der Kriegsverbrechen, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder der Aggression subsumiert werden können. Zu prüfen ist daher, ob Akte des internationalen Terrorismus eines der vier anerkannten Völkerrechtsverbrechen darstellen. 79 Art. 17–19 IStGH-Statut. s. dazu Werle/Jeßberger, JZ 2002, 725 (726); Bleich, in: Bassiouni C. M. (Hrsg.), The International Criminal Court: Observations and Issues Before the 1997–98 Preparatory Committee, 1997, 231 ff.

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D. Die Strafbarkeit des int. Terrorismus unter dem IStGH-Statut

Zur Prüfung sind der jeweilige völkerrechtliche Tatbestand des IStGHStatuts sowie die von der Vorbereitungskommission ausgearbeiteten Verbrechenselemente80 heranzuziehen. Die Fertigstellung der Verbrechenselemente gilt als ein Meilenstein in der Entwicklung des Völkerstrafrechts. Es handelt sich hierbei um einen Katalog von Bedingungen, Zusammenhängen, Einstellungen und Absichten, die für die Erfüllung der Tatbestände des Völkermordes (Art. 6 IStGH-Statut), des Verbrechens gegen die Menschlichkeit (Art. 7 IStGH-Statut), der Kriegsverbrechen (Art. 8 IStGH-Statut) und der Aggression (Art. 5 IStGH-Statut) vorliegen müssen. Die Verbrechenselemente konkretisieren die im Statut definierten Delikte und unterstützen den Gerichtshof in seiner Rechtsfindung. Allerdings entfalten diese Verbrechenselemente gegenüber dem Strafgerichtshof keine Bindungswirkung. Sowohl die Verbrechenselemente als auch die Verfahrensregeln des IStGH sind den Bestimmungen des Statuts untergeordnet und somit als subsidiäre Rechtsquellen anzusehen und sollen gemäß Art. 9 IStGH-Statut dem Gerichtshof bei der Auslegung und Anwendung der in Art. 6 bis 8 IStGH-Statut normierten Kernverbrechen „helfen“. Als Auslegungshilfe haben sie letztlich nur deklaratorische und systematisierende Funktion81 – auch wenn nicht bindend, sind sie jedoch für das im IStGH-Statut enthaltende materielle Strafrecht von grundlegender Bedeutung.82 Das Konzept der unterstützenden Auslegung durch die Verbrechenselemente stellt dabei im Völkerstrafrecht ein Novum dar, welches den meisten nationalen Rechtsordnungen unbekannt ist.83 Diese Art der Auslegungshilfe entstammt der US-amerikanischen Strafgesetzgebung: Inhaltliche Vorgaben sollen den Richter strikt an die Strafnorm binden und so eine einheitliche Rechtsprechung sicherstellen. Mit Bezug auf den IStGH hat dieses Modell eine Modifikation erfahren, weil die Verbrechenselemente lediglich als Auslegungshilfe bei der Ausübung des richterlichen Ermessens dienen.84 Für die Prüfung der einzelnen, völkerrechtlichen Verbrechenstatbestände enthält das IStGH-Statut keine Hierarchie.85 In der vorliegenden Analyse wird die Prüfung anhand der im IStGH-Statut festgelegten Reihenfolge der einzelnen Tatbestände vorgenommen. 80 International Criminal Court, Elements of Crimes, U.N. Doc. PCNICC/ 2000/1/Add.2 (2000). 81 Ambos, NJW 2001, 405 (406). 82 Vest, ZStR 2003, 46 (47); Schabas, Introduction ICC, 2001, 29. 83 Vogel, ZStR 2002, 372 (389). 84 Kaul, VN 2001, 215 (215 f.). 85 Es hat im Rahmen der Verhandlungen zum IStGH-Statut Vorschläge gegeben, dass anhand der Rechtsprechung der Militärtribunale von Nürnberg und Tokio sowie des JStGH und RStGH eine Hierarchie nachgewiesen werden kann, s. Schabas, Introduction ICC, 2001, 25.

II. Strafbarkeit von Akten des int. Terrorismus unter dem IStGH-Statut

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1. Internationaler Terrorismus als Völkermord Indem Akte des Terrorismus die Tötung und die schwere Körperverletzung von einer Vielzahl von Personen beinhalten, könnten sie zunächst unter den völkerrechtlichen Tatbestand des Völkermordes gemäß Art. 6 IStGH-Statut fallen. a) Inhaltliche Ausgestaltung des Art. 6 IStGH-Statut aa) Objektiver Tatbestand In erster Linie schützt Art. 6 IStGH-Statut die physische und soziale Existenz nationaler, rassischer, religiöser oder ethnischer Gruppen von Menschen.86 Objektiv setzt die Erfüllung des Völkermordtatbestandes voraus, dass der Täter eine der in Art. 6 IStGH-Statut umschriebenen Tathandlungen gegen Mitglieder einer der genannten Gruppen vornimmt. Art. 6 IStGH-Statut erfasst dabei jede der folgenden Handlungen: (a) Tötung von Mitgliedern einer Gruppe; (b) Verursachung von schweren körperlichen oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe; (c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Vernichtung ganz oder teilweise herbeizuführen; (d) Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind; (e) gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.“87 86

Vest, ZStR 2001, 457 (476). Der Wortlaut der Norm ist dabei identisch mit den Vorgaben der Völkermordkonvention von 1948. Art. 6 IStGH-Statut gibt Wort für Wort Art. II der Völkermordkonvention und damit eine Regel des Völkergewohnheitsrechts wieder. Mit Art. III Völkermordkonvention korrespondiert Art. 6 IStGH-Statut aber nur teilweise: Nach Völkergewohnheitsrecht ist die Verschwörung zum Völkermord verboten; Art. 6 IStGH-Statut sieht diese Tatbestandvoraussetzung allerdings nicht vor. Stattdessen enthält Art. 25 III lit. e IStGH-Statut den eigenständigen Tatbestand der Aufstachelung zum Völkermord. Zum ius cogens-Charakter des Völkermordes s. van Schaak, Y. L. J. 1997, 2259 ff. Auch stellt das Verbrechen des Völkermordes einen unabkömmlichen Straftatbestand des JStGH (Art. 4 (2)) und des RStGH (Art. 2 (2)) dar. Die Rechtsprechungspraxis dieser beiden Organe hat es ermöglicht, die Definition und Interpretation des Völkermordes zu verdeutlichen bzw. zu konkretisieren. Vgl. insbesondere die Rechtsprechung des JStGH im Fall The Prosucutor v. Akayesu, ICTY, Urteil v. 02.09.1998 (Case No. RSTGH-96-4-T), abgedruckt in: Klip/Suiter (Hrsg.), Annotated Leading Cases of International Criminal Tribunals, 2001, RSTGH 1994–1999, 399. 87

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Da Akte des internationalen Terrorismus in ihrer Eigenschaft als primär punktuell vorgetragene Gewalthandlungen nicht darauf angelegt sind, das Schicksal einer Gruppe (etwa durch Geburtenverhinderung oder die gewaltsame Überführung von Kindern in eine andere Gruppe) langfristig zu manipulieren, finden die Art. 6 lit. c–lit. e IStGH-Statut im Rahmen der Terrorismusproblematik keine Anwendung. Bei der Frage nach der Einbeziehung des internationalen Terrorismus in den Straftatbestand des Völkermordes kommen daher nur Art. 6 lit. a und lit. b IStGH-Statut als Prüfungsmaßstab in Betracht. Ausgehend von Art. 6 IStGH-Statut sowie den Verbrechenselementen zu dieser Norm müssen die Opfer einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe angehören. Politische oder soziale Gruppen werden durch Art. 6 IStGH-Statut nicht erfasst, obwohl dies von einigen Staaten im Rahmen der Vorbereitungsarbeiten zum IStGH vorgebracht worden ist.88 Der Vorschlag, die Gruppenmerkmale des Völkermordes entsprechend zu erweitern und im neuen Statut unterzubringen89, erhielt von der Staatengemeinschaft jedoch nur ungenügende Unterstützung und wurde im weiteren Verlauf der Verhandlungen fallengelassen.90 Mit Blick auf das objektive quantitative Element des Tatbestandes erfordern weder das Völkergewohnheitsrecht noch Art. 6 IStGH-Statut, dass Völkermord eine Vielzahl an Opfern voraussetzen muss.91 Solange die entsprechenden Voraussetzungen der Norm erfüllt sind, kann die Tötung von einer oder mehreren Personen Völkermord darstellen.92 Hier zeigen sich die Verbrechenselemente als sehr in88 Report of the Ad Hoc Committee on the Establishment of an International Criminal Court, UN Doc. A/50/22, S. 12, Rdn. 61; Report of the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court, UN Doc. A/51/22, Vol. 1, 17 Rdn. 59; „Israeli UN Delegation Concerned over International Criminal Court Proposal“, in: Jerusalem Post v. 13.08.1996, 12; van Schaak, Y. L. J. 1997, 2259 (2260). 89 Ausführlich zu den Gruppenmerkmalen des Genozids s. Schabas, Genocide in International Law, 2000, 102 ff.; ders., Introduction ICC, 2001, 32. 90 In der endgültigen, von der Preparatory Commission vorgelegten Fassung des vorläufigen IStGH-Statuts, wurde die Völkermordbestimmung mit folgender Fußnote versehen: „The Preparatory Committee took note of the suggestion to examine the possibility of addressing „social and political“ groups in the context of the crimes against humanity“. UN Doc. A/AC.249/1998/CRP.8, 2. Vgl. Schabas, in: Triffterer (Hrsg.), Commentary on the Rome Statute, 1999, Art. 6, Rn. 6. 91 Vgl. auch Elements of Crimes Art. 6 (a) und (b): „1. The perpetrator killed one or more persons. 2. The Perpetrator causes serious bodily or mental harm to one or more persons.“ 92 Vgl. The Prosecutor vs. Jelisic, ICTY, Urteil v. 14.12.1999 (Jelisic, TC), Rn. 100; Cassese, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 347; van Schaak, Y. L. J. 1997, 2259 (2263); Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 3. Teil, Rn. 582; Schabas, in: Triffterer (Hrsg.), Commentary on the Rome Statute, 1999,

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novativ: Sie bestimmen, dass die Voraussetzungen des Völkermordes bereits dann vorliegen können, wenn sich die Tathandlung nur gegen eine Person richtet.93 bb) Subjektiver Tatbestand Die subjektive Tat des Völkermordes setzt die Absicht voraus, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören. Neben dem ohnehin erforderlichen subjektiven Element der Strafbarkeit (Art. 30 IStGH-Statut) setzt Art. 6 IStGH-Statut darüber hinaus das Vorliegen einer speziellen Zerstörungsabsicht (dolus specialis) voraus.94 Dem Tatbestand des Völkermordes wohnt damit eine quantitative Motivation inne.95 Die spezielle Zerstörungsabsicht erfordert den zielgerichteten Willen des Täters, eine Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören, also Absicht im technischen Sinne, wie sie dem deutschen Strafrecht als dolus directus 1. Grades bekannt ist.96 Die besondere Problematik der Genozidabsicht liegt dabei in ihrer Beweisbarkeit. Bei vielen Tätern, die an einem Völkermord beteiligt sind, ist eine Bestrafung nach Art. 6 IStGH-Statut nicht möglich, weil ihnen das (quantitative) Wissen und die spezifische Motivation fehlen bzw. diese nicht nachgewiesen werden kann. Wie die subjektiven Anforderungen darüber hinaus konkret ausgestaltet sind, wird der neue Strafgerichtshof zukünftig von Fall zu Fall zu entscheiden haben.97

Art. 6, Rn. 9; Satzger, Internationales und Europäisches Strafrecht, 2005, § 15 Rn. 19. 93 Vgl. Eser, in: Schönke/Schröder, 26. Aufl., 2001, § 220 a, Rn. 4. Dagegen wendet sich Cassese, der diese Voraussetzung weder aus Art. 6 IStGH-Statut herausliest noch sie durch das Völkergewohnheitsrecht abgedeckt sieht. Vgl. Cassese in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 349. 94 Vgl. Art. 6 (a) und (b) IStGH-Statut, Elements of Crimes: „3. The Perpetrator intended to destroy, in whole or in part, that national, ethnic, racial or religious group.“ Zu den subjektiven Elementen ausführlich Kittichaisaree, International Criminal Law, 2001, 72 ff. 95 Schabas, Introdcution ICC, 2001, 24; a. A. Cassese, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), Vol. 1, 2002, 349. 96 Satzger, Internationales und Europäisches Strafrecht, 2005, § 15 Rn. 15. 97 Ambos, NJW 2001, 405 (406).

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b) Subsumtion des internationalen Terrorismus unter Art. 6 IStGH-Statut Die ILC hat in ihrer Kommentierung zu Art. 20 des 1994 Draft Statute of the International Criminal Court98 zum Tatbestand des Völkermordes festgehalten, dass Akte des Terrorismus unter bestimmten Voraussetzungen als Völkermord qualifiziert werden können: „A systematic campaign of terror by some groups against the civilian population would fall within the category of crimes under general international law in subparagraph (d) [crimes against humanity], and if motivated on ethnic or racial grounds, also subparagraph (a) [genocide]“.

Obwohl Art. 20 des ILC-Entwurfs von 1994 im Rom-Statut keine Beachtung gefunden hat, lässt sich diese rechtliche Bewertung von Terrorakten als Völkermord dann aufrechterhalten, wenn terroristische Handlungen den Voraussetzungen des heutigen Art. 6 IStGH-Statut entsprechen: Konkret müssen Terrorhandlungen die Tötung von Mitgliedern einer Gruppe oder die Verursachung von schweren körperlichen oder seelischen Schäden an Mitgliedern der Gruppe beinhalten und in direkter Absicht vorgenommen werden, eine ethnische, rassische oder religiöse Gruppe zu zerstören. Terroristische Gewaltakte, insbesondere solche mittels Massenvernichtungswaffen, sind durch schwere Gewalt gekennzeichnet, in deren Vordergrund die vorsätzliche Verursachung des Todes eines anderen Menschen sowie schwere Körperverletzungen an einer Vielzahl von Menschen stehen. Terrorakte zielen darauf ab, eine Bevölkerung oder einzelne Teile hiervon einzuschüchtern und ein Klima des Terrors zu erzeugen. Sie führen dadurch bei den Opfern zu erheblichen und langfristigen Beeinträchtigungen. Schwere Akte des internationalen Terrorismus mittels konventioneller und Massenvernichtungswaffen erfüllen damit die objektiven Voraussetzungen des Völkermordes. Im Hinblick auf den subjektiven Tatbestand ist fraglich, ob internationale Terrorakte den Anforderungen an das Vorliegen eines Völkermordes genügen. Während Mord und schwere Körperverletzung sowohl dem Völker98 Vgl. Art. 20 des 1994 Draft Statute of the International Criminal Court: „The Court has jurisdiction in accordance with this Statute with respect to the following crimes: (a) the crime of genocide; (b) the crime of aggression; (c) serious violations of the laws and customs applicable in armed conflict; (d) crimes against humanity; (e) crimes, established under or pursuant to the treaty provisions listed in the Annex, which, having regard to the conduct alleged, constitute exceptionally serious crimes of international concern.“

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mord als auch Terrorakten immanent sind, ist die Motivation jeweils unterschiedlich.99 Individuelle Terrorhandlungen werden verübt, um einen Staat, eine Bevölkerung, einzelne Bevölkerungsteile oder internationale Organisationen einzuschüchtern und so den Gegner in Verwirklichung eines bestimmten politischen Zieles zu einer Reaktion zu veranlassen. Internationalen Terroristen geht es aber weniger darum, eine ganze Volksgruppe auszulöschen; im Mittelpunkt der terroristischen Zielsetzung steht grundsätzlich vielmehr, einen Staat, die Gesellschaft oder das internationale System zu schwächen, um ihren politischen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Die Erfassung terroristischer Gewaltakte als Völkermord ist daher wegen der fehlenden Absicht der Zerstörung einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe grundsätzlich abzulehnen. Bei Akten des Staatsterrorismus muss jedoch eine andere rechtliche Bewertung erfolgen. Werden Gewalthandlungen wie schwere Körperverletzungen oder Tötungen von amtlichen Organen eines Staates gegen einen Teil der eigenen Bevölkerung (z. B. eine ethnische oder religiöse Minderheit) oder gegen die Bevölkerung eines besetzten Gebietes vorgenommen, um etwa die Autorität und Macht des Staates im betroffenen Staatsgebiet durchzusetzen, können derartige Handlungen einen Völkermord darstellen. Aber auch in diesen Fällen muss dem staatlichen Akteur die konkrete Zerstörungsabsicht der Gruppe explizit nachgewiesen werden. Dies kann sich im Einzelnen als schwierig erweisen, wie etwa die Rechtsprechung des JStGH mit Bezug zum Terrorismus im Fall Jelisic belegt.100 Die willkürliche Tötung von Zivilisten ließ zwar auf das Vorliegen von Völkermord im terroristischen Kontext schließen, der Gerichtshof sah hierin aber nicht die Absicht des Täters, eine bestimmte Gruppe zu vernichten.101 c) Zwischenergebnis Die Schwierigkeiten, Terroristen das subjektive Element der speziellen Zerstörungsabsicht einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe nachzuweisen, führen dazu, dass internationale Terrorhandlungen regelmäßig nicht unter den Tatbestand des Völkermordes subsumiert werden 99 International Bar Association, International Terrorism: Legal Challenges and Responses. A Report by the International Bar Association’s Task Force on Terrorism, 2003, 157. 100 The Prosecutor vs. Jelisic, ICTY, Urteil v. 14.12.1999 (Jelisic, TC), Rn. 104: „He wanted to terrorise them.“. 101 The Prosecutor vs. Jelisic, ICTY, Urteil v. 14.12.1999, (Jelisic, TC), Rn. 108: „[. . .] he killed arbitrarily rather than with the clear intention to destroy a group.“ Dazu auch Cassese, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 342.

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können. Art. 6 IStGH-Statut ist damit nicht oder nur in sehr wenigen Fällen zur Kriminalisierung von Akten des internationalen Terrorismus geeignet. 2. Internationaler Terrorismus als Verbrechen gegen die Menschlichkeit Nach dem derzeitigen Stand des Völkerstrafrechts kommt aber eine Klassifizierung schwerster terroristischer Gewalttaten als Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Betracht.102 Die individuelle Verantwortlichkeit für Verbrechen gegen die Menschlichkeit wurde erstmals in den Nürnberger Prozessen begründet; seitdem hat dieser Straftatbestand insbesondere durch die Rechtsprechungspraxis des JStGH und des RStGH eine konsequente Weiterentwicklung erfahren.103 a) Inhaltliche Ausgestaltung des Art. 7 IStGH-Statut Der komplexe Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit stellt in der Regel staatlich organisierte oder staatlich gedeckte unmenschliche Verhaltensweisen unter Strafe, die in ihrem Ausmaß die internationalen Menschenrechtsstandards massiv verletzen.104 In der Vergangenheit setzte die Vorschrift neben den geschriebenen Tatbestandsmerkmalen weitere ungeschriebene voraus; diese haben in Art. 7 IStGH-Statut keinen Niederschlag gefunden. So ist zum einen eine Verbindung zwischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und dem Vorliegen eines bewaffneten Konflikts nicht mehr erforderlich.105 Zum anderen ist – mit Ausnahme von Art. 7 102 Vgl. Cassese, EJIL 2001, 993 ff.; Byers, ICLQ 2002, 401 ff.; Tomuschat, EuGRZ 2001, 525 ff.; Greenwood, International Affairs 2002, 301 ff.; Stahn, ZaöRV 2001, 183 (244 ff.); Brown, Holding Armed Groups and Terrorist Organizations Accountable for Crimes Against Humanity and War Crimes, and for „Terrorist Offences“ under International Anti-Terrorism-Conventions, Abo Akademi Institute for Human Rights, (2002), http://www.abo.fi/institut/imr/norfa/duncan.pdf; BurkeWhite, in: Yepes-Enriquez/Tabassi (Hrsg.), Treaty Enforcement and International Cooperation in Criminal Matters with Special Reference to the Chemical Weapons Convention, 2002, 77 (84). Dagegen argumentierend Schabas/Olivier, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Law, 2003, 270 (276). 103 s. hierzu die ausführliche Rechtsprechungspraxis des JStGH und RStGH in: Arnold, The ICC as a New Instrument for Repressing Terrorism, 2004, 246 ff.; Tournaye, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Law, 2003, 298 ff. Zur Historie des Tatbestandes vgl. Cassese, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 353; Bassiouni, Crimes against Humanity in International Law, 1999, 44 ff. 104 Bruer-Schäfer, Der Internationale Strafgerichtshof, 2001, 163. 105 Vgl. u. a. The Prosecutor vs. Kupreskic, JSTGH, Urteil v. 16.01.2000 (Case No. IT-95-16), Rn. 577 und Rn. 581 sowie den Report of the Secretary-General be-

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Abs. 1 lit. h IStGH-Statut – nicht notwendig, dass sich der Angriff gegen eine politische, rassische, nationale, ethnische, kulturelle, religiöse Gruppierung oder Geschlechtergruppe richtet. Ein konkreter Bezug zum Terrorismus ist Art. 7 IStGH-Statut nicht zu entnehmen, obwohl ein solcher im Rahmen der Vorarbeiten zum IStGH-Statut von einigen Staaten vorgebracht worden ist. So haben sich Algerien, Indien, Sri Lanka und die Türkei vergeblich für die Aufnahme von Terrorismus als Untertatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit in Art. 7 IStGH-Statut eingesetzt.106 aa) Objektiver Tatbestand Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut enthält eine Liste von elf Delikten des Verbrechens gegen die Menschlichkeit, die alle im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung begangen werden müssen. Neben der Aufzählung der einzelnen Straftatbestände enthält Art. 7 Abs. 2 IStGH-Statut Legaldefinitionen für jede der genannten Tathandlungen. Im Zusammenspiel mit den Verbrechenselementen zu Art. 7 IStGHStatut ermöglichen es diese, die in Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut beschriebenen Delikte konkret zu umreißen und Inhalt und Reichweite der einzelnen Handlungen festzulegen. (1) Einzeltatbestände des Art. 7 Abs. 1 lit. a–lit. k IStGH-Statut Da nur die schwersten, die internationale Gemeinschaft betreffenden Verbrechen im IStGH-Statut Berücksichtigung finden sollen, sind folgende Verbrechen in den Sammelkatalog an „Menschenrechtsverletzungen“ in züglich Absatz 2 der Sicherheitsratsresolution 808, UN Doc. S/25704 (1993), der besagt, dass: „crimes against humanity are aimed at any civilian population and are prohibited regardless of whether they are committed in an armed conflict, international or internal character.“ s. Stahn, ZaöRV 2002, 138 (245); Pejic, RICR 2002, 13 (22). 106 Vgl. A/CONF/183/C.1/L.27. Folgende Formulierung des Terrorismustatbestandes wurde vorgeschlagen: „Any act of terrorism, in all its forms and manifestations involving the use of indiscriminate violence, is a crime committed against persons or property intended or calculated to provoke a state of terror, fear and insecurity in the minds of the general public or population resulting in death or serious bodily injury to mental or physical health and serious damage to property irrespective of any consideration and purpose of a political, ideological, philosophical, racial, ethnic, religious or such other nature that may be invoked to justify it.“ Vgl. Robinson, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 497 (517).

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D. Die Strafbarkeit des int. Terrorismus unter dem IStGH-Statut

Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut aufgenommen worden: Die traditionellen Einzeltatbestände der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, insbesondere die • vorsätzliche Tötung (Art. 7 Abs. 1 lit. a), • Ausrottung (Art. 7 Abs. 1 lit. b), • Versklavung (Art. 7 Abs. 1 lit. c), • Vertreibung oder zwangsweise Überführung der Bevölkerung (Art. 7 Abs. 1 lit. d) sowie die • Verfolgung aus politischen, rassischen, nationalen, ethnischen, kulturellen oder religiösen Gründen (Art. 7 Abs. 1 lit. h)

wurden unter Berücksichtigung jüngerer Entwicklungen durch weitere Tatbestände ergänzt. Dazu gehören zum einen die Tathandlungen, die zusätzlich im Statut des JStGH und des RStGH niedergelegt sind. Diese beinhalten die • Freiheitsentziehung (Art. 7 Abs. 1 lit. e), • Folter (Art. 7 Abs. 1 lit. f) sowie • Vergewaltigung und sexuelle Sklaverei (Art. 7 Abs. 1 lit. g).

Zudem haben zwei neue Tatbestände Eingang in das Statut gefunden: • das Verbrechen des zwangsweisen Verschwindenlassens von Personen (Art. 7 Abs. 1 lit. i) und die • Apartheid (Art. 7 Abs. 1 lit. j).

Mit der Einbeziehung • „anderer unmenschlicher Handlungen ähnlicher Art“ (Art. 7 Abs. 1 lit. k)

ist letztlich eine Generalklausel formuliert worden, die solche Verhaltensweisen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit qualifiziert, mit denen „vorsätzlich großes Leiden oder schwere Verletzungen des Körpers oder der physischen oder psychischen Gewalt verursacht werden“, vgl. Art. 7 Abs. 1 lit. k IStGH-Statut. Der RStGH hat im Fall Akayesu Bezug auf die Generalklausel genommen und darunter die erzwungene Nacktheit von TutsiFrauen subsumiert.107 Im Gegensatz zur Rechtsprechungspraxis des RStGH grenzt das IStGH-Statut die Anwendung der Generalklausel ein, indem Art. 7 Abs. 1 lit. k IStGH-Statut bestimmt, dass die fraglichen Akte in Format und Schwere körperlichen Leiden entsprechen müssen. Aus diesem Grunde ist fraglich, ob damit auch weiterhin sexuelle Handlungen unter die Klausel fallen. Abzuwarten bleibt, wie der neue Strafgerichtshof in der Auslegung von „anderen Handlungen“ verfahren wird.108 107 The Prosecutor vs. Akayesu, RStGH, Urteil v. 02.09.1998 (Akayesu, TC), Rn. 597–599, 687, 688. Annotated Leading Cases, 2001, 399 ff. oder 37 ILM, 1399, Rn. 515; Schabas, Introduction ICC, 2001, 39.

II. Strafbarkeit von Akten des int. Terrorismus unter dem IStGH-Statut

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(2) „Handlungen im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung“ Damit ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach Art. 7 IStGH-Statut vorliegt, müssen die Einzeltatbestände des Art. 7 Abs. 1 lit. a–lit. k IStGH-Statut aus objektiver Sicht im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung erfolgen. Die inhaltlichen Vorgaben der Kriterien des „ausgedehnten“ oder „systematischen“ Angriffs korrespondieren sowohl mit der Rechtsprechungspraxis des JStGH als auch mit der des RStGH, welche damit eine (wertvolle) Interpretationshilfe geben.109 Traditionell musste es sich – nach der Definition der Nürnberger Kriegsverbrechertribunale – bei diesen Merkmalen um einen groß angelegten oder systematischen Angriff handeln, der von einem Staat, einer Regierung oder einer ähnlichen Einheit toleriert wird.110 Das IStGH-Statut definiert diese Anforderungen nicht. Die Verbrechenselemente zu Art. 7 IStGH-Statut lassen die Auslegung der einzelnen Merkmale vermissen; somit bleibt deren nähere Interpretation der zukünftigen Rechtsprechung des IStGH überlassen. Für die Merkmale „ausgedehnt“ und „systematisch“ gilt generell, dass sie die mehrfache Begehung von Delikten voraussetzen, und diese in Ausführung oder zur Unterstützung der Politik eines Staates oder Organisation erfolgen muss. Sowohl das Kriterium „ausgedehnt“ als auch „systematisch“ geben somit eine gewisse Größenordnung der Angriffsquantität sowie -qualität vor: Ein isoliertes Agieren oder sporadisches Fehlverhalten – egal wie grausam im Einzelnen – wird nicht als Verbrechen gegen die Menschlichkeit angesehen; vielmehr muss die Kategorie des Verbrechens gegen die Menschlichkeit breiter verstanden werden.111 Art. 7 IStGH-Statut lässt offen, ob die Voraussetzungen des ausgedehnten oder systematischen Angriffs alternativ oder kumulativ vorliegen müssen.112 Zwischen Art. 7 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a IStGH-Statut liegt diesbezüglich ein Widerspruch vor: Während in Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut ein aus108

Schabas, Introduction ICC, 2001, 39. Dixon, in: Triffterer (Hrsg.), Commentary on the Rome Statute, 1999, Art. 7, Rn. 12. 110 Cassese, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 357. 111 Vgl. Dutch Special Court of Cassation vs. Albrecht: „Crimes of this category are characterized either by their seriousness and their slavery, or by their magnitude, or by the fact that they were part of a system designed to spread terror [. . .].“, abgedruckt in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 357. 112 Dazu Schabas, Introduction ICC, 2001, 36; Stahn, ZaöRV 2002, 183 (247); Pejic, RICR 2002, 13 (22). 109

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gedehnter oder systematischer Angriff verlangt wird, definiert Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut den Angriff als Verhaltensweise, die in der mehrfachen Begehung der in Abs. 1 benannten Handlungen besteht („ausgedehnt“) und in Ausführung der Politik eines Staates oder einer Organisation vorgenommen wird („systematisch“). Die in Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut ursprünglich alternative Formulierung wird damit zu einer kumulativen Voraussetzung umgewandelt, die höhere Anforderungen an Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut stellt als dies ursprünglich im Vertrag vorgesehen war.113 Tatsächlich werden in der völkerrechtlichen Praxis regelmäßig beide Kriterien erfüllt sein (kumulativ).114 (a) „Ausgedehnt“ Hinsichtlich des Merkmals „ausgedehnt“ sind zwei Interpretationen möglich: Das Merkmal kann sich entweder auf die geographische Ausdehnung eines Angriffs beziehen oder auf die Anzahl der Opfer abstellen.115 Der JStGH folgte in seiner Rechtsprechung zum Fall Tadic´ letzterer Auslegung und hat auf Akte Bezug genommen, die im großen Rahmen durchgeführt wurden und sich gegen eine Vielzahl von Opfern richteten.116 Nach Maßgabe dieser Rechtsprechungspraxis ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass sich sogar ein einzelner Akt als „ausgedehnt“ darstellen kann:117 „[. . .] a crime may be widespread by a way of the cumulative effect of a series of inhumane acts or the singular effect of an inhumane act of extraordinary magnitude.“118

Hiernach bezieht sich das Merkmal „ausgedehnt“ nicht zwingend auf die geographische Ausdehnung des Angriffs, und so kann auch ein singulärer 113

Ambos, NJW 2001, 405 (406); Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 4. Teil, Rn. 640. The Prosecutor vs. Blaskic, JStGH, Urteil v. 03.03.2000 (Blaskic, TC), Rn. 207: „The fact still remains however that, in practice, these two criteria will often be difficult to separate since a widespread attack targeting a large number of victims generally relies on some form on planning or organisation“. s. auch Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 4. Teil, Rn. 639. 115 International Bar Association, International Terrorism: Legal Challenges and Responses. A Report by the International Bar Association’s Task Force on Terrorism, 2003, 151. 116 The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Urteil v. 07.05.1997 (No. IT-94-1 ‚Prijedor‘), Rn. 648; The Prosecutor vs. Blaskic, JStGH, Urteil v. 03.03.2000 (Case No. IT-95-14 ‚Lasva Valley‘), Rn. 206. 117 s. dazu auch Vest, ZStR 2003, 46 (52); Blanke/Molitor, AVR 2001, 142 (154 f.); Ambos/Wirth, The Current Law of Crimes against Humanity, Crim. L. F. 2002, 21. 118 The Prosecutor vs. Blaskic, JStGH, Urteil v. 03.03.2000 (Blaskic, TC), Rn. 206. 114

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Angriff gegen nur eine Stadt bereits ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen.119 (b) „Systematisch“ Für das Vorliegen des Merkmals „systematisch“ verlangen die ILC und sowohl der JStGH als auch der RStGH die Existenz eines Plans oder einer Politik hinter dem Angriff.120 Der JStGH hat das Merkmal „systematisch“ in seiner Rechtsprechung noch weiter eingegrenzt: Neben dem Vorliegen eines hinter dem Angriff stehenden Plans müssen sich die strafbaren Handlungen als unmenschliche Akte großen Ausmaßes darstellen oder zum wiederholten Male begangen worden sein. Die Einstufung des Angriffs als „systematisch“ ist ferner vom Grad der eingesetzten Ressourcen (militärische oder andere) abhängig sowie von der Beteiligung hoher Funktionsträger in der Erstellung des kriminellen Plans bzw. der Politik hinter dem Angriff.121 (c) „Angriff“ Art. 7 Abs. 2 IStGH-Statut definiert den „Angriff gegen die Zivilbevölkerung“ als mehrfache Begehung der in Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut genannten Handlungen in Ausführung oder zur Unterstützung der Politik eines Staates oder einer Organisation.122 Der Angriff muss dabei kein Angriff im militärischen Sinne sein.123 Das Kriterium der mehrfachen Begehung ist notwendig, um einzelne Akte, die gewöhnliche Verbrechen darstellen, aus dem An119

Vgl. The Prosecutor vs. Jelisic, JStGH, Urteil v. 14.12.1999 (Jelisic, TC). Report ILC on the work of its 45th session, 6. May–26. Juli 1996, 51 UNGAOR Supp. (No. 10). 9 UN Doc A/61/10 (1996); The Prosecutor vs. Akayesu, RStGH, Urteil v. 02.09.1998 (Case No. RSTGH 96-4-T), Rn. 580. 121 Vgl. The Prosecutor vs. Kordic and Cerkez, JStGH, Urteil v. 26.02.2001 (Case No. IT-95-12/2), Rn. 179. 122 Vgl. Art. 7 (3) IStGH-Statut, Elements of Crimes, Introduction: „Attack directed against a civilian population“ in these context [sic] elements is understood to mean a course of conduct involving the multiple commission of acts referred to in article 7, paragraph 1, of the Statute against any civilian population, pursuant to or in furtherance of a State or organizational policy to commit such attack. The acts need not constitute a military attack. It is understood that „policy to commit such an attack“ requires that the State or organization actively promote or encourage such an attack against a civilian population.“ 123 Art. 7 (3) IStGH-Statut Elements of Crimes, Introduction; Stahn, ZaöRV 2002, 138 (245). Zur Interpretation des Angriffs unter dem Statut des JStGH s. The Prosecutor vs. Tadic, JStGH (Case IT-94-1-A), Decision on the Form of Indictment v. 14.11.1995, Rn. 11. 120

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wendungsbereich der Norm herauszulösen. Diese finden im IStGH-Statut keine Beachtung, da der IStGH geschaffen wurde, um ausschließlich die besonders schweren Angriffe auf die Staatengemeinschaft zu ahnden. Wie der JStGH in seiner Rechtsprechung im Fall Tadic´ vorgegeben hat, muss die Politik eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs aber nicht zwingend von einem Staat ausgehen.124 So hat die Trial Chamber in diesem Verfahren festgehalten, dass: „[. . .] although the policy must exist to commit these acts, it need not be the policy of a State.“125

Dem entspricht Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut, wonach Angriffe gegen die Zivilbevölkerung sowohl von Staaten als auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgeübt werden können, solange der Angriff „in Ausführung oder zur Unterstützung der Politik eines Staates oder einer Organisation“ erfolgt. Dieses „Politikelement“ gilt gleichermaßen für den ausgedehnten wie für den systematischen Angriff, wobei es hier weit zu verstehen und im Sinne einer geplanten, geleiteten oder organisierten Tatbegehung zu interpretieren ist.126 Die Vornahme der in Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut benannten Einzeldelikte darf nicht allein aus persönlichen Gründen oder spontan erfolgen, sondern muss explizit in eine Staats- oder Organisationspolitik eingefügt sein.127 Damit ist das Vorhandensein der Politik eines Staates oder einer Organisation ausschlaggebend dafür, dass Art. 7 IStGH-Statut als völkerstrafrechtliche Norm einschlägig ist. Während die Definition des Begriffes „Staat“ unproblematisch ist, fragt sich, welche Anforderungen an das Vorliegen einer „Organisation“ zu stellen sind. Unstreitig sind unter den Organisationsbegriff Personenverbindungen einzuordnen, die eine de facto Autorität über ein bestimmtes Gebiet ausüben oder sich dort jedenfalls frei bewegen können.128 Darüber hinaus 124 Vgl. The Prosecutor vs. Tadic, JStGH (Case IT-94-1-A), Rn. 653–654: „[. . .] such a policy need not be formalized and be deducted from the way in which the acts occur. Notably, if the acts occur on a wide or systematic basis that demonstrate a policy the evidence in the case establishes the existence of such a policy.“ 125 s. auch The Prosecutor vs. Akayesu, RStGH, Urteil v. 02.09.1998 (Case No. RSTGH-96-4), Rn. 580. In The Prosecutor vs. Kayishema and Rizindana, RStGH, Urteil v. 21.05.1999 (Case No. RSTGH-95-1), Rn. 126 hielt der Gerichtshof fest, dass: „[. . .] to have jurisdiction [. . .], the Chamber must be satisfied that their actions were instigated or directed by a Government or by any other organization or group.“ 126 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 4. Teil, Rn. 642. 127 International Bar Association, International Terrorism: Legal Challenges and Responses. A Report by the International Bar Association’s Task Force on Terrorism, 2003, 154. 128 Vgl. The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Urteil v. 07.05.1997 (Tadic, TC), Rn. 654: „[. . .] the law in relation to crimes against humanity has developed to take

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müssen aber auch solche Personenverbindungen als Organisation eingestuft werden, die über das sachliche und personelle Potential zur Begehung eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs auf eine Zivilbevölkerung verfügen.129 Neben paramilitärischen Einheiten kommen hier auch Terrororganisationen in Betracht.130 (d) „Gegen die Zivilbevölkerung“ Das Merkmal „zivil“ hat durch die Verbrechenselemente zu Art. 7 IStGH-Statut keine detaillierte Auslegung erfahren. Die Interpretation orientiert sich insofern anhand früherer Normierungen in den Statuten des JStGH und RStGH und deren Rechtsprechungspraxis. Generell werden unter „Zivilisten“ Personen jeglicher Nationalität verstanden, die sich nicht an Kriegshandlungen beteiligen oder ihre Beteiligung aufgegeben haben.131 Ein derart weites Verständnis des Merkmals „zivil“ ist notwendig, um auch Angehörige von Streitkräften hors de combat, die sich aufgrund von Gefangennahme, Verwundung, Krankheit oder aus anderen Gründen nicht mehr an Kriegshandlungen beteiligen, mit in den Anwendungsbereich des Verbrechens gegen die Menschlichkeit aufzunehmen.132 Mit dem Merkmal „Bevölkerung“ ist nicht die gesamte Population eines Staates oder Territoriums gemeint, sondern die mehrfache Begehung von Angriffen kollektiver Natur gegen die Menschheit im Allgemeinen.133 Damit grenzen sich die Verbrechen gegen die Menschlichkeit qualitativ von Kriegsverbrechen oder Delikten nach nationalem Recht ab, diese sind durch singuläre oder isolierte Akte gegen Personen gekennzeichnet.134 Die Anweinto account forces, which although not those of the legitimate government, have de facto control over [. . .] or are able to move freely within, defined territory. [. . .] without international recognition or formal status of a de jure state.“. Bestätigend The Prosevutor vs. Kupresˇkic´ et al., JStGH, Urteil v. 14.01.2000 (Kupresˇkic´ et al., TC), Rn. 552. 129 Schabas/Olivier, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Law, 2003, 270 (273); Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 4. Teil, Rn. 645. 130 So hat auch die ILC in ihren Beratungen zum 1996 Draft Code on the Peace and Security of Mankind wiederholt auf die Einbeziehung von Terroristen in den Organisationsbegriff hingewiesen. Vgl. auch Tomuschat, EuGRZ 1998, 1 (5). 131 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 4 Teil, Rn. 631. 132 Kittichaisaree, International Criminal Law, 2001, 95. 133 Stahn, ZaöRV 2002, 138 (245). 134 The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Urteil v. 07.05.1997 (No. IT-94-1), Rn. 644; Kittichaisaree, International Criminal Law, 2001, 95. Durch die Beschränkung des Angriffsobjekts auf die Zivilbevölkerung wird klargestellt, dass gegenüber Angehörigen feindlicher Truppen die Regeln des humanitären Völkerrechts abschließend sind; Blanke/Molitor, AVR 2001, 142 (153).

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senheit militärischen Personals unter der angegriffenen Bevölkerung negiert das Merkmal „Zivilbevölkerung“ nicht, doch muss sich die Bevölkerung mehrheitlich aus Zivilisten zusammensetzen.135 bb) Subjektiver Tatbestand (1) Voraussetzungen nach Maßgabe des Völkergewohnheitsrechts Die Festlegung der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des Verbrechens gegen die Menschlichkeit hat sich im Einzelnen als kontrovers und schwierig erwiesen. Dies ist zum einen auf Defizite in der nationalen Rechtsprechungspraxis zurückzuführen, die oftmals in Vertiefung der einschlägigen objektiven Delikte und deren subjektiven Korrespondenten, aber ohne spezielle Würdigung der völkerrechtlichen Anforderungen an den subjektiven Tatbestand ergangen ist.136 Zum anderen galt es, zunächst internationale Standards für den subjektiven Tatbestand zu setzen bzw. diese zu konkretisieren. Nationale Urteile und vor allem die Rechtsprechungspraxis des JStGH und RStGH konnten einen entscheidenden Beitrag zur völkergewohnheitsrechtlichen Ausgestaltung der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen leisten. Die Rechtsprechung konzentrierte sich dabei auf folgende Anforderungen: Für das Vorliegen des Verbrechens gegen die Menschlichkeit nach Völkergewohnheitsrecht ist zunächst erforderlich, dass der Täter mit Vorsatz hinsichtlich der Erfüllung des einschlägigen Tatbestandes und in dem Bewusstsein aller Tatumstände für dieses Delikt handelt.137 Die Tathandlung muss ferner, im Gegensatz zu isolierten bzw. sporadischen Akten, in Kenntnis der Ausführung oder Unterstützung der Politik eines Staates oder einer Organisation erfolgen.138 Für den Täter, der nur indirekt an der Begehung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt ist, ist letztlich 135 The Prosecutor vs. Kayihema and Ruzindana, RStGH, Urteil v. 21.05.1999 (Case No. RSTGH-95-1), Rn. 128; zitierend The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Urteil v. 07.05.1997 (No. IT-94-1), Rn. 638; The Prosecutor vs. Rutaganda, RStGH, Urteil v. 06.12.1999 (Case No. RSTGH-96-3-1), Rn. 70; The Prosevutor vs. Kupreskic et al., JStGH, Urteil v. 14.01.2000 (Case No. IT-95-16-T), Rn. 549. 136 Cassese, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 361. 137 Dazu Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 4. Teil, Rn. 651. 138 The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Urteil und abweichende Meinung v. 07.05.1997 (Case No. IT-94-1-T), Rn. 659. Vgl. ferner The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Urteil v. 15.07.1999 (Tadic, AC), Rn. 248; The Prosecutor vs. Jelisic´, Urteil v. 14.12.1999 (Jelisic´, TC), Rn. 56; The Prosecutor vs. Kupesˇkic´ et al., JStGH, Urteil v. 14.01.2000 (Kupesˇkic´ et al., TC), Rn. 556; The Prosecutor vs. Blasˇkic´, JStGH, Urteil v. 03.03.2000 (Blasˇkic´, TC), Rn. 246 ff.

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nicht erforderlich, dass er um die Erfüllung der genauen Tatumstände weiß.139 Es genügt vielmehr, dass er die Risiken seiner Handlung, die zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit führen können, erkennt bzw. erkennen musste.140 (2) Voraussetzungen gemäß Art. 7 IStGH-Statut Art. 7 IStGH-Statut orientiert sich an den Vorgaben des Völkergewohnheitsrechts, dessen spezifischen Voraussetzungen es verlangen, dass die Vornahme der Tat „in Kenntnis des Angriffs“ erfolgte. Dazu ist erforderlich, dass der Täter sich aktiv an der Tat beteiligt, vgl. Art. 30 IStGH-Statut.141 In subjektiver Hinsicht ist für das Verbrechen gegen die Menschlichkeit und seine untergeordneten Delikte (z. B. Mord und Folter) damit stets wenigstens bedingter Vorsatz erforderlich. Fahrlässigkeit und vorsätzliches Unterlassen sind von Art. 7 IStGH-Statut nicht umfasst, denn Verbrechen gegen die Menschlichkeit werden als so verheerend und schwer eingestuft, dass sie nicht bereits durch Fahrlässigkeit oder bloße Untätigkeit begangen werden können.142 Das Verbrechen gegen die Menschlichkeit bedingt das Vorliegen des Vorsatzes zum einen bezüglich des speziellen Deliktes, d.h. der Vorsatz muss die Verwirklichung (zumindest) einer Tatbestandsmodalität des Art. 7 IStGH-Statut umfassen. Zum anderen muss der Vorsatz auf einen ausgedehnten oder systematischen Angriff gegen die Zivilbevölkerung gerichtet sein, wobei hier bedingter Vorsatz genügt.143 Wie der RStGH im Fall Kayishema festgehalten hat, ist erforderlich, dass: „The perpetrator must knowingly commit crimes against humanity in the sense that he must understand the overall context of his act. [. . .] Part of what transforms an individual’s act into a crime against humanity is the inclusion of the act within a greater dimension of criminal conduct; therefore an accused should be aware of this greater dimension in order to be culpable thereof. [. . .]“144 139 Vgl. Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes für die Britische Zone in Strafsachen, Vol. I, Fall 2, 6–10; Fall 4, 19–25 ff.; Fall 23, 91–5; Dixon, in: Triffterer (Hrsg.), Commentary on the Rome Statute, 1999, Art. 7, Rn. 15. 140 Cassese, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 362 f. 141 Art. 30 IStGH-Statut ist im Anhang der Arbeit abgedruckt. 142 Cassese, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 375. Schon früh fanden die Staaten einen Konsens darüber, dass Fahrlässigkeit grundsätzlich keine hinreichende Grundlage für eine Strafbarkeit nach dem Statut bilden sollte. Dazu Clark, ZStW 2002, 372 (378). 143 Schabas, Introduction ICC, 2001, 37. Vgl. ferner Bundesministerium der Justiz, Regierungsentwurf für ein deutsches Völkerstrafgesetzbuch, BR-Drucks. 14/8524 v. 13.03.2002, 46.

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Der spezifische Vorsatz, „in Kenntnis des Angriffs“ zu handeln, unterliegt dabei nicht den strengen Anforderungen, die dem Völkermord zu Eigen sind. Eine Person, die sich an Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt, aber nicht weiß, dass es sich bei der Tathandlung um systematische Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung handelt, ist etwa wegen Mord und ggf. Kriegsverbrechen zu bestrafen, sie kann aber vom IStGH nicht wegen eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit verurteilt werden. Sofern aber die Kenntnis des Täters bejaht werden kann, unterliegt dieses Kriterium einer weniger engen Interpretation. Nach Maßgabe der Verbrechenselemente zu Art. 7 IStGH-Statut erfüllt eine Person auch dann den Tatbestand des Art. 7 IStGH-Statut, wenn sie keine Kenntnis von allen Charakteristika des Angriffs oder den genauen Details des Plans hatte.145 Diese Voraussetzung stellt das Ergebnis eines Kompromisses im Streit um die inhaltliche Ausgestaltung der subjektiven Anforderungen von Art. 7 IStGH-Statut dar. Während einerseits Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut nur die Kenntnis von einem Angriff auf die Zivilbevölkerung voraussetzt, wäre es andererseits zuviel verlangt, von einem Beteiligten ein Wissen um die genauen Details einer hinter den Taten stehenden Politik zu erwarten. Damit würde eine Verurteilung nahezu unmöglich gemacht werden. Als Kompromiss wird auf eine Kenntnis aller Charakteristika des Angriffs oder des genauen Detailwissens einer Politik verzichtet.146 Fraglich bleibt, ob für die Erfüllung des subjektiven Tatbestandes des Art. 7 IStGH-Statut darüber hinaus das Vorliegen eines bestimmten Motivs für das Verbrechen gegen die Menschlichkeit notwendig ist. Weder die Norm selbst noch die dazugehörigen Verbrechenselemente enthalten ein solches Erfordernis. Der JStGH hat sich in seiner Rechtsprechung im Fall Tadic´ dazu geäußert und festgehalten, dass das Verbrechen gegen die Menschlichkeit generell keine spezifischen Motive voraussetzt.147 Ihr Vorhandensein trägt weder zur Schuld des Täters bei noch kann ihr Mangel die 144 The Prosecutor vs. Kayishema and Ruzindana, RStGH, Urteil v. 21.05.1999 (Case No. RSTGH-95-1), Rn. 133–134. 145 Vgl. Art. 7 IStGH-Statut, Elements of Crimes: „These elements clarify requisite participation in and knowledge of a widespread or systematic attack against a civilian population. However, the last element should not be interpreted as requiring proof that the perpetrator had knowledge of all characteristics of the attack or the precise details of the plan or policy of the State or organization. In the case of an emerging widespread or systematic attack against a civilian population, the intent clause of the last element indicates that this mental element is satisfied if the perpetrator intended to further such an attack.“ s. dazu Schabas, Introduction ICC, 2001, 37; Vogel, ZStW 2002, 372 (399). 146 Ambos, NJW 2001, 405 (406). 147 The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Urteil v. 07.05.1997 (No. IT-94-1-T), Rn. 634 und Rn. 658 f.

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Unschuld des Täters bekräftigen.148 Insbesondere bedarf es bei dem Angriff gegen die Zivilbevölkerung nicht einer speziellen politischen, rassischen, nationalen, ethnischen, religiösen oder sonstigen Motivation.149 b) Subsumtion des internationalen Terrorismus unter Art. 7 IStGH-Statut Der Darstellung der objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des Verbrechens gegen die Menschlichkeit folgt die Prüfung, ob konkrete terroristische Verhaltensweisen unter die einzelnen Tatbestände des Art. 7 IStGH-Statut einzuordnen sind: Akte des internationalen Terrorismus können im Rahmen des Art. 7 IStGH-Statut dabei zweierlei Beachtung finden. Sie können ein Einzeldelikt nach Art. 7 Abs. 1 lit. a – j IStGH-Statut darstellen oder als „unmenschliche Behandlung“ im Rahmen des Art. 7 Abs. 1 lit. k IStGH-Statut einzuordnen sein. Weiterhin müsste bei allen terroristischen Aktionen, die eine oder mehrere der geforderten Einzeldelikte darstellen, eine Gesamtat im Sinne des Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut vorliegen. Dies wäre ein ausgedehnter oder systematischer Angriff gegen die Zivilbevölkerung. Ob für terroristische Einzeldelikte eine Gesamttat zu bejahen ist, wird im Folgenden am Delikt der vorsätzlichen Tötung gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. a IStGH-Statut überprüft und im Weiteren auf mögliche weitere Einzeltaten übertragen. aa) Vorsätzliche Tötung (Art. 7 Abs. 1 lit. a IStGH-Statut) Das Delikt der vorsätzlichen Tötung nach Art. 7 Abs. 1 lit. a IStGH-Statut scheint vordergründig auf Akte des internationalen Terrorismus anwendbar zu ein. Gemäß den Verbrechenselementen muss der Terrorakt zum Tod einer Person oder einer Vielzahl von Personen führen und im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung stattfinden. Auf der subjektiven Seite ist erforderlich, dass der Täter vorsätzlich und in Kenntnis des Angriffs handelt. (1) Terrorhandlungen als vorsätzliche Tötung Ein einfacher oder kombinierter Terroranschlag beinhaltet die Vornahme mehrfacher, tödlicher Gewaltanwendungen gegen eine Person bzw. gegen eine Vielzahl von Personen. Mit Blick auf die unterschiedlichen, modernen 148

Schabas, Introduction ICC, 2001, 37. Einzige Ausnahme bildet hier das Delikt der Verfolgung, vgl. Art. 7 Abs. lit. h IStGH-Statut. 149

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Terrormittel ist der Tod einer Vielzahl von Menschen sowohl der konventionellen Terrorführung als auch den Ausführungsformen des Atomterrorismus, Bioterrorismus und Chemieterrorismus immanent.150 Insbesondere Massenvernichtungswaffen können auf einen Schlag den Tod ganzer Bevölkerungsteile herbeiführen. Terroranschläge mittels konventioneller Waffen in Gestalt und Größenordnung des 11. September 2001 bedienen sich Sprengstoffen oder Schusswaffen zur wahllosen Tötung zahlreicher Opfer. Die Verwendung nuklearer bzw. radiologischer Waffen verspricht noch weitaus höhere Opferzahlen, da sie innerhalb kürzester Zeit enorme Zerstörungskräfte in Form von Hitze, Druck und Strahlung freisetzen können. Werden biologische Erreger oder chemische Nervengase in der Terrorführung verwendet, kann es sich hier um die Manipulation von Lebensgrundlagen oder um direkte Eingriffe in den menschlichen Organismus handeln, die in beiden Fällen zum Tod einer Vielzahl von Menschen führen. Wenn Akte des Cyberterrorismus auf die bewusste Manipulation von Informationssystemen angelegt sind, so dass sie die Kontrolle hoch sensibler Sicherheitsbereiche beeinträchtigen und zu tödlichen Eingriffen etwa in den zivilen Luftverkehr oder zu Störungen ziviler Objekte wie atomare Anlagen oder die Infrastruktur von Krankenhäusern führen,151 dann sind auch cyberterroristische Aktivitäten gleichermaßen unter Art. 7 Abs. 1 lit. a IStGHStatut einzuordnen. (2) Terrorhandlungen im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs Erforderlich ist nach der Eingangsformulierung des Art. 7 Abs. 1 IStGHStatut ferner, dass die Handlungen „im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung“ begangen werden. Die Verbrechenselemente definieren diesen als mehrfache Begehung der in Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut benannten Handlungen in Ausführung oder zur Unterstützung der Politik eines Staates oder einer Organisation. Das Erfordernis der vorsätzlichen Tötung in Ausführung oder zur Unterstützung der Politik eines Staates oder einer Organisation kann sowohl von Staaten als auch von nicht-staatlichen Akteuren erfüllt werden. Dass speziell private Akte des internationalen Terrorismus, die eine entsprechende Schwere aufweisen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen können, fordert das traditionelle Verständnis dieses Tatbestandes heraus, denn dieser war bislang in der Regel auf staatliche Akteure begrenzt.152 150 Vgl. zu den möglichen Auswirkungen schwerer konventioneller sowie nuklearer, chemischer und biologischer Terroranschläge B. III. 1. und 2. a). 151 Vgl. zu den Folgen cyberterroristischer Aktivität B. III. 1. c).

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Der Wortlaut des Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut lässt aber erkennen, dass ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht nur von Angehörigen des staatlichen Apparates begangen werden kann, sondern auch von autonom agierenden, privaten Terrorgruppierungen, sofern es sich bei diesen um eine organisatorische Einheit handelt, die eine eigene Politik aufweist. Angesichts des hohen Organisationsgrades und des Gefährdungspotential moderner Terrorgruppen müssen sie als fortentwickelt genug eingestuft werden, um als Organisation im Sinne des Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut eingeordnet zu werden. Indem der Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut die Politik einer Organisation in seinen Anwendungsbereich mit einbezieht, besteht die Möglichkeit, das Verhalten privater Terrorakteure, die losgelöst von staatlichen Anbindungen agieren, unter die Norm zu subsumieren.153 Hiermit hält das IStGH-Statut eine wesentliche Neuerung bereit und eröffnet die Gelegenheit, Terrorakte auf der völkerrechtlichen Ebene zu kriminalisieren, die von einzelnen internationalen Terroristen oder autonom agierenden Terrorgruppierungen begangen werden. Darüber hinaus ist in Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut das Erfordernis einer mehrfachen Begehung des Tötungsdelikts legaldefiniert. Tatbestandsmäßig sind staatliche oder nicht-staatliche Terrorakte, die sich nur als punktuelle Gewaltanwendung darstellen, nur dann, wenn eine Bezugnahme zu vorangegangenen Terrorakten hergestellt werden kann. Entsprechend der Formulierung der Verbrechenselemente stellt bereits der Auftakt zu einer Mehrzahl von Terrorangriffen ein vollendetes Delikt dar.154 Wie der JStGH in seiner Rechtsprechung anerkannt hat, sind auch Einzelverbrechen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzusehen, solange sie sich in einen staatlichen oder organisatorischen Plan einfügen.155 Auch wenn sich Akte des internationalen Terrorismus oftmals durch Einzeltaten charakterisieren lassen, unterscheiden sie sich von gewöhnlichen kriminellen Handlungen dadurch, dass die Einzelaktionen im Zusammenhang mit einer terroristischen Strategie stehen und eine gemeinsame terroristische Zielsetzung verfolgen. Demzufolge ist nicht erforderlich, dass ein Terrorist mehrere Anschläge begehen muss, solange sein Anschlag einem gemeinsamen, größe152 Schabas/Olivier, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Law, 2003, 270 (272); Stahn, ZaöRV 2002, 183 (247); Bassiouni im Gespräch mit der Autorin (Anmerkungen bei der Autorin). 153 A. A. Mavany, ZIS (8) 2007, 324 (331). 154 Vest, ZStR 2003, 46 (53); Rückert/Witschel, in: Fischer (Hrsg.), International and National Prosecution of Crimes under International Law, 2001, 72 f. 155 „[. . .] as long as there is a link with the widespread or systematic attack against a civilian population, a single act could qualify as a crime against humanity.“ Vgl. The Prosecutor v. Tadic, JStGH, Urteil und abweichende Meinung v. 07.05.1997 (No. IT-94-1-T), Rn. 649.

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ren terroristischen bzw. politischen Plan dient, welcher sich bereits bei anderen, früheren oder späteren Terroranschlägen manifestiert.156 Im Hinblick auf die Evaluierung der Terroranschläge vom 11. September 2001 ist festzustellen, dass die durch die Terrororganisation Al Kaida lancierten Angriffe auf das World Trade Center und das Pentagon in Verfolgung des terroristischen Plans ausgeführt wurden, unter der amerikanischen Bevölkerung hohe menschliche Verluste hervorzurufen, die Bevölkerung zu terrorisieren und so den US-amerikanischen Staat zu schwächen. In Verfolgung dieser Terrorstrategie haben die der Al Kaida angehörigen Terroristen mehrere Ziele gleichzeitig attackiert und damit ihren Angriff ausgedehnt und systematisch durchgeführt. Die Attentate vom 11. September 2001 stellen sich auch aus einem anderen Grund nicht lediglich als terroristische Einzeltaten dar, denn man muss berücksichtigen, dass die Anschläge im Zusammenhang mit früheren Al Kaida Aktionen standen: Bereits das Bombenattentat auf das World Trade Center im Jahr 1993 oder die Anschläge auf die USS Cole sowie die US-Botschaft in Nairobi (Kenia) und Dar es Salaam (Tansania) sind von der Al Kaida ausgeführt worden und weisen der Organisation eine Terrorstrategie nach, die als ausgedehnt und systematisch zu bewerten ist.157 Ferner hat sich Al Kaida mit ihrem Organisationsgrad, ihrer Planungsexpertise und den Ausführungsmodalitäten als eine strukturierte, organisatorische Einheit ausgewiesen, die eine eigene Politik verfolgt. Die Terrororganisation Al Kaida und ihre Handlungen vom 11. September 2001 erfüllen damit die Voraussetzungen der Legaldefinition des Art. 7 Abs. 2 lit. a IStGH-Statut.158 Sofern sich bei (denkbaren) künftigen schweren Bombenattentaten, dem Verbringen von Bio- oder Chemiematerial oder elektronischen Angriffen 156 International Bar Association, International Terrorism: Legal Challenges and Responses. A Report by the International Bar Association’s Task Force on Terrorism, 2003, 154. 157 Zu weiteren Beispielen von Anschlägen, die vermutlich von der Al Kaida gegen US-amerikanische Einrichtungen vorgetragen wurden, s. Sharp, CJIL 2000, 37 (44), der neben den benannten Attacken die 1995 und 1998 Bombenanschläge auf US-Militäreinrichtungen in Saudi-Arabien sowie die Unterstützung Bin Ladins von Aufständischen gegen US-Truppen in Somalia 1993 auflistet. Ausführlich zum Bombenanschlag auf das World Trade Center im Jahr 1993 sowie den Anschlägen auf die US-Botschaften in Afrika s. „Responding to Terrorism: Crime, Punishment, and War“, Harv. L. Rev. 2002, 1217 (1219 ff.); Veuthey, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Responsibility, 2003, 369 (375). 158 So auch Vest, ZStR 2003, 46 (52); Bassiouni, HarvILJ 2001, 83 (101); Cassese, EJIL 2001, 994 f.; Drumbl, HRQu 2002, 323 (336); Stahn, ZaöRV 2002, 183 (248); Arnold, The ICC as a New Instrument for Repressing Terrorism, 2004, 263; International Bar Association, International Terrorism: Legal Challenges and Responses. A Report by the International Bar Association’s Task Force on Terrorism, 2003, 153.

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auf wichtige Informationssysteme die Existenz einer dahinter stehenden, organisatorischen Terrorstrategie nachweisen ließe, müssten auch Akte des Atom-, Bio-, Chemie- sowie Cyberterrorismus als ausgedehnte und systematische Angriffe qualifiziert werden. (3) Terrorhandlungen gegen die Zivilbevölkerung Um dem Tatbestandsmerkmal der Zivilbevölkerung in Art. 7 IStGH-Statut zu genügen, muss nicht zwingend die gesamte Population eines Staates oder Territoriums von einem Terrorangriff in Mitleidenschaft gezogen werden, sondern der Angriff muss sich gegen die Menschheit im Allgemeinen richten. Terroranschläge wie jene vom 11. September 2001 werden nicht gegen einzelne Individuen im Speziellen oder gegen Personen in bestimmten Städten oder auf ausgewählten Plätzen ausgeführt, sondern sie richten sich gegen die Zivilbevölkerung generell.159 Aufgrund des unterschiedslosen Charakters solcher Terrorakte betreffen sie wahllose Opfer unter der Zivilbevölkerung. Jedermann kann jederzeit zum Opfer werden. So können auch systematisch vorgetragene Terrorakte, die von einem Staat, von einem individuellen Täter oder einer Tätergruppe gegen ein einzelnes Opfer, eine kleine Anzahl an Opfern oder gegen Tausende von Zivilisten gerichtet werden, als Verbrechen gegen die Menschlichkeit geahndet werden. Mit Blick auf den 11. September 2001 und die Tatsache, dass eines der Flugzeuge auf das Pentagon gerichtet war, ist fraglich, ob auch militärisches Personal als Opfer in den Anwendungsbereich des Verbrechens gegen die Menschlichkeit fällt. Der JStGH hat im Fall Tadic´ die Auffassung vertreten, dass eine Anlage mehrheitlich von Zivilisten bevölkert sein muss, um als adäquates Angriffsobjekt bewertet werden zu können. Sofern der IStGH eine solche enge Auslegung des Merkmals „zivil“ verlangt, hieße das, dass der Angriff auf das World Trade Center in New York ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen würde; der Anflug auf das Pentagon hingegen nicht. Es ließe sich argumentieren, dass das auf das Pentagon zusteuernde Flugzeug Zivilisten an Bord hatte und sich weitere Zivilisten im Pentagon aufhielten, so dass auch dieser Angriff auf das Pentagon nicht zwingend einen Angriff auf Nicht-Zivilisten darstellte. Ebenso kann aber argumentiert werden, dass der Angriff auf das Pentagon das militärische Machtzentrum der USA treffen sollte und folglich als Angriff auf Nicht-Zi159 Bin Ladin äußerte in einem Interview, dass nach seiner Auffassung die Twin Towers „rechtmäßige“ Ziele seien, da die Opfer nicht als Zivilisten gelten, sondern für das amerikanische System arbeiteten. s. Chamber, Bin Ladin: Yes, I did it, in: London Telegrapgh v. 11.11.2001, http://www.telegraph.co.uk/news/main/jhtml? xml=/news/2001/11/11/wbin11xml. Ferner Slaughter/Burke-White, HarvILJ 2002, 1 (3).

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vilisten geführt wurde. Letzteres würde bedeuten, dass das Tatbestandsmerkmal „zivil“ nicht erfüllt wäre und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit verneint werden müsste.160 Aus Gründen der rechtlichen Konkretisierung wäre es daher angemessener gewesen, entgegen der Definition „zivil“ im IStGH-Statut einen Ansatz entsprechend dem humanitären Völkerrecht zu wählen und der Formulierung des „Nicht-Kombattanten“ zu folgen, um hier die Lücke zum humanitären Recht zu schließen. Diese würde zur Anwendung der Genfer Konventionen führen und jene erst dann ausschließen, wenn kein bewaffneter Konflikt vorliegt.161 Momentan ist nicht absehbar, wie der IStGH das Merkmal „zivil“ auslegen wird. Es bleibt zu hoffen, dass ein Terrorangriff auf Nicht-Zivilisten während Friedenszeiten – staatlich oder privat ausgeführt, mittels konventioneller Waffentechnik oder mittels Massenvernichtungswaffen – nicht aus dem Anwendungsbereich des IStGH-Statut herausfällt, um strafrechtlich dem Charakter moderner Terrorschläge gerecht zu werden. Zu hoffen ist, dass der IStGH keine enge Definition wählen wird, welche angesichts der neuen Qualität terroristischer Gewalt und der terroristischen Fokussierung auf wahllose Opfer durchaus hinterfragt werden kann. bb) Vertreibung oder zwangsweise Überführung der Bevölkerung (Art. 7 Abs. 1 lit. d IStGH-Statut) Für Akte des Staatsterrorismus kann insbesondere Art. 7 Abs. 1 lit. d IStGH-Statut einschlägig sein, der die Vertreibung oder zwangsweise Überführung der Bevölkerung zum Inhalt hat. Obwohl die Vertreibung einer Bevölkerung oder deren zwangsweise Überführung sich nicht als typische, moderne terroristische Handlungsweise abzeichnet, da sie weder zwingend die Massenvernichtung noch die Destruktion politischer Systeme beinhaltet, hat die völkerrechtliche Rechtsprechungspraxis indiziert, dass die Vertreibung der Bevölkerung eine Politik des Terrors darstellt und als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bewertet werden kann.162 Der JStGH hat dies hinsichtlich der Vertreibung der Kosovo-Albaner sowie der Bosnischen Muslime bestätigt.163 160 International Bar Association, International Terrorism: Legal Challenges and Responses. A Report by the International Bar Association’s Task Force on Terrorism, 2003, 153. 161 Sadat, ICC and the Transformation of International Law, 2002, 154. 162 Dazu Arnold, The ICC as a New Instrument for Repressing Terrorism, 2004, 266. 163 Vgl. The Prosecutor vs. Krstic, JStGH, Urteil v. 02.08.2001 (Case No. IT-98-33), Rn. 607; The Prosecutor vs. Milosevic, Second Amended Indictment v.

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Maßnahmen der Vertreibung und die zwangsweise Überführung der Bevölkerung lassen sich bislang ausschließlich auf staatliche Aktivitäten zurückführen, die in Ausführung der Politik eines Staates erfolgen. Es ist nicht zu erwarten, diesen Handlungsmodus bei autonom agierenden, nichtstaatlichen Terrorgruppen vorzufinden. Die Verbringung einer Vielzahl von Personen durch Ausweisung aus einem Gebiet entspricht nicht der Handlungsweise und der Zielsetzung internationaler Terroristen, da diese durch Einzel- oder Mehrfachaktionen punktuell Gewalt anwenden, um so Schrecken und Chaos unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten. Die Verbringung einer Bevölkerung in ein anderes Gebiet stellt sich für private Terrorakteure als zu langwierig, aufwendig und hinsichtlich der Verfolgung moderner Terrorstrategien wenig Erfolg versprechend dar. Zu erwarten ist, dass Art. 7 Abs. 1 lit. d IStGH-Statut ausschließlich auf Akte des Staatsterrorismus anwendbar ist; dies aber auch nur dann, wenn die Vertreibungsmaßnahmen den Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 lit. d IStGH-Statut entsprechen und in Ausführung oder Unterstützung einer staatlichen Politik erfolgen. cc) Freiheitsberaubung (Art. 7 Abs. 1 lit. e IStGH-Statut) Akte des internationalen Terrorismus stellen sich als äußerst komplexe Delikte dar und können neben der Tötung oder Sachbeschädigung auch den Freiheitsentzug beinhalten. Dies ist etwa bei Flugzeugentführungen und bei Besetzungen von maritimen oder zivilen Anlagen der Fall, auch kann die Manipulation von Informationssystemen dazu führen, Personen vorübergehend ihre Bewegungsfreiheit zu entziehen. Die Verbrechenselemente verlangen, dass der Täter eine oder mehrere Personen in Gefangenschaft nimmt oder sie anderweitig ihrer körperlichen Freiheit beraubt.164 Der Freiheitsentzug muss dabei eine ausreichende Schwere aufweisen, so dass fundamentale Regeln des Völkerrechts betroffen sind.165 Die rechtliche Bewertung individueller Terrorakte muss sich mit Blick auf das Delikt der Freiheitsberaubung zuvörderst an klassischen terroristischen Geiselnahmen orientieren, die auch im modernen Terrorkampf nicht wegzudenken sind. Der Geiselnahme ist der Freiheitsentzug immanent, so dass es bei Art. 7 Abs. 1 lit. e IStGH-Statut darauf ankommt, das Einzeldelikt im Zusammenhang mit einem ausgedehnten oder systematischen 29.10.2001 (Case No. IT-99-37-PT) http://www.un.org./icty/indictment/English/ mil-2ai011029e.htm, Rn. 53–59. 164 Übersetzung der Autorin von Art. 7 (1) (e) IStGH-Statut, Elements of Crimes: „1. The perpetrator imprisoned one or more persons or otherwise deprived one or more persons of physical liberty.“ 165 Vgl. Art. 7 (1) (e) Ziff. 2 IStGH-Statut, Elements of Crimes.

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Angriff gegen die Zivilbevölkerung und zur Unterstützung einer Politik nachzuweisen. Die den Abstürzen auf das World Trade Center und das Pentagon vorausgegangenen Freiheitsberaubungen der Passagiere in den Flugzeugen erfüllen die erforderlichen Kriterien des Art. 7 Abs. 1 lit. e IStGH-Statut.166 Die Angriffe müssen daher dieser Tatbestandsmodalität des Verbrechens gegen die Menschlichkeit zugeordnet werden. In Art und Ausmaß der Durchführung hat ferner die Geiselnahme im Moskauer Dubrovka Theater im Oktober 2002 die internationale Gemeinschaft erschüttert, bei der etwa 700 russische Zivilisten von einem tschetschenischen Terrorkommando festgehalten wurden. Rechtlich muss die Geiselnahme hier dann als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bewertet werden, sofern sich diese Terroraktion als Unterstützung des tschetschenischen Ringens um staatliche Unabhängigkeit darstellt.167 Akte des Staatsterrorismus können neben der Geiselnahme auch die völkerrechtswidrige Inhaftierung oder Internierung von Personen umfassen. Als Beispiele sind hier u. a. die politischen Verfolgungen und Gefangennahmen durch argentinische und chilenische Militärs in den 70er Jahren zu nennen.168 In der Gesamtschau ist für den Tatbestand des Art. 7 Abs. 1 lit. e IStGHStatut festzuhalten, dass staatliche und nicht-staatliche Terrorhandlungen, welche die körperliche Freiheitsberaubung und Erzwingung des Freiheitsentzugs zum Gegenstand haben, dann dem Anwendungsbereich von Art. 7 Abs. 1 lit. e IStGH-Statut unterfallen, wenn sie einem ausgedehnten oder systematischen Modus unterliegen und eine diesbezügliche Politik nachzuweisen ist. dd) Folter (Art. 7 Abs. 1 lit. f IStGH-Statut) Sofern Geiseln oder sonstige Opfer während terroristischer Gewalttaten körperlichen oder seelischen Misshandlungen ausgesetzt sind, können Akte des internationalen Terrorismus den Tatbestand der Folter als Verbrechen gegen die Menschlichkeit erfüllen. Die dem IStGH-Statut zugrunde liegende Folterdefinition folgt in weiten Teilen den Vorgaben der Folterkonvention von 1948.169 Wesentlicher und – mit Blick auf die Einbeziehung 166 167

Ebenso Mavany, ZIS (8) 2007, 324 (330). s. auch Arnold, The ICC as a New Instrument for Repressing Terrorism, 2004,

267. 168

266 f.

Vgl. Arnold, The ICC as a New Instrument for Repressing Terrorism, 2004,

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nicht-staatlicher Terroraktivitäten in den Anwendungsbereich des IStGHStatuts – wichtigster Unterschied zur Folterkonvention ist, dass Art. 7 Abs. 1 lit. f IStGH-Statut keine staatliche Anbindung mehr erfordert und dementsprechend Folterhandlungen von staatlichen und privaten Akteuren in den Anwendungsbereich der Norm fallen. Während die Folterkonvention in ihrer Ausgestaltung als menschenrechtliches Schutzinstrument auf den Schutz des Einzelnen vor staatlicher Repression ausgerichtet ist, liegt der Ansatzpunkt für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit darin, jegliches Folterverhalten zu kriminalisieren, solange es sich als ausgedehnten oder systematischen Angriff auf die Zivilbevölkerung darstellt.170 Art. 7 Abs. 1 lit. f IStGH-Statut verlangt keinen speziellen, hinter der Folterhandlung stehenden Zweck. Art. 7 Abs. 1 lit. f IStGH-Statut und der Folterkonvention ist gemein, dass die Folter nicht jene Schmerzen oder Leiden umfasst, die sich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben.171 Die Vornahme von Folterhandlungen an Zivilisten durch internationale Terrorakteure ist in vielen Konstellationen vorstellbar. Auf den ersten Blick kommen Akte physischer und psychischer Gewalthandlungen an Geiseln oder sonstigen durch Terroristen festgehaltenen Personen in Betracht. Etwa die jüngst erfolgten Geiselnahmen von ausländischen Zivilisten im Irak oder in Afghanistan können dann als Folter im Kontext der Verbrechen gegen die Menschlichkeit klassifiziert werden, wenn sich hier eine Verbindung zwischen den Attentätern und etwa der Al Kaida und deren Kampf gegen das US-amerikanische System herstellen ließe. Die Misshandlungen während der Gefangennahme und die in Aussicht gestellte und sodann öffentlich vollzogene Ermordung der betroffenen Personen stellen ein großes körperliches und seelischen Leiden dar, welches aufgrund der steigenden Häufigkeit solcher Taten und der qualvollen Art und Weise der Terrorausführung (z. B. Köpfen der Geiseln) die Menschheit im Ganzen schockiert.172 Folterhandlungen sind aber auch staatlichen Akteuren zuzuordnen, die zur Unterdrückung der eigenen Bevölkerung oftmals die Grenze zwischen staatlich erlaubter Sanktion und Folter überschreiten. Neu ist hier eine erhöhte staatliche Gewaltbereitschaft im Rahmen von zeitgenössischen Anti-Terro169 Übereinkommen gegen Folter oder andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe v. 10.12.1984, BGBl. 1990 II, 246. 170 Vgl. Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 4. Teil, Rn. 693; Cassese, in: Cassese/ Gaeta/Jones (Hrsg.), Vol. 1, 2002, 374. 171 Vgl. Art. 7 Abs. 2 lit. e IStGH-Statut. 172 s. u. a. ASIL Diskussionsforum v. 29.09.2004 über die Thematik der Geiselnahme und Folterung von zivilen Vertragsarbeitern im Irak; [email protected] (Emails im Besitz der Autorin).

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rismuskampagnen. Während Terroristen alle Methoden im modernen Terrorkampf einsetzen, sind dem Staat nicht alle Methoden in der Terrorismusbekämpfung erlaubt. Das Völkerrecht sieht hier einen humanitären Mindeststandard an Rechten vor, einschließlich des absoluten Verbots der Folter. Insbesondere nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 ist eine vermehrte Bereitschaft unter den Staaten erkennbar, gegen moderne Terrorgefahren mit massiven repressiven Mittel vorzugehen. Diese beinhalten auch die fragwürdige Praxis der gewaltsamen Inhaftierung und Misshandlung von Terrorverdächtigen. Mit Blick auf die gestiegene Verletzbarkeit der Zivilgesellschaft durch moderne Terrorschläge sowie vor dem Hintergrund der möglichen, terroristischen Verwendung von Massenvernichtungswaffen hat insbesondere das „ticking bomb“ Szenario gegenwärtig Auftrieb erhalten und die Debatte Raum gewonnen, in der darüber diskutiert wird, ob und unter welchen Umständen Folter von Terroristen akzeptabel sei.173 Hierin liegt die Gefahr der Aufweichung des absoluten Folterverbots. Als Folter im Kontext des Verbrechens gegen die Menschlichkeit können derartige Szenarien, wie die Misshandlung von Terrorverdächtigen der Prüfung des Art. 7 Abs. 1 lit. f IStGH-Statut allerdings auch nur dann unterfallen, wenn sie systematischer Natur sind und gegen Zivilisten in Ausführung oder Unterstützung einer staatlichen Agenda durchgeführt werden. ee) Verfolgung (Art. 7 Abs. 1 lit. h IStGH-Statut) Entgegen seiner Vorläufer in früheren Statuten174 normiert das IStGHStatut das Delikt der Verfolgung im Detail und fasst darunter den völkerrechtswidrigen, vorsätzlichen und schwerwiegenden Entzug von Grundrechten einer identifizierbaren Gruppe oder Gemeinschaft aus politischen, rassischen, nationalen, ethnischen, kulturellen, religiösen, geschlechtsspezifischen oder anderen Gründen, die mit dem Völkerrecht unvereinbar sind.175 Art. 7 Abs. 1 lit. h IStGH-Statut unterscheidet sich vom Straftatbestand des Völkermordes insofern, als diese Norm auch den Schutz politischer und kultureller Gruppierungen vorsieht. Gemäß den Verbrechenselementen muss der Täter einer oder mehrerer Personen, wegen der Zugehörigkeit zu der betroffenen Gruppe oder Gemeinschaft, die Grundrechte entziehen.176 Die Verfolgung muss dabei im Zusammenhang mit einem der 173

Dazu Brugger, Der Staat 1996, 67 ff. Das Delikt der Verfolgung war Straftatbestand im Statut von Nürnberg und Tokio, Kontrollgesetz Nr. 10 und den Statuten des JStGH und RStGH. 175 Vgl. Art. 7 Abs. 1 lit. h sowie Art. 7 Abs. 2 lit. g IStGH-Statut. 176 Vgl. Art. 7 (I) (h) IStGH-Statut, Elements of Crimes: 1. The perpetrator severely deprived, contrary to international law, one or more persons of fundamental rights. 174

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Delikte des Art. 7 IStGH-Statut oder anderen Verbrechen stehen, die der sachlichen Zuständigkeit des IStGH unterfallen.177 Mit Blick auf den 11. September 2001 lässt sich fragen, ob sich der Mehrfachangriff auf Ziele in den USA als Verfolgung einer identifizierbaren Gruppe oder Gemeinschaft darstellt. Hier ist zweifelsohne Raum für unterschiedliche Argumentation gegeben: Werden die Anschläge als Angriffe auf Machtsymbole und Schaltzentralen der westlichen Zivilisation angesehen und galten die Terrorattacken nicht oder nur zweitrangig der Verfolgung der amerikanischen Bevölkerung, erfüllen sie nicht den spezifischen Tatbestand der Verfolgung.178 Beurteilt man die Angriffe aber als direkt und vorsätzlich gegen die US-amerikanische Bevölkerung gerichtete Terroranschläge, ist eine völkerrechtswidrige Verfolgung aus nationalen oder kulturellen Gründen anzuerkennen.179 Ähnlich verhält es sich mit dem Terroranschlag auf Bali am 12. Oktober 2002. Das bombardierte Objekt wurde von Al Kaida nahestehenden Terroristen deshalb ausgesucht, weil sich dort ausländische Touristen, und insbesondere Australier, aufhielten. Sofern sich der Terroranschlag, der als Protest gegen Australiens Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus ausgeführt wurde, explizit gegen australische Zivilisten richtete, lässt er sich als Verfolgung wegen der nationalen Identität einer Gruppe i. S. v. Art. 7 Abs. 1 lit. h IStGH-Statut qualifizieren. ff) „Andere unmenschliche Handlungen“ (Art. 7 Abs. 1 lit. k IStGH-Statut) Für Akte des internationalen Terrorismus kommt schließlich Art. 7 Abs. 1 lit. k IStGH-Statut in Betracht. Die Norm kriminalisiert: „andere unmenschliche Handlungen ähnlicher Art, mit denen vorsätzliche große Leiden oder eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der geistigen oder körperlichen Gesundheit verursacht werden.“

Art. 7 Abs. 1 lit. k IStGH-Statut ist eine Auffangvorschrift, die all jene Handlungen umfasst, die nicht ausführlich und als Einzeldelikte Eingang in die Verbrechen gegen die Menschlichkeit gefunden haben, aber von ihrer Intensität und Zielsetzung mit denen des Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut vergleichbar sind.180 So ist erforderlich, dass Terrorakte vorsätzlich große Lei2. The perpetrator targeted as such person or persons by reason of the identity of a group or collectivity or targeted the group or collectivity as such. 177 Witschel/Rückert, in: Lee (Hrsg.), ICC, 2001, 94 (95); Robinson, AJIL 1999, 53 (55). 178 Arnold, The ICC as a New Instrument for Repressing Terrorism, 2004, 270. 179 So etwa Stahn, ZaöRV 2002, 183 (248).

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den hervorrufen, welche die schwere Körperverletzung oder die schwere Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Gesundheit beinhalten. Die Bezugnahme zu anderen in Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut normierten Delikten und die konkretisierenden Definitionen zur Vorschrift sind notwendig, damit auch die Modalität des Art. 7 Abs. 1 lit. k IStGH-Statut dem völkerstrafrechtlichen Legalitätsprinzip (nullum crimen sine lege) genügt. Art. 7 Abs. 1 lit. k IStGH-Statut eröffnet einen weiten Anwendungsbereich. Mit Blick auf die Vielfältigkeit terroristischer Aktionen stellt sich die Norm als einschlägiger Auffangtatbestand für solche Akte des internationalen Terrorismus – einschließlich Terrorismus mittels Massenvernichtungswaffen sowie Taten des Cyberterrorismus – dar, die vorsätzlich große Leiden verursachen, aber nicht als spezielles Delikt des Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut strafbar sind. Sofern also neue Varianten des Atom-, Biooder Chemieterrorismus und insbesondere neue Ausführungsformen cyberterroristischer Aktivität bislang nur schwer bzw. in begrenztem Umfang Eingang in das IStGH-Statut finden, besteht mit Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut die Möglichkeit, auch diese modernen sowie zukünftige Terrorformen schwerwiegenden Ausmaßes als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu ahnden. gg) Subjektive Tatseite: Terrorhandlungen in Kenntnis des Angriffs Neben der Erfüllung der speziellen objektiven Tatbestandsmerkmale der Einzeldelikte des Art. 7 Abs. 1 IStGH-Statut müssen die Terroraktionen in Übereinstimmung mit Art. 30 IStGH-Statut sowie in Kenntnis des Angriffs gegen die Zivilbevölkerung begangen worden sein.181 Hierbei muss sich der Täter nicht nur über die Vornahme eines Terroranschlags bewusst sein, welcher (zumindest) eine Tatbestandsvariante des Art. 7 IStGH-Statut verwirklicht, sondern auch darüber, dass sich der Anschlag gegen die Zivilbevölkerung richtet und in Ausübung oder Unterstützung einer staatlichen oder kriminellen Politik erfolgt. Das voluntative, terroristische Element darf nicht aus den Umständen des Attentates abgeleitet werden, sondern muss sich in die Politik eines Staates oder einer Organisation einfügen. Das Delikt der Verfolgung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit erfordert neben den generellen subjektiven Voraussetzungen gemäß Art. 7 180

Vgl. Art. 7 (I) (k) IStGH-Statut, Elements of Crimes: 1. The perpetrator inflicted great suffering, or serious injury to body or mental or physical health, by means of an inhumane act. 2. Such act was of a character similar to any other act referred to in Article 7, paragraph 1, of the Statute. 181 Vgl. unter D. II. 2. a) bb) (2).

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und Art. 30 IStGH-Statut, dass der durch das Terrorverhalten herbeigeführte Entzug von Grundrechten eine Gruppe aus politischen, rassischen, nationalen, ethnischen, kulturellen oder religiösen Gründen oder aus geschlechtsspezifischen Gründen erfolgt. c) Zwischenergebnis Ächtet man terroristische Formen der gewaltsamen Einschüchterung der Zivilbevölkerung durch die Einstufung der Gewaltausübung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit, so kommen neben den entsprechenden Handlungen der im Exzess handelnden Staatsorgane („Staatsterrorismus“) gleichermaßen Handlungen privater Terrororganisationen in Betracht. Die Hinwendung des Art. 7 IStGH-Statut von der Verfolgung eines staatlichen Angriffsmusters zur Aufnahme auch organisatorischer Strukturen in den Anwendungsbereich der Norm eröffnet neue juristische Möglichkeiten, nunmehr auch das Verhalten nicht-staatlicher Akteure unter das Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu fassen.182 Indem die staatliche Anbindung nicht mehr absolut ist, besitzt Art. 7 IStGH-Statut – insbesondere mit Blick auf die Kriminalisierung von modernen Akten des internationalen Terrorismus – progressives Interpretationspotential. Die vorangegangene Analyse hat ergeben, dass sich Art. 7 IStGH-Statut zur völkerrechtlichen Pönalisierung von modernen Akten des internationalen Terrorismus eignet. Die Vornahme terroristischer Gewaltakte mit konventionellen Waffen oder mittels Massenvernichtungswaffen beinhaltet naturgemäß die vorsätzliche Tötung einer Vielzahl von Menschen. Auch die bewusste Manipulation von elektronischen Daten kann den Tod vieler Menschen verursachen, so dass mitunter auch Akte des Cyberterrorismus als vorsätzliche Tötung Aufnahme in die Verbrechen gegen die Menschlichkeit finden. Bei privaten Terrorhandlungen sind ferner die Art. 7 Abs. 1 lit. e, lit. f, lit. h sowie Art. 7 Abs. 1 lit. k IStGH-Statut anwendbar. Insbesondere die Auffangvorschrift des Art. 7 Abs. 1 lit. k IStGH-Statut stellt eine geeignete Norm des Völkerstrafrechts dar, moderne und auch zukünftige Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus abzudecken. Da moderne Terrorakte vielfach das Kriterium der mehrfachen Begehung erfüllen und sie eine Politik des Terrors verfolgen, können sie auch als ausgedehnte und systematische Angriffe gegen die Zivilbevölkerung bewertet werden. Einzig das Tatbestandsmerkmal „zivil“ kann mit der Subsumtion terroristischer Verhaltensweisen unter das IStGH-Statut problematisch sein, weil dann Angriffe, wie der auf das Pentagon am 11. September 2001, nicht umfasst wären. Hier muss sich zeigen, wie der IStGH das Merkmal zukünftig auslegen 182

Schabas, Introduction ICC, 2001, 37.

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wird. Wählt der Strafgerichtshof eine zu enge Definition, wäre dies angesichts der neuen Qualität terroristischer Gewalt durchaus kritikwürdig. Auch Akte des Staatsterrorismus können unter die benannten Einzeltatbestände des Verbrechens gegen die Menschlichkeit fallen. Hinzukommen kann Art. 7 Abs. 1 lit. d IStGH-Statut, der vorrangig eine staatliche Politik der Vertreibung der Zivilbevölkerung pönalisiert; allerdings mangelt es nicht-staatlichen Akteuren an der konkreter Zielsetzung der Verfolgung, so dass der Vorschrift bei der Ahndung des internationalen Terrorismus nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt. 3. Internationaler Terrorismus als Kriegsverbrechen Neben der Qualifizierung von internationalen Terrorakten als Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist fraglich, ob sie auch als Kriegsverbrechen eingeordnet werden können. Der Begriff „Kriegsverbrechen“ wird in vielfältiger Form gebraucht. So werden darunter zum einen allgemein strafbare Handlungen verstanden, die im Verlaufe eines Krieges oder eines sonstigen bewaffneten Konflikts begangen werden.183 Andere Autoren verwenden den Begriff für alle Verletzungen des humanitären Völkerrechts, unabhängig von ihrer Strafbarkeit.184 Die vorliegende Arbeit konzentriert sich darauf, terroristische Handlungen unter dem Begriff des Kriegsverbrechens nach Maßgabe des Völkerstrafrechts zu erfassen und diesen eine enge, juristische Definition zu Grunde zu legen. Hiernach ist ein Kriegsverbrechen der unmittelbar nach Völkerrecht strafbare Verstoß gegen eine Regel des humanitären Völkerrechts.185 Im folgenden Unterabschnitt wird geprüft, ob terroristische Gewaltakte dieser Definition entsprechen und sich als strafbarer Verstoß gegen eine Regel des humanitären Völkerrechts darstellen. Die den terroristischen Handlungen innewohnende absichtliche Tötung oder Geiselnahme von Zivilisten oder die Zerstörung von zivilem Eigentum mit dem Ziel, Schrecken unter der Bevölkerung zu verbreiten, weisen zumindest auf eine Einbeziehung terroristischer Akte unter den Tatbestand der Kriegsverbrechen hin. In der jüngsten Vergangenheit haben Kombattanten eine Vielzahl von Aktionen durchgeführt, die ebenfalls als terroristisch eingestuft werden können, so etwa die Verstümmelung von Kämpfenden und Zivilisten, weit reichende Inhaftierungen und Folterungen, das Verschwindenlassen von Personen, Angriffe auf ganze Dörfer und Städte, Massenvergewaltigungen oder aus183

Werle, Völkerstrafrecht, 2001, 5. Teil, Rn. 766. United States Military Manual, The Law of Land Warfare (1956), § 499, FM 27–10; abgedruckt in: Levie, Terrorism in War, 1993, 2. 185 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 766. 184

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gedehnte und unterschiedslose Bombardierungen. Es kommen ferner der Einsatz giftiger Substanzen oder von Massenvernichtungswaffen als Terrorakte im Rahmen eines bewaffneten Konflikts in Betracht, so dass auch bei derartigen Gewalthandlungen die völkerrechtliche Überprüfung im Rahmen der Kriegsverbrechen angezeigt ist.186 a) Terrorismus und humanitäres Völkerrecht Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Krieg als erlaubtes Mittel der Streiterledigung zwischen den Staaten und als Ausfluss ihrer Souveränität angesehen. Unter bestimmten Voraussetzungen erkennt das moderne Völkerrecht auch heute die Anwendung militärischer Gewalt als legitim an, doch ist in Kriegen und anderen bewaffneten Konflikten das ius in bello als Bestandteil des Völkerrechts streng zu beachten. Dieses erklärt bestimmte Verhaltensweisen für unzulässig, um die schädlichen Auswirkungen eines bewaffneten Konflikts auf Beteiligte und Unbeteiligte zu begrenzen. Die Konfliktparteien besitzen damit kein unbeschränktes Recht in der Wahl der Methoden und Mittel der Kriegsführung, sondern müssen jene nach den Grundsätzen des humanitären Völkerrechts ausrichten. Dies gilt insbesondere auch für den Einsatz neuer Waffen und Techniken der Kriegsführung. aa) Beurteilung nach Maßgabe des „Genfer Rechts“ und des „Haager Rechts“ Die wichtigsten Regeln des ius in bello sind heute in den vier Genfer Abkommen von 1949 sowie in den beiden Zusatzprotokollen von 1977 niedergelegt.187 Die vier Genfer Abkommen enthalten teilweise übereinstimmende Vorschriften, die z. B. den Anwendungsbereich der Abkommen in internationalen bewaffneten Konflikten regeln188 und gleichsam Mindeststandards für nicht-internationale bewaffnete Konflikte statuieren.189 Die Zusatzprotokolle zu den Genfer Abkommen von 1977 passen das humanitäre Völkerrecht an die veränderten Umstände und an neue Konfliktformen an. Hier werden weitere Personengruppen in den Schutzbereich des humani186 UN-Special Rapporteur Koufa, Specific Human Rights Issues: New Priorities, in particular Terrorism and Counter-Terrorism, Working Paper by the Commission on Human Rights, E/CN.4/Sub.2/2004/40 v. 25.06.2004, 10 f. 187 Die vier Genfer Konventionen adressieren den Schutz der Zivilbevölkerung, der Kriegsgefangenen und Verwundeten in bewaffneten Konflikten und sind wesentlicher Bestandteil des heute geltenden humanitären Völkerrechts. 188 Vgl. die den allen vier Genfer Abkommen gemeinsam einführenden Art. 2. 189 Vgl. den gemeinsamen Art. 3.

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tären Völkerrechts mit einbezogen und neuere Entwicklungen in der Kriegsführung berücksichtigt. Parallel zum „Genfer Recht“ hat sich das so genannte „Haager Recht“ entwickelt, das besonders grausame und gefährliche Kampfmethoden und Kampfmittel verbietet.190 Die Zweiteilung in das „Genfer Recht“ und das „Haager Recht“ besteht im Grundsatz bis heute fort, doch ist es zu einer immer stärkeren Annäherung und Überlagerung der beiden Rechtsmaterien gekommen.191 In den vier Genfer Konventionen und ihren beiden Zusatzprotokollen lassen sich Terrorismus spezifische Regeln im Rahmen von Einzelbestimmungen finden.192 Die Normen, die als „schwere Verletzungen“ des humanitären Völkerrechts klassifizieren, benennen keine terroristischen Gewaltakte; dies ist Einzelbestimmungen überlassen:193 So weist Art. 33 GA IV einen Terrorbezug auf, indem er jede Maßnahme zur Einschüchterung oder Terrorisierung der Zivilbevölkerung verbietet.194 Art. 34 GA IV verbietet die Geiselnahme.195 Die Zusatzprotokolle zeigen sich hinsichtlich des Verweises auf terroristische Handlungen umfangreicher als die Genfer Abkommen. Sowohl Art. 51 Abs. 2 ZP I als auch Art. 13 ZP II196 verbieten die Vornahme oder Androhung von Gewalt, wenn damit das Ziel verfolgt wird, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten. Art. 4 Abs. 2 ZP II statuiert als grundlegende Garantie des humanitären Völkerrechts ausdrücklich das Verbot „terroristischer Handlungen“.197 Wie der Begriff der „terroristischen Handlung“ auszulegen ist, kann dem Vertragswerk allerdings nicht entnommen werden. 190

Vgl. etwa das Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges (Haager Abkommen) vom 18.10.1907, welches sich den Mitteln und Methoden der Kampfführung widmet. Darüber hinaus umfaßt das humanitäre Recht aber auch weitere Übereinkünfte, welche u. a. Verbote der Anwendung bestimmter Kampfmittelarten abdecken (chemische, biologische Waffen etc.). 191 Ipsen, in: Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, § 63, Rn. 8 m. w. N. 192 Vgl. etwa Art. 33 und 34 GA IV; Art. 51 Abs. 2 ZP I; Art. 4 Abs. 2 ZP II, 13 ZP II. 193 Vgl. Art. 50 GA I, 51 GA II, 130 GA III, 147 GA IV, 85 ZP I. 194 Art. 33 GA IV: „Keine geschützte Person darf für eine Übertretung bestraft werden, die sie nicht persönlich begangen hat. Kollektivstrafen wie auch jede Maßnahme zur Einschüchterung oder Terrorisierung sind verboten.“ 195 Art. 34 GA IV: „Das Nehmen von Geiseln ist verboten.“ 196 Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (ZP II) v. 08.06.1977, BGBl. 1990 II, 1637. 197 Art. 4 Abs. 2 ZP II: „Unbeschadet der allgemeinen Gültigkeit der vorstehenden Bestimmungen sind und bleiben in Bezug auf die in Absatz 1 genannten Personen jederzeit und überall verboten: (a)–(c) [. . .]; (d) terroristische Handlungen.“

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Das „Haager Recht“ lässt sich zuvörderst mit Blick auf die terroristische Verwendung von Massenvernichtungswaffen heranziehen. Neben speziellen Verboten einzelner Waffen, die in zahlreichen Abkommen geregelt sind, konnten im Rahmen des „Haager Rechts“ allgemeine Grundsätze über verbotene Kampfmittel entwickelt werden. Führt der Einsatz verbotener Mittel und Methoden zu „überflüssigen Leiden“ oder wirken sie ihrer Natur nach unterschiedslos, so dürfen sie nicht verwendet werden. Diese Regeln sind in Art. 23 lit. e HLKO und Art. 35 Abs. 2 sowie Art. 51 Abs. 4 ZP I kodifiziert. Damit ist auch das humanitäre Völkerrecht auf Mittel und Methoden der modernen Terrorführung durch atomare, chemische oder biologische Agenzien sowie elektronische Daten anwendbar. bb) Beurteilung nach Maßgabe des Völkergewohnheitsrechts Der überwiegende Teil des humanitären Völkerrechts hat den Charakter von Völkergewohnheitsrecht erlangt. Die völkergewohnheitsrechtliche Geltung des so genannten „Haager Rechts“ und der vier Genfer Abkommen steht heute außer Frage.198 Indem sich sowohl das „Haager Recht“ als auch das „Genfer Recht“ als Ausdruck geltenden Völkergewohnheitsrechts manifestieren, sind diese Regelungen unabhängig von den vertraglichen Verpflichtungen auf die an kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligten Parteien anwendbar. Selbst wenn ein Staat seine Kündigung der Genfer Abkommen erklärte199, kann er sich dadurch nicht von seinen Verpflichtungen zum Schutz von Verwundeten, Kriegsgefangenen oder Zivilisten befreien.200 Zu diesen Pflichten aus Vertrag kommt gewohnheitsrechtliches humanitäres Völkerrecht hinzu. Dem entspricht etwa die sog. Martens’sche Klausel, die in die Präambel des II. Haager Abkommens von 1890 aufgenommen wurde und den Schutz der Betroffenen auch gegenüber künftigen unvorhergesehenen Entwicklungen im Bereich der Kampfmittel und Kampfmethoden sichert:201 „In Fällen, die von diesem Protokoll oder anderen internationalen Übereinkünften nicht erfasst sind, verbleiben Zivilpersonen und Kombattanten unter dem Schutz 198 Die vier Genfer Abkommen wurden bis April 2003 von 190 Staaten ratifiziert. Vgl. Greenwood, in: Fleck (Hrsg.), Handbuch des humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten, 1994, Nr. 125; Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 783; Jescheck, GA 1981, 49 (56). 199 Eine Kündigung der Genfer Abkommen ist nach Art. 63 GA I; Art. 62 GA II; Art. 142 GA III; Art. 158 GA IV möglich. 200 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 783; Meron, AJIL 1987, 348 (349). 201 Paech/Stuby, Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen, 2. Aufl., 2001, 604; Kimminich/Hobe, Einführung in das Völkerrecht, 7. Aufl., 2000, 464; Fischer, in: Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, § 68, Rn. 12.

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und der Herrschaft der Grundsätze des Völkerrechts, wie sie sich aus feststehenden Gebräuchen, aus den Grundsätzen der Menschlichkeit und aus den Forderungen des öffentlichen Gewissens ergeben.“

Mag die Martens’sche Klausel ihre Grundlage auch im 19. Jahrhundert finden und sich an traditionellen Formen des klassischen Waffeneinsatzes orientiert haben, so hat sie als Generalklausel im modernen Völkerrecht – und dies insbesondere mit Blick auf zeitgenössische terroristische Erscheinungsformen – weiterhin Bestand. Schädigungshandlungen, die nicht ausdrücklich verboten sind, fallen gleichwohl nicht in einen rechtsfreien Raum, sondern haben sich ebenso an den feststehenden Gebräuchen des Krieges und den Grundsätzen der Menschlichkeit auszurichten.202 Für Mittel und Methoden der modernen Terrorführung (etwa mittels Massenvernichtungswaffen oder elektronischer Daten) sind die Maximen des humanitären Völkerrechts nach Maßgabe des Völkergewohnheitsrechts damit gleichsam anwendbar. cc) Terrorismus und die Grundsätze des humanitären Völkerrechts In der Gesamtschau des traditionellen „Haager Rechts“ und des „Genfer Rechts“ ergeben sich folgende, wesentliche Grundsätze des humanitären Völkerrechts: (1) Berechtigt, kriegerische Handlungen vorzunehmen, sind nur Kombattanten, insbesondere Angehörige der Streitkräfte.203 (2) Verhalten sich Kombattanten gemäß der Regeln des humanitären Völkerrechts, erfahren sie insofern eine Privilegierung, als dass sie für die Beteiligung an einem bewaffneten Konflikt nicht zur Verantwortung gezogen werden dürfen. (3) Es dürfen nur Kombattanten zum Ziel eines Angriffs gemacht werden. (4) Soweit Angriffe auf legitime militärische Ziele zu Nebenfolgen für zu schützende Personen führen, sind diese zu begrenzen. (5) Führt ein Angriff zu unverhältnismäßigen Nebenfolgen, ist auf ihn zu verzichten. (6) Bei Durchführung eines legitimen Angriffs ist auf Mittel und Methoden der Kriegsführung zu verzichten, die unnötige Leiden verursachen.204 202 Zur Martens’schen Klausel und Atomwaffen s. Meyrowitz, in: Miller/Feinrider (Hrsg.), Nuclear Weapons and Law, 1984, 19 (24). Zur Martens’schen Klausel und Bio- und Chemiewaffen s. van Wynen Thomas/Thomas, Legal Limits on the Use of Chemical and Biological Weapons, 1970, 188 ff. 203 Vgl. Art. 43 Abs. 2 ZP I.

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Diese Grundsätze sind zwingend auf klassische Kriege zwischen Staaten anwendbar, doch ist fraglich, inwiefern sie auch auf neue Konfliktformen und insbesondere die moderne Terrorführung Anwendung finden können. Die Konkretisierung dieser Grundprinzipien im Hinblick auf sich immer wieder und rasch ändernde Sachlagen ist die zentrale Herausforderung für das humanitäre Völkerrecht.205 Bewaffnete Auseinandersetzungen werden heute nicht mehr ausschließlich zwischen Staaten geführt, sondern es kommen Bürgerkriege, nationale Befreiungskriege, Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen eines Staates oder grenzüberschreitende Terrorakte hinzu. Vor dem Hintergrund der thematischen Ausrichtung des vorliegenden Prüfungspunktes wird untersucht, wie moderne Akte des internationalen Terrorismus in das Regelwerk des humanitären Völkerrechts einzuordnen sind. In Übereinstimmung mit den oben genannten Grundsätzen anerkennt das humanitäre Völkerrecht in folgenden Situationen das Vorliegen einer terroristischen Handlung: • Da nur Angehörige regulärer Streitkräfte am bewaffneten Konflikt teilnehmen dürfen, sind alle jene Gewalthandlungen, die von anderen Akteuren innerhalb eines bewaffneten Konflikts vorgenommen werden, als Akte des Terrorismus zu qualifizieren. • Sofern sich Angehörige der Streitkräfte entgegen der Regeln des humanitären Völkerrechts verhalten und diese verletzen, können ihre Handlungen als terroristisch eingestuft werden. • Weder die Zivilbevölkerung oder einzelne Zivilpersonen dürfen das Ziel von Angriffen sein. Werden sie zum Angriffsziel gemacht, kann sich diese Handlung als Terrorakt darstellen, insbesondere dann, wenn die Anwendung von Gewalt mit dem Ziel erfolgt, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten. • Werden legitime militärische Einrichtungen zum Ziel von Anschlägen gemacht, treffen sie aber mehrheitlich Zivilisten, können diese Angriffe der terroristischen Qualifizierung unterfallen. • Das Vorliegen einer Terrorhandlung ergibt sich auch dann, wenn die Vornahme der Gewalthandlung auf großen Schaden sowie explizites Leiden unter der gegnerischen Konfliktpartei angelegt ist. 204

Kittichaisaree, International Criminal Law, 2001, 129; UN-Special Rapporteur Koufa, Specific Human Rights Issues: New Priorities, in particular Terrorism and Counter-Terrorism, Working Paper by the Commission on Human Rights, E/CN.4/Sub.2/2004/40 v. 25.06.2004, 8. 205 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 786; Crelinsten, Terrorism and Criminal Justice, 1978, 6.

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• Diese Regeln gelten für den bewaffneten Kampf regulärer Streitkräfte und für den bewaffneten Kampf innerhalb von Befreiungsbewegungen. • Sofern es sich um nicht-international bewaffnete Konflikte handelt, greift der gemeinsame Art. 3 der Genfer Konventionen, welcher Akte des Terrorismus verbietet.206 Die herausgestellten Regeln verdeutlichen, dass Verletzungen des humanitären Völkerrechts in internationalen sowie in nicht-internationalen Konflikten unter dem Begriff des Kriegsverbrechens völkerstrafrechtlich sanktioniert werden können. Terroristische Akte sind damit in bewaffneten Konflikten grundsätzlich verboten. Im Weiteren wird untersucht, ob sich diese Rahmenbedingungen auch neu in Art. 8 IStGH-Statut wieder finden, und es möglich ist, Akte des internationalen Terrorismus als Kriegsverbrechen gemäß dem IStGH-Statut völkerrechtlich zu ahnden.207 b) Inhaltliche Ausgestaltung des Art. 8 IStGH-Statut Der Tatbestand des Kriegsverbrechens ist in Art. 8 IStGH-Statut mit seinen über 40 Einzeltatbeständen umfassend normiert und stellt sich als die komplexeste Strafnorm im Rom-Statut dar. Die Normstruktur des Kriegsverbrechens ist hierbei nicht mit jener des Verbrechens gegen die Menschlichkeit und des Völkermordes vergleichbar. Während es sich bei letzteren um eigenständige Tatbestände handelt, liegt dem Kriegsverbrechen darüber hinaus ein Verstoß gegen eine Regel des humanitären Völkerrechts zugrunde. Zur Verletzung dieser Regel tritt als Rechtsfolge die Strafbarkeit wegen der Verletzung eines völkerrechtlichen Vertrages oder von Völkergewohnheitsrecht hinzu.208 Im Gegensatz zu dem Verbrechen gegen die Menschlichkeit und dem Völkermord ist eine abschließende völkerrechtliche Kodifizierung des materiellen Rechts der Kriegsverbrechen nicht gegeben. Art. 8 IStGH-Statut versucht diese Lücke zu schließen, indem die Norm zentrale Straftatbestände des humanitären Völkerrechts in internationalen und nicht-internationalen Konflikten vorgibt, die zugleich Völkergewohnheitsrecht verkörpern. 206 Sunga, The Emerging System of International Criminal Law, 1997, 198; Almond, in: Han (Hrsg.), Terrorism and Violence, 1993, 199 (206 f.). 207 Zur Praxis der ad hoc Tribunale des JStGH and RStGH unter dem Aspekt der Terrorismusproblematik s. Tournaye, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Law, 2003, 298 (300 ff.). 208 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 797; Tournaye, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Law, 2003, 298 (300).

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Zur Begründung der materiellen Strafbarkeit von Verletzungen des humanitären Völkerrechts bestimmt das Völkergewohnheitsrecht folgende Voraussetzungen,209 welche in Art. 8 IStGH-Statut ihren Niederschlag gefunden haben: Das fragliche Verhalten muss zunächst im Widerspruch zum humanitären Völkerrecht stehen. Die in Frage kommenden Straftatbestände sind daher mit Blick auf das zu Grunde liegende humanitäre Völkerrecht auszulegen. Ferner müssen alle Tatbestandsmerkmale der Norm gegeben sein. Darüber hinaus können nur gewichtige Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht Kriegsverbrechen sein. Wie bereits der 1996 Draft Code angedeutet hat, zielt das IStGH-Statut darauf ab, nur die schwersten und verwerflichsten Straftaten gegen den Frieden und die Menschenrechte zu kriminalisieren. Um den Anwendungsbereich des IStGH-Statuts auf die ausschließlich schwersten Völkerrechtsverbrechen einzugrenzen, wurde daher in die Eingangsformulierung des Art. 8 IStGH-Statut das Kriterium aufgenommen, dass die Kriegsverbrechen „als Teil eines Planes oder einer Politik oder als Teil der Begehung solcher Verbrechen in großem Umfang“ verübt worden sein müssen.210 Einzelne Kriegsverbrechen fallen somit nicht in die Zuständigkeit des IStGH, wenn die Rechtsverletzungen nicht im Zusammenhang mit einer planmäßigen oder weit verbreiteten Begehung stehen211; sondern dann, wenn sie sich etwa nach den Genfer Konventionen von 1949 und ihrem Zusatzprotokoll I als „schwere Verletzungen“ darstellen. Schließlich ist die Übertretung einer Norm des humanitären Völkerrechts nur dann strafbar, wenn die Norm ihrem Inhalt nach auch Einzelpersonen Verhaltenspflichten auferlegt. Dem entspricht Art. 8 IStGH-Statut, denn die Vorschrift ist so ausgestaltet, dass sie eine individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit der Täter begründet. Die Prüfung des Art. 8 IStGH-Statut verlangt zunächst das Vorliegen von übergreifenden Voraussetzungen der Norm. So muss sich die fragliche Handlung in einen bewaffneten Konflikt einbetten sowie als Teil eines Planes oder einer Politik oder als Teil der Begehung von Verbrechen in großem Umfang stattgefunden haben.

209 Vgl. The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Appeals Chamber, Beschluss v. 02.10.1995 (Tadic, AC), Rn. 94. 210 Tomuschat, EuGRZ 1998, 1 (6). 211 Schabas, Introduction ICC, 2001, 24.

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aa) Vorliegen eines bewaffneten Konflikts Das humanitäre Völkerrecht ist in aller Regel nur auf bewaffnete Konflikte anwendbar.212 Terrorismus spezifische Kriegsverbrechen, die sich als Verletzungen des humanitären Völkerrechts darstellen, können daher nur im Zusammenhang mit dem Vorliegen eines bewaffneten Konflikts geahndet werden. Der JStGH hat die Existenz eines bewaffneten Konflikts in folgenden Fällen anerkannt: „[. . .] whenever there is a resort to armed force between States or protacted armed violence between governmental authorities and organized armed groups or between such groups within a State.“213

Wie die Definition des JStGH damit vorgibt, muss es sich im Rahmen bewaffneter Gewalt bei den Konfliktparteien um Angehörige regulärer Streitkräfte handeln oder um bewaffnete Kräfte, die mit diesen verbunden sind. Ferner kommen auch organisierte bewaffnete Gruppen als Täter in Betracht.214 Allein einschränkende Voraussetzung ist hier einzig der zeitliche und örtliche Anwendungsbereich des humanitären Völkerrechts. Die Strafbarkeit einer Konfliktparteien für Verletzungen des humanitären Völkerrechts lässt sich nur dann begründen, wenn sich die fraglichen Handlungen sowohl im zeitlichen als auch örtlichen Rahmen des bewaffneten Konflikts abgespielt haben. Der JStGH hat den Anwendungsbereich des humanitären Völkerrechts für einen vorliegenden bewaffneten Konflikt wie folgt definiert: „International humanitarian law applies from the initiation of such armed conflict and extends beyond the cessation of hostilities until a general conclusion of peace is reached; or, in the case of internal conflicts, a peaceful settlement is achieved. Until that moment, international humanitarian law continues to apply in the whole territory of the warring State or, in the case of an internal conflict, the whole territory under the control of a party, whether or not actual combat takes place“.215

Demnach können Kriegsverbrechen nicht nur am Ort und während der Kampfhandlungen begangen werden, sie müssen sich jedoch zwingend in den bewaffneten Konflikt einbetten. 212 Es sind zwei Ausnahmen ersichtlich: Dies betrifft zum einen den Fall der Kriegserklärung, auf die keine Kampfhandlungen folgen. Zum anderen gelten die GA gemäß Art. 2 Abs. 2 auch dann, wenn einer teilweisen oder vollständigen Besetzung eines feindlichen Staates nicht mit Waffengewalt begegnet wird. s. Greenwood, in: Fleck (Hrsg.), Handbuch des humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten, 1994, Nr. 220. 213 The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Beschluss v. 02.10.1995 (Tadic, AC), Rn. 70. Bestätigt in: The Prosecutor vs. Delalic, JStGH, Urteil v. 16.11.1998 (Delalic, TC), Rn. 183; The Prosecutor vs. Furundzˇija, JStGH, Urteil v. 10.12.1998 (Furundzˇija, TC), Rn. 59. 214 Stahn, ZaöRV 2002, 183 (194). 215 The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Urteil v. 02.10.1995 (Tadic, AC), Rn. 70.

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Art. 8 IStGH-Statut übernimmt diese Voraussetzung des Vorliegens eines bewaffneten Konflikts, doch definiert die Norm die Konflikthandlung nicht. Allein die Verbrechenselemente weisen darauf hin, dass Art. 8 Abs. 2 IStGH-Statut im Rahmen des bestehenden Regelungswerkes des internationalen bewaffneten Konflikts zu interpretieren ist.216 Damit ein Kriegsverbrechen im Sinne des IStGH-Statuts geahndet werden kann, muss also eine strafbare Verletzung des humanitären Völkerrechts im Rahmen eines bewaffneten Konflikts vorliegen. Das Kriegsverbrechen muss dabei nicht nur während, sondern in Verbindung mit einem bewaffneten Konflikt erfolgen. Es muss folglich ein Nexus zwischen dem kriminellen Verhalten und dem bewaffneten Konflikt nachweisbar sein. Die Frage, ob eine solche Verbindung zwischen einer terroristischen Handlung und dem Vorliegen eines bewaffneten Konflikts existiert, erweist sich oftmals als sehr schwierig und muss im Rahmen einer Einzelfallentscheidung geklärt werden. (1) Staatsterrorismus und bewaffneter Konflikt Entsprechend der Vorgaben des JStGH zum Vorliegen eines bewaffneten Konflikts können Akte des Staatsterrorismus dann einem bewaffneten Konflikt unterfallen, wenn ein Staat als Konfliktpartei an einer bewaffneten Auseinandersetzung beteiligt ist und er im Rahmen dieser Auseinandersetzung terroristische Handlungen vornimmt. Dies ist sowohl im Rahmen eines zwischenstaatlichen als auch innerstaatlichen Konflikts möglich. In beiden Konstellationen ist allein entscheidend, dass die Terrorhandlungen einem Staat zurechenbar sind. Um Akte des Staatsterrorismus zu begehen, muss der Täter im Rahmen einer bewaffneten Auseinandersetzung eine terroristischen Handlung vornehmen und den bewaffneten Streitkräften eines Staates angehören oder sonst mit diesen verbunden sein.217 Zwischen dem im Rahmen der bewaffneten Auseinandersetzung ausgeführtem Terrorakt und dem Staat ist demnach ein Zurechnungszusammenhang erforderlich. Da Staaten in erster Li216

Vgl. Einleitung zu Art. 8 IStGH-Statut, Elements of Crimes. Im Kriegsfall lässt sich darüber hinaus gemäß Art. 29 GA IV ebenso das Verhalten von Personen zurechnen, die zwar nicht den regulären staatlichen Streitkräften angehören, aber für den Staat kriegswichtige Aufgaben wahrnehmen. Hier ist ein Staat für das Verhalten seiner „Beauftragten“ verantwortlich. Beauftragte im Sinne dieser Vorschrift sind nicht nur Angehörige der Streitkräfte oder ähnlicher Organisationen, sondern auch Beamte, Richter und andere staatliche Aufgabenträger. s. dazu Ipsen, in: Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, § 40, Rn. 3 ff., 10 ff. Auch sie können Kriegsverbrechen begehen, allerdings drängt sich diese Konstellation mit Blick auf Art. 8 IStGH-Statut und die gewaltsame Begehung von Terrorakten nur zweitrangig auf. 217

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nie durch das humanitäre Völkerrecht verpflichtet werden, müssen sie sich auch Taten von Angehörigen ihrer Streitkräfte zurechnen lassen. Das gleiche gilt für Angehörige von Milizen und Freiwilligenkorps.218 Im Fall von zwischenstaatlichen Auseinandersetzungen ergeben sich hier nur wenige Schwierigkeiten. Ein zwischenstaatlicher Konflikt liegt nämlich dann vor, wenn ein Staat unmittelbar Waffengewalt gegen den völkerrechtlich geschützten Bereich eines anderen Staates einsetzt.219 Wesentlich problematischer kann der Nachweis von Akten des Staatsterrorismus in innerstaatlichen bewaffneten Konflikten sein. Sofern in bewaffneten Konflikten, die sich auf ein Staatsgebiet beschränken, der Staat ausgewiesene Partei des Konflikts ist, gelten obige Ausführungen zum Vorliegen von Staatsterrorismus entsprechend. Die rechtliche Einordnung ist hingegen komplizierter, wenn innerstaatliche Auseinandersetzungen sich zwar auf ein Staatsgebiet beschränken, hier aber Staaten die Konfliktparteien, etwa durch Waffenlieferungen, unterstützen, ohne selbst militärisch aktiv zu werden. Hier können nur dann Akte des Staatsterrorismus nachgewiesen werden, wenn Terrorhandlungen einer Konfliktpartei dem sie unterstützenden Staat zugerechnet werden können und diese Konfliktpartei gleichsam als Werkzeug des Staates zu betrachten ist. Die Frage, wann sich ein Staat die Handlungen von Personen zurechnen lassen muss, die nicht de iure als seine Organe (Streitkräfte, Polizeikräfte etc.), sondern nur de facto mit ihm in Verbindung stehen, hat das humanitäre Völkerrecht nicht abschließend beantwortet.220 Art. 4 Buchstabe A Abs. 1 GA III verlangt, dass Mitglieder von organisierten Verbänden einer Konfliktpartei „angehören“ müssen. Der JStGH hat das Merkmal der Zugehörigkeit in seiner Tadic´Entscheidung konkretisiert und festgehalten, dass für die staatliche Zurechnung eine weit reichende Kontrolle (overall control) des Betätigungsfeldes der in Rede stehenden Gruppierung erforderlich ist.221 Hierfür reiche es nicht aus, dass der Staat die Gruppe mit Material, Waffen oder Finanzen versorgt, sondern es wird verlangt, dass der Staat die militärischen Operationen koordiniere oder die allgemeine Planung unterstütze. Es sei aber nicht notwendig, dass der Staat dem Anführer oder einzelnen Mitgliedern spezifische, gegen das Völkerrecht verstoßende Handlungen befiehlt.222 Um 218

Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 840. Ipsen, in: Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, § 66, Rn. 4 ff. 220 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 828. 221 The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Urteil v. 15.07.1999 (Tadic, AC), Rn. 137. Der JStGH nimmt hier eine Weiterentwicklung der Zurechnungsvoraussetzungen vor: Der IGH sah im Nicaragua-Fall für die staatliche Zurechnung lediglich eine wirksame Kontrolle (effective control) als erforderlich an. Vgl. IGH, Urteil v. 27.06.1986 (Nicaragua vs. USA), in: ICJ Reports 1986, Rdn. 115. 222 The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Urteil v. 15.07.1999 (Tadic, AC), Rn. 131. 219

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sich das Verhalten auch von Einzelpersonen oder einzelnen Personengruppen zurechnen zu lassen, die nicht militärisch organisiert sind, greift das Kriterium der weit reichenden Kontrolle hier nicht, sondern der Staat muss hinsichtlich der Einzeltat spezifische Anweisungen gegeben oder sich die Handlungen im Nachhinein durch öffentlich bekundete Zustimmung zu eigen gemacht haben.223 Anhand dieser völkerrechtlichen Zurechnungsvoraussetzungen ist es möglich, etwa die Anschläge vom 11. September 2001 einer völkerrechtlichen Bewertung zu unterziehen und die Frage zu beantworten, ob die Attentate als Akte des Staatsterrorismus im Rahmen eines bewaffneten Konflikts einzuordnen sind. Die Anschläge auf das World Trade Center sowie das Pentagon wurden nachweislich von Mitgliedern der Al Kaida ausgeführt und die Organisation hat sich ausdrücklich dazu bekannt.224 Um die Terroranschlägen als Akte des Staatsterrorismus zu qualifizieren, müssten die Taten Afghanistan, respektive den Taliban zuzurechnen sein. So müssten die Taliban die Organisation Al Kaida insgesamt kontrolliert, deren Organisation und Ausführung der Anschläge koordiniert bzw. unterstützt haben. Die autonome Struktur der Al Kaida sowie die nach den Anschlägen ermittelten Beweise sprechen jedoch eindeutig gegen eine Kontrolle der Attentate durch das System der Taliban. Durch logistische Hilfeleistungen oder der Gewährung eines safe haven für Mitglieder der Al Kaida in Afghanistan mögen die Taliban Operationen der Al Kaida Hilfe geleistet haben, doch haben die Taliban die Organisation und deren Betätigungen weder koordiniert noch waren sie an der Planung von Terroranschlägen entscheidend beteiligt. Die Anschläge vom 11. September 2001 sind demzufolge nicht als Akte des Staatsterrorismus im Rahmen eines bewaffneten Konflikts einzuordnen. (2) Nicht-staatlicher Terrorismus und bewaffneter Konflikt Für die Bewertung von individuellen Akten des internationalen Terrorismus als Kriegsverbrechen ist von entscheidender Bedeutung, dass nichtstaatliche Terrorakte ebenfalls die Voraussetzung des bewaffneten Konflikts erfüllen. Lässt sich ein Nexus zwischen der privaten Terrortat und dem bewaffneten Konflikt nicht herstellen, scheidet auch hier ihre rechtliche Beurteilung unter dem Tatbestand des Kriegsverbrechens i. S. v. Art. 8 IStGHStatut von vornherein aus. Die Nichtexistenz eines bewaffneten Konflikts ist demnach ein Ausschlussgrund für eine weitere rechtliche Prüfung. 223

The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Urteil v. 15.07.1999 (Tadic, AC), Rn. 137. Vgl. etwa David Bamber, Bin Ladin: Yes, I Did It, London Telegraph v. 11.11.2001, http://www.news/telegraph.co.uk/news/main/jhtml?xml=/news/2001/ 11/11/wbin11.xml. 224

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Die Einordnung von privaten Akten des internationalen Terrorismus in den Rahmen eines bewaffneten Konflikts ist äußerst komplex und strittig. Die Problematik besteht darin, dass individuelle Akte des internationalen Terrorismus unabhängig vom Bestehen eines bewaffneten Konflikts verübt werden und sie oftmals keine Verbindung zwischen der Terrortat und dem Vorliegen eines bewaffneten Konflikts aufweisen, sondern punktuell und unerwartet von autonom agierenden Terrorakteuren ausgeführt werden. Die Bewertung der Anschläge vom 11. September 2001 zeigt, dass die Meinungen darüber weit auseinander gehen, ob nicht-staatliche Terroranschläge einen kriegerischen Akt darstellen bzw. das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts begründen können. Zunächst weisen die sprachlichen Reaktionen auf die benannten Attacken darauf hin, private Terrorakte dem Recht des bewaffneten Konflikts zuzuordnen. Bei den Angriffen vom 11. September 2001 ist in den Medien und der Literatur überwiegend von einem „Krieg“ gesprochen worden; dennoch waren sich alle Beobachter einig, dass es sich hier um einen terroristischen Akt gehandelt habe.225 So hat etwa US-Präsident Bush erklärt, dass man es mit einen „Krieg“ nicht nur gegen die Vereinigten Staaten, sondern gegen die gesamte westliche Zivilisation zu tun habe.226 Ähnlich drückte sich New Yorks Bürgermeister Guiliani im Rahmen einer Sonderdebatte der UN-Generalversammlung aus, als er die Anschläge vom 11. September 2001 als grundlosen „kriegerischen“ Akt bezeichnete, der sich nicht nur gegen die Stadt selbst, sondern gegen die Idee einer freien und offenen Zivilgesellschaft gerichtet habe.227 In einem Interview stellte Bin Ladin das World Trade Center als legitimes militärisches Angriffsobjekt dar, da die Opfer nicht Zivilisten seien, sondern für das „kriegerische“ amerikanische System gearbeitet hätten.228 Letztlich ist auch die Auffassung vertreten 225

Zur Kriegsrhetorik ausführlich Kotzur, AVR 2002, 454 ff.; s. auch Hess, in: Prittwitz/Baurmann/Günther/Kuhlen u. a. (Hrsg.), FS für Klaus Lüderssen, 2002, 489 (489 f.); Terwilliger/Cooperstein/Gunnarson/Blumenthal/Parker, The War on Terrorism: Law Enforcement or National Security. The Federalist Society 2001, http://www.fed-soc.org/Publications/Terrorism/militarytribunals.htm. 226 Vgl. Regierungserklärung v. 13.09.2001. In einer Ansprache vor dem Amerikanischen Kongress neun Tage nach dem 11. September 2001 verglich Präsident Bush die Anschläge darüber hinaus mit den japanischen Angriffen auf Pearl Harbor, welche für die USA den Eintritt in den Zweiten Weltkrieg bedeuteten. s. President George W. Bush, Address to a Joint Session of Congress and the American People, 20th Sept. 2001, http://www.whitehouse.gov/news/releases/2001/09/20010920-8. html; Kotzur, AVR 2002, 454 (454 f.); Tomuschat, EuGRZ 2001, 535 (535 f.). 227 Wüstenhagen, in: von Schorlemer (Hrsg.), Praxishandbuch UNO, 2003, 101 (138). 228 David Bamber, Bin Ladin: Yes, I Did It, London Telegraph v. 11.11.2001, http://www.news/telegraph.co.uk/news/main/jhtml?xml=/news/2001/11/11/wbin11. xml; Slaughter/Burke-White, HarvILJ 2002, 1 (3).

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worden, dass ein Terrorkrieg, wie er sich etwa durch die Anschläge vom 11. September 2001 manifestiert habe, kein Fall für die Strafjustiz, sondern für den Generalstab sei. Indem polizeiliche Maßnahmen nur auf das einheimische Territorium begrenzt seien, wären sie nicht in der Lage, einen Kader von internationalen Tätern auszuschalten, der global operiere und keine Strafe fürchte. Ein kriegerischer Terrorangriff auf eine militärische Kommandozentrale und die Zivilbevölkerung, dies hätten die Angriffe auf das Pentagon verdeutlicht, sei nicht mehr mit einem Akt politischer Kriminalität vergleichbar und daher dem Kriegsrecht zu unterstellen.229 Unabhängig von der Bewertung moderner Terrorakte in den Medien oder durch die betroffenen Konfliktparteien, kann die Beurteilung der fraglichen Verhaltensweisen nur anhand rechtlicher Maßstäbe überzeugen. Für eine rechtliche Bewertung der Tat ist nicht entscheidend, ob die Konfliktparteien die fragliche Auseinandersetzung als Krieg ansehen oder sie so bezeichnen.230 Handlungen von internationalen Terroristen können nicht als „Kriegshandlungen“ betrachtet werden, nur weil die Akteure selbst oft davon überzeugt sind, einen „Krieg“ zu führen, sei es gegen ein Gesellschaftssystem oder gegen einen Staat.231 Der oben dargestellte, wiederholte Gebrauch des Ausdrucks „Krieg“ ist insofern im rechtlichen Sinne falsch. Zwar muss heute kein „Krieg“ mehr nach herkömmlichen Maßstäben zwischen zwei oder mehreren Staaten geführt werden, sondern vielmehr muss ein „bewaffneter Konflikt“ vorliegen.232 Bei den Akteuren muss es sich nicht mehr ausschließlich um uniformierte Soldaten regulärer Streitkräfte handeln, die Konfliktparteien müssen nicht einen Staat repräsentieren, und ferner muss eine am Konflikt beteiligte Organisation nicht der einer traditionellen Armee entsprechen. Zwingend erforderlich ist allein, dass sich die Akteure in einem bewaffneten Konflikt engagieren, dessen Existenz bei der Vornahme von willkürlichen, autonom begangenen Terrorakten fraglich ist. Eine Unterscheidung zwischen bewaffnetem Konflikt und Terrorismus ist aber unbedingt nötig, da es sich hier um zwei verschiedene Rechtsregime handelt. In praktisch allen Bemühungen der Vereinten Nationen, das Problem des Terrorismus rechtlich einzuordnen, wurde klar zwischen Terrorismus einerseits und bewaffnetem Konflikt andererseits unterschieden:233 Einerseits existiert das traditionelle Kriegsrecht (das „Haager Recht“ 229 Sofsky, Zeiten des Schreckens, 2002, 182; Report of the National Commission on Terrorism, Countering the Campaign Threat of International Terrorism, 1999, http://www.fas.org/irp/threat/commission.html; Responding to Terrorism: Crime, Punishment, and War, Harv. L. Rev. 2002, 1217 (1222). 230 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 817. 231 Kilian, NZWehrr 1982, 121 (125). 232 Zu Entwicklung und Wandlung des Kriegsbegriffs im Völkerrecht s. Kotzur, AVR 2002, 454 (461 f.).

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und das „Genfer Recht“) bzw. dessen Zusammenfassung unter dem (neueren) Begriff des humanitären Völkerrechts. Das humanitäre Völkerrecht ist eindeutig definiert und zeichnet sich durch klare Durchsetzungsmechanismen aus. Ausgehend von diesen Vorgaben ist es zwar innerhalb des humanitären Völkerrechts nicht entscheidend, ob es sich um einen zwischenstaatlichen Konflikt, einen Bürgerkrieg oder einen nationalen Befreiungskrieg handelt, denn sofern sich diese Konfliktarten nur als ernst genug herausstellen und als bewaffneter Konflikt einzuordnen sind, unterfallen sie dem Rechtsregime des humanitären Völkerrechts. Das humanitäre Völkerrecht ist dann lex specialis, welches – andererseits – das Rechtsregime des Terrorismus verdrängt.234 Durch die eingangs formulierte Definition des Terrorismus lassen sich Akte des Terrorismus gerade von anderen Formen des gewalttätigen Konflikts, wie etwa von bewaffneten Konflikten, Guerillaaktionen, Revolutionen, Staatsstreichen oder gemeiner Gewaltkriminalität, unterscheiden. Indem Terrorismus heute zwar nicht als gemeine, aber doch als besondere Form der Gewaltkriminalität angesehen wird, zeigt sich darin die explizite Abwendung von der Materie des Kriegsrechts.235 Terrorismus ist ein Problem in Friedenszeiten, welches auch mit friedlichen Mittel zu bekämpfen ist.236 Insbesondere stellt die Anwendung des humanitären Völkerrechts auf Gewalthandlungen eine Privilegierung dar: Die im Rahmen eines bewaffneten Konflikts begangenen Taten werden nicht nach den allgemein anwendbaren Normen des Strafrechts geahndet. So kann z. B. der Täter geltend machen, dass im bewaffneten Kampf zwischen legitimen Konfliktparteien das Töten des Gegners erlaubt ist. Eine solche Legitimation besitzt eine aus dem Verborgenen operierende Terrorgruppe aber gerade nicht, und es ist auf den 233 UN-Special Rapporteur Koufa, E/CN.4/Sub.2/2001/31, 13 ff.; Stahn, ZaöRV 2002, 183 (194). 234 UN-Special Rapporteur Koufa, Specific Human Rights Issues: New Priorities, in particular Terrorism and Counter-Terrorism, working paper by the Commission on Human Rights, E/CN.4/Sub.2/2004/40 v. 25.06.2004, 7; dies., E/CN.4/Sub.2/ 2001/31, 14; Stahn, ZaöRV 2002, 183 (206). 235 Hess, KJ 2002, 450 (451). Bereits 1982 hatte die International Law Association (ILA) den Vorschlag verfolgt, Akte des Terrorismus unter das Kriegsrecht einzuordnen und sie als „schwere Verletzungen“ der Genfer Konventionen einzuordnen; die Versammlung war sich der Vermischung der beiden unterschiedlichen Rechtsmaterien wohl bewußt. Vgl. Fourth Interim Report of the Committee on International Terrorism of the International Law Association v. 02.09.1982, in: ILA, Report of the Sixtieth Conference (Montreal 1982), 349–454. Vgl. auch Rubin, in: Han (Hrsg.), Terrorism and Political Violence, 1993, 377 ff. 236 Elagab, International Law: Documents Relating to Terrorism, 1995, v; UNSpecial Rapporteur Koufa, Specific Human Rights Issues: New Priorities, in particular Terrorism and Counter-Terrorism, Working Paper by the Commission on Human Rights, E/CN.4/Sub.2/2004/40 v. 25.06.2004, 10.

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ersten Blick nicht erkennbar, warum eine Ausweitung des humanitären Völkerrechts auf Terroristen erfolgen soll.237 Vor dem Hintergrund dieses sowohl systematischen als auch rechtspolitischen Einwandes wird in der Literatur die Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts auf internationale Terrorakte zumeist pauschal verneint.238 Doch gilt es, bei dem Versuch einer allgemeinen Einordnung von Terrorismus unter die Normen des Kriegsverbrechens zu differenzieren. Im Einzelfall können terroristische Akte durchaus Kriegsverbrechen sein, nämlich dann, wenn sie sich als Kriegshandlungen im Rahmen internationaler bewaffneter oder nicht-bewaffneter Konflikte darstellen. Für das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts gibt das Völkerrecht klare Vorgaben und hält fest, dass ein bewaffneter Konflikt nur zwischen Staaten oder zwischen organisierten bewaffneten Gruppen geführt werden kann.239 Die Definition des JStGH deckt gleichwohl moderne Gewaltanwendungen ab und adressiert sowohl traditionelle zwischenstaatliche Konflikte als auch Bürgerkriege. Ferner kann sie unter Umständen auch Akte des internationalen Terrorismus erfassen. So können gegenseitige Angriffe von organisierten Banden einen bewaffneten Konflikt darstellen; eine einzelne organisierte Gruppe kann ebenfalls an einem bewaffneten Konflikt teilnehmen, sofern sie mehrfache Angriffe gegen zivile oder militärische Ziele verübt.240 Angriffe von einzelnen, organisierten Gruppierungen müssen dabei nach Plan und systematisch vorgetragen werden; sie dürfen nicht zufällig erfolgen.241 Eindeutig nicht unter einen bewaffneten Konflikt einzuordnen sind hingegen brutale Angriffe von Zivilisten gegen Zivilisten. Handelt es sich um Tathandlungen aus privater Motivation, stellt diese Verhaltensweise keine bewaffnete Handlung dar, auch wenn der Gewaltakt während eines bewaffneten Konflikts stattfindet.242 Zivilisten können nur dann Kriegsverbrechen 237

So auch Kotzur, AVR 2002, 454 (477). Bruha, AVR 2002, 282 (411 ff.); Kotzur, AVR 2002, 454 (476 f.); Stahn, ZaöRV 2002, 183 (195 ff.). 239 „[. . .] whenever there is a resort to armed force between States or protacted armed violence between governmental authorities and organized armed groups or between such groups within a State.“ Vgl. The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Beschluss v. 02.10.1995 (Tadic, AC), Rn. 70. Bestätigt in: The Prosecutor vs. Delalic, JStGH, Urteil v. 16.11.1998 (Delalic, TC), Rn. 183; The Prosecutor vs. Furundzˇija, JStGH, Urteil v. 10.12.1998 (Furundzˇija, TC), Rn. 59. 240 Vgl. The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Urteil v. 07.05.1997 (Tadic, TC), Rn. 562; Ambos, Der Allgemeine Teil des Völkerstrafrechts, 2002, 53. 241 Vgl. The Prosecutor vs. Kunaric, JStGH, Urteil v. 22.02.2001, Rn. 439: „Crimes are deemed systematic based on the organized nature of the acts of violence and the improbability of their random nature.“ 242 Bothe, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 388. 238

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begehen, wenn ein funktionaler Zusammenhang zwischen der Tat und einer Konfliktpartei hergestellt werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn die private Tat von einer Konfliktpartei angeordnet oder geduldet worden ist, denn damit macht die Konfliktpartei derartige Handlungen zum Bestandteil ihrer Politik.243 Sofern es allerdings an der staatlichen Zurechnung mangelt, können Gewaltakte von Zivilisten nicht als private Terrorhandlungen in einem bewaffneten Konflikt eingeordnet werden. Terrorakte, die von einzelnen Terroristen oder autonomen Terrorgruppierungen ausgehen, werden gerade nicht aus privaten Motiven vorgenommen, sondern verfolgen einen klar politischen Hintergrund. Hierin zeigt sich gerade der Unterschied zwischen Akten des Terrorismus und gemeiner Gewaltkriminalität. Festzuhalten bleibt, dass es für die Vornahme von Terrorismus spezifischen Kriegsverbrechen nicht erforderlich ist, dass bei Begehung der Tat Kampfhandlungen stattfinden. Entscheidend ist vielmehr, dass der terroristische Gewaltakt während eines bewaffneten Konflikts begangen wurde. Untersucht man die rechtliche Qualität der Terroranschläge vom 11. September 2001, so wird sehr schnell deutlich, dass die Beweisführung für das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts in Fällen nicht-staatlicher Terrorhandlungen an ihre Grenzen stößt: Die Anschläge in New York und Washington D. C. fanden in Friedenszeiten statt. Die Vereinigten Staaten haben sich zum Zeitpunkt des 11. September 2001 nicht in einem bewaffneten Konflikt befunden, weder mit der Al Kaida noch mit Afghanistan oder den Taliban. Auch kann Bin Ladin nicht als Führer einer nationalen Befreiungsbewegung angesehen werden, die im Rahmen einer militärischen Operation gegen die USA agierte.244 Formal wurde ein Kriegszustand erst mit dem US-Angriff auf Afghanistan am 7. Oktober 2001 eingeleitet. Für den Fall, dass später ein Kriegszustand zwischen zwei Konfliktparteien eingetreten ist, kann ein nachfolgender bewaffneter Konflikt nicht das Vorliegen eines Kriegsverbrechens begründen.245 Zu dieser Bewertung kommt etwa die Parlamentarische Versammlung des Europarates, das die Terrorangriffe vom 11. September 2001 nicht als Kriegsakte, sondern als kriminelle Handlungen klassifiziert.246 Dem hat sich der UN-Sicherheitsrat angeschlossen und den Terroranschlägen die Qualität eines Kriegsverbrechens abgesprochen. 243 The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Urteil v. 07.05.1997 (Tadic, TC); Rn. 574 f. Zur Staatenverantwortlichkeit für das Verhalten von Privatpersonen s. Ipsen, in: Ipsen, Völkerrecht, 2004, § 40, Rn. 29; Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 842. 244 Paust, There is No Need to Revise the Laws of War in Light of September 11th, The ASIL Society of International Law, Task Force on Terrorism, http://www.asil.org/taskforce/paust.pdf (Nov. 2002). A. A. etwa Slaughter/BurkeWhite, HarvILJ 2002, 1 (5), (8), welche die Meinung vertreten, dass die Angriffe des 11. September 2001 der Definition des JStGH entsprechen und es sich bei diesen um formal „bewaffnete Angriffe“ handelt. 245 Drumbl, Human Rights Quarterly 2002, 332 (336).

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Für die Mehrzahl moderner, nicht-staatlicher Terrorschläge ist diese rechtliche Bewertung zu übernehmen: Nicht-staatliche internationale Terrorakte erfolgen aus dem Verborgenen heraus, richten sich wahllos gegen unterschiedslose Ziele und werden punktuell ausgeführt. Verheerende Mordanschläge auf die Zivilbevölkerung stellen keine Kriegshandlung dar, sondern sind Verbrechen, wegen derer die Täter und deren Hintermänner vor Gericht zu stellen sind.247 Letztlich ist argumentiert worden, dass Akte des nicht-staatlichen internationalen Terrorismus als neue Form der Kriegsführung gegen demokratische Gesellschaften und Einrichtungen anzusehen seien. So wird von Teilen der Wissenschaft die Auffassung vertreten, dass sich – indem die Definition des Terrorismus zwischen dem Terrorakt als krimineller Verhaltensform und möglichen neuer Form der Kriegsführung schwanke – das Symptom einer völkerrechtlichen Übergangsperiode zeige.248 Andere Autoren plädieren hingegen für die Einordnung von Terrorakten unter ein erweitertes bzw. „flexibles“ Kriegsrecht.249 Ob bezüglich der Terrorismusproblematik von der Herausbildung einer neuen Kategorie des „bewaffneten transnationalen Konflikts“250 auszugehen ist, an dem sich Staaten und nicht-staatliche Akteure, die nicht mehr der Kontrolle von Staaten unterliegen, beteiligen, bleibt abzuwarten. Auch wenn eine derartige neue, bewaffnete Konfliktform zukünftig hergeleitet werden kann, bleibt unklar, ob hier das humanitäre Völkerrecht anzuwenden ist.251 Aus dogmatischer Sicht muss eine Erweiterung des traditionellen Kriegsrechts auf Konflikte zwischen Staaten und privaten Terrornetzwerken abgelehnt werden.252 Festzuhalten ist, dass Akte des nicht-staatlichen Terrorismus nur in wenigen Fällen die Voraussetzungen eines bewaffneten Konflikts erfüllen, da sie mehrheitlich losgelöst von einer kriegerischen Form der Auseinandersetzung begangen werden. Nicht-staatliche Terrorhandlungen in Friedenszeiten unterfallen nicht dem humanitären Völkerrecht; sie sind damit von vornherein nicht als Kriegsverbrechen zu qualifizieren. Sie können auch nicht einem modifizierten Kriegsrecht unterstellt werden. Grundsätzlich sind auf staatliche und nicht-staatliche Terrorakte die Regeln des humanitären Völkerrechts nur dann anwendbar, wenn ein bewaffneter Konflikt vorliegt, in dessen Rahmen die fraglichen Akte begangen werden und sich die terroristi246 247 248 249 250 251 252

Resolution des Europarates, Res. 1258 (2001) v. 26.10.2001. Tomuschat, EuGRZ 2001, 535 (535 f.). Hess, KJ 2002, 450 (464, Fn. 44). Vgl. Stahn, ZaöRV 2002, 183 (195). Glöckner, NJW 2002, 2693. Drumbl, HRQu 2002, 332 (336, Fn. 50). Dazu Stahn, ZaöRV 2002, 183 (196).

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schen Handlungen einer am bewaffneten Konflikt beteiligten Partei zurechnen lassen. In der Regel ist es insbesondere bei modernen, autonom agierenden Terrorvereinigungen schwierig, eine Verbindung zum bewaffneten Konflikt herzustellen. Doch ist im Einzelfall nicht auszuschließen, dass auch private Terrororganisationen Partei eines bewaffneten Konflikts und terroristische Akte im Einzelfall durchaus Kriegsverbrechen sein können.253 bb) Kriegsverbrechen als Teil eines Planes oder Politik Ist ein Zusammenhang zwischen dem Terrorverhalten und einem bewaffneten Konflikt zu konstruieren, müssen Kriegsverbrechen gemäß Art. 8 IStGH-Statut „insbesondere als Teil eines Planes oder einer Politik oder als Teil der Begehung solcher Verbrechen in großem Umfang“ verübt werden. Art. 8 IStGH-Statut fordert nicht zwingend eine staatliche Anbindung; die Norm formuliert als Voraussetzung nur, dass sich das fragliche Verhalten in einen Plan oder eine Politik oder als Teil der Begehung solcher Verbrechen in großem Umfang einfügen muss.254 Die Begehung in großem Umfang impliziert dabei den Akt als Teil einer fortgesetzten Reihe von Taten. Isolierte Akte, die von einzelnen Angehörigen der Streitkräfte oder einzelnen Zivilisten während eines bewaffneten Konflikts begangen werden, fallen damit grundsätzlich nicht in die Zuständigkeit des IStGH, es sei denn solche Akte gehören zum Plan oder Politik einer kommandierenden Autorität.255 Nach dem Wortlaut der Norm müssen Kriegsverbrechen aber „insbesondere“ im Zusammenhang mit einem Plan oder der Politik der großflächigen Verbreitung von Kriegsverbrechen stehen. Danach ist es aber ebenso möglich, dass ein singulärer und isolierter Akt, 253 Vor den Anschlägen des 11. September 2001 wurde internationalen Terrorakten grundsätzlich nicht die entsprechende Schwere zugeordnet, um sie für eine Behandlung unter dem humanitären Völkerrecht zu qualifizieren. s. Chadwick, SelfDetermination, Terrorism and International Humanitarian Law of Armed Conflict, 1996, 128; Bassiouni, HarvILJ 2002, 83 (97 ff.); UN-Special Rapporteur Koufa, Specific Human Rights Issues: New Priorities, in particular Terrorism and CounterTerrorism, working paper by the Commission on Human Rights, E/CN.4/Sub.2/ 2004/40 v. 25.06.2004, 14. 254 Vgl. The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Urteil v. 07.05.1997 (Tadic, TC), Rn. 573: „[. . .] it is not, however, necessary to show that the armed conflict was occurring at the exact same time and place of the proscribed acts allged to have occurred [. . .] nor is it necessary that the crime alleged takes place during combat, but that it be part of a policy or of a practice officially endorsed or tolerated by one of the parties to the conflict [. . .].“ 255 Bothe, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 380; International Bar Association, International Terrorism: Legal Challenges and Responses. A Report by the International Bar Association’s Task Force on Terrorism, 2003, 155; Safferling, Jura 2004, 56 (56).

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der nicht im Rahmen eines Planes oder einer Politik stattfindet, unter Umständen gleichwohl der Jurisdiktion des IStGH unterfällt. Eine isolierte Tathandlung kann demnach unter Umständen bereits ein Kriegsverbrechen im Sinne von Art. 8 IStGH-Statut sein.256 Mit Blick auf die Vornahme von Terrorakten innerhalb eines bewaffneten Konflikts ist dies etwa dann der Fall, wenn ein Anschlag quantitativ und qualitativ ein solches Ausmaß annimmt, dass es unangemessen wäre, ihn nicht der Jurisdiktion des IStGH zu unterwerfen. Ausgehend von der (theoretischen) Annahme, dass die Anschläge vom 11. September 2001 im Rahmen eines bewaffneten Konflikts erfolgt wären und man darüber hinaus anerkennt, dass sie Teil eines Planes bzw. die Politik der Al Kaida wären, das amerikanische System zu schwächen und dessen Zivilbevölkerung zu terrorisieren, erfüllen diese Anschläge die Voraussetzung der Begehung im Rahmen einer übergeordneten Politik. Ordnet man die Anschläge in die Reihe weiterer Terrorattacken der Al Kaida ein, könnten sie auch „als Teil der Begehung solcher Verbrechen in großem Umfang“ angesehen werden. Sofern ähnliche Terrorhandlungen im Rahmen eines breit angelegten Terrorplanes lanciert werden, genügen sie der hier geprüften Voraussetzung. Begehen staatliche Funktionsträger oder nichtstaatliche Akteure, die sich einer militanten Organisation zuordnen lassen, schwere terroristische Handlungen, die den Tatbestand eines Kriegsverbrechens erfüllen, ist der Zusammenhang ihrer Tat mit dem bewaffneten Konflikt gemäß Art. 8 Abs. 1 IStGH-Statut unter Umständen ebenso zu bejahen, ohne dass es auf Übereinstimmung der Tat mit der offiziellen Politik einer Konfliktpartei ankommt.257 In der Gesamtschau der übergreifenden Voraussetzungen der Kriegsverbrechen ergibt sich Folgendes: Werden terroristische Akte innerhalb eines bewaffneten Konflikts und insbesondere in Übereinstimmung mit einem Plan oder einer offiziellen Politik begangen, können sie gemäß Art. 8 IStGH-Statut den einzelnen Tatbestandsmodalitäten der Kriegsverbrechen unterliegen.

256 So auch Fenrick, in: Triffterer (Hrsg.), Commentary on the Rome Statute, 1999, Art. 8, Rn. 4. 257 Dadurch unterscheiden sich die Kriegsverbrechen auch von den Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die einen ausgedehnten oder systematischen Angriff erfordern.

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cc) Systematik von Art. 8 IStGH-Statut (1) Objektiver Tatbestand Ausgehend von den vertraglichen und völkergewohnheitsrechtlichen Voraussetzungen für die Verletzung des humanitären Völkerrechts fasst das IStGH-Statut die Kriegsverbrechen nunmehr in Art. 8 zusammen. Die Normt teilt sich dabei in drei Unterkategorien auf. Absatz 1 befasst sich mit der sachlichen Zuständigkeit des IStGH hinsichtlich der Verfolgung von Kriegsverbrechen. Absatz 2 definiert die Kriegsverbrechen und Absatz 3 hält eine Sicherheitsklausel hinsichtlich einiger Definitionselemente von Kriegsverbrechen bereit.258 Ordnungsprinzip des Statuts ist dabei die Unterscheidung zwischen Verbrechen im internationalen bewaffneten und im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt: Regelungen für den internationalen bewaffneten Konflikt: • Art. 8 Abs. 2 (a) IStGH-Statut übernimmt die Regelungen über schwere Verletzungen der Genfer Abkommen. • Art. 8 Abs. 2 (b) IStGH-Statut enthält mit den „anderen schweren Verstößen gegen [. . .] Gesetze und Gebräuche“ des Krieges all diejenigen Tatbestände, die sich aus anderen Rechtsquellen ergeben und im internationalen bewaffneten Konflikt anwendbar sind. Regelungen für den nicht-internationalen bewaffneten Konflikt: • Art. 8 Abs. 2 (c) IStGH-Statut erfasst die in Art. 3 Genfer Abkommen I bis IV enthaltenen Tatbestände für bewaffnete Konflikte, die keinen internationalen Charakter aufweisen. • Art. 8 Abs. 2 (e) IStGH-Statut greift diejenigen Tatbestände auf, die sich aus anderen Quellen als den Genfer Abkommen ergeben und die im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt anwendbar sind. Den Auslöser für die Einbeziehung von Kriegsverbrechen in das IStGHStatut, die innerhalb nicht-internationaler bewaffneter Konflikte begangen werden, gaben das RStGH-Statut259 sowie die Rechtsprechungspraxis des JStGH. Wegweisend war auch hier die Tadic´-Entscheidung der Appeals Chamber des JStGH vom 2. Oktober 1995, in der der Gerichtshof u. a. festhält, dass auch Bürgerkriegsverbrechen zu „Verletzungen der Gesetze und Gebräuche des Krieges“ führen können.260 Art. 8 IStGH-Statut hat diese 258

Bothe, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 380. Vgl. Art. 4 RStGH-Statut, der die Zuständigkeit des Strafgerichtshofs auch für die Verletzung des gemeinsamen Art. 3 Abs. 1 GA I bis IV sowie von Art. 4 Abs. 2 ZP II normiert. 259

II. Strafbarkeit von Akten des int. Terrorismus unter dem IStGH-Statut

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Entwicklung nachvollzogen und in Art. 8 Abs. 2 (c) IStGH-Statut Verletzungen des gemeinsamen Art. 3 der Genfer Abkommen für strafbar erklärt. Durch Art. 8 Abs. 2 (e) IStGH-Statut werden diese Regelungen um weitere Straftatbestände, die dem Personenschutz dienen und vor allem auf Regelungen des ZP II beruhen, ergänzt. Im Ergebnis ist damit nach dem IStGHStatut und in Übereinstimmung mit dem Völkergewohnheitsrecht der Schutz von Personen in den nicht-internationalen bewaffneten Konflikten mit dem Schutz von Personen in internationalen bewaffneten Konflikten vergleichbar.261 Somit stellt Art. 8 IStGH-Statut die Verletzungen des in internationalen und nicht-internationalen bewaffneten Konflikten anwendbaren humanitären Völkerrechts unter Strafe. Die Regelung in Art. 8 Abs. 2 IStGH-Statut ist allerdings sehr unübersichtlich. Die Unterscheidung zwischen Verbrechen im internationalen und im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt trägt nicht zur Vereinfachung der Normstruktur bei; sie scheint vielmehr veraltet, insbesondere weil sich beide Konfliktarten assimiliert haben. Es ist daher zweckmäßiger, den Tatbestand der Kriegsverbrechen nach materiellen Gesichtspunkten zu ordnen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Vereinfachung wird sich die weitere Analyse an dem von Werle vorgeschlagenen Konzept der Systematisierung der Kriegsverbrechen ausrichten, der die Unterscheidung anhand der Kategorien zum Schutz von Personen und Eigentum auf der einen Seite (nach Maßgabe des „Genfer Rechts“) sowie verbotenen Mitteln und Methoden der Kriegsführung (nach Maßgabe des „Haager Rechts“) auf der anderen Seite vornimmt.262 Für die weitere Prüfung ergibt sich hieraus eine Einteilung in Kriegsverbrechen gegen Personen (II. 3. c) aa)), Kriegsverbrechen gegen das Eigentum (II. 3. bb)), Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Kampfmethoden (II. 3. cc)) sowie Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Kampfmittel (II. 3. dd)). Die Einteilung der Kriegsverbrechen unter diese, nach materiellen Kriterien herausgebildeten Abschnitte erlaubt es, die Prüfung 260 The Prosecutor vs. Tadic, JStGH, Beschluss v. 02.10.1995 (Tadic, AC), Rn. 120 ff.; Blanke/Molitor, AVR 2001, 142 (157). 261 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 808. 262 Vgl. Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 813 ff.; ders., JZ 2001, 885 (893 f.). Dieser Systematik folgt auch das deutsche Völkerstrafgesetzbuch, vgl. § 8–12 VStGB, BGBl. 2002 I, 2254; s. auch Begründung zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches v. 22.06.2001, 53; dazu Werle/Jeßberger, JZ 2002, 725 (728). Diese vereinfachte Systematik wird darüber hinaus von Nichtregierungsorganisationen begrüßt, s. Gemeinsame Stellungnahme der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) und des Komitees für ein effektives Völkerstrafrecht (CoEICL) zum Referentenentwurf des Völkerstrafgesetzbuches, unter II. 4 (der Stellungnahme); Zimmermann, NJW 2002, 3068 (3070).

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der verschiedenen Terrorformen im Weiteren übersichtlich darzustellen. Moderne Akte des internationalen Terrorismus richten sich gegen verschiedene Angriffsobjekte (Personen, Eigentum) und können durch unterschiedliche verbotene Kampfmethoden und Kampfmittel (Atomterrorismus, Bioterrorismus, Chemieterrorismus, Cyberterrorismus) ausgeführt werden. (2) Subjektiver Tatbestand Die Tathandlungen der Kriegsverbrechen müssen nicht nur objektiv vorliegen, es müssen zudem auch die – von der jeweiligen Tathandlung abhängigen – subjektiven Voraussetzungen erfüllt sein. Grundsätzlich gilt auch hier Art. 30 IStGH-Statut. Der subjektive Tatbestand setzt nach Art. 30 IStGH-Statut voraus, dass der Täter mit Vorsatz („intent“) und Wissen („knowledge“) gehandelt hat. Nach der deutschen Strafrechtsdogmatik scheint diese Aufsplittung in Wissen und Vorsatz tautologisch, da Vorsatz gemeinhin als Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung definiert wird.263 Das Völkerstrafrecht verzichtet aber auf Begriffsidentitäten mit nationalen Parallelerscheinungen und erfordert eine eigenständige Interpretation. Aus diesem Grund müssen bei der Analyse des Art. 30 IStGH-Statut die subjektiven Anforderungen im Hinblick auf die jeweiligen objektiven Deliktsmerkmale der Norm unter völkerstrafrechtlichen Vorgaben untersucht werden; dabei ist eine strikte Trennung erforderlich. Damit ist auch im Rahmen von Art. 8 IStGH-Statut bei der Bestimmung des voluntativen Elements zunächst zu unterscheiden, ob es sich auf das inkriminierte Verhalten oder die herbeigeführte Folge beziehen muss: So muss sich der Vorsatz des Täters gemäß Art. 30 Abs. 2 IStGH-Statut zum einen darauf erstrecken, dass der Täter die Tathandlung mit dolus directus 1. Grades begangen hat (Art. 30 Abs. 2 a IStGH-Statut); zum anderen muss er hinsichtlich des Erfolges diese Folge wollen oder sich ihrer wenigstens bewusst sein (Art. 30 Abs. 2 b IStGH-Statut), was dem deutschen dolus directus 2. Grades entspricht. Verlangt wird also letztlich eine Kombination aus dolus directus 1. und 2. Grades.264 Damit werden die unter Wissen und Wollen anzusiedelnden, schwächeren Vorsatzformen des dolus eventualis oder der recklessness nicht berücksichtigt. Die im englischen Strafrecht mit 263

Vgl. Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts, AT, 1996, § 29 II 2. Ambos, Der Allgemeine Teil des Völkerstrafrechts, 2002, 770. Der vollständige Bedeutungsgehalt von Art. 30 IStGH-Statut ist im Einzelnen umstritten. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass es sich bei der vorliegenden Norm um einen Kompromiss handelt, der vielerlei Rechtstraditionen und Rechtsverständnisse in sich vereinigt. Vgl. grundlegend Ambos, Der Allgemeine Teil des Völkerstrafrechts, 2002, 718 ff.; Piragoff, in: Triffterer (Hrsg.), Commentary on the Rome Statute, 1999, Art. 30; sowie Clark, ZStR 2002, 377 ff. 264

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recklessness bezeichnete Figur ist nach deutschen Maßstäben als bewusste Fahrlässigkeit wie auch Eventualvorsatz zusammenzufassen. Zu beachten ist, dass zur Erfüllung des subjektiven Tatbestandes gleichwohl kumulativ das Wissenselement hinzutreten muss. Das (völkerstrafrechtliche) Wissenselement fordert, dass der Täter sich bewusst war, dass ein Umstand existiert oder dass eine Folge bei gewöhnlichem Verlauf der Dinge eintreten wird, Art. 30 Abs. 3 IStGH-Statut. Für die innere Tatseite der Kriegsverbrechen bedeutet dies, dass der Täter in Kenntnis der tatsächlichen Umstände gehandelt haben muss, aus denen sich das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts ergibt. Das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts ist damit nicht nur objektive Bedingung der Strafbarkeit oder Voraussetzung der Zuständigkeit des IStGH, sondern sie muss sich auch in der Tätervorstellung widerspiegeln.265 Die rechtliche Bewertung, ob es sich um einen internationalen oder nicht-internationalen bewaffneten Konflikt handelt, ist durch den Täter nicht erforderlich, doch muss er sich der faktischen Umstände gewahr sein, seine Handlungen im Rahmen eines bewaffneten Konflikts auszuführen.266 Die subjektive Schwelle ist damit hoch angesiedelt (Wissen oder Absicht). Fraglich ist, ob eine Strafbarkeit eines nur eventualvorsätzlichen oder mit recklessness handelnden Täters nach Völkerstrafrecht generell ausscheidet. Dies ist insbesondere bei den jeweiligen Tathandlungen des Art. 8 IStGHStatut umstritten, die nach herrschender Meinung im Einzelnen zum Teil geringere Vorsatzerfordernisse aufweisen: So verwenden eine Reihe von Vorschriften des Art. 8 Abs. 2 IStGH-Statut den Begriff „vorsätzlich“ (wilful), um die subjektive Tatseite zu kennzeichnen. Hier ist ein niedrigeres Vorsatzerfordernis anzunehmen, da der Begriff dort nach herrschender Meinung so verstanden wird, dass er auch die bewusste Fahrlässigkeit (recklessness) mit einschließt.267 Ein geringeres Vorsatzerfordernis wird auch für alle Verbrechen angenommen, die auf die Bestimmungen über schwere Verletzungen der Genfer Abkommen und deren gemeinsamen Artikel 3, welcher die Vornahme terroristischer Handlungen regelt, zurückführen.268 Diese Einbezie265

Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 845. Vgl. Einführung zu Art. 8 IStGH-Statut, Elements of Crimes. Ferner vgl. Ambos, NJW 2001, 405 (407); International Bar Association, International Terrorism: Legal Challenges and Responses. A Report by the International Bar Association’s Task Force on Terrorism, 2003, 155; Satzger, Internationales und Europäisches Strafrecht, 2005, § 15, Rn. 65. Zu den subjektiven Elementen des Kriegsverbrechens näher s. Ambos, Der Allgemeine Teil des Völkerstrafrechts, 2002, 778 ff. 267 Ambos, Der Allgemeine Teil des Völkerstrafrechts, 2002, 805; Satzger, Internationales und Europäisches Strafrecht, 2005, § 14, Rn. 25. 268 The Prosecutor vs. Blaskic, JStGH, Urteil v. 03.03.2000 (Blaskic, TC), Rn. 151, 182. 266

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hung von Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit (recklessness) ermöglicht dabei die Öffnungsklausel des Art. 30 Abs. 1 IStGH-Statut, wonach die dargestellte Konzeption der subjektiven Verbrechensmerkmale (Wissen und Absicht) nur dann eingreift, wenn „nichts anderes bestimmt ist“. Gemäß Art. 30 Abs. 1 IStGH-Statut kann es demnach im Einzelnen zu Modifikationen hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen sowohl durch die Verbrechenselemente als auch durch Völkergewohnheitsrecht kommen.269 Mehrheitlich hält das humanitäre Völkerrecht jedoch Tatbestände bereit, bei denen bewusste Fahrlässigkeit (recklessness) unzureichend ist; dies betrifft insbesondere die Tatbestände, die Angriffe auf nicht-militärische Ziele verbieten. Hier ist regelmäßig zielgerichtetes Handeln erforderlich. In der Gesamtschau ergibt sich damit für den subjektiven Tatbestand der Kriegsverbrechen nach Art. 8 IStGH-Statut, dass sich jede schematische Herangehensweise an den subjektiven Tatbestand der Kriegsverbrechen verbietet. In der Regel ist für die subjektive Seite festzuhalten, dass der Täter mit Absicht hinsichtlich der speziellen Tathandlung (z. B. Tötung, vorsätzliche Zerstörung von Eigentum) agieren muss und sich zudem darüber bewusst sein muss, im Rahmen einer bewaffneten Auseinandersetzung zu handeln. Hinsichtlich weiterer subjektiver Voraussetzungen für eine Strafbarkeit ist auf die jeweils einschlägigen Tatbestandsmodalitäten abzustellen. Mit Blick auf die Terrorismusproblematik ist bei Terrorismus spezifischen Kriegsverbrechen der Vorsatz in Form eines besonderen Terrorvorsatzes nachzuweisen. Der Täter muss hiernach Terror und Schrecken unter der Zivilbevölkerung verbreiten wollen.270 c) Subsumtion des internationalen Terrorismus unter Art. 8 IStGH-Statut Anhand der einzelnen Tatmodalitäten des Art. 8 IStGH-Statut erfolgt abschließend die Prüfung, ob internationale Terrorakte als Kriegsverbrechen geahndet werden können. Wie bereits aufgezeigt, folgt der objektive Tatbestand des Art. 8 IStGH-Statut dem Ordnungsprinzip der Unterscheidung in Verbrechen im internationalen bewaffneten und im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt. Auf diese Unterscheidung wird in der weiteren Darstellung nur dann gesondert eingegangen, wenn für die Konfliktarten abweichende Regelungen gelten.

269 270

Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 283. Cassese, International Criminal Law, 2003, 127.

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aa) Terrorismus spezifische Kriegsverbrechen gegen Personen (1) Geschützter Personenkreis Kriegsverbrechen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie eine Privilegierung für Kombattanten enthalten. Die Tötungen und Verletzungen, die während der Kampfhandlungen von Kombattanten an anderen Kombattanten verübt werden, sind nicht tatbestandsmäßig, solange die Regeln des humanitären Völkerrechts eingehalten werden. Die völkerrechtlichen Tatbestände müssen daher festlegen, unter welchen Voraussetzungen die Tötung und Verletzung von Personen verboten und strafbar ist. Die Regelungen zum geschützten Personenkreis sind deutlich auf internationale Konflikte ausgerichtet. Dem Schutz der Genfer Abkommen und ihrer Zusatzprotokolle unterfallen in aller Regel nur Personen, die nicht oder nicht mehr an den Kampfhandlungen teilnehmen und daher Opfer einer „schweren Verletzung“ der Abkommen werden können. Der Begriff der „geschützten Person“ bestimmt sich für die einzelnen Genfer Abkommen unterschiedlich, da er abhängig vom jeweiligen Schutzzweck des zutreffenden Abkommens ist.271 Grundsätzlich unterfallen Zivilisten dem Schutz des humanitären Völkerrechts. Ferner dienen die Genfer Abkommen I bis III dem Schutz von kranken, verwundeten und schiffbrüchigen Soldaten und Kriegsgefangenen. Bei dieser Personengruppe handelt es sich ausschließlich um Angehörige bewaffneter Streitkräfte, die auch eines speziellen Schutzes vor Terrorangriffen bedürfen. Diese Gruppe ist jedoch nur selten Opfer moderner Terrorattacken: Terroristische Gewaltakte zielen mehrheitlich auf am Kampf unbeteiligte Zivilisten als primäre Angriffsobjekte ab, so dass ihrem Schutz eine besondere Bedeutung im Rahmen der Terrorismusproblematik zukommt.272 Zivilisten werden ferner durch das Genfer Abkommen IV geschützt, sofern sie sich auf dem Gebiet bzw. in der Gewalt einer gegnerischen Konfliktpartei befinden.273 Wenn sich Zivilisten in einem von der gegnerischen Konfliktpartei kontrollierten Gebiet befinden, handelt es sich zumeist um Akte des Staatsterrorismus. Bei nicht-staatlichen Terroranschlägen, die punktuell ausgeführt werden und keine direkte Kontrolle eines Kampfgebietes erfordern, ist nicht ersichtlich, dass die Regelungen des IV. Genfer Abkommens einschlägig sind. 271

Vgl. Art. 13 GA I; Art. 13 GA II; Art. 4 GA III; Art. 13 GA IV. Cassese, International Criminal Law, 2003, 127; Veuthey, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Responsibility, 2003, 369 (372). 273 Vgl. Art. 4 Abs. 1 GA IV. 272

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Für nicht-internationale bewaffnete Konflikte bestimmt der gemeinsame Art. 3 der Genfer Abkommen, dass Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten beteiligt sind, einschließlich der Mitglieder der Streitkräfte, die aufgrund von Krankheit, Verwundung, Gefangennahme oder anderen Ursachen nicht mehr an den Kampfhandlungen teilnehmen, zu schützen sind. Art. 4 Abs. 1 ZP II enthält eine ähnliche Regelung. Art. 8 Abs. 2 lit. c IStGH-Statut hat diese Definition übernommen, wie die Verbrechenselemente belegen.274 Diese offene Bestimmung des zu schützenden Personenkreises eignet sich insbesondere für moderne bewaffnete Konflikte nicht-internationalen Charakters. (2) Vorsätzliche Tötung275 (Art. 8 Abs. 2 lit. a (i); Art. 8 Abs. 2 lit. c (i) IStGH-Statut) Die im international bewaffneten Konflikt begangene Tötung geschützter Personen ist nach Art. 8 Abs. 2 lit. a (i) IStGH-Statut strafbar. Hierbei handelt es sich um eine schwere Verletzung im Sinne aller vier Genfer Abkommen.276 Eine entsprechende Strafbarkeit für den nicht-internationalen bewaffneten Konflikt enthält Art. 8 Abs. 2 lit. c (i) IStGH-Statut, der auf den gemeinsamen Art. 3 der Genfer Abkommen zurückgeht.277 Die Tatbestandsmerkmale der „vorsätzlichen Tötung“ („wilful killing“) sind mit denjenigen der vorsätzlichen Tötung innerhalb der Verbrechen gegen die Menschlichkeit identisch. Art. 8 IStGH-Statut sagt jedoch nichts darüber aus, mit welchen Mitteln und auf welche Weise die Tötung vollzogen werden muss, so dass hier alle Tötungsvarianten (inklusive mittels Massenvernichtungs- oder Cyberwaffen) in Betracht kommen können. Einzige Voraussetzung der Tötung ist, dass das Handeln des Täters kausal und objektiv zurechenbar für den Tod des Opfers sein muss. Nach den Verbrechenselementen zu Art. 8 Abs. 2 lit. a (i) IStGH-Statut setzt die objektive Tatseite in internationalen bewaffneten Konflikten die Tötung einer unter dem Schutz der Genfer Abkommen stehenden Person voraus. Typische Tathandlungen sind z. B. die Tötung von Kriegsgefangenen oder internierten Zivilisten ohne Gerichtsverfahren, die im Verhungern resultierende Verweigerung oder Kürzung von Lebensmitteln für Kriegsgefangene oder Misshandlungen von Kriegsgefangenen, die zum 274 Vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. c IStGH-Statut, Elements of Crimes, 2. „Such person or persons were either hors de combat, or were civilians, medical personnel, or religious personnel taking no active part in the hostilities.“ 275 „War Crime of Wilful Killing“. 276 Vgl. Art. 50 GA I; Art. 51 GA II; Art. 130 GA III; Art. 147 GA IV. 277 Vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. a GA I–IV. s. auch Art. 4 lit. a RStGH-Statut.

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Tode führen.278 Entsprechende Handlungen an Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten beteiligt sind, oder an gefangenen Kämpfern erfüllen auch im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt den Tatbestand der Tötung. Nehmen Angehörige staatlicher Streitkräfte unmittelbare Tötungshandlungen oder tödliche Misshandlungen an Kriegsgefangenen oder Zivilisten vor, können sich ihre Taten als Akte des Staatsterrorismus darstellen und als Kriegsverbrechen qualifiziert werden, wenn durch die Vornahme dieser Akte Terror verbreitet werden soll. Sofern autonome Gruppen im Rahmen eines bewaffneten Konflikts nicht-internationalen Charakters Terrorangriffe auf Leib und Leben von Zivilisten oder in Gefangenschaft befindliche Kämpfer begehen, erfüllen sie ebenso die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen der Norm. Für die innere Tatseite verlangt Art. 8 Abs. 2 lit. a. (i) i. V. m. Art. 30 IStGH-Statut, dass der Täter wissentlich und willentlich getötet hat. Der Tatbestand der Tötung ist darüber hinaus durch das Merkmal „wilful“ gekennzeichnet, welches allerdings in den Verbrechenselementen keinen Niederschlag erfahren hat. Wie bereits den Ausführungen zum subjektiven Tatbestand der Kriegsverbrechen zu entnehmen ist, kann schon nach dem Wortlaut des Art. 8 IStGH-Statut oft ein geringerer subjektiver Maßstab angelegt werden, insbesondere soweit im Englischen „wilful“ für ausreichend erklärt wird. Hier wird dann die mit recklessness bezeichnete Figur mit einbezogen, die nach deutschen Maßstäben als bewusste Fahrlässigkeit wie auch Eventualvorsatz anzusehen ist. In Abkehr von Art. 30 IStGH-Statut bedeutet dies für den Tatbestand der vorsätzlichen („wilful“) Tötung ein geringeres Vorsatzerfordernis, nämlich dass der Täter in Bezug auf den Tod der geschützten Person vorsätzlich gehandelt haben muss oder zumindest unter leichtfertiger Missachtung menschlichen Lebens dem Opfer tödliche Verletzungen zufügt hat.279 Nimmt ein Terrorist den Todeseintritt einer geschützten Person als Folge seines Gewaltverhaltens in Kauf, liegt Vorsatz im Sinne von Art. 8 Abs. 2 lit. a. (i) i. V. m. Art. 30 IStGH-Statut vor. (3) Misshandlungstatbestände Die Kriegsverbrechen der Folter, der vorsätzlichen Verursachung großer Leiden, der schweren Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Gesundheit und der unmenschlichen oder grausamen Behandlung 278

Kittichaisaree, International Criminal Law, 2001, 142. The Prosecutor vs. Delalic et al., JStGH, Urteil v. 16.11.1998 (Delalic u. a., TC), Rn. 439. Nach der Rechtsprechung des RStGH muss der Täter gewusst haben, dass die dem Opfer zugefügte Verletzung wahrscheinlich dessen Tod verursachen würde, vgl. The Prosecutor vs. Akayesu, RStGH, Urteil v. 02.09.1998 (Akayesu, TC), Rn. 589. Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 869. 279

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können unter dem Oberbegriff der sog. Misshandlungstatbestände zusammengefasst werden. Derartige Misshandlungstatbestände finden sich in Art. 8 Abs. 2 lit. a (ii), (iii) und lit. c (i) IStGH-Statut. (a) Folter (Art. 8 Abs. 2 lit. a (ii), 1. Alt.; Art. 8 Abs. 2 lit. c (i), 4. Alt. IStGH-Statut) Die Folter stellt in der Systematik der Misshandlungstatbestände den speziellsten Tatbestand dar280 und wird in den Vorschriften der Genfer Abkommen über die schweren Verletzungen sowie im gemeinsamen Artikel 3 der Abkommen verboten.281 Die Tatbestandsvoraussetzungen sind in allen Fällen identisch.282 Im IStGH-Statut ist das Kriegsverbrechen der Folter in Art. 8 Abs. 2 lit. a (ii) 1. Alt. für den internationalen bewaffneten Konflikt und in Art. 8 Abs. 2 lit. c (i) 4. Alt. für den nicht-internationalen bewaffneten Konflikt normiert. Die Verbrechenselemente zu Art. 8 Abs. 2 lit. a (ii) IStGH-Statut definieren die Folter als die Zufügung großer körperlicher und seelischer Schmerzen. Damit die Folter als Kriegsverbrechen strafbar ist, muss die Misshandlung in Übereinstimmung mit Art. 1 Abs. 1 Folterkonvention bestimmten Zwecken dienen, wie etwa der Informationsgewinnung, Erlangen eines Geständnisses, Bestrafung, Entwürdigung oder aus anderen Gründen, die auf diskriminierenden Motiven basieren.283 Hierin unterscheidet sich die Folter als Kriegsverbrechen von der Folter als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es wird davon ausgegangen, dass die in den Verbrechenselementen benannten Motive nicht abschließend sind und es ausreichend ist, wenn sie als Teil eines Motivbündels vorliegen.284 Subjektiv wird vorsätzliches Handeln vorausgesetzt, Art. 30 IStGH-Statut.

280 The Prosecutor vs. Delalic et al., JStGH, Urteil v. 16.11.1998 (Delalic et al., TC), Rn. 442. 281 So hat die Rechtsprechungspraxis des JStGH und RStGH die Awendung der Folterkonvention auf das humanitäre Völkerrecht bestätigt. Vgl. The Prosecutor vs. Furundzˇija, JStGH, Urteil v. 10.12.1998, Rn. 159, 38 ILM (1999), 317; The Prosecutor vs. Akayesu, RStGH, Urteil v. 02.10.1998, Rn. 593, 37 ILM (1998), 1399. 282 The Prosecutor vs. Delalic, JStGH, Urteil v. 16.11.1998 (Delalic u. a., TC), Rn. 442 f., 452 ff.; The Prosecutor vs. Musema, RStGH, Urteil v. 27.01.2000 (Musema, TC), Rn. 285. s. auch Art. 2 lit. b JStGH-Statut und Art. 4 lit. a RStGHStatut. 283 Vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. a (ii) IStGH-Statut, Elements of Crimes, Nr. 2. 284 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 880.

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(b) Unmenschliche oder grausame Behandlung (Art. 8 Abs. 2 lit. a (ii), 2. Alt; Art. 8 Abs. 2 lit. c (i), 3. Alt. IStGH-Statut) Für internationale bewaffnete Konflikte ist der Tatbestand der unmenschlichen Behandlung in Art. 8 Abs. 2 lit. a (ii) 2. Alt. IStGH-Statut einschlägig. Vergleichbare Fälle in nicht-internationalen bewaffneten Konflikten werden vom Auffangtatbestand der grausamen Behandlung in Art. 8 Abs. 2 lit. c (i) 3. Alt. IStGH-Statut erfasst. Dieses Kriegsverbrechen beruht auf den Vorschriften über die schweren Verletzungen der vier Genfer Konventionen sowie auf deren gemeinsamen Artikel 3. Unabhängig von der unterschiedlichen Terminologie in den benannten Tatbeständen haben sowohl die „grausame Behandlung“ als auch die „unmenschliche Behandlung“ dieselben sachlichen Voraussetzungen.285 Der Tatbestand der unmenschlichen oder grausamen Behandlung stellt sich als Auffangtatbestand dar, der verschiedene schwere Verletzungen erfasst.286 Den Verbrechenselementen zu Art. 8 Abs. 2 lit. a (ii) 2. Alt. sowie zu Art. 8 Abs. 2 lit. c (i) 3. Alt. IStGH-Statut lässt sich keine eindeutige Definition dafür entnehmen, was genau eine „unmenschliche“ oder „grausame“ Behandlung darstellt. Sie weisen nur darauf hin, dass der Täter der geschützten Person eine Art physischen oder seelischen Schaden verursachen muss. Hier ist auf die Rechtsprechungspraxis des Jugoslawientribunals sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zurückzugreifen, letzterer konnte in seiner vielfältigen Spruchpraxis zu Art. 3 EMRK das Vorliegen einer „unmenschlichen Behandlung“ konkretisieren.287 So etwa greift der Tatbestand dann, wenn ein Handeln die Merkmale der Folter nicht vollständig erfüllt.288 Ferner erstreckt sich der Tatbestand auf die Verursachung großer Leiden und Gesundheitsschäden und die Verletzung der Menschenwürde, die dann gegeben ist, wenn das Opfer unmenschlichen Bedingungen ausgesetzt wird.289 Die unmenschliche oder grausame Behandlung stellt sich demnach als Misshandlung geringerer Intensität dar, als dies bei der Folter der Fall ist, doch entspricht der Taterfolg 285 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 894; Zimmermann, in: Triffterer (Hrsg.), Commentary on the Rome Statute, 1999, Art. 8, Rn. 274. 286 The Proscutor vs. Delalic, JStGH, Urteil v. 16.11.1998 (Delalic, TC), Rn. 442, 543 ff. 287 Vgl. u. a. Ireland vs. The United Kingdom, EGMR, Urteil v. 18.01.1978, A 25; Tomasi, EGMR, Urteil v. 27.08.1992, A-241-A; The Prosecutor vs. Delalic, JStGH, Urteil v. 16.11.1998 (Delalic, TC), Rn. 511 ff.; Wolny, in: Sutter/Zelger (Hrsg.), 30 Jahre EMRK-Beitritt der Schweiz, 2005, 329 (340 ff.) 288 The Prosecutor vs. Delalic, JStGH, Urteil v. 16.11.1998 (Delalic, TC), Rdn. 542. 289 The Prosecutor vs. Delalic, JStGH, Urteil v. 16.11.1998 (Delalic, TC), Rdn. 544.

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D. Die Strafbarkeit des int. Terrorismus unter dem IStGH-Statut

demjenigen der Verursachung großer körperlicher bzw. seelischer Leiden.290 Auf der subjektiven Tatseite ist Vorsatz erforderlich, vgl. Art. 30 IStGHStatut. (c) Verursachen von Leiden und Gesundheitsschäden291 (Art. 8 Abs. 2 lit. a (iii) IStGH-Statut) Art. 8 Abs. 2 lit. a (iii) IStGH-Statut regelt die vorsätzliche Verursachung großer Leiden oder die schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Gesundheit. Zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes muss eine im Sinne der Genfer Abkommen geschützte Person großes Leid erfahren und langfristige Nachteile bezüglich seiner Fähigkeit, einen normalen und konstruktiven Lebenswandel zu führen, davontragen.292 Im Gegensatz zum Kriegsverbrechen der Folter muss die Verursachung von Leiden keinen vom Täter verfolgten Zweck erfüllen. Insofern erfüllt jedes Kriegsverbrechen der Folter zugleich den Tatbestand der vorsätzlichen Verursachung großer Leiden.293 Neben körperlichen Leiden sind auch psychische Leiden vom Tatbestand erfasst, etwa unzulässige Strafmaßnahmen (z. B. Isolationshaft).294 Der Nachweis, ob die Verursachung „vorsätzlich“ erfolgte, die Beeinträchtigung „schwer“ ist und ob „große Leiden“ verursacht wurden, kann sich mitunter als schwierig herausstellen. Weder die Genfer Konventionen noch die Verbrechenselemente definieren diese Tatbestandsvoraussetzungen genauer.295 Die innere Tatseite verweist auf „wilfully causing suffering“ und entsprechend des subjektiven Tatbestandes der Tötung wird hierunter Vorsatz als auch recklessness als strafbares Verhalten erfasst. (d) Subsumtion Werden Zivilisten von Terroristen im Rahmen eines bewaffneten Konflikts misshandelt, können diese Tathandlungen die Kriegsverbrechen der Folter, der Verursachung von Leiden und Gesundheitsschäden sowie der unmenschlichen oder grausamen Behandlung erfüllen. Misshandlungen an Zi290

Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 895. „War Crime of wilfully causing great suffering, or serious injury to body and health“. 292 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 882; The Prosecutor vs. Krstic, JStGH, Urteil v. 02.08.2001 (Krstic, TC), Rn. 513. 293 The Prosecutor vs. Delalic, JStGH, Urteil v. 16.11.1998 (Delalic, TC), Rn. 442. 294 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 883. 295 Bothe, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 393. 291

II. Strafbarkeit von Akten des int. Terrorismus unter dem IStGH-Statut

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vilisten sind dabei von staatlichen und privaten terroristischen Akteuren gleichermaßen denkbar. Jüngste Bilder und Berichte von Folterungen und Misshandlungen von Insassen des Gefängnisses Abu Ghraib, ausgeübt von Soldatinnen und Soldaten der Koalitionstruppen im Irak, belegen die vermehrte Anwendung staatlicher Gewalt im Rahmen der internationalen Terrorismusbekämpfung.296 Die in den Medien allgegenwärtigen Photos dokumentieren Misshandlungen schwersten Ausmaßes durch Angehörige der US-Militärpolizei, von brutaler Gewaltanwendung gegenüber Inhaftierten bis hin zu ihrer sexuellen Erniedrigung.297 Ein Anfang Mai 2004 an die Öffentlichkeit gelangter Bericht des Komitees des Internationalen Roten Kreuzes (IKRK) stellt fest, dass das US-Militär nicht nur in Abu Grhaib, sondern im gesamten Gefängnissystem in Irak Mittel und Methoden zur Informationsgewinnung einsetzt, die einen klaren Verstoß gegen die III. und IV. Genfer Konvention darstellen.298 Der Bericht geht über die Misshandlungen in der Haftanstalt Abu Grhaib hinaus und verdeutlicht, dass es bereits bei der Festnahme zum modus operandi gehöre, den festgenommenen Personen mit übertriebener Gewaltanwendung zu begegnen und sie entwürdigender Er296 Vgl. unter vielen Hersh, Chain of Command, 2004, 1 ff.; „The Road to Abu Grhaib“, http://www.hrw.org/reports/2004/usa0604/. Unbeirrt von den Folterberichten aus US-Militärgefängnissen hatte die Bush-Regierung Anfang Juni 2004 im UNSicherheitsrat zunächst die Verlängerung von UN-Resolution 1487 (2003) beantragt. s. dazu Kress, „Amerikas großes Vermächtnis“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 12.07.2002, 6; „Erleichterung über Kompromiss“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 15.07.2002, 2; Herbst, EuGRZ 2002, 581 ff. Diese Resolution garantierte US-Bürgern grundsätzlich Immunität vor dem IStGH, auch bei UN-geführten Friedensmissionen. Damit könnten nur US-Gerichte amerikanische Kriegsverbrechen ahnden. Vor dem Hintergrund der Folterungen in Abu Grhaib mussten aber die USA – aufgrund mangelnder Unterstützung im UN-Sicherheitsrat – diesen Entwurf zur Verlängerung von Res. 1487 zurückziehen. s. Lynch, „U. S. Alters its Plan for Exemption at Court“, in: Washington Post v. 23.06.2004. 297 Vgl. u. a. „New Details of Prison Abuse“, in: Washington Post v. 21.05.2004. Ausführlich zum Folterskandal im Irak s. Heinz/Arend, Internationale Terrorismusbekämpfung und Menschenrechte, 2004, 58 ff.; „Panel Urges Overhaul of Inmate Rules“, in: The New York Times v. 25.08.2005, A 10; „Findings on Abu Grhaib: Sadism, Deviant Behavior and a Failure of Leadership“, in: The New York Times v. 25.08.2004, A 11; „Inquiry Faults Intelligence Unit for Abuses in Iraqi Prison“, in: The New York Times v. 25.08.2004. 298 Vgl. Report of the International Committee of the Red Cross (ICRC) on the Treatment by the Coalition Forces of Prisoners of War and other Protected Persons by the Geneva Conventions in Iraq during Arrest, Internment and Interrogation v. Februar 2004, http://www.truthout.org/mm_01/4.rcr.iraq.pdf. Zur Situation in Afghanistan s. Crimes of War Project, Prisoner Abuse, Torture and Killing by U. S. Forces in Afghanistan Uncovered by Journalists with Crimes of War Project, 21.09.2001, http://www.crimesofwar.org (Email des Berichts im Besitz der Autorin).

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niedrigung auszusetzen. Die Folter und folterähnlichen Maßnahmen werden dabei klar aus Gründen der Informationsgewinnung, dem Erlangen eines Geständnisses, der Bestrafung und der Entwürdigung feindlicher Kämpfer oder vermutlicher Kämpfer vorgenommen und erfüllen damit die subjektive Tatseite der Folter. Die angewandten Verhörmethoden beinhalten die Isolierung von Gefangenen, der Entzug von Licht und Schlaf, das Erzeugen von Stress (etwa durch Befragung durch eine weibliche Soldatin), bis zu 20stündige Verhöre, zum Teil in körperlich belastenden Positionen oder das Verhüllen der Gefangenen in Kapuzen bei Verhör oder Transport.299 Die Zahl der von Folter und folterähnlichen Maßnahmen betroffenen Gefangenen in den Hafteinrichtungen der Koalitionstruppen im Irak und Afghanistan ist bislang unklar.300 Weder sind der Öffentlichkeit die Namen der Betroffenen bekannt gegeben worden noch gibt es eindeutige Informationen über Inhalt und Ausmaß der Misshandlungen. Erst im Juni 2004 gab die US-Armee bekannt, eine Vielzahl von Todesfällen und Misshandlungen in ihren Militärgefängnissen zu untersuchen und Kriegsgerichtsverfahren gegen die Verantwortlichen einzuleiten.301 Derartige staatliche Aktionen der Folter und Misshandlung an Kriegsgefangenen sind klar als Kriegsverbrechen der Folter und den durch Folter mit verwirklichten Kriegsverbrechen der Verursachung von Leiden und Gesundheitsschäden sowie der unmenschlichen oder grausamen Behandlung zu qualifizieren. Werden die Misshandlungen mit dem Ziel ausgeübt, feindliche Kombattanten oder die Zivilbevölkerung zu terrorisieren, sind sie auch als Terrorismus spezifische Kriegsverbrechen gegen Personen einzuordnen.

299 Heinz/Arend, Internationale Terrorismusbekämpfung und Menschenrechte, 2004, 66; „Schreie, Isolierung, Stress“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 23.06.2004. Zu Inhalt und Rechtsmäßigkeit der sog. „fünf Techniken“, die unter staatlichen Behörden kursieren und vermutlich derzeit im Anti-Terrorkampf eingesetzt werden s. Wolny, in: Sutter/Zelger (Hrsg.), 30 Jahre EMRK-Beitritt der Schweiz, 2005, 329 (341). 300 Zu den menschenrechtsverletzenden Bedingungen in afghanischen Gefängnissen und zur Existenz von informellen Gefängnissen s. Bassiouni, Situation of Human Rights in Afghanistan, Report of the Independent Expert of the Commission on Human Rights v. 01.09.2004, 20 f. (Report im Besitz der Autorin). 301 Dazu ausführlich Report of the Independent Panel to Review Department of Defense (DoD) Detention Operations (sog. Schlesinger Report) v. 24.08.2004, http://www.defenselink.mil/news/Aug2004/d20040824finalreport.pdf; Heinz/Arend, Internationale Terrorismusbekämpfung und Menschenrechte, 2004, 66; „Abuse Judge May Give Immunity for Testimony by Officers“, in: The New York Times v. 25.08.2004, A 11.

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(4) Geiselnahme (Art. 8 Abs. 2 lit. a (viii), Art. 8 Abs. 2 lit. c (iii) IStGH-Statut) Die Geiselnahme wird in Art. 8 Abs. 2 lit. a (viii) IStGH-Statut für den internationalen bewaffneten Konflikt und in Art. 8 Abs. 2 lit. c (iii) IStGHStatut für den nicht-internationalen bewaffneten Konflikt geregelt. In internationalen bewaffneten Konflikten sind vornehmlich Zivilisten vor Geiselnahme geschützt; während in nicht-internationalen bewaffneten Konflikten der geschützte Personenkreis gemäß des gemeinsamen Art. 3 der Genfer Abkommen I bis IV neben Zivilisten auch ehemalige Kombattanten erfasst. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind für beide Konfliktarten gleich.302 Nach den Verbrechenselementen setzt der Tatbestand der Geiselnahme voraus, dass der Täter sich einer oder mehrerer Personen bemächtigt und diese gefangen hält oder auf andere Weise als Geisel nimmt.303 Darüber hinaus muss der Täter drohen, das Opfer zu töten, zu verletzen oder den Zustand der Gefangennahme aufrecht zu erhalten.304 Auf der inneren Tatseite verlangt Art. 30 IStGH-Statut Vorsatz sowie die besondere Absicht des Täters, einen Staat, eine internationale Organisation, eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengruppe durch die Geiselnahme zu einer Handlung oder Unterlassung zu zwingen.305 Der Täter muss sich durch die Gefangennahme also ein Zugeständnis oder einen Vorteil von der gegnerischen Konfliktpartei erhoffen.306 Um die terroristische Geiselnahme als Kriegsverbrechen zu qualifizieren, muss sie sich im Rahmen eines bewaffneten Konflikts abgespielt haben und die Bemächtigung bzw. Gefangennahme einer oder mehrerer am bewaffneten Konflikt unbeteiligten Personen beinhalten. Zur Erfüllung des Tatbestandes ist die Tötung von Geiseln nicht erforderlich, denn die terroristische Geiselnahme selbst stellt bereits ein eigenes Kriegsverbrechen dar, wenn sie in der Absicht durchgeführt wird, etwa die Freilassung von Gefan302

Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 943. Vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. a (viii) und Art. 8 Abs. 2 lit. c (iii) IStGH-Statut, Elements of Crimes, Ziff. 1: „The perpetrator seized, detained or otherwise held hostage one or more persons.“ 304 Vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. a (viii) und Art. 8 Abs. 2 lit. c (iii) IStGH-Statut, Elements of Crimes, Ziff. 2: „The perpetrator threatened to kill, injure or continue to detain such person or persons.“ 305 Vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. a (viii) und Art. 8 Abs. 2 lit. c (iii) IStGH-Statut, Elements of Crimes, Ziff. 3: „The perpetrator intended to compel a State, an international organization, a natural or legal person or a group of persons to act or refrain from acting as an explicit or implicit condition for the safety or the release of such person or persons.“ 306 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 947; The Prosecutor vs. Blaskic, JStGH, Urteil v. 03.03.2000 (Blaskic, TC), Rn. 158. 303

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genen zu erpressen oder den Gegner zur Einstellung militärischer Operationen zu zwingen. Die Nötigung zur Vornahme oder Unterlassung bestimmten militärischen Handelns kann dabei das Motiv bei sowohl staatlichen als auch privaten Terroraktivitäten sein. Terroristische Geiselnahmen, die mit der Absicht vorgenommen werden, etwa gefangene Terroristen freizupressen, sind dagegen eher nicht-staatlichen Akteuren zuzuordnen. (5) Vertreibung oder zwangsweise Überführung der Bevölkerung (Art. 8 Abs. 2 lit. a (vii) 1. und 2. Alt., Art. 8 Abs. 2 lit. b (viii) 2. Alt. IStGH-Statut Wurde unter dem Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit bereits die Tatbestandsvariante der Vertreibung oder zwangsweisen Überführung der Bevölkerung für Akte des Staatsterrorismus untersucht, ist im Rahmen der Kriegsverbrechen hierauf zurückzukommen. Art. 8 Abs. 2 lit. a (vii) 1. und 2. Alt. IStGH-Statut sowie Art. 8 Abs. 2 lit. b (viii) 2. Alt. IStGH-Statut stellen die rechtswidrige Vertreibung oder Überführung geschützter Personen unter Strafe. Fraglich ist, ob diese Regelungen auch im terroristischen Kontext einschlägig sind. Da der Tatbestand enge Parallelen zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Vertreibung oder zwangsweisen Überführung der Bevölkerung aufweist, ist vorliegend auf dessen Analyse und Ergebnisse zu verweisen: Für die Vertreibung oder zwangsweise Überführung der Bevölkerung als Kriegsverbrechen ergibt sich demnach, dass derartige Maßnahmen vorrangig nur bei staatlichen Aktivitäten vorzufinden sind, da sie der herkömmlichen nicht-staatlichen, punktuell ausgerichteten Terrorstrategie widersprechen. Sofern ein Staat im Rahmen eines bewaffneten Konflikts und aus Gründen der Terrorisierung der Bevölkerung geschützte Personen aus ihrem Wohngebiet unfreiwillig und unrechtmäßig verbringt oder aus ihrem Staatsgebiet vertreibt, handelt es sich um terroristische Akte der Vertreibung oder zwangsweisen Überführung der Bevölkerung, die ein Kriegsverbrechen darstellen. bb) Terrorismus spezifische Kriegsverbrechen gegen das Eigentum Neben dem Schutz menschlichen Lebens stellt das IStGH-Statut fünf Tatbestände der Enteignung bzw. Zerstörung von Sachen unter Strafe, die im Rahmen des Art. 8 IStGH-Statut als Kriegsverbrechen aufgeführt sind. Terrorakte sind durch die Zerstörung von Sacheigentum gekennzeichnet, so dass im Weiteren zu prüfen ist, ob Akte des internationalen Terrorismus Kriegsverbrechen gegen das Eigentum darstellen.

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(1) Enteignungsdelikte Kriegsverbrechen gegen das Eigentum können zunächst als Enteignungstatbestände ausgestaltet sein. So sind gemäß Art. 8 Abs. 2 lit. a (iv) 2. Alt., Art. 8 Abs. 2 lit. b (xiii) 2. Alt. und Art. 8 Abs. 2 lit. e (xii) 2. Alt. IStGHStatut die Aneignung, Beschlagnahme und Plünderung von Eigentum als Kriegsverbrechen zu bestrafen. Den Tathandlungen ist gemein, dass der Entzug einer Sache gegen oder ohne den Willen des Berechtigten erfolgt und auf einen nicht unerheblichen Zeitraum angelegt ist.307 Die Enteignungsdelikte sind aber auf bestimmte, besonders gefährdete und schutzbedürftige Tatobjekte beschränkt. So werden nur feindliche Sachen geschützt; ferner ist die Aneignung oder Beschlagnahme insbesondere von Krankenhäusern, Sanitätsschiffen und Sanitätsflugzeugen sowie sonstigem zur medizinischen Versorgung erforderlichen Materials strafbar.308 Vor Plünderungen werden Städte oder Ansiedlungen geschützt.309 Terroristische Verhaltensweisen sind zwar durch Eigentumsverletzungen gekennzeichnet, aber anders als die Enteignungstatbestände des Art. 8 IStGH-Statut nicht auf den langwierigen Entzug einer Sache oder deren persönliche Aneignung gerichtet. Terroristische Gewaltakte zielen vielmehr darauf ab, gewaltsam, zerstörend, verlustreich und schädigend zu wirken, um die betroffene Zivilbevölkerung oder den Staat zu terrorisieren. Der dauerhafte Entzug bzw. die Einverleibung fremden Sacheigentums steht eindeutig nicht im Vordergrund moderner Terrorstrategie. Terroristische Gewaltakte werden daher nur selten als Enteignungsdelikte zu subsumieren sein, womit die Regelungen der Art. 8 Abs. 2 lit. a (iv) 2. Alt., Art. 8 Abs. 2 lit. b (xiii) 1. Alt. und Art. 8 Abs. 2 lit. e (xii) 2. Alt. IStGH-Statut grundsätzlich keine einschlägigen, völkerrechtlichen Strafnormen für Terrorakte darstellen. (2) Zerstörungsdelikte Da Terrorismus spezifische Eigentumsverletzungen auf die Zerstörung von Sachen und Einrichtungen ausgerichtet sind, könnten sie den Tatbestand der Kriegsverbrechen gemäß Art. 8 Abs. 2 lit. a (iv) 1. Alt., Art. 8 Abs. 2 lit. b (xiii) 1. Alt., und Art. 8 Abs. 2 lit. e (xii) 1. Alt. IStGH-Statut 307

Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 973. Vgl. Art. 19, 20, 33–36 GA I; Art. 22–28, 38, 39 GA II; Art. 18, 21, 22 GA IV; s. dazu auch Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Band I/3, 2002, 1063; Zimmermann, in: Triffterer (Hrsg.), Commentary on the Rome Statute, 1999, Art. 8, Rn. 144. 309 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 979. 308

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erfüllen. Neben den vorliegend aufgeführten Delikten wird die Zerstörung von Sachen auch durch jene Tatbestände kriminalisiert, die verbotene Kampfmethoden erfassen, so dass es bei der Analyse terroristischer Handlungen hier zu Überschneidungen der einzelnen Zerstörungsdelikte kommen kann. Art. 8 Abs. 2 lit. a (iv) 1. Alt., Art. 8 Abs. 2 lit. b (xiii) 1. Alt. und Art. 8 Abs. 2 lit. e (xii) 1. Alt. IStGH-Statut beschränken die Strafbarkeit von Zerstörungshandlungen auf geschütztes Eigentum im Sinne der Genfer Abkommen. Unter den völkerrechtlichen Schutzbereich fallen dabei sowohl feindliches ziviles als auch staatliches Eigentum. Die Zerstörung – die bloße Beschädigung genügt nicht – muss ein gewisses Ausmaß erlangen und darf militärisch nicht zwingend geboten sein. Die subjektive Tatseite erfordert Vorsatz, Art. 30 IStGH-Statut. Moderne Terrorakte sind durch die Anwendung schwerster physischer Gewalt mittels konventioneller Waffen, Massenvernichtungswaffen oder elektronischer Daten gekennzeichnet. Insbesondere der Einsatz von Massenvernichtungswaffen zu Terrorzwecken enthält eine erhebliche Zerstörungskraft. Terrorangriffe können sich dabei gleichermaßen gegen staatliche und zivile Einrichtungen richten und diese zerstören. Der den Kriegsverbrechen innewohnende Grundsatz, dass die Zerstörung von Sachen militärisch erforderlich sein muss, greift gerade bei der Vornahme von Terrorakten nicht. Bei Terrorakten besteht nie eine militärische Notwendigkeit310, so dass sie ihrer Natur nach und unter der zwingenden Voraussetzung, dass sie im Rahmen eines bewaffneten Konflikts erfolgen, die Tatbestände der Art. 8 Abs. 2 lit. a (iv) 1. Alt., Art. 8 Abs. 2 lit. b (xiii) 1. Alt. und Art. 8 Abs. 2 lit. e (xii) 1. Alt. IStGH-Statut erfüllen und somit Kriegsverbrechen gegen das Eigentum darstellen. cc) Terrorismus spezifische Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Kampfmethoden Indem sich Akte des internationalen Terrorismus durch eine verdeckte Kampfführung auszeichnen, die sich hauptsächlich gegen Zivilisten und zivile Objekte richtet, könnten Terrorakte ferner als Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Kampfmethoden zu qualifizieren sein. Mit dem Einsatz verbotener Kampfmethoden als Kriegsverbrechen werden hauptsächlich Angriffe auf nicht-militärische Ziele kriminalisiert. Art. 8 310 Zum Einsatz von Bio- und Chemiewaffen gegen feindliches Eigentum unter dem Blickpunkt militärischer Notwendigkeit s. van Wynen Thomas/Thomas, Legal Limits on the Use of Chemical and Biological Weapons, 1970, 194 ff., 208 ff.

II. Strafbarkeit von Akten des int. Terrorismus unter dem IStGH-Statut

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Abs. 2 lit. b (i), (ii), (ix) und (xxiv) sowie Art. 8 Abs. 2 lit. e (i), (ii) und (iv) IStGH-Statut stellen unmittelbare Angriffe auf Zivilisten, zivile und vergleichbare Objekte unter Strafe. Art. 8 Abs. 2 lit. b (iv) IStGH-Statut erfasst unverhältnismäßige Begleitschädigungen. In Übereinstimmung mit dem Völkergewohnheitsrecht normieren diese Verbote eines der grundlegendsten Prinzipien des humanitären Völkerrechts: den Schutz von Personen und Objekten, die keine militärischen Ziele sind. Dieser Schutz gilt im bewaffneten Konflikt allerdings nicht absolut: Angriffe, die gegen legitime militärische Ziele geführt werden, aber zu Begleitschäden an Zivilpersonen oder an zivilen Objekten führen, sind dann nicht tatbestandsmäßig, wenn sie als verhältnismäßig beurteilt werden können.311 Da sich Terrorangriffe nur selten gegen eindeutig militärische Objekte richten, sondern sie vielmehr darauf abzielen, schweren Schaden unter der Zivilbevölkerung anzurichten oder das staatliche Gefüge nachhaltig zu schädigen, dürften sie die Kriterien des legitimen Angriffsziels und der Verhältnismäßigkeit in den meisten Fällen nicht erfüllen, so dass für sie die völkerrechtliche Privilegierung von erlaubten, sog. zivilen Kollateralschäden entfällt. Mehrheitlich müssen Akte des internationalen Terrorismus als verbotene Kampfmethoden eingeordnet werden. (1) Angriffe auf die Zivilbevölkerung (Art. 8 Abs. 2 lit. b (i), Art. 8 Abs. 2 lit. e (i) IStGH-Statut) Art. 8 Abs. 2 lit. b (i) IStGH-Statut für den internationalen bewaffneten Konflikt sowie Art. 8 Abs. 2 lit. e (i) IStGH-Statut für den nicht-internationalen bewaffneten Konflikt stellen Angriffe auf die Zivilbevölkerung als solche oder auf einzelne Zivilisten, die sich nicht an den Kampfhandlungen beteiligen, unter Strafe. Der objektive Tatbestand erfordert einen Angriff gegen Zivilisten. Für die Strafbarkeit nach dem IStGH-Statut reicht bereits die Angriffsführung aus; der Tod oder eine schwere Verletzung des Opfers wird nicht vorausgesetzt. Gemäß Art. 49 Abs. 1 ZP I ist ein Angriff jede offensive oder defensive Gewaltanwendung gegen den Gegner, der im Rahmen einer militärischer Operation stattfindet.312 Gemäß Art. 50 Abs. 1 ZP II sind Zivilisten alle diejenigen Personen, die nicht Kombattanten sind. In subjektiver Hinsicht ist abweichend von Art. 30 IStGH-Statut zielgerichtetes Handeln erforderlich.313 311

Builder/Graubard, The International Law of Armed Conflict: Implications for the Concept of Assured Destruction, 1982, 14 ff. Zu den Charakteristika chemischer und biologischer Waffen im Einsatz gegen die Zivilbevölkerung s. van Wynen Thomas/Thomas, Legal Limits on the Use of Chemical and Biological Weapons, 1970, 196 ff.; Kellman, in: Bassiouni (Hrsg.), International Criminal Law, 1999, 496 ff. 312 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 1002.

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Nach der Arbeitsdefinition des internationalen Terrorismus in Abschnitt B. werden Terrorakte als der vorsätzliche Einsatz schwerer Gewalt gegen Personen und Sachgüter definiert, der mit der Absicht ausgeführt wird, die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern oder einen Staat oder eine internationale Organisation rechtswidrig zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu zwingen, oder die politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates zu destabilisieren oder zu zerstören. Es liegt damit in der Natur von Terrorhandlungen, dass sie sich bewusst die Zivilbevölkerung als solche zum Angriffsziel nehmen, um durch deren Terrorisierung bestimmte politische Ziele zu erreichen. Die Schonung der Zivilbevölkerung ist bei der Vornahme von Terrorhandlungen definitionsgemäß nicht vorgesehen. Terrorangriffe zeichnen sich durch eine unterschiedslose Kampfführung und ihre zielgerichtete Ausführung aus. Diese Strategie spiegelt sich vor allem in den modernen Ausformungen des internationalen Terrorismus wider, welche auf die Massenvernichtung abzielen. Die terroristische Verwendung von atomaren, biologischen und chemischen Waffen oder elektronischen Befehlszeilen dürfte – da sich Terrorakte bewusst gegen Zivilisten oder die Zivilbevölkerung als solche richten – regelmäßig gegen das Verbot des Einsatzes unterschiedsloser Waffen verstoßen und aus diesem Grunde als Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Kampfmethoden strafbar sein. Sofern der Einsatz von Nuklear-, Bio-, Chemie und Cyberwaffen nicht militärischen Notwendigkeiten entspricht, und dies ist bei dem terroristischen Einsatz dieser Waffengattungen zu verneinen, stellt er sich damit als strafbare Verletzung von Art. 8 Abs. 2 lit. b (i) IStGH-Statut dar und muss demnach zwingend als Kriegsverbrechen gemäß Art. 8 Abs. 2 lit. b (i) IStGHStatut bzw. Art. 8 Abs. 2 lit. e (i) IStGH qualifiziert werden. (2) Angriffe auf zivile Objekte (Art. 8 Abs. 2 lit. b (ii), (ix), Art. 8 Abs. 2 lit. e (ii), (iv) IStGH-Statut) Neben Zivilisten sind gleichermaßen auch zivile Objekte vor vorsätzlichen Angriffen geschützt. Art. 8 Abs. 2 lit. b (ii) IStGH-Statut und Art. 8 Abs. 2 lit. e (ii) IStGH-Statut sind inhaltlich eng mit den Regelungen zum Schutz der Zivilbevölkerung verbunden und setzten auf der objektiven Tatseite ebenfalls einen Angriff im Sinne des Art. 49 Abs. 1 ZP II voraus, der sich gegen zivile Objekte richten muss.314 Die subjektive Tatseite erfordert über Art. 30 IStGH-Statut hinaus zielgerichtetes Handeln. 313

Vgl. dazu Ambos, Der Allgemeine Teil des Völkerstrafrechts, 2002, 803 f. Gemäß Art. 52 Abs. 2 S. 2 ZP I sind alle zivilen Objekte solche, die nicht militärische Ziele sind. 314

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Einen Sonderfall des verbotenen Angriffs auf zivile Objekte gemäß Art. 8 Abs. 2 lit. b (ii) IStGH-Statut stellen Art. 8 Abs. 2 lit. b (ix) IStGHStatut für den internationalen bewaffneten Konflikt und Art. 8 Abs. 2 lit. e (iv) IStGH-Statut für den nicht-internationalen bewaffneten Konflikt dar, die Angriffe auf speziell geschützte Objekte verbieten: Zu diesen gehören Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit dienen sowie geschichtliche Denkmäler oder Einrichtungen für Kranke oder Verwundete. Hier entfällt der strafrechtliche Schutz nur, sofern ein Objekt zugleich ein legitimes militärisches Ziel ist.315 Der objektive Tatbestand erfordert einen Angriff gegen eines der bezeichneten Objekte, wobei der Angriffsbegriff Art. 49 Abs. 2 ZP I entspricht. Auch hier setzt die subjektive Tatseite Absicht voraus. Wie bereits festgehalten wurde, zielen Terrorangriffe mehrheitlich darauf ab, insbesondere zivile Einrichtungen und solche von speziellem Wert für die Gesellschaft zu treffen. So wurden bei den Anschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center besonders symbolträchtige, zivile Gebäude ausgewählt, deren Zerstörung sich tief in das Bewusstsein der amerikanischen Nation einbrennen würde. Sofern ihnen der Nexus zu einem bewaffneten Konflikt nachgewiesen werden könnte, müssen derartige Angriffe eindeutig als Kriegsverbrechen gemäß Art. 8 Abs. 2 lit. b (ii) IStGHStatut bzw. Art. 8 Abs. 2 lit. e (ii) IStGH-Statut, und, sofern man das World Trade Center als architektonisches Kunstwerk ansieht, auch gemäß Art. 8 Abs. 2 lit. b (ix) IStGH-Statut bzw. Art. 8 Abs. 2 lit. e (iv) IStGH-Statut eingeordnet werden. Bei der rechtlichen Bewertung des zeitgleichen Angriffs auf das Pentagon lässt sich argumentieren, dass es sich beim Pentagon um die militärische Zentrale des Landes und demnach um ein legitimes militärisches Objekt handelte, so dass jener Terroranschlag auf den ersten Blick nicht die Tatbestandsalternative des Terrorismus spezifischen Kriegsverbrechens des Einsatzes verbotener Kampfmethoden erfüllt. Die rechtliche Beurteilung ist hier strittig. Angesichts der terroristischen Natur des Angriffs und der Art und Weise der Kampfführung ist davon auszugehen, dass sich auch der Anflug auf das Pentagon ohne jegliche militärische Notwendigkeit als vom humanitären Völkerrecht nicht gedeckte Handlung darstellt. Mit Blick auf die Vornahme von Terrorakten mittels Massenvernichtungswaffen stellen sich alle Terrorakte, welche die Freisetzung bzw. Verbreitung von nuklearen, biologischen oder chemischen Materialien gegen zivile Objekte beinhalten, sowohl als völkerrechtswidrige Tathandlungen der unterschiedslosen Kriegsführung gegen Zivilisten als auch als verbotene Angriffe mit unverhältnismäßigen Begleitschäden dar, da sich die Wirkung von Massenver315

Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 1009.

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nichtungswaffen nur schwer oder gar nicht beherrschen lässt. Ihre Verwendung verstößt daher regelmäßig gegen das Verbot des Einsatzes unterschiedsloser Waffen gemäß Art. 8 Abs. 2 lit. b. (ii) und (ix) sowie Art. 8 Abs. 2 lit. e (ii) und (iv) IStGH-Statut. dd) Terrorismus spezifische Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Kampfmittel Für internationale Terrorakte mittels Massenvernichtungswaffen und elektronischer Daten sind letztlich die in Art. 8 Abs. 2 lit. b IStGH-Statut niedergelegten Einsatzverbote moderner Kampfmittel von großer Bedeutung. Auf Regelungen des „Haager Rechts“ basierend, haben die Grundsätze über verbotene Kampfmittel und Kampfmethoden ihren Niederschlag im RomStatut gefunden, dies allerdings nur bedingt, wie die anschließende Prüfung offen legen wird. Die Regelungen des IStGH-Statuts über die Verbrechen des Einsatzes verbotener Kampfmittel sind das Ergebnis eines politischen Kompromisses. Während der Verhandlungen zum IStGH-Statut war insbesondere umstritten, ob der Einsatz von atomaren sowie von biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen verboten werden soll.316 In der nachfolgenden Prüfung soll untersucht werden, ob Massenvernichtungs- und Cyberwaffen von den in Art. 8 Abs. 2 lit. b IStGH-Statut normierten Kampfmittelverboten erfasst werden. Allen Tatbeständen ist gemein, dass bereits die bloße Verwendung verbotener Kampfmittel unter Strafe gestellt ist. Auf die Tötung oder Verletzung von Personen bzw. deren Gefährdung kommt es bei diesen abstrakten Gefährdungstatbeständen nicht an. Alle Regelungen über Kampfmittelverbote begrenzt das IStGH-Statut explizit auf internationale bewaffnete Konflikte und bleibt damit hinter dem Völkergewohnheitsrecht zurück.317 Die folgende Analyse untergliedert sich entsprechend der jeweiligen Terrormethoden zur Massenvernichtung. (1) Strafbarkeit von Akten des Atomterrorismus Für die völkerrechtliche Kriminalisierung von internationalen Terrorakten mittels Massenvernichtungswaffen ist entscheidend, ob die Regelungen des Art. 8 Abs. 2 lit. b IStGH-Statut Terrorakte mittels nuklearer oder radiologischer Waffen erfassen. Die völkerrechtliche Beurteilung des Einsatzes von Atomwaffen ist außerordentlich umstritten.318 Atomwaffen zählen zu den Massenvernich316 317

Näher dazu Kirsch/Holmes, AJIL 1999, 2 (7 f.). Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 1080.

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tungswaffen, die durch Art. 22 HKLO und durch die Genfer Abkommen verboten zu sein scheinen. Ansatzpunkte für ein mögliches Verbot könnten demnach im Völkergewohnheitsrecht zu finden sein: In der Wissenschaft wird zwischen rechtmäßigen „kleinen“ und rechtwidrigen „großen“ Atomwaffen unterschieden. Es wird zwischen „normalen“ Atomwaffen und so genannten „taktischen“ Atomwaffen, insbesondere Neutronenwaffen, differenziert. Andere Autoren lehnen eine derartige Kategorisierung von Atomwaffen ab. Denn mag auch die Untergliederung in einzelne nukleare Waffengattungen hinsichtlich technischer Details überzeugen, ist sie rechtlich jedenfalls nicht aufrecht zu erhalten, da die Grenzziehung in „kleine“ und „große“ Atomsprengkörper angesichts des Zerstörungspotentials auch bei „kleinen“ atomaren Sprengkörpern kaum durchzusetzen sei, so dass von einer einheitlichen Bewertung von Atomwaffen als Massenvernichtungswaffen auszugehen ist.319 In der öffentlichen Meinung hat die Staatengemeinschaft überwiegend die Auffassung vertreten, dass der Einsatz von Atomwaffen das Völkerrecht verletze. Dies ist vor allem der Resolutionspraxis der UN-Generalversammlung zu entnehmen.320 Die Staatenpraxis weist hingegen in eine andere Richtung. Abgesehen von vereinzelten Sachverhalten haben die Staaten von den Resolutionen der Generalversammlung, die auf ein Verbot von Atomwaffen abzielen, kaum Notiz genommen.321 So gibt es bislang keinen völkerrechtlichen Vertrag, der die Atomwaffe als Waffe verbietet. Zwar exis318 s. dazu Meyrowitz, in: Miller/Feinrider (Hrsg.), Nuclear Weapons and Law, 1984, 19 ff.; Falk, in: Miller/Feinrider (Hrsg.), Nuclear Weapons and Law, 1984, 107 ff.; Singh/McWhinney, Nuclear Weapons and Contemporary International Law, 1989. 319 s. von der Heydte, in: Lexikon des Rechts, 4/50; Randelzhofer, in: Kipp u. a. (Hrsg.), FS für Frhr. von der Heydte, 1977, 471 ff.; Steinkamm, in: Rill (Hrsg.), Völkerrecht und Friede, 1985, 36 (42 f.). 320 UN GA Res. 1653 (XVI), 15 U.N. GAOR Supp. (No. 17), 4, U.N. Doc. A/5100 (1961), (Declaration on the Prohibition of the Use of Nuclear and Thermonuclear Weapons), die festhält, dass: „any state using nuclear and thermo-nuclear weapons is to be considered as violating the Charter of the United Nations, as acting contrary to the laws of humanity, and as committing a crime against mankind and civilization.“ Resolution 1653 wurde 1978 und 1980 in nachfolgenden Resolutionen mit großer Mehrheit bestätigt, s. UN GA Res. 33/71-B, 33 U.N. GAOR Supp. (No. 45), 48, U.N. Doc. 2/33/45 (1978), (Non-use of Nuclear Weapons and Prevention of Nuclear War); UN GA Res. 35/152-0, 35 U.N. GAOR Supp. (No. 48), 69, U.N. Doc. A/35/48 (1980). 321 Vgl. etwa das Protokoll III über die Rüstungskontrolle, das einen Teil der Pariser Verträge v. 23.10.1954 darstellt und dem Rat der Westeuropäischen Union die Zuständigkeit einräumt, die Höhe der Bestände an atomaren Waffen zu bestimmen, die die Mitglieder der Union auf dem europäischen Festland unterhalten dürfen. Das benannte Protokoll verbietet der Bundesrepublik Deutschland die Herstellung von Atomwaffen auf deutschem Staatsgebiet.

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tieren eine Anzahl völkerrechtlicher Verträge, die etwa die Weitergabe von Atomwaffen verbieten, Atomtests einschränken, atomwaffenfreie Zonen schaffen oder eine Reduzierung der Anzahl der Atomwaffen beinhalten, doch ein Verbot des Atomwaffenbesitzes enthalten sie nicht. Gleichermaßen mangelt es im Völkerrecht an einem absoluten Einsatzverbot.322 Die Kontroverse um die völkerrechtliche Bewertung von Atomwaffen hat sich auch in den Verhandlungen zum IStGH-Statut fortgesetzt. Einige Staaten plädierten für die Aufnahme des Atomwaffenverbots, doch konnten sie sich nicht durchsetzen.323 Das IStGH-Statut hält in seiner jetzigen Fassung damit keine direkte Strafbarkeit von Atomwaffen bereit. Als verbotene Kampfmittel im Sinne von Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut sind Nuklearwaffen damit grundsätzlich nicht geächtet. Insbesondere gelten sie nicht als Giftwaffen, da der Giftbegriff definitionsgemäß den gezielten Einsatz der Vergiftungswirkung als Kampfmittel verlangt.324 Zwar werden bei Kernexplosionen auch Substanzen freigesetzt, die auch giftige chemische Nebenwirkungen haben, doch haben Nuklearwaffen in der Regel primär eine Explosionswirkung, so dass ihr radioaktiver Verstrahlungseffekt eine vom Giftverbot nicht erfasste Nebenwirkung darstellt.325 Aus dem gleichen Grund stellen sie auch keine erstickenden oder giftigen Kampfmittel im Sinne der Bestimmung des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xviii) IStGHStatut dar. Der Einsatz von Atomwaffen ist durch Art. 8 Abs. 2 lit. b IStGH-Statut somit nicht verboten. Die fehlende Normierung eines Atomwaffenverbots in Art. 8 IStGH-Statut entspricht dabei der herrschenden Meinung im Völkerrecht, wonach grundsätzlich an der Rechtmäßigkeit von Atomwaffen festgehalten wird. Ausschlaggebend für diese rechtliche Einordnung ist das Gutachten des IGH zur Zulässigkeit des Einsatzes von Atomwaffen, wonach deren Einsatz unter engen Voraussetzungen erlaubt ist.326 Ein umfas322 Steinkamm, in: Rill (Hrsg.), Völkerrecht und Friede, 1985, 36 (43 f.); Kellman, in: Bassiouni (Hrsg.), International Criminal Law, 1999, 506. 323 Bothe, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 62. 324 Vgl. Steinkamm, in: Rill (Hrsg.), Völkerrecht und Friede, 1985, 36 (47 f.). 325 Vgl. Antwort der Bundesregierung vom 05.10.1983, BT-Ds. 10/445, auf die Großen Anfragen des Abgeordneten Schily und der Fraktion „Die Grünen“ zu „Kriegsvölkerrechtlichen Grundsätzen“ und „Kriegsvölkerrechtlichen Verträgen“ vom 16.06.1983, BT-Ds. 10/163 und 10/164 sowie Große Anfrage der Abgeordneten Frau Beck-Oberdorf und der Fraktion „Die Grünen“ zu „Atomwaffen-Rechtsgrundlage“ vom 13.06.1983, BT-Ds. 10/142. Ferner auch Peterson, § 13 VStGB – Der Einsatz verbotener Kampfmittel, 2002, 4 (Manuskript im Besitz der Autorin). 326 IGH, Gutachten v. 08.07.1996 (Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapons), ICJ Reports 1996, 226. Dazu Burroughs, The Legality of Threat or Use of Nuclear Weapons, 1997.

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sendes völkergewohnheitsrechtlich anerkanntes Verbot von Atomwaffen gibt es nicht. Gleichwohl erkennt das IGH-Gutachten die Zulässigkeit des Gebrauchs von Atomwaffen nur in engen Grenzen an, so dass im Regelfall die Verwendung nuklearer Waffen das Völkerrecht verletzen kann.327 Nach Ansicht des IGH sind die völkergewohnheitsrechtlich anerkannten Kampfmittelverbote grundsätzlich auch auf Atomwaffen anwendbar.328 Sofern nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen, ist die Benutzung von nuklearen Waffen in bewaffneten Konflikten immer eine Verletzung der Regeln der Menschlichkeit, insbesondere jener zum Schutz der Zivilbevölkerung, und verstößt daher, wie bereits festgestellt, regelmäßig gegen das Verbot des Einsatzes unterschiedsloser Waffen.329 (2) Strafbarkeit von Akten des Bioterrorismus (a) Verbot der Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen (Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut) Der Tatbestand des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut verbietet die Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen. Die Normierung im IStGHStatut geht auf Völkergewohnheitsrecht zurück. Die Verwendung von Gift wird seit der Verabschiedung der Haager Landkriegsordnung von 1907 als schwerer Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht angesehen.330 Art. 23 lit. a HLKO verbietet traditionell den Einsatz von Gift oder giftigen Waffen. Hinzu kommt das Einsatzverbot aus dem Genfer Giftgasprotokoll von 1925, welches nicht nur die Giftgase im engeren Sinne erfasst, sondern sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Vertrages auch auf biologische Waffen erstreckt. 327 IGH, Gutachten v. 08.07.1996 (Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapons), Rn. 105 (2) E: „[. . .] the threat or use of nuclear weapons would generally be contrary to the rules of international law applicable in armed conflict, and in particular the principles and rules of humanitarian law.“ 328 IGH, Gutachten v. 08.07.1996 (Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapons), ICJ Reports 1996, 226, Rn. 85 ff.; vgl. Oeter, in: Fleck (Hrsg.), Handbuch des humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten, 1994, Nr. 429 m. w. N.; Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 1099; Singh/McWhinney, Nuclear Weapons and Contemporary International Law, 1989, 115 ff., Kellman, in: Bassiouni (Hrsg.), International Criminal Law, 1999, Vol. 1, 507 f. 329 Vgl. unter D. II. 3. cc). 330 Oeter, in: Fleck (Hrsg.), Handbuch des humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten, 1994, Nr. 438; Rauch, in: Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, Vol. 1, 1992, 404 ff.

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Die Bedeutung des Begriffs „Gift“ im Sinne der HLKO wird unterschiedlich bewertet: Eine Reihe von Autoren lehnt die allgemeine Anwendung des Giftbegriffs auf giftige Kampfgase mit der Begründung ab, dass für giftige Kampfgase die Haager Erklärung über Gasgeschosse von 1899 als Spezialregelung der HLKO vorgehe.331 Andere Autoren räumen ein, dass die Anwendung bestimmter chemischer und biologischer Kampfmittel im Einzelfall den Tatbestand des Art. 23 lit. a HLKO erfüllen könne.332 Die überwiegende Anzahl der Autoren nimmt jedoch die generelle Anwendbarkeit des Giftgasverbots der HLKO auf Kampfgase, wie sie z. B. im Ersten Weltkrieg verwendet wurden, an. Letztere Auffassung findet ihre Stütze in der Entstehungsgeschichte des Art. 23 lit. a HLKO. Die diesbezüglichen Debatten spiegeln wider, dass Art. 23 lit. a HLKO keine Einschränkung bei dem Gebrauch des Begriffs „Gift“ beinhalten soll. Die völkerrechtlichen Texte, auf denen die Formulierung des Giftverbots der HLKO beruht, legen aber den Schluss nahe, dass alle erdenklichen Erscheinungsformen der Verwendung von Gift im Krieg erfasst werden sollen.333 Nach Maßgabe des Völkergewohnheitsrechts ist demnach eine weite Interpretation des Giftverbots angezeigt, welche auch biologische Waffen in den Anwendungsbereich aufnimmt.334 Das IStGH-Statut versteht unter „Gift“ all jene Substanzen, die auf Grund ihrer toxischen Eigenschaften im gewöhnlichen Verlauf schwere Gesundheitsschäden oder den Tod von Menschen verursachen.335 Die Verbrechenselemente verwenden damit einen engen Giftbegriff und bleiben hinter dem Völkergewohnheitsrecht zurück: Es werden weder Stoffe erfasst, die etwa auf die Umwelt oder auf Tiere schädlich wirken, noch Stoffe, die weniger erhebliche Gesundheitsschäden verursachen.336 331

Dazu ausführlich Bothe, Das völkerrechtliche Verbot des Einsatzes chemischer und bakteriologischer Waffen, 1973, 4. 332 Kruse, in: Strupp-Schlochhauer (Hrsg.) Wörterbuch, Bd. I, 688; Overweg, Die chemische Waffe und das Völkerrecht, 1937, 48 f. 333 Mitunter ist strittig, ob von einem umfassenden Giftverbot auch andere Formen der nicht-konventionellen Kriegsführung erfasst werden sollten, wie etwa der Einsatz von Atomwaffen. Entsprechend der IGH-Praxis wird dies mehrheitlich abgelehnt. Vgl. unter D. III. 3. dd) (1); Bothe, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICCCommentary, Vol. 1, 2002, 406. 334 Bothe, Das völkerrechtliche Verbot des Einsatzes chemischer und bakteriologischer Waffen, 1973, 7. So auch Bundesministerium der Justiz, Begründung zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches zu § 13 Abs. 1 Nr. 1 (Stand: 22.06.2001), 80. 335 Vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut, Elements of Crimes, Ziff. 2: „The substance was such that caused death or serious damage to health in the ordinary courses of events, through its toxic properties.“. 336 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 1085; zweifelnd Bothe, in: Cassese/ Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 379, 407.

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(b) Strafbarkeit des Einsatzes biologischer Massenvernichtungswaffen Fraglich ist, ob der terroristische Gebrauch von biologischen Massenvernichtungswaffen vom Giftverbot des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut erfasst ist. Einen ersten Ansatzpunkt für die Einbeziehung von Biowaffen in den Tatbestand des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut geben die Verhandlungen zum Rom-Statut, denen entsprechende Regelungsvorschläge mit Verweisungen auf die Biowaffenkonvention von 1975 vorlagen.337 Die Frage nach der Strafbarkeit des Einsatzes von biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen zeigte sich jedoch von Beginn an untrennbar mit der Diskussion um die Aufnahme von Atomwaffen in das IStGH-Statut verbunden. Nachdem sich die fünf Atommächte dahingehend durchsetzen konnten, den Einsatz von nuklearen Waffen nicht durch das IStGH-Statut zu verbieten, stellte es sich als äußerst problematisch dar, ein strafrechtliches Verbot für die Verwendung biologischer und chemischer Waffen zu erreichen. Vor dem Hintergrund, dass einigen wenigen Staaten der Einsatz von Atomwaffen durch das Völkerrecht erlaubt ist und dieser Vorbehalt auch nicht durch das Rom-Statut beseitigt werden konnte, sah sich die übrige Staatengemeinschaft nicht imstande, die Verwendung von biologischen bzw. chemischen Waffen völkerrechtlich zu kriminalisieren. Vielmehr entschied man sich, die Frage der Strafbarkeit der Verwendung von Massenvernichtungswaffen zu einem späteren Zeitpunkt zu klären.338 Der derzeitige Ausschluss von Massenvernichtungswaffen aus dem Anwendungsbereich des IStGH-Statuts basiert nicht auf rechtlichen Erwägungen, sondern ihm liegt ein politischer Kompromiss zugrunde. Dieses Ergebnis ist völkerrechtspolitisch bedauerlich, da sich einmal mehr die Realpolitik dem Recht übergeordnet zeigte. Die mangelnde Normierung eines umfassenden Verbots von Massenvernichtungswaffen stellt sich insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Terrorismusproblematik als unbefriedigend dar. Indem die Frage der völkerrechtlichen Strafbarkeit von Massenvernichtungswaffen durch das IStGH-Statut „übergangen“ und auf einen späteren Zeitpunkt verlegt wurde, hat die internationale Gemeinschaft die greifbare Möglichkeit ausgelassen, Terrorakte mittels Massenvernichtungswaffen erstmalig und richtungweisend auf völkerrechtlicher Ebene zu kriminalisieren. Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte und Systematik von Art. 8 IStGH-Statut ist hinsichtlich der Strafbarkeit von biologischen Waf337 Vgl. Nachweise bei Cottier, in: Triffterer (Hrsg.), Commentary on the Rome Statute, 1999, Art. 8, Rn. 180 f. 338 Schabas, Introduction ICC, 2001, 49.

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fen festzuhalten, dass Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut kein ausdrückliches Kampfmittelverbot von Biowaffen enthält. Biologische Massenvernichtungswaffen sind vom Anwendungsbereich des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut ausgenommen.339 Sowohl die staatliche Verwendung von biologischen Massenvernichtungswaffen als auch der Einsatz von biologischen Waffen durch nicht-staatliche Terrorakteure sind demnach nicht nach Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut strafbar. (3) Strafbarkeit von Akten des Chemieterrorismus (a) Chemische Waffen als Gift (Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut) Ausgehend von dem dargestellten, traditionell weiten Giftbegriff ist fraglich, ob die Verwendung von chemischen Waffen Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut unterfällt und somit Akte des Chemieterrorismus eine Kriminalisierung durch das Rom-Statut erfahren. Die Verwendung von Gift und von erstickenden, giftigen oder gleichartigen Gasen sowie allen ähnlichen Flüssigkeiten, Stoffen oder Verfahren ist im Krieg nach dem Genfer Giftgasprotokoll und Art. 23 lit. a HLKO völkerrechtlich verboten. Für den Bereich der Chemiewaffen gilt damit ein grundsätzliches Einsatzverbot.340 Das Giftverbot des Art. 23 lit. a HLKO erfasst dabei traditionell chemische Substanzen. Allerdings ist umstritten, ob sich das, auf Art. 23 lit. a HLKO basierende, Giftverbot in Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut auch für moderne chemische Agenzien einschlägig zeigt. Denn es ist keineswegs sicher, dass alle heute bekannten chemischen Kampfstoffe unter den Begriff des Giftes zu subsumieren sind. Während ein Teil der Literatur im Giftgasverbot das generelle Verbot eines militärischen Einsatzes von chemischen Substanzen sieht341, verneint eine andere Auffassung die direkte Anwendbarkeit insbesondere mit dem 339 Lepage, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Responsibility, 2003, 24 (26). Anders der deutsche Gesetzgeber, der davon ausgeht, dass Art. 8 Abs. 2 IStGH-Statut biologische Waffen erfasst, vgl. § 12 Abs. 2 Ziff. 2 VStGB. s. auch Bundesministerium der Justiz, Begründung zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches zu § 13 Abs. 1 Nr. 2 (Stand: 22. Juni 2001), 81. 340 Oeter, in: Fleck (Hrsg.), Handbuch des humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten, 1994, Nr. 434. 341 So etwa Bothe, in Bernhardt (Hrsg.), Encyclopedia of International Law, Vol. 3, 1997, 85; Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, § 68, Rn. 28; Oeter, in: Fleck (Hrsg.), Handbuch des humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten, 1994, 434.

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Argument, Art. 23 a HLKO erfasse nicht den Einsatz von Gaswaffen. Der Einsatz von Gaswaffen wird allgemein aber als das charakteristische Merkmal der chemischen Kriegsführung angesehen.342 Der Streit kann vorliegend aber dahingestellt bleiben, da das IStGH-Statut für das Verbot des Einsatzes von Gasen in Art. 8 Abs. 2 lit. b (xviii) IStGH-Statut eine eigenständige Regelung trifft. Damit erstreckt sich der Tatbestand des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut auf den Einsatz von Giften und vergifteten Waffen sowie die Vergiftung von Nahrungsmitteln, Munition oder ähnlichen Vorgehensweisen, während Art. 8 Abs. 2 lit. b (xviii) IStGH-Statut den Einsatz von chemischen Kampfgasen erfasst. (b) Chemische Waffen als Kampfgase und gleichartige Mittel (Art. 8 Abs. 2 lit. b (xviii) IStGH-Statut) Die Verwendung von chemischen Gasen in der Terrorführung kann somit ein eigenständiges Kriegsverbrechen darstellen und daher nach Art. 8 Abs. 2 lit. b (xviii) IStGH-Statut strafbar sein. Art. 8 Abs. 2 lit. b (xviii) IStGHStatut verbietet den Einsatz von Kampfmitteln, die erstickend, giftig oder in vergleichbarer Weise wirken. Die Norm findet ihre Grundlage im Genfer Giftgasprotokoll von 1925.343 Nach Maßgabe der Expertenkommission des UN-Generalsekretärs aus dem Jahre 1969 fallen unter das benannte Protokoll: „[. . .] chemical substances, whether gaseous, liquid or solid, which might be employed because of their direct toxic effects on man, animals and plants.“344

Neben der Vielzahl an chemischen Gasen, festen oder flüssigen Substanzen werden auch Tränengase und Herbizide erfasst.345 Die spätere Chemiewaffenkonvention von 1993 (CWC) nimmt dem Wortlaut nach eine engere Definition der verbotenen chemischen Substanzen vor, indem sie solche chemischen Materialien von ihrem Anwendungsbereich ausschließt, die eine giftige Wirkung auf Pflanzen haben.346 Sinn und Zweck der CWC war es aber nicht, die Reichweite des Genfer Giftgasprotokolls einzudämmen, 342 Kellman, in: Bassiouni (Hrsg.), International Criminal Law, 1999, Vol. 1, 500 (Fn. 20); Detter, The Law of War, 2. Aufl., 2003, 253 ff. 343 Hierzu näher van Wynen Thomas/Thomas, Legal Limits on the Use of Chemical and Biological Weapons, 1970, 71 ff. 344 Chemical and Bacteriological (Biological) Weapons and the Effects of the Possible Use, UN Doc. A/7575/Ref. 1, 5. 345 Dazu näher Verwey, Riot Control Agents and Herbicides in War, 1977, 225; Bothe, Das völkerrechtliche Verbot des Einsatzes chemischer und bakteriologischer Waffen, 1973, 49. 346 „Any chemical which is through its chemical action on life process can cause death, temporary incapacitation or permanent harm to humans and animals.“

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so dass auch der Einsatz von Herbiziden als ein nach der CWC verbotenes Verhalten einzuordnen ist. Dies wird durch Nr. 7 der Präambel zur CWC bestätigt. In ständiger Weiterentwicklung werden das Genfer Protokoll von 1925 und die CWC heute weit verstanden und beziehen alle Formen der chemischen Kriegsführung mit ein. Hieran hat sich auch Art. 8 Abs. 2 lit. b (xviii) IStGH-Statut orientiert. Allerdings stellen die Verbrechenselemente nicht unmittelbar auf den Einsatz von Herbiziden ab und könnten somit enger verstanden werden.347 Gemäß den Verbrechenselementen muss der Täter Gase, Flüssigkeiten oder Stoffe einsetzen, die aufgrund ihrer erstickenden oder toxischen Eigenschaften geeignet sind, den Tod oder schwere gesundheitliche Schäden hervorzurufen.348 Nicht strafbar ist damit der Einsatz von Reizgasen, sofern dadurch nicht erhebliche Gesundheitsschäden hervorgerufen werden.349 Indem die Verbrechenselemente das Kriterium der „gesundheitlichen Schädigung“ für strafbarkeitsbegründend halten, weisen sie auf ein Verbot von chemischen Substanzen gegen Menschen und Tiere hin, nicht aber auf Schadstoffe gegen Pflanzen. Wegen der weiten Interpretation des Genfer Giftgasprotokolls und dessen Ausprägung im IStGH-Statut ist ein umfassendes Verbot von traditionellen und modernen Chemikalien, inklusive des Verbots von Herbiziden, die schädigende Auswirkungen auf die menschliche und tierische Gesundheit beinhalten, gegeben.350 Wählen demnach Terroristen den gezielten Einsatz von chemischen Agenzien jeglicher Art und Herbiziden als Mittel der Kampführung, ist deren Verwendung gemäß Art. 8 Abs. 2 lit. b (xviii) IStGH-Statut als strafbares Verhalten einzuordnen. (c) Strafbarkeit des Einsatzes von chemischen Massenvernichtungswaffen Da Art. 8 Abs. 2 lit. b (xviii) IStGH-Statut eine weite Anwendung auf chemische Kampfmittel für den internationalen bewaffneten Konflikt erlaubt, ist zu klären, ob auch die Verwendung chemischer Massenvernichtungswaffen unter die Strafnorm fällt. Der Wortlaut von Art. 8 Abs. 2 lit. b (xviii) IStGH-Statut und die weite Auslegung des Giftgasverbots sprechen für die Strafbarkeit von chemischen 347

Bothe, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 407. Vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. b (xviii) IStGH-Statut, Elements of Crimes, Ziff. 2: „The gas, substance or device was such that it causes death or serious damage to health in the ordinary course of events, through its asphyxiating or toxic properties.“ 349 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 1088. 350 So auch Gasser, RICR 2002, 547 (554). 348

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Massenvernichtungswaffen.351 Dem Wortlaut der Norm steht aber die eindeutig erklärte Ablehnung eines entsprechenden Straftatbestandes auf der Rom-Konferenz 1998 entgegen. Wie bei den biologischen Massenvernichtungswaffen hat auch die Aufnahme chemischer Waffen in den Strafbereich des Art. 8 IStGH-Statut im Rahmen der Vorbereitungsverhandlungen keine Beachtung erfahren. Der Vorbereitungskommission wurden zwar Regelungsvorschläge bezüglich der Behandlung von chemischen Massenvernichtungswaffen unterbreitet.352 Doch diesbezüglich war lediglich ein (politischer) Kompromiss zu erreichen, indem die Strafbarkeit der Verwendung von chemischen Massenvernichtungswaffen mit Verweis auf Art. 8 Abs. 2 lit. b (xx) IStGH-Statut auf einen späteren Zeitpunkt terminiert wurde. Entsprechend der Entstehungsgeschichte des IStGH-Statuts sind die Staaten nur gehalten, sich mit der unmittelbaren Strafbarkeit des Einsatzes chemischer Massenvernichtungswaffen zukünftig und dann im Rahmen der Generalklausel des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xx) IStGH-Statut zu befassen. (4) Strafbarkeit von Akten des Cyberterrorismus Das IStGH-Statut stellt in Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) und (xviii) ausdrücklich nur die Verwendung von Gift sowie von giftigen Gasen als verbotene Kampfmittel im internationalen bewaffneten Konflikt unter Strafe. Akte des Cyberterrorismus als spezifische Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Kampfmittel kommen daher nur in Betracht, sofern sie mit dem Einsatz von Gift (Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut) und giftigen Gasen (Art. 8 Abs. 2 lit. b (xviii) IStGH-Statut) oder darüber hinaus mit bestimmter verbotener Munition (Art. 8 Abs. 2 lit. b (xix) IStGH-Statut) gleichzusetzen sind. Cyberterroristische Akte kennzeichnen solche Maßnahmen, die darauf abzielen, Daten- und Informationssysteme zu stören, zu verfälschen bzw. zu manipulieren. Als Waffen dieser neuen Art der Terrorführung werden dabei hauptsächlich Viren353, Würmer354 und andere Methoden355 verwen351 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 1089; Bothe, in: Cassese/Gaeta/ Jones (Hrsg.), Vol. 1, 2002, 379, 407; Cottier, in: Triffterer (Hrsg.), Commentary on the Rome Statute, 1999, Art. 8, Rn. 183. Auch geht der deutsche Gesetzgeber davon aus, dass Art. 8 Abs. 2 lit. b (xviii) IStGH-Statut chemische Waffen erfasst, vgl. § 12 Abs. 2 Ziff. 2 VStGB. s. auch Bundesministerium der Justiz, Begründung zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches zu § 13 Abs. 1 Nr. 2 (Stand: 22.06.2001), 81. 352 Vgl. Nachweise bei Cottier, in: Triffterer (Hrsg.), Commentary on the Rome Statute, 1999, Art. 8, Rn. 180 f. 353 Viren sind Schadensprogramme, die sich, nachdem sie vom Benutzer aktiviert wurden, von Datei zu Datei ausbreiten; http://www.neue-oz.de/service/zis/artikel/ cyber.html (13.11.2002).

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det, die zur Beschädigung und Spionage von Software in fremde Datenverarbeitungssysteme eingeschleust und für gezielte Angriffe auf gegnerische Rechner genutzt werden können.356 Weitere Gefahrenquellen sind so genannte Denial-of-Service-Attacken (DoS)357 zum gezielten Angriff auf Rechnersysteme sowie andere Strahlsysteme358, die Hochleistungssignale aussenden und damit elektronische Ziele beeinträchtigen können. Eingesetzte Kampfmittel sind hier elektronische Befehlszeilen bzw. Daten, die weder als Giftwaffen gemäß Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut noch als erstickende oder giftige Kampfmittel im Sinne der Bestimmung des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xviii) IStGH-Statut qualifiziert werden können. Auch stellen elektronische Daten keine verbotene Munition im Sinne des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xix) IStGH-Statut dar, denn hierunter wird die Verwendung von Geschossen erfasst, welche sich leicht im menschlichen Körper ausdehnen.359 Da Cyberwaffen als elektronische Befehlszeilen eindeutig nicht mit Explosivgeschossen oder Brandgeschossen vergleichbar sind360, werden cyberterroristische Aktivitäten auch nicht von Art. 8 Abs. 2 lit. b (xix) IStGH-Statut erfasst. (5) Die Generalklausel des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xx) IStGH-Statut Für den terroristischen Einsatz von Massenvernichtungswaffen sowie von Cyberwaffen bietet sich letztlich die Generalklausel des Art. 8 Abs. 2 lit. b 354 Im Gegensatz zu Viren können sich sog. Würmer ohne menschliche Mithilfe (Aktivieren) schädigend in einem Netzwerk verbreiten; http://www.neue-oz.de/ service/zis/artikel/cyber.html (13.11.2002). 355 Bei sog. Trojanischen Pferden oder spy chips handelt es sich um Programme, die in fremde Computersysteme zu Zwecken der Spionage von geheimen Daten oder Passwörtern eingeschleust werden. Solange sie nicht entdeckt werden, können sie Daten sammeln und über das Internet an ihre Auftraggeber senden; http://www.neue-oz.de/service/zis/artikel/cyber.html (13.11.2002). 356 Laqueur, The New Terrorism, 1999, 75. 357 Hier schließen sich Benutzergruppen zusammen, um zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Server mit Anfragen zu überhäufen. Speziell geschriebene Computerprogramme simulieren tausende Anfragen pro Sekunde, wodurch der Server überlastet und sodann außer Funktion gesetzt wird. Zu den vielfältigen Methoden des Cyberterrorismus s. Schieb, http://www.online.wdr.de/online/computer/cyberterror/ terror.phtml (13.11.2002); Joyner/Lorionte, EJIL 2001, 825 (835 ff.); US-National Research Council, Information Technology for Counterterrorism: Immediate Actions and Future Possibilities, 2003, 15 f. 358 Sog. „HERF (high-energy radio frequency) guns“; Laqueur, The New Terrorism, 1999, 75. 359 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 1092. 360 Oeter, in: Fleck (Hrsg.), Handbuch des humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten, 1994, Nr. 406 ff.

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(xx) IStGH-Statut als völkerrechtlicher Straftatbestand an, auf den abschließend einzugehen ist. (a) Inhaltliche Ausgestaltung Nukleare, chemische und biologische Massenvernichtungswaffen sowie Cyberwaffen erfahren durch das IStGH-Statut derzeit keine explizite Kriminalisierung als verbotene Kampfmittel im Sinne von Art. 8 Abs. 2 IStGHStatut. Festgestellt wurde, dass das IStGH-Statut in Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) und (xviii) ausdrücklich nur die Verwendung von Gift sowie von giftigen Gasen unter Strafe stellt. Diese Bestimmungen gehen auf traditionelle völkerrechtliche Kampfmittelverbote zurück, die innerhalb der Verhandlungen zum Rom-Statut allgemein anerkannt und dementsprechend problemlos normiert wurden. Anlass zur Kontroverse gab speziell die völkerrechtliche Kriminalisierung von modernen chemischen und biologischen Kampfmitteln, die nur im Wege eines politischen Kompromisses gelöst werden konnte.361 Dieser Kompromiss heißt Art. 8 Abs. 2 lit. b (xx) IStGH-Statut und ist als Generalklausel ausgestaltet. Art. 8 Abs. 2 lit. b (xx) IStGH-Statut verbietet die Verwendung von Kampfmitteln, die geeignet sind, überflüssige Leiden hervorzurufen, oder die ihrer Natur nach unterschiedslos wirken. Die Generalklausel des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xx) IStGH-Statut knüpft an die in Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) und (xviii) IStGH-Statut niedergelegten Kampfmittelverbote an, wonach die Verwendung von Kampfmitteln, die überflüssige Leiden verursachen oder nicht zu beherrschen sind und damit unterschiedslos wirken, in internationalen bewaffneten Konflikten verboten ist.362 Das Verbot von Kampfmitteln, die besondere Leiden verursachen, schützt dabei in erster Linie die an den Kampfhandlungen beteiligten Kombattanten; das Verbot unterschiedslos wirkender Kampfmittel bezieht sich hingegen auf am Konflikt unbeteiligte Personen. (b) Strafbarkeit von Akten des Chemie-, Bio- und Cyberterrorismus Unter die Kampfmittel, die besondere Leiden verursachen bzw. unterschiedslos wirken, sind zwingend biologische und chemische Massenvernichtungswaffen, mitunter auch Cyberwaffen einzuordnen. Es liegt in der Natur dieser Kampfmittel, dass sich ihre Anwendung und Wirkung nicht 361

Vgl. dazu unter D. III. 3. c) dd) (2) (b). Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 5. Teil, Rn. 1095; Verthey, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Law, 2003, 369 (372); ausführlich dazu Clark, Cal. W. Int’l L. J. 1998, 379 ff. 362

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endgültig beherrschen und auf eine bestimmte Personengruppe beschränken lässt. Biologische und chemische Waffen wirken unterschiedslos, sind verheerend in der Konsequenz, und führen sie nicht unmittelbar zum wahllosen Tod von Kombattanten und Zivilisten, verursachen sie zumindest langwierige Leiden der Betroffenen. Diese Folgen kann aber gleichsam auch der Einsatz von elektronischen Befehlszeilen in internationalen bewaffneten Konflikten mit sich bringen. Indem die Generalklausel des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xx) IStGH-Statut nicht auf konventionelle Waffen beschränkt ist, eröffnet die Norm die Möglichkeit, sowohl biologische und chemische Massenvernichtungswaffen als auch Cyberwaffen in ihren Anwendungsbereich mit aufzunehmen. Durch ihre weite Formulierung besitzt die Generalklausel des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xx) IStGH-Statut das Potential, die terroristische Verwendung von biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen sowie elektronischen Daten zuhanden von Staaten und nicht-staatlichen Akteuren zu erfassen. In der Praxis stehen der Kriminalisierung sowohl von biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen als auch von elektronischen Daten jedoch die Probleme entgegen, die sich in den Vorbereitungsverhandlungen zum Rom-Statut zur Frage der Strafbarkeit der Verwendung von Bio- und Chemiewaffen zeigten und zur Aufnahme der Generalklausel in das IStGHStatut führten: Voraussetzung ist, dass die durch die Generalklausel verbotenen Kampfmittel in einer von der Staatenversammlung des IStGH-Statuts zukünftig zu verabschiedenden Verbotsliste aufgeführt sind. Gemäß Art. 121 IStGH-Statut können erste, entsprechende Vorschläge erst sieben Jahre nach Inkrafttreten des Statuts unterbreitet werden, also nicht vor dem 1. Juli 2009. Damit ist der Tatbestand des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xx) IStGHStatut, der sich für die Kriminalisierung von biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen und Cyberwaffen dem Wortlaut nach anbietet, derzeit nicht anwendbar. Auch wird sich die Regelung in absehbarer Zeit nicht anwendbar zeigen, da die Verbotsliste in einem langwierigen und umständlichen Statutänderungsverfahren zu verabschieden ist.363 Welche Kampfmittel damit genau durch das IStGH-Statut verboten sind, ob darunter auch biologische und chemische Waffen oder elektronische Daten fallen, und ab wann diese Verbote greifen, ist unklar. Die Generalklausel des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xx) IStGH-Statut stellt zwar eine zukunftsweisende Regelung für die Behandlung terroristischer Gefahren durch Massenvernichtungswaffen und Cyberwaffen dar, ein einschlägiges Rechtsinstrument zur derzeitigen völkerrechtlichen Kriminalisierung von Akten des internationalen Bio- und Chemie- sowie Cyberterrorismus ist sie derzeit jedoch nicht. 363 Gemäß Art. 121 Abs. 2 bis 4 IStGH-Statut setzt der Beschluss der Liste eine qualifizierte Mehrheit der Vertragsstaaten voraus und bindet diese erst, wenn sieben Achtel der Vertragsstaaten die Liste ratifiziert haben.

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Bei dem Problemfeld der Verwendung von elektronischen Daten als verbotene Kampfmittel kommt hinzu, dass Cyberaktionen ein relativ neuartiges Phänomen darstellen, so dass auch ein Rückgriff auf Völkergewohnheitsrecht zur Beantwortung der Frage, ob Informationen als verbotene Kampfmittel, die auch in der Generalklausel ihre Aufnahme finden, gelten, nicht möglich ist. Aus der Staatenpraxis lässt sich keine rechtliche Grundlage für die Behandlung von elektronischen Befehlszeilen als Kampfmittel ableiten – dies vor allem deshalb, weil es eine ins Gewicht fallende praktische Anwendung von Angriffen im Computernetz noch nicht gibt. Es ist davon auszugehen, dass sich im Laufe der Zeit eine entsprechende Norm für das Völkergewohnheitsrecht entwickeln wird; gegenwärtig existiert sie jedoch nicht, weder in der konkreten Rechtsprechung noch in der opinio iuris. Obwohl rechtspolitisch wünschenswert, ist fraglich, ob elektronische Daten als Kampfmittel in der noch zu verabschiedenden Verbotsliste Berücksichtigung finden werden. d) Neue völkerstrafrechtliche Praxis zum Delikt des Terrorismus als Kriegsverbrechen: The Prosecutor vs. Stanislav Galic Auch wenn theoretisch möglich, ist in der Praxis eine konkrete strafrechtliche Verfolgung von Terrorismus als spezifisches Kriegsverbrechen durch die internationale Rechtsprechung unterblieben. Die Tatsache, dass eine Zivilbevölkerung durch bestimmte Maßnahmen generell terrorisiert wird, hat zwar zu völkerrechtlichen Verurteilungen wegen einschlägiger Kernverbrechen geführt, doch ist als spezielles kriminelles Verhalten Terrorismus nicht Gegenstand internationaler strafrechtlicher Rechtsprechung gemacht worden. Die internationale Strafgerichtsbarkeit hat nunmehr das Problem des Terrorismus aufgegriffen und sich im Rahmen der neueren Fallpraxis des JStGH, speziell im Fall Galic364, dem Phänomen des Terrorismus im Rahmen der Kriegsverbrechen zugewandt. Der Fall Galic ist von besonderer Bedeutung, da er ein Novum in der Geschichte der völkerstrafrechtlichen Rechtsprechung darstellt. Zum ersten Mal hat hier ein internationaler Strafgerichtshof zur Frage des Terrordelikts als Kriegsverbrechen Stellung genommen und es damit ermöglicht, die objektiven und subjektiven Tatbestandselemente der terroristischen Tat im Rahmen der Kriegsverbrechen zu konkretisieren.365 Die Galic-Rechtsprechung ist in der Wissenschaft bis364

The Prosecutor vs. Galic, JStGH, Urteil v. 05.12.2003 (Case No. IT-98-29-T). Eine konkrete strafrechtliche Verfolgung des Delikts „Terror gegen die Zivilbevölkerung“ war durch die internationale Rechtsprechung bis zum Fall Galic unterblieben, jedoch hat die Tatsache, dass die Zivilbevölkerung durch bestimmte Maß365

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lang nur vereinzelt aufgegriffen worden366, so dass es im Folgenden gilt, die Tatumstände des Falles und die Rechtsfindung des JStGH näher zu beleuchten und herauszustellen, unter welchen Voraussetzungen das Völkerstrafrecht das Vorliegen eines terroristischen Aktes als Kriegsverbrechen anerkennt. aa) Sachverhalt Zwischen September 1992 und August 1994 standen sich Truppen der bosnischen Armee und der Armee der Republik Srpska, einer feindlich errichteten, serbischen Enklave inmitten Bosnien-Herzegovinas, im bewaffneten Konflikt gegenüber. Die Kampfhandlungen spielten sich dabei in und um die Stadt Sarajevo ab. Die Stadt war größtenteils unter Kontrolle der bosnischen Armee, doch gelang es einer Teilgruppe der srpskischen Armee, den so genannten Sarajevo Romania Corps (SRK), ab Mitte September 1992 Sarajevo zu umzingeln. General Galic war während der fraglichen Zeit der Kommandeur der SRK. Er wurde vor dem JStGH für die ab September 1992 einsetzende Terrorkampagne gegen die Zivilbevölkerung verantwortlich gemacht, in deren Verlauf Hunderte von Zivilisten durch Scharfschützen und Granatenanschläge getötet wurden. Die Vielzahl der Übergriffe durch die SRK wurde in die Innenstadt Sarajevos verlegt und direkt gegen die Zivilbevölkerung der Stadt vorgetragen. Die Beweisführung im Verfahren ergab, dass Zivilisten zum primären Ziel der Scharfschützen und Granatenwerfer gemacht wurden. Da die Übergriffe hauptsächlich am Tage stattfanden, war es Angreifern möglich zu erkennen, dass es sich bei den Opfern um Zivilisten handelte. Die hügelige Topographie um Sarajevo kam dabei der Absicht nahmen terrorisiert wurde, zu Verurteilungen gemäß anderer völkerechtlicher Verbrechen beigetragen. Vgl. etwa The Prosecutor vs. Cˇelebici, JStGH, Trial Judgment, Rn. 976, 1056, 1086-91 und 1119; The Prosecutor vs. Blaskic, JStGH, Trial Judgment, Rn. 695, 700 und 732-3; The Prosecutor vs. Krstic, JStGH, Trial Judgment, Rn. 533, 607, 1, 41, 44, 46, 147, 153, 292, 364, 517, 527, 537, 653, 668, 671, 677. Der Special Court for Sierra Leone hat mittlerweile zwei Anklagen aufgrund des Delikts „Akte des Terrorismus“ („terrorizing the civilian population“) in Übereinstimmung mit den gemeinsamen Art. 3 GA sowie dem ZP II erlassen, vgl. unter http://www.sc-sl.org; UN-Special Rapporteur Koufa, Specific Human Rights Issues: New Priorities, in particular Terrorism and Counter-Terrorism, Working Paper by the Commission on Human Rights, E/CN.4/Sub.2/2004/40 v. 25.06.2004, 11; Tournaye, in: Doucet (Hrsg.), Terrorism, Victims, and International Law, 2003, 298 (302). 366 Cassese hat sich bislang auf die Rechtsprechung im Fall Galic berufen. s. dazu Vortrag Cassese, Symposium „Enforcing International Law Norms against Terrorism“, Mailand 2002 (Anmerkungen bei der Autorin); ders., International Criminal Law, 2003, 127. Vgl. neu auch Kravetz, LJIL 2004, 521 ff.

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der Angreifer zugute, Scharfschützen gegen die Zivilbevölkerung einzusetzen. Zwar unternahmen die Bewohner Sarajevos den Versuch, sich gegen die Gewaltangriffe zu schützen, indem sie Schulen schlossen, ihren Tagesrhythmus auf die Nacht verlegten oder Stahlcontainer zum Schutz vor den Scharfschützen entlang der Straßen errichteten, doch gab es keinen absoluten Schutz vor den Terrorangriffen der SRK; kein Einwohner war irgendwo in Sarajevo sicher,367 und die benannten Terrorhandlungen der SRK führten zu einer großen Anzahl von Toten und Tausenden von verletzten Zivilisten. General Galic hat es während der fraglichen Zeit vermieden, die dargelegten Terrorattacken gegen die Zivilbevölkerung Sarajevos zu verhindern und die Täter für ihre Handlungen zu bestrafen. Aus diesem Grund wurde er vor dem Gerichtshof wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt.368 bb) Rechtliche Bewertung durch den JStGH (1) Terrorhandlungen als Kriegsverbrechen gemäß Art. 3 JStGH-Statut Der Gerichtshof hatte sich vorliegend mit der Prüfung auseinanderzusetzen, ob das Verhalten Generals Galic als Verbrechen des Terrors (Anklagepunkt 1: „inflicting terror upon civilians“) und als Angriff auf die Zivilbevölkerung (Anklagepunkt 4 und 7: „attacks on civilians“) im Rahmen des Straftatbestandes des Kriegsverbrechens gemäss Art. 3 JStGH-Statut zu qualifizieren ist. Beide Delikte sind durch Art. 51 ZP I der Genfer Konventionen verboten und haben als Verletzung der Gebräuche des Krieges Eingang in Art. 3 JStGH-Statut gefunden.369 367 Prosecution Opening Statement, T. 562-3: „The siege of Sarajevo, as it came popularly be known, was an epsisode of such notoriety in the conflict in the former Yugoslavia that one must go back to World War II to find a parallel in European history. Not since then had a professional army conducted a campaign of unrelenting violence against the inhabitants of a European city so as to reduce them to a state of medevial deprivation in which they were in constant fear of death. In the period covered in this Indictment, there was nowhere safe for a Sarajevan, not at home, not at school, in a hospital, from deliberate attack.“ Vgl. The Prosecutor vs. Galic, JStGH, Urteil v. 05.12.2003 (Galic, TC), Rn. 2. 368 Die Anklagepunkte beliefen sich im Einzelnen auf Verbrechen des Terrors (Anklagepunkt 1), Angriffe gegen die Zivilbevölkerung (Anklagepunkte 4 und 7), Mord (Anklagepunkt 2 und 5) sowie unmenschliche Akte gegen Zivilisten der Stadt Sarajevo. Vgl. The Prosecutor vs. Galic, JStGH, Urteil v. 05.12.2003 (Galic, TC), Rn. 4. 369 Zum Anwendungsbereich von Art. 3 JStGH-Statut und seinen Voraussetzungen s. The Prosecutor vs. Galic, JStGH, Urteil v. 05.12.2003 (Galic, TC), Rn. 11, 16 ff.

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(a) Angriff gegen die Zivilbevölkerung als Verletzung der Gesetze und Gebräuche des Krieges Das Gericht definierte einen Angriff gegen die Zivilbevölkerung als die vorsätzliche Vornahme von Gewalthandlungen gegen die Bevölkerung oder einzelne Zivilisten, die nicht direkt an den Kriegshandlungen beteiligt sind, und die bei diesen zum Tod, zu schweren Körperverletzungen oder zu Gesundheitsbeeinträchtigungen führen.370 Aufgrund der Beweislage im vorliegenden Fall sowie der Anzahl der Toten und Verletzten unter der Bevölkerung Sarajevos kam der Gerichtshof zum Ergebnis, dass die durch die SRK ausgeführten Scharfschützenattacken und Granatenanschläge Angriffe gegen die Zivilbevölkerung darstellten. Indem man die Angriffe wahllos gegen Zivilisten führte, wurde das Unterscheidungsprinzip im humanitären Völkerrecht verletzt, und die Taten qualifizierten als Kriegsverbrechen. Wie der Gerichtshof in seinem Urteil festhielt, handelte es sich bei den Angriffen der SRK ausdrücklich nicht um Angriffe auf legitime militärische Ziele, die den Tod der Zivilisten als sog. kollaterale Schäden unter Umständen hätten rechtfertigen können.

(b) Terror gegen die Zivilbevölkerung als Verletzung der Gesetze und Gebräuche des Krieges Für das Delikt des Terrors hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die Verursachung von Terror als Verletzung der Gesetze und Gebräuche des Krieges anzusehen ist und Eingang in Art. 3 JStGH-Statut findet. Terror wird hiernach als Verletzungstatbestand des humanitären Völkerrechts interpretiert, welches es dem Gericht ermöglichte, seine Zuständigkeit ratione materiae über die spezifischen, unter Anklage befindlichen, terroristischen Verhaltensweisen zu begründen.371 Die Frage, ob das Verbrechen des Terrors neben der Verankerung im humanitären Völkerrecht eine Grundlage auch im Völkergewohnheitsrecht findet, wurde offen gelassen, da die Zuständigkeit für den vorliegenden Fall aus Vertragsrecht begründet werden konnte. Die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Terrorverbrechens gegen die Zivilbevölkerung unter Art. 3 JStGH-Statut hat der Gerichtshof wie folgt umschrieben: 1. Acts of violence directed against the civilian population or individual civilians not taking direct part in the hostilities causing death or serious injury to body or health within the civilian population. 370 371

The Prosecutor vs. Galic, JStGH, Urteil v. 05.12.2003 (Galic, TC), Rn. 56. The Prosecutor vs. Galic, JStGH, Urteil v. 05.12.2003 (Galic, TC), Rn. 131.

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2. The offender wilfully made the civilian population or individual civilians not taking direct part in hostilities the object of those acts of violence. 3. The above offence was committed with the primary purpose of spreading terror among the civilian population.372

Diese tatbestandliche Konkretisierung zeigt auf, dass Terrorverbrechen zunächst das Vorliegen der gleichen Voraussetzungen erfordert, die dem Delikt des Angriffs gegen die Zivilbevölkerung zu Eigen sind. Die bloße Drohung mit Terror ist nicht strafbewehrt. In subjektiver Hinsicht ist nachzuweisen, dass der Angriff auf die Zivilbevölkerung primär mit dem Ziel erfolgte, Terror zu verbreiten. Das Terrorverbrechen bedarf somit einer konkreten Terrorisierungsabsicht, so dass dolus eventualis oder bewusste Fahrlässigkeit (recklessness) nicht erfasst werden.373 In Anbetracht der Beweislage hat es der Gerichtshof als erwiesen angesehen, dass die fraglichen Angriffe durch die SRK zwischen September 1992 und August 1994 mit Terrorabsicht durchgeführt wurden. (2) Terrorhandlungen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemäß Art. 5 JStGH-Statut Der Gerichtshof hat General Galic ferner wegen der vorsätzlichen Tötung sowie „unmenschlicher Akte gegen die Zivilbevölkerung“ gemäß Art. 5 (a) und (i) IStGH-Statut bestraft und damit zugleich die tateinheitliche Verwirklichung des Tatbestands der Verbrechen gegen die Menschlichkeit bejaht. (3) Individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit von Galic In seinem Urteil hat der Strafgerichtshof umfassend die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit von General Galic begründet. In seiner Funktion als Befehlshaber der SRK kontrollierte er die Aktionen seiner Truppen und wusste daher von den begangenen Terrorverbrechen. Die Beweisaufnahme im Verfahren hat ergeben, dass die Aktionen der Scharfschützen und die Granatenangriffe unter der Kontrolle des Befehlsapparates abliefen.374 So lag es in der Befehlsgewalt Galic’, diejenigen, die sich gegen seine Befehle stellten, sich entgegen der militärischen Disziplin verhielten oder die Attentate begingen, zur Verantwortung zu ziehen.375 Diese Befehlsgewalt 372 373 374

The Prosecutor vs. Galic, JStGH, Urteil v. 05.12.2003 (Galic, TC), Rn. 133. The Prosecutor vs. Galic, JStGH, Urteil v. 05.12.2003 (Galic, TC), Rn. 136. The Prosecutor vs. Galic, JStGH, Urteil v. 05.12.2003 (Galic, TC), Rn. 738.

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hat Galic nicht wahrgenommen und es unterlassen, die Terrorangriffe gegen die Zivilbevölkerung in Sarajevo zu verhindern bzw. zu stoppen. Der Gerichtshof sah es darüber hinaus als erwiesen an, dass Galic nicht nur über die Geschehnisse hinwegsah, sondern sich auch aktiv an ihnen beteiligte. Er kontrollierte den Verlauf und das Ausmaß der Terrorangriffe. Auch wenn General Galic zum Teil Angriffe vereinzelt beendete, nahmen die Attacken durch Scharfschützen oder mittels Granaten alsbald wieder zu.376 Eindeutig ist, dass die ausgedehnten und beinahe täglichen Angriffe gegen die Zivilbevölkerung durch die SRK nicht ohne den Willen ihres Corps Kommandeurs erfolgen konnten. Die Mehrheit des Gerichts sah es deshalb als erwiesen an, dass General Galic durch seine Befehle oder durch andere Mittel der Einflussnahme die in Sarajevo durchgeführten Terrorkampagnen mit dem Ziel beaufsichtigte, unter der Zivilbevölkerung in Sarajevo Terror zu verbreiten. Die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit Galics war damit gegeben. (4) Analyse Die Galic-Rechtsprechung anerkennt in Art. 3 JStGH-Statut erstmalig das Terrordelikt als Kriegsverbrechen. Derzeit liegt das Urteil im Fall Galic der Berufungskammer vor. Sofern das Urteil seine Bestätigung findet, ist davon auszugehen, dass diese Rechtsentwicklung auch über die Grenzen des Jugoslawientribunals hinaus an Bedeutung gewinnen und die Rechtsprechungspraxis anderer nationaler und internationaler Tribunale beeinflussen wird. e) Zwischenergebnis Grundsätzlich kommt eine Strafbarkeit von terroristischen Gewalttaten als Kriegsverbrechen nach Art. 8 IStGH-Statut nur in Betracht, wenn die Terrorakte im Rahmen eines bewaffneten Konflikts stattfinden, da die Rechtsmaterie des humanitären Völkerrechts lex specialis zur Terrorismusproblematik ist und vorrangig zur Anwendung kommt. Damit unterliegen im Rahmen von bewaffneten Konflikten begangene Taten den völkerrechtlichen Regelungen der Genfer Konventionen und ihren Zusatzprotokollen, die sowohl nicht-staatliche als auch staatliche Akte in den Anwendungsbereich der Kriegsverbrechen einordnen, wobei die Täter gemäß dem ge375

The Prosecutor vs. Galic, JStGH, Urteil v. 05.12.2003 (Galic, TC), Rn. 742. Zur Vorgesetzten-Verantwortlichkeit im Völkerrecht s. auch Vogel, ZStW (114) 2002, 402 (419). 376 The Prosecutor vs. Galic, JStGH, Urteil v. 05.12.2003 (Galic, TC), Rn. 745.

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meinsamen Art. 3 der Genfer Konventionen an das Gebot der Unterscheidung zwischen Zivilisten und Kombattanten und das Verbot der unterschiedslosen Kampfführung gebunden sind. Terrorakte können Kriegsverbrechen gegen Personen darstellen, wenn sie die vorsätzliche Tötung einer Vielzahl von am Konflikt unbeteiligten Personen gemäß Art. 8 Abs. 2 lit. a (i); Art. 8 Abs. 2 lit. c (i) IStGH-Statut verursachen oder die Misshandlungstatbestände der Art. 8 Abs. 2 lit. a (ii), 1. Alt.; Art. 8 Abs. 2 lit. c (i), 4. Alt.; Art. 8 Abs. 2 lit. a (iii); Art. 8 Abs. 2 lit. a (ii), 2. Alt; Art. 8 Abs. 2 lit. c (i), 3. Alt. IStGH-Statut erfüllen. Im bewaffneten Konflikt können Terrorakte ebenfalls als Geiselnahme (Art. 8 Abs. 2 lit. a (viii), Art. 8 Abs. 2 lit. c (iii) IStGH-Statut) ausgestaltet sein. Terrorhandlungen, die sich als Vertreibung oder zwangsweise Überführung der Bevölkerung (Art. 8 Abs. 2 lit. a (vii) 1. und 2. Alt., Art. 8 Abs. 2 lit. b (viii) 2. Alt. IStGH-Statut) darstellen, betreffen vorrangig aber nur staatliches Handeln. Sofern Terrorakte zur Zerstörung von Sacheigentum führen, liegen die Voraussetzungen der Kriegsverbrechen gegen das Eigentum nach Art. 8 Abs. 2 lit. a (iv) 1. Alt., Art. 8 Abs. 2 lit b (xiii) 1. Alt. und Art. 8 Abs. 2 lit. e (xii) 1. Alt. IStGH-Statut vor. Angriffe auf nicht-militärische Ziele stellen das Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Kampfmethoden dar. Art. 8 Abs. 2 lit. b (i), (ii), (ix) und (xxiv) sowie Art. 8 Abs. 2 lit. e (i), (ii) und (iv) IStGH-Statut stellen unmittelbare Angriffe auf Zivilisten und zivile Objekte sowie auf vergleichbare Objekte unter Strafe. Die terroristische Verwendung von Massenvernichtungswaffen und elektronischen Daten dürfte hier regelmäßig gegen das Verbot des Einsatzes unterschiedsloser Waffen verstoßen und aus diesem Grunde als Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Kampfmethoden strafbar sein. Nuklearwaffen werden als verbotene Kampfmittel im Sinne von Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii) IStGH-Statut grundsätzlich nicht erfasst. Speziell für biologische, chemische sowie elektronische Ausführungsformen des internationalen Terrorismus sind dem Wortlaut nach jedoch die Einsatzverbote von Kampfmitteln für den bewaffneten internationalen Konflikt einschlägig, die in Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii), (xviii) und (xx) IStGH-Statut normiert sind. Diese Regelungen sind das Ergebnis eines politischen Kompromisses, der zunächst ausdrücklich nur die Verwendung von Gift und giftigen Gasen sowie von Waffen, die geeignet sind, überflüssige Leiden hervorzurufen, oder ihrer Natur nach unterschiedslos wirken, verbietet. Der Einsatz von chemischen und biologischen Massenvernichtungswaffen sowie von Cyberwaffen ist damit derzeit nicht explizit vom IStGH-Statut erfasst. Um hier eine völkerrechtliche Kriminalisierung zu erreichen, ist auf die in einer von der

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Staatenversammlung des IStGH-Statuts zukünftig noch zu verabschiedenden Verbotsliste abzustellen. Dies führt allerdings dazu, dass der Tatbestand des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xx) IStGH-Statut in absehbarer Zeit nicht angewendet werden kann. 4. Internationaler Terrorismus als Aggression Die Anschläge vom 11. September 2001 haben verdeutlicht, dass es modernen Terrorgruppen heute mittels fortentwickelter Waffentechnologie und Terrorstrategie möglich ist, massive Angriffe vorzunehmen, welche sich typisch für die Gewaltanwendung von Staaten zeigen. Auch beweist die Reaktion der Staatengemeinschaft auf die Anschläge vom 11. September 2001, dass die internationale Gemeinschaft bei verheerenden Terroranschlägen das Vorliegen eines „bewaffneten Angriffs“ nicht mehr explizit ausschließt. Der UN-Sicherheitsrat hat sich dieser Entwicklung angeschlossen und erkennt an, dass die Schwere terroristischer Angriffe mitunter Fragen des Rechts auf Selbstverteidigung aufwerfen kann.377 Es gilt nun abschließend zu prüfen, ob Akte des internationalen Terrorismus vom Tatbestand der Aggression erfasst werden können und sie damit als dasjenige Völkerrechtsverbrechen qualifiziert werden müssen, welches nach Maßgabe des Nürnberger Kriegsverbrechertribunals das schwerwiegendste völkerrechtliche Verbrechen darstellt.378 Mögen Akte des internationalen Terrorismus auch mittlerweile eine politische Verurteilung etwa als „Akt der Aggression“ oder als „bewaffneter Angriff“ erfahren, welcher das Recht auf Selbstverteidigung auslösen kann, ist vorliegend danach zu fragen, ob Terrorhandlungen rechtlich als Verbrechen der Aggression eine völkerrechtliche Kriminalisierung erfahren.

377

Vgl. S/Res/1368 (2001) v. 12.09.2001; S/Res/1373 (2001) v. 28.09.2001. Traditionell beinhaltet das Verbrechen der Aggression die Strafbarkeit für das Führen eines Angriffskrieges. Art. 6 a IMT-Statut, Text abgedruckt in: Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof Nürnberg, Bd. 1, 1947, 11. So hat der Nürnberger Gerichtshof für das Verbrechen der Aggression festgehalten: „The charges of the indictment that the defendants planned and waged aggressive war are charges of utmost gravity [. . .]. To initiate a war of aggression, therefore, is not only an international crime; it is the supreme international crime differing only from other war crimes in that it contains within itself the accumulated evil of the whole.“ Abgedruckt in: Ferencz, Defining International Aggression, 1975, 452. Weiter dazu Ipsen, in: Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, § 42, Rn. 13 ff.; Hoffmann, Strafrechtliche Verantwortung im Völkerrecht, 1962, 39 ff.; Schmitt/Quaritsch, Das internationalrechtliche Verbrechen des Angriffskrieges, 1994, 44. 378

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a) Inhaltliche Ausgestaltung des Art. 5 IStGH-Statut Das Verbrechen der Aggression hat mit Art. 5 Abs. 1 lit. d Eingang in das IStGH-Statut gefunden, wobei die Aggression hier eine besondere Stellung einnimmt. Während die anderen Kernverbrechen des Statuts in den folgenden Artikeln legaldefiniert werden, ist dies bei dem Tatbestand der Aggression nicht der Fall. Wie kein anderer Tatbestand der im Statut aufgezählten Verbrechen sah und sieht sich die Aggression fortwährenden Zweifeln hinsichtlich des Inhalts, der Geltung und der Zweckdienlichkeit ihrer Bestrafung ausgesetzt. Diese Unklarheiten kamen auch in den Verhandlungen zum Rom-Statut zum Ausdruck und führten dazu, dass sich die internationale Gemeinschaft nicht auf eine Definition des Aggressionstatbestandes einigen konnte.379 Stattdessen wurde ein Kompromiss gewählt, wonach die Aggression zwar grundsätzlich zu den vier strafbaren Kernverbrechen des IStGH-Statuts zählt, die Strafgewalt diesbezüglich aber erst ausgeübt wird, nachdem der Tatbestand der Aggression in Übereinstimmung mit Art. 121 und Art. 123 IStGH-Statut konkretisiert werden konnte. Art. 5 Abs. 2 IStGH-Statut hält hierzu fest: „Der Gerichtshof übt die Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression aus, sobald in Übereinstimmung mit den Artikeln 121 und 123 eine Bestimmung angenommen worden ist, die das Verbrechen definiert und die Bedingungen für die Ausübung der Gerichtsbarkeit im Hinblick auf dieses Verbrechen festlegt. Diese Bestimmung muss mit den einschlägigen Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen vereinbar sein.“

Gemäß Art. 5 Abs. 2 IStGH-Statut liegt die Zuständigkeit des IStGH für das Verbrechen der Aggression demnach erst vor, wenn eine noch zu schaffende Definition des Aggressionstatbestandes in das Statut aufgenommen worden ist. Das Aggressionsverbrechen ist damit zwar Bestandteil des IStGH-Statuts, doch findet Art. 5 Abs. 1 lit. d IStGH-Statut derzeit keine Anwendung, da eine Vorkehrung hinsichtlich der juristischen Ausgestaltung des Aggressionstatbestandes noch nicht getroffen worden ist. Ausgehend von einer fehlenden Definition des Aggressionstatbestandes im IStGH-Statut ist es das Ziel des folgenden Abschnitts zu untersuchen, 379 Zu den verschiedenen Vorschlägen zum Aggressionsverbrechen s. Compilation of proposals on the crime of aggression submitted at the Preparatory Committee on the Establishment of an International Criminal Court (1996–1999), the United Nations Diplomatic Conference of Plenipotentaries on the Establishment of an International Criminal Court (1998) and the Preparatory Commission for the International Criminal Court (1999), UN Doc. PCNICC/1999/INF/2 v. 02.08.1999, sowie UN Doc. PCNICC/1999/INF/2/Add.I v. 06.08.1999; Preliminary list of possible issues relating to the crime of aggression, UN Doc. PCNICC/2000/WGCA/RT. v. 29.03. 2000.

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ob das geltende Völkerrecht eine Strafbarkeit des Aggressionsverbrechens bereithält und ob diese es ermöglicht, internationale Terrorakte unter dem Aggressionstatbestand zu kriminalisieren. Bei der Frage nach einer Strafbarkeit der Aggression und die Aufnahme von Terrorhandlungen hic et nunc soll zunächst ein Blick auf das den Staaten bislang zur Verfügung stehende Völkerrecht geworfen werden, bevor auf die Vorschläge im Rahmen der Verhandlungen zum Rom-Statut Bezug genommen wird. Ein völkerrechtspolitischer Ausblick schließt die Analyse ab. b) Strafbarkeit der Aggression nach geltendem Völkerrecht aa) Entwicklung vor 1945 Die Idee der strafrechtlichen Verfolgung von Verbrechen gegen den Frieden ist kein modernes Produkt des Völkerrechts. Seit der Antike haben angesehene Gelehrte von Aristoteles bis Grotius die Rechtmäßigkeit von Krieg und Kriegsführung diskutiert, immer bemüht, den Begriff des Angriffskrieges in Rechtsregeln zu zwingen.380 So wurde der für das Mittelalter und auch für die Neuzeit bedeutsame Begriff des „gerechten“, im Gegensatz zu dem des „ungerechten“ Krieges entwickelt, welchem in Bezug auf eine individuelle Verantwortlichkeit und Recht am Kriege eine hohe Bedeutung zukam.381 Einen „gerechten“ Krieg focht, wer allem Anschein nach, rein formell, den Krieg in den gesetzlich festgelegten Formen begonnen hatte; einen „ungerechten“ Krieg führte, wer dieses Kriterium nicht erfüllte.382 Eine derart vereinfachende Bewertung des Kriegsbegriffes vorzunehmen, widersprach jeglichen rechtlichen Grundsätzen, doch angesichts der weiteren geschichtlichen Entwicklung schien eine genauere Präzisierung abdingbar, da bis zum Ende des 19. Jahrhunderts der Krieg im Völkerrecht wohl verankert war. Der Krieg wurde als erlaubtes Mittel der Streiterledigung zwischen Staaten und als Ausfluss ihrer Souveränität angesehen, welcher einen unbestrittenen Platz einnahm, denn kein souveräner Staat ließ sich sein Recht zum Kriege anders als durch tatsächliche Machtverhältnisse einschränken.383 Auch war dem Völkerrecht eine individuelle Verantwortung von Friedensstörern nicht bekannt. 380 Aristoteles, Politik, Siebentes Buch, 2. Kapitel, übersetzt von: Rolfes, 1981, 242; Grotius, Vom Recht des Krieges und des Friedens, 1625. 381 Berber, Lehrbuch des Völkerrechts II, 1969, 2. Kapitel, §§ 7 f.; Grewe, Epochen der Völkerrechtsgeschichte, 1988, 29. 382 Schlepple, Das Verbrechen gegen den Frieden, 1983, 13. 383 Wehberg, in: Festschrift für Rudolf Laun, 1953, 379 ff.; Schlepple, Das Verbrechen gegen den Frieden, 1983, 13.

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Erst mit Beendigung des Ersten Weltkrieges änderte sich die Beurteilung des Rechts zum Kriege. Vor dem Hintergrund der Verheerungen des von Deutschland verursachten Krieges konzentrierten sich erste Bemühungen, kriegsbezogene Verbrechen unter internationale strafrechtliche Sanktion zu stellen. War die Auferlegung von Strafbestimmungen gegen den deutschen Kaiser in den Art. 227 ff. des Versailler Vertrages von 1919 als Vorkehrung für die rein politische Verantwortlichmachung des deutschen Staatsoberhauptes gedacht384, konnte auch das Kriegsverbot der Völkerbundsatzung den Mangel an strafrechtlicher Bestimmtheit nicht beseitigen.385 Die Völkerbundsatzung ächtete den Krieg, ohne ein ausdrückliches Kriegsverbot wie auch strafrechtliche Vorschriften gegen den Urheber eines Angriffskrieges zu etablieren.386 Sämtliche, der Völkerbundsatzung folgende Versuche, eine rechtskräftige Normierung des Aggressionsverbrechens zu erzielen, schlugen fehl.387 So konnte auch dem Briand-Kellogg-Pakt aus dem Jahre 1928 expressiv verbis keine individuelle Strafbarkeit des Angriffskrieges entnommen werden. Seine erstmalige rechtliche Normierung erhielt das Aggressionsverbrechen durch das Statut des Internationalen Militärtribunals von Nürnberg (IMT-Statut).388 Art. 6 hält fest, dass die Planung, die Vorbereitung, die Einleitung und die Durchführung eines Angriffskrieges Verbrechen sind, welche unter die Zuständigkeit des Militärgerichtshofes fallen. Im IMT-Sta384 Wehberg, in: FS für Rudolf Laun, 1953, 379 (382); Oehler, Internationales Strafrecht, 1983, § 61, Rn. 1009; Blumenwitz, in: FS für Friedrich-Wilhelm Krause, 1990, 79 (80). 385 Kimminich/Hobe, Einführung in das Völkerrecht, 7. Aufl., 2000, 50 f.; Paech/Stuby, Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen, 2001, A. III. 1.2., 159. 386 Als einzige Bestimmung der Satzung, die eine Strafe vorsieht, ist Art. 16 IV zu nennen, wonach ein Mitglied wegen Verletzung von Vertragspflichten ausgeschlossen werden kann. Vgl. Paech/Stuby, Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen, 2001, A. III. 1.2., 168; Wehberg, in: FS für Rudolf Laun, 1953, 379 (384). 387 Paech/Stuby, Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen, 2001, A. III. 1.2., 166 ff. Für diese Periode besonders herauszuheben sei hier das Genfer Protokoll v. 02.10.1924 „zur friedlichen Regelung der internationalen Streitfälle“, welches erstmals den Angriffskrieg als „internationales Verbrechen“ bezeichnet. Auch enthielt es erstmalig eine nähere Definition der Acts of Aggression. Eine individuelle Strafbarkeit wegen der Vorbereitung oder Durchführung eines Angriffskrieges war aber in dem Protokoll nicht vorgesehen; auch ist das Genfer Protokoll aus dem Jahr 1924 niemals in Kraft getreten. Siehe hierzu Blumenwitz, in: FS für Friedrich-Wilhelm Krause, 1990, 79 (81); Schmitt (Hrsg.), Das internationale Verbrechen des Angriffskrieges, 1994, 33 ff. 388 Ausführlich zu den Nürnberger und Tokioter Urteilen bezüglich des Verbrechens gegen den Frieden s. Historical review of developments relating aggression, prepared by the Secretariat, UN Doc. PCNICC/2002/WGCA/L.1 v. 21.01.2002.

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tut war dabei die Aggression nur als eine Unterkategorie des Verbrechens gegen den Frieden gedacht.389 Daher fehlte auch eine genaue Definition der Aggression; sie war im Verbund mit anderen untergeordneten spezifischen Verhaltensweisen, die allesamt zu einer Verurteilung aufgrund Verbrechen gegen den Frieden subsumiert werden konnten, unwesentlich.390 Durch die Normierung des Verbrechens gegen den Frieden begründeten die Siegermächte eine direkte Strafbarkeit nach Völkerrecht, wissend, mit dem strafrechtlichen Tatbestand der Vorbereitung und Führung eines Angriffskrieges erstmalig für Nürnberg einen Präzedenzfall geschaffen zu haben.391 Während die Strafbarkeit von Kriegsverbrechen auf völkerrechtlichem Gewohnheitsrecht beruhte bzw. sich aus nationalen Strafrechten ergab392, ist mit dem IMT-Statut die Strafbarkeit des Angriffskrieges neu und mit rückwirkender Kraft eingeführt worden.393 Dies widersprach offensichtlich dem Grundsatz nullum crimen, nulla poena sine lege; einem der Hauptkritikpunkte an den Nürnberger Prozessen.394 Sieht man einmal von der Verletzung des Rückwirkungsverbots bei der rechtlichen Bewertung des in Nürnberg geschaffenen Angriffstatbestandes ab, so lässt vor allem die fehlende Definition der Aggression im IMT-Statut eine umfassende, neues Völkerstrafrecht setzende Wirksamkeit des Tatbestandes des Verbrechens gegen den Frieden bezweifeln.395 Angesichts der sich daraus ergebenen hochgradigen Unbestimmtheit des Begriffs des Angriffskrieges ist in der juristischen Auseinandersetzung die Frage, ob das Nürnberger Statut in der Lage war, 389 Anklagepunkt 1 der in Nürnberg verlesenen Anklageschrift beschäftigte sich mit dem „gemeinsamen Plan oder Verschwörung“ bezüglich des Verbrechens gegen den Frieden. Dazu Hummrich, Der völkerrechtliche Straftatbestand der Aggression, 2001, 58. 390 Gaja, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 428. 391 Paech/Stuby, Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen, 2001, B. I. 8.2., 416; Oehler, Internationales Strafrecht, 1983, § 61, Rn. 1010; Bassiouni (Hrsg.), International Criminal Law, 1999, Vol. 1, 320. 392 Paech/Stuby, Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen, 2001, B. I. 8.2., 416; Oehler, Internationales Strafrecht, 1983, 621 ff. 393 Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts, AT, 1996, § 14 II 2. 394 Blanke/Molitor, AVR 2001, 142 (143); Paech/Stuby, Völkerrecht und Machtpolitik in den internationalen Beziehungen, 2001, B. I. 8.2. 416; Oehler, Internationales Strafrecht, 1983, § 61 III, Rn. 1010; Dahm, Zur Problematik des Völkerstrafrechts, 1956, 56 ff.; Schmitt (Hrsg.), Das internationale Verbrechen des Angriffskrieges, 1994, 17 ff., 79 f.; Hoffmann, Strafrechtliche Verantwortung im Völkerrecht, 1962, 92; Bergengruen, NJW 1984, 1084 (1085); Ambos, StV 1997, 39 (40); Bassiouni, in: Hankel/Stuby (Hrsg.), Strafgerichte gegen Menschheitsverbrechen, 1995, 21; auf ähnliche rechtliche Problematik näher eingehend für das Tokio-Tribunal vgl. Ipsen, in: FS für Dietrich Oehler, 1985, 505 (509). 395 Kranzbühler, in: FS für Erich Kaufmann, 1950, 219 (226); Blumenwitz, in: FS für Friedrich-Wilhelm Krause, 1990, 79 (86); Finch, AJIL 1947, 20 (36).

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das Aggressionsverbrechen rechtlich bindend und strafsanktionierend zu normieren, eher zu verneinen.396 Unabhängig vom Vorliegen eines klar umrissenen Tatbestandes der Aggression hat die Rechtsprechung des IMT in einigen ihrer Passagen erstmalig darauf hingewiesen, dass terroristische Verhaltensweisen als Delikt des Verbrechens gegen den Frieden eingeordnet werden können. So hat der Gerichtshof vereinzelt auf terroristische Methoden als Werkzeug zur Verfolgung einer aggressiven Politik hingewiesen.397 Das Tribunal ordnete die Benutzung terroristischer Methoden ausdrücklich als staatliches Machtinstrument ein; Terrorhandlungen nicht-staatlicher Akteure als Delikte gegen den Frieden wurden hingegen nicht erfasst. bb) Entwicklung nach Gründung der Vereinten Nationen (1) Kodifikationsbemühungen der UN Nach Nürnberg war es für eine klare Rechtslage und künftige kompetente juristische Behandlung des Gedankens einer internationalen strafrechtlichen Verantwortlichkeit wegen der Vorbereitung und Führung eines Angriffskrieges notwendig, derartige Ansätze für einen völkerrechtlichen Straftatbestand in zwingendes Völkerrecht zu überführen. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen nahm sich dieser Aufgabe an und bestätigte in zwei Entschließungen vom 11. Dezember 1946 und vom 21. November 1947 die Principles of International Law, welche in der London Charta und dem Urteil des Nürnberger Tribunals anerkannt worden waren.398 Die dort formulierten Tatbestände und Grundsätze wurden durch die Festschreibung in den beiden Resolutionen von der Völkergemeinschaft förmlich gebilligt und dokumentierten die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wohl vorherr396 Selbige Unsicherheit bezüglich des Tatbestandes „Verbrechen gegen den Frieden“ schien den Alliierten wohl auch bewusst gewesen zu sein, da sie in Nürnberg und Tokio keinen Angeklagten ausschließlich wegen der Verwirklichung dieses Tatbestandes zum Tode verurteilten. Das Tribunal befand, dass nur einige wenige, die des Verbrechens gegen den Frieden angeklagt waren, auch wirklich eine aktive Rolle in der Planung, Vorbereitung, Einleitung und der Durchführung eines Angriffskrieges gespielt hatten, die es wert war, daran individuelle strafrechtliche Verantwortung zu knüpfen. Für andere Fälle berief sich das Tribunal auf einen Mangel an Beweisen. Dazu Oehler, Internationales Strafrecht, 1983, § 61 III, Rn. 1010; Gaja, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), ICC-Commentary, Vol. 1, 2002, 429. 397 s. die eindrückliche Recherche und die Nachweise bei Arnold, The ICC as a New Instrument for Repressing Terrorism, 2004, 313 ff. 398 Ipsen, in: Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, § 42, Rn. 28; Blanke/Molitor, AVR 2001, 142 (143).

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schende opinio iuris der Staaten.399 Das Strafrecht des Nürnberger Statuts war damit aber noch nicht allgemein verbindlich geworden400. Da es sich bei den Entschließungen der Generalversammlung rechtlich um nicht verbindliche Prinzipienerklärungen handelt, vermochte es die Staatengemeinschaft nicht, kodifiziertes Völkerrecht zu setzen. Mit der Resolution vom 21. November 1947 hatte die Vollversammlung der neu geschaffenen Völkerrechtskommission (ILC) den Auftrag erteilt, einen Strafrechtsentwurf über Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit zu formulieren; diese legte der Generalversammlung im Jahre 1950 sieben sog. Nürnberger Prinzipien vor.401 Hier ist neben der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Einzelpersonen nach Völkerrecht auch das Verbrechen gegen den Frieden aufgenommen worden.402 (2) Die „Aggressionsdefinition“ von 1974 Doch erst mit der Resolution 3314 vom 14. Dezember 1974 kam die UNGeneralversammlung zu einem greifbaren Ergebnis; sie genehmigte die Definition des „Angriffes“.403 Damit schien ein Kapitel abgeschlossen, welches fünfzig Jahre zuvor im Völkerbund – allerdings ohne Erfolg – aufgenommen worden war, nämlich ein Einvernehmen unter den Mitgliedstaaten über den Begriff der Aggression zu erzielen.404 Mochte der Abschluss der Resolution einen von der Staatengemeinschaft lang ersehnten Erfolg darstellen, so schien die Wirkung der Aggressionsdefinition auf das Strafrecht dennoch als wenig ergiebig.405 Als bedeutend herauszustellen ist, dass in der Resolution 3314 erstmalig explizit erkennbar zwischen dem Begriff der Angriffshandlung (act of ag399 Blumenwitz, in: FS für Friedrich-Wilhelm Krause, 1990, 79 (85); ICJ-Reports 1986, 13 (100). 400 Hoffmann, Strafrechtliche Verantwortung im Völkerrecht, 1962, 94; Frowein, ZaöRV 1976, 147 (149). 401 Ipsen, in: Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, § 42, Rn. 28; YBILC (1950), Vol. II, 374. 402 Die Definition des Verbrechens gegen den Frieden erfolgte in nahezu wörtlicher Übereinstimmung mit Art. 6 des IMT-Statuts. Vgl. Ipsen, in: Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, § 42, Rn. 28. 403 Resolution 3314 (XXIX) der UN-Generalversammlung v. 14.12.1974, UN Doc. A/9631, 148 ff.; Text abgedruckt in: Müller/Wildhaber, Praxis des Völkerrechts, 1982, 491. 404 Meier, AVR 1974/75, 375 (375); Stahn, ZaöRV 2002, 183 (249). 405 Jescheck, GA 1981, 49 (54); Oehler, Internationales Strafrecht, 1983, § 61 IV, Rn. 1011; Hummrich, Der völkerrechtliche Straftatbestand der Aggression, 2001, 70.

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gression) und dem des Angriffskrieges (war of aggression) unterschieden wird. Während frühere Begriffsbestimmungen bemüht waren, die Aggression generell zu definieren oder nur ausdrücklich den Angriffskrieg als solches zu ächten, ohne niedere Aggressionsakte mit einzubeziehen, geschweige denn zu präzisieren, wurde mit der 1974 verabschiedeten Aggressionsdefinition der Versuch unternommen, eine genauere Begriffsbestimmung mit sich daraus ergebenen Rechtsfolgen zu entwickeln. Gemäß Art. 1 dieser Definition ist Aggression die Anwendung von Waffengewalt durch einen Staat gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder politische Unabhängigkeit eines anderen Staates oder auf eine andere mit der Charta der Vereinten Nationen nicht vereinbare Art und Weise. Die Verletzung der in Art. 1 beschriebenen Schutzobjekte kann im Wesentlichen durch den Einsatz der bewaffneten Streitmacht (Invasion, Angriff, Bombardierung, Blockade), aber auch durch Partisanen (Art. 3 a–g) geschehen. In jener Aufzählung von genauer bezeichneten militärischen Handlungen und der verbindlichen Einordnung unter den Begriff der Aggression wird der eigentliche Erfolg der Resolution gesehen.406 Die definitorische Kraft der Aufzählung der Aggressionshandlungen in Art. 3 der Resolution wird allerdings durch Art. 3 Abs. 1 insofern relativiert, als das hiernach der UN-Sicherheitsrat trotz Vorliegens einer der Fälle des Art. 3 das Vorliegen einer Angriffshandlung mit Rücksicht auf bedeutende Umstände (Art. 2) verneinen, wie auch in Fällen, die in Art. 3 nicht vorgesehen sind, eine Angriffshandlung annehmen kann (Art. 4). Diese Bestimmungen räumen dem Sicherheitsrat ein Ermessen ein, was im Hinblick auf eine Pönalisierung der Aggression rechtlich zweifelhaft erscheint. Konnte man angesichts der Beschreibung der verschiedenen Merkmale des Angriffs in dieser Resolution sowie deren prinzipieller Ausnahmen (Art. 7) zumindest theoretisch von einem Tatbestand des völkerrechtlichen Verbrechens gegen den Frieden zu sprechen wagen, so macht gerade Art. 4 dieses zunichte. Aus Art. 4 wird ersichtlich, dass die Resolution sich nicht eindeutig auf das Völkerstrafrecht bezieht, sondern allein auf Art. 39 UN-Charta.407 Zwar fixiert die Resolution wesentliche Merkmale eines völkerrechtlichen Delikttatbestandes, sie ermächtigt aber zugleich das Exekutivorgan der Vereinten Nationen zur Erweiterung der Tatbestandsmerkmale anhand eines konkreten Falles. Dies räumt dem Sicherheitsrat einen Beurteilungsspielraum ein und verleiht dem Begriff der Aggression eine mangelnde terminologische Schärfe. Da nicht festgelegte Tatbestandsmerkmale die ausschließliche 406 Meier, AVR 1974/75, 375 (381); Hummrich, Der völkerrechtliche Straftatbestand der Aggression, 2001, 70. 407 Schmitt/Quaritsch, Das internationalrechtliche Verbrechen des Angriffskrieges, 1994, 193; Jescheck, GA 1981, 49 (54); Meier, AVR 1974/75, 375 (376); Randelzhofer, in: Simma (Hrsg.), UN-Charta, 1991, Art. 2, Ziff. 4, Rn. 19.

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Grundlage für eine Entscheidung, ob eine Aggression vorliegt oder nicht, bilden, ist die Frage, ob die Begriffsbestimmung der Aggressionshandlungen die rechtsstaatliche Forderung nach Bestimmtheit der gesetzlichen Grundlage erfüllen, daher zu verneinen. Art. 5 der Resolution 3314 ächtet den Aggressionskrieg. Der Aggressionskrieg wird hier als völkerrechtliches Verbrechen normiert, der eine internationale Verantwortung nach sich zieht.408 Mit dieser eigenen Fixierung wird der Angriffskrieg als direkt nach Völkerrecht strafbarer Akt von dem allgemeinen Begriff der Angriffshandlung herausgehoben.409 Wie allerdings die Grenze zwischen beiden Begriffen zu ziehen ist, bleibt unklar. Im Hinblick auf die in der Resolution aufgeführten Angriffshandlungen soll es sich bei einem Angriffskrieg offensichtlich um solche schwererer und umfassenderer Art handeln.410 Doch mangelt es dem Begriff des Angriffskrieges hierdurch an inhaltlicher Schärfe. Durch die Bezeichnung Angriffskrieg wird neben dem „einfachen“ Aggressionsakt nicht nur ein weiterer Begriff in die Definition eingefügt, sondern auch darauf verzichtet, diesen näher zu definieren.411 Rechtlich ergeben sich somit Bedenken, zumal sich an das Verbrechen des Angriffskrieges gemäß Art. 5 die internationale Verantwortung knüpft. Ob die internationale Verantwortung die staatliche oder die individuelle Verantwortlichkeit anspricht, ist ebenso wenig geklärt wie auch die sich daraus ergebenden Sanktionen.412 Für die strafrechtliche Kriminalisierung des Angriffskrieges kann daher auch die Bestimmung des Art. 5 wenig überzeugen. Der Befund eines völkerstrafrechtlichen Gehalts in Art. 5 Abs. 2 der Resolution 3314 darf keineswegs mit dem Vorhandensein eines neuen völkerrechtlichen Straftatbestandes gleichgesetzt werden.413 Zur Unsicherheit des Tatbestandes kommt die Unklarheit der Einschränkung der Aggression hinzu, welche in Art. 7 der Resolution festgelegt ist. Art. 7 stellt als Ausnahme vom Verbot der Aggression und des Angriffskrieges ein spezielles ius ad bellum fest, nämlich das Recht der Völker auf Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit. Des Weiteren darf das Aggressionsverbot ebenso wenig dem Kampf der Völker „unter Kolonial- und 408 Dies erfolgte in Übereinstimmung mit der „Friendly Relations-Declaration“ v. 24.10.1970, UN-Resolution 2625 (XXV), die u. a. die Drohung oder Anwendung von Gewalt in den zwischenstaatlichen Beziehungen als Verletzung des Völkerrechts deklarierte und feststellt: „Ein Angriffskrieg stellt ein Verbrechen gegen den Frieden dar, das die völkerrechtliche Verantwortlichkeit auslöst.“; Text abgedruckt in: Müller/Wildhaber, Praxis des Völkerrechts, 1982, 493. 409 Jescheck, GA 1981, 49 (54). 410 Oehler, Internationales Strafrecht, 1983, § 61, Rn. 1011. 411 Bruha, Die Definition der Aggression, 1980, 127. 412 Blumenwitz, in: FS für Friedrich-Wilhelm Krause, 1990, 79 (89). 413 Hummrich, Der völkerrechtliche Straftatbestand der Aggression, 2001, 77.

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Rassenherrschaft oder anderen Formen der Fremdherrschaft“ entgegenstehen. Ob ein Gericht bei einer derartigen Umdeutung des Begriffs des Angreifenden zu einer gesicherten Rechtsfeststellung gelangen kann, erscheint fraglich.414 Es ist daher festzuhalten, dass dem Aggressionsverbrechen durch die „Angriffsdefinition“ von 1974 entscheidende Konturen verliehen wurden, ein völkerrechtlicher Straftatbestand der Aggression wurde aufgrund von Unbestimmtheit und Mangel an Verbindlichkeit jedoch nicht geschaffen. Anhaltspunkte für die Aufnahme von Akten des Terrorismus als Tatbestandsausgestaltung der Aggression hält Resolution 3314 ausdrücklich nicht bereit. (3) Der ILC-Entwurf von 1991 Die seit 1954 ruhenden Arbeiten an einer Definition eines Aggressionstatbestandes und der Kodifikation des Völkerstrafrechts wurden von der ILC Anfang der 80er Jahre weitergeführt. 1981 wurde die Kommission mit der Aufgabe der Neufassung des Draft Code of Crimes against Peace and Security of Mankind betraut, deren Bericht sie im Jahre 1991 vorlegte.415 In diesem wird die Aggression als Verbrechen aufgelistet416 sowie die Androhung einer Aggression als eigenständiger Tatbestand unter Strafe gestellt.417 Der 1991 Draft Code übernimmt in seinem Art. 15 die gesamte Definition des Angriffs aus der Aggressionsdefinition von 1974, ohne hierbei zwischen war of aggression und act of aggression zu unterscheiden. In dieser Kodexfassung bleiben Einzelprobleme weiter ungelöst, so dass der Entwurf noch nicht den Anforderungen entspricht, die an ein Strafgesetz zu stellen sind. Die Strafdrohungen bleiben offen, das Delikt der Aggression wird nicht konkret beschrieben und es wird nur eine staatliche Verantwortlichkeit etabliert. Des Weiteren eröffnet der Entwurf dem Sicherheitsrat ein Ermessen bei der Tatbestandsfeststellung. 414

Der Rechtfertigung für gewaltsame Eingriffe ausländischer Staaten wären kaum Grenzen gesetzt, als auch kriegführende Parteien die Rechtmäßigkeit ihres Handelns mit dem weit reichenden Recht auf Selbstbestimmung begründen würden. 415 Blanke/Molitor, AVR 2001, 142 (144 ff.); Jescheck/Weigend, Lehrbuch des Strafrechts, AT, 1996, § 14 II 4; Ipsen, in: Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl., 2004, § 42, Rn. 28; Schmitt/Quaritsch, Das internationalrechtliche Verbrechen des Angriffskrieges, 1994, 196. 416 Art. 15 des Entwurfs, welcher sich auf die Bestimmungen der Aggressionsdefinition von 1974 stützt. Vgl. Reichart, ZRP 1996, 134 (136); Tomuschat, in: Hankel/Stuby (Hrsg.), Strafgerichte gegen Menschheitsverbrechen, 1995, 270 (278). 417 Art. 16 des Entwurfs; Text abgedruckt in: Bassiouni (Hrsg.), International Criminal Law, 1999, Vol. 1, 342; Tomuschat, in: Hankel/Stuby (Hrsg.), Strafgerichte gegen Menschheitsverbrechen, 1995, 270 (279).

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(4) Der ILC-Entwurf von 1996 Die Weite der Aggressionsfassung des 1991 Draft Code konnte in Anbetracht der Notwendigkeit der Erreichung eines Konsenses innerhalb der Staatengemeinschaft über die Strafbarkeit des Aggressionsverbrechens keinen Bestand haben. Die überarbeitete Fassung aus dem Jahre 1996 weist daher eine reduzierte Formulierung auf, indem der Straftatbestand, kodifiziert in Art. 16 des Entwurfs, nun wieder engen Bezug auf Art. 6 (a) IMTStatut nimmt: „Art. 16 – Crime of Aggression An individual who, as a leader or organizer, actively participates in or orders the planning, preparation, initiation or waging of aggression committed by a State shall be responsible for a crime of aggression.“

Eine Definition der Aggression wird in Art. 16 des Entwurfs nicht mehr durch den Tatbestand selbst geleistet, wie dies beim ILC-Entwurf von 1991 noch der Fall war. Dennoch kommt Art. 16 eine gewichtige Bedeutung zu, da die Norm nicht mehr nur auf die staatliche Verantwortlichkeit, sondern nunmehr auf die strafrechtliche Verantwortung von Individuen abstellt. Art. 16 bestimmt, dass nur diejenigen Individuen zur Verantwortung zu ziehen sind, die einen aktiven und führenden Anteil an staatlicher Aggression geleistet haben.418 Kriminelles Verhalten Einzelner unterhalb dieser Schwelle der strafbaren „Aggressionsbeteiligung“ wird somit nicht erfasst, ebenso wenig wie das Verhalten Privater in nicht-staatlicher Funktion. Die staatliche Anbindung stellt sich damit als conditio sine qua non für die Zuweisung individueller strafrechtlicher Verantwortung dar.419 Für die Interpretation von privaten, staatlich unabhängigen Akten als Verbrechen der Aggression – mit oder ohne terroristischen Konnex – bleibt damit im Rahmen des 1996 Draft Code kein Raum. Während die Staaten durch den 1996 Draft Code verpflichtet sind, über die anderen im Code normierten Kernverbrechen nationale Jurisdiktion auszuüben, wird dies allerdings für das Aggressionsverbrechen durch Art. 8 des Draft Code explizit ausgeschlossen. Der Aggression bleibt allein ein internationales Gericht als angemessener Ort der Strafverfolgung vorbehalten.420 Ein Staat kann zwar seine eigenen Staatsbürger wegen des Verbre418 Vgl. Commentary to Art. 16 Draft Code: „A State can committ aggression only with the active participation of the individuals who have the necessary authority or power to plan, prepare, initiate or wage aggression.“ s. 1996 ILC Report, 6 May–26 July 1996, UNGAOR, 51st Sess.Supp. No. 10, UN Doc.A/51/10, S. 15; Stahn, ZaöRV 2002, 183 (250). 419 Arnold, The ICC as a New Instrument for Repressing Terrorism, 2004, 311. 420 Art. 8 des Draft Code: „Without prejudice to the jurisdiction of an International Criminal Court, each State Party shall take such measures as may be necessary to

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chens der Aggression bestrafen, ein Zugriff auf ausländische Aggressoren bleibt der nationalen Jurisdiktion aber verwehrt. Praktisch verspricht der Entwurf von 1996 damit wenig: Weder ist die Aggression definiert noch ist eine entsprechende Plattform vorhanden, Einzelpersonen für ihr aggressives Verhalten gegen einen anderen Staat zu bestrafen. Jedoch wird aus den Kodifikationsbemühungen der ILC ersichtlich, dass die Staatengemeinschaft an einer Kriminalisierung des Aggressionsverbrechens interessiert ist. cc) Der Aggressionstatbestand in den Verhandlungen zum IStGH-Statut Die Unstimmigkeiten der internationalen Staatengemeinschaft über Inhalt, Geltung und Zweckdienlichkeit eines Aggressionstatbestandes setzten sich in den Verhandlungen zum Rom-Statut fort. Auch trug die umstrittene Frage der Vorrangstellung des UN-Sicherheitsrates bei der Feststellung einer Aggression zum Konfliktpotential unter den Staaten bei. Die Verhandlungen in Rom waren geprägt durch den Gegensatz der den Strafgerichtshof befürwortenden „gleichgesinnten“ Staaten421 und jenen Staaten, die primär um ihre Souveränität besorgt waren:422 „When the plenipotentiary negotiating session began in Rome in the summer of 1998, most States, including the European Union and about 30 States united in the Non-Aligned Movement, insisted that without the inclusion of aggression as a crime they would be unable to support the new court. Many Arab States wanted the [UN General Assembly Resolution of 14th December 1974 on the Definition of Aggression] consensus definition, with possibly some improvements in their favour, included in the ICC-Statute. Germany’s delegate Dr. Hans-Peter Kaul, pressed various compromise solutions. India and Pakistan, busy testing new nuclear weapons, were not inclined to subject themselves to possible charges of aggression. China stressed the protection of national sovereignty. The US, mindful of military and political considerations, remained aloof on the question of including aggression and insisted on preserving the Security Council’s veto rights as establish its jurisdiction over the crimes set out in articles 17, 18, 19 and 20, irrespective of where or by whom those crimes were committed. Jurisdiction over the crime set out in article 16 shall rest with an international criminal court. However, a State referred to in article 16 is not precluded from trying its nationals for the crime set out in that article.“ 421 Diese aus etwa 50 bis 60 Staaten bestehende „like-minded group“ setzte sich vor allem aus mittelgroßen Mächten und Staaten der Dritten Welt zusammen, inklusive Großbritannien. 422 Diese Gruppe wurde dominiert durch die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates mit Ausnahme Großbritanniens. Zum Verhandlungsprozess s. Kirsch/ Holmes, AJIL 1999, 2 ff.; Roggemann, Das Statut von Rom für den Ständigen Internationalen Strafgerichtshof (ICC): mit einer Einführung, 1998, 7 ff.; Hummrich, Der völkerrechtliche Straftatbestand der Aggression, 2001, 165 ff.; Roberts, Am. U. Int’l L. Rev. 2001, 35 ff.

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guaranteed by the UN Charter. A host of real or politically motivated concerns about including aggression that had been voiced during earlier meetings remained unaltered. There was simply not enough time in Rome to reach agreement on these severe questions. In the end, the agile and adroit Chairman Philippe Kirsch of Canada found the only compromise possible – the resolution of differences was postponed to a later date.“423

Die Mehrheit der Staaten befürwortete schließlich die Aufnahme der Aggression in das IStGH-Statut. Es wurde ein Kompromiss ausgehandelt, nach dem die Aggression als völkerrechtliches Verbrechen im Statut etabliert wurde, die Strafgewalt diesbezüglich aber erst ausgeübt werden kann, wenn eine Definition der Aggression erarbeitet ist. Nach dem Mechanismus des Statuts hat sich die Annahme der Aggressionsdefinition nach Art. 121 und Art. 123 zu richten. Art. 123 Abs. 1 IStGH-Statut bestimmt, dass sieben Jahre nach Inkrafttreten des Statuts eine Revisionskonferenz einberufen wird, die sich mit Änderungen des Statuts befasst. Für eine Änderung bedarf es nach Art. 121 Abs. 4 IStGH-Statut einer 7/8-Mehrheit der Mitgliedstaaten. Gemäß Art. 121 Abs. 1 und Abs. 5 ISTGH-Statut wird der Gerichtshof bezüglich jener Vertragsstaaten, die das ausgehandelte Ergebnis nicht annehmen, keine Gerichtsbarkeit ausüben.424 Damit ergibt sich, dass der neu geschaffene IStGH das Verbrechen der Aggression in sein Statut mit aufgenommen hat, doch kann es erst zukünftig zu einer Strafbarkeit kommen; nämlich erst dann, wenn der Tatbestand inhaltlich definiert ist. Dies ist frühestens im Jahre 2009 der Fall. Die Euphorie über die erstmalige vertragliche Fixierung der Aggression seit Nürnberg ist angesichts der Aufschiebung der Strafgewalt über diesen Tatbestand nur bedingt zu teilen. Vor dem Hintergrund der weiter umstrittenen Fragen der inhaltlichen Ausgestaltung des Aggressionstatbestandes, dem ungeklärten Verhältnis zwischen dem Strafgerichtshof und dem UN-Sicherheitsrat bei der Feststellung einer Aggression sowie der Tatsache, dass die Aufnahme des Aggressionstatbestandes in dem langwierigen und umständlichen Statutänderungsverfahren zu verabschieden ist, ist fraglich, ob die völkerrechtliche Kriminalisierung des Aggressionsverbrechens tatsächlich in greifbare Nähe gerückt ist. Die unbestreitbare Notwendigkeit einer möglichst zügigen Einigung über die Definition der Aggression ist offensichtlich, da ansonsten der Weg zu einer Bestrafung der Aggression auf unabsehbare Zeit versperrt bleibt.425 423 Ferencz, Pace Int’l L. R. 1999, 310 f.; Fundstelle bei: Arnold, The ICC as a New Instrument for Repressing Terrorism, 2004, 319, die ebenfalls Bezug auf diese Textpassage nimmt. Zur Zusammenfassung der Verhandlungen s. auch Hummrich, Der völkerrechtliche Straftatbestand der Aggression, 2001, 165 ff. 424 Näher dazu Schabas, Introduction ICC, 2001, 161 f. 425 Hummrich, Der völkerrechtliche Straftatbestand der Aggression, 2001, 90.

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dd) Draft Resolution of the Assembly of States Parties on the Continuity of Work in Respect of the Crime of Aggression In den Verhandlungen vor, während und nach der Staatenkonferenz von Rom ist die Frage der Aufnahme von Terrorakten als eine mögliche Deliktsform der Aggression weder im Allgemeinen noch im Besonderen verhandelt worden. Einziger inhaltlicher Bezugspunkt ist damit der letzte Entwurf der Vorbereitungskommission über die Definition des Aggressionsverbrechens, welcher der Staatenkonferenz im Rahmen eines Abschlussberichts im Juli 2002 vorgelegt wurde.426 Die Staatenkonferenz hat diesen Entwurf als Draft Resolution of the Assembly of States Parties on the Continuity of Work in Respect of the Crime of Aggression übernommen und ihn zum Ausgangspunkt ihrer Arbeit für die Überprüfungskonferenz gemacht. Der Diskussionsentwurf beinhaltet sowohl die Ausformulierung einer Aggressionsdefinition als auch die entsprechenden Verbrechenselemente und fasst die bislang zur Aggression vorgebrachten Entwürfe zusammen. (1) Definitionsvorschlag des Aggressionsverbrechens In einem ersten Teil beinhaltet der Entwurf eine Definition des Aggressionsverbrechens sowie Bestimmungen für die Ausübung der Gerichtsbarkeit. Der Entwurf hält fest, dass: „1. For the purpose of the present Statute, a person commits a „crime of aggression“ when, being in a position effectively to exercise control over or to direct the political or military action of a State, that person intentionally and knowingly orders or participates actively in the planning, preparation, initiation or execution of an act of aggression which, by its character, gravity and scale, constitutes a flagrant violation of the Charter of the United Nations. Option 1: Add „such as, in particular, a war of aggression or an act which has the object or result of establishing a military occupation of, or annexing, the territory of another State or part thereof“. Option 2: Add „and amounts to a war of aggression or constitutes an act which has the object or the result of establishing a military occupation of, or annexing, the territory of another State or part thereof“. Option 3: Neither of the above. 2. For the purpose of paragraph 1, „act of aggression“ means an act referred to in United Nations General Assembly resolution 3314 (XXIX) of 14 December 1974, which is determined to have been committed by the State concerned, 426 Report of the Preparatory Commission for the International Criminal Court (continued), Addendum, Part II, Proposals for a provision on the crime of aggression, Discussion Paper proposed by the Coordinator, UN Doc. PCNICC/ 2002/2/Add.2 v. 24.07.2002, 3 ff.

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D. Die Strafbarkeit des int. Terrorismus unter dem IStGH-Statut Option 1: Add „in accordance with paragraphs 4 and 5“. Option 2: Add „subject to a prior determination by the Security Council of the United Nations“.

3. The provisions of articles 25, paragraphs 3, 28 and 33 of the Statute do not apply to the crime of aggression. 4. Where the Prosecutor intends to proceed with an investigation in respect of a crime of aggression, the Court shall first ascertain whether the Security Council has made a determination of an act of aggression committed by the State concerned. If no Security Council determination exists, the Court shall notify the Security Council of the situation before the Court so that the Security Council may take action, as appropriate: Option 1: under Article 39 of the Charter of the United Nations. Option 2: in accordance with the relevant provisions of the Charter of the United Nations. 5. Where the Security Council does not make a determination as to the existence of an act of aggression by a State: Variant (a) or invoke article 16 of the Statute within six months from the date of notification. Variant (b) [Remove variant a.] Option 1: the Court may proceed with the case. Option 2: the Court shall dismiss the case. Option 3: the Court shall, with due regard to the provisions of Articles 12, 14 and 24 of the Charter, request the General Assembly of the United Nations to make a recommendation within [12] months. In the absence of such a recommendation, the Court may proceed with the case. Option 4: the Court may request Variant (a) the General Assembly Variant (b) the Security Council, acting on the vote of any nine members, to seek an advisory opinion from the International Court of Justice, in accordance with Article 96 of the Charter and Article 65 of the Statute of the International Court, on the legal question of whether or not an act of aggression has been committed by the State concerned. The Court may proceed with the case if the International Court of Justice gives an advisory opinion that an act of aggression has been committed by the State concerned. Option 5: the Court may proceed if it ascertains that the International Court of Justice has made a finding in proceedings brought under Chapter II of its Statute that an act of aggression has been committed by the State concerned.“

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(2) Verbrechenselemente In Ergänzung des Aggressionstatbestandes legt der Entwurf des Weiteren die Verbrechenselemente wie folgt aus: Precondition In addition to the general preconditions contained in article 12 of the present Statute, it is a precondition that an appropriate organ 3 has determined the existence of the act of aggression required by element 5 of the following Elements. Elements 1: The perpetrator was in a position effectively to exercise control over or to direct the political or military action of the State which committed an act of aggression as defined in element 5 of these Elements. 2: The perpetrator was knowingly in that position. 3: The perpetrator ordered or participated actively in the planning, preparation or execution of the act of aggression. 4: The perpetrator committed element 3 with intent and knowledge. 5: An „act of aggression“, that is to say, an act referred to in United Nations General Assembly resolution 3314 (XXIX) of 14 December 1974, was committed by a State. 6: The perpetrator knew that the actions of the State amounted to an act of aggression. 7: The act of aggression, by its character, gravity and scale, constituted a flagrant violation of the Charter of the United Nations, Option 1: Add „such as a war of aggression or an aggression which had the object or result of establishing a military occupation of, or annexing the territory of another State or part thereof“. Option 2: Add „and amounts to a war of aggression or constitutes an act which has the object or the result of establishing a military occupation of, or annexing, the territory of another State or part thereof“. Option 3: Neither of the above. 8: The perpetrator had intent and knowledge with respect to element 7. Note: Elements 2, 4, 6 and 8 are included out of an abundance of caution. The „default rule“ of article 30 of the Statute would supply them if nothing were said. The dogmatic requirement of some legal systems that there be both intent and knowledge is not meaningful in other systems. The drafting reflects these, perhaps insoluble, tensions.

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(3) Analyse Es ist im Folgenden zu analysieren, wie ein Tatbestand des Aggressionsverbrechens nach dem vorliegenden Definitionsentwurf und der Verbrechenselemente ausgestaltet sein könnte. (a) Objektiver Tatbestand Wie die Struktur des Entwurfs zum Aggressionsverbrechen zeigt, erfordert die Definition der Aggression in objektiver Hinsicht eine Festlegung der Aggressionshandlung und des Aggressionsobjekts des Täters. Darüber hinaus müssen die betreffenden Aggressionshandlungen einen Verstoß gegen die UN-Charta darstellen. Zur Erfüllung einer Aggressionshandlung muss nach Maßgabe des Abs. 1 des Definitionsentwurfs sowie Ziffer 3 der Verbrechenselemente der Täter die Planung, Vorbereitung, Einleitung oder die Durchführung eines Aggressionsaktes befohlen oder sich aktiv an den aufgeführten Tatbestandsalternativen beteiligt haben. Als Tathandlungen kommen das „Befehlen“, „Planen“, die „Vorbereitung“, das „Einleiten“ und die „Durchführung“ eines Aggressionsaktes in Betracht. Die Tathandlungen orientieren sich hier im Wesentlichen an den Entwicklungsstadien des Verbrechens von der Planung über die Vorbereitung, hin zur Einleitung und letztlich zur Durchführung des Aggressionsaktes.427 Der Begriff der „Vorbereitung“ erfasst dem Wortlaut nach alle Maßnahmen, die der Ermöglichung der späteren Ausführungshandlungen dienen. Ebenso ist die „Planung“ als Vorbereitungshandlung anzusehen, denn die Vorbereitung einer Tat umfasst notwendigerweise ihre Planung. Die Planung ist der Vorbereitung zeitlich vorgelagert und umfasst gedankliche, auf eine Konkretisierung der späteren Tat gerichtete Maßnahmen.428 Planung und Vorbereitung eines Aggressionsaktes sind aber nur strafbar, wenn es auch tatsächlich zur Einleitung von Feindseligkeiten kommt.429 Unter der Tatalternative des „Befehlens“ ist die Anordnung der Ausführung der geplanten und vorbereiteten Tat zu verstehen.430 Mit dem „Einleiten“ tritt das Aggressionsvorhaben in die unmittelbare Ausführungsphase ein. Durch die Tatalternative „Einleiten“ sollen auch jene Personen strafrechtlich erfasst 427

Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 6. Teil, Rn. 1167. Hummrich, Der völkerrechtliche Straftatbestand der Aggression, 2001, 208 ff. Dass die „Planung“ der „Vorbereitung“ zeitlich vorgeht, findet seine Bestätigung auch in der Reihenfolge der im Entwurf benannten Tathandlungen. 429 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 6. Teil, Rn. 1169. 430 Hummrich, Der völkerrechtliche Straftatbestand der Aggression, 2001, 211. 428

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werden, die zwar an der Entscheidung für spätere Feindseligkeiten beteiligt waren, in die eigentliche Durchführung des Aggressionsaktes aber nicht einbezogen sind.431 Der objektive Tatbestand ist schließlich dann erfüllt, wenn der Täter den Aggressionsakt durchführt, d.h. an der eingeleiteten Aggression mitwirkt und diese fortsetzt. Die aufgeführten Tathandlungen sind als strafbar zu bewerten, wenn der Täter durch seine Handlung an einem Aggressionsakt mitgewirkt hat. Der Entwurf und die Verbrechenselemente weisen als inkriminiertes Handlungsmittel den Aggressionsakt (act of aggression) aus, so dass zu klären ist, was hierunter zu verstehen ist.432 Abs. 3 des Entwurfs bestimmt, dass für die Auslegung des act of aggression auf die Aggressionsdefinition von 1974 abzustellen ist, auf die bereits unter D. 4. b) bb) (2) Bezug genommen wurde. Gemäß Art. 1 der Aggressionsdefinition ist Aggression als bewaffnete Gewalt eines Staates gegen die Souveränität, territoriale Unabhängigkeit oder politische Unabhängigkeit eines anderen Staates definiert. Diese abstrakt-generelle Definition wird durch Art. 3 ergänzt, der eine enumerative Aufzählung von näher bezeichneten Aggressionsakten enthält. Die Aufzählung von Aggressionsakten erfasst etwa die militärische Invasion eines Staates, die Bombardierung fremden Territoriums, die Blockade fremder Häfen oder die Entsendung bewaffneter Banden, die auf staatlichen Geheiß Gewalthandlungen in einem anderen Staat vornehmen.433 Die Auflistung der benannten Aggressionshandlungen geben Aufschluss darüber, dass ein act of aggression eine gewisse Intensität und Schwere aufweisen muss, die ein gegenüber Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta gesteigertes Maß der Gewalt erfordert.434 Aggressionsakte, die nicht in der Aggressionsdefinition von 1974 aufgelistet sind, und eine geringere Intensität aufweisen, sind demnach selbst dann nicht strafbar, wenn sie gegen das Gewaltverbot des Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta verstoßen oder zur Selbstverteidigung nach Art. 51 UN-Charta berechtigen.435 Die Schwelle der Strafbarkeit für Aggressionsakte ist damit hoch angesetzt und es wird sich zukünftig zeigen, ob es im Verlauf der weiteren Verhandlungen zum Aggressionsverbrechen zu einer Ausdehnung der Strafbarkeit auch auf niedere Gewaltakte kommen wird. Der momentane Entwurfstext spricht nicht dafür und es ist anzunehmen, dass sich die Staatenkonferenz auch nur auf die schwerwiegendsten Angriffe gegen einen anderen Staat wird einigen können. 431

Ebenda. Vgl. Abs. 1 und 2 Definitionsvorschlag sowie Ziff. 1, 3, 5, 6 und 7 Elements of Crimes. 433 Vgl. Art. 3 (a) bis (g) Aggressionsdefinition (Resolution 3314). 434 Hummrich, Der völkerrechtliche Straftatbestand der Aggression, 2001, 203. 435 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 6. Teil, Rn. 1164. 432

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Grundsätzlich bleibt im vorliegenden Tatbestandsentwurf offen, ob bereits ein act of aggression zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes ausreicht oder ob er die nötige Intensität annehmen muss, um als Aggressionskrieg (war of aggression) qualifiziert werden zu können. So nimmt der Entwurf neben dem act of aggression ebenfalls Bezug auf den Terminus war of aggression; es bleibt aber dahingestellt, wie die beiden Begriffe miteinander korrespondieren, ob sie sich bedingen oder wie die Grenze zwischen ihnen zu ziehen ist.436 Ob zukünftig nur militärische Gewalthandlungen, die das Ausmaß und die Schwere eines war of aggression annehmen, der völkerrechtlichen Kriminalisierung unterfallen oder bereits einzelne acts of aggression den Voraussetzungen zur Strafbarkeit genügen, hängt von den Optionen ab, mit denen sich die Staatenkonferenz auseinandersetzen wird. Befürwortet die Staatenkonferenz Option 1 oder Option 2 zu Abs. 1 des Definitionsvorschlages bzw. zu Abs. 7 der Verbrechenselemente, so werden zukünftig nur solche Aggressionsakte kriminalisiert, die einen Angriffskrieg darstellen. Wird hingegen Option 3 gewählt, so sind bereits allgemeine Angriffshandlungen, wie sie in Art. 3 der Aggressionsdefinition ihren Niederschlag gefunden haben, direkt nach Völkerrecht strafbar. Zur derzeitigen Konfusion über Inhalt und Reichweite des Aggressionstatbestandes kommt hinzu, dass sowohl die Angriffsdefinition von 1974 als auch der Definitionsvorschlag von 2002 ein Ermessen des UN-Sicherheitsrates vorsehen, andere Handlungen, die nicht in Art. 3 der Aggressionsdefinition aufgeführt sind, als Akte der Aggression einzustufen.437 Konnte die Auflistung von konkreten Aggressionshandlungen in Art. 3 der Aggressionsdefinition zumindest einen Rückschluss auf bestimmte, strafwürdige Verhaltensweisen geben, so weicht Art. 4 der Aggressionsdefinition bzw. Option 2 von Abs. 2 des Definitionsentwurfs dieses Mindestmaß an strafrechtlicher Bestimmtheit auf. Die im Entwurf normierten Tatbestandsmerkmale eines act of aggression bilden nicht die ausschließliche Rechtsgrundlage für die Strafwürdigkeit eines aggressiven Verhaltens, sondern es können die Tatbestandsmerkmale eines Aggressionsaktes zusätzlich durch eine, rechtlich nicht vorab fixierte Ermessensentscheidung des UN-Sicherheitsrates im konkreten Einzelfall erweitert werden. Dies widerspricht klar den Voraussetzungen, die nach Maßgabe des Grundsatzes nullum crimen, poena sine lege an ein Strafgesetz zu stellen sind.438 436 Vgl. Option 1 bis 3 zu Abs. 1 Definitionsvorschlag sowie Option 1 bis 3 zu Abs. 7 Elements of Crimes. 437 Vgl. Art. 4 Aggressionsdefinition und Abs. 2 Option 2 Definitionsvorschlag. 438 So auch Arnold, The ICC as a New Instrument for Repressing Terrorism, 2004, 327.

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Als zusätzliches Erfordernis sieht der Definitionsentwurf in objektiver Hinsicht den Bruch der Chartavorschriften vor. Ein derartiger Zusatz ermöglicht es, die Fälle der nach den Vorschriften der UN-Charta erlaubten Gewaltanwendungen von dem Vorwurf der Strafbarkeit auszunehmen. Zwar würde der IStGH auch ohne ausdrückliche Aufnahme dieses Zusatzes die erlaubten Fälle der Selbstverteidigung gemäß Art. 51 UN-Charta sowie Kollektivmaßnahmen nach Art. 39 ff. UN-Charta nicht als rechtswidrig ansehen können, doch liegt der Wert des ausdrücklichen Verweises hier in seiner klarstellenden Funktion.439 Letztlich ist als objektives Erfordernis der Strafbarkeit das Objekt der Aggressionshandlung zu benennen. Aggressionsobjekt ist ein anderer Staat.440 Unter Bezugnahme auf Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta sowie Art. 1 der Aggressionsdefinition aus dem Jahre 1974 muss sich die staatliche Gewalthandlung gegen die Souveränität, territoriale Integrität oder politische Unabhängigkeit eines anderen Staates richten, um als Aggression zu gelten. (b) Täterkreis Ausgehend von dem Definitionsvorschlag und den dazugehörigen Verbrechenselementen wird – in Übereinstimmung mit den Grundsätzen von Nürnberg und Tokio – heute das Aggressionsverbrechen als „Führungsverbrechen“ eingeordnet.441 Der Tatbestandsvorschlag und die Verbrechenselemente beziehen sich eindeutig auf diejenigen Personen als Täter, die im Rahmen einer political or military action of a State entsprechende Tathandlungen vornehmen.442 Damit ist der Täterkreis des Aggressionsverbrechens klar auf den relativ kleinen militärischen und politischen Führungskreis eines Staates beschränkt. Täter der Aggression können nur staatliche Akteure sein, die als Organe des Staates oder in dessen Auftrag handeln. Entscheidend für ihre Einordnung als Täter ist stets die tatsächliche Möglichkeit zur Leitung und Kontrolle, nicht ihre Rechtsstellung.443 Der Täter muss zwar nicht notwendigerweise die eigentliche Entscheidung über Krieg und Frie439

Dazu Hummrich, Der völkerrechtliche Straftatbestand der Aggression, 2001,

217. 440

Im Einklang mit der herrschenden Meinung zur Auslegung von Art. 2 Abs. 4 UN Charta fallen hierunter auch befriedete de facto Regime. s. Bothe, in: Vitzthum, Völkerrecht, 1997, 8. Abschn. I, Rn. 14. 441 Das IMT-Statut und das IMTFE-Statut enthielten zwar keine ausdrückliche Beschränkung des Täterkreises, aber den in Nürnberg und Tokio gesprochenen Urteilen lässt sich entnehmen, dass als Täter eines Verbrechens gegen den Frieden nur die Angehörigen der politischen und militärischen Führung in Frage kamen. 442 Vgl. Abs. 1 des Definitionsvorschlages und Ziff. 1 Elements of Crimes. 443 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 6. Teil, Rn. 1165.

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den treffen, aber sich doch an Aktivitäten beteiligen, die für die Planung, Vorbereitung, Einleitung oder das Führen einer Aggressionsaktes von wesentlicher Bedeutung sind.444 (c) Subjektiver Tatbestand Auf der subjektiven Tatseite muss die Planung, die Vorbereitung, das Befehlen, die Einleitung oder die Durchführung eines Aggressionsaktes vorsätzlich begangen werden.445 Über die vorsätzliche Begehung der im objektiven Tatbestand beschriebenen Handlungen hinaus muss der Täter einen aggressionsspezifischen Zweck verfolgen und zusätzlich eine Aggressionsabsicht (animus aggressionis) aufweisen.446 Erst die Einbeziehung des mit der bewaffneten Gewalt verfolgten Zwecks macht die Bezeichnung eines Handelns als „aggressiv“ möglich und rechtfertigt die Bestrafung wegen des Aggressionsverbrechens. Die Aggressionsabsicht setzt voraus, dass der Täter von der aggressiven Zielsetzung der Gewaltanwendung Kenntnis hatte und dennoch an der Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Durchführung der Aggression mitgewirkt hat. Option 2 von Abs. 1 des Definitionsentwurfs schreibt dem animus aggressionis gleichermaßen das Resultat einer militärischen Besetzung oder Annexion zu und stellt dadurch sicher, dass der Aggressionszweck in subjektiver Hinsicht im Tatbestand fixiert ist. Strebt danach ein Täter mit einem durch die UN-Charta verbotenen Angriff gegen die territoriale Integrität und politische Unabhängigkeit eines anderen Staates dessen militärische Besetzung oder gar Annexion an, ist der subjektive Tatbestand verwirklicht. c) Subsumtion des internationalen Terrorismus unter den Entwurf zum Aggressionsverbrechen aa) Nicht-staatlicher Terrorismus als Aggression Bei der Prüfung, ob Akte des internationalen Terrorismus den Tatbestandsvoraussetzungen des Aggressionsverbrechens genügen, erkennt man schnell, dass sich für die Strafbarkeit von individuellen Terrorakten, vorgenommen durch non-state actors, als mögliche Tatbestandsalternative der 444 Gaja, in: Cassese/Gaeta/Jones (Hrsg.), Vol. 1, 2002, 427 (437 f.); Dinstein, War, Aggression and Self-Defense, 3. Aufl., 2001, 122 f.; Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 6. Teil, Rn. 1165. 445 Vgl. Ziff. 3 Elements of Crimes. 446 Werle, Völkerstrafrecht, 2003, 6. Teil, Rn. 1170; Hummrich, Der völkerrechtliche Straftatbestand der Aggression, 2001, 218 f.

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Aggression Probleme ergeben. Hintergrund hierfür ist die Eingrenzung des Täterkreises auf ausschließlich staatliche Akteure. Der Tatbestand der Aggression beinhaltet die Anwendung bewaffneter Gewalt durch einen Staat gegen die Souveränität, territoriale Integrität oder politische Unabhängigkeit eines anderen Staates. Diese Qualifizierung kann damit einzig Akte des Staatsterrorismus erfassen; Handlungen des privaten, staatlich unabhängigen Terrorismus, sind eindeutig nicht in den derzeitigen Entwurf zum Aggressionsverbrechen aufgenommen. Mögen sich moderne Terrorgruppierungen auch durch eine komplexe, mitunter global vernetzte Organisationsstruktur auszeichnen, welche ihnen die Gefährlichkeit und die Größenordnung staatlichen Gewaltpotentials verleiht,447 so fehlt ihnen doch das zur Kriminalisierung erforderliche Element, eine effektive Möglichkeit zur Leitung und Kontrolle über die politischen oder militärischen Aktionen eines Staates auszuüben.448 Moderne Terrorgruppen sind heute weniger durch hierarchische Führung und schon gar nicht durch eine Kontrolle über einen Staat gekennzeichnet, sondern die Organisation nicht-staatlicher Terrorgruppen erfolgt autonom und zumeist selbständig durch flexible und untereinander vernetzte private Terrorzellen, die keinen Zugang zu staatlichen Entscheidungsgremien besitzen.449 So können selbst schwerste Angriffe gegen die Souveränität und territoriale Integrität eines anderen Staates, wie etwa die Terrorschläge vom 11. Septembers 2001, nicht als strafbares Aggressionsverhalten eingeordnet werden, da diese durch eine private Terrorgruppe vorgenommen wurden, welche keinerlei staatliche Anbindung aufweist, und der Angriff somit nicht als „Führungsverbrechen“ qualifiziert werden kann.450 Aus diesem Grund lässt sich mit Blick auf das Verbrechen der Aggression auch unter keinen Umständen eine individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit von Bin Ladin für seine Kontrolle und Leitung der Anschläge des 11. September 2001 begründen, da für eine solche conditio sine qua non ein staatlicher Bezug erforderlich ist, der hier nicht hergeleitet werden kann. Zu keinem Zeitpunkt gehörte das Netzwerk der Al Kaida den Taliban an, noch besaßen die Taliban effektive Kontrolle über den Terrorapparat dieser Organisation. Ausgehend von der Intensität und Schwere moderner Terrorangriffe ist diesen zuzugestehen, dass sie durchaus einen act of aggression nach Maßgabe der im Entwurf inkorporierten Art. 3 lit. a bis lit. g Aggressionsdefi447 Dazu etwa Tomuschat, EuGRZ 2002, 535 (540); Krajewski, AVR 2002, 183 (188 ff.). 448 Vgl. Art. 1 Definitionsvorschlag: „[. . .] being in a position effectively to exercise control over or to direct the political or military actions of a State [. . .]“. 449 s. dazu unter B. 3. c). 450 So auch Arnold, The ICC as a New Instrument for Repressing Terrorism, 2004, 332.

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nition darstellen können. Auftreten und Wirkung des internationalen Terrorismus kann dem militärischen Bombardement, der Invasion fremden Staatsgebietes oder dem Wirken bewaffneter Banden auf fremdem Boden gleichkommen. Doch bedarf es zur völkerrechtlichen Kriminalisierung von Aggressionsakten auch hier der Vornahme der entsprechenden Gewalthandlungen durch staatliche Einheiten, wie dies der Definitionsentwurf und die Verbrechenselemente belegen.451 Sofern militärische Einheiten eines Staates Terrorhandlungen in der Größenordnung vornehmen, die einem act of aggression gemäss Art. 3 Aggressionsdefinition entsprechen, können sie als Akte des Staatsterrorismus der Strafbarkeit der Aggression unterstellt werden; nicht-staatliche Terrorformen sind hingegen nicht als Aggressionsakte im Sinne des Entwurfs zu qualifizieren. bb) Staatsterrorismus als Aggression Ob staatliche Aggressionsakte definitiv dem Aggressionsverbrechen unterfallen und somit eine völkerrechtliche Kriminalisierung erfahren, kann vorliegend nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Der Entwurf weist acts of aggression als inkriminierte Verhaltensweisen aus, doch ist bislang nicht abschließend geklärt, ob jene das Ausmaß und die Intensität aufweisen müssen, die sie als war of aggression qualifizieren. Die im Entwurf enthaltenen Optionen zur inhaltlichen Ausgestaltung des Aggressionsverbrechens lassen diese Frage offen. Somit bleibt abzuwarten, für welchen Vorschlag sich die Staatenkonferenz entscheiden und wie hoch sie die Strafbarkeitsschwelle ansetzen wird. Die Klärung dieser definitorischen Unstimmigkeit hat aber ebenfalls wiederum nur Konsequenzen für die rechtliche Bewertung von Akten des Staatsterrorismus, da nur jene den Voraussetzungen eines war of aggression genügen. Befürwortet die Staatenkonferenz die Option, dass zukünftig nur solche Aggressionsakte kriminalisiert werden sollen, die auch einen Angriffskrieg darstellen, so kann sich mit Blick auf die Terrorproblematik hier allerdings eine Regelungslücke eröffnen, die es Staaten erlaubt, nicht-staatliche Terrorgruppen zu unterstützen, die Anschläge unterhalb der Schwelle eines war of aggression begehen, ohne dass sie eine Strafverfolgung durch den IStGH zu erwarten hätten.452 Die staatliche Verwendung von Massenvernichtungswaffen gegen einen anderen Staat als Mittel der Terrorführung dürfte dabei regelmäßig beide Tatbestandsalternativen erfüllen und sowohl als act of aggression und – angesichts ihrer verheerenden Wirkungen auf 451

Vgl. Abs. 2 Definitionsvorschlag und Ziff. 5 und 6 Elements of Crimes. So auch Arnold, The ICC as a New Instrument for Repressing Terrorism, 2004, 332. 452

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das Territorium und die Bevölkerung eines fremden Staates – als auch als war of aggression einzuordnen sein. Auf eine Unterscheidung der beiden Termini kommt es bei dem staatlichen Einsatz von atomaren, biologischen oder chemischen Waffen demnach nicht an, und eine derartige Ausgestaltung staatlicher Gewalt wird zwingend den Tatbestand des Verbrechens der Aggression erfüllen. Die subjektive Tatseite des Aggressionsverbrechens verlangt, dass dem Aggressor Vorsatz und eine Aggressionsabsicht nachzuweisen ist. Sofern der Täter dem militärischen oder politischen Führungskreis angehört und er bewusst und in Kenntnis der aggressiven Zielsetzung die Vornahme von staatlichen Terrorakten mit der Qualität von Aggressionshandlungen befiehlt oder sich daran aktiv beteiligt, erfüllt er die Voraussetzungen, die an den subjektiven Tatbestand des Aggressionsverbrechens zu stellen sind. Der erforderliche animus aggressionis ist insbesondere bei dem staatlichen Einsatz von Massenvernichtungswaffen zu bejahen, da für die militärische oder politische Führungsriege der aggressive Gehalt dieses Waffeneinsatzes offensichtlich ist. d) Zwischenergebnis Der Tatbestand der Aggression ist nicht nur das schwerwiegendste völkerrechtliche Verbrechen, er ist zugleich auch derjenige Tatbestand, dessen Bestrafung den erheblichsten Eingriff in die Souveränität eines Staates mit sich bringt. Die Problematik der individuellen Verantwortlichkeit für die Begehung von Aggressionsakten stellte daher eine der schwierigsten Fragen dar, der sich die Staatengemeinschaft vor, während und nach der IStGHGründungskonferenz gegenüber sah. Mit der vertraglichen Verankerung des Aggressionsverbrechens in Art. 5 IStGH-Statut wurde ein Kompromiss gefunden, der auf der einen Seite die Notwendigkeit der grundsätzlichen Aufnahme des Aggressionsverbrechens in das Statut anerkennt, auf der anderen Seite aber eine Einigung über die wesentlichen Tatbestandsmerkmale auf einen späteren Zeitpunkt hinausschiebt. Gemäß Art. 5 Abs. 2 IStGH-Statut kann die Strafgewalt des Gerichtshofes über das Verbrechen der Aggression erst ausgeübt werden, wenn eine Definition der Aggression ausgearbeitet ist. Dies ist frühestens im Jahr 2009 der Fall. Bis dahin sieht sich der IStGH nicht in der Lage, Akte der Aggression völkerrechtlich zu kriminalisieren. Insofern kann momentan auch eine tatsächliche Einordnung von Terrorakten unter diesen völkerrechtlichen Tatbestand nicht erfolgen. Anhand der Entwürfe der Vorbereitungskommission, die als Arbeitsgrundlage von der Staatenkonferenz übernommen worden sind, lässt sich jedoch rechtswissenschaftlich erfassen, was das Aggressionsverbrechen für

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die Kriminalisierung von Akten des internationalen Terrorismus bereithält. Inhaltlich konzentriert sich die derzeit gültige Entwurfsfassung des Aggressionsverbrechens auf den Umriss objektiver und subjektiver Tatbestandsmerkmale sowie auf die Beteiligung des UN-Sicherheitsrates an der Strafverfolgung des Aggressionsverbrechens.453 Die objektiven Merkmale legen die Aggression eindeutig als „Führungsverbrechen“ aus, so dass als Täter ausschließlich nur staatliche Akteure in Betracht kommen. Gewaltakte des nicht-staatlichen Terrorismus sind – unabhängig von ihrer Intensität und Schwere sowie der Verletzung geschützter staatlicher Interessen – nicht strafbewehrt und können derzeit nicht unter den Tatbestand der Aggression subsumiert werden. Der Täterkreis jener staatlichen Akteure, die das Aggressionsverbrechen begehen können, ist dabei klar auf den relativ kleinen militärischen und politischen Führungskreis eines Staates beschränkt. Entscheidend für ihre Einordnung als Täter ist die effektive Möglichkeit zur Leitung und Kontrolle von terroristischen Aktivitäten, die für die Planung, Vorbereitung, Einleitung oder das Führen eines Aggressionsaktes von wesentlicher Bedeutung sind. Ob sich die Vornahme der terroristischen Handlung als act of aggression oder als war of aggression darstellen muss, lässt der Entwurf offen. Es bleibt die Aufgabe der Staatenkonferenz festzulegen, wie hoch die Schwelle der Strafbarkeit künftig anzusetzen ist. So sehr die objektiven Merkmale der Aggression im weiteren Verlauf der Arbeiten der Staatenkonferenz auch präzisiert werden, alle denkbaren Fälle der Aggression werden nicht zu erfassen sein. Die staatliche Verwendung von Massenvernichtungswaffen gegen einen anderen Staat als Mittel der Terrorführung dürfte jedoch alle inhaltlichen Hürden des Aggressionsverbrechens übersteigen und aus diesem Grunde zwingend den Tatbestand der Aggression erfüllen. Sofern eine juristisch adäquate Tatbestandsgrundlage für das Verbrechen der Aggression ausgearbeitet werden kann, die den völkerrechtlichen Anforderungen an ein Strafgesetz entspricht, ist hiermit die Möglichkeit gegeben, den staatlichen Gebrauch von Massenvernichtungswaffen zukünftig auf der völkerrechtlichen Ebene zu kriminalisieren.

453 Vgl. Draft Resolution of the Assembly of States Parties on the Continuity of Work in Respect of the Crime of Aggression. Report of the Preparatory Commission for the International Criminal Court (continued), Addendum, Part II, Proposals for a provision on the crime of aggression, Discussion Paper proposed by the Coordinator, UN Doc. PCNICC/2002/2/Add.2 v. 24.07.2002, 3 ff.

E. Resümee Terroristen sind zuvörderst Straftäter nach Maßgabe des nationalen Rechts. Nationale Strafnormen stellen sich als griffiges Instrumentarium dar, sofern Terrorismus als „gewöhnliches“ Verbrechen angesehen wird. Akte des internationalen Terrorismus können so als herkömmliche kriminelle Verhaltensweisen unter einzelne Straftatbestände des nationalen Rechts subsumiert werden. Moderne Akte des internationalen Terrorismus stellen jedoch keine „gewöhnlichen“ Verbrechen mehr dar. Sie zeichnen sich durch eine neue Dimension terroristischer Gewalt aus, die über den Unrechtsgehalt von nationalen Strafnormen hinausgeht. Indem Terrorakte die Zivilgesellschaft als Ganzes sowie den Frieden und die internationale Sicherheit bedrohen, heben sie sich unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten von Verbrechen des innerstaatlichen Strafrechts ab. Ihnen kommt eine völkerrechtliche Qualität zu, folglich muss auch ihr spezifischer Unrechtsgehalt völkerrechtlich erfasst werden. Eine adäquate Ahndung der Verletzung völkerrechtlicher Schutzgüter und die Abgeltung des völkerrechtlichen Unrechtsgehalts internationaler Terrorakte sind nur durch die Errichtung einer internationalen Strafgewalt möglich. Diese soll die nationalen Kompetenzen zur Strafverfolgung terroristischer Verbrechen zwar nicht ersetzen, sie muss diese aber ergänzen, um bestehende Strafbarkeitslücken zu schließen. Bislang existiert eine derartige Regelung zur Bestrafung des Terrorismus im Völkerrecht allerdings nicht. Zwar besteht eine Vielzahl von universellen und regionalen Abkommen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus; diese verpflichten die Vertragsstaaten aber lediglich zu konkreten Verhaltensnormen bezüglich einzelner Terrorgefahren. Gegenstand dieser Anti-Terrorismus-Abkommen sind typische Aktionsformen terroristischer Gewalt, wie etwa Flugzeugentführungen, Geiselnahme oder Sprengstoffdelikte, sie betreffen damit nur einen Ausschnitt des terroristischen Handlungsspektrums. Der internationale Terrorismus neuer Dimension zeichnet sich aber gerade durch atypische Aktionsformen (schwere konventionelle Terroranschläge und solche mittels Massenvernichtungswaffen und elektronischer Daten) aus. In diesen Bereichen greifen die herkömmlichen Regelungswerke schlichtweg zu kurz: Die Anti-Terrorismus-Abkommen auf UNEbene beschränken sich ausschließlich auf den klassischen Bereich der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen. Die speziellen terroristischen

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E. Resümee

Verhaltensweisen werden nur als auslieferungsfähige Delikte behandelt. Da einerseits Terrororganisationen heute weltweit operieren und andererseits die Staaten einer unterschiedlichen Auslieferungspraxis folgen, besteht in der Gesamtbetrachtung eine defizitäre Strafverfolgung. Speziell im Bereich der Kriminalisierung von Massenvernichtungswaffen existieren derzeit noch elementare Strafbarkeitslücken. Bei der Bekämpfung von atomarem und chemischem Terrorismus sowie Terrorismus mittels Biowaffen existieren zwar erste Ansätze einer multilateralen Regelung, doch unterliegen diese – als Waffenkontrollabkommen – keinem strafrechtlichen Ansatz. Eine völkerrechtliche Kriminalisierung von Akten des Bio- und Chemieterrorismus sowie von Cyberterrorismus gibt es damit nach dem Völkervertragsrecht nicht. Einzig im Bereich atomarer Terroraktivitäten ist der Staatengemeinschaft mit dem Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung von Akten des Nuklearterrorismus jüngst ihr erstes kriminalisierendes Regelungswerk gelungen. Eine konsequente Anwendung der Vertragsbestimmungen wird das Risiko des nicht-staatlichen Atomterrorismus zweifellos eindämmen. Ausgehend von den Defiziten im nationalen Recht, terroristische Gewaltakte neuer Dimension zu erfassen, sowie in Ermangelung kriminalisierender Regelungen sowohl im Völkervertrags- als auch im Völkergewohnheitsrecht sieht es die Verfasserin als geboten an, die Zuständigkeit des IStGH auf Akte des internationalen Terrorismus zu erstrecken. Die Einbeziehung des Terrorismus in den sachlichen Zuständigkeitsbereich des IStGH ist jedoch derzeit nicht vorgesehen; die Bewertung terroristischer Straftaten und deren mögliche Aufnahme in das Statut wurde auf die – gemäß Art. 123 IStGHStatut im Jahr 2009 stattfindende – Überprüfungskonferenz vertagt. Die Aktualität und Intensität der terroristischen Bedrohung verlangen aber nach einer sofortigen Debatte über die Aufnahme des Terrorismus in das IStGHStatut. Ausgehend von der begrenzten sachlichen Zuständigkeit des IStGH für die Kernverbrechen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Aggression hat die Untersuchung ergeben, dass Akte des internationalen Terrorismus, die im Rahmen eines bewaffneten Konflikts begangen werden, gemäß Art. 8 IStGH-Statut als Kriegsverbrechen strafbar sind. Sie umfassen im Einzelnen Terrorismus spezifische Kriegsverbrechen gegen Personen, wenn sie die vorsätzliche Tötung einer Vielzahl von am Konflikt unbeteiligten Personen verursachen oder die Misshandlungstatbestände erfüllen. Sie können ebenfalls den Tatbestand der Geiselnahme nach Art. 8 Abs. 2 lit. a (viii), Art. 8 Abs. 2 lit. c (iii) IStGHStatut erfüllen. Sofern Terrorakte zur Zerstörung von Sacheigentum führen, liegen die Voraussetzungen der Kriegsverbrechen gegen das Eigentum nach Art. 8 Abs. 2 lit. a (iv) 1. Alt., Art. 8 Abs. 2 lit b (xiii) 1. Alt. und Art. 8 Abs. 2 lit. e (xii) 1. Alt. IStGH-Statut vor. Als Kriegsverbrechen des Ein-

E. Resümee

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satzes verbotener Kampfmethoden werden gemäß Art. 8 Abs. 2 lit. b (i), (ii), (ix) und (xxiv) sowie Art. 8 Abs. 2 lit. e (i), (ii) und (iv) IStGH-Statut terroristische Angriffe auf nicht-militärische Ziele kriminalisiert. Die terroristische Verwendung von Massenvernichtungswaffen und elektronischen Daten verstößt hier regelmäßig gegen das Verbot des Einsatzes unterschiedsloser Waffen und ist aus diesem Grunde als Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Kampfmethoden strafbar. Indem die Generalklausel des Art. 8 Abs. 2 lit. b (xx) IStGH-Statut nicht auf konventionelle Waffen beschränkt ist, eröffnet diese Norm darüber hinaus die Option, speziell den Einsatz biologischer und chemischer Massenvernichtungswaffen sowie elektronischer Daten als verbotene Kampfmittel unter Strafe zu stellen. Bei der Verfolgung von ausgedehnten und systematischen Terrorangriffen gegen die Zivilbevölkerung in Friedenszeiten ist der Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit erfüllt. Die Weite des Tatbestandes in Art. 7 IStGH-Statut bietet hier die Möglichkeit, Terrorakte auf der völkerrechtlichen Ebene zu kriminalisieren, die von einzelnen internationalen Terroristen oder autonom agierenden Terrorgruppierungen begangen werden. Insbesondere die Auffangvorschrift des Art. 7 Abs. 1 lit. k IStGH-Statut stellt sich als geeignete Norm des Völkerstrafrechts dar, atypische und auch zukünftige Erscheinungsformen des internationalen Terrorismus abzudecken. Die Tatbestände des Völkermordes und der Aggression sind nicht einschlägig. Hinsichtlich des Tatbestandes des Völkermordes konnte herausgearbeitet werden, dass terroristischen Akteuren die erforderliche Zerstörungsabsicht im Einzelnen nur schwer nachzuweisen ist. Dem Tatbestand der Aggression mangelt es bislang an Rechtswirkung; ferner legen die objektiven Merkmale die Aggression eindeutig als „Führungsverbrechen“ aus, so dass als Täter ausschließlich staatliche Akteure in Betracht kommen. Handlungen des nicht-staatlichen Terrorismus sind – unabhängig von ihrer Intensität und Schwere sowie der Verletzung geschützter staatlicher Interessen – damit nicht strafbewehrt. Ob der Tatbestand der Aggression zukünftig die Möglichkeit eröffnet, Akte des Staatsterrorismus aufzufangen, ist unklar. Dass die Aufnahme des Aggressionstatbestandes in einem langwierigen und umständlichen Statutänderungsverfahren zu verabschieden ist, spricht gegen eine zügige Einigung vor dem Jahr 2009. Vor dem Hintergrund atypischer Terrorgefahren ist die Frage nach der völkerrechtlichen Strafbarkeit des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen unter dem IStGH-Statut dringlich, dennoch wurde sie aus politischen Gründen „übergangen“ und auf einen späteren Zeitpunkt verlegt. Atomare, biologische und chemische Kampfstoffe sowie Cyberwaffen können dem Wortlaut nach als Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Kampfmittel ge-

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E. Resümee

mäß Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii), (xviii) und (xx) Eingang in das IStGH-Statut finden. Doch werden Nuklearwaffen grundsätzlich nicht vom Statut erfasst. Für biologische, chemische sowie elektronische Ausführungsformen des internationalen Terrorismus finden diese Regelungen ebenfalls keine Anwendung, da die benannten Kampfmittel aufgrund politischer Erwägungen derzeit explizit vom IStGH-Statut ausgeschlossen sind. Um hier eine völkerrechtliche Kriminalisierung zu erreichen, ist auf die von der Staatenversammlung des IStGH-Statuts zukünftig noch zu verabschiedende Verbotsliste zu verweisen. Mit der Annahme dieses politischen Kompromisses hat die internationale Gemeinschaft die greifbare Möglichkeit ausgelassen, Terrorakte mittels Massenvernichtungswaffen erstmalig und richtungweisend auf der völkerrechtlichen Ebene zu kriminalisieren. Mag im Jahr 1998, dem Gründungsjahr des IStGH, die terroristische Verwendung von Massenvernichtungswaffen zwar kein grundlegend neues, aber dennoch futuristisches Konzept terroristischer Ausgestaltung gewesen sein, hat sich diese Einschätzung zu Beginn des neuen Jahrtausends und spätestens mit den Anschlägen vom 11. September 2001 in eine reale Bedrohung verwandelt, die sich momentan nicht – und dies ist rechtspolitisch bedauerlich – durch das IStGHStatut auffangen lässt. Die gewonnenen Erkenntnisse lassen sich wie folgt thesenartig zusammenfassen: 1. Der internationale Terrorismus hat sich strukturell, technisch und logistisch weiterentwickelt. Akte des internationalen Terrorismus zeichnen sich durch eine neue Dimension terroristischer Gewalt aus und können heute die höchsten völkerrechtlichen Schutzgüter verletzen: Mit der Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit durch internationale Terrorakte sind zwei Zielbestimmungen der Vereinten Nationen betroffen, die zugleich auch im Zentrum des Völkerstrafrechts stehen. 2. Durch die Verletzung völkerrechtlicher Schutzgüter heben sich moderne Akte des internationalen Terrorismus unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten von Verbrechen des innerstaatlichen Strafrechts ab. Ihnen kommt eine besondere völkerrechtliche Qualität zu, deren spezifischer Unrechtsgehalt auch völkerrechtlich erfasst werden muss. Eine solche Erfassung ist nicht Zweck herkömmlicher Strafnormen, so dass eine adäquate Ahndung der Verletzung völkerrechtlicher Schutzgüter und der Abgeltung des völkerrechtlichen Unrechtsgehalts internationaler Terrorakte unterbleibt. Das Erfordernis einer internationalen Strafverfolgung für terroristische Gewaltakte tritt offen zu Tage. Diese soll zwar die nationalen Kompetenzen zur Strafverfolgung terroristischer Verbrechen nicht ersetzen, muss sie aber ergänzen, um das verletzte Normbewusstsein der internationalen Gemeinschaft wiederherzustellen.

E. Resümee

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3. Der gescheiterte Versuch der internationalen Staatengemeinschaft, sich auf eine allgemein anerkannte Definition des internationalen Terrorismus zu einigen, hat dazu geführt, dass die Kriminalisierung terroristischer Gewaltakte im Bereich des Völkervertragsrecht bislang einzelnen, bereichsspezifischen Anti-Terrorismus-Abkommen vorbehalten bleibt. Durch die bestehenden Konventionen werden jedoch nur typische Aktionsformen terroristischer Gewalt (z. B. Flugzeugentführungen, Geiselnahme oder Sprengstoffdelikte) erfasst. Diese speziellen terroristischen Aktionsformen sind lediglich in den nationalen Rechtsordnungen unter Strafe gestellt. Sie unterliegen nur indirekt der Strafbarkeit nach Völkerrecht; eine direkte Strafbarkeit nach Völkerrecht kann auch aus dem Völkergewohnheitsrecht nicht hergeleitet werden. 4. Herkömmliche Formen des Terrorismus werden auch zukünftig der Kriminalisierung bedürfen, doch liegt der Mangel der Abkommen eindeutig darin, dass sie den neuen Herausforderungen durch atypische Terrorformen nicht gewachsen sind. Im Bereich der Bekämpfung von biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen existieren erste Ansätze einer multilateralen Regelung, doch handelt es sich hierbei um Instrumente der internationalen Waffenkontrolle, nicht der Strafverfolgung. Moderne Gefahren durch cyberterroristische Angriffe werden durch keine UN-Konvention abgedeckt. 5. Mit dem Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung von Akten des Nuklearterrorismus aus dem Jahr 2005 ist erstmalig ein völkerrechtliches Anti-Terrorismus-Instrument verabschiedet, welches die (indirekte) Kriminalisierung von Terrorakten mittels nuklearen Materialien vorsieht. Bislang mangelt es dem Übereinkommen jedoch an völkerrechtlicher Gültigkeit und damit an praktischer Bedeutung. 6. Ausgehend von den materiell-rechtlichen Defiziten im Völkervertragsund Völkergewohnheitsrecht, terroristische Gewaltakte direkt zu kriminalisieren, ist es geboten, die Zuständigkeit des IStGH auf Akte des internationalen Terrorismus zu erstrecken. Das IStGH-Statut enthält allerdings keinen eigenen Tatbestand des internationalen Terrorismus. Terroristische Gewaltakte sind aus diesem Grund unter die bestehenden völkerrechtlichen Straftatbestände, namentlich Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Aggression, einzuordnen. 7. Der Tatbestand des Völkermordes (Art. 6 IStGH-Statut) ist wegen der in der Regel fehlenden, aber erforderlichen Zerstörungsabsicht nicht zur Kriminalisierung von Akten des internationalen Terrorismus geeignet. Ebenso wenig ist der Tatbestand der Aggression einschlägig.

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E. Resümee

8. Für die Verfolgung von ausgedehnten und systematischen Terrorangriffen gegen die Zivilbevölkerung in Friedenszeiten ist der Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit einschlägig. Art. 7 IStGH-Statut ist damit eine „wertvolle“ Norm zur Strafverfolgung insbesondere von schwerwiegenden, nicht-staatlichen Terrorakten. 9. Die Strafbarkeit von terroristischen Gewalttaten als Kriegsverbrechen nach Art. 8 IStGH-Statut kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Terrorakte im Rahmen eines bewaffneten Konfliktes stattfinden. Sie stellen sich im Einzelnen als Terrorismus spezifische Kriegsverbrechen gegen Personen und gegen das Eigentum da. Darüber hinaus erfüllen Terrorakte – insbesondere solche mittels atomarer, biologischer und chemischer Massenvernichtungswaffen und elektronischen Daten – den Tatbestand der Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Kampfmethoden. 10. Atomare, chemische und biologische Massenvernichtungswaffen zählen nicht zu den verbotenen Kampfstoffen im Sinne von Art. 8 Abs. 2 lit. b (xvii), (xviii) und (xx) IStGH-Statut. Atomwaffen werden hierunter grundsätzlich nicht erfasst. Chemische und biologische Massenvernichtungswaffen sowie der Einsatz von Daten fallen zwar abstrakt unter die völkerrechtlichen Kampfmittelverbote für den internationalen bewaffneten Konflikt. Derzeit sind sie aber von der konkreten Strafverfolgung ausgeschlossen; der Strafbarkeit unterliegen sie erst, wenn sie Eingang in die von der Staatenversammlung des IStGH-Statuts zukünftig zu verabschiedenden Verbotsliste finden. Obgleich der Zugriff des Völkerstrafrechts auf moderne terroristische Straftaten in der Sache erst zurückhaltend besteht, spricht sich die vorliegende Arbeit ausdrücklich für die Internationalisierung der Strafbarkeit terroristischen Verhaltens aus. Sie fordert eine „Übernahme“ strafrechtlicher Befugnisse durch die internationale Gemeinschaft. Die Einordnung von Akten des internationalen Terrorismus als dem IStGH-Statut zugängliche Delikte ist dabei als „Endpunkt“ einer Entwicklung anzusehen, in der das Strafrecht schrittweise internationalisiert und zukünftig – nach Verdichtung der rechtlichen Standards – auch durchgesetzt wird.

Anhang Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 (Auszug) Artikel 5 Der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegende Verbrechen (1) Die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs ist auf die schwersten Verbrechen beschränkt, welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren. Die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs erstreckt sich nach Maßgabe dieses Statuts auf folgende Verbrechen: a) das Verbrechen des Völkermords; b) Verbrechen gegen die Menschlichkeit; c) Kriegsverbrechen; d) das Verbrechen der Aggression. (2) Der Gerichtshof übt die Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression aus, sobald im Einklang mit den Artikeln 121 und 123 eine Bestimmung angenommen worden ist, die dieses Verbrechen definiert und die Bedingungen für die Ausübung dieser Gerichtsbarkeit festlegt. Diese Bestimmung muss mit den einschlägigen Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen vereinbar sein. Artikel 6 Völkermord Für die Zwecke dieses Statuts bedeutet „Völkermord“ jede der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören: a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe; b) Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe; c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen; d) Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind; e) gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.

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Anhang Artikel 7 Verbrechen gegen die Menschlichkeit

(1) Für die Zwecke dieses Statuts bedeutet „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ jede der folgenden Handlungen, die als Teil eines groß angelegten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung in Kenntnis des Angriffs begangen wird: a) Mord; b) Ausrottung; c) Versklavung; d) Vertreibung oder Zwangsumsiedlung der Bevölkerung; e) Freiheitsentzug oder sonstige schwere Entziehung der körperlichen Freiheit unter Verstoß gegen die Grundregeln des Völkerrechts; f) Folter; g) Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Zwangsprostitution, erzwungene Schwangerschaft, Zwangssterilisation oder jede andere Form sexueller Gewalt vergleichbarer Schwere; h) Verfolgung einer identifizierbaren Gruppe oder Gemeinschaft aus politischen, rassischen, nationalen, ethnischen, kulturellen oder religiösen Gründen, Gründen des Geschlechts im Sinne des Absatzes 3 oder aus anderen nach dem Völkerrecht universell als unzulässig anerkannten Gründen im Zusammenhang mit einer in diesem Absatz genannten Handlung oder einem der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegenden Verbrechen; i) Verschwindenlassen von Personen; j) das Verbrechen der Apartheid; k) andere unmenschliche Handlungen ähnlicher Art, mit denen vorsätzlich große Leiden oder eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der geistigen oder körperlichen Gesundheit verursacht wird. (2) Für die Zwecke des Absatzes 1 a) bedeutet „Angriff gegen die Zivilbevölkerung“ eine Verhaltensweise, die mit der mehrfachen Begehung der in Absatz 1 genannten Handlungen gegen eine Zivilbevölkerung verbunden ist, in Anwendung der auf die Verübung eines solchen Angriffs gerichteten Politik eines Staates oder einer Organisation oder zur Unterstützung dieser Politik; b) umfasst „Ausrottung“ die vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen unter anderem das Vorenthalten des Zugangs zu Nahrungsmitteln und Medikamenten-, mit denen beabsichtigt ist, die Vernichtung eines Teiles einer Bevölkerung herbeizuführen; c) bedeutet „Versklavung“ die Ausübung aller oder einzelner mit dem Eigentumsrecht an einer Person verbundenen Befugnisse und umfasst die Ausübung dieser Befugnisse im Zuge des Menschenhandels, insbesondere des Handels mit Frauen und Kindern;

Anhang

283

d) bedeutet „Vertreibung oder Zwangsumsiedlung der Bevölkerung“ die zwangsweise Verbringung der betroffenen Personen durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen ohne völkerrechtlich zulässige Gründe aus dem Gebiet, in dem sie sich rechtmäßig aufhalten; e) bedeutet „Folter“ den Umstand, dass einer im Gewahrsam oder unter der Kontrolle des Beschuldigten befindlichen Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden; Folter umfasst jedoch nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind; f) bedeutet „erzwungene Schwangerschaft“ die rechtswidrige Freiheitsentziehung einer zwangsweise geschwängerten Frau in der Absicht, die ethnische Zusammensetzung einer Bevölkerung zu beeinflussen oder andere schwere Verstöße gegen das Völkerrecht zu begehen. Diese Begriffsbestimmung ist nicht so auszulegen, als berühre sie innerstaatliche Gesetze im Zusammenhang mit Schwangerschaft; g) bedeutet „Verfolgung“ den völkerrechtswidrigen, vorsätzlichen schweren Entzug von Grundrechten aufgrund der Identität der Gruppe oder der Gemeinschaft; h) bedeutet „Verbrechen der Apartheid“ unmenschliche Handlungen ähnlicher Art wie die in Absatz 1 genannten, die im Zusammenhang mit einem institutionalisierten Regime der systematischen Unterdrückung und Beherrschung einer oder mehrerer rassischer Gruppen durch eine andere rassische Gruppe sowie in der Absicht begangen werden, dieses Regime aufrechtzuerhalten; i) bedeutet „Verschwindenlassen“ von Personen“ die Festnahme, den Freiheitsentzug oder die Entführung von Personen durch einen Staat oder eine politische Organisation oder mit Ermächtigung, Unterstützung oder Duldung des Staates oder der Organisation, gefolgt von der Weigerung, diese Freiheitsberaubung anzuerkennen oder Auskunft über das Schicksal oder den Verbleib dieser Personen zu erteilen in der Absicht, sie für lange Zeit dem Schutz des Gesetzes zu entziehen. (3) Für die Zwecke dieses Statuts wird davon ausgegangen, dass der Ausdruck „Geschlecht“ sich auf die beiden Geschlechter, Mann und Frau, im gesellschaftlichen Zusammenhang bezieht. Der Ausdruck „Geschlecht“ hat keine andere als die vorgenannte Bedeutung.

Artikel 8 Kriegsverbrechen (1) Der Gerichtshof hat Gerichtsbarkeit in Bezug auf Kriegsverbrechen, insbesondere wenn diese als Teil eines Planes oder einer Politik oder als Teil einer Begehung solcher Verbrechen in großem Umfang verübt werden.

284

Anhang

(2) Für die Zwecke dieses Statuts bedeutet „Kriegsverbrechen“ a) schwere Verletzungen der Genfer Abkommen vom 12. August 1949, nämlich die folgenden Handlungen gegen die nach den Bestimmungen des jeweiligen Genfer Abkommens geschützten Personen oder Güter: i)

vorsätzliche Tötung;

ii)

Folterung oder unmenschliche Behandlung einschließlich biologischer Versuche;

iii) vorsätzliche Verursachung großer Leiden oder schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Gesundheit; iv)

Zerstörung und Aneignung von Eigentum, die durch militärische Erfordernisse nicht gerechtfertigt sind und in großem Ausmaß rechtswidrig und willkürlich vorgenommen werden;

v)

Nötigung eines Kriegsgefangenen oder einer anderen geschützten Person zum Dienst in den Streitkräften einer feindlichen Macht;

vi)

vorsätzlicher Entzug des Rechts eines Kriegsgefangenen oder einer anderen geschützten Person auf ein faires und ordentliches Gerichtsverfahren;

vii) rechtswidrige Verschleppung oder Verschickung oder rechtswidrige Gefangenhaltung; viii) Geiselnahme; b) andere schwere Verstöße gegen die im internationalen bewaffneten Konflikt innerhalb des feststehenden Rahmens des Völkerrechts anwendbaren Gesetze und Gebräuche, nämlich jede der folgenden Handlungen: i)

vorsätzliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung als solche oder auf einzelne Zivilpersonen, die an den Feindseligkeiten nicht unmittelbar teilnehmen;

ii)

vorsätzliche Angriffe auf zivile Objekte, das heißt auf Objekte, bei denen es sich nicht um militärische Ziele handelt;

iii) vorsätzliche Angriffe auf Personal, Einrichtungen, Material, Einheiten oder Fahrzeuge, die an einer humanitären Hilfsmission oder friedenserhaltenden Mission im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen beteiligt sind, solange sie Anspruch auf den Schutz haben, der Zivilpersonen oder zivilen Objekten nach dem internationalen Recht des bewaffneten Konflikts gewährt wird; iv)

vorsätzliches Einleiten eines Angriffs in der Kenntnis, dass dieser auch Verluste an Menschenleben, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder weit reichende, langfristige und schwere Schäden an der natürlichen Umwelt verursachen wird, die eindeutig in keinem Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen;

v)

der Angriff auf unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, die keine militärischen Ziele sind oder deren Beschießung, gleichviel mit welchen Mitteln;

Anhang vi)

285

die Tötung oder Verwundung eines die Waffen streckenden oder wehrlosen Kombattanten, der sich auf Gnade oder Ungnade ergeben hat; vii) der Missbrauch der Parlamentärflagge, der Flagge oder der militärischen Abzeichen oder der Uniform des Feindes oder der Vereinten Nationen sowie der Schutzzeichen der Genfer Abkommen, wodurch Tod oder schwere Verletzungen verursacht werden; viii) die unmittelbare oder mittelbare Überführung durch die Besatzungsmacht von Teilen ihrer eigenen Zivilbevölkerung in das von ihr besetzte Gebiet oder die vollständige oder teilweise Verschleppung oder Überführung der Bevölkerung des besetzten Gebiets innerhalb oder außerhalb dieses Gebiets; ix) vorsätzliche Angriffe auf Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind, auf geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete, sofern es sich nicht um militärische Ziele handelt; x) die Verstümmelung von Personen, die sich in der Gewalt einer gegnerischen Partei befinden, oder die Vornahme medizinischer oder wissenschaftlicher Versuche jeder Art an diesen Personen, die nicht durch deren ärztliche, zahnärztliche oder Krankenhausbehandlung gerechtfertigt sind oder in ihrem Interesse durchgeführt werden und zu ihrem Tod führen oder eine ernste Gefahr für ihre Gesundheit darstellen; xi) die meuchlerische Tötung oder Verwundung von Angehörigen des feindlichen Volkes oder Heeres; xii) die Erklärung, dass kein Pardon gegeben wird; xiii) die Zerstörung oder Beschlagnahme feindlichen Eigentums, sofern diese nicht durch die Erfordernisse des Krieges dringend geboten ist; xiv) die Erklärung, dass Rechte und Forderungen von Angehörigen der Gegenpartei aufgehoben, zeitweilig ausgesetzt oder vor Gericht unzulässig sind; xv) der Zwang gegen Angehörige der Gegenpartei, an den Kriegsunternehmungen gegen ihr eigenes Land teilzunehmen, selbst wenn sie bereits vor Ausbruch des Krieges im Dienst des Kriegführenden standen; xvi) Plünderung einer Stadt oder Ansiedlung, selbst wenn sie im Sturm genommen wurde; xvii) die Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen; xviii) die Verwendung erstickender, giftiger oder gleichartiger Gase sowie aller ähnlichen Flüssigkeiten, Stoffe oder Vorrichtungen; xix) die Verwendung von Geschossen, die sich im Körper des Menschen leicht ausdehnen oder flachdrücken wie beispielsweise Geschosse mit einem den Kern nicht ganz umschließenden oder mit Einschnitten versehenen harten Mantel;

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Anhang xx)

der Einsatz von Waffen, Geschossen, Stoffen und Methoden der Kriegführung, die ihrer Art nach überflüssige Verletzungen oder unnötige Leiden verursachen oder die unter Verstoß gegen das internationale Recht des bewaffneten Konflikts ihrer Natur nach unterschiedslos wirken; diese Waffen, Geschosse, Stoffe und Methoden der Kriegführung müssen jedoch Gegenstand eines umfassenden Verbots sein und mittels einer Änderung entsprechend den einschlägigen Bestimmungen in den Artikeln 121 und 123 in einer Anlage dieses Statuts enthalten sein;

xxi)

die Beeinträchtigung der persönlichen Würde, namentlich eine erniedrigende und entwürdigende Behandlung;

xxii) Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Zwangsprostitution, erzwungene Schwangerschaft im Sinne des Artikels 7 Absatz 2 Buchstabe f, Zwangssterilisation oder jede andere Form sexueller Gewalt, die ebenfalls eine schwere Verletzung der Genfer Abkommen darstellt; xxiii) Benutzung der Anwesenheit einer Zivilperson oder einer anderen geschützten Person, um Kampfhandlungen von gewissen Punkten, Gebieten oder Streitkräften fernzuhalten; xxiv) vorsätzliche Angriffe auf Gebäude, Material, Sanitätseinheiten, Sanitätstransporte und Personal, die im Einklang mit dem Völkerrecht mit den Schutzzeichen der Genfer Abkommen versehen sind; xxv) die vorsätzliche Aushungerung von Zivilpersonen als Methode der Kriegführung durch die Vorenthaltung von Gegenständen, die für ihr Überleben unverzichtbar sind, namentlich durch die vorsätzliche Behinderung von Hilfslieferungen, wie sie nach den Genfer Abkommen vorgesehen sind; xxvi) Zwangsverpflichtung oder Einziehung von Kindern unter fünfzehn Jahren in die nationalen Streitkräfte oder ihre Verwendung zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten; c) im Fall eines bewaffneten Konflikts, der keinen internationalen Charakter hat, schwere Verstöße gegen den vier Genfer Abkommen vom 12. August 1949 gemeinsamen Artikel 3, nämlich die Verübung jeder der folgenden Handlungen gegen Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Angehörigen der Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die durch Krankheit, Verwundung, Gefangennahme oder eine andere Ursache kampfunfähig geworden sind: i)

Gewalt gegen das Leben und die Person, namentlich Tötung jeder Art, Verstümmelung, grausame Behandlung und Folter;

ii)

Beeinträchtigung der persönlichen Würde, namentlich erniedrigende und entwürdigende Behandlung;

iii) Geiselnahme; iv)

Verurteilungen und Hinrichtungen ohne vorhergehendes Urteil eines ordentlich bestellten Gerichts, das die allgemein als unerlässlich anerkannten Rechtsgarantien bietet;

Anhang

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d) Absatz 2 Buchstabe c findet Anwendung auf bewaffnete Konflikte, die keinen internationalen Charakter haben; er gilt somit nicht für Fälle innerer Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten oder andere ähnliche Handlungen; e) andere schwere Verstöße gegen die im bewaffneten Konflikt, der keinen internationalen Charakter hat, innerhalb des feststehenden Rahmens des Völkerrechts anwendbaren Gesetze und Gebräuche, nämlich jede der folgenden Handlungen: i) vorsätzliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung als solche oder auf einzelne Zivilpersonen, die an den Feindseligkeiten nicht unmittelbar teilnehmen; ii) vorsätzliche Angriffe auf Gebäude, Material, Sanitätseinheiten, Sanitätstransporte und Personal, die im Einklang mit dem Völkerrecht mit den Schutzzeichen der Genfer Abkommen versehen sind; iii) vorsätzliche Angriffe auf Personal, Einrichtungen, Material, Einheiten oder Fahrzeuge, die an einer humanitären Hilfsmission oder friedenserhaltenden Mission im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen beteiligt sind, solange sie Anspruch auf den Schutz haben, der Zivilpersonen oder zivilen Objekten nach dem internationalen Recht des bewaffneten Konflikts gewährt wird; iv) vorsätzliche Angriffe auf Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind, auf geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete, sofern es sich nicht um militärische Ziele handelt; v) Plünderung einer Stadt oder Ansiedlung, selbst wenn sie im Sturm genommen wurde; vi) Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Zwangsprostitution, erzwungene Schwangerschaft im Sinne des Artikels 7 Absatz 2 Buchstabe f, Zwangssterilisation und jede andere Form sexueller Gewalt, die ebenfalls einen schweren Verstoß gegen den vier Genfer Abkommen gemeinsamen Artikel 3 darstellt; vii) Zwangsverpflichtung oder Einziehung von Kindern unter fünfzehn Jahren in Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen oder ihre Verwendung zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten; viii) Anordnung der Verlegung der Zivilbevölkerung aus Gründen im Zusammenhang mit dem Konflikt, sofern dies nicht im Hinblick auf die Sicherheit der betreffenden Zivilpersonen oder aus zwingenden militärischen Gründen geboten ist; ix) die meuchlerische Tötung oder Verwundung eines gegnerischen Kombattanten; x) die Erklärung, dass kein Pardon gegeben wird; xi) die Verstümmelung von Personen, die sich in der Gewalt einer anderen Konfliktpartei befinden, oder die Vornahme medizinischer oder wissenschaftlicher Versuche jeder Art an diesen Personen, die nicht

288

Anhang durch deren ärztliche, zahnärztliche oder Krankenhausbehandlung gerechtfertigt sind oder in ihrem Interesse durchgeführt werden und zu ihrem Tod führen oder eine ernste Gefahr für ihre Gesundheit darstellen; xii) die Zerstörung oder Beschlagnahme gegnerischen Eigentums, sofern diese nicht durch die Erfordernisse des Konflikts dringend geboten ist; f) Absatz 2 Buchstabe e findet Anwendung auf bewaffnete Konflikte, die keinen internationalen Charakter haben; er gilt somit nicht für Fälle innerer Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten oder andere ähnliche Handlungen. Er findet Anwendung auf bewaffnete Konflikte, die im Hoheitsgebiet eines Staates stattfinden, wenn zwischen den staatlichen Behörden und organisierten bewaffneten Gruppen oder zwischen solchen Gruppen ein lang anhaltender bewaffneter Konflikt besteht.

(3) Absatz 2 Buchstaben c und e berührt nicht die Verantwortung einer Regierung, die öffentliche Ordnung im Staat aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen oder die Einheit und territoriale Unversehrtheit des Staates mit allen rechtmäßigen Mitteln zu verteidigen.

[. . .] Artikel 30 Subjektive Tatbestandsmerkmale (1) Sofern nichts anderes bestimmt ist, ist eine Person für ein der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs unterliegendes Verbrechen nur dann strafrechtlich verantwortlich und strafbar, wenn die objektiven Tatbestandsmerkmale vorsätzlich und wissentlich verwirklicht werden. (2) „Vorsatz“ im Sinne dieses Artikels liegt vor, wenn die betreffende Person a) im Hinblick auf ein Verhalten dieses Verhalten setzen will; b) im Hinblick auf die Folgen diese Folgen herbeiführen will oder ihr bewusst ist, dass diese im gewöhnlichen Verlauf der Ereignisse eintreten werden. (3) „Wissen“ im Sinne dieses Artikels bedeutet das Bewusstsein, dass ein Umstand vorliegt oder dass im gewöhnlichen Verlauf der Ereignisse eine Folge eintreten wird. „Wissentlich“ und „wissen“ sind entsprechend auszulegen.

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Stichwortverzeichnis Abu Ghraib 221 Achille Lauro 71 Action Directe 29 ad hoc Tribunal 152 ff., 157 Aggression 250 ff. – Definition 256 ff., 261 ff., 263 ff. – Aggressionsakt 259, 266 ff., 272 – Aggressionskrieg, siehe Angriffskrieg Al Fatah 29 Al Kaida 57, 180, 185, 187, 201, 206, 209, 271 ANC 29 Angriff – als Verbrechensmerkmal 171 ff., 178 ff. – Angriffskrieg 253 f., 257 ff., 266 ff., 268, 272 – bewaffneter Angriff 250 Anti-Terrorismus-Abkommen 22, 24, 70 ff., 275, 279 Atomare Anlagen 38, 178 Atomterrorismus 35 ff., 91 ff., 178, 188, 212, 230 ff., 276 ff. Auslieferung 143 f. aut dedere aut iudicare 71 ff., 76 ff., 79 ff., 88 ff., 114 ff., 138, 143 Bewaffneter Konflikt 198 ff., 210 ff. Bioterrorismus 39 ff., 97 ff., 104 ff., 178, 188, 233 ff., 241 ff. – als Völkerrechtsverbrechen 105 f. – Durchsetzung der Strafansprüche 106 ff. – Modellentwurf eines Internationalen Abkommens über die Strafbarkeit von Bioterrorismus 104 ff.

Biowaffen 39 ff., 97 ff., 100 ff., 108, 117, 235 f., 276 Biowaffenkonvention 97 ff. Briand-Kellogg-Pakt 253 Chemieterrorismus 41 ff., 93 ff., 117, 178, 188, 212, 236 ff., 241 ff., 276 ff. Chemiewaffen 42, 93 ff., 236 ff. Chemiewaffenkonvention 93 ff., 237 Convention for the Suppression and Punishment of Terrorism 26 f. Cyberterrorismus 43 ff., 54, 67, 114, 178, 181, 188 f., 212, 239 f., 241 ff., 276 ff. – Cyberwaffen 45 ff. – Internationale Konvention über Cyberkriminalität 45 f. Declaration on Measures to Eliminate International Terrorism 27, 30, 119 f. de facto-Regime 141, 172, 200 Deutsches Strafgesetzbuch 145 ff. Diplomatischer Schutz 81 ff. Draft Code of Crimes against the Peace and Security of Mankind 126 ff., 197, 259 ff. Eigentum 212, 224 ff. Elektronische Kriegsführung 45 ff. El Motassadeq 146 EMRK 143, 219 Enteignung 225 ETA 29 Failed State 140 Finanzierung des Terrorismus 36 f., 69, 109 ff., 122

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Stichwortverzeichnis

Folter 47, 132 f., 144, 184 ff., 217 ff. Freiheitsberaubung, 183 f., siehe auch Geiselnahme Frente Polisario 29 Friendly Relations Declaration 118 Galic 243 ff. Gaswaffen 236 ff. Geiselnahme 81 ff., 115, 128, 134, 145, 183 ff., 275 – als Kriegsverbrechen 190 ff., 223 f., 249 – als Verbrechen gegen die Menschlichkeit 183 ff. – Internationale Konvention gegen Geiselnahme 83 ff. Genfer Giftgasprotokoll 237 f. Genfer Konvention des Seerechts 70 ff. Genfer Recht 191 ff., 204, 211 Gesundheitsschäden 41, 48, 187 f., 217, 219 f., 234, 238 Giftwaffen 233 ff., 236 ff. Haager Recht 191 ff., 203, 211 HLKO 148, 193, 233 f., 236 f. humanitäres Völkerecht 191 ff., 204, 227 IGH – Belgium vs. Congo 139 (Fn. 11) – Continental Shelf Case 120 – Nicaragua vs. USA 200 (Fn. 221) – Nuclear Weapons Case 120, 323 f. – Wall in the Occupied Palestinian Territory 51 (Fn. 123) IMT 151, 169, 253 ff., 260 Informationsterrorismus, siehe Cyberterrorismus International Law Commission (ILC) 82 f., 126 ff., 164, 171, 256, 259 ff. Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) 38, 69, 92

Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) 69, 73 ff. Internationale Strafverfolgung 151 ff. Internationale Zivilluftfahrt Organisation (ICAO) 69, 75 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte 144, 149 Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, siehe JStGH Internationaler Strafgerichtshof für Ruanda, siehe RStGH IStGH 157 ff. – Entwürfe zum Statut 128 ff., 164 – Strafbarkeit unter dem Statut 159 ff., 251, 261 ff. JStGH 153 ff., 165 ff., 172 ff., 179 ff., 198 ff., 205, 210, 219, 243 ff. Kriegsverbrechen 86, 128 ff., 157, 173, 176, 190 ff., 243 ff. Lockerbie 46 (Fn. 102), 79, 121, 152 Luftpiraterie 75 ff. Maritimer Terrorismus 70 ff. Martens’sche Klausel 193 f. Massenvernichtungswaffen 35 ff., 74 f., 90 ff., 122 ff., 235 f. Medien 54 f. Militärgerichte 147 ff., 222 Mzoudi 46 Narcoterrorismus 33 Nationale Gerichte 138 ff., 150 nicht-staatlicher Terrorismus 56 ff., 124, 201 ff., 270 ff. non-state actors 84, 90, 98 f., 103, 123 f., 270 ff. Nuklearterrorismus, siehe Atomterrorismus nullum crimen sine lege 113, 188, 254 Ökoterrorismus 33 opinio iuris 120, 124, 243, 256

Stichwortverzeichnis Personalitätsprinzip 138 Piraterie 71 ff. PLO 29 political exception rule 142 f. Prinzip der stellvertretenden Strafrechtspflege 138, 142 Radiologische Waffen 36, 88 f., 178 RAF 29 regionale Terrorismusinstrumente 114 ff. Resolutionspraxis der UN-Generalversammlung 118 ff. Resolutionspraxis des UN-Sicherheitsrates siehe UN-Sicherheitsrat Rote Brigaden 29 RStGH 153 ff., 166, 168 ff., 173 ff., 210 Safe haven 61, 143, 158, 201 Schutzprinzip 138 Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen 70 ff. Selbstverteidigungsrecht 51 (Fn. 123), 121, 250, 267, 269 Staatlich unterstützter Terrorismus 59 ff. Staatsterrorismus 57 ff., 79, 126, 165, 182 f., 184, 189 f., 199 ff., 215, 217, 224, 271, 272 ff. Strafverfolgung – internationale 151 ff. – nationale 137 ff. Taliban 57 (Fn. 146), 141, 201, 206, 271 Territorialitätsprinzip 138 Terrorismus – als Aggression 250 ff, siehe auch Aggression – als eigenständiges völkerrechtliches Verbrechen 131 ff. – als Kriegsverbrechen 190 ff. – als ökonomische Bedrohung 53 f.

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– als Verbrechen gegen die Menschlichkeit 166 ff. – als Völkermord 161 ff. – atypische Terrorformen 21, 136, 275, 277, 279 – Definition 25 f., 62 ff. – Entwurf eines Terrorismusabkommens 111 ff. – gegen die Zivilluftfahrt 75 ff. – gegen Personen 81 ff. – herkömmlicher Terrorismus 28 ff. – maritimer Terrorismus 70 ff. – mittels elektronischer Daten, siehe auch Cyberterrorismus – mittels konventioneller Waffen 34 ff. – mittels Massenvernichtungswaffen 35 ff., 74 f., 90 ff., 122 ff., 235 f. – neuer Dimension 23, 33, 46, 55, 57, 62 ff., 134 ff., 275 f. – Organisationsstruktur 52 ff. – regionale Instrumente 114 ff. Terroristische Akteure 55 ff. Traditionelle Terrorgruppen 29 ff. Traditionelle Waffentechnik 34 ff. Transnationale Verbrechen 133 f. Tribunal auf Koalitionsbasis 151 f. UN-Charta – Friedensbedrohung im Sinne von Art. 39 UN-Charta 49 ff. – Gewaltbegriff des Art. 2 Abs. 4 UNCharta 48 f. – Kapitel VII 85, 153 ff. UN-Generalversammlung 118 ff. UN-Personal, Schutz von 84 ff. UN-Sicherheitsrat – Resolutionspraxis bezüglich Massenvernichtungswaffen 75 (Fn. 18), 122 ff., 136 – Resolutionspraxis zum internationalen Terrorismus 49 ff., 120 ff., 153, 250 UN Special Committees on Terrorism 124 ff.

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Stichwortverzeichnis

Verbotene Kampfmethoden 226 ff. Verbotene Kampfmittel 230 ff., 241 ff. Verbrechen gegen die Menschlichkeit 166 ff., 247 Verbrechenselemente 160 ff., 265 ff. Verfolgung 168 f. Vertreibung 182 f., 224 Völkerbundsatzung 253 Völkergewohnheitsrecht 117 ff., 174 f., 193 ff., 233 Völkermord 157, 161 ff. Völkerrechtsverbrechen 131 f.

Vorsatz 175 ff., 212 ff., 270 Vorsätzliche Tötung 177 ff., 216 ff. Weltrechtsprinzip 139 f. Zivilbevölkerung 165, 173 f., 181 ff., 185 ff., 222, 227, 233 Zivile Objekte 228 ff. Zivilluftfahrt 75 ff. Zusatzprotokoll 148 ff., 191 ff., 215 ff., 245