Börsenprospekthaftung der Leitungsorgane von Emittenten in Deutschland und Schweden [1 ed.] 9783428531509, 9783428131501

Vor dem Hintergrund der internationalen Diskussion über das Informationsverhalten börsennotierter Aktiengesellschaften g

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Börsenprospekthaftung der Leitungsorgane von Emittenten in Deutschland und Schweden [1 ed.]
 9783428531509, 9783428131501

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Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Mathias Habersack, Peter O. Mülbert und Uwe H. Schneider

Band 185

Börsenprospekthaftung der Leitungsorgane von Emittenten in Deutschland und Schweden Von

Florian Engelhardt

a Duncker & Humblot · Berlin

FLORIAN ENGELHARDT

Börsenprospekthaftung der Leitungsorgane von Emittenten in Deutschland und Schweden

Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von

Prof. Dr. Mathias Habersack, Prof. Dr. Peter O. Mülbert und Prof. Dr. Uwe H. Schneider

Band 185

Börsenprospekthaftung der Leitungsorgane von Emittenten in Deutschland und Schweden

Von

Florian Engelhardt

a Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Technischen Universität Dresden hat diese Arbeit im Jahre 2007 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2010 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7352 ISBN 978-3-428-13150-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

„Kein Recht lebt für sich allein: Es ist eingerahmt von fremden Rechtsordnungen, die es beeinflussen und deren Kenntnis für eine wissenschaftliche Pflege des eigenen Rechts unerläßlich ist.“ (Holger Fleischer, Gutachten F für den 64. Deutschen Juristentag, S. F16)

Meiner Familie

Geleitwort Die zivilrechtlichen Folgen einer Veröffentlichung falscher oder unvollständiger Kapitalmarktinformationen werden in Ländern mit aktivem Kapitalmarkt bereits seit vielen Jahren diskutiert, so auch in Deutschland und Schweden. Die Frage nach einer persönlichen Außenhaftung der handelnden Organmitglieder hat dabei in Deutschland von jeher eine besondere Rolle gespielt. Mit dem Diskussionsentwurf für ein Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz (KapInHaG) hatte das Bundesfinanzministerium bereits Ende 2004 einen Gesetzentwurf vorgelegt, der eine umfassende persönliche Haftung von Organmitgliedern für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen vorsah. Auch in Schweden wurde im Jahre 2005 ein umfangreicher Gesetzentwurf zur Prospekthaftung (SOU 2005:18 – Prospektansvar) erarbeitet. Dieser sah zum einen erstmals eine Haftung des Emittenten vor, die bis heute als unzulässiger Verstoß gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz angesehen wird. Zum anderen war eine Ausweitung der früher nur in engen Grenzen bestehenden persönlichen Außenhaftung der Organmitglieder des Emittenten beabsichtigt. In beiden Ländern sind die Gesetzentwürfe wegen massiver Kritik aus der Praxis und der Rechtswissenschaft bis heute nicht weiterverfolgt worden. Neben dieser oberflächlichen Übereinstimmung bestehen auch zahlreiche inhaltliche Parallelen zwischen der deutschen und der schwedischen Rechtslage im Hinblick auf die diskutierten Rechtsfragen. Einige Problembereiche werden in Deutschland und Schweden jedoch auch unterschiedlich beurteilt. In der vorliegenden Arbeit hat Florian Engelhardt diese für die weitere Rechtsentwicklung interessanten Parallelen und Unterschiede detailliert herausgearbeitet, miteinander verglichen und bewertet. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse hat er auch als Anregung für die weitere Diskussion um eine Reform beider Rechtsordnungen fruchtbar gemacht. In der vergleichenden Rechtswissenschaft besteht traditionell ein starkes Interesse am anglo-amerikanischen Rechtskreis. Wegen der Bedeutung der Kapitalmärkte in Großbritannien und in den USA ist dieses Interesse vor allem für das Kapitalmarktrecht besonders stark ausgeprägt. Daher liegt hierzu bereits eine Vielzahl rechtsvergleichender Untersuchungen vor. Der Blick auf andere, der deutschen Rechtsordnung teilweise näher liegende Rechtsordnungen ist dabei zuweilen etwas in den Hintergrund geraten. Die vorliegende Arbeit trägt dazu bei, dies zu ändern. Sie will in Deutschland und in Schweden der Rechtspraxis und der Rechtswissenschaft einen vertieften Einblick in die geltende

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Geleitwort

Rechtslage zur Börsenprospekthaftung de lege lata gewähren. De lege ferenda bereichert sie die rechtswissenschaftliche Diskussion und zeigt Reformvorschläge auf. Mein Interesse, die vorliegende Arbeit zu betreuen, war rasch geweckt. Das Haftungs- und Schadenersatzrecht beruht in Deutschland und Schweden auf den gleichen zivilrechtlichen Wurzeln, dem römischen Recht. Zudem hat das deutsche Recht in vielen Bereichen noch immer einen starken Einfluss auf die rechtswissenschaftliche Diskussion in Schweden. Im Kapitalmarktrecht gewinnt allerdings – wie auch in Deutschland – zunehmend das anglo-amerikanische Recht an Einfluss. Vor diesem Hintergrund ist die Rechtspraxis und der Gesetzgeber in beiden Staaten mit der Aufgabe konfrontiert, Antworten auf vergleichbare Rechtsfragen zu suchen. Gemeinsames Ziel ist die Gewährleistung eines modernen, funktions- und wettbewerbsfähigen Kapitalmarkts. Der Umstand, dass die aufgeworfenen Rechtsfragen in der Vergangenheit in Deutschland und Schweden oft ähnlich gelöst, teilweise aber auch unterschiedlich behandelt wurden, eröffnet aus dem Blickwinkel der beiden Rechtsordnungen neue, interessante Denkanstöße. Freiberg/Sa., im September 2009

Professor Dr. Gerhard Ring

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Oktober 2007 von der Juristischen Fakultät der Technischen Universität Dresden als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur wurden umfassend bis September 2007 berücksichtigt. Vor Drucklegung erfolgte eine Aktualisierung der Rechtsprechung und Literatur zur deutschen Rechtslage auf den Stand Juli 2009. Die Literatur zur schwedischen Rechtslage wurde ebenfalls teilweise aktualisiert. Danken möchte ich meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Gerhard Ring, von der Technischen Universität Bergakademie Freiberg/Sa. für die Betreuung der Arbeit und seine stete Bereitschaft, mir mit Rat zur Seite zu stehen. Herrn Prof. Dr. Michael Becker von der Technischen Universität Dresden danke ich für die interessanten fachlichen Diskussionen und die Erstellung des Zweitgutachtens. Herrn Professor Dr. Rolf Dotevall von der Handelshögskolan vid Göteborgs universitet bin ich zu Dank verpflichtet für seine Expertise bei der Beurteilung meiner Ausführungen zum schwedischen Recht und die freundschaftliche Art, mit der er mir begegnet ist und sich bereit erklärt hat, das Drittgutachten zu erstellen. Herrn Rechtsanwalt und Advokat Dr. Ralf Ek sowie Frau Dr. Catharina af Sandeberg danke ich für die Unterstützung bei der Planung bzw. die zahlreichen Anregungen während der Erstellung der Arbeit. Herrn Professor Dr. Uwe H. Schneider und Herrn Professor Dr. Peter O. Mülbert danke ich für die Aufnahme der Dissertation in diese Schriftenreihe. Der Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe e. V. sowie der Deutsch-Nordischen Juristenvereinigung e. V. danke ich für ihre finanzielle Unterstützung. Ein ganz besonderer Dank gilt schließlich meiner Ehefrau Nicole und meinen Eltern für ihre vielfältige Unterstützung. Ihnen widme ich diese Arbeit. Berlin, im September 2009

Dr. Florian Engelhardt

Inhaltsübersicht Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

B. Eingrenzung des Untersuchungsthemas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

Teil 1 Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung sowie Stand der rechtspolitischen Diskussion

43

A. Die Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

B. Der Stand der rechtspolitischen Diskussion über die Börsenprospekthaftung . .

50

Teil 2 Exkurs: Die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft

69

A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

B. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

C. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

D. Vergleich und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

E. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

Teil 3 Grundlegende Aspekte einer Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte

88

A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

B. Das Verhältnis zwischen der Haftung der Aktiengesellschaft und der Haftung der Mitglieder ihrer Leitungsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

C. Die Stellung der Aktionäre als Gläubiger/Gesellschaftsschäden vs. Aktionärsschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

14

Inhaltsübersicht Teil 4 Die Börsenprospekthaftung

151

A. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 B. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 C. Zusammenfassung, Vergleich und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275

Teil 5 Durchsetzung von Prospekthaftungsansprüchen durch die Aktionäre

299

A. Einführung und weiterer Untersuchungsgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 B. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 C. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 D. Vergleich und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339

Teil 6 Diskussion der Reformvorschläge zur Börsenprospekthaftung

348

A. Einführung und weiterer Untersuchungsgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 B. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 C. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374

Teil 7 Gesamtergebnis

393

Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 A. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 B. Verzeichnis zitierter europäischer Rechtsakte und Dokumente . . . . . . . . . . . . . . 427 C. Verzeichnis zitierter Gesetzgebungsmaterialien und anderer offizieller Quellen 430 D. Entscheidungsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441

Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

B. Eingrenzung des Untersuchungsthemas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

Teil 1 Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung sowie Stand der rechtspolitischen Diskussion A. Die Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . I. Richtige und vollständige Kapitalmarktinformationen als wichtigste Grundlage des Anlegerschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Bedeutung von Börsenprospekten für den individuellen Anlegerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Ausgleichs- und Präventionsfunktion der Börsenprospekthaftung . . . . B. Der Stand der rechtspolitischen Diskussion über die Börsenprospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Europäische Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Vorschläge des Ausschusses der Weisen/Komitologieverfahren . . 2. Die Vorschläge der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts (High Level Group) . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Aktionsplan der Europäischen Kommission und seine Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Wertpapierprospektrichtlinie und die EU-ProspektVO . . . . . . . . . . III. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Bericht der Baums-Kommission und der Deutsche Corporate Governance Kodex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der 64. Deutsche Juristentag und das Gutachten des Max-PlanckInstituts für ausländisches und internationales Privatrecht . . . . . . . . . . 3. Der Maßnahmenkatalog der Bundesregierung zur Stärkung des Anlegerschutzes und des Vertrauens in die Aktienmärkte und seine Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43 43 43 46 49 50 50 51 51 53 54 56 59 59 60

61

16

Inhaltsverzeichnis IV. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Vertrauenskommission und der Schwedische Corporate Governance Kodex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Maßnahmen des Gesetzgebers und deren Vorarbeiten . . . . . . . . . . a) Die Vorschläge des Aktiengesellschaftskomitees . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Vorschläge der Prospektkommission und deren Umsetzung . .

64 64 65 65 66

Teil 2 Exkurs: Die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft

69

A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

B. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69 69 70 72 72

C. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Stellung der Aktiengesellschaft im System der Gesellschaftsformen 1. Überblick über das Verbandsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Private Aktiengesellschaften und Publikumsaktiengesellschaften . . . . II. Die Organisationsverfassung in der Publikumsaktiengesellschaft . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die styrelse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der verkställande direktör . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Hauptversammlung (bolagsstämma) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Der Wirtschaftsprüfer (revisor) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73 73 73 75 77 77 78 80 81 82

D. Vergleich und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Organisationsverfassungen . . . . . II. Systematische Einordnung der beiden Leitungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das für die Erstellung des Börsenprospekts zuständige Gesellschaftsorgan

83 83 85 86

E. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

Teil 3 Grundlegende Aspekte einer Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte

88

A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

B. Das Verhältnis zwischen der Haftung der Aktiengesellschaft und der Haftung der Mitglieder ihrer Leitungsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

Inhaltsverzeichnis

17

I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verpflichtung und Haftung der Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wertungswidersprüche bei der Haftung der Aktiengesellschaft gegenüber ihren Aktionären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Lösung für die spezialgesetzliche Börsenprospekthaftung nach dem BörsG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Lösung für die Börsenprospekthaftung nach den bürgerlichrechtlichen Haftungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vom Reichsgericht zur EM.TV-Entscheidung des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Stellungnahme und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftung des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Innenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Außenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verpflichtung und Haftung der Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wertungswidersprüche bei der Haftung der Aktiengesellschaft gegenüber ihren Aktionären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kapitalschutz (kapitalskydd) in der Aktiengesellschaft . . . . . . cc) Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien (Ogiltigförklaring av aktieteckningen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vorherrschende Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kritik in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Schadenersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vorherrschende Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kritik in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kritik durch das Aktiengesellschaftskomitee und die Prospektkommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftung der styrelse und des verkställande direktör . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Innenhaftung (internt ansvar) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Außenhaftung (externt ansvar) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88 89 89 89 91 91 92 93 93 93 95 96 96 97 99 101 101 101 104 104 105 106 106 107 108 110 110 111 113 114 114 115 118

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Inhaltsverzeichnis IV. Zusammenfassung, Vergleich und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vergleich und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Haftung der Gesellschaft für Schäden der Anleger . . . . . . . . . aa) Parallelen und Unterschiede beim Kapitalschutz . . . . . . . . . . . . bb) Unterschiedliche Behandlung des Wertungswiderspruchs zwischen Kapitalerhaltung und Anlegerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ursachen und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Art und Umfang der Haftung und ihre Auswirkungen auf die Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ungültigerklärung bzw. Anfechtung der Zeichnung von Aktien im Rahmen der Gründung der Gesellschaft . . . . . . (4) Tendenz weitergehender Rechtsangleichung . . . . . . . . . . . . b) Die Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane . . . . . . . . . . . . . . . .

C. Die Stellung der Aktionäre als Gläubiger/Gesellschaftsschäden vs. Aktionärsschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesellschaftsschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aktionärsschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Reflexschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eigenschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schäden durch Kursverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesellschaftsschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aktionärsschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mittelbare Schäden (medelbara skador) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unmittelbare Schäden (omedelbara skador) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schäden durch Kursverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung, Vergleich und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vergleich und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ersatz von Reflex- bzw. mittelbaren Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ersatz von Schäden durch Kursverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

119 119 119 121 122 122 122 123 123 124 126 129 129 130 130 131 131 131 132 134 135 139 139 139 139 142 143 144 144 144 145 147 147 149

Inhaltsverzeichnis

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Teil 4 Die Börsenprospekthaftung A. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick über die geltenden Prospektpflichten und -haftungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spezialgesetzlich geregelte Prospektpflichten und -haftungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) BörsG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) VerkProspG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) InvG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) WpÜG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Prospekthaftung im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Prospekthaftung im weiteren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Weiterer Untersuchungsgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach dem BörsG . . . . . . . . . 1. Die Rechtsnatur der börsengesetzlichen Prospekthaftung . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsgeschäftliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesetzliche Vertrauenshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sonderdelikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Haftungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Börsenprospekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die gleichgestellte schriftliche Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die inhaltlichen Anforderungen an einen Börsenprospekt . . . . . . . d) Durch Verweis in den Prospekt einbezogene Dokumente (incorporation by reference) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die Erstreckung der Haftung auf sonstige Kommunikationsmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Prospektmangel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unrichtiger oder unvollständiger Prospekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Tatsachen, Prognosen und Werturteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Falscher Gesamteindruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wesentliche Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Aktualisierungs- und Berichtigungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Nachtragspflicht gemäß § 16 WpPG . . . . . . . . . . . . . . . . . .

151 151 151 151 151 151 152 153 153 154 154 155 156 156 157 157 157 157 158 159 160 162 162 163 164 166 167 169 169 170 170 171 172 172 172

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Inhaltsverzeichnis bb) Die Obliegenheit zur Prospektberichtigung gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beurteilungshorizont . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der relevante Anlegerhorizont . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zeitpunkt der Beurteilung der Richtigkeit und Vollständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Haftenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Prospektverantwortlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Prospektveranlasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Exkurs: Haftung weiterer Personen nach der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Anspruchsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erst- und Folgeerwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erwerber alter Stücke mit gleicher Ausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Erwerbszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Entgeltlicher Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entgeltlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Inlandsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftungsbegründende Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Haftungsausfüllende Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beschränkung der haftungsausfüllenden Kausalität durch die Adäquanztheorie und die Lehre vom Schutzzweck der Norm 10. Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Mitverschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Art und Umfang des Ersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Gesamtschuldnerische Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Haftungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Im Voraus getroffene Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nachträglich getroffene Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Freistellungsvereinbarungen zwischen Vorstandsmitgliedern und dem Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte aus Vertrag . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte aus culpa in contrahendo . . V. Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach Deliktsrecht . . . . . . . . .

174 175 175 175 178 181 181 181 182 183 185 185 186 186 187 187 188 188 189 189 190 191 191 192 193 193 196 198 199 199 199 200 201 201 202 203

Inhaltsverzeichnis

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1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutzgesetzverletzung gemäß § 823 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung und Schutzgesetzqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unrichtige Darstellung gemäß § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG . . . . . . . . aa) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Haftungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Haftenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Anspruchsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kapitalanlagebetrug gemäß § 264a StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Haftungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Haftenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Anspruchsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Betrug gemäß § 263 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der objektive Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der subjektive Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorsätzlich sittenwidrige Schädigung gemäß § 826 BGB . . . . . . . . . . . a) Das Schutzgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Haftenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Anspruchsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Art und Umfang des Ersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Mitverschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Gesamtschuldnerische Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Haftungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

203 204 204 206 206 207 208 208 209 209 209 209 211 212 212 212 212 213 213 214 214 215 215 215 216 217 218 219 220 220 221

B. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick über die Prospektpflichten und -haftungsbestimmungen . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spezialgesetzlich geregelte Prospektpflichten und -haftungsbestimmungen vor Umsetzung der Wertpapierprospektrichtlinie . . . . . . . . . . . a) ABL a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) LBC a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) LHF a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

221 221 221 222 222 224 225

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Inhaltsverzeichnis 3. Spezialgesetzlich geregelte Prospektpflichten und -haftungsbestimmungen nach geltender Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) LHF i.V. m. ABL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) LIF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) LUA i.V. m. ABL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Weiterer Untersuchungsgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach dem ABL i.V. m. dem LHF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Rechtsnatur der Prospekthaftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Haftungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Prospekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dokumente, bei deren Veröffentlichung eine Befreiung von der Prospektpflicht eintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die inhaltlichen Anforderungen an einen Börsenprospekt . . . . . . . d) Durch Verweis in den Prospekt einbezogene Dokumente (incorporation by reference) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die Erstreckung der Haftung auf sonstige Kommunikationsmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Prospektmangel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fehlerhafter oder unvollständiger Prospekt (felaktig eller bristfällig prospekt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Tatsachen und Prognosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Falscher Gesamteindruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wesentliche Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nachtragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beurteilungshorizont . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Haftenden: Die Gründer und die Organmitglieder des Emittenten 5. Die Anspruchsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Geltende Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Erst- und Folgeerwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Erwerber alter Stücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Andere Personen als Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Diskussion in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Kausalität und Adäquanz (kausalitet och adekvans) . . . . . . . . . . . . . . . a) Verlustzusammenhang (förlustsamband) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Transaktionszusammenhang (transaktionssamband/kravet på tillit) c) Normschutzlehre (normsskyddsläran) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Verschulden (culpa) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

226 226 227 228 229 229 229 232 232 233 233 234 235 236 236 237 237 238 239 241 241 242 243 243 243 243 244 244 245 248 248 249 251 253

Inhaltsverzeichnis

23

8. Mitverschulden (medvållande) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Art und Umfang des Ersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schadensberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Herabsetzung des Schadenersatzes (jämkning av skadestånd) . . . . 10. Gesamtschuldnerische Haftung (flera skadeståndsskyldiga) . . . . . . . . . 11. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Haftungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte aus Vertrag . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach dem MFL . . . . . . . . . . VI. Exkurs: Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach dem SkL . . . . 1. Einführung und Anwendungsbereich der Haftung nach dem SkL . . . . 2. Die Anspruchsgrundlage: 2. Kap. § 2 SkL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Straftat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) „Brott“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erweiterung der Haftung auf andere als durch Straftaten verursachte Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesetzesbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Haftenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verschulden und die weiteren Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . .

255 256 256 258 260 260 261 263

C. Zusammenfassung, Vergleich und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach dem BörsG . . . c) Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach Deliktsrecht . . 2. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach dem ABL i.V. m. dem LHF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vergleich und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Parallelen und Unterschiede bei der Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Parallelität der Haftungsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Parallelen und Unterschiede bei der Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . .

275 275 275 275 275 279 281 281

264 265 267 267 268 269 269 270 270 271 272 273 274 274

282 286 286 288 288 289

24

Inhaltsverzeichnis c) Unterschiede beim Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Unterschiede bei der Beweislastverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Parallelen und Unterschiede beim Haftungsumfang und der Schadensberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Unterschiede bei der Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Unterschiede bei der Haftungsfreizeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

294 294 296 297 298

Teil 5 Durchsetzung von Prospekthaftungsansprüchen durch die Aktionäre

299

A. Einführung und weiterer Untersuchungsgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 B. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Geltendmachung von Eigenschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Individuelle Anspruchsverfolgung und Gerichtsstand . . . . . . . . . . . . . . 3. Kollektive Anspruchsverfolgung: Musterklageverfahren nach dem KapMuG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Anwendungsbereich des KapMuG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Natur des Musterklageverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Der Ablauf des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorlageverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Musterverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wiederaufnahme des Hauptsacheverfahrens vor dem Prozessgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kostentragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Geltendmachung von Reflexschäden und kongruenten Schäden . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Klagezulassungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Actio pro socio einer Aktionärsminderheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Durchführung der Schadenersatzklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kostentragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bekanntmachungspflichten zur Haftungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

300 300 300 300

311 311 312 312 314 315 315 316 317

C. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Geltendmachung unmittelbarer Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Individuelle Anspruchsverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kollektive Anspruchsverfolgung: Gruppenklage nach dem LGR . . . . a) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

317 317 317 319 320 320

302 302 303 304 305 305 308

Inhaltsverzeichnis

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Der Anwendungsbereich des LGR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Natur des Gruppenklageverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arten von Gruppenklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Ablauf des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gerichtsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einleitung und Durchführung des Gruppenklageverfahrens . . (1) Die besonderen Verfahrensvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . (2) Unterrichtung der potentiellen Gruppenmitglieder und Bestimmung der Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Rechtsstellung der Gruppenmitglieder . . . . . . . . . . . . . cc) Abschluss des Gruppenklageverfahrens und Rechtsmittel . . . . f) Kostentragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Vereinbarung eines Risikovertrages (riskavtal) . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Geltendmachung mittelbarer Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verweigerung der Entlastung und der Haftungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . 3. Actio pro socio einer Aktionärsminderheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Durchführung der Schadenersatzklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kostentragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schadenersatzklage eines einzelnen Aktionärs für eigene Rechnung . .

322 322 323 324 324 325 325 329 330 330 331 333 333 333 334 335 335 337 337

D. Vergleich und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Geltendmachung von Eigenschäden bzw. unmittelbaren Schäden . . . . 1. Individuelle Anspruchsverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kollektive Anspruchsverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gerichtliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Geltendmachung von Reflex- bzw. mittelbaren Schäden . . . . . . . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

339 339 339 339 342 343 346

b) c) d) e)

Teil 6 Diskussion der Reformvorschläge zur Börsenprospekthaftung

348

A. Einführung und weiterer Untersuchungsgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 B. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Diskussionsentwurf für ein KapInHaG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Vorschläge zur primären Kapitalmarkthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Vorschläge zur sekundären Kapitalmarkthaftung . . . . . . . . . . . . . . . a) Geltende Rechtslage gemäß §§ 37b, 37c WpHG . . . . . . . . . . . . . . .

349 349 350 350 351 351

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Inhaltsverzeichnis b) Die Vorschläge zur Ausweitung der sekundären Kapitalmarkthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Notwendigkeit einer generellen Organaußenhaftung für fehlerhafte Börsenprospekte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick über den Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen der Haftung des Emittenten und der Haftung seiner Organmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Grundsatz der vorrangigen Außenhaftung der Gesellschaft . . b) Der Ausnahmecharakter der Außenhaftung der Organmitglieder gemäß §§ 44 ff. BörsG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Ausnahmecharakter der Außenhaftung der Organmitglieder gemäß §§ 823 Abs. 2, 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gegenargumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Hinreichender Anlegerschutz durch die geltende Rechtslage . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Erfüllung der Ausgleichsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zahlungsunfähigkeit des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Last-period-Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Erfüllung der Präventionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausnahme: Zahlungsunfähigkeit/last-period-Problem . . . . . . . 4. Notwendigkeit eines weiteren Haftungsfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Bevorzugung von Eigenkapitalgebern durch eine generelle Organaußenhaftung für fehlerhafte Börsenprospekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Missbrauchsgefahr durch eine materiellrechtliche Außenhaftung . . . . 7. Gefahr übermäßiger Abschreckung durch eine Verschärfung der Organhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Abfederung der Präventionswirkung der Haftung durch D&O-Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Haftung der Organmitglieder für fehlerhafte Börsenprospekte in den Rechtsordnungen anderer Kapitalmarktzentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

C. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Vorschläge der Prospektkommission in SOU 2005:18 . . . . . . . . . . . . . 1. Die Vorschläge zur primären Kapitalmarkthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Haftenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Anspruchsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kausalität und Adäquanz (kausalitet och adekvans) . . . . . . . . . . . .

352 354 354 355 355 356 357 359 360 361 361 361 361 362 362 364 365 365 368 368 369 370 371 372 373 374 374 375 375 375 377 378

Inhaltsverzeichnis

27

d) Verschulden (culpa) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Art und Umfang des Ersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Haftungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Vorschläge zur sekundären Kapitalmarkthaftung . . . . . . . . . . . . . . . III. Diskussion der Vorschläge zur primären Kapitalmarkthaftung . . . . . . . . . . 1. Einführung einer Haftung des Emittenten gegenüber Anlegern . . . . . . a) Vergleichbarkeit der Interessenlage von Anlegern und sonstigen Gläubigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erfüllung der Ausgleichsfunktion der Haftung nur durch Haftung des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Eignung des Emittenten zur Sicherstellung pflichtgemäßen Verhaltens seiner Organmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Notwendigkeit einer erweiterten Außenhaftung der Organmitglieder . . a) Bei weiterem Ausschluss einer Haftung des Emittenten gegenüber Anlegern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bei Einführung einer Haftung des Emittenten gegenüber Anlegern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausgestaltung einer spezialgesetzlichen Börsenprospekthaftung . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beweislastverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kreis der Anspruchsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Art und Umfang sowie Berechnung des Schadenersatzes . . . . . . . . aa) Differenz- oder Vertragsabschlussschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Berechnung des Differenzschadens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

378 379 379 380 380 381 381 382 382 383 383 383 384 387 387 388 388 389 389 391

Teil 7 Gesamtergebnis

393

Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 A. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Deutschsprachig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schwedischsprachig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Englischsprachig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

396 396 420 426

B. Verzeichnis zitierter europäischer Rechtsakte und Dokumente . . . . . . . . . . I. Verordnungen und Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mitteilungen der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

427 427 429 429

28

Inhaltsverzeichnis

C. Verzeichnis zitierter Gesetzgebungsmaterialien und anderer offizieller Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 I. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 II. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 D. Entscheidungsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 I. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 II. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441

Abkürzungsverzeichnis 2. FmFG 2. WiKG 3. FmFG 4. FmFG a. A. AB ABl. ABL ABL1944 ABL1975 Abs. a. E. a. F. AG AG-Report AktG AktR Alt. Anh. AnSVG AR AR Aktuell ArbHdb HV ÅRL Art. AuslInvG AVB-AVG

AvtL Az. BaFin BayLandtag

Zweites Finanzmarktförderungsgesetz 2. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Drittes Finanzmarktförderungsgesetz Viertes Finanzmarktförderungsgesetz anderer Ansicht Aktiebolag (Aktiengesellschaft) Amtsblatt Aktiebolagslag (2005:551) (Aktiengesellschaftsgesetz von 2005) Aktiebolagslag (1944:275) (Aktiengesellschaftsgesetz von 1944) Aktiebolagslag (1975:1385) (Aktiengesellschaftsgesetz von 1975) Absatz am Ende alte Fassung Amtsgericht; Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Sonderteil der Zeitschrift Die Aktiengesellschaft Aktiengesetz Aktienrecht Alternative Anhang Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz) Aufsichtsrat Aufsichtsrat Aktuell (Zeitschrift) Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung Årsredovisningslag (1995:1554) (Gesetz über den Jahresabschluss) Artikel Auslandsinvestmentgesetz Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern Lag (1915:218) om avtal och andra rättshandlingar på förmögenhetsrättens område (Avtalslagen) Aktenzeichen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bayerischer Landtag

30 BayObLG BB Bd. BDA BDI Begr. BegrDiskE BegrRegE BGB BGBl. I, II BGH BGHSt BGHZ BilKoG BilReG

BKR BörsG BörsZulV BR BrB BR-Drs. BReg BT BT-Drs. BuM-Entscheidung BVerfG bzw. ca. CESR DAI DAV DAX DB DCGK ders. d.h. dies. Dir.

Abkürzungsverzeichnis Bayerisches Oberstes Landesgericht Betriebs-Berater (Zeitschrift) Band Bundesverband der Deutschen Arbeitgeberverbände Bundesverband der Deutschen Industrie Begründung Begründung zum Diskussionsentwurf Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Teil I, II Bundesgerichtshof Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen (Bilanzkontrollgesetz) Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz) Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht (Zeitschrift) Börsengesetz Börsenzulassungsverordnung Bundesrat Brottsbalk (1962:700) (Strafgesetzbuch) Bundesratsdrucksache Bundesregierung Bundestag Bundestagsdrucksache Beton- und Monierbau-Entscheidung Bundesverfassungsgericht beziehungsweise circa Committee of European Securities Regulators Deutsches Aktieninstitut Deutscher Anwaltsverein Deutscher Aktienindex Der Betrieb (Zeitschrift) Deutscher Corporate Governance Kodex derselbe das heißt dieselbe, dieselben Direktiv (Direktive)

Abkürzungsverzeichnis DiskE DJT DNotZ D&O Dr. DrittelbG Drs Ds DStR DSW E EBLR ECFR ECOFIN EG EG-KapMuG EHUG Einl. endg. Erg. ESC etc. EU EuGVVO

EU-ProspektVO

e. V. EWG EWiR EWIV f., ff. FAZ FFFS FGG

31

Diskussionsentwurf Deutscher Juristentag Deutsche Notarzeitschrift (Zeitschrift) Directors and Officers Liability Doktor Drittelbeteiligungsgesetz Drucksache Departementsserie (Ministeriumsdrucksache) Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e. V. Entwurf European Business Law Review (Zeitschrift) European Company and Financial Law Review (Zeitschrift) Rat der Europäischen Union zusammengesetzt aus den Wirtschafts- und Finanzministern der Europäischen Union Europäische Gemeinschaft(en) Gesetz zur Einführung von Kapitalanlegermusterverfahren Gesetz über das elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister Einleitung endgültig Ergänzung/Ergänzungslieferung European Securities Committee et cetera Europäische Union Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung (Prospektverordnung) eingetragener Verein Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung folgende Seite(n) Frankfurter Allgemeine Zeitung Finansinspektionens Författningssammling (Vorschriftensammlung der Finansinspektionen) Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

32 FL FmFG Fn. FRUG FS FTD GDV GesR GG ggf. GKG GmbH GmbHG GmbHR Großkomm GVG GWB HandelsRAussch. Hbs. HD Hdb HGB Hrsg. HV IDW PS insb. InvG ISD i. S. d. i. S. v. i.V. m. J.B.L. J. Finan. J. Finan. Econ. J. Pol. Econ. JT JZ KAGG Kap. KapInHaG KapMuG

Abkürzungsverzeichnis Lag (1987:667) om ekonomiska föreningar (Föreningslagen) Finanzmarktförderungsgesetz Fußnote Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz Festschrift; Festskrift Financial Times Deutschland Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Gesellschaftsrecht Grundgesetz gegebenenfalls Gerichtskostengesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Großkommentar Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Handelsrechtsausschuss Halbsatz Högsta Domstolen (der Höchste Gerichtshof) Handbuch Handelsgesetzbuch Herausgeber Hauptversammlung Prüfungsstandard des Instituts der Wirtschaftsprüfer insbesondere Investmentgesetz Investment Services Directive (Wertpapierdienstleistungsrichtlinie) im Sinne des/der im Sinne von in Verbindung mit Journal of Business Law (Zeitschrift) The Journal of Finance (Zeitschrift) Journal of Financial Economics (Zeitschrift) Journal of Political Economy (Zeitschrift) Juridisk Tidskrift (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Kapitalanlagegesellschaftsgesetz Kapitel Gesetz zur Verbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen (Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz) Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz)

Abkürzungsverzeichnis KG KlagRegV KMRK Komm KonTraG KöpL LBC LG LGR LHF LIF lit. LSP LUA

MarkenG MB MD MFL MiFID Mio. MitbestG MontanMitbestG

Mrd. MünchAnwaltshdb MünchHdb AG MünchKomm m.w. N. n. F. NFT NGM NJ NJA NJW NJW-RR

33

Kammergericht; Kommanditgesellschaft Verordnung über das Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (Klageregisterverordnung) Kapitalmarktrechts-Kommentar Kommentar Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Köplag (1990:931) (Kaufgesetz) Lagen (1992:543) om börs- och clearingverksamhet (Gesetz über Börsen und Clearingtätigkeit) Landgericht Lag (2002:599) om Grupprättegång Lag (1991:980) om handel med finansiella instrument (Gesetz über den Handel mit Finanzinstrumenten) Lag (2004:46) om investeringsfonder litera Lag (1997:1245) om styrelserepresentation för de privatanställda Lag (2006:451) om offentliga uppköpserbjudanden på aktiemarknaden (Gesetz über öffentliche Übernahmeangebote auf dem Aktienmarkt) Markengesetz Miljöbalk (1998:808) Marknadsdomstol – Handelsgerichtshof Marknadsföringslag (1995:480) (Handelsgesetz) Market in Financial Instruments Directive (Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente) Million(en) Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie Milliarde Münchener Anwaltshandbuch Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts (Aktiengesellschaft) Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen neue Fassung Nordisk försäkringstidskrift (Zeitschrift) Nordic Growth Market AB Neue Justiz (Zeitschrift) Nytt Jurdiskt Arkiv I (Zeitschrift) Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (Zeitschrift)

34 Nr. NStZ NTS NZG OGAW-Richtlinie

OLG OTC-Handel OWiG PatG PHi Prop. PRV RB RBerG Red. RegE RG RGZ RiR RIW Rn. RNotZ RVG S. s. SCB SCE SE SEAG

SEK SFS SkL sog. Sonderbeil. SOU Stellgn.

Abkürzungsverzeichnis Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht (Zeitschrift) Nordisk Tidsskrift for Selskabsret (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Zeitschrift) Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren Oberlandesgericht Over-the-counter-Handel (Freiverkehr) Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Patentgesetz Haftpflicht International/Recht & Versicherung (Zeitschrift) Proposition (Gesetzentwurf der schwedischen Regierung) Patent- och registreringsverket (Patent- und Registeramt) Rättegångsbalk (1942:740) Rechtsberatungsgesetz Redaktör (Redakteur) Regierungsentwurf Reichsgericht Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Riksrevisionens rapport (Report der Reichsrevision) Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Randnote bzw. Randnummer Rheinische Notar-Zeitung (Zeitschrift) Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Satz, Seite, Siehe siehe Statistiska centralbyrån (Statistisches Zentralbüro) Statut der Europäischen Genossenschaft Societas Europae Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) Schwedische Kronen Svensk författningssamling (offizielle schwedische Vorschriftensammlung) Skadeståndslagen (1972:207) (Schadenersatzgesetz) sogenannt Sonderbeilage Statens Offentliga Utredningar (Staatliche öffentliche Untersuchungen – Gesetzesvorarbeiten im Auftrag der Regierung) Stellungnahme

Abkürzungsverzeichnis StGB SvJT TJFF TransPuG

35

Strafgesetzbuch Svensk Juristtidning (Zeitschrift) Tidskrift för Juridiska föreningen i Finland (Zeitschrift) Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (Transparenz- und Publizitätsgesetz) TUG Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz u. und u. a. unter anderem UKlaG Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen UMAG Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts UmwG Umwandlungsgesetz UrhG Urhebergesetz Urt. Urteil U.S.C. United States Code v. vom VD verkställande direktör (Geschäftsführender Direktor) VerkProspG Verkaufsprospektgesetz VersR Versicherungsrecht (Zeitschrift) Vgl., vgl. Vergleiche, vergleiche VO Verordnung Vorl./vorl. Vorläufig/vorläufig VorstAG Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung VorstOG Gesetz über die Offenlegung der Vorstandsvergütungen (Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz) VP Die VersicherungsPraxis (Zeitschrift) VpmL Lag (2007:528) om värdepappersmarknaden (Gesetz über den Wertpapiermarkt) VS Vorstand VuR Verbraucher und Recht (Zeitschrift) VW Versicherungswirtschaft (Zeitschrift) VwGO Verwaltungsgerichtsordnung wistra Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht (Zeitschrift) WM Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift) WPg Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) WpHG Wertpapierhandelsgesetz WpPG Wertpapierprospektgesetz WpÜG Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz WpÜG-AngebotsVO Verordnung über den Inhalt der Angebotsunterlage, die Gegenleistung bei Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten und die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots (WpÜG-Angebotsverordnung)

36 z. z. B. ZBB ZBB-Report ZGR ZHR ZIP ZKA ZPO ZRP ZvglRWiss ZZP

Abkürzungsverzeichnis zum zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft (Zeitschrift) Sonderteil der Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Zentraler Kreditausschuss Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik (Zeitschrift) Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft (Zeitschrift) Zeitschrift für Zivilprozeß (Zeitschrift)

Einführung A. Problemstellung In den letzten Jahren hat sich international eine intensive Diskussion über die Corporate Governance börsennotierter Aktiengesellschaften und ihr Informationsverhalten gegenüber dem Kapitalmarkt entwickelt. Ausgelöst durch diese Diskussion haben auch die Regierungen in Deutschland und Schweden nationale Corporate Governance Kodices entwickelt und dadurch zu einer Verbesserung der Unternehmenstransparenz beigetragen. Darüber hinaus haben der europäische und die nationalen Gesetzgeber durch verschiedene legislative Maßnahmen auf die Defizite bei der Sicherstellung der Informationseffizienz an den Kapitalmärkten reagiert. Diese Maßnahmen betreffen unter anderem die Information von Anlegern und anderen Kapitalmarktakteuren im Zusammenhang mit der Emission von Aktien und anderen Wertpapieren. So hat der europäische Gesetzgeber mit dem Erlass der Wertpapierprospektrichtlinie1 und der sie ergänzenden EU-Prospektverordnung (EUProspektVO)2 eine umfassende Prospektpflicht statuiert, die Emittenten von Aktien und anderen Wertpapieren, die öffentlich angeboten oder zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen werden, zur Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts verpflichtet3. Ebenso wie in allen anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) wurde die Wertpapierprospektrichtlinie auch in Deutschland und Schweden von den nationalen Gesetzgebern umgesetzt. Dies 1 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. EG Nr. L 345 vom 31.12.2003, S. 64 ff. 2 Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung, ABl. EG Nr. L 149 vom 30.4.2004, S. 1 ff. (berichtigte Fassung, ABl. EG Nr. L 215 vom 16.6.2004, S. 3 ff.); geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1787/2006 der Kommission vom 4. Dezember 2006 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung, ABl. EG Nr. L 337 vom 5.12.2006, S. 17 ff. 3 s. hierzu ausführlich unten Teil 1 B.II.4.

38

Einführung

hat zu einer weitgehenden Vereinheitlichung der an Wertpapierprospekte zu stellenden Anforderungen geführt. Abgesehen hat der europäische Gesetzgeber allerdings von einer EU-einheitlichen Sanktionierung unrichtiger oder unvollständiger Wertpapierprospekte. Um den Gebots- bzw. Verbotsnormen der Wertpapierprospektrichtlinie und der EU-ProspektVO eine hinreichende Durchsetzung zu verleihen, bedarf es jedoch eines effektiven Sanktionssystems. Die Mitgliedsstaaten sind deshalb gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1 Wertpapierprospektrichtlinie verpflichtet, in ihren nationalen Bestimmungen alternativ oder kumulativ eine zivil-, straf- oder ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit der für die Erstellung eines Prospekts verantwortlichen Personen vorzusehen. Wie eine solche Verantwortlichkeit im Einzelnen auszusehen hat, obliegt somit weiterhin den einzelnen Mitgliedstaaten. Über die nähere Ausgestaltung der zivilrechtlichen Haftung für die Veröffentlichung unrichtiger oder unvollständiger Kapitalmarktinformationen wird in Deutschland und Schweden seit mehreren Jahren eine teilweise sehr lebhafte Diskussion geführt. In beiden Ländern mündete diese Diskussion in ersten Gesetzentwürfen, die jeweils erhebliche Haftungsverschärfungen vorsahen – in Deutschland in einen Diskussionsentwurf aus dem Bundesfinanzministerium vom Oktober 20044 und in Schweden in einen Entwurf der Prospektkommission vom März 20055. Beide Gesetzentwürfe sind von der Wissenschaft und Praxis jedoch stark kritisiert worden und wurden bis heute nicht weiterverfolgt. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die Untersuchung der zivilrechtlichen Haftung der Organmitglieder von Emittenten für Schäden, die Anlegern durch die Veröffentlichung unrichtiger oder unvollständiger Börsenprospekte entstehen können. Dabei wird einerseits die Rechtlage de lege lata in Deutschland und Schweden untersucht und bestehende Parallelen und Unterschiede zwischen der Rechtslage in beiden Ländern herausgearbeitet. Andererseits werden die in der Wissenschaft und in Gesetzesvorarbeiten unterbreiteten Vorschläge für eine Verschärfung der Börsenprospekthaftung de lege ferenda näher behandelt. In diesem Zusammenhang wird für das deutsche und schwedische Recht vor allem der Frage nachgegangen, ob bzw. inwieweit vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage eine Verschärfung der persönlichen Außenhaftung der Organmitglieder des Emittenten erforderlich und geboten ist. Soweit dies der Fall ist, werden konkrete Vorschläge für eine Anpassung der geltenden Rechtslage unterbreitet. Inhaltlich wird die Diskussion in Deutschland und Schweden teilweise von unterschiedlichen Ausgangspunkten geführt. Während in Deutschland de lege 4 Abgedruckt in NZG 2004, 1042 ff.; im Internet abrufbar unter http://www.jura. uni-augsburg.de/prof/moellers/aktuelles/kapinhag_gestoppt.html (zuletzt abgerufen am 6.9.2009). 5 SOU 2005:18 (Prospektansvar).

B. Eingrenzung des Untersuchungsthemas

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lata vor allem der Emittent für unrichtige oder unvollständige Kapitalmarktinformationen, wie z. B. Börsenprospekte, haftet, ist in Schweden eine Haftung des Emittenten gegenüber seinen Aktionären bisher generell ausgeschlossen. Aus diesem Grund konzentriert sich die Diskussion um eine Haftungsverschärfung in Deutschland in erster Linie auf die Einführung einer spezialgesetzlich geregelten, persönlichen Außenhaftung der Mitglieder der Leitungsorgane von Emittenten. In Schweden hingegen steht die Einführung einer Haftung des Emittenten im Vordergrund der Diskussion. Das Ziel ist in beiden Ländern jedoch das Gleiche: die Schaffung eines effizienten Haftungssystems, das den wesentlichen Funktionen der Haftung – Ausgleich des eingetretenen Schadens und präventive Abschreckung bzw. Verhaltenssteuerung – gerecht wird und mit den allgemeinen zivil- und aktienrechtlichen Bestimmungen in Deutschland bzw. Schweden im Einklang steht.

B. Eingrenzung des Untersuchungsthemas Angesichts der Breite der neben einer zivilrechtlichen Haftung möglichen strafrechtlichen, verwaltungsrechtlichen und organisationsrechtlichen Sanktionen für Verstöße gegen die Prospektvorschriften, konzentriert sich die vorliegende Arbeit auf die Untersuchung der zivilrechtlichen Haftung wegen der Veröffentlichung unrichtiger oder unvollständiger Börsenprospekte, die in Deutschland und Schweden im Mittelpunkt der aktuellen Diskussion steht. Dabei wird die Haftung für Prospekte untersucht, die zu erstellen sind, wenn Aktien zum Handel an einer inländischen Börse zugelassen werden sollen. Diese Prospekte werden im Folgenden als Börsenprospekte bezeichnet6. Nicht untersucht wird hingegen die Haftung für Prospekte, die bei einem öffentlichen Angebot von Aktien außerhalb organisierter Märkte7 und bei einem öffentlichen 6 Der hier verwendete Begriff des Börsenprospekts umfasst daher in Deutschland den nach alter Rechtslage vor Umsetzung der Wertpapierprospektrichtlinie gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 2 Börsengesetz (BörsG) a. F. für die Zulassung zum amtlichen Markt zu veröffentlichenden Börsenzulassungsprospekt und den gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 BörsG a. F. für die Zulassung zum geregelten Markt zu veröffentlichenden Unternehmensbericht und in Schweden den bis zur Umsetzung der Wertpapierprospektrichtlinie gemäß 5. Kap. LBC a. F. für die Registrierung von Wertpapieren zu veröffentlichenden Börsenprospekt (börsprospekt) und den gemäß 11. Kap. §§ 12 ff. ABL a. F. (4. Kap. §§ 18 ff. ABL 1975) i.V. m. den Prospektbestimmungen des jeweiligen Handelsplatzes für die Notierung von Wertpapieren zu veröffentlichenden Emissionsprospekt (emissionsprospekt). Zu den verschiedenen Prospekten, die in Schweden nach alter Rechtslage zu veröffentlichen waren vgl. Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 51 f.; Näringslivets Börskommittés Regler om utformning av prospekt (1999), S. 3 f. 7 Der Begriff organisierter Markt i. S. v. Art. 2 Abs. 1 lit. j der Prospektrichtlinie (im europäischen und schwedischen Sprachgebrauch: geregelter Markt [reglerad marknad]) umfasste in Deutschland bisher den amtlichen (§§ 30 ff. BörsG a. F.) und den geregelten Markt (§§ 49 ff. BörsG a. F.) an den deutschen Wertpapierbörsen. Die Unterscheidung zwischen den Marktsegmenten amtlicher und geregelter Markt ist aller-

40

Einführung

Angebot von anderen Wertpapieren bzw. von nicht in Wertpapieren verbrieften Anteilen zu veröffentlichen sind. Von der hier untersuchten Haftung für unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte ist zudem die Haftung wegen der Verletzung von Informationspflichten gegenüber dem sekundären Kapitalmarkt abzugrenzen. Das betrifft vor allem die Haftung für Insider-Informationen i. S. v. Art. 1 Nr. 1 der Marktmissbrauchsrichtlinie8 und für laufend zu veröffentlichende Informationen i. S. v. Art. 4 bis 6 der Transparenzrichtlinie, wie Jahresfinanzberichte, Halbjahresfinanzberichte und Zwischenmitteilungen. Die Haftung wegen der Verletzung von Informationspflichten gegenüber dem sekundären Kapitalmarkt wird in dieser Arbeit nur dann berührt, wenn dies dem besseren Verständnis oder der besseren Analyse der Börsenprospekthaftung dient. Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt darüber hinaus auf der Untersuchung der persönlichen Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane. Da sich die Haftung der Organmitglieder jedoch nicht losgelöst von der Haftung des Emittenten behandeln lässt, wird – soweit erforderlich – auch hierauf näher eingegangen. In Teil 3 B. der Arbeit wird deshalb das Verhältnis zwischen der Haftung des Emittenten und der persönlichen Haftung seiner Organmitglieder eingehend behandelt. Nur wenn dieses Verhältnis geklärt ist, lässt sich feststellen, ob eine persönliche Außenhaftung der Organmitglieder des Emittenten zur dings durch das Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) aufgehoben worden. An den deutschen Börsen gibt es seitdem gemäß § 32 Abs. 1 BörsG nur noch einen gesetzlich geregelten Markt, den sogenannten regulierten Markt. Der Freiverkehr gemäß § 57 BörsG bzw. § 48 BörsG und der OTC-Handel (over-the-counter-Handel) sind nicht Teil des organisierten Marktes. In Schweden umfasste der Begriff des organisierten Marktes den Handel mit Wertpapieren, die entweder an einer Börse registriert (inregistrering gemäß 5. Kap. § 1 LBC a. F. – auch „offizielle Notierung“) oder an einer Börse bzw. an einem sog. autorisierten Marktplatz (auktoriserad marknadsplats) i. S. v. 7. Kap. LBC a. F. notiert waren (notering gemäß 6. Kap. LBC). Durch das Gesetz über den Wertpapiermarkt (Lag [2007:528] om värdepappersmarknaden – VpmL) wurden die Anforderungen an einen autorisierten Marktplatz den Anforderungen an eine Börse so sehr angeglichen, dass die Kategorie autorisierter Marktplatz generell abgeschafft und durch den Oberbegriff gereglter Markt (reglerad marknad – vgl. 1. Kap. § 4 Nr. 20 VpmL) ersetzt wurde (Prop. 2006/07:115 (Ny lag om värdepappersmarknaden), S. 328 ff., 335. Geregelte Märkte werden in Schweden von der größten schwedischen Börse, der Stockholmer Börse als Teil der Nasdaq OMX (http:// www.nasdaqomxnordic.com – zuletzt abgerufen am 6.9.2009), und der zweiten schwedischen Börse, der Nordic Growth Market NGM AB (http://www.ngm.se – zuletzt abgerufen am 6.9.2009) betrieben. Der OTC-Handel, der durch verschiedene Wertpapierdienstleistungsunternehmen veranstaltet wird, ist auch in Schweden nicht Teil des geregelten Marktes (vgl. insg. hierzu Prop. 2006/07:65 [Informationskrav i noterade företag, m. m.], S. 90; SOU 2006:35 [Värdepapper och kontrolluppgifter], S. 63 f.; SOU 2006:50 [En ny lag om värdepappersmarknaden], S. 91 ff.; Prop. 2006/07:115 [Ny lag om värdepappersmarknaden], S. 335 f.). 8 Vgl. (Deutschland) § 13 WpHG und (Schweden) § 1 Nr. 1 Gesetz über Strafe für Marktmissbrauch beim Handel mit Finanzinstrumenten (Lag [2005:377] om straff för marknadsmissbruk vid handel med finansiella instrument).

C. Gang der Untersuchung

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Erfüllung der Hauptfunktionen der Haftung – der Ausgleichs- und der Präventionsfunktion – erforderlich ist9. Schließlich werden grenzüberschreitende Sachverhalte, insbesondere Fragen des Prospekthaftungs-Kollisionsrechts, nur am Rande behandelt10.

C. Gang der Untersuchung Um die wissenschaftliche und praktische Bedeutung des Themas der vorliegenden Arbeit näher zu beleuchten, wird in Teil 1 zunächst auf die Bedeutung und die Funktionen der Börsenprospekthaftung eingegangen und anschließend kurz die rechtspolitische Diskussion des Themas während der letzten Jahre im Rahmen der EU, Deutschlands und Schwedens dargestellt. Zur Abgrenzung des Untersuchungsthemas, das sich auf die Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane von Emittenten beschränkt, aber auch zum besseren Verständnis der Unterschiede zwischen den Leitungsstrukturen in deutschen und schwedischen Aktiengesellschaften werden in Teil 2 in Form eines Exkurses die Organisationsverfassung deutscher und schwedischer Aktiengesellschaften und die Organe börsennotierter Aktiengesellschaften sowie ihr Verhältnis zueinander dargestellt. Dabei wird insbesondere auf diejenigen Organe näher eingegangen, denen in Deutschland und Schweden im Innenverhältnis die Erfüllung der Prospektpflichten obliegt. In Teil 3 der Arbeit werden – vor die Klammer gezogen – zwei grundlegende Aspekte im Zusammenhang mit der Haftung für Kapitalmarktschäden näher behandelt: Zum einen wird das Verhältnis zwischen der Außenhaftung des Emittenten und der Außenhaftung seiner Organmitglieder gegenüber Anlegern eingehend untersucht. Zum anderen werden Eigen- und Reflexschäden bzw. unmittelbare und mittelbare Schäden im Vermögen der Aktionäre voneinander abgegrenzt und die Art von Schäden herausgearbeitet, bei denen Aktionären ein eigener Ersatzanspruch gegenüber den Mitgliedern der Leitungsorgane des Emittenten zusteht. Auf beide Aspekte wird an verschiedenen Stellen der Arbeit 9 Neben einer Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane sowie des Emittenten kommt auch eine Haftung der emissionsbegleitenden Banken oder von Experten, die an der Erstellung eines Prospekts mitgewirkt haben, in Betracht. Vgl. hierzu (Deutschland) Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F64 ff.; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 72 ff.; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 227 ff.; Zimmer/Binder, WM 2005, 577, 577 ff.; Heukamp, ZHR 169 (2005), 471, 471 ff. (Schweden) SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 85 ff.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 326 ff., 338 ff. 10 Vgl. zum Prospekthaftungs-Kollisionsrecht (aus deutscher Sicht) Kuntz, WM 2007, 432 ff.; Bischoff, AG 2002, 489 ff.; Floer, Internationale Reichweite der Prospekthaftung; J. Schneider, Anlegerschutz, S. 193 ff.; Kiel, Internationales Kapitalanlegerschutzrecht, S. 169 ff. sowie unten Teil 4 A.II.8.; (aus schwedischer Sicht) Hobér, SvJT 1987, 582 ff.

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Einführung

mehrfach Bezug genommen, woraus sich ihre hervorgehobene Behandlung rechtfertigt; besondere Bedeutung erlangen sie im Rahmen der Untersuchung der prozessualen Durchsetzung von Prospekthaftungsansprüchen (Teil 5) bzw. der Diskussion um eine Verschärfung der Börsenprospekthaftung (Teil 6). In Teil 4 der Arbeit folgt schließlich die eingehende Untersuchung der materiellen Rechtslage zur persönlichen Haftung der Leitungsorgane börsennotierter Aktiengesellschaften für unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte gegenüber Anlegern. Im Rahmen eines Vergleichs der deutschen mit der schwedischen Rechtslage wird zudem herausgearbeitet, welche Reichweite die Haftungsbestimmungen in den beiden hier untersuchten Ländern haben. Dabei wird insbesondere geklärt, ob sich der erste Eindruck bestätigen lässt, dass in Schweden eine persönliche Inanspruchnahme der Mitglieder der Leitungsorgane der Gesellschaft durch ihre Aktionäre wegen des dort bestehenden aktien- und kapitalmarktrechtlichen Außenhaftungstatbestandes leichter möglich ist als in Deutschland. In Teil 5 der Arbeit schließt sich eine Untersuchung der prozessualen Möglichkeiten zur individuellen und kollektiven gerichtlichen Verfolgung von Prospekthaftungsansprüchen durch die Aktionäre an. In Teil 6 wird schließlich auf die in Deutschland und Schweden geführte Diskussion über eine Verschärfung der persönlichen Außenhaftung der Mitglieder von Leitungsorganen für unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte sowie die hierzu unterbreiteten Reformvorschläge de lege ferenda näher eingegangen. In diesem Zusammenhang wird untersucht, in welchem Umfang eine Verschärfung der geltenden Haftungsvorschriften geboten ist. Insbesondere wird der Frage nachgegangen, ob es zur Erfüllung der Ausgleichs- und Präventionsfunktion der Haftung erforderlich ist, die persönliche Außenhaftung der Mitglieder der Leitungsorgane in Deutschland und Schweden zu verschärfen. In Teil 7 der Arbeit werden die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit nochmals thesenartig in Form eines Gesamtergebnisses zusammengefasst.

Teil 1

Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung sowie Stand der rechtspolitischen Diskussion A. Die Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung I. Richtige und vollständige Kapitalmarktinformationen als wichtigste Grundlage des Anlegerschutzes Mit der fortschreitenden Globalisierung der Märkte und der zunehmenden Expansion vieler Unternehmen steigt der Bedarf nach unternehmerischem Kapital stetig an. Dieser Kapitalbedarf kann nicht allein mit Fremdkapital gedeckt werden. Erforderlich ist vielmehr, dass den Unternehmen langfristig Risikokapital zur Verfügung gestellt wird. Hierbei kommt den organisierten Kapitalmärkten eine entscheidende Rolle zu. Ihre Aufgabe ist es, Angebot und Nachfrage nach langfristigem Kapital in Übereinstimmung zu bringen (Marktfunktion)1. Dabei soll das angebotene Kapital im Interesse der Anleger und im gesamtwirtschaftlichen Interesse derjenigen Verwendung zugeführt werden, bei der es am effizientesten eingesetzt wird und die höchste Rendite erzielen kann (Allokationsfunktion). Nur wenn dies gewährleistet ist, kann für den jeweiligen Anleger der größte Gewinn und volkswirtschaftlich die höchste Wachstumsrate erzielt werden2. Die Deckung von Angebot und Nachfrage wird an den Märkten über die Preisbildung erreicht (sogenannte Bewertungs- und Preisbildungsfunktion). Sie erfolgt an den organisierten Kapitalmärkten in institutionalisierter Form durch eine ständige Bewertung der gehandelten Finanztitel und die laufende Ermitt-

1 Kress, Kapitalmarktregulierung, S. 36; Schönenberger, Notwendigkeit und Effizienz, S. 37; Assmann in: Großkomm, AktG, Einl. Rn. 354; Wiegel, Prospektrichtlinie, S. 19 ff.; SOU 2000:11 (Finanssektorns framtid), S. 203 ff.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 29; af Sandeberg/Sevenius in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 33 ff. 2 Kalss, Anlegerinteressen, S. 2; Kress, Kapitalmarktregulierung, S. 33; Schönenberger, Notwendigkeit und Effizienz, S. 37; Assmann in: Großkomm, AktG, Einl. Rn. 358; ders. in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR2, § 1 Rn. 24; Berding, Anlegerschutz, S. 10 ff.; Svensson, Kapitalanlegerschutz, S. 15 f.; Wiegel, Prospektrichtlinie, S. 44 ff.; Prop. 1990/91:142 (Handel och tjänster på värdepappersmarknaden), S. 79 f.; SOU 2000:11 (Finanssektorns framtid), S. 203 ff.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 29.

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Teil 1: Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung

lung aktueller Markt- bzw. Börsenpreise3. Diese Börsenpreise dienen den Anlegern als entscheidender Anhaltspunkt für den Wert und die Effizienz einer Anlage4. Für eine effiziente Erfüllung der Allokationsfunktion ist es deshalb erforderlich, dass die Marktpreise auf der Basis richtiger und vollständiger Informationen gebildet werden5. Nach der ursprünglich zum US-amerikanischen Kapitalmarktrecht entwickelten Theorie effizienter Kapitalmärkte (Efficient Capital Market Hypothesis), schlagen sich alle am Kapitalmarkt verfügbaren Informationen unmittelbar, d.h. innerhalb kürzester Zeit, automatisch in den Marktpreisen nieder, ohne dass es auf die Bewertung der verfügbaren Informationen durch jeden einzelnen Anleger ankommt. Für eine zutreffende Marktpreisbildung und zur Gewährleistung effizienter Investitionsentscheidungen der Anleger ist es daher erforderlich, dass alle verfügbaren Informationen über den Emittenten und die Anlage bekannt sind. Ist dies der Fall, spricht man von einem informationseffizienten Markt. Mit der überwiegenden Ansicht in der Literatur wird in der Praxis allerdings von semi-effizienten Kapitalmärkten ausgegangen6. Wichtigste Grundlage des

3 Vgl. § 24 BörsG; 4. Kap. § 3 Gesetz über Börsen- und Clearingtätigkeit (Lagen [1992:543] om börs- och clearingverksamhet – LBC). 4 Kress, Kapitalmarktregulierung, S. 33, 36 f.; Schönenberger, Notwendigkeit und Effizienz, S. 38; Wiegel, Prospektrichtlinie, S. 20 ff.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 30; af Sandeberg/Sevenius in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 30 f., 42 ff. 5 Kress, Kapitalmarktregulierung, S. 33, 36 f.; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 3; Schäfer, NZG 2005, 985, 987; Gerber, DStR 2004, 1793; SOU 2004:95 (Prospekt), S. 83; SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 27; af Sandeberg/Sevenius in: af Sandeberg/ Sevenius, Börsrätt, S. 30 f.; Lindskog in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 61 ff. 6 In der Literatur werden nach Fama, J. Finan. 25 (1970), S. 383 ff., drei Formen der Informationseffizienz an den Kapitalmärkten unterschieden: die schwache, die halbstrenge und die strenge Form. Je höher der Grad an Informationseffizienz ist, desto mehr Informationen enthalten die Kurse. Bei der halbstrengen Form eines semi-informationseffizienten Kapitalmarkts enthalten die Kurse neben den aus dem bisherigen Kursverlauf gewonnnen Informationen weitere öffentlich zugängliche Informationen, allerdings nicht alle vorhandenen Informationen. Die verfügbaren Informationen werden unverzüglich im Kurs verarbeitet. Vgl. hierzu aus der deutschen Literatur Bak/ Bigus, ZBB 2006, 430, 432 ff.; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 167 ff.; Weber, ZGR 2004, 280, 282 f.; Sauer, ZBB 2005, 24, 29; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 377 ff.; ders., BKR 2005, 91; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 184; Kumpan, WM 2006, 797, 798 f.; Findeisen/Backhaus, WM 2007, 100, 106 f.; Casper, Der Konzern 2006, 32, 34. Der BGH hat der sog. fraud-on-the-market-theory, auf der die Efficient Capital Market Hypothesis beruht, für die deutsche Rechtslage eine Absage erteilt, soweit ihre Anwendung dazu dienen soll, im Rahmen einer deliktischen Haftung für falsche Adhoc-Mitteilungen das Erfordernis der haftungsbegründenden Kausalität zu überwinden (BGH, BKR 2007, 467, 468 [Comroad I]; BGH, ZIP 2007, 680 [Comroad II]; BGH, AG 2007, 169 ff. [Comroad III]; BGH, BB 2007, 1806, 1807 [Comroad IV]; BGH, NZG 2007, 711, 713 [Comroad V]; BGH, WM 2008, 395, 397 [Comroad VI]); BGH, WM 2008, 398, 399 f. [Comroad VII]; BGH, NZG 2008, 386, 387 f. [Comroad VIII]; vgl. hierzu auch unten Teil 4 C.II.2.b) Fn. 663). Aus der schwedischen Literatur vgl. SOU 2000:11 (Finanssektorns framtid), S. Volym B:265 ff.; 269 f.; Samuelsson, Infor-

A. Die Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung

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individuellen Anlegerschutzes ist daher das Prinzip informierter Investitionsentscheidungen7. Über den individuellen Anlegerschutz hinaus dienen richtige und vollständige Informationen auch der Stärkung des allgemeinen Vertrauens in die Kapitalmärkte und damit dem kollektiven Vertrauensschutz8. Während der individuelle Anlegerschutz vor allem dadurch geprägt ist, dass die Anleger ihre individuellen Anlageentscheidungen auf richtige Informationen stützen können, basiert der kollektive Vertrauensschutz auf einem generellen Vertrauen aller Kapitalmarktakteure in die Informationsstrukturen, die Kontrolleinrichtungen und die Sanktionsmechanismen an den Kapitalmärkten. Die richtige und vollständige Information des Kapitalmarkts bildet auch hierfür eine wesentliche Grundlage. Nur wenn ein ausreichendes Vertrauen der Anleger und sonstigen Kapitalmarktakteure in die Richtigkeit und Vollständigkeit der veröffentlichten Informationen und damit in eine korrekte Preisbildung an den Kapitalmärkten besteht, sind Investoren bereit, in ausreichendem Umfang Risikokapital an den Kapitalmärkten zur Verfügung zu stellen9, 10. mation och ansvar, S. 84 ff.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 29 f., 52 f., 138 ff.; dies., Marknadsmissbruk, S. 25 f., 27 ff. 7 Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F24 ff.; F27; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 3, 14; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 167 ff.; Grundmann, DStR 2004, 232; Seibt, ZGR 2006, 501, 506; Kumpan, WM 2006, 797, 798; Kress, Kapitalmarktregulierung, S. 36 f.; Weber, ZGR 2004, 280, 282; Veil, BKR 2005, 91; Zimmer, WM 2004, 9, 10; Merkt, Unternehmenspublizität, S. 308 f.; Gerber, DStR 2004, 1793; Schönenberger, Notwendigkeit und Effizienz, S. 37; Nicodem, Doppellisting und Anlegerschutz, S. 61, 81; Svensson, Kapitalanlegerschutz, S. 22 f.; SOU 2004:47 (Näringslivet och förtroendet), S. 299; SOU 2004:95 (Prospekt), S. 83; SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 27 f.; Ds 2006:6 (Informationskrav i noterade företag, m. m.), S. 195; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 29 ff.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 81 f.; Stockholmsbörsen, Guide till börsregler, S. 3. Kritisch dazu, dass vollkommene Information der Anleger zu einer Verbesserung der Allokationseffizienz führt, Schönenberger, Notwendigkeit und Effizienz, S. 46 ff., 54. 8 Brellochs, Publizität und Haftung, S. 14 ff.; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F24 ff.; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR2, § 1 Rn. 26; Kumpan, WM 2006, 797, 798; Gerber, DStR 2004, 1793; Schönenberger, Notwendigkeit und Effizienz, S. 16; Floer, Prospekthaftung, S. 35; Zimmer, WM 2004, 9, 10; Nicodem, Doppellisting und Anlegerschutz, S. 61, 81; Oechsler in: Bayer/Habersack, AktR im Wandel, Bd. II, 5. Kap. Rn. 42; SOU 2003:22 (Framtida finansiell tillsyn), S. 24; SOU 2004:95 (Prospekt), S. 84; SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 27 f.; Ds 2006:6 (Informationskrav i noterade företag, m. m.), S. 195; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 29 f.; dies., Marknadsmissbruk, S. 24 f. Allgemein zum Vertrauen in die schwedische Wirtschaft vgl. den ausführlichen Bericht der von der schwedischen Regierung eingesetzten Vertrauenskommission, SOU 2004:47 (Näringslivet och förtroendet), S. 207 und passim. 9 Vgl. Erwägungsgründe 10 und 18 bis 21 der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. EG Nr. L 345 vom 31.12.2003, S. 64 ff. (Wertpapierprospektrichtlinie); BegrRegE WpPG, BT-Drs.

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Teil 1: Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung

II. Die Bedeutung von Börsenprospekten für den individuellen Anlegerschutz Während der Emittent in der Regel über alle Informationen verfügt, die zur Bewertung der von ihm ausgegebenen Wertpapiere erforderlich sind, fehlen den Anlegern zumeist die für eine fundierte und zuverlässige Anlageentscheidung erforderlichen Informationen. Zwischen Emittenten und Anlegern besteht daher ein Informationsungleichgewicht. Dem kommt bei einem erstmaligen öffentlichen Angebot von Wertpapieren eines Emittenten eine besondere Bedeutung zu, da die Anlage am Markt noch unbekannt ist und dem Anleger jeglicher Anhaltspunkt für eine Bewertung der Emission, wie z. B. ein bereits bestehender Marktpreis auf dem sekundären Kapitalmarkt, fehlt11. Auch die Finanzintermediäre müssen sich erst einen Grundstock an Informationen beschaffen12. Das Wissensgefälle zwischen Emittenten und Anlegern bzw. dem Kapitalmarkt ist allerdings keine Besonderheit von Wertpapiergeschäften. Vielmehr ist ein solches Wissensgefälle bei fast allen entgeltlichen Austauschgeschäften zu beobachten. Im Unterschied zu diesen sind Kapitalanleger jedoch zumeist wegen des großen finanziellen Aufwands nicht in der Lage, sich die für eine fundierte Anlageentscheidung erforderlichen Informationen selbst zu beschaffen13. Zudem haben Anleger auf Grund der Besonderheiten des Kapitalmarktes und ihrer im Verhältnis zum Emittenten schwächeren Position nicht die Möglichkeit, das Fehlen von Informationen im Rahmen individueller Verhandlungen mit entspre-

15/4999, S. 25; Seibt, ZGR 2006, 501, 506; Kumpan, WM 2006, 797, 798; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 12 f. m.w. N.; Prop. 2004/05:158, (Prospekt), S. 58 f.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 30, 69; dies., Marknadsmissbruk, S. 24 ff.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 83 f. Zur Publizität auf dem sekundären Kapitalmarkt vgl. auch Erwägungsgründe 1 und 2 der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/ 34/EG, ABl. EG Nr. L 390 vom 31.12.2004, S. 38 ff. (Transparenzrichtlinie). 10 Neben dem individuellen und kollektiven Anlegerschutz dient die kapitalmarktrechtliche Emittentenpublizität auch dem Funktionsschutz, d.h. der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes als solchem. Vgl. hierzu Merkt, Unternehmenspublizität, S. 296 ff.; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 14, 19 ff.; Svensson, Kapitalanlegerschutz, S. 15 f. 11 Kalss, Anlegerinteressen, S. 164; Schönenberger, Notwendigkeit und Effizienz, S. 45; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 166; SOU 2004:95 (Prospekt), S. 83; Samuelsson, Information och ansvar, S. 81; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 51 f.; Bergström/Samuelsson in: Nord/Thorell, Intressekonflikter, S. 56, 64 f. 12 Kalss, Anlegerinteressen, S. 164. 13 Vgl. hierzu Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 12; Kalss, Anlegerinteressen, S. 161 f., 164 f.; SOU 2003:22 (Framtida finansiell tillsyn), S. 26; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 30 f.; dies., Marknadsmissbruk, S. 29 ff.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 81 f.; Hultmark, Upplysningsplikt, S. 14 ff., 68 ff.

A. Die Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung

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chenden Preisabschlägen zu sanktionieren14. Dies gilt insbesondere für private Anleger, denen zunehmend eine größere Bedeutung an den Kapitalmärkten zukommt. Auf Grund der technischen Entwicklung, vor allem im Bereich des Online-Wertpapierhandels, aber auch auf Grund der Tatsache, dass Emittenten Privatanleger in weit größerem Maße als noch vor wenigen Jahren als zusätzliche, langfristige Kapitalgeber entdeckt haben15, sind die Anzahl und das Volumen von Aktientransaktionen in den letzten zehn Jahren stark gestiegen16. Das Schutzbedürfnis privater Anleger ist daher besonders groß. Zum Ausgleich des Informationsdefizits auf Seiten der Anlegern hat der Gesetzgeber den Emittenten die Pflicht auferlegt, für öffentlich angebotene oder zum Handel an einem organisierten Markt zugelassene Wertpapiere, wie etwa an einer Börse notierte Aktien, einen Prospekt zu erstellen (Prospektpflicht)17. Daneben enthalten die Regelwerke der Börsen im Rahmen der Selbstregulierung verschiedene weitere Publizitätspflichten 18. Durch die Erfüllung der Publizitätspflichten soll den Anlegern ermöglicht werden, fundierte Anlageentscheidungen zu treffen19. Dies kommt auch in Art. 5 Wertpapierprospektrichtlinie zum Ausdruck, der bestimmt, dass Prospekte sämtliche Angaben zu enthalten haben, „die entsprechend den Merkmalen des Emittenten und der öffentlich an14 Kalss, Anlegerinteressen, S. 161; so wohl auch SOU 2003:22 (Framtida finansiell tillsyn), S. 26. Anders hinsichtlich Neuemissionen mit Bezugsrechtsausschluss (riktade emissioner) Bergström/Samuelsson in: Nord/Thorell, Intressekonflikter, S. 56, 64 f. 15 Vgl. hierzu in Deutschland den Börsengang der Deutschen Telekom AG und in Schweden den Börsengang von Telia AB (heute TeliaSonera AB (publ.)). 16 An den deutschen Wertpapierbörsen ist zwischen 1996 und 2005 der Gesamtumsatz in Aktien von 2.378,32 Mrd. DM (~ 1.216,02 Mrd. A) auf 3.091,86 Mrd. A und damit um gut 154% angestiegen (Quelle: Fact Books 1997 und 2005 der Deutsche Börse AG – http://deutsche-boerse.com – zuletzt abgerufen am 6.9.2009). An der Stockholmer Börse ist zwischen 1996 und 2005 der Gesamtumsatz in Aktien von 918 Mrd. SEK auf 3.763,50 Mrd. SEK und damit um knapp 310% angestiegen. Die Gesamtanzahl der Abschlüsse in Aktien ist von knapp 3,28 Mio. auf knapp 11,76 Mio. Abschlüsse und damit um knapp 259% angestiegen (Quelle: Fact Book 1997 und Annual statistics OMX Nordic Exchange 2005 der OMX AB (publ.) – http://www.nas daqomxnordic.com – zuletzt abgerufen am 6.9.2009). 17 (EU) Art. 3 Wertpapierprospektrichtlinie; (Deutschland) § 3 WpPG; (Schweden) 2. Kap. § 1 LHF. Zur Kritik gegenüber einer gesetzlichen Prospektpflicht vgl. Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F 41 f. m.w. N.; Schönenberger, Notwendigkeit und Effizienz, S. 55 ff.; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 170 ff. 18 Vgl. u. a. in Deutschland die „Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse“, im Internet abrufbar unter: http://deutsche-boerse.com (zuletzt abgerufen am 6.9.2009) und in Schweden den Notierungsvertrag (Noteringsavtal) der Nasdaq OMX Stockholm, im Internet abrufbar unter: http://www.nasdaqomxnordic.com (zuletzt abgerufen am 6.9.2009). Zu letzterem vgl. auch ausfühlich Örtengren in: af Sandeberg/ Sevenius, Börsrätt, S. 211 ff. 19 Erwägungsgrund 19 der Wertpapierprospektrichtlinie; BegrRegE WpPG, BT-Drs. 15/4999, S. 25, 31; Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 175; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F40; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 29 f., 69; Samuelsson, Information och ansvar, S. 83.

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Teil 1: Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung

gebotenen bzw. zum Handel an dem geregelten Markt zugelassenen Wertpapiere erforderlich sind, damit die Anleger sich ein fundiertes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste, die Zukunftsaussichten des Emittenten und jedes Garantiegebers sowie über die mit diesen Wertpapieren verbundenen Rechte bilden können.“ Art. 5 Wertpapierprospektrichtlinie ist in Deutschland in § 5 Abs. 1 WpPG und in Schweden im 2. Kap. § 11 des Gesetzes über den Handel mit Finanzinstrumenten (Lag om handel med finansiella instrument – LHF20) mit jeweils ähnlichem Wortlaut in nationales Recht übernommen worden21. In diesem Zusammenhang stellt sich allerdings die Frage, ob und in welchem Umfang Prospekte der hinreichenden Information, insbesondere von Privatanlegern, gerecht werden können. Dies ist vor allem für die Frage von Bedeutung, welchem Verständnishorizont ein Prospekt zu genügen hat und wann die in einem Prospekt enthaltenen Angaben unvollständig sind22. Zur Stärkung des Verbraucherschutzes wird dabei in Schweden stärker als in Deutschland nicht nur die Veröffentlichung richtiger und vollständiger Kapitalmarktinformationen, sondern darüber hinaus auch ihre verständliche Aufbereitung für die Anleger gefordert. Grund hierfür ist die Annahme, dass eine allein auf Vollständigkeit gerichtete Information der Anleger häufig zu einer „Informationsüberflutung“ des Publikums und damit zu einer Verwirrung der Anleger führt23. Das ist Ausdruck des Verbraucherschutzgedankens, der das gesamte schwedische Zivilrecht seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts prägt24.

20 Das LHF regelt u. a. die Prospekt- und Publizitätspflichten im Zusammenhang mit dem öffentlichen Angebot von Finanzinstrumenten oder ihrer Aufnahme zum Handel an einem organisierten Markt, im Zusammenhang mit öffentlichen Übernahmeangeboten oder bestimmten Unternehmensverträgen, bei denen die Gegenleistung in Aktien besteht, sowie im Zusammenhang mit der Einräumung des Verfügungsrechts über Finanzinstrumente. Darüber hinaus regelt es die Aufsicht der schwedischen Finanzaufsichtsbehörde, Finansinspektionen, über die Einhaltung der Bestimmungen des LHF. 21 Zur Umsetzung von Art. 5 Wertpapierprospektrichtlinie in nationales Recht vgl. (Deutschland) BegrRegE WpPG, BT-Drs. 15/4999, S. 31; (Schweden) Prop. 2004/05: 158 (Prospekt), S. 175. 22 Zum relevanten Anlegerhorizont in Bezug auf Börsenprospekte s. ausführlich unten (Deutschland) Teil 4 A.II.3.e)aa); (Schweden) Teil 4 B.II.3.e). 23 SOU 2004:47 (Näringslivet och förtroendet), S. 298 f. Zur mangelnden Beachtung dieser Frage in der deutschen Diskussion vgl. auch Veil, ZBB 2006, 162, 167. 24 Zum Thema Kapitalanleger als Verbraucher vgl. (aus deutscher Sicht in Bezug auf geschlossene Fonds) Armbrüster, ZIP 2006, 406 ff.; ders., GesR und Verbraucherschutz; (aus schwedischer Sicht) den Bericht der Reichsrevision (Riksrevisionen – http://www.riksrevisionen.se – zuletzt abgerufen am 6.9.2009), RiR 2006:12 (Konsumentskyddet inom det finansiella området – fungerar tillsynen?), Bilagor, S. 18 f.

A. Die Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung

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III. Die Ausgleichs- und Präventionsfunktion der Börsenprospekthaftung Zur Gewährleistung der Ziele des Anlegerschutzes, insbesondere der Informationseffizienz der Kapitalmärkte, genügt es nicht, dass der Gesetzgeber den Emittenten eine Prospektpflicht auferlegt hat. Die Prospektpflicht und die mit ihr verbundene Verpflichtung zur richtigen und vollständigen Information der Anleger können ihre Aufgaben nur dann erfüllen, wenn die Emittenten und die Mitglieder ihrer Leitungsorgane dieser Pflicht ordnungsgemäß nachkommen. Um dies sicherzustellen, bestehen in Deutschland und Schweden – in Übereinstimmung mit der überwiegenden Anzahl der europäischen Rechtsordnungen25 – verschiedene Sanktionsmechanismen, die sicherstellen sollen, dass die mit der Prospektpflicht verbundenen Publizitätspflichten eingehalten werden. Dabei sehen die Gesetze in beiden hier untersuchten Ländern neben strafrechtlichen, verwaltungsrechtlichen oder organisationsrechtlichen 26 Sanktionen auch eine zivilrechtliche Haftung vor. Der zivilrechtlichen Haftung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. In erster Linie dient sie zum einen dem Ausgleich der durch pflichtwidriges Verhalten der Gesellschaft und der Mitglieder ihrer Leitungsorgane eingetretenen Schäden (sogenannte Ausgleichsfunktion), zum anderen der Abschreckung und Verhaltenssteuerung (sogenannte Präventionsfunktion)27. Während die Erfüllung der Ausgleichsfunktion, abgesehen von der in der Regel begrenzten Solvenz der Organmitglieder, sowohl durch eine Haftung der Gesellschaft als auch durch eine Haftung der Mitglieder ihrer Leitungsorgane gewährleistet werden kann, ist für die Erfüllung der Präventionsfunktion erforderlich, dass die für den Emittenten tatsächlich handelnden Organmitglieder persönlich für die Veröffentlichung unrichtiger oder unvollständiger Informationen haften. Da es sich bei den für den Emittenten handelnden Organmitgliedern um Fremdgeschäftsführer handelt, die in der Regel nur eine geringe Beteiligung an der Gesellschaft besitzen und deren Vermögen durch eine Haftung der Gesellschaft nicht oder nur wenig berührt wird, hat eine Haftung des Emittenten 25 Rechtsvergleichend s. Hopt/Voigt (Hrsg.), Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung; Kalss (Hrsg.), Vorstandshaftung in 15 europäischen Ländern. 26 Organisationsrechtliche Sanktionen sind etwa die Auskunftspflicht oder die Abberufung der Mitglieder der Leitungsorgane. 27 Kalss/Eckert in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 27 f.; Hopt in: Großkomm, AktG, § 93 Rn. 11; Zimmer, WM 2004, 9, 10; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 179, 182 ff., 229; Deutsch, Haftungsrecht, S. 68 ff.; Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 20; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 223; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 42 ff.; Nordenson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 15 f.; Karlgren, Skadeståndsrätt, S. 15; Stattin, Företagsstyrning, S. 188. Zur ökonomischen Analyse der Organhaftung siehe auch Schönenberger, Notwendigkeit und Effizienz; Eckert/Grechenig/Stremitzer in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 100 f.

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Teil 1: Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung

kaum eine verhaltenssteuernde Wirkung auf seine Organmitglieder. Zur Erzeugung einer Abschreckungswirkung ist daher eine Haftung der Organmitglieder mit ihrem persönlichen Vermögen erforderlich. Dafür genügt allerdings grundsätzlich eine Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft28. Diese Feststellung geht allerdings von der Annahme aus, dass eine Haftung des Emittenten gegenüber den Anlegern grundsätzlich möglich ist29. Sie kann jedoch aus verschiedenen Gründen ausgeschlossen sein. Zum einen kommt eine Haftung des Emittenten dann nicht in Betracht, wenn dieser zahlungsunfähig ist. Zum anderen können aber auch Wertungswidersprüche, vor allem zwischen dem kapitalmarktrechtlichen Anlegerschutz und dem aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsgrundsatz, zu einem Ausschluss der Haftung des Emittenten gegenüber seinen Anlegern führen30. Ist eine Haftung des Emittenten gegenüber den Anlegern ausgeschlossen, kann die Ausgleichsfunktion der Haftung nur durch eine unmittelbare Außenhaftung der Organmitglieder des Emittenten gewährleistet werden. Auch zur Erfüllung der Präventionsfunktion genügt dann eine Innenhaftung der Organmitglieder nicht. Ein Innenhaftungsanspruch des Emittenten gegenüber seinen Organmitgliedern setzt begriffsnotwendig das Bestehen eines Ersatzanspruchs voraus. Haftet der Emittent jedoch nicht gegenüber den Anlegern, kann ihm durch eine etwaige Inanspruchnahme auch kein Schaden entstehen, für den er im Innenverhältnis seine Organmitglieder in Regress nehmen könnte. Mit fehlendem Innenregress entfällt allerdings auch die damit verbundene Abschreckungswirkung31.

B. Der Stand der rechtspolitischen Diskussion über die Börsenprospekthaftung I. Einführung Die rechtspolitische Diskussion über eine Haftung für Kapitalmarktschäden im Allgemeinen und die persönliche Außenhaftung der Organmitglieder von Emittenten im Besonderen ist durch die Entwicklung an den internationalen Kapitalmärkten während der letzten Jahre intensiver geworden. Während in den USA die Geschehnisse rund um die Unternehmenszusammenbrüche und Bilanzskandale, z. B. von Worldcom, Enron oder Parmalat, für Aufsehen gesorgt haben, stehen in Deutschland die betrügerische Veröffentli28

Zu dieser Frage s. ausführlich unten Teil 6 B.III.3. Dies entspricht der heutigen Rechtslage in Deutschland. Vgl. hierzu unten Teil 3 B.II.1. 30 Dies entspricht der geltenden Rechtslage in Schweden. Vgl. hierzu unten Teil 3 B.III.1. 31 Vgl. hierzu ausführlich unten Teil 3 B.IV.2. 29

B. Der Stand der rechtspolitischen Diskussion über die Börsenprospekthaftung 51

chung falscher Ad-hoc-Mitteilungen durch Unternehmen des ehemaligen Neuen Marktes, wie z. B. Infomatec, EM.TV und Comroad, aber auch der Börsengang und die Neuemissionen der Deutschen Telekom im Mittelpunkt der Diskussion32. In Schweden wiederum waren die Geschehnisse um das Versicherungsunternehmen Skandia33, aber auch die bereits Jahrzehnte zurückliegenden Zusammenbrüche der Unternehmen Kreuger & Toll34 in den 20er Jahren und Fermenta35 in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts Auslöser für die aktuelle Diskussion. Da das Kapitalmarktrecht der Mitgliedstaaten der EU in weiten Teilen europarechtlichen Vorgaben unterliegt36, soll im Folgenden kurz der politische Rahmen der Diskussion auf europäischer Ebene, in Deutschland und in Schweden skizziert werden, um die rechtspolitische Bedeutung der hier untersuchten Fragestellung näher zu beleuchten.

II. Europäische Union 1. Die Vorschläge des Ausschusses der Weisen/Komitologieverfahren Den Ausgangspunkt der Reformen bilden der erste Bericht und der Schlussbericht des Ausschusses der Weisen über die Regulierung der europäischen Wertpapiermärkte vom 9. November 2000 bzw. 15. Februar 200137. Der Aus32

Zur Entwicklung des Neuen Marktes vgl. Baums, ZHR 166 (2002), 375 ff. Skandia war u. a. wegen der Zahlung hoher Boni an die Mitglieder ihrer Leitungsorgane, wegen der persönlichen Bereicherung einzelner Mitglieder der Leitungsorgane und wegen der Schädigung der Versicherungsnehmer der Tochtergesellschaft und Lebensversicherungssparte von Skandia, Skandia Liv, in die Kritik geraten (vgl. hierzu Trolle, Ny Juridik 4:04, 35, 41 ff.; ausführlich auch Lindskog, Skandia-utredningen; Nachemson-Ekwall/Carlsson, Sagan om Skandia). 34 Ivar Kreuger, Gründer des Bauunternehmens AB Kreuger & Toll und des seinerzeit weltweit größten Unternehmens für Streichhölzer, Svenska Tändsticks Aktiebolag, hatte in den 1920er Jahren eines der größten internationalen Finanzunternehmen aufgebaut. Nach seinem Tod 1932, über dessen Ursachen bis heute spekuliert wird, brach der Kreuger-Konzern zusammen und fiel in Konkurs. Vgl. hierzu Arlebäck, Kreugerkraschen, Ackebo in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 75 f. sowie die umfangreichen Materialien unter http://www.dsm.nu/kreuger (zuletzt abgerufen am 6.9.2009). 35 Fermenta AB war ein Biotechnologie-Unternehmen, das 1986 in Konkurs fiel, nachdem der Vorsitzende der styrelse, Refaat El-Sayed, zugeben musste, dass er – entgegen falscher Behauptungen – keinen Doktortitel in Biochemie besaß. Vgl. zum Fall Fermenta ausführlich Stockholms Fondbörs, Fermenta-utredningen, S. 14 ff.; af Sandeberg in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 237 f. 36 Das Kapitalmarktrecht ist zusammen mit dem Bilanzrecht das am dichtesten harmonisierte Rechtsgebiet in der EU (Kopp-Colomb/Lenz, AG 2002, 24; Grundmann, DStR 2004, 232; Beckman/Jansson/Wallin-Norman/Wendleby, Lagarna på Värdepappersområdet, S. 15 ff.). 37 Erster Bericht des Ausschusses der Weisen über die Reglementierung der europäischen Wertpapiermärkte vom 9.11.2000; Schlussbericht des Ausschuss der Weisen 33

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Teil 1: Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung

schuss der Weisen unter der Leitung von Baron Alexandre Lamfalussy war im Juli 2000 von den Wirtschafts- und Finanzministern der Europäischen Union (ECOFIN) eingesetzt worden, um Vorschläge für eine bessere Regelungspraxis und eine bessere Zusammenarbeit der nationalen Regulierungsbehörden im Bereich des Kapitalmarktrechts, unter anderem zur Börsennotierung von Unternehmen, zu Vorschriften über die Bekanntmachung von Informationen durch den Emittenten, den Schutz der Verbraucher und Anleger bei Wertpapierdienstleistungen und zur Marktintegrität, zu machen38. In seinem Schlussbericht unterbreitete der Ausschuss der Weisen auch einen Vorschlag zur Einführung einheitlicher Regeln für die von Emittenten zu veröffentlichenden Prospekte. Darüber hinaus schlug er eine vollständige Reform des Rechtssetzungsverfahrens im Bereich des europäischen Kapitalmarktrechts vor. Ziel des hierzu vorgeschlagenen Komitologieverfahrens39 (auch Lamfalussy-Verfahren genannt) ist eine beschleunigte, effizientere und transparentere Rechtssetzung und Überwachung auf dem Gebiet der europäischen Wertpapiermärkte40. Das Komitologieverfahren besteht aus vier Stufen41. Auf der ersten Stufe werden im Sinne einer Rahmengesetzgebung allein die regulatorischen Grundprinzipien in Form von Richtlinien und Verordnungen erlassen. Daran schließen sich auf der zweiten Stufe die technischen Durchführungsmaßnahmen an, die durch die Kommission in Zusammenarbeit mit dem Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (Committee of European Securities Regulators – CESR42) und dem EU-Wertpapierausschuss (European Securities Committee – über die Regulierung der europäischen Wertpapiermärkte vom 15.2.2001 (LamfalussyBericht). Für einen Überblick über die Entwicklung des europäischen Kapitalmarktrechts s. Binder/Broichhausen, ZBB 2006, 85 ff. 38 Vgl. den Ersten Bericht des Ausschusses der Weisen über die Reglementierung der europäischen Wertpapiermärkte vom 9.11.2000, Anhang 1, S. 30 ff. 39 Zum Begriff des Komitologieverfahrens vgl. Erster Bericht des Ausschusses der Weisen über die Reglementierung der europäischen Wertpapiermärkte vom 9.11.2000, Anhang 5, S. 4. Dort heißt es: „,Komitologie‘ bezeichnet die Delegierung der Durchführungsbefugnisse vom Rat auf die Kommission zwecks Ausübung von EU-Rechtsvorschriften.“ 40 Zum Komitologieverfahren vgl. Lamfalussy-Bericht, S. 10; Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion und anderer, BT-Drs. 15/784 und 15/887; Seitz, BKR 2002, 340, 341 f.; Kopp-Colomb/Lenz, AG 2002, 24, 25 f.; Schmolke, NZG 2005, 912 ff.; Wiegel, Prospektrichtlinie, S. 91 ff.; Beckman/Jansson/Wallin-Norman/Wendleby, Lagarna på Värdepappersområdet, S. 23 f.; Edgren, NTS 2003:1, 95, 97; Skog, NTS 2001:3, 331, 344 f.; Afrell in: Nord/Thorell, Intressekonflikter, S. 25, 28 ff. 41 Zu den einzelnen Stufen des Komitologieverfahrens vgl. ausführlich LamfalussyBericht, S. 29 ff. (1. Stufe), S. 35 ff. (2. Stufe), S. 46 ff. (3. Stufe), S. 49 ff. (4. Stufe); Kopp-Colomb/Lenz, AG 2002, 24, 25; Schmolke, NZG 2005, 912, 913 f.; Wiegel, Prospektrichtlinie, S. 130 ff.; Beckman/Jansson/Wallin-Norman/Wendleby, Lagarna på Värdepappersområdet, S. 24; Afrell in: Nord/Thorell, Intressekonflikter, S. 25, 28 ff. 42 Für weitere Informationen zu CESR s. http://www.cesr-eu.org und http:// ec.europa.eu/internal_market/securities/cesr/index_de.htm (beide zuletzt abgerufen am

B. Der Stand der rechtspolitischen Diskussion über die Börsenprospekthaftung 53

ESC43), der sich aus hochrangigen Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt, erlassen werden. Dadurch soll die laufende Anpassung der technischen Vorschriften an die aktuelle Marktentwicklung ermöglicht werden. Die dritte Stufe beinhaltet die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden, um für eine bessere Umsetzung der Rechtsakte der ersten und zweiten Stufe zu sorgen. Dabei obliegt es CESR, gemeinsame Empfehlungen zu Auslegungsfragen sowie schlüssige Leitlinien und gemeinsame Standards in nicht von EU-Rechtsvorschriften erfassten Bereichen zu erarbeiten. Zudem hat CESR Verfahren zur Kontrolle des Umsetzungsstands in den Mitgliedstaaten zu entwickeln und die Praxis der Regulierungsbehörden zu vergleichen, um eine einheitliche Umsetzung und Anwendung der erlassenen Rechtsvorschriften zu gewährleisten (sogenanntes Peer-Review-Verfahren). Auf der vierten Stufe hat die Kommission für die Durchsetzung des im Komitologieverfahren ergangenen Gemeinschaftsrechts zu sorgen und gegebenenfalls rechtliche Schritte gegen die Mitgliedstaaten einzuleiten, die eines Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht verdächtig sind44. 2. Die Vorschläge der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts (High Level Group) Darüber hinaus setzte die Europäische Kommission im September 2001 die Hochrangige Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts (High Level Group) mit dem Auftrag ein, neben Vorschlägen zur Reform des europäischen Übernahmerechts „Empfehlungen über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in der EU“ auszuarbeiten. In ihrem Schlussbericht über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa vom 4. November 2002 hat die High Level Group eine Vielzahl von Empfehlungen, unter anderem auch zur Verbesserung der Corporate Governance, vorgelegt. Kernpunkte bilden dabei unter anderem die Verbesserung der Informationen für Anleger und Gläubiger sowie die Verantwortung der Unternehmensleitung vor allem für Finanzinformationen45. Hierzu schlug die High Level Group die Einführung einer kollektiven Haftung des gesamten Leitungs- bzw. Verwaltungsorgans von Aktiengesellschaften für finanzielle und alle anderen wesentlichen Er6.9.2009. Zur Einsetzung von CESR siehe 2001/527/EG: Beschluss der Kommission vom 6. Juni 2001 zur Einsetzung des Ausschusses der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden, ABl. EG Nr. L 191 vom 13.7.2001, S. 43 f. 43 Für weitere Informationen zum ESC siehe http://ec.europa.eu/internal_market/se curities/esc/index_de.htm (zuletzt abgerufen am 6.9.2009). Zur Einsetzung des ESC siehe 2001/528/EG: Beschluss der Kommission vom 6. Juni 2001 zur Einsetzung des Europäischen Wertpapierausschusses, ABl. EG Nr. L 191 vom 13.7.2001, S. 45 f. 44 Zur Struktur des Komitologieverfahrens s. auch das Diagram auf S. 10 des Lamfalussy-Berichts. 45 Bericht der High Level Group, S. 45 f.

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Teil 1: Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung

klärungen vor. Die Haftung für finanzielle Erklärungen sollte sich danach auf unrichtige Jahres- und konsolidierte Abschlüsse sowie alle anderen Erklärungen über die Finanzlage des Unternehmens, einschließlich veröffentlichter Quartalsergebnisse sowie finanzieller Angaben in Börsenprospekten und anderen öffentlichen Unterlagen, erstrecken46. 3. Der Aktionsplan der Europäischen Kommission und seine Umsetzung Die Vorschläge der High Level Group nahm die Europäische Kommission in ihren am 21. Mai 2003 verabschiedeten Aktionsplan zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts und zur Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union (Aktionsplan) auf 47. Darin hat die Kommission ein Konzept zur Steigerung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, zur Stärkung der Aktionärsrechte und zur Verbesserung des Schutzes Dritter vorgeschlagen. Zur Umsetzung dieses Konzepts und des bereits im Jahr 1999 verabschiedeten Aktionsplans für Finanzdienstleistungen hat die Europäische Kommission mittlerweile verschiedene Richtlinien nebst entsprechenden Durchführungsbestimmungen erlassen48. Bei den im Rahmen des Lamfalussy-Verfahrens erlassenen Richtlinien, die einen wichtigen Teil des Aktionsplans ausmachen, handelt es sich um die Marktmissbrauchsrichtlinie49, die Wertpapierprospekt46

Bericht der High Level Group, S. 71 ff. Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union – Aktionsplan, KOM(2003)284 endg. vom 21. Mai 2003. Darin heißt es u. a.: „Um die Verantwortung der Direktoren zu stärken, sollte die kollektive Verantwortung aller Mitglieder des Leitungs- bzw. Verwaltungsorgans für den Jahresabschluss und alle anderen wesentlichen Erklärungen (einschließlich der unter Punkt 3.1.1. erwähnten Erklärung zur Corporate Governance) durch EU-Recht bestätigt werden.“ (Aktionsplan, S. 18). Zu seinem Umsetzungsstand s. im Internet http://ec.eu ropa.eu/internal_market/finances/actionplan/index_de.htm (zuletzt abgerufen am 6.9. 2009). Vgl. zum Aktionsplan aus der deutschen Literatur auch Habersack, NZG 2004, 1 ff.; ders., ZIP 2006, 445, 447 ff.; Bayer, BB 2004, 1, 5 ff.; Maul/Lanfermann/Eggenhofer, BB 2003, 1289 ff.; Fleischer, ZGR 2004, 437, 467 ff.; Baums, AG 2007, 57 ff.; Foelsch, BKR 2007, 94 ff. 48 Mitteilung der Kommission – Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan, KOM(1999)232 endg. vom 11.5.1999. Für eine Übersicht über die zur Umsetzung des Aktionsplans erlassenen Bestimmungen und ihren Umsetzungsstand s. im Internet unter http://ec.europa.eu/internal_market/finances/actionplan/index_de.htm#transposition (zuletzt abgerufen am 6.9.2009). 49 Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch), ABl. EG Nr. L 96 vom 12.4.2003, S. 17 ff. Sie enthält im Wesentlichen Bestimmungen zur Bekämpfung von Insider-Geschäften und Kurs- und Marktmanipulationen. Die Marktmissbrauchsrichtlinie war bis zum 12. Oktober 2004 in nationales Recht umzusetzen. Sie wurde in Deutschland durch das Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz – AnSVG), BGBl. I 2004, 2630 ff. und in Schwe47

B. Der Stand der rechtspolitischen Diskussion über die Börsenprospekthaftung 55

richtlinie50, die Transparenzrichtlinie 51 und die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID)52, 53. Entgegen den Plänen im Schlussbericht der High den durch verschiedene Änderungsgesetze, die alle auf dem Regierungsentwurf Prop. 2004/05:142 (Marknadsmissbruk) beruhen, in nationales Recht umgesetzt. Es handelt sich um die Änderungsgesetze SFS 2005:377, SFS 2005:378 und SFS 2005:382. 50 Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. EG Nr. L 345 vom 31.12.2003, S. 64 ff. Vgl. hierzu näher im Folgenden. 51 Richtlinie 2004/109/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. EG Nr. L 390 vom 31.12.2004, S. 38 ff. Ziel der Transparenzrichtlinie ist die Steigerung der Informationsqualität an den europäischen Kapitalmärkten durch eine rechtzeitige Veröffentlichung zuverlässiger, umfassender und laufend aktualisierter Informationen über Emittenten und über bedeutende Beteiligungen von Aktionären an solchen Gesellschaften. Sie betrifft vor allem die Veröffentlichung von Jahres- und konsolidierten Abschlüssen, Halbjahresberichten und von Zwischenmitteilungen. Sie war bis zum 20.1.2007 in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland ist die Transparenzrichtlinie durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz – TUG (BGBl. I 2007, S. 10 ff.) und das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister – EHUG (BGBl. I 2006, S. 2553) in nationales Recht transformiert worden. In Schweden wurde die Transparenzrichtlinie durch verschiedene Änderungsgesetze, die alle auf dem Regierungsentwurf Prop. 2006/07:65 (Informationskrav i noterade företag, m. m.) beruhen, zum 1. November 2007 in nationales Recht umgesetzt. Es handelt sich um die Änderungsgesetze SFS 2007:364 bis SFS 2007:374. 52 Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/ EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates, ABl. EG Nr. L 145 vom 30.4.2004, S. 1 ff. Sie löst die bisherige Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen, ABl. EG Nr. L 141 vom 11.6.1993, S. 27 ff. (Wertpapierdienstleistungsrichtlinie – ISD) ab. Durch die MiFID werden die einzelstaatlichen Vorschriften über die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und die Börsentätigkeit stärker harmonisiert. Zudem können nach ihren Bestimmungen Wertpapierhäuser, Banken und Börsen ihre Dienstleistungen auf der Grundlage eines vom Herkunftsmitgliedstaat erteilten europäischen Passes europaweit erbringen. Auch wird die Aufsicht über die von der Richtlinie erfassten Dienstleistungen in den Mitgliedstaaten weiter vereinheitlicht. Die MiFID war bis zum 31.1.2007 in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland ist die MiFID durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (2004/39/ EG, MiFID) und der Durchführungsrichtlinie (2006/73/EG) der Kommission (Finanzmarkt-Richtlinie-Umsetzungsgesetz), BGBl. I 2007, 1330 ff. in nationales Recht umgesetzt worden. In Schweden wurde die MiFID durch Neueinführung des Gesetzes über den Wertpapiermarkt (Lag [2007:528] om värdepappersmarknaden – VpmL) sowie verschiedene Änderungsgesetze, die alle auf dem Regierungsentwurf Prop. 2006/ 07:115 (Ny lag om värdepappersmarknaden) beruhen, zum 1. November 2007 in nationales Recht umgesetzt. Es handelt sich um die Änderungsgesetze SFS 2007:529 bis SFS 2007:571. 53 Zum Umsetzungsstand der im Lamfalussy-Verfahren erlassenen Richtlinien und der hierzu ergangenen Durchführungsmaßnahmen auf Stufe 2 des Komitologieverfah-

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Teil 1: Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung

Level Group und im Aktionsplan der Europäischen Kommission enthält jedoch keine der genannten Richtlinien Regelungen über eine zivilrechtliche Haftung bei Verstößen gegen ihre Bestimmungen. 4. Die Wertpapierprospektrichtlinie und die EU-ProspektVO Die Wertpapierprospektrichtlinie, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit von besonderer Relevanz ist, regelt die Bedingungen für die Erstellung, Billigung und Verbreitung von Wertpapierprospekten. Die auf der zweiten Stufe des Komitologieverfahrens von der Kommission erlassene EU-ProspektVO54 bestimmt zudem im Einzelnen die Informationen, die in Wertpapierprospekten enthaltenen sein müssen, ihr Format, die Aufnahme von Informationen in den Prospekt mittels Verweis, die Veröffentlichung von Prospekten sowie die Verbreitung von Werbung im Zusammenhang mit der Emission von Wertpapieren an einem organisierten Markt55. Bis zum Inkrafttreten der Wertpapierprospektrichtlinie und der EU-ProspektVO wurde der primäre Kapitalmarkt auf europäischer Ebene maßgeblich durch die Kapitalmarktpublizitätsrichtlinie 56 und die Emissionsprospektrichtlinie57 bestimmt. Während die Kapitalmarktpublizitätsrichtlinie unter anderem rens s. im Internet http://ec.europa.eu/internal_market/securities/docs/transposition/ta ble_en.pdf (zuletzt abgerufen am 6.9.2009). 54 Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung, ABl. EG Nr. L 149 vom 30.4.2004, S. 1 ff. (berichtigte Fassung, ABl. EG Nr. L 215 vom 16.6.2004, S. 3 ff.); geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1787/2006 der Kommission vom 4. Dezember 2006 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Informationen sowie das Format, die Aufnahme von Informationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung, ABl. EG Nr. L 337 vom 5.12.2006, S. 17 ff. 55 Vgl. hierzu auch die Empfehlungen von CESR („CESR’s recommendations for the consistent implementation of the European Commission’s Regulation on Prospectuses në 809/2004“ vom 10.02.2005, Ref: CESR/05-054b); im Internet abrufbar unter http://www.cesr.eu/index.php?docid=2999 (zuletzt abgerufen am 6.9.2009). 56 Richtlinie 2001/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen, ABl. EG Nr. L 184 vom 6.7.2001, S. 1 ff. (berichtigte Fassung, ABl. EG Nr. L 217 vom 11.08.2001 S. 18 ff.). Sie ist aus der Richtlinie 79/279/EWG des Rates vom 5. März 1979 zur Koordinierung der Bedingungen für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse, ABl. EG Nr. L 66 vom 16.3.1979, S. 21 ff. (Börsenzulassungsrichtlinie) und der Richtlinie 80/390/EWG des Rates vom 17. März 1980 zur Koordinierung der Bedingungen für die Erstellung, die Kontrolle und die Verbreitung des Prospekts, der für die Zulassung von Wertpapieren zur amtli-

B. Der Stand der rechtspolitischen Diskussion über die Börsenprospekthaftung 57

die Bedingungen für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen regelte, wurde die Erstellung, Kontrolle und Verbreitung von Prospekten für Wertpapiere, die ohne Zulassung zur amtlichen Notierung an einem organisierten Markt gehandelt oder ganz ohne Zulassung zu einem organisierten Markt öffentlich verkauft werden sollten, durch die Emissionsprospektrichtlinie geregelt58. Dabei stellte die Emissionsprospektrichtlinie grundsätzlich geringere Anforderungen an den Inhalt eines Prospektes als die Kapitalmarktpublizitätsrichtlinie59. Zugleich war den Mitgliedstaaten in Art. 12 Abs. 1 Emissionsprospektrichtlinie die Möglichkeit eingeräumt, die Verkaufsprospekte für öffentliche Angebote von Wertpapieren, auch wenn für sie kein Antrag auf Zulassung zur amtlichen Notierung gestellt wurde, den gleichen strengen inhaltlichen Anforderungen zu unterstellen, wie Börsenzulassungsprospekte. Dies führte in der Vergangenheit bei der Anerkennung von Verkaufsprospekten zwischen den Mitgliedsstaaten häufig zu Schwierigkeiten, wenn im Herkunftsmitgliedsstaat – wie auch in Deutschland und Schweden – für Verkaufsprospekte die erleichterten Voraussetzungen der Emissionsprospektrichtlinie galten, im Aufnahmemitgliedstaat jedoch die Voraussetzungen der Kapitalmarktpublizitätsrichtlinie 60. Erschwerend wirkte zudem, dass die Mitgliedstaaten in unterschiedlichem Maße von Ausnahme- und Befreiungsmöglichkeiten Gebrauch machten61. Schließlich bestand auch keine EU-einheitliche Definition des Begriffes „öffentliches Angebot von Wertpapieren“, was dazu führte, dass ein bestimmtes Geschäft in einem Land als Privatplatzierung angesehen wurde, in einem anderen hingegen als öffentliches Angebot62. chen Notierung an einer Wertpapierbörse zu veröffentlichen ist, ABl. EG Nr. L 100 vom 17.4.1980, S. 1 ff. (Börsenzulassungsprospektrichtlinie), hervorgegangen. 57 Richtlinie 89/298/EWG des Rates vom 17. April 1989 zur Koordinierung der Bedingungen für die Erstellung, Kontrolle und Verbreitung des Prospekts, der im Falle öffentlicher Angebote von Wertpapieren zu veröffentlichen ist, ABl. EG Nr. L 124 vom 5.5.1989, S. 8 ff. 58 Vgl. Art. 1 Abs. 1 der Börsenzulassungsrichtlinie, Art. 1 und 7 der Emissionsprospektrichtlinie sowie Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 15; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 71; Beckman/Jansson/Wallin-Norman/Wendleby, Lagarna på Värdepappersområdet, S. 18 f.; Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 206. 59 Vgl. Art. 11 Abs. 2 der Emissionsprospektrichtlinie mit Anhang I, Schema A der Kapitalmarktpublizitätsrichtlinie. 60 Vgl. Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 15 f.; Crüwell, AG 2003, 243, 244; Holzborn/ Schwarz-Gondek, BKR 2003, 927; Ilberg/Neises, WM 2002, 635, 638 f.; Kopp-Colomb/Lenz, AG 2002, 24 f.; Fürhoff/Ritz, WM 2001, 2280, 2281 f.; Skog, NTS 2001:3, 331, 348. 61 Groß, Kapitalmarktrecht 4, Vorbem. WpPG Rn. 2; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 16; Edgren, NTS 2003:1, 95 f. 62 Erwägungsgrund 5 der Wertpapierprospektrichtlinie. Vgl. auch die Vorschläge im Ersten Bericht des Ausschusses der Weisen über die Reglementierung der europäi-

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Teil 1: Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung

Durch die Wertpapierprospektrichtlinie werden die Kapitalmarktpublizitätsrichtlinie – soweit in ihr die Börsenzulassungsrichtlinie und die Börsenzulassungsprospektrichtlinie aufgegangen sind63 – und die Emissionsprospektrichtlinie ersetzt und dadurch die Bedingungen für die Erstellung, Billigung und Verbreitung von Prospekten, die beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren bzw. bei ihrer Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen sind, vereinheitlicht und in einem einheitlichen Text zusammengefasst64. Die Richtlinie, die bis zum 1. Juli 2005 in nationales Recht umzusetzen war65, ist in Deutschland durch das Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz 66 in deutsches Recht transformiert worden. Kern des Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetzes bildet das Wertpapierprospektgesetz (WpPG)67. In Schweden wurde die Wertpapierprospektrichtlinie durch verschiedene Änderungsgesetze, die alle auf dem Regierungsentwurf Prop. 2004/05:185 (Prospekt) beruhen, in nationales Recht umgesetzt68. Im Mittelpunkt stehen dabei die Änderungen im LHF. Das WpPG und das 2. Kap. LHF regeln in Deutschland bzw. Schweden zusammen mit der auf der zweiten Stufe des Komitologieverfahrens erlassenen EU-ProspektVO die Voraussetzungen für die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung von Prospekten für Wertpapiere, die öffentlich angeboten oder zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen werden sollen69. Entgegen den Plänen im Schlussbericht der High Level Group und im Aktionsplan der Europäischen Kommission enthält die Wertpapierprospektrichtlinie

schen Wertpapiermärkte vom 9.11.2000, S. 24. Zwar sah man bereits bei Erlass der Emissionsprospektrichtlinie die Notwendigkeit einer Definition, jedoch konnte man sich seinerzeit nicht auf einen gemeinsamen Wortlaut einigen. Auch der deutsche Gesetzgeber verzichtete auf eine Definition (vgl. § 1 VerkProspG). 63 Vgl. Teil 1 B.II.4. Fn. 56. 64 Vgl. Erwägungsgründe 1 bis 3 sowie Art. 1 Abs. 1 der Wertpapierprospektrichtlinie; Groß, Kapitalmarktrecht 4, Vorbem. WpPG Rn. 6. Zur Entstehung der Wertpapierprospektrichtlinie vgl. Weber, NZG 2004, 360 f.; Crüwell, AG 2003, 243 f.; Beckman/Jansson/Wallin-Norman/Wendleby, Lagarna på Värdepappersområdet, S. 24, 28 ff.; Edgren, NTS 2003:1, 95 f.; Skog, NTS 2001:3, 331, 342 ff. 65 Art. 29 Wertpapierprospektrichtlinie. 66 BGBl. I 2005, 1698 ff. 67 Allgemein zum WpPG vgl. Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 1 ff. WpPG; Grub/ Thiem, NZG 2005, 750 ff.; Kaum/Zimmermann, BB 2005, 1466 ff.; Schlitt/Singhof/ Schäfer, BKR 2005, 251 ff.; Kullmann/Sester, WM 2005, 1068 ff.; dies., ZBB 2005, 209 ff.; Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81 ff.; Leuering, Der Konzern 2006, 4 ff.; Heidelbach/Preuße, BKR 2006, 316 ff. 68 SFS 2005:833 bis SFS 2005:836, SFS 2005:932, SFS 2005:93 sowie die Verordnungen SFS 2005:1101 (Förordning om ändring i förordningen [1991:1007] om handel och tjänster på värdepappersmarknaden) und die Verordnung SFS 2005:1102 (Förordning om ändring i förordningen [1992:561] om börs- och clearingverksamhet). 69 Vgl. (zur deutschen Rechtslage) § 1 Abs. 1 WpPG; (zur schwedischen Rechtslage) 2. Kap. § 11 LHF.

B. Der Stand der rechtspolitischen Diskussion über die Börsenprospekthaftung 59

ebenso wenig wie die übrigen in Umsetzung des Aktionsplans erlassenen Richtlinien Regelungen über eine zivilrechtliche Haftung bei Verstößen gegen ihre Bestimmungen, wie z. B. bei der Veröffentlichung unrichtiger oder unvollständiger Börsenprospekte. Anders als noch die Börsenzulassungsrichtlinie und die Emissionsprospektrichtlinie enthält die Wertpapierprospektrichtlinie jedoch in Art. 6 Abs. 1 S. 1 eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, in ihren nationalen Regelungen alternativ oder kumulativ eine zivil-, straf- oder ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit der für den Prospekt verantwortlichen Personen vorzusehen70. Damit regelt sie lediglich, dass überhaupt eine Haftung der Prospektverantwortlichen bestehen muss. Ob es sich dabei um eine zivilrechtliche Haftung handeln muss, wer gegebenenfalls für Schäden auf Grund von Prospektmängeln zu haften hat und wie die Haftung im Einzelnen auszugestalten ist, wird hingegen nicht geregelt. Die Ausgestaltung der Haftung obliegt daher wie bisher den einzelnen Mitgliedsstaaten71.

III. Deutschland 1. Der Bericht der Baums-Kommission und der Deutsche Corporate Governance Kodex Als Reaktion auf verschiedene Unternehmensskandale in Deutschland und den USA72 hat die von der Bundesregierung eingesetzte „Regierungskommission Corporate Governance“ unter der Leitung von Professor Theodor Baums (sogenannte Baums-Kommission) im Juli 2001 in ihrem Abschlussbericht zahlreiche Vorschläge für eine Verbesserung des Anlegerschutzes vorgelegt73. In haftungsrechtlicher Hinsicht beschränken sich die Vorschläge allerdings auf eine Reform der Innenhaftung der Organmitglieder sowie die Verbesserung der kollektiven Durchsetzung von Anlegerschäden. Eine persönliche Außenhaftung der 70 In Art. 6 Abs. 1 der Wertpapierprospektrichtlinie heißt es: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass je nach Fall zumindest der Emittent oder dessen Verwaltungs-, Management- bzw. Aufsichtsstellen, der Anbieter, die Person, die die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt beantragt, oder der Garantiegeber für die in einem Prospekt enthaltenen Angaben haftet“. Zu den übrigen in Umsetzung des Aktionsplans erlassenen Richtlinien vgl. Art. 14 Marktmissbrauchsrichtlinie, Art. 28 Transparenzrichtlinie, Art. 51 MiFID. 71 Weber, WM 2008, 1581, Oulds, WM 2008, 1573; Crüwell, AG 2003, 243, 252; Weber, NZG 2004, 360, 366; Holzborn/Schwarz-Gondek, BKR 2003, 927, 934; Schlitt/ Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 254 f.; vgl. zur Rechtslage vor Inkrafttreten der Wertpapierprospektrichtlinie auch Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F39 f.; Edgren, NTS 2003:1, 95, 108; af Sandeberg, Ny Juridik 2:05, 68, 73. Zur Umsetzung dieser Vorgabe durch den deutschen und den schwedischen Gesetzgeber vgl. ausführlich unten Teil 4. 72 s. hierzu oben Teil 1 B.I. 73 RegKom CG, Bericht, BT-Drs. 14/7515.

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Teil 1: Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung

Mitglieder der Leitungsorgane von Emittenten wurde von der Baums-Kommission abgelehnt74. Darüber hinaus empfahl die Baums-Kommission die Einführung eines Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK), um das deutsche Corporate Governance System transparent und nachvollziehbar zu machen und das allgemeine Vertrauen in die Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Aktiengesellschaften zu verbessern75. Zur Erarbeitung des DCGK setzte die Bundesministerin der Justiz am 6. September 2001 die „Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex“ unter der Leitung von Gerhard Cromme ein. Am 30. August 2002 wurde der DCGK erstmals im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht76. 2. Der 64. Deutsche Juristentag und das Gutachten des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht Im Herbst 2002 waren der Anlegerschutz und die Haftung der Organmitglieder von Emittenten für fehlerhafte oder unvollständige Kapitalmarktinformationen zudem Thema der Abteilung Wirtschaftsrecht des 64. Deutschen Juristentages in Berlin und der von Fleischer und Merkt77 vorgelegten ausführlichen Gutachten. Der 64. Deutsche Juristentag hat sich mit knapper Mehrheit dafür ausgesprochen, „der Emittentenhaftung eine persönliche Außenhaftung der verantwortlichen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder an die Seite zu stellen“ 78. Zudem hat er empfohlen, zur wirkungsvollen Durchsetzung der Anlegerrechte

74

RegKom CG, Bericht, BT-Drs. 14/7515, Rn. 70 ff., 74. RegKom CG, Bericht, BT-Drs. 14/7515, Rn. 5 ff.; vgl. auch die Präambel des DCGK. 76 Die zum Zeitpunkt der Drucklegung aktuelle Fassung des DCGK vom 18. Juni 2009 ist im amtlichen Teil des elektronischen Bundesanzeigers (http://www.ebundes anzeiger.de) am 5. August 2009 bekannt gemacht worden (vgl. zu den bisherigen Änderungen http://www.corporate-governance-code.de). Die Empfehlungen des Kodex sind anders als Gesetze nicht rechtlich bindend. Gemäß § 161 AktG sind Vorstand und Aufsichtsrat börsennotierter Gesellschaften jedoch verpflichtet, jährlich zu erklären, dass den Empfehlungen im DCGK entsprochen wurde und wird bzw. welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden (sog. Entsprechenserklärung bzw. comply-or-explain-Regel). 77 Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002); Merkt, Gutachten G für den 64. DJT (2002), „Empfiehlt es sich, im Interesse des Anlegerschutzes und zur Förderung des Finanzplatzes Deutschland das Kapitalmarkt- und Börsenrecht neu zu regeln?“. 78 Vgl. Beschluss 1.11 der Abteilung Wirtschaftsrecht des 64. Deutschen Juristentages Berlin 2002, im Internet abrufbar unter: http://www.djt.de/files/djt/64/wirtschafts recht.pdf (zuletzt abgerufen am 6.6.2009) – 27 Ja-Stimmen, 26 Nein-Stimmen, 6 Enthaltungen. 75

B. Der Stand der rechtspolitischen Diskussion über die Börsenprospekthaftung 61

eine „zivilprozessuale Anspruchsbündelung in Form einer bereichsspezifischen Gruppenklage“ einzuführen79. Gleichzeitig hatte das Bundesministerium der Finanzen dem Max-PlanckInstitut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg unter der Federführung von Professor Klaus J. Hopt im August 2002 im Hinblick auf eine europäische Vereinheitlichung der Haftung für fehlerhafte Wertpapierprospekte den Auftrag für eine rechtsvergleichende Untersuchung zur Darstellung und zum Vergleich der Prospekthaftungsvorschriften in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union erteilt. In dem im Jahr 2005 veröffentlichten erweiterten Gutachten80 sprechen sich Hopt/Voigt grundsätzlich für die Einführung einer persönlichen Außenhaftung der Organmitglieder von Emittenten für falsche Börsenprospekte gegenüber Anlegern aus81. 3. Der Maßnahmenkatalog der Bundesregierung zur Stärkung des Anlegerschutzes und des Vertrauens in die Aktienmärkte und seine Umsetzung Der deutsche Gesetzgeber hat zudem in der 15. Wahlperiode in Umsetzung des von der rot-grünen Bundesregierung beschlossenen Maßnahmenkataloges zur Stärkung des Anlegerschutzes und des Vertrauens in die Aktienmärkte82 eine Reihe von Gesetzen beschlossen83. Zudem hat der Gesetzgeber in Umsetzung der Wertpapierprospektrichtlinie das WpPG erlassen. Von den in Umsetzung des Maßnahmenkataloges zur Stärkung des Anlegerschutzes und des Vertrauens in die Aktienmärkte beschlossenen Gesetzen betreffen das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) 79 Vgl. Beschluss 1.15 der Abteilung Wirtschaftsrecht des 64. Deutschen Juristentages Berlin 2002. 80 Das Gutachten wurde hierzu um einen Vergleich der Haftungsvorschriften für den sekundären Kapitalmarkt erweitert und in Buchform veröffentlicht: Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung. 81 Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 3 ff. 82 s. Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums vom 25. Februar 2003 (im Internet abrufbar unter http://www.bmj.bund.de – zuletzt abgerufen am 6.9.2009). Vgl. hierzu auch Seibert, BB 2003, 693 ff. 83 Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz – AnSVG), BGBl. I 2004, 2630 ff.; Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReG), BGBl. I 2004, 3166 ff.; Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen (Bilanzkontrollgesetz – BilKoG), BGBl. I 2004, 3408 ff.; Gesetz über die Offenlegung der Vorstandsvergütungen (Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz – VorstOG), BGBl. I 2005, 2267 ff.; Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), BGBl. I 2005, 2802 ff.; Gesetz zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz – KapMuG), BGBl. I 2005, 2437 ff., berichtigt durch BGBl. I 2005, 3095.

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Teil 1: Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung

und das Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz – KapMuG) die Haftung der Organmitglieder für falsche Kapitalmarktinformationen. Das UMAG hat in haftungsrechtlicher Hinsicht in § 148 Aktiengesetz (AktG) zugunsten einer Minderheit von Aktionären, deren Anteile zusammen 1% des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von A 100.000 erreichen, ein eigenes Klagerecht zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegenüber den Mitgliedern ihrer Leitungsorgane eingeführt84. Darüber hinaus wurde in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG die sogenannte Business Judgement Rule gesetzlich verankert. Sie nimmt unternehmerische Entscheidungen der Vorstandsmitglieder (bzw. über § 116 AktG auch der Aufsichtsratsmitglieder) ausdrücklich vom Tatbestand der Sorgfaltspflichtverletzung nach § 93 Abs. 1 S. 1 AktG aus, wenn das Vorstandsmitglied dabei vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln85. Hierdurch wurde der bis dahin bereits allgemein anerkannte haftungsfreie Handlungsspielraum für unternehmerische Entscheidungen erstmals gesetzlich geregelt86. Mit dem KapMuG hat der deutsche Gesetzgeber auf die zahlreichen im Zusammenhang mit dem Börsengang und den Neuemissionen der Deutschen Telekom AG eingereichten Prospekthaftungsklagen, u. a. wegen der Falschbewertung ihres Immobilienvermögens reagiert und in Deutschland erstmals eine Möglichkeit zur kollektiven gerichtlichen Verfolgung von (kapitalmarktrechtlichen) Schadenersatzansprüchen geschaffen87. Der in dem hier untersuchten Zusammenhang wichtigste Punkt des Maßnahmenkatalogs der Bundesregierung zur Stärkung des Anlegerschutzes und des Vertrauens in die Aktienmärkte, die Einführung einer unmittelbaren persönlichen Haftung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber den Anlegern für vorsätzliche oder grob fahrlässige Falschinformationen des Kapitalmarktes, wurde bisher noch nicht umgesetzt88. Das Bundesministerium der Fi84

s. hierzu ausführlich unten Teil 5 B.II. Schnabel/Lücke in: Beck’sches Mandatshdb Vorstand der AG, § 6 Rn. 62; Hopt/ Roth in: Großkomm, AktG, § 93 Abs. 1 Satz 2 und 4 n. F. Rn. 15 ff.; Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252, 254; Kock/Dinkel, NZG 2004, 441, 443; Kuthe, BB 2004, 449; Linnerz, NZG 2004, 307, 311; Brömmelmeyer, WM 2005, 2065, 2069; Roth, BB 2004, 1066, 1068; Holzborn/Bunnemann, BKR 2005, 51; Langenbucher, DStR 2005, 2083, 2085. 86 Zur Frage inwieweit das UMAG nach Ansicht von Vorständen und Aufsichtsräten zu einer Verschärfung der Haftung für Organmitglieder führt vgl. die empirische Untersuchung von Köhler/Marten/Hülsberg/Bender, BB 2005, 501 ff. 87 s. hierzu ausführlich unten Teil 5 B. 88 Vgl. Punkt 2 des Maßnahmenkatalogs der Bundesregierung zur Stärkung des Anlegerschutzes und des Vertrauens in die Aktienmärkte. 85

B. Der Stand der rechtspolitischen Diskussion über die Börsenprospekthaftung 63

nanzen hatte hierzu im Sommer 2004 einen Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Verbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen (Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz – KapInHaG) vorgelegt89. Dieser sah neben der Einführung einer unmittelbaren persönlichen Haftung der Organmitglieder von Emittenten für falsche Wertpapierprospekte und falsche schriftliche und zum Teil auch mündliche Kapitalmarktinformationen auch eine persönliche Haftung von Experten, die an der Erstellung von Wertpapierprospekten mitgewirkt haben, vor. Auf Grund starker Kritik von Seiten der Wirtschaft und der Verbände, insbesondere an der Einführung einer Expertenhaftung, aber auch an der persönlichen Außenhaftung der Organmitglieder von Emittenten, wurde der Diskussionsentwurf noch vor der letzten Bundestagswahl bis auf weiteres zurückgezogen90. Ob die im September 2005 angetretene schwarz-rote Bundesregierung diesen Punkt weiter verfolgen wird, ist bisher unklar91. Schließlich ist die Diskussion in Deutschland über eine spezialgesetzlich geregelte persönliche Außenhaftung der Organmitglieder von Emittenten für falsche Kapitalmarktinformationen durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Sachen Infomatec92 und EM.TV93 in den Jahren 2004 und 2005 weiter angefacht worden. Zwar ging es in den Verfahren, die dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorlagen, um vorsätzlich falsche Ad-hoc-Mitteilungen, also um Fragen der sekundären Kapitalmarkthaftung. Sie haben jedoch wegen diverser Parallelen und wegen des Bedürfnisses nach einer möglichst weitgehenden Vereinheitlichung der haftungsrechtlichen Folgen für falsche Informationen auf dem primären und dem sekundären Kapitalmarkt auch unmittelbare Auswirkungen auf die Diskussion über eine Haftung für falsche Börsenprospekte.

89 Abgedruckt in NZG 2004, 1042 ff.; im Internet abrufbar unter http://www.jura. uni-augsburg.de/prof/moellers/aktuelles/kapinhag_gestoppt.html (zuletzt abgerufen am 6.9.2009). 90 Zum KapInHaG-E und der hieran geäußerten Kritik siehe unten Teil 6 B. 91 Der Koalitionsvertrag der amtierenden Bundesregierung beschränkt sich insoweit auf die folgende offene Aussage: „Der Anlegerschutz ist unter dem Leitbild des mündigen Bürgers angemessen auszugestalten.“. Der Koalitionsvertrag ist im Internet abrufbar unter http://www.cdu.de/doc/pdf/05_11_11_Koalitionsvertrag.pdf (zuletzt abgerufen am 6.9.2009). Unter Bezug auf die Äußerungen des Koalitionsvertrags zum Anlegerschutz s. auch Veil, ZBB 2006, 162 ff. Vor der Bundestagswahl war aus den Reihen der CDU noch zu vernehmen, dass die Union bei einem Sieg die Verschärfung der Vorstandshaftung für falsche Kapitalmarktinformationen im Vergleich zu dem KapInHaG-E gemäßigt weiter vorantreiben werde (FTD vom 24.08.2005). 92 BGH, AG 2004, 546 ff.; BGH, AG 2004, 543, 545 (Infomatec). 93 BGH, ZIP 2005, 1270 ff. (EM.TV).

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Teil 1: Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung

IV. Schweden 1. Die Vertrauenskommission und der Schwedische Corporate Governance Kodex Die Entwicklung an den internationalen Kapitalmärkten hat auch in Schweden zu einer breiten Diskussion über die Verbesserung des Anlegerschutzes geführt. Als Reaktion auf diese Entwicklung wurde im September 2002 durch die schwedische Regierung die sogenannte Vertrauenskommission (Förtroendekommissionen) eingesetzt. Ihre Aufgabe war es, das allgemeine Misstrauen in die schwedische Wirtschaft zu analysieren und den Bedarf für gesetzgeberische oder sonstige Maßnahmen zu untersuchen94. Zur Rückgewinnung des Vertrauens in die schwedische Wirtschaft, insbesondere den Kapitalmarkt, schlug die Kommission die Schaffung eines Schwedischen Corporate Governance Kodex vor95. Im Frühjahr 2003 wurde daher aus ihren Mitgliedern sowie Vertretern verschiedener Interessengruppen der schwedischen Wirtschaft die sogenannte Kodexgruppe (Kodgruppen) zusammengesetzt96. Sie erarbeitete einen ersten Vorschlag für einen Schwedischen Corporate Governance Kodex (Svensk kod för bolagsstyrning – bolagskoden)97, der auf Grund verschiedener Anregungen aus der Gesellschaft überarbeitet und in seiner heute geltenden Fassung am 16. Dezember 2004 veröffentlicht wurde98. Der Schwedische Corporate Governance Kodex gilt seit dem 1. Januar 200599. Der Kodex hat zwar selbst keine rechtlich bindende Wirkung100, die in ihm enthaltenen Verpflichtungen sind jedoch bei 94 Vgl. die Kommissionsaufträge (Kommittédirektiv) Dir. 2002:115 und 2003:115 sowie den ausführlichen Bericht der Vertrauenskommission, SOU 2004:47 (Näringslivet och förtroendet). 95 Zur Corporate Governance in Schweden bzw. aus schwedischer Sicht vgl. Skog in: FS Lutter, S. 1551 ff.; Nord, JT 1989/90, 482 ff. 96 Vgl. SOU 2004:47 (Näringslivet och förtroendet), S. 22, 78. 97 SOU 2004:46 (Bolagskoden – förslag från kodgruppen). 98 SOU 2004:130 (Svensk kod för bolagsstyrning). 99 Der Kodex beschreibt das Organisationssystem insb. von kapitalmarktorientierten Publikumsaktiengesellschaften, sog. Aktienmarktgesellschaften (aktiemarknadsbolagen), sowie die Möglichkeiten der Anleger zur direkten oder indirekten Einflussnahme auf deren Tätigkeit. Er enthält zudem Richtlinien für die Berichterstattung der Gesellschaft an ihre Aktionäre, den Kapitalmarkt und die Gesellschaft im übrigen. Nach den Bestimmungen des Kodex haben Gesellschaften, die den Kodex anwenden, als Teil des Jahresabschlusses einen besonderen Bericht über die Unternehmensleitung aufzustellen und entsprechende Informationen auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen. Darin hat die Gesellschaft zu erklären, dass und wie sie den Kodex anwendet. Weicht die Gesellschaft von den Bestimmungen des Kodex ab, ist dies im Einzelnen zu begründen (sog. comply-or-explain-Regel) (SOU 2004:46 [Bolagskoden – förslag från Kodgruppen], I.1.4, S. 10 f.; vgl. hierzu auch Skog, Svensk kod för bolagsstyrning; Kristiansson/Skog, NTS 2004:4, 353 ff.; Svernlöv, Bolagskoden; Sevenius in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 387 ff.). 100 SOU 2004:46 (Bolagskoden – förslag från Kodgruppen), I.1.4, S. 10.

B. Der Stand der rechtspolitischen Diskussion über die Börsenprospekthaftung 65

börsennotierten Gesellschaften Bestandteil des zwischen der Börse und dem Emittenten geschlossenen Notierungsvertrages101. 2. Die Maßnahmen des Gesetzgebers und deren Vorarbeiten a) Die Vorschläge des Aktiengesellschaftskomitees Bereits vor dem „Platzen der Preisblasen“ an den internationalen Kapitalmärkten rund um das Jahr 2000 hatte die schwedische Regierung im Jahr 1990 das aus einer Gruppe von Experten zusammensetzte sogenannte Aktiengesellschaftskomitee (Aktiebolagskommitté) eingesetzt, um das aus dem Jahre 1975 stammende Aktiengesellschaftsgesetz (Aktiebolagslag [1975:1385] – ABL1975) im Rahmen einer fortlaufenden Reform grundlegend zu überarbeiten102. Nachdem es im Laufe seiner mehr als zehnjährigen Arbeit eine Vielzahl von Gesetzgebungsvorschlägen zu unterschiedlichen Fragen des Aktienrechts, insbesondere zur Umsetzung diverser EU-Richtlinien, erarbeitet hatte103, hat das Aktiengesellschaftskomitee zum Abschluss seiner Arbeit im Januar 2001 einen Vorschlag für ein neues Aktiengesellschaftsgesetz vorgelegt104. Auf Grundlage dieses Vorschlages hat die schwedische Regierung zur Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens einen eigenen Gesetzentwurf erarbeitet105, der nach Durchlaufen des Gesetzgebungsverfahrens mit geringfügigen Änderungen am 1. Januar 2006 in Kraft getreten ist (Aktiebolagslag [2005:551] – ABL)106. Zur Börsenprospekthaftung hatte das Aktiengesellschaftskomitee bereits im Jahr 1997 umfangreiche Überlegungen für eine gesetzliche (Neu)Regelung angestellt107, die es auch in seinen Vorschlag für ein neues Aktiengesellschaftsgesetz aus dem Jahr 2001 wieder aufnahm, ohne allerdings einen konkreten Gesetzgebungsvorschlag zu unterbreiten108. Stattdessen wurden die bisherigen Vorschriften über eine Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane der Aktiengesellschaft zunächst unverändert in das neue ABL übernommen109. 101 Vgl. den Notierungsvertrag (noteringsavtal) der Nasdaq OMX Stockholm, im Internet abrufbar unter http://www.nasdaqomxnordic.com (zuletzt abgerufen am 6.9. 2009). 102 Beschluss des Justizministeriums Ju 1990:08 und Kommissionsauftrag Dir. 1990:46. Vgl. auch SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag), S. 203 f. 103 Zu den Aufgaben des Aktiengesellschaftskomitees vgl. SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag), S. 203 f. 104 SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag). 105 Prop. 2004/05:85 (Ny Aktiebolagslag). 106 Zu den wesentlichen Änderungen durch das neue ABL vgl. zusammenfassend Skog, AG 2006, 238 ff.; ders., NTS 2001:1, 48 ff.; af Sandeberg, JT 2004/05, 269 ff.; Nicolaysen, RIW 2005, 884 ff. 107 SOU 1997:22 (Aktiebolagets kapital), S. 227 ff. 108 SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag), S. 261 ff. 109 Vgl. 29. Kap. ABL.

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Teil 1: Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung

b) Die Vorschläge der Prospektkommission und deren Umsetzung Im Jahr 2004 setzte die schwedische Regierung zur Umsetzung der Wertpapierprospektrichtlinie in nationales Recht die sogenannte Prospektkommission (Prospektutredningen) ein110, die unter anderem auch die Frage der Prospekthaftung eingehend untersucht hat111. Während die im Zwischenbericht vom 1. Oktober 2004 unterbreiteten Vorschläge bereits durch den Gesetzgeber umgesetzt wurden112, haben die weitergehenden Vorschläge im Schlussbericht der Prospektkommission vom 10. März 2005 noch nicht Eingang in einen offiziellen Regierungsentwurf gefunden. Die im Zwischenbericht vorgeschlagenen und vom Gesetzgeber umgesetzten Änderungen betreffen neben der Transformation der Wertpapierprospektrichtlinie in nationales Recht eine grundsätzliche Überarbeitung des gesamten materiellen Prospektrechts. Insbesondere sind die bisher über verschiedene Gesetze verteilten Prospektvorschriften in einem Gesetz gebündelt worden. Nach der bis dahin geltenden Rechtslage enthielten das ABL, das Gesetz über Börsen- und Clearingtätigkeit (Lagen [1992:543] om börs- och clearingverksamhet – LBC)113 und das LHF verschiedene Prospektregelungen114. Diese Bestimmungen sind nunmehr im LHF zusammengefasst und weitgehend vereinheitlicht worden. 110 Dir. 2004:42 (Kommittédirektiv Värdepappersprospekt); Dir 2004:163 (Tilläggsdirektiv till Prospektutredningen). Als Verantwortlicher der Kommission (särskild utredare) wurde jur. kand. Björn Wendleby bestellt, der bei seiner Arbeit durch sieben Sachverständige unterstützt wurde. 111 (Zwischenbericht) SOU 2004:95 (Prospekt), S. 163 ff.; (Abschlussbericht) SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 64 ff. 112 Vgl. hierzu den Gesetzentwurf der Prospektkommission, SOU 2004:95 (Prospekt) den hierauf beruhenden Regierungsentwurf, Prop. 2004/05:185 (Prospekt), sowie die einzelnen daraus hervorgegangenen und am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Änderungsgesetze, SFS 2005:833 (Lag om ändring i lagen [1991:980] om handel med finansiella instrument), SFS 2005:834 (Lag om ändring i lagen [1992:543] om börsoch clearingverksamhet), SFS 2005:835 (Lag om ändring i lagen [2000:1087] om anmälningsskyldighet för vissa innehav av finansiella instrument), SFS 2005:836 (Lag om ändring i aktiebolagslagen [2005:551]), SFS 2005:932 (Lag om ändring i lagen [2004:297] om bank- och finansieringsrörelse), SFS 2005:934 (Lag om ändring i lagen [2004:299] om inlåningsverksamhet), SFS 2005:1101 (Förordning om ändring i förordningen [1991:1007] om handel och tjänster på värdepappersmarknaden), SFS 2005:1102 (Förordning om ändring i förordningen [1992:561] om börs- och clearingverksamhet). 113 Das LBC regelte die Rechtsverhältnisse im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen, insbesondere dem Betrieb einer Börse (börs) oder eines autorisierten Marktplatzes (auktoriserad marknadsplats), der Durchführung von Clearingtätigkeiten sowie der Aufnahme von Finanzinstrumenten zum Handel an einem organisierten Markt. Daneben regelt das LBC die Aufsicht der Finansinspektionen über die nach den Bestimmungen des LBC zugelassenen Finanzmarktintermediäre. Das LBC wurde im Rahmen der Umsetzung der MiFID durch das VpmL ersetzt. 114 Vgl. hierzu ausführlich unten Teil 4 B.I.2.

B. Der Stand der rechtspolitischen Diskussion über die Börsenprospekthaftung 67

Darüber hinaus – und für die vorliegende Arbeit von besonderer Bedeutung – ist die persönliche Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane von Emittenten auf alle Verstöße gegen Prospektvorschriften erweitert worden. Bis zur Umsetzung des Zwischenberichts der Prospektkommission durch den Gesetzgeber sah allein das ABL Regelungen über eine unmittelbare Außenhaftung der Mitglieder der Leitungsorgane für falsche Prospekte vor. So regelte 29. Kap. § 1 S. 2 ABL a. F. eine generelle Außenhaftung der Mitglieder der Leitungsorgane für Verstöße gegen die Bestimmungen des ABL, das anzuwendende Gesetz über den Jahresabschluss115 und die Satzung der Gesellschaft. Erfasst wurden daher nur Verstöße gegen die Prospektbestimmungen des ABL, nicht hingegen auch gegen die Prospektbestimmungen des LBC a. F. und des LHF a. F. Zusammen mit der Bündelung aller Prospektbestimmungen im LHF ist 29. Kap. § 1 ABL daher um einen zweiten Absatz ergänzt worden, wonach eine persönliche Außenhaftung nunmehr insbesondere auch bei schuldhaften Verstößen gegen die Prospektbestimmungen im 2. Kap. LHF und der EU-ProspektVO eintritt (29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL)116. In ihrem Schlussbericht hat die Prospektkommission eine Reform der Prospekthaftung nochmals eingehend untersucht117. Unter anderem hat sie vorgeschlagen, einen umfassenden, auf die Besonderheiten der Prospekthaftung abgestimmten Haftungstatbestand einzuführen. Danach soll für Schäden, die jemand dadurch erleidet, dass der Inhalt eines Prospekts fehlerhaft oder unvollständig ist, anders als nach der geltenden Rechtslage, auch der Emittent selbst haften118. Zudem ist neben einer Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane des Emittenten auch eine Haftung der emissionsbegleitenden Banken und von Ex115 Dies betrifft das je nach Branche anzuwendende Gesetze über den Jahresabschluss, insb. das Jahresabschlussgesetz (Årsredovisningslag [1995:1554] – ÅRL), sowie die Konzernrechnungslegungsbestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, ABl. EG Nr. L 243 vom 11.09.2002, S. 1 ff. Vgl. hierzu den Regierungsentwurf, Prop. 2006/07:70 (Några aktiebolagsrättsliga frågor), nach dem in § 12a ABL eine entsprechende Legaldefinition für den Begriff des Jahresabschlussgesetzes eingeführt werden soll. 116 Hierdurch wurde allerdings kein auf die kapitalmarktrechtlichen Besonderheiten abgestimmter Haftungstatbestand geschaffen, sondern nur der bestehende aktienrechtliche Außenhaftungstatbestand auf Verstöße gegen alle gesetzlichen Prospektbestimmungen erweitert. Insbesondere sind keine speziellen Regelungen hinsichtlich der Beweislast, der Kausalität oder der Schadensberechnung getroffen worden. Vgl. zur Haftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL ausführlich unten Teil 4 B.II. 117 Der Schlussbericht der Prospektkommission baut auf der 2001 erschienenen, umfassenden Untersuchung von Catarina af Sandeberg zur Prospekthaftung mit dem Titel „Prospektansvaret – Caveat emptor eller caveat venditor“ auf. af Sandeberg war als Sachverständige Mitglied der für den Schlussbericht verantwortlichen Prospektkommission. 118 Vgl. zu den Vorschlägen der Prospektkommission in ihrem Schlussbericht ausführlich unten Teil 6 C.II.

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Teil 1: Bedeutung und Funktion der Börsenprospekthaftung

perten vorgesehen, die an der Erstellung des Prospekts mitgewirkt haben119. Nach dem von der Prospektkommission vorgelegten Entwurf zur Reform der Prospekthaftungsbestimmungen sollten die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen nach Durchlaufen des Gesetzgebungsverfahrens am 1. Juli 2006 in Kraft treten120. Auf Grund starker Kritik von Seiten der Praxis und der Rechtswissenschaft, vor allem an der Einführung einer persönlichen Haftung für Finanz- und Rechtsberater von Emittenten, hat sich die schwedische Regierung bisher nicht in der Lage gesehen, die Vorschläge der Prospektkommission in Form eines Regierungsentwurfs umzusetzen und das formelle Gesetzgebungsverfahren einzuleiten. Im Rahmen der Begründung des Regierungsentwurfs zur Umsetzung der EU-Transparenzrichtlinie in schwedisches Recht vom 15. März 2007121 hat das schwedische Finanzministerium ausgeführt, dass die Vorschläge der Prospektkommission in ihrem Schlussbericht weiterhin geprüft werden122.

119

Vgl. hierzu SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 19 f.; 57 ff. SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 115. 121 Prop. 2006/07:65 (Informationskrav i noterade företag, m. m.). 122 Prop. 2006/07:65 (Informationskrav i noterade företag, m. m.), S. 155. Vgl. auch schon Affärsvärlden vom 6. März 2006, http://www.affarsvarlden.se/hem/nyheter/ar ticle271091.ece (zuletzt abgerufen am 6.9.2009). 120

Teil 2

Exkurs: Die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft A. Einführung Zur Abgrenzung des Untersuchungsthemas der vorliegenden Arbeit, die sich auf die Prospekthaftung der Mitglieder der Leitungsorgane von Emittenten beschränkt, aber auch zum besseren Verständnis der Unterschiede der Leitungsstrukturen in deutschen und schwedischen Aktiengesellschaften ist es sinnvoll, die Leitungsorgane als Haftungssubjekt von anderen Organen der Aktiengesellschaft abzugrenzen und ihr Verhältnis zueinander darzustellen. Dabei wird insbesondere auf diejenigen Organe näher eingegangen, die in Deutschland und Schweden für die Erfüllung der Prospektpflicht verantwortlich sind.

B. Deutschland I. Überblick Die Organisationsverfassung der deutschen Aktiengesellschaft (AG) ist dadurch gekennzeichnet, dass die Aufgaben in der Gesellschaft auf drei notwendige Organe verteilt sind. Diese sind der Vorstand als Leitungsorgan der Aktiengesellschaft (§ 76 Abs. 1 AktG), der Aufsichtsrat als Kontroll- und Überwachungsorgan (§ 111 Abs. 1 AktG) und die Hauptversammlung als Willensbildungsorgan und Satzungsgeber (§ 119 Abs. 1 Nr. 5 AktG). Diese drei Organe stehen mit den ihnen durch Gesetz und Satzung zugewiesenen Aufgaben unabhängig und ohne Rangverhältnis nebeneinander1. Sie sind allerdings insoweit voneinander abhängig, als die Hauptversammlung gemäß §§ 101, 119 Abs. 1 Nr. 1 AktG die Mitglieder des Aufsichtsrats2 und der Aufsichtsrat gemäß § 84 Abs. 1 S. 1 AktG wiederum die Mitglieder des Vorstands bestellt3. Diese OrgaHüffer, AktG, § 76 Rn. 4; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, Vor § 76 Rn. 1 ff.; Spindler in: MünchKomm3, AktG, Vor § 76 Rn. 53; K. Schmidt, GesR, § 28 V; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 13 Rn. 11. 2 Ausnahmen hierzu bestehen in mitbestimmten Gesellschaften nach den Mitbestimmungsgesetzen; vgl. hierzu: Kort in: Großkomm, AktG, § 76 Rn. 23 ff. 3 Näher zur „Verzahnung“ der Organe der Aktiengesellschaft vgl. K. Schmidt, GesR, § 28 V. 1

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Teil 2: Exkurs: Die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft

nisationsverfassung ist zwingend. Von ihr kann wegen des Grundsatzes der Satzungsstrenge (§ 23 Abs. 5 AktG) nur in den gesetzlich ausdrücklich geregelten Fällen durch Satzungsbestimmungen abgewichen werden4. Zweck dieser strikten Organisationsverfassung ist die Gewährleistung des Machtgleichgewichts zwischen den Organen5.

II. Der Vorstand Dem Vorstand obliegt als Leitungsorgan der Gesellschaft die unternehmerische Führung der Gesellschaft6. Er hat die Richtlinien der Unternehmenspolitik festzulegen und die geschäftlichen Initiativen zu ergreifen7. Dies umfasst die Unternehmensplanung, -koordination und -kontrolle sowie die Besetzung der Führungsstellen8. Der Vorstand nimmt die Leitungsfunktion gemäß § 76 Abs. 1 AktG in eigener Verantwortung wahr. Er ist daher nicht an Weisungen anderer Gesellschaftsorgane oder Dritter gebunden9. Unternehmerische Entscheidungen trifft der Vorstand zudem nach eigenem Ermessen, wobei ihm grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum zusteht, der es ihm erlaubt, auch geschäftliche Risiken einzugehen (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG)10. Über die Wahrnehmung der Leitungsfunktion hinaus obliegt dem Vorstand weitgehend uneingeschränkt auch die Geschäftsführung im Übrigen (§ 77 Abs. 1 AktG) sowie die Vertretung der Gesellschaft im Innen- und Außenverhältnis (§ 78 Abs. 1 AktG). Die Vertre-

4 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 4; Kort in: Großkomm, AktG, Vor § 76 Rn. 1; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, Vor § 76 Rn. 11; Tomat/Nehls in: Schüppen/Schaub, MünchAnwaltsHdb AG, § 22 Rn. 4. 5 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 4, 118 Rn. 4; K. Schmidt, GesR, § 28 V; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, § 13 Rn. 11; Kubis in: MünchKomm2, AktG, § 118 Rn. 10; Zöllner in: Kölner Komm2, AktG, § 119 Rn. 2 f. 6 Ausdrücklich werden Leitungsaufgaben des Vorstands allerdings nur in §§ 83, 90, 91, 92, 110 Abs. 1, 118 Abs. 2, 121 Abs. 2, 170, 245 Nr. 4 AktG genannt. 7 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 8 f.; Raiser, Recht der Kapitalgesellschaften, § 14 Rn. 1; Spindler in: MünchKomm3, AktG, Vor § 76 Rn. 40; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 76 Rn. 4; Fleischer, ZIP 2003, 1, 3; Schwark, ZHR 142 (1978), 203, 215 f. 8 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 8; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 76 Rn. 5; Spindler in: MünchKomm3, AktG, Vor § 76 Rn. 40 u. § 76 Rn. 17; Goette in: FS 50 Jahre BGH, S. 123, 125; Fleischer, ZIP 2003, 1, 5. s. zur Unternehmensplanung ausführlich auch Semler, ZGR 1983, 1 ff. 9 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 10; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 76 Rn. 42; Hefermehl/Spindler 3, AktG, § 76 Rn. 25; Tomat/Nehls in: Schüppen/Schaub, MünchAnwaltsHdb AG, § 22 Rn. 10; Kort in: Großkomm, AktG, § 76 Rn. 5 ff. Ausnahmen bestehen nur für den Vorstand einer beherrschten oder eingegliederten Gesellschaft gemäß §§ 308, 323 AktG (Vgl. hierzu Hüffer, AktG, § 308 Rn. 2 ff.; § 323 Rn. 2 ff.). 10 Zum Haftungsfreiraum bei unternehmerischen Entscheidungen gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG s. unten Teil 3 B.II.2.b). Zu den Grenzen unternehmerischen Ermessens vgl. auch Hüffer, AktG, § 76 Rn. 13 ff., § 93 Rn. 4a ff.; Hopt/Roth in: Großkomm, AktG, § 93 Abs. 1 Satz 2 und 4 n. F. Rn. 21 ff.

B. Deutschland

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tungsmacht des Vorstands ist grundsätzlich unbeschränkt und gemäß § 82 Abs. 1 AktG auch nicht wirksam beschränkbar11. Als Leitungs- und Geschäftsführungsorgan ist der Vorstand auch für die Erstellung eines Börsenprospekts verantwortlich, der gemäß § 3 WpPG bei der Zulassung von Aktien der Gesellschaft zum Handel an einer Börse oder bei der Neuemission bereits zugelassener Aktien zu veröffentlichen ist. Nach dem Wortlaut von § 3 WpPG ist hierfür im Außenverhältnis zwar der „Anbieter“ und damit regelmäßig der Emittent zuständig. Für ihn handelt im Innenverhältnis jedoch der Vorstand, so dass dieser den Prospekt tatsächlich zu erstellen hat12. Er wird dabei durch die emissionsbegleitenden Banken sowie durch interne und externe Berater unterstützt. Die in der Regel gleichzeitig mit einer Emission von Aktien erfolgende Kapitalerhöhung erfordert zwar gemäß §§ 182 ff. AktG einen Beschluss der Hauptversammlung. Die Entscheidung über den Börsengang selbst bedarf nach zutreffender Ansicht hingegen keiner Zustimmung durch die Hauptversammlung. Insofern besteht weder eine geschriebene noch eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz, die die Zuständigkeit des Vorstandes beschränken würde13. 11 Hüffer, AktG, § 78 Rn. 5; Spindler in: MünchKomm3, AktG, § 78 Rn. 6; Tomat in: Schüppen/Schaub, MünchAnwaltsHdb AG, § 22 Rn. 166. Nur gegenüber Vorstandsmitgliedern (§ 112 AktG) und in Anfechtungs- und Nichtigkeitsverfahren (§§ 246 Abs. 2, 249 AktG) wird die Gesellschaft (auch) vom Aufsichtsrat vertreten. Zudem ist der Vorstand der AG gemäß § 181 BGB in den sog. Fällen der Mehrfachvertretung von der Vertretung ausgeschlossen, sofern er nicht durch die Satzung oder durch Beschluss des Aufsichtsrats hiervon befreit ist (Hüffer, AktG, § 78 Rn. 7; Wiesner in: MünchHdb AG, § 22 Rn. 22; Spindler in: MünchKomm3, AktG, § 78 Rn. 112 ff.). 12 Zu den rechtlichen Grundlagen der Verpflichtung der Gesellschaft durch ihre Vorstandmitglieder vgl. ausführlich unten Teil 3 B.II.1.a). 13 (Str.) Ausführlich zum Meinungsstand s. Brauer, Börsengang und Börsenrückzug, S. 58 ff. (So wie hier) Brauer, Börsengang und Börsenrückzug, S. 58 ff., 215 f.; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 32 BörsG Rn. 30 f.; ders., ZHR 165 (2001), 141, 163 ff.; Heidelbach in: Schwark, KMRK, § 30 BörsG Rn. 52; Halasz/Kloster, ZBB 2001, 474, 482.; Hopt, in: FS Drobnig, S. 525, 536 f.; (wohl auch) Butzke in: Obermüller/Werner/Winden, Die HV der AG, L Rn. 84, Fn. 164; (a. A.) Lutter in: FS Zöllner, S. 363, 376 ff.; Lutter/Drygala in: FS Raisch, S. 239, 240 f.; Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 805, 806; Grupp, Börseneintritt und Börsenaustritt, S. 146 ff., 163 ff.; Vollmer/Grupp, ZGR 1995, 459, 466; Picot/Land, DB 1999, 570, 571; Schanz, Börseneinführung, § 6 Rn. 49 ff., 56; Mülbert, ZHR 165 (2001), 104, 129 f.; Erber, Aktionärsschutz, S. 34 ff., 39 f., 47. Die einen Hauptversammlungsbeschluss befürwortende a. A. geht überwiegend davon aus, dass es sich beim Börsengang um eine Strukturmaßnahme handele, die nach den Grundsätzen der Holzmüller-Entscheidung (vgl. hierzu unten Teil 2 B.IV. Fn. 21) eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz begründet. Diese Ansicht ist jedenfalls seit der Macroton-Entscheidung des BGH (NZG 2003, 280 ff.) nicht mehr haltbar. Darin hatte der BGH im Hinblick auf ein Delisting die Annahme einer Strukturmaßnahme i. S. d. Holzmüller-Entscheidung abgelehnt. Für den Fall des Delistings hat er eine Hauptversammlungszuständigkeit zwar dennoch bejaht, jedoch lassen sich die hierfür angeführten Gründe nicht auf den Börsengang bzw. den Antrag auf

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Teil 2: Exkurs: Die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft

III. Der Aufsichtsrat Der Aufsichtsrat ist das Kontroll- und Überwachungsorgan der AG. Seine Hauptaufgabe besteht in der Überwachung der Geschäftsführung (§ 111 Abs. 1 AktG)14. Sie bezieht sich auf den Vorstand und dessen Pflicht, die Geschäfte der Gesellschaft zu führen (§§ 76 Abs. 1, 77 AktG)15. Mögliche Pflichtverletzungen des Vorstands und sich daraus ergebende Schadenersatzansprüche der Gesellschaft hat er zu untersuchen und bei ihrem Vorliegen gegebenenfalls einzuschreiten16. An der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft ist der Aufsichtsrat nur ausnahmsweise in den gesetzlich ausdrücklich bestimmten Fällen beteiligt17.

IV. Die Hauptversammlung Die Hauptversammlung ist das Willensbildungsorgan der Gesellschaft (§ 118 Abs. 1 AktG). Ihre Zuständigkeit ist allerdings auf die ausdrücklich im Gesetz Zulassung von Aktien zum Börsenhandel übertragen. Vielmehr hat der BGH ein Delisting nur deshalb einer Zustimmung durch die Hauptversammlung unterworfen, weil hierdurch die Verkehrsfähigkeit der Aktie und damit das grundrechtlich geschützte Aktieneigentum beeinträchtigt wird (BGH, NZG 2003, 280, 282 f.). Bei einem Börsengang wird die Verkehrsfähigkeit hingegen gerade gesteigert (so ausdrücklich auch Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 32 BörsG Rn. 30). Um etwaige Anfechtungsrisiken zu vermeiden, wird man allerdings in der Praxis angesichts der weiterhin bestehenden Unsicherheiten, auch im Fall eines ohne Kapitalerhöhung stattfindenden Börsengangs, die Herbeiführung eines Hauptversammlungsbeschlusses unter Beachtung der Holzmüller-Grundsätze empfehlen müssen. 14 Hüffer, AktG, § 111 Rn. 1; Tomat/Nehls in: Schüppen/Schaub, MünchAnwaltsHdb AG, § 23 Rn. 60; Hoffmann-Becking in: MünchHdb AG, § 29 Rn. 1; Habersack in: MünchKomm3, AktG, § 111 Rn. 1. 15 Die Überwachungs- und Kontrollaufgabe des Aufsichtsrats beschränkt sich allerdings auf die Leitungs- und Führungsentscheidungen des Vorstands i. S. v. § 76 Abs. 1 AktG sowie wesentliche Einzelgeschäftsführungsmaßnahmen. Die Kontrolle weniger wichtiger Maßnahmen, insbesondere des laufenden Tagesgeschäfts, muss der Aufsichtsrat unterlassen, um nicht in die Leitungsautonomie des Vorstands einzugreifen (Hüffer, AktG, § 111 Rn. 3; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des AR, Rn. 63 ff.; Habersack in: MünchKomm3, AktG, § 111 Rn. 20, 23 ff.; (a. A.) wohl Hopt/Roth in: Großkomm, AktG, § 111 Rn. 161). Konkretisiert werden die Überwachungsaufgaben durch die gesetzlich ausdrücklich geregelten Prüfungspflichten des Aufsichtsrats (§§ 171 Abs. 1, 314 Abs. 1 AktG) und die Berichtspflichten des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat gemäß § 90 Abs. 1 AktG. 16 Zur Pflicht des Aufsichtsrats Ersatzansprüche gegen den Vorstand geltend zu machen vgl. BGHZ 135, 244 ff. (ARAG/Garmenbeck); Hüffer, AktG, § 111 Rn. 4a f.; Breuer/Fraune in: Heidel, AktR, § 111 AktG Rn. 12. 17 Dies betrifft insbesondere Rechtsgeschäfte mit den Mitgliedern des Vorstands (§§ 112, 89 AktG), einschließlich diese betreffende Personalentscheidungen (§ 84 Abs. 1 AktG) sowie die Vertretung der Gesellschaft in Anfechtungs- und Nichtigkeitsprozessen (§§ 246 Abs. 2, 249 AktG). Für einen Überblick über die weiteren Aufgaben des Aufsichtsrats vgl. Hüffer, AktG, § 111 Rn. 1.

C. Schweden

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oder in der Satzung18 genannten Angelegenheiten beschränkt (§ 119 Abs. 1 AktG)19. Ihr kommt kein Weisungsrecht gegenüber anderen Gesellschaftsorganen zu20. An Geschäftsführungsentscheidungen nimmt die Hauptversammlung grundsätzlich nicht teil, es sei denn, der Vorstand verlangt dies ausnahmsweise ausdrücklich (§§ 119 Abs. 2, 111 Abs. 4 S. 3 AktG). In sehr engen Grenzen kann sich bei Maßnahmen von herausragender Bedeutung für die Gesellschaft eine Pflicht des Vorstandes ergeben, vor Durchführung der jeweiligen Geschäftsführungsmaßnahme die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen (sogenannte ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen)21.

C. Schweden I. Die Stellung der Aktiengesellschaft im System der Gesellschaftsformen 1. Überblick über das Verbandsrecht Bevor auf die Organisationsverfassung in der schwedischen Aktiengesellschaft näher eingegangen wird, soll zum besseren Verständnis der Bedeutung und Stellung der Aktiengesellschaft im schwedischen Gesellschaftsrecht ein kurzer Überblick über das schwedische Verbandsrecht gegeben werden. Im schwedischen Verbandsrecht (associationsrätt) wird zwischen Gesellschaften (bolag) und Vereinen (föreningar) unterschieden. Gesellschaften und Vereine 18 Angesichts der strikten Kompetenzordnung (§ 23 Abs. 5 AktG) verbleibt für den Satzungsgeber allerdings kaum Spielraum, Zuständigkeiten auf die Hauptversammlung zu verlagern (Hüffer, AktG, § 119 Rn. 10). 19 Dies sind die in § 119 Abs. 1 AktG beispielhaft genannten, regelmäßig wiederkehrenden und sog. Grundlagen- oder Strukturmaßnahmen aber auch sonst gesetzlich ausdrücklich bestimmte Maßnahmen, wie Unternehmensverträge (§§ 293 Abs. 1 und 2, 295 Abs. 1 AktG), Squeeze-Out-Beschlüsse (§§ 327a ff. AktG), Verschmelzungen (§§ 65, 73 Umwandlungsgesetz – UmwG), Vermögensübertragungen (§ 179a Abs. 1 AktG, §§ 174 ff. UmwG) oder Umwandlungen (§§ 226 ff. UmwG). 20 Sie hat daher auch nicht die Stellung des höchsten Gesellschaftsorgans (BVerfG, NJW 2000, 349, 350; Hüffer, AktG, § 118 Rn. 4, § 119 Rn. 1; Kubis in: MünchKomm2, AktG, § 118 Rn. 10; so allerdings Semler in: MünchHdb AG, § 34 Rn. 4). 21 (Umstritten) Vgl. allg. zu dem von Lutter (DB 1973, Beilage Nr. 21, 1 ff.; FS Barz, S. 199, 208 ff.; FS Harry Westermann, S. 347 ff.) entwickelten Gedanken Hüffer, AktG, § 119 Rn. 16 ff.; Mülbert in: Großkomm, AktG, § 119 Rn. 17 ff.; Kubis in: MünchKomm2, AktG, § 119 Rn. 31 ff.; jeweils m.w. N. Für Gruppen(um)bildungsvorgänge hat der BGH in seiner Holzmüller-Entscheidung (BGHZ 83, 122, 131) und seinen Gelatine-Entscheidungen (BGHZ 159, 30 ff. [Gelatine I]; BGH NZG 2004, 575 ff. [Gelatine II]) eine Ausnahmekompetenz der Hauptversammlung für solche Maßnahmen angenommen, die tief in die Mitgliedsrechte der Aktionäre und deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse eingreifen und damit die Kernkompetenz der Hauptversammlung berühren, über die Verfassung der Gesellschaft zu bestimmen, so dass die Entscheidung in ihren Auswirkungen einer Satzungsänderung nahezu gleichkommt (vgl. statt aller Kubis in: MünchKomm2, AktG, § 119 Rn. 31 ff.).

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Teil 2: Exkurs: Die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft

haben gemein, dass sie auf dem Personenbestand ihrer Mitglieder aufbauen22, auf freiwilliger Basis – in der Regel durch Vertrag – gebildet werden und die Mitglieder durch die Gesellschaft bzw. den Verein einen gemeinsamen Zweck verfolgen23. Sie unterscheiden sich dadurch, dass nur die Mitglieder von Gesellschaften verpflichtet sind, einen Beitrag zur Förderung des Gesellschaftszwecks zu leisten24. Zudem sind Gesellschaften geschlossene und Vereine offene Personenzusammenschlüsse. Während bei Gesellschaften eine Änderung der Anzahl ihrer Geschäftsanteile nur durch eine Änderung der Statuten der Gesellschaft möglich ist, ist eine Veränderung des Mitgliederbestandes bei Vereinen jederzeit ohne weiteres möglich, sofern die Satzung nicht ausnahmsweise etwas Abweichendes bestimmt25. In Schweden besteht ebenso wie in Deutschland ein numerus clausus an Gesellschafts- und Vereinsformen26. Zulässige Gesellschaftsformen sind die Aktiengesellschaft (aktiebolag), die Offene Handelsgesellschaft (handelsbolag)27, die Kommanditgesellschaft (kommanditbolag)28, die einfache Gesellschaft (enkelt bolag)29 und die Europäische Aktiengesellschaft (europabolag)30. Abgesehen von der einfachen Gesellschaft werden alle der genannten Gesellschaftsformen als juristische Personen behandelt31. Zulässige Vereinsformen sind der ideelle Verein (ideell förening)32, die Genossenschaft (ekonomisk förening)33, 22 Stiftungen (stiftelser) gehören nicht zur Gruppe der Verbände, da sie nicht auf dem Personenbestand ihrer Mitglieder, sondern auf der Zweckbindung eines bestimmten Vermögens beruhen (vgl. 1. Kap. § 2 Stiftungsgesetz [Stiftelselag (1994:1220)]). 23 Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 29 ff.; Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 1. 24 Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 34. In Vereinen kann eine solche Verpflichtung zwar ebenfalls bestehen, dies ist jedoch nicht zwingend notwendig. 25 Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 36; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 18; Ring/Olsen-Ring, Einführung in das skandinavische Recht, Rn. 612. 26 Für einen Überblick über die zulässigen Gesellschafts- und Vereinsformen vgl. Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 39 ff.; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 18 f.; Ring/Olsen-Ring, Einführung in das skandinavische Recht, Rn. 611 ff.; Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 12. 27 Vgl. 2. Kap. Gesetz über offene Handelsgesellschaften und einfache Gesellschaften (Lag [1980:1102] om handelsbolag och enkla bolag – HBL). 28 Vgl. 3. Kap. HBL. 29 Vgl. 4. Kap. HBL. 30 Vgl. Gesetz über Europagesellschaften (Lag [2004:575] om europabolag) und Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl. EG Nr. L 294 vom 10.11.2001, S. 1 ff. 31 Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 39; Ring/Olsen-Ring, Einführung in das skandinavische Recht, Rn. 616; Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 17. 32 Es bestehen im schwedischen Recht keine gesetzlichen Vorschriften zum ideellen Verein. Maßgeblich sind die Satzung, die Praxis innerhalb des jeweiligen Vereins, die Rechtsprechung und die ungeschriebenen Regeln des guten Vereinsgebarens (god föreningssed). Der wirtschaftliche Verein ist gemäß § 2 Nr. 3 Handelsregistergesetz (Han-

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die Europäische Genossenschaft (europakooperativ)34 und die Europäische Wirtschaftliche Interessengruppierung (europeisk ekonomisk intressegruppering – EEIG)35, 36. Neben diesen am weitesten verbreiteten Verbandsformen bestehen einige spezialgesetzlich geregelte Verbandsformen, insbesondere für den Finanzmarkt, von denen die meisten an die Rechtsform der Aktiengesellschaft angelehnt sind37. 2. Private Aktiengesellschaften und Publikumsaktiengesellschaften Die Aktiengesellschaft (aktiebolag – AB) ist die einzige schwedische Gesellschaftsform mit beschränkter Haftung38. Eine Unterscheidung wie in Deutschland zwischen der GmbH und der AG gibt es im schwedischen Recht nicht. Das ABL regelt vielmehr einheitlich die Rechtsverhältnisse aller Kapitalgesellschaften39. Es unterscheidet gemäß 1. Kap. § 2 ABL aber zwei Typen von Akdelsregisterlag [1974:157]) im Handelsregister einzutragen. Vgl. hierzu Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 177 ff. 33 Vgl. Gesetz über Genossenschaften (Lag [1987:667] om ekonomiska föreningar – FL). 34 Zur Europäischen Genossenschaft vgl. die schwedischen Gesetzesvorschläge zur Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE), ABl. EG Nr. L 207 vom 18.08.2003, 1 ff.; Prop.2005/06:150 (europakooperativ); Ds 2005:45 (europakooperativ). 35 Vgl. Gesetz über Europäische Wirtschaftliche Interessengruppierungen (Lag [1994:1927] om europeiska ekonomiska intressegrupperingar) und Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 des Rates vom 25. Juli 1985 über die Schaffung einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), ABl. EG L 199 vom 31.07.1985, S. 1 ff. 36 Ende 2006 waren im schwedischen Handelsregister (Bolagsverket [www.bolags verket.se], früher Patent- och Registreringsverket – PRV) insgesamt 917.568 Unternehmen registriert, darunter 259.856 Aktiengesellschaften, 1 Europäische Aktiengesellschaft, 72.550 Offene Handels- und Kommanditgesellschaften, 6.602 einfache Gesellschaften, 24.540 ideelle Vereine und 6.487 Genossenschaften (SCB:s Företagsregister, SCB – http://www.scb.se – zuletzt abgerufen am 6.9.2009). 37 Dies sind u. a. Bankaktiengesellschaften (bankaktiebolag), Sparkassen (sparbanker), Mitgliedsbanken (medlemsbanker), Kreditgesellschaften (kreditmarknadsbolag), Versicherungsaktiengesellschaften (försäkringsaktiebolag), Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit (ömsesidiga försäkringsbolag), Fondgesellschaften (fondbolag), Wertpapierdienstleistungsunternehmen (värdepappersbolag) aber auch die seerechtliche Partenreederei (sjörättsliga partrederiet). 38 Die Aktionäre der schwedischen AB haften nur bis zur Höhe des von ihnen anfänglich eingezahlten Aktienkapitals. Im Übrigen sind sie von einer Haftung befreit (Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 42; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 19, 21; Ring/Olsen-Ring, Einführung in das skandinavische Recht, Rn. 616; Foerster, RIW 1992, 803). 39 Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 12, 16. Im schwedischen Sprachgebrauch existiert keine Äquivalent zum Begriff „Kapitalgesellschaft“. Er wird nur im Zusammenhang mit dem deutschen Rechtsverkehr benutzt. Vgl. hierzu die schwedische Fassung von Art. 10 Abs. 3 lit. b Deutsch-Schwedisches Doppelbesteuerungsabkommen. Dort wird der Begriff wie folgt definiert: „ett [. . .] bolag vars delä-

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tiengesellschaften: sogenannte private Aktiengesellschaften (privata aktiebolag) und Publikumsaktiengesellschaften (publika aktiebolag)40. Während zur Kategorie der privaten Aktiengesellschaften vor allem kleine Kapitalgesellschaften gehören, bei denen die Anzahl der Gesellschafter begrenzt ist und die Gesellschafter in der Regel an einer unternehmerischen Beteiligung interessiert sind, sind Publikumsaktiengesellschaften regelmäßig große, kapitalintensive Gesellschaften mit breit gestreutem Gesellschafterkreis, der meist an einer rein kapitalmäßigen Beteiligung interessiert ist. Neben den grundsätzlich für beide Typen von Aktiengesellschaften geltenden Vorschriften (vgl. 1. Kap. § 2 ABL) sieht das ABL für Publikumsaktiengesellschaften in Teilbereichen ergänzende Bestimmungen vor41. Das maßgebliche Unterscheidungsmerkmal zwischen privaten Aktiengesellschaften und Publikumsaktiengesellschaften besteht gemäß 1. Kap. § 7 Abs. 1 und 2 ABL darin, dass es nur Publikumsaktiengesellschaften gestattet ist, einem Kreis von mehr als 200 potentiellen Neuanlegern Wertpapiere zur Zeichnung oder zum Kauf anzubieten42. Infolgedessen dürfen nur Aktien von Publikumsaktiengesellschaften zum Handel an einem organisierten Markt, insbesondere einer Börse, zugelassen werden (1. Kap. § 8 ABL). Publikumsaktiengesellschaften, deren Aktien zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, werden auch als Aktienmarktgesellschaften (aktiemarknadsbolag) bezeichnet43. gare inte personligen ansvarar för bolagets förbindelser (Kapitalgesellschaft)“ – „eine [. . .] Gesellschaft, deren Gesellschafter nicht persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften (Kapitalgesellschaft)“. Die schwedische Fassung des DeutschSchwedisches Doppelbesteuerungsabkommens ist im Internet abrufbar unter: http:// www.skatteverket.se/download/18.2132aba31199fa6713e80007266/360_2761_tyskland .pdf (zuletzt abgerufen am 6.9.2009). 40 Vgl. hierzu Prop. 2004/05:85 (Ny Aktiebolagslag), S. 513; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 1. kap. 2 §, S. 1:6; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 23 f.; Skog in: Hopt/Voigt, S. 936 f.; Ring/Olsen-Ring, Einführung in das skandinavische Recht, Rn. 616, 641 f.; Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 16, 199 f.; Foerster/Strempel, RIW 1999, 33, 34; Nicolaysen, RIW 2005, 884, 885; Zechner, AR Aktuell 3/2006, 12; Griebeler, Upstream securities, S. 9 f. 41 So in 1. Kap. § 14 ABL; 2. Kap. § 28 ff. ABL; 3. Kap. § 11 ABL; 7. Kap. §§ 55 ff. ABL; 8. Kap. §§ 47 ff. ABL; 13. Kap. §§ 39 ff. ABL; 14. Kap. §§ 46 ff. ABL; 15. Kap. §§ 41 ff. ABL; 19. Kap. §§ 13 ff., 31 ff. ABL; 22. Kap. § 28 ABL; 28. Kap. § 7 ABL. 42 SOU 1992:83 (Aktiebolagslagen och EG), 123 f., 146 f.; Prop. 1993/94:196 (Ändringar i aktiebolagslagen [1975:1385] m. m.), S. 141 f., 336 f.; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 1. kap. 7 §, S. 1:17; Skog, NTS 2001:3, 331, 407; ders. in: Hopt/ Voigt, S. 936 f.; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 30; Foerster in: Hohloch, EUHdb GesR, Schweden, Rn. 199; Foerster/Strempel, RIW 1999, 33, 34; Zechner, AR Aktuell 3/2006, 12. Publikumsaktiengesellschaften müssen zudem ein Mindestaktienkapital in Höhe von 500.000 SEK im Gegensatz zu 100.000 SEK bei privaten Aktiengesellschaften haben (1. Kap. §§ 4, 14 ABL). 43 Vgl. § 1 Nr. 5 Gesetz über die Verpflichtung zur Anmeldung eines bestimmten Besitzes von Finanzinstrumenten (Lag [2000:1087] om anmälningsskyldighet för vissa innehav av finansiella instrument).

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Da die vorliegende Arbeit die Haftung für Börsenprospekte behandelt und es damit notwendigerweise um börsennotierte Aktiengesellschaften geht, wird im Folgenden allein auf die Besonderheiten von Publikumsaktiengesellschaften bzw. Aktienmarktgesellschaften näher eingegangen.

II. Die Organisationsverfassung in der Publikumsaktiengesellschaft 1. Überblick Für Publikumsaktiengesellschaften schreibt das ABL vier zwingende Organe vor: die Hauptversammlung (bolagsstämma) als das Willensbildungsorgan der Gesellschaft (7. Kap. § 1 ABL), die styrelse als das Leitungs- und Überwachungsorgan (8. Kap. § 4 ABL), den verkställande direktör als das Geschäftsführungsorgan (8. Kap. § 29 ABL) und den Wirtschaftsprüfer (revisor) als Kontrollorgan (9. Kap. § 1 ABL). Die Hauptversammlung ist der styrelse und dem verkställande direktör übergeordnet. Ihr steht gemäß 7. Kap. § 1 ABL das Recht zu, intern über alle Angelegenheiten der Gesellschaft zu beschließen. Die Hauptversammlung, die styrelse und der verkställande direktör stehen daher in einem hierarchischen Verhältnis zueinander, mit der Hauptversammlung als höchstem Organ der Gesellschaft44. Zudem sind die Hauptversammlung, die styrelse und der verkställande direktör dadurch miteinander verbunden, dass die Hauptversammlung in der Regel die Mitglieder der styrelse bestellt (8. Kap. §§ 8 Abs. 1, 47 ABL)45, die wiederum den verkställande direktör bestellt (8. Kap. § 27 ABL)46. Eine zwingende personelle Trennung zwischen den Mitgliedern der styrelse und dem verkställande direktör besteht nicht; so kann der verkställande direktör auch aus der Mitte der styrelse gewählt werden, was praktisch sogar häufig der Fall ist47. In Publikumsaktiengesellschaften ist ge44 SOU 2004:130 (Bolagskoden), 1.5, S. 10; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 30; ders. in: FS Lorenz, S. 161, 163; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 7. kap. 1 §, S. 7:4; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 163; Stattin, Företagsstyrning, S. 74, 85; Skog, AG 2006, 238, 240; ders. in: FS Lutter, S. 1551, 1556; Svensson, Kapitalanlegerschutz, S. 29; Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 226 f.; ders., RIW 1992, 803, 806; Foerster/Dejmek, ZVglRWiss 101 (2002), 309, 312; Foerster/Strempel, RIW 1999, 33, 34; Nicolaysen, RIW 2005, 884, 886; Zechner, AR Aktuell 3/2006, 12, 15; Griebeler, Upstream securities, S. 10. 45 Ausnahmen bestehen für mitbestimmte Gesellschaften nach dem Lag (1997: 1245) om styrelserepresentation för de privatanställda (LSP). Vgl. Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 25; Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 231, 299 ff.; ders., RIW 1992, 803, 807. 46 S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 8. kap. 27 §, S. 8:63; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 113; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 182; Foerster/Dejmek, ZVglRWiss 101 (2002), 309, 312 f. 47 Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 237.

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mäß 8. Kap. § 49 ABL lediglich eine Personalunion zwischen dem verkställande direktör und dem Vorsitzenden der styrelse untersagt. Dies soll der Sicherstellung des Machtgleichgewichts zwischen styrelse und verkställande direktör sowie der Gewährleistung der ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Überwachungsfunktion durch die styrelse dienen48. 2. Die styrelse Die styrelse ist gemäß 8. Kap. § 4 Abs. 1 ABL für die Organisation und die Verwaltung der Angelegenheiten der Gesellschaft zuständig. Allein ihr kommt daher eine umfassende Leitungsmacht zu49. Der styrelse obliegen insbesondere alle langfristigen, strategischen Entscheidungen über die zukünftige Geschäftspolitik sowie alle Maßnahmen betreffend die Organisation und die Entwicklung der Gesellschaft. Dabei steht den Mitgliedern der styrelse grundsätzlich ein weiter Ermessenspielraum zu50. Die styrelse ist aber auch für die Führung der laufenden Geschäfte und die Erfüllung der damit verbundenen Aufgaben zuständig, sofern und soweit sie nicht durch den verkställande direktör wahrgenommen werden (8. Kap. § 4 ABL). Ihr kommt daher eine umfassende Geschäftsführungsbefugnis (befogenhet) zu51. Zudem ist die styrelse gemäß 8. Kap. § 35 48 Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 88 f.; Svernlöv, Bolagskoden, S. 97 f.; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 8. kap. 49 §, S. 8:109. 49 S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 8. kap. 4 §, S. 8:8 f.; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 163 f.; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 119 f.; Svernlöv, Bolagskoden, S. 88 ff.; Båvestam, JT 2001/02, 252, 253; Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 228; ders., RIW 1992, 803, 807; Nicolaysen, RIW 2005, 884, 886; Griebeler, Upstream securities, S. 10. 50 Zum Haftungsfreiraum bei der Ausübung von Ermessensentscheidungen s. unten Teil 3 B.III.2.b). 51 Der Begriff „befogenhet“ entstammt § 11 Vertragsgesetz (Lag [1915:218] om avtal och andra rättshandlingar på förmögenhetsrättens område – Avtalslagen – AvtL) und bezeichnet im Aktienrecht, das „rechtliche Dürfen“ der Mitglieder der styrelse im Verhältnis zur Gesellschaft (SOU 1941:9 (Aktiebolagslag), S. 335; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 240 f.; Åhman, Behörighet och befogenhet, S. 158; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 8. kap. 42 §, S. 8:89 ff.; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 75 ff.; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 120, 129 f.) Die genaue Bestimmung des Begriffes ist in der schwedischen Literatur jedoch sehr umstritten (vgl. hierzu ausführlich Åhman, Behörighet och befogenhet, S. 130 ff.). Begrenzt wird die „Geschäftsführungsbefugnis“ der styrelse durch das Verbot von Insichgeschäften (8. Kap. § 23 ABL), das Verbot zur Vornahme von Geschäften, die einzelnen Aktionären oder Dritten einen ungebührlichen Vorteil gewähren und der Gesellschaft oder ihren Aktionären einen Nachteil zufügen (8. Kap. § 41 Abs. 1 ABL) und das Verbot zur Vornahme von Handlungen, die gegen die Bestimmungen des ABL, des anzuwendenden Gesetzes über den Jahresabschluss oder der Satzung verstoßen (8. Kap. § 41 Abs. 2 ABL). Grenzen ergeben sich dabei vor allem aus der gesetzlichen Kompetenzverteilung sowie aus Weisungen übergeordneter Gesellschaftsorgane, insbesondere der Hauptversammlung (S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 8. kap. 42 §, S. 8:89 ff.; Åhman, Behörighet och befogenhet, S. 130 ff.; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 129 f.).

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Abs. 1 ABL zuständig für die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Gesellschaft (behörighet)52. Die Vertretungsbefugnis der styrelse ist weit gefasst, aber nicht unbeschränkt. Sie geht nur so weit, wie die Vornahme der jeweiligen Rechtsgeschäfte in die Kompetenz der styrelse fällt und nicht einem anderen Organ, insbesondere der Hauptversammlung, zugewiesen ist53. Schließlich ist die styrelse nicht nur Leitungs- und Geschäftsführungsorgan, sondern auch Überwachungsorgan im Hinblick auf die Führung der laufenden Geschäfte durch den verkställande direktör54. In die Zuständigkeit der styrelse als Leitungs- und Geschäftsführungsorgan der Gesellschaft fällt auch die Erfüllung der Prospektpflicht gemäß 2. Kap. § 1 LHF sowie aller Verwaltungsmaßnahmen, die im Zusammenhang mit der Emission von Aktien und einem Börsengang stehen55. Die Entscheidung über die Neuemission selbst fällt allerdings in die Zuständigkeit der Hauptversammlung (11. Kap. § 2 Abs. 1 S. 1 ABL). Ob dies auch für die Entscheidung über den Börsengang gilt, ist weitgehend ungeklärt56. Nach dem Wortlaut von 2. Kap. § 9 Abs. 1 LHF ist bei der Emission von Aktien zwar grundsätzlich der Emittent für die Erstellung des Börsenprospekts zuständig, er wird dabei aber durch die Mitglieder der styrelse vertreten57. Zwar wird die Gesellschaft neben der 52 Der Begriff behörighet entstammt § 10 AvtL und beschreibt im Unterschied zur befogenhet das rechtliche Vermögen der Mitglieder der styrelse, die Gesellschaft nach Außen gegenüber Dritten durch Vertrag oder eine andere Rechtshandlung rechtwirksam zu verpflichten, also ihr „rechtliches Können“ im Außenverhältnis (SOU 1941:9 [Aktiebolagslag], S. 335; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 240 f.; Åhman, Behörighet och befogenhet, S. 128 ff., 158 f.; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 8. kap. 42 §, S. 8:89 ff., 8:92 f.; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 75 ff.; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 120). 53 S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 8. kap. 4 §, S. 8:10 ff., 8. kap. 42 §, S. 8:90; Åhman, Behörighet och befogenhet, S. 511. 54 Svernlöv, Bolagskoden, S. 89 ff.; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 120; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 8. kap. 4 §, S. 8:10, 8:12; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 164 f.; Skog in: FS Lutter, S. 1551, 1558; Dotevall in: FS Lorenz, S. 161, 168; Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 228; ders., RIW 1992, 803, 808; Nicolaysen, RIW 2005, 884, 886; Zechner, AR Aktuell 3/2006, 12. 55 Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 198. Vgl. auch Deuschl, JT 1999/00, 269, 274 f.; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 732 ff. 56 Für eine Zuständigkeit der Hauptversammlung Krook, JT 2007, 854, 859 f., mit der Begründung, dass es sich bei der Entscheidung über ein Delisting – und als actus contrarius auch über einen Börsengang – um eine für die Gesellschaft besonders wichtige Entscheidung handele. Diese Begründung vermag jedoch ebenso wenig wie zur deutschen Rechtslage zu überzeugen (vgl. hierzu oben Teil 2 B.II. Fn. 13). Anders als ein Delisting führt ein Börsengang zu einer Steigerung der Verkehrsfähigkeit der Aktien und damit zu einer Erweiterung, nicht zu einer Beschränkung der Rechte der Aktionäre. Eine darüber hinausgehende abstrakte Bedeutung der Entscheidung, die eine Zuständigkeit der Hauptversammlung begründet, kann wohl nicht angenommen werden. 57 Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 128; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 76 und Åhman, Behörighet och befogenhet, S. 633; Samuelsson in: Karnov, ABL, 29. Kap.

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styrelse grundsätzlich auch durch den verkställande direktör vertreten, seine Geschäftsführungsbefugnis erstreckt sich jedoch nicht auf ungewöhnliche Maßnahmen oder solche von besonderer Bedeutung, wie die im Zusammenhang mit der Emission von Aktien oder einem Börsengang stehenden Verwaltungsmaßnahmen58. Die styrelse kann jedoch einzelne ihrer Aufgaben – auch im Zusammenhang mit der Erstellung eines Börsenprospekts – durch Weisungen auf den verkställande direktör übertragen59. Zudem bereitet der verkställande direktör in der Regel auch diejenigen Entscheidungen der styrelse vor, die über die laufende Geschäftstätigkeit hinausgehen, so dass der verkställande direktör hierdurch mittelbar auch an diesen Maßnahmen beteiligt ist60. Ist der verkställande direktör, wie in Publikumsgesellschaften üblich61, zugleich Mitglied der styrelse, ist er ohnehin als Mitglied der styrelse für die Erstellung des Börsenprospekts mitverantwortlich. 3. Der verkställande direktör Dem verkställande direktör obliegt gemäß 8. Kap. § 29 ABL die laufende Verwaltung der Gesellschaft nach den Richtlinien und Weisungen der styrelse. Der verkställande direktör ist der styrelse untergeordnet. Er ist daher für die Wahrnehmung der täglichen Geschäfte nur in dem Umfang zuständig, in dem sie ihm gemäß 8. Kap. § 29 ABL zugewiesen sind (8. Kap. § 36 ABL)62. Zudem ist er von den Weisungen der Hauptversammlung und der styrelse abhängig63. Maßnahmen, die im Hinblick auf Art und Umfang des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens ungewöhnlich oder von besonderer Bedeutung sind, dürfen vom verkställande direktör nur auf Grund einer ausdrücklichen Bevollmächtigung durch die styrelse vorgenommen werden64. Etwas anderes gilt § 1 Anm. 1656; vgl. auch 4. Kap. § 18 ABL1975, der die Prospektpflicht noch ausdrücklich der styrelse auferlegt hat. 58 Zum Umfang der Geschäftsführungsbefugnis des verkställande direktör s. sogleich Teil 2 C.II.3. 59 af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 126 f.; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 8. kap. 4 §, S. 8:7, 8:12, 8:15 f.; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 98 f.; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 120; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 164, 189 f. 60 Vgl. hierzu Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 120. 61 Vgl. SOU 2004:46 (Bolagskoden – förslag från Kodgruppen), I.2.2, S. 16. 62 Prop. 2004/05:85 (Ny Aktiebolagslag), S. 308; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 83 f.; ders. in: FS Lorenz, S. 161, 162, 168; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 8. kap. 29 §, S. 8:65 ff.; Åhman, Behörighet och befogenhet, S. 565; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 119 f.; Båvestam, JT 2001/02, 252, 255; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 124 f.; Foerster/Strempel, RIW 1999, 33, 36; Foerster, RIW 1992, 803, 808; Nicolaysen, RIW 2005, 884, 886; Griebeler, Upstream securities, S. 10: Hoffmann-Becking, ZGR 2004, 355, 374. 63 7. Kap. § 1 ABL, 8. Kap. § 29 Abs. 1 ABL. 64 Umkehrschluss aus 8. Kap. § 29 Abs. 2 ABL. Vgl. HD, NJA 1958, 186, 193 (Starfilm/Orion); HD, NJA 1968, 375, 386; HD, NJA 1995, 437, 445; Svernlöv, Bo-

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gemäß 8. Kap. § 29 Abs. 2 ABL ausnahmsweise nur dann, wenn ein entsprechender Beschluss der styrelse nicht abgewartet werden kann, ohne dass der Gesellschaft hieraus besondere Nachteile entstehen65. Durch die Aufgaben des verkställande direktör gemäß 8. Kap. § 29 ABL wird auch seine Geschäftsführungsbefugnis (befogenhet) und seine Vertretungsmacht (behörighet) umschrieben, sie gehen daher nur soweit, wie die ihm nach dem ABL zugewiesenen Kompetenzen66. Die styrelse kann dem verkställande direktör allerdings auch eine über seine gesetzlichen Kompetenzen hinausgehende Vertretungsmacht einräumen, indem sie ihm entweder eine entsprechende Einzelvollmacht oder ein sogenanntes Firmenzeichnungsrecht (firmateckningsrätt) gemäß 8. Kap. § 37 ff. ABL erteilt67. Da Aufgaben, die nicht zur laufenden Geschäftstätigkeit gehören, nicht in die Zuständigkeit des verkställande direktör, sondern der styrelse fallen, gehören auch im Zusammenhang mit der Emission von Aktien oder einem Börsengang stehende Verwaltungsmaßnahmen, wie die Erstellung des Börsenprospekts, grundsätzlich nicht in die Zuständigkeit des verkställande direktör68. 4. Die Hauptversammlung (bolagsstämma) Die Hauptversammlung (bolagsstämma) ist im schwedischen Aktienrecht das höchste Gesellschaftsorgan69. Zwar sind die Bestimmungen in 8. Kap. §§ 35, 36 lagskoden, S. 151 f.; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 124. Zu Art und Umfang der Befugnisse, die die styrelse auf den verkställande direktör übertragen darf vgl. Åhman, Behörighet och befogenhet, S. 637 ff. 65 In diesem Fall ist die styrelse jedoch so schnell wie möglich von den unternommenen Maßnahmen zu unterrichten (vgl. S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 8. kap. 29 §, S. 8:66; Åhman, Behörighet och befogenhet, S. 566 f.; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 124; Foerster/Dejmek, ZVglRWiss 101 (2002), 309, 313). 66 Einschränkungen der Vertretungsmacht können sich zudem aus den gleichen Gründen wie bei der styrelse aus sonstigen, besonders schwerwiegenden Verboten des ABL oder Straftatbestände ergeben (S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 8. kap. 42 §, S. 8:91). Vgl. zur entsprechenden Rechtslage bei der styrelse oben Teil 2 C.II.2. 67 Vgl. hierzu S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 8. kap. 36 §, S. 8:77 ff.; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 98 f.; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 120; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 190. 68 s. hierzu bereits oben Teil 2 C.II.2. Weitere, nicht zur laufenden Geschäftstätigkeit gehörende Maßnahmen sind z. B. die wesentliche Ausweitung der Fremdkapitalaufnahme durch die Gesellschaft, ungewöhnlich langfristige Liefer- oder Bezugsverträge, die Verpfändung von Grundeigentum oder der Kauf oder Verkauf von Unternehmen oder Teilen hiervon. Wo die Grenze zwischen der Kompetenz der styrelse und des verkställande direktör im Einzelnen verläuft, hängt jedoch vom Einzelfall, insbesondere der Art und Größe des Unternehmens und seiner Geschäftstätigkeit, ab (vgl. Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 84; Åhman, Behörighet och befogenhet, S. 568 ff.; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 125 f.). 69 SOU 2004:130 (Bolagskoden), III.1., S. 11; Svernlöv, Bolagskoden, S. 45 ff.; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 30; S. Andersson/Johansson/Skog,

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Teil 2: Exkurs: Die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft

ABL, wonach die styrelse und der verkställande direktör die Gesellschaft im Außenverhältnis vertreten, im Sinne einer exklusiven Kompetenz der styrelse und des verkställande direktör zur Vertretung der Gesellschaft zu verstehen70. Jedoch steht der Hauptversammlung im Innenverhältnis neben den ausdrücklich im ABL und der Satzung geregelten Kompetenzen gemäß 7. Kap. § 1 ABL das Recht zu, über alle Angelegenheiten der Gesellschaft zu entscheiden, die nicht ausdrücklich in die ausschließliche Kompetenz eines anderen Gesellschaftsorgans fallen71. Sie kann daher der styrelse und dem verkställande direktör grundsätzlich auch in Verwaltungsfragen Weisungen erteilen72. Diese weitgehende Befugnis wird in der Praxis allerdings nur selten ausgeübt73. Ob der Hauptversammlung über die ausdrücklich im ABL genannten Kompetenzen hinaus weitergehende, sogenannte ungeschriebene Kompetenzen zustehen, ist sehr umstritten74. 5. Der Wirtschaftsprüfer (revisor) Der Wirtschaftsprüfer (revisor) ist das Kontrollorgan der Gesellschaft. Jede Aktiengesellschaft muss mindestens einen Wirtschaftsprüfer haben (9. Kap. § 1 ABL). Er hat gemäß 9. Kap. § 3 ABL nicht nur den Jahresabschluss und die Buchführung der Gesellschaft, sondern auch die Verwaltung der Gesellschaft durch die styrelse und den verkställande direktör zu prüfen (sogenannte förvaltABL, 7. kap. 1 §, S. 7:4; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 163; Båvestam, JT 2001/02, 252, 254; Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 227; Nicolaysen, RIW 2005, 884, 886; Zechner, AR Aktuell 3/2006, 12, 15; Griebeler, Upstream securities, S. 10. 70 Vgl. hierzu ausführlich Åhman, Behörighet och befogenhet, S. 408 ff. 71 SOU 2004:130 (Bolagskoden), III.1., S. 11; SOU 2004:46 (Bolagskoden – förslag från Kodgruppen), I.2.2, S. 14; Svernlöv, Bolagskoden, S. 45 ff.; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 30; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 7. kap. 1 §, S. 7:4 f.; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 163; Båvestam, JT 2001/02, 252, 254 f.; Nicolaysen, RIW 2005, 884, 886; Zechner, AR Aktuell 3/2006, 12, 15. 72 Obwohl diese Recht, anders als noch in § 92 ABL1944, bereits im ABL1975 und nun auch im geltenden ABL von 2005 nicht mehr ausdrücklich gesetzlich geregelt ist, besteht in der Rechtswissenschaft kein Zweifel darüber, dass sich hierdurch an der Stellung der Hauptversammlung als dem höchsten Gesellschaftsorgan nichts geändert hat (Prop. 1975:103 (Aktiebolagslag), S. 236; SOU 2004:130 (Bolagskoden), I.2., S. 7 sowie die vorstehend in Fn. 71 genannten Verfasser. 73 SOU 2004:130 (Bolagskoden), I.2., S. 7; Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 227. 74 Zur Diskussion vgl. statt aller Åhman, Behörighet och befogenhet, S. 520 ff.; 525 ff. mit ausführlichen weiteren Nachweisen. Da die Hauptversammlung in Schweden als höchstes Gesellschaftsorgan grundsätzlich alle Verwaltungsfragen an sich ziehen kann, wird die Frage allerdings nicht unter dem Gesichtspunkt der Zuständigkeit der Hauptversammlung behandelt, sondern unter dem Aspekt, ob die styrelse verpflichtet ist, Fragen von herausragender Bedeutung für die Gesellschaft von sich aus der Hauptversammlung zur Entscheidung vorzulegen (Åhman, Behörighet och befogenhet, S. 519).

D. Vergleich und Stellungnahme

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ningsrevision) und offen zu legen, wenn sie sich pflichtwidrig verhalten haben75. Der Wirtschaftsprüfer wird durch die Hauptversammlung gewählt (9. Kap. § 8 Abs. 1 ABL) und ist ihr gegenüber rechenschaftspflichtig (9. Kap. §§ 4, 5 ABL). An der Leitung und der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ist der Wirtschaftsprüfer nicht beteiligt76.

D. Vergleich und Stellungnahme I. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Organisationsverfassungen Die Organisationsverfassungen in der deutschen AG und der schwedischen AB weisen wesentliche Gemeinsamkeiten auf. In einigen Aspekten unterscheiden sie sich jedoch erheblich. Gemeinsamkeiten zwischen der deutschen AG und der schwedischen Publikumsaktiengesellschaft bestehen darin, dass die Hauptversammlung (bolagsstämma) in beiden Gesellschaften das Willensbildungsorgan der Gesellschaft ist, in der die Aktionäre ihre Interessen im Hinblick auf die Angelegenheiten der Gesellschaft wahrnehmen. Zudem besteht in beiden Gesellschaften neben dem/den für die Überwachung und Kontrolle zuständigen Organ(en) (Aufsichtsrat bzw. styrelse und Wirtschaftsprüfer) ein eigenständiges Geschäftsführungsorgan (Vorstand bzw. verkställande direktör). Anders als in der schwedischen AB ist der Vorstand als Geschäftsführungsorgan in der deutschen AG personell und sachlich streng vom Aufsichtsrat als Überwachungsorgan getrennt. Ein Vorstandsmitglied kann daher nicht zugleich Mitglied des Aufsichtsrates sein. Zwar besteht auch zwischen dem verkställande direktör und der styrelse dadurch eine gewisse personelle Trennung, dass der verkställande direktör in der Publikumsaktiengesellschaft nicht zugleich Vorsitzender der styrelse sein darf, eine weitergehende Begrenzung der perso-

75 Vgl. HD, NJA 2006, 136, 142; Olsson in: FS Rodhe, S. 347 ff.; Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 241. 76 Zur Rolle und den Aufgaben des Wirtschaftsprüfers vgl. u. a. Gorton in: FS Rodhe, S. 175 ff.; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 104 ff.; S. Andersson/Johansson/ Skog, ABL, 9. kap. 4 §, S. 9:4; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 194 ff.; Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 241 f.; ders., RIW 1992, 803, 808; Foerster/Strempel, RIW 1999, 33, 37. Die Pflichten und Befugnisse der Wirtschaftsprüfer ergeben sich neben den Bestimmungen des ABL auch aus dem Wirtschaftsprüfergesetz (Revisorslag [2001:883]), dem Wirtschaftsprüfungsgesetz (Revisionslag [1999:1079]) sowie aus ergänzenden Bestimmungen und Empfehlungen verschiedener Interessenverbände, insbesondere von FAR, der Interessenvereinigung öffentlich bestellter Wirtschaftsprüfer (http://www.far.se – zuletzt abgerufen am 6.9. 2009).

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Teil 2: Exkurs: Die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft

nellen Verschränkung beider Organe besteht jedoch nicht. Der verkställande direktör kann daher zugleich einfaches Mitglied der styrelse sein. Neben der strengen personellen Trennung sind die Organe in der deutschen AG auch in sachlicher Hinsicht weitgehend unabhängig. Die Aufgabenbereiche der einzelnen Organe sind durch Gesetz oder Satzung klar voneinander abgegrenzt und überschneiden sich nur in Ausnahmefällen. Jedes Organ handelt daher grundsätzlich frei von Weisungen der anderen Organe. Demgegenüber sind die Organe in der schwedischen AB stärker miteinander verzahnt. So stehen die Hauptversammlung, die styrelse und der verkställande direktör in einem hierarchischen Verhältnis zueinander. Dabei nimmt die Hauptversammlung die Stellung des höchsten Gesellschaftsorgans ein, dass der styrelse und dem verkställande direktör auch in Geschäftsführungsangelegenheiten Weisungen erteilen kann, sofern es sich nicht um Aufgaben handelt, die gesetzlich ausdrücklich der styrelse oder dem verkställande direktör zugeordnet sind. Die styrelse hat im Rahmen ihrer Befugnisse gegenüber dem verkställande direktör ein entsprechendes Weisungsrecht. Zudem besteht in der schwedischen AB eine funktionale Verflechtung zwischen Leitung und Überwachung der Gesellschaft auch über das Weisungsrecht der styrelse gegenüber dem verkställande direktör hinaus. Sie besteht darin, dass der styrelse neben der Überwachungsaufgabe auch die übergreifende Leitungsund Geschäftsführungsverantwortung obliegt. Im Gegensatz zur deutschen AG, in der die Geschäftsführungsfunktion grundsätzlich allein beim Vorstand liegt, bestehen in der schwedischen AB mit dem verkställande direktör und der styrelse zwei Geschäftsführungsorgane. In der Praxis wird diese Verzahnung der Funktionen der styrelse und des verkställande direktör allerdings dadurch gemildert, dass die Mitglieder der styrelse in Publikumsaktiengesellschaften (abgesehen vom verkställande direktör, sofern er zugleich Mitglied der styrelse ist) regelmäßig nicht an der Geschäftsführung teilnehmen, sondern die Rolle sogenannter „non-executive-directors“ einnehmen und eine vornehmlich überwachende Funktion ausüben77. Hierdurch nähert sich die Aufgabenverteilung zwischen styrelse und verkställande direktör an die in der deutschen AG zwischen Vorstand und Aufsichtsrat bestehende Aufgabenverteilung an. Darüber hinaus unterscheiden sich die Organisationsverfassungen der deutschen AG und der schwedischen AB dadurch, dass der Wirtschaftsprüfer in der schwedischen AB, anders als nach deutschem Recht, Organ der Gesellschaft ist. Er ist zwar in beiden Ländern nicht bei der Gesellschaft angestellt, sondern wird als unabhängiger Wirtschaftsprüfer durch die Hauptversammlung bestellt. Anders als nach deutschem Recht nimmt der Wirtschaftsprüfer in der schwedischen AB jedoch stets die Position eines Kontrollorgans der Gesellschaft im 77

SOU 2004:130 (Bolagskoden), I.2., S. 8; Nicolaysen, RIW 2005, 884, 886.

D. Vergleich und Stellungnahme

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Hinblick auf die Geschäftsführung durch die styrelse und den verkställande direktör ein. Gemäß 9. Kap. § 3 Abs. 1 S. 1 ABL ist die Geschäftsführung durch die styrelse und den verkställande direktör immer Gegenstand des Prüfungsauftrags des Wirtschaftsprüfers. Nach deutschem Recht kommt dem Wirtschaftsprüfer diese Aufgabe nur zu, wenn der Vorstand der Erweiterung des Prüfungsauftrags auf die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung zustimmt oder wenn bei Unternehmen im Mehrheitsbesitz einer Gebietskörperschaft gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) die Gebietskörperschaft den Prüfungsauftrag auf die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung erweitert78. Der Wirtschaftsprüfer nimmt daher in der schwedischen AB als von der Geschäftsführung unabhängiges Organ zum Teil Aufgaben wahr, die in der deutschen AG vom Aufsichtsrat wahrgenommen werden79.

II. Systematische Einordnung der beiden Leitungssysteme Im Kapitalgesellschaftsrecht werden international im Wesentlichen zwei Leitungssysteme voneinander unterschieden, das monistische Leitungssystem (one board system) und das dualistische Leitungssystem (two board system)80. Während Kapitalgesellschaften mit monistischem Leitungssystem prinzipiell ein einheitliches Verwaltungsorgan besitzen (Verwaltungsrat oder sogenanntes board of directors), das die Gesellschaft leitet, ihre täglichen Geschäfte führt und zugleich die Verwaltung überwacht, bestehen bei einem dualistischen Leitungssystem ein Geschäftsführungsorgan und ein hiervon unabhängiges Überwachungsorgan. Beispiele für monistische Leitungssysteme bieten vor allem das britische und das amerikanische Gesellschaftsrecht. Das Leitungssystem der deutschen AG stellt hingegen den Prototyp einer dualistischen Leitungsorganisation dar81. Bei ihr sind der Vorstand als Leitungs- und Geschäftsführungsorgan und der Aufsichtsrat als Überwachungsorgan sowohl funktional als auch personell strikt voneinander getrennt.

78 Vgl. hierzu auch den „Fragenkatalog zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und der wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 53 HGrG“ des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW PS 720), WPg 2000, S. 326 ff. 79 So auch Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 241; Nicolaysen, RIW 2005, 884, 886. 80 Vgl. für einen Überblick über die Unterschiede zwischen monistischen und dualistischen Leitungssystemen Hopt/Leyens, ECFR 2004, 135, 139 ff.; (aus rechtsvergleichender Sicht) Kalss/Eckert in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 30 ff.; SOU 2004:46 (Bolagskoden – förslag från Kodgruppen), I.2, S. 11 ff.; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 19 ff. 81 Zur Möglichkeit im Rahmen einer Europäischen Aktiengesellschaft (SE) nach deutschem Recht auch ein monistisches Leitungssystem einzuführen, vgl. §§ 20 ff. SEAG.

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Teil 2: Exkurs: Die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft

Die Leitungsstruktur in der schwedischen AB nimmt eine Mittelstellung zwischen dem monistischen und dem dualistischen Leitungssystem ein82. So hat die styrelse in Publikumsaktiengesellschaften abweichend vom monistischen Leitungsmodell stets einen organisatorisch von der styrelse getrennten verkställande direktör zu bestellen. Zur Sicherung des Machtgleichgewichts und zur Gewährleistung der ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Überwachungsfunktion durch die styrelse besteht zwischen beiden Organen auch eine gewisse personelle Trennung, die darin besteht, dass der verkställande direktör nicht zugleich Vorsitzender der styrelse sein darf. Die Leitungsstrukturen in der schwedischen Aktiengesellschaft weisen daher einige Merkmale einer dualistischen Leitungsstruktur auf83. Abweichend vom deutschen, dualistischen Leitungsmodell kann der verkställande direktör allerdings zugleich einfaches Mitglied der styrelse sein. Somit entsteht anders als beim dualistischen Leitungsmodell eine personelle Verquickung zwischen dem geschäftsführenden und dem überwachenden Organ. Dies wird zwar in der Praxis dadurch gemildert, dass die Mitglieder der styrelse in Publikumsaktiengesellschaften regelmäßig nicht an der Geschäftsführung teilnehmen, sondern die Rolle sogenannter „non-executivedirectors“ einnehmen. Auch hierdurch wird jedoch nicht die für das dualistische Leitungssystem charakteristische strikte Trennung von Leitungs- bzw. Geschäftsführungsorgan und Überwachungsorgan erreicht. Die Leitungsstruktur in der schwedischen Aktiengesellschaft kommt daher dem monistischen Leitungsmodell wesentlich näher als dem dualistischen84.

III. Das für die Erstellung des Börsenprospekts zuständige Gesellschaftsorgan Nach deutschem Recht ist der Anbieter von Wertpapieren gemäß § 3 Abs. 1 WpPG verpflichtet, einen Prospekt zu veröffentlichen. Bei börsennotierten Aktien ist dies regelmäßig der Emittent und damit die Aktiengesellschaft. Wie dargestellt, ist in der deutschen AG der Vorstand das Leitungs- und Geschäftsführungsorgan der Gesellschaft, das, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Gesellschaft im Innen- und Außenverhältnis vertritt und für sie handelt. Als ausführendes Organ der Gesellschaft obliegt dem Vorstand daher im Innenverhältnis auch die Aufgabe, den gemäß § 3 Abs. 1 WpPG beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren zu veröffentlichenden Börsenprospekt zu erstellen. 82 SOU 2004:130 (Bolagskoden), I.2., S. 8; SOU 2004:46 (Bolagskoden – förslag från Kodgruppen), I.2.2, S. 13 f.; Dotevall in: FS Lorenz, S. 161; Hoffmann-Becking, ZGR 2004, 355, 374. 83 Vgl. Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 73 f., 88 f. 84 SOU 2004:46 (Bolagskoden – förslag från Kodgruppen), I.2.2, S. 14; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 26 f.; Nicolaysen, RIW 2005, 884, 886; Zechner, AR Aktuell 3/2006, 12.

E. Zwischenergebnis

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Nach schwedischem Recht ist gemäß 2. Kap. § 9 Abs. 1 LHF ebenfalls der Emittent verpflichtet, die Prospektpflicht gemäß 2. Kap. § 1 LHF zu erfüllen. Er wird zwar grundsätzlich sowohl durch die styrelse als auch durch den verkställande direktör vertreten, die Geschäftsführungsbefugnis des verkställande direktör beschränkt sich jedoch auf die täglichen Geschäfte der Gesellschaft. Ungewöhnliche Maßnahmen und Maßnahmen von besonderer Bedeutung für die Gesellschaft dürfen hingegen regelmäßig nur von der styrelse wahrgenommen werden. Hierzu gehören auch die im Zusammenhang mit einer Emission oder einem Börsengang der Gesellschaft stehenden Verwaltungsmaßnahmen, wie die Erfüllung der gemäß 2. Kap. § 1 LHF beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren bestehenden Prospektpflicht. Da der verkställande direktör in Publikumsaktiengesellschaften regelmäßig Mitglied der styrelse ist oder jedenfalls von der styrelse im Rahmen ihres allgemeinen Weisungsrechts in die Vorbereitung der Prospekterstellung aktiv eingebunden wird, ist zumeist auch der verkställande direktör für die Prospekterstellung mit verantwortlich.

E. Zwischenergebnis Aus der Darstellung der Leitungsstrukturen von Aktiengesellschaften in Deutschland und Schweden ergibt sich, dass in der deutschen AG der Vorstand und in der schwedischen AB die styrelse bzw. der verkställande direktör die Leitungs- bzw. Geschäftsführungsorgane der Gesellschaft sind. Auch wenn die Prospektpflicht in beiden Ländern im Außenverhältnis dem Emittenten obliegt, sind hierfür im Innenverhältnis der Vorstand bzw. die styrelse und der verkställande direktör zuständig. Soweit im Folgenden der Begriff des Leitungsorgans verwandt wird, ist hiermit zur Vereinfachung des Sprachgebrauchs im schwedischen Recht auch der verkställande direktör angesprochen, auch wenn seine Kompetenzen auf Geschäftsführungsangelegenheiten beschränkt sind.

Teil 3

Grundlegende Aspekte einer Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte A. Einführung Bevor in Teil 4 die Börsenprospekthaftung de lege lata in Deutschland und Schweden untersucht wird, ist – vor die Klammer gezogen – auf zwei grundlegende Aspekte der Haftung für Kapitalmarktschäden einzugehen: Zum einen auf das Verhältnis zwischen der Haftung des Emittenten und der Haftung seiner Organmitglieder gegenüber Anlegern (hierzu unten B.) und zum anderen auf die Abgrenzung zwischen Eigen- und Reflexschäden bzw. unmittelbaren und mittelbaren Schäden im Vermögen der Aktionäre (hierzu unten C.). Besondere Schwierigkeiten ergeben sich dabei im Zusammenhang mit Schäden, die Anlegern börsennotierter Aktiengesellschaft durch einen Kursverlust entstehen.

B. Das Verhältnis zwischen der Haftung der Aktiengesellschaft und der Haftung der Mitglieder ihrer Leitungsorgane I. Einführung Das Verhältnis zwischen einer Haftung des Emittenten und einer Haftung seiner Organmitglieder ist von entscheidender Bedeutung für die übergreifende Frage nach der Notwendigkeit einer persönlichen Außenhaftung der Organmitglieder des Emittenten wegen der Veröffentlichung unrichtiger oder unvollständiger Börsenprospekte. Haftet der Emittent für Schäden, die Aktionären in ihrer Funktion als Anleger entstanden sind und ist diese Haftung grundsätzlich vorrangig vor einer Haftung der Organmitglieder des Emittenten, bedarf es zur Erfüllung der Ausgleichs- und Präventionsfunktion der Haftung nur dann einer persönlichen Außenhaftung der Organmitglieder, wenn der Emittent als Haftungsschuldner ausnahmsweise ausfällt. Ist eine Haftung des Emittenten hingegen generell ausgeschlossen, stellt eine Haftung seiner Organmitglieder eine der wesentlichen Möglichkeiten dar, um eine Schadenskompensation zu erreichen. In diesem Zusammenhangt zeigt sich besonders deutlich, dass sich das Kapitalmarktrecht in Deutschland und Schweden erst im Laufe der letzten Jahr-

B. Verhältnis der Haftung

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zehnte als eigenständiges Rechtsgebiet aus dem Aktien- und dem Börsenrecht entwickelt hat1. Grund für die Entwicklung des Kapitalmarktrechts als eigenständigem Rechtsgebiet waren unter anderem die vom Aktienrecht als Verbands(innen)recht2 abweichenden Wertungen beim Erwerb von Aktien als reiner Kapitalanlage. Ein solcher Wertungswiderspruch zwischen Aktien- und Kapitalmarktrecht besteht bis heute im Zusammenhang mit der Frage nach der Zulässigkeit von Schadenersatzleistungen der Aktiengesellschaft an geschädigte Anleger und somit an ihre Aktionäre. Der kapitalmarktrechtliche Anlegerschutzgedanke verlangt den Ausgleich von Schäden, die der Emittent bzw. seine Organmitglieder Anlegern z. B. durch die Veröffentlichung falscher Kapitalmarktinformationen zufügen. Demgegenüber verbietet der aktienrechtliche Kapitalerhaltungsgrundsatz jede Leistung durch die Gesellschaft an ihre Aktionäre, die über die Ausschüttung des ordnungsgemäß festgestellten Bilanzgewinns hinausgeht. Aus der unterschiedlichen Beantwortung dieses Wertungswiderspruchs im deutschen und schwedischen Recht, ergeben sich voneinander abweichende Antworten auf die Frage nach der Notwendigkeit und der Ausgestaltung einer persönlichen Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane der Gesellschaft.

II. Deutschland 1. Verpflichtung und Haftung der Aktiengesellschaft a) Grundlagen Die Aktiengesellschaft ist gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 AktG als juristische Person selbst rechtsfähig und damit Trägerin des Gesellschaftsvermögens. Das Vermögen ihrer Aktionäre ist hiervon strikt zu trennen (Trennungsprinzip)3. Für Ver1 (Deutschland) Hopt, ZHR 140 (1976), 201 ff.; Hopt, ZHR 141 (1977), 389 ff.; Grundmann, RabelsZ 54 (1990), 285, 285 ff.; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR2, § 1 Rn. 8 ff.; Oechsler in: Bayer/Habersack, AktR im Wandel, Bd. II, 5. Kap. Rn. 4 ff.; (Schweden) Svensson, Kapitalanlegerschutz, S. 13 f.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 48 ff., 51 ff.; Lindskog in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 53 ff.; Ackebo in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 73ff. Zur Entwicklung des europäischen Kapitalmarktrechts vgl. Wiegel, Prospektrichtlinie, S. 10 ff. 2 Zur Abgrenzung zwischen dem Aktienrecht als Verbands(innen)recht und dem Kapitalmarktrecht als dem Recht zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts vgl. aus der deutschen Literatur Assmann in: Großkomm, AktG, § Einl. Rn. 352 ff. 3 BGHZ 156, 310, 314; Hüffer, AktG, § 1 Rn. 4; Heider in: MünchKomm3, AktG, § 1 Rn. 28; Kraft in: Kölner Komm2, AktG, § 1 Rn. 11, 38; Brändel in: Großkomm, AktG, § 1 Rn. 91; Ammon in: Heidel, AktR, § 1 AktG Rn. 10; Kübler/Assmann, GesR, S. 32; Hueck/Windbichler, GesR, § 20 Rn. 1; Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 27 f.; Schmolke, Organwalterhaftung, S. 3; Hellgardt, WM 2006, 1514, 1519 f.

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

bindlichkeiten der Gesellschaft haftet daher gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 AktG nur das Gesellschaftsvermögen. Die Aktiengesellschaft ist jedoch nicht selbst handlungsfähig, sondern handelt durch ihre Organe und Vertreter4. Gemäß § 78 Abs. 1 AktG ist in erster Linie der Vorstand als organschaftlicher Vertreter der Gesellschaft zu ihrer Vertretung berufen5. Alle zum Schadenersatz verpflichtenden Handlungen des Vorstands – sei es aus unerlaubter Handlung oder Pflichtverletzung im Rahmen rechtlicher Sonderverbindungen – durch die einem Dritten ein Schaden entsteht6, werden der Gesellschaft nach herrschender Meinung gemäß § 31 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zugerechnet (sogenannte Organhaftung)7. Dabei muss der Vorstand in seiner amtlichen Eigenschaft tätig geworden sein. Hierfür ist erforderlich, dass die Amtstätigkeit und die Schädigung sachlich in einem derart engen Zusammenhang stehen, dass die Schädigung gerade durch und nicht nur bei Gelegenheit der Amtstätigkeit eingetreten ist8. 4 Hüffer, AktG, § 1 Rn. 4; Heider in: MünchKomm3, AktG, § 1 Rn. 21 ff.; K. Schmidt, GesR, § 10 I 1 b); Habersack in: Großkomm, AktG, § 78 Rn. 13; Bisson, GmbHR 2005, 1453. 5 Zum dogmatischen Streit zwischen der Vertreter- und der Organtheorie vgl. K. Schmidt, GesR, § 10 I 2; Martinek, Repräsentantenhaftung, S. 25. Der Gesetzgeber hat den Streit umgangen, indem er dem Vorstand analog § 26 Abs. 2 S. 1, 2. Hbs. BGB zumindest die Stellung eines gesetzlichen Vertreters eingeräumt hat. Eine Zurechnung von Verschulden der Organmitglieder kommt daher neben § 31 BGB auch gemäß § 278 BGB in Betracht. Nach h. M. ist der Organtheorie zu folgen, nach der die Gesellschaft selbst handelt und ihren Willen ausübt, indem ihre Organe für sie handeln (BGH WM 1958, 557, 561; BGH NJW 1987, 1193; BGH, ZIP 2005, 1270, 1271 (EM.TV); Hüffer, AktG, § 78 Rn. 3; Habersack in: Großkomm, AktG, § 78 Rn. 13; Spindler in: MünchKomm3, AktG, § 78 Rn. 5 ff.; Wiedemann, GesR, § 4 II 3 lit. a; Beuthien, NJW 1999, 1142 ff.; Reuter in: MünchKomm, BGB, § 26 Rn. 11; vgl. auch K. Schmidt, GesR, § 10 I 2 [Organhandeln ist wie Eigenhandeln zu werten]; (a. A.) Flume, Die juristische Person, S. 377 ff.). 6 Zum Streit, ob von § 31 BGB nur Schäden erfasst werden, denen eine eigene Pflichtverletzung des Organwalters zugrunde liegt (Mithaftung der Gesellschaft) oder nur Schäden, denen (zumindest auch) eine eigene Pflichtverletzung der Gesellschaft zugrunde liegt oder ob danach eine Zurechnung sowohl bei Verletzung von Pflichten der Gesellschaft als auch des Organwalters erfolgt oder ob für die Haftung der Gesellschaft eine Pflichtverletzung überhaupt nicht erforderlich ist vgl. ausführlich: Kleindiek, Deliktshaftung, S. 115 ff.; Schmolke, Organwalterhaftung, S. 17 ff. 7 H.M. Hüffer, AktG, § 78 Rn. 23; Heinrichs in: Palandt, BGB, § 31 Rn. 1 ff.; Reuter in: MünchKomm, BGB, § 31 Rn. 19 ff., 29; Habersack in: Großkomm, AktG, § 78 Rn. 22 f.; Medicus, ZGR 1998, 570, 576 f. (anders aber ders., BGB AT, Rn. 1135); Schmolke, Organwalterhaftung, S. 17; Derleder/Fauser, BB 2006, 949; Verse, ZHR 170 (2006), 399, 401, 410; (a. A., Pflichtverletzungen im Rahmen rechtlicher Sonderverbindungen werden über § 278 BGB zugerechnet) RGZ 122, 351, 359; Heider in: MünchKomm3, AktG, § 1 Rn. 44; Weick in: Staudinger, BGB, § 31 Rn. 3; Medicus, BGB AT, Rn. 1135. 8 RGZ 162, 129, 169; BGHZ 49, 19, 21; BGHZ 98, 148, 152; Hüffer, AktG, § 78 Rn. 23; Reuter in: MünchKomm, BGB, § 31 Rn. 32; Weick in: Staudinger, BGB, § 31 Rn. 40. Die Anwendbarkeit von § 31 BGB endet nicht bereits bei Überschreitung der Vertretungsmacht durch den Vorstand, sondern erst dann, wenn sich der Vorstand so weit von seinem Aufgabenkreis entfernt, dass die Tätigkeit als außerhalb des allgemei-

B. Verhältnis der Haftung

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Die Aktiengesellschaft haftet daher grundsätzlich mit ihrem eigenen Vermögen für alle zum Schadenersatz verpflichtenden Handlungen ihrer Organmitglieder, insbesondere der Mitglieder des Vorstands, durch die einem Dritten ein Schaden entstanden ist. Da das Aktiengesetz keine Bestimmungen über die Haftung der Gesellschaft enthält, kann sich ihre Haftung nur aus den bürgerlichrechtlichen Schadenersatzbestimmungen, insbesondere den §§ 823 ff. BGB, oder aus bereichsspezifischen Spezialgesetzen – hier etwa den §§ 44 ff. Börsengesetz (BörsG) – ergeben. b) Wertungswidersprüche bei der Haftung der Aktiengesellschaft gegenüber ihren Aktionären aa) Problematik Eine besondere Problematik im Zusammenhang mit der Haftung der Aktiengesellschaft ergibt sich, wenn es um Ersatzansprüche von Aktionären der Gesellschaft geht. Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit Schadenersatzleistungen der Gesellschaft an ihre Aktionäre mit dem Kapitalerhaltungsgrundsatz zu vereinbaren sind. Der Kapitalerhaltungsgrundsatz gebietet im deutschen Aktienrecht grundsätzlich die Erhaltung des gesamten über den Bilanzgewinn hinausgehenden Vermögens der Gesellschaft. Die Sicherung der Kapitalerhaltung erfolgt vor allem durch das Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß § 57 AktG. Es dient wegen der aus § 1 Abs. 1 S. 2 AktG folgenden Haftungsbeschränkung der Gesellschaft auf das Gesellschaftsvermögen in erster Linie dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger9. Danach ist grundsätzlich jede Leistung an einen Aktionär verboten, die außerhalb der Verteilung des Bilanzgewinns und nicht in Erfüllung eines marktüblichen Drittgeschäfts erfolgt. Von dem Verbot des § 57 AktG werden daher grundsätzlich auch Schadenersatzleistungen der Gesellschaft an ihre Aktionäre erfasst10. Diese Problematik wird auch bei der Haftung der Gesellschaft wegen der Veröffentlichung unrichtiger oder unvollständiger Kapitalmarktinformationen relevant, da die fehlerhaft informierten Anleger zugleich Aktionäre der Gesellschaft sind.

nen Rahmens der ihm übertragenen Aufgaben liegend auch für einen Dritten erkennbar war (BGH NJW 1980, 115; Thümmel, Persönliche Haftung, Rn. 317, Fn. 13). 9 Zu den weiteren Funktionen des Verbots der Einlagenrückgewähr vgl. Hüffer, AktG, § 57 Rn. 1; Bayer in: MünchKomm3, AktG, § 57 Rn. 1 f.; Lutter in: Kölner Komm2, AktG, § 57 Rn. 2. 10 Schwark in: FS Raisch, S. 269; Bayer in: MünchKomm3, AktG, § 57 Rn. 16 ff.; Möllers, BB 2005, 1637, 1639; Keusch/Wankerl, BKR 2003, 744 f.; Gottschalk, DStR 2005, 1648, 1651.

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

Folgerte man aus dem Verbot des § 57 AktG einen Ausschluss jeglicher Schadenersatzleistungen der Gesellschaft an ihre Aktionäre und somit einen generellen Haftungsausschluss gegenüber Kapitalanlegern, würde dies allerdings eine empfindliche Beschränkung des Anlegerschutzes auf dem deutschen Kapitalmarkt darstellen. Räumt man deshalb dem Anlegerschutz den Vorrang gegenüber dem Kapitalerhaltungsgrundsatz ein und bejaht eine Haftung der Aktiengesellschaft gegenüber ihren Anlegern, stellt sich zugleich die Frage, welcher Schaden hierbei zu ersetzen ist. Gemäß §§ 249 ff. BGB ist vorrangig Naturalrestitution geschuldet. Ein solcher Anspruch wäre in dem Fall, dass ein Anleger die Aktien bei richtiger und vollständiger Information nicht erworben hätte, auf Erstattung des Erwerbspreises Zug um Zug gegen Rückgewähr der Aktien gerichtet (sogenannter Vertragsabschlussschaden)11. Dies hätte allerdings zur Folge, dass die Gesellschaft im Rahmen des Schadensausgleichs eigene Aktien entgegen dem grundsätzlichen Verbot der §§ 71, 71a AktG erwerben würde12. bb) Lösung für die spezialgesetzliche Börsenprospekthaftung nach dem BörsG Für den Bereich der spezialgesetzlich geregelten Börsenprospekthaftung gemäß §§ 44 ff. BörsG ist der Wertungswiderspruch zwischen Kapitalerhaltungsgrundsatz und Anlegerschutz im Rahmen des 3. Finanzmarktförderungsgesetzes (3. FmFG)13 ausdrücklich zugunsten eines Vorrangs des Anlegerschutzes entschieden worden. In der Begründung zum 3. FmFG, durch das die §§ 44 ff. BörsG in ihrer im wesentlichen heute noch geltenden Fassung in das BörsG eingeführt wurden, heißt es hierzu: „Sofern der Anspruch gegenüber einer Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien geltend gemacht wird, die als Emittentin Wertpapiere begeben hat, kann diese sich gegenüber dem Anspruchsteller nicht auf die aktienrechtlichen Verbote der Einlagenrückgewähr gem. § 57 Abs. 1 Satz 1 [AktG] und des Verbots des Erwerbs eigener Aktien gemäß §§ 71ff. AktG berufen. Die in § 45 [BörsG] getroffenen Regelungen enthalten insoweit abschließende Spezialregelungen, die den soeben erwähnten allgemeinen Grundsätzen vorgehen“14.

11 Vgl. zum Schadensbegriff und zur Unterscheidung zwischen Vertragsabschlussschaden und Differenzschaden ausführlich unten Teil 4 A.II.12. 12 Schwark in: FS Raisch, S. 269; Kort, NZG 2005, 708, 709. 13 BGBl. I 1998, 529 ff. 14 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 78. Damals trug der heutige § 44 BörsG noch die Paragrafenangabe § 45 BörsG.

B. Verhältnis der Haftung

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cc) Lösung für die Börsenprospekthaftung nach den bürgerlich-rechtlichen Haftungsbestimmungen (1) Einführung Für die Börsenprospekthaftung nach den Bestimmungen des allgemeinen Bürgerlichen Rechts blieb die Auflösung des Wertungswiderspruchs zwischen Kapitalerhaltung und Anlegerschutz bis zur EM.TV-Entscheidung15 des Bundesgerichtshofs im Jahr 2005 weithin umstritten. Da die Lösung des Wertungswiderspruchs, über die hier nicht weiter untersuchte Haftung des Emittenten hinaus, auch für die Frage von besonderer Bedeutung ist, ob und in welchem Umfang eine persönliche Haftung seiner Leitungsorgane neben einer Haftung der Gesellschaft erforderlich und geboten ist, soll im Folgenden kurz auf die Grundlagen und die Entwicklung des Meinungsstreits im Laufe der letzten mehr als einhundert Jahre eingegangen werden. Dies erleichtert – wie noch zu sehen sein wird – auch einen Vergleich mit dem schwedischen Recht, wo der Wertungswiderspruch bisher anders gelöst wird als in Deutschland16. (2) Vom Reichsgericht zur EM.TV-Entscheidung des Bundesgerichtshofs Das Reichsgericht befürwortete zunächst einen absoluten Vorrang des Gläubigerschutzes und erteilte damit einer Haftung der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären insgesamt eine Absage17. Es änderte seine Rechtsprechung später jedoch und beschränkte den Vorrang der Kapitalerhaltungsvorschriften auf diejenigen Fälle, in denen Aktien auf dem primären Kapitalmarkt unmittelbar von der Gesellschaft erworben wurden. Nach Ansicht des Reichsgerichts ginge es beim unmittelbaren Erwerb der Aktien vom Emittenten um den Bestand der Gesellschaft und die erstmalige Aufbringung des Gesellschaftskapitals. Aus Gründen des Verkehrsschutzes müsse die Allgemeinheit darauf vertrauen können, dass die erstmalige Kapitalaufbringung und der Bestand der Gesellschaft nicht durch eine Anfechtung des Beitritts oder eine Rückgewähr der Einlage im Rahmen eines Schadensausgleichs in Frage gestellt wird. Bei einem derivativen Er15

BGH, ZIP 2005, 1270 ff. (EM.TV). Vgl. hierzu unten Teil 3 B.III.1.b). 17 RGZ 54, 128, 132; RGZ 62, 29, 31; RGZ 72, 290, 293 f. Zur Begründung stellte das RG fest: „Hieraus ergibt sich, daß der einzelne Aktionär den Schaden, welcher ihm gerade durch seine Beteiligung an der Gesellschaft erwächst, niemals von der Gesellschaft selbst ersetzt verlangen kann.“ (RGZ 54, 128, 132) und „Dem Aktionär ist unter keinen Umständen gestattet, seine zu Recht bestehende Aktienbeteiligung in ein Gläubigerrecht umzuwandeln und so den Gesellschaftsgläubigern Konkurrenz zu machen“ (RGZ 62, 29, 31). Für eine Übersicht zur Rechtsprechung des RG vgl. Schwark in: FS Raisch, S. 269, 270 ff.; Gebauer, Börsenprospekthaftung und Kapitalerhaltungsgrundsatz, S. 136 ff. 16

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

werb der Aktien im Rahmen eines Umsatzgeschäfts stünden hingegen die Aktionäre der Gesellschaft wie außenstehende Gläubiger gegenüber, so dass die Gesellschaft nicht durch einen Haftungsausschluss privilegiert werden dürfe. Den Aktionären sei daher ein Ersatzanspruch gegen die Gesellschaft zuzubilligen18. Große Teile der Rechtsprechung und der Literatur schlossen sich der zwischen originärem und derivativem Erwerb differenzierenden Auffassung des Reichsgerichts zwar an, die Auffassung des Reichsgerichts blieb jedoch in der Literatur stark umstritten19. Der Bundesgerichtshof entschied den Streit in seiner EM.TV-Entscheidung schließlich in Übereinstimmung mit den Wertungen des Gesetzgebers zum BörsG und zum Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) zugunsten eines uneingeschränkten Vorrangs des Anlegerschutzes20. Da es in dem zu entscheidenden Fall um die Beurteilung vorsätzlich falscher Ad-hoc-Mitteilungen und damit um einen Erwerb von Aktien auf dem sekundären Kapitalmarkt ging, bedurfte es zwar keiner eingehenden Auseinandersetzung mit der Frage, ob eine Unterscheidung zwischen originärem und derivativem Erwerb geboten ist, wie dies noch vom Reichsgericht befürwortet worden war. In einem orbiter dictum äußerte der Bundesgerichtshof jedoch erhebliche Zweifel an der Notwendigkeit einer solchen Unterscheidung und verwies auf die „eindeutig in die Richtung auf eine 18

RGZ 71, 97, 99 f.; RGZ 88, 271, 272 ff. (Der Differenzierung des RG folgend) OLG Frankfurt, NZG 1999, 1072, 1074 (MHM Mode Holding); RegKom CG, Bericht, BT-Drs. 14/7515, Rn. 187; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 168 ff.; Henze in: Großkomm, AktG, § 57 Rn. 20 ff.; Lutter in: Kölner Komm2, AktG, § 71 Rn. 69; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR2, § 7 Rn. 16; Schwark in: FS Raisch, S. 269, 287 f.; ders. in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 13; Rössner/Bolkart, ZIP 2002, 1471, 1476; Horn in: FS Ulmer, S. 817, 826 f.; Rieckers, BB 2002, 1213, 1220 f.; Hutter/Leppert, NZG 2002, 649, 654; Krämer/Baudisch, WM 1998, 1161, 1165 ff.; 1169 f. unter Hinweis darauf, dass dem unmittelbaren Erwerb von Aktien direkt vom Emittenten angesichts der weitgehenden Verdrängung durch das mittelbare Bezugsrecht gemäß § 186 Abs. 5 AktG kaum (mehr) eine Bedeutung zukommt; (a. A., für einen allgemeinen Vorrang des Anlegerschutzes) LG Frankfurt/Main, WM 1998, 1181, 1185; Groß, AG 1999, 199, 208; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F73 ff.; Zimmer, WM 2004, 9, 11; Spindler, WM 2004, 2089, 2094; Keusch/Wankerl, BKR 2003, 744, 745 ff.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.391; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 62 ff.; Gebauer, Börsenprospekthaftung und Kapitalerhaltungsgrundsatz, S. 198, 201 ff.; Renzenbrink/Holzner, BKR 2002, 434, 436 ff.; Möllers/Leisch in: Möllers/Rotter, Ad-hocPublizität, § 13 Rn. 37; Mülbert, JZ 2002, 826, 833 f.; (ebenso auch schon Teile der älteren Literatur im unmittelbaren Anschluss an die Rechtssprechung des RG) Moos, ZHR 70 (1911), 184, 209 ff.; Breit, ZHR 76 (1915), 415, 450 ff.; Flechtheim, JW 1916, 937, 937 ff.; (für einen auf das freie Vermögen des Emittenten beschränkten Vorrang des Anlegerschutzes) Henze in: Großkomm, AktG, § 57 Rn. 20; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 395 f.; Schwark in: FS Raisch, S. 269, 288 f.; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 56; Zöllner/Winter, ZHR 158 (1994), 59, 78; Baums, Gutachten F für den 63. DJT (2000), S. F 227 f.; in der 2. Auflage auch noch Bayer in: MünchKomm2, AktG, § 57 Rn. 24. 20 BGH ZIP 2005, 1270, 1272 f. (EM.TV). 19

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uneingeschränkte Haftung der Aktiengesellschaft weisenden Äußerungen des historischen Gesetzgebers“ in den Gesetzesbegründungen zum 2. und 3. Finanzmarktförderungsgesetz (2. FmFG21 /3. FmFG22)23. Dabei sprach er sich grundsätzlich für einen Ersatz des Vertragsabschlussschadens Zug um Zug gegen Übertragung der erworbenen Aktien aus und verneinte damit einen hiermit verbundenen Verstoß gegen das Verbot zum Erwerb eigener Aktien gemäß §§ 71, 71a AktG. Kern des Ersatzanspruchs sei die Erstattung des vom Aktionär aufgewandten Kaufpreises. Der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft sei hingegen nur eine Folge der Besonderheiten der kapitalmarktrechtlichen Naturalrestitution und dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot geschuldet24. Die Auffassung des Bundesgerichtshofs wird heute vom wohl größten Teil der Literatur geteilt25. Daneben werden zum Teil verschiedene vermittelnde Ansichten vertreten. So wird vereinzelt noch immer eine Differenzierung zwischen originärem und derivativem Erwerb von Aktien befürwortet26. Zudem wollen Teile der Literatur dem Anlegerschutz nur insoweit Vorrang vor dem Kapitalerhaltungsgrundsatz einräumen, als ein Ersatzanspruch der Aktionäre durch das freie Vermögen der Gesellschaft gedeckt ist27. Andere wiederum wollen den Anlegern in der Insolvenz nur einen nachrangigen Ersatzanspruch zubilligen28. dd) Stellungnahme und Ergebnis Der Bundesgerichtshof versteht die Äußerungen in der Begründung zum 2. und 3. FmFG als eine generelle Entscheidung des Gesetzgebers zum Konkurrenzverhältnis zwischen Anlegerschutz und Kapitalerhaltungsgrundsatz in Gestalt der §§ 57, 71 f. AktG. Er räumt dem Anlegerschutz daher ungeachtet der jeweils einschlägigen Anspruchsgrundlage den Vorrang vor dem Kapitalerhaltungsgrundsatz ein, obwohl es in der EM.TV-Entscheidung selbst nur um Er21

BGBl. I 1994, 1749. BGBl. I 1998, 529. 23 BGH, ZIP 2005, 1270, 1272 f. (EM.TV); vgl. hierzu auch BegrRegE 2. FmFG, BT-Drs. 12/7918, S. 102 (betreffend die sekundäre Kapitalmarkthaftung) und BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 78 (betreffend die primäre Kapitalmarkthaftung). 24 BGH, ZIP 2005, 1270, 1273 (EM.TV). 25 Vgl. Hüffer, AktG, § 57 Rn. 3; Kort, NZG 2005, 496, 498; Schäfer, ZGR 2006, 40, 56 f.; Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1810 f.; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 44 BörsG Rn. 5; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 14 ff.; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 7 Rn. 58; Casper, Der Konzern 2006, 32, 36 ff.; Zöllner, NZG 2006, 821; Bayer in: MünchKomm3, AktG, § 57 Rn. 26 ff. 26 Henze, NZG 2005, 115, 121 sowie die hierzu bereits vorstehend in Fn. 19 genannten Autoren. 27 Henze, NZG 2005, 115, 121 sowie die hierzu bereits vorstehend in Fn. 19 genannten Autoren. 28 Langenbucher, ZIP 2005, 239, 244; (so auch schon) Moos, ZHR 70 (1911), 184, 209 ff.; (dagegen) Zimmer, WM 2004, 9, 11 f. 22

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

satzansprüche gemäß §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG ging29. Dem ist zuzustimmen. Räumt der Gesetzgeber im Rahmen der spezialgesetzlich geregelten Kapitalmarkthaftung gemäß §§ 44 ff. BörsG und §§ 37b, 37c WpHG den Interessen der Anleger an einem Ersatz der ihnen auf Grund falscher oder unvollständiger Kapitalmarktinformationen entstandenen Schäden ausdrücklich einen Vorrang vor dem Kapitalerhaltungsgrundsatz ein, lässt sich nicht begründen, warum dies nicht auch für Ansprüche nach allgemeinem Deliktsrecht gelten soll. Im Hinblick auf das Verbot des Erwerbs eigener Aktien überzeugt zudem das systematische Argument des Bundesgerichtshofs, wonach der Erwerb eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft bei der Gewährung des Vertragsabschlussschadens nicht Folge der Leistung der Gesellschaft an den Aktionär ist, sondern allein aus dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot folgt und daher keine Ausnahme vom Vorrang der Naturalrestitution gemäß § 249 BGB zu machen ist. Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Sachen EM.TV ist der Streit darüber, wie der Wertungswiderspruch zwischen dem Kapitalerhaltungsgrundsatz und dem Anlegerschutz zu lösen ist, nunmehr auch für den Bereich der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Haftung endgültig als geklärt anzusehen30. Eine Haftung des Emittenten gegenüber den Anlegern ist daher – ungeachtet der jeweils einschlägigen Anspruchsgrundslage – nicht wegen eines Vorrangs des Kapitalerhaltungsgrundsatzes oder des Verbots des Erwerbs eigener Aktien ausgeschlossen oder auf den Ersatz des Differenzschadens beschränkt. Vielmehr haftet der Emittent gegenüber Anlegern für Kapitalmarktschäden in vollem Umfang. 2. Haftung des Vorstands a) Einführung Wie gesehen, wird der Gesellschaft schädigendes Verhalten ihrer Organmitglieder nach § 31 BGB unmittelbar wie eigenes Handeln zugerechnet, so dass für hieraus entstehende Schäden, die Gesellschaft einzutreten hat. Dies schließt allerdings eine persönliche Haftung insbesondere der Mitglieder des Vorstands nicht aus31. Da Vorstand und Aufsichtsrat selbst keine Rechtsfähigkeit besitzen, kommt allein eine Haftung ihrer einzelnen Mitglieder in Betracht32. 29 So auch Möllers, BB 2005, 1637, 1639 ff.; Gottschalk, DStR 2005, 1648, 1652 f.; Hutter/Stürwald, NJW 2005, 2428, 2431; Kort, NZG 2005, 708, 709; Braun, BKR 2005, 415, 416; Casper, Der Konzern 2006, 32; Gebauer, ZZP 2006, 159, 165; (a. A.) Schäfer, NZG 2005, 985, 989 f. 30 s. die Nachweise unten in Teil 3 B.II.1.b)dd) Fn. 29. 31 BGHZ 109, 297, 302 (Baustoff); BGH, NJW 1996, 1535, 1536; Hüffer, AktG, § 78 Rn. 23; § 93 Rn. 20a; Habersack in: Großkomm, AktG, § 78 Rn. 22; Reuter in: MünchKomm, BGB, § 31 Rn. 43.

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Bei der Haftung der Organmitglieder unterscheidet man zwischen der Innenund der Außenhaftung. Die Innenhaftung betrifft ihre Haftung gegenüber der sie anstellenden Aktiengesellschaft wegen der Verletzung organschaftlicher oder dienstvertraglicher Pflichten. Die Außenhaftung betrifft hingegen die Haftung der Organmitglieder gegenüber Dritten, wie Aktionären, Arbeitnehmern, abhängigen Unternehmen, Lieferanten, Kunden, Verbrauchern und sonstigen Gläubigern der Gesellschaft33. Die Innenhaftung der Organmitglieder gegenüber der Gesellschaft ist nach der Struktur der aktienrechtlichen Haftungsvorschriften wesentlich stärker ausgeprägt, als die Außenhaftung gegenüber Aktionären und sonstigen Dritten34. Dies kommt in der im AktG fast vollkommen fehlenden Regelung einer Außenhaftung, der Subsidiarität des Rechts der Aktionäre, Ansprüche der Gesellschaft im eigenen Namen gegenüber Organmitgliedern geltend zu machen35, sowie der vorrangigen Haftung der Gesellschaft für Pflichtverletzungen ihrer Organmitglieder zum Ausdruck. Diese stärkere Betonung der Innenhaftung bestimmt nicht nur die aktienrechtliche Haftung, sondern zeigt sich auch im Bereich des Kapitalmarktrechts, wo es bisher ebenfalls an einer spezialgesetzlichen Außenhaftung der Organmitglieder des Emittenten weitgehend fehlt36. Zwischen der Außenhaftung der Gesellschaft und der Außenhaftung ihrer Organmitglieder besteht daher ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten einer Außenhaftung der Gesellschaft37. b) Innenhaftung Die Mitglieder des Vorstands sind im Innenverhältnis ersatzpflichtig, wenn sie die ihnen gegenüber der Gesellschaft obliegenden Pflichten schuldhaft, d.h. vorsätzlich oder fahrlässig, verletzen (§ 93 Abs. 2 S. 1 AktG). Dabei obliegt die Beweislast für ein Fehlen des Verschuldens und der Pflichtwidrigkeit der schadensstiftenden Handlung gemäß § 93 Abs. 2 S. 2 AktG dem jeweiligen Vorstandsmitglied.

32 Sie werden auch als Organwalter bezeichnet (vgl. Schmolke, Organwalterhaftung, S. 2, Fn. 8). 33 Thümmel, Persönliche Haftung, Rn. 26; Plück/Lattwein, Haftungsrisiken für Manager, S. 23. 34 Spindler, WM 2004, 2089, 2094; Duve/Basak, BB 2005, 2645; Casper, BKR 2005, 83, 86; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 113; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 287; Hellgardt, WM 2006, 1514, 1518 ff. 35 Vgl. hierzu ausführlich unten Teil 5 B.II. 36 Vgl. hierzu ausführlich unten Teil 4 A.II.4. 37 Zur Bedeutung dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis im Hinblick auf eine Verschärfung der Organaußenhaftung für unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte s. ausführlich unten Teil 6 B.III.2.

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

Eine Reihe von Pflichten des Vorstands sind ausdrücklich im AktG geregelt38. Eine Verletzung dieser Pflichten führt zu einer Haftung des Vorstands gegenüber der Gesellschaft, wobei sich die Anspruchsgrundlage entweder aus der die Pflicht definierenden Norm, z. B. §§ 93 Abs. 3, 117 AktG, oder aus der Generalklausel des § 93 Abs. 2 S. 1 AktG ergibt. Über die ausdrücklich im AktG genannten Pflichten hinaus ergeben sich weitere Pflichten aus der allgemeinen Sorgfaltspflicht der Vorstandsmitglieder gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AktG. Danach haben die Vorstandsmitglieder „bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden“ 39. Daraus ergibt sich eine umfassende Verpflichtung der Vorstandsmitglieder gegenüber der Gesellschaft zu sorgfältigem Handeln (allgemeine Sorgfaltspflicht). Sie lässt sich zusammenfassen als Pflicht der Vorstandsmitglieder, wie ein Treuhänder die Interessen des Unternehmens zu wahren und alles zu unterlassen, was sie schädigen könnte40. Aus der allgemeinen Sorgfaltspflicht ergeben sich im Zusammenhang mit der Funktion des Vorstands weitere Einzelpflichten, wie etwa die Pflicht zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Unternehmensleitung und die allgemeine Treuepflicht der Vorstandsmitglieder zu loyalem Einsatz für die Gesellschaft41. Trifft der Vorstand im Rahmen seiner Leitungsaufgabe gemäß § 76 Abs. 1 AktG eine unternehmerische Entscheidung und entsteht der Gesellschaft hieraus ein Schaden, stellt dies gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG ausnahmsweise keine Sorgfaltspflichtverletzung dar, wenn er bei Vornahme der unternehmerischen Entscheidung42 vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage ange38 § 83 Abs. 1 und 2 AktG (Pflicht zur Vorbereitung und Ausführung von Hauptversammlungsbeschlüssen), §§ 36 ff., 54 Abs. 3 AktG (Sorgfaltspflichten bei Gründung der Gesellschaft), §§ 33 Abs. 1, 34, 53 AktG (Prüfpflichten im Zusammenhang mit der Gründung bzw. Nachgründung der Gesellschaft), § 88 Abs. 1 AktG (Wettbewerbsverbot), § 90 AktG (Berichtspflichten gegenüber dem Aufsichtsrat), § 91 Abs. 1 AktG (Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung), § 91 Abs. 2 AktG (Pflicht zur Einrichtung eines Risikomanagementsystems), § 92 Abs. 1 AktG (Pflicht zur Einberufung der Hauptversammlung bei einem Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals), § 92 Abs. 2 AktG (Insolvenzantragspflicht), § 93 Abs. 1 S. 2 AktG (Verschwiegenheitspflicht), § 93 Abs. 3 AktG (Verstöße gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften), § 117 AktG (Pflicht zur Unterlassung schädigender Einflussnahme), § 161 AktG (Pflicht zur Abgabe der Entsprechenserklärung über die Befolgung des DCGK) sowie §§ 308 ff. AktG (besondere Pflichten im Konzernverhältnis). 39 Vgl. hierzu näher Hopt in: Großkomm, AktG, § 93 Rn. 79; Spindler in: MünchKomm3, AktG, § 93 Rn. 21; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 93 Rn. 98 f. 40 BGHZ 129, 30, 34; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 4; Thümmel, Persönliche Haftung, Rn. 165; Hopt in: Großkomm, AktG, § 93 Rn. 72. 41 Hopt in: Großkomm, AktG, § 93 Rn. 144 ff.; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 93 Rn. 57; Thümmel, Persönliche Haftung, Rn. 183 ff.; (a. A., Treubindungen ergeben sich durch Bestellung bereits aus Rechtsgeschäft, so dass eine Ableitung aus § 93 Abs. 1 S. 1 AktG nicht erforderlich ist) Hüffer, AktG, § 93 Rn. 5. 42 Unternehmerische Entscheidungen i. S. v. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG sind nur solche Entscheidungen, die wegen ihrer Zukunftsbezogenheit durch Prognosen und nicht jus-

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messener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (sogenannte Business Judgement Rule)43. Die Mitglieder des Vorstands haften somit im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft grundsätzlich für jede Pflichtverletzung, durch die der Gesellschaft ein Schaden entsteht, es sei denn, es handelt sich um eine unternehmerische Entscheidung, die unter den haftungsfreien Ermessensspielraum des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG fällt. c) Außenhaftung Im Außenverhältnis gegenüber Aktionären und sonstigen Dritten steht nach der Haftungskonzeption des Aktiengesetzes die Gesellschaft selbst als Haftungsadressat im Vordergrund. Die Generalklausel des § 93 Abs. 2 S. 1 AktG regelt nur die Innenhaftung der Vorstandsmitglieder gegenüber der Gesellschaft. § 93 AktG stellt auch kein Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Aktionäre oder sonstiger Dritter dar44. titiable Einschätzungen geprägt sind und deren Auswirkungen daher nicht eindeutig vorhergesagt werden können. Dies unterscheidet sie von der Beachtung gesetzlicher, satzungsmäßiger oder anstellungsvertraglicher Pflichten ohne tatbestandlichen Beurteilungsspielraum (BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 11; Hopt/Roth in: Großkomm, AktG, § 116 Rn. 93; Arnold in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, § 22 Rn. 20; vgl. hierzu und allgemein zu Prognosen im Gesellschaftsrecht Spindler, AG 2006, 677 ff., 680 ff.). 43 § 93 Abs. 1 S. 2 AktG wurde durch das UMAG in das AktG eingeführt (s. hierzu bereits oben Teil 1 B.III.). Zu § 93 Abs. 1 S. 2 AktG vgl. im Einzelnen BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 11; Schnabel/Lücke in: Beck’sches Mandatshdb Vorstand der AG § 6 Rn. 61; Hopt/Roth in: Großkomm, AktG, § 93 Abs. 1 Satz 2 und 4 n. F. Rn. 1 ff., § 116 Rn. 93; Roth, BB 2004, 1066, 1068; Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252, 254; Kock/Dinkel, NZG 2004, 441, 443; Kuthe, BB 2004, 449; Linnerz, NZG 2004, 307, 311; Brömmelmeyer, WM 2005, 2065, 2069; Holzborn/Bunnemann, BKR 2005, 51; Langenbucher, DStR 2005, 2083, 2085; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 163; Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1255; Spindler, NZG 2005, 865, 871; Arnold in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, § 22 Rn. 18 ff.; Ulmer, DB 2004, 859, 860 f.; Fleischer, ZIP 2004, 685, 691; Rodewald/Unger, BB 2006, 113, 114; Koch, ZGR 2006, 769, 782 ff.; Kolb, DZWIR 2006, 50, 52 f.; Göz/Holzborn, WM 2006, 157 f.; Hoor, DStR 2004, 2104 ff.; (aus betriebswirtschaftlicher Sicht) Grundei/ v. Werder, AG 2005, 825 ff. Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des UMAG s. BGHZ 125, 239, 246 ff.; BGHZ 135, 244, 253; Roth, Unternehmerisches Ermessen, passim; Hopt in: Großkomm, AktG, § 93 Rn. 83; Lutter, GmbHR 2000, 301, 308; Schaefer/ Missling, NZG 1998, 441, 444; Horn, ZIP 1997, 1129, 1134. 44 BGHZ 110, 342, 360; BGH, WM 1979, 853, 854; LG Bonn, AG 2001, 484, 486; LG Düsseldorf, AG 1991, 70, 71; Spindler in: MünchKomm3, AktG, § 93 Rn. 1, 273; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 19; Hopt in: Großkomm, AktG, § 93 Rn. 469, 492, 501; Thümmel, Persönliche Haftung, Rn. 359; Buchta, DStR 2003, 694, 696; Wiesner in: MünchHdb AG, § 26 Rn. 28; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 93 Rn. 169; Derleder/Fauser, BB 2006, 949, 950; Zimmer in: Schwark, KMRK, § 37b, 37c WpHG Rn. 127; Fuchs in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c, Rn. 61; Sethe in: Assmann/ Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 105; Hellgardt, WM 2006, 1514, 1516, 1518 f.

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

Eine unmittelbare Außenhaftung der Vorstandsmitglieder kommt deshalb nur auf Grund spezialgesetzlicher Anspruchsgrundlagen, die sich allerdings im AktG und auch in anderen Spezialgesetzen nur vereinzelt finden45, oder nach den bürgerlich-rechtlichen Haftungsbestimmungen, insbesondere dem allgemeinen Deliktsrecht, in Betracht. Für unrichtige Börsenprospekte regeln die §§ 44 ff. BörsG in engen Grenzen eine Außenhaftung der Vorstandsmitglieder als Prospektveranlasser bzw. Prospektverantwortliche46. Der Diskussionsentwurf des Bundesfinanzministeriums für ein KapInHaG sah eine Ausweitung der börsengesetzlichen Außenhaftung von Vorstandsmitgliedern gemäß §§ 44 ff. BörsG sowie die Einführung einer spezialgesetzlichen Außenhaftung für falsche Informationen auf dem sekundären Kapitalmarkt gemäß §§ 37b, 37c WpHG vor. Wegen starker Kritik ist der Entwurf für ein KapInHaG jedoch zurückgezogen worden47. Mangels umfassender spezialgesetzlicher Haftungstatbestände kommt den bürgerlich-rechtlichen Haftungstatbeständen de lege lata die größte Bedeutung bei der Außenhaftung von Vorstandsmitgliedern zu. Danach haften Vorstandsmitglieder im Außenverhältnis nur dann, wenn sie durch ihr Handeln auch selbst verpflichtet werden. Dies ist ausgeschlossen bei rechtsgeschäftlichem Handeln, da die Organe, sofern sie im Namen der Gesellschaft handeln, analog § 26 Abs. 2 S. 1, 2. Hbs. BGB i.V. m. §§ 164 ff. BGB wie ein gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft allein diese verpflichten48. Eine persönliche Außenhaftung der Organmitglieder gegenüber Dritten kommt daher nur dann in Betracht, wenn sie in geschützte Rechtspositionen Dritter eingreifen (§§ 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V. m. einem Schutzgesetz, 826 BGB) oder besonderes Vertrauen eines Vertragspartners in Anspruch nehmen (sogenannte bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung und § 311 Abs. 2 und 3 BGB [c.i.c.])49. Da es sich bei den hier behandelten Schäden auf Grund von fehlerhaften oder unvollständigen Börsenprospekten um Vermögens45 § 41 Abs. 1 S. 2 AktG (Haftung für Verbindlichkeiten der später nicht eingetragenen Vorgesellschaft); § 117 Abs. 1 und 2 AktG (Haftung wegen schädigender Einflussnahme); § 69 AO i.V. m. § 34 Abs. 1 AO (Haftung für die Verletzung von Steuerpflichten); § 93 Abs. 5 AktG (Haftung für Schäden der Gläubiger sofern von der Gesellschaft keine Zahlung erlangt werden kann); §§ 309, 310, 317, 318 AktG (konzernrechtliche Haftungstatbestände); § 25 UmwG (Haftung wegen umwandlungsrechtlicher Schäden von Gläubigern und Aktionären). 46 Vgl. hierzu ausführlich unten Teil 4 A.II.4.b). 47 Vgl. hierzu bereits oben Teil 1 B.III. und ausführlich unten Teil 6 B.II. 48 Zu den Ausnahmen auf Grund besonderer vertraglicher Abreden, insb. bei einer Schuldübernahme oder Bürgschaft vgl. Hopt in: Großkomm, AktG, § 93 Rn. 493. 49 Hüffer, AktG, § 93 Rn. 20a f.; Hopt in: Großkomm, AktG, § 93 Rn. 492 ff.; Ek, Haftungsrisiken für VS und AR, S. 123 ff.; Thümmel, Persönliche Haftung, Rn. 26; Plück/Lattwein, Haftungsrisiken für Manager, S. 23; Hübner, Managerhaftung, S. 23 ff. Vgl. hierzu im Zusammenhang mit der Haftung für Börsenprospekt unten Teil 4 A.IV.

B. Verhältnis der Haftung

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schäden handelt, scheidet eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB allerdings aus50. Zudem wird die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung nach zutreffender Ansicht im Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Börsenprospekthaftung gemäß §§ 44 ff. BörsG verdrängt51.

III. Schweden 1. Verpflichtung und Haftung der Aktiengesellschaft a) Grundlagen Die schwedische Aktiengesellschaft ist als juristische Person rechtsfähig und mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet52. Sie kann daher selbst Rechte und Pflichten begründen und diese gerichtlich und außergerichtlich im eigenen Namen wahrnehmen (2. Kap. § 25 ABL). Hieraus folgt, dass die Gesellschaft selbst Trägerin ihres Vermögens ist. Ihr Vermögen ist daher vom Vermögen ihrer Aktionäre zu trennen53. Dies kommt auch in 1. Kap. § 3 Abs. 1 ABL zum Ausdruck. Danach haften für Schulden der Gesellschaft nicht die Aktionäre persönlich mit ihrem Vermögen. Den Gläubigern der Gesellschaft steht stattdessen das Gesellschaftsvermögen als Haftungskapital zur Verfügung. Da juristische Personen auch nach schwedischem Recht nicht selbst handlungsfähig sind, können sie nur durch ihre Organe und Stellvertreter handeln und verpflichtet werden54. Dies sind in erster Linie die Mitglieder der styrelse und der verkställande direktör55. In der älteren Rechtsprechung des Höchsten Gerichtshofs (Högsta Domstolen – HD56) wurde eine strafrechtliche Verantwortung und eine zivilrechtliche Haftung der Aktiengesellschaft auf Grund ihrer Stellung als juristischer Person generell abgelehnt57. Im Laufe der Zeit lockerte sich jedoch die Rechtsprechung 50

Vgl. hierzu ausführlich unten Teil 4 A.V.1. Vgl. hierzu ausführlich unten Teil 4 A.II.4.c). 52 Prop. 2004/05:85 (Ny Aktiebolagslag), S. 533; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 68 f., 224; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 2. kap. 25 §, S. 2:38; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 62 f.; Lindskog in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 54. 53 Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 69; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 21 f.; Hellner in: FS Karlgren, S. 143 f. 54 Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 235 f.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 261; af Sandeberg, NTS 2001:4, 417, 418; dies., EBLR 13 [2002], 323, 324; Hellner in: FS Karlgren, S. 122 ff.; Deuschl, JT 1999/00, 269, 286. 55 Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 238 f.; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 164 f., 188 ff.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 262. 56 s. auch http://www.hogstadomstolen.se (zuletzt abgerufen am 6.9.2009). 57 HD, NJA 1884, 418, 419 f.; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 481. 51

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

des Höchsten Gerichtshofs. Zunächst bejahte er eine zivilrechtliche Haftung der Gesellschaft für durch ihre Organmitglieder begründete vertragliche Verpflichtungen58 und in seiner Entscheidung HD, NJA 1960, 243 ff. schließlich auch eine Haftung für außervertragliche, insbesondere deliktische Schäden59. Grundlage der Haftung der Aktiengesellschaft ist nach dieser Entscheidung die Annahme, dass ein Verschulden ihrer Leitungsorgane wie eigenes Verschulden der juristischen Person zu behandeln ist60. Auch in der Literatur wird bei schuldhaftem Handeln von Organmitgliedern eine Haftung der Gesellschaft für außervertragliche Schäden wie für eigenes Verschulden angenommen, wenn die Organmitglieder im Dienst und im Rahmen der Geschäftstätigkeit für die Gesellschaft gehandelt haben (Organhaftung – organansvar)61. Die dogmatischen Grundlagen und der Umfang einer solchen Organhaftung sind in der schwedischen Rechtswissenschaft bisher allerdings kaum untersucht worden, so dass hierüber weitgehend Unsicherheit besteht62. Neben der Organhaftung der Gesellschaft für eigenes Verschulden besteht nach den Grundsätzen der sogenannten Prinzipalhaftung (principalansvar) gemäß 3. Kap. § 1 Schadenersatzgesetz (Skadeståndslagen [1972: 207] – SkL) bei pflichtwidrigem, schadenstiftendem Handeln der Mitglieder ihrer Leitungsorgane auch eine Verantwortlichkeit der Gesellschaft für fremdes Verschulden63. Danach haftet ein Arbeitgeber unter anderem für Personenschäden (person58 Vgl. zur Entwicklung HD, NJA 1886, 289 ff.; HD, NJA 1908, 137 ff.; HD, NJA 1910, 184 ff.; HD, NJA 1926, 185 ff. s. auch Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 481 ff.; Hellner in: FS Karlgren, S. 135 ff. 59 Vgl. hierzu ausführlich Hellner in: FS Karlgren, S. 153 ff. 60 HD, NJA 1960, 243, 246: „Det får emellertid förutsättas, att åtminstone ett vållande som ligger det högsta förvaltande organet till last – vid aktiebolag således styrelsen – bedömdes som härrörande från den juridiska personen själv och följaktligen utgjorde grund för dess ersättningsskyldighet jämlikt allmänna skadeståndsregler.“ – „Es muss jedoch vorausgesetzt werden, dass zumindest ein Verschulden, dass dem höchsten Verwaltungsorgan zur Last fällt – bei einer Aktiengesellschaft also der styrelse – als von der juristischen Person selbst herrührend anzusehen ist und folglich die Grundlage für dessen Ersatzverpflichtung nach den allgemeinen Schadenersatzregeln bildet“. 61 SOU 1941:9 (Aktiebolagslag), S. 638, Fn. 1; Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 309; HD, NJA 2006, 136, 142 f.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 261 f.; Strömbäck in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 96; Bengtsson in: Bengtsson/ Strömbäck, SkL, S. 55; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 260; dies., Aktiebolagsrätten, S. 251; dies. in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 243; dies., Ny Juridik 2:01, 65, 66 f.; dies., NTS 2001:4, 417, 418; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 188 f.; ders., Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 482, 485; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 348; Hellner in: FS Karlgren, S. 142 f.; Hellner/ Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 151 f.; Deuschl, JT 1999/00, 269, 286. 62 Zur Entwicklung der Organhaftung und der Organtheorie (organteorin) in Schweden vgl. Hellner in: FS Karlgren, S. 134 ff., 149 f., 158 f.; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 311, Fn. 263; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 482.

B. Verhältnis der Haftung

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skada), Sachschäden (sakskada) und reine Vermögensschäden (ren förmögenhetsskada), die ein Arbeitnehmer im Dienst (i tjänsten) verursacht. Im Dienst sind solche Schäden verursacht, die ein Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Ausführung der ihm zugewiesenen Aufgaben, insbesondere während der Arbeitszeit, verursacht. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Schaden unmittelbar in Ausübung der dem Arbeitnehmer zugewiesenen Aufgaben verursacht wird64. Die Prinzipalhaftung greift aber nur bei Schäden ein, die durch Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts verursacht werden65. Da die Mitglieder der styrelse in der Regel keine Arbeitnehmer der Gesellschaft in diesem Sinne sind, scheidet eine Prinzipalhaftung der Gesellschaft für von ihnen verursachte Schäden aus. Für Schäden, die der verkställande direktör verursacht, kommt eine Prinzipalhaftung hingegen in Betracht, da er in der Regel Arbeitnehmer der Gesellschaft ist66. Wird ein Schaden von einer Person verursacht, die sowohl Mitglied eines Leitungsorgans als auch Arbeitnehmer der Gesellschaft ist, wie der verkställande direktör, ist bei einem Verstoß gegen die unmittelbar aus seiner Organstellung fließenden Pflichten, allein die Organhaftung anzuwenden. Eine Anwendung der Prinzipalhaftung gemäß 3. Kap. § 1 SkL kommt hingegen nur dann in Betracht, wenn er den Schaden zwar als Arbeitnehmer aber außerhalb seiner Pflichtenstellung als Organ der Gesellschaft verursacht67. Die Abgrenzung zwischen der Organ- und der Prinzipalhaftung kann daher schwierig sein. Bei der hier näher behandelten Haftung für falsche Börsenprospekte sind jedoch ausschließlich Pflichten des verkställande direktör betroffen, die unmittelbar aus seiner Stellung als Organ der Gesellschaft fließen. In diesen Fällen tritt die Prinzipalhaftung deshalb hinter der Organhaftung zurück. 63 Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 309; HD, NJA 2006, 136, 143; Nordenson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 23 ff.; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 151 f.; af Sandeberg, Börsnotering, S. 91; dies., Börsnotering, S. 91; dies., Ny Juridik 2:01, 65, 67. Allgemein zur Prinzipalhaftung vgl. Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 151 ff. 64 Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 161 f.; Bengtsson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 117; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 263; dies., Börsnotering, S. 91. 65 Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 471; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 156 f.; Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 55, 77, 365 f.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 262; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 262; dies., Aktiebolagsrätten, S. 250; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 480; Deuschl, JT 1999/00, 269, 287. 66 Samuelsson, Information och ansvar, S. 262; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 263; dies., Aktiebolagsrätten, S. 250; dies., Ny Juridik 2:01, 65, 67; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 480; ders., Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 187. 67 Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 471; Samuelsson, Information och ansvar, S. 262; Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 55; af Sandeberg, Börsnotering, S. 91; dies., Ny Juridik 2:01, 65, 67; Deuschl, JT 1999/00, 269, 287.

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

Da das ABL keine Haftung der Gesellschaft, sondern nur eine Haftung ihrer Organmitglieder regelt (29. Kap. ABL), richtet sich eine Haftung der Gesellschaft vor allem nach den allgemeinen Bestimmungen des SkL68. Bei Verstößen gegen das ABL oder gegen kapitalmarktrechtliche Bestimmungen entstehen den Geschädigten vor allem sogenannte reine Vermögensschäden. Dies sind gemäß 1. Kap. § 2 SkL wirtschaftliche Schäden, die ohne Zusammenhang zu einem Personen- oder Sachschaden eintreten69. Für solche Schäden kann nach dem Wortlaut von 2. Kap. § 2 SkL nur Ersatz verlangt werden, wenn der Schaden auf der Begehung einer in der Regel vorsätzlichen Straftat (brott) beruht70. b) Wertungswidersprüche bei der Haftung der Aktiengesellschaft gegenüber ihren Aktionären aa) Problematik Die Aktiengesellschaft haftet nach dem vorstehend Gesagten grundsätzlich gegenüber ihren Gläubigern für die durch ihre Organmitglieder verursachten Schäden, auch wenn die Haftung bei reinen Vermögensschäden regelmäßig gemäß 2. Kap. § 2 SkL auf solche Schäden beschränkt ist, die auf einer vorsätzlichen Straftat beruhen. Ob eine Schadenersatzhaftung der Aktiengesellschaft allerdings auch gegenüber Aktionären bzw. Anlegern der Gesellschaft in Betracht kommt, wird ebenso wie in Deutschland auch in Schweden, vor allem im Zusammenhang mit der Haftung für Kapitalmarktschäden, z. B. wegen falscher oder unvollständiger Börsenprospekte, diskutiert. Gegen eine Haftung der Gesellschaft gegenüber Anlegern werden vor allem der Schutz des Gesellschaftskapitals und die mit einer Haftung der Gesellschaft verbundene Gefährdung der Gläubigerinteressen angeführt. Anders als in Deutschland wird die Frage in der schwedischen Literatur ausgehend von den Rechtsfolgen eines möglichen Anspruchs der Anleger diskutiert: der Rückab68 Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 479, 482; Samuelsson, Information och ansvar, S. 147; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 348; af Sandeberg, Börsnotering, S. 89; dies., Prospektansvaret, S. 259; dies., Aktiebolagsrätten, S. 250 f.; Skog in: Hopt/Voigt, S. 939 f.; Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 285. 69 1. Kap. § 2 SkL: „Med ren förmögenhetsskada förstås i denna lag sådan ekonomisk skada som uppkommer utan samband med att någon lider person- eller sakskada.“ – „Unter einem reinen Vermögensschaden im Sinne dieses Gesetzes ist ein solcher wirtschaftlicher Schaden zu verstehen, den jemand ohne Zusammenhang mit einem Personen- oder Sachschaden erleidet.“ 70 2. Kap. § 2 SkL: „Den som vållar ren förmögenhetsskada genom brott skall ersätta skadan.“ – „Derjenige der einen reinen Vermögensschaden durch eine vorsätzliche Straftat verursacht, hat den Schaden zu ersetzen“. Ob darüber hinaus eine Haftung auch dann in Betracht kommt, wenn es an einer vorsätzlichen Straftat fehlt, ist umstritten (vgl. hierzu ausführlich unten Teil 4 B.VI.3.b)). Generell zum Schadenersatz für reine Vermögensschäden gemäß 2. Kap. § 2 SkL s. unten Teil 4 B.VI.

B. Verhältnis der Haftung

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wicklung der Zeichnung von Aktien (unten cc)) und der Leistung von Schadenersatz (unten dd))71. Bevor auf diese Diskussion näher eingegangen wird, sollen kurz die Grundlagen und der Umfang des Kapitalschutzes in der schwedischen AB näher beleuchtet werden. bb) Kapitalschutz (kapitalskydd) in der Aktiengesellschaft Gemäß 1. Kap. § 3 Abs. 1 ABL haften Aktionäre für Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht persönlich. Vielmehr haftet hierfür nur die Gesellschaft mit ihrem Vermögen. Zum Schutz des Gesellschaftskapitals als Haftungsmasse zugunsten der Gläubiger der Gesellschaft aber auch zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zwischen den Aktionären lässt das ABL gemäß 17. Kap. § 2 Vermögensübertragungen (värdeöverföringar) durch die Gesellschaft nur dann und nur in der Art und Weise zu, wenn und soweit sie im ABL ausdrücklich geregelt sind (sogenanntes Vermögensübertragungsverbot – värdeöverföringsförbud)72. Vermögensübertragungen im Sinne des ABL sind gemäß 17. Kap. § 1 ABL vor allem die Gewinnverteilung, der Erwerb eigener Aktien sowie die Herabsetzung des Aktienkapitals oder der sogenannten Reserverücklage (reservfond)73. Keine unzulässige Vermögensübertragung liegt vor, wenn Leistungen an einen Aktionär erbracht werden, denen eine vollwertige Gegenleistung gegenübersteht74. Vermögensübertragungen sind gemäß 17. Kap. § 3 Abs. 1 ABL nur bis zur Höhe des sogenannten gebundenen Kapitals (bundet kapital) gestattet, das einer strikten Auszahlungssperre unterliegt75. Das gebundene Kapital setzt sich zusammen aus dem Aktienkapital (aktiekapital), das dem Nominalwert aller Ak71 Vgl. allgemein zur Einteilung der Ansprüche von Aktionären zur Durchsetzung ihrer Interessen in Ungültigkeit (ogiltighet) und Schadenersatz (skadestånd) Kleineman, JT 1994/95, 430, 431 f. 72 af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 176 ff.; J. Andersson, Kapitalskyddet, S. 9, 26, 33. s. hierzu (noch zur alten Rechtslage) auch die umfassende Arbeit von J. Andersson, Om Vinstutdelning. 73 Daneben sieht das ABL weitere Regelungen über Leistungen der Gesellschaft an ihre Aktionäre vor, wie z. B. für Schenkungen (17. Kap. § 5 ABL) sowie für Vermögensübertragungen im Zusammenhang mit der Fusion, der Teilung oder der Liquidation der Gesellschaft (23. bis 25. Kap. ABL). Zum Begriff värdeöverföring vgl. J. Andersson, Kapitalskyddet, S. 31 ff. 74 HD, NJA 1951, 6; Danielsson, Aktiekapitalet, S. 229; (ausführlich zur Frage, wann eine Gegenleistung vollwertig ist und wann nicht und deshalb eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt) J. Andersson, Kapitalskyddet, S. 40 ff. 75 HD, NJA 1951, 6; SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag), S. 357 f.; Prop. 2004/05:85 (Ny Aktiebolagslag), S. 377 ff.; J. Andersson, Kapitalskyddet, S. 26 f.; ders., Om Vinstutdelning, S. 197 ff.; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 180 f.; Leffler, JT 1997/98, 889, 895; vgl. auch Foerster, RIW 1992, 803, 808 f.

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

tien entspricht, der Höherbewertungsrücklage (uppskrivningsfond), der sogenannten Reserverücklage (reservfond) und der sogenannten Kapitalanteilsrücklage (kapitalandelsfond) der Gesellschaft (5. Kap. § 14 Abs. 1 S. 2 Jahresabschlussgesetz [Årsredovisningslag (1995:1554) – ÅRL])76. Das Kapital, das kein gebundenes Kapital darstellt, ist freies Kapital. Es dient nicht dem Gläubigerschutz und kann unter Beachtung der Vorschriften des ABL grundsätzlich voll an die Aktionäre ausgezahlt werden77. Seine Auszahlung wird nur durch das sogenannte Vorsichtigkeitsprinzip (försiktighetsregeln) gemäß 17. Kap. § 3 Abs. 2 ABL beschränkt. Danach ist der Gesellschaft – gegebenenfalls auch über das gebundene Kapital hinaus – dasjenige Kapital zu belassen, das nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit und den damit verbundenen Risiken (17. Kap. § 3 Abs. 2 Nr. 1 ABL) sowie im Hinblick auf den Konsolidierungsbedarf der Gesellschaft für ihre Liquidität und ihre Stellung im übrigen erforderlich ist (17. Kap. § 3 Abs. 2 Nr. 2 ABL)78. Dem Schutz der Gläubiger dienen daher in erster Linie das gebundene Kapital und das Vorsichtigkeitsprinzip79. cc) Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien (Ogiltigförklaring av aktieteckningen) (1) Einführung Im schwedischen Recht wird die Zeichnung von Aktien, wenn auch nicht unmittelbar als Vertrag so doch als vertragsähnliches Verhältnis (kontraktsliknande förhållande) angesehen, auf das die Bestimmungen des Vertragsrechts grundsätzlich Anwendung finden80. Umstritten ist jedoch, ob dies auch für die Be76 Vgl. J. Andersson, Kapitalskyddet, S. 10, 65 f.; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 56; dies., Prospektansvaret, S. 277. Die sog. Überkursrücklage (överkursfonden), in die ein auf den Nominalwert der Aktie eingezahltes Agio einzustellen ist, stellt seit Inkrafttreten des neuen ABL freies Kapital der Gesellschaft dar (vgl. Prop. 2004/ 05:85 [Ny Aktiebolagslag], S. 912). 77 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 278 f.; J. Andersson, Kapitalskyddet, S. 10, 66; (ausführlich) ders., Om Vinstutdelning, S. 170 ff. 78 Vgl. Prop. 2004/05:85 (Ny Aktiebolagslag), S. 381 ff, 751 ff.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 278; dies., Aktiebolagsrätten, S. 179 f.; dies., Ny Juridik 2:01, 65, 68 f.; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 84; J. Andersson, Kapitalskyddet, S. 10, 72; (ausführlich) ders., Om Vinstutdelning, S. 200 ff. 79 J. Andersson, Kapitalskyddet, S. 26; ders., Om Vinstutdelning, S. 132, 133 ff.; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 55, 188 f. 80 SOU 1997:22 (Aktiebolagets kapital), S. 227; SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag), S. 261; Karlgren, SvJT 1938, 187, 189 f.; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 59; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 420; Samuelsson, Information och ansvar, S. 268; Olrog von Matérn, JT 1996/97, 1071, 1076; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 267; dies., Ny Juridik 2:01, 65, 69; dies., Ny Juridik 3:99, 64, 76; dies., JT 2007, Jubileum, 125, 129; Deuschl, JT 1999/00, 269, 272.

B. Verhältnis der Haftung

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stimmungen des Vertragsgesetzes (Avtalslagen – AvtL)81 über die Ungültigerklärung von Verträgen, insbesondere 3. Kap. § 30 AvtL, gilt82. Gemäß 3. Kap. § 30 AvtL kann derjenige, der durch betrügerisches Verhalten des anderen Vertragsteils zum Abschluss eines Vertrages veranlasst wurde, den Vertrag für ungültig erklären. Nach dem insoweit offenen Wortlaut der Bestimmungen ist dies grundsätzlich auch dann möglich, wenn ein Anleger auf Grund falscher oder unvollständiger Angaben durch die Organe der Gesellschaft, etwa im Börsenprospekt, zur Zeichnung von Aktien veranlasst wurde83. Rechtsfolge wäre die Verpflichtung beider Vertragsparteien, dasjenige zurück zu gewähren, was jede Partei auf Grund des Vertrages erhalten hat84. Der Anleger könnte daher den Ersatz des Kaufpreises gegen Rückübertragung der Aktien auf die Gesellschaft verlangen. (2) Vorherrschende Auffassung Nach der bisher vorherrschenden, auf Karlgren85 zurückgehenden Auffassung, sind die Regelungen des AvtL über die Ungültigerklärung von Verträgen (§§ 30 ff. AvtL) auf den Erwerb von Aktien vom Emittenten grundsätzlich nicht anzuwenden86. Dies wird damit begründet, dass es ansonsten – insbesondere bei der Zeichnung von Aktien im Zusammenhang mit der Gründung der Gesellschaft – vorkommen kann, dass der Beitritt aller Aktionäre ungültig und damit das Aktienkapital der Gesellschaft nicht aufgebracht ist. Dies müsse zum Schutz der Kapitalerhaltung im Interesse der Gläubiger der Gesellschaft verhindert werden87. Zudem bestimmen 2. Kap. § 14 ABL sowie 13. Kap. § 15 ABL, dass die Ungültigkeit des Aktienerwerbs längstens bis zur Eintragung der Gesellschaft bzw. bei einer Kapitalerhöhung bis zu deren Eintragung im Handelsregister gel-

81

Lag (1915:218) om avtal och andra rättshandlingar på förmögenhetsrättens om-

råde. 82

Vgl. hierzu grundlegend Karlström, JT 2005/06, 469 ff. SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag), S. 261; Karlgren, SvJT 1938, 187, 189 f.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 267; dies., Ny Juridik 2:01, 65, 69. 84 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 267; Grönfors, Avtalslagen, S. 177. 85 Karlgren, SvJT 1938, 187 ff. 86 Ausnahmen sollen danach nur dann bestehen, wenn Ungültigkeitsgründe betroffen sind, die vom guten Glauben des Aktionärs unabhängig sind (sog. schwache Ungültigkeitsgründe – svaga ogiltighetsgrunder), wie z. B. Minderjährigkeit (Prop. 2004/ 05:85 [Ny Aktiebolagslag], S. 526; Prop. 1975:103 [Aktiebolagslag], S. 298; SOU 1997:22 [Aktiebolagets kapital], S. 227; Karlgren, SvJT 1938, 187, 198 ff.; Rodhe/ Skog, Aktiebolagsrätt, S. 45 f.; Kedner/Roos, ABL, Del I, S. 41; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, Del I, S. 2:25; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 59. Zur Entwicklung der h. M. vgl. ausführlich Karlström, JT 2005/06, 469 ff.). 87 Karlgren, SvJT 1938, 187, 198 ff.; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 45 f.; Kedner/Roos, ABL, Del I, S. 41; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 2. kap. 14 §, S. 2:22; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 59. 83

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

tend gemacht werden kann. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der Gesellschaft nach Eintragung ins Handelsregister das im Rahmen der Gründung oder Kapitalerhöhung zugeführte Kapital zum Schutz der Gläubiger nicht mehr wegen Ungültigkeit der Zeichnung entzogen werden kann88. Diese in der Literatur vorherrschende Ansicht stützt sich auf die Rechtsprechung des Höchsten Gerichtshofs. Dieser hatte in seiner Entscheidung HD, NJA 1918, 398 ff. ausdrücklich festgestellt, dass die Zeichnung von Aktien nicht auf Grund irreführender Informationen von Seiten der Gesellschaft und ihrer Organmitglieder für ungültig erklärt werden kann, auch wenn die Gesellschaft oder ihre Organmitglieder dabei betrügerisch gehandelt haben. Er begründete seine Entscheidung lediglich damit, dass sich der Anleger den durch die Zeichnung begründeten Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft nicht entziehen dürfe89. Darüber hinaus wird von der Literatur auch die Entscheidung des Höchsten Gerichtshofs, HD, NJA 1935, 270 ff., als Stütze für einen Ausschluss der Möglichkeit herangezogen, die Zeichnung von Aktien wegen irreführender Informationen für ungültig zu erklären90. In dieser Entscheidung ging es allerdings nicht um die Ungültigkeit der Zeichnung von Aktien, sondern um die Leistung von Schadenersatz durch die Gesellschaft an ihre Aktionäre. Die der Entscheidung für die Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien beigemessene Bedeutung lässt sich auch den Entscheidungsgründen nicht entnehmen. Sie ist ihr offensichtlich erst im Laufe der Zeit durch Interpretation beigelegt worden91. (3) Kritik in der Literatur In der jüngeren Literatur ist die vorherrschende Auffassung zum Teil stark kritisiert worden. Hultmark etwa hat keine Bedenken, die Zeichnung von Aktien nach den Bestimmungen des AvtL für ungültig zu erklären, solange das gebundene Kapital der Gesellschaft nicht in Gefahr gebracht wird. Die Frage, ob den Aktionären ein Anspruch auf Rückgängigmachung des Aktienerwerbs zu gewähren ist, hänge in erster Linie davon ab, wessen Interessen schützenswerter sind, die der Aktienerwerber oder die der Gesellschaftsgläubiger. Dass 88 Kedner/Roos, ABL, Del I, S. 41; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 2. kap. 14 §, S. 2:22; af Sandeberg in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 244 f.; (a. A., Zeitpunkt der Eintragung unbeachtlich) Danielsson, Aktiekapitalet, S. 73, 87 ff.; Karlgren, SvJT 1938, 187, 203; i. E. ebenso aber mit anderer Begründung Nerep in: Skog, Nyemissioner av aktier, S. 67 ff. 89 HD, NJA 1918, 398, 401. 90 s. Karlgren, SvJT 1938, 187, 188, 199 ff. sowie die Replik hierauf von Fredenberg, SvJT 1938, 714. Vgl. hierzu auch af Sandeberg, Ny Juridik 2:01, 65, 70 ff.; dies., Prospektansvaret, S. 270 ff. Näher zu dieser Entscheidung unten Teil 3 B.III. 1.b)dd)(1). 91 Vgl. af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 271.

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die Interessen der Gesellschaftsgläubiger schützenswerter seien als diejenigen der Anleger, sei keinesfalls selbstverständlich. Ungeachtet dessen, ob es sich bei der Zeichnung von Aktien um einen Kaufvertrag oder um einen speziellen Vertragstypus handelt, bestehe kein Zweifel, dass es sich dabei jedenfalls um einen vermögensrechtlichen Vertrag handelt. Es gebe nichts, was dagegen spreche, hierauf neben den spezialgesetzlichen Bestimmungen des ABL auch die Bestimmungen des AvtL über die Ungültigerklärung von Verträgen anzuwenden92. Kleineman hat sich dieser Auffassung grundsätzlich angeschlossen93. Teilweise will er die Verantwortlichkeit der Gesellschaft jedoch dann einschränken, wenn es sich im konkreten Fall nicht in erster Linie um eine Pflichtverletzung der Gesellschaft, sondern um ein vorsätzliches Fehlverhalten eines oder mehrerer Organmitglieder handelt. Andernfalls würde durch die Inanspruchnahme der Gesellschaft das Gesellschaftsvermögen in unzulässiger Weise zulasten der übrigen Gesellschaftsgläubiger geschmälert. Insoweit könne daher allein eine persönliche Haftung des Organmitglieds selbst in Betracht kommen94. Auch af Sandeberg hält eine Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien grundsätzlich für zulässig. Sie hebt jedoch hervor, dass diese im Rahmen der Gründung der Aktiengesellschaft ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung ins Handelsregister ausgeschlossen bleiben müsse, da andernfalls der Bestand der Gesellschaft gefährdet sei. Zudem sei das Aktienkapital der Gesellschaft mit ihrer Eintragung im Handelsregister öffentlich bekannt gemacht, so dass sich die Gläubiger darauf verlassen können müssten, dass ihnen dieser Betrag als Haftungsmasse zur Verfügung steht95. Bei einer späteren Kapitalerhöhung und einer damit verbundenen Neuemission von Aktien bestünden diese Bedenken nicht, da hierbei der Bestand der Gesellschaft und die ihr ursprünglich zur Verfügung gestellte Haftungsmasse unberührt bleiben96, 97. 92 93

Hultmark, Upplysningsplikt, S. 48 f. Kleineman, Prospektutredningens förslag till utvidgat prospektansvar, S. 5, 7,

18 f. 94 Kleineman, JT 1997/98, 707, 714. Kleineman nimmt damit Bezug auf die Entscheidung des HD, NJA 1936, 527 ff. (Kreuger & Toll). Der HD hatte darin im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch des Unternehmens Kreuger & Toll eine Haftung der Gesellschaft wegen Falschinformation eines Aktienerwerbers, der Aktien im Rahmen eines Tauschvertrages erworben hatte, angenommen, obwohl die Aktien nicht von der Gesellschaft, sondern vom Vorsitzenden der styrelse persönlich erworben wurden, der auch die falschen Informationen, durch die der Erwerber zum Kauf veranlasst wurde, in betrügerischer Absicht veröffentlicht hatte. Vgl. hierzu auch af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 272; Nerep in: Skog, Nyemissioner av aktier, S. 62 f. 95 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 275, 294; dies., Aktiebolagsrätten, S. 61; dies., JT 2007, Jubileum, 125, 133 f. 96 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 283, 294. 97 Die Möglichkeit, den Erwerb von Aktien für ungültig zu erklären, wenn Aktien nicht unmittelbar vom Emittenten, sondern auf dem sekundären Kapitalmarkt von ei-

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

dd) Schadenersatz (1) Vorherrschende Auffassung Nach der bisher vorherrschenden Ansicht in der Literatur ist die Gewährung von Schadenersatz durch die Gesellschaft an ihre Aktionäre auf Grund eines vertraglichen oder vertragsähnlichen Verhältnisses, wie z. B. auf Grund der Zeichnung von Aktien, ebenso unzulässig wie die Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien. Hierfür werden im wesentlichen die gleichen Argumente angeführt. Ausschlaggebender Grund für eine Ablehnung der Gewährung von Schadenersatz durch die Gesellschaft an ihre Aktionäre sei deshalb auch hier die Erhaltung des Gesellschaftskapitals zum Schutz der Gläubiger98. Würde man zulassen, dass die Gesellschaft wegen falscher Kapitalmarktinformationen Schadenersatz an ihre Aktionäre leistet, würden zudem die Rechtsfolgen, die gerade mit dem Ausschluss der Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien vermieden werden sollen, wieder herbeigeführt99. Zur Begründung dieser Ansicht wird auf die Entscheidung des Höchsten Gerichtshofs im Verfahren Kreuger & Toll, HD, NJA 1935, 270 ff., verwiesen. In dem Verfahren ging es um Ersatzansprüche von Anlegern, die von der Gesellschaft emittierte, sogenannte Participating Debentures erworben hatten, die im plötzlichen Konkurs des Unternehmens wertlos geworden waren. Die Anleger beriefen sich darauf, dass sie die Wertpapiere auf Grund falscher Angaben über die Lage des Unternehmens, die der Vorsitzende der styrelse, Ivar Kreuger, in betrügerischer Absicht veröffentlicht hatte, erworben hätten. Der Höchste Gerichtshof entschied, dass die Erwerber der Participating Debentures mit Aktionären gleichzustellen sind und ihnen daher keine Ersatzansprüche gegen die Gesellschaft zustehen könnten100. Weitere Argumente nannte der Höchste Gerichtshof hierfür allerdings nicht.

nem anderen Aktionär erworben werden, wird in der schwedischen Literatur kaum diskutiert und ist bisher auch nicht Gegenstand der Rechtsprechung gewesen. Nach Ansicht von af Sandeberg (Prospektansvaret, S. 283) kommt die Möglichkeit, den Erwerb von Aktien auf dem sekundären Kapitalmarkt für ungültig zu erklären, grundsätzlich nicht in Betracht. Dies beruht offensichtlich darauf, dass sich die hiermit verbundene Übertragung der Aktien auf den Emittenten gegen Erstattung des Erwerbspreises dogmatisch nur über die vertragsrechtlichen Bestimmungen des AvtL realisieren lässt. Bei einem Erwerb der Aktien auf dem sekundären Kapitalmarkt besteht zwischen dem Emittenten und dem Erwerber jedoch kein Vertragsverhältnis, so dass die Bestimmungen des AvtL insofern nicht anwendbar sind. 98 Karlgren, SvJT 1938, 187, 198, 201; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 349; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL (2002), 15. kap. 1 §, S. 15:3, 15:6 f.; Lindqvist, JT 1996/97, 371, 894 ff.; Leffler, JT 1997/98, 889, 894 ff. Vgl. hierzu auch SOU 1997:22 (Aktiebolagets kapital), S. 227 f. 99 Karlgren, SvJT 1938, 187, 201. 100 HD, NJA 1935, 270, 277.

B. Verhältnis der Haftung

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Obwohl die Anleger die Wertpapiere in der zugrundeliegenden Entscheidung nicht unmittelbar von der Gesellschaft erworben hatten, sondern auf dem sekundären Kapitalmarkt vom Vorsitzenden der styrelse, ist die Entscheidung überwiegend so gedeutet worden, dass unabhängig davon, ob Aktien auf dem sekundären oder dem primären Kapitalmarkt erworben wurden, grundsätzlich jede Art von Schadenersatz durch die Gesellschaft an ihre Aktionäre wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformationen ausgeschlossen ist101. (2) Kritik in der Literatur Bereits im Anschluss an die Entscheidung des Höchsten Gerichtshofs hat bereits Fredenberg102 Bedenken gegen einen gänzlichen Haftungsausschluss der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären und die entsprechende Interpretation der Entscheidung des Höchsten Gerichtshofs durch Karlgren103 geäußert. Seiner Ansicht nach kann der Gedanke des Gläubigerschutzes nur die Erhaltung des gebundenen Kapitals der Gesellschaft rechtfertigen. Das freie Kapital diene hingegen nicht den Interessen der Gläubiger und müsse daher auch von den Aktionären zum Ausgleich der ihnen entstandenen Schäden in Anspruch genommen werden können104. Auch in der jüngeren Literatur ist zum Teil starke Kritik gegenüber der von der überwiegenden Ansicht vertretenen Auffassung geäußert worden. So hat sich Samuelsson für den sekundären Kapitalmarkt dafür ausgesprochen, Emittenten eine Haftung für Schäden aufzuerlegen, die Anlegern auf Grund von fehlerhaften Kapitalmarktinformationen entstehen. Seiner Ansicht nach verstehen die Aktionäre einer börsennotierten Aktiengesellschaft ihre Beteiligung in erster Linie als eine rein kapitalmäßige Beteiligung105. Ihre Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Gesellschaft und folglich auch ihre Bindung an die Gesellschaft seien nur gering. Die Stellung der Anleger als Aktionäre der Gesellschaft dürfe daher kein Hindernis für eine Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber der Gesellschaft darstellen106. Da in der schwedischen Literatur im allgemeinen keine Unterscheidung zwischen der Behandlung falscher Informationen auf dem primären und dem sekundären Kapitalmarkt getroffen werde, ist nach Ansicht von af Sandeberg die von Samuelsson vertretene Auffassung auch auf den Erwerb von Aktien auf 101 Vgl. SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag), S. 261; Karlgren, SvJT 1938, 187, 201 ff.; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 349; S. Andersson/Johansson/ Skog, ABL (2002), 15. kap. 1 §, S. 15:3. 102 Fredenberg, SvJT 1938, 714, 715. 103 Karlgren, SvJT 1938, 187 ff. 104 Fredenberg, SvJT 1938, 714, 715. 105 Samuelsson, Information och ansvar, S. 333 f. 106 Samuelsson, Information och ansvar, S. 334.

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

dem primären Kapitalmarkt zu beziehen. Es sei daher auch eine Haftung des Emittenten für falsche Börsenprospekte geboten107. Die Rechtslage im Anschluss an die Entscheidung des Höchsten Gerichtshofs in Sachen Kreuger & Toll, wonach eine Haftung der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären zum Schutze des Gesellschaftskapitals und der Gläubiger der Gesellschaft insgesamt ausgeschlossen ist, beruhe auf einer historisch überkommenen Prioritätensetzung des Gesetzgebers zugunsten des Gläubigerschutzes. Das schwedische Aktienrecht sei historisch stark durch die im deutschen Aktienrecht übliche Interessenabwägung zwischen dem Schutz der Gläubiger und dem Schutz der Anleger geprägt. Dabei habe die Auffassung bestanden, dass Investitionen am Kapitalmarkt weitgehend auf eigenes Risiko erfolgen. Das schwedische Kapitalmarktrecht sei hingegen ebenso wie das deutsche Kapitalmarktrecht weitgehend durch das anglo-amerikanische Recht geprägt, das den Anlegerinteressen den Vorrang vor der Kapitalerhaltung einräume. Es sei erforderlich, zwischen den aktienrechtlichen und den kapitalmarktrechtlichen Wertungen zu unterscheiden108. Den Aktionären sei deshalb ein kapitalmarktrechtlicher Ersatzanspruch gegenüber der Gesellschaft zuzubilligen, solange das Aktienkapital der Gesellschaft zum Schutz der Gläubiger erhalten bleibt. Ein Zugriff auf das freie Kapital aber auch auf die frei auszahlbaren Rücklagen der Gesellschaft, insbesondere die Reserverücklage, könne den Aktionären im Rahmen der Schadenskompensation daher nicht aus Gründen des Gläubigerschutzes verwehrt werden109. Hierfür spreche auch die Parallele zum Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft. Aus dem Blickwinkel der Kapitalerhaltungsvorschriften sei der Rückerwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft mit der Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien zu vergleichen. Hier wie dort erhalte die Gesellschaft eigene Aktien gegen Zahlung eines Geldbetrages zurück. Abgesehen von der in 19. Kap. § 15 ABL vorgesehenen Begrenzung des Erwerbs eigener Aktien auf 10% aller Aktien sind nach den Bestimmungen des 17. Kap. ABL Vermögensübertragungen – wozu auch der Erwerb eigener Aktien gehört (17. Kap. § 1 Abs. 1 Nr. 2 ABL) – zulässig, soweit das gebundene Kapital hierdurch nicht berührt und das Vorsichtigkeitsprinzip beachtet wird110. Sind die Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien und der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft miteinander vergleichbar, sei es jedoch nicht gerechtfertigt, an beide unterschiedliche Anforderungen zu stellen. Es müsse daher grundsätzlich im 107

af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 281 f., 283 ff.; dies., Ny Juridik 2:01, 65,

78 ff. 108

af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 287; dies., Ny Juridik 2:01, 65, 80. af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 294 f.; dies., Ny Juridik 2:01, 65, 80. 110 Zum Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft vgl. Prop. 2004/05:85 (Ny Aktiebolagslag), S. 407 ff.; J. Andersson, Kapitalskyddet, S. 122 ff.; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 204 ff., 208 f.; Skog, NTS 2002:3, 315 ff.; ders., ZGR 1997, 306 ff.; Geiger, AG 1997, 163 ff.; de Ridder in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 327 ff. 109

B. Verhältnis der Haftung

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gleichen Maße zulässig sein, den Erwerb von Aktien für ungültig zu erklären, wie es der Gesellschaft gestattet sei, eigene Aktien zu erwerben, solange das gebundene Kapital nicht angegriffen und das Vorsichtigkeitsprinzip beachtet wird. Ist es unter diesen Bedingungen sogar zulässig, die gesamte Zeichnung von Aktien für ungültig zu erklären, müsse dies erst recht für eine nur teilweise Rückgewähr des Erwerbspreises im Wege des Schadenersatzes gelten111. Auch Deuschl 112 wendet sich gegen einen Ausschluss der Haftung des Emittenten für fehlerhafte Börsenprospekte. Nach seiner Ansicht seien die getäuschten Anleger nicht wie Aktionäre, sondern eher wie getäuschte sonstige Gläubiger der Gesellschaft zu behandeln. Sie seien daher nicht mit sonstigen Aktionären, die ihre Aktien ohne Täuschung erworben haben, zu vergleichen. Da die getäuschten Anleger der Gesellschaft nur auf Grund der Täuschung durch den fehlerhaften oder unvollständigen Prospekt Kapital zur Verfügung gestellt hätten, könnten die Gläubiger das von diesen eingezahlte Aktienkapital auch nicht als Haftungskapital reklamieren113. (3) Kritik durch das Aktiengesellschaftskomitee und die Prospektkommission Auch das Aktiengesellschaftskomitee und die Prospektkommission114 haben sich für eine Reform der Haftung des Emittenten für falsche oder unvollständige Kapitalmarktinformationen im Sinne der in der neueren Literatur geäußerten Kritik ausgesprochen. Über die Vorschläge in der Literatur hinaus hat das Aktiengesellschaftskomitee eine unbegrenzte Haftung der Gesellschaft gefordert, die nicht nur auf das freie Kapital beschränkt ist. Grund hierfür sei einerseits die Anpassung der schwedischen Schadenersatzbestimmungen im Bereich des Kapitalmarktrechts an den internationalen Standard. Andererseits sieht das Komitee bei einer Begrenzung der Haftung auf das freie Kapital, die Gefahr, dass die Mitglieder der Leitungsorgane zur Erhöhung des auszahlungsfähigen Kapitals der Gesellschaft und zur Minderung der Gefahr einer eigenen Inanspruchnahme versuchen werden, das freie Kapital der Gesellschaft durch bilanzielle Maßnahmen zu erhöhen und so den Kapitalschutz zu umgehen115. Die Vorschläge des Aktiengesellschaftskomitees für eine unbeschränkte Haftung der Gesellschaft für fehlerhafte 111

af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 288. Deuschl, JT 1999/00, 269, 292 ff. 113 Deuschl, JT 1999/00, 269, 293. 114 Zum Aktiengesellschaftskomitee und zur Prospektkommission siehe bereits oben Teil 1 B.IV.2. und Teil 1 B.IV.2.b). 115 SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag), S. 266, 269; Skog in: Hopt/Voigt, S. 942 f.; (zustimmend) Deuschl, JT 1999/00, 269, 291. s. auch schon SOU 1997:22 (Aktiebolagets kapital), S. 227 f. 112

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

Kapitalmarktinformationen sind allerdings nicht in den Regierungsentwurf für ein neues Aktiengesellschaftsgesetz aufgenommen worden116. Nach Ansicht der Prospektkommission soll derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig einen fehlerhaften Prospekt erstellt, für den hierdurch entstehenden Schaden haften. Dass Emittenten nach der geltenden Rechtslage nicht für Schäden hafteten, die Anlegern auf Grund von fehlerhaften Prospektangaben entstehen, schade dem Vertrauen der Anleger in den schwedischen Kapitalmarkt. Auf den führenden internationalen Kapitalmärkten, wie den USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland bestehe die Möglichkeit, die Emittenten für durch fehlerhafte Prospektangaben entstandene Schäden auf Schadenersatz in Anspruch zu nehmen. Die internationale Entwicklung zeige, dass eine moderne Sichtweise auf die Prospekthaftung die Möglichkeit einschließe, Emittenten auf Schadenersatz in Anspruch zu nehmen. Die Emittenten erstellen die Prospekte, emittieren die Wertpapiere und erhalten den hieraus fließenden Erlös. Die nach bisheriger Rechtslage bestehenden Unsicherheiten seien daher auszuräumen und eine allgemeine Haftung des Emittenten für fehlerhafte Prospekte einzuführen117. Angesichts der weitreichenden Auswirkungen, die eine Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien für die aktienrechtliche Gesetzgebung hätte, sollten die zivilrechtlichen Sanktionen für fehlerhafte Prospekte auf die Leistung von Schadenersatz beschränkt werden. Die Möglichkeit, die Zeichnung von Aktien für ungültig zu erklären, sei zunächst in einem breiteren aktienrechtlichen Zusammenhang zu untersuchen118. Diese Vorschläge sind ebenfalls noch nicht in einen offiziellen Gesetzentwurf der schwedischen Regierung eingegangen119. 2. Haftung der styrelse und des verkställande direktör a) Einführung Wie die Untersuchung der Haftung der Gesellschaft gezeigt hat, kommt eine Haftung der Gesellschaft für reine Vermögensschäden nach geltender Rechtslage generell nur auf Grund vertraglicher Ersatzansprüche oder auf Grundlage einer in der Regel vorsätzlichen strafbaren Handlung (brott) gemäß 2. Kap. § 2 SkL in Betracht. Eine Haftung gegenüber den Aktionären der Gesellschaft ist nach der bisher geltenden Rechtslage sogar gänzlich ausgeschlossen. Eine besonders große Bedeutung hat deshalb die Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane der Gesellschaft für Schäden der Aktionäre und sonstiger Dritter, aber auch für Schäden der Gesellschaft120. 116 117 118 119

Vgl. hierzu auch oben Teil 1 B.IV.2.a). SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 64 f. SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 67. Vgl. zu den Gründen oben Teil 1 B.IV.

B. Verhältnis der Haftung

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Im schwedischen Aktienrecht wird ebenso wie im deutschen Aktienrecht zwischen der Innenhaftung der Organmitglieder gegenüber der Gesellschaft und der Außenhaftung gegenüber Aktionären und Dritten unterschieden121. Gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 1, S. 1 ABL haften die Gründer, die Mitglieder der styrelse, der verkställande direktör und der Wirtschaftsprüfer für die Schäden, die sie der Gesellschaft bei der Ausübung ihrer Ämter vorsätzlich oder fahrlässig zufügen (Innenhaftung – internt ansvar). Darüber hinaus haften sie gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 1, S. 2 und Abs. 2 ABL auch gegenüber Aktionären und Dritten, denen sie durch Verstoß gegen Bestimmungen des ABL, des anzuwendenden Gesetzes über den Jahresabschluss122 oder der Satzung der Gesellschaft sowie gegen die Prospektvorschriften des LHF bzw. der EU-ProspektVO einen Schaden zufügen (Außenhaftung – externt ansvar)123. Über die Vorschriften des ABL hinaus kommt eine Innen- und Außenhaftung der Organmitglieder nach den allgemeinen Bestimmungen des SkL in Betracht124. b) Innenhaftung (internt ansvar) Gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 1, S. 1 ABL haften die Mitglieder der styrelse und der verkställande direktör für alle Schäden, die sie der Gesellschaft in Ausübung ihrer Organfunktion für die Gesellschaft („när han eller hon fullgör sitt uppdrag“)125 schuldhaft, d.h. vorsätzlich oder fahrlässig126, zufügen127. Bei even120

Neben den ordentlich bestellten Mitgliedern der styrelse und dem ordentlich bestellten verkställande direktör sind von einer Haftung auch alle Personen erfasst, die faktisch oder auf Grund einer fehlerhaften Bestellung die Funktion eines styrelse-Mitglieds oder des verkställande direktör in der Gesellschaft ausüben (sog. shadow directors; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 37; Stattin, Företagsstyrning, S. 227 ff.; Åhman, Behörighet och befogenhet, S. 382 ff.; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 703 f.). Für die Arbeitnehmervertreter der styrelse gem. § 11 LSP sowie die Stellvertreter der styrelse-Mitglieder und des verkställande direktör gelten die Haftungsbestimmungen des ABL ebenfalls entsprechend (8. Kap. §§ 3 Abs. 2, 28 Abs. 1 S. 2 ABL; vgl. Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 41; ders. in: FS Lorenz, S. 161, 165 f.; Stattin, Företagsstyrning, S. 215 ff.; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 705 f.). Auf die mit ihrer Haftung verbundenen Besonderheiten wird im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen. 121 Vgl. af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 110 ff.; Svernlöv, JT 2002/03, 911 f. 122 s. hierzu oben Teil 1 B.IV.2.b) Fn. 115. 123 Vgl. HD, NJA 2006, 136, 142. 124 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 105 f.; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 706 ff. Zur Außenhaftung siehe ausführlich auch unten Teil 4 B. 125 Eine Haftung der styrelse-Mitglieder oder des verkställande direktör nach den Bestimmungen des ABL kommt daher nicht in Betracht, wenn diese der Gesellschaft als Dritte, z. B. als Vertragspartner, gegenübergetreten sind (vgl. Prop. 1975:103 [Aktiebolagslag], S. 540; Svernlöv, JT 2002/03, 911 f.; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 258; Nerep/Samuelsson, ABL, Band 3, 29. Kap. § 1, S. 348). 126 Zum Verschuldensbegriff s. zusammenfassend af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 259 f. sowie ausführlich unten Teil 4 B.II.7.

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

tuellen Haftungslücken nach den Bestimmungen des ABL kommt zudem eine Haftung nach den allgemeinen Bestimmungen des SkL in Betracht. Jedoch führt nicht jeder Schaden, der der Gesellschaft im Rahmen der Geschäftsführung durch ihre Leitungsorgane entsteht, zu einer Haftung. Vielmehr ist erforderlich, dass dem jeweils handelnden Organmitglied eine eigene Pflichtverletzung zur Last fällt128. Abhängig von ihrem Aufgabenbereich und der konkret zu treffenden Maßnahme obliegen den Mitgliedern der styrelse und dem verkställande direktör verschiedene Pflichten129. Sie sind zum Teil ausdrücklich im ABL geregelt130. Neben den ausdrücklich im ABL oder in Spezialgesetzen geregelten Pflichten obliegen den Mitgliedern der styrelse und dem verkställande direktör verschiedene allgemeine, ungeschriebene Pflichten gegenüber der Gesellschaft, bei deren Verletzung sie sich schadenersatzpflichtig machen können. Besondere Bedeutung hat hierbei die Loyalitätspflicht (lojalitetsplikt). Sie beinhaltet vor allem die Verpflichtung der Unternehmensleitung, stets im Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktionäre zu handeln131. Sie besteht sowohl gegenüber der Gesellschaft als auch gegenüber ihren Aktionären. Sie entspringt aus einem Auftragsverhältnis, das zwischen den Mitgliedern der styrelse bzw. dem verkställande

127 Darüber hinaus kennt das ABL kaum spezialgesetzliche Haftungstatbestände, die über die Generalklausel des 29. Kap. § 1 ABL hinaus für bestimmte Pflichtverletzungen eine Haftungsfolge gesondert regeln. Ausnahme hierzu bildet die sog. Fehlbetragshaftung (bristtäckningsansvar) gem. 17. Kap. § 7 ABL (Haftung für die Auszahlung von Gesellschaftsmitteln, entgegen den Bestimmungen der 17., 18. oder 20. Kap. ABL). Vgl. hierzu af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 192 ff.; J. Andersson, Kapitalskyddet, S. 159 ff., 172 f.; ders., Om Vinstutdelning, S. 709 ff.; Pehrson, JT 1997/98, 218 ff.; (im Zusammenhang mit der Haftung für sog. „upstream securities“ im Konzernverhältnis) Griebeler, Upstream securities, S. 53 f. 128 HD, NJA 1936, 78 ff. (Kreuger & Toll); Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 78, 83; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 259. 129 Vgl. HD, NJA 1936, 78 ff. (Kreuger & Toll). 130 Wie etwa das Verbot zur Vornahme von Insichgeschäften (8. Kap. §§ 23, 34 ABL), das Verbot zur Vornahme von Rechtshandlungen zum Nachteil der Gesellschaft oder einzelner Aktionäre (8. Kap. § 41 Abs. 1 ABL) sowie von Handlungen, die gegen die Vorschriften des ABL und die Satzung der Gesellschaft verstoßen (8. Kap. § 41 Abs. 2 ABL). 131 Im Einzelnen umfasst die Loyalitätspflicht den Gleichheitsgrundsatz gemäß 4. Kap. § 1 ABL, das allgemeine Gebot zur Wahrung der Gesellschaftsinteressen (generalklausulen) gemäß 8. Kap. § 41 ABL, das Verbot Beschlüsse zu fassen und Rechtshandlungen vorzunehmen, die offensichtlich unvereinbar mit dem Zweck und dem Gegenstand der Gesellschaft sind, das Verbot Maßnahmen zu treffen, die im Widerspruch zu den Gesellschaftsinteressen stehen, insbesondere das Gebot zur Vermeidung von Interessenkonflikten (8. Kap. §§ 23, 34 ABL), das Verbot zur Wahrnehmung von Geschäftschancen der Gesellschaft (Corporate Opportunities) und das Wettbewerbsverbot (Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 79; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 224, 249; Stattin, Företagsstyrning, S. 198 ff.; J. Andersson, NTS 1999:3, 81, 96; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 729 f.).

B. Verhältnis der Haftung

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direktör und der Gesellschaft angenommen wird132. Aus diesem Auftragsverhältnis ergibt sich eine treuhänderähnliche Stellung (sysslomannaskap) der Mitglieder der Leitungsorgane gegenüber der Gesellschaft i. S. v. 18. Kap. Handelsgesetzbuch (Handelsbalk [1736:0123.2] – HB). Sie haben sich daher wie Treuhänder (sysslomän), die fremde Vermögensinteressen wahrnehmen, zu verhalten und alles zu unterlassen, was die Gesellschaft schädigen kann133. Daneben obliegt den Mitgliedern der styrelse und dem verkställande direktör die Sorgfaltspflicht (vårdplikt), unter der insbesondere die Überwachungspflicht (tillsynsplikt) und die Verschwiegenheitspflicht (tystnadsplikt) zusammengefasst werden134. Nicht jede schädigende Handlung der Mitglieder der styrelse oder des verkställande direktör führt jedoch zu einer Pflichtverletzung und damit zu einer Schadenersatzverpflichtung gegenüber der Gesellschaft. Vielmehr ist anerkannt, dass in allen Bereichen des Gesellschaftslebens auch die Inkaufnahme von Geschäftsrisiken in unterschiedlich starkem Maße zulässig und erforderlich ist, um ein Unternehmen erfolgreich zu führen. Gesetzliche Regeln darüber, welches Maß an Risiko hierbei zulässig und damit haftungsfrei ist, bestehen im schwedischen Aktienrecht nicht. Erforderlich ist jedoch, dass mögliche Risiken richtig 132 Ob es sich dabei um ein echtes Auftragsverhältnis oder nur um eine auftragsähnliches Verhältnis handelt, ist in der Literatur umstritten ([echtes Auftragsverhältnis] Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 221; [auftragsähnliches Verhältnis] Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 274 ff.; ders. in: FS Lorenz, S. 161, 168; vgl. auch Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 712, Fn. 103). 133 Prop. 1975:103 (Aktiebolagslag), S. 540; SOU 1995:44 (Aktiebolagets organisation), S. 78; Prop. 1997/98:99, (Aktiebolagets organisation), S. 179; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 124; ders., Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 273 ff.; ders. in: FS Lorenz, S. 161, 168 f.; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 221; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 140; Stattin, Företagsstyrning, S. 198 ff.; Svensson, Kapitalanlegerschutz, S. 29; Samuelsson in: Karnov, ABL, 29. Kap. § 1 Anm. 1652; Nerep/Samuelsson, ABL, Band 3, 29. Kap. 1 § 1, S. 340 ff.; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 712 f.; Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 289. Die gesetzlichen Bestimmungen über Treuhänder im HB sind bei etwaigen Lücken ergänzend zu den Bestimmungen des ABL anzuwenden. Insbesondere die Bestimmungen über die Treuhänderhaftung (sysslomannaansvar) gem. 18 Kap. §§ 3, 4 HB sind im Innenverhältnis zur Gesellschaft anzuwenden, wenn es um die Haftung von Personen geht, die in einem Auftragsverhältnis zur Gesellschaft stehen, auf die aber die Vorschriften des 29. Kap. ABL weder direkt noch analog anzuwenden sind (vgl. hierzu ausführlich Stattin, Företagsstyrning, S. 245 ff.). 134 Danach ist Teil der allgemeinen Sorgfaltspflicht auch die Pflicht, Weisungen übergeordneter Gesellschaftsorgane auszuführen. Die Überwachungspflicht ist zwar in 8. Kap. § 4 Abs. 3 ABL nur für die styrelse spezialgesetzlich geregelt, sie obliegt aber auch dem verkställande direktör für seinen Aufgabenbereich, der insbesondere ein Überwachungssystem für die Erledigung der täglichen Geschäfte einzurichten hat (Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 229 ff.). Der verkställande direktör ist zudem verpflichtet, die styrelse laufend über die Verhältnisse in der Gesellschaft zu informieren (Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 244 ff.).

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

eingeschätzt, mit den möglichen Vorteilen abgewogen und soweit wie möglich minimiert werden135. c) Außenhaftung (externt ansvar) Aus 29. Kap. § 1 ABL ergeben sich unmittelbar nicht nur Innenhaftungs-, sondern auch Außenhaftungsansprüche der Aktionäre und sonstiger Dritter gegen die Mitglieder der Leitungsorgane der Gesellschaft. Gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2 ABL haften die Mitglieder der styrelse und der verkställande direktör für Schäden, die sie Aktionären der Gesellschaft oder Dritten zugefügt haben, allerdings nur, sofern sie gegen eine ihnen obliegende Pflicht nach den Bestimmungen des ABL, des anzuwendenden Gesetzes über den Jahresabschluss136 oder der Satzung verstoßen haben. Durch die Gesetze zur Änderung der Prospektvorschriften137 wurde in 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL zudem eine Außenhaftung der Mitglieder der Leitungsorgane vor allem für Börsenprospekte, die gegen die Prospektbestimmungen des LHF oder der EU-ProspektVO verstoßen, eingeführt138. Die Außenhaftung der Mitglieder der Leitungsorgane ist damit wesentlich enger gefasst als die Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 1 ABL, bei der jeder Pflichtverstoß haftungsrelevant ist. Demgegenüber sind im Rahmen von 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 ABL nur Verstöße gegen die genannten Gesetze haftungsrechtlich relevant. Nicht erfasst wird daher die Verletzung von Pflichten, die sich z. B. aus der Weisung eines übergeordneten Gesellschaftsorgans oder dem Anstellungsvertrag ergeben139. Auch für eine Verletzung vertraglicher Pflichten kann nicht nach 29. Kap. § 1 S. 2 ABL Ersatz des eingetretenen Schadens verlangt werden, sofern darin nicht zugleich eine Verletzung der Vorschriften des ABL liegt. Für vertragliche Pflichten, die nicht im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft eines Aktionärs der Gesellschaft stehen, haftet nur die Gesellschaft140. Diese Regelung ist stark durch den deutschen § 823 Abs. 2 BGB beeinflusst141. Das ABL, das anzuwendende Gesetz über den Jahresabschluss142 so135 Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 85 f.; ders. in: FS Lorenz, S. 161, 166 f.; Stattin, Företagsstyrning, S. 201; vgl. auch Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 715. 136 s. hierzu oben Teil 1 B.IV.2.b) Fn. 115. 137 U. a. SFS 2005:836 (Lag om ändring i aktiebolagslagen [2005:551]); vgl. hierzu Prop. 2004/05:158 (Prospekt). 138 Hierzu ausführlich unten Teil 4 B.II. 139 Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 167; ders. in: FS Lorenz, S. 161, 164. 140 af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 252; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 1 §, S. 29:11.

B. Verhältnis der Haftung

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wie die Satzung sind daher als Schutzgesetze zu Gunsten der Aktionäre und der Gläubiger der Gesellschaft anzusehen. Dies gilt jedoch nur für diejenigen Vorschriften, die auch den Schutz des jeweils Geschädigten bezwecken143. Vorschriften, die Schutzgesetze zugunsten der Aktionäre, der Gläubiger und sonstiger Dritter darstellen, sind insbesondere die Kapitalerhaltungsvorschriften, die Vorschriften über die Auskunftspflicht der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären sowie die Regeln über die Zuständigkeit der einzelnen Gesellschaftsorgane144. Seit Einführung von 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL im Rahmen der Umsetzung der Wertpapierprospektrichtlinie sind auch die Prospektvorschriften des LHF und die Bestimmungen der EU-ProspektVO Schutzgesetze in diesem Sinne. Über 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 ABL hinaus ist eine Außenhaftung der Mitglieder der Leitungsorgane der Gesellschaft auch nach den Bestimmungen des SkL – wegen reiner Vermögensschäden gemäß 2. Kap. § 2 SkL – möglich. Eine Haftung für Personen oder Sachschäden ist zudem gemäß 2. Kap. § 1 SkL möglich145. In dem hier untersuchten Zusammenhang treten jedoch regelmäßig nur Vermögensschäden auf, so dass auf 2. Kap. § 1 SkL hier nicht weiter eingegangen wird.

IV. Zusammenfassung, Vergleich und Stellungnahme 1. Zusammenfassung a) Deutschland Die deutsche AG ist als juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet. Sie haftet für die von ihr begründeten Verbindlichkeiten mit ihrem eigenen Vermögen. Mangels eigener Handlungsfähigkeit wird sie rechtsgeschäftlich und deliktisch durch ihre Organe und Vertreter verpflichtet. Mangels aktienrechtlicher Haftungsvorschriften haftet die AG für eingetretene Schäden in erster Linie nach den bürgerlich-rechtlichen Haftungsvorschriften, insbesondere dem Deliktsrecht. Darüber hinaus kommt eine Haftung der Gesellschaft auf 141 Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 176; ders. in: FS Lorenz, S. 161, 170; vgl. auch SOU 1941:9 (Aktiebolagslag), S. 638 ff. 142 s. hierzu oben Teil 1 B.IV.2.b) Fn. 115. 143 SOU 1941:9 (Aktiebolagslag), S. 639 f., 651; Prop. 1975:103 (Aktiebolagslag), S. 540; SOU 1995:44 (Aktiebolagets organisation), S. 245 f.; S. Andersson/Johansson/ Skog, ABL, 29. kap. 1 §, S. 29:10; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 176 f. 144 Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 176 f.; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 256. 145 Vgl. hierzu ausführlich Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, passim.

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

Grund bereichsspezifischer Spezialgesetze in Betracht, wie den im Rahmen der vorliegenden Arbeit besonders relevanten §§ 44 ff. BörsG. Besonderheiten bei der Haftung der Gesellschaft ergeben sich, wenn Ersatzansprüche durch ihre Aktionäre geltend gemacht werden. Gemäß dem in § 57 AktG geregelten Verbot der Einlagenrückgewähr sind grundsätzlich alle Leistungen der Gesellschaft an ihre Aktionäre, sofern sie nicht im Rahmen der Ausschüttung des ordnungsgemäß festgestellten Bilanzgewinns oder im Rahmen von allgemeinen Verkehrsgeschäften erfolgen, verboten. Dies umfasst auch Schadenersatzleistungen der Gesellschaft an ihre Aktionäre. Der darin vor allem zum Ausdruck kommende Gläubigerschutzgedanke steht allerdings im Widerspruch zum Interesse der Anleger an einem Ausgleich der ihnen auf Grund falscher oder unvollständiger Kapitalmarktinformationen entstanden Schäden (Anlegerschutz). Das Reichsgericht und die früher vorherrschende Ansicht in der Literatur haben diesen Widerspruch zwischen den gesellschaftsrechtlichen und den kapitalmarktrechtlichen Wertungen zugunsten eines Vorrangs des Gläubigerschutzes entschieden. Danach kam eine Haftung der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären grundsätzlich nicht in Betracht. Dieser Auffassung ist der Gesetzgeber für die spezialgesetzlich geregelte Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen in §§ 44 ff. BörsG und in §§ 37b, 37c WpHG entgegengetreten, indem er sich ausdrücklich für einen Vorrang des Anlegerschutzes und damit für eine Haftung der Gesellschaft gegenüber Anlegern ausgesprochen hat. Für den Bereich der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Haftung hat sich der Bundesgerichtshof in seiner EM.TV-Entscheidung aus dem Jahr 2005 ebenfalls für einen uneingeschränkten Vorrang des Anlegerschutzes und eine generelle Haftung der Gesellschaft gegenüber Anlegern ausgesprochen. Neben der Gesellschaft haften grundsätzlich auch ihre Organmitglieder für Schäden, die sie Dritten, aber auch der Gesellschaft, durch schuldhaft pflichtwidriges Handeln zugefügt haben. Dabei wird zwischen der Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft und der Außenhaftung gegenüber Aktionären und sonstigen Dritten unterschieden. Während die Innenhaftung der Vorstandsmitglieder insbesondere in § 93 Abs. 2 S. 1 AktG in Form einer Generalklausel umfassend geregelt ist, kommt eine persönliche Außenhaftung vornehmlich nach den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen, insbesondere dem allgemeinen Deliktsrecht, in Betracht. Nur ausnahmsweise ist daneben in bereichsspezifischen Spezialgesetzen, wie etwa in §§ 44 ff. BörsG, auch eine persönliche Außenhaftung der Vorstandsmitglieder geregelt. Nach der aktien- und kapitalmarktrechtlichen Schwerpunktsetzung steht daher eine Innenhaftung der Organmitglieder gegenüber der sie beschäftigenden Gesellschaft im Vordergrund. Eine persönliche Außenhaftung gegenüber Aktionären und sonstigen Dritten kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn sie ausdrücklich spezialgesetzlich geregelt ist.

B. Verhältnis der Haftung

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b) Schweden Die schwedische AB ist ebenso wie die deutsche AG juristische Person und mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet. Ihr Vermögen ist von dem ihrer Aktionäre zu trennen, so dass für Schulden der Gesellschaft allein das Gesellschaftsvermögen haftet. Die schwedische AB ist selbst nicht handlungsfähig. Sie handelt vor allem durch die Mitglieder der styrelse und den verkställande direktör. Während Ende des 19. Jahrhunderts eine Haftung der Gesellschaft für außervertragliche und deliktische Schäden noch generell abgelehnt wurde, ist spätestens seit der Entscheidung des Höchsten Gerichtshofs, HD, NJA 1960, 243, 246, anerkannt, dass grundsätzlich auch die Gesellschaft für solche Schäden haftet. Ebenso wie im AktG ist auch im ABL nur eine Haftung der Organmitglieder der Gesellschaft geregelt, nicht jedoch auch eine Haftung der Gesellschaft selbst. Sie haftet daher nach schwedischem Recht regelmäßig nur nach den allgemeinen Bestimmungen des SkL. Dabei wird der Gesellschaft das schuldhafte Handeln ihrer Organmitglieder wie eigenes schuldhaftes Handeln zugerechnet, wenn sie im Dienst und im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit gehandelt haben. Neben einer Verpflichtung der Gesellschaft nach der Organtheorie wird die Gesellschaft für Schäden, die der verkställande direktör als Arbeitnehmer der Gesellschaft verursacht hat, auch nach den Bestimmungen über die Prinzipalhaftung gemäß 3. Kap. SkL verpflichtet. Im Bereich der Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte tritt sie jedoch regelmäßig hinter der Organhaftung zurück. Auch nach schwedischem Recht ergeben sich bei der Haftung der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären bzw. Anlegern Widersprüche zwischen den aktien- und kapitalmarktrechtlichen Wertungen. In Schweden ist zum Schutz der Gläubiger das sogenannte gebundene Kapital der Gesellschaft zu erhalten. Es unterliegt einer zwingenden Auszahlungssperre. Das darüber hinausgehende freie Kapital kann hingegen grundsätzlich auch an die Aktionäre der Gesellschaft frei ausgeschüttet werden, sofern das Vorsichtigkeitsprinzip nicht ausnahmsweise auch seine Erhaltung gebietet. Ungeachtet dessen ist von der Rechtsprechung und der bisher vorherrschenden Ansicht in der Literatur ein Ersatz von Schäden, die Aktionären im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien entstanden sind, auch aus dem freien Kapital der Gesellschaft abgelehnt worden. Dies betrifft sowohl die Möglichkeit, den Erwerb von Aktien nach den für Verträge geltenden Bestimmungen des AvtL für ungültig zu erklären, als auch die Leistung von Schadenersatz. Diese Auffassung wird von Seiten einer stark im Vordringen begriffenen Auffassung in der Literatur aber auch von den durch die schwedische Regierung eingesetzten Gesetzgebungskommissionen zunehmend stärker kritisiert. Sie befürworten vor allem die Einführung einer Schadenersatzhaftung der Gesellschaft gegenüber Anlegern für Schäden, die

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

diesen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien entstanden sind. Die Gesetzgebungskommissionen treten de lege ferenda sogar für eine unbegrenzte, über das freie Kapital der Gesellschaft hinausgehende Haftung ein. Nach geltender Rechtslage ist jedoch noch immer von einem generellen Ausschluss der Haftung der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären auszugehen. Angesichts dessen kommt der Haftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör eine besonders große Bedeutung zu. Bei ihrer Haftung unterscheidet man auch nach schwedischem Recht zwischen der Innen- und der Außenhaftung. Nach der Generalklausel in 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 1 ABL haften sie für alle Schäden, die sie der Gesellschaft in Ausübung ihrer Organfunktion pflichtwidrig und schuldhaft zugefügt haben (Innenhaftung). Aus 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 ABL ergibt sich allerdings anders als in Deutschland unmittelbar auch eine Außenhaftung gegenüber den Aktionären der Gesellschaft und sonstigen Dritten. Sie ist allerdings auf Schäden begrenzt, die durch Verstöße gegen das ABL, das anzuwendende Gesetz über den Jahresabschluss146, die Satzung der Gesellschaft oder die Prospektbestimmungen des LHF und der EU-ProspektVO entstanden sind. Die Außenhaftung ist damit wesentlich enger gefasst als die Innenhaftung. Darüber hinaus kann eine Außenhaftung nach den allgemeinen Bestimmungen des SkL eintreten. Eine Haftung für reine Vermögensschäden ist jedoch gemäß 2. Kap. § 2 SkL regelmäßig auf Fälle vorsätzlich strafbarer Handlungen (brott) beschränkt. 2. Vergleich und Stellungnahme a) Die Haftung der Gesellschaft für Schäden der Anleger aa) Parallelen und Unterschiede beim Kapitalschutz In Deutschland und Schweden ist die Aktiengesellschaft als juristische Person rechtsfähig und Trägerin von Rechten und Pflichten. Das Vermögen der Gesellschaft ist daher in beiden Ländern vom Vermögen ihrer Aktionäre zu trennen. Für Gesellschaftsverbindlichkeiten steht den Gläubigern der Gesellschaft nur das Gesellschaftsvermögen als Haftungsmasse zur Verfügung. Das deutsche und das schwedische Aktienrecht sind gleichermaßen vom Grundsatz geprägt, dass das von den Aktionären bei der Gründung bzw. Kapitalerhöhung in die Aktiengesellschaft eingezahlte Kapital zum Schutz der Gläubiger bei der Gesellschaft verbleiben muss und nicht an ihre Aktionäre zurückgezahlt werden darf (Kapitalerhaltungsgrundsatz). Der Kapitalerhaltungsgrundsatz hat in beiden Ländern jedoch eine unterschiedliche Reichweite. Im schwedischen Aktienrecht beschränkt sich der Kapitalschutz auf das Aktienkapi146

s. hierzu oben Teil 1 B.IV.2.b) Fn. 115.

B. Verhältnis der Haftung

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tal, das dem Nominalwert aller Aktien entspricht, zuzüglich etwaiger gebundener Rücklagen. Das darüber hinausgehende freie Kapital wird hingegen grundsätzlich nicht vor einer Auszahlung an die Aktionäre geschützt. Demgegenüber ist bei der deutschen AG gemäß § 57 AktG grundsätzlich jede über den Bilanzgewinn hinausgehende Ausschüttung von Gesellschaftskapital verboten. Der Kapitalschutz beschränkt sich daher nicht nur auf das Grundkapital zuzüglich etwaiger gebundener Rücklagen, sondern umfasst auch das darüber hinausgehende freie Kapital. Der Kapitalschutz in der schwedischen AB nimmt somit eine Stellung zwischen dem Kapitalschutz in der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) – bei der gemäß § 30 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) nur das Stammkapital geschützt wird147 – und dem Kapitalschutz in der deutschen AG ein. bb) Unterschiedliche Behandlung des Wertungswiderspruchs zwischen Kapitalerhaltung und Anlegerschutz (1) Ursachen und Entwicklung Unabhängig von der unterschiedlichen Reichweite des Kapitalschutzes in der deutschen AG und der schwedischen AB hat sich hier wie dort Anfang des 20. Jahrhunderts eine vergleichbare Diskussion darüber entwickelt, ob der Kapitalerhaltungsgrundsatz einer Schadenersatzhaftung der Gesellschaft gegenüber ihren Anlegern für fehlerhafte oder unvollständige Kapitalmarktinformationen entgegensteht. Zunächst wurde in beiden Ländern eine Haftung der Gesellschaft gegenüber Anlegern grundsätzlich abgelehnt und der Kapital- und Gläubigerschutz in den Vordergrund gestellt. Diese Rechtsprechung ist in der Folgezeit auch von der jeweils vorherrschenden Ansicht in der Literatur in Deutschland und Schweden bis in die jüngere Zeit befürwortet worden. In Deutschland hatten allerdings das Reichsgericht und kürzlich auch der Bundesgerichtshof, anders als der Höchste Gerichtshof in Schweden, häufiger die Gelegenheit, sich mit der Frage des Konkurrenzverhältnisses zwischen dem aktienrechtlichen Gläubigerschutz und dem kapitalmarktrechtlichen Anlegerschutz auseinander zu setzen und ihre Rechtsprechung fortzuentwickeln. Zudem hat sich der deutsche Gesetzgeber bereits in den Jahren 1998 bzw. 2002 im Rahmen des 3. und 4. FmFG für einen Vorrang des Anlegerschutzes für die spezialgesetzlich geregelten Ersatzansprüche für fehlerhafte oder unvollständige Kapitalmarktinformationen gemäß §§ 44 ff. BörsG und §§ 37b, 37c WpHG entschieden. In Schweden ist das Konkurrenzverhältnis hingegen bis in die jüngste Zeit hinein – wohl auch mangels einer ausreichenden Anzahl praktischer Anwendungsfälle – fast ausschließlich im Sinne der Rechtsprechung des Höchsten 147 Zum Kapitalschutz bei der GmbH vgl. überblicksartig Hueck/Fastrich in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 3 ff.

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

Gerichtshofs aus den Jahren 1918 bzw. 1935 beantwortet und eine Haftung der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären generell abgelehnt worden. Erst in jüngster Zeit hat sich eine an Bedeutung zunehmende Auffassung herausgebildet, die in weitgehender Übereinstimmung mit dem in der schwedischen AB geltenden Kapitalschutz eine auf das freie Kapital beschränkte Haftung der Gesellschaft gegenüber ihren Anlegern und damit einen eingeschränkten Vorrang des Anlegerschutzes befürwortet. Ausgelöst durch die internationalen Verwerfungen an den Kapitalmärkten und zur Anpassung der schwedischen Rechtslage an die internationalen, insbesondere in den USA geltenden Standards haben sich das von der schwedischen Regierung eingesetzte Aktiengesellschaftskomitee und die Prospektkommission sogar für eine unbeschränkte, den aktienrechtlichen Kapitalschutz durchbrechende Haftung der Gesellschaft gegenüber ihren Anlegern ausgesprochen. Diese neue, im Vordringen begriffene Auffassung hat sich jedoch wohl noch nicht gegen die bisher vorherrschende Ansicht durchgesetzt. Obwohl dies angesichts der umfassenden Reformbestrebungen in Schweden nur noch eine Frage der Zeit zu sein scheint, ist bis zu einer Änderung der Rechtslage de lege lata weiterhin von einem generellen Ausschluss der Haftung der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären bzw. Anlegern auszugehen148. (2) Art und Umfang der Haftung und ihre Auswirkungen auf die Diskussion Die Diskussion über eine Haftung der Gesellschaft für Anlegerschäden wird in Deutschland und Schweden von unterschiedlichen Ausgangspunkten geführt. So ist in Deutschland Ausgangspunkt der Diskussion die Frage, ob die Gesellschaft generell für Schäden ihrer Aktionäre, insbesondere auf Grund falscher Kapitalmarktinformationen, zu haften hat. Erst nach einer positiven Beantwortung dieser Frage wird weiter untersucht, auf welchen Schaden der Ersatzanspruch gerichtet ist149. Im Rahmen der gemäß § 249 Abs. 1 BGB vorrangigen Naturalrestitution wird zwischen dem Ersatz des Vermögensschadens und dem Ersatz des Nichtvermögensschadens unterschieden und dem Anleger je nach betroffenem Interesse entweder der Differenzschaden oder der Vertragsabschlussschaden, gerichtet auf Rückgabe der erworbenen Aktien Zug um Zug gegen Erstattung des Kaufpreises, ersetzt150. § 253 Abs. 1 BGB schließt eine Haftung 148 Zur Frage, welche Auswirkung die unterschiedliche Behandlung des Wertungswiderspruchs in Deutschland und Schweden auf die Frage nach einer unmittelbaren Außenhaftung der Organmitglieder des Emittenten hat und ob sich auch in Schweden de lege ferenda die Einführung einer Haftung des Emittenten gegenüber seinen Anlegern empfiehlt, s. auch unten Teil 6 C.III.1. 149 Vgl. hierzu etwa BGH, ZIP 2005, 1270 ff. (EM.TV). 150 Vgl. hierzu Engelhardt, BKR 2006, 443, 445 ff.; (grundlegend hinsichtlich der insofern parallelen Vorgehensweise bei der sekundären Kapitalmarkthaftung) Fleischer,

B. Verhältnis der Haftung

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für Nichtvermögensschäden nur insoweit aus, als sie auf das Vermögensinteresse gerichtet ist. In Schweden wird die Diskussion demgegenüber ausgehend von der gewünschten Rechtsfolge geführt und zunächst zwischen der Ungültigerklärung der Zeichnung nach den Bestimmungen des AvtL und der Leistung von Schadenersatz unterschieden. Diese Herangehensweise beruht darauf, dass im schwedischen Schadenersatzrecht – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nur Vermögensschäden und Integritätsverletzungen (integritetskränkningar) ersetzt werden151. Nichtvermögensschäden werden demgegenüber nur ausnahmsweise ersetzt, wenn dies gesetzlich ausdrücklich angeordnet ist152. Zudem besteht auch insoweit stets nur ein Anspruch auf Geldersatz153. Eine Haftung für Nichtvermögensschäden ist daher in Schweden, unabhängig davon, ob sie auf Geldersatz oder auf Naturalrestitution gerichtet ist, grundsätzlich ausgeschlossen. Eine Rückgängigmachung des Aktienerwerbs im Rahmen des Schadenersatzrechts kommt somit – anders als in Deutschland – nicht in Betracht154. Sie ist allein nach den vertragsrechtlichen Bestimmungen der §§ 28 ff. AvtL möglich155. Aus diesem Grund wird eine Rückabwicklung der Zeichnung von Aktien auch nur im Rahmen eines originären Erwerbs von Aktien unmittelbar vom Emittenten diskutiert. Nur hier besteht zwischen dem Schädiger – dem die Falschinformation veröffentlichenden Emittenten – und dem Anleger ein vertragliches bzw. vertragsähnliches Verhältnis, das Vorausset-

BB 2002, 1869 ff. und ausführlich unten Teil 4 A.II.12. Allgemein zur Unterscheidung zwischen Vermögens- und Nichtvermögensschäden vgl. Heinrichs in: Palandt, BGB, vor § 249 Rn. 7 ff.; Lange/Schiemann, Schadensersatz, S. 50 ff.; Larenz, Schuldrecht I, S. 482 ff. 151 Während die Gruppe der Integritätsverletzungen Personen- und Sachschäden umfasst, sind Vermögensschäden alle wirtschaftlichen Schäden, die entweder im Zusammenhang mit einem Personen- oder Sachschaden stehen (sogenannte allgemeine Vermögensschäden – allmän förmögenhetsskada) oder von einem solchen Schaden unabhängig sind (sogenannte reine Vermögensschäden – ren förmögenhetsskada). Vgl. H. Andersson, Skyddsändamål och adekvans, S. 297 ff.; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 99; Karlgren, Skadeståndsrätt, S. 28. 152 Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 366 ff.; Karlgren, Skadeståndsrätt, S. 111 ff.; Nilsson, Ideell Skada, S. 108 ff.; H. Andersson, Skyddsändamål och adekvans, S. 297. Entsprechende gesetzliche Regelungen finden sich nur vereinzelt, vor allem im Hinblick auf die Leistung von Schmerzensgeld für Personenschäden (vgl. 2. Kap. § 3, 5. Kap. § 1 Abs. 1 SkL und hierzu ausführlich Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 390 ff.). 153 Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 390. 154 Skog in: Hopt/Voigt, S. 942; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 116; H. Andersson, Skyddsändamål och adekvans, S. 297 ff.; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 88 und unten Teil 4 B.II.9. 155 Die §§ 28 ff. AvtL sind weitgehend mit den deutschen Bestimmungen über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Willenserklärungen gemäß §§ 116 ff. BGB vergleichbar.

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zung für eine (entsprechende) Anwendung der vertragsrechtlichen Bestimmungen des AvtL über die Ungültigerklärung ist156. (3) Ungültigerklärung bzw. Anfechtung der Zeichnung von Aktien im Rahmen der Gründung der Gesellschaft Af Sandeberg weist in der Diskussion über die Zulässigkeit der Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien darauf hin, dass eine Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien auch de lege ferenda ausgeschlossen bleiben sollte, soweit es um die Zeichnung von Aktien im Zusammenhang mit der Gründung der Gesellschaft geht und die Gesellschaft bereits im Handelsregister eingetragen ist157. Dies entspricht dem auch in Deutschland geltenden Grundsatz, dass Mängel im Zusammenhang mit der Gründung der Gesellschaft, wie Willensmängel i. S. v. § 119 BGB oder eine arglistige Täuschung i. S. v. § 123 BGB, nach Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister nicht mehr im Wege einer Anfechtung geltend gemacht werden können. Ausnahmen hierzu ergeben sich gemäß § 275 Abs. 1 S. 2 AktG nur in den engen Grenzen von § 275 Abs. 1 S. 1 AktG. Danach kann eine Nichtigkeitsklage erhoben werden, wenn in der Satzung eine Bestimmung über die Höhe des Grundkapitals oder den Unternehmensgegenstand fehlt bzw. die Bestimmungen über den Unternehmensgegenstand nichtig sind158. Hierdurch soll einerseits sichergestellt werden, dass der Bestand der Gesellschaft nach Eintragung im Handelsregister nicht mehr gefährdet wird. Zum anderen soll aber auch das Vertrauen des Rechtsverkehrs, insbesondere der Gläubiger der Gesellschaft, darin geschützt werden, dass das im Handelsregister ausgewiesene Haftungskapital der Gesellschaft tatsächlich zur Verfügung steht159. In der deutschen Rechtswissenschaft gilt nach allgemeiner Ansicht das Gleiche bei der Zeichnung von Aktien aus einer Kapitalerhöhung, nachdem die Kapitalerhöhung in das Handelsregister eingetragen wurde, so dass die Zeichnung danach grundsätzlich nicht mehr angefochten werden kann (vgl. § 185 Abs. 3 AktG)160. Hierfür wird ebenso wie bei der Gründung der Gesellschaft die 156

Vgl. af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 283, 295. af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 294. Vgl. hierzu auch oben Teil 3 B.III. 1.b)cc)(3). 158 Vgl. hierzu Hüffer, AktG, § 23 Rn. 41 f.; Pentz in: MünchKomm3, AktG, § 23 Rn. 174 ff., beide mit ausführlichen weiteren Nachweisen. 159 Hüffer, AktG, § 275 Rn. 2; Hüffer in: MünchKomm2, AktG, § 275 Rn. 5 ff.; Kraft in: Kölner Komm2, AktG, § 275 Rn. 4, 6. 160 Ausnahmen gelten dann, wenn das Gesetz den Schutz des Zeichners über die Interessen der Allgemeinheit an der Wirksamkeit der Zeichnung stellt, wie z. B. bei Geschäftsunfähigkeit des Zeichners oder Zwang. Vgl. insgesamt hierzu RGZ 124, 279, 288 f.; RGZ 147, 257, 270 [zur Genossenschaft]; Hüffer, AktG, § 185 Rn. 28 f.; Peifer in: MünchKomm2, AktG, § 185 Rn. 57 f., 61 ff.; Wiedemann in: Großkomm, AktG, § 185 Rn. 61; Lutter in: Kölner Komm2, AktG, § 185 Rn. 15. 157

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Sicherung der Kapitalaufbringung zum Schutz der Gläubiger angeführt161. Für das schwedische Recht hat af Sandeberg im Zusammenhang mit der Diskussion über eine Haftung des Emittenten für Schäden der Aktionäre vorgeschlagen, dass eine Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien aus einer Kapitalerhöhung – anders als bei der Gründung der Gesellschaft – ohne weiteres möglich sein sollte, da hierbei der Bestand der Gesellschaft nicht mehr gefährdet sei162. Dieser Gedanke ist in der deutschen Literatur im Rahmen der Diskussion über das Verhältnis zwischen Anlegerschutz und dem Grundsatz der Kapitalerhaltung – soweit ersichtlich – noch nicht vorgebracht worden. Anders als in Schweden bestand hierfür in Deutschland allerdings keine Notwendigkeit, weil sich eine Rückabwicklung der Zeichnung von Aktien bereits im Rahmen des Schadenersatzrechts erreichen lässt und somit ein Rückgriff auf das Anfechtungs- und Nichtigkeitsrecht der §§ 116 ff. BGB, das in Schweden weitgehend dem Recht zur Ungültigerklärung von Verträgen gemäß §§ 30 ff. AvtL entspricht, nicht erforderlich ist. Das zum schwedischen Recht vorgebrachte Argument regt jedoch zu der Frage an, ob es durch die Verschiebung der aktienrechtlichen Wertungen im Bereich des Kapitalmarktrechts hin zu einem Vorrang des Anlegerschutzes und einem Zurücktreten des Kapitalerhaltungsgrundsatzes geboten ist, den Grundsatz, dass die Zeichnung von Aktien nach Eintragung der Gesellschaft bzw. der Kapitalerhöhung im Handelsregister nicht mehr angefochten werden kann, auch im deutschen Recht aufzugeben. Die Frage kann hier nicht in der erforderlichen Breite untersucht werden, es ist jedoch Folgendes zu Bedenken: Grundsätzlich steht einer Anfechtung der Zeichnung von Aktien aus einer Kapitalerhöhung nach ihrer Eintragung im Handelsregister vor allem das Interesse der Gesellschaftsgläubiger an der Kapitalerhaltung entgegen. Dieses Interesse soll jedoch – wie gesehen – im Bereich des Kapitalmarktrechts gerade hinter den Anlegerschutz zurücktreten, so dass man denken könnte, einer Anfechtung der Zeichnung durch die Anleger stünde nichts mehr entgegen. Bei dem Anfechtungsverbot handelt es sich jedoch um einen allgemeinen aktienrechtlichen Grundsatz, der sich nicht nur auf die Zeichnung von Aktien, die an einem organisierten Markt angeboten werden, bezieht. Der Kapitalerhaltungsgrundsatz tritt jedoch nur hinter den Interessen von Anlegern zurück, die wegen ihrer kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft und der damit verbundenen Interessenlage sonstigen Gläubigern der Gesellschaft gleichzustellen sind. Der Kapitalerhaltungsgrundsatz ist daher nicht generell aufgegeben worden – wozu im Übrigen nur der (europäische) Gesetzgeber in der Lage wäre163. Zudem besteht im deut161

RGZ 142, 98, 103; Hüffer, AktG, § 185 Rn. 28. af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 294. 163 Zu den Bestrebungen in Europa und Deutschland (im Anschluss an entsprechende Entwicklungen in den USA) den Kapitalschutz zu lockern, vgl. die Richtlinie 162

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schen Recht keine Notwendigkeit, den Anlegern neben der Gewährung von Schadenersatz in Form des Vertragsabschlussschadens auch die Möglichkeit zur Anfechtung der Aktienzeichnung einzuräumen. Das Verbot zur Anfechtung der Zeichnung von Aktien sollte daher wegen seiner über das Kapitalmarktrecht hinausreichenden, grundsätzlichen Bedeutung beibehalten werden. Aus den gleichen Beweggründen scheint es auch im schwedischen Recht gerechtfertigt zu sein, lediglich einen kapitalmarktrechtlichen Tatbestand einzuführen, demzufolge bei falschen Börsenprospekten anstelle einer Leistung von Schadenersatz eine Rückabwicklung der Zeichnung möglich ist, und das generelle Verbot zur Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien unberührt zu lassen. Fraglich ist allerdings, ob die Rückabwicklung der Zeichnung und damit der Ersatz des Vertragsabschlussschadens überhaupt eine adäquate Rechtsfolge eines Ersatzanspruchs wegen falscher Börsenprospekte darstellt164. Zudem ist auch fraglich, ob – wie von af Sandeberg vorgeschlagen – eine Unterscheidung zwischen der Zeichnung von Aktien im Rahmen der Gründung und der Zeichnung von Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung zu machen ist. Die im Rahmen der Gründung ausgegebenen Aktien und die aus einer Kapitalerhöhung stammenden Aktien lassen sich bei einem späteren Börsengang ohnehin nicht mehr voneinander unterscheiden. Ist die Gesellschaft mit der Eintragung im Handelsregister wirksam entstanden, wird der Bestand der Gesellschaft dadurch, dass die im Rahmen eines Börsengangs erworbenen Aktien aus der Gründung oder einer Kapitalerhöhung heror gegangen sind nicht mehr aber auch nicht weniger beeinträchtigt. Lässt man die Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien aus einer Kapitalerhöhung generell zu, kann es keine weitergehende Bedeutung haben, wenn infolge eines Börsengangs nicht nur die Zeichnung derjenigen Aktien angefochten wird, die aus der Kapitalerhöhung stam2006/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 zur Änderung der Richtlinie 77/91/EWG des Rates in Bezug auf die Gründung von Aktiengesellschaften und die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals, ABl. EG Nr. L 264 vom 25.9.2006, S. 32 ff., die Mitteilung der Kommission über ein vereinfachtes Unternehmensumfeld in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Rechnungslegung und Abschlussprüfung, KOM(2007)394 endg. vom 10.7.2007 und die darin enthaltenen Vorschläge für eine Abschaffung bzw. Überarbeitung der 2. Gesellschaftsrechtsrichtlinie (77/91/ EWG), sowie den Bericht der High Level Group, S. 29 ff. Vgl. hierzu (aus der deutschen Literatur) Mülbert, Der Konzern 2004, 151 ff.; Schön, Der Konzern 2004, 162 ff.; Kuhner, ZGR 2005, 753 ff.; Wiedemann, ZGR 2006, 241, 247; Oechsler, ZHR 170 (2006), 72 ff.; Ekkenga/Bayer in: Lutter, Das Kapital der AG, S. 342 ff.; Drygala, ZGR 2006, 587 ff.; Jungmann, ZGR 2006, 638 ff.; Ferran, ECFR 2006, 179, ff.: (aus der schwedischen Literatur) J. Andersson, NTS 2005:3, 75 ff.; Nerep in: Skog, Nyemissioner av aktier, S. 69; (zur Kritik an den Kapitalschutzregeln s. auch schon) ders., Om Vinstutdelning, S. 137 ff. Zur Frage, ob eine Verschärfung der Organhaftung in Europa als Gegengewicht zu einer Liberalisierung des Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsrechts zu empfehlen ist, s. Drygala in: Lutter, Das Kapital der AG, S. 277 ff., der diese Frage verneint. 164 Vgl. hierzu unten Teil 6 C.III.3.d)aa) sowie Engelhardt, BKR 2006, 443, 447 f.

B. Verhältnis der Haftung

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men, sondern darüber hinaus auch die Zeichnung von Aktien, die bereits im Rahmen der Gründung der Gesellschaft ausgegeben wurden. Die Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien kann allenfalls eine Kapitalherabsetzung erforderlich machen, wenn die im Rahmen der Ungültigkeit zurückerworbenen Aktien nicht anderweitig veräußert werden können, damit das eingetragene Kapital mit dem der Gesellschaft tatsächlich zur Verfügung stehenden Kapital übereinstimmt. (4) Tendenz weitergehender Rechtsangleichung Im Übrigen zeigt die aktuelle Diskussion eine deutliche Tendenz zur Angleichung der Rechtslage in Deutschland und in Schweden. Setzen sich in Schweden das Aktiengesellschaftskomitee und die Prospektkommission mit ihren Vorschlägen de lege ferenda für eine unbeschränkte Haftung der Gesellschaft gegenüber Aktionären bzw. Anlegern durch, führt dies – von der Ausgestaltung der Haftung im Einzelnen einmal abgesehen – zu einer weitgehenden Angleichung der Rechtslage in Deutschland und Schweden. Offen bleibt dabei jedoch die Frage, wie sich eine unbeschränkte Haftung der Gesellschaft in Schweden in das aktienrechtliche Haftungssystem einfügt, das bisher von einer weitgehenden Haftungsfreiheit der Gesellschaft ausgeht165. Dabei wird u. a. von Bedeutung sein, ob und wenn ja, in welcher Form der schwedische Gesetzgeber die Möglichkeiten zur Lockerung des Kapitalschutzes durch die Richtlinie 2006/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 zur Änderung der Richtlinie 77/91/EWG des Rates in Bezug auf die Gründung von Aktiengesellschaften und die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals166 nutzt167. b) Die Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane Hinsichtlich der Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane der Gesellschaft wird sowohl in Deutschland als auch in Schweden zwischen der Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft und der Außenhaftung gegenüber Aktionären und 165

Vgl. af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 252 f. ABl. EG Nr. L 264 vom 25.9.2006, S. 32 ff. 167 Vgl. hierzu das Promemoria des schwedischen Justizministeriums vom 23.1. 2007, „Några frågor med anledning av ändringar i Kapitaldirektivet“ (Einige Fragen im Hinblick auf Änderungen in der Kapitalrichtlinie), in dem diese zu dem Ergebnis kommt, dass Änderungen am Kapitalschutz nicht erforderlich sind. In SOU 2008:49 (Aktiekapital i privata aktiebolag) wurde zudem untersucht, inwieweit Änderungen am Kapitalschutz in privaten Aktiengesellschaften erforderlich sind. Der Untersuchungsauftrag wurde mit Promemoria des schwedischen Justizministeriums vom 30.10.2008, „Minsta tillåtna aktiekapital i privata aktiebolag – kompletterande underlag“ (Mindestzulässiges Aktienkapital in privaten Aktiengesellschaften), u. a. auf die Frage ausgedehnt, welche Auswirkungen eine Herabsetzung des Mindestaktienkapitals auf 1 SEK hätte. 166

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

sonstigen Dritten unterschieden. Die Innenhaftung weist in beiden Ländern wesentliche Parallelen auf. So wird sie nach den geltenden Haftungsbestimmungen in beiden Ländern stärker betont als die Außenhaftung. Es handelt sich dabei zwar nicht um einen Vorrang dergestalt, dass Geschädigte zuerst die Gesellschaft erfolglos in Anspruch genommen haben müssen, bevor sie Ersatzansprüche unmittelbar gegen die Mitglieder der Leitungsorgane richten können. Die Innenhaftung ist jedoch in beiden Ländern wesentlich umfangreicher spezialgesetzlich geregelt. So finden sich in Deutschland in § 93 Abs. 2 S. 1 AktG und in Schweden in 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 1 ABL umfassende Generalklauseln, die weitgehend für alle Pflichtverletzungen gegenüber der Gesellschaft eine Innenhaftung der Organmitglieder anordnen. Soweit es um die Außenhaftung gegenüber Aktionären und sonstigen Dritten geht, sieht die Lage hingegen anders aus. Im deutschen Recht fehlt es im AktG fast vollständig an einer spezialgesetzlich geregelten Außenhaftung und auch in anderen Spezialgesetzen, wie dem BörsG, ist eine Außenhaftung nur in engen Grenzen vorgesehen168. Im Außenverhältnis kommt eine Haftung daher im Wesentlichen nur nach den bürgerlich-rechtlichen Haftungsbestimmungen des BGB in Betracht. In Schweden enthält demgegenüber 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 ABL auch umfassende Regelungen über eine unmittelbare Außenhaftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör. Sie ist allerdings enger gefasst als die Innenhaftung und auf Verstöße gegen die Bestimmungen ausgewählter Gesetze im Sinne von Schutzgesetzen beschränkt. Dass das ABL überhaupt Bestimmungen über eine Außenhaftung der Organmitglieder der schwedischen AB enthält, stellt einen beachtenswerten Unterschied zwischen der deutschen und der schwedischen Rechtslage dar. Auch wenn in Teil 4 erst noch zu untersuchen sein wird, wie weit die Außenhaftung der Mitglieder der Leitungsorgane nach schwedischem Recht reicht, ist die Tatsache, dass das ABL überhaupt Außenhaftungsbestimmungen enthält, bereits Ausdruck dafür, dass eine Außenhaftung der Organmitglieder im schwedischen Aktienrecht kein Fremdkörper, sondern Teil des aktienrechtlichen Haftungssystems ist.

C. Die Stellung der Aktionäre als Gläubiger/ Gesellschaftsschäden vs. Aktionärsschäden I. Einführung Grundlegende Besonderheiten im Zusammenhang mit Ersatzansprüchen der Aktionäre gegenüber der Gesellschaft ergeben sich daraus, dass Schäden im Vermögen der Gesellschaft über eine Minderung des Anteilswertes stets auch 168

s. hierzu ausführlich unten Teil 4 A.II.

C. Die Stellung der Aktionäre als Gläubiger

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einen Schaden im Vermögen ihrer Aktionäre zur Folge haben. Da Inhaber eines Schadenersatzanspruchs aus eigenem Recht nach deutschem und schwedischem Recht grundsätzlich derjenige ist, dem durch pflichtwidriges Verhalten eines anderen ein Schaden entstanden ist169, müsste sowohl der Gesellschaft als auch den Aktionären ein eigener Ersatzanspruch zustehen. Dies würde jedoch in der Regel zu einer doppelten Inanspruchnahme des Schädigers führen. Es stellt sich deshalb die Frage, wem aus einer solchen Schädigung ein Schadenersatzanspruch zusteht. Besondere Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich zudem bei börsennotierten Aktiengesellschaften im Zusammenhang mit Schäden, die Aktionären auf Grund von Kursverlusten entstehen.

II. Deutschland 1. Gesellschaftsschäden Wegen der Trennung des Vermögens der Gesellschaft vom Vermögen ihrer Aktionäre170 entsteht bei einer Minderung des Gesellschaftsvermögens, etwa infolge einer schuldhaft pflichtwidrigen Handlung ihrer Organmitglieder, nur der Gesellschaft ein unmittelbarer Schaden, nicht hingegen auch den Aktionären. Die Trennung der Vermögen führt daher auch zu einer Schadenstrennung171. Folglich steht wegen eines Gesellschaftsschadens zunächst nicht auch den Aktionären, sondern nur der Gesellschaft ein eigener Ersatzanspruch gegenüber dem Schädiger zu172. 2. Aktionärsschäden Ein Schaden der Anleger besteht nur dann, wenn die Anleger Einbußen an den ihnen persönlich zugeordneten, rechtlich geschützten Vermögenspositionen erleiden. Dabei sind einerseits sogenannte Reflexschäden von Eigenschäden der Aktionäre abzugrenzen. Andererseits sind bei börsennotierten Aktien Besonder169 Vgl. (Deutschland) Schmolke, Organwalterhaftung, S. 5 und allgemein Medicus, Schuldrecht I, Rn. 609; Deutsch, Haftungsrecht, S. 484 f.; Oetker in: MünchKomm, BGB, § 249 Rn. 268; (Schweden) Nordenson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 57 f., 59; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 39 ff. 170 Vgl. zum Trennungsprinzip oben Teil 3 B.II.1.a). 171 Mertens in: FS Lange, S. 561, 566; Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 27 f.; Schmolke, Organwalterhaftung, S. 3. 172 Soweit die Aktionäre berechtigt sind, Ersatzansprüche der Gesellschaft gegenüber Organmitgliedern geltend zu machen – insbesondere gemäß §§ 147, 148 AktG –, handelt es sich nicht um die Geltendmachung eigener Anspruche der Aktionäre, sondern nur um das Recht zur Geltendmachung eines Innenhaftungsanspruchs der Gesellschaft im eigenen Namen auf fremde Rechnung. s. hierzu unten Teil 5 B.II.

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

heiten im Zusammenhang mit Schäden zu beachten, die durch Kursverluste entstehen. a) Reflexschäden Zum Gesellschaftsschaden wurde festgestellt, dass ein Schaden auf Grund des Trennungsprinzips nur bei dem Rechtsträger eintritt, dessen Vermögen durch das schädigende Ereignis gemindert wird173. Trotz des Trennungsprinzips sind Veränderungen im Vermögen der Gesellschaft jedoch nicht ohne Einfluss auf das Vermögen ihrer Aktionäre174. So führt eine Schädigung der Gesellschaft durch ihre Organmitglieder und die damit einhergehende Minderung des Unternehmenswertes regelmäßig dazu, dass sich zugleich der Wert der von den Aktionären gehaltenen und zu ihrem persönlichen Vermögen gehörenden Aktien anteilig verringert. Als Reflex auf eine Schädigung des Gesellschaftsvermögens tritt daher regelmäßig auch im Vermögen der Aktionäre ein Schaden ein175. In gleicher Weise erfolgt auch der Ausgleich eines solchen Schadens im Vermögen der Aktionäre reflexartig, wenn der Schaden im Vermögen der Gesellschaft ausgeglichen wird, da hierdurch der Unternehmenswert und damit der Wert aller Geschäftsanteile bzw. Aktien steigt176. Man spricht deshalb auch von einem Reflexschaden177. Stünde den Aktionären im Falle eines Reflexschadens ein eigener Ersatzanspruch gegenüber dem Schädiger zu, etwa gegenüber einem Vorstandsmitglied der Gesellschaft, würde dieser Anspruch mit dem entsprechenden Ersatzanspruch der Gesellschaft konkurrieren. Das würde zu einer unzumutbaren Doppelbelastung für den Schädiger führen, da er den einmal verursachten Schaden zweimal zu ersetzen hätte: zum einen gegenüber der Gesellschaft und zum anderen anteilig gegenüber allen Aktionären. Als Kehrseite würden die Aktionäre in ungerechtfertigter Weise bereichert, da ihr Schaden ebenfalls zweimal ersetzt

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s. oben Teil 3 C.II.1. Umgekehrt hat eine Minderung des Vermögens des einzelnen Aktionärs allerdings keinen Einfluss auf das Vermögen der Gesellschaft (vgl. hierzu Schmolke, Organwalterhaftung, S. 4, Fn. 15). 175 BGHZ 129, 136, 165; Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 2, 47 ff.; Schmolke, Organwalterhaftung, S. 4; Kiethe, ZIP 2005, 1535. 176 Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 24, 48; Spindler in: MünchKomm3, AktG, § 93 Rn. 282; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 218. Zu den Wirkungen eines Schadensausgleichs bei der Gesellschaft auf den Reflexschaden der Aktionäre vgl. Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 47 ff. 177 Er wird auch als „Doppelschaden“, „mittelbarer Schaden“ oder z. T. auch ohne die hier vorgenommene Differenzierung im Rahmen von Kursverlusten als „kongruenter Schaden“ bezeichnet (Spindler in: MünchKomm3, AktG, § 93 Rn. 268, 282). Zu den unterschiedlichen Terminologien s. ausführlich Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 215 ff. 174

C. Die Stellung der Aktionäre als Gläubiger

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würde – direkt über die Leistung von Schadenersatz auf Grund des eigenen Ersatzanspruchs und indirekt über einen Ausgleich des Gesellschaftsschadens178. Würde man hingegen die Gesellschaft und ihre Aktionäre zur Vermeidung dieser Unbilligkeit als Gesamtgläubiger i. S. v. § 428 BGB behandeln – mit der Folge, dass die Leistung nur einmal gefordert werden kann – könnte der Schädiger seine Ersatzverpflichtung gegenüber der Gesellschaft auch dadurch zum Erlöschen bringen, dass er allein an die mittelbar geschädigten Aktionäre Ersatz leistet. Hierdurch würde zwar der Schaden der Aktionäre ausgeglichen, das Vermögen der Gesellschaft bliebe jedoch um den Wert der Schädigung vermindert, ohne dass ihr ein weiterer Ausgleichsanspruch zustünde. Damit käme die Zahlung an die Aktionäre im Ergebnis einer unzulässigen Gewinnausschüttung oder Einlagenrückgewähr im Widerspruch zu §§ 57, 58 AktG gleich und widerspräche damit sowohl der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens als auch dem Kapitalerhaltungsgrundsatz179. Die überwiegende Ansicht in der Rechtsprechung und der Literatur löst den Konflikt daher richtigerweise dadurch, dass sie den Aktionären neben der Gesellschaft einen Anspruch auf Ersatz des Reflexschadens nur gerichtet auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen zubilligt180. Dies entspricht der Wertung von § 117 Abs. 2 i.V. m. Abs. 1 S. 2 AktG bzw. §§ 318 i.V. m. 317 Abs. 1 S. 2 AktG, wonach eine Haftung gegenüber den Aktionären der Gesellschaft nicht in Betracht kommt, wenn der Schaden der Aktionäre allein auf einer Schädigung des Vermögens der Gesellschaft beruht. Hierdurch wird sowohl das Interesse des Schädigers, nicht doppelt belastet zu werden, als auch das Interesse der Gesellschaft bzw. ihrer Gläubiger an der Erhaltung des Gesellschaftsvermögens gewahrt181. Zudem wird den Aktionären damit die Möglichkeit eingeräumt, einen Ausgleich des in ihrem Vermögen durch eine Pflichtverletzung der Organmit178 Schmolke, Organwalterhaftung, S. 40; Hopt in: Großkomm, AktG, § 93 Rn. 484; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 93 Rn. 175; Spindler in: MünchKomm3, AktG, § 93 Rn. 283; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 19; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 217; Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 23 ff. 179 BGH, WM 1987, 13, 16; BGHZ 129, 136, 165 f.; Schmolke, Organwalterhaftung, S. 40 f.; Baums, ZGR 1987, 554, 558; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 217 f.; ders., Gutachten F für den 63. DJT (2000), S. F223 f.; Martens, ZGR 1972, 254, 277; Spindler in: MünchKomm3, AktG, § 93 Rn. 283; Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 23 ff. 180 BGHZ 65, 15, 21; BGH WM, 1987, 13, 16; BGHZ 129, 136, 165 f.; Hopt in: Großkomm, AktG, § 93 Rn. 487 ff.; Schmolke, Organwalterhaftung, S. 41 f.; Baums, ZGR 1987, 554, 558; ders., Gutachten F für den 63. DJT (2000), S. F228 ff.; Henze, Aktienrecht, Rn. 584; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 19; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 93 Rn. 170, 175; ders. in: FS Lange, S. 570; (Kein eigener Anspruch sondern nur Klagerecht) Spindler in: MünchKomm3, AktG, § 93 Rn. 283; (a. A. noch) Hefermehl in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 93 Rn. 97. 181 Zudem wird auch das Interesse der Gesellschaft an der Einhaltung der Kompetenzordnung – die die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft vorrangig dieser selbst zuweist – gewahrt.

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

glieder entstandenen Reflexschadens auch ohne Hilfe der Gesellschaft durchzusetzen, sofern nicht bereits die einfache Mehrheit der Aktionäre gemäß § 147 AktG die Geltendmachung des Anspruchs verlangt oder eine qualifizierte Minderheit i. S. v. § 148 AktG den gesamten Anspruch der Gesellschaft im eigenen Namen verfolgt182. b) Eigenschäden In Abgrenzung zu den Reflexschäden sind sogenannte Eigenschäden Einbußen, die Aktionäre unmittelbar an ihrem Vermögen erleiden und die nicht als Reflex auf einen Gesellschaftsschaden eintreten183. Eigenschäden kommen in einer Vielzahl von Fällen in Betracht. Unproblematisch sind dabei Schäden, die von der Stellung des Aktionärs als solcher losgelöst sind, wie z. B. Schäden, die durch eine Körperverletzung oder im Zusammenhang mit einer Leistung des Aktionärs im Rahmen eines allgemeinen Umsatzgeschäftes eintreten. Ein Eigenschaden kann aber auch dann vorliegen, wenn der Schaden in der Minderung des Anteilswertes besteht, aber nicht durch einen Gesellschaftsschaden vermittelt ist, wie z. B. bei einem unerlaubten Eingriff in die Mitgliedschaft als geschütztem Rechtsgut i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB184. Bei einem Eigenschaden steht jedem Aktionär ein eigener Ersatzanspruch unmittelbar auf Leistung in das persönliche Vermögen zu. Verursacht ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft einen solchen Eigenschaden kommt eine Inanspruchnahme jedoch nur auf Grund spezialgesetzlicher Haftungsbestimmungen, wie denen des BörsG, oder auf Grund allgemeiner schadenersatzrechtlicher Bestimmungen, insbesondere des Deliktsrechts, in Betracht. Wie oben bei der Untersuchung der Außenhaftung gesehen, ordnet das AktG, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nur eine Innenhaftung der Vorstandsmitglieder gegenüber der Gesellschaft an185. 182

Vgl. hierzu bereits oben Teil 1 B.III. und ausführlich unten Teil 5 B.II. Dies umfasst auch Wertminderungen an ihrem Geschäftsanteil, sofern diese nicht nur mittelbar durch eine Minderung des Unternehmenswertes eintreten (Schmolke, Organwalterhaftung, S. 4; Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 6; Baums, Gutachten F für den 63. DJT (2000), S. F 230; Flume, Die juristische Person, S. 298 ff.). 184 Sei es durch gesellschaftsfremde Dritte, z. B. durch Entwendung von Inhaberaktien (vgl. hierzu Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 7) als auch durch gesellschaftsrechtliche Organisationsakte der Gesellschaft, z. B. durch einen ungerechtfertigten Bezugsrechtsausschluss im Rahmen einer Kapitalerhöhung, eine Ungleichbehandlung der Aktionäre, z. B. bei der Ausschüttung des Bilanzgewinns, die willkürliche Vorenthaltung eines Gewinns gegenüber allen Aktionären oder die Missachtung der Beteiligungsrechte der Aktionäre in sog. Holzmüller-Fällen (vgl. BGH, NJW 1990, 2877, 2879 (Schärenkreuzer); BGHZ 83, 141 ff. (Holzmüller); OLG Stuttgart, ZIP 2006, 511, 514 f. (EM.TV); Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 9 ff.; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 230 ff.; Schmolke, Organwalterhaftung, S. 6 ff.; Spindler in: MünchKomm3, AktG, § 93 Rn. 267). 183

C. Die Stellung der Aktionäre als Gläubiger

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c) Schäden durch Kursverluste Während Reflexschäden im Vermögen der Aktionäre durch einen Schaden im Vermögen der Gesellschaft vermittelt werden, treten Eigenschäden der Aktionäre unabhängig von Veränderungen im Vermögensbestand der Gesellschaft ein. Schäden im Vermögen der Aktionäre, die bei börsennotierten Aktien durch Kursverluste entstehen, sind hingegen teilweise als Reflex- und teilweise als Eigenschäden zu behandeln. Beruht ein Kursverlust auf einer Schädigung der Gesellschaft, spiegelt sich in ihm und dem hierdurch mittelbar verursachten Schaden im Vermögen der Aktionäre regelmäßig der anteilige Gesellschaftsschaden wieder. Anders als bei nicht-börsennotierten Aktien, bei denen der Reflexschaden im Vermögen der Aktionäre mit dem anteiligen Schaden der Gesellschaft übereinstimmt, deckt sich bei börsennotierten Aktien der Kursverlust nach Bekanntwerden eines Schadens im Vermögen der Gesellschaft, mit dem anteiligen Gesellschaftsschaden in der Regel nicht. Dies beruht darauf, dass bei börsennotierten Aktiengesellschaften jede Aktie zwei verschiedene Werte verkörpert. Einerseits verkörpert sie den auf sie entfallenden Anteil am tatsächlichen Unternehmenswert, der auf Grund der Ertragsfähigkeit und der Vermögenslage des Unternehmens ermittelt wird, andererseits verkörpert sie den Verkehrswert der Aktie, der ihr am jeweiligen Börsenhandelsplatz durch den Markt zugemessen wird. Diese beiden Werte sind nur ausnahmsweise identisch186. Das heißt, der Börsenwert einer Aktie vollzieht die schadensbedingten Veränderungen im Vermögen der Gesellschaft nicht in der gleichen Weise nach, in der sich der tatsächliche Anteilswert verändert. Dies beruht darauf, dass der Börsenwert einer Aktie neben dem tatsächlichen Anteilswert durch eine Reihe weiterer Faktoren, wie der politischen Lage, spekulativen Entscheidungen oder emotionalen Erwägungen, beeinflusst wird187. Aus diesem Grund tritt eine Minderung des Börsenkurses auch nicht automatisch im Sinne eines Reflexes unmittelbar auf die Schädigung des Gesellschaftsvermögens ein, sondern erst auf Grund einer entsprechenden Reaktion des Börsenpublikums. Aktionärsschäden auf Grund von Kursverlusten stellen daher grundsätzlich keine Reflexschäden dar188. 185

Vgl. hierzu ausführlich oben Teil 3 B.II.2.c). Zur zunehmenden Tendenz in Rechtsprechung und Literatur, den Unternehmenswert nicht bzw. nicht (allein) nach der Ertragswertmethode, sondern (auch) nach dem Börsenwert zu bestimmen, vgl. ausführlich Hüffer/Schmidt-Aßmann/Weber, S. 17 ff. 187 Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 107; Schmolke, Organwalterhaftung, S. 38; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 93 Rn. 175; Hopt in: Großkomm, AktG, § 93 Rn. 489. 188 Vgl. nur Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 109 f.; Schmolke, Organwalterhaftung, S. 39. Zu Recht weisen Kowalski und Schmolke darauf hin, dass dieses Ergebnis auch dadurch bestätigt wird, dass anders als bei Reflexschäden ein Ausgleich des Schadens im Vermögen der Gesellschaft ebenfalls nicht reflexartig zu einer Anpassung des Börsenkurses auf den status quo ante führt. 186

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

Angesichts der Vielschichtigkeit der den Börsenkurs beeinflussenden Faktoren lässt sich allerdings nicht ausschließen, dass der Börsenkurs den durch den Gesellschaftsschaden vermittelten Reflexschaden jedenfalls zum Teil nachvollzieht189. Soweit der Schaden im Vermögen der Aktionäre mit dem Gesellschaftsschaden übereinstimmt (insoweit wird der Schaden auch als „kongruenter Schaden“ bezeichnet), ist er daher wegen der vergleichbaren Interessenlage wie ein Reflexschaden zu behandeln190. Würde man solche kongruenten Schäden wie Eigenschäden behandeln und den Anlegern deshalb einen eigenen Ersatzanspruch auf Leistung in ihr persönliches Vermögen zubilligen, gleichzeitig aber auch der Gesellschaft einen Anspruch auf Ausgleich ihres Schadens gewähren, wären die Anleger in ungerechtfertigter Weise bereichert, wenn infolge eines späteren Schadensausgleichs im Vermögen der Gesellschaft der Börsenwert wieder steigt. In diesem Fall wäre der Schaden der Aktionäre sowohl direkt durch Schadenersatzleistung in ihr persönliches Vermögen als auch indirekt durch eine Steigerung des Börsenwertes infolge des Ersatzes des Gesellschaftsschadens ausgeglichen. Gleichzeitig würde dies in Parallele zu den Reflexschäden eine Doppelbelastung für den Schädiger bedeuten. Würde man die Aktionäre und die Gesellschaft stattdessen wiederum als Gesamtgläubiger behandeln, würde der Gesellschaft bei einem Ausgleich des Schadens durch Leistung an die Anleger auch hier dauerhaft Kapital entgegen seiner Zweckbindung und dem Grundsatz der Kapitalerhaltung entzogen191. Folglich sind Schäden der Aktionäre durch Kursverluste insoweit wie Reflexschäden zu behandeln, als der Börsenwert der Aktie lediglich den anteiligen Gesellschaftsschaden nachvollzieht192. Tritt hingegen auf Grund einer Schädigung der Gesellschaft ein überproportional hoher Kursverlust ein, der den anteiligen Gesellschaftsschaden übersteigt, steht der Behandlung dieses weitergehenden Kursverlustes als Eigenschaden der Aktionäre nichts entgegen193. 189 Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 109 ff.; Schmolke, Organwalterhaftung, S. 43; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 228 f. 190 Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 109 ff.; Schmolke, Organwalterhaftung, S. 42 ff.; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 93 Rn. 175; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 228 f. Vgl. zur früher vertretenen a. A. Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 111 f. m.w. N. Danach sollte dem Aktionär in Konkurrenz zum Ersatzanspruch der Gesellschaft ein unbeschränkter Anspruch auf Ausgleich des gesamten Kursverlustes zustehen. Die hierdurch gegebenenfalls eintretende Doppelbelastung des Schädigers sollte im Wege des Bereicherungsrechts ausgeglichen werden. 191 Vgl. hierzu nur Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 110; Schmolke, Organwalterhaftung, S. 38 f. Zur gleichen Interessenlage beim Reflexschaden s. oben Teil 3 C.II.2.a). 192 Schmolke, Organwalterhaftung, S. 43; Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 110; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 228 f. 193 Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 110; Martens, ZGR 1972, 254, 282, Fn. 53; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 228 f.

C. Die Stellung der Aktionäre als Gläubiger

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Das gleiche gilt, wenn eine schädigende Handlung der Organmitglieder der Gesellschaft zu keinem Schaden der Gesellschaft, sondern nur zu einem Fallen des Börsenkurses führt. Dies betrifft vor allem Schäden im Zusammenhang mit dem Erwerb oder dem Verkauf einer Beteiligung an der Gesellschaft, die durch unrichtige oder unvollständige Informationen verursacht wurden, wie die im Rahmen dieser Arbeit näher untersuchten Schäden wegen unrichtiger oder unvollständiger Börsenprospekte. Der Schaden besteht hier darin, dass der Anleger Aktien auf Grund fehlerhafter oder unvollständiger Informationen „zu teuer“ gekauft hat194. Ein Schaden der Gesellschaft liegt diesen Aktionärsschäden hingegen nicht zugrunde195. Bei einem Kursverlust, der nicht im Zusammenhang mit einem Schaden der Gesellschaft eintritt, ist die Bestimmung des Eigenschadens der Aktionäre jedenfalls insoweit unproblematisch, da dieser dem Kursverlust entspricht. Spiegelt sich in einem Kursverlust allerdings zum Teil ein Schaden im Vermögen der Gesellschaft und damit der Reflexschaden der Aktionäre wider, ist die Bezifferung des diesen übersteigenden Eigenschadens schwierig. Da die Auswirkungen des Gesellschaftsschadens auf den Börsenkurs angesichts der vielschichtigen Faktoren, die den Börsenkurs beeinflussen, nicht vorhergesagt werden können, lässt sich der den Anteilsschaden übersteigende Kursverlust erst dann feststellen, wenn der Gesellschaftsschaden ausgeglichen ist und die Reaktion des Börsenpublikums auf diese Nachricht abgewartet wurde196. Die Gefahr, das hierbei das allgemeine Marktrisiko auf den Emittenten abgewälzt wird, weil sich im Börsenwert über den Gesellschaftsschaden hinaus markt- oder konjunkturbezogene Faktoren niedergeschlagen haben, die nicht auf die schädigende Handlung zurückzuführen und daher vom Anleger zu tragen sind, lässt sich heute mit den Methoden der modernen Finanzwissenschaft weitgehend vermeiden. So können die allgemeinen kursbeeinflussenden Faktoren, für die der Schädiger nicht verantwortlich ist, z. B. mit Hilfe des sogenannten Capital Asset Pricing Model weitgehend zuverlässig aus dem Kurs herausge-

194 BGH, ZIP 2005, 1270, 1272 ff. (EM.TV); Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 15 ff.; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 68; Kalss/Eckert in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 79 f.; Kalss, Anlegerinteressen, S. 328. 195 Der Gesellschaft entsteht hierdurch erst dann ein Schaden, wenn die Anleger ihren Schaden gegenüber der Gesellschaft liquidieren. Darüber hinaus kommt ein Schaden der Gesellschaft nur dann in Betracht, wenn der Ruf der Gesellschaft geschädigt und etwa eine nachfolgende Kapitalerhöhung für sie erschwert wird (Kalss, Anlegerinteressen, S. 328). Der bei den Anlegern eingetretene Schaden tritt dann jedoch nicht als Reflex auf einen Gesellschaftsschaden ein, sondern umgekehrt tritt der Gesellschaftsschaden als Reflex auf den Eigenschaden der Aktionäre und dessen Geltendmachung gegenüber der Gesellschaft ein (Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 68). 196 Schmolke, Organwalterhaftung, S. 43; Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 115; Martens, ZGR 1972, 254, 282, Fn. 53.

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

rechnet werden197. Hierfür ist zwar in der Regel die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich. Die hierfür auf den einzelnen Aktionär entfallenden Kosten lassen sich bei einer Bündelung gleichgerichteter Klagen im Rahmen eines Musterklageverfahrens nach dem KapMuG allerdings erheblich reduzieren198. Ungenauigkeiten bei der Ermittlung des den Reflexschaden übersteigenden Eigenschadens lassen sich auf Grund der Tatsache, dass die den Börsenkurs beeinflussenden Faktoren nie exakt nachvollzogen werden können, nicht vermeiden. Dem trägt das Prozessrecht in praktischer Hinsicht jedoch dadurch Rechnung, dass § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) dem erkennenden Gericht die Möglichkeit der Schadensschätzung einräumt199. Dabei genügt es für die hinreichende Substantiierung einer Schadenersatzklage, dass dem erkennenden Gericht die für die Schadensschätzung erforderlichen Grundlagen dargelegt und gegebenenfalls bewiesen werden200. Die mit dieser Vorgehensweise verbundenen Unwägbarkeiten müssen angesichts der Bedenken, die dagegen sprechen, Kursverlustschäden vollumfänglich wie Eigenschäden zu behandeln, hingenommen werden. Auch können die mit der Feststellung der Schadenshöhe verbundenen Schwierigkeiten nicht insgesamt zur Verneinung der Ersatzfähigkeit eines über den Anteilsschaden hinausgehenden Kursverlustschadens führen201.

197 Sharpe, J. Finan. 19 (1964), 425 ff.; Lintner, J. Finan. 20 (1965), 587 ff. In der deutschen Literatur wird die Frage vor allem im Zusammenhang mit der Errechnung des Differenzschadens im Rahmen der sekundären Kapitalmarkthaftung diskutiert. Vgl. statt aller Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F70; Fleischer, BB 2002, 1869, 1873 f. m.w. N.; Zimmer in: Schwark, KMRK, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 92. Sethe in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 79; s. auch Weber, ZGR 2004, 280, 283; Möllers/Leisch in: Kölner Komm, WpHG, §§ 37 b, c Rn. 347 ff. 198 Vgl. hierzu ausführlich unten Teil 5 B.I.3.e). De lege ferenda könnte zur Vermeidung der Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Ermittlung des Schadens eine spezialgesetzliche Schadenspauschalierung vorgesehen werden, die die Einholung von zeit- und kostenaufwendigen Sachverständigengutachten weitgehend überflüssig machen würde (vgl. hierzu unten Teil 6 B.II.1. und Teil 6 C.III.3.d)bb)). 199 Vgl. BGH, ZIP 2005, 1270, 1274 (EM.TV); Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 228 f.; Zimmer in: Schwark, KMRK, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 92; Möllers/Leisch in: Kölner Komm, WpHG, §§ 37b, c Rn. 347 ff. Allgemein zu § 287 ZPO s. Foerste in: Musielak, ZPO, § 287, Rn. 1 ff.; Hartmann in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 287, Rn. 2. 200 Foerste in: Musielak, ZPO, § 287, Rn. 7; Hartmann in: Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 287, Rn. 25 f. 201 So auch der BGH (ZIP 2005, 1270, 1274 f.) zur vergleichbaren Problematik bei der Ermittlung des Differenzschadens im Zusammenhang mit Ersatzansprüchen gemäß § 826 BGB wegen falscher Ad-hoc-Miteilungen. Gegen einen Ersatz von Kursverlustschäden aber Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 93 Rn. 175. Vgl. zur entsprechenden Ansicht zur schwedischen Rechtslage unten Teil 3 C.III.2.c) und zur Auseinandersetzung damit unten Teil 3 C.IV.2.b).

C. Die Stellung der Aktionäre als Gläubiger

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Zur Beschleunigung des Schadensausgleichs bei der Gesellschaft steht dem Aktionär – wie bei der Geltendmachung von Reflexschäden – ein eigener Anspruch gegen den Schädiger auf Ausgleich seines eigenen Schadens durch Leistung an die Gesellschaft zu202. Eine während der vorrangigen Geltendmachung des Gesellschaftsschadens drohende Verjährung des Ersatzanspruchs der Aktionäre kann gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch Erhebung einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO abgewendet werden203.

III. Schweden 1. Gesellschaftsschäden Da das Vermögen der schwedischen AB ebenso wie dasjenige der deutschem AG vom Vermögen ihrer Aktionäre zu trennen ist204, stellt eine Minderung des Gesellschaftsvermögens infolge einer Rechtsverletzung, etwa durch die Mitglieder der Leitungsorgane der Gesellschaft, nur einen unmittelbaren Schaden der Gesellschaft und nicht auch ihrer Aktionäre dar. 2. Aktionärsschäden Schäden der Anleger treten demgegenüber ein, wenn sich das ihnen persönlich zugeordnete Vermögen auf Grund einer Rechtsverletzung durch einen Dritten mindert. Dabei ist zwischen unmittelbaren Schäden (omedelbara skador) und mittelbaren Schäden (medelbara skador) zu unterschieden205. Zudem werden auch im schwedischen Recht bei börsennotierten Aktien Besonderheiten im Zusammenhang mit Schäden auf Grund von Kursverlusten diskutiert. a) Mittelbare Schäden (medelbara skador) Mittelbare Schäden sind solche Schäden, die den Aktionären dadurch entstehen, dass sich infolge einer schadensbedingten Minderung des Gesellschaftsvermögens mittelbar auch der anteilige Wert der Beteiligung aller Aktionäre am Vermögen der Gesellschaft reduziert206. Für das Vorliegen eines mittelbaren 202 Kowalski, Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S. 114 f.; Schmolke, Organwalterhaftung, S. 43. 203 Heinrichs in: Palandt, BGB, § 204 Rn. 2; Grothe in: MünchKomm, BGB, § 204 Rn. 4. 204 Vgl. hierzu oben Teil 3 B.III.1.a). 205 Sie werden in der schwedischen Literatur auch als indirekte Schäden (indirekta skador) bzw. direkte Schäden (direkta skador) bezeichnet. 206 Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 181; Ström, JT 2001/02, 578, 579; J. Andersson, NTS 1999:3, 81, 82; Samuelsson, Information och ansvar, S. 259; af Sandeberg, Börsnotering, S. 70; dies., Prospektansvaret, S. 111; Dotevall, Skade-

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

Schadens der Aktionäre ist es daher begrifflich notwendig, dass zunächst im Vermögen der Gesellschaft ein unmittelbarer Schaden eingetreten ist207. Der Ausgleich eines mittelbaren Schadens der Aktionäre erfolgt ebenso wie dessen Eintritt mittelbar durch Ausgleich des Gesellschaftsschadens208. Da jeder Schaden im Vermögen der Gesellschaft über die Minderung des Unternehmenswertes mittelbar auch einen Schaden der Aktionäre zur Folge hat209, verstößt ein eigener Ersatzanspruch der Aktionäre nach der vorherrschenden Ansicht gegen das System und den Zweck des ABL210. Ungeachtet dessen soll den Aktionären in engen Grenzen ein eigener Anspruch auf Ersatz mittelbarer Schäden zustehen211. Eine neuere Ansicht im Schrifttum will den Aktionären sogar einen weiter gehenden Anspruch auf Ersatz mittelbarer Schäden durch Leistung in das eigene Vermögen zubilligen212. Einigkeit besteht zwischen beiden Ansichten zunächst darüber, dass ein solcher Ersatzanspruch subsidiär zu einem Anspruch der Gesellschaft auf Ersatz des unmittelbar in ihrem Vermögen eingetretenen Schadens ist, da hierdurch indirekt auch der mittelbare Schaden im Vermögen der Aktionäre ausgeglichen wird. Unterlässt die Gesellschaft eine Geltendmachung ihres Schadens und macht auch eine Minderheit mit einem Aktienbesitz von mindestens 10% aller Aktien gemäß 29. Kap. § 9 ABL den Ersatzanspruch der Gesellschaft nicht im eigenen ståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 102; ders., Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 453; ders. in: FS Lorenz, S. 161, 170 f.; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 1 §, S. 29:7; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 344; Stattin, Företagsstyrning, S. 183; Nerep/Samuelsson, ABL, Band 3, 29. Kap. 1 § 1, S. 355; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 729. 207 Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 453; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 729. 208 SOU 1941:9 (Aktiebolagslag), S. 642 f.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 259 f.; af Sandeberg, Börsnotering, S. 70; dies., Prospektansvaret, S. 111; Ström, JT 2001/02, 578, 579; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL (2002), 15. kap. 1 §, S. 15:9; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 453 (unter Verweis auf die deutsche Rechtslage). 209 af Sandeberg, Börsnotering, S. 70; dies., Prospektansvaret, S. 111; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 470; Ström, JT 2001/02, 578, 579; J. Andersson, NTS 1999:3, 81, 82. 210 Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 182; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 344; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 420 ff.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 111 f.; dies., Aktiebolagsrätten, S. 255; Samuelsson, Information och ansvar, S. 259 f.; Kedner/Roos, ABL, Del II, S. 356; J. Andersson, NTS 1999:3, 81 ff.; Ström, JT 2001/02, 578 ff. 211 Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 182; s. auch SOU 1941:9 (Aktiebolagslag), S. 641 f.; SOU 1971:15 (Aktiebolagslag), S. 353; HD, NJA 2000, 404, 415 f.; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 345; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 470 ff.; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 1 §, S. 29:7; Stattin, Företagsstyrning, S. 188. 212 J. Andersson, NTS 1999:3, 81 ff.; Ström, JT 2001/02, 578 ff.; (unklar) Stattin, Företagsstyrning, S. 187 f.

C. Die Stellung der Aktionäre als Gläubiger

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Namen auf Rechnung der Gesellschaft (actio pro socio) geltend213, soll den Aktionären nach der herrschenden Ansicht in der Literatur, der sich auch der Gesetzgeber angeschlossen hat214, dann ein eigener Anspruch auf Ersatz mittelbarer Schäden – gerichtet auf Leistung in das persönliche Vermögen215 – zustehen, wenn der Gesellschaftsschaden auf der Verletzung eines Schutzgesetzes zugunsten der Aktionäre beruht216. Welche Normen Schutzgesetze in diesem Sinne sind, hat der Gesetzgeber ausdrücklich der Klärung durch die Rechtsprechung und die Literatur überlassen217. Nach der herrschenden Ansicht liegt ein Verstoß gegen ein Schutzgesetz zugunsten der Aktionäre bei einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes oder des allgemeinen Gebots zur Wahrung der Gesellschaftsinteressen (sogenannte Generalklausel – generalklausulen, 8. Kap. § 41 ABL) vor218. Darüber hinaus seien mittelbare Schäden der Aktionäre als Risiko der Unternehmensbeteiligung hinzunehmen219. Die neuere Ansicht im Schrifttum will den Kreis der Schutzgesetze, bei deren Verletzung Aktionären ein eigener Schadenersatzanspruch zusteht, hingegen wesentlich weiter fassen220. Ihr zufolge handele es sich bei der überwiegenden Anzahl der Bestimmungen des ABL um Schutzgesetze zugunsten der Aktionäre. Zur Abgrenzung sei jedoch zwischen Verstößen gegen die Loyalitätspflicht (lojalitetsplikt) und Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht (vårdplikt) zu unterscheiden221. Ein eigener Anspruch auf Ersatz mittelbarer Schäden soll den Anlegern allein bei Verstößen gegen die Loyalitätspflicht zustehen222. 213

Zum Minderheitenrecht gemäß 29. Kap. § 9 ABL vgl. ausführlich unten Teil 5

C.II. 214 Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 182; s. auch schon SOU 1941:9 (Aktiebolagslag), S. 641 f.; SOU 1971:15 (Aktiebolagslag), S. 353. 215 So wohl SOU 1941:9 (Aktiebolagslag), S. 641 f.; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 344; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 473; (offen) SOU 1971:15 (Aktiebolagslag), S. 353; Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 182; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 1 §, S. 29:7 Die Frage wird in der Literatur allerdings kaum direkt angesprochen (so auch Ström, JT 2001/02, 578, 597). 216 Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 345; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 470 ff.; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 1 §, S. 29:7; Stattin, Företagsstyrning, S. 188. 217 SOU 1941:9 (Aktiebolagslag), S. 641; SOU 1971:15 (Aktiebolagslag), S. 353. 218 Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 182; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 345; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 1 §, S. 29:7; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 473 f.; ders., Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 186; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 112; dies., Aktiebolagsrätten, S. 255 (offen) Stattin, Företagsstyrning, S. 188. 219 Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 183; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 112; dies., Aktiebolagsrätten, S. 255. 220 J. Andersson, NTS 1999:3, 81, 95; Ström, JT 2001/02, 578, 598. 221 Zum Inhalt der Loyalitäts- und Sorgfaltspflicht vgl. oben Teil 3 B.III.2.b). 222 J. Andersson, NTS 1999:3, 81, 96; Ström, JT 2001/02, 578, 599 f. Stattin (Företagsstyrning, S. 187 f.) will zur Bestimmung der Schutzgesetze hingegen auf die sog.

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

In der Rechtssprechung ist die Frage bisher – soweit ersichtlich – nur in einem Urteil des Höchsten Gerichtshofs aus dem Jahr 2000 berührt worden. Der Höchste Gerichtshof hatte in seiner Entscheidung, HD, NJA 2000, 404 ff., einem Minderheitsaktionär bei einem mittelbaren Schaden einen eigenen Ersatzanspruch gegen die Mitglieder der styrelse zugesprochen. Hintergrund der Entscheidung war die Übertragung des gesamten von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens durch die styrelse auf den Mehrheitsaktionär, ohne zuvor einen entsprechenden Hauptversammlungsbeschlusses einzuholen. Der dem Minderheitsaktionär entstandene Schaden bestand darin, dass seine Beteiligung an der Gesellschaft durch die fast vollständige Veräußerung des Gesellschaftsvermögens wertlos geworden war223. Auf die Frage, ob es sich bei dem Ersatzanspruch um einen unmittelbaren oder mittelbaren Schaden handelte, ging das Gericht in seiner Entscheidung allerdings nicht näher ein. Von der neueren Ansicht in der Literatur ist die Entscheidung jedoch zutreffend so interpretiert worden, dass es sich bei dem Schaden des Minderheitsaktionärs um einen mittelbaren Schaden handelte224. Die Tatsache, dass der Höchste Gerichtshof dem Kläger einen Ersatzanspruch zugesprochen hat, kann daher zumindest dahin verstanden werden, dass ein Anspruch der Anleger auf Ersatz mittelbarer Schäden nicht generell ausgeschlossen ist. Ob der Höchste Gerichtshof der herrschenden oder der neueren Ansicht in der Literatur zuneigt, bleibt hingegen offen225. b) Unmittelbare Schäden (omedelbara skador) Unmittelbare Schäden im Vermögen der Aktionäre, die nicht auf einem Gesellschaftsschaden beruhen, können hingegen nach allgemeiner Ansicht jederzeit von den Aktionären gegenüber den Organmitgliedern der Gesellschaft auf Leistung in das eigene Vermögen geltend gemacht werden226. 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 ABL sieht ausdrücklich eine persönliche Außenhaftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör vor, wenn ein Schaden Normschutzlehre (normskyddsläran) abstellen (vgl. hierzu ausführlich unten Teil 4 B. II.6.c)). 223 Der Höchste Gerichtshof begründete den Anspruch des Minderheitsaktionärs damit, dass die Einstellung des gesamten Geschäftsbetriebes in der Gesellschaft eine so wichtige Frage betreffe, dass sie allein von der Hauptversammlung beschlossen werden könne. Die styrelse habe daher ihre Kompetenzen überschritten. Zudem stelle die Maßnahme einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß 4. Kap. § 1 ABL sowie gegen das Verbot zur Schädigung der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre zugunsten einzelner Aktionäre oder Dritter gemäß 8. Kap. § 41 ABL dar (HD, NJA 2000, 404, 415 f.). 224 J. Andersson, JT 2000/01, 395, 398. 225 So auch J. Andersson, JT 2000/01, 395, 398. 226 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 112 f.; dies., Börsnotering, S. 71; Samuelsson, Information och ansvar, S. 258; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 342; Stattin, Företagsstyrning, S. 183.

C. Die Stellung der Aktionäre als Gläubiger

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der Aktionäre auf einer Verletzung des ABL, des anzuwendenden Gesetzes über den Jahresabschluss227, der Satzung der Gesellschaft oder der Prospektbestimmungen des LHF bzw. der EU-ProspektVO beruht. Darüber hinaus werden nach weit verbreiteter Ansicht in der Literatur auch Verstöße gegen solche Normen von der Außenhaftung gemäß 29. Kap. § 1 S. 2 ABL erfasst, auf die das ABL ausdrücklich verweist228. Erforderlich ist jedoch, dass es sich – ebenso wie bei Verstößen gegen die ausdrücklich genannten Gesetze und die Satzung – um drittschützende Normen zugunsten der Aktionäre der Gesellschaft handelt229. c) Schäden durch Kursverluste Ebenso wie in der deutschen Literatur werden auch in der schwedischen Literatur bei börsennotierten Aktiengesellschaften Besonderheiten im Zusammenhang mit Schäden der Aktionäre diskutiert, die durch ein Fallen des Börsenkurses eintreten. Wie solche Schäden systematisch zu behandeln sind, ist – soweit ersichtlich – bisher noch nicht geklärt. Soweit das schädigende Ereignis, etwa eine falsche Prospektangabe, bei seinem Bekanntwerden nur zu einem Kursverlust führt, ohne dass auch der Gesellschaft hierdurch ein Schaden entsteht, handelt es sich bei dem Kursverlust nach allgemeiner Ansicht in der Literatur um einen unmittelbaren Schaden der Aktionäre, dessen Ersatz sie direkt gegenüber der styrelse oder dem verkställande direktör auf Leistung in ihr eigenes Vermögen geltend machen können230. Entsteht jedoch auf Grund einer schädigenden Handlung auch der Gesellschaft ein Schaden – was bei Prospektfehlern allerdings nur selten der Fall ist231 –, besteht über die Behandlung des Schadens im Vermögen der Aktionäre weitgehend Unklarheit. Soweit ersichtlich hat zu dieser Frage bisher allein Ström am Rande Stellung genommen232. Nach ihrer Ansicht stellt der Schaden im Vermögen der Aktionäre, soweit er anteilig mit dem Schaden der Gesellschaft übereinstimmt – also mit diesem kongruent ist –, nur einen mittelbaren 227

s. hierzu oben Teil 1 B.IV.2.b) Fn. 115. Vgl. af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 113 f.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 255 ff.; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 447; Stattin, Företagsstyrning, S. 197 f. 229 SOU 1941:9 (Aktiebolagslag), S. 639 f.; Prop. 1975:103 (Aktiebolagslag), S. 540; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 447 ff.; ders. in: FS Lorenz, S. 161, 171; Samuelsson, Information och ansvar, S. 256; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 115; Ström, JT 2001/02, 578, 581. Vgl. hierzu auch ausführlich unten Teil 4 B.II.6.c). 230 SOU 1941:9 (Aktiebolagslag), S. 640; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL (2002), 15. kap. 1 §, S. 15:6; J. Andersson, NTS 1999:3, 81, 82; Ström, JT 2001/02, 578; af Sandeberg, Börsnotering, S. 71; dies., Prospektansvaret, S. 113; Samuelsson, Information och ansvar, S. 258; vgl. auch Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 729 f. 231 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 111; Ström, JT 2001/02, 578. 232 Ström, JT 2001/02, 578, 579 ff. 228

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

Schaden dar, der wie dieser durch einen Ersatz des Gesellschaftsschadens reflexartig auszugleichen ist233. Der Schaden, der den Aktionären auf Grund eines übermäßigen, über den anteiligen Gesellschaftsschaden hinaus gehenden Kursverlustes entstanden ist, soll hingegen nicht zu ersetzen sein, da ungewiss sei, inwieweit auch dieser Schaden durch einen Ersatz des Gesellschaftsschadens ausgeglichen werde234. Es drohe daher die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme des Schuldners, wollte man den Aktionären einen eigenen Ersatzanspruch zubilligen235. Zudem sei die Feststellung der konkreten Höhe des Schadens der Aktionäre kaum möglich, da sich nicht ermitteln lasse, inwieweit ein Kursverlust von allein wieder ausgeglichen werde. Insbesondere in Fällen, in denen der Schaden darin besteht, dass der Börsenkurs infolge der Schädigung konstant bleibt, anstatt zu steigen, sei eine Schadensbestimmung unmöglich. Dies spreche dafür, Schäden im Vermögen der Aktionäre in Folge von Kursverlusten, die nicht auf einem Gesellschaftsschaden beruhten, nicht zu ersetzen236. Nach Ansicht von Dotevall wird der durch einen Kursverlust entstandene Aktionärsschaden, soweit er nicht mit dem Gesellschaftsschaden übereinstimmt, zwar nicht vollständig durch einen Ersatz des Gesellschaftsschadens ausgeglichen237, Vorschläge für eine Behandlung dieses Schadens macht er jedoch nicht.

IV. Zusammenfassung, Vergleich und Stellungnahme 1. Zusammenfassung a) Deutschland Nach dem im deutschen Aktienrecht geltenden Trennungsprinzip ist das Vermögen der Gesellschaft vom Vermögen ihrer Aktionäre zu trennen. Durch die Vermögenstrennung entsteht bei einer Minderung des Gesellschaftsvermögens auf Grund einer schädigenden Handlung auch nur der Gesellschaft selbst ein Schaden (Schadenstrennung). Ein Schaden im Vermögen der Aktionäre entsteht nur dann, wenn sich der Wert ihres persönlichen Vermögens mindert. Dabei ist zunächst zwischen sogenannten Eigen- und Reflexschäden zu unterscheiden. Reflexschäden im Vermögen der Aktionäre entstehen dadurch, dass sich der Wert der von ihnen gehalte233

Ström, JT 2001/02, 578, 579. Ström, JT 2001/02, 578, 593 f. 235 Ström, JT 2001/02, 578, 593 f. So auch Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 454 ff. 236 Ström, JT 2001/02, 578, 579 f., 594. Siehe jedoch zu den Möglichkeiten einer Berechnung von Kursverlustschäden der Aktionäre aus der schwedischen Literatur Samuelsson, Information och ansvar, S. 314 ff., 315. 237 Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 456. 234

C. Die Stellung der Aktionäre als Gläubiger

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nen Aktien lediglich mittelbar als Reflex auf eine Schädigung der Gesellschaft und eine damit verbundene Minderung des Unternehmenswertes verringert. Eigenschäden liegen hingegen nur dann vor, wenn im Vermögen der Aktionäre ein Schaden eintritt, der von einer Schädigung des Gesellschaftsvermögens unabhängig ist. Reflexschäden dürfen nach allgemeiner Ansicht nur durch Leistung in das Gesellschaftsvermögen ausgeglichen werden. Hierdurch werden sowohl der Gesellschaftsschaden als auch die Reflexschäden im Vermögen der Aktionäre kompensiert. Die Zubilligung eines Anspruchs der Aktionäre auf Leistung in ihr persönliches Vermögen hätte demgegenüber eine Doppelbelastung des Schädigers zur Folge, da dieser den Schaden sowohl gegenüber der Gesellschaft als auch den Aktionären zu ersetzen hätte. Hierdurch würden die Aktionäre zudem ungerechtfertigt bereichert. Auch eine Gesamtgläubigerschaft i. S. v. § 428 BGB zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären würde hierbei keine Abhilfe schaffen, da sie bei einem Ausgleich des Schadens gegenüber den Aktionären eine dauerhafte Minderung des Gesellschaftsvermögens entgegen seiner Zweckbindung und dem Kapitalerhaltungsgrundsatz zur Folge hätte. Bei Vorliegen eines Eigenschadens steht den Aktionären hingegen ein eigener Schadenersatzanspruch auf Leistung in ihr persönliches Vermögen zu. Schäden, die bei börsennotierten Aktien auf Grund von Kursverlusten an den Börsen entstehen, nehmen regelmäßig eine Zwischenstellung zwischen Reflexund Eigenschäden ein. Da sich der Börsenwert einer Aktie in Folge einer Schädigung des Gesellschaftsvermögens nicht reflexartig parallel zum Unternehmenswert verändert, sondern durch verschiedene auch irrationale Faktoren beeinflusst wird, stellen solche Schäden grundsätzlich keine Reflexschäden dar. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass der Börsenkurs den durch die Schädigung der Gesellschaft vermittelten Reflexschaden jedenfalls teilweise nachvollzieht. Soweit der Schaden auf Grund eines Kursverlustes mit dem Reflexschaden der Aktionäre übereinstimmt, ist er deshalb wegen der vergleichbaren Interessenlage wie ein Reflexschaden zu behandeln. Soweit die Veränderung des Börsenwertes über die Veränderung des anteiligen, tatsächlichen Unternehmenswertes hinausgeht, stellt der hierdurch entstandene Schaden im Vermögen der Aktionäre hingegen einen echten Eigenschaden dar, dessen Ausgleich die geschädigten Aktionäre unmittelbar durch Leistung in ihr persönliches Vermögen ersetzt verlangen können. Das Gleiche gilt für Schäden, die durch eine Veränderung des Börsenkurses entstehen, ohne dass zugleich ein Gesellschaftsschaden entstanden ist. Dies ist in der Regel bei Kursschäden auf Grund von unrichtigen oder unvollständigen Börsenprospekten der Fall. b) Schweden Ebenso wie im deutschen Recht ist auch im schwedischen Gesellschaftsrecht das Vermögen der Gesellschaft von demjenigen ihrer Aktionäre zu trennen. Die

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

Aktionäre sind am Vermögen der Gesellschaft nicht dinglich berechtigt. Ihre vermögensmäßige Beteiligung daran erfolgt ausschließlich über die von ihnen gehaltenen Gesellschaftsanteile. Eine Minderung des Vermögens der Gesellschaft führt daher unmittelbar nur zu einem Schaden der Gesellschaft. Die Aktionäre erleiden einen eigenen Schaden nur dann, wenn sich ihr persönliches Vermögen mindert. Dies ist jedoch auch dann möglich, wenn sich auf Grund einer Minderung des Unternehmenswertes anteilig der Wert ihrer Aktien mindert. Solche Schäden werden im schwedischen Recht als mittelbare Schäden bezeichnet, da sie nur mittelbar auf einer Schädigung der Gesellschaft beruhen. Hiervon zu unterscheiden sind unmittelbare Schäden, die ohne Minderung des Gesellschaftsvermögens unmittelbar zu einer Schädigung des Vermögens der Aktionäre führen. Während in der Literatur Einigkeit darüber besteht, dass den Aktionären gegenüber pflichtwidrig handelnden Organmitgliedern bei unmittelbaren Schäden, denen nicht zugleich ein Schaden der Gesellschaft gegenübersteht, ein Ersatzanspruch auf Leistung in das eigene Vermögen zusteht, ist umstritten, wie mittelbare Schäden im Vermögen der Aktionäre schadensrechtlich zu behandeln sind. Rechtssprechung fehlt zu dieser Frage weitgehend. In der einzigen Entscheidung des Höchsten Gerichtshofs, die hierzu in jüngerer Zeit ergangen ist, wurde einem Aktionär zwar ein Ersatzanspruch für einen mittelbaren Schaden zugesprochen, dabei wurde jedoch nicht auf die Unterscheidung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Schäden eingegangen. Die herrschende Ansicht in der Literatur, der sich auch der Gesetzgeber angeschlossen hat, will einen subsidiären Anspruch der Aktionäre nur in engen Grenzen zulassen, sofern der Schaden auf einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz oder das allgemeine Gebot zur Wahrung der Gesellschaftsinteressen beruht. Eine neuere Ansicht in der Literatur will den Aktionären einen eigenen Ersatzanspruch hingegen weit umfassender bei jedem Verstoß gegen das Loyalitätsprinzip zubilligen. Kursverluste, die bei börsennotierten Gesellschaften auf Grund einer schädigenden Handlung der Mitglieder der Leitungsorgane eintreten, ohne dass hierdurch ein Schaden im Vermögen der Gesellschaft entsteht, sind nach allgemeiner Ansicht wie unmittelbare Schäden der Aktionäre zu ersetzen. Hierzu gehören auch Schäden auf Grund falscher Börsenprospekte. In welcher Weise allerdings Kursverluste der Anleger zu ersetzen sind, die bei gleichzeitiger Schädigung der Gesellschaft über den mittelbaren Schaden hinausgehen, ist in der Literatur weitgehend ungeklärt. Zum Teil wird vertreten, dass solche Schäden überhaupt nicht zu ersetzen seien, auch wenn der Schaden der Aktionäre durch einen Ausgleich des Gesellschaftsschadens nicht voll ausgeglichen wird, da die Höhe des darüber hinausgehenden, unmittelbaren Schadens nicht zu bestimmen sei.

C. Die Stellung der Aktionäre als Gläubiger

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2. Vergleich und Stellungnahme a) Ersatz von Reflex- bzw. mittelbaren Schäden Die Abgrenzung des Gesellschaftsvermögens vom Vermögen ihrer Aktionäre erfolgt in Deutschland und Schweden weitgehend parallel. In beiden Ländern gelten die Grundsätze der Vermögens- und der Schadenstrennung. Dennoch sind Veränderungen im Gesellschaftsvermögen in beiden Ländern nicht ohne Auswirkungen auf das persönliche Vermögen der Aktionäre der Gesellschaft. Über den Unternehmenswert, der sich in den von den Aktionären gehaltenen Geschäftsanteilen widerspiegelt, führt jede Minderung des Gesellschaftsvermögens auch zu einer Minderung des persönlichen Vermögens der Aktionäre der Gesellschaft. Während in Deutschland in der Rechtssprechung und der Literatur anerkannt ist, dass Reflexschäden im Vermögen der Aktionäre ausschließlich durch einen Ersatz des Gesellschaftsschadens ausgeglichen werden können und den Aktionären neben der Gesellschaft nur ein Ersatzanspruch auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen zustehen kann, ist in Schweden allgemein anerkannt, dass den Aktionären – wenn auch subsidiär zu den gesetzliche vorgesehenen, prozessualen Mitteln zur Durchsetzung von Ansprüchen der Gesellschaft – auch bei mittelbaren Schäden ein eigener Schadenersatzanspruch auf Leistung in ihr persönliches Vermögen zusteht. Dies ist zunächst verwunderlich, da in Schweden grundsätzlich die gleichen Argumente gegen einen eigenen Ersatzanspruch der Aktionäre angeführt werden, wie in Deutschland238. Hinter der Abweichung von diesem Grundsatz steht die Befürchtung, dass ein Ausgleich mittelbarer Schäden im Vermögen der Aktionäre daran scheitert, dass die Gesellschaft die ihr zustehenden Ersatzansprüche gegenüber ihren Organmitgliedern nicht geltend macht und sich auch nicht das nach 29. Kap. § 9 ABL erforderliche Minderheitenquorum bildet. Die Gewährung eines eigenen Ersatzanspruchs beruht daher offensichtlich auf dem Gedanken, dass die Aktionäre den ihnen zugefügten Schaden keinesfalls selbst tragen sollen. Nach der deutschen Rechtlage hat demgegenüber der Aktionär, der allein seinen Schaden geltend macht, stets einen Teil seines Schadens selbst zu tragen. Dadurch, dass der von ihm durchgesetzte Schadenersatz in das Gesellschaftsvermögen zu leisten ist, wird der in seinem Anteil eingetretene Reflexschaden hierdurch nur anteilig gemindert. In Schweden ist daher insoweit eine stärkere Betonung der Aktionärsinteressen zu erkennen als in Deutschland. Den Befürchtungen, die für die Zubilligung eines eigenen, auf Leistung in das persönliche Vermögen gerichteten Ersatzanspruchs ursächlich sind, kann je238 Auch wenn die Argumentation in Schweden im Einzelnen nicht ebenso differenziert ist wie in Deutschland.

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doch auch in Schweden interessengerechter begegnet werden, und zwar in der gleichen Weise, in der auch der deutsche Gesetzgeber auf entsprechende Kritik reagiert hat. Wie bereits oben zur aktuellen Diskussion über die Prospekthaftung in Deutschland angesprochen239, bestanden auch in Deutschland im Zusammenhang mit § 147 AktG a. F. Bedenken, dass die Gesellschaft die ihr zustehenden Schadenersatzansprüche gegenüber Mitgliedern des Vorstands oder des Aufsichtsrats hinreichend energisch verfolgt und deshalb die Reflexschäden im Vermögen der Aktionäre nicht oder nur ungenügend ausgeglichen werden. Anstatt den Aktionären für diese Fälle einen eigenen Ersatzanspruch auf Leistung in das persönliche Vermögen zuzubilligen, hat der deutsche Gesetzgeber auf diese Bedenken dadurch reagiert, dass er im Rahmen des UMAG in § 148 AktG ein 29. Kap. § 9 ABL weitgehend entsprechendes Klagrecht zugunsten einer Aktionärsminderheit eingeführt hat. Danach sind die Aktionäre berechtigt, Ersatzansprüche der Gesellschaft gegenüber Organmitgliedern im eigenen Namen aber auf Rechnung der Gesellschaft geltend zu machen. Im Unterschied zur Rechtslage nach § 147 Abs. 3 AktG a. F. und 29. Kap. § 9 ABL, wonach ein Minderheitenquorum von 5% des Grundkapitals bzw. von 10% aller Aktien erforderlich war bzw. ist, hat der deutsche Gesetzgeber das erforderliche Minderheitenquorum in § 148 Abs. 1 S. 1 AktG auf 1% des Grundkapitals bzw. einen anteiligen Betrag daran in Höhe von A 100.000 abgesenkt. Zur Vermeidung missbräuchlicher Aktionärsklagen wurde auf das Minderheitenquorum nicht gänzlich verzichtet. Zudem wurde für Klagen nach § 148 AktG zusätzlich ein vorgeschaltetes Klagezulassungsverfahren eingeführt240. Eine entsprechende Vorgehensweise würde sich auch für das schwedische Recht empfehlen und sich zudem nahtlos in die bisherigen gesetzlichen Strukturen des 29. Kap. §§ 7, 9 ABL einfügen. Zudem würde hierdurch die Anspruchsverfolgung in Schweden im Unterschied zur bisherigen Rechtslage effizienter, da im Rahmen eines Klagerechts nach 29. Kap. § 9 ABL mit abgesenktem Minderheitenquorum auch Aktionäre mit zusammen weniger als 10% aller Aktien nicht nur ihren eigenen Schaden, sondern den gesamten Schaden der Gesellschaft und damit auch den Reflexschaden aller übrigen Aktionäre geltend machen könnten. Hierdurch würde eine Vielzahl von Einzelprozessen gegenüber den Mitgliedern der Leitungsorgane vermieden, was sowohl im Interesse der klagenden Aktionäre als auch der betroffenen Mitglieder der Leitungsorgane liegt241. Die Minderheitenquoren, die für einen Hauptversammlungsbeschluss über die Haftungsfreiheit gemäß 29. Kap. § 7 ABL sowie für die Einleitung einer Sonderprüfung (särsklild granskning) gemäß 10. Kap. § 22 ABL erforderlich sind, wären dann entsprechend zu reduzieren. 239 240 241

s. oben Teil 1 B.III. Vgl. hierzu insgesamt ausführlich unten Teil 5 B.II.2. Vgl. Kalss/Eckert in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 77.

C. Die Stellung der Aktionäre als Gläubiger

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Schließlich könnte, für den Fall, dass die Erhebung missbräuchlicher Schadenersatzklagen in Schweden wegen der allgemein geringen Klagebereitschaft242 nicht als Gefahr angesehen wird, gegebenenfalls ein noch niedrigeres Minderheitenquorum als in Deutschland eingeführt oder auch gänzlich darauf verzichtet werden. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass die Möglichkeit gegenüber den Mitgliedern der Leitungsorgane eine Klage in Höhe des gesamten Gesellschaftsschadens erheben zu können, anders als die Geltendmachung eines auf den einzelnen Aktionär entfallenden Schadens, ein erhebliches Machtpotenzial in sich birgt, dass sicherlich auch in Schweden nicht unterschätzt werden darf. b) Ersatz von Schäden durch Kursverluste Schäden, die bei börsennotierten Aktien auf Grund von Kursverlusten eintreten und denen kein Gesellschaftsschaden zu Gunde liegt, werden in Deutschland und Schweden grundsätzlich gleich behandelt. Sie sind wie Eigen- bzw. unmittelbare Schäden der Aktionäre zu behandeln. Sie stellen den Regelfall dar, wenn es um Kursverlustschäden infolge fehlerhafter oder unvollständiger Börsenprospekte geht. Durch falsche Informationen am Kapitalmarkt entsteht der Gesellschaft regelmäßig kein eigener Schaden. Vielmehr werden hierdurch nur die Aktionäre geschädigt, weil sie die Aktien der Gesellschaft „zu teuer“ erworben oder „zu billig“ verkauft haben. Soweit bei börsennotierten Aktien durch eine schädigende Handlung der Mitglieder der Leitungsorgane der Gesellschaft auch ein unmittelbarer Schaden im Vermögen der Gesellschaft eingetreten ist, besteht in Schweden Unklarheit über die Behandlung von Kursverlustschäden. Insbesondere die Frage, wie Kursverlustschäden zu behandeln sind, die über einen kongruenten Gesellschaftsschaden hinausgehen, ist in der schwedischen Rechtswissenschaft bisher kaum diskutiert worden. Soweit Ström vorgeschlagen hat, Kursverlustschäden in dem Umfang, in dem sie lediglich den Gesellschaftsschaden widerspiegeln, wie mittelbare Schäden zu behandeln und vorrangig der Gesellschaft einen Schadenersatzanspruch zuzubilligen, entspricht dies weitgehend der deutschen Rechtslage, nach der solche Schäden als Eigenschäden zu behandeln sind. Ström’s weitergehender Vorschlag, einen über den kongruenten Schaden hinausgehenden Kursverlust der Aktionäre nicht zu ersetzen, weil die Bestimmung der konkreten Schadenshöhe zu kompliziert sei, vermag jedoch nicht zu überzeugen. Anstatt einen Anspruch der Anleger auf Ersatz solcher Schäden kategorisch auszuschließen, sollten vielmehr Wege gefunden werden, wie solche Schäden 242 So ausdrücklich SOU 1995:44 (Aktiebolagets organisation), S. 240; af Sandeberg, NFT 1/2003, 1, 2; dies., JT 2001/02, 474, 476; Olrog von Matérn, JT 1996/97, 1071, 1072; Deuschl, JT 1999/00, 269, 297; Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 578.

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Teil 3: Grundlegende Aspekte einer Haftung

praktisch beziffert werden können243. Die in der deutschen Literatur vorgeschlagene Vorgehensweise, zuerst den Gesellschaftsschaden auszugleichen und die Reaktion des Börsenpublikums sowie die damit verbundene Anpassung des Börsenpreises abzuwarten244, ist zwar ebenfalls mit praktischen Schwierigkeiten verbunden, sie kann jedoch zumindest als Anhaltspunkt für eine Behandlung entsprechender Schäden nach schwedischem Recht dienen. Zudem können auch die mit der Schadensermittlung verbundenen Schwierigkeiten im schwedischen Recht in der gleichen Weise überwunden werden wie im deutschen Recht. Soweit im Rahmen der Ermittlung des den anteiligen Gesellschaftsschaden übersteigenden Eigenschadens der Aktionäre gewisse Ungenauigkeiten dadurch entstehen, dass sich im verbleibenden Kursverlust – nach Ausgleich des Gesellschaftsschadens und Abwarten einer entsprechenden Reaktion des Börsenpublikums – markt- oder konjunkturbezogene Faktoren niedergeschlagen haben, die nicht auf die schädigende Handlung zurückzuführen sind und für die der Schädiger deshalb nicht einzustehen hat, kann dem auch im schwedischen Recht mit den Methoden der modernen Finanzwissenschaft, etwa mit Hilfe des Capital Asset Pricing Model, begegnet werden245. Die mit der Einholung eines hierfür erforderlichen Sachverständigengutachtens anfallenden Kosten lassen sich in Schweden ebenfalls durch die Bündelung gleichgerichteter Klagen im Rahmen eines Gruppenklageverfahrens nach dem Gesetz über Gruppenklagen (Lag [2002:599] om grupprättegång) auf mehrere Kläger verteilen246. Zudem trägt das schwedische Prozessrecht den Ungenauigkeiten bei der Ermittlung des den Gesellschaftsschaden übersteigenden unmittelbaren Schadens der Aktionäre in gleicher Weise wie das deutsche Prozessrecht durch eine Schadensschätzung gemäß 35. Kap. § 5 des schwedischen Prozessgesetzes (Rättegångsbalk [1942:740] – RB) Rechnung247. Schließlich kann die bis zur Bestimmung des unmittelbaren Schadens der Aktionäre drohende Verjährung auch in Schweden gemäß § 5 Nr. 3 Verjährungsgesetz (Preskriptionslag [1981:130]) durch Erhebung einer Feststellungsklage (fastställelsetalan) nach 13. Kap. § 2 RB verhindert werden248. 243 So aus der schwedischen Literatur auch Samuelsson, Information och ansvar, S. 316. 244 s. hierzu oben Teil 3 C.II.2.c). 245 Vgl. Sharpe, J. Finan. 19 (1964), 425 ff.; Lintner, J. Finan. 20 (1965), 587 ff.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 316 f.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 400, 402 f. Zur deutschen Rechtslage s. oben Teil 3 C.II.2.c). 246 Vgl. hierzu ausführlich unten Teil 5 C.I.3. 247 So auch Samuelsson, Information och ansvar, S. 316, Fn. 253; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 399; Swahn/Wendleby, JT 2003/04, 586, 597. Allgemein hierzu siehe auch Lindell, Civilprocessen, S. 419 ff.; Karlgren, Skadeståndsrätt, S. 208 f. 248 HD, NJA 1998, 438; Lindell, Civilprocessen, S. 587 ff. Zu den Wirkungen des Verjährungsabbruchs (preskriptionsavbrott) gemäß § 5 Verjährungsgesetz vgl. § 6 f. Verjährungsgesetz. Zur deutschen Rechtslage s. oben Teil 3 C.II.2.c).

Teil 4

Die Börsenprospekthaftung A. Deutschland I. Überblick über die geltenden Prospektpflichten und -haftungsbestimmungen 1. Einführung Eine Haftung für fehlerhafte oder unterlassene Angaben in Prospekten ergibt sich einerseits aus den verschiedenen spezialgesetzlichen Prospekthaftungstatbeständen in den §§ 44 ff. BörsG, §§ 13, 13a Verkaufsprospektgesetz (VerkProspG), in § 127 Investmentgesetz (InvG) sowie aus der übernahmerechtlichen Haftung für unrichtige oder unvollständige Angebotsunterlagen gemäß § 12 Abs. 1 Wertpapierübernahmegesetz (WpÜG) und anderseits aus der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung1. 2. Spezialgesetzlich geregelte Prospektpflichten und -haftungsbestimmungen a) BörsG Emittenten von Wertpapieren haben gemäß § 3 Abs. 1 WpPG einen Prospekt zu veröffentlichen, wenn Wertpapiere im Inland öffentlich angeboten werden. Zudem unterliegt gemäß § 3 Abs. 3 WpPG derjenige, der die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem inländischen organisierten Markt beantragt, einer Prospektpflicht. Nur die gemäß § 3 Abs. 3 WpPG zu erstellenden, sogenannten Börsenprospekte2 sind Gegenstand der Börsenprospekthaftung gemäß §§ 44 ff. BörsG. Die Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG richtet sich gegen die Prospektverantwortlichen und diejenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht. Anspruchsberechtigt sind diejenigen, die auf Grund eines in wesentlichen Angaben fehlerhaften oder unvollständigen Börsenprospekts Wertpapiere

1 Für einen kurzen Überblick s. auch Ekkenga/Maas, Wertpapieremissionen, Rn. 412 ff.; Kiethe, MDR 2006, 843 ff. 2 Zum hier verwendeten Begriff des Börsenprospekts s. oben Teil 1 B. Fn. 6.

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Teil 4: Die Börsenprospekthaftung

erworben haben – einschließlich ihren Rechtsnachfolgern (§ 44 Abs. 2 BörsG) – und denen hierdurch ein Schaden entstanden ist3. b) VerkProspG In Abgrenzung zu §§ 44 ff. BörsG regelt § 13 VerkProspG einerseits eine Haftung für Prospekte, die bei einem außerhalb der Börse erfolgenden öffentlichen Angebot von Wertpapieren gemäß § 3 Abs. 1 WpPG zu veröffentlichen sind, und andererseits für Prospekte, die bei einem öffentlichen Angebot von nicht in Wertpapieren verbrieften Vermögensanlagen gemäß § 8f Abs. 1 VerkProspG veröffentlicht werden müssen4. Die Haftung gemäß § 13 VerkProspG ist durch einen Verweis auf §§ 44 ff. BörsG weitgehend parallel zur börsengesetzlichen Prospekthaftung ausgestaltet. Neben § 13 VerkProspG sieht der durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG) eingeführte § 13a VerkProspG eine Haftung vor, wenn trotz bestehender Prospektpflicht kein Verkaufsprospekt veröffentlicht wurde. Insoweit wird nicht auf die börsengesetzliche Prospekthaftung gemäß den §§ 44 ff. BörsG verwiesen, da dort keine entsprechende Regelung besteht. Dies beruht darauf, dass der Wertpapierhandel an einem organisierten Markt ohne Vorliegen eines Zulassungsprospekts nicht möglich ist. Die zum Handel an einer Börse zwingend erforderliche Zulassung der Wertpapiere erfolgt erst, wenn der Emittent einen Zulassungsprospekt vorgelegt hat und dieser von der Zulassungsstelle gebilligt wurde (§ 32 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 BörsG). Dies ist bei Wertpapieren und sonstigen Vermögensanlagen, die nicht an einem organisierten Markt öffentlich angeboten werden, anders: Da für den Handel außerhalb organisierter Märkte eine Notierung der Vermögensanlage, etwa an einer Börse, nicht erfolgt, kann ihr Verkauf praktisch auch ohne vorherige Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts erfolgen5. Inhaltlich ist die Haftung gemäß § 13a VerkProspG allerdings ebenfalls der Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG nachgebildet6. Die Haftung gemäß §§ 13 f. VerkProspG erfasst somit nur Prospekte, die bei einem öffentlichen Angebot von Wertpapieren und den in § 8f Abs. 1 VerkProspG genannten Finanzinstrumenten, die nicht an einem organisierten Markt gehandelt werden sollen, zu veröffentlichen sind.

3

Zu den Einzelheiten siehe unten Teil 4 A.II. Zur Kritik an den Änderungen und offenen Fragen, die das AnSVG diesbezüglich mit sich gebracht hat vgl. Heisterhagen, DStR 2006, 759, 762 ff.; Benecke, BB 2006, 2597, 2598 ff.; Fleischer, BKR 2004, 339 ff.; Kiethe, MDR 2006, 843, 845 f. 5 Vgl. Barta, NZG 2005, 305; Fleischer, BKR 2004, 339, 346. 6 Vgl. hierzu BegrRegE AnSVG, BT-Drs. 15/3174, S. 44 f. 4

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c) InvG Im InvG sind die zuvor im Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) und im Auslandsinvestmentgesetz (AuslInvmG) enthaltenen Prospektpflichten und Haftungsregelungen aufgegangen. Das InvG enthält Regelungen über inländische Investmentvermögen in Form von Investmentfonds oder Investmentaktiengesellschaften sowie über den Vertrieb von ausländischen Investmentanteilen (vgl. § 1 InvG). Gemäß §§ 42 und 137 InvG sind Kapitalanlagegesellschaften bzw. ausländische Investmentgesellschaften verpflichtet, für die von ihnen verwalteten Sondervermögen bzw. die von ihnen angebotenen Investmentanteile Verkaufsprospekte zu erstellen und potentiellen Erwerbern von Anteilen zur Verfügung zu stellen7. Parallel zur börsengesetzlichen Prospekthaftung sieht § 127 InvG eine Haftung für fehlerhafte und unvollständige Verkaufsprospekte vor. Die Haftung richtet sich gegen folgende Personen: die Kapitalanlagegesellschaft oder die ausländische Investmentgesellschaft, denjenigen, der die Anteile an der Kapitalanlagegesellschaft oder ausländischen Investmentgesellschaft im eigenen Namen gewerbsmäßig verkauft hat (§ 127 Abs. 1 S. 1 InvG) sowie unter bestimmten Umständen denjenigen, der gewerbsmäßig den Verkauf der Anteile vermittelt oder die Anteile im fremden Namen verkauft hat (§ 127 Abs. 4 S. 1 InvG). Anspruchsberechtigt sind die Erwerber der Anteile8. d) WpÜG Derjenige, der ein Pflichtangebot oder ein freiwilliges Angebot zum Erwerb von Wertpapieren, einer Zielgesellschaft9 nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) abgibt, hat gemäß § 11 Abs. 1 WpÜG eine Angebotsunterlage zu erstellen und zu veröffentlichen. Die Angebotsunterlage muss die Angaben enthalten, die notwendig sind, um in Kenntnis der Sachlage über das Angebot entscheiden zu können (§ 11 Abs. 1 S. 2 WpÜG)10. Sind wesentliche Angaben in der Angebotsunterlage unrichtig oder unvollständig, so haben gemäß § 12 Abs. 1 WpÜG die für die Angebotsunterlage Verantwortlichen und diejenigen, von denen der Erlass der Angebotsunterlage ausgeht, als Gesamtschuldner für den entstandenen Schaden Ersatz zu leisten. § 12 Abs. 1 WpÜG ist weitgehend identisch mit den Regelungen in §§ 44 ff. BörsG. Anspruchsbe7

Vgl. auch § 121 Abs. 1 S. 1 InvG. Vgl. (noch zur Rechtslage vor Inkrafttreten des InvG) Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 205. 9 Zielgesellschaften sind gemäß § 2 Abs. 3 WpÜG (1.) Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien mit Sitz im Inland und (2.) Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums. 10 Zu den Angaben, die in einer Angebotsunterlage enthalten sein müssen vgl. § 11 Abs. 2 WpÜG, § 2 WpÜG-Angebotsverordnung (WpÜG-AngebotsVO). Vgl. hierzu im Einzelnen auch Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 13.54. 8

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Teil 4: Die Börsenprospekthaftung

rechtigt sind diejenigen, die das Angebot auf Grund des fehlerhaften oder unvollständigen Prospekts angenommen haben11. Die Haftung gemäß § 12 Abs. 1 WpÜG, wie auch die Haftung nach den übrigen spezialgesetzlichen Prospekthaftungsregelungen, ist grundsätzlich abschließend (§ 12 Abs. 6 WpÜG). Lediglich Ansprüche nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts auf Grund von Verträgen oder vorsätzlich unerlaubten Handlungen bleiben gemäß § 12 Abs. 6 WpÜG unberührt. Eine weitergehende Haftung nach den Grundsätzen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung ist daher im Anwendungsbereich von § 12 WpÜG ausgeschlossen12. Eine Haftung nach den Prospekthaftungsbestimmungen des BörsG, des VerkProspG und gegebenenfalls auch nach den Grundsätzen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung kommt daneben allerdings dann in Betracht, wenn der Bieter als Gegenleistung für die zu erwerbenden Anteile eigene Aktien anbietet. In diesem Fall richtet sich die Haftung für einen neben der Angebotsunterlage erstellten Prospekt nach den Bestimmungen für fehlerhafte oder unvollständige Börsen- bzw. Verkaufsprospekte13. Für diese Fälle sieht § 4 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 3 WpPG allerdings eine weitgehende Befreiung von der Prospektpflicht nach dem WpPG vor14. 3. Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung a) Anwendungsbereich Subsidiär zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung hat die Rechtsprechung für den Bereich des sogenannten „grauen“ Kapitalmarkts, insbesondere den Handel mit Anteilen an Publikums-Kommanditgesellschaften, die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung entwickelt15. Sie beruht maßgeblich auf den Grundsätzen der bürgerlich-rechtlichen Vertrauenshaftung16. 11 Zur Haftung für unrichtige oder unvollständige Angebotsunterlagen vgl. ausführlich: Santelmann, Angebotsunterlagenhaftung; Assmann, AG 2002, 153 ff.; Berding, Anlegerschutz, S. 177 ff. 12 BegrRegE WpÜG, BT-Drs. 14/7034, S. 44; Steinhardt in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 12 Rn. 55. 13 Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 192 f.; Steinhardt in: Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 12 Rn. 63; Vaupel, WM 2002, 1170, 1171 ff.; van Aerssen in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 30 Rn. 34. 14 Vgl. (noch zur Rechtslage vor Inkrafttreten des WpPG) Vaupel, WM 2002, 1170, 1172. 15 Zur Subsidiarität vgl. BGH, NJW 1993, 2865 (Hornblower-Fischer); BGH, NJW 1995, 1025; OLG Frankfurt, BB 1997, 333, 334 f. (Sachsenmilch); Ehricke in: Hopt/ Voigt, S. 226; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 3, § 6 Rn. 1 ff.; Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 935. 16 BGHZ 79, 337, 341; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 191; Assmann in: Assmann/ Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 1, 14 ff.; Heinrichs in: Palandt, BGB, § 280

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Durch die Einführung einer Prospektpflicht für die praktisch häufigsten Fälle von Vermögensanlagen auf dem nicht organisierten, sogenannten „grauen“ Kapitalmarkt durch das AnSVG wurde der Anwendungsbereich der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung allerdings erheblich eingeschränkt. Ihr Anwendungsbereich beschränkt sich deshalb nur noch auf Vermögensanlagen des „grauen“ Kapitalmarkts, die nicht vom Anwendungsbereich des § 8f VerkProspG erfasst werden17. Ob die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung darüber hinaus ergänzend zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung auf diejenigen Personen, die von der spezialgesetzlichen Prospekthaftung nicht erfasst werden18, oder auf andere Unterlagen als Prospekte, die im Zusammenhang mit der Emission von Aktien veröffentlicht werden, anzuwenden ist, ist umstritten19. Bei der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung ist zwischen der Prospekthaftung im engeren und weiteren Sinne zu unterscheiden. Beide Alternativen unterscheiden sich sowohl bei den Anspruchsvoraussetzungen als auch dem Kreis der Verantwortlichen. b) Prospekthaftung im engeren Sinne Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne20 basiert im Kern auf der klassischen, nunmehr in § 311 Abs. 2 und 3 BGB geregelten culpa in contrahendo (c.i.c.). Sie wurde jedoch von der Rechtsprechung in Anlehnung an die spezialgesetzliche Prospekthaftung weiter ausgebildet. Es kommt daher für eine Haftung weder darauf an, dass die Prospektverantwortlichen tatsächlich mit dem Anleger rechtsgeschäftlich in Kontakt getreten sind, noch dass der Anleger die Prospektverantwortlichen überhaupt kannte. Vielmehr wird im Rahmen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne bereits für die Inanspruchnahme desjenigen Vertrauens gehaftet, das Anleger typischerweise im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Prospektangaben einer Anlage entgegenbringen21. Mögliche Haftungsschuldner sind etwa die Rn. 54 ff.; Keul/Erttmann, DB 2006, 1664; Madaus, Jura 2006, 881, 884 ff.; Heisterhagen, DStR 2006, 759, 760; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.398. 17 Von der Prospektpflicht und -haftung für andere Vermögensanlagen als Wertpapiere werden gemäß § 8f Abs. 1 VerkProspG die folgenden Vermögensanlagen erfasst: Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (Treuhandvermögen), Anteile an sonstigen geschlossenen Fonds und Namensschuldverschreibungen, sofern keine Ausnahme gemäß § 8f Abs. 2 VerkProspG eingreift. 18 Dies sind vor allem Experten und Rechtsberater des Emittenten. 19 Vgl. hierzu unten Teil 4 A.II.4.b). 20 Sie wird auch als „eigentliche“ Prospekthaftung bezeichnet. 21 BGHZ 71, 284, 286 ff.; BGHZ 72, 382, 384 ff.; BGHZ 79, 337, 342; BGH WM 1982, 90, 91; BGH WM 1991, 1543, 1544 f. Zur Anwendung auf den Erwerb von Aktien außerhalb organisierter Märkte s. BGH, WM 1985, 1520 f.; BGHZ 115, 214,

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Teil 4: Die Börsenprospekthaftung

Mitglieder der Leitungsorgane des Emittenten aber auch externe Berater, wie z. B. Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. c) Prospekthaftung im weiteren Sinne Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinne22 basiert ebenso wie die Prospekthaftung im engeren Sinne auf dem c.i.c.-Ansatz. Sie hat sich im Gegensatz zu letzterer hiervon jedoch nicht in gleichem Maße entfernt, sondern setzt wie die klassische c.i.c. die konkrete Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens des Anlegers voraus. Es handelt sich bei ihr daher um einen Sonderfall der Sachwalterhaftung23. Eine Haftung kann daher nicht nur den künftigen Vertragspartner, sondern auch Vertreter, Sachwalter oder Garanten des Vertragspartners treffen24. Die Haftung trifft daher diejenigen Personen, die beim Abschluss eines Anlagevertrages einen fehlerhaften Prospekt verwenden, wie z. B. Anlagevermittler und -berater, Treuhänder sowie Kreditinstitute. 4. Weiterer Untersuchungsgang Wie die nähere Betrachtung der bestehenden Prospektpflichten und Prospekthaftungsbestimmungen gezeigt hat, richtet sich die Haftung für fehlerhafte oder unvollständige Börsenprospekte ausschließlich nach den Bestimmungen des BörsG. Der Anwendungsbereich der Prospekthaftungsbestimmungen des VerkProspG, der sich bisher auch auf Prospekte erstreckte, die bei der Zulassung von Wertpapieren zum Handel am geregelten Markt zu erstellen waren, beschränkt sich nunmehr auf Prospekte, die beim Handel außerhalb organisierter Märkte zu erstellen sind. Dies beruht auf der durch das Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz erfolgten Angleichung der Prospektanforderungen bei der Zulassung von Wertpapieren zum amtlichen und geregelten Markt25. Da sich durch das Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz an den Haftungsbestimmungen des BörsG nichts Grundlegendes geändert hat, sind auf die hier allein untersuchte 218 f.; BGH WM 1993, 1787; OLG Frankfurt, WM 1988, 1161 f.; Thüringer OLG Jena, ZIP 2005, 904, 905 (Göttinger Gruppe); vgl. hierzu auch Heinrichs in: Palandt, BGB, § 280 Rn. 54; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 14 f.; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 191; Lang, BKR 2004, 122, 123; Heisterhagen, DStR 2006, 759, 760; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 95; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.396 ff. 22 Sie wird auch als „uneigentliche“ Prospekthaftung bezeichnet. 23 Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 191, 231; Kiethe, ZIP 2000, 216 f.; Kouba, VersR 2004, 570 f.; Heisterhagen, DStR 2006, 759, 760. 24 BGHZ 83, 222, 227; BGH, NJW 1995, 130; BGH, NJW 2001, 360; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 231; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 9.29 ff.; Emmerich in: MünchKomm, BGB, § 311 Rn. 166 ff.; Heinrichs in: Palandt, BGB, § 280 Rn. 54b. 25 Vgl. hierzu oben Teil 1 B.II.4.

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Haftung von Vorständen für Börsenprospekte ausschließlich die spezialgesetzlichen Vorschriften des BörsG anzuwenden26. Wegen des abschließenden Charakters der §§ 44 ff. BörsG ist auch eine Haftung nach den Grundsätzen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung ausgeschlossen27. Wie § 47 Abs. 2 BörsG ausdrücklich klarstellt, kommt neben der börsengesetzlichen Prospekthaftung aber eine Haftung nach den allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts, insbesondere dem Deliktsrecht, in Betracht, so dass im Folgenden auch hierauf näher eingegangen wird.

II. Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach dem BörsG 1. Die Rechtsnatur der börsengesetzlichen Prospekthaftung a) Einführung Über die Rechtsnatur der börsengesetzlichen Prospekthaftung besteht weitgehend Uneinigkeit. Es bestehen im Wesentlichen drei voneinander zu unterscheidende Auffassungen28. Während eine Auffassung die Ansicht vertritt, die börsengesetzliche Prospekthaftung sei rechtsgeschäftlicher Natur, geht die wohl herrschende Ansicht davon aus, dass es sich bei ihr um eine spezialgesetzlich geregelte Form der Vertrauenshaftung handelt. Eine dritte Auffassung wiederum ist der Ansicht, dass die §§ 44 ff. BörsG eine Haftung aus Sonderdelikt regeln. b) Rechtsgeschäftliche Haftung Nach Ansicht von Köndgen ist in der Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG eine rechtsgeschäftlich begründete Haftung zu sehen29. Er geht davon aus, dass ein Prospekt – auch wenn er noch nicht auf den Abschluss eines konkreten Vertrages gerichtet ist – eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung enthalte, die darauf 26 Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zum WpPG-RegE aus rechtssystematischen Gründen eine Aufnahme der Haftungsregelungen des BörsG und des VerkProspG in das WpPG verlangt (vgl. BegrRegE WpPG, BT-Drs. 15/5219). Dem ist der Bundestag jedoch nicht nachgekommen (vgl. auch Groß, Kapitalmarktrecht 4, §§ 13 VerkProspG Rn. 1). 27 BGH, NJW 1993, 2865 (Hornblower-Fischer); BGH, NJW 1995, 1025; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 259; Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 935. Auf die bürgerlich-rechtliche Haftung wird deshalb im Folgenden nur am Rande eingegangen. 28 Vgl. für einen Überblick aus der jüngeren Literatur Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1638 ff. sowie aus der älteren Literatur (allerdings in erster Linie zur Prospekthaftung bei der Publikums-KG) Pleyer/Hegel, ZIP 1986, 681 ff. 29 Köndgen, AG 1983, 85, 90 ff.; (so wohl auch) Kalss, Anlegerinteressen, S. 327.

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Teil 4: Die Börsenprospekthaftung

gerichtet ist, dass die Vermögensanlage die im Prospekt angegebenen Qualitätsmerkmale besitze. Prospektangaben seien daher „als ein in Selbstbindungsabsicht abgegebenes Qualitätsversprechen zu begreifen“, das sich bei Abschluss des individuellen Erwerbsvertrages als Eigenschaftszusicherung aktualisiere30. Da das Versprechen für eine Vielzahl künftiger Individualverträge abgegeben werde, sei von einem „generalisierten Geschäftswillen“ des Prospektverwenders auszugehen. Auf die erforderliche ausdrückliche Zustimmung des Anlegers zu diesem Versprechen sei gemäß § 151 BGB zu verzichten31. c) Gesetzliche Vertrauenshaftung Nach der wohl überwiegenden Auffassung in der Literatur handelt es sich bei der Börsenprospekthaftung gemäß §§ 44 ff. BörsG hingegen in Parallele zur Rechtsnatur der aus der c.i.c. entwickelten bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne32 um eine gesetzliche Form der Vertrauenshaftung33. Zur Begründung wird auf die Entstehungsgeschichte der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne verwiesen. Sie ist von der Rechtsprechung wegen des Fehlens einer spezialgesetzlichen Prospekthaftung für nicht börsennotierte Wertpapiere und der nur ungenügenden Reichweite der allgemeinen deliktischen Haftung zur Schließung von Schutzlücken auf Grundlage der c.i.c. entwickelt worden. Auch die börsengesetzliche Prospekthaftung baue auf dieser Vertrauenshaftung auf 34. Das Modell der Vertrauenshaftung werde der börsengesetzlichen Prospekthaftung am ehesten gerecht. Entsprechend der ständigen Rechtsprechung zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne stehe der Annahme einer Vertrauenshaftung auch nicht entgegen, dass es zwischen den Parteien eines Prospekthaftungsanspruchs an einem rechtsgeschäft30

Köndgen, AG 1983, 85, 91. Köndgen, AG 1983, 85, 91 f. 32 Vgl. zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne oben Teil 4 A.I.3.b). 33 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2276 ff.; Coing, WM 1980, 206, 211; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 44 BörsG Rn. 1; Bröcker in: Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rn. 94; Krause, ZGR 2002, 799, 829; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 7; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 9 f.; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 9; Lehmann, WM 1985, 181, 183 f.; Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG, §§ 45, 46 a. F. BörsG Rn. 18; Kamlah, WM 1998, 1429, 1435; Braun/ Rotter, BKR 2003, 918, 921; (im Wesentlichen zu §§ 37b, 37c WpHG) Mülbert/ Steup, WM 2005, 1633, 1637 f. 34 Bröcker in: Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rn. 94; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 7; (a. A.) Coing, WM 1980, 206, 210 ff., der zwar auch davon ausgeht, dass es sich bei der Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG um eine Vertrauenshaftung handelt, die jedoch nicht über eine mittelbare Anknüpfung an die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne auf den „konturlosen“ Grundsätzen der c.i.c. fuße, sondern aus der hiervon selbständigen gesetzgeberischen Entscheidung folge. 31

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lichen Kontakt fehlt. In Parallele zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne genüge zur Begründung der Haftung die Inanspruchnahme typisierten Vertrauens35. d) Sonderdelikt Nach einer dritten Ansicht handelt es sich bei der Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG um eine Sonderform der Deliktshaftung36. Von dieser Ansicht wird insbesondere geltend gemacht, der Grundsatz der Vertrauenshaftung, wie er von der Rechtsprechung zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 44 BörsG vertreten worden ist, sei zu konturenlos. Dadurch drohe eine uferlose Ausweitung der Vertrauenshaftung auch auf andere Haftungsbereiche37. Zudem sei dem Gesetz eine Haftung zwischen Vertrag und Delikt fremd38. Darüber hinaus werde im Rahmen der c.i.c. „genuines Deliktsrecht nach vertraglichen Grundsätzen betrieben“ 39. Systematisch überzeugender sei daher die Annahme einer deliktischen Haftung40. Dabei gehen die Vertreter der Deliktshaftung vorwiegend entweder davon aus, dass es sich bei der Prospekthaftung um eine Haftung für die Verletzung bestimmter Berufspflichten im Sinne deliktischer Verkehrspflichten41 oder um die Verletzung kapitalmarktbezogener Informationspflichten42 handelt. Von Teilen dieser Ansicht wird zudem ausgeführt, dass sich ein Vorrang der Prospekthaftung vor dem Gebot der Kapitalerhaltung nicht mit einer vertrag35 BGH, NJW 1993, 2865 (Hornblower-Fischer); Ellenberger, Prospekthaftung, S. 9; ähnlich auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2278, der statt auf die Anspruchnahme typisierten Vertrauens auf die Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr abstellt. 36 Assmann, Prospekthaftung, S. 241 ff., 252 ff., 377 Fn. 1; ders. in: Assmann/ Schütze, Hdb KapitalanlageR 3, § 6 Rn. 28; Gebauer, Börsenprospekthaftung und Kapitalerhaltungsgrundsatz, S. 75 ff.; Ekkenga/Maas, Wertpapieremissionen, Rn. 411. Zur Prospekthaftung bei der Publikums-KG vgl. auch v. Bar, ZGR 1983, 476, 496 ff.; Wiedemann/Schmitz, ZGR 1980, 129, 143 ff.; (zur Haftung gemäß §§ 37b, 37c WpHG) Fuchs in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c, Rn. 5 f.; Sethe in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 23; Möllers/Leisch in: Kölner Komm, WpHG, §§ 37b, c Rn. 13. 37 v. Bar, ZGR 1983, 476, 499 f.; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 33; ders., Prospekthaftung, S. 245; Wiedemann/Schmitz, ZGR 1980, 129, 145. 38 Dieses Argument ist heute durch die gesetzliche Regelung der c.i.c. in § 311 Abs. 2 und 3 BGB überholt. 39 Vgl. Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 3, § 6 Rn. 39 unter Verweis auf Kreuzer, JZ 1976, 778. 40 v. Bar, ZGR 1983, 476, 499 f.; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 40; ders., Prospekthaftung, S. 252 ff. 41 v. Bar, ZGR 1983, 476, 507 ff.; vgl. hierzu auch Assmann, Prospekthaftung, S. 258 ff. 42 Assmann, Prospekthaftung, S. 252 ff., 273 ff.

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lichen oder einer Vertrauenshaftung rechtfertigen lasse. Da es sich bei dem Verbot der Einlagenrückgewähr um ein Verbotsgesetz handele, wäre ein Vorrang der börsengesetzlichen Haftung ausgeschlossen, wenn die Börsenprospekthaftung als vertraglich begründete Haftung einzuordnen wäre. Es sei gerade die Aufgabe von Verbotsgesetzen entgegenstehende vertragliche Verpflichtungen zu verbieten. Ein Vorrang des Anlegerschutzes sei daher nur denkbar, wenn es sich bei den §§ 44 ff. BörsG um eine gesetzlich begründete deliktische Haftung handelt43. e) Stellungnahme Die insbesondere von Köndgen vertretene Ansicht, nach der die Börsenprospekthaftung eine rechtsgeschäftlich begründete Haftung darstelle, ist generell abzulehnen. Sie geht entgegen der tatsächlichen Gegebenheiten zu Unrecht von einer Aufspaltung des Willens des Prospektverwenders einerseits in eine reine Wissensbekundung über den Inhalt des Angebots und andererseits in ein mit Rechtsbindungswillen abgegebenes Qualitätsversprechen aus. Es ist sehr zweifelhaft, ob die verschiedenen, nach dieser Ansicht in einem Prospekt enthaltenen Erklärungen von den Anlegern als solche wahrgenommen werden und die Anleger überhaupt einen (konkludenten) Rechtsbindungswillen hinsichtlich des Qualitätsversprechens entwickeln44. Zudem lässt sich mit der Annahme einer rechtsgeschäftlichen Haftung z. B. eine Verpflichtung des Emittenten dann nicht begründen, wenn der Anleger die Aktien nicht unmittelbar vom Emittenten, sondern – wie heute der Regelfall – von einem der Emissionsbegleiter oder sogar auf dem sekundären Kapitalmarkt45 erworben hat. Nicht zu überzeugen vermag die rechtsgeschäftliche Lösung zudem, wenn es um die „Fiktion“ eines vertraglichen Verhältnisses zwischen den Anlegern und etwa den Vorstandsmitgliedern des Emittenten geht. Im Übrigen spricht gegen diese Auffassung, dass eine Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG tatbestandlich kein Vertragsverhältnis zwischen dem Anspruchsberechtigten und dem Anspruchsverpflichteten voraussetzt46. Eine Haftung der Organmitglieder der Gesellschaft als Prospektverantwortliche auf Grund einer rechtsgeschäftlichen Verpflichtung vermag daher nicht zu überzeugen47.

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Gebauer, Börsenprospekthaftung und Kapitalerhaltungsgrundsatz, S. 75. So auch Pleyer/Hegel, ZIP 1986, 681, 685. 45 Zur Prospekthaftung beim Erwerb von Aktien auf dem sekundären Kapitalmarkt vgl. unten Teil 4 A.II.5. 46 Darauf verweist auch Ellenberger, Prospekthaftung, S. 9. 47 So im Ergebnis auch Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 7; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 9; Gebauer, Börsenprospekthaftung und Kapitalerhaltungsgrundsatz, S. 77; Pleyer/Hegel, ZIP 1986, 681, 685 f.; Bröcker in: Claussen, Bankund Börsenrecht, § 6 Rn. 94. 44

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Auch die Ansicht in der Literatur, die die Prospekthaftung als eine Sonderform der deliktischen Haftung ansieht, überzeugt nicht. Der insbesondere von Assmann vertretenen Ansicht, die Prospektpflicht bestehe aus einer Vielzahl von Verkehrspflichten in Form einzelner Auskunfts-, Erklärungs- und Informationspflichten, die die Stellung von ungeschriebenen Schutzgesetzen i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB einnehmen sollen, ist nicht zu folgen. Insbesondere vermag diese Ansicht nicht überzeugend zu begründen, auf welcher Basis die angenommenen Verkehrspflichten als Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB zu qualifizieren sind. Gegen die Annahme einer Schutzgesetzqualität spricht vor allem, dass nach dem Willen des Gesetzgebers an Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB besonders strenge Anforderungen zu stellen sind48. Eine Erweiterung der deliktischen Haftung für Vermögensschäden erscheint zudem aus systematischen Gründen nicht zulässig. Der Gesetzgeber hat eine Haftung für Vermögensschäden bewusst nur unter den strengen Voraussetzungen der §§ 823 Abs. 2, 826 BGB gewährt. Im Gesetzgebungsverfahren bei Erlass des BGB hat er sich bewusst gegen die Einführung einer Generalklausel für Vermögensschäden ausgesprochen49. Entgegen der Ansicht von Gebauer ist die Annahme einer deliktischen Haftung auch nicht schon deshalb geboten, weil nur eine deliktische Haftung einen Vorrang der Prospekthaftung vor dem Grundsatz der Kapitalerhaltung zu begründen vermag50. Gebauer ist zwar darin zuzustimmen, dass eine vertraglich begründete Haftung keinen Vorrang vor einem Verbotsgesetz wie § 57 AktG zu rechtfertigen vermag51. Für die Vertrauenshaftung als Rechtsnatur der börsengesetzlichen Prospekthaftung trifft dies jedoch nicht zu. Die Tatsache, dass es sich bei der Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG um eine Vertrauenshaftung handelt, schließt nicht aus, dass es sich dabei zugleich um eine gesetzliche Haftung handelt, die in Konkurrenz zu dem Verbot der Einlagenrückgewähr treten kann. Wie Gebauer selbst unter Verweis auf Coing52 darlegt, handelt es sich bei der Vertrauenshaftung nicht um ein rechtliches Institut, sondern lediglich um einen rechtspolitischen Gedanken, der seine Ausgestaltung erst in bestimmten Rechtsinstituten findet. Ein solches Institut ist – anders als Coing offenbar meint – auch die börsengesetzliche Prospekthaftung. In der Begründung zum 3. FmFG hat der Gesetzgeber jetzt auch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die §§ 44 ff. BörsG den §§ 57, 71 f. AktG vorgehen53.

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So auch Pleyer/Hegel, ZIP 1986, 681, 689. Vgl. hierzu Wagner in: MünchKomm, BGB, vor § 823 Rn. 13, § 826 Rn. 4 ff.; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, S. 354. 50 s. hierzu oben Teil 3 B.III.1.b). 51 Vgl. Gebauer, Börsenprospekthaftung und Kapitalerhaltungsgrundsatz, S. 75. 52 Coing, WM 1980, 206, 211. 53 Vgl. BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 78 sowie oben Teil 3 B.II.1.b)bb). 49

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Schließlich spricht gegen die Annahme einer deliktischen Haftung die Tatsache, dass der Gesetzgeber in § 47 Abs. 2 BörsG eine Haftung nach den allgemeinen deliktischen Bestimmungen neben der börsengesetzlichen Prospekthaftung ausdrücklich zugelassen hat. Dies wäre systematisch inkonsequent, wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen wäre, dass es sich bei den §§ 44 ff. BörsG selbst um eine spezialgesetzliche Ausprägung der allgemeinen deliktischen Haftung handeln würde. Für die Annahme einer Vertrauenshaftung spricht zudem die Tatsache, dass diese gerade kein Vertragsverhältnis zwischen dem Anspruchsteller und dem Anspruchsgegner der börsengesetzlichen Prospekthaftung voraussetzt. Dies ist durch die Rechtsprechung des BGH zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne, die eine modifizierte Form der allgemeinen Vertrauenshaftung darstellt, anerkannt54. 2. Das Haftungsobjekt a) Der Börsenprospekt Der Erwerber von Wertpapieren, die auf Grund eines Prospekts zum Börsenhandel zugelassen wurden, kann gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG Schadenersatz verlangen, wenn Angaben, die zur Beurteilung der Wertpapiere wesentlich sind, im Prospekt unrichtig oder unvollständig widergegeben werden. Die Haftung gemäß § 44 BörsG knüpft daher an die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit eines Börsenprospekts an55. Eine Definition des Prospektbegriffs enthält das Börsengesetz nicht. Aus dem Kontext der Vorschrift ergibt sich jedoch, dass ein Prospekt i. S. d. §§ 44 ff. BörsG der Prospekt ist, auf dessen Grundlage die Wertpapiere gemäß § 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG zum Börsenhandel zugelassen worden sind56. Der Prospektbegriff des BörsG ist somit formaler Natur57. Als Prospekt werden nur diejenigen schriftlichen Darstellungen erfasst, die Grundlage für die Zulassung der Wertpapiere zum Börsenhandel waren. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der

54 BGH, NJW 1993, 2865 (Hornblower-Fischer); vgl. auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2278; zustimmend Ellenberger, Prospekthaftung, S. 10; Krause, ZGR 2002, 799, 829. 55 Zum Begriff des Börsenprospekts vgl. bereits oben Teil 1 B. Fn. 6. 56 Schäfer, ZGR 2006, 40, 44; Barta, NZG 2005, 305, 307; Buck-Heeb, KapitalmarktR, Rn. 473; Ekkenga/Maas, Wertpapieremissionen, Rn. 417. Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des WpPG vgl. Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 46; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 194 f.; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F55; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 15; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 23. 57 Barta, NZG 2005, 305, 307; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 46; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 124.

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Prospekt alle nach dem WpPG und der EU-ProspektVO erforderlichen Angaben enthält oder ob überhaupt eine Prospektpflicht bestand58. b) Die gleichgestellte schriftliche Darstellung Gemäß § 44 Abs. 4 BörsG steht einem Prospekt eine schriftliche Darstellung gleich, auf Grund deren Veröffentlichung der Emittent von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts befreit wurde. Die genaue Bestimmung des Begriffs der schriftlichen Darstellung in diesem Sinne war nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des WpPG umstritten. So war streitig, ob eine von der Prospektpflicht befreiende schriftliche Darstellung i. S. v. § 44 Abs. 4 BörsG allein eine Darstellung i. S. d. §§ 45 Nr. 1, 45a Abs. 1 Nr. 3 bis 5 BörsZulV a. F. sein konnte, die einem Prospekt weitgehend entspricht59 oder auch jede sonstige zum Zweck der Befreiung von der Prospektpflicht zu machende Angabe i. S. d. §§ 45, 45a BörsZulV60. Die §§ 45, 45a BörsZulV wurden mittlerweile durch das Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz aufgehoben. Die darin enthaltenen Prospektbefreiungstatbestände finden sich zwar teilweise neben neuen Befreiungstatbeständen in § 4 Abs. 2 WpPG wieder61, durch die Aufhebung der §§ 45, 45a BörsZulV ist jedoch die Äußerung des Gesetzgebers des 3. FmFG, wonach nur mit einem Prospekt vergleichbare schriftliche Darstellungen i. S. d. §§ 45 Nr. 1, 45a Abs. 1 Nr. 3 bis 5 BörsZulV a. F. von § 44 Abs. 4 BörsG erfasst werden62, überholt63. Ungeachtet dessen werden jedoch auch nach neuer Rechtslage nicht alle Dokumente, deren Veröffentlichung gemäß § 4 Abs. 2 WpPG zu einer Befreiung von einer Prospektpflicht führt, von der Prospekthaftung gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 i.V. m. Abs. 4 BörsG erfasst. Mülbert/Steup haben zur neuen Rechtslage im Einzelnen dargelegt, dass eine Börsenprospekthaftung allein wegen der nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 und 4 WpPG erforderlichen Dokumente in Betracht kommt, da die

Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 46; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 23. So BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 79; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 15; Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG, §§ 45, 46 BörsG Rn. 14. 60 So Groß, Kapitalmarktrecht 2, §§ 45, 46 BörsG Rn. 15; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 21; ders. in: FS Schimansky, 591, 598. 61 § 3 WpPG befreit bestimmte Arten von Wertpapierangeboten bereits von der Anwendung des WpPG insgesamt, ohne dass hierfür die Veröffentlichung bestimmter Dokumente erforderlich wäre. Die Prospektbefreiungstatbestände des § 4 Abs. 1 WpPG beziehen sich nur auf öffentlich angebotene Wertpapiere, die nicht zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, und somit nicht auf die hier untersuchten börsennotierten Aktien. 62 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 79. 63 So auch Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 29. 58 59

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darin enthaltenen Angaben mit denen eines Prospektes gleichwertig sind64. Dies entspricht auch der bereits vom europäischen Gesetzgeber der Wertpapierprospektrichtlinie gewählten und vom deutschen Gesetzgeber übernommenen sprachlichen Unterscheidung zwischen einem Dokument, „dessen Angaben denen des Prospekts gleichwertig sind“ (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 3 und 4 WpPG), und anderen weniger umfassenden Dokumenten gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 5, 6 und 8 WpPG, die zur Befreiung von der Prospektpflicht zu veröffentlichen sind65. Die Haftung gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 i.V. m. Abs. 4 BörsG für einem Prospekt gleichstehende schriftliche Darstellungen hat bisher jedoch kaum praktische Bedeutung erlangt. Soweit ersichtlich, war die Frage noch nie Gegenstand einer (veröffentlichten) Gerichtsentscheidung. c) Die inhaltlichen Anforderungen an einen Börsenprospekt Die inhaltlichen Anforderungen an Börsenprospekte, ihre Veröffentlichung, die Befreiung von der Prospektpflicht, die Nachtragspflicht als auch die Hinweispflicht auf den Prospekt in Werbeanzeigen und dergleichen richten sich nach dem WpPG i.V. m. den Bestimmungen der EU-ProspektVO66. Sie lösen die §§ 1 bis 8e VerkProspG a. F., § 30 Abs. 4 und 5 BörsG a. F. sowie die §§ 13 bis 47, 52 Abs. 2, 68 BörsZulV a. F. ab, die durch das Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz aufgehoben wurden67.

64 Grundlegend Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1639 ff.; zustimmend Veil/Wundenberg, WM 2008, 1285, 1291. Mülbert/Steup sprechen sich für eine teleologische Reduktion der Haftung gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 i.V. m. Abs. 4 BörsG aus. Fraglich ist jedoch, ob andere als die mit einem Prospekt gleichwertigen Dokumente bereits vom Begriff der schriftlichen Darstellung i. S. v. § 44 Abs. 4 BörsG umfasst sind und es daher auf eine teleologische Reduktion überhaupt ankommt. Dagegen spricht insbesondere der Wille des Gesetzgebers des 3. FmFG, durch das § 44 Abs. 4 BörsG eingeführt wurde, wonach nur solche schriftlichen Darstellungen von der Börsenprospekthaftung erfasst werden sollten, die mit einem Prospekt „vergleichbar“ sind (BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 79). In weitgehender Übereinstimmung damit verlangt § 4 Abs. 2 Nr. 3 und 4 WpPG die Veröffentlichung von Dokumenten, die mit einem Prospekt „gleichwertig“ sind. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Begriff der Gleichwertigkeit bereits aus der Feder des europäischen Gesetzgebers stammt, der die deutsche Haftungsbestimmung des § 44 Abs. 4 BörsG bei seiner Rechtssetzung sicherlich nicht im Auge hatte. Die Tatsache, dass die übrigen für die Befreiung von der Prospektpflicht zu veröffentlichenden Dokumente – wie von Mülbert/Steup zutreffend dargelegt – eine Haftung nicht zu rechtfertigen vermögen, spricht jedoch schon für sich genommen dafür, die Anwendung von § 44 Abs. 4 BörsG auf die nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 und 4 WpPG erforderlichen Dokumente, die einem Prospekt „gleichwertig“ sind, zu beschränken. Zum Begriff der Gleichwertigkeit im Zusammenhang mit § 4 Abs. 2 Nr. 3 WpPG vgl. auch Veil/Wundenberg, WM 2008, 1285, 1287 ff. 65 A.A. offensichtlich weiterhin Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 29. 66 Vgl. § 7 WpPG. 67 Vgl. Art. 2 Nr. 1, Art. 3 Nr. 2, Art. 4 Nr. 7, 10 und 13 Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz.

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Vergleichbar mit den bisherigen Regelungen für Börsenzulassungsprospekte in § 13 Abs. 1 BörsZulV bzw. für Verkaufsprospekte in § 7 Abs. 1 VerkProspG, § 2 Abs. 1 S. 1 VerkProspV bestimmt § 5 WpPG den erforderlichen Prospektinhalt nur allgemein. Nach seinem Wortlaut müssen Prospekte in leicht analysierbarer und verständlicher Form sämtliche Angaben enthalten, „die im Hinblick auf den Emittenten und die öffentlich angebotenen oder zum Handel an einem organisierten Markt zugelassenen Wertpapiere notwendig sind, um dem Publikum ein zutreffendes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste, die Zukunftsaussichten des Emittenten und jedes Garantiegebers sowie über die mit diesen Wertpapieren verbundenen Rechte zu ermöglichen“ 68. Die Vorschrift orientiert sich am Wortlaut von Art. 5 Wertpapierprospektrichtlinie. Die sprachliche Abweichung von den bisherigen – ebenfalls uneinheitlichen – Regelungen in § 13 Abs. 1 BörsZulV, § 7 Abs. 1 VerkProspG und § 2 Abs. 1 S. 1 VerkProspV, insbesondere die Streichung der Merkmale „Vollständigkeit“ und „Richtigkeit“ der Prospektangaben dürften an den bisher an einen Prospekt zu stellenden inhaltlichen Anforderungen nichts ändern. Sie beruht allein auf der sprachlichen Anpassung von § 5 WpPG an den Wortlaut von Art. 5 Wertpapierprospektrichtlinie69. Über den Allgemeinsatz in § 5 WpPG hinaus verweist § 7 WpPG hinsichtlich der in einen Prospekt aufzunehmenden Mindestangaben auf die EU-ProspektVO. Sie regelt in Art. 3 bis Art. 24 die gemäß § 7 WpPG in einen Prospekt aufzunehmenden Mindestangaben. Abhängig von der Art des jeweiligen Emittenten und der Wertpapiere verweisen Art. 4 ff. EU-ProspektVO auf die in den Anhängen I bis XVII geregelten Schemata und Module, die die konkret in den Prospekt aufzunehmenden Mindestangaben in Form von Listen aufführen. Danach hat der Prospekt Angaben über Tatsachen und Prognosen zu enthalten. Welche Tatsachen und Prognosen im Prospekt konkret mitzuteilen sind, ergibt sich für die Emission von Aktien aus Art. 4 i.V. m. Anhang I der EU-ProspektVO. Im Hinblick auf die zu veröffentlichenden Prognosen ordnet Nr. 12.2. Anhang I der EU-ProspektVO an, dass der Emittent im Registrierungsformular i. S. v. § 12 Abs. 1 S. 2 WpPG „Informationen über bekannte Trends, Unsicherheiten, Nachfrage, Verpflichtungen oder Vorfälle, die wahrscheinlich die Aussichten des Emittenten zumindest im laufenden Geschäftsjahr wesentlich beeinträchtigen dürften“, mitzuteilen hat. Er kann zudem Gewinnprognosen oder -schätzungen abgeben, wie Nr. 13. Anhang I deutlich macht. Macht der Emittent hiervon Gebrauch, so hat er gemäß Nr. 13.1. bis 13.3. Anhang I unter an-

68 Vgl. Crüwell, AG 2003, 243, 246; Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 507; Weber, NZG 2004, 360, 364. 69 So auch Ekkenga, BB 2005, 561, 563.

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derem die wesentlichen Grundlagen und Annahmen für diese Prognosen darzulegen70, 71. Gemäß Art. 5 Abs. 2 S. 2 und 3 Wertpapierprospektrichtlinie bzw. § 5 Abs. 2 WpPG ist der Emittent zudem verpflichtet, dem Prospekt eine umfassende Zusammenfassung voranzustellen, die „die wesentlichen Merkmale und Risiken, die auf den Emittenten, jeden Garantiegeber und die Wertpapiere zutreffen“, enthält. Damit hat die Zusammenfassung Angaben über den gesamten wesentlichen Inhalt des Prospekts zu enthalten72. Unrichtige oder unvollständige Angaben in der Zusammenfassung führen gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 5 BörsG ausdrücklich nicht zu einer Haftung gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG, es sei denn, die Zusammenfassung ist auch dann irreführend, unrichtig oder widersprüchlich, wenn sie zusammen mit den anderen Teilen des Prospekts gelesen wird73. d) Durch Verweis in den Prospekt einbezogene Dokumente (incorporation by reference) In Umsetzung von Art. 11 Wertpapierprospektrichtlinie sieht § 11 WpPG vor, dass Dokumente im Wege des Verweises in einen Prospekt mit der Folge einbezogen werden können, dass sie Bestandteil des Prospekts werden. Diese Möglichkeit bestand nach bisheriger Rechtslage nicht. Bisher mussten alle zur Erfüllung der Prospektpflicht erforderlichen Angaben in einem Dokument enthalten sein. Durch Verweis in den Prospekt einbezogene Dokumente müssen zeitlich vor oder gleichzeitig mit dem Prospekt veröffentlicht werden. Dabei muss es sich um von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gebilligte oder bei ihr hinterlegte Dokumente handeln (§ 11 Abs. 1 S. 1 WpPG). Wird von der Möglichkeit der Einbeziehung durch Verweis Gebrauch gemacht, muss dem Prospekt eine Liste der einbezogenen Dokumente beigefügt werden, wobei anzugeben ist, welche Angaben an welcher Stelle in Bezug genommen wurden und wo die in Bezug genommenen Dokumente veröffentlicht sind (§ 11 Abs. 2 WpPG). Art. 28 Abs. 1 der EU-ProspektVO enthält eine exemplarische Liste der Dokumente, die geeignet sind, durch Verweis in den Prospekt einbezogen zu werden. Dabei handelt es sich insbesondere um folgende Dokumente: Jahres- und Zwischenberichte; Dokumente, die im Zuge einer spezifischen Trans70 Vgl. zur Prognoseberichterstattung und zur Haftung für fehlerhafte Prognosen ausführlich Fleischer, AG 2006, 2 ff.; Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 88 f. 71 Auf die weiteren inhaltlichen Anforderungen an Prospekte nach der EU-ProspektVO soll hier nicht weiter eingegangen werden. Vgl. hierzu Kullmann/Sester, ZBB 2005, 209, 212 ff.; Holzborn/Israel, ZIP 2005, 1668, 1674. 72 Wieneke, NZG 2005, 109, 111; Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 85. 73 Vgl. auch § 5 Abs. 2 S. 3 Nr. 5 WpPG zu dem entsprechenden in den Prospekt aufzunehmenden Warnhinweis.

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aktion erstellt werden, wie z. B. einer Fusion oder einer Spaltung; Prüfungsberichte des Abschlussprüfers und Jahresabschlüsse; Gründungsverträge und Satzungen; zu einem früheren Zeitpunkt gebilligte und veröffentlichte Prospekte oder Rundschreiben an die Wertpapierinhaber sowie sonst gesetzlich vorgeschriebene Informationen, wie etwa Ad-hoc-Mitteilungen und Mitteilungen über bedeutende Stimmrechtsanteile 74. Die Aufnahme von Informationen in die Zusammenfassung des Prospekts mittels Verweis ist nicht zulässig (§ 11 Abs. 1 S. 3 WpPG). Da Dokumente, die mittels Verweis in den Prospekt einbezogen wurden, Bestandteil des Prospekts werden, erstreckt sich die Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG auch auf diese Dokumente. Anders als nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des WpPG können daher auch falsche oder unterlassene Angaben in Jahresabschlüssen oder sogar Ad-hoc-Mitteilungen zu einer Prospekthaftung führen, wenn diese Dokumente wirksam durch Verweis in den Prospekt einbezogen wurden75. e) Die Erstreckung der Haftung auf sonstige Kommunikationsmedien Die Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG knüpft allein an unrichtige oder unvollständige Angaben in Börsenprospekten an, die von der BaFin gebilligt und auf deren Grundlage Wertpapiere zum Börsenhandel zugelassen wurden. Eine Haftung für andere Unterlagen, die unrichtige oder unvollständige Angaben über den Emittenten oder die von ihm angebotenen Wertpapiere enthalten oder für mündliche Äußerungen im Zusammenhang mit der Emission von Aktien, kommt daher nach §§ 44 ff. BörsG grundsätzlich nicht in Betracht76. Ob sich eine Haftung für andere als die vom formalen Prospektbegriff gemäß §§ 44 ff. BörsG erfassten schriftlichen Darstellungen nach der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung ergeben kann, ist umstritten, nach richtiger Ansicht aber abzulehnen77. Im Rahmen der Prospekthaftung gemäß §§ 44 ff. BörsG ist eine Haftung für unrichtige oder unvollständige Angaben außerhalb von Prospekten jedoch mittelbar über § 15 Abs. 5 WpPG möglich, der eine Verpflichtung zur informationellen Gleichbehandlung aller Anleger enthält78. 74 Vgl. Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 506; Crüwell, AG 2003, 243, 248; Kullmann/ Sester, ZBB 2005, 209, 214. 75 Holzborn/Schwarz-Gondek, BKR 2003, 927, 934; Weber, NZG 2004, 360, 366. 76 Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F55 f.; Hopt/Voigt in: Hopt/ Voigt, S. 47; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 193 f. 77 (Wie hier, dagegen) Schäfer, ZGR 2006, 40, 45 f.; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 47; Kort, AG 1999, 9, 19; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 102; (dafür) Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F56; Groß, AG 1999, 199, 209; ders., Kapitalmarktrecht, § 48 BörsG Rn. 4. Vgl. hierzu näher unten Teil 4 A.II.4.c). 78 Wieneke, NZG 2005, 109, 110.

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Bei der Emission von Wertpapieren verwenden die Emittenten üblicherweise verschiedene Kommunikationswege. Neben der Veröffentlichung des Prospekts, der die vorrangige und „offizielle“ Form der Information der Anleger darstellt, ist es üblich, vor allem institutionelle Anleger gesondert anzusprechen – sei es im Wege von Informationsveranstaltungen für einen ausgewählten Kreis von Anlegern (sogenannte Road Shows) oder von Analystengesprächen79. Um eine informationelle Besserstellung dieser Anlegergruppen zu verhindern, hat der Anbieter von Wertpapieren gemäß § 15 Abs. 5 S. 2 i.V. m. S. 1 WpPG „wesentliche Informationen über den Emittenten oder ihn selbst, die sich an qualifizierte Anleger oder besondere Anlegergruppen richten, einschließlich Informationen, die im Verlauf von Veranstaltungen betreffend Angebote von Wertpapieren mitgeteilt werden“, in den Prospekt oder in einen Nachtrag zum Prospekt i. S. v. § 16 Abs. 1 WpPG aufzunehmen80. Wesentlich in diesem Sinne sind – ebenso wie im Rahmen von § 44 Abs. 1 BörsG81 – diejenigen Informationen, die zu den wertbildenden Faktoren der Wertpapiere gehören82 und die ein Anleger bei seiner Anlageentscheidung eher berücksichtigen als unberücksichtigt lassen würde83. Hintergrund der Regelung in § 15 Abs. 5 WpPG ist die informationelle Gleichbehandlung aller Anleger84. Wesentliche Informationen, die qualifizierten Anlegern oder Anlegergruppen im Rahmen eines öffentlichen Angebots von Wertpapieren oder einer Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt mitgeteilt wurden, sollen deshalb im Prospekt oder einem Nachtrag hierzu auch den übrigen Anlegern zugute kommen. Hierdurch soll eine Bevorzugung einzelner Anleger bzw. Anlegergruppen verhindert werden85. 79 Wieneke (NZG 2005, 109 ff.) fasst dies unter dem Begriff der „fokussierten Kommunikation“ zusammen. 80 Zur Nachtragspflicht gemäß § 16 Abs. 1 WpPG vgl. unten Teil 4 A.II.3.d)aa). Zur Nachtragspflicht nach alter Rechtslage gemäß §§ 52 Abs. 2 S. 2 BörsZulV a. F. und § 11 S. 2 VerkProspG a. F. vgl. Stephan, AG 2002, 3, 10. 81 s. hierzu unten Teil 4 A.II.3.c). 82 Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 68; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 87. 83 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 24; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.354; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 3, § 6 Rn. 87. 84 Wieneke, NZG 2005, 109, 110. 85 Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 15 WpPG Rn. 2; Schlitt/Singhof/Schäfer, BKR 2005, 251, 257; Ekkenga, BB 2005, 561, 562. Die Verpflichtung gemäß § 15 Abs. 5 WpPG beschränkt sich jedoch allein auf Informationen i. S. v. § 15 Abs.1 WpPG (§ 15 Abs. 1 WpPG spricht insoweit etwas zu eng von „Werbung“), die sich auf ein öffentliches Angebot von Wertpapieren oder auf die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt bezieht. Zur informationellen Gleichbehandlung der Anleger (mit Finanzanalysten) außerhalb gesetzlicher Pflichtinformationen vgl. Seibt, ZGR 2006, 501, 508 ff., 511, demzufolge außerhalb des Bereichs der gesetzlichen Pflichtinformationen ein Gebot der informationellen Gleichbehandlung aller Aktionäre nicht

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Der Begriff der qualifizierten Anleger ist in § 2 Nr. 6 WpPG legaldefiniert. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um institutionelle und sonstige Großanleger. Der Begriff der besonderen Anlegergruppe i. S. v. § 15 Abs. 5 WpPG ist hingegen nach seinem Wortlaut zu bestimmen. Dabei handelt es sich folglich um jede Gruppe von tatsächlichen oder potentiellen Anlegern, die aus mehreren juristischen oder natürlichen Personen besteht und nach ihrer Art Gemeinsamkeiten aufweist. § 15 Abs. 5 WpPG stellt nicht nur auf schriftliche Informationen ab, sondern schließt durch den Nachsatz, „einschließlich Informationen, die im Verlauf von Veranstaltungen betreffend Angebote von Wertpapieren mitgeteilt werden“, auch mündlich mitgeteilte Informationen in die Publikationspflicht mit ein. Durch die Verpflichtung, die in § 15 Abs. 5 WpPG genannten, an qualifizierte Anleger oder besondere Anlegergruppen gerichteten Informationen in den Prospekt aufzunehmen, werden diese Informationen auch von der Prospekthaftung gemäß §§ 44 ff. BörsG erfasst. Verstößt der Emittent gegen die Verpflichtung zur Aufnahme der genannten Informationen in einen Prospekt, ist der Prospekt unvollständig. Sind die außerhalb eines Prospekts gemachten Angaben unrichtig und werden diese später entsprechend der Verpflichtung gemäß § 15 Abs. 5 S. 2 WpPG in den Prospekt oder einen Nachtrag hierzu aufgenommen, wird auch der Prospekt unrichtig. 3. Prospektmangel a) Einführung Ein Prospektmangel i. S. v. § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG liegt vor, wenn in einem Börsenprospekt wesentliche Angaben unrichtig oder unvollständig sind. Die Unterscheidung zwischen unrichtigen und unvollständigen Angaben ist historisch bedingt86. Ob die Beibehaltung der Unterscheidung im Gesetz heute noch gebesteht und der Emittent daher insbesondere Finanzanalysten Informationen zur Verfügung stellen darf, die nicht zugleich allen Kapitalanlegern zur Verfügung gestellt werden. Hiergegen spricht jedoch Ziffer 6.3. des DCGK, wonach Emittenten Aktionäre bei Informationen gleich behandeln und ihnen unverzüglich sämtliche neuen Tatsachen, die Finanzanalysten und vergleichbaren Adressaten mitgeteilt worden sind, zur Verfügung stellen sollen. 86 Bis zum Inkrafttreten des 3. FmFG sahen die Prospekthaftungsregelungen des BörsG einen unterschiedlichen Verschuldensmaßstab für unrichtige und unterlassene Angaben vor. Während bei unrichtigen Angaben für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gehaftet wurde, setzte eine Haftung für unvollständige Angaben bösliches Verschweigen oder bösliches Unterlassen einer gebotenen Überprüfung der Vollständigkeit durch die Prospektverantwortlichen voraus. Dieser heute sonst unbekannte Verschuldensmaßstab steht zwischen grober Fahrlässigkeit und Arglist und ist daher mit dolus eventualis vergleichbar. Vgl. hierzu Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 3, § 6 Rn. 88 m. w. N.; Schäfer, ZGR 2006, 40, 49.

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rechtfertigt ist, ist fraglich87. Der Gesetzgeber hielt sie jedenfalls aus Klarstellungsgründen für geboten88. Eine inhaltliche Bedeutung kommt der Unterscheidung nicht zu, da ein unvollständiger Prospekt stets zugleich ein unrichtiger Prospekt ist89. b) Unrichtiger oder unvollständiger Prospekt aa) Tatsachen, Prognosen und Werturteile Gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 WpPG muss der Prospekt in leicht analysierbarer und verständlicher Form sämtliche Angaben enthalten, die notwendig sind, um dem Publikum ein zutreffendes Urteil über den Emittenten und die zum Handel an einem organisierten Markt zugelassenen Wertpapiere zu ermöglichen90. Ein Prospekt enthält regelmäßig Tatsachen, Prognosen und Werturteile91. Früher war umstritten, ob die Prospektverantwortlichen nur für nachprüfbare Tatsachen oder auch für unrichtige Prognosen und Werturteile haften. Seit der Betonund-Monierbau-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BuM)92 aus dem Jahre 1982 ist jedoch auch eine Haftung für Prognosen und Werturteile allgemein anerkannt93. Unrichtig ist ein Prospekt dann, wenn er Tatsachen enthält, die nicht der Wahrheit entsprechen. Das ist dann der Fall, wenn nicht vorhandene Umstände als vorhanden oder vorhandene Umstände als nicht vorhanden bezeichnet werden94. Zudem ist er unrichtig, wenn Prognosen und Werturteile nicht durch die 87 Zur ähnlichen Unterscheidung im schwedischen Recht zwischen fehlerhaften und unvollständigen Prospekten vgl. unten Teil 4 B.II.3.b). 88 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 76. 89 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 76; OLG Frankfurt, BB 1994, 737 (Bond); Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 88; Frohne, Prospektpflicht, S. 44 f.; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 17; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 8.85. 90 Vgl. hierzu Crüwell, AG 2003, 243, 246; Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 507, Weber, NZG 2004, 360, 364. 91 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 19; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 40; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 89; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F58 f. 92 BGH, NJW 1982, 2823 ff. (BuM). 93 Vgl. Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 40; Assmann in: Assmann/ Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 120 ff.; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F58 f.; ders., AG 2006, 2, 7 f.; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 214; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 32; Siebel/Gebauer, WM 2001, 173, 173, 176 ff.; Habersack in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 28 Rn. 16. Eingehend zur (haftungsrechtlichen) Bedeutung von Prognosen im Kapitalmarktrecht s. Veil, AG 2006, 690 ff. 94 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 25; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 44.

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ihnen zugrundeliegenden Tatsachen gestützt werden und kaufmännisch vertretbar sind95. Unvollständig ist ein Prospekt, der nicht alle zur Beurteilung der Wertpapiere und des Emittenten erforderlichen wesentlichen Angaben enthält96. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn nach der EU-ProspektVO erforderliche Angaben fehlen97. bb) Falscher Gesamteindruck Eine Fehlerhaftigkeit des Prospekts kann sich auch aus einem falschen Gesamteindruck aller Prospektangaben ergeben. Für die Beurteilung des Prospekts kommt es nicht nur darauf an, dass die einzelnen im Prospekt enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind, sondern auch darauf, dass der Prospekt aus Sicht der relevanten Anlegerkreise98 einen zutreffenden Gesamteindruck von der Anlage und dem Emittenten vermittelt99. Der Prospekt ist daher dementsprechend zu formulieren und zu strukturieren100. Gegebenenfalls sind über die Mindestangaben nach der EU-ProspektVO hinaus weitergehende Angaben in den Prospekt aufzunehmen, wenn nur so ein zutreffendes Gesamtbild erzeugt werden kann101.

95 Zur Haftung für falsche Prognosen und Werturteile vgl. insb. die BuM-Entscheidung des BGH (NJW 1982, 2823, 2826) und OLG Düsseldorf, WM 1984, 586, 595 f. (BuM) sowie aus der Literatur ausführlich auch Fleischer, AG 2006, 2, 7 ff. sowie ders., Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F59; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 224; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 44; Groß in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 46 BörsG Rn. 188; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 21; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 8.87; Bröcker in: Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rn. 94c; Siebel/Gebauer, WM 2001, 173, 187 f.; Veil, AG 2006, 690, 696 f. 96 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 32; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 224; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 45. 97 Heidelbach/Preuße, BKR 2006, 316; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 45 ff. 98 Vgl. hierzu unten Teil 4 A.II.3.e)aa). 99 BGH, NJW 1982, 2823, 2824 (BuM); OLG Frankfurt, BB 1994, 737 (Bond); OLG Frankfurt, NZG 1999, 1072, 1074 (MHM Mode Holding); Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 106 f.; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 8.84 f.; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 25; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 224; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 32 f., 37 f.; Habersack in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 28 Rn. 16. 100 Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 224; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F58; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 40; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 37 f. 101 Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des WpPG vgl. BGH, NJW 1982, 2823, 2824 (BuM); OLG Düsseldorf, WM 1984, 586, 593 (BuM); OLG Frankfurt, BB 1994, 737 (Bond); Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 32; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 223.

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c) Wesentliche Angaben Da der nach dem BörsG und dem WpPG aufzustellende Prospekt nur solche Informationen enthalten muss, die für die Beurteilung des Emittenten und der von ihm ausgegebenen Wertpapiere wesentlich sind, kommt eine Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG auch nur bei Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit wesentlicher Angaben in Betracht102. Welche Angaben wesentlich sind, richtet sich nach § 5 Abs. 1 S. 1 WpPG. Entscheidend ist danach, ob die Angaben das Urteil des Publikums über die „Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste, die Zukunftsaussichten des Emittenten und jedes Garantiegebers sowie über die mit den Wertpapieren verbundenen Rechte“ beeinflussen können. Dies entspricht der Rechtslage vor Inkrafttreten des WpPG, wonach diejenigen Angaben als wesentlich i. S. v. § 44 Abs. 1 BörsG angesehen wurden, die zu den wertbildenden Faktoren der Anlage gehören103 und die die relevanten Anlegerkreise bei ihrer Anlageentscheidung eher berücksichtigen als unbeachtet lassen würden104. d) Aktualisierungs- und Berichtigungspflicht aa) Die Nachtragspflicht gemäß § 16 WpPG Gemäß § 5 Abs. 1 WpPG sind im Prospekt alle für die Beurteilung der zuzulassenden Wertpapiere wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse richtig, vollständig und verständlich darzustellen. Daraus ergibt sich neben den Grundsätzen der Prospektwahrheit und -klarheit auch der Grundsatz der Prospektaktualität 105. Da sich die für die Beurteilung der Wertpapiere wesentlichen Verhältnisse zwischen der Billigung des Prospekts und der Einführung der Wertpapiere in den Börsenhandel ändern können, müssen gemäß § 16 Abs. 1 WpPG jeder wichtige neue Umstand und jede wesentliche Unrichtigkeit in den Prospektangaben, die während dieser Zeit entstanden sind und die die Beurtei-

102 OLG Frankfurt, NZG 2004, 483, 484; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 24; Schäfer, ZGR 2006, 40, 49; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 223 ff.; Sittmann, NZG 1998, 490, 491; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 31. 103 BGH NJW 1982, 2823, 2824; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 68; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 223; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 33. 104 OLG Frankfurt, AG 2005, 851, 852; OLG Frankfurt, NZG 1999, 1072, 1073 (MHM Mode Holding); Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 24; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.354; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 87; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 223; Schäfer, ZGR 2006, 40, 49; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 33. 105 Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des WpPG vgl. BGH, NZG 1998, 774, 775 (Elsflether Werft); Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 27; Groß, Kapitalmarktrecht4, § 45 BörsG Rn. 56; Stephan, AG 2002, 3, 7.

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lung der Wertpapiere beeinflussen können, in einen Nachtrag zum Prospekt aufgenommen werden106. § 16 WpPG enthält damit sowohl eine Verpflichtung zur Berichtigung als auch zur Aktualisierung von Prospekten107. Er orientiert sich an den bisherigen Regelungen in § 52 Abs. 2 BörsZulV bzw. § 11 VerkProspG a. F. Ein Nachtrag zum Prospekt unterliegt gemäß §§ 16 Abs. 1 S. 3, 13 WpPG den gleichen formalen Anforderungen wie der Prospekt selbst108. Er ist daher durch die BaFin zu billigen, bevor er veröffentlicht werden darf109. Dadurch, dass Nachträge den gleichen Anforderungen wie Prospekte unterliegen und Teil derselben werden, erstreckt sich auch die Prospekthaftung auf die in Nachträgen enthaltenen unrichtigen oder unvollständigen Angaben110. Die bisher im Rahmen von § 52 Abs. 2 BörsZulV a. F. bzw. § 11 VerkProspG a. F. ungeklärte Frage nach der Dauer der Nachtragspflicht wird durch § 16 WpPG abschließend geklärt111. § 16 Abs. 1 S. 1 WpPG bestimmt ausdrücklich, dass die Nachtragspflicht auf solche Umstände beschränkt ist, die zwischen Billigung des Prospekts und der Einführung oder Einbeziehung der Wertpapiere in den Handel auftreten oder festgestellt werden. Die Nachtragspflicht endet daher mit der Einführung der Wertpapiere in den Handel112. Aus der Tatsache, dass § 9 WpPG die Gültigkeit des Prospekts für die Dauer von zwölf Monaten an dessen Aktualisierung durch die erforderlichen Nachträge knüpft, ergibt sich keine über die Einführung der Aktien zum Handel hinausgehende Aktualisierungspflicht. Hierdurch wird nur klargestellt, dass derselbe Prospekt für einen Zeitraum von zwölf Monaten verwendet werden kann, um weitere Aktien zum 106 Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 16 WpPG Rn. 3 f.; Habersack in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 28 Rn. 24. 107 Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 16 WpPG Rn. 2; Apfelbacher/Metzner, BKR 2006, 81, 86. 108 Die Tatsache, dass in § 16 WpPG anders als noch in § 52 Abs. 2 S. 2 BörsZulV die Anwendung der Prospektvorschriften auf Nachträge nicht mehr ausdrücklich klargestellt wird, führt zu keiner Änderung der bisherigen Rechtslage. Vgl. BegrRegE WpPG, BT-Drs. 15/4999, S. 36; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 96. 109 Zur Kritik an dem Billigungserfordernis vgl. Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 16 WpPG Rn. 9; Crüwell, AG 2003, 243, 251. 110 Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 64; vgl. zur bisherigen Rechtslage auch Schwark in: Schwark, KMRK, § 52 BörsZulV Rn. 6; Stephan, AG 2002, 3, 10, 12; Ellenberger in: FS Schimansky, 591, 597; Assmann in: FS Ulmer, S. 757, 768 ff.; (a. A.) OLG Frankfurt, AG 2004, 510, 511 (Zur unterlassenen Aktualisierung bzw. Berichtigung des Prospekts. Ausgeschlossen wäre eine Haftung danach jedoch nur für unvollständige Angaben im Nachtrag, da nur sie einer [teilweisen] Unterlassung der Nachtragspflicht gleichsteht). 111 Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 59 f. Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des WpPG vgl. BGH NZG 1998, 774 ff. (Elsflether Werft – im Ergebnis offenlassend); OLG Frankfurt, AG 2004, 510, 511; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 28 f.; Stephan, AG 2002, 3, 7 f. 112 Begr. Finanzausschuss WpPG, BT-Drs. 15/5373, S. 50; Kullmann/Sester, WM 2005, 1068, 1075; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 16 WpPG Rn. 5; § 45 BörsG Rn. 59 ff.

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Handel zuzulassen. Erforderlich ist dann jedoch, dass der Prospekt durch entsprechende Nachträge auf den aktuellen Stand gebracht wird113. bb) Die Obliegenheit zur Prospektberichtigung gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG sieht einen Haftungsausschluss vor, wenn von Beginn an unrichtige oder unvollständige Prospektangaben vor Abschluss des jeweiligen Erwerbsgeschäfts berichtigt werden114. Ausreichend ist hierfür gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG eine deutlich gestaltete Berichtigung im Rahmen des Jahresabschlusses oder des Zwischenberichts des Emittenten, in einer Ad-hocMitteilung gemäß § 15 WpHG115 oder in einer vergleichbaren Bekanntmachung. Während Nachträge i. S. v. § 16 WpPG Angaben korrigieren bzw. aktualisieren, die erst nach Billigung des Prospekts durch die BaFin bis zum Ende des öffentlichen Angebots unrichtig oder unvollständig geworden sind, betrifft § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG die Berichtigung von Angaben, die bereits bei Veröffentlichung des Prospekts unrichtig bzw. unvollständig waren116. Eine Berichtigung gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG dient daher der nachträglichen Erfüllung des bereits bei Veröffentlichung des Prospekts bestehenden Aktualitätsgebots. § 16 WpPG dient hingegen der Aufrechterhaltung der Aktualität des Prospekts während der Angebotsphase117. Zwar bestimmt § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG keinen zeitlichen Rahmen für die Berichtigungspflicht, ihr Umfang ergibt sich jedoch aus der Begrenzung der Prospekthaftung gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG auf Erwerbsgeschäfte innerhalb von sechs Monaten nach Einführung der Aktien. Da § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG einen Haftungsausschlussgrund darstellt, macht eine Berichtigung danach keinen Sinn mehr118. Berichtigungen i. S. v. § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG unterliegen zudem anders als Nachträge i. S. v. § 16 WpPG nicht den formalen Anforderungen an Prospekte Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 62. Dabei handelt es sich nach zutreffender Ansicht nicht um eine Berichtigungspflicht, sondern lediglich um eine Möglichkeit der Haftung gemäß § 44 Abs. 1 BörsG zu entgehen. Vgl. hierzu ausführlich Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 59 ff. m.w. N. 115 Bei gleichzeitigem Bestehen einer Ad-hoc-Mitteilungspflicht gemäß § 15 WpHG und einer Aktualisierungs- bzw. Berichtigungspflicht gemäß § 16 WpPG sind nach der Regierungsbegründung zu § 16 WpPG (BT-Drs. 15/4999, S. 36) bei Wertpapieren, die zum Handel an einem organisierten Markt zugelassenen werden sollen, beide Veröffentlichungen vorzunehmen, wobei der Nachtrag frühestens zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung erfolgen darf. 116 Stephan, AG 2002, 3, 12; (missverständlich, aber wohl ebenso zu verstehen) Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 95. 117 Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 16 WpPG Rn. 4. 118 Stephan, AG 2002, 3, 12; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 20. 113 114

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nach den §§ 13 ff. WpPG119. Eine Berichtigung kann daher kein Nachtrag i. S. v. § 16 WpPG sein. Ein Nachtrag stellt jedoch eine vergleichbare Bekanntmachung i. S. v. § 45 Abs. 2 Nr. 4 BörsG und damit eine Berichtigung dar. Mit einem Nachtrag können deshalb auch solche Prospektfehler haftungsbefreiend berichtigt werden, die bereits vor Billigung des Prospekts vorgelegen haben120. Obwohl Berichtigungen des Prospekts anders als Nachträge nicht wie Prospekte zu behandeln sind, ändern sie den Inhalt des Prospekts, für den gemäß §§ 44 ff. BörsG gehaftet wird, so dass Fehler in Prospektberichtigungen auch zu einer Prospekthaftung führen können121. e) Beurteilungshorizont aa) Der relevante Anlegerhorizont (1) Meinungsstand Gemäß § 5 WpPG muss der Prospekt in leicht analysierbarer und verständlicher Form sämtliche Angaben enthalten, die im Hinblick auf den Emittenten und die zum Handel an einem organisierten Markt zugelassenen Wertpapiere notwendig sind, um dem Publikum eine fundierte Anlageentscheidung zu ermöglichen122. Welche Angaben notwendig sind und in welcher Form diese zu veröffentlichen sind, ist daher aus Sicht der Anleger zu beurteilen. Umstritten ist jedoch, auf welchen Anlegerhorizont dabei abzustellen ist. Die zum relevanten Anlegerhorizont i. S. d. §§ 44 ff. BörsG vertretenen Auffassungen umfassen ein weites Spektrum. So wird zum Teil auf einen unkundigen Kleinanleger123, einen unbewanderten Laien124 oder einen flüchtigen Leser125 abgestellt. Andere stellen hingegen auf einen kundigen Leser bzw. Fachmann ab, der sich gegebenenfalls durch Experten beraten lässt126. Wiederum andere wollen den relevanten Anlegerhorizont danach bestimmen, an wen die 119 (Zur geltenden Rechtslage) Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 96; (zur Rechtslage vor Inkrafttreten des WpPG) Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 58; (differenzierend) Groß, Kapitalmarktrecht 2, §§ 45, 46 BörsG Rn. 61; Stephan, AG 2002, 3, 12. 120 So wohl auch Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 70. 121 Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 66; Stephan, AG 2002, 3, 12. 122 Vgl. Crüwell, AG 2003, 243, 246; Kunold/Schlitt, BB 2004, 501, 507, Weber, NZG 2004, 360, 364. 123 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2279; Ehricke, DB 1980, 2429, 2432; (so wohl auch) Lehmann, WM 1985, 181, 183 (durchschnittlicher Kapitalanleger ohne profunde Spezialkenntnisse). 124 Wunderlich, DStR 1975, 688, 690. 125 Schäfer, BKR 2003, 78; (ausdrücklich gegen einen solchen Anlegerhorizont) Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 84. 126 LG Düsseldorf, WM 1981, 102, 106.

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Anlage nach dem Willen des Emittenten gerichtet ist127. Noch weitergehend wird zum Teil generell auf den Verständnishorizont professioneller Marktteilnehmer abgestellt128. Nach dieser Ansicht wird der Prospekt nur von professionellen Marktteilnehmern gelesen und verstanden. Privatanleger seien hingegen stets auf deren Hilfe angewiesen. Das Wissen der professionellen Marktteilnehmer sei deshalb ausreichend, um den Emissionspreis an ein faires Niveau heranzuführen, auf das sich die übrigen Anleger bei ihrer Anlageentscheidung verlassen könnten. Die Erstellung eines für Privatanleger verständlichen Prospekts sei daher weder möglich noch erforderlich129. Zwischen diesen Extremen nimmt der Bundesgerichtshof eine vermittelnde Stellung ein, indem er abstellt „auf einen durchschnittlichen Anleger, der zwar eine Bilanz zu lesen versteht, aber nicht unbedingt mit der in eingeweihten Kreisen gebräuchlichen Schlüsselsprache vertraut zu sein braucht“ 130. Ausgehend vom Maßstab des Bundesgerichtshofs werden in der Literatur weitergehende Versuche unternommen, den relevanten Anlegerhorizont zu bestimmen. Nach Ansicht von Schwark131 und Assmann132 ist der Ansatz des Bundesgerichtshofs inkonsistent. Ein durchschnittlicher Anleger könne weder eine Bilanz lesen noch die wesentlichen, sonst im Prospekt enthaltenen Finanzinformationen, wie z. B. einen nach US-GAAP oder IFRS aufgestellten Jahresabschluss, verstehen133. Nach Ansicht von Schwark sei daher auf eine mittlere Linie abzustellen und jedenfalls ein „verständiger und zugleich kritikfähiger Leser“ vorauszusetzen134.

127 Kamlah, WM 1998, 1429, 1435. Erforderlich sei hierfür jedoch, dass der Prospekt einen deutlichen Hinweis auf diesen Anlegerkreis enthält, etwa durch einen Hinweis darauf, dass es sich um besonders risikobehaftete Wertpapiere handelt und die Anlage daher nur für erfahrene und risikobewusste Anleger geeignet sei. 128 Schönenberger, Notwendigkeit und Effizienz, S. 33. 129 Schönenberger (Notwendigkeit und Effizienz, S. 31 ff.) leitet daraus ab, dass eine gesetzliche Prospektpflicht generell überflüssig sei. 130 BGH NJW 1982, 2823, 2824 (BuM); BGH, NJW-RR 2005, 772, 773; OLG Frankfurt, BB 1994, 737 (Bond); OLG Frankfurt, NZG 1999, 1072, 1073 (MHM Mode Holding); OLG Frankfurt, AG 2004, 510, 512 (das versucht in einem Spagat die Differenz zwischen dem BGH und insb. Schwark zu schließen); ähnlich auch OLG Düsseldorf, WM 1984, 586, 592 (BuM – durchschnittlicher Anleger); OLG Frankfurt, AG 2005, 851, 852 (aufmerksamer Leser und durchschnittlicher Anleger); Ellenberger, Prospekthaftung, S. 37 f. (durchschnittlicher Anleger); Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 220; Bröcker in: Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rn. 94b. 131 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 19. 132 Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 3, § 6 Rn. 83. 133 So auch Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 41. 134 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 19 unter Verweis auf BGH, ZIP 1981, 517, 520 = BGHZ 79, 337 ff. (kritische Leser); so auch Veil, ZBB 2006, 162, 164 f.; Hopt in: FS Pleyer, S. 341, 365; Heidelbach/Preuße, BKR 2006, 316, 320 (verständiger Anleger).

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Auch Fleischer will auf einen verständigen Anleger als Maßfigur abstellen135. Nicht in Betracht komme nach seiner Ansicht ein Abstellen auf einen unbedarften oder flüchtigen Leser136. Obwohl „[s]tandardisierte Prospektinformation ohne einen Grundstock an Vorwissen und ein Mindestmaß an Deutungsdiligenz beim Zielpublikum schlechterdings nicht aus[kommt]“, sei auch im Hinblick auf Privatanleger nicht auf die Anlageberatung durch Prospekte zu verzichten. Vielmehr würde man dem differenzierten Informationsbedarf durch eine „Kombination fachspezifischer Einzelangaben und allgemein verständlicher Zusammenfassungen“ am besten gerecht werden137. In dieselbe Richtung gehen auch die Vorschläge von Hopt138 und Kalss139, nach deren Ansicht den Privatanlegern ein Kurzprospekt zur Verfügung zu stellen sei, der auf ihren Kenntnisstand zugeschnitten ist. Nach Ansicht von Wienecke, der diesem Ansatz zustimmt, richten sich die unterschiedlichen Teile des Prospekts an verschiedene Anlegergruppen140. Die Zusammenfassung des Prospekts sowie die Beschreibung der Risikofaktoren und der Geschäftstätigkeit richteten sich in erster Linie an den durchschnittlichen Privatanleger. Der Jahresabschluss, insbesondere die Angaben im Anhang, könnten sich hingegen nur an Fachkreise richten, da sie unverändert in den Prospekt zu übernehmen sind und zu ihrem Verständnis fundierte Kenntnisse im Bereich der Bilanzierung und Rechnungslegung erforderlich seien141. Dieser aus dem angelsächsischen Recht herrührende Ansatz der „differential disclosure“142 komme auch in den Neureglungen der Wertpapierprospektrichtlinie und des WpPG zum Ausdruck. Gemäß Art. 5 Abs. 2 S. 2 und 3 Wertpapierprospektrichtlinie bzw. § 5 Abs. 2 WpPG sei der Emittent verpflichtet, dem Prospekt eine umfassende Zusammenfassung voranzustellen, die „die wesentlichen Merkmale und Risiken, die auf den Emittenten, jeden Garantiegeber und die Wertpapiere zutreffen“ enthält. Damit habe die Zusammenfassung Angaben über den gesamten wesentlichen Inhalt des Prospekts, anstatt wie bisher üblich, nur über die Geschäftstätigkeit und die wesentlichen Finanzdaten zu enthalten143. Veil steht der Annahme eines solchen differenzierenden Anlegerhorizonts ablehnend gegenüber, da die Zusammenfassung gemäß § 5 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 135 Zustimmend Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 41; ebenso Habersack in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 28 Rn. 15. 136 Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F44 f. 137 Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F45. 138 Hopt, ZGR 1980, 225, 239 f. 139 Kalss, Anlegerinteressen, S. 173, Fn. 76. 140 Wieneke, NZG 2005, 109, 111. 141 Wieneke, NZG 2005, 109, 111. 142 Vgl. hierzu Loss/Seligman, Securities Regulation, S. 182 ff.; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F45. 143 Wieneke, NZG 2005, 109, 111.

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WpPG nach dem Willen des Gesetzgebers bloß die Funktion einer Einführung zum Prospekt habe und der Anleger jede Entscheidung zur Anlage auf die Prüfung des gesamten Prospekts stützen sollte. Es verbiete sich daher, den unterschiedlichen Teilen des Prospekts verschiedene Verständnishorizonte beizumessen. Vielmehr seien auch die beizubringenden Finanzinformationen in einer für einen verständigen Anleger verständlichen Weise zu präsentieren144. (2) Stellungnahme Der differenzierende Ansatz zur Bestimmung des relevanten Anlegerhorizonts ist zu befürworten. Danach ist im Hinblick auf die verschiedenen Teile des Prospekts auf einen unterschiedlichen Beurteilungshorizont abzustellen. Ein einheitliches Abstellen auf einen durchschnittlichen, verständigen Anleger, der eine Bilanz lesen kann – wie vom Bundesgerichtshof befürwortet –, ist in der Literatur zurecht kritisiert worden. Will man auf einen Anleger abstellen, der die notwendigen Grundkenntnisse zum Verständnis aller Teile des Prospekts besitzt, kann dies nicht zugleich ein durchschnittlich verständiger Privatanleger sein. Der Information von Privatanlegern dienen praktisch nur die dem Prospekt voranzustellende Zusammenfassung sowie gegebenenfalls die Beschreibung der Risikofaktoren und der Geschäftstätigkeit des Emittenten. Darüber hinaus erhalten Privatanleger die für ihre Anlageentscheidung wichtigen Informationen unmittelbar oder mittelbar über die Lektüre einschlägiger Zeitungsberichte von Finanzintermediären und sonstigen Fachleuten. Diesen dient wiederum der gesamte Prospekt zur Information. Dass dem Informationsbedürfnis der Privatanleger in erster Linie die Zusammenfassung dient, entspricht wohl auch der Intention des europäischen Gesetzgebers. Dies kommt in der Sprachenregelung gemäß Art. 19 Abs. 3 S. 2 Wertpapierprospektrichtlinie (§ 19 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 2 WpPG) zum Ausdruck145. Danach ist bei Prospekten für Wertpapiere, die sowohl in Deutschland als auch in einem anderen Mitgliedstaat der EU öffentlich angeboten werden sollen, nur eine deutsche Übersetzung der Zusammenfassung in den Prospekt aufzunehmen. Offensichtlich dient nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers deshalb nur die Zusammenfassung der Information aller Anleger. Die Zusammenfassung sowie die Beschreibung der Risikofaktoren und der Geschäftstätigkeit des Emittenten haben sich daher an den Kenntnissen und dem Verständnishorizont eines durchschnittlich verständigen Anlegers zu orientieren146. 144

Veil, ZBB 2006, 162, 165. Vgl. hierzu Mattil/Möslein, WM 2007, 819 ff. 146 Die Kenntnisse und das Verständnis eines unbedarften oder flüchtigen Lesers genügen hierfür nicht, da zum Verständnis der Materie an sich eine nur flüchtige Beschäftigung generell nicht ausreichend ist. 145

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Für die weitergehenden Angaben im Prospekt, insbesondere die Finanzinformationen im Registrierungsformular gemäß Art. 4 i.V. m. Anhang I Nr. 20 EUProspektVO, ist hingegen auf den Verständnishorizont professioneller Marktteilnehmer abzustellen. Da eine allgemeine Verständlichkeit dieser Prospektangaben für Privatanleger wegen der Art der Information grundsätzlich nicht erreichbar ist, ist eine entsprechende Anpassung des Beurteilungsmaßstabs vorzunehmen. Eine detaillierte Erläuterung aller Finanzinformationen im Prospekt, um sie durchschnittlich verständigen Anlegern zu erklären, würde zu einer „Informationsüberflutung“ führen und die wesentlichen Informationen über den Emittenten und die Emission untergehen lassen. Zudem ist nicht zu erwarten, dass die Mehrheit der Privatanleger einen möglicherweise um mehrere hundert Seiten mit Erläuterungen erweiterten Prospekt vor einer Anlageentscheidung studiert. Schließlich würde der Umfang der notwendigen Erläuterungen auch für die institutionellen Anleger zu einem Verlust der Lesbarkeit des Prospekts führen147. Eine Differenzierung zwischen Durchschnittsanlegern und professionellen Anlegern sieht auch § 42 InvG vor. Danach haben Kapitalanlagegesellschaften einen vereinfachten und einen ausführlichen Verkaufsprospekt zu erstellen, wobei nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 42 Abs. 2 InvG der vereinfachte Verkaufsprospekt in erster Linie der Information der Durchschnittsanleger dient und daher in einer für diese leicht verständlichen Form abzufassen ist. In § 5 WpPG fehlt eine entsprechende Differenzierung, aus den genannten Gründen ist sie jedoch auch für Wertpapierprospekte geboten. Der Einwand von Veil 148 unter Verweis auf den Wortlaut von § 5 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 und 2 WpPG, wonach eine Beurteilung des Prospekts nicht allein auf Grund der Zusammenfassung erfolgen sollte und diese nur als Einführung zum Prospekt zu verstehen ist, mag zwar formal richtig sein. Ihm steht jedoch zum einen in tatsächlicher Hinsicht entgegen, dass auch ein durchschnittlich verständiger Anleger regelmäßig nicht in der Lage ist, die in den Prospekt aufzunehmenden Finanzinformationen über den Emittenten zu deuten. Zudem ist eine Darstellung der Finanzinformationen in einer für Durchschnittsanleger verständlichen Weise nicht möglich, ohne für alle Anleger zu einer „Informationsüberflutung“ und zu einem generellen Verlust der Lesbarkeit zu führen. Zum anderen ist aus dem Willen des Gesetzgebers, dass der Anleger seine Anlageentscheidung nicht nur auf die Zusammenfassung, sondern auf den gesamten Prospekt stützen sollte, nicht ohne weiteres zu schließen, dass der einzelne An147 So auch Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 19 f.; Groß, Kapitalmarktrecht4, § 45 BörsG Rn. 41; unentschlossen Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 8.84, der die Schwierigkeit der Erläuterung aller Informationen erkennt, aber keine Schlussfolgerung hieraus zieht. 148 Veil, ZBB 2006, 162, 165.

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leger den Prospekt selbst gelesen und verstanden haben muss. Vielmehr lässt der Wortlaut ebenso zu, dass ein durchschnittlicher Anleger bei der Bewertung insbesondere der Finanzinformationen Hilfe von Finanzintermediären und anderen Experten in Anspruch nimmt. § 5 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 und 2 WpPG lässt sich, wie § 5 Abs. 2 S. 3 Nr. 4 WpPG klarstellt, nur entnehmen, dass der Emittent nicht allein deshalb haftbar gemacht werden kann, weil die Zusammenfassung des Prospekts für sich genommen unrichtig oder unvollständig ist. Dabei ist zu beachten, dass es bei der Bestimmung des relevanten Anlegerhorizonts darum geht, einen praktisch handhabbaren und dennoch interessengerechten Maßstab für die Notwendigkeit einer Erläuterung der gesetzlich vorgeschriebenen Prospektangaben zu finden. Es geht dabei nicht darum, an die Richtigkeit oder Vollständigkeit der gesetzlich vorgeschriebenen Prospektinformationen geringere Anforderungen zu stellen, sondern allein darum, wie weit die Pflichtinformationen für den verständigen Durchschnittsanleger erläutert und in eine Alltagssprache „übersetzt“ werden müssen, um nicht zur Unrichtigkeit oder vielmehr Unvollständigkeit des Prospekts zu führen. Sind die am Verständnishorizont professioneller Marktteilnehmer ausgerichteten Finanzinformationen im Prospekt unrichtig oder unvollständig, d.h., sind insbesondere die Unternehmenszahlen falsch oder in einer irreführenden Weise dargestellt, so führt dies zu einem Prospektmangel, auf den sich auch die durchschnittlich verständigen Anleger, insbesondere Kleinanleger, im Rahmen einer Schadenersatzklage berufen können. Wie unten im Rahmen der Kausalität näher erläutert wird149, kommt es wegen der durch einen Prospekt erzeugten allgemeinen Anlagestimmung nicht auf die tatsächliche Kenntnisnahme des Anlegers vom Prospekt an. Die Kausalität zwischen dem (fehlerhaften) Prospekt und der Anlageentscheidung des konkreten Anlegers wird gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG vielmehr widerlegbar zugunsten der Anleger vermutet. Das Schutzniveau der Prospekthaftungsregelungen verringert sich durch die Annahme eines differenzierten Verständnishorizonts im Hinblick auf die unterschiedlichen Prospektinformationen daher nicht zulasten durchschnittlich verständiger Kleinanleger150. Hinsichtlich des Informationsgehalts, insbesondere der Vollständigkeit des Prospekts, ist somit von einem differenzierten Anlegerhorizont auszugehen. Danach ist nur soweit es um die Zusammenfassung des Prospekts sowie die Beschreibung der Risikofaktoren und der Geschäftstätigkeit des Emittenten geht, auf den Horizont eines durchschnittlich verständigen Anlegers abzustellen. Soweit es hingegen um die Finanzinformationen im Registrierungsformular des Prospekts geht, ist auf den Verständnishorizont eines professionellen Anlegers abzustellen. 149 150

Vgl. unten Teil 4 A.II.9. Dies nimmt Veil (ZBB 2006, 162, 165 unter 2.1.2) jedoch offensichtlich an.

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bb) Zeitpunkt der Beurteilung der Richtigkeit und Vollständigkeit Die Beurteilung, ob der Prospekt richtig und vollständig ist, hat stets aus einer Sicht ex ante zum Zeitpunkt der Prospektveröffentlichung bzw. der Aufnahme eines Nachtrags bzw. einer Berichtigung des Prospekts zu erfolgen. Nicht zu berücksichtigen sind daher Erkenntnisse, die erst zum Zeitpunkt eines möglichen Schadenseintritts vorliegen151. 4. Die Haftenden a) Die Prospektverantwortlichen Gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BörsG haften diejenigen, „die für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben“. Die Verantwortung für den Prospekt in diesem Sinne hat derjenige übernommen, der den Prospekt erstellt und für ihn nach außen erkennbar die Verantwortung übernommen hat152. Das sind gemäß § 32 Abs. 2 BörsG bzw. § 5 Abs. 3 und Abs. 4 S. 2 WpPG in jedem Fall der Emittent und die Emissionsbegleiter153. Emittent ist gemäß § 2 Nr. 9 WpPG eine Person oder Gesellschaft, die Wertpapiere begibt oder zu begeben beabsichtigt. Emissionsbegleiter kann ein einzelnes Kreditinstitut oder ein einzelner Finanzdienstleister sein oder – wie bei großen und internationalen Emissionen üblich – ein aus mehreren Emissionsbegleitern bestehendes Konsortium154. Die Übernahme der Verantwortung durch den oder die Emissionsbegleiter wird dadurch nach außen kundgetan, dass sie nach Maßgabe von § 5 Abs. 4 S. 1 WpPG ausdrücklich im Prospekt als Verantwortliche zu benennen sind. Zudem haben sie die Erklärung abzugeben, „dass ihres Wissens die Angaben [im Prospekt] richtig und keine wesentlichen Umstände ausgelassen sind“ 155. Neben dem Emittenten und den Emissionsbegleitern sind zudem diejenigen Personen für den Prospekt verantwortlich, die gemäß § 5 Abs. 4 S. 1 WpPG im Wertpapierprospekt als weitere Verantwortliche aufgeführt sind156. Dies können unter anderem auch die Vorstandsmitglieder des Emittenten sein. In der Regel 151 Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 3, § 6 Rn. 108; Groß, Kapitalmarktrecht4, § 45 BörsG Rn. 43. 152 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 8; Schwark, BörsG, §§ 45, 46 Rn. 6; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 30; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 222. 153 Vgl. BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 78. 154 Zur Haftung der Mitglieder eines solchen emissionsbegleitenden Bankenkonsortiums vgl. Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 10 f. 155 § 5 Abs. 4 S. 1 WpPG a. E. 156 Zur entsprechenden Rechtslage gemäß § 14 BörsZulV a. F. Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 8; Groß, Kapitalmarktrecht 2, §§ 45, 46 BörsG Rn. 17; Haupt-

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werden im Prospekt jedoch nur der Emittent und die emissionsbegleitenden Banken als Prospektverantwortliche benannt157. Eine Haftung der im Mittelpunkt dieser Untersuchung stehenden Vorstandsmitglieder des Emittenten kommt daher aus § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BörsG nur ausnahmsweise in Betracht. b) Die Prospektveranlasser Gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG haften diejenigen, „von denen der Erlass des Prospektes ausgeht“. Damit beschreibt § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG die tatsächlichen Urheber des Prospekts158. Urheber in diesem Sinne sind jedoch nur Personen, die ein persönliches bzw. ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Emission haben159. Das können unter anderem die Vorstandsmitglieder des Emittenten oder Großaktionäre sein, die aus eigenem wirtschaftlichem Interesse auf den Erlass des Prospektes mit dem publizierten (unrichtigen bzw. unvollständigen) Inhalt hinwirken160. Zudem können als Personen, von denen der Erlass des Prospektes ausgeht, auch emissionsbegleitende Kreditinstitute in Betracht kommen, z. B. wenn sie als Prospektverantwortliche i. S. v. § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BörsG ein kleines, weniger solventes Emissionshaus vorschieben, tatsächlich allerdings selbst als Hintermann für den Gesamtprospekt verantwortlich sind161. Nicht ausreichend i. S. v. § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG ist, dass eine Person oder ein Unternehmen lediglich Informationen zur Aufstellung des Prospektes beschafft hat162. Daher kommt eine Börsenprospekthaftung von Sachverständigen und Experten, insbesondere Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten, nicht in Betracht, wenn sie ohne im Prospekt als Vermann in: Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rn. 52; Kort, AG 1999, 9, 10; Schäfer, ZIP 1987, 953, 958. 157 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 78; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 31 f. 158 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 9; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 35; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 3, § 6 Rn. 223; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 226. 159 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 78; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 35; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 9; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 24; Fleischer, BKR 2003, 608 f. 160 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 9; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 35; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 3, § 6 Rn. 223; Sittmann, NZG 1998, 490, 493; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 8.95. 161 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 9; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 229; Assmann in: Assmann/Schütze2, Hdb KapitalanlageR, § 7 Rn. 204; Hauptmann in: Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rn. 53. 162 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 78; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 9; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 36; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 224.

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antwortliche benannt zu sein, nur Informationen für seine Erstellung geliefert haben163. Zusammenfassend ist festzustellen, dass auch eine Haftung der Vorstandsmitglieder des Emittenten gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG nur dann in Betracht kommt, wenn sie aus eigenem wirtschaftlichem Interesse persönlich auf den Inhalt des Prospektes eingewirkt haben. c) Exkurs: Haftung weiterer Personen nach der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung Ob eine Haftung anderer als der in § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG genannten Personen im Anwendungsbereich der §§ 44 ff. BörsG nach den Grundsätzen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung möglich ist, ist umstritten. Denkbar ist insbesondere eine Haftung von Sachverständigen und Experten, wie z. B. der Jahresabschlussprüfer, die einzelne Angaben im Prospekt geprüft und testiert haben und daher auch namentlich im Prospekt genannt werden164. Für eine Haftung der Jahresabschlussprüfer spricht die Aufnahme der Jahresabschlüsse und der hierzu erteilten Testate in den Prospekt165. Der Jahresabschluss bildet inhaltlich und nach seinem Umfang einen wesentlichen Bestandteil des Prospekts, der beim Anlegerpublikum Vertrauen in die Richtigkeit und Vollständigkeit der Zahlen erweckt166. Gegen ihre Haftung spricht jedoch, dass die §§ 44 ff. BörsG nach ganz herrschender Meinung nur eine Haftung derjenigen Personen vorsehen, die die Verantwortung für den gesamten Prospekt übernommen haben. Nicht ausreichend ist es daher, wenn Sachverständige und Experten nur für einzelne, in den Prospekt aufgenommene Angaben die Verantwortung übernommen haben, wie z. B. der Abschlussprüfer für den Jahresab163 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 12; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 37; Habersack in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 28 Rn. 30; vgl. zum Vorschlag des BMF zur Einführung einer spezialgesetzlichen Prospekthaftung für Experten durch den KapInHaG-E: Zimmer/Binder, WM 2005, 577 ff. 164 (Dagegen, die h. M.) Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 12; Sittmann, NZG 1998, 490, 493; Hauptmann in: Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rn. 54, 55; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 3, § 6 Rn. 225; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 228; (a. A., dafür) Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 37; Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG, §§ 45, 46 a. F. BörsG Rn. 54 ff.; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 29 f. 165 Der geprüfte Jahresabschluss ist gemäß Anhang I Nr. 20.3 der EU-ProspektVO in den Prospekt aufzunehmen. Nach alter Rechtslage ergab sich dies aus § 21 BörsZulV. 166 Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 37; Heukamp, ZHR 169 (2005), 471, 473 ff.; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 29 f.; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F67.

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schluss167. Etwas anderes gilt möglicherweise nur dann, wenn sie durch bewusstes Handeln auf die Aufnahme unrichtiger oder unvollständiger Angaben im Prospekt hinwirken und ein persönliches wirtschaftliches Interesse an der Emission haben168, das über das Interesse an den Gebühren für die erbrachte Leistung hinausgeht169. Dann haften sie jedoch bereits als Prospektveranlasser gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG. Der Gesetzgeber hat mit den eng gefassten Haftungsbestimmungen in den §§ 44 ff. BörsG, §§ 13 f. VerkProspG eine bewusste Entscheidung für eine Beschränkung der Prospekthaftung auf die wenigen ausdrücklich bestimmten Fälle und die ausdrücklich benannten Personen getroffen170. Dies kommt auch in dem zurückgezogenen Entwurf für ein KapInHaG zum Ausdruck, demzufolge die Haftung ebenfalls nur in bestimmten Bereichen erweitert werden sollte171. Diese gesetzgeberische Entscheidung würde unterlaufen, wollte man in den nicht von der spezialgesetzlich geregelten Haftung erfassten Bereichen eine Haftung nach der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung zulassen. Gegen ihre parallele Anwendung spricht des weiteren, dass sie inhaltlich über die spezialgesetzlich geregelte Haftung hinaus geht sowie dass sie von der Rechtsprechung ursprünglich allein wegen des Fehlens spezialgesetzlicher Prospekthaftungsbestimmungen entwickelt wurde. Mit den Regelungen in §§ 44 ff. BörsG und §§ 13 f. VerkProspG bestehen heute spezialgesetzliche Haftungsbestimmungen, die die Informationshaftung im Zusammenhang mit dem öffentlichen Angebot der dort genannten Finanzinstrumente abschließend regeln172. Nur soweit § 47 Abs. 2 BörsG den Anwendungsbereich sonstiger Haftungsbestimmungen ausdrücklich eröffnet, ist eine weitergehende Haftung möglich. Die bürgerlich-

167 BGH, NJW 1995, 1025; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 12; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 228; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 3, § 6 Rn. 224 f.; 20; Hauptmann in: Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rn. 54, 55; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 8.95; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F66 f. Zur Frage, ob eine Außenhaftung von Abschlussprüfern für fehlerhafte Jahresabschlüsse in Börsenprospekten de lege ferenda geboten ist, vgl. Heukamp, ZHR 169 (2005), 471 ff.; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F67. 168 Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 228; Hauptmann in: Vortmann, Prospekthaftung und Anlageberatung, § 3 Rn. 54, 55; Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG, §§ 45, 46 a. F. BörsG Rn. 44; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 8.95. 169 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 8.95; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 229. 170 So auch Schäfer, ZGR 2006, 40, 45. 171 Hierzu vgl. ausführlich unten Teil 6 B.II. 172 Einer unmittelbaren Außenhaftung der Abschlussprüfer gegenüber Anlegern für den fehlerhaften, im Börsenprospekt veröffentlichten Jahresabschluss steht zudem § 323 Abs. 1 S. 3 HGB entgegen, wonach Abschlussprüfer nur gegenüber der auftraggebenden Gesellschaft sowie gegebenenfalls gegenüber verbundenen Unternehmen haften.

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rechtliche Prospekthaftung gehört jedoch nicht dazu. Eine Haftung weiterer Personen bzw. für andere Unterlagen als Börsenprospekte nach den Grundsätzen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung kommt im Anwendungsbereich der §§ 44 ff. BörsG deshalb nicht in Betracht. 5. Die Anspruchsberechtigten a) Erst- und Folgeerwerber Anspruchsberechtigt sind gemäß §§ 44 ff. BörsG sowohl Ersterwerber als auch sogenannte Zweit- oder Folgeerwerber. Ersterwerber sind Anleger, die Aktien im Rahmen einer (Neu)Emission unmittelbar vom Emittenten erwerben. Zweit- und Folgeerwerber sind Anleger, die Aktien nicht unmittelbar vom Emittenten, sondern auf dem sekundären Kapitalmarkt von einem anderen Anleger (einem Erst- oder Folgeerwerber) erworben haben. Für eine Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG ist es daher nicht erforderlich, dass der Anspruchsteller die Wertpapiere unmittelbar vom Emittenten erworben hat173. Der Erwerb der Aktien muss allerdings auf Grund des (fehlerhaften oder unvollständigen) Börsenprospekts erfolgt sein174 und innerhalb von sechs Monaten nach erstmaliger Einführung der Wertpapiere zum Börsenhandel stattgefunden haben175. Hat ein Erst- oder Folgeerwerber seine Aktie vor Bekanntwerden der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts veräußert, bleibt er neben dem Folgeerwerber weiterhin anspruchsberechtigt, da der Besitz der Aktien zur Geltendmachung eines Anspruchs gemäß §§ 44 ff. BörsG seit der Novellierung durch das 3. FmFG nicht mehr erforderlich ist (vgl. § 44 Abs. 2 BörsG)176. Unerheblich ist ferner, ob die Wertpapiere börslich oder außerbörslich erworben wurden177.

Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 227; Krämer in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, § 10 Rn. 334; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 35; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 63 f.; Ekkenga/Maas, Wertpapieremissionen, Rn. 412, 428; Habersack in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 28 Rn. 33. 174 Zur erforderlichen haftungsbegründenden Kausalität zwischen Veröffentlichung des unrichtigen oder unvollständigen Prospekts und dem Erwerb der Aktien durch den Anleger s. ausführlich unten Teil 4 A.II.9. 175 Zum Erwerbszeitpunkt s. im Folgenden Teil 4 A.II.6. 176 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 79, 55; Krämer in: Marsch-Barner/ Schäfer, Hdb börsennotierte AG, § 10 Rn. 334; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 227; Ekkenga/Maas, Wertpapieremissionen, Rn. 428. 177 Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 3, § 6 Rn. 227; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 35. 173

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b) Erwerber alter Stücke mit gleicher Ausstattung Für eine Haftung gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG ist es erforderlich, dass die erworbenen Aktien aufgrund des fehlerhaften Prospekts zum Börsenhandel zugelassen wurden178. Dies ist problematisch, da sich die neu emittierten „jungen“ Aktien nur in Ausnahmefällen durch ihren Preis, ihre Ausstattungsmerkmale oder die Wertpapierkennnummer (WKN bzw. ISIN) von bereits früher erfolgten Emissionen unterscheiden lassen. Zudem werden bei der heute üblichen Girosammelverwahrung Aktien mit gleicher Ausstattung und mit gleicher Wertpapierkennnummer gemeinsam verwahrt, wobei kein Anspruch des Aktionärs auf Aushändigung bestimmter Aktienstücke besteht179. Der dem Erwerber obliegende Nachweis dafür, dass seine Aktien aus der Neuemission stammen, wäre damit praktisch unmöglich. Durch § 44 Abs. 1 S. 3 BörsG erstreckt sich der Prospekthaftungsanspruch gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG auch auf Wertpapiere aus vorangegangenen Emissionen, sofern die Wertpapiere von der aktuellen und früheren Emission nicht nach Ausstattungsmerkmalen oder in sonstiger Weise unterschieden werden können. Nur wenn die auf Grund einer Kapitalerhöhung ausgegebenen Aktien tatsächlich eine andere Ausstattung als die bisher emittierten Aktien haben, kann die Haftung auf die Aktien aus der Kapitalerhöhung beschränkt werden180. Allein durch die Beantragung einer neuen Wertpapierkennnummer kann dies allerdings nicht erreicht werden, da sie nur dann erteilt wird, wenn die neuen Wertpapiere tatsächlich eine andere Ausstattung besitzen181. Zudem sind die Vorteile, die durch eine Aufteilung der Aktien auf verschiedene Wertpapierkennnummern entstehen, mit den damit verbundenen Nachteilen, insbesondere der verminderten Liquidität der Emission und der Zersplitterung des Handels, abzuwägen182. 6. Erwerbszeitpunkt Gemäß § 44 Abs. 1 BörsG sind diejenigen Personen anspruchsberechtigt, die aufgrund eines unrichtigen oder unvollständigen Prospekts zum Börsenhandel 178

Krämer in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, § 10 Rn. 335. Krämer in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, § 10 Rn. 335; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 41; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 232. 180 Nach Klühs (BKR 2008, 154 ff.) gilt dies jedoch nur insoweit, als ein Anlager nicht versucht, unter Berufung auf die fehlende Unterscheidbarkeit der Stücke, Prospekthaftungsansprüche für einen das Emissionsvolumen übersteigenden Wertpapiererwerb geltend zu machen. 181 Schäfer, ZGR 2006, 40, 48. 182 Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 3, § 7 Rn. 232; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 42; Pötzsch, WM 1998, 949, 950; Sittmann, NZG 1998, 490, 491; Krämer in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, § 10 Rn. 336. 179

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zugelassene Wertpapiere innerhalb von sechs Monaten nach ihrer erstmaligen Einführung an einer deutschen Börse erworben haben. Der Erwerb muss daher nach der Veröffentlichung des Prospekts erfolgen. Für die Frage, ob ein Erwerb innerhalb der Sechsmonatsfrist erfolgt ist, ist auf den Zeitpunkt des Wertpapierkaufs, also des Verpflichtungsgeschäfts, nicht hingegen auf seinen sachenrechtlichen Vollzug abzustellen183. Die Börsenprospekthaftung gemäß §§ 44 ff. BörsG ist damit auf einen Erwerbszeitraum von sechs Monaten nach Einführung der Wertpapiere beschränkt. Hiervon zu unterscheiden ist die einjährige Verjährungsfrist gemäß § 46 BörsG. Sie bestimmt den Zeitraum, während dessen Ersatzansprüche geltend gemacht werden können, die auf einem innerhalb des sechsmonatigen Erwerbszeitraums erfolgten Aktienerwerbs beruhen184. 7. Entgeltlicher Erwerb a) Entgeltlichkeit Nach der Regierungsbegründung zum 3. FmFG, durch das die §§ 44 ff. BörsG weitgehend in ihrer noch heute geltenden Fassung eingeführt wurden, soll eine Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG nur dann in Betracht kommen, wenn der Anspruchsteller die Aktien entgeltlich erworben hat185. Dies kommt auch in § 44 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BörsG zum Ausdruck, der zur Bestimmung des zu ersetzenden Schadens auf den Erwerbspreis abstellt. Bei einem unentgeltlichen Erwerb fehlt es an einem Erwerbspreis, der im Rahmen der Rückabwicklung zurückzuzahlen oder beim Ersatz des Differenzschadens i. S. v. § 44 Abs. 2 BörsG zu berücksichtigen wäre186. Das Erfordernis der Entgeltlichkeit des Erwerbs der Wertpapiere wird in der Literatur weitgehend kritisiert. Haftungsrelevant solle nicht nur der Erwerb durch Kaufvertrag sein, sondern jeder Erwerb, durch den der Anleger Verfügungsmacht über die Aktien erlangt187. Es sei deshalb auch demjenigen ein Ersatzanspruch zuzugestehen, der die Wertpapiere unentgeltlich erwirbt, da er 183 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 77; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 229; Krämer in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, § 10 Rn. 334; Sittmann, NZG 1998, 490, 492; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 35; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 71; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 41; Ekkenga/Maas, Wertpapieremissionen, Rn. 412. 184 Zur Verjährung gemäß § 46 BörsG s. unten Teil 4 A.II.14. 185 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 76. 186 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 76; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 37. Zum Umfang des gemäß §§ 44 ff. BörsG zu ersetzenden Schadens s. unten Teil 4 A.II.12. 187 Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 3, § 6 Rn. 228; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 37; Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, § 44 BörsG Rn. 8.

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dann ein Geschenk „unter Wert“ erhalte188. Entsprechendes soll auch für den Erben oder Vermächtnisnehmer gelten. Beim Ersatz seines Schadens sei daher auf den Erblasser abzustellen. Sofern dieser die Wertpapiere entgeltlich erworben habe, sei der von ihm aufgewandte Erwerbspreis zu erstatten oder im Rahmen der Ermittlung des Differenzschadens i. S. v. § 44 Abs. 2 BörsG zu berücksichtigen189. Entsprechendes muss dann auch bei der Schenkung gelten. In der Rechtsprechung hat das Merkmal des entgeltlichen Erwerbs – soweit ersichtlich – bisher noch keine Rolle gespielt. Der in der Literatur vertretenen Ansicht ist zuzustimmen, da andernfalls eine nicht gerechtfertigte Besserstellung der Prospektverantwortlichen gegeben ist, die allein auf der unentgeltlichen Weitergabe der Aktien beruht und nicht etwa auf einem schadensmindernden Verhalten der Prospektverantwortlichen. Dies wird vor allem beim Erbgang oder Vermächtnis deutlich, da hierdurch der Kreis der Anspruchsberechtigten nicht erweitert wird, wenn anstelle des Erblassers dem Erben bzw. dem Vermächtnisnehmer ein Ersatzanspruch zusteht190. b) Erwerb Dadurch, dass § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG einen Ersatzanspruch an den Erwerb von Wertpapieren knüpft, kann nach den §§ 44 ff. BörsG kein Ersatz für solche Schäden verlangt werden, die einem Anleger dadurch entstanden sind, dass er auf Grund der Prospektangaben im Rahmen einer Neuemission bereits gehaltene „alte“ Stücke nicht veräußert, sondern weiter gehalten hat, obwohl er sie bei richtiger und vollständiger Information veräußert hätte. Da der Anlegerschaden in diesen Fällen durch ein Halten und nicht durch einen Erwerb von Wertpapieren entstanden ist, kommt eine Haftung nach den §§ 44 ff. BörsG nicht in Betracht. 8. Inlandsbezug Die Anwendbarkeit der börsengesetzlichen Prospekthaftung setzt gemäß § 44 Abs. 3 BörsG einen so genannten Inlandsbezug voraus191. Sind Wertpapiere 188

Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 37. Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 37; Assmann in: Assmann/ Schütze, Hdb KapitalanlageR2, § 7 Rn. 208. 190 So auch Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 37; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 228. 191 Für eine gegenstandslose Streichung der Norm wegen ihrer Verdrängung durch die ROM II-Verordnung (Verordnung [EG] Nr. 864/2007 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 11.7.2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 40 ff.), die seit 11.1.2009 ein einheitliches Kollisionsrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse schafft, Weber, WM 2008, 1581, 1587 f. 189

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ausländischer Emittenten im Inland und im Ausland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen, kommt eine Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG nur im Hinblick auf solche Erwerbsgeschäfte in Betracht, die im Inland abgeschlossen wurden oder bei denen dem Erwerb inländische Wertpapierdienstleistungen zugrunde lagen. Daher werden ausschließlich im Heimatstaat des ausländischen Emittenten vorgenommene Erwerbsvorgänge nicht von §§ 44 ff. BörsG erfasst. Als Anknüpfungspunkt zur Bestimmung, ob ein Erwerbsgeschäft Inlandsbezug hat, wird beim Erwerb von Wertpapieren über eine Börse nach wohl allgemeiner Ansicht auf den Markt, an dem die Wertpapiere gehandelt werden192, bzw. den Ort der Platzierung abgestellt193. Der Erwerb von Aktien eines schwedischen Emittenten, die ausschließlich an der Stockholmer Börse gehandelt werden, durch einen deutschen Anleger auf Grund eines fehlerhaften oder unvollständigen Börsenprospekts unterliegt daher z. B. nicht der Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG, da er ausschließlich im Ausland abgewickelt wurde. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Aktien auch in Deutschland gehandelt werden und das Erwerbsgeschäft in Deutschland abgeschlossen wurde oder wenn der Erwerb der Aktien unter Inanspruchnahme einer inländischen Wertpapierdienstleistung abgewickelt wurde. 9. Kausalität a) Einführung Im deutschen Schadenersatzrecht wird bei der Feststellung der Kausalität zwischen der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität unterschieden. Unter der haftungsbegründenden Kausalität ist die Ursächlichkeit der Handlung bzw. der Sorgfaltspflichtverletzung des Schädigers für den eingetretenen Verletzungserfolg zu verstehen. Unter der haftungsausfüllenden Kausalität wird hingegen der Ursachenzusammenhang zwischen dem Verletzungserfolg und dem konkret eingetretenen Schaden verstanden194.

192 Grundmann, RabelsZ 54 (1990), 285, 306 ff.; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 39; Floer, Prospekthaftung, S. 122; Ekkenga/Maas, Wertpapieremissionen, Rn. 446; Bischoff, AG 2002, 489, 492 ff., 494. 193 Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG, §§ 45, 46 BörsG a. F. Rn. 133; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 72; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 39; Floer, Prospekthaftung, S. 122. Zum Meinungsstand sowie zur Bestimmung des Inlandsbezugs beim Direkterwerb und unter Inanspruchnahme von Wertpapierdienstleistungen vgl. ausführlich Floer, Prospekthaftung, S. 65 ff. 194 Heinrichs in: Palandt, BGB, vor § 249 Rn. 56; Oetker in: MünchKomm, BGB, § 249 Rn. 100; Larenz, Schuldrecht I, S. 432; Findeisen/Backhaus, WM 2007, 100, 101.

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b) Haftungsbegründende Kausalität Bei der Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte gemäß §§ 44 ff. BörsG ist für ein Vorliegen der haftungsbegründenden Kausalität erforderlich, dass die vom Anleger erworbenen Wertpapiere auf Grund des fehlerhaften Börsenprospekts erworben wurden. Es ist daher nicht ausreichend, dass der fehlerhafte Prospekt zu einem zu hohen Börsenpreis und damit zu einem Schaden der Erwerber geführt hat. Entscheidend ist vielmehr, dass die individuelle Anlageentscheidung des geschädigten Anlegers auf dem Prospektfehler beruht. Das Vorliegen der haftungsbegründenden Kausalität wird gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG allerdings zu Gunsten der geschädigten Anleger widerleglich vermutet195. Ergänzt wird die Kausalitätsvermutung durch die Annahme, dass ein Börsenprospekt eine allgemeine Anlagestimmung erzeugt, die die Anleger unabhängig von der Kenntnisnahme des Prospekts zum Erwerb der beworbenen Aktien bestimmt. Die Kausalitätsvermutung wird daher nicht bereits dadurch widerlegt, dass der Anleger keine Kenntnis vom konkreten Inhalt des fehlerhaften Prospektes hatte196. Bereits vor der Einführung der in § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG geregelten Beweislastumkehr für die haftungsbegründende Kausalität durch das 3. FmFG hatte die Rechtsprechung eine allgemeine Anlagestimmung durch den Börsenprospekt und daraus resultierend eine Beweislasterleichterung zugunsten der Anleger angenommen197. Durch § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG wurde diese Rechtsprechung gesetzlich kodifiziert. Gleichzeitig wurden auch die vor Inkrafttreten des 3. FmFG bestehenden Unsicherheiten hinsichtlich der Dauer einer durch den Prospekt verursachten Anlagestimmung beseitigt198. Auf Grund der Beschränkung der börsengesetzlichen Prospekthaftung auf einen Erwerbszeitraum von sechs Monaten nach Veröffentlichung des Prospekts (§ 44 Abs. 1 S. 1 BörsG) ist auch die Geltung der Anlagestimmung auf diesen Zeitraum beschränkt199. 195 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 8.100; Groß, Kapitalmarktrecht4, § 45 BörsG Rn. 70 f.; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 35, 43; Schäfer, ZGR 2006, 40, 52; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 97; Kort, AG 1999, 9, 11; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 233; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 40 f.; Findeisen/Backhaus, WM 2007, 100, 101 f. 196 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 76 f.; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 35; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F68; Kort, AG 1999, 9, 12; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 70; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 40 f. sowie die Rechtsprechungsnachweise nachfolgend in Fn. 197. 197 RGZ 80, 196, 204 f.; BGH WM 1982, 867; OLG Düsseldorf, WM 1984, 586, 596 (BuM); OLG Frankfurt, BB 1994, 737, 738 (Bond); OLG Frankfurt, WM 1996, 1216, 1219 (Bond II); OLG Frankfurt, NZG 1999, 1072, 1074 (MHM Mode Holding). 198 Vgl. unter anderem BGH, NZG 1998, 774, 775 (Elsflether Werft – höchstens ein Jahr); OLG Düsseldorf, WM 1984, 586, 596 (BuM – knapp fünf Monate zu kurz); OLG Frankfurt WM 1996, 1216, 1219 (vier Monate in der Regel zu kurz); Schwark, BörsG, §§ 45, 46 Rn. 35 (sechs Monate bis ein Jahr).

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Gegen die Vermutung der haftungsbegründenden Kausalität steht dem zum Ersatz Verpflichteten der Gegenbeweis offen. Dieser kann zum einen dadurch erbracht werden, dass ein anderer Kausalverlauf dargelegt und bewiesen wird. Dies wird praktisch allerdings nur schwer möglich sein200. Zum anderen kommt der Nachweis eines Wegfalls der Anlagestimmung, etwa durch umfangreiche Negativberichte201, drastische Kursveränderungen202 oder neue Unternehmensdaten in Form von Ad-hoc-Mitteilungen, einem aktuellen Jahresabschluss oder Zwischenbericht, in Betracht203. c) Haftungsausfüllende Kausalität aa) Grundsatz Für ein Vorliegen der haftungsausfüllenden Kausalität im Rahmen der Börsenprospekthaftung ist erforderlich, dass die fehlerhaften Prospektangaben zu einem Schaden der Anleger geführt haben. Dies ist immer dann der Fall, wenn der fehlerhafte Börsenprospekt bei Bekanntwerden der Fehlerhaftigkeit eine Minderung des Börsenpreises zur Folge hat204. Hiervon geht offensichtlich auch § 45 Abs. 2 Nr. 2 BörsG aus. Danach ist ein Ersatzanspruch ausgeschlossen, wenn die fehlerhaften Prospektangaben nicht zu einer Minderung des Börsenpreises geführt haben. Daraus ergibt sich zugleich, dass auch die haftungsausfüllende Kausalität zugunsten der geschädigten Anleger vermutet wird. Dem in Anspruch genommenen Prospektverantwortlichen steht jedoch der Gegenbeweis offen205. Dem Merkmal der haftungsausfüllenden Kausalität kommt in der Praxis allerdings kaum Bedeutung zu: Hat eine im Prospekt enthaltene fehlerhafte 199 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 76 f.; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 35; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 41. 200 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 43; Schäfer, ZGR 2006, 40, 52; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 239 f.; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 40. 201 Bei negativen Presseberichten muss der Anleger diesen allerdings größeren Glauben geschenkt haben als dem falschen Börsenprospekt (OLG Düsseldorf, WM 1984, 586, 596 [BuM]; Findeisen/Backhaus, WM 2007, 100, 102). 202 (Kurseinbruch von 20% regelmäßig nicht ausreichend) LG Frankfurt/Main, WM 1992, 1768, 1773; (Kurseinbruch um 60% ausreichend) OLG Frankfurt, WM 1996, 1216, 1219 (Bond II); vgl. auch OLG Düsseldorf, WM 1984, 586, 596 (BuM); (Kurssteigerung um 180% jedenfalls zusammen mit besonders langem Zeitraum zwischen Emission und Erwerb ausreichend) BGH, NZG 1998, 774, 775 (Elsflether Werft). 203 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 44; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 70; Schäfer, ZGR 2006, 40, 52; Ekkenga/Maas, Wertpapieremissionen, Rn. 435. 204 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 55; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 42. 205 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 54 f.; Lenenbach, Kapitalmarktund Börsenrecht, Rn. 8.101; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 42; Keul/Erttmann, DB 2006, 1664, 1666 ff.

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Angabe keinen Einfluss auf den Börsenpreis, fehlt es in der Regel bereits an der Wesentlichkeit des Prospektfehlers206. bb) Beschränkung der haftungsausfüllenden Kausalität durch die Adäquanztheorie und die Lehre vom Schutzzweck der Norm Im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität ist zu beachten, dass die Prospektverantwortlichen nicht für alle Schäden einzustehen haben, für die der fehlerhafte Prospekt kausal i. S. d. conditio-sine-qua-non-Formel (Äquivalenztheorie) ist. Mit Hilfe der Adäquanztheorie werden nach allgemeiner Ansicht solche Schäden von der Haftung ausgenommen, die nach allgemeiner Lebenserfahrung so entfernt sind, dass sie vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden können207. Die Adäquanztheorie wird nach überwiegender Ansicht in Literatur und Rechtsprechung durch die Lehre vom Schutzzweck der Norm ergänzt. Dadurch wird die Haftung auf solche Schäden beschränkt, deren Schutz durch die haftungsbewehrte Verhaltensnorm bezweckt ist208. Im Hinblick auf Schadenersatzansprüche wegen fehlerhafter Börsenprospekte gemäß §§ 44 ff. BörsG bedeutet dies, dass nur solche Schäden ersetzt werden, vor denen die Anleger durch die Prospektpflicht geschützt werden sollen. Den Anlegern steht ein Ersatzanspruch daher nur wegen Schäden auf Grund von Kurseinbrüchen zu, die gerade auf dem Prospektmangel beruhen, nicht hingegen auch wegen Schäden auf Grund von Kurseinbrüchen, die auf anderen, insbesondere markt- oder konjunkturbedingten Faktoren beruhen209.

206 Schäfer, ZGR 2006, 40, 52; Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG, §§ 45, 46 BörsG n. F. Rn. 40. Zum Erfordernis der Wesentlichkeit der fehlerhaften Prospektangaben vgl. oben Teil 4 A.II.3.c). 207 Die Adäquanztheorie wurde begründet von Traeger (Der Kausalbegriff im Strafund Zivilrecht, 1904). Allgemein zur Adäquanztheorie vgl. Heinrichs in: Palandt, BGB, vor § 249 Rn. 58 ff.; Oetker in: MünchKomm, BGB, § 249 Rn. 104 ff.; Larenz, Schuldrecht I, S. 435 ff. 208 BGH, NJW 1958, 1041; BGH, NJW 1977, 2264, 2265; BGH, NJW 1984, 1395; BGH, NJW 1989, 1533; Heinrichs in: Palandt, BGB, vor § 249 Rn. 62 ff.; Oetker in: MünchKomm, BGB, § 249 Rn. 104 ff., jeweils mit ausführlichen w.N.; (a. A., auch alle Folgeschäden, die nicht dem Schutzzweck entsprechen, sind zu ersetzen) vor allem Larenz, Schuldrecht I, S. 444. 209 So für die Prospekthaftung gemäß §§ 44 ff. BörsG Assmann, Prospekthaftung, S. 360 f.; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2298; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 55. Anders die Rechtsprechung zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung: BGH, NJW 1993, 2865 (Hornblower-Fischer); BGH, NJW 1995, 1025, 1026. Sie ist jedoch nicht auf die börsengesetzliche Prospekthaftung übertragbar (Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 55; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 92; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F69; Fleischer/Kalss, AG 2002, 329, 330).

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10. Verschulden Gemäß § 45 Abs. 1 BörsG haften die Prospektverantwortlichen für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit210. Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und dasjenige nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste211. Das Verschulden der Prospektverantwortlichen wird bei Fehlerhaftigkeit des Prospekts allerdings, ebenso wie die Kausalität, vermutet. Dies ergibt sich daraus, dass § 45 Abs. 1 BörsG den Prospektverantwortlichen die Beweislast für das Fehlen ihrer Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis vom Prospektmangel überträgt212. Die Umkehr der Beweislast ist einerseits als Ausgleich dafür zu sehen, dass der Gesetzgeber die Haftung in Abweichung von § 276 Abs. 1 BGB auf grobe Fahrlässigkeit beschränkt hat213. Andererseits wollte der Gesetzgeber durch die Beschränkung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit die Attraktivität des deutschen Kapitalmarkts und die Bereitschaft zur Unterstützung von Risikokapital fördern214. 11. Mitverschulden Es ist fraglich, ob die Anleger im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Ersatzansprüchen wegen Prospektfehlern ein Mitverschulden gemäß § 254 BGB treffen kann. Der Gesetzgeber hat in § 45 Abs. 2 Nr. 3 BörsG bestimmt, dass ein Anspruch gemäß § 44 Abs. 1 BörsG dann nicht besteht, wenn der Erwerber die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben des Prospekts beim Erwerb kannte. Die Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Prospekts – grob fahrlässige Unkenntnis genügt nicht215 – schließt daher eine Haftung aus. Der Gesetzgeber hat § 45 Abs. 2 Nr. 3 BörsG als einen gesetzlichen Sonderfall des Mitverschuldens angesehen. Der Einwand des Mitverschuldens sei daher außerhalb des Anwendungsbereichs von § 44 Abs. 2 Nr. 3 BörsG ausge210 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 80; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 45; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 238; Schäfer, ZGR 2006, 40, 50 f.; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 43. 211 BGHZ 10, 16; BGHZ 89, 161; BGH, NJW 1992, 3225, 3236; Heinrichs in: Palandt, BGB, § 277 Rn. 5; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 75; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 45; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 43; Ekkenga/ Maas, Wertpapieremissionen, Rn. 436. 212 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 8.102; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 53; Schäfer, ZGR 2006, 40, 50 f.; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 56; Ekkenga/Maas, Wertpapieremissionen, Rn. 436. 213 Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 2, 1. Erg., § 7 Rn. 43. 214 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 80. 215 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 80; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 3, § 6 Rn. 241; Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, § 45 BörsG Rn. 4; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 244.

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schlossen216. Von Teilen der Literatur wird daher ein Mitverschuldenseinwand über den Fall des § 44 Abs. 2 Nr. 3 BörsG hinaus gänzlich abgelehnt217. Nach überwiegender Ansicht in der Literatur ist der Einwand des Mitverschuldens durch § 45 Abs. 2 Nr. 3 BörsG jedoch nur hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität beschränkt. Soweit es um die haftungsausfüllende Kausalität, insbesondere die Schadenshöhe, geht, wird der Mitverschuldenseinwand von dieser Ansicht hingegen grundsätzlich bejaht218. Umstritten ist jedoch, ob und welche Verpflichtungen bzw. Obliegenheiten sich daraus für den Anleger ergeben können. Von einem Teil der Literatur wird vertreten, dass die Anleger gemäß § 254 BGB eine grundsätzliche Schadensminderungspflicht treffe. Teile dieser Ansicht gehen daher von einer Obliegenheit der Anleger aus, bei fallenden Kursen ihre Aktien zu verkaufen, um den hierdurch entstehenden Schaden zu begrenzen219. Von einem anderen Teil der Literatur wird wiederum vertreten, die Anleger treffe stattdessen eine Obliegenheit, ihre Ansprüche gegen die Prospektverantwortlichen unverzüglich anzuzeigen220. Die zu befürwortende Ansicht in der Literatur lehnt hingegen sowohl eine Verkaufs- als auch eine Anzeigeobliegenheit ab221. Gegen eine Verkaufsobliegenheit des Anlegers bei fallenden Kursen spricht einerseits, dass diese voraussetzt, dass der Anleger verpflichtet ist, den Kurs der Aktien laufend zu beobachten, denn nur dann kann er feststellen, wann der Aktienkurs fällt. Eine solche Verpflichtung lässt sich jedoch aus § 254 BGB nicht herleiten222. Zudem wäre es erforderlich, den Zeitpunkt, zu dem die Verkaufsobliegenheit besteht und bei deren Verletzung der Ersatzanspruch des Anlegers entfällt oder reduziert wird, genau zu bestimmen. Ein nur kurzzeitiger Kursverfall kann eine sol-

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BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 80. Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 93; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 241. 218 Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F70; Rothenhöfer, WM 2003, 2032, 2033; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 67; Ehricke in: Hopt/ Voigt, S. 242; Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, § 45 BörsG Rn. 4; Sittmann, NZG 1998, 490, 495; ders., NJW 1998, 3761, 3763; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 66. 219 Sittmann, NZG 1998, 490, 495; ders., NJW 1998, 3761, 3763; (abhängig von den Umständen des Einzelfalls) Geibel, Kapitalanlegerschaden, S. 465; (einschränkend auch) Hauptmann in: Vortmann, Prospekthaftung, § 3 Rn. 119. 220 Rothenhöfer, WM 2003, 2032 ff.; Sittmann, NZG 1998, 490, 495; Hauptmann in: Vortmann, Prospekthaftung, § 3 Rn. 119; (offen) BGH, AG 2004, 546, 548 (Infomatec). 221 Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 243 f.; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F71; Fleischer/Kalss, AG 2002, 329, 334 f.; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 66 f.; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 68. 222 Rothenhöfer, WM 2003, 2032, 2034; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F71. 217

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che Verkaufsobliegenheit noch nicht begründen223. Eine rechtssichere Bestimmung des Zeitpunkts erscheint daher kaum möglich und ist selbst einem durchschnittlichen Anleger zudem nicht zuzumuten224. Ferner würde ein gleichzeitiger Verkauf der Aktien durch alle geschädigten Aktionäre auf Grund der Verkaufsobliegenheit dazu führen, dass der Kurs „ins Bodenlose“ fällt und der Gesamtschaden somit nicht verringert, sondern gegebenenfalls sogar erhöht würde225. Gegen eine Verkaufsobliegenheit spricht zudem, dass durch einen Verkauf der Aktien der Schaden nur auf die Zweiterwerber abgewälzt wird. Den Zweiterwerbern steht, sofern sie ihre Aktien innerhalb des sechsmonatigen Erwerbszeitraums erwerben, allerdings ebenfalls ein Ersatzanspruch gemäß §§ 44 ff. BörsG zu. Der Schaden würde durch einen Verkauf der Wertpapiere daher nicht verringert, sondern nur auf eine größere Anzahl von Anspruchsberechtigten verteilt226. Gegen eine Verpflichtung zur Anspruchsanmeldung spricht vor allem die Tatsache, dass der Gesetzgeber die Voraussetzungen eines Ersatzanspruchs in den §§ 44 ff. BörsG abschließend geregelt hat. Die Einführung einer Anzeigeobliegenheit über die „Hintertür“ des Mitverschuldens würde jedoch einem negativen Tatbestandsmerkmal gleichkommen227. Ferner hat der Gesetzgeber die Verpflichtung zur Information des Kapitalmarkts dem Emittenten und nicht den Anlegern auferlegt. Dies wird insbesondere auch durch die Ad-hoc-Mitteilungspflicht des § 15 WpHG deutlich. Es obliegt daher dem Emittenten, den Kapitalmarkt über etwaige Prospektfehler zu unterrichten, und nicht den Anlegern228. Nach zu befürwortender Ansicht trifft die Anleger daher zur Vermeidung eines etwaigen Mitverschuldens weder eine Verkaufs- noch eine Mitteilungsobliegenheit. Der Mitverschuldenseinwand greift vielmehr nur ein, wenn den Anleger schwerwiegende Verstöße hinsichtlich der richtigen Einschätzung der Prospektangaben treffen, so insbesondere wenn er von Dritten oder dem Anbieter der Wertpapiere Warnungen oder differenzierte kritische Hinweise erhält bzw. sich ihm die Fehlerhaftigkeit einzelner Prospektangaben aufdrängen musste229. Daneben kommt ein Mitverschulden etwa auch dann in Betracht, wenn 223 Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F71; (so auch die Gegenansicht) Sittmann, NZG 1998, 490, 495. 224 Rothenhöfer, WM 2003, 2032, 2034 f.; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F71. 225 Rothenhöfer, WM 2003, 2032, 2034; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F71. 226 Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F71 f.; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 68. 227 Ellenberger, Prospekthaftung, S. 66 f.; (a. A.) Rothenhöfer, WM 2003, 2032, 2036. 228 Fleischer/Kalss, AG 2002, 329, 335 f.; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F72. 229 Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 244.

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der Anleger die Wertpapiere nach Verfall des Börsenkurses unter Marktwert verkauft und sich dadurch die im Rahmen des Schadensausgleichs nach § 44 Abs. 2 BörsG zu ersetzende Differenz erhöht230. 12. Art und Umfang des Ersatzes Der geschädigte Anleger hat gemäß §§ 44 ff. BörsG einen Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses. Dabei steht dem Anleger in Übereinstimmung mit den allgemeinen Grundsätzen der §§ 249 ff. BGB in erster Linie ein Anspruch auf Naturalrestitution zu231. Der Geschädigte ist daher so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde, d.h. so, wie er stehen würde, wenn der Prospektverantwortliche seinen Informationspflichten nachgekommen wäre232. Ein Ersatz entgangenen Gewinns kommt nicht in Betracht233. Im Zusammenhang mit dem Erwerb von Wertpapieren sind zwei Varianten denkbar: Entweder hätte der Anleger die Wertpapiere überhaupt nicht erworben oder er hätte auch bei richtiger und vollständiger Information an ihrem Erwerb festgehalten, allerdings zu einem anderen Preis. Im erstgenannten Fall richtet sich der Naturalrestitutionsanspruch des Anlegers auf den Ersatz des von ihm für die Wertpapiere aufgewendeten Kaufpreises Zug um Zug gegen Übertragung der Wertpapiere auf den Anspruchsgegner. Hätte der Anleger hingegen auch bei richtiger Information an der Anlage festgehalten, kann er stattdessen Ersatz des so genannten Differenzschadens verlangen234. Dieser besteht nach zutreffender Ansicht in der Differenz zwischen dem vom Anleger tatsächlich gezahlten Kaufpreis und dem hypothetischen, wahren Wert der Anlage zum Zeitpunkt ihres Erwerbs235. Diese allein an §§ 249 ff. BGB orientierte Haftung

230 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 68; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 86; ders., AG 1999, 199, 207; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 68. 231 Vgl. hierzu Oetker in: MünchKomm, BGB, § 249 Rn. 308; Wagner in: MünchKomm, BGB, § 826 Rn. 37, § 823 Rn. 311. 232 BGHZ 79, 337, 346 f.; BGHZ 115, 214, 220 f.; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 86; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR2, § 7 Rn. 155; Geibel, Kapitalanlegerschaden, S. 50 f. 233 Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 86; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 240 f.; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 59 f.; Geibel, Kapitalanlegerschaden, S. 290 f.; Assmann, Prospekthaftung, S. 389 f., 366 f.; ders. in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 2, § 7 Rn. 229, 155 mit ausführlichen Rechtsprechungsnachweisen. 234 Vgl. hierzu Geibel, Kapitalanlegerschaden, S. 65 ff.; Fleischer, BB 2002, 1869, 1870; Kort, AG 1999, 9, 11; ders., NZG 2005, 708. 235 (Grundlegend) Fleischer, BB 2002, 1869, 1872 f.; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1861; Nach anderer Ansicht ist die Kursdifferenz hingegen durch einen Vergleich des Börsenkurses am Tag der Pflichtverletzung mit dem Kurs bei bekannt werden der zutreffenden Tatsache zu ermitteln (Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 55; Thümmel, DB 2001, 2331, 2333).

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entsprach der Rechtslage zur Prospekthaftung vor Inkrafttreten der heute geltenden §§ 44 ff. BörsG durch das 3. FmFG236. Zudem entspricht sie noch immer der Rechtslage nach der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung237. Mit der Einführung der geltenden §§ 44 ff. BörsG durch das 3. FmFG im Jahr 1998 hat der Gesetzgeber den sich aus den §§ 249 ff. BGB ergebenden Haftungsumfang im Rahmen der spezialgesetzlichen Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte modifiziert. Dem geschädigten Anleger steht zwar gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG nach wie vor ein Anspruch auf Naturalrestitution und damit auf Ersatz des Vertragsabschlussschadens zu. Anders als nach §§ 249 ff. BGB kann er einen Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens jedoch nur dann geltend machen, wenn er die Aktien bereits veräußert hat (§ 44 Abs. 2 BörsG)238. Nicht in Betracht kommt daher der Ersatz des Differenzschadens, wenn der Anleger noch im Besitz der Aktien ist und diese auch bei richtiger Information – nur zu einem anderen Preis – erworben hätte. Ist der Anspruchsteller noch Inhaber der Aktien, kann er somit vom Ersatzpflichtigen gemäß § 44 Abs. 1 BörsG die Erstattung des Erwerbspreises und der damit verbundenen üblichen Kosten Zug um Zug gegen Rückgabe der Wertpapiere verlangen239. Dabei ist die Haftung der Höhe nach durch den Emissionspreis begrenzt. Lag der Preis, zu dem der Anspruchsteller die Aktien erworben hat über dem Emissionspreis, ist dennoch nur letzterer zu ersetzen240. Ist ein Ausgabepreis nicht festgelegt, gilt gemäß § 44 Abs. 1 S. 2 BörsG als Ausgabepreis der erste nach Einführung der Wertpapiere festgestellte oder gebildete Börsenpreis. Hierdurch soll einerseits der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die Prospektangaben allein im Hinblick auf den Ausgabebetrag der Aktien gemacht wurden. Andererseits soll hierdurch die Haftung der Prospektverantwortlichen überschaubar bleiben241. Neben dem Ausgabepreis sind dem Anspruchsteller auch die mit dem Erwerb verbundenen üblichen Kosten zu erstatVgl. Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 245; Kort, AG 1999, 9, 11; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 59 f. 237 BGH, DStR 2003, 1494, 1495 f.; BGHZ 114, 87, 94; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 242. 238 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 78 f.; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 86 f.; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 241; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 60 ff.; Kort, AG 1999, 9, 11; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR2, 1.Erg., § 7 Rn. 47. 239 Zur Kritik am Ersatz des Vertragsabschlussschadens vgl. Hopt/Voigt in: Hopt/ Voigt, S. 89 ff.; Engelhardt, BKR 2006, 443, 447. 240 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 78; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 60; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, Rn. 8.106; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 86; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 241; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 247. 241 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 78, vgl. hierzu auch Groß, Kapitalmarktrecht4, § 45 BörsG Rn. 86; Schäfer, ZGR 2006, 40, 56. 236

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ten. Hierzu zählen etwa die Maklercourtage oder an Emissionsbegleiter gezahlte Provisionen und Aufwendungen242, nicht aber der Ersatz entgangenen Gewinns i. S. v. § 252 BGB aus einem unterlassenen anderweitigen Geschäft, dass der geschädigte Anleger abgeschlossen hätte, wenn er sein Geld nicht in die auf Grund des falschen Prospekts emittieren Aktien investiert hätte243. Ist der Anleger nicht mehr im Besitz der Wertpapiere und kann er diese daher auch nicht zurückgeben, ist ihm nur die Differenz zwischen dem Erwerbsund dem Veräußerungspreis zuzüglich der beim Erwerb und der Veräußerung angefallenen üblichen Kosten zu erstatten244. Erwerbspreis ist der vom Anleger tatsächlich für die Wertpapiere gezahlte Preis245. Auch hier ist als Erwerbspreis höchstens der Emissionswert anzusetzen (§ 44 Abs. 2 BörsG)246. Veräußerungspreis ist der bei Übertragung der Wertpapiere erhaltene Gegenwert247. Anders als bei der deliktischen Haftung ergeben sich im Rahmen der Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG keine Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Höhe des Differenzschadens, da dieser aus der Differenz zwischen zwei bekannten Werten, dem tatsächlichen Erwerbspreis und dem Verkaufspreis, errechnet wird248. 13. Gesamtschuldnerische Haftung Alle Prospektverantwortlichen haften gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG als Gesamtschuldner i. S. v. § 421 BGB. Jeder pflichtwidrig und schuldhaft handelnde Prospektverantwortliche ist somit verpflichtet, einem geschädigten Anleger den erlittenen Schaden in vollem Umfang zu ersetzen. Die gesamtschuldnerische Haftung setzt voraus, dass jedem Organmitglied ein persönliches Verschulden zur Last fällt249. Auf den Grad des jedem Prospektverantwortlichen zur Last fallenden Verschuldens kommt es jedoch nicht an, sofern das ihn treffende Verschulden tatbestandlich i. S. v. § 44 BörsG ist. Eine Verschuldenszurechnung 242 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 61; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 87; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 247 f. 243 Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 87; Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, § 44 BörsG Rn. 10. 244 Insofern gilt das zu § 44 Abs. 1 BörsG Gesagte entsprechend. 245 Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR 3, § 6 Rn. 248. 246 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 63; Lenenbach, Kapitalmarktund Börsenrecht, Rn. 8.106. 247 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 64. 248 Zu den Schwierigkeiten, die bei der Bestimmung des Differenzschadens im Rahmen der Haftung nach den allgemeinen deliktischen Bestimmungen bestehen, vgl. unten Teil 4 A.V.5. 249 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 69; Thümmel, Persönliche Haftung, Rn. 54; Wiesner in: MünchHdb AG, § 26 Rn. 13; Spindler in: MünchKomm3, AktG, § 93 Rn. 127; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 93 Rn. 21; (für den Aufsichtsrat) Habersack in: MünchKomm3, AktG, § 116 Rn. 73.

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über § 278 BGB oder § 831 BGB zwischen den Prospektverantwortlichen kommt nicht in Betracht250. Untereinander stehen den gesamtschuldnerisch haftenden Organmitgliedern die Ansprüche aus § 426 Abs. 1 und 2 BGB zu. Der Innenausgleich richtet sich nach dem Maß des individuellen Beitrags eines jeden Prospektverantwortlichen zur Fehlerhaftigkeit des Prospekts und des ihm zur Last fallenden Verschuldens251. 14. Verjährung Gemäß § 46 BörsG verjähren Prospekthaftungsansprüche der Anleger gemäß § 44 Abs. 1 BörsG in einem Jahr ab Kenntnis von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Prospektangaben, spätestens jedoch in drei Jahren seit der Veröffentlichung des Prospekts252. Die Anknüpfung der maximalen Verjährungsfrist an den Zeitpunkt der Veröffentlichung des Prospekts trägt dem Umstand Rechnung, dass zu diesem Zeitpunkt erstmals ein unzutreffender Eindruck über den Wert der Aktien durch den Prospekt erzeugt wurde. Darüber hinaus führt dies zu einer einheitlichen maximalen Verjährungsfrist für alle Anleger253.

15. Haftungsbeschränkungen a) Im Voraus getroffene Vereinbarungen Gemäß § 47 Abs. 1 BörsG sind Vereinbarungen, durch die Ansprüche gemäß § 44 BörsG im Voraus ermäßigt oder erlassen werden, unwirksam. Da § 47 Abs. 1 BörsG nicht nach der Art des Verschuldens unterscheidet, werden von 250 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 69; Thümmel, Persönliche Haftung, Rn. 54; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 93 Rn. 20; Wiesner in: MünchHdb AG, § 26 Rn. 13; Zöllner/Noack in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 28. 251 BGHZ 17, 214, 222; BGHZ 59, 97, 103; Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 70. 252 Die Anregung des Bundesrates in seiner Stellungnahme zum AnSVG (vgl. BRDrs. 341/04 [Beschluss], S. 6 f.) sowie zum Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (vgl. BR-Drs. 436/04 [Beschluss], S. 1 f.), die Verjährungsfristen der §§ 46 BörsG, 13 VerkProspG (sowie der §§ 37b Abs. 4, 37c Abs. 4 WpHG) an die regelmäßige Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB anzupassen, ist von der Bundesregierung nicht umgesetzt worden (vgl. die Gegenäußerungen der Bundesregierung in BT-Drs. 15/3355, S. 6 und BT-Drs. 15/3653, S. 32). Das Bundesministerium der Finanzen ist der Prüfbitte des Bundesrates jedoch im Rahmen seines zurückgezogenen Gesetzentwurfs für ein KapInHaG (BegrDiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1044 f.) nachgekommen. Darin hat es sich dafür ausgesprochen, hinsichtlich der Ansprüche aus §§ 44 ff. BörsG, 37b, 37c WpHG die kurze Verjährungsfrist von einem Jahr bzw. längstens drei Jahren beizubehalten. 253 Vgl. Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 70.

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dem Verbot auch vorherige Haftungsbeschränkungen hinsichtlich grob fahrlässiger Pflichtverletzungen i. S. v. § 44 BörsG erfasst. Damit geht § 47 BörsG über § 276 Abs. 3 BGB hinaus, der nur eine vorherige Haftungsbeschränkung für vorsätzliche Pflichtverletzungen verbietet. Durch § 47 Abs. 2 BörsG wird klargestellt, dass vom Verbot des § 47 Abs. 1 BörsG nur Ansprüche gemäß §§ 44 ff. BörsG betroffen sind. Weitergehende Ansprüche aus Vertrag oder vorsätzlicher bzw. grob fahrlässiger unerlaubter Handlung werden durch die §§ 44 ff. BörsG weder verdrängt, noch werden diesbezügliche Vereinbarungen vom Unwirksamkeitsverdikt des § 47 Abs. 1 BörsG tangiert254. Insofern bleibt jedoch § 276 Abs. 3 BGB zu beachten255. Ob eine einseitige Beschränkung oder ein Ausschluss der Haftung durch die Aufnahme einer entsprechenden Freizeichnungsklausel in den Prospekt zulässig ist, ist umstritten. Von Teilen der Literatur werden formularmäßige Haftungsfreizeichnungsklauseln grundsätzlich als zulässig angesehen256. Von der Rechtsprechung wird die Prospekthaftung jedoch als klauselfest eingeordnet und ein formularmäßiger Haftungsausschluss wegen Verstoßes gegen § 307 BGB und Unvereinbarkeit mit dem Schutzgedanken der §§ 44 BörsG zugunsten der Anleger zu Recht abgelehnt257. b) Nachträglich getroffene Vereinbarungen Ein nachträglicher Erlassvertrag oder ein nachträglicher Vergleich über einen Anspruch gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG bleibt nach § 47 Abs. 1 BörsG weiterhin zulässig258. Entscheidend für den Zeitpunkt einer solchen Vereinbarung ist die Entstehung des Anspruchs, nicht erst die Kenntnis des Erwerbers von der Anspruchsberechtigung259.

254 Schwark in: Schwark, KMRK, § 47 BörsG Rn. 2; Kort, AG 1999, 9, 18 f.; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 100. 255 Zu Haftungsbeschränkungen bei deliktischen Schadenersatzansprüchen vgl. unten Teil 4 A.V.9. 256 Emmerich in: MünchKomm, BGB, § 311 Rn. 283; Kouba, VersR 2004, 570, 575 f. 257 BGH, NJW 2002, 1711, 1712; OLG München, NZG 2001, 910, 911; OLG Hamburg, NZG 2000, 658; so auch Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 248; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 77; Madaus, Jura 2006, 881, 885. Auch Emmerich in: MünchKomm, BGB, § 311 Rn. 283 sieht die Prospekthaftung jedenfalls im Kern als klauselfest an. 258 Kort, AG 1999, 9, 16; Habersack in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, § 28 Rn. 56. 259 BegrRegE 3. FmFG, BT-Drs. 13/8933, S. 81; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3, § 6 Rn. 258; Schwark in: Schwark, KMRK, § 47 BörsG Rn. 1; (a. A.) Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG, § 48 BörsG n. F. Rn. 2.

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c) Freistellungsvereinbarungen zwischen Vorstandsmitgliedern und dem Emittenten Eine ebenfalls in Betracht kommende Vereinbarung zwischen den Vorstandsmitgliedern und dem Emittenten über eine Haftungsfreistellung bzw. -beschränkung hat keine Auswirkungen auf die hier untersuchten Ansprüche der Anleger260. In Betracht käme allein eine Vereinbarung zwischen den Vorstandsmitgliedern und dem Emittenten, in der sich der Emittent verpflichtet, die Vorstandsmitglieder von allen Schadenersatzverpflichtungen gegenüber Dritten freizustellen. Eine solche Vereinbarung käme jedoch nur hinsichtlich solcher Haftungsschäden in Betracht, denen nicht zugleich eine Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft zugrunde liegt. Denn § 93 Abs. 4 S. 3 AktG bestimmt, dass der Gesellschaft durch pflichtwidriges Handeln ihrer Organmitglieder kein Nachteil entstehen darf. Da die Verletzung der Prospektpflichten in der Regel zugleich eine Verletzung der allgemeinen Sorgfaltspflicht gegenüber der Gesellschaft darstellt, sind im Vorhinein getroffene Freistellungserklärungen des Emittenten grundsätzlich unwirksam. Eine (nachträgliche) Freistellung ist allenfalls in den sehr engen Grenzen von § 93 Abs. 4 S. 3 AktG denkbar261.

III. Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte aus Vertrag Eine Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte aus Vertrag ist neben einer Haftung nach den §§ 44 ff. BörsG gemäß § 47 Abs. 2 BörsG ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Da es sich bei der Zeichnung von Aktien in erster Linie um einen Rechtskauf handelt262, kommt eine Haftung aus Vertrag gemäß § 435 BGB nur dann in Betracht, wenn die Aktien an einem Rechtsmangel leiden. Ein Rechtsmangel ist jedoch nur dann gegeben, wenn das verkaufte Recht nicht den vereinbarten Umfang hat oder Rechte Dritter entgegenstehen, die der Erwerber im Kaufvertrag nicht übernommen hat (§ 435 S. 1 BGB)263. Dies wird bei Ak260 Eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Vorstandsmitgliedern und dem Emittenten würde den Beschränkungen gemäß § 93 Abs. 4 S. 3 AktG unterliegen (vgl. hierzu ausführlich H. P. Westermann in: FS Beusch, 871 ff.; Zimmermann in: FS Duden, S. 773 ff.; Fleischer, WM 2005, 909 ff. 261 Fleischer, WM 2005, 909, 916; Hopt in: Großkomm, AktG, § 93 Rn. 517; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 84 Rn. 81; vgl. hierzu auch Ek, Haftungsrisiken für VS und AR, S. 195. 262 RGZ 109, 295, 297; OLG Düsseldorf, ZIP 1981, 847, 850 (BuM); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2273; Schwark in: Schwark, KMRK, § 47 BörsG Rn. 3; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 116; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 107. Durch die Zeichnung wird unter Umständen zwar auch eine Aktienurkunde und somit eine Sache erworben. Sie wird jedoch durch die Veröffentlichung unrichtiger oder unvollständiger Prospektangaben selbst nicht mangelhaft. 263 Brellochs, Publizität und Haftung, S. 107; Weidenkaff in: Palandt, BGB, § 453 Rn. 18.

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tien allerdings nur selten der Fall sein. Fehlerhafte Angaben im Prospekt über den Emittenten stellen hingegen keinen Rechtsmangel der erworbenen Aktien i. S. v. § 435 BGB dar, da der Verkäufer eines Rechtes nur für dessen Bestand und nicht für seinen Wert haftet264. Zudem ist Voraussetzung für einen vertraglichen Ersatzanspruch der Anleger dass zwischen diesen und dem Haftungsgegner – hier der Vorstandsmitglieder – ein Vertragsverhältnis besteht. In dem seltenen Fall einer Eigenemission kommt ein Vertragsverhältnis allein mit dem Emittenten zustande, nicht hingegen auch mit seinen Vorstandsmitgliedern. Bei einer heute üblichen Emission der Aktien über die Konsortialbanken kann eine Haftung aus Vertrag allein die emissionsbegleitenden Banken treffen, da diese die Aktien in der Regel gemäß § 186 Abs. 5 AktG vom Emittenten übernehmen und der geschädigte Anleger die Aktien deshalb von diesen erwirbt265. Eine persönliche Haftung der Vorstandsmitglieder aus Vertrag ist deshalb mangels Vertragsverhältnis zwischen diesen und den Anlegern ausgeschlossen266.

IV. Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte aus culpa in contrahendo Eine Haftung für unrichtige oder unvollständige Börsenprospekt ist neben der spezialgesetzlichen Haftung aus § 44 BörsG auch aus culpa in contrahendo (c.i.c.) gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 und 3 BGB wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten möglich. Insoweit gilt § 47 Abs. 2 BörsG entsprechend267. Erforderlich ist hierfür, dass zwischen dem Haftenden und dem Erwerber der Wertpapiere ein individueller vorvertraglicher Kontakt zustande gekommen ist268. Zudem muss der Haftende, sofern es sich bei ihm nicht zugleich um den (geplanten) Vertragspartner handelt, gemäß § 311 Abs. 3 BGB ein besonderes persönliches Vertrauen des Anlegers in Anspruch genommen 264 Schwark in: Schwark, KMRK, § 47 BörsG Rn. 3 f.; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 116; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 107. 265 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 71; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 100; Kort, AG 1999, 9, 18; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 115; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 104. 266 Semler in: MünchKomm2, AktG, § 161 Rn. 227; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 105. 267 OLG Düsseldorf, WM 1984, 586, 597 (BuM); Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 73; Groß, Kapitalmarktrecht 4, § 45 BörsG Rn. 100; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 102; Ellenberger, Prospekthaftung, S. 118. 268 Schwark in: Schwark, KMRK, § 45 BörsG Rn. 72 f.; Hamann in: Schäfer, WpHG, BörsG, VerkProspG, § 48 a. F. BörsG Rn. 5, § 48 n. F. BörsG Rn. 4; Assmann in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR2, § 7 Rn. 235.

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haben269. Hieran fehlt es jedoch bei den Vorstandsmitgliedern des Emittenten in den meisten Fällen. Selbst bei einer Eigenemission des Emittenten treten die Vorstandsmitglieder mit den Anlegern regelmäßig nicht persönlich in Kontakt, so dass die konkrete Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien ausgeschlossen ist270. Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn die Vorstandsmitglieder eine Emission, etwa auf einer Road-Show, persönlich beworben und dabei ein besonders persönliches Vertrauen der potenziellen Anleger auf die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Informationen über das Anlageobjekt in Anspruch genommen haben271.

V. Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach Deliktsrecht 1. Einführung Neben der spezialgesetzlichen Prospekthaftung kommt insbesondere eine Haftung der Prospektverantwortlichen aus Deliktsrecht in Betracht. Einschlägig sind vor allem eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. einem Schutzgesetz zugunsten der Anleger sowie eine Haftung wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB. Eine Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB kommt bei fehlerhaften Börsenprospekten mangels entsprechender Rechtsgutsverletzung nicht in Betracht. Gemäß § 823 Abs. 1 BGB ist derjenige zum Schadenersatz verpflichtet, der das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen verletzt. Als sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB ist zwar unter anderem auch das Mitgliedschaftsrecht der Aktionäre geschützt272. Dieses wird durch unrichtige oder unvollständige Prospektangaben jedoch nicht berührt. Ein Eingriff in das Mitgliedschaftsrecht setzt voraus, dass unmittelbar in den Bestand der Mitgliedschaft oder die in ihr verkörperten Rechte und Betätigungsmöglichkeiten, wie etwa das Stimm- oder das Gewinnbezugsrecht, eingegriffen wird. Nicht erfasst werden hingegen Eingriffe allein in den Wert der Beteiligung an der Gesellschaft und damit in das Vermögen273. Da sich auf Grund falscher Prospektangaben allein der Wert der Aktien anders darstellt als 269 Emmerich in: MünchKomm, BGB, § 311 Rn. 233; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 106; J. Schneider, Anlegerschutz, S. 78 f. 270 Brellochs, Publizität und Haftung, S. 106. 271 Vgl. BGH, NZG 2008, 661 ff. 272 BGH, NJW 1990, 2877, 2878 (Schärenkreuzer); RGZ 100, 274, 278; RGZ 158, 248, 255. Zur Mitgliedschaft als sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB vgl. insb. Habersack, Mitgliedschaft, S. 117 ff.; allgemein zu den sonstigen Rechten i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB vgl. Wagner in: MünchKomm, BGB, § 823 Rn. 142 ff. 273 Vgl. Wagner in: MünchKomm, BGB, § 823 Rn. 172.

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bei zutreffender Information der Anleger, wird hierdurch nicht das durch die Mitgliedschaft verkörperte Teilhaberecht, sondern allein der Vermögenswert der Aktien tangiert274. 2. Schutzgesetzverletzung gemäß § 823 Abs. 2 BGB a) Einführung und Schutzgesetzqualität Nach § 823 Abs. 2 BGB haftet derjenige, der gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Die verletzte Norm muss dazu bestimmt sein, neben dem Schutz der Allgemeinheit zumindest auch dem Schutz des Verletzten – im Zusammenhang mit der Börsenprospekthaftung dem Schutz der Anleger – zu dienen275. Aus der Stellung von § 823 Abs. 2 zu §§ 823 Abs. 1, 826 BGB wird jedoch deutlich, dass § 823 Abs. 2 BGB insbesondere im Hinblick auf Vermögensschäden lediglich eine Ergänzungsfunktion zukommt276. Sofern es – wie bei den Börsenprospektpflichten – um die Verletzung unternehmensspezifischer Pflichten geht, die in erster Linie der Gesellschaft obliegen und die sich für die Vorstandsmitglieder deshalb erst aus ihrer Organstellung ergeben, muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darüber hinaus die Eröffnung eines individuellen Schadenersatzanspruchs vom Gesetzgeber erkennbar erstrebt worden sein oder zumindest „sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar“ erscheinen277. An Letzterem fehlt es unter anderem dann, wenn die Belange des Geschädigten durch Ansprüche gegen Dritte anderweitig ausreichend abgesichert sind278, 279. Keine 274 Vgl. (zur insoweit vergleichbaren sekundären Kapitalmarkthaftung) OLG München, NJW 2003, 144, 146 (Infomatec); OLG Stuttgart, ZIP 2006, 511 f. (EM.TV) sowie Spindler in: MünchKomm3, AktG, § 93 Rn. 268 f.; Zimmer in: Schwark, KMRK, § 37b, 37c WpHG Rn. 129. 275 St. Rspr. BGH, NJW 1992, 241, 242; BGH, NJW 2004, 356, 357; BGH NJW 2004, 1949; Sprau in: Palandt, BGB, § 823 Rn. 57; Wagner in: MünchKomm, BGB, § 823 Rn. 346. 276 Canaris in: 2. FS Larenz, S. 27, 47 f.; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, S. 435 ff.; Wagner in: MünchKomm, BGB, § 823 Rn. 328; Verse, ZHR 170 (2006), 399, 407. 277 BGH, NJW 1976, 1740 f.; vgl. auch BGH, NJW 1980, 1792; BGH, NJW 1989, 974; BGH, NJW 1994, 1801, 1803; Canaris in: 2. FS Larenz, S. 27, 58 ff.; Larenz/ Canaris, Schuldrecht II/2, S. 435 f.; Hager in: Staudinger, BGB, § 823 Rn. G 4; Verse, ZHR 170 (2006), 399, 407. Bei der Verletzung allgemeiner Pflichten, die unabhängig von der Organstellung grundsätzlich jedermann obliegen, ist eine Außenhaftung der Organmitglieder hingegen unstreitig gegeben, sofern die Schutzgesetzqualität zu bejahen ist (vgl. Medicus, ZGR 1998, 570, 571; Verse, ZHR 170 (2006), 399, 401 ff.; Hellgardt, WM 2006, 1514, 1516 f., jeweils m.w. N.). 278 BGH, NJW 1976, 1740; BGH, NJW 1980, 1792; BGH, NJW 1989, 974; BGH, NJW 1994, 1801, 1803; Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 621. Vgl. hierzu auch Verse, ZHR 170 (2006), 399, 405 ff.; Hellgardt, WM 2006, 1514, 1516. 279 Näher zu dieser Frage s. unten Teil 6 B.III.2.

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Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 823 Abs. 2 BGB ist allerdings bei strafrechtlich bewehrten Rechtsnormen vorzunehmen280. Im Zusammenhang mit der Verletzung von Prospektpflichten kommen als Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB vor allem § 400 AktG (unrichtige Darstellung), § 264a Strafgesetzbuch (StGB) (Kapitalanlagebetrug) und § 263 StGB (Betrug) in Betracht281. Da es sich dabei um Strafgesetze handelt, unterliegt eine Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. diesen Vorschriften nicht der vom Bundesgerichtshof postulierten Einschränkung. Keine Schutzgesetzqualität hat angesichts der ausdrücklich entgegenstehenden Intention des Gesetzgebers § 20a WpHG (Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation). Gemäß § 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG ist es verboten, unrichtige oder irreführende Angaben über Umstände zu machen, die für die Bewertung eines Finanzinstruments erheblich sind, oder solche Umstände entgegen einer gesetzlichen Rechtspflicht zu verschweigen, wenn die Angaben oder das Verschweigen geeignet sind, auf den Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstruments einzuwirken. Die Vorschrift wäre daher grundsätzlich auch auf die Veröffentlichung fehlerhafter oder unvollständiger Börsenprospekte anzuwenden. Ebenso wie bereits seine Vorgängernorm, § 88 WpHG a. F., dient § 20a WpHG nach dem Willen des Gesetzgebers und der zutreffenden herrschenden Ansicht in der Literatur jedoch allein dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes282. Kein Schutzgesetz zugunsten der Anleger stellt auch § 93 AktG dar. 280

So ausdrücklich BGH, NJW 1982, 2780, 2781; BGH, NJW 1992, 241, 242 f. Vgl. BGH, AG 2004, 543, 544 f. (Infomatec); BGH, BKR 2004, 403 ff. (Infomatec); Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 276 ff.; Spindler, WM 2004, 2089, 2091; Gottschalk, Der Konzern, 2005, 274, 277; Gerber, DStR 2004, 1793, 1795 f.; Fleischer, DB 2004, 2031, 2033; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 109 ff.; Ekkenga/Maas, Wertpapieremissionen, Rn. 416; Nicodem, Doppellisting und Anlegerschutz, S. 155 ff. Ausführlich hierzu sogleich. 282 (Zu § 20a WpHG) BegrRegE Zweites Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, BT-Drs 10/318, S. 45; Weitnauer, DB 2003, 1719, 1722; Gottschalk, Der Konzern, 2005, 274, 277; Gerber, DStR 2004, 1793, 1795; Fleischer, DB 2004, 2031, 2032 f.; (zu § 88 BörsG a. F.) BGH, AG 2004, 543, 544 (Infomatec); BGH, BKR 2004, 403 ff. (Infomatec); OLG München, NJW 2003, 144 (Infomatec); Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 275; Groß, WM 2002, 477, 484; Krause, ZGR 2002, 799, 817; Gottschalk, DStR 2005, 1648, 1649; Rieckers, BB 2002, 1213, 1215; Fleischer, DB 2004, 2031, 2032; Nicodem, Doppellisting und Anlegerschutz, S. 158 ff.; (a. A.) LG Augsburg, ZIP 2001, 1881 – aufgehoben durch OLG München, NJW 2003, 144 (Infomatec); Rodewald/Siems, BB 2001, 2437, 2438; Altenhain, BB 2002, 1874, 1875; Weitnauer, DB 2003, 1719, 1722; Gerber, DStR 2004, 1793, 1795; Fuchs in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c, Rn. 64; Sethe in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 105 (vgl. zur parallelen Problematik im Zusammenhang mit § 15 WpHG) BegrRegE 4. FmFG, BT-Drs 14/8017, S. 87; BGH, AG 2004, 543, 544 (Infomatec); OLG München, NJW 2003, 144 (Infomatec), 107; Gottschalk, DStR 2005, 1648 f.; ders., Der Konzern, 2005, 274, 276 f.; Groß, WM 2002, 477, 482; Krause, ZGR 2002, 799, 809; Zimmer in: Schwark, KMRK, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 128; Spindler, WM 2004, 2089, 2090; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 272 ff.; Rieckers, BB 2002, 1213, 1215; 281

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Die die Innenhaftung der Vorstandsmitglieder gegenüber der Gesellschaft regelnde Vorschrift dient allein dem Schutz der Gesellschaft, nicht hingegen auch dem ihrer Aktionäre283. In Abweichung von § 823 Abs. 2 S. 2 i.V. m. § 276 BGB genügt im Anwendungsbereich der börsengesetzlichen Prospekthaftung zur Verwirklichung eines Anspruchs gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. einem Schutzgesetz eine einfach fahrlässige Schutzgesetzverletzung nicht. Gemäß § 47 Abs. 2, 2. Alt. BörsG konkurrieren deliktische Ansprüche mit der spezialgesetzlichen Börsenprospekthaftung nur bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzungen284. b) Unrichtige Darstellung gemäß § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG aa) Einführung Gemäß § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG macht sich strafbar, wer als Mitglied des Vorstands oder Aufsichtsrats oder als Abwickler die Verhältnisse der Gesellschaft einschließlich ihrer Beziehungen zu verbundenen Unternehmen in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand, in Vorträgen oder Auskünften in der Hauptversammlung unrichtig wiedergibt oder verschleiert. Die Vorschrift ist nach einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB285. Gerber, DStR 2004, 1793; Sethe in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 104; Möllers/Leisch in: Kölner Komm, WpHG, §§ 37b, c Rn. 450. 283 BGHZ 110, 342, 359 f.; BGH WM 1979, 853, 854; LG Bonn AG 2001, 484, 486; LG Düsseldorf, AG 1991, 70, 71; Hefermehl/Spindler in: MünchKomm3, AktG, § 93 Rn. 273; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 19; Hopt in: Großkomm, AktG, § 93 Rn. 469, 492, 501; Thümmel, Persönliche Haftung, Rn. 359; Buchta, DStR 2003, 694, 696; Wiesner in: MünchHdb AG, § 26 Rn. 29. Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 93 Rn. 169; Derleder/Fauser, BB 2006, 949, 950. Zu § 93 AktG s. näher oben Teil 3 B.II.2.b). 284 § 47 Abs. 2, 2. Alt. BörsG, der eine weitergehende deliktische Haftung bisher nur bei vorsätzlichem Handeln zuließ, wurde durch das Finanzmarktrichtlinienumsetzungsgesetz (FRUG) vom 16.7.2007 weitgehend unbemerkt und ohne jegliche Begründung in den Gesetzesmaterialien auch auf grob fahrlässige unerlaubte Handlungen erweitert. Die Änderung von § 47 Abs. 2, 2. Alt BörsG taucht erstmals im Regierungsentwurf – schon dort ohne Begründung – auf und wurde im weiteren Gesetzgebungsverfahren ohne weitere Feststellungen bis zur Verabschiedung im Bundestag weitergeführt. 285 BGH, ZIP 2005, 1270, 1272 (EM.TV); BGH, AG 2004, 543, 544 (Infomatec); BGH, BKR 2004, 403, 405 (Infomatec); BGHZ 149, 10, 20 (Bremer Vulkan); OLG Stuttgart, ZIP 2006, 511, 512 (EM.TV); RegKom CG, Bericht, BT-Drs. 14/7515, Rn. 184; Otto in: Großkomm, AktG, § 400 Rn. 4; Geilen in: Kölner Komm2, AktG, § 400 Rn. 4; Schaal in: MünchKomm2, AktG, § 400 Rn. 3; Wagner in: MünchKomm, BGB, § 823 Rn. 370; Groß, WM 2002, 477, 483; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 53 f.; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 110; Fleischer, NJW 2003, 2584, 2585 f.; Rieckers, BB 2002, 1213, 1215; Rützel, AG 2003, 69, 72; Thümmel, DB 2001, 2331, 2332; Krause, ZGR 2002, 799, 819; J. Schneider, Anlegerschutz, S. 59; Siebel/Ge-

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bb) Das Haftungsobjekt § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG setzt tatbestandlich eine unrichtige Wiedergabe oder Verschleierung der Verhältnisse der Gesellschaft in „Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand, in Vorträgen oder Auskünften in der Hauptversammlung“ voraus. Von diesen tatbestandlichen Alternativen kommt im Zusammenhang mit einer Haftung für Börsenprospekte lediglich eine unrichtige Wiedergabe oder Verschleierung der Verhältnisse der Gesellschaft in „Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand“ in Betracht, da die übrigen beiden Alternativen des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG allein mündliche Äußerungen betreffen286. „Übersichten über den Vermögensstand“ i. S. v. § 400 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt AktG sind alle Zusammenstellungen von Zahlenmaterial, die einen Gesamtüberblick über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ermöglichen, wie z. B. Bilanzen oder die Gewinn- oder Verlustrechnung287. Auf Grund der Subsidiarität von § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG im Verhältnis zu § 331 Nr. 1, 1a HGB (vgl. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG a. E.) werden von § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG nur solche Bilanzen erfasst, die nicht auf Grund einer Publizitätspflicht nach den Bestimmungen des HGB zu veröffentlichen sind. Nicht von § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG, sondern von § 331 Nr. 1, 1a HGB wird deshalb z. B. die Jahresabschlussbilanz erfasst288. Da die Tatbestandsalternative „Übersichten über den Vermögensstand“ des § 400 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. AktG ebenso wie § 331 HGB lediglich Zusammenstellungen von Zahlenmaterial (in der Regel in tabellarischer Form) betrifft, werden hiervon nur die entsprechenden Teile eines Börsenprospekts, insbesondere die Finanzinformationen im Prospekt, nicht hingegen auch seine übrigen Ausführungen zur Finanzlage des Emittenten, erfasst. Insbesondere ein fehlerhafter Gesamteindruck des Prospekts bei im übrigen richtigen Einzelangaben ist deshalb nicht tatbestandlich i. S. v. § 400 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. AktG. Die Tatbestandsalternative „Darstellungen über den Vermögensstand“ i. S. v. § 400 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. AktG, ist demgegenüber weiter gefasst und umfasst jede Art von Bericht über den Vermögensstand des Unternehmens. Erforderlich ist allerdings, dass der Vermögensstand so umfassend wiedergegeben wird, dass er ein Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage des Emittenten ermöglicht und bauer, WM 2001, 173, 188; Möllers in: Bankrecht (2002), S. 271, 283; Leisch in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 16 Rn. 50; Nicodem, Doppellisting und Anlegerschutz, S. 160 f. 286 Vgl. hierzu Otto in: Großkomm, AktG, § 400 Rn. 37 ff. 287 BGH, AG 2004, 543, 544 (Infomatec); BGH (in Strafsachen), AG 2005, 162, 163 (EM.TV); Otto in: Großkomm, AktG, § 400 Rn. 33; Geilen in: Kölner Komm2, AktG, § 400 Rn. 42. 288 Otto in: Großkomm, AktG, § 400 Rn. 33.

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den Eindruck der Vollständigkeit erweckt289. Hierunter fallen auch Börsenprospekte in ihrer Gesamtheit290. Wird daher in einem Börsenprospekt der Vermögensstand der Gesellschaft unrichtig oder unvollständig wiedergegeben, ist § 400 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt AktG objektiv erfüllt. Dass sich Darstellungen ebenso wie Übersichten i. S. v. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG auf den Vermögensstand der Gesellschaft beziehen müssen, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem verfassungsrechtlichen Gebot der restriktiven Auslegung strafrechtlicher Normen (Art. 103 Abs. 2 GG)291. cc) Die Haftenden Täter des in § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG unter Strafe gestellten Sonderdelikts und damit auch Haftungsschuldner gemäß § 823 Abs. 2 BGB können nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG neben den Mitgliedern des Aufsichtsrats und den Abwicklern der Gesellschaft vor allem auch die Vorstandsmitglieder des Emittenten sein. Über eine Zurechnung nach § 31 BGB hat für den entstandenen Schaden zudem auch der Emittent einzustehen292. dd) Die Anspruchsberechtigten Die aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. einem Schutzgesetz zum Schadenersatz Berechtigten sind diejenigen Personen, deren Schutz durch die verletzte Norm bezweckt wird und denen aus der Schutzgesetzverletzung ein Schaden entstanden ist293. Da § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG das Vertrauen potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre in die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über die Gesellschaftsverhältnisse schützt294, werden von ihrem Schutzbereich diejenigen Personen umfasst, die auf der Grundlage einer unrichtigen 289 BGH, AG 2004, 543, 544 (Infomatec); zuvor bereits OLG München, NJW 2003, 144, 146 (Infomatec); Otto in: Großkomm, AktG, § 400 Rn. 34; Thümmel, DB 2001, 2331, 2332; Rützel, AG 2003, 69, 71, 73; (a. A., „jede offiziöse, auf die Gesellschaftsverhältnisse bezogene und den Vermögensstand berührende Mitteilung“) Geilen in: Kölner Komm2, AktG, § 400 Rn. 45. 290 Krämer in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, § 10 Rn. 371. 291 BGH, AG 2004, 543, 544 f. (Infomatec); OLG München, NJW 2003, 144, 146 (Infomatec); Otto in: Großkomm, AktG, § 400 Rn. 36; Geilen in: Kölner Komm2, AktG, § 400 Rn. 47; Rieckers, BB 2002, 1213, 1216; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 111; (a. A.) RegKom CG, Bericht, BT-Drs. 14/7515, Rn. 184; Möllers, Adhoc-Publizität, § 12 Rn. 85; Weitnauer, DB 2003, 1719, 1721. 292 Brellochs, Publizität und Haftung, S. 120. Zur Zurechnung gemäß § 31 BGB vgl. oben Teil 3 B.II.1.a). 293 Otto in: Kölner Komm2, AktG, § 400 Rn. 4. 294 BGH, AG 2004, 543, 544 (Infomatec); OLG Stuttgart, ZIP 2006, 511, 512 (EM.TV); Geilen in: Kölner Komm2, AktG, § 400 Rn. 3; Otto in: Kölner Komm2, AktG, § 400 Rn. 2 f.; Krause, ZGR 2002, 799, 819; Leisch in: Möllers/Rotter, Adhoc-Publizität, § 16 Rn. 50.

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Information i. S. v. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG eine nachteilige Disposition getroffen haben295. Dies umfasst alle Anleger, die auf Grund eines fehlerhaften Börsenprospekts Wertpapiere der Gesellschaft erworben haben und damit neben den gegenwärtigen Aktionären auch solche Anleger, die ihre Aktien bereits wieder veräußert haben, sofern sie diese zuvor auf Grund des fehlerhaften Börsenprospekts erworben haben296. ee) Verschulden In subjektiver Hinsicht setzt § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG Vorsatz voraus. Dolus eventualis genügt297. In praktischer Hinsicht wird der erforderliche Vorsatz allerdings schwer nachzuweisen sein298. c) Kapitalanlagebetrug gemäß § 264a StGB aa) Einführung Gemäß § 264a StGB macht sich unter anderem strafbar, wer im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren – sei es aus einer Erstemission oder einer Kapitalerhöhung – in Prospekten oder in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand gegenüber einem größeren Kreis von Personen hinsichtlich solcher Umstände, die für die Erwerbsentscheidung erheblich sind, unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt. § 264a StGB ist nach allgemeiner Ansicht Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB299. bb) Das Haftungsobjekt Gegenstand einer Strafbarkeit gemäß § 264a StGB sind nach seinem eindeutigen Wortlaut unrichtige vorteilhafte Angaben oder das Verschweigen nachteiliger Tatsachen in „Prospekten“. Der Begriff des Prospekts umfasst jedes SchriftGeilen in: Kölner Komm2, AktG, § 400 Rn. 3. Zur Frage der Kausalität vgl. unten Teil 4 A.V.4. 297 Otto in: Großkomm, AktG, § 400 Rn. 48; Geilen in: Kölner Komm2, AktG, § 400 Rn. 62; Kropff in: MünchKomm2, AktG, § 400 Rn. 46. 298 Vgl. hierzu aber BGH, AG 2004, 543, 544 f. (Infomatec – hinsichtlich einer Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen), wo der für eine Haftung gemäß § 826 BGB wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung erforderliche Vorsatz nach den Feststellungen des erkennenden Gerichts gegeben war. Zur Haftung gemäß § 826 BGB vgl. unten Teil 4 A.V.3. 299 BGH, NJW 1992, 241; BGH, NJW 2000, 3346; BGH, AG 2004, 543, 544 (Infomatec); Perron in: Schönke/Schröder, StGB, § 264a Rn. 1; Krause, ZGR 2002, 799, 817; Leisch in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 16 Rn. 52; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 113; Nicodem, Doppellisting und Anlegerschutz, S. 163. 295 296

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stück, das für die Beurteilung der Anlage erhebliche Angaben enthält oder den Eindruck eines solchen Inhalts erweckt. Erfasst sind damit auch Börsenprospekte i. S. v. § 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG bzw. § 5 WpPG300. Hinsichtlich des Prospektbegriffs gilt daher das oben zur börsengesetzlichen Prospekthaftung Gesagte entsprechend301. Insbesondere werden von § 264a StGB auch die durch Verweis gemäß § 11 WpPG einbezogenen Dokumente sowie gemäß § 15 Abs. 5 S. 2 WpPG in den Prospekt aufgenommene Angaben erfasst. Neben Prospekten erfasst § 264a StGB in Anlehnung an § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG auch „Darstellungen und Übersichten über den Vermögensstand“. Insofern gilt das dort Gesagte weitgehend entsprechend302. Der Begriff der Darstellung ist in § 264a StGB allerdings weiter gefasst als in § 400 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. AktG. Er umfasst anders als dort neben schriftlichen auch mündliche oder durch Ton- oder Bildträger verbreitete Darstellungen. Dies ergibt sich daraus, dass im Tatbestand von § 264a StGB den „Übersichten und Darstellungen über den Vermögensstand“ nicht auch „Vorträge“ und „Auskünfte in der Hauptversammlung“ gegenübergestellt sind303. Da sich Übersichten und Darstellungen i. S. v. § 264a StGB, ebenso wie bei § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG, auf den Vermögensstand der Gesellschaft beziehen müssen, ist bei ihnen ein gewisses Maß an Vollständigkeit erforderlich304. Zudem müssen sich die unrichtigen Angaben oder verschwiegenen Tatsachen auf Umstände beziehen, die für die Anlageentscheidung erheblich sind. Irreführende Angaben über belanglose Umstände können die Strafbarkeit daher nicht begründen305. Soweit § 264a StGB auf unrichtige vorteilhafte Angaben abstellt, werden hiervon – anders als im Rahmen von § 263 Abs. 1 StGB – nicht allein Tatsachen306, sondern darüber hinaus auch fehlerhafte Werturteile und Prognosen erfasst307.

300 Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des WpPG s. BegrRegE 2. WiKG, BT-Drs. 10/ 318, S. 23; BGHSt 40, 288; Perron in: Schönke/Schröder, StGB, § 264a Rn. 18. 301 Vgl. oben Teil 4 A.II.2. 302 Vgl. oben Teil 4 A.V.2.b)bb). 303 BegrRegE 2. WiKG, BT-Drs. 10/318, S. 23; Perron in: Schönke/Schröder, StGB, § 264a Rn. 18 ff.; Wilga in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rn. 93; Krause, ZGR 2002, 799, 818. 304 BegrRegE 2. WiKG, BT-Drs. 10/318, S. 23; BGH, AG 2004, 543, 544 (Infomatec); Perron in: Schönke/Schröder, StGB, § 264a Rn. 18 ff.; Wilga in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rn. 93; Krause, ZGR 2002, 799, 818. 305 Perron in: Schönke/Schröder, StGB, § 264a Rn. 30; Cerny, MDR 1987, 277; Wilga in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rn. 95 f. Vgl. hierzu im Zusammenhang mit der Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG auch oben Teil 4 A.II.3.c). 306 Tatsachen sind alle konkreten vergangenen oder gegenwärtigen Geschehnisse oder Zustände der Außenwelt und des menschlichen Innenlebens, die sinnlich wahrnehmbar, empirisch überprüfbar und damit dem Beweis grundsätzlich zugänglich sind (vgl. Perron in: Schönke/Schröder, StGB, § 263 Rn. 8 m.w. N.).

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Die tatbestandlichen Prospekte bzw. Übersichten und Darstellungen über den Vermögensstand müssen zudem sachlich und zeitlich im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren aus einer Erstemission oder einer Kapitalerhöhung stehen und gegenüber einem größeren Kreis von Personen veröffentlicht bzw. kundgetan worden sein. Ein solcher Zusammenhang zwischen der Informationskundgabe und dem Vertrieb von Wertpapieren ist immer dann gegeben, wenn die Veröffentlichung oder Kundgabe nicht nur der allgemeinen Information oder der Erfüllung einer gesetzlichen Publikationspflicht dient, sondern konkret auf den Absatz der Wertpapiere gerichtet ist308. Unter einem größeren Kreis von Personen ist eine so große Anzahl potentieller Anleger zu verstehen, dass deren Individualität gegenüber dem sie verbindenden, potentiell gleichen Anlageinteresse zurücktritt309. Unter den objektiven Tatbestand von § 264a StGB fallen daher einerseits Börsenprospekte i. S. v. § 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG bzw. § 5 WpPG, mit denen die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt beantragt wird. Andererseits sind aber auch andere Informationsbroschüren, die im Zusammenhang mit dem Vertrieb der Wertpapiere veröffentlicht werden, wie z. B. an eine große Anzahl von Kleinanlegern gerichtete Werbebroschüren, die den Eindruck der Vollständigkeit erwecken, tatbestandlich. Zudem fallen unter den Begriff der „Darstellung über den Vermögensstand des Emittenten“ auch schriftliche und mündliche Präsentationen über die finanzielle Lage des Emittenten, sofern sie eine gewisse Vollständigkeit aufweisen und an einen größeren Kreis von Anlegern gerichtet sind. Präsentationen auf so genannten Road-Shows gegenüber einem ausgewählten Kreis von institutionellen Anlegern und Finanzintermediären werden daher in der Regel nicht vom Tatbestand des § 264a StGB erfasst. cc) Die Haftenden Anders als bei § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG handelt es sich bei § 264a StGB nicht um ein Sonderdelikt. Neben den Vorstandsmitgliedern des Emittenten kommen als Täter daher auch außenstehende Personen, wie Mitarbeiter der emissionsbegleitenden Banken, Rechtsanwälte oder Steuerberater, in Betracht310.

307 BGH, NJW 2000, 3346, 3347, Perron in: Schönke/Schröder, StGB, § 264a Rn. 24; Fischer, StGB, § 264a Rn. 14. Vgl. hierzu bereits oben Teil 4 A.II.3.b)aa). 308 BGH, AG 2004, 543, 544 (Infomatec); Krause, ZGR 2002, 799, 818. 309 BegrRegE 2. WiKG, BT-Drs. 10/318, S. 23 f. 310 Wilga in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rn. 94; Perron in: Schönke/ Schröder, StGB, § 264a Rn. 38.

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dd) Die Anspruchsberechtigten Zwar handelt es sich bei § 264a StGB lediglich um ein dem Betrug vorgelagertes Gefährdungsdelikt, das – ebenso wie § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG – tatbestandlich keinen Vermögensschaden des Opfers voraussetzt311. Eine Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn dem Anspruchsteller auf Grund der strafbaren Handlung ein Vermögensschaden entstanden ist312. Anspruchsberechtigt sind daher in Parallele zu § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG alle Personen, die auf der Grundlage eines unrichtigen oder unvollständigen Prospekts bzw. einer unrichtigen oder unvollständigen Übersicht oder Darstellung über den Vermögensstand i. S. v. § 264a StGB eine nachteilige Disposition getroffen haben und denen daraus ein Schaden entstanden ist. ee) Verschulden In subjektiver Hinsicht setzt § 264a StGB Vorsatz voraus, wobei dolus eventualis genügt313. Der Vorsatz muss sich vor allem darauf erstrecken, dass die Angaben in den Werbeträgern erheblich und unwahr oder die verschwiegenen Tatsachen nachteilig sind. Ferner muss der Täter wissen, dass die Werbemittel im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht werden314. d) Betrug gemäß § 263 StGB aa) Einführung Neben dem speziellen Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs gemäß § 264a StGB kommt auch der allgemeine Betrugstatbestand des § 263 StGB als Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten von Anlegern in Betracht, die Aktien auf Grund eines unrichtigen oder unvollständigen Börsenprospekts erworben haben315. Gemäß § 263 StGB macht sich strafbar, wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält. 311

Statt aller Perron in: Schönke/Schröder, StGB, § 264a Rn. 1 m.w. N. Zur Frage der Kausalität vgl. unten Teil 4 A.V.4. 313 Perron in: Schönke/Schröder, StGB, § 264a Rn. 36; Fischer, StGB, § 264a Rn. 20. 314 Perron in: Schönke/Schröder, StGB, § 264a Rn. 36; Wilga in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rn. 102. 315 BGHZ 57, 137; BGH, AG 2004, 543, 544 (Infomatec); Krause, ZGR 2002, 799, 817; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 113; Leisch in: Möllers/Rotter, Ad-hocPublizität, § 16 Rn. 53. 312

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bb) Der objektive Tatbestand In objektiver Hinsicht erfordert § 263 StGB eine Täuschungshandlung durch den Täter, die beim Opfer einen Irrtum hervorgerufen hat. Dieser Irrtum muss das getäuschte Opfer zudem zu einer Vermögensverfügung veranlasst haben, wodurch ihm ein Vermögensschaden entstanden ist. Nach dem Wortlaut der Vorschrift muss die Täuschungshandlung in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen bestehen. Es genügt hierfür jedes Verhalten, durch das unter Einwirkung auf das intellektuelle Vorstellungsbild eines anderen eine Fehlvorstellung über die Realität erregt werden kann316. § 263 StGB erfasst daher anders als die börsengesetzliche Prospekthaftung317 oder § 264a StGB318 nur falsche Tatsachen319, nicht hingegen auch falsche Werturteile oder Prognosen320. In objektiver Hinsicht ist die Verwirklichung eines Betruges i. S. v. § 263 StGB daher möglich, wenn in einem Börsenprospekt falsche Angaben über Tatsachen gemacht werden und (zukünftige) Anleger hierdurch zum Erwerb von Aktien und somit zu einer Vermögensverfügung veranlasst werden. cc) Der subjektive Tatbestand In subjektiver Hinsicht setzt § 263 StGB Vorsatz des Täters hinsichtlich aller Merkmale des objektiven Tatbestandes voraus. Im Rahmen von § 263 StGB genügt dolus eventualis nicht. Darüber hinaus ist die Absicht erforderlich, sich oder einem anderen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen321. Der Täter muss sich oder einem anderen daher einen Vermögensvorteil nicht tatsächlich verschafft haben. Die Absicht, sich einen solchen zu verschaffen, genügt. Allerdings muss der beabsichtigte Vermögensvorteil „stoffgleich“ mit dem beim Opfer eingetretenen Vermögensnachteil sein, d.h., der vom Täter aus dem Vermögen des Geschädigten angestrebte Vorteil muss auf der gleichen Verfügung beruhen, auf der auch der Schaden des Opfers beruht322.

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Cramer in: Schönke/Schröder, StGB, § 263 Rn. 6; Fischer, StGB, § 263 Rn. 10. Vgl. hierzu oben Teil 4 A.II.3.b). 318 Vgl. hierzu oben Teil 4 A.V.2.c)bb). 319 Zum Begriff der Tatsache vgl. oben Teil 4 A.V.2.c)bb) Fn. 306. 320 Cramer in: Schönke/Schröder, StGB, § 263 Rn. 9; Fischer, StGB, § 263 Rn. 8 f. 321 Cramer in: Schönke/Schröder, StGB, § 263 Rn. 164 f.; Fischer, StGB, § 263 Rn. 110. 322 RGSt 67, 201; BGHSt 6, 115; BGH, NJW 1961, 685; BGH, NStZ 1998, 85; BGH, NStZ 2003, 264; BGH, AG 2004, 543, 544 f. (Infomatec); Cramer in: Schönke/ Schröder, StGB, § 263 Rn. 168; Fischer, StGB, § 263 Rn. 108; Park, BB 2001, 2069, 2074; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 113; Krause, ZGR 2002, 799, 817. 317

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Hieran fehlt es bei Anlegerschäden auf Grund eines fehlerhaften Prospekts in der Regel jedoch323. So entsteht z. B. einem Vorstandsmitglied, das zugleich (Gründungs-)Aktionär der Gesellschaft ist, ein Vorteil nicht unmittelbar aus der schädigenden Vermögensverfügung des Anlegers – dem Erwerb der Aktien zu einem überhöhten Preis –, sondern erst durch die Veräußerung des eigenen Aktienpakets. Nicht ausreichend ist jedoch, dass das Vorstandsmitglied oder ein Dritter lediglich mittelbar durch einen infolge der falschen Prospektangaben steigenden Aktienkurs begünstigt wird324. Die erforderliche Stoffgleichheit ist daher allenfalls bei einem Erwerb der Aktien unmittelbar vom Prospektverantwortlichen gegeben. Beim Erwerb von einem Dritten kommt eine stoffgleiche Bereicherung des täuschenden Prospektverantwortlichen hingegen nicht in Betracht325. 3. Vorsätzlich sittenwidrige Schädigung gemäß § 826 BGB a) Das Schutzgut Neben einer Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. einem Schutzgesetz zugunsten der Anleger kommt eine Haftung vor allem aus § 826 BGB wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung in Betracht. § 826 schützt das Vermögen des Geschädigten, ohne dass es im Gegensatz zu § 823 Abs. 1 BGB auf die Verletzung konkreter Schutzgüter ankommt326. Trotz seiner hohen Anforderungen kommt § 826 BGB daher die Funktion einer Generalklausel im Hinblick auf die Verletzung reiner Vermögensinteressen zu327. Voraussetzung für die Ersatzpflicht ist eine Schädigung der Vermögensinteressen eines anderen. Dies umfasst nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern auch jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung328. 323 BGH, AG 2004, 543, 544 f. (Infomatec); Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 276; Zimmer in: Schwark, KMRK, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 114; Fuchs in: Fuchs, WpHG, Vor §§ 37b, 37c, Rn. 66; Sethe in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 109; Möllers/Leisch in: Kölner Komm, WpHG, §§ 37b, c Rn. 462; Spindler, WM 2004, 2089, 2091. 324 BGH, AG 2004, 543, 544 f. (Infomatec); Cramer in: Schönke/Schröder, StGB, § 263 Rn. 168; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 113; Wilga in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rn. 104; Rützel, AG 2003, 69, 73. 325 Wilga in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rn. 104; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 113; Krause, ZGR 2002, 799, 817. 326 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, S. 447; Wagner in: MünchKomm, BGB, § 826 Rn. 4; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 114. 327 Wagner in: MünchKomm, BGB, § 826 Rn. 4; Deutsch, Haftungsrecht, Rn. 67; Kiethe, NZG 2006, 333; Möllers/Leisch in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 15 Rn. 4. 328 BGH, AG 2004, 546 (Infomatec); BGH, ZIP 2005, 1270, 1272 (EM.TV); Larenz, Schuldrecht I, S. 494; Wagner in: MünchKomm, BGB, § 826 Rn. 31.

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b) Die Haftenden Gemäß § 826 BGB haftet im vorliegenden Zusammenhang derjenige, der die Vermögensinteressen der Anleger durch die fehlerhaften oder unvollständigen Prospektangaben verletzt hat. Dies betrifft in erster Linie diejenigen natürlichen Personen, die bei der Aufstellung des Prospekts gegen die Prospektpflichten nach dem WpPG und der EU-ProspektVO verstoßen haben. Das betrifft vor allem die Vorstandsmitglieder des Emittenten329. Allerdings kommt auch eine Haftung des Emittenten über eine Zurechnung des sittenwidrigen Verhaltens des handelnden Organmitglieds nach § 31 BGB in Betracht330. c) Die Anspruchsberechtigten Anspruchsberechtigt aus § 826 BGB ist derjenige, dessen Vermögensinteressen geschädigt wurden. Dies sind bei Schäden auf Grund unrichtiger oder unvollständiger Börsenprospekte diejenigen Anleger, die Aktien auf Grund des Prospekts erworben haben und denen daraus ein Vermögensschaden entstanden ist331. d) Verschulden Als Verschuldensmaßstab setzt § 826 BGB Vorsatz voraus, wobei dolus eventualis genügt332. Dabei braucht der Täter nicht im Einzelnen zu wissen, welche oder wie viele Personen durch sein Verhalten geschädigt werden. Stattdessen genügt, dass er „die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden anderer auswirken könnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und zumindest billigend in Kauf genommen hat“ 333. Ob der erforderliche Vorsatz gegeben ist, hängt vom Einzelfall ab. Er wird jedoch bei den Organmitglieder des Emittenten häufig gegeben sein, wenn sie wissentlich falsche Kapitalmarktinformationen veröffentlichen. Sie halten den Erfolgseintritt in diesen Fällen in der Regel jedenfalls für möglich und nehmen ihn dennoch bil329 BGH, AG 2004, 546 (Infomatec); BGH, ZIP 2005, 1270, 1271 (EM.TV); Brellochs, Publizität und Haftung, S. 120; Wagner in: MünchKomm, BGB, § 826 Rn. 70. 330 Brellochs, Publizität und Haftung, S. 121; (a. A.) RegKom CG, Bericht, BT-Drs. 14/7515, Rn. 186 unter Berufung auf den Vorrang der Kapitalerhaltung vor dem Anlegerschutz. Vgl. hierzu allerdings ausführlich oben Teil 3 B.II.1.b). 331 Zur Frage der Kausalität vgl. unten Teil 4 A.V.4. 332 BGH, AG 2004, 546, 547 (Infomatec); Wagner in: MünchKomm, BGB, § 826 Rn. 23; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 115; Kiethe, NZG 2006, 333, 334; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 53. 333 St. Rspr. BGHZ 8, 83, 87 f.; BGHZ 108, 134, 143; BGH, AG 2004, 546, 547 (Infomatec); Wagner in: MünchKomm, BGB, § 826 Rn. 24; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 115.

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ligend in Kauf334. Zwar muss sich der Vorsatz des Täters nicht auf die Sittenwidrigkeit der Handlung selbst beziehen, erforderlich ist jedoch, dass sich der Vorsatz auf die dem Sittenwidrigkeitsurteil zugrunde liegenden Tatsachen erstreckt335. e) Sittenwidrigkeit Schließlich muss der Täter für eine Haftung gemäß § 826 BGB sittenwidrig gehandelt haben. Dies ist nach der ständigen Formel der Rechtsprechung dann der Fall, wenn die schädigende Handlung „gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ verstößt336. Dabei kommt es nicht auf die Anschauungen der Gesamtbevölkerung, sondern auf diejenigen der konkret betroffenen Verkehrskreise an337. Allein die Verletzung einer Gebotsnorm oder die Verursachung eines Vermögensschadens ist für die Annahme der Sittenwidrigkeit nicht ausreichend. Erforderlich ist vielmehr eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens des Täters, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben muss338. Zur Klärung, wann Sittenwidrigkeit in diesem Sinne vorliegt, wird in der Literatur mit Fallgruppen gearbeitet. Im Zusammenhang mit der Verletzung kapitalmarktrechtlicher Publizitätspflichten wird insbesondere an die bestehenden Fallgruppen „bewusst unrichtige Auskunft“ bzw. „leichtfertige Irreleitung durch Fehlinformationen“ angeknüpft339. Teilweise wird die besondere Verwerflichkeit der Handlung im Zusammenhang mit der Veröffentlichung falscher Kapitalmarktinformationen bereits durch das vorsätzliche Verhalten des Täters indiziert. Werden grob fehlerhafte Falschinformationen direkt vorsätzlich veröffentlicht, so verstößt dies nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegen die Mindestanforderungen im Rechtsverkehr auf dem Kapitalmarkt340. Das ist 334

So auch Brellochs, Publizität und Haftung, S. 115 f. RGZ 72, 4, 7; RGZ 72, 175, 176; RGZ 79, 17, 23; RGZ 123, 271, 277 f.; BGHZ 8, 83, 87 f.; BGHZ 74, 281, 284 f.; BGHZ 101, 380, 388; BGH, WM 1995, 2065; Wagner in: MünchKomm, BGB, § 826 Rn. 26; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/ 2, S. 455; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 115. 336 St. Rspr. seit RGZ 48, 114, 124; BGHZ 69, 295, 297; BGH, AG 2004, 546, 547 (Infomatec); BGH, BKR 2004, 403, 408 (Infomatec). Vgl. auch Brellochs, Publizität und Haftung, S. 116; Wagner in: MünchKomm, BGB, § 826 Rn. 8. 337 BGHZ 10, 228, 232. Vgl. auch Wagner in: MünchKomm, BGB, § 826 Rn. 8. 338 BGH, AG 2004, 546, 547 (Infomatec); BGH, BKR 2004, 403, 408 (Infomatec); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, S. 451 ff.; Brellochs, Publizität und Haftung, S. 116 f.; Sprau in: Palandt, BGB, § 826 Rn. 4. 339 Vgl. hierzu ausführlich Möllers/Leisch in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 15 Rn. 7 ff.; dies., WM 2001, 1648, 1651; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 53. 340 BGH, AG 2004, 546, 547 (Infomatec); BGH, BKR 2004, 403, 408 (Infomatec). 335

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insbesondere dann anzunehmen, wenn die Vorstandsmitglieder zu „eigenen Zwecken“ gehandelt haben, etwa weil sie als Gründer der Gesellschaft im Rahmen der Emission ein eigenes Aktienpaket veräußern wollen341. Handeln die Vorstandsmitglieder hingegen nicht auch im eigenen Interesse, wird die Annahme der Sittenwidrigkeit in der Regel schwerer fallen342. Daher wird eine Haftung von Vorstandsmitgliedern nach § 826 BGB neben einer Haftung gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG in der Praxis kaum eine Rolle spielen, da die Annahme sittenwidrigen Handelns praktisch nur dann in Betracht kommt, wenn die Vorstandsmitglieder auch ein eigenes wirtschaftliches Interesse i. S. v. § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG verfolgen. Dann kommt es auf eine Haftung gemäß § 826 BGB – abgesehen von Fällen der Verjährung343 – allerdings nicht mehr an. 4. Kausalität Im Rahmen der deliktischen Haftung ist ebenso wie bei der börsengesetzlichen Prospekthaftung der Nachweis der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität erforderlich344. Dabei obliegt grundsätzlich dem Anspruchsteller die Beweislast. Lediglich im Hinblick auf die haftungsbegründende Kausalität kommt den Anlegern ein Anscheinsbeweis zugute. Anders als im Rahmen der börsengesetzlichen Prospekthaftung kommt es im Rahmen der Kausalität jedoch nicht darauf an, dass gerade der konkrete Prospektfehler zum Eintritt des Anlegerschadens geführt hat. Da durch die deliktischen Haftungsbestimmungen auch das Interesse der Anleger an einer fundierten Entscheidungsfindung geschützt wird, genügt es, dass überhaupt ein Prospektfehler vorlag, der für die Investitionsentscheidung der Anleger ursächlich war. Diese Ursächlichkeit wird auch im Rahmen der deliktischen Prospekthaftung vermutet, ohne dass allerdings auf die von der Rechtsprechung entwickelte Vermutung einer positiven Anlagestimmung abgestellt wird345. Die Dauer einer 341 Vgl. hierzu im Zusammenhang mit der Veröffentlichung falscher Ad-hoc-Mitteilungen durch Vorstandsmitglieder, die zugleich Mitaktionäre der Gesellschaft sind, BGH, AG 2004, 546, 547 (Infomatec); BGH, BKR 2004, 403, 408 (Infomatec); OLG Frankfurt, BKR 2006, 462, 464. Weitere Nachweise bei Duve/Basak, BB 2005, 2645, 2647, Fn. 32. 342 So auch Brellochs, Publizität und Haftung, S. 118. 343 Zur Verjährung deliktischer Schadenersatzansprüche vgl. unten Teil 4 A.V.8. 344 Vgl. hierzu allgemein bereits oben Teil 4 A.II.9. 345 Vgl. BGH, NJW 2000, 3346, 3347 f.; BGH, NJW 1993, 2865, 2866 (HornblowerFischer); OLG München, AG 2005, 169, 171 (Göttinger Gruppe); sowie die Nachweise oben in Teil 4 A.II.9.b) Fn. 197. Vgl. in diesem Zusammenhang (zur Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen, bei der die Annahme einer allgemeinen Anlagestimmung allerdings insgesamt stark umstritten ist) auch BGH, AG 2005, 543, 545 (Infomatec); OLG Stuttgart, ZIP 2006, 511, 513 (EM.TV); OLG Frankfurt, NZG 2005, 516, 517 (Comroad), jeweils m.w. N. s. hierzu auch Ekkenga/Maas, Wertpapieremissionen, Rn. 434 f.; Findeisen/Backhaus, WM 2007, 100, 101 ff.

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solchen Vermutung kann dabei nicht pauschal bestimmt werden. Insbesondere kann die in § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG zur allgemeinen Anlagestimmung zum Ausdruck kommende Dauer von sechs Monaten nicht unmittelbar auf die deliktische Haftung übertragen werden. Eine solche feste Pauschalisierung kann nur der Gesetzgeber vornehmen. Die Dauer der von einem Prospekt ausgehenden Anlagestimmung ist daher nach den Umständen des Einzelfalles zu bestimmen. Sie wird in der Regel jedoch nicht länger als ein Jahr anhalten346. 5. Art und Umfang des Ersatzes Im Rahmen der allgemeinen deliktischen Haftung richten sich Art und Umfang des zu leisten Ersatzes nach den allgemeinen Bestimmungen der §§ 249 ff. BGB, so dass der Geschädigte so zu stellen ist, wie er stünde, wenn die Verantwortlichen ihrer Pflicht zur wahrheitsgemäßen Information nachgekommen wären. Den Anlegern ist daher im Rahmen der allgemeinen deliktischen Haftung, je nachdem, ob sie die Aktien auch bei richtiger und vollständiger Information erworben hätten, nach ihrer Wahl der Nichtvermögensschaden in Form des Vertragsabschlussschadens oder der auf das negative Interesse beschränkte Vermögensschaden in Form des Differenzschadens zu ersetzen347. Anders als im Rahmen der börsengesetzlichen Prospekthaftung können geschädigte Anleger im Rahmen der deliktischen Haftung den Ersatz des Differenzschadens daher nicht nur dann verlangen, wenn sie die Aktien bereits weiterveräußert haben, sondern auch dann, wenn sie noch im Besitz der Aktien sind und diese auch bei richtiger und vollständiger Information (nur zu einem anderen Preis) erworben hätten. Anders als bei der börsengesetzlichen Prospekthaftung birgt die Berechnung des Differenzschadens im Rahmen der deliktischen Prospekthaftung erhebliche Schwierigkeiten in sich. Ist der Anleger noch im Besitz der Aktien und verlangt er dennoch „nur“ den Ersatz des Differenzschadens, ist dieser aus der Differenz zwischen dem Betrag, den der Anleger beim Erwerb der Anteile tatsächlich gezahlt hat, und dem Betrag, den er zu diesem Zeitpunkt bei richtiger und vollständiger Information hypothetisch hätte zahlen müssen, zu errechnen348. Dies 346 Vgl. BGH, NZG 1998, 774, 775 (Elsflether Werft) sowie die weiteren Nachweise in Teil 4 A.II.9.b) Fn. 198. 347 BGH, ZIP 2005, 1270, 1272 (EM.TV); Möllers, JZ 2005, 75, 77; Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1809; Gottschalk, Der Konzern 2005, 274, 278 f.; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1068; Rieckers, BB 2002, 1213, 1217; (zustimmend für 826 BGB, ablehnend aber für § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG) Kort, AG 2005, 21, 24; ders., NZG 2005, 708; (ablehnend im Zusammenhang mit der Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen) Casper, Der Konzern 2006, 32, 35; Hutter/Stürwald, NJW 2005, 2428, 2430; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1068. 348 Vgl. hierzu grundlegend Fleischer, BB 2002, 1869, 1872 f.; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1861. Nach anderer Ansicht ist die Kursdifferenz hingegen

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setzt voraus, dass zunächst der hypothetische Kaufpreis zum Zeitpunkt des Aktienerwerbs ermittelt wird. Der BGH hat hierzu in der EM.TV-Entscheidung in einer kurzen Anmerkung vorgeschlagen, den hypothetischen Börsenpreis im Wege einer rückwärtigen Induktion ausgehend vom Börsenkurs zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Verstoßes gegen die Prospektvorschriften zurück zu rechnen349. Dies kann wie bei der oben bereits behandelten Bestimmung des im Aktienkurs enthaltenen und vom Anleger zu tragenden allgemeinen Marktrisikos mit Hilfe des sogenannten Capital Asset Pricing Model erfolgen350. Hierdurch können die Wirkungen einzelner kursbeeinflussender Faktoren im tatsächlichen Aktienkurs ausgemacht und so der hypothetische Börsenwert der Aktien ermittelt werden351. Hierzu ist jedoch stets die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich. Dies ließe sich zwar de lege ferenda durch die Einführung einer gesetzlichen Schadenspauschalierung, wie im Rahmen des KapInHaG für die sekundäre Kapitalmarkthaftung vorgeschlagen (§ 37a Abs. 4 KapInHaG-E), verhindern352. Im Rahmen einer Haftung nach den allgemeinen deliktischen Bestimmungen des BGB verbietet sich eine solche bereichsspezifische Gesetzesänderung jedoch. 6. Mitverschulden Hinsichtlich eines etwaigen Mitverschuldens eines Schadenersatz begehrenden Anlegers gelten die oben zur börsengesetzlichen Prospekthaftung gemachten Ausführungen entsprechend353. Auch wenn es im Rahmen der deliktischen Haftung an einer § 45 Abs. 2 Nr. 3 BörsG entsprechenden Mitverschuldensregel fehlt, schließt die Kenntnis des Geschädigten von der Fehlerhaftigkeit des Börsenprospekts auch hierbei eine Haftung aus. Insoweit fehlt es bereits an der notwendigen haftungsbegründenden Kausalität. durch einen Vergleich des Börsenkurses am Tag der Pflichtverletzung mit dem Kurs bei bekannt werden der zutreffenden Tatsache zu ermitteln (Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 55; Thümmel, DB 2001, 2331, 2333). s. hierzu auch schon oben Teil 4 A.II.12. 349 BGH, ZIP 2005, 1270, 1274 f. (EM.TV). Vgl. hierzu Fleischer, BB 2002, 1869, 1872; Casper, Der Konzern 2006, 32, 35. 350 Ebenso Casper, Der Konzern 2006, 32, 35. 351 Die Frage wird vor allem im Zusammenhang mit der Errechnung des Differenzschadens im Rahmen der sekundären Kapitalmarkthaftung diskutiert. Sie hat jedoch im Rahmen der deliktischen Börsenprospekthaftung die gleiche Bedeutung. Vgl. statt aller Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F70; ders., BB 2002, 1869, 1873 f. m.w. N.; Weber, ZGR 2004, 280 ff.; Zimmer in: Schwark, KMRK, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 92; Sethe in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 79 f.; Möllers/ Leisch in: Kölner Komm, WpHG, §§ 37b, c Rn. 347 ff. Zur parallelen Problematik im schwedischen Recht s. unten Teil 4 B.II.9. 352 Vgl. hierzu BegrDiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1048; Casper, Der Konzern 2006, 32, 35; Schäfer/Weber/Wolf, ZIP 2008, 197 ff. 353 Vgl. oben Teil 4 A.II.11.

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7. Gesamtschuldnerische Haftung Zwischen mehreren aus Deliktsrecht zum Schadenersatz Verpflichteten besteht ein Gesamtschuldverhältnis (§§ 830, 840 Abs. 1 BGB). Das gleiche gilt für die nach der börsengesetzlichen Prospekthaftung und die aus Deliktsrecht wegen eines unrichtigen oder unvollständigen Börsenprospekts zum Schadenersatz Verpflichteten. Obwohl es sich bei der börsengesetzlichen Prospekthaftung nach der herrschenden, auch hier vertretenen Ansicht nicht um Sonderdeliktsrecht, sondern um eine gesetzliche Form der Vertrauenshaftung handelt354, besteht zwischen den gemäß §§ 44 ff. BörsG und den aus Deliktsrecht wegen eines unrichtigen oder unvollständigen Börsenprospekts zum Schadenersatz Verpflichteten ein Gesamtschuldverhältnis. Insoweit ist zwar § 840 BGB nach seinem Wortlaut nicht direkt anwendbar, da er in Abs. 1 eine Gesamtschuld lediglich hinsichtlich deliktischer Schadenersatzansprüche anordnet. Die Rechtsprechung nimmt eine Gesamtschuld jedoch auch in Fällen an, in denen eine Partei aus Delikt, die andere hingegen aus Vertrag zum Schadenersatz verpflichtet ist355. Zudem folgt die Gesamtschuld bei der Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte bereits aus der Natur der Sache356. Nur durch eine Gesamtschuld kann eine Doppelentschädigung derjenigen Anleger vermieden werden, denen auf Grund eines unrichtigen oder unvollständigen Börsenprospekts einerseits gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG ein Ersatzanspruch gegen den Emittenten und andererseits z. B. gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG ein Ersatzanspruch gegen ein oder mehrere Vorstandsmitglieder zusteht. 8. Verjährung Im Gegensatz zu den Ansprüchen aus §§ 44 ff. BörsG (vgl. § 46 BörsG) verjähren konkurrierende Ansprüche aus Deliktsrecht nach den allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts. Verjährung tritt daher gemäß §§ 195, 199 BGB innerhalb von drei Jahren nach dem Schluss des Jahres ein, in dem der Anspruch entstanden ist und der Anleger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Unabhängig von der Kenntnis bzw. Unkenntnis und/ oder der Entstehung des Anspruchs verjähren sie gemäß § 199 Abs. 3 BGB spätestens nach zehn bzw. 30 Jahren357. 354

Vgl. oben Teil 4 A.II.1. BGH, NJW 1990, 2882, 2883; Wagner in: MünchKomm, BGB, § 840 Rn. 9. 356 Vgl. hierzu auch Wagner in: MünchKomm, BGB, § 840 Rn. 1. 357 Vgl. statt aller Grothe in: MünchKomm, BGB, § 195 Rn. 10. Schwierigkeiten hinsichtlich der Verjährung von Ansprüchen gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 264a StGB wegen Kapitalanlagebetrugs ergeben sich in Bayern, wo Prospekte und schriftliche Übersichten und Darstellungen nach der umstrittenen geltenden Rechtslage unter die kurze Verjährungsfrist des bayerischen Landespressegesetzes fallen und daher nach 355

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9. Haftungsbeschränkungen Haftungsbeschränkungen im Hinblick auf deliktische nach den allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen § 276 Abs. 3 BGB. Danach kann eine Haftung wegen Deliktsrecht wegen der Verletzung von Prospektpflichten lassen werden.

Schäden richten sich Rechts, insbesondere Vorsatzes – auch aus – nicht im Voraus er-

Hinsichtlich Haftungsfreistellungsvereinbarungen zwischen den Vorstandsmitgliedern und dem Emittenten sowie formularmäßige Haftungsausschlussklauseln gilt das oben zur börsengesetzlichen Prospekthaftung Gesagte entsprechend358.

B. Schweden I. Überblick über die Prospektpflichten und -haftungsbestimmungen 1. Einführung In Schweden hat das Prospektrecht mit der Umsetzung der Wertpapierprospektrichtlinie in nationales Recht neben den vorgegebenen inhaltlichen Änderungen auch eine ganze Reihe struktureller Änderungen erfahren. Vor der Reform waren die unterschiedlichen Prospektvorschriften auf das ABL a. F., das LBC a. F. und das LHF a. F. verteilt359. Eine Haftung für Schäden, die Anlegern auf Grund von fehlerhaften oder unvollständigen Prospekten entstanden, bestand nach alter Rechtslage gemäß 29. Kap. § 1 S. 2 ABL a. F. nur bei Verstößen gegen die im ABL geregelten Prospektpflichten. Eine Haftung für Verstöße gegen die übrigen Prospektpflichten kam daher nur nach den allgemeinen Schadenersatzbestimmungen, insbesondere des SkL, in Betracht360. Ansicht einiger Staatsanwaltschaften schon nach sechs Monaten verjähren sollen (vgl. Süddeutsche Zeitung v. 9. August 2006, S. 26). Zur Schließung dieser Rechtsschutzlücke wurden am 15.09.2006 u. a. durch die SPD-Fraktion und am 19.09.2006 (Drs. 15/6297) u. a. die Fraktion Bündnis90/DIE GRÜNEN (Drs. 15/6298) zwei Gesetzentwürfe in den Bayerischen Landtag eingebracht. Beide Gesetzesentwürfe wurden Ende März 2007 mit den Stimmen der CSU in Dritter Lesung abgelehnt, ohne dass die Bayerische Landesregierung einen eigenen Vorschlag zur Lösung des Problems vorgelegt hat. 358 Vgl. oben Teil 4 A.II.15. 359 Die Prospektpflichten nach dem ABL und dem LBC bzw. dem LHF überschnitten sich teilweise, so dass in bestimmten Situationen gleichzeitig eine Prospektpflicht nach unterschiedlichen Gesetzen, gegebenenfalls sogar mit der Verpflichtung zur Erstellung mehrerer Prospekte, bestand (Prop. 2004/05:85 [Ny Aktiebolagslag], S. 360; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 70; [a. A., die Erstellung eines Prospekts, der allen Anforderungen genügt, ist ausreichend] Beckman/Jansson/Wallin-Norman/Wendleby, Lagarna på Värdepappersområdet, S. 267). 360 Zur Haftung nach dem SkL s. unten Teil 4 B.III.

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Durch die Gesetze zur Änderung des Prospektrechts361 wurden die materiellen Prospektvorschriften im ABL a. F. und LBC a. F. aufgehoben und im LHF n. F. einheitlich neu geregelt. Zudem wurden die aktienrechtlichen Außenhaftungsbestimmungen in 29. Kap. § 1 ABL auf Verstöße gegen die Prospektbestimmungen des LHF n. F. und die EU-ProspektVO und damit auf Verstöße gegen alle Prospektpflichten, die bei einem öffentlichen Angebot von Finanzinstrumenten oder bei ihrer Aufnahme zum Handel an einem organisierten Markt zu beachten sind, erweitert (29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL n. F.)362. 2. Spezialgesetzlich geregelte Prospektpflichten und -haftungsbestimmungen vor Umsetzung der Wertpapierprospektrichtlinie a) ABL a. F. Gemäß 11. Kap. § 12 ABL a. F. hatte die styrelse einer Publikumsaktiengesellschaft einen Prospekt zu erstellen, wenn die Publikumsaktiengesellschaft selbst oder einer ihrer Aktionäre öffentlich oder auf andere Weise gegenüber einem größeren Kreis von Personen (en vidare krets) ein Angebot zum Verkauf von Aktien oder Zeichnungsrechten abgab363. In Übereinstimmung mit 1. Kap. § 7 Abs. 2 ABL wurde ein größerer Kreis von Anlegern bei mehr als 200 Neuanlegern angenommen364. Entsprechend dieser Abgrenzung war auch die Beschränkung der Prospektpflicht gemäß 11. Kap. § 12 ABL a. F. auf Angebote an einen größeren Kreis von Personen zu verstehen. Eine Verpflichtung zur Aufstellung des Prospekts bestand daher nur dann, wenn das Angebot zur Zeichnung oder zum Erwerb von Aktien an einen Kreis von mehr als 200 potentiellen Neuanlegern gerichtet war365. Die Prospektpflicht nach dem ABL a. F. be361 Vgl. Prop. 2004/05:158 (Prospekt) sowie die verschiedenen zum 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Änderungsgesetze und -verordnungen: SFS 2005:833 (Lag om ändring i lagen [1991:980] om handel med finansiella instrument), SFS 2005:834 (Lag om ändring i lagen [1992:543] om börs- och clearingverksamhet), SFS 2005:835 (Lag om ändring i lagen [2000:1087] om anmälningsskyldighet för vissa innehav av finansiella instrument), SFS 2005:836 (Lag om ändring i aktiebolagslagen [2005:551]), SFS 2005:932 (Lag om ändring i lagen [2004:297] om bank- och finansieringsrörelse), SFS 2005:934 (Lag om ändring i lagen [2004:299] om inlåningsverksamhet), SFS 2005:1101 (Förordning om ändring i förordningen [1991:1007] om handel och tjänster på värdepappersmarknaden), SFS 2005:1102 (Förordning om ändring i förordningen [1992:561] om börs- och clearingverksamhet). 362 Vgl. hierzu ausführlich unten Teil 4 B.II. 363 Vgl. Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 51; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 74; dies., Börsnotering, S. 49 f.; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL (2002), 4. kap. 12 §, S. 4:55 ff.; Skog in: Hopt/Voigt, S. 936. 364 Zum Begriff „vidare krets“ vgl. Skog, NTS 2001:3, 331, 406. 365 Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 54; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 74, 77 f.; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL (2002), 4. kap. 12 §, S. 4:57.

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zog sich zudem nur auf das Angebot, Aktien des Emittenten zu erwerben, nicht hingegen auch auf das Angebot, Aktien eines Emittenten zu veräußern, also nicht auf Übernahmeangebote (uppköpserbjudanden) 366. Hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen galten die Regeln der Selbstregulierungseinrichtung Näringslivets Börskommitté (NBK367) über die Ausformung von Prospekten (Näringslivets Börskommittés regler om utformning av prospekt [1999]) ergänzend zu den Bestimmungen des ABL a. F.368. Die an sich rechtlich unverbindlichen Regeln des NBK erhielten durch die Einbeziehung in den mit der jeweiligen Börse geschlossenen Notierungsvertrag (noteringsavtal) rechtliche Bindungswirkung369. Die Regeln des NBK über die Ausformung von Prospekten haben mit Inkrafttreten der neuen Prospektbestimmungen, insbesondere der EU-ProspektVO zum 1. Januar 2006 ihre Geltung verloren. Eine Haftung für Schäden, die Anlegern auf Grund von Verstößen gegen die Prospektvorschriften der 11. Kap. §§ 12 ff. ABL a. F. entstanden sind, ergab sich aus den allgemeinen Außenhaftungsbestimmungen im 29. Kap. § 1 S. 2 ABL a. F. (29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2 ABL n. F.)370. Danach haben die Gründer, die Mitglieder der styrelse oder der verkställande direktör den Schaden zu ersetzen, den sie einem Aktionär dadurch zufügt haben, dass sie bei der Ausführung der ihnen obliegenden Aufgaben vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Bestimmungen des ABL, des anzuwendenden Gesetzes über den Jahresabschluss371 oder der Gesellschaftssatzung verstoßen haben. 29. Kap. § 1 ABL regelt einen Ersatzanspruch der Aktionäre allein gegenüber den Gründern, den Mitgliedern der styrelse oder dem verkställande direktör372. Dies stimmt mit der Auffassung der vorherrschenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur überein, die Ersatzansprüche der Aktionäre gegenüber der Aktiengesellschaft aus der Zeichnung oder dem Erwerb von Aktien wegen des Vorrangs des Kapitalerhaltungsgrundsatzes grundsätzlich verneint373. Eine spezielle Haftungsbestimmung für Schäden auf Grund von Prospektfehlern sah das ABL a. F. nicht vor. Die Prospektvorschriften in 11. Kap. §§ 12 ff. ABL a. F. wurden im Rahmen der Reform des Prospektrechts durch das Gesetz zur Änderung des Aktienge366 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 74, 77; dies., Ny Juridik 3:99, 64, 71 f.; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL (2002), 4. kap. 12 §, S. 4:56. 367 http://www.naringslivetsborskommitte.se (zuletzt abgerufen am 6.9.2009). 368 SOU 2004:95 (Prospekt), S. 73. 369 Vgl. allgemein zur Selbstregulierung des schwedischen Wertpapiermarktes Jansson in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 93 ff. 370 Vgl. hierzu allgemein oben Teil 3 B.III.2.c) und ausführlich unten Teil 4 B.II. 371 s. hierzu oben Teil 1 B.IV.2.b) Fn. 115. 372 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 103, 259; dies., Ny Juridik 2:05, 68, 73; dies., NTS 2001:4, 417, 423; dies., Ny Juridik 3:99, 64, 74 f.; Lindqvist, JT 1996/97, 371, 373 ff.; Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 212. 373 Vgl. hierzu ausführlich oben Teil 3 B.III.1.b).

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sellschaftsgesetzes (Lag [2005:836] om ändring i aktiebolagslagen [2005:551]) aufgehoben. b) LBC a. F. Neben den Prospektpflichten nach den Bestimmungen des ABL enthielt 5. Kap. § 5 LBC a. F. eine Verpflichtung, bei der Beantragung der Aufnahme von Wertpapieren zum Handel im amtlichen Segment eines organisierten Marktes einen sogenannten Börsenprospekt (börsprospekt) zu erstellen374. Diese Verpflichtung bestand auch dann, wenn mit der Aufnahme der Aktien zum Handel im amtlichen Segment eines organisierten Marktes nicht zugleich eine Neuemission von Aktien einherging375. Das LBC a. F. enthielt allein Rahmenvorschriften über die Verpflichtung zur Erstellung eines Prospekts bei der Aufnahme von Wertpapieren zum Handel im amtlichen Segment eines organisierten Marktes (inregistrering) und den Inhalt des hiernach zu erstellenden Prospekts. Die näheren Einzelheiten über den Inhalt und die Verpflichtung zur Erstellung des Prospekts ergaben sich – vergleichbar mit den Regelungen nach der EU-ProspektVO376 – aus den Vorschriften der schwedischen Finanzdienstleistungsaufsichtsbehörde (Finansinspektionen), insbesondere den FFFS 1995:21 (Finansinspektionens föreskrifter om prospekt377) 378. Das LBC a. F. enthielt keine Haftungsbestimmungen für Schäden, die Anlegern durch Verstöße gegen Prospektvorschriften entstanden sind. 29. Kap. § 1 S. 2 ABL a. F. war auf Verstöße gegen die Prospektpflichten nach dem LBC a. F. nicht anwendbar. Eine Haftung kam daher nur nach den allgemeinen Schadenersatzbestimmungen des SkL in Betracht379.

374 Vgl. Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 51; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 75; dies., Börsnotering, S. 51 f.; Beckman/Jansson/Wallin-Norman/Wendleby, Lagarna på Värdepappersområdet, S. 258 ff.; Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 213. 375 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 76; dies., Ny Juridik 3:99, 64, 72; Beckman/ Jansson/Wallin-Norman/Wendleby, Lagarna på Värdepappersområdet, S. 267. 376 Vgl. Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 93. 377 Geändert durch FFFS 1997:16 und FFFS 2005:16; aufgehoben durch FFFS 2005:30. 378 SOU 1997:22 (Aktiebolagets kapital), S. 151; Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 53; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 76, 78; Beckman/Jansson/Wallin-Norman/ Wendleby, Lagarna på Värdepappersområdet, S. 267; Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 214 f. 219; Skog in: Hopt/Voigt, S. 936 f. 379 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 105 f.; dies., [2003] J.B.L. 91, 97; dies., Ny Juridik 2:05, 68, 73; dies., NTS 2001:4, 417, 423; dies., Ny Juridik 3:99, 64, 75; Olrog von Matérn, JT 1996/97, 1071, 1074; Beckman/Jansson/Wallin-Norman/Wendleby, Lagarna på Värdepappersområdet, S. 104; Lindqvist, JT 1996/97, 371, 373; Skog in: Hopt/Voigt, S. 938. Zur Haftung nach dem SkL vgl. unten Teil 4 B.III.

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Die Prospektvorschriften im 5. Kap. §§ 5 ff. LBC a. F. wurden seinerzeit durch das Gesetz zur Änderung des LBC (Lag [2005:834] om ändring i lagen [1992:543] om börs- och clearingverksamhet) aufgehoben. Zwischenzeitlich wurde das LBC insgesamt aufgehoben und durch die Bestimmungen des Gesetzes über den Wertpapiermarkt (Lag [2007:528] om värdepappersmarknaden – VpmL) ersetzt. c) LHF a. F. Weitere Prospektpflichten bestanden nach alter Rechtslage gemäß 2. Kap. §§ 1 ff. LHF a. F. Danach war ein Prospekt einerseits bei der Emission von Wertpapieren, die nicht zum Handel im amtlichen Segment, sondern in einem anderen Segment eines organisierten Marktes aufgenommen werden sollten (2. Kap. § 2 LHF a. F.), zu erstellen380. Andererseits bestand eine Verpflichtung zur Erstellung eines Prospekts bei einem sonstigen Angebot zum Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten an einen offenen Kreis von Personen (öppen krets, 2. Kap. § 1 S. 1 LHF a. F.)381. Betroffen waren daher sowohl Angebote zum Kauf von Wertpapieren, wie z. B. bei einer Emission von Aktien, die außerhalb eines organisierten Marktes gehandelt werden sollten, als auch Angebote zum Verkauf, d.h. – nach deutscher Begrifflichkeit – zur Übernahme von Wertpapieren anderer Aktionäre durch den Anbietenden (2. Kap. § 3 LHF a. F.)382. Im Unterschied zu 11. Kap. § 12 ABL a. F.383 knüpfte 2. Kap. § 1 LHF a. F. die Prospektpflicht durch das Erfordernis eines Angebots an einen offenen Kreis von Personen nicht an eine bestimmte Anzahl potentieller Anleger an. Ein Angebot an einen offenen Kreis von Personen i. S. v. 2. Kap. § 1 LHF a. F. war bereits dann gegeben, wenn sich das Angebot an eine unbestimmte Anzahl von Personen richtete384. Das war auch bei einem Angebot an sämtliche oder an eine Vielzahl der bisherigen Aktionäre der Fall385. Richtete sich das Angebot hingegen an bestimmte Empfänger, z. B. an Mitarbeiter oder die Mitglieder der styrelse, lag hingegen kein Angebot an einen offenen Kreis von Personen vor,

380 Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 51 f.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 77; Beckman/Jansson/Wallin-Norman/Wendleby, Lagarna på Värdepappersområdet, S. 103. Vgl. zu den Börsensegmenten bereits oben Teil 1 B. Fn. 7. 381 af Sandeberg, Ny Juridik 3:99, 64, 72; Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 216; Danco in: Derleder/Knops/Bamberger, BankrechtsHdb, § 64 Rn. 16. 382 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 77; Beckman/Jansson/Wallin-Norman/Wendleby, Lagarna på Värdepappersområdet, S. 103; Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 218. 383 s. hierzu oben Teil 4 B.I.2.a). 384 Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 54; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 77 f.; Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 217. 385 Prop. 1991/92:113 (Ny börslagstiftning m. m.), S. 216; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 78.

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selbst wenn es sich an mehr als 200 Personen richtete386. Ein offener Kreis von Personen konnte daher abhängig von dem konkreten Angebot mehr oder weniger als 200 Personen umfassen. Das LHF enthielt keine Haftungsbestimmungen für Schäden, die Anlegern durch Verstöße gegen die Prospektvorschriften des LHF entstanden sind. 29. Kap. § 1 S. 2 ABL a. F. war auch auf Verstöße gegen die Prospektpflichten nach dem LHF a. F. nicht anwendbar. Eine Haftung kam daher ebenfalls nur nach den allgemeinen Schadenersatzbestimmungen des SkL in Betracht387. 3. Spezialgesetzlich geregelte Prospektpflichten und -haftungsbestimmungen nach geltender Rechtslage a) LHF i.V. m. ABL Die bisherigen Prospektregelungen im ABL a. F., LBC a. F. und im LHF a. F. wurden im Rahmen der Reform des Prospektrechts unter Berücksichtigung der Vorgaben durch die Wertpapierprospektrichtlinie im 2. Kap. LHF n. F. zusammengefasst und neu geregelt. Gemäß 2. Kap. § 1 LHF n. F. besteht eine Pflicht zur Erstellung eines Prospekts, wenn am Kapitalmarkt handelbare Wertpapiere öffentlich angeboten oder zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen werden sollen. Gemäß 2b. Kap. § 2 LHF besteht zudem die Verpflichtung zur Erstellung eines einem Börsenprospekt vergleichbaren Dokumentes, wenn im Rahmen einer Fusion i. S. v. 23. Kap. ABL die den Aktionären der zu übertragenden Gesellschaft angebotene Gegenleistung in Aktien der übernehmenden Gesellschaft besteht und mindestens eine der beiden Gesellschaften eine Publikumsaktiengesellschaft ist388. Die Vergleichbarkeit des Dokuments mit einem Börsenprospekt muss durch die Finansinspektionen bestätigt worden sein389. Durch die Reform des Prospektrechts sind zwar die materiellen Prospektvorschriften in 11. Kap. §§ 12 ff. ABL a. F. aufgehoben worden. Die Bestimmungen über die Haftung bei Verstößen gegen die im LHF und der EU-ProspektVO geregelten Prospektpflichten finden sich jedoch weiterhin im ABL (29. Kap. 386 Prop. 2004/05:158, S. 54; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 78 und Fn. 113; Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 217 f. 387 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 105 f.; dies., [2003] J.B.L. 91, 97; dies., Ny Juridik 2:05, 68, 73; dies., NTS 2001:4, 417, 423; dies., Ny Juridik 3:99, 64, 75; Olrog von Matérn, JT 1996/97, 1071, 1074; Beckman/Jansson/Wallin-Norman/Wendleby, Lagarna på Värdepappersområdet, S. 104; Lindqvist, JT 1996/97, 371, 373; Skog in: Hopt/Voigt, S. 938. Zur Haftung nach dem SkL vgl. unten Teil 4 B.III. 388 Zum Begriff der Publikumsaktiengesellschaft vgl. ausführlich oben Teil 2 C.I.2. 389 Vgl. hierzu insgesamt Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 152 ff., 189 f.

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§ 1 Abs. 2 ABL). Insofern wurden die allgemeinen Außenhaftungsbestimmungen in 29. Kap. § 1 S. 2 ABL a. F. (29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2 ABL n. F.) durch den neu eingeführten 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL n. F. auf alle Verstöße gegen Prospektpflichten nach dem LHF und der EU-ProspektVO erweitert, ohne jedoch einen eigenständigen kapitalmarktrechtlichen Haftungstatbestand zu schaffen390. Danach haften bei Verstößen gegen die Prospektbestimmungen des LHF insbesondere die Mitglieder der styrelse und der verkställande direktör. Daneben haftet gemäß 29. Kap. § 2 ABL auch der Wirtschaftsprüfer für etwaige Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Erfüllung der Prospektpflicht. b) LIF Das Gesetz über investmentfonds (Lag [2004:46] om investeringsfonder – LIF), das die sogenannte OGAW-Richtlinie391 umsetzt, regelt die Tätigkeit von inländischen (fondbolag)392 und ausländischen (fondföretag)393 Fondgesellschaften. Es sieht in 4. Kap. § 15 LIF eine Verpflichtung zur Erstellung einer Informationsbroschüre und eines Faktenblattes vor, dass den Anlegern gemäß 4. Kap. § 20 LIF auf Verlangen kostenlos zu übersenden ist. Die Informationsbroschüre und das Faktenblatt erfüllen die gleiche Aufgabe wie ein Prospekt394. 2. Kap. § 21 LIF enthält eine eigene Haftungsregelung für Schäden, die Anteilseignern von inländischen Fondgesellschaften durch einen Verstoß gegen das LIF entstanden sind. Danach ist die Fondgesellschaft selbst zum Schadenersatz verpflichtet. Die Vorschriften über die Erstellung der Informationsbroschüre und des Faktenblatts werden durch die Reform des Prospektrechts nicht berührt. In- und ausländische Fondsgesellschaften im Sinne der OGAW-Richtlinie sind gemäß Art. 1 Abs. 2 a) Wertpapierprospektrichtlinie ausdrücklich von ihrem Anwendungsbereich ausgenommen. Da das LIF mit den Vorschriften über die Erstellung einer Informationsbroschüre und eines Faktenblatts bereits eine Regelung über die Information von Anlegern enthält, hat der schwedische Gesetzgeber keine Notwendigkeit zur Änderung der bisherigen Regelungen gesehen und daher in- und ausländische Investmentfonds gemäß 2. Kap. § 2 LHF n. F. ebenfalls vom Anwendungsbereich der Prospektvorschriften des LHF n. F. ausgenommen395. 390

Vgl. hierzu ausführlich unten Teil 4 B.II. Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, ABl. EG Nr. L 375 vom 31.12.1985 S. 3 ff. 392 Zur Begrifflichkeit vgl. 1. Kap. § 1 Nr. 7 LIF. 393 Zur Begrifflichkeit vgl. 1. Kap. § 1 Nr. 8 LIF. 394 Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 74. 395 Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 74 f. 391

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c) LUA i.V. m. ABL Die Verpflichtung des Anbietenden, bei einem öffentlichen Angebot zur Übernahme von Aktien anderer Aktionäre einen Prospekt zu erstellen, ist im Rahmen der Reform der Prospektvorschriften und der Umsetzung der sogenannten EU-Übernahmerichtlinie 396 in schwedisches Recht vor allem durch das Gesetz über öffentliche Übernahmeangebote auf dem Aktienmarkt (Lag [2006:451] om offentliga uppköpserbjudanden på aktiemarknaden – LUA) neu geregelt worden. Bis dahin bestanden im Bereich des Übernahmerechts vor allem rechtlich grundsätzlich unverbindliche Regeln verschiedener Selbstregulierungseinrichtungen, des NBK und des Aktiemarknadsnämden397, die allerdings durch vertragliche Vereinbarung bzw. bei börsennotierten Unternehmen durch Einbeziehung in den Notierungsvertrag rechtliche Bindungswirkung erlangten398. Im Rahmen der Umsetzung der Übernahmerichtlinie ist das Übernahmerecht mit dem LUA teilweise gesetzlich geregelt worden; ergänzt wird das LUA durch Einzelregelungen der Börsen und autorisierten Marktplätze399. Gemäß 2. Kap. § 3 Abs. 1 S. 1 LUA hat derjenige, der ein öffentliches Übernahmeangebot abgibt, eine Angebotsunterlage (erbjudandehandling) zu erstellen. Die inhaltlichen Anforderungen an solche Angebotsunterlagen richten sich nach den Bestimmungen in 2a Kap. §§ 1 ff. LHF. Sie sind in Parallele zu den für Prospekte geltenden Bestimmungen ausgestaltet. Insbesondere hat die Angebotsunterlage gemäß 2a Kap. § 2 LHF diejenigen Informationen zu enthalten, die erforderlich sind, damit die Aktionäre der Zielgesellschaft eine fundierte Entscheidung über das Angebot treffen können400. Will der Anbietende als Gegenleistung für die im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots zu erwerbenden Aktien eigene Finanzinstrumente ausgeben, so entfällt die Verpflichtung zur Erstellung eines Börsenprospekts gemäß 2. Kap. § 1 LHF, wenn der Anbietende eine Angebotsunterlage erstellt hat und diese durch die Finansinspektionen gebilligt wurde (2. Kap. § 5 Nr. 2 LHF). 396 Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EG Nr. L 142 vom 30.4.2004 S. 12 ff. 397 http://www.aktiemarknadsnamnden.se (zuletzt abgerufen am 6.9.2009). 398 Zur Rolle des NBK und des Aktiemarknadsnämnden im Bereich des Übernahmerechts sowie zur bisherigen Regelung des Übernahmerechts vgl. ausführlich Prop. 2005/06:140 (Offentliga uppköpserbjudanden), S. 36 ff. Vgl. aus der deutschen Literatur noch zur alten Rechtslage Kasche, RIW 2002, 87 ff.; Foerster/Dejmek, ZVglRWiss 101 (2002), 309, 320 ff. 399 Prop. 2005/06:140 (Offentliga uppköpserbjudanden), S. 41 ff. 400 2a Kap. § 2 LHF n. F.: „En erbjudandehandling skall innehålla den information som behövs för att aktieägarna i målbolaget skall kunna fatta ett välgrundat beslut om erbjudandet“ (Eine Angebotsunterlage hat die Information zu enthalten, die erforderlich ist, damit die Aktionäre der Zielgesellschaft eine fundierte Entscheidung über das Angebot treffen können).

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Bei Verstößen gegen die Pflichten im Zusammenhang mit der Erstellung einer Angebotsunterlage gemäß 2. Kap. § 3 Abs. 1 S. 1 LUA i.V. m. 2a. Kap. LHF haften die Mitglieder der styrelse und der verkställande direktör gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL n. F. bzw. der Wirtschaftsprüfer gemäß 29. Kap. § 2 ABL n. F. 4. Weiterer Untersuchungsgang Die Haftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör in börsennotierten Aktiengesellschaften für fehlerhafte oder unvollständige Börsenprospekte richtet sich in erster Linie nach 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL i.V. m. den Bestimmungen des 2. Kap. LHF und der EU-ProspektVO. Die Vorschriften des LHF sind sowohl auf Prospekte anzuwenden, die im Zusammenhang mit der Notierung von Aktien im amtlichen Segment eines organisierten Marktes (registrering) erstellt werden, als auch auf Prospekte, die bei der Notierung in einem anderen Segment als dem amtlichen Segment eines organisierten Marktes (notering) erstellt werden401. Über die Haftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL hinaus kommt grundsätzlich auch eine Haftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör nach den allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen des SkL und nach den Bestimmungen des Gesetzes über Vertriebspraktiken (Marknadsföringslag [1995: 480] – MFL) in Betracht, so dass auch eine Haftung nach diesen Bestimmungen im Folgenden näher behandelt wird402.

II. Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach dem ABL i.V. m. dem LHF 1. Die Rechtsnatur der Prospekthaftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL Anders als in Deutschland wird in Schweden keine umfassende systematische Diskussion über die Rechtsnatur der Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte geführt. Das liegt zum einen daran, dass eine zivilrechtliche Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte in Schweden in der Vergangenheit praktisch keine Bedeutung hatte. Zum anderen fehlte es bisher an einem einheitlichen Prospekthaftungstatbestand, der eine eindeutige Zuordnung zuließ. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich das schwedische Recht weit weniger als das deutsche

401 Zu den Begriffen „notering“ und „registrering“ vgl. Viotti, JT 2002/03, 352, 356; af Sandeberg, Ny Juridik 3:99, 64, 70 und ausführlich oben Teil 1 B. Fn. 7. 402 s. hierzu unten Teil 4 B.V.

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Recht auf feste dogmatische Strukturen stützt. Stattdessen herrscht ein rechtspositivistischer Ansatz vor403. Im schwedischen Schadenersatzrecht wird, ebenso wie in Deutschland, in erster Linie zwischen vertraglichen Schadenersatzansprüchen (inomobligatoriskt skadeståndsansvar) und außervertraglichen Schadenersatzansprüchen (utomobligatoriskt skadeståndsansvar) unterschieden404. Während im Rahmen vertraglicher Verhältnisse reine Vermögensschäden, d.h. Schäden, die ohne jeden Zusammenhang mit einem Körper- oder Sachschaden eintreten (vgl. 1. Kap. § 2 SkL), weitgehend uneingeschränkt ersetzt werden, sofern sie schuldhaft, d.h. vorsätzlich oder fahrlässig, begangen werden, ist der Ersatz reiner Vermögensschäden im Rahmen außervertraglicher Schadenersatzansprüche stark eingeschränkt405. So ist nach dem Wortlaut von 2. Kap. § 2 SkL (früher 2. Kap. § 4 SkL) – der zentralen Anspruchsgrundlage des SkL für außervertragliche Vermögensschäden – eine Haftung auf in der Regel vorsätzliche, strafbare Handlungen (brott) beschränkt406. Grund hierfür ist – ebenso wie für die Beschränkungen des Ersatzes von Vermögensschäden im deutschen Recht gemäß §§ 823 Abs. 2, 826 BGB – die Gefahr ausufernder Schadenersatzpflichten wegen reiner Vermögensschäden407. Darüber hinaus ist die Beschränkung historisch bedingt: Vor Einführung des SkL war eine zivilrechtliche Schadenersatzhaftung lediglich als Anhang im Strafgesetzbuch (Brottsbalk [1962:700] – BrB) geregelt408. Neben – bzw. systematisch gesehen zwischen – den vertraglichen und den außervertraglichen Schadenersatzansprüchen ist zudem eine Haftung für Schäden bei Vertragsschluss nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo anerkannt409. Dabei wird die Haftung aus culpa in contrahendo ebenfalls in eine

403 Hierzu und zur historischen Entwicklung des Schadenersatzes für reine Vermögensschäden in Schweden vgl. ausführlich Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, Kapitel 2 bis 4 (S. 19 ff., 83 ff., 131 ff.). 404 Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 75; Olrog von Matérn, JT 1996/97, 1071, 1074 ff.; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 424 ff.; Lindqvist, JT 1996/97, 371, 373. 405 SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag), S. 260; Karlgren, Skadeståndsrätt, S. 109; Olrog von Matérn, JT 1996/97, 1071, 1074 f.; Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 210; Skog in: Hopt/Voigt, S. 940. 406 Vgl. hierzu allgemein sowie zur Tendenz, die Haftung gemäß 2. Kap. § 2 SkL auszuweiten, unten Teil 4 B.III. 407 Karlgren, Skadeståndsrätt, S. 106 ff.; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 25, 122 ff.; Nordenson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 22; vgl. auch Olrog von Matérn, JT 1996/97, 1071, 1075 f. Zur Beschränkung des Ersatzes von Vermögensschäden im Bereich außervertraglicher Schäden nach deutschem Recht vgl. Wagner in: MünchKomm, BGB, § 823 Rn. 329 f., 352 ff.; § 826 Rn. 3 ff. 408 Zur historischen Entwicklung der Haftung für reine Vermögensschäden in Schweden vgl. ausführlich Samuelsson, Information och ansvar, S. 38 ff.; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 19 ff.; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 481 ff.; Hellner in: FS Karlgren, S. 135 ff.

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Haftung für vertragliche und außervertragliche Schäden eingeteilt, je nachdem, ob es im Anschluss an die Vertragsverhandlungen zu einem Vertragsschluss gekommen ist oder nicht410. Ihre Voraussetzungen und ihr Umfang sind im schwedischen Recht jedoch stark umstritten und bisher nur ansatzweise untersucht worden. Nach einhelliger Auffassung handelt es sich bei der persönlichen Haftung der Mitglieder der styrelse, des verkställande direktör und der Wirtschaftsprüfer gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2, § 2 ABL nicht um eine vertragliche Haftung. Zwar wird die Zeichnung von Aktien durch die Anleger als vertragsähnliches Verhältnis (kontraktsliknande förhållande) zwischen den Anlegern und dem Emittenten eingeordnet411. Es besteht jedoch nur zwischen den Anlegern und dem Emittenten und nicht auch zwischen den Anlegern und den Mitgliedern der styrelse bzw. dem verkställande direktör412. Die Haftung der Organmitglieder der AB gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 ABL wird deshalb auch als außervertragliche Haftung für reine Vermögensschäden eingeordnet413. Eine wesentlich größere Bedeutung als der Rechtsnatur der Prospekthaftung der Mitglieder der Leitungsorgane wird in Schweden der Rechtsnatur des Verhältnisses zwischen Emittent und Anleger beim Erwerb von Aktien aus einer Emission beigemessen. Dies ist insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Prospekthaftung des Emittenten de lege ferenda von Bedeutung. Nur bei der Annahme eines Vertragsverhältnisses zwischen Emittent und Anleger kommt eine Anwendung der Vorschriften des AvtL über die Ungültigerklärung von Verträgen auf die Zeichnung von Aktien und damit eine Rückabwicklung des Aktienerwerbs in Betracht. Das Verhältnis zwischen Emittent und Anlegern 409 Vgl. HD, NJA 1963, 105 ff.; HD, NJA 1978, 147 ff. (Abacus/Tössbergs); HD, NJA 1990, 745, 758 ff.; HD, NJA 1998, 633, 653; Hellner, Speciell Avtalsrätt II 2, S. 190; Regnér, JT 2001/02, 713 ff.; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 428 ff.; ders., JT 1991/92, 125, 138; Nicander, JT 1995/96, 31, 46 ff.; Olrog von Matérn, JT 1996/97, 1071, 1074. 410 Hellner, Speciell Avtalsrätt II 2, S. 190; Kleineman, JT 1991/92, 125, 128 ff.; Regnér, JT 2001/02, 713, 715. 411 SOU 1997:22 (Aktiebolagets kapital), S. 227; SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag), S. 261; Karlgren, SvJT 1938, 187, 189 f.; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 59; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 420; Samuelsson, Information och ansvar, S. 268; Olrog von Matérn, JT 1996/97, 1071, 1076; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 267; dies., Ny Juridik 2:01, 65, 69; Deuschl, JT 1999/00, 269, 272; Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 210; (Vertrag) Nerep in: Skog, Nyemissioner av aktier, S. 60, 75. s. hierzu schon oben Teil 3 B.III.1.b)cc)(1). 412 SOU 1997:22 (Aktiebolagets kapital), S. 229; SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag), S. 260; SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 76; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL (2002), 15. kap. 1 §, S. 15:9; Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 230; Swahn/Wendleby, JT 2003/04, 586, 596. Allgemein zur Verpflichtung der Gesellschaft durch rechtsgeschäftliches Handeln ihrer Organmitglieder vgl. auch oben Teil 3 B.III.1.a). 413 SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag), S. 260; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 168; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 253.

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wird – wie gesehen – allgemein als vertragsähnliches Verhältnis eingeordnet414. Umstritten ist jedoch, ob die Bestimmungen des AvtL über die Ungültigerklärung von Verträgen trotz ihrer vertraglichen Natur auf die Zeichnung von Aktien anwendbar sind oder ob dem die Interessen der Gesellschaftsgläubiger entgegenstehen415. 2. Das Haftungsobjekt a) Der Prospekt Der durch die Vorschriften zur Umsetzung der Wertpapierprospektrichtlinie in das ABL eingeführte 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL ordnet eine Haftung der Gründer, der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör unter anderem dann an, wenn Aktionären oder Dritten auf Grund eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des 2. Kap. LHF und der EU-ProspektVO über die Pflicht zur Erstellung eines Prospekts ein Schaden entsteht. Da das 2. Kap. LHF und die EU-ProspektVO ausschließlich Bestimmungen über die Prospektpflicht im Zusammenhang mit dem öffentlichen Angebot von Finanzinstrumenten und ihrem Handel an einem organisierten Markt enthält, knüpft die Haftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL unmittelbar an die Fehlerhaftigkeit von Prospekten an. In der Regierungsbegründung und den Vorarbeiten der Prospektkommission zur Reform des Prospektrechts wird der Begriff des Prospekts i. S. v. 2. Kap. LHF und 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL definiert als ein Dokument, das die Informationen enthält, die zu veröffentlichen sind, wenn Finanzinstrumente der Allgemeinheit angeboten oder zum Handel an einer Börse oder einem anderen organisierten Markt aufgenommen werden416. Gleichzeitig verlangt 13. Kap. § 3 Abs. 2 VpmL, dass bei Bestehen einer Prospektpflicht nach dem LHF eine Aufnahme von Finanzinstrumenten zum Handel an einer Börse erst erfolgen darf, wenn der Prospekt von der Finansinspektionen gebilligt und registriert (Nr. 1) und vom Emittenten veröffentlicht wurde (Nr. 2). Da eine Irreführung von Anlegern erst mit der Veröffentlichung des Prospekts eintreten kann, sind Börsenprospekte i. S. v. 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL nur Dokumente, die veröffentlicht wurden, um potentielle Anleger über bestimmte Finanzinstrumente zu informieren, und auf deren Grundlage diese Finanzinstrumente von der Finansinspektionen zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen wurden.

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s. die Nachweise in Teil 4 B.II.1. Fn. 411. Vgl. hierzu ausführlich oben Teil 3 B.III.1.b)cc). 416 Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 51; SOU 2004:95 (Prospekt), S. 71. Vgl. hierzu auch af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 69; Nerep/Samuelsson, ABL, Band 3, 29. Kap. 1 § 1, S. 360. 415

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b) Dokumente, bei deren Veröffentlichung eine Befreiung von der Prospektpflicht eintritt Fraglich ist, ob über den eigentlichen Börsenprospekt hinaus auch solche Dokumente von der Prospekthaftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL erfasst werden, bei deren Veröffentlichung eine Befreiung von der Prospektpflicht eintritt. Die Wertpapierprospektrichtlinie sieht in Art. 4 Abs. 2 für bestimmte Arten von Wertpapieren, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen werden sollen, eine Befreiung von der Prospektpflicht vor, wenn ein Dokument verfügbar ist, dessen Angaben nach Ansicht der zuständigen Behörde denen eines Prospekts gleichwertig sind. Diese Vorschriften sind im 2. Kap. § 6 Nr. 3 und 4 LHF in nationales Recht umgesetzt worden. Sie betreffen Wertpapiere, die einerseits anlässlich einer Übernahme im Wege eines Tauschangebots angeboten (2. Kap. § 6 Nr. 3 LHF) oder andererseits anlässlich einer Verschmelzung angeboten oder zugeteilt werden bzw. zugeteilt werden sollen (2. Kap. § 6 Nr. 4 LHF). Hinsichtlich Übernahmeangeboten enthält 2. Kap. § 3 Abs. 1 S. 1 LUA, wie oben bereits dargestellt417, eine Verpflichtung des Anbietenden, eine Angebotsunterlage in Übereinstimmung mit den Vorschriften nach 2a. Kap. LHF zu erstellen. In Parallele zur Börsenprospekthaftung ordnet 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL ausdrücklich auch für fehlerhafte Angebotsunterlagen (auf deren Grundlage eine Befreiung von der Börsenprospektpflicht eintritt) eine zivilrechtliche Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane an. Das Gleiche gilt für Dokumente, die bei der Zuteilung von Aktien im Zusammenhang mit einer Fusion in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des 2b. Kap. LHF zu erstellen sind, und bei deren Veröffentlichung gemäß 2. Kap. § 6 Nr. 4 LHF eine Befreiung von der Börsenprospektpflicht eintritt418. c) Die inhaltlichen Anforderungen an einen Börsenprospekt Die inhaltlichen Anforderungen an den Prospekt sowie die Veröffentlichung von Prospekten, die Befreiung von der Prospektpflicht, die Nachtragspflicht als auch die Hinweispflicht auf den Prospekt in Werbeanzeigen und dergleichen richten sich nach den Bestimmungen des 2. Kap. LHF und der EU-ProspektVO419. Sie lösen die auf Grundlage der Verordnung über Börsen- und Clearingtätigkeit (Förordning (1992:561) om börs- och clearingverksamhet) ergangenen Vorschriften der Finansinspektionen (FFFS 1995:21, geändert durch FFFS 1997: 16) über Börsen- und Emissionsprospekte ab420. 417

s. oben Teil 4 B.I.3.c). Vgl. hierzu Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 151 f. 419 Vgl. 2. Kap. § 11 LHF. 420 Zur alten Rechtslage s. ausführlich SOU 1997:22 (Aktiebolagets kapital), S. 149 ff.; SOU 2004:95 (Prospekt), S. 73 ff.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 78 f. 418

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Teil 4: Die Börsenprospekthaftung

In Umsetzung von Art. 5 Abs. 1 S. 1 Wertpapierprospektrichtlinie regelt 2. Kap. § 11 Abs. 1 LHF allgemein die an einen Prospekt zu stellenden inhaltlichen Anforderungen. Danach hat ein Prospekt sämtliche Informationen über den Emittenten und die von ihm angebotenen Finanzinstrumente zu enthalten, die notwendig sind, damit sich ein Anleger ein fundiertes Urteil über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, die Finanzlage, die Gewinne und Verluste und die Zukunftsaussichten des Emittenten oder eines eventuellen Garantiegebers sowie über die Finanzinstrumente bilden kann421. Die Angaben haben schriftlich in einer leicht zu analysierenden und verständlichen Form zu erfolgen (2. Kap. § 11 Abs. 1 S. 2 LHF). 2. Kap. § 11 LHF entspricht weitgehend den bisher in 2. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2 LHF a. F. für Emissionsprospekte422 und in 5. Kap. § 5 S. 2 LBC a. F. für Börsenprospekte enthaltenen Regelungen423, 424. Die sprachliche Abweichung in 2. Kap. § 11 Abs. 1 LHF von den bisherigen Regelungen im LHF a. F. und im LBC a. F. sollten keine Änderung der Rechtslage zur Folge haben, sondern allein dem Wortlaut der Wertpapierprospektrichtlinie geschuldet sein. Hinsichtlich der im Einzelnen an einen Prospekt zu stellenden inhaltlichen Anforderungen verweist 2. Kap. § 11 Abs. 2 LHF auf die Bestimmungen der EU-ProspektVO. Insofern gelten die zur deutschen Rechtslage gemachten Ausführungen entsprechend425. d) Durch Verweis in den Prospekt einbezogene Dokumente (incorporation by reference) Gemäß 2. Kap. § 20 LHF können einzelne Dokumente im Wege des Verweises in den Prospekt einbezogen werden, mit der Folge, dass sie Bestandteil des Prospekts werden (2. Kap. § 20 Abs. 1 S. 2 LHF). Zwar enthielten die bisherigen Prospektbestimmungen keine ausdrücklichen Regelungen über die Einbezie421

Ähnlich bereits 2. Kap. § 1 LHF a. F. 2. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2 LHF a. F.: „Ett sådant prospekt skall innehålla de upplysningar som, med hänsyn till de finansiella instrument som avses, behövs för en välgrundad bedömning av emissionen eller erbjudandet.“ (Ein solcher Prospekt hat diejenigen Auskünfte zu enthalten, die im Hinblick auf die betroffenen Finanzinstrumente für ein fundiertes Urteil über die Emission oder das Angebot erforderlich sind). 423 5. Kap. § 5 S. 2 LBC a. F.: „Prospektet skall innehålla de upplysningar som behövs för att en investerare skall kunna göra en välgrundad bedömning av utgivarens verksamhet och ekonomiska ställning samt av de rättigheter som är förenade med fondpapperen.“ (Der Prospekt hat die Auskünfte zu enthalten, die erforderlich sind, damit ein Anleger in der Lage ist, sich ein fundiertes Urteil über die Tätigkeit des Emittenten und seine wirtschaftliche Stellung sowie die mit den Wertpapieren verbundenen Rechte zu bilden). 424 Zur alten Rechtslage vgl. af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 69; Skog in: Hopt/ Voigt, S. 935 ff. 425 s. oben Teil 4 A.II.2.c). 422

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hung von anderen Dokumenten durch Verweis, jedoch war dies bereits nach bisheriger Rechtslage, insbesondere bei Angeboten über Schuldverschreibungen, üblich und zulässig426. Die Dokumente, die durch Verweis in den Prospekt einbezogen werden sollen, müssen gemäß 2. Kap. § 20 Abs. 1 S. 1 LHF von der Finansinspektionen gebilligt und registriert bzw. bei ihr hinterlegt worden sein. Wird von der Möglichkeit zur Einbeziehung von Dokumenten durch Verweis Gebrauch gemacht, muss dem Prospekt eine Liste der einbezogenen Dokumente beigefügt werden (2. Kap. § 20 Abs. 2 LHF n. F.). Werden nur einzelne Angaben eines Dokuments in den Prospekt einbezogen, ist anzugeben, dass die übrigen Angaben entweder für die Anleger nicht relevant sind oder dass die Angaben an anderer Stelle gemacht werden427. Da die im Wege des Verweises in den Prospekt einbezogenen Dokumente gemäß 2. Kap. § 20 Abs. 1 S. 2 LHF n. F. Bestandteil des Prospekts sind428, werden fehlerhafte oder unvollständige Angaben in den einbezogenen Dokumenten auch von der Prospekthaftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL erfasst429. Die größte Bedeutung kommt dabei fehlerhaften Angaben in Jahresabschlüssen oder Zwischenberichten zu. Eine Haftung der Organmitglieder des Emittenten für fehlerhafte Jahresabschlüsse kam allerdings schon nach bisheriger Rechtslage gemäß 29. Kap. § 1 S. 2 ABL a. F. durch den Verweis auf Verstöße gegen das anzuwendende Gesetz über den Jahresabschluss430 in Betracht431. e) Die Erstreckung der Haftung auf sonstige Kommunikationsmedien Die Haftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL knüpft allein an unrichtige und unvollständige Angaben in Börsenprospekten, Angebotsunterlagen i. S. d. 2a. Kap. LHF und im Zusammenhang mit einer Fusion zu veröffentlichende Unterlagen i. S. d. 2b. Kap. LHF an. Da dies nur Prospekte und Unterlagen umfasst, die von der Finansinspektionen gebilligt und registriert wurden (vgl. 2. Kap. § 25 LHF, 2a. Kap. § 5 LHF i.V. m. 2. Kap. § 3 LUA, 2b. Kap. § 2 LHF), kommt eine Ausdehnung des Prospekt- und Unterlagenbegriffs in 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL und der dort geregelten Prospekthaftung auf sonstige Unterlagen, die Angaben zum Emittenten oder seinen Wertpapieren enthalten, nicht in Betracht. Auch eine Haftung für mündliche Äußerungen ist in 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL nicht geregelt.

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Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 102. Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 103. 428 Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 102. 429 So ausdrücklich: SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 101. 430 s. hierzu oben Teil 1 B.IV.2.b) Fn. 115. 431 Vgl. hierzu SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 71; S. Andersson/Johansson/ Skog, ABL (2002), 15. kap. 1 §, S. 15:2 ff. 427

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Teil 4: Die Börsenprospekthaftung

In Umsetzung von Art. 15 Abs. 4 und 5 Wertpapierprospektrichtlinie bestimmt 2. Kap. § 33 Abs. 1 LHF jedoch, dass Informationen über ein öffentliches Angebot von Finanzinstrumenten oder ihre Aufnahme zum Handel an einem organisierten Markt mit den im Prospekt veröffentlichten Angaben übereinstimmen müssen. Zudem sind gemäß 2. Kap. § 33 Abs. 2 LHF, unabhängig davon, ob eine Prospektpflicht besteht oder nicht, alle wesentlichen Informationen, die einem Anleger gegeben wurden, auch allen anderen Anlegern, an die sich das Angebot richtet, zur Verfügung zu stellen. Besteht eine Prospektpflicht, sind die mündlich oder schriftlich bekannt gegebenen Informationen stets in den Prospekt oder einen Nachtrag hierzu gemäß 2. Kap. § 34 Abs. 1 LHF n. F. aufzunehmen. Die Verpflichtung zur Aufnahme weiterer Informationen in den Prospekt kann jedoch nur so lange bestehen, wie der Prospekt gültig ist, d.h. gemäß Art. 16 Abs. 1 S. 1 Wertpapierprospektrichtlinie bzw. 2. Kap. § 34 Abs. 1 S. 1 LHF n. F. bis zum Schluss des öffentlichen Angebots bzw. der Eröffnung des Handels an einem organisierten Markt. Sinn und Zweck der Regelung ist die informationelle Gleichbehandlung aller Anleger432. 3. Prospektmangel a) Einführung Gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL wird für jede Art von Verstößen gegen die Prospektvorschriften des 2. Kap. LHF und der EU-ProspektVO gehaftet. Weitere Anforderungen an die haftungsbegründende Pflichtverletzung stellt 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL nach seinem Wortlaut nicht. Es war jedoch die Intention des Gesetzgebers die bisher nur auf Verstöße gegen die Prospektbestimmungen des ABL1975 anwendbare Haftung durch die Einführung von 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL auf alle jetzt einheitlich im LHF geregelten Prospektpflichten zu erweitern433. Die zur Prospekthaftung nach den Vorschriften des ABL 1975 vertretenen Auffassungen sind daher weitgehend auch auf die erweiterte Prospekthaftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL anzuwenden434. Bei der Einteilung von Verstößen gegen die vom Emittenten zu beachtenden Prospektpflichten wird in der Literatur zwischen formellen und materiellen Fehlern unterschieden435. Formelle Fehler bestehen vor allem darin, dass ein Prospekt überhaupt nicht aufgestellt wird, er nicht veröffentlicht436 oder nicht in der erforderlichen Art und Weise geprüft wird oder der Inhalt des Prospekts formell 432

s. hierzu Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 117 f. Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 128; SOU 2004:95 (Prospekt), S. 165 ff.; SOU 1997:22 (Aktiebolagets kapital), S. 227 ff. 434 So wohl auch SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 24. 435 Vgl. af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 91 ff. 436 Vgl. Stockholms fondbörsens disciplinkommitté 1994:3 (Errce). 433

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unrichtig ist437. Vor der erforderlichen Registrierung des Prospekts durch die Finansinspektionen überprüft diese, ob der Prospekt den formellen gesetzlichen Anforderungen genügt. Etwaige formelle Fehler sind noch vor der Registrierung vom Emittenten zu beheben. Zudem wird eine Notierung von Wertpapieren an einem organisierten Markt, etwa durch eine Börse, erst dann vorgenommen, wenn der Prospekt durch die Finansinspektionen registriert wurde. Formelle Fehler haben daher kaum haftungsrechtliche Bedeutung438. Bei materiellen Fehlern wird eine Prospekthaftung hingegen regelmäßig bedeutsam. Eine materielle Unrichtigkeit des Prospekts kann darin bestehen, dass die im Prospekt enthaltenen Angaben unvollständig oder unmittelbar fehlerhaft sind oder dass erforderliche Angaben vollständig fehlen. Zudem kommt eine Fehlerhaftigkeit auch dann in Betracht, wenn der Prospekt trotz richtiger Einzelangaben einen falschen Gesamteindruck erweckt439. b) Fehlerhafter oder unvollständiger Prospekt (felaktig eller bristfällig prospekt) aa) Tatsachen und Prognosen Eine Haftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL kommt u. a. dann in Betracht, wenn die in einem Prospekt enthaltenen Angaben entweder fehlerhaft oder unvollständig (felaktig eller bristfällig) sind440. Neben Tatsachen, d.h. weitgehend kontrollierbaren historischen Angaben, enthalten Prospekte auch Prognosen über die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft, die keine verifizierbaren Fakten enthalten. Nach der Rechtslage vor Umsetzung der Wertpapierprospektrichtlinie in nationales Recht sahen die Vorschriften der Finansinspektionen (FFFS 1995:21) eine Verpflichtung zur Veröffentlichung von Informationen über Tendenzen und Zukunftsaussichten in Börsenprospekten vor. Gemäß 3. Kap. § 69 FFFS 1995:21 waren in Börsenprospekten Informationen über die Entwicklungstendenzen im Hinblick auf die Geschäftstätigkeit des Emittenten im laufenden Geschäftsjahr, insbesondere die Produktion, den Verkauf, die Lagerhaltung und die Auftragslage, sowie hinsicht437 af Sandeberg, Börsnotering, S. 43; dies., Prospektansvaret, S. 92; vgl. auch Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 209. 438 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 92; Samuelsson, Information och ansvar, S. 126 f. 439 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 93; dies. in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 238 f.; Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 209. s. hierzu auch SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 100. 440 SOU 1997:22 (Aktiebolagets kapital), S. 228, 230; SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag), S. 260; SOU 2004:95 (Prospekt), S. 165, 167; SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 23 f.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 93; Deuschl, JT 1999/00, 269, 269; Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 209.

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lich der Kosten und der Verkaufspreise, zu veröffentlichen. Gemäß 3. Kap. § 70 FFFS 1995:21 hatte der Emittent zudem eine eigene Einschätzung der Zukunftsaussichten abzugeben441. Nach neuer Rechtslage ergibt sich eine Verpflichtung zur Mitteilung von Prognosen und Zukunftsaussichten aus Art. 4 i.V. m. Anhang I der EU-ProspektVO. Hierzu heißt es in Nr. 12.2 des Anhang I zur EU-ProspektVO, dass der Emittent im Registrierungsformular „Informationen über bekannte Trends, Unsicherheiten, Nachfrage, Verpflichtungen oder Vorfälle, die wahrscheinlich die Aussichten des Emittenten zumindest im laufenden Geschäftsjahr wesentlich beeinträchtigen dürften“ mitzuteilen hat. Er kann zudem Gewinnprognosen oder -schätzungen abgeben, wie Nr. 13 des Anhang I zur EU-ProspektVO deutlich macht. Macht der Emittent hiervon Gebrauch, so hat er gemäß Nr. 13.1 bis 13.3 des Anhang I zur EU-ProspektVO unter anderem die wesentlichen Grundlagen und Annahmen für diese Prognosen darzulegen. Bei Prognosen und Zukunftsaussichten steht dem Emittenten ein weiter eigener Beurteilungsspielraum zu. Damit der Prospekt als fehlerhaft oder unvollständig angesehen werden kann, ist deshalb eine bedeutende Abweichung zwischen der Prognose und dem tatsächlichen Ergebnis erforderlich. Dies gilt auch für subjektive Einschätzungen in Bewertungen und dergleichen442. Soweit jedoch die Vorschriften der EU-ProspektVO über die Darstellung von Prognosen und anderen Informationen über Zukunftsaussichten verletzt werden, kann eine Haftung in Betracht kommen443. Schließlich stellt es auch eine haftungsrelevante Pflichtverletzung dar, wenn freiwillige Angaben im Prospekt fehlerhaft sind oder einen falschen Gesamteindruck vermitteln. Veröffentlicht ein börsennotiertes Unternehmen daher Informationen, die nach Ansicht des Emittenten von Bedeutung für den Aktienmarkt sind, so hat sich das Unternehmen den gleichen Anforderungen hinsichtlich der Qualität der Informationen unterworfen, die bei einer rechtlichen Verpflichtung zur Veröffentlichung von Informationen gelten. Die Informationen haben daher korrekt, relevant und zuverlässig zu sein444. bb) Falscher Gesamteindruck Eine Haftung kommt nicht nur dann in Betracht, wenn gegen die in 2. Kap. LHF und der EU-ProspektVO geregelten Prospektpflichten verstoßen wird, sondern auch dann, wenn sonst wesentliche Angaben weggelassen werden (uteläm441

Vgl. hierzu auch af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 98 f. HD, NJA, 1987, 692, 702 f.; SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 101. 443 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 101. 444 Stockholms fondbörsens disciplinkommitté 1996:3 (Getinge); af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 93 f., 97. 442

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nande av väsentliga uppgifter), ohne die der Prospekt einen falschen Gesamteindruck vermittelt445. In den Prospekt sind daher gegebenenfalls über die Pflichtangaben hinaus weitere Angaben aufzunehmen, wenn nur so ein falscher Gesamteindruck vermieden werden kann. Eine Haftung kann deshalb auch dann in Betracht kommen, wenn die einzelnen im Prospekt gemachten Angaben zwar richtig sind, die Angaben zusammen allerdings einen fehlerhaften und damit irreführenden Eindruck erzeugen446. c) Wesentliche Angaben Ob für eine Prospekthaftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL nach geltender Rechtslage erforderlich ist, dass es sich bei den fehlerhaften oder unvollständigen bzw. verschwiegenen Angaben im Prospekt um „wesentliche“, d.h. die Investitionsentscheidung der Anleger beeinflussende Angaben gehandelt haben muss, ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien nicht. Auch in der Literatur wird hierzu nur ganz vereinzelt Stellung genommen447. Da 2. Kap. § 11 Abs. 1 LHF in Umsetzung von Art. 5 Abs. 1 Wertpapierprospektrichtlinie – ebenso wie § 5 WpPG im deutschen Recht – vorschreibt, dass der Prospekt alle Angaben zu enthalten hat, die für eine fundierte Investitionsentscheidung der Anleger notwendig sind, sind an die Art der fehlerhaften Information die gleichen Anforderungen zu stellen, wie im Rahmen des nach deutschem Recht zu beachtenden Wesentlichkeitserfordernisses448. Dass sich die schwedische Regierung in der Begründung zu den Gesetzen zur Reform der Prospektvorschriften im Zusammenhang mit der Nachtragspflicht (2. Kap. § 34 LHF) gegen die Einführung eines von Teilen der Verbände befürworteten Wesentlichkeitserfordernisses ausgesprochen hat449, ist daher wohl lediglich dahin zu verstehen, dass kein über die Anforderungen nach § 11 Abs. 1 LHF hinausgehendes Wesentlichkeitserfordernis befürwortet werden sollte. Es ist daher davon auszugehen, dass auch nach geltendem schwedischen Recht eine Prospekthaftung nur dann eintritt, wenn ein Prospektmangel vorliegt, der so wesentlich ist, dass er geeignet ist, die Investitionsentscheidung der Anleger zu beeinflussen. Auch vom überwiegenden Teil der Literatur würde die Frage der Wesentlichkeit i. S. v. § 11 Abs. 1 LHF wahrscheinlich in Übereinstimmung mit den Über445

af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 97. SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 101; SOU 2004:47 (Näringslivet och förtroendet), S. 138; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 93. 447 (bejahend) Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 500 f.; Dotevall in: FS Lorenz, S. 161, 171 unter Verweis auf Assmann, Prospekthaftung, S. 327. 448 Vgl. hierzu oben Teil 4 A.II.3.c). 449 s. SOU 2004:95 (Prospekt), S. 121. 446

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legungen zur Kausalität bejaht werden450. Soweit ein Transaktionszusammenhang, d.h. ein Ursachenzusammenhang zwischen dem fehlerhaften Prospekt und der Investitionsentscheidung des Anlegers, gefordert wird451, ist für eine Haftung ebenfalls zu fordern, dass der Prospektmangel Einfluss auf die Investitionsentscheidung der Anleger hat und damit wesentlich ist. Soweit auf einen Transaktionszusammenhang verzichtet und das Vorliegen der Kausalität unter Berufung auf die Theorie (semi-)effizienter Kapitalmärkte bereits dann bejaht wird, wenn der Börsenpreis auf Grund der fehlerhaften Prospektangaben gestiegen ist, ist die Wesentlichkeit des Prospektmangels ebenfalls erforderlich452. Dies beruht darauf, dass der Börsenpreis nur in Abhängigkeit von Angebot und Nachfrage steigt. Die Nachfrage steigt jedoch nur dann, wenn der Prospektmangel zumindest die institutionellen Anleger zum Kauf von Aktien zu einem überhöhten Preis veranlasst hat. Für ihre Anlageentscheidung muss der Prospektmangel daher auch nach der letztgenannten Ansicht wesentlich gewesen sein. Auch nach den Vorarbeiten für ein Gesetz zur Reform der Prospekthaftungsvorschriften453 soll eine Haftung wegen fehlerhafter oder ungenügender Prospektangaben de lege ferenda nur dann in Betracht kommen, wenn die fehlerhaften oder unvollständigen Angaben im Prospekt auf die Investitionsentscheidung der Anleger Einfluss haben können454 und damit wesentlich sind455. 450

Zur Kausalität vgl. unten Teil 4 B.II.6. Vgl. hierzu unten Teil 4 B.II.6.b). 452 So wohl auch af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 93 f. und Samuelsson, Information och ansvar, S. 298. Vgl. zur Theorie (semi-)effizienter Kapitalmärkte bereits oben Teil 1 A.I., insb. Fn. 7. 453 SOU 2005:18 (Prospektansvar). 454 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 100. Danach käme es nicht einmal darauf an, dass die Anlageentscheidung des konkret Ersatz begehrenden Anlegers tatsächlich beeinflusst wurde, vielmehr würde eine potentielle Beeinflussung bereits genügen. 455 Vgl. hierzu auch die Vorschläge, die die von der Regierung eingesetzte Kommission zur Umsetzung der EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (marknadsföringsutredning) unterbreitet hat (SOU 2006:76 [Otillbörliga affärsmetoder], S. 75, 221 ff., 309). Gemäß § 20 des Gesetzes über den Anlegerschutz (Lagen [1999:158] om investerarskydd) sind Wertpapierinstitute, Fondgesellschaften oder Verwaltungsgesellschaften verpflichtet, ihre Kunden über bestimmte Umstände zu informieren. Nach den Vorschlägen der Kommission soll ein Verstoß gegen diese Informationspflichten in Übereinstimmung mit Art. 7 der EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken nur dann vorliegen, wenn die verschwiegenen Informationen von wesentlicher Bedeutung für die Verbraucher sind („av väsentlig betydelse för konsumenter“). Nach der vorgeschlagenen Legaldefinition in § 3 des Entwurfes für ein neues Gesetz über Vertriebspraktiken (Marknadsföringslag – MFL) sind „Informationen von wesentlicher Bedeutung für die Verbraucher“ solche Informationen, die ein Verbraucher benötigt, um eine fundierte Geschäftsentscheidung zu treffen und deren Verschweigen dazu geeignet ist, dass der Verbraucher eine andere Geschäftsentscheidung trifft, als er sonst getroffen hätte („information av väsentlig betydelse för konsumenter: sådan information som en konsument behöver för att fatta ett välgrundat affärsbeslut och vars utelämnande är ägnat att föra med sig att en konsument fattar ett annat affärsbeslut än denne annars skulle ha fattat“. s. SOU 2006:76 [Otillbörliga affärsmetoder], S. 31). Diese 451

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d) Nachtragspflicht Gemäß 2. Kap. § 34 Abs. 1 LHF muss jeder neue Umstand, jeder Sachfehler und jede Auslassung, die zwischen Billigung des Prospekts und dem Ende des öffentlichen Angebots oder der Aufnahme der Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt eintreten oder bemerkt werden, in einen Nachtrag zum Prospekt aufgenommen oder berichtigt werden, sofern hierdurch die Beurteilung der vom Prospekt erfassten Finanzinstrumente beeinflusst werden kann456. Kleinere Schreib- und Rechenfehler machen einen Nachtrag nicht erforderlich. Die Vorschrift entspricht weitgehend dem bisher geltenden 19. Kap. § 4 FFFS 1995:21 und setzt Art. 16 Wertpapierprospektrichtlinie um457. Nachträge i. S. v. 2. Kap. § 34 Abs. 1 LHF n. F. unterliegen den gleichen formellen Anforderungen wie Prospekte. Sie sind daher wie diese vor ihrer Veröffentlichung von der Finansinspektionen zu billigen und zu registrieren458. Da Nachträge i. S. v. 2. Kap. § 34 Abs. 1 LHF n. F. auch im Übrigen wie Prospekte zu behandeln sind und 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL eine Haftung generell für alle Verstöße gegen die Bestimmungen des 2. Kap. LHF anordnet, ist davon auszugehen, dass sich die Prospekthaftung auch auf im Nachtrag enthaltene, fehlerhafte oder unvollständigen Angaben erstreckt. e) Beurteilungshorizont Zum relevanten Verständnishorizont der Anleger, der insbesondere für die Beurteilung der Vollständigkeit des Prospekts i. S. v. 2. Kap. § 11 Abs. 1 LHF von Bedeutung ist, wurde in Schweden sowohl in den Vorarbeiten und der Begründung zu den Gesetzen zur Reform des Prospektrechts459 als auch in der Literatur bisher kaum Stellung genommen. Nach Ansicht von af Sandeberg werden Prospektinformationen durch die verschiedenen Anlegergruppen unterschiedlich bewertet. Private Anleger würden die für ihre Anlageentscheidung notwendigen Informationen in der Regel nicht aus dem Emissionsprospekt, sondern aus der Tages- und Fachpresse oder im Rahmen einer Beratung durch ihre Bank erhalten. Die im Prospekt enthaltenen Informationen über den Emittenten und die von ihm angebotenen Wertpapiere könnten private Anleger in der Regel nicht selbst auswerten und für ihre Anlageentscheidung nutzen. In der Praxis seien die Emittenten daher teilweise dazu Definition entspricht in weiten Teilen den Anforderungen, die auch 2. Kap. § 11 Abs. 1 LHF bzw. Art. 5 Abs. 1 Wertpapierprospektrichtlinie an die in einen Wertpapier-Prospekt aufzunehmenden Angaben stellt. 456 Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 121; Edgren, NTS 2003:1, 95, 105. 457 Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 121. 458 Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 121; Edgren, NTS 2003:1, 95, 105. 459 SOU 2004:95 (Prospekt); Prop. 2004/05:158 (Prospekt).

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übergegangen, neben dem Prospekt weitere Informationsunterlagen zu veröffentlichen, die sich vor allem an Privatanleger richteten. Dies sei nach Ansicht von af Sandeberg für eine angemessene und umfassende Information der Anleger auch ausreichend. Eine Anpassung des Prospekts an den Verständnishorizont der Privatanleger werde den Informationsbedürfnissen institutioneller Anleger hingegen nicht gerecht. Zudem sei es den Privatanlegern zuzumuten, sich bei Bedarf an professionelle Berater zu wenden460. Eine eindeutige Stellungnahme, auf welchen Verständnishorizont bei der Beurteilung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Prospektangaben im Rahmen eines etwaigen Schadenersatzprozesses abzustellen wäre, lässt sich hieraus nicht entnehmen. Die Äußerungen müssen jedoch wohl eher dahin verstanden werden, dass nach Ansicht von af Sandeberg auf den Horizont fachkundiger Anleger oder auf einen differenzierenden Anlegerhorizont abzustellen ist461. Auch in den Vorarbeiten zum Entwurf für ein Gesetz zur Reform der Prospekthaftungsvorschriften462 wird nur beiläufig auf die Bestimmung des relevanten Beurteilungshorizonts eingegangen. Hierzu heißt es lediglich, dass sich die Empfänger eines Prospekts bewusst sein müssten, dass sie sich in einer Situation befinden, in der der Emittent oder ein Verkäufer den höchstmöglichen Kaufpreis erzielen will. Transaktionen und Geschäfte auf dem Finanzmarkt unterschieden sich daher in dieser Hinsicht nicht von anderen Kauf- oder Verkaufssituationen, denen Verbraucher und sonstige Investoren in anderen Situationen des täglichen Lebens begegnen. Die Anleger könnten daher nicht von ihrer allgemeinen Verpflichtung entbunden werden, eine vorsichtige und prüfende Haltung gegenüber Geschäften auf dem Finanzmarkt einzunehmen. Von ihnen sei daher zu erwarten, dass sie den Prospekt gelesen haben, bevor sie eine Anlageentscheidung treffen. Auf den Inhalt des Prospekts müssten sie sich jedoch verlassen können, ohne eigene Untersuchungen anstellen zu müssen463. Eine eindeutige Stellungnahme zum relevanten Anlegerhorizont lässt sich dieser Äußerung jedoch nicht entnehmen. 4. Die Haftenden: Die Gründer und die Organmitglieder des Emittenten Für eine Haftung wegen Schäden auf Grund von Verstößen gegen die Prospektvorschriften des 2. Kap. LHF und der EU-ProspektVO nimmt 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL auf die Haftungsadressaten der allgemeinen aktienrechtlichen Außenhaftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2 ABL Bezug464. Nach der spezialge460 461 462 463 464

af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 66 ff., 93. Vgl. hierzu zur deutschen Rechtslage oben Teil 4 A.II.3.e)aa). SOU 2005:18 (Prospektansvar). SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 29. Zur allgemeinen aktienrechtlichen Außenhaftung vgl. oben Teil 3 B.III.2.c).

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setzlichen Anspruchsgrundlage des 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL haften für Prospektschäden daher nur die Gründer, die Mitglieder der styrelse und der verkställande direktör des Emittenten. Daneben haften wegen des Verweises in 29. Kap. § 2 ABL auf 29. Kap. § 1 ABL die Wirtschaftsprüfer des Emittenten für etwaige Schäden465. Eine Haftung des Emittenten oder der emissionsbegleitenden Kreditinstitute466 kommt gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2, § 2 ABL de lege lata hingegen nicht in Betracht. Die Prospektkommission hat in ihrem Schlussbericht jedoch einen umfassenden Vorschlag für eine Ausweitung der Prospekthaftung unter Einschluss der Emittenten und der Emissionsbegleiter vorgelegt, der auf Grund starker Kritik von Seiten der Wirtschaft und der Banken jedoch nicht weiterverfolgt wurde467. 5. Die Anspruchsberechtigten a) Geltende Rechtslage aa) Anleger (1) Erst- und Folgeerwerber Die Haftungsbestimmungen in 29. Kap. § 1 ABL sehen keine Einschränkungen hinsichtlich des Kreises der Anspruchsberechtigten vor. Eine Beschränkung des Kreises der Anspruchsberechtigten hat der Gesetzgeber in der Begründung zum Gesetz zur Änderung des ABL aus dem Jahr 1998 ausdrücklich abgelehnt468. Anspruchsberechtigt ist daher jeder, dem auf Grund eines Verstoßes gegen die Prospektvorschriften in 2. Kap. LHF oder der EU-ProspektVO ein Schaden entstanden ist. Erfasst werden folglich sowohl Ersterwerber, d.h. Anleger, die Aktien unmittelbar vom Emittenten erworben haben, als auch so genannte Zweit- oder Folgeerwerber, die Aktien auf dem sekundären Kapitalmarkt von Erst- oder Folgeerwerbern erworben haben469. Da ein Erwerb von Aktien von einem Emissionsbegleiter (underwriter) nach schwedischem Recht nicht als 465

s. hierzu Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 128 f. Zur Haftung emissionsbegleitender Banken vgl. af Sandeberg in: af Sandeberg/ Sevenius, Börsrätt, S. 249 ff. unter Hinweis auf die hierzu ergangene Rechtsprechung. 467 Vgl. SOU 2005:18 (Prospektansvar) und ausführlich unten Teil 6 C.II. 468 Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 191. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass dem im Zusammenhang mit der Veröffentlichung falscher Informationen (etwa in Jahresabschlüssen) bestehenden Risiko einer zu weitgehenden Haftung gegenüber einem unvorhersehbaren Kreis an Anspruchstellern, in hinreichendem Maße durch die Möglichkeit zur Herabsetzung des Schadenersatzes gemäß 15. Kap. § 4 ABL 1975 (29. Kap. § 5 ABL n. F.) begegnet werden könne. Allgemein zur Möglichkeit der Herabsetzung des Schadenersatzes (jämkning) vgl. unten Teil 4 B.II.9.b). 469 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 71, 76; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 446 f. 466

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Erst-, sondern als Zweiterwerb angesehen wird, wird somit auch der Erwerb von diesen in die Haftung miteinbezogen470. Fehlt es an einer Beschränkung der Haftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL auf bestimmte Anspruchsteller, besteht eine Haftung der Organmitglieder des Emittenten nicht nur gegenüber Anlegern, die noch im Besitz der Aktien sind, sondern auch gegenüber solchen Anlegern, die ihre auf Grund des Prospekts erworbenen Aktien bereits weiterveräußert haben, sofern Ihnen auf Grund des Verstoßes gegen die Prospektvorschriften ein Schaden entstanden ist. Ersterwerber bleiben daher neben etwaigen Folgeerwerbern ersatzberechtigt471. (2) Erwerber alter Stücke Da der Kreis der Anspruchsberechtigten nach 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL keiner Einschränkung unterliegt, sind auch nicht nur solche Anleger anspruchsberechtigt, die Aktien unmittelbar aus der Emission erworben haben, für die der fehlerhafte Prospekt erstellt wurde. Vielmehr können auch solche Anleger einen Ersatzanspruch geltend machen, die auf Grund eines im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung veröffentlichten fehlerhaften Prospekts Aktien aus einer früheren Emission erworben haben472. bb) Andere Personen als Anleger Da 29. Kap. § 1 Abs. 2 i.V. m. Abs. 1 S. 2 ABL eine Schadenersatzverpflichtung nicht nur gegenüber Aktionären ausspricht, sondern auch gegenüber sonstigen Dritten, kommt eine Haftung der Organmitglieder des Emittenten grundsätzlich auch gegenüber anderen Personen als Anlegern in Betracht, denen ein Schaden auf Grund der falschen Prospektangaben entstanden ist. Dies kann alle Personen betreffen, deren Entscheidungen auf den im Prospekt veröffentlichten falschen Angaben beruhen, wie Gläubiger, Lieferanten oder Arbeitnehmer des Emittenten473. Etwaige Einschränkungen können sich jedoch im Rahmen der Kausalität unter Anwendung der sogenannten Normschutzlehre (normskyddsläran) ergeben474. 470

SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag), S. 268; SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 63. De lege ferenda hat die Prospektkommission eine Beschränkung der Haftung auf diejenigen Anleger vorgeschlagen, die bei Bekanntwerden der Prospektfehler oder bei Entstehen einer Diskussion hierüber im Besitz der Aktien sind (vgl. SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 70). s. hierzu auch unten Teil 6 C.II.1.b). 472 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 70 f. Zur Frage der Kausalität vgl. unten Teil 4 B.II.6. 473 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 104 f.; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 1 §, S. 29:5 f. 474 s. hierzu unten Teil 4 B.II.6. 471

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b) Diskussion in der Literatur In der Literatur wird vor allem von Kleineman gefordert, dass der Kreis der Anspruchsberechtigten bei einer Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen de lege lata gemäß 29. Kap. § 1 ABL wegen des Risikos einer zu starken Ausweitung der Haftung auf einen unüberschaubaren Kreis an Geschädigten beschränkt werden müsse (sogenanntes floodgate-argument/riskspridningsargument475)476. Die Entscheidung des Gesetzgebers aus dem Jahr 1998477 und der hierauf Bezug nehmende Vorschlag der Prospektkommission aus dem Jahr 2005478, einschränkungslos allen Personen, denen durch fehlerhafte Kapitalmarktinformationen ein Schaden entstanden ist, einen Ersatzanspruch gegenüber den Organmitgliedern des Emittenten zuzubilligen, sind deshalb von Kleineman heftige kritisiert worden479. Nach Ansicht von Kleineman müsse der Kreis der Anspruchsberechtigten auf Geschädigte beschränkt werden, die in einem nach außen erkennbaren Näheverhältnis zum Schädiger stehen und berechtigterweise auf die Richtigkeit der erteilten Informationen vertrauen durften. Dies sei unabhängig davon geboten, ob das zwischen Schädiger und Geschädigtem bestehende Verhältnis vertraglicher, vertragsähnlicher oder außervertraglicher Natur ist480. Darüber hinaus soll nach Ansicht von Kleineman eine Haftungsimmunität (immunitetsfaktor) für fehlerhafte Informationen bestehen, wenn die hierdurch verursachten Schäden allein auf der Verbreitung der fehlerhaften Informationen über die Massenmedien beruhen (sogenannter „Massenmedienfaktor“ – „massmediafaktor“). Ein Anleger wird nach seiner Ansicht allein durch fehlerhafte Informationen aus den Massenmedien geschädigt, wenn seine Anlageentscheidung nicht (auch) durch die Kenntnisnahme der fehlerhaften Informationen unmittelbar aus dem Börsenprospekt beeinflusst wurde, sondern z. B. allein durch die Lektüre von Nachrichten aus der Wirtschaftspresse481. Eine Haftungsimmunität soll nur dann nicht in Betracht kommen, wenn die Veröffentlichung der Informationen über die Massenmedien zugleich eine strafbare Handlung darstellt482. 475 Zur Begrifflichkeit vgl. Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 459; Samuelsson, Information och ansvar, S. 275 ff. 476 Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 466 ff., 507 f.; ders., Prospektutredningens förslag till utvidgat prospektansvar, S. 7 ff. 477 Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 191 ff. Vgl. hierzu die vorstehenden Ausführungen zur geltenden Rechtslage in Teil 4 B.II.5.a). 478 Vgl. SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 69 ff., 81 ff. 479 Vgl. hierzu Kleineman, Prospektutredningens förslag till utvidgat prospektansvar, S. 7 ff. 480 Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 460 ff. 481 Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 459 f., 518 ff. 482 Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 318, 438, 523.

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Vom Großteil der schwedischen Literatur wird die Kritik Kleinemans nicht geteilt483. Nach Ansicht von Roos könne eine Beschränkung des Kreises der Ersatzberechtigten nur unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der geschädigten Anleger und der zum Ersatz verpflichteten Prospektverantwortlichen erfolgen. Die Interessen der Anleger an einem Ausgleich der ihnen entstandenen Schäden wiege dabei schwerer. Auch die Erfahrungen etwa aus dem Zusammenbruch des Kreuger-Konzerns sprächen dafür, in Übereinstimmung mit den allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen allen getäuschten Anlegern einen Ersatzanspruch zuzubilligen. Zudem sei das Risiko einer unverhältnismäßigen Inanspruchnahme der Organmitglieder des Emittenten auf Grund falscher Börsenprospekte angesichts der seltenen Geltendmachung solcher Ansprüche relativ gering484. Für eine Beschränkung des Kreises der Ersatzberechtigten sei jedenfalls eine Gesetzesänderung erforderlich485. Nach Ansicht von Nial/Johansson könne es nicht darauf ankommen, ob der Anleger unmittelbar durch die Lektüre des Prospektes oder über die Massenmedien Kenntnis von den fehlerhaften Prospektangaben erhalten hat. Ein Näheverhältnis zwischen dem Schädiger und dem geschädigtem Anleger sei daher nicht zu verlangen. Ausschlaggebend könne nur das Vertrauen sein, das der jeweilige Anleger berechtigterweise in die Richtigkeit der veröffentlichten Informationen setzen durfte486. Samuelsson hat sich sowohl für den Bereich der sekundären als auch für den Bereich der primären Kapitalmarkthaftung ausdrücklich gegen eine Beschränkung des Kreises der Ersatzberechtigten ausgesprochen. Gegen eine Beschränkung spreche vor allem die bereits von Grönfors487 angeführte Tatsache, dass das Recht auf Schadenersatz das „Rückgrad des privatrechtlichen Sanktionssystems“ sei, das es zu erhalten gelte. Zudem habe der Kapitalmarkt für Aktien eine so große Bedeutung, dass auch die Präventionsfunktion der Haftung zur 483 (Kleineman ablehnend) Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 191 f.; Roos, SvJT 1988, 44, 49 f.; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 341 f.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 275 ff.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 133; dies., Aktiebolagsrätten, S. 253; dies., NTS 2001:4, 417, 431 f.; Nerep in: Skog, Nyemissioner av aktier, S. 72; (offen) Deuschl, JT 1999/00, 269, 283 f.; (Kleineman zustimmend) SOU 1995:44 (Aktiebolagets organisation), S. 251 f. (Das Aktiengesellschaftskomitee sah allerdings Schwierigkeiten bei der gesetzlichen Formulierung einer Beschränkung des Kreises der Anspruchsberechtigten und sprach sich daher dafür aus, eine einfallbezogene Beschränkung der Haftung den Gerichten zu überlassen – vgl. hierzu jedoch auch den Regierungsentwurf Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 191 f., der Kleineman’s Ansicht ablehnt); zustimmend wohl auch Lindqvist, JT 1996/97, 371, 374. 484 Roos, SvJT 1988, 44, 50. 485 Roos, SvJT 1988, 44, 50; ebenso af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 446. 486 Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 342 f. Vgl. hierzu näher unten Teil 4 B.II.6. 487 Grönfors, Om rättsskydd av skönhetsvärden, TJFF (1973), 159.

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Sicherung der Preisbildungsfunktion und der Integrität der Kapitalmärkte betont werden müsse. Die Gefahr unverhältnismäßig hoher Schadenersatzforderungen sei zudem geringer als von Kleineman angenommen488. Schließlich entspreche es der Rechtslage in Großbritannien und den USA, keine Beschränkung des Kreises der Ersatzberechtigten bei der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen vorzunehmen489. Eine Beschränkung der Haftung komme allenfalls über die Bestimmung des Schadensbegriffes in Betracht490. Auch nach Ansicht von af Sandeberg sprechen die überwiegenden Gründe gegen eine Beschränkung des Kreises der Ersatzberechtigten bei Schadenersatzansprüchen wegen fehlerhafter Börsenprospekte. Für eine Haftung de lege lata nach den Bestimmungen des ABL habe der Gesetzgeber den Kreis der Ersatzberechtigten zudem eindeutig bestimmt. Aus dem Umstand, dass durch eine Pflichtverletzung eine Vielzahl von Personen geschädigt werden kann, könne deshalb nicht geschlossen werden, dass die Geschädigten ihre Schäden selbst zu tragen hätten491. In ähnlicher Weise hat sich auch Nerep gegen eine Beschränkung des Kreises der Ersatzberechtigten ausgesprochen. Insbesondere könne die Gefahr eines Konkurses des Emittenten eine Begrenzung des Kreises der Ersatzberechtigten auf Ersterwerber nicht rechtfertigen. Enthalte ein Prospekt so schwerwiegende Fehler, dass dem Emittenten daraus existenzgefährdende Schadenersatzforderungen drohten, sei sein Konkurs offensichtlich begründet492. Das Aktiengesellschaftskomitee hat sich in seiner Begründung zum Entwurf für ein neues Aktiengesellschaftsgesetz dafür ausgesprochen, nur solche Anleger in den Kreis der anspruchsberechtigten Anleger einzubeziehen, die ihre Aktien entweder unmittelbar vom Emittenten oder von einem Dritten im Rahmen eines Zeichnungsverfahrens erworben haben. Damit soll sichergestellt werden, dass neben Anlegern, die ihre Aktien aus einer Eigenemission unmittelbar vom Emittenten erworben haben, auch solche Anleger zum Schadenersatz berechtigt sind, die ihre Aktien im Rahmen einer Fremdemission von einem Underwriter erworben haben. Anleger, die Aktien zwar auf Grund der (falschen) Prospektangaben allerdings auf dem sekundären Kapitalmarkt erworben haben, sollen nach Ansicht des Aktiengesellschaftskomitees hingegen nicht ersatzberechtigt sein, da andernfalls eine zu starke Ausdehnung der Haftung der Gesellschaft drohe493. Die Prospektkommission hat sich allerdings gegen eine solche Beschränkung des Kreises der Ersatzberechtigten ausgesprochen und stattdessen 488 489 490 491 492 493

Samuelsson, Information och ansvar, S. 281. Samuelsson, Information och ansvar, S. 278 ff. Samuelsson, Information och ansvar, S. 281. af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 133, 446 f.; dies., NTS 2001:4, 417, 431 f. Nerep in: Skog, Nyemissioner av aktier, S. 72 f. SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag), S. 267 f.

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auch eine Anspruchsberechtigung von Folgeerwerbern, die auf Grund der (falschen) Prospektangaben Aktien auf dem sekundären Markt erworben haben, befürwortet494. Einigkeit besteht in der Literatur darüber, dass nur solchen Anlegern ein Ersatzanspruch zusteht, die auf Grund der fehlerhaften Informationen aktiv eine Anlageentscheidung getroffen haben, sei es, dass sie Aktien gekauft oder verkauft haben. Anlegern, die auf Grund der falschen Information von einer (Des-) Investitionsentscheidung Abstand genommen haben, sind deshalb nicht ersatzberechtigt495, 496. 6. Kausalität und Adäquanz (kausalitet och adekvans) a) Verlustzusammenhang (förlustsamband) Zur Begründung eines Schadenersatzanspruchs bedarf es nach schwedischem Recht – ebenso wie nach deutschem Recht – eines Ursachenzusammenhangs zwischen der Pflichtverletzung bzw. der schädigendenden Handlung und dem eingetretenen Schaden. Hierfür ist erforderlich, dass die schädigende Handlung für den konkret eingetretenen Schaden logisch kausal i. S. d. conditio-sine-quanon-Formel war497. Um zu weit entfernt liegende oder unerwartete Folgen von der Haftung auszunehmen, wird von der Rechtsprechung und der überwiegenden Ansicht in der Literatur zudem verlangt, dass der eingetretene Schaden eine adäquate, d.h. eine typische, zurechenbare Folge der Pflichtverletzung ist498. 494

SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 69 ff. Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 314 f.; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 343; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 40 f., 133; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 207 f.; so wohl auch Lindqvist, JT 1996/97, 371, 374, 375. 496 Auf die mit der Diskussion über den Kreis der Anspruchsberechtigten eng verbundene Frage nach Art und Umfang des Kausalitätsnachweises wird im folgenden Teil 4 B.II.6 näher eingegangen. Zu den Vorschlägen de lege ferenda für eine Bestimmung des Kreises der Ersatzberechtigten s. unten Teil 6 C.II.1.b) und Teil 6 C.III.3.c). 497 Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 195 ff.; Karlgren, Skadeståndsrätt, S. 37 ff.; Nordenson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 41 f.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 302 f.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 128; dies., Aktiebolagsrätten, S. 258; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 94; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 708. 498 Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 22; HD, NJA 1983, 3, 79; HD, NJA 1993, 41, 54 f.; HD, NJA 1998, 893, 899, 900; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 202 ff.; Karlgren, Skadeståndsrätt, S. 44 ff.; Nordenson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 42 ff.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 304 ff.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 128; dies., Aktiebolagsrätten, S. 258; Deuschl, JT 1999/00, 269, 282; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 95; s. hierzu auch Stattin, Företagsstyrning, S. 208 ff.; (a. A.) H. Andersson, Skyddsändamål och adekvans, S. 344 ff., 452 ff., der statt des Adäquanzerfordernisses nur die im Folgenden unter Teil 4 B.II.6.c) näher beschriebene Normschutzlehre anwenden will. 495

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Nach den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen obliegt die Beweislast für einen Umstand, der Einfluss auf einen Schadenersatzanspruch hat, demjenigen, der sich zu seinem Vorteil auf diesen Umstand beruft. Dem Anspruchsberechtigten obliegt daher auch der Nachweis dafür, dass die pflichtwidrige Handlung für den eingetretenen Schaden kausal war499. Es bestehen keine spezialgesetzlichen Beweiserleichterungen im Hinblick auf die Börsenprospekthaftung500. Hinsichtlich des Verlustzusammenhangs wird sich der Nachweis des eingetretenen Schadens jedoch in der Regel bereits daraus ergeben, dass der Börsenpreis infolge der Veröffentlichung des falschen Börsenprospekts gestiegen ist und der jeweilige Anleger im Rahmen der sogenannten Desinformationsphase, d.h. vor Bekanntwerden des Prospektmangels, Aktien des Emittenten erworben hat. b) Transaktionszusammenhang (transaktionssamband/kravet på tillit) Ob bei Vermögensschäden im Zusammenhang mit der Haftung für fehlerhafte Informationen neben dem Verlustzusammenhang auch ein sogenannter Transaktionszusammenhang erforderlich ist, ist umstritten. Unter einem Transaktionszusammenhang wird ein Kausalitätsverhältnis zwischen der Pflichtverletzung des Schädigers und der verlustbringenden Transaktion des Geschädigten, d.h. bei der Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte zwischen dem fehlerhaften Prospekt und der Investitionsentscheidung des geschädigten Anlegers, verstanden. In der Diskussion hierüber wird insbesondere die Frage betont, ob der geschädigte Anleger persönliches Vertrauen in die Richtigkeit der konkret im Prospekt enthaltenen Angaben gesetzt haben muss. Nach Ansicht von Kleineman hat das Vertrauen, das der Anleger im Hinblick auf die Richtigkeit der Prospektangaben aufgebracht hat, entscheidende Bedeutung für die Zubilligung eines Schadenersatzanspruchs wegen falscher Informationserteilung. In Übereinstimmung mit dem von Kleineman aufgestellten Erfordernis eines Näheverhältnisses zwischen Schädiger und Geschädigtem501 beruht die Haftung für reine Vermögensschäden nach seiner Ansicht insgesamt auf ei499 S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 1 §, S. 29:5; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 102 ff.; Nordensson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 67; Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 41; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 727. 500 Vgl. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 140; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 103 f.; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 727; Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 225. Beweislasterleichterungen sehen nur 8. Kap. § 12 ÅRL bei der Haftung für Schäden auf Grund der unterlassenen Einsendung des Jahresabschlusses oder des Prüfberichts sowie 25. Kap. § 18 Abs. 3 ABL bei der Haftung für bestimmte Pflichtverletzungen im Rahmen des Konkurses der Gesellschaft vor. 501 s. hierzu oben Teil 4 B.II.5.b).

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nem vertrauenstheoretischen Ausgangspunkt („tillits-teoretisk“ utgångspunkt)502. Es sei daher erforderlich, dass der Anleger seine Investitionsentscheidung im Vertrauen auf die Richtigkeit der Prospektangaben getroffen hat. Nach Ansicht von Kleineman muss der Anleger von den fehlerhaften Angaben unmittelbar durch die Lektüre des Prospekts Kenntnis erlangt haben503. Da der Nachweis, dass der jeweilige Anleger den Prospekt tatsächlich gelesen hat, wegen der allgemeinen Verbreitung der Prospektinformationen über die Massenmedien weder zu führen noch zu widerlegen sei, sei ein konkretes Näheverhältnis zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten zu fordern504. Nach Ansicht von Nial/Johansson ist zwar kein Näheverhältnis zwischen dem Schädiger und dem geschädigten Anleger zu verlangen. Dennoch sei es für eine Haftung erforderlich, dass sich der Anleger bei seiner Investitionsentscheidung auf die fehlerhaften Angaben im Prospekt verlassen hat. Dabei sei es allerdings irrelevant, ob er von den fehlerhaften Prospektangaben unmittelbar durch die Lektüre des Prospektes oder durch die Massenmedien Kenntnis erlangt hat505. Auch die Prospektkommission hat sich in ihrem Schlussbericht für den Nachweis eines Transaktionszusammenhangs durch den Anspruchsteller ausgesprochen, ohne ein besonderes Näheverhältnis zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten zu verlangen506. Dotevall und af Sandeberg haben sich weitgehend gegen das Erfordernis eines Transaktionszusammenhangs ausgesprochen. Durch ein solches Erfordernis würde denjenigen Anlegern, die ihre Investitionsentscheidung lediglich auf Informationen aus den Massenmedien gestützt haben, weil sie nicht die erforderlichen Kenntnisse besitzen, um den Prospekt selbst zu analysieren, ein Ersatzanspruch verwehrt, obwohl sie genauso schutzwürdig seien, wie etwa institutionelle Anleger. Letztere würden hierdurch ungerechtfertigt bevorzugt507. Nach Ansicht von Samuelsson und af Sandeberg ist der Nachweis eines Transaktionszusammenhangs durch die geschädigten Anleger zudem bereits deshalb überflüssig, weil unter Zugrundelegung der Theorie (semi-)effizienter Kapitalmärkte508 stets alle auf dem Markt verfügbaren Informationen über den Emittenten und die von ihm angebotenen Wertpapiere unmittelbar nach ihrem Bekanntwerden im Börsenpreis Berücksichtigung finden. Veröffentlicht der Emit502 Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 466 ff., 507 f.; ders., Prospektutredningens förslag till utvidgat prospektansvar, S. 7 ff. 503 Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 518 ff. 504 Kleineman, Prospektutredningens förslag till utvidgat prospektansvar, S. 9 f. 505 Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 343. 506 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 70. 507 Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 210 f.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 137 f. 508 Vgl. hierzu bereits oben Teil 1 A.I., insb. Fn. 7.

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tent falsche Kapitalmarktinformationen, entsteht danach wegen der unmittelbaren Reaktion institutioneller Anleger automatisch ein zu hoher oder zu niedriger Börsenpreis verglichen mit der hypothetischen Lage bei richtiger und vollständiger Information durch den Emittenten. Die Anleger zahlen daher bei der Veröffentlichung falscher positiver Informationen stets einen zu hohen Börsenpreis, ungeachtet dessen, ob sie sich auf die Richtigkeit der konkreten Prospektangaben verlassen haben oder nicht509. Die Theorie (semi-)effizienter Kapitalmärkte sei zwar in den USA ursprünglich für den Bereich des sekundären Kapitalmarkts entwickelt worden, da dort wegen der größeren Liquidität der Märkte eher von einer unmittelbaren Berücksichtigung aller auf dem Markt verfügbaren Informationen auszugehen ist. Die Theorie ist jedoch nach Ansicht von af Sandeberg auch auf den primären Kapitalmarkt und die erstmalige Emission von Wertpapieren anzuwenden, da die Bestimmung des ersten Ausgabepreises in der Regel ebenfalls unter Berücksichtigung der Bewertungen des Emittenten und seiner Wertpapiere durch die institutionellen Anleger erfolge510. Ein Transaktionszusammenhang sei daher stets dann anzunehmen, wenn die fehlerhaften Prospektangaben den Börsenpreis beeinflusst haben, d.h. wesentlich für die Investitionsentscheidung der Anleger waren, und der Anleger im Anschluss an die Veröffentlichung des Prospekts Aktien erworben hat, ohne dass er sich jedoch konkret auf die Richtigkeit der Prospektangaben verlassen haben muss511. Während af Sandeberg eine widerlegbare Kausalitätsvermutung zugunsten der Anleger annimmt, die durch den Anspruchsverpflichteten ausgeräumt werden kann512, tritt Samuelsson dafür ein, auf das Erfordernis konkreten Vertrauens der Anleger in die Richtigkeit der Prospektangaben gänzlich zu verzichten. Er schließt daher auch die Möglichkeit eines Gegenbeweises aus513. c) Normschutzlehre (normsskyddsläran) Von der überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur wird heute vertreten, dass das Tatbestandsmerkmal der adäquaten Kausalität generell durch Anwendung der sogenannten Normschutzlehre (normsskyddsläran) zu ergänzen 509 Samuelsson, Information och ansvar, S. 178 ff.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 138 ff.; aus der deutschen Literatur vgl. hierzu Sauer, ZBB 2005, 24, 29; Veil, ZHR (2003), 365, 383 ff.; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 184. 510 Vgl. af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 141 f. 511 Samuelsson, Information och ansvar, S. 187 f.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 142 f. 512 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 138. 513 Samuelsson, Information och ansvar, S. 189 f., 312 ff.

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ist514. Seit Inkrafttreten des SkL im Jahr 1972 bzw. spätestens seit der Entscheidung des Höchsten Gerichtshofs, NJA 1976, 458 ff., gilt die Normschutzlehre als Bestandteil des schwedischen Rechts515. Sie ist entscheidend durch das deutsche Recht beeinflusst516. Nach der Normschutzlehre ist bei einer Schadenersatznorm stets zu fragen, welchen Schutzzweck sie verfolgt. Dabei ist einerseits zu untersuchen, welche Schäden ihrem Sinn und Zweck nach zu ersetzen sind und andererseits, welche Personen aus der jeweiligen Anspruchsgrundlage zum Schadenersatz berechtigt sein sollen517. Die Normschutzlehre ist daher nicht nur ein Mittel zur Begrenzung des Kreises der Ersatzberechtigten, sondern auch zur Eingrenzung des Umfangs des zu ersetzenden Schadens518. Die Voraussetzungen der Normschutzlehre sind danach neben den sonstigen Anspruchsvoraussetzungen, wie z. B. Verschulden und adäquatem Ursachenzusammenhang zwischen schädigender Handlung und eingetretenem Schaden, zu prüfen519. Im Bereich der aktienrechtlichen Außenhaftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 ABL wird die Anwendung der Normschutzlehre teilweise als über514 SOU 1941:9 (Aktiebolagslag), S. 639 f.; Prop. 1975:103 (Förslag till ny aktiebolagslag, m. m.), S. 540; SOU 1995:44 (Aktiebolagets organisation), S. 245 ff.; HD, NJA 1991, 138, 142; HD, NJA 1982, 307, 310 f.; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 1 §, S. 29:10; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 176 f.; ders., Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 447 f.; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 288 ff.; (so wohl auch) Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 39, 58; (einschränkend) Samuelsson, Information och ansvar, S. 306; (a. A.) Dufwa in: FS Sveriges Advokatsamfund, S. 173, 183, 192; ders., Flera skadeståndsskyldiga, S. 1038. 515 Vgl. hierzu Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 159 ff.; Roos, SvJT 1988, 44, 49; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 144; Stattin, Företagsstyrning, S. 211 f.; Kleineman, JT 1989/90, 650, 651. 516 H. Andersson, Skyddsändamål och adekvans, S. 25 ff.; Roos, SvJT 1988, 44, 49; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 449; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 287 ff.; ders., JT 1989/90, 650, 651; Witte in: v. Bar, Deliktsrecht in Europa, Schweden, S. 82 f. 517 Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 86; H. Andersson, Skyddsändamål och adekvans, S. 160 ff.; Nordenson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 44 ff.; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 447 ff.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 143 ff.; dies., Ny Juridik 3:99, 64, 77; Stattin, Företagsstyrning, S. 212. 518 Roos, SvJT 1988, 44, 49 f.; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 288 f.; Nordenson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 44 ff.; (weitergehend) H. Andersson, Skyddsändamål och adekvans, S. 160 ff. (Er begreift die Normschutzlehre bzw. nach seiner Begrifflichkeit die Schutzzwecklehre [skyddsändamålsläran] nicht als Mittel zur Begrenzung der Kausalität, sondern als Mittel zur generellen Auslotung der Grenzen der Haftung). Zur insbesondere von Kleineman vertretenen haftungserweiternden Funktion der Normschutzlehre vgl. unten Teil 4 B.VI.3.b)dd). 519 Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 288; Nordenson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 45 f.; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 68, 86 ff.; (so wohl auch) Stattin, Företagsstyrning, S. 212 f.; (a. A.) H. Andersson, Skyddsändamål och adekvans, S. 159 ff., der die Anwendung der Adäquanztheorie neben der Normschutzlehre für überflüssig hält.

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flüssig abgelehnt, da das ABL durch die ausdrückliche Nennung der Gesetze, bei deren Verletzung Aktionären oder Dritten ein Schadenersatzanspruch zusteht, der Kreis der Schutzgesetze bereits eindeutig bestimmt sei520. Eine Unterscheidung zwischen einzelnen Normen der genannten Gesetze, die den Anspruchsteller schützen und solchen Normen, die ausschließlich dem Schutz anderer Rechtsträger dienen, ist nach dieser Ansicht offensichtlich nicht erforderlich521. Nach Ansicht von Dufwa ist eine Anwendung der Normschutzlehre hingegen grundsätzlich abzulehnen. Eine Bestimmung der Grenzen eines Schadenersatzanspruchs könne vielmehr über die Tatbestandsmerkmale Verursachung des Schadens, Adäquanz und Mitverschulden erfolgen. Für eine Anwendung der Normschutzlehre gebe es keine Grundlage im schwedischen Schadenersatzrecht. Zudem sei der Begriff des „schutzwerten Interesses“ ungenau und nur schwer zu bestimmen. Anstatt die schadenersatzrechtlichen Schwierigkeiten durch die Einführung einer neuen Theorie zu erschweren, solle man vielmehr auf eine Lösung durch Anwendung der anerkannten Tatbestandsmerkmale setzen522. 7. Verschulden (culpa) Gehaftet wird bei unrichtigen oder unvollständigen Börsenprospekten gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL für Vorsatz und Fahrlässigkeit (uppsåt och oaktsamhet)523. Die Prüfung des Verschuldens erfolgt im Rahmen eines Schadenersatzanspruchs anhand eines objektiv-subjektiven Prüfungsmaßstabs524. In objektiver Hinsicht ist zu prüfen, ob dem Anspruchsgegner eine Pflichtverletzung zur Last fällt, d.h., ob er gegen einen objektiven Verhaltensmaßstab verstoßen hat525. Früher wurde zur Ermittlung des zu beachtenden Sorgfaltsmaßstabs darauf ab520 So wohl Roos, SvJT 1988, 44, 50; (widersprüchlich) af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 149 einerseits und dies., Aktiebolagsrätten, S. 259 andererseits. 521 So aber ausdrücklich Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 447 ff. 522 Dufwa in: FS Sveriges Advokatsamfund, S. 173, 183, 192; ders., Flera skadeståndsskyldiga, S. 1038. 523 SOU 1995:44 (Aktiebolagets organisation), S. 242; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 116; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 88; Deuschl, JT 1999/00, 269, 282 f. 524 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 117 ff.; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 88 ff.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 291 ff.; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 708 ff. Dabei erfolgt nach schwedischem Recht keine Trennung zwischen Rechtswidrigkeit und Verschulden. Die Rechtswidrigkeit ist bei der Bejahung des Verschuldens (culpa) stets zu bejahen (vgl. Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 97 ff.: Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 708). 525 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 117 f.; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 91 ff.; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 708.

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gestellt, ob sich der Schädiger wie eine vernünftige und rücksichtsvolle Person verhalten hat, die sich insbesondere beruflich in einer mit ihm vergleichbaren Stellung befindet526. Oder es wurde darauf abgestellt, wie sich ein Verwalter fremder Interessen zu verhalten hat527. Dieser aus dem römischen Recht stammende bonus-pater-familias-Grundsatz ist mittlerweile überkommen. Heutzutage wird stattdessen ein weitgehend objektivierter Standard angelegt. Dabei ist in erster Linie danach zu fragen, ob der Schädiger eine vorhandene gesetzlich normierte Verhaltensnorm übertreten hat528. Im Hinblick auf die Prospekthaftung ist daher zu prüfen, ob der Schädiger die bei der Veröffentlichung von Börsenprospekten zu beachtenden Verhaltenspflichten übertreten hat529. Dies kommt auch ausdrücklich im Wortlaut von 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL zum Ausdruck, der eine Haftung bei Verstoß gegen die Vorschriften des 2. Kap. LHF vorsieht. Um die Besonderheiten des konkreten Falles ausreichend berücksichtigen zu können, wird diese rein objektive Betrachtungsweise durch ein subjektives Element ergänzt. Im Hinblick auf fahrlässiges Handeln ist zu prüfen, ob dem Schädiger die begangene Pflichtverletzung subjektiv vorwerfbar ist. So ist zu fragen, ob der Schädiger Kenntnis davon haben konnte, dass die veröffentlichten Angaben falsch oder unvollständig waren, wobei auch die individuellen Besonderheiten des Schädigers, wie seine persönliche Einsichtsfähigkeit, zu berücksichtigen sind. Ungenügende Sachkenntnisse, die von einer Person in entsprechender Lage zu erwarten sind, oder das Fehlen von anderen persönlichen Qualifikationen führen jedoch grundsätzlich nicht zu einer Minderung des Verschuldensmaßstabs530. Zu einer Minderung des Verschuldens können jedoch Irrtümer über tatsächliche Verhältnisse der Gesellschaft (faktisk villfarelse), die für den eingetretenen Schaden ursächlich waren, führen. Irrtümer über die rechtlichen Pflichten (rättsvillfarelse) begründen hingegen in der Regel keine Haftungserleichterung531. 526

af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 118; Rodhe, SvJT 1952, 696 ff. af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 118; Kedner/Roos, ABL, Del II, S. 261 f. 528 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 98; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 118; Bengtsson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 36 f.; ders. in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 46 f.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 293; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 91 ff.; Deuschl, JT 1999/00, 269, 282 f.; Stattin, Företagsstyrning, S. 191 ff.; v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht, § 3 Rn. 303. Wenn keine Normen vorhanden sind, die eine bestimmte Verhaltensweise vorschreiben, haben die Gerichte eine sogenannte freie Verschuldensbeurteilung (fri culpabedömning) vorzunehmen (af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 117; Stattin, Företagsstyrning, S. 190 f., 195; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 709). 529 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 98; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 118. 530 Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 47; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 119; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 56 ff.; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 106 ff.; ders. in: FS Lorenz, S. 161, 165; Deuschl, JT 1999/00, 269, 283. 527

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Vorsätzliches Handeln ist von fahrlässigem Handeln durch sein stärkeres Willenselement abzugrenzen. Vorsätzlich handelt deshalb, wer eine pflichtwidrige Handlung in Kenntnis ihrer Pflichtwidrigkeit begeht und dabei den Eintritt des schädigenden Ereignisses entweder als bewusste Folge herbeiführen will (direkter Vorsatz/direkt uppsåt) oder jedenfalls zur Erreichung seines Ziels als notwendige Folge in Kauf nimmt (indirekter Vorsatz/indirekt uppsåt). Zudem handelt auch derjenige vorsätzlich, dem bei Vornahme einer pflichtwidrigen Handlung der Schadenseintritt gleichgültig ist (Gleichgültigkeitsvorsatz/likgiltighetsuppsåt)532. Ebenso wie beim Nachweis der Kausalität obliegt dem Anspruchsteller auch beim Nachweis des Verschuldens des Anspruchsgegners nach den allgemeinen Bestimmungen die Beweislast533. 8. Mitverschulden (medvållande) Die Frage, unter welchen Umständen die Haftung der Ersatzpflichtigen wegen Mitverschuldens (medvållande) der Anleger zu mildern bzw. gänzlich ausgeschlossen ist, ist im Zusammenhang mit der Haftung für falsche Börsenprospekte bisher wenig behandelt worden534. Nach Ansicht von af Sandeberg und Samuelsson kommt eine Haftung zunächst dann nicht in Betracht, wenn der Geschädigte vor dem Erwerb der Aktien von den tatsächlichen Umständen und der Fehlerhaftigkeit des Prospekts Kenntnis hatte und die Aktien trotz dieses Wissens dennoch erworben hat535. Darüber hinaus soll auch die Korrektur von Prospektmängeln zu einer Haftungsmilderung führen536. Dabei soll es jedoch nicht genügen, dass etwaige 531 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 119; Dotevall, Skadeståndsansvar för Styrelseledamot och VD, S. 114 ff., 118; ders., Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 60 f.; ders. in: FS Lorenz, S. 161, 165; Samuelsson, Information och ansvar, S. 299 f. s. hierzu auch HD, NJA 1985, 281, 283 ff. 532 Hinsichtlich der Definition vorsätzlichen Handelns wird in der schadensrechtlichen Literatur (vgl. Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 46; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 128) stets auf die strafrechtliche Literatur verwiesen. Vgl. zum Verschulden und insbesondere zum Vorsatz HD, NJA 2002, 449 ff.; Rekke in: Karnov, BrB, 1. Kap. § 2 Anm. 2; Jareborg, JT 2004/05, 811 ff.; Asp, JT 2002/03, 613 ff.; Träskman, JT 2002/03, 616 ff.; Westin, JT 2002/03, 626 ff.; Zila, JT 2002/03, 632 ff. 533 Vgl. die Nachweise zum Merkmal des Verlustzusammenhangs oben Teil 4 B. II.6.a). 534 Allgemein zur Haftungsmilderung wegen Mitverschuldens vgl. HD, NJA 2006, 136, 142 ff.; HD, NJA 1998, 734. 535 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 121; Samuelsson, Information och ansvar, S. 299. 536 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 121; Samuelsson, Information och ansvar, S. 299 f. Dies soll offensichtlich nur zu einer Anpassung der Höhe des Schadenersatzes (jämkning – s. hierzu unten Teil 4 B.II.9.b)) und nicht zu einem Haftungsausschluss beim Erwerb von Aktien nach Berichtigung des Prospektmangels führen.

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Falschangaben nur über die Massenmedien korrigiert werden. Erforderlich sei vielmehr, dass die Prospektverantwortlichen selbst schadensbegrenzende Maßnahmen ergriffen und den Prospekt berichtigt haben537. Keine Haftungsmilderung soll aus dem Gedanken der Risikoeinwilligung (samtycke till risk) folgen. Auch wenn es sich beim Erwerb von Aktien um eine mit größeren Risiken verbundene Investition handele, müssten die Anleger billigerweise nur mit Einbußen auf Grund des allgemeinen, mit der Investition selbst verbundenen Risikos kalkulieren. Das Risiko schuldhafter Falschinformationen durch die Prospektverantwortlichen gehöre jedoch nicht dazu538. Nach der allgemeinen schadenersatzrechtlichen Bestimmung in 6. Kap. § 1 Abs. 2 SkL ist der Geschädigte zudem grundsätzlich verpflichtet, den Schaden zu begrenzen. Verstößt er gegen diese auch im Rahmen des ABL geltende Verpflichtung539, hat er selbst den Teil des Schadens zu tragen, der dem Grad seines Verschuldens entspricht. Gemäß 6. Kap. § 1 Abs. 2 SkL kann die Höhe des zu gewährenden Schadenersatzes in diesem Fall herabgesetzt werden (jämkning), wenn der Geschädigte den Schaden mitverursacht hat. Die Herabsetzung hat danach zu erfolgen, was im Hinblick auf den Grad der Verursachung auf beiden Seiten und die sonstigen Umstände als angemessen erscheint540. 9. Art und Umfang des Ersatzes a) Schadensberechnung Im schwedischen Recht besteht kein einheitlicher Schadensbegriff. Der zu ersetzende Schaden muss daher für jede Schadenssituation weitgehend aufs Neue normativ bestimmt werden541. Soweit es um Ersatzansprüche gegenüber Mitgliedern der Leitungsorgane einer AB geht, soll ein Vermögensschaden als „ökonomisch messbarer Vermögensverlust, den der Geschädigte ohne oder gegen seinen Willen erlitten hat“, definiert werden können542. Aus den allgemei537 Vgl. af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 122; Samuelsson, Information och ansvar, S. 300 f. 538 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 126. 539 Vgl. Prop. 1975:103 (Förslag till ny aktiebolagslag, m. m.), S. 543; HD, NJA 1998, 734, 741; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL (2002), 15. kap. 1 §, S. 15:18. 540 HD, NJA 2006, 136, 143 f.; Bengtsson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 220 ff., 225; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 221 ff. s. auch SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 105. 541 Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 51; H. Andersson, Skyddsändamål och adekvans, S. 298 ff. 542 „Skada i detta sammanhang är en ekonomiskt mätbar förmögenhetsförlust som utan eller mot den skadelidandes vilja drabbat denne.“ (Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 51; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 98). s. hierzu auch af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 116; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 707.

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nen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen ergibt sich, dass ein Ersatz des tatsächlich eingetretenen Schadens, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, in Form von Geldzahlungen erfolgt543. Ein Ausgleich des Schadens etwa durch Rückabwicklung des Aktienerwerbs Zug um Zug gegen Erstattung des auf Grund falscher Informationen überhöhten Kaufpreises kommt daher nicht in Betracht544. Ersetzt werden neben einer tatsächlichen Vermögensminderung (sog. damnum emergens) auch der entgangene Gewinn (sog. lucrum cessans) sowie ausgebliebene Geschäftschancen545. Zu ersetzen ist daher das positive Interesse546. Für die Berechnung des konkreten Schadens enthält das ABL keine gesetzlichen Bestimmungen. Die Berechnung hat daher nach den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Prinzipien zu erfolgen. Danach ist die Höhe des konkreten Vermögensschadens mit Hilfe der Differenzlehre (differensläran) zu berechnen547. Danach wird der tatsächliche Vermögensstand des Geschädigten mit seinem hypothetischen Vermögensstand ohne das schädigende Ereignis verglichen548. In Prospekthaftungsfällen besteht der Schaden daher in der Differenz zwischen dem durch die fehlerhaften Prospektangaben beeinflussten Zeichnungskurs, der vom Anleger tatsächlich gezahlt wurde, und dem Kurs, der zum Zeitpunkt des Erwerbs bestanden hätte, wenn die im Prospekt gemachten Angaben richtig und vollständig gewesen wären549. Einen Anhaltspunkt für die Berech543

af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 116. af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 398. Vgl. hierzu auch die oben unter Teil 3 B.III.1.b)cc) geführte Diskussion zur Ungültigerklärung der Aktienzeichnung infolge fehlerhafter Prospektangaben. 545 Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 51; ders., Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 98; ders. in: FS Lorenz, S. 161, 165; Stattin, Företagsstyrning, S. 182 f.; Karlgren, Skadeståndsrätt, S. 195 f.; Rodhe, Obligationsrätt, S. 489. 546 Hellner, Speciell Avtalsrätt II 2, S. 207 ff.; Rodhe, Obligationsrätt, S. 480 ff.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 398 f. 547 Hellner, Speciell Avtalsrätt II 2, S. 209 f.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 398 f.; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 98; Witte in: v. Bar, Deliktsrecht in Europa, Schweden, S. 66. 548 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 399; Samuelsson, Information och ansvar, S. 315; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 98; ders., Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 51; Stattin, Företagsstyrning, S. 182 f.; Karlgren, Skadeståndsrätt, S. 194 f.; Skog in: Hopt/Voigt, S. 942; Rodhe, Obligationsrätt, S. 467 f. Allgemein zur Differenzlehre vgl. Hellner, Speciell Avtalsrätt II 2, S. 209 f.; Rodhe, Obligationsrätt, S. 467 ff.; s. auch SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 99, 131. In Schweden wird die Differenzlehre, anders als in Deutschland, nicht als Rechtsregel verstanden, nach der der Umfang des zu ersetzenden Schadens im Einzelnen zu bestimmen ist, sondern lediglich als ein Rahmen oder eine allgemeine Technik, um der Ermittlung des ersatzfähigen Schadens näher zu kommen (vgl. Hellner, Speciell Avtalsrätt II 2, S. 209). 549 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 99; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 399. 544

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nung des Schadens kann ein Vergleich des Aktienkurses zum Zeitpunkt des Erwerbes mit demjenigen nach Bekanntwerden des Prospektmangels geben. Eindeutig lässt sich der tatsächlich eingetretene Schaden hierdurch jedoch nicht bestimmen, da sich der Aktienkurs nach Bekanntwerden des Prospektmangels nicht zwingend auf das gleiche Niveau einpendelt, das bei anfänglich richtigem Prospekt bestanden hätte550. Überreaktionen oder andere markt- bzw. konjunkturbezogene Ursachen für die Kursveränderung sind daher bei der Schadensberechnung herauszurechnen. Wie dies zu erfolgen hat, ist in der schwedischen Literatur bisher wenig geklärt. Nach Ansicht von af Sandeberg und Samuelsson können markt- oder konjunkturbezogene Faktoren, die nicht auf den Prospektmangel zurückzuführen sind und für die der Schädiger daher nicht einzustehen hat, mit den Methoden der modernen Finanzwissenschaft, etwa mit Hilfe des Capital Asset Pricing Model aus dem Börsenpreis herausgerechnet werden551. Etwaigen Ungenauigkeiten bei der Schadensberechnung kann dabei mit den Mitteln des Prozessrechts begegnet werden. Gemäß 35. Kap. § 5 RB kann ein über einen Schadenersatzanspruch entscheidendes Gericht den Schaden schätzen, sofern der Anspruchsteller hinreichende Anhaltspunkte für eine solche Schadensschätzung liefert552. b) Herabsetzung des Schadenersatzes (jämkning av skadestånd) Gemäß 29. Kap. § 5 ABL kann der gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL wegen Verstoßes gegen die Prospektvorschriften zu ersetzende Schaden unter Berücksichtigung dessen, was im Hinblick auf die Art der schädigenden Handlung, die Höhe des Schadens und die übrigen Umstände angemessen ist, herabgesetzt werden (jämkning av skadestånd). Entsprechende Regelungen finden sich auch in anderen Gesetzen, insbesondere in 6. Kap. §§ 1 und 2 SkL bei Mitverschulden553 des Geschädigten und unverhältnismäßig hohem Schadenersatz. Bei der Herabsetzung des Schadenersatzes handelt es sich um ein allgemeines schadensrechtliches Mittel, um die Umstände des Einzelfalles bei der Bemessung der

550 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 99, 131; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 401; Samuelsson, Information och ansvar, S. 316. 551 Vgl. Samuelsson, Information och ansvar, S. 316 f. af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 400, 402 f. Zu den vergleichbaren Schwierigkeiten bei der Berechnung des konkreten Schadens im Zusammenhang mit der Trennung zwischen mittelbaren und unmittelbaren Schäden der Aktionäre siehe bereits oben Teil 3 C.III.2.c) und Teil 3 C.IV.2.b). 552 Samuelsson, Information och ansvar, S. 316, Fn. 253; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 399; Swahn/Wendleby, JT 2003/04, 586, 597. s. hierzu allgemein Lindell, Civilprocessen, S. 419 ff.; Karlgren, Skadeståndsrätt, S. 208 f. 553 Vgl. hierzu bereits oben Teil 4 B.II.8.

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Schadenshöhe berücksichtigen zu können und unverhältnismäßig hohe Schadenersatzforderungen abzumildern554. Zu berücksichtigen ist bei einer Herabsetzung des Schadens unter anderem der Grad des Verschuldens jedes einzelnen Schädigers. Dabei schließt strafbares oder grob fahrlässiges Handeln (brottsligt eller grovt oaktsamt handlande) eine Herabsetzung des Schadens zwar nicht prinzipiell, aber doch in der Regel aus555. Im übrigen ist vor allem die wirtschaftliche Stellung des Schädigers als Grund für eine Herabsetzung des zu leistenden Schadenersatzes zu berücksichtigen556. Nach den Vorarbeiten zur Reform des Prospekthaftungsrechts557 soll im Rahmen der Prospekthaftung zudem die Anzahl der Ersatzberechtigten558, die Höhe des zu ersetzenden Schadens und das Interesse der Anleger an einem Ausgleich des ihnen entstandenen Schadens Berücksichtigung finden können559. Die Bestimmung weiterer Voraussetzungen für eine Herabsetzung des Schadenersatzes ist den Gerichten vorbehalten560. Ersatz ist jedoch stets in Höhe einer bestehenden Haftungsversicherung für den eingetretenen Schaden zu leisten561. Eine Herabsetzung des Schadenersatzes erfolgt nur auf Antrag der betroffenen Partei. Dabei obliegt ihr die Darlegungslast für die Gründe, die für eine Herabsetzung des Schadens sprechen, wie z. B. ihre wirtschaftlichen Verhältnisse562.

554 SOU 1971:83 (Skadestånd III), S. 52; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 433; vgl. hierzu auch Ring/Olsen-Ring, Einführung in das skandinavische Recht, Rn. 362. 555 SOU 1971:83 (Skadestånd III), S. 51; SOU 1971:15 (Aktiebolagslag), S. 356; Prop. 1975:103 (Förslag till ny aktiebolagslag, m. m.), S. 542; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 5 §, S. 29:21. 556 SOU 1971:83 (Skadestånd III), S. 45 ff.; SOU 1971:15 (Aktiebolagslag), S. 356; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 5 §, S. 29:21. Vgl. zu den bei der Herabsetzung im Einzelnen berücksichtigungsfähigen Interessen SOU 1971:83 (Skadestånd III), S. 45 ff.; Bengtsson, Om jämkning av skadestånd, S. 254 ff.; ders. in: Bengtsson/ Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 234 ff. 557 SOU 2005:18 (Prospektansvar). 558 Hierfür spricht auch die Tatsache, dass der Gesetzgeber (Prop. 1997/98:99 [Aktiebolagets organisation], S. 191 f.) eine Begrenzung zu hoher Schadenersatzforderungen wegen eines besonders großen Kreises an Geschädigten über das Mittel der Herabsetzung des Schadenersatzes für ausreichend hielt (so auch af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 404). 559 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 105, 135. 560 Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 184; vgl. auch SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 105. 561 SOU 1971:83 (Skadestånd III), S. 39, 45; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 404; dies., Aktiebolagsrätten, S. 263. 562 SOU 1971:83 (Skadestånd III), S. 45; vgl. auch SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 135.

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10. Gesamtschuldnerische Haftung (flera skadeståndsskyldiga) Mehrere Ersatzpflichtige (flera skadeståndsskyldiga) haften gemäß 29. Kap. § 6 ABL solidarisch für den entstandenen Schaden. Der Geschädigte kann daher jeden der Schädiger in vollem Umfang in Anspruch nehmen. Erforderlich ist jedoch, dass jedem Schädiger ein persönliches Verschulden zu Last fällt und jeder Schädiger in adäquat kausaler Weise zur Verwirklichung des Schadens beigetragen hat563. Der in Anspruch Genommene kann von den anderen solidarisch haftenden (Mit-)Schädigern Ausgleich des auf diese entfallenden Anteils am Schaden verlangen (29. Kap. § 6 S. 2 ABL). Die Höhe des Ausgleichsanspruchs hängt von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere dem Grad des Verschuldens jedes einzelnen Schuldners, ab564. Soweit jedoch nicht einem der Haftenden ein besonders hohes Maß an Verschulden anzulasten ist, ist der Schaden intern unter den Haftenden nach Köpfen zu verteilen565. 11. Verjährung Das ABL enthält keine Verjährungsregelung für Ansprüche Dritter, insbesondere der Anleger, gegenüber den Mitgliedern der Leitungsorgane. Die in 29. Kap. §§ 10, 13 ABL geregelte Verjährungsfrist betrifft allein Ansprüche der Gesellschaft gegenüber ihren Organmitgliedern, den Gründern, den Wirtschaftsprüfern oder ihren Aktionären566. Die Verjährung von Ansprüchen der Anleger gegenüber den Mitgliedern der styrelse und dem verkställande direktör richtet sich daher nach den allgemeinen Bestimmungen des Verjährungsgesetzes (Preskriptionslag [1981:130]) 567. Gemäß § 2 Verjährungsgesetz verjähren Forderungen innerhalb von 10 Jahren seit ihrer Entstehung. Schadenersatzansprüche, die auf einer vorsätzlich strafba563 SOU 1995:44 (Aktiebolagets organisation), S. 242 f.; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 122; Nordensson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 69 f.; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 243 ff.; Ring/OlsenRing, Einführung in das skandinavische Recht, Rn. 346; v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht, § 3 Rn. 315; vgl. auch SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 83, 129. 564 S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 6 §, S. 29:23; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 122 f. Zur entsprechenden Regelung in 6. Kap. § 4 SkL vgl. auch Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 119 f., 176, 588 ff.; Nordensson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 71 f.; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 246 ff. 565 Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 64. 566 Vgl. SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 107 f.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 324 f.; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 262 f. 567 § 1 Verjährungsgesetz: „Denna lag gäller i fråga om preskription av fordringar, i den mån inte annat följer av vad som är särskilt föreskrivet.“ („Dieses Gesetz gilt in Fragen der Verjährung von Forderungen, soweit sich nicht aus speziellen Vorschriften etwas Abweichendes ergibt“). Vgl. auch af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 263.

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ren Handlung beruhen, verjähren jedoch nicht vor der Verjährung der Straftat, es sei denn, über die strafrechtliche Verantwortung wurde bereits vor Ablauf der strafrechtlichen Verjährungsfrist entschieden (§ 3 Verjährungsgesetz)568. Der Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs ist der Zeitpunkt, zu dem die schädigende Handlung vorgenommen wurde, ohne dass es darauf ankommt, ob zu diesem Zeitpunkt bereits ein Schaden eingetreten ist569. Der Ablauf der Verjährungsfrist beginnt daher bei Schäden wegen falscher Börsenprospekte mit der Veröffentlichung des fehlerhaften oder unvollständigen Prospekts570. 12. Haftungsbeschränkungen Eine Haftungsbeschränkung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör durch entsprechende Regelungen in der Satzung der Gesellschaft ist grundsätzlich nicht möglich571. Gegenüber der Gesellschaft können die Mitglieder der styrelse und der verkställande direktör ihre Haftung jedoch dadurch ausschließen, dass sie vor der Durchführung einer konkreten Maßnahme die Zustimmung der Hauptversammlung hierzu einholen572. Zudem kommt im Innenverhältnis auch eine Haftungsbefreiung durch nachträglichen Beschluss der Hauptversammlung in Betracht573. Erforderlich ist jedoch, dass die Aktionäre auf der Hauptversammlung zuvor umfassend und richtig über alle im Zusammenhang mit einem Anspruch der Gesellschaft stehenden Fragen informiert wurden und nicht 10% der Aktionäre oder mehr gegen einen Anspruchsverzicht stimmen (29. Kap. § 11 ABL)574. Außenhaftungsansprüche Dritter, auch von Anlegern, werden hierdurch allerdings nicht berührt575. 568

Die Verjährung von Straften richtet sich nach den Bestimmungen des 35. Kap.

BrB. 569 Prop. 1979/80:119 (Preskriptionslag), S. 39 ff., 89; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 433. 570 So auch der Vorschlag de lege ferenda der Prospektkommission in SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 110. 571 Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 67; a. A. wohl Nerep/Samuelsson, ABL, Band 3, 29. Kap. 1 § 1, S. 353. 572 Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 81 f. 573 Auf jeder Jahreshauptversammlung ist nicht nur über die formelle Entlastung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör, sondern auch über ihre Freistellung von der Haftung für das vorangegangene Geschäftsjahr zu beschließen. Eine Haftungsbefreiung ist selbst dann möglich, wenn sich ein Schaden der Gesellschaft bereits gezeigt hat, sofern der Schaden nur nicht auf einer strafbaren Handlung beruht (29. Kap. § 12 ABL; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 82). 574 Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 82; S. Andersson/Johansson/ Skog, ABL, 29. kap. 11 §, S. 29:30 f. 575 Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 83; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 315.

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Nach Eintritt eines schädigenden Ereignisses steht es den Parteien frei über einen bereits entstandenen Ersatzanspruch zu disponieren576. Ob es nach schwedischem Recht zulässig ist, Haftungsbeschränkungen auch im Voraus zu vereinbaren oder Freizeichnungsklauseln in den Börsenprospekt aufzunehmen, ist hingegen fraglich. Das ABL enthält keine Vorschrift, wonach solche Klauseln unzulässig wären. Während im Bereich des Vertragsrechts Haftungsfreizeichnungen häufig wegen des zwingenden Charakters der Haftungsvorschriften ausgeschlossen sind, sind im Bereich außervertraglicher Verhältnisse (utomkontraktuella förhållanden) Haftungsfreizeichnungen grundsätzlich unbeschränkt möglich, sofern nicht ausnahmsweise etwas anderes vorgeschrieben ist577. In Schweden gilt allerdings der in § 36 AvtL zum Ausdruck kommende allgemeine Grundsatz578, dass eine Haftungsfreizeichnung im Voraus für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist579. Dieser Grundsatz soll jedoch dann einzuschränken sein, wenn der Geschädigte auf andere Weise hinreichend geschützt ist, etwa weil ein anderer Ersatzpflichtiger zur Verfügung steht oder Versicherungsschutz über eine eigene Versicherung besteht580. Zum Teil wird allerdings aus der Kone-Entscheidung des Höchsten Gerichtshofs (HD, NJA 1987, 692, 703) abgleitet, dass eine Haftungsfreizeichnung im Rahmen eines Börsenprospekts generell möglich sein müsste581. In der Entscheidung ging es zwar nicht um die Haftung für einen fehlerhaften Börsenprospekt, sondern um die Haftung eines Gutachters gegenüber einem Dritten für fehlerhafte Angaben in einem Grundstücks-Wertgutachten. Der Fall gilt jedoch als allgemeines Beispiel für die Haftung für fehlerhafte Informationen, insbesondere gegenüber Dritten582. In diesem Zusammenhang hat der Höchste Gerichtshof eine außervertragliche Haftung für falsche Informationen bejaht, „soweit kein Haftungsvorbehalt für solche Schäden in dem Gutachten enthalten war“583. Aus dieser Bemerkung könnte geschlossen werden, dass eine Freizeichnung von außervertraglichen Schäden in einem Wertgutachten oder sogar in ei576

Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 92; Grönfors in: FS Nial, 204 ff., 215. Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 91; Bengtsson in: Bengtsson/Nordenson/ Strömbäck, Skadestånd, S. 121; Deuschl, JT 1999/00, 269, 284. 578 Dieser Grundsatz galt bereits vor Inkrafttreten von § 36 AvtL (vgl. Lundmark, Friskrivningsklausuler, 133; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 92; Deuschl, JT 1999/00, 269, 284). 579 Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 92; Hellner, Speciell Avtalsrätt II 2, S. 224; Deuschl, JT 1999/00, 269, 284; Lundmark, Friskrivningsklausuler, 133; af Sandeberg in: FS Dufwa, S. 959, 968 f.; vgl. hierzu auch HD, NJA 1998, 390, 394. 580 Lundmark, Friskrivningsklausuler, 133; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 92; Hellner, Speciell Avtalsrätt II 2, S. 224; HD, NJA 1998, 390, 398. 581 Deuschl, JT 1999/00, 269, 284 f.; af Sandeberg in: FS Dufwa, S. 959, 968. 582 Vgl. Samuelsson, Information och ansvar, S. 269; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 459; Deuschl, JT 1999/00, 269, 277, 284. 583 „[. . .] såvida inte förbehåll om frihet från sådant ansvar gjorts i intyget“. 577

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nem Börsenprospekt grundsätzlich möglich ist. Da der Höchste Gerichtshof über diesen Halbsatz hinaus keine weiteren Aussagen über die Möglichkeiten einer Haftungsfreizeichnung getroffen hat, darf die Entscheidung insoweit jedoch nicht überbewertet werden584. Die Prospektkommission hat sich de lege ferenda gegen eine Möglichkeit zur Freizeichnung von der Prospekthaftung ausgesprochen585. Die geltende Rechtslage hinsichtlich der Wirksamkeit von Freizeichnungsklauseln ist somit weitgehend unklar. Insbesondere fehlen Maßstäbe zur Beurteilung, wann eine Freizeichnungsklausel angemessen ist und wann dies nicht der Fall ist586.

III. Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte aus Vertrag Neben der außervertraglichen Haftung für fehlerhafte oder unvollständige Börsenprospekte gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL kommt grundsätzlich auch eine vertragliche Haftung in Betracht. Wie oben bereits näher dargestellt, wird die Zeichnung und der Erwerb von Aktien, wenn nicht als vertragliches, so doch als vertragsähnliches Verhältnis angesehen, auf das die allgemeinen vertragsrechtlichen Bestimmungen Anwendung finden. Es besteht jedoch Einigkeit, dass ein solches vertragsähnliches Verhältnis nicht zwischen Anlegern und Organmitgliedern des Emittenten, sondern nur zwischen Anlegern und dem Emittenten bzw. den emissionsbegleitenden Banken in Betracht kommt587. Eine vertragliche Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane des Emittenten – deren Haftung allein Gegenstand dieser Untersuchung ist – ist daher ausgeschlossen. Im Hinblick auf eine vertragliche Haftung des Emittenten, sofern dessen Haftung gegenüber Anlegern überhaupt bejaht wird588, bzw. der emissionsbegleitenden Banken ist umstritten, ob sich eine Haftung für fehlerhafte oder unvollständige Börsenprospekte nach den Bestimmungen des Schuldverschreibungsgesetzes (Lag [1936:81] om skuldebrev – SkbrL) oder den Bestimmungen des Kaufgesetzes (Köplag [1990:931] – KöpL) richtet. Während nach den Bestimmungen des SkbrL nicht für Qualitätsmängel der veräußerten Wertpapiere, sondern nur für den Bestand der durch sie verbrieften Rechte gehaftet würde (§ 9 584

So auch Deuschl, JT 1999/00, 269, 285; Kleineman, SvJT 1998, 185, 205. SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 101 ff. Vgl. auch § 3 des Gesetzes über die finanzielle Beratung von Verbrauchern (Lag [2003:862] om finansiell rådgivning till konsumenter), wonach eine Freizeichnung von der Haftung gemäß §§ 6 f. für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten ebenfalls ausgeschlossen ist (vgl. hierzu af Sandeberg in: FS Dufwa, S. 959, 969). 586 So ausdrücklich af Sandeberg in: FS Dufwa, S. 959, 979. 587 s. hierzu ausführlich oben Teil 4 B.II.1. mit Literaturnachweisen. 588 s. hierzu ausführlich oben Teil 3 B.III.1.b). 585

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SkbrL), käme bei einer Anwendung des KöpL auch eine Haftung für Qualitätsmängel der Aktien und damit nach schwedischem Recht auch für Mängel des Unternehmens in Betracht589.

IV. Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo In Schweden ist eine selbständige Haftung nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo grundsätzlich anerkannt590. Das allgemeine Haftungsinstitut geht in Schweden auf die im 19. Jahrhundert in Deutschland insbesondere von v. Ihering entwickelten Grundsätze einer Haftung bei Vertragsschluss zurück591. Ihre Voraussetzungen und ihr Umfang sind bisher nur ansatzweise untersucht worden und weitgehend unklar592. In der Literatur besteht weitgehend Einigkeit, dass für eine Haftung aus culpa in contrahendo die Verletzung einer zwischen den (zukünftigen) Vertragspartnern bestehenden Loyalitätspflicht erforderlich ist593. Nicht geklärt ist, soweit ersichtlich, die Frage, ob eine Haftung aus culpa in contrahendo auch im Hinblick auf andere Personen als die unmittelbaren Vertragspartner – etwa die Organmitglieder des Emittenten – in Betracht kommt. Auch die Rechtsprechung zur culpa in contrahendo ist weitgehend uneinheitlich594. Generell neigt der Höchste Gerichtshof dazu, eine Schadenersatzverpflichtung eher über die Ausweitung des Anwendungsbereichs gesetzlich normierter Anspruchsgrundlagen zu begründen, als eine selbständige Haftung aus culpa in contrahendo anzunehmen595.

589 Vgl. hierzu ausführlich Hultmark, Kontraktsbrott, 79 ff. mit ausführlichen Nachweisen zu Rechtsprechung und Literatur. 590 Vgl. HD, NJA 1963, 105 ff.; HD, NJA 1978, 147 ff. (Abacus/Tössbergs); HD, NJA 1990, 745, 758 ff.; HD, NJA 1998, 633, 653; Hellner, Speciell Avtalsrätt II 2, S. 190; Regnér, JT 2001/02, 713 ff.; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 428 ff.; Kleineman, JT 1991/92, 125 ff.; Nicander, JT 1995/96, 31, 46 ff.; Olrog von Matérn, JT 1996/97, 1071, 1074. 591 v. Ihering, Culpa in contrahendo oder Schadenersatz bei nichtigen oder nicht zur Perfection gelangten Verträgen, Iherings Jahrbücher der Dogmatik des bürgerlichen Rechts, Band 4 (1861). Vgl. hierzu Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 399 ff.; 429 ff.; ders., JT 1991/92, 125; Regnér, JT 2001/02, 713, 715. 592 Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 428 ff.; ders., JT 1991/92, 125 ff.; Regnér, JT 2001/02, 713 ff.; Gorton/Sjöman, JT 2002/03, 504, 517. 593 Kleineman, JT 1991/92, 125, 132 f., 138; Regnér, JT 2001/02, 713, 717 ff.; Nicander, JT 1995/96, 31, 46 ff.; s. hierzu auch Hultmark, Upplysningsplikt. 594 Vgl. u. a. HD, NJA 1963, 105 ff.; HD, NJA 1978, 147 ff. (Abacus/Tössbergs); HD, NJA 1990, 745, 758 ff.; HD, NJA 1994, 204 ff.; HD, NJA 1998, 633, 653 und hierzu u. a. Kleineman, JT 1991/92, 125, 133; Regnér, JT 2001/02, 713 ff. 595 Die Möglichkeit einer Haftung aus culpa in contrahendo wurde nur in dem HD, NJA 1978, 147 ff. (Abacus/Tössbergs) zugrunde liegenden Fall grundsätzlich bejaht.

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Im Zusammenhang mit einer Haftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör für fehlerhafte oder unvollständige Prospekte wird eine Haftung nach den allgemeinen Grundsätzen der culpa in contrahendo in der schwedischen Literatur nicht näher diskutiert. Es wird lediglich beiläufig drauf hingewiesen, dass eine Haftung für irreführende Informationen in Vertragsverhältnissen weniger eine vertragliche Haftung als vielmehr eine Haftung für Verschulden bei Vertragsverhandlungen aus culpa in contrahendo darstellt596. Da ein vertragliches bzw. vertragsähnliches Verhältnis allein zwischen Anlegern und Emittent bzw. emissionsbegleitenden Banken besteht, kann dies allein als Hinweis darauf verstanden werden, dass nur eine Haftung des Emittenten bzw. der emissionsbegleitenden Banken als Haftung aus culpa in contrahendo anzusehen wäre. Eine Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane für fehlerhafte oder unvollständige Börsenprospekte wird heute allerdings umfassend von 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL abgedeckt, so dass für eine Haftung nach den allgemeinen Grundsätzen der culpa in contrahendo kein Anwendungsbereich verbleibt.

V. Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach dem MFL Neben einer Haftung nach dem ABL (und dem SkL) wird in der Literatur zudem eine Haftung für fehlerhafte oder unvollständige Wertpapierprospekte nach dem Gesetz über Vertriebspraktiken (Marknadsföringslag [1995:480] – MFL) diskutiert. Das MFL regelt die zulässigen Vertriebspraktiken, die Unternehmer beim Absatz eigener oder der Nachfrage fremder Produkte zulässigerweise einsetzen dürfen, um ihren Absatz oder den Zugang zu anderen Produkten zu verbessern (§§ 1, 3 MFL)597. Gemäß § 6 MFL ist es untersagt, mit irreführenden Äußerungen oder Darstellungen für die eigene oder die Wirtschaftstätigkeit eines anderen Unternehmers zu werben. Verstößt ein Unternehmer vorsätzlich oder fahrlässig gegen diese oder eine andere Verbotsnorm des MFL, hat er gemäß § 29 MFL den Schaden zu ersetzen, den ein Verbraucher 596

Vgl. Olrog von Matérn, JT 1996/97, 1071, 1074; Deuschl, JT 1999/00, 269,

275. 597 s. hierzu Prop. 1994/95:123 (Ny Marknadsföringslag) und zu den Vorschlägen für eine Neufassung des Gesetzes auf Grundlage der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/ EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EG L 149 vom 11.6.2005, S. 22 ff. (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) vgl. SOU 2006:76 (Otillbörliga affärsmetoder).

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oder ein anderer Unternehmer hierdurch erleidet598. Diese Norm ist bisher noch nicht gerichtlich auf ihre Anwendbarkeit auf Schäden durch fehlerhafte oder unvollständige Prospekte überprüft worden. In der Literatur wird die Anwendbarkeit von § 29 MFL auf irreführende Prospektangaben jedoch bejaht599. Dass es sich bei Aktien um Produkte im Sinne des MFL handelt, deren Vertrieb durch den Prospekt oder andere Informationsbroschüren gefördert wird, geht ausdrücklich aus den Vorarbeiten zum MFL hervor600. Strittig ist jedoch, ob der Verkauf von Aktien im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Unternehmens stattfindet. Hierzu wird zum Teil vertreten, dass die Kapitalbeschaffung eine wesentliche Aufgabe eines jeden Unternehmens sei. Daher fiele auch die Veräußerung von Aktien durch den Emittenten und die Werbung hierfür durch den Emissionsprospekt in den Anwendungsbereich des MFL601. Da die Pflichten aus dem MFL nach außen nur den Unternehmer treffen, kommt eine unmittelbare Haftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn gegen sie durch den Handelsgerichtshof (Marknadsdomstolen – MD) zuvor eine Verfügung auf Unterlassung bestimmter Vertriebspraktiken gemäß § 14 MFL ergangen oder ihnen eine Verpflichtung zur Veröffentlichung von erforderlichen Informationen gemäß § 15 MFL auferlegt wurde. Im Übrigen obliegen die Pflichten nach dem MFL allein dem Unternehmer und damit dem Emittenten bzw. den emissionsbegleitenden Banken602. Eine Haftung für fehlerhafte oder unvollständige Prospekte gemäß § 29 MFL wird von ihren Fürsprechern daher auch in erster Linie zur Begründung einer Haftung des Emittenten selbst herangezogen603. Eine Haftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör wird nach neuer Rechtslage zudem umfassend durch 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL geregelt604.

598 § 29 MFL: „Den som uppsåtligen eller av oaktsamhet bryter mot ett förbud eller ett åläggande som har meddelats med stöd av 14, 15 eller 16 a § eller mot en föreskrift i 5–13 d §§, skall ersätta den skada som därigenom uppkommer för en konsument eller någon annan näringsidkare.“ (Derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig gegen ein Verbot oder eine Verpflichtung auf Grundlage der §§ 14, 15 oder 16 a oder gegen eine Vorschrift der §§ 5 bis 13 d verstößt, hat den Schaden zu ersetzen, der einem Verbraucher oder einem anderen Unternehmer hierdurch entsteht.). 599 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 391 ff.; Olrog von Matérn, JT 1996/97, 1071, 1077 f.; Lindqvist, JT 1996/97, 371, 376 ff. 600 Prop. 1994/95:123 (Ny Marknadsföringslag), S. 164. 601 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 392; Olrog von Matérn, JT 1996/97, 1071, 1078 unter Hinweis auf MD 1985:14 (S. 557, 564); Lindqvist, JT 1996/97, 371, 377 unter Hinweis auf MD 1994:21 (S. 261, 274 f.); (a. A.) Leffler, JT 1997/98, 889, 894. 602 Lindqvist, JT 1996/97, 371, 377 f. 603 Vgl. die Nachweise in Teil 4 B.V. Fn. 601. 604 s. oben Teil 4 B.II.

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VI. Exkurs: Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach dem SkL 1. Einführung und Anwendungsbereich der Haftung nach dem SkL Bis zur Einführung von 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL im Rahmen der Reform des Prospektrechts605 enthielt das schwedische Recht kaum spezialgesetzliche Haftungsvorschriften für fehlerhafte oder unvollständige Angaben in Prospekten. Nur die allgemeine Außenhaftungsvorschrift des 29. Kap. § 1 S. 2 ABL a. F. (29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2 ABL n. F.) bestimmte bisher eine Haftung der Organmitglieder des Emittenten gegenüber geschädigten Aktionären. Danach wurden jedoch nur Verstöße gegen die Prospektbestimmungen des ABL a. F. sanktioniert. Bei Verstößen gegen die bei börsennotierten Aktiengesellschaften stets zu beachtenden Vorschriften des LBC und des LHF konnte eine Haftung nur nach den Bestimmungen des allgemeinen Schadenersatzrechts, insbesondere 2. Kap. § 2 SkL, begründet werden. Durch die Einführung der alle relevanten Prospektvorschriften umfassenden Haftungsbestimmung in 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL im Rahmen der Gesetze zur Reform des Prospektrechts hat sich dies geändert. Hierdurch wurde eine spezialgesetzliche Haftung für alle Verstöße gegen die nunmehr einheitlich im LHF n. F. geregelten Prospektvorschriften sowie die Vorschriften der EU-ProspektVO eingeführt606. Damit steht im Hinblick auf eine Prospekthaftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör eine umfassende spezialgesetzliche Haftungsregelung zur Verfügung. Ein Rückgriff auf die allgemeinen schadenersatzrechtlichen Bestimmungen, insbesondere 2. Kap. § 2 SkL, ist daher nicht mehr erforderlich, soweit es um die Prospekthaftung der Organmitglieder des Emittenten geht. Gemäß 1. Kap. § 1 SkL tritt eine Haftung nach 2. Kap. § 2 SkL, soweit dessen Anwendungsbereich von einer spezialgesetzlichen Regelung überlagert wird, hinter dieser zurück607. Dies gilt umso mehr, als 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL im Verhältnis zu 2. Kap. § 2 SkL erleichterte Anspruchsvoraussetzungen vorsieht. Anders als nach 2. Kap. § 2 SkL tritt eine Haftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL nicht nur bei Vorliegen einer (vorsätzlich) strafbaren Handlungen, sondern bei jedem schuldhaften Verstoß gegen die Prospektbestimmungen des LHF und der EU-ProspektVO ein. Aus Gründen der Vollständigkeit und zur Verdeutlichung, in welchem Umfang der Emittent gegenüber seinen Anlegern für Schäden wegen falscher Bör605

Vgl. SOU 2004:95 (Prospekt); Prop. 2004/05:158 (Prospekt). s. hierzu bereits ausführlich oben Teil 4 B.I.2. 607 Allgemein zum Verhältnis des SkL zu spezialgesetzlichen Haftungsbestimmungen vgl. Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 30 ff. 606

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senprospekte haften würde, wenn man mit der im Vordringen begriffenen Ansicht in der Literatur und den Vorschlägen des Aktiengesellschaftskomitees und der Prospektkommission eine Haftung der Gesellschaft auch gegenüber ihren Aktionären bejahte608, werden im Folgenden auch die Besonderheiten einer Haftung gemäß 2. Kap. § 2 SkL kurz dargestellt. 2. Die Anspruchsgrundlage: 2. Kap. § 2 SkL Anleger erleiden auf Grund der Investitionsentscheidungen, die sie auf Basis falscher Börsenprospekte treffen, in erster Linie Vermögensschäden, die darin bestehen, dass sie Aktien „zu teuer“ erworben oder „zu billig“ veräußert haben. Bei diesen Vermögensschäden handelt es sich um sogenannte reine Vermögensschäden i. S. v. 1. Kap. § 2 SkL. Nach der Legaldefinition in 1. Kap. § 2 SkL handelt es sich bei reinen Vermögensschäden um wirtschaftliche Schäden, die ohne Bezug zu einem Körper- oder Sachschaden eintreten609. Während Personen- und Sachschäden gemäß 2. Kap. § 1 SkL bei schuldhaftem Handeln ohne Einschränkung zu ersetzen sind, wird gemäß 2. Kap. § 2 SkL für reine Vermögensschäden nur dann gehaftet, wenn sie auf der Begehung einer in der Regel vorsätzlichen Straftat (brott) beruhen610. Ein ebenfalls in Betracht kommender Nichtvermögensschaden, der darin besteht, dass der jeweilige Anleger in seiner Willensbildungsfreiheit beeinträchtigt wurde und daher überhaupt Aktien des Emittenten erworben hat611, wird nach schwedischem Recht weder im Rahmen von 29. Kap. § 1 ABL612 noch im Rahmen von 2. Kap. § 2 SkL ersetzt, da es sich nach dem eindeutigen Wortlaut von 1. Kap. § 2 SkL bei dem eingetretenen Schaden um einen wirtschaftlichen, also um einen in Geld messbaren Schaden handeln muss613. 608

s. hierzu ausführlich oben Teil 3 B.III.1. „Med ren förmögenhetsskada förstås i denna lag sådan ekonomisk skada som uppkommer utan samband med att någon lider person- eller sakskada.“ (Unter einem reinen Vermögensschaden im Sinne dieses Gesetzes ist ein solcher wirtschaftlicher Schaden zu verstehen, der ohne Bezug zu einem Körper- oder Sachschaden eintritt). Zum Begriff des reinen Vermögensschadens vgl. auch Nordenson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 88 f.; Bengtsson in: Karnov, SkL, 1. Kap. § 2 Anm. 4; ders. in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 42 f.; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 65 ff.; Ring/Olsen-Ring, Einführung in das skandinavische Recht, Rn. 344; Dufwa, PHi 1984, S. 120 ff. 610 2. Kap. § 2 SkL: „Den som vållar ren förmögenhetsskada genom brott skall ersätta skadan.“ (Derjenige der einen reinen Vermögensschaden durch eine vorsätzliche Straftat verursacht, hat den Schaden zu ersetzen). 611 Vgl. insoweit zur deutschen Rechtslage oben Teil 4 A.II.12. 612 s. hierzu oben Teil 4 B.II.9. 613 Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 42; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 398; Samuelsson, Information och ansvar, S. 282 f.; 287 ff.; Skog in: Hopt/ Voigt, S. 939. 609

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3. Straftat a) „Brott“ Brott i. S. v. 2. Kap. § 2 SkL ist eine Tat nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches (Brottsbalk [1962:700] – BrB) oder eines anderen Gesetzes, die mit Strafe bedroht ist (1. Kap. § 1 BrB) und die, soweit nicht gesetzlich ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, vorsätzlich begangen wird (1. Kap. § 2 BrB). Grundlage eines Schadenersatzanspruchs können daher grundsätzlich alle Straftaten sein, sei es, dass sie im BrB oder in einem Spezialgesetz geregelt sind614. Darüber hinaus muss das jeweilige Strafgesetz gerade den Schutz der Vermögensinteressen des Geschädigten bezwecken615. Die folgenden Straftaten können bei Verstößen gegen die Prospektvorschriften des LHF oder der EU-ProspektVO einschlägig sein616: • Verbreitung irreführender Behauptungen (Svindleri – 9. Kap. § 9 BrB): Danach macht sich strafbar, wer irreführende Angaben öffentlich macht oder sonst in der Öffentlichkeit verbreitet, um den Preis von Waren, Wertpapieren oder anderem Eigentum zu beeinflussen617. • Betrug (Bedrägeri – 9. Kap. § 1 BrB): Danach macht sich strafbar, wer einen anderen mittels Irreführung zu einer Handlung oder Unterlassung veranlasst, die zu einem Gewinn für den Täter und einem Schaden für den Getäuschten oder denjenigen führt, der an seiner Stelle steht618.

614 Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 567; Hellner/Radetzki, Skadeståndsrätt, S. 67 f.; Strömbäck in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 109; Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 58. 615 Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 22, 159 ff.; Karlgren, Skadeståndsrätt, S. 107; Strömbäck in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 109; Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 56, Fn. 2. Zur Normschutzlehre s. ausführlich oben Teil 4 B.II.6.c). 616 Vgl. hierzu af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 107; dies. in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 241, Fn. 6; dies., Ny Juridik 3:99, 64, 76; Olrog von Matérn, JT 1996/97, 1071, 1075; Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 209; Leijonhufvud in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 281 ff. 617 9. Kap. § 9 BrB: „Den som offentliggör eller eljest bland allmänheten sprider vilseledande uppgift för att påverka priset på vara, värdepapper eller annan egendom, döms för svindleri till fängelse i högst två år eller, om brottet är ringa, till böter eller fängelse i högst sex månader.“ s. hierzu RH 1990:102 (Fermenta); RH 1997:82 (Invent); Prop. 2004/05:142 (Marknadsmissbruk), S. 70 f.; af Sandeberg in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 241 f.; dies., JT 2007, Jubileum, 125, 126; Leijonhufvud in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 290 f.; Samuelsson, Information och ansvar, S. 208 ff. 618 9. Kap. § 1 BrB: „Den som medelst vilseledande förmår någon till handling eller underlåtenhet, som innebär vinning för gärningsmannen och skada för den vilseledde eller någon i vars ställe denne är, dömes för bedrägeri till fängelse i högst två år.“ Vgl. hierzu Leijonhufvud in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 286 f.

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• Unrichtige Beurkundung (Osant intygande – 15. Kap. § 11 BrB). Danach macht sich strafbar, wer in einem Zeugnis oder einer anderen Urkunde unrichtige Angaben über seine Identität oder über andere Umstände als eigene Angelegenheiten macht, oder wer einem anderen zum Schein eine Urkunde über Rechtsverhältnisse ausstellt, wenn die Handlung eine Gefahr für die Beweisführung darstellt619. • Ungebührliche Marktbeeinflussung (Otillbörlig marknadspåverkan – § 8 Gesetz über Strafe für Marktmissbrauch beim Handel mit Finanzinstrumenten [Lag (2005:377) om straff för marknadsmissbruk vid handel med finansiella instrument]). Danach macht sich strafbar, wer beim Handel am Wertpapiermarkt oder sonst auf eine Weise verfährt, die geeignet ist, den Marktpreis oder andere Bedingungen für den Handel mit Finanzinstrumenten ungebührlich zu beeinflussen oder auf andere Weise den Erwerber oder den Verkäufer solcher Finanzinstrumente irrezuführen, obwohl der Täter dies erkannt hat oder hätte erkennen müssen620. b) Erweiterung der Haftung auf andere als durch Straftaten verursachte Schäden aa) Einführung Nach dem Wortlaut von 2. Kap. § 2 SkL sind die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Haftung grundsätzlich klar umschrieben. Gehaftet wird danach für reine Vermögensschäden nur dann, wenn der Schaden auf „brott“, also auf einer in der Regel vorsätzlichen, strafbaren Handlung beruht. In der Rechtsprechung und Literatur wird jedoch diskutiert, ob eine Haftung für reine Vermö619 15. Kap. § 11 BrB: „Lämnar någon i intyg eller annan urkund osann uppgift om vem han är eller om annat än egna angelägenheter eller upprättar någon för skens skull urkund rörande rättshandling, dömes, om åtgärden innebär fara i bevishänseende, för osant intygande till böter eller fängelse i högst sex månader.“ 620 § 8 Lag (2005:377) om straff för marknadsmissbruk vid handel med finansiella instrument: „Den som vid handel på värdepappersmarknaden eller annars förfar på ett sätt som han eller hon inser är ägnat att otillbörligen påverka marknadspriset eller andra villkor för handeln med finansiella instrument eller på annat sätt vilseleda köpare eller säljare av sådana instrument, döms för otillbörlig marknadspåverkan till fängelse i högst två år eller, om brottet är ringa, till böter eller fängelse i högst sex månader. För otillbörlig marknadspåverkan döms också den som vid handel på värdepappersmarknaden eller annars förfar på ett sätt som han eller hon borde inse är ägnat att påverka eller vilseleda på sätt som anges i första stycket. I dessa fall döms till böter eller fängelse i högst ett år. Om gärningen är ringa döms inte till ansvar.“ Vgl. hierzu Prop. 2004/05:142 (Marknadsmissbruk), S. 68 ff., 166 ff. af Sandeberg in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 293 ff., 299 f. Zur Vorgängerregelung in § 9 Insiderstrafgesetzbuch (Insiderstrafflag [2000:1086]) vor Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie (Richtlinie 2003/6/EG) vgl. dies., Marknadsmissbruk, S. 109 ff., 127 ff.

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gensschäden im Einzelfall auch dann in Betracht kommen kann, wenn der Schaden nicht auf einer strafbaren Handlung beruht oder der Täter nur fahrlässig gehandelt hat. Diese Bestrebungen beruhen darauf, dass eine Beschränkung der Haftung für Vermögensschäden auf in der Regel vorsätzlich strafbare Handlungen als zu eng angesehen wird621. bb) Gesetzesbegründung Auslöser der Diskussion um eine Erweiterung der Haftung waren neben der vor Inkrafttreten des SkL bestehenden Rechtsprechungspraxis die Ausführungen des Gesetzgebers in den Vorarbeiten zu 2. Kap. § 2 SkL (früher 2. Kap. § 4 SkL). Darin hatte der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Vorschrift keinerlei Hindernis für eine Weiterentwicklung durch die Rechtsprechung hin zu einer über den Wortlaut hinausgehenden Haftung für reine Vermögensschäden darstellt. Zudem sei aus 2. Kap. § 2 SkL keinesfalls der Umkehrschluss zu ziehen, dass eine Haftung für reine Vermögensschäden stets ausgeschlossen ist, wenn Ursache für den Schaden keine strafbare Handlung war622. Insgesamt stellt das SkL ein Rahmengesetz dar. Es regelt das außervertragliche Schadenersatzrecht nicht abschließend623. Durch das SkL werden nur einzelne schadenersatzrechtliche Prinzipien aufgestellt, die durch andere, nicht kodifizierte, sogenannte allgemeine schadenersatzrechtliche Grundsätze (allmänna skadeståndsrättsliga grundsatser) – wie etwa dem Grundsatz adäquater Kausalität – ergänzt werden624. Mit der nach dem Wortlaut von 2. Kap. § 2 SkL Gesetz gewordenen Beschränkung der Haftung auf Schäden, die durch eine vorsätzliche Straftat verursacht wurden, sollte daher nur eine Grundregel aufgestellt werden, um keine uferlose Ausweitung der Haftung für Vermögensschäden im täglichen Leben herbeizuführen625. Darüber hinaus sollte es der Rechtsprechung obliegen, zu entscheiden, ob und in welchem Ausmaß in anderen Fällen Scha621 Für einen ausführlichen Überblick zum Meinungsstand vgl. af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 143 ff. 622 Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 455, 568. Vgl. hierzu auch Nordenson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 79; Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 57 f.; Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 231; Samuelsson, Information och ansvar, S. 267; Dufwa in: FS Sveriges Advokatsamfund, S. 173, 204 ff.; Skog in: Hopt/Voigt, S. 939; v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht, § 3 Rn. 245. 623 Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 448; Nordenson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 78 f.; Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 19 ff., 30 ff.; Kleineman, JT 1989/90, 650. 624 Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 448; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 137 ff.; Nordenson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 82 f.; Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 30, 35 ff. 625 Nordenson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 22, 58; Lindqvist, JT 1996/97, 371, 374. Dies entspricht dem sog. „flood-gate“-Argument aus dem angelsächsischen Recht. Vgl. hierzu bereits oben Teil 4 B.II.5.b).

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denersatz für reine Vermögensschäden zu gewähren ist626. Insgesamt sollte durch die Einführung von 2. Kap. § 2 SkL keine Änderung der vor ihrem Inkrafttreten geltenden Rechtslage eintreten627. Vor Inkrafttreten des SkL bestand jedoch kein Zweifel darüber, dass eine Haftung für reine Vermögensschäden auch in Fällen eintreten kann, in denen der Schaden nicht durch eine vorsätzlich strafbare Handlung verursacht wurde628. cc) Rechtsprechung Trotz dieser klaren Aussagen in der Regierungsbegründung zum SkL neigte die Rechtssprechung nach Inkrafttreten des SkL dazu, Schadenersatz für reine Vermögensschäden nur dann zuzusprechen, wenn der Schädigung eine strafbare Handlung zu Grunde lag oder ein Spezialgesetz den Ersatz reiner Vermögensschäden ausdrücklich auch ohne Vorliegen einer vorsätzlichen, strafbaren Handlung zuließ. In den Entscheidungen des Höchsten Gerichtshofs ist allerdings keine einheitliche Linie zu erkennen. Vielmehr handelte es sich weitgehend um Einzelfallentscheidungen629. Zum Teil hat der Höchste Gerichtshof eine Gewährung von Schadenersatz für reine Vermögensschäden über den Wortlaut von 2. Kap. § 2 SkL hinaus gänzlich abgelehnt630. Teilweise hat er eine Schadenersatzverpflichtung bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zumindest im Grundsatz ausgeschlossen631. In jüngerer Zeit ist jedoch eine deutlich zunehmende Bereitschaft des Höchsten Gerichtshofs zu erkennen, eine Haftung für reine Vermögensschäden auch 626 Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 568; vgl. auch Nordenson in: Bengtsson/Nordenson/Strömbäck, Skadestånd, S. 79 f.; Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 57. 627 Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 568. 628 HD, NJA 1928, 621, HD, NJA 1943, 370; vgl. auch Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 139, 201 ff., 206 ff. mit einer ausführlichen Rechtsprechungsübersicht. 629 Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 247; ders., JT 1989/90, 650. 630 Vgl. hierzu u. a. HD, NJA 1985, 143, 152. Hierin stellte der Höchste Gerichtshof ausdrücklich fest: „Enligt Skadeståndslagen (se närmast 2 kap. 4 §) kann ersättning för ren förmögenhetsskada utanför kontraktsförhållanden utgå endast när skadan vållats genom brott.“ (Nach dem Schadenersatzgesetz [siehe insbesondere 2. Kap. § 4] kann Ersatz für reine Vermögensschäden außerhalb von Vertragsverhältnissen nur dann gewährt werden, wenn der Schaden durch eine vorsätzliche Straftat verursacht wurde). Vgl. hierzu auch SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 23 f., 77; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 243 ff., 247 f.; Bernitz in: FS Hellner, S. 119. 631 Vgl. hierzu u. a. HD, NJA 1976, 282, 287. Darin stellte der Höchste Gerichtshof fest: „Ren förmögenhetsskada skall enligt 2 Kap. 4 § skadeståndslagen ersättas om den vållats genom brott. För att skadan skall vara ersättningsgill i annat fall krävs – bortsett från kontraktsförhålanden – i princip stöd i lag.“ (Reine Vermögensschäden sind gemäß 2. Kap. § 4 Schadenersatzgesetz zu ersetzen, wenn sie durch eine vorsätzlich strafbare Handlung verursacht wurden. Damit ein solcher Schaden in anderen Fällen ersatzfähig ist, ist – abgesehen von Vertragsverhältnissen – im Prinzip eine Stütze im Gesetz erforderlich). Vgl. hierzu auch SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 23 f., 77; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 243 ff.; Bernitz in: FS Hellner, S. 119.

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in Fällen zu bejahen, in denen keine strafbare Handlung vorliegt632. Diese Entwicklung hat seinen Höhepunkt bislang in der Entscheidung HD, NJA 2005, 608 ff. (Hamburgerrestauranger) gefunden. Darin hat der Höchste Gerichtshof ausdrücklich auf die Regierungsbegründung zum SkL und seine bisherige Rechtsprechung Bezug genommen und eine Haftung für reine Vermögensschäden bejaht, obwohl es an einer vorsätzlich strafbaren Handlung fehlte633. dd) Literatur In der Literatur besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass eine Ausweitung der Haftung auf andere Fälle als solche, in denen der Schaden auf einer vorsätzlichen, strafbaren Handlung beruht, möglich sein sollte. Hierzu wird in der Literatur weitgehend auf die Gesetzesbegründung Bezug genommen, aus der sich ausdrücklich ergibt, dass eine Beschränkung der Haftung auf Schäden, die durch eine vorsätzliche, strafbare Handlung verursacht wurden, durch die Einführung von 2. Kap. § 2 SkL nicht beabsichtigt war634. Gleichzeitig wird jedoch erkannt, dass eine Haftung nicht unbegrenzt erweitert werden darf, damit der Kreis der Ersatzberechtigten und die Höhe der zu ersetzenden Schäden nicht zu groß wird635. Umstritten sind jedoch die Voraussetzungen für eine Begrenzung des Schadenersatzes für reine Vermögensschäden636. 632 HD, NJA 1987, 692, 702 f. (Kone); HD, NJA 1996, 700, 702; HD, NJA 1998, 520, 521; HD, NJA 2001, 878, 883 (Ljungquist); HD, NJA 2005, 608, 639 f. (Hamburgerrestauranger). Vgl. hierzu auch SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 23 f.; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 201 ff.; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 106 ff., 126 f.; dies., Ny Juridik 3:99, 64, 77; Olrog von Matérn, JT 1996/97, 1071, 1075; Samuelsson, Information och ansvar, S. 267; Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 57 f.; Bernitz, JT 2005/06, 620, 623 ff. und passim. 633 Auf S. 639 der Entscheidung stellt der HD fest: „Bestämmelsen i 2 kap. 2 § skadeståndslagen är inte avsedd att tolkas motsatsvis så att det inte skulle vara möjligt att ålägga skadestånd för ren förmögenhetsskada utanför de lagreglerade områdena, om skadan inte orsakats genom brott eller uppkommit i ett avtalsförhållande. I motiven till skadeståndslagen sägs tvärtom att lagstiftningen inte är avsedd att utgöra hinder för en rättsutveckling genom praxis i riktning mot ett vidgat ansvar för ren förmögenhetsskada“ (Die Bestimmung in 2. Kap. § 2 Schadenersatzgesetz ist nicht dazu bestimmt, in einem Umkehrschluss so ausgelegt zu werden, dass es ausgeschlossen wäre, außerhalb von gesetzlich geregelten Bereichen eine Verpflichtung zum Ersatz von reinen Vermögensschäden auszusprechen, wenn der Schaden nicht durch eine vorsätzlich strafbare Handlung verursacht wurde oder im Rahmen eines Vertragsverhältnisses entstanden ist). Vgl. hierzu auch Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 57 f.; Bernitz, JT 2005/06, 620, 623 ff. und passim. 634 s. die Nachweise vorstehend in Fn. 632 und 633. 635 Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 133 ff., 136 ff.; Bernitz, JT 2005/06, 620, 627 f.; Karlgren, Skadeståndsrätt, S. 23; Lindqvist, JT 1996/97, 371, 374; vgl. auch af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 126 f., 143 ff.; Olrog von Matérn, JT 1996/ 97, 1071, 1076. 636 Vgl. hierzu ausführlich oben Teil 4 B.II.5.b). Nach Ansicht von Kleineman soll die Normschutzlehre nicht nur der Begrenzung von Schadenersatzansprüchen dienen.

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4. Die Haftenden Der Kreis der Haftenden wird durch 2. Kap. § 2 SkL nicht näher bestimmt. Vielmehr haftet danach jeder, der einem anderen einen reinen Vermögensschaden zugefügt hat. Der Kreis der möglichen Haftungsverpflichteten ist daher wesentlich größer als derjenige nach 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL, der auf die Gründer, die Mitglieder der styrelse, den verkställande direktör und die Wirtschaftsprüfer der Gesellschaft beschränkt ist. Gemäß 2. Kap. § 2 SkL kommt darüber hinaus grundsätzlich auch eine Haftung der emissionsbegleitenden Banken und Berater des Emittenten in Betracht637. 5. Verschulden und die weiteren Tatbestandsmerkmale Gehaftet wird auch gemäß 2. Kap. § 2 SkL nur für schuldhaftes Handeln638. Wie aus der Definition in 1. Kap. § 2 BrB deutlich wird, setzt der Begriff „brott“ bereits tatbestandlich Vorsatz voraus, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist639. Dies bedeutet, dass auch im Hinblick auf die Begründung eines Schadenersatzanspruchs nach 2. Kap. § 2 SkL regelmäßig Vorsatz erforderlich ist. Im Übrigen gilt das oben zur Haftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL zum Verschulden und zu den übrigen Haftungsvoraussetzungen Gesagte für eine Haftung gemäß 2. Kap. § 2 SkL entsprechend640.

Vielmehr soll hierdurch der Anwendungsbereich von Schadenersatznormen sowie von anderen Gebotsnormen, die dem Schutz der Interessen einzelner Personen dienen, aber keine ausdrückliche Haftungssanktion vorsehen, auch erweitert werden können (Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 289, 315 f.; [a. A., Tatbestandsmerkmal des schützenswerten Interesses dient der Begrenzung von Schadenersatzansprüchen] Dufwa in: FS Sveriges Advokatsamfund, S. 173, 175; zweifelnd auch af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 150; Cappelen-Smith, SvJT 1996, 206, 231. Vgl. auch Dotevall, Skadeståndsansvar för Styrelseledamot och VD, S. 450 ff.; H. Andersson, Skyddsändamål och adekvans, S. 154). 637 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 106, 338 ff., 369 ff.; dies., NTS 2001:4, 417, 426 ff.; Deuschl, JT 1999/00, 269, 275; vgl. auch SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 85 ff., 91. Je nachdem, welche Aufgaben ein Emissionsbegleiter übernommen hat, soll statt einer außervertraglichen Haftung gemäß 2. Kap. § 2 SkL auch eine vertragsrechtliche Haftung nach den Bestimmungen des KöpL in Betracht kommen (af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 338 ff.; dies., NTS 2001:4, 417, 426). 638 af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 116; Ring/Olsen-Ring, Einführung in das skandinavische Recht, Rn. 349. 639 „En gärning skall, om inte annat är särskilt föreskrivet, anses som brott endast då den begås uppsåtligen.“ (Eine Tat ist, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist, nur dann als ,brott‘ anzusehen, wenn sie vorsätzlich begangen wird). 640 s. oben Teil 4 B.II.

C. Zusammenfassung, Vergleich und Stellungnahme

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C. Zusammenfassung, Vergleich und Stellungnahme I. Zusammenfassung 1. Deutschland a) Einführung Nach deutschem Recht ergibt sich eine Haftung für fehlerhafte oder unvollständige Börsenprospekte in erster Linie aus den §§ 44 ff. BörsG. Danach haften jedoch in erster Linie der Emittent und die emissionsbegleitenden Banken. Die Mitglieder des Vorstands haften danach nur in bestimmten Einzelfällen. Konkurrierend neben der spezialgesetzlichen Börsenprospekthaftung kommt eine Haftung der Vorstandsmitglieder des Emittenten nach den allgemeinen deliktsrechtlichen Bestimmungen des BGB, namentlich den §§ 823 Abs. 2, 826 BGB, in Betracht. Zwar ist gemäß § 47 Abs. 2 BörsG im Anwendungsbereich der §§ 44 ff. BörsG auch eine Haftung aus Vertrag und c.i.c. zulässig, sie scheidet jedoch hinsichtlich der Vorstandsmitglieder regelmäßig aus, da es sowohl an einem Vertragsverhältnis zwischen den Vorstandsmitgliedern und den geschädigten Anlegern als auch an der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens durch die Vorstandsmitglieder fehlt. b) Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach dem BörsG Die Rechtsnatur Die Rechtsnatur der börsengesetzlichen Prospekthaftung ist in der deutschen Literatur stark umstritten. Nach der zutreffenden herrschenden Ansicht in der Literatur ist sie als Vertrauenshaftung einzuordnen. Die Haftenden Adressaten der Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG sind in erster Linie der Emittent und die emissionsbegleitenden Banken als diejenigen Personen, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben (§ 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BörsG). Eine Haftung der Vorstandsmitglieder kommt hiernach nur ausnahmsweise in Betracht, wenn sie im Prospekt ausdrücklich als Prospektverantwortliche benannt sind. Eine Haftung der Vorstandsmitglieder gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG als tatsächliche Urheber des Prospekts ist nur dann möglich, wenn sie mit der Emission ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgen. Das Haftungsobjekt Die §§ 44 ff. BörsG knüpfen eine Haftung unmittelbar an die Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit von Börsenprospekten, auf deren Grundlage die emittierten Wertpapiere zum Börsenhandel zugelassen wurden. Daneben werden als

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Teil 4: Die Börsenprospekthaftung

Haftungsobjekt auch sogenannte gleichgestellte schriftliche Darstellungen erfasst, durch deren Veröffentlichung der Emittent von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts befreit wurde. Dabei handelt es sich um Dokumente i. S. v. § 4 Abs. 2 Nr. 3 und 4 WpPG, deren Angaben denen eines Prospekts gleichwertig sind. Die Anforderungen an die Form und den Inhalt eines Börsenprospekts ergeben sich aus den Bestimmungen des WpPG i.V. m. der EUProspektVO. Werden Dokumente durch Verweis i. S. v. § 11 WpPG in einen Prospekt einbezogen, erstreckt sich die Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG auch auf diese Dokumente. Mittels anderer Kommunikationsmittel veröffentlichte Informationen, insbesondere mündliche Aussagen oder Angaben in Werbebroschüren werden grundsätzlich nicht von der börsengesetzlichen Prospekthaftung erfasst. Eine Prospekthaftung für solche Angaben ergibt sich nur dann, wenn gemäß § 15 Abs. 5 S. 2 WpPG eine Verpflichtung besteht, diese Informationen in den Börsenprospekt oder einen Nachtrag hierzu aufzunehmen und dieser Verpflichtung nicht entsprochen wurde oder die aufgenommenen Informationen unrichtig sind. Prospektmangel Ein Prospektmangel i. S. v. § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG liegt vor, wenn in einem Börsenprospekt wesentliche Angaben unrichtig oder unvollständig sind. Wesentlich sind gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 WpPG alle Angaben, die das Urteil des Anlagepublikums über die Aktien und den Emittenten beeinflussen können. Ein Prospektmangel kann sich sowohl aus der Fehlerhaftigkeit von einzelnen Tatsachen oder Prognosen als auch aus einem falschen Gesamteindruck ergeben. Wegen des neben den Grundsätzen der Prospektwahrheit und -klarheit bestehenden Grundsatzes der Prospektaktualität sind gemäß § 16 Abs. 1 WpPG jeder wichtige neue Umstand und jede wesentliche Unrichtigkeit in den Prospektangaben, die zwischen Billigung des Prospekts und Einführung der Aktien in den Handel entstanden sind und die die Beurteilung der Wertpapiere beeinflussen können, in einen Nachtrag zum Prospekt aufzunehmen. Ist dieser unrichtig oder unvollständig, kann sich ebenfalls eine Haftung aus §§ 44 ff. BörsG ergeben. Die Frage, ob ein Prospekt richtig und vollständig ist, ist aus Sicht des relevanten Anlegerhorizonts zu beurteilen. Nach der hier vertretenen Ansicht ist dabei auf einen differenzierenden Anlegerhorizont abzustellen. Danach ist hinsichtlich der Zusammenfassung des Prospekts und der Beschreibung der Risikofaktoren sowie der Geschäftstätigkeit des Emittenten auf den Horizont eines durchschnittlich verständigen Anlegers abzustellen. Hinsichtlich der im Prospekt enthaltenen Finanzinformationen ist hingegen auf den Verständnishorizont professioneller Anleger abzustellen.

C. Zusammenfassung, Vergleich und Stellungnahme

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Die Anspruchsberechtigten Anspruchsberechtigt sind gemäß §§ 44 ff. BörsG sowohl Ersterwerber als auch sogenannte Zweit- oder Folgeerwerber. Gleichgestellt sind zudem die Erwerber sogenannter alter Stücke mit gleicher Ausstattung, d.h., Aktien, die aus einer vorangegangenen Emission stammen und die weder nach Ausstattungsmerkmalen noch in anderer Weise von den neuemittierten Aktien unterschieden werden können (§ 45 Abs. 1 S. 3 BörsG). Erwerbszeitpunkt, Entgeltlichkeit des Erwerbs und Inlandsbezug Die börsengesetzliche Prospekthaftung ist beschränkt auf den Erwerb von Aktien innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten nach erstmaliger Einführung der Aktien zum Handel an einer deutschen Börse. Dabei ist auf den Zeitpunkt des Erwerbsgeschäfts abzustellen. Eine Haftung gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG ist nach dem Wortlaut des Gesetzes zudem nur möglich, wenn der Erwerb der Wertpapiere entgeltlich erfolgte. Auch kann kein Ersatz für Schäden verlangt werden, die einem Anleger dadurch entstanden sind, dass er bereits in seinem Besitz befindliche Aktien auf Grund der falschen Prospektangaben nicht veräußert hat. Schließlich kommt eine Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG nur im Hinblick auf solche Erwerbsgeschäfte in Betracht, die im Inland abgeschlossen wurden oder denen inländische Wertpapierdienstleistungen zugrunde lagen. Ausschließlich im Heimatstaat eines ausländischen Emittenten vorgenommene Erwerbsvorgänge unterliegen einer Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG nicht. Kausalität Entsprechend den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen setzt eine Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG das Vorliegen der haftungsbegründenden und haftungsausfüllenden Kausalität voraus. Erforderlich ist deshalb, dass die Veröffentlichung des unrichtigen oder unvollständigen Prospekts für den Erwerb der Aktien durch den jeweiligen Anleger und für den konkret eingetretenen Schaden ursächlich war. Die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität werden gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BörsG zugunsten der geschädigten Anleger vermutet. Zudem wird die Vermutung der haftungsbegründenden Kausalität durch die Annahme einer durch den Börsenprospekt erzeugten allgemeinen Anlagestimmung ergänzt. Das Vorliegen der haftungsbegründenden Kausalität ist daher auch dann zu bejahen, wenn der Anleger den Prospekt tatsächlich nicht gelesen hat, sondern seine Anlageentscheidung z. B. auf Informationen der Finanzintermediäre gestützt hat. Den Haftungsschuldnern steht jedoch der Beweis des Gegenteils offen.

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Die haftungsausfüllende Kausalität wird beschränkt durch die Adäquanztheorie und die Schutzzwecklehre. Von einer Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG sind daher solche Schäden nicht erfasst, die nach allgemeiner Lebenserfahrung so entfernt liegen, dass sie vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden können. Zudem werden nur Schäden ersetzt, vor denen die Prospektpflicht die Anleger gerade schützen soll. Verschulden Gehaftet wird gemäß § 45 Abs. 1 BörsG für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Ebenso wie das Vorliegen der Kausalität wird auch das Verschulden der Haftungsadressaten zugunsten der Anleger vermutet. Mitverschulden Gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 3 BörsG ist ein Schadenersatzanspruch ausgeschlossen, wenn der Erwerber die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Prospektangaben beim Erwerb kannte. Nach der hier vertretenen Ansicht ist der Mitverschuldenseinwand aus § 254 BGB darüber hinaus im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität zu berücksichtigen. Den Geschädigten trifft daher eine Obliegenheit, den Umfang des Schadens zu begrenzen. Hieraus ergibt sich allerdings weder eine Verkaufs- noch eine Anzeigeobliegenheit des Geschädigten. Art und Umfang des Ersatzes Ein geschädigter Anleger hat gemäß §§ 44 ff. BörsG einen Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses. Ihm steht dabei in erster Linie ein Anspruch auf Naturalrestitution zu. Ist der Anspruchsteller zum Zeitpunkt der Anspruchsverfolgung noch Inhaber der Aktien, steht ihm gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG ein Anspruch auf Ersatz des Vertragsabschlussschadens zu. Er kann daher vom Ersatzpflichtigen die Erstattung des Erwerbspreises und der damit verbundenen üblichen Kosten Zug um Zug gegen Rückgabe der Wertpapiere verlangen. Dabei ist die Haftung der Höhe nach durch den Emissionspreis begrenzt. Einen Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens kann er gemäß § 44 Abs. 2 BörsG nur dann geltend machen, wenn er die Aktien bereits veräußert hat. Entgangener Gewinn i. S. v. § 252 BGB wird nicht ersetzt. Gesamtschuldnerische Haftung Alle Prospektverantwortlichen haften gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG als Gesamtschuldner i. S. v. § 421 BGB für das ihnen persönlich zur Last fallende Verschulden. Untereinander stehen den gesamtschuldnerisch haftenden Organmitgliedern Ausgleichsansprüche gemäß § 426 Abs. 1 und 2 BGB zu. Verjährung Die börsengesetzlichen Prospekthaftungsansprüche verjähren gemäß § 46 BörsG in einem Jahr ab Kenntnis von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit

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der Prospektangaben, spätestens jedoch in drei Jahren nach der Veröffentlichung des Prospekts. Haftungsbeschränkungen Gemäß § 47 BörsG sind Vereinbarungen, durch die Ansprüche gemäß § 44 Abs. 1 BörsG im Voraus ermäßigt oder erlassen werden, unabhängig vom Grad des Verschuldens unwirksam. Unberührt hiervon bleiben Ansprüche nach anderen Anspruchsgrundlagen sowie nachträglich getroffene Vereinbarungen. Haftungsfreizeichnungsklauseln in Börsenprospekten werden von der Rechtsprechung als unzulässig angesehen. Freistellungsvereinbarungen zwischen Vorstandsmitgliedern und dem Emittenten entfalten Wirkungen nur zwischen diesen. Sie haben keine Auswirkungen auf die Ansprüche von Anlegern. Da die Verletzung der Prospektpflichten in der Regel zugleich eine Verletzung der allgemeinen Sorgfaltspflicht gegenüber der Gesellschaft darstellt, sind im Vorhinein abgegebene Freistellungserklärungen des Emittenten grundsätzlich unwirksam. Nachträgliche Freistellungsvereinbarungen sind nur in den engen Grenzen von § 93 Abs. 4 S. 3 AktG möglich. c) Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach Deliktsrecht Neben der börsengesetzlichen Prospekthaftung kommt eine Haftung für falsche Börsenprospekte auch aus allgemeinem Deliktsrecht in Betracht. Anders als die Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG richtet sich die deliktische Haftung nicht in erster Linie gegen den Emittenten und die emissionsbegleitenden Banken, sondern erfasst vor allem die Mitglieder der Leitungsorgane des Emittenten. Eine deliktische Prospekthaftung ergibt sich insbesondere aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. einem Schutzgesetz bzw. aus § 826 BGB wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung. Im Zusammenhang mit einer Haftung für falsche Börsenprospekte kommen als Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB vor allem § 400 AktG (unrichtige Darstellung), § 264a StGB (Kapitalanlagebetrug) und § 263 StGB (Betrug) in Betracht. Die Haftungsadressaten Der Kreis möglicher Haftungsadressaten eines Ersatzanspruchs gemäß § 823 Abs. 2 BGB ist abhängig vom Schutzbereich des jeweiligen Schutzgesetzes. Das Sonderdelikt des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG kann nur durch Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats bzw. Abwickler der Gesellschaft begangen werden. Die §§ 264a, 263 StGB richten sich hingegen gegen einen größeren Kreis von Tätern. Haftungsadressat gemäß § 826 BGB ist jeder, der die Vermögensinteressen der Anleger verletzt hat; dies betrifft in dem hier untersuchten Zusammenhang insbesondere die Mitglieder der Leitungsorgane.

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Das Haftungsobjekt Das Haftungsobjekt richtet sich im Rahmen von § 823 Abs. 2 BGB nach dem Schutzbereich des jeweiligen Schutzgesetzes. Während § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG und § 264a StGB zumindest in einer Tatbestandsalternative den gesamten Börsenprospekt als Schutzgut erfassen, werden durch § 263 StGB nur Tatsachen, nicht hingegen auch falsche Werturteile oder Prognosen geschützt. Über Börsenprospekte hinaus erfasst insbesondere § 264a StGB unter bestimmten Umständen auch sonstige Informationsbroschüren, die im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren veröffentlicht werden, sowie schriftliche und mündliche Präsentationen über die finanzielle Lage des Emittenten. Da § 826 BGB das gesamte Vermögen des Geschädigten schützt, ohne dass es auf die Verletzung eines konkreten Schutzgesetzes ankommt, wird von § 826 BGB die Veröffentlichung falscher Informationen sowohl durch Börsenprospekte als auch durch andere Kommunikationsmedien erfasst. Die Anspruchsberechtigten § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. den genannten Schutzgesetzen dient ebenso wie § 826 (auch) dem Schutz künftiger und gegenwärtiger Anleger. Verschulden Da eine deliktische Haftung gemäß § 47 Abs. 2, 2. Alt. BörsG mit der börsengesetzlichen Prospekthaftung nur konkurriert, wenn die unerlaubte Handlung vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen wurde, setzt eine Haftung für falsche Börsenprospekte gemäß § 823 Abs. 2 BGB bzw. § 826 BGB mindestens Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit voraus. Der Grad des konrket erforderlichen Verschuldens richtet sich nach den Anforderungen des jeweiligen Schutzgesetzes. Sittenwidrigkeit im Rahmen von § 826 BGB Für eine Haftung gemäß § 826 BGB ist zudem erforderlich, dass der Täter sittenwidrig gehandelt hat. Kausalität Auch für eine deliktische Haftung ist das Vorliegen der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität erforderlich. Anders als im Rahmen der §§ 44 ff. BörsG wird sie nicht zugunsten der Anleger vermutet, sondern ist von diesen darzulegen und zu beweisen. In Anlehnung an die Rechtsprechung vor Einführung der gesetzlichen Beweislastumkehr in § 45 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG ist jedoch die Annahme einer allgemeinen Anlagestimmung auch auf die deliktische Haftung zu übertragen.

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Art und Umfang des Ersatzes Art und Umfang des Ersatzes richten sich im Rahmen der deliktischen Haftung nach den §§ 249 ff. BGB. Den Anlegern ist daher unabhängig davon, ob sie noch im Besitz der Aktien sind, nach ihrer Wahl entweder der Nichtvermögensschaden in Form des Vertragsabschlussschadens oder der auf das negative Interesse beschränkte Vermögensschaden in Form des Differenzschadens zu ersetzen. Mitverschulden und gesamtschuldnerische Haftung Hinsichtlich eines etwaigen Mitverschuldens und einer gesamtschuldnerischen Haftung gilt im Ergebnis das Gleiche wie im Rahmen der §§ 44 ff. BörsG. Verjährung Deliktische Ersatzansprüche verjähren nach den allgemeinen Bestimmungen des BGB innerhalb von drei Jahren seit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Anleger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste, spätestens jedoch nach zehn bzw. 30 Jahren. Haftungsbeschränkungen Eine im Voraus vereinbarte Haftungsbeschränkung ist im Rahmen einer vorsätzlichen deliktischen Haftung für falsche Börsenprospekte gemäß § 276 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Im Übrigen gilt das Gleiche wie im Rahmen der §§ 44 ff. BörsG. 2. Schweden a) Einführung Nach schwedischem Recht ergibt sich eine Haftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör für fehlerhafte oder unvollständige Börsenprospekte in erster Linie aus 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL. Eine Haftung des Emittenten oder der emissionsbegleitenden Banken kommt danach nicht in Betracht. Neben dieser spezialgesetzlichen Norm kommt zwar grundsätzlich auch eine Haftung aus Vertrag und aus culpa in contrahendo in Betracht. Eine Haftung aus Vertrag scheidet jedoch in der Regel ebenso wie nach deutschem Recht bereits deshalb aus, weil es an einem Vertragsverhältnis zwischen den Mitgliedern der styrelse bzw. dem verkställande direktör und den geschädigten Anlegern fehlt. Eine Haftung aus culpa in contrahendo kommt nach schwedischem Recht nur hinsichtlich der Vertragspartner eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses in Betracht. An einem solchen fehlt es bei der Emission von Aktien jedoch im Verhältnis zu den Mitgliedern der Leitungsorgane des Emittenten, so dass auch

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eine Haftung aus culpa in contrahendo ausscheidet. Soweit eine Haftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör darüber hinaus auch nach den Bestimmungen des MFL in Betracht kommt, wird sie vollständig durch 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL n. F. überlagert. Eine Haftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör aus 2. Kap. § 2 SkL wird gemäß 1. Kap. § 1 SkL umfassend durch 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL n. F. verdrängt. Ein Anwendungsbereich verbleibt ihr nach neuer Rechtslage nur hinsichtlich einer Haftung der emissionsbegleitenden Banken und des Emittenten, sofern eine solche für zulässig erachtet wird.

b) Die Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte nach dem ABL i.V. m. dem LHF Die Rechtsnatur Die spezialgesetzliche Prospekthaftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL wird nach allgemeiner Ansicht als außervertragliche Haftung für reine Vermögensschäden eingeordnet. Die Haftenden Adressaten einer Haftung nach 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL sind gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2 ABL die Gründer der Gesellschaft, die Mitglieder der styrelse und der verkställande direktör. Über den Verweis in 29. Kap. § 2 S. 1 ABL erstreckt sich die Haftung zudem auf die Wirtschaftsprüfer des Emittenten. Eine Haftung des Emittenten oder der emissionsbegleitenden Banken kommt nach 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL nicht in Betracht. Das Haftungsobjekt 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL knüpft eine Haftung an einen Verstoß gegen die Bestimmungen des 2. Kap. LHF und der EU-ProspektVO und damit an die Veröffentlichung fehlerhafter oder unvollständiger Börsenprospekte. Neben Börsenprospekten erfasst 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL aber auch Dokumente, bei deren Veröffentlichung eine Befreiung von der Prospektpflicht eintritt. Die Form und der Inhalt eines Börsenprospekts richten sich im Einzelnen nach den Bestimmungen des 2. Kap. LHF i.V. m. der EU-ProspektVO. Werden Dokumente durch Verweis i. S. v. 2. Kap. § 20 LHF in einen Prospekt einbezogen, erstreckt sich die Haftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL auch auf diese Dokumente. Mittels anderer Kommunikationsmittel veröffentlichte Informationen, insbesondere mündliche Aussagen oder Angaben in Werbebroschüren werden grundsätzlich nicht von der Prospekthaftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL erfasst. Eine Prospekthaftung für solche Angaben ergibt sich nur dann, wenn gemäß 2. Kap. § 33 Abs. 2 LHF eine Verpflichtung besteht,

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diese Informationen in den Börsenprospekt oder einen Nachtrag hierzu aufzunehmen. Prospektmangel Ein Prospektmangel i. S. v. 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL i.V. m. 2. Kap. LHF liegt vor, wenn in einem Börsenprospekt Tatsachen oder Prognosen fehlerhaft oder unvollständig (felaktig eller bristfällig) sind. Ein Prospektmangel kann sich zudem aus einem falschen Gesamteindruck ergeben. Ob für eine Prospekthaftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL erforderlich ist, dass es sich bei den fehlerhaften oder unvollständigen Angaben im Prospekt um „wesentliche“, d.h. die Investitionsentscheidung der Anleger beeinflussende Angaben gehandelt haben muss, ist in Rechtsprechung und Literatur bisher nicht behandelt. Die Wesentlichkeit der fehlerhaften oder unvollständigen Prospektangaben ist jedoch wohl auch nach geltendem schwedischen Recht erforderlich. Gemäß 2. Kap. § 34 Abs. 1 LHF muss jeder neue Umstand, jeder Sachfehler und jede Auslassung, die zwischen Billigung des Prospekts und der Aufnahme der Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt eintreten oder bemerkt werden, in einen Nachtrag zum Prospekt aufgenommen oder berichtigt werden, sofern hierdurch die Beurteilung der Finanzinstrumente beeinflusst werden kann. Wird gegen diese Verpflichtung verstoßen, kommt ebenfalls eine Haftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL in Betracht. Auf welchen Anlegerhorizont für die Beurteilung der Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit eines Prospekts abzustellen ist, ist in Schweden bisher kaum behandelt worden. Nach Ansicht von af Sandeberg ist wohl auf den Horizont fachkundiger Anleger oder auf einen differenzierenden Anlegerhorizont abzustellen. Die Anspruchsberechtigten Der Kreis der Anspruchsberechtigten gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL ist unbeschränkt. Ersatzberechtigt, sind daher alle Personen, denen auf Grund eines Verstoßes gegen die Prospektvorschriften ein Schaden entstanden ist. Ersatzberechtigt sind daher sowohl Ersterwerber als auch Zweit- oder Folgeerwerber sowie Erwerber sogenannter alter Stücke, d.h., Aktien, die aus einer vorangegangenen Emission stammen. Neben den Anlegern kommen grundsätzlich aber auch sonstige Dritte als Anspruchsberechtigte in Betracht. In der Literatur wird über eine mögliche Beschränkung des Kreises der Ersatzberechtigten wegen des Risikos einer zu starken Ausweitung der Haftung auf einen unüberschaubaren Kreis von Geschädigten (sogenanntes floodgate-argument/riskspridningsargument) stark gestritten. Die überwiegende Ansicht in der Literatur lehnt eine Beschränkung des Kreises der Ersatzberechtigten ab. Einigkeit besteht im Übrigen darüber, dass nur solchen Anlegern ein Ersatzan-

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spruch zusteht, die auf Grund der fehlerhaften Informationen eine aktive Anlageentscheidung getroffen haben. Anlegern, die auf Grund der falschen Information von einer (Des)Investitionsentscheidung Abstand genommen haben, steht ein Ersatzanspruch daher nicht zu. Kausalität und Adäquanz (kausalitet och adekvans) Eine Haftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL setzt in jedem Fall das Vorliegen eines sogenannten Verlustzusammenhangs (förlustsamband), d.h. eines Ursachenzusammenhangs zwischen der Pflichtverletzung bzw. der schädigendenden Handlung und dem eingetretenen Schaden, voraus. Zu weit entfernt liegende Schäden werden durch Anwendung der Adäquanztheorie von der Haftung ausgenommen. Nach der überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur werden unter Anwendung der sogenannten Normschutzlehre (normskyddsläran) zudem nur Schäden ersetzt, die vom Schutzzweck der jeweiligen Haftungsnorm erfasst werden. Ob neben dem Verlustzusammenhang auch ein sogenannter Transaktionszusammenhang (transaktionssamband), d.h. ein Kausalitätsverhältnis zwischen der Pflichtverletzung des Schädigers und der verlustbringenden Transaktion des Geschädigten, bzw. ein besonderes Näheverhältnis zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten (kravet på tillit) zu verlangen ist, ist in der Literatur stark umstritten. Während ein Teil der Literatur ein solches Erfordernis mit beachtlichen Gründen abgelehnt, wollen andere Teile der Literatur ebenso wie die Prospektkommission am Erfordernis eines Transaktionszusammenhangs festhalten. Das Vorliegen der Kausalität haben die Anleger selbst darzulegen und zu beweisen. Beweislasterleichterungen bestehen insoweit nicht. Verschulden (culpa) Gehaftet wird gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL für vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln (uppsåtligt eller oaktsamt handlande), also auch für einfache Fahrlässigkeit. Das Verschulden des Ersatzpflichtigen ist ebenso wie die Kausalität vom Anspruchsteller darzulegen und zu beweisen, ohne dass den Anlegern eine Beweislasterleichterung zugute kommt. Mitverschulden (medvållande) Die Frage, unter welchen Umständen die Haftung der Prospektverantwortlichen wegen des Verhaltens des Anspruchsstellers zu mildern bzw. gänzlich ausgeschlossen ist, ist im Zusammenhang mit der Haftung für falsche Börsenprospekte bisher wenig behandelt worden. Teile der Literatur schließen eine Haftung dann aus, wenn der Erwerber die Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit der Prospektangaben beim Erwerb kannte. Darüber hinaus soll die Korrek-

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tur von Prospektmängeln durch die Prospektverantwortlichen zu einer Haftungsmilderung führen. Im Übrigen ist ein Mitverschulden des Anspruchsstellers im Rahmen der allgemeinen schadenersatzrechtlichen Mitverschuldenregelung gemäß 6. Kap. § 1 Abs. 2 SkL zu berücksichtigen. Art und Umfang des Ersatzes Ein geschädigter Anleger hat gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL einen Anspruch auf Ersatz des positiven Interesses. Der Schadenersatzanspruch ist beschränkt auf den Ersatz des Differenzschadens. Der Ersatz des Vertragsabschlussschadens ist daher nicht möglich. Ersetzt werden neben einer tatsächlichen Vermögensminderung (sog. damnum emergens) auch der entgangene Gewinn (sog. lucrum cessans) und ausgebliebene Geschäftschancen. Gemäß 29. Kap. § 5 ABL kann der wegen Verstoßes gegen die Prospektvorschriften zu ersetzende Schaden herabgesetzt werden (jämkning av skadestånd). Die Herabsetzung hat unter Berücksichtigung dessen zu erfolgen, was im Hinblick auf die Art der schädigenden Handlung, die Höhe des Schadens und die übrigen Umstände, insbesondere die finanzielle Lage des Anspruchsgegners, angemessen ist. Gesamtschuldnerische Haftung (flera skadeståndsskyldiga) Mehrere Ersatzpflichtige (flera skadeståndsskyldiga) haften gemäß 29. Kap. § 6 ABL solidarisch für das ihnen persönlich zur Last fallende Verschulden. Dem in Anspruch Genommenen steht gegenüber den solidarisch haftenden (Mit-)Schädigern gemäß 29. Kap. § 6 S. 2 ABL ein Ausgleichsanspruch zu. Verjährung Ersatzansprüche der Anleger gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL gegenüber den Mitglieder der styrelse und dem verkställande direktör verjähren nach den allgemeinen Bestimmungen gemäß § 2 Verjährungsgesetz. Danach verjähren Ansprüche wegen Prospektmängeln regelmäßig innerhalb von 10 Jahren seit der Veröffentlichung des fehlerhaften oder unvollständigen Prospekts. Haftungsbeschränkungen Ob es nach schwedischem Recht zulässig ist, Haftungsbeschränkungen im Voraus zu vereinbaren oder Freizeichnungsklauseln in den Börsenprospekt aufzunehmen, ist umstritten und bisher weitgehend ungeklärt. Nach Eintritt eines schädigenden Ereignisses steht es den Parteien hingegen frei, über einen bereits entstandenen Ersatzanspruch zu disponieren. Haftungsausschlussvereinbarungen mit der Gesellschaft haben keine Wirkung auf etwaige Ersatzansprüche der Anleger.

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II. Vergleich und Stellungnahme 1. Einführung Die eingehende Darstellung der Tatbestandsvoraussetzungen eines Schadenersatzanspruchs wegen fehlerhafter oder unvollständiger Börsenprospekte hat gezeigt, dass in Deutschland und Schweden für reine Vermögensschäden nach ähnlichen schadensrechtlichen Grundsätzen gehaftet wird. Die Parallelen in der Haftungsstruktur sind nicht zufällig, sondern liegen in dem traditionell starken Einfluss des deutschen Rechts auf das schwedische Recht sowie den gemeinsamen zivilrechtlichen Wurzeln im römischen Recht begründet641. Da in Schweden anders als in Deutschland kein geschlossen geregeltes Schuldrecht existiert und die dogmatischen Grundlagen des Haftungsrechts auch im Übrigen bisher in wesentlich geringerem Umfang Gegenstand wissenschaftlicher Auseinandersetzung waren642, nimmt man in Schweden auch zur Lösung schuldrechtlicher Fragestellungen Rückgriff auf die Rechtslage in verwandten Rechtsordnungen. Während bis zum zweiten Weltkrieg der Einfluss des deutschen Rechts vorherrschte, wird in Schweden seit den 50er Jahren zunehmend stärker auf den anglo-amerikanischen Rechtskreis Bezug genommen643. Im Bereich des hier untersuchten Kapitalmarktrechts ist allerdings auch das deutsche Recht stark durch das anglo-amerikanische Recht geprägt, was wiederum zu Parallelen auch in Deutschland und Schweden führt. Eine weitere Ursache für die Parallelen ist die umfassende Harmonisierung des materiellen Prospektrechts durch die europäische Wertpapierprospektrichtlinie und die EU-ProspektVO. Die Anforderungen an den Inhalt und die Form eines Börsenprospekts sind daher in den beiden Ländern weitgehend identisch. Trotz dieser strukturellen Parallelen unterscheidet sich die hier untersuchte Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane für fehlerhafte Börsenprospekte in beiden Ländern in wesentlichen Einzelfragen, die in praktischer Hinsicht von großer Bedeutung sind. Dies betrifft vor allem die Beweislastverteilung im Rahmen von Kausalität und Verschulden, den Umfang des den Anlegern zu ersetzenden Schadens sowie die Verjährung von Prospekthaftungsansprüchen644.

641 Vgl. hierzu u. a. Karlgren, Skadeståndsrätt, S. 7 ff.; H. Andersson, Skyddsändamål och adekvans, S. 25 ff.; Skog in: FS Lutter, S. 1551, 1555; Dotevall in: FS Lorenz, S. 161 ff.; Witte in: v. Bar, Deliktsrecht in Europa, Schweden S. 11. 642 Vgl. in dem hier behandelten Zusammenhang jedoch aus jüngerer Zeit u. a. Kleineman, Ren Förmögenhetsskada; H. Andersson, Skyddsändamål och adekvans. 643 Dotevall in: FS Lorenz, S. 161 ff.; Witte in: v. Bar, Deliktsrecht in Europa, Schweden S. 11; af Sandeberg in: af Sandeberg/Sevenius, Börsrätt, S. 247. 644 s. hierzu im Folgenden Teil 4 C.II.2.

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Im Hinblick auf die Voraussetzungen eines Prospekthaftungsanspruchs hat in Schweden auch die Reform des Prospektrechts im Zusammenhang mit der Umsetzung der Wertpapierprospektrichtlinie in nationales Recht keine Veränderungen herbeigeführt. Insbesondere wurde in diesem Zusammenhang kein kapitalmarktspezifischer Haftungstatbestand geschaffen. Durch die Einführung von 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL n. F. wurde lediglich sichergestellt, dass nicht nur Verstöße gegen die im ABL geregelten Prospektvorschriften oder gegen strafrechtlich sanktionierte Verhaltenspflichten, sondern alle Verstöße gegen die Prospektvorschriften des LHF und der EU-ProspektVO einer zivilrechtlichen Haftung unterliegen645. Hinsichtlich der einzelnen Tatbestandsmerkmale richtet sich die Haftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL weiterhin nach den allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen. Die Haftung nach dem neu geschaffenen 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL geht daher grundsätzlich nicht über eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB hinaus. Die Einführung von 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL kann daher nur einen ersten Schritt in Richtung einer spezialgesetzlichen Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte darstellen. Der Schlussbericht der schwedischen Prospektkommission646 gibt allerdings bereits einen ersten Eindruck davon, wie ein solcher kapitalmarktspezifischer Haftungstatbestand in Schweden aussehen könnte647. Der Schritt von einer allgemeinen, im Wesentlichen auf strafrechtlich sanktionierte Pflichtverletzungen beschränkten Haftung hin zu einer kapitalmarktspezifischen Prospekthaftung ist jedoch groß. Bis zu einer Umsetzung der Vorschläge im Schlussbericht der Prospektkommission sind daher noch viele politische und rechtliche Hürden zu überwinden. Dies gilt umso mehr, als es auch um so grundlegende und brisante Fragen wie die Erweiterung des Kreises der Haftungsschuldner auf den Emittenten und die emissionsbegleitenden Banken geht. Die Tatsache, dass in Deutschland bereits heute ein wesentlich differenzierteres Haftungssystem für falsche Börsenprospekte besteht, beruht insbesondere darauf, dass die Diskussion um eine solche Haftung wesentlich früher begonnen und intensiver geführt wurde als in Schweden. Dies zeigt die Fülle an Literatur, die in Deutschland zu diesem Thema veröffentlicht wurde, sowie die umfangreiche Rechtsprechungspraxis, die nicht nur zur börsengesetzlichen, sondern vor allem zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung ergangen ist648. In Deutschland hat die börsengesetzliche Prospekthaftung gemäß §§ 44 ff. BörsG ihr heutiges Gesicht ebenfalls erst im Laufe einer mehrere Jahrzehnte andauernden

645

Vgl. SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 24 f. SOU 2005:18 (Prospektansvar). 647 Vgl. hierzu bereits oben Teil 1 B.IV.2.b) und ausführlich unten Teil 6 C.II.1. 648 Zur historischen Entwicklung der Prospekthaftung in Deutschland vgl. Hopt, ZHR 140 (1976), 201 ff., 389 ff.; Assmann, Prospekthaftung, S. 39 ff. 646

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Entwicklung erhalten. Auch sie befindet sich noch immer im Fluss, wie die Diskussion über den Entwurf für ein KapInHaG zeigt649. 2. Parallelen und Unterschiede bei der Haftung für fehlerhafte Börsenprospekte a) Parallelität der Haftungsstrukturen Zunächst fällt bei der Untersuchung der Haftung für reine Vermögensschäden in Deutschland und Schweden auf, dass die Gruppe der Schäden, die weder in einem Körper- noch in einem Sachschaden bestehen, in beiden Ländern terminologisch als reine Vermögensschäden (ren förmögenhetsskada) bezeichnet werden. Bei Einführung des Begriffes „ren förmögenhetsskada“ in das SkL, hat der schwedische Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung ausdrücklich auf die Terminologie im deutschen Recht Bezug genommen650. Inhaltlich zeigen sich Parallelen vor allem bei der Struktur der allgemeinen deliktischen respektive außervertraglichen Haftung (utomobligatoriskt ansvar) für reine Vermögensschäden gemäß §§ 823 ff. BGB bzw. 2. Kap. § 2 SkL. Anders als bei der Beeinträchtigung von Körper und Leben oder bei Sachschäden651 hat sich der Gesetzgeber bei reinen Vermögensschäden in beiden Ländern gegen die Einführung einer Haftungs-Generalklausel entschieden. Abweichend vom allgemeinen haftungsrechtlichen Grundsatz, dass Schäden vom Verursacher zu ersetzen sind, kann Ersatz für reine Vermögensschäden in beiden Ländern nur in eng begrenzten Fällen gefordert werden. Grund hierfür war das von beiden Gesetzgebern angesichts der großen Anzahl möglicher Schadenssituationen erkannte Risiko einer uferlosen Haftung für reine Vermögensschäden652. In Deutschland werden Vermögensschäden außerhalb vertraglicher Verbindungen deshalb gemäß § 823 Abs. 2 BGB nur bei der Verletzung konkreter Schutzgüter ersetzt. Lediglich § 826 BGB stellt insoweit eine Generalklausel dar, die jedoch durch die hohe Vorsatz-Schwelle und das Sittenwidrigkeitserfordernis wiederum stark beschränkt ist. Vergleichbar mit § 823 Abs. 2 BGB setzt 2. Kap. § 2 SkL in Schweden für eine außervertragliche Haftung bei reinen Vermögensschäden einen Verstoß gegen ein den Schutz des Anspruchstellers bezweckendes Strafgesetz voraus. Durch die Beschränkung der Haftung auf 649

s. hierzu ausführlich unten Teil 6. Vgl. Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 452. 651 Vgl. § 823 Abs. 1 BGB bzw. 2. Kap. § 1 SkL. 652 Vgl. (Deutschland) Wagner in: MünchKomm, BGB, § 823 Rn. 329 f., 352 ff.; § 826 Rn. 3 ff.; (Schweden) Prop. 1972:5 (Skadestånd), S. 157; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 117 ff., 122 ff.; Bengtsson in: Bengtsson/Strömbäck, SkL, S. 56. s. hierzu rechtsvergleichend auch Kalss/Eckert in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 82 f. 650

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strafrechtlich sanktionierte, in der Regel Vorsatz erfordernde Sorgfaltspflichtverletzungen ist die allgemeine außervertragliche Haftung für reine Vermögensschäden in Schweden jedoch wesentlich enger und unflexibler ausgestaltet als in Deutschland653. Insbesondere durch die Öffnung von § 823 Abs. 1 BGB über die Tatbestandsalternative Verletzung eines „sonstigen Rechts“ und den nicht allein auf Strafgesetze beschränkten § 823 Abs. 2 BGB besteht hier ein weit größerer Haftungsspielraum. Eine ähnliche Parallele zu § 823 BGB zeigt sich auch in der aktienrechtlichen Außenhaftungsnorm des 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 ABL654. Die dort aufgezählten Vorschriften, bei deren Verletzung eine Schadenersatzpflicht eintreten kann, stellen ebenfalls Schutzgesetze dar. Insofern wird auch in Schweden von der Rechtsprechung und der weit überwiegenden Ansicht in der Literatur die Schutzzwecklehre angewendet, um zu weit entfernt liegende Schadensfolgen von der Haftung auszunehmen. Dadurch, dass 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 ABL anders als 2. Kap. § 2 SkL nicht nur strafrechtlich sanktionierte Pflichtverletzungen erfasst, stellt die Vorschrift eine Erweiterung der allgemeinen Haftung für reine Vermögensschäden nach den Bestimmungen des SkL dar655. b) Parallelen und Unterschiede bei der Kausalität Weitere Parallelen aber auch Unterschiede zeigen sich beim Tatbestandsmerkmal der Kausalität. In beiden hier untersuchten Ländern wird zur Ermittlung eines Ursachenzusammenhangs zwischen der schädigenden Handlung und dem konkret eingetretenen Schaden zunächst die conditio-sine-qua-non-Formel angewendet. Danach ist jede Handlung ursächlich für einen Schadenseintritt, die nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Form entfiele. Um den weiten Rahmen dieser im deutschen Recht auch als Äquivalenztheorie bezeichneten Zurechnungsformel zu beschränken und gänzlich unwahrscheinliche Kausalverläufe auszuscheiden, nimmt man in beiden Ländern Rückgriff auf die Adäquanztheorie und die Schutzzwecklehre656. 653 Vgl. hierzu auch v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht, § 3 Rn. 245; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 287 ff.; ders., JT 1989/90, 650, 651. 654 Vgl. Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 444. 655 Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 168. 656 Die Schutzzwecklehre wird in Schweden vom überwiegenden Teil der Literatur als Normschutzlehre (normskyddsläran) bezeichnet. H. Andersson (Skyddsändamål och adekvans, S. 25 ff.; 159 ff.), verwendet in seiner ausführlichen Untersuchung zur Schutzzwecklehre hingegen eine direkte Übersetzung des deutschen Begriffs Schutzzwecklehre: skyddsändamålslära. Vgl. zur Herkunft der Normschutzlehre aus dem deutschen Recht auch Roos, SvJT 1988, 44, 49; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 449; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 287 ff.; ders., JT 1989/90, 650, 651; Witte in: v. Bar, Deliktsrecht in Europa, Schweden S. 82 f.

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Während die Frage nach der haftungsausfüllenden Kausalität somit in beiden Ländern weitgehend gleich behandelt wird, zeigen sich bei der Frage nach der Notwendigkeit einer haftungsbegründenden Kausalität Unterschiede. Während nach deutschem Recht zur Begründung eines Schadenersatzanspruchs neben der haftungsausfüllenden auch die haftungsbegründende Kausalität vorliegen muss, ist in Schweden die Notwendigkeit eines sogenannten Transaktionszusammenhangs (transaktionssamband) weitgehend umstritten. Schwierigkeiten bei der Klärung der Frage ergeben sich dort auch daraus, dass die Frage, soweit ersichtlich, nur im Zusammenhang mit der Haftung für die Erteilung fehlerhafter Auskünfte diskutiert wird. Dort unterliegt der Nachweis eines Ursachenzusammenhangs zwischen der pflichtwidrigen Information und der darauf beruhenden Handlung des Geschädigten jedoch besonders großen Schwierigkeiten. Die Forderung von Kleineman zur Lösung dieser Nachweisprobleme das Bestehen eines konkreten Näheverhältnisses (kravet på tillit) zwischen Schädiger und Geschädigtem als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal einzuführen657, vermag nicht zu überzeugen. Zwar lässt sich das Vorliegen eines solchen Näheverhältnisses leichter überprüfen als die Behauptung eines Anlegers, er habe den Prospekt tatsächlich gelesen. Hierdurch wird eine Haftung – etwa für unrichtige oder unvollständige Prospektangaben – jedoch zu stark eingeschränkt. Einerseits findet bei dem heute üblichen Erwerb neuemittierter Aktien von einem sogenannten Underwriter in der Regel kein Kontakt zwischen den Anlegern und den Mitgliedern der Leitungsorgane des Emittenten statt. Ein konkretes Näheverhältnis zwischen ihnen kann daher nicht entstehen. Als Haftungsadressaten würden deshalb nur die Underwriter selbst verbleiben. Sie werden jedoch nicht von 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL erfasst, sondern haften nur bei einer strafrechtlich relevanten Pflichtverletzung gemäß 2. Kap. § 2 SkL. Andererseits würde die außervertragliche Haftung gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 ABL bzw. 2. Kap. § 2 SkL durch das Erfordernis eines konkreten Näheverhältnisses einer vertraglichen Haftung zu weit angenähert. Die genannten Vorschriften sollen eine Haftung gerade auch außerhalb vertraglicher Beziehungen ermöglichen. Um die Haftung nicht zu weit zu beschränken, sollte deshalb auf das Vorliegen eines konkreten Näheverhältnisses zwischen Schädiger und Geschädigtem verzichtet werden. Wegen der gleichen Schwierigkeiten hat die Rechtsprechung in Deutschland vor Inkrafttreten der heute geltenden spezialgesetzlichen Prospekthaftungsbestimmungen eine Haftung ebenfalls ohne Vorliegen eines konkreten Näheverhältnisses, sondern allein auf Grund der Inanspruchnahme typisierten Vertrauens bejaht. Die Rechtsprechung hat hierzu als Ergänzung zur weitgehend an der klassischen culpa in contrahendo orientierten, ein konkretes Vertrauensverhältnis voraussetzenden bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne 657

Vgl. hierzu oben Teil 4 B.II.6.b).

C. Zusammenfassung, Vergleich und Stellungnahme

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die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinne entwickelt. Das danach genügende typisierte Vertrauen ist bereits dann gegeben, wenn die Anleger typischerweise auf die im Prospekt gemachten Angaben vertrauen. Als Haftungsadressaten kommen danach alle Personen in Betracht, die für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich sind658. Auch im Rahmen der börsengesetzlichen Prospekthaftung und der Haftung nach den allgemeinen deliktischen Bestimmungen ist das Vorliegen eines Näheverhältnisses zwischen Anspruchsteller und Haftendem nicht erforderlich659. Welchen Anlegern ein Ersatzanspruch zuzubilligen ist, ist in erster Linie eine rechtspolitische, vom Gesetzgeber zu beantwortende Frage. Dabei sind vor allem die Bedeutung der Kapitalmärkte für die Gesamtwirtschaft eines Landes bzw. eines Wirtschaftsraumes und die Wirkungen eines engen bzw. eines weiten Haftungsspielraums auf die Investitionsentscheidungen der Anleger zu berücksichtigen. In Schweden fehlt es bisher an einer solchen gesetzgeberischen Entscheidung für den Bereich der Kapitalmarkthaftung 660. In Deutschland hat sich der Gesetzgeber im Rahmen der börsengesetzlichen Prospekthaftungsbestimmungen zur Förderung des Finanzstandorts für ein weitgehend anlegerfreundliches Haftungsregime entschieden. So hat er durch die Annahme einer vom Prospekt ausgehenden allgemeinen Anlagestimmung einen Ersatzanspruch auch solchen Anlegern eingeräumt, die ihre Anlageentscheidung nicht auf die unmittelbare Lektüre des Prospektes, sondern etwa auf Nachrichten aus den Massenmedien gestützt haben. Im Gegenzug hat er den Haftungsadressaten die Möglichkeit eingeräumt, den vorgetragenen Kausalverlauf oder das Bestehen einer allgemeinen Anlagestimmung im Rahmen eines Gegenbeweises zu widerlegen. Angesichts des Informationsungleichgewichts zwischen Emittent und Anlegern und der Einflussmöglichkeit der Emittenten auf den Inhalt und die Form der von ihm veröffentlichten Informationen stellt dies ein angemessenes Kräfteverhältnis dar. Aus den gleichen Gründen ist auch zum schwedischen Recht die Ansicht zu befürworten, die eine Beschränkung des Kreises der Ersatzberechtigten, sei es durch die Forderung eines Näheverhältnisses zwischen Schädiger und Geschädigtem oder durch die Annahme einer Haftungsimmunität hinsichtlich über die Massenmedien verbreiteter Informationen, ablehnt. Der Ansicht von Samuelsson, wonach auf das Erfordernis eines Ursachenzusammenhangs zwischen der Pflichtverletzung des Prospektverantwortlichen und der Investitionsentscheidung des Anlegers gänzlich verzichtet werden kann, 658

Zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung siehe oben Teil 4 A.I.3. A.A. für die deliktische Haftung (entgegen BGH, ZIP 2005, 1270 ff. [EM.TV]) offensichtlich Kort, NZG 2005, 708; Fleischer, BB 2002, 1869, 1873. Gegen das Erfordernis eines Näheverhältnisses auch Veil, ZHR (2003), 365, 391. 660 Die Umsetzung der von der Prospektkommission in ihrem Schlussbericht, SOU 2005:18 (Prospektansvar), gemachten Vorschläge lässt bisher auf sich warten, vgl. hierzu unten Teil 6 C. 659

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Teil 4: Die Börsenprospekthaftung

kann allenfalls im Hinblick auf die schwedische Rechtslage zugestimmt werden. Die Beantwortung der Frage, ob auf den Nachweis eines solchen Ursachenzusammenhangs verzichtet werden kann, hängt im Wesentlichen davon ab, welchem Schutzzweck die jeweilige Prospekthaftungsregelung dient: Soll durch die Regelung (auch) das Interesse der Anleger an einer fundierten individuellen Transaktionsentscheidung und damit an einer richtigen und vollständigen Information über alle entscheidungserheblichen Umstände geschützt werden, ist ihnen, entsprechend der deutschen Rechtslage gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG, ein Anspruch auf Ersatz des sogenannten Vertragsabschlussschadens einzuräumen661. Zum Nachweis, dass der Anleger die Aktien bei zutreffender und vollständiger Informationslage nicht erworben hätte, genügt es dann nicht, dass er die Aktien zu einem überhöhten Preis erworben hat. Vielmehr muss er darlegen, dass er die Aktien gerade auf Grundlage der positiven Prospektangaben erworben hat. In diesem Fall ist deshalb auch dann der Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität erforderlich, wenn man die Theorie (semi-)effizienter Kapitalmärkte berücksichtigen würde. Auch wenn das Vorliegen der haftungsbegründenden Kausalität zugunsten der Anleger vermutet wird, steht dem Haftungsadressaten doch der Nachweis eines abweichenden Kausalverlaufs offen. Wird durch eine Prospekthaftungsbestimmung hingegen allein das Interesse der Anleger an einer korrekten Preisbildung an den Märkten geschützt und steht ihnen daher wie nach schwedischer Rechtslage nur ein Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens zu, genügt hingegen der Nachweis, dass die fehlerhafte oder unvollständige Information Einfluss auf die Preisbildung an den Märkten gehabt hat, ohne dass es auf die persönliche Kenntnis der fehlerhaften Information ankommt662. Folgt man für das schwedische Recht der Theorie (semi-)effi661 Zur Frage, ob es geboten ist, de lege ferenda an einem Ersatz des Vertragsabschlussschadens festzuhalten, vgl. Engelhardt, BKR 2006, 443, 447. 662 Vgl. hierzu auch die parallele, zur deutschen Rechtslage geführte Diskussion über den Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität im Zusammenhang mit der sekundären Kapitalmarkthaftung, bei der eine Haftung gemäß §§ 37b, 37c WpHG nach der herrschenden Ansicht in der Literatur ebenfalls auf den Ersatz des Differenzschadens beschränkt ist ([h. M.] Fleischer, BB 2002, 1869, 1872 ff.; ders., NJW 2002, 2977, 2980 f.; ders., DB 2004, 2031, 2035; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1069; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1860 f.; Mülbert, JZ 2002, 826, 835; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1636; Rützel, AG 2003, 69, 76; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 55; Zimmer in: Schwark, KMRK, § 37b, 37c WpHG Rn. 86 f.; ders., WM 2004, 9, 17; Hutter/Leppert, NZG 2002, 649, 655; Weitnauer, DB 2003, 1719, 1722; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 130 ff.; Casper, Der Konzern 2006, 32, 34; [a. A.] Möllers, JZ 2005, 75, 78; Möllers/Leisch in: Möllers/Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 14 Rn. 83 ff., 126; dies., BKR 2002, 1071, 1072 ff.; dies. in: Kölner Komm, WpHG, §§ 37b, c Rn. 356 f.; Rössner/Bolkart, ZIP 2002, 1471, 1475; dies., WM 2003, 953, 955 ff.; Sethe in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 83; Fuchs in: Fuchs, WpHG, §§ 37b, 37c, Rn. 28 ff.). Für den Bereich der deliktischen Haftung hat der BGH der Anwendung der fraud-on-the-market-Theorie und damit der Theorie (semi-) effizienter Kapitalmärkte im Hinblick auf Kausalitätserleichterungen eine Absage er-

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zienter Kapitalmärkte und nimmt man daher an, dass alle auf dem Markt verfügbaren Informationen über den Emittenten und die von ihm angebotenen Wertpapiere unmittelbar nach ihrem Bekanntwerden im Börsenpreis berücksichtigt werden, entsteht den Anlegern, die im Anschluss an die Veröffentlichung falscher Kapitalmarktinformationen Aktien erwerben, wegen des allgemein überhöhten Marktpreises automatisch auch ein persönlicher Schaden, ohne dass es darauf ankommt, ob sie sich auf die Richtigkeit der konkreten Prospektangaben verlassen haben oder nicht. Auch für die schwedische Rechtslage bleibt allerdings zu überlegen, ob das Vorliegen eines Transaktionszusammenhangs nicht ein geeignetes Mittel darstellt, um die Börsenprospekthaftung angemessen zu begrenzen und zu weit entfernt liegende Schäden auszuschließen. Aus dem gleichen Grund ist der Bundesgerichtshof einer Anerkennung der Theorie (semi-)effizienter Kapitalmärkte und einem daraus resultierenden Verzicht auf den Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität im Zusammenhang mit einer Haftung für falsche Ad-hocMitteilungen663 aber auch für fehlerhafte Börsenprospekte664 gemäß § 826 BGB entgegengetreten. Der Bundesgerichtshof begründet dies damit, dass ein Verzicht auf den Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität zu einer uferlosen Ausweitung der Haftung nach dem ohnehin offenen Tatbestand der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung führen würde. Damit fordert er allerdings nur den Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität und nicht auch ein Näheverhältnis zwischen dem Emittenten und dem jeweils geschädigten Anleger, wie dies von Kleineman für die schwedische Rechtslage befürwortet wird. Ein solches Näheverhältnis würde im Hinblick auf Informationen gegenüber dem sekundären Kapitalmarkt auch kaum je vorliegen665. Das Erfordernis eines Transaktionszusammenhangs, gegebenenfalls verbunden mit einer Beweislasterleichteteilt (BGH, BKR 2007, 467, 468 [Comroad I]; BGH, ZIP 2007, 680 [Comroad II]; BGH, AG 2007, 169 ff. [Comroad III]; BGH, BB 2007, 1806, 1807 [Comroad IV]; BGH, NZG 2007, 711, 713 [Comroad V]; BGH, WM 2008, 395, 397 [Comroad VI]; BGH WM 2008, 398, 399 f. [Comroad VII]; BGH, NZG 2008, 386, 387 f. [Comroad VIII]; vgl. hierzu auch schon oben Teil 1 A.I. Fn. 6). Kritisch hierzu: Leuschner, ZIP 2008, 1050, 1054 ff. 663 BGH, BKR 2007, 467, 468 (Comroad I); BGH, ZIP 2007, 680 (Comroad II); BGH, AG 2007, 169 ff. (Comroad III); BGH, BB 2007, 1806, 1807 (Comroad IV); BGH, NZG 2007, 711, 713 (Comroad V). 664 BGH, WM 2008, 395, 397 (Comroad VI); BGH, WM 2008, 398, 399 f. (Comroad VII); BGH, NZG 2008, 386, 387 f. [Comroad VIII]. 665 Die Entscheidung des BGH ist zudem dadurch motiviert, dass es im vorliegenden Fall um den generalklauselartigen Haftungstatbestand des § 826 BGB sowie um eine Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen ging. Für den Bereich der primären Kapitalmarkthaftung hingegen haben der Gesetzgeber und zuvor bereits die Rechtsprechung die Annahme einer durch den Prospekt erzeugten allgemeinen Anlagestimmung bejaht und den Anlegern damit jedenfalls eine Beweislasterleichterung hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität eingeräumt (s. hierzu ausführlich oben Teil 4 A.II. 9.b)).

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Teil 4: Die Börsenprospekthaftung

rung666, könnte daher auch in Schweden einen vermittelnden Weg zwischen der von Samuelsson und der von Kleineman vorgeschlagenen Ansicht darstellen. c) Unterschiede beim Verschulden Die Haftung für unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte unterscheidet sich in beiden Ländern auch dadurch, dass in Deutschland eine spezialgesetzliche Prospekthaftung nach den §§ 44 ff. BörsG ebenso wie nach den §§ 823 Abs. 2, 826 BGB gemäß § 45 Abs. 1 BörsG bzw. § 47 Abs. 2 BörsG nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit in Betracht kommt. Nach schwedischem Recht ist eine Haftung für unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 AktG hingegen schon bei leichter Fahrlässigkeit möglich. d) Unterschiede bei der Beweislastverteilung Unterschiede zwischen der deutschen und der schwedischen Rechtslage ergeben sich auch im Zusammenhang mit der Beweislastverteilung im Rahmen der Kausalität und des Verschuldens. Der Nachweis der Kausalität und des Verschuldens bereitet bei Schäden auf Grund falscher Kapitalmarktinformationen in der Praxis die größten Schwierigkeiten667. Nach schwedischem Recht kommt den Anlegern im Rahmen eines Ersatzanspruchs gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL keinerlei Beweislasterleichterung zugute. Sie haben daher alle anspruchsbegründenden Tatsachen zu beweisen668. Nur soweit man mit Teilen der Literatur auf den Nachweis eines sogenannten Transaktionszusammenhangs verzichtet, entfällt auch die Beweislast hierfür. Zudem vertreten Teile der Literatur die Auffassung, dass zum Nachweis eines Ursachenzusammenhangs zwischen der Pflichtverletzung und dem Eintritt des 666 Dies hat für das schwedische Recht bereits af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 138, vorgeschlagen. 667 Dies zeigen unter anderem die in Sachen Infomatec, EM.TV und Comroad ergangenen Urteile, in denen ein Ersatzanspruch geschädigter Anleger aus § 826 BGB wegen falscher Ad-hoc-Mitteilungen i. d. R. gerade am fehlenden Kausalitätsnachweis gescheitert ist (BGH, AG 2004, 543, 545 [Infomatec], vgl. hierzu Möllers, BB 2005, 1637, 1638; Körner, NJW 2004, 3386, 3387; OLG Stuttgart, ZIP 2006, 511, 512 f. [EM.TV], vgl. hierzu Gottschalk, DStR 2005, 1648, 1649; BGH, BKR 2007, 467, 468 [Comroad I]; BGH, ZIP 2007, 680 [Comroad II]; BGH, AG 2007, 169 ff. [Comroad III]; BGH, BB 2007, 1806, 1807 [Comroad IV]; BGH, NZG 2007, 711, 713 [Comroad V]; BGH, WM 2008, 395, 397 [Comroad VI]; BGH, WM 2008, 398, 399 f. [Comroad VII]); BGH, NZG 2008, 386, 387 f. [Comroad VIII]; eine Täuschung der gesamten interessierten Öffentlichkeit annehmend OLG München, ZIP 2005, 901, 902 f. (Comroad); die Kausalität ausnahmsweise bejahend OLG Frankfurt, NZG 2005, 516, 517 (Comroad). 668 Auf die Bedeutung dieses Unterschieds zwischen der deutschen und der schwedischen Rechtslage weist auch Svensson, Kapitalanlegerschutz, S. 29 f., hin.

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konkreten Schadens der Nachweis ausreicht, dass sich der Börsenkurs auf Grund der fehlerhaften Prospektangaben verändert hat. Ist dies der Fall, sei auch die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den konkret eingetretenen Schaden zu bejahen. Diese Ansicht ist zu befürworten. Sie entspricht dem in § 45 Abs. 2 Nr. 2 BörsG zum Ausdruck kommenden Gedanken, wonach es an der haftungsausfüllenden Kausalität fehlt, wenn der konkrete Prospektmangel bei seinem Bekanntwerden nicht zu einer Minderung des Börsenpreises geführt hat. Nach dieser Ansicht trifft die Anleger im Rahmen des Kausalitätsnachweises eine Beweislast nur hinsichtlich der Ursächlichkeit der konkreten Pflichtverletzung für die Steigerung des Börsenpreises unmittelbar nach Veröffentlichung des Prospektes669. Das Verschulden der Leitungsorganmitglieder ist nach schwedischem Recht hingegen in vollem Umfang durch die Anleger darzulegen und zu beweisen. Nach deutschem Recht kommt den Anlegern im Rahmen eines Schadenersatzanspruchs gemäß §§ 44 ff. BörsG eine Beweislastumkehr sowohl hinsichtlich der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität als auch hinsichtlich des Verschuldens der Haftungsadressaten zugute. Die Beweislastumkehr wird zudem durch die Annahme einer allgemeinen Anlagestimmung ergänzt, wodurch eine Haftung auch dann in Betracht kommt, wenn der geschädigte Anleger von den fehlerhaften oder unvollständigen Prospektangaben nicht unmittelbar aus dem Prospekt erfahren hat. Eine Haftung der Vorstandsmitglieder des Emittenten gemäß §§ 44 ff. BörsG kommt allerdings nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Vorstandsmitglieder neben dem Emittenten und den emissionsbegleitenden Banken im Prospekt als Prospektverantwortliche benannt wurden oder wenn sie als Prospektveranlasser für den Inhalt des Prospektes verantwortlich sind und ein persönliches wirtschaftliches Interesse mit der Emission verfolgen. Im Rahmen einer Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB bzw. § 826 BGB kommt den Anlegern hingegen auch nach deutscher Rechtslage keine Beweislasterleichterung zugute. Lediglich die Annahme einer allgemeinen Anlagestimmung gilt auch hier, so dass der Nachweis der Lektüre des Prospekts entfällt. Die Beweislast hinsichtlich Kausalität und Verschulden ist daher nach deutscher Rechtslage im Vergleich zur Rechtslage in Schweden nur im Anwendungsbereich der börsengesetzlichen Prospekthaftung erleichtert. In den besonders schwerwiegenden Fällen falscher Prospektangaben werden jedoch häufig auch die Vorstandsmitglieder von den börsengesetzlichen Haftungsbestimmungen erfasst werden. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen die Unternehmensgründer durch die gezielte Beeinflussung des Börsenprospekts versuchen, 669 Im Falle einer spezialgesetzlichen Ausgestaltung der Börsenprospekthaftung sollte jedoch darüber nachgedacht werden, dem Haftenden den Gegenbeweis zu eröffnen.

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einen besonders hohen Preis für die von ihnen bisher gehaltenen und im Rahmen der Emission veräußerten Aktien zu erzielen. Die Unternehmensgründer haften in diesen Fällen als Prospektveranlasser i. S. v. § 45 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG. Auch in weniger schweren Fällen ist ein Schutz der Anleger in Deutschland jedoch in weit größerem Maße dadurch gewährleistet, dass ihnen anders als in Schweden als Haftungsadressat auch der Emittent zur Verfügung steht670. Für Ansprüche gegen ihn stehen den Anlegern ebenfalls die Beweislasterleichterungen des § 45 Abs. 1 und 2 BörsG zur Verfügung. e) Parallelen und Unterschiede beim Haftungsumfang und der Schadensberechnung Im Hinblick auf den Haftungsumfang bestehen zwischen der Rechtslage in Deutschland und Schweden ebenfalls eine Reihe von Unterschieden und Parallelen. Während den Anlegern in Deutschland vorrangig (§§ 44 ff. BörsG) bzw. alternativ (§§ 823 Abs. 2, 826 BGB) auch der Vertragsabschlussschaden ersetzt wird, sind die Anleger in Schweden auf den Ersatz des reinen Vermögensschadens in Form des Differenzschadens beschränkt. Eine Rückabwicklung des Aktienerwerbs kommt nach schwedischem Recht allenfalls über eine mit der Anfechtung nach deutschem Recht vergleichbare Ungültigerklärung der Zeichnung in Betracht671. Zudem wird den Anlegern in Deutschland allein das negative Interesse ersetzt. In Schweden steht ihnen demgegenüber ein Anspruch auf das positive Interesse zu, mit der Folge, dass sie neben dem Differenzschaden und den üblichen Kosten des Aktienerwerbs auch einen etwaigen entgangenen Gewinn ersetzt verlangen können. Darüber hinaus ist im Rahmen einer Haftung gemäß § 44 ff. BörsG die Höhe des zu ersetzenden Schadens auf den ersten Ausgabepreis bzw. den ersten nach Einführung der Wertpapiere festgestellten oder gebildeten Börsenpreis beschränkt. Eine entsprechende Beschränkung der Schadenshöhe besteht nach der schwedischen Rechtslage – ebenso wie in Deutschland bei einer Haftung gemäß §§ 823 Abs. 2, 826 BGB – nicht. In Schweden kann der Schadenersatzanspruch der Höhe nach jedoch dadurch beschränkt werden, dass das erkennende Gericht den zu ersetzenden Schaden auf entsprechenden Vortrag des Geschädigten angemessen herabsetzt (jämkning). Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn die Be670

s. hierzu ausführlich oben Teil 3 B. Insofern wird auf die oben in Teil 3 B.III.1.b)cc) und Teil 3 B.IV.2.a)bb)(3) gemachten Ausführungen verwiesen. 671

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sonderheiten des Einzelfalles, insbesondere die finanzielle Leistungsfähigkeit des Haftenden, eine solche Haftungsbeschränkung gebieten. Parallelen bestehen in Deutschland und Schweden im Hinblick auf die Ermittlung eines zu ersetzenden Differenzschadens, wenn der Anleger die Aktien zum Zeitpunkt der Offenlegung des Prospektmangels noch immer in seinem Besitz hat (§§ 823, 826 BGB; 29. Kap. § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ABL). In beiden Ländern wird dazu auf die Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten und dem hypothetischen Emissionspreis, der bei richtiger und vollständiger Information des Kapitalmarkts zu zahlen gewesen wäre, abgestellt. Zur Bestimmung des hypothetischen Emissionspreises wird in beiden Ländern auf die „Methoden der modernen Finanzwissenschaft“, insbesondere das sogenannte Capital Asset Pricing Model verwiesen, mit dessen Hilfe markt- oder konjunkturbezogene Faktoren, die nicht auf den Prospektmangel zurückzuführen sind und für die der Schädiger daher nicht einzustehen hat, aus dem Börsenpreis herausgerechnet werden können. Um etwaige Ungenauigkeiten bei der Schadensberechnung auszugleichen, wird in Deutschland wie in Schweden auf das prozessuale Mittel der Schadensschätzung (§ 287 ZPO; 35. Kap. § 5 RB) zurückgegriffen. f) Unterschiede bei der Verjährung Die Rechtslage in Deutschland und Schweden unterscheidet sich zudem hinsichtlich der Verjährung von Prospekthaftungsansprüchen. Während in Schweden Ansprüche gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL regelmäßig erst nach zehn Jahren verjähren, verjähren die börsengesetzlichen Prospekthaftungsansprüche in Deutschland regelmäßig bereits nach einem Jahr und Ansprüche gemäß §§ 823 Abs. 2, 826 BGB regelmäßig nach drei Jahren. Eine zehnjährige Verjährungsfrist erscheint für kapitalmarktrechtliche Schadenersatzansprüche in jedem Fall zu lang. Gegen eine so lange Dauer spricht vor allem der Gedanke der Rechtssicherheit für die Mitglieder der Leitungsorgane des Emittenten. Zudem spricht gegen eine so lange Verjährungsfrist auch die begrenzte Wirkung eines Börsenprospekts auf die Investitionsentscheidungen der Anleger. Angesichts der Schnelllebigkeit der am Kapitalmarkt veröffentlichten Informationen und der Tatsache, dass die im Prospekt enthaltenen Finanzinformationen durch die Veröffentlichung aktueller Quartals- und Halbjahresberichte bereits nach kurzer Zeit überholt sind, wird ein Börsenprospekt jedenfalls nach 12 Monaten keine Wirkung mehr auf die Investitionsentscheidungen der Anleger haben672. Schließlich wird durch eine kurze Verjährungs672 Vgl. hierzu aus der deutsche Rechtsprechung BGH, NZG 1998, 774, 775 (Elsflether Werft – höchstens ein Jahr); OLG Düsseldorf, WM 1984, 586, 596 (BuM – knapp fünf Monate zu kurz); OLG Frankfurt WM 1996, 1216, 1219 (vier Monate in der Regel zu kurz). Vgl. auch Schwark, BörsG, §§ 45, 46 Rn. 35 (sechs Monate bis ein Jahr).

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Teil 4: Die Börsenprospekthaftung

frist die Gefahr einer zu starken Ausweitung des Kreises der Ersatzberechtigten und des zu ersetzenden Schadens begrenzt. Auch in Schweden ist deshalb in jüngerer Zeit, teilweise unter Bezugnahme auf den deutschen § 46 BörsG, eine kurze Verjährungsfrist für Prospekthaftungsansprüche befürwortet worden673. g) Unterschiede bei der Haftungsfreizeichnung Unterschiede bestehen in den beiden hier untersuchten Ländern schließlich hinsichtlich der Zulässigkeit von Haftungsausschlüssen bzw. zur Aufnahme von Haftungsfreizeichnungsklauseln in den Börsenprospekt. In Deutschland sind im Voraus vereinbarte Haftungsausschlüsse ebenso wie Haftungsfreizeichnungsklauseln im Rahmen einer Haftung gemäß §§ 44 ff. BörsG gänzlich (§ 47 Abs. 1 BörsG) und im Rahmen einer Haftung nach den allgemeinen deliktischen Bestimmungen zumindest für vorsätzliche Pflichtverletzungen ausgeschlossen (§ 276 Abs. 3 BGB). In Schweden ist die Rechtslage hingegen weitgehend ungeklärt. Während der in § 36 AvtL zum Ausdruck kommende allgemeine Grundsatz, dass die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit im Voraus nicht ausgeschlossen werden kann, gegen die Zulässigkeit von Haftungsausschlüssen spricht, wird aus der Kone-Entscheidung des Höchsten Gerichtshofs 674 im Rahmen von Beratungsbzw. Auskunftsverträgen teilweise eine Zulässigkeit solcher Vereinbarungen und Klauseln abgeleitet. Gegen eine Zulässigkeit von Haftungsausschlüssen sowohl in Deutschland als auch in Schweden spricht jedoch vor allem die Tatsache, dass hierdurch das Haftungsrecht und die hiermit verfolgten Ziele weitgehend unterlaufen werden könnten. Haftungsausschlüsse sollten daher im Voraus nur in engen Grenzen zulässig sein. Neben im Voraus vereinbarten Haftungsausschlüssen für vorsätzlich begangene Pflichtverletzungen sind auch solche Haftungsausschlüsse als unzulässig anzusehen, die für den Anleger überraschend sind und mit denen er üblicherweise nicht zu rechnen braucht.

673 Vgl. Deuschl, JT 1999/00, 269, 297; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 325; dies., Ny Juridik 2:05, 68, 82; SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 107 ff., 136 f. 674 HD, NJA 1987, 692 ff. (Kone).

Teil 5

Durchsetzung von Prospekthaftungsansprüchen durch die Aktionäre A. Einführung und weiterer Untersuchungsgang Nachdem in den vorangegangenen Teilen die Bedeutung, die Grundlagen und die materiellen Voraussetzungen einer Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane von Emittenten für fehlerhafte oder unvollständige Börsenprospekte in Deutschland und Schweden dargestellt wurden, wird im Folgenden auf die prozessualen Mittel zur Durchsetzung entsprechender Schadenersatzansprüche eingegangen. Die effektive Durchsetzung materieller Ersatzansprüche ist von grundlegender Bedeutung für die Wirkung materiellrechtlicher Haftungsbestimmungen. Ohne effektive prozessuale Durchsetzungsmöglichkeiten bleibt auch ein noch so „scharf“ ausgestaltetes materielles Haftungsrecht wirkungslos und „stumpf“ 1. In Teil 3 C. wurde im Einzelnen dargelegt, dass Aktionären auf Grund von Pflichtverletzungen der Mitglieder der Leitungsorgane der Gesellschaft sowohl unmittelbare Schäden (Eigenschäden) als auch mittelbare Schäden (Reflexschäden oder kongruente Schäden) entstehen können. Während mittelbare Schäden im Vermögen der Aktionäre durch einen unmittelbaren Schaden im Vermögen der Gesellschaft gleichsam vermittelt werden, treten unmittelbare Schäden direkt im Vermögen der Aktionäre ein, ohne dass ihnen eine Schädigung des Gesellschaftsvermögens zugrunde liegt. Bei unmittelbaren Schäden steht den Aktionären grundsätzlich ein eigener Ersatzanspruch gegenüber den pflichtwidrig handelnden Mitgliedern der Leitungsorgane zu. Mittelbare Schäden sind hingegen sowohl nach deutschem als auch nach schwedischem Recht in erster Linie von der Gesellschaft geltend zu machen. Subsidiär können Ersatzansprüche der Gesellschaft gegenüber den Mitgliedern ihrer Leitungsorgane jedoch in beiden Ländern auch von einer Minderheit der Aktionäre auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen geltend gemacht werden. Findet sich keine hinreichende Anzahl von Aktionären, um das erforderliche Minderheitenquorum zu bilden, steht nach dem Recht beider hier untersuchter Rechtsordnungen sogar jedem einzelnen Aktionär ein eigenes Klagerecht hinsichtlich des ihm entstandenen mittelbaren Schadens zu. Während nach 1 Vgl. Kalss/Eckert in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 51; Micklitz/Stadler in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 34.

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Teil 5: Durchsetzung von Prospekthaftungsansprüchen durch die Aktionäre

deutschem Recht auch die Klage eines einzelnen Aktionärs stets auf Leistung an das Gesellschaftsvermögens zu richten ist, steht den Aktionären nach schwedischem Recht bei Vorliegen bestimmter Pflichtverletzungen sogar ein eigener Ersatzanspruch auf Leistung in das persönliche Vermögen zu2. Da es sich bei den hier untersuchten Schäden wegen fehlerhafter oder unvollständiger Börsenprospekte in der Regel um Eigenschäden bzw. unmittelbare Schäden der Anleger handelt, steht ihre Durchsetzung im Folgenden im Vordergrund. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt dabei auf der kollektiven Verfolgung von Schadenersatzansprüchen.

B. Deutschland I. Die Geltendmachung von Eigenschäden 1. Einführung Die Geltendmachung von Eigenschäden, die Anlegern auf Grund von unrichtigen oder unvollständigen Börsenprospekten entstanden sind, ist einerseits auf „herkömmliche Weise“ im Wege einer individuellen Klage jedes einzelnen geschädigten Anlegers möglich. Andererseits ist seit der Einführung eines Musterklageverfahrens für kapitalmarktrechtliche Streitigkeiten durch das am 1. November 2005 in Kraft getretene Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz – KapMuG) eine Bündelung gleichgerichteter Klagen einer Vielzahl von geschädigten Anlegern möglich. Mit dem KapMuG hat der deutsche Gesetzgeber erstmals eine Möglichkeit zur kollektiven gerichtlichen Verfolgung von (kapitalmarktrechtlichen) Schadenersatzansprüchen geschaffen. Anlass hierfür waren insbesondere die Erfahrungen mit den massenhaft eingereichten Prospekthaftungsklagen gegen die Deutsche Telekom AG unter anderem wegen der falschen Bewertung ihres Immobilienvermögens3. 2. Individuelle Anspruchsverfolgung und Gerichtsstand Die individuelle gerichtliche Verfolgung von Ersatzansprüchen geschädigter Anleger gegen Vorstandsmitglieder wegen der Veröffentlichung fehlerhafter oder unvollständiger Börsenprospekte richtet sich nach den allgemeinen prozes2

Vgl. hierzu oben Teil 3 C. Rechtsvergleichend insbesondere Teil 3 C.IV. Reuschle, WM 2004, 966; Lüke, ZZP 2006, 131, 135 f.; Möllers/Weichert, NJW 2005, 2737; Ek, Haftungsrisiken für VS und AR, S. 150; Hess, ZIP 2005, 1713; Plaßmeier, NZG 2005, 609 f.; Braun/Rotter, BKR 2004, 296; Gansel/Gängel, NJ 2006, 13. s. zur Größenordnung des Verfahrens in Zahlen vgl. auch Hess in: Hopt/Früh, Bankrecht 2004, S. 153 f. 3

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sualen Regeln, insbesondere der ZPO. Von den Anspruchstellern ist daher beim zuständigen Gericht Klage gemäß § 253 ZPO zu erheben. Die gerichtliche Zuständigkeit für Schadenersatzklagen nach dem BörsG richtet sich nach dem ausschließlichen Gerichtsstand des § 32b ZPO. Die bisherige Gerichtsstandsregelung in § 48 BörsG a. F. wurde durch Art. 8 Nr. 2 des Gesetzes zur Einführung von Kapitalanlegermusterverfahren (EG-KapMuG) aufgehobenen. Mit dem durch Art. 2 Nr. 2 EG-KapMuG eingeführten § 32b ZPO wurde ein neuer ausschließlicher Gerichtsstand unabhängig von der zugrundeliegenden Anspruchsgrundlage für alle Klagen, mit denen Schadenersatz wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformationen geltend gemacht wird, gebildet4. Erfasst werden neben Ansprüchen gemäß §§ 44 ff. BörsG auch deliktische Schadenersatzansprüche gegen die Mitglieder des Vorstandes oder Aufsichtsrates, den Emittenten oder die Emissionsbegleiter5. Gemäß § 71 Abs. 2 Nr. 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ist für die genannten Klagen ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich das Landgericht am Sitz des betroffenen Emittenten zuständig, sofern der Emittent seinen Sitz in Deutschland hat (§ 32b Abs. 1 S. 2 ZPO). Bei Emittenten mit Sitz im EU-Ausland richtet sich der Gerichtsstand bzw. die internationale Zuständigkeit nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO)6, 7. Klagen gegen Emittenten mit Sitz im übrigen Ausland, z. B. den USA, richten sich hingegen nach den allgemeinen Bestimmungen der ZPO8. Funktionell sind für Ansprüche aus §§ 44 ff. BörsG gemäß §§ 94, 95 Abs. 1 Nr. 6 GVG die Kammern für Handelssachen zuständig. Wegen Ansprüchen auf Grund anderer Anspruchsgrundlagen sind hingegen die Zivilkammern nach Maßgabe der Geschäftsverteilungspläne zuständig9. In Abweichung vom Grundsatz, dass der Kläger die Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatsachen zu tragen hat10, sind insbesondere im Rahmen 4 Zum ausschließlichen Gerichtsstand gemäß § 32b ZPO vgl. BGH, BB 2007, 686 ff.; OLG München, WM 2007, 255 ff.; OLG München, ZIP 2006, 1699 f.; OLG Nürnberg, WM 2006, 2079 f.; OLG Koblenz, NJW 2006, 3723 ff. Kritisch gegenüber der neuen Zuständigkeitsregelung Duve/Pfitzner, BB 2005, 673, 676 f.; Plaßmeier, NZG 2005, 609, 613 f.; Hess, WM 2004, 2329, 2331 f.; Hess/Michailidou, ZIP 2004, 1381, 1384 f., v. Hein, RIW 2004, 602, 608 ff.; Keller/Kolling, BKR 2005, 399, 402 f. 5 BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 17, 33 f. 6 ABl. EG Nr. L 12 vom 16.01.2001, S. 1. 7 Vgl. hierzu BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 17, 34. 8 Vgl. hierzu ausführlich v. Hein, RIW 2004, 602, 604 ff. 9 Zu den praktischen Folgen der allgemeinen Zuständigkeit bei Ansprüchen auf Grund anderer Anspruchsgrundlagen als §§ 44 ff. BörsG s. Gundermann/Härtle, VuR 2006, 457 f. 10 Vgl. Schellhammer, Zivilprozess, Rn. 387 m.w. N.

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der börsengesetzlichen Prospekthaftung die oben in Teil 4 A. eingehend behandelten Beweislasterleichterungen zugunsten der Anleger zu berücksichtigen11. 3. Kollektive Anspruchsverfolgung: Musterklageverfahren nach dem KapMuG a) Hintergrund Bis zum Inkrafttreten des KapMuG bestand in Deutschland kein spezifisches Verfahren zur Verfolgung von Schadenersatzansprüchen im Zusammenhang mit Massenschadensereignissen12. Bisher ließ sich eine Bündelung gleichgerichteter Ansprüche nur im Wege einer Streitgenossenschaft gemäß §§ 59, 60 ZPO erreichen13. Eine Nebenintervention gemäß § 66 ZPO scheitert regelmäßig daran, dass es an dem nach § 66 Abs. 1 ZPO erforderlichen rechtlichen Interesse eines geschädigten Anlegers am Ausgang des Rechtsstreits eines anderen Anlegers fehlt14. Eine Verfahrensverbindung gemäß § 147 ZPO hinsichtlich aller anhängigen Verfahren scheitert wiederum daran, dass sie nur bei solchen Verfahren in Betracht kommt, die in der gleichen Instanz beim gleichen Gericht anhängig sind. Für eine Aussetzung einzelner Verfahren gemäß § 148 ZPO bis zur Entscheidung eines Musterprozesses fehlt es in der Regel an der erforderlichen Vorgreiflichkeit der Entscheidung des Musterverfahrens für die übrigen Verfahren. Zudem erstreckt sich die Rechtskraft einer Entscheidung im Musterprozess nicht automatisch auf die ausgesetzten Verfahren15. Schließlich ist die Bündelung gleichgerichteter Ansprüche durch Übertragung derselben auf Aktionärsvereinigungen oder sonstige In11 s. hierzu im Einzelnen oben (zur Haftung gem. §§ 44 ff. BörsG) Teil 4 A.II.9. und Teil 4 A.II.10. sowie (zur deliktischen Haftung) Teil 4 A.V.4. 12 Für einen Überblick zu den sonstigen Klagebündelungsformen, namentlich den Verbandsklagen nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) sowie dem Rechtsberatungsgesetz (RBerG) vgl. Micklitz/Stadler in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 19 ff. 13 Bei Kapitalmarktschäden haben geschädigte Anleger zwar in der Regel gleichartige, auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche i. S. v. § 60 ZPO. Geschädigte Anleger können daher in einem Prozess gemeinschaftlich als Kläger auftreten, so dass eine gemeinsame Beweisaufnahme und eine einheitliche Beweiswürdigung erfolgen kann. Schwierigkeiten ergeben sich bei einer Streitgenossenschaft jedoch daraus, dass geschädigte Anleger in der Regel nur zufällig zur gemeinsamen Anspruchsverfolgung zusammenfinden (BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 13; Reuschle, WM 2004, 966, 967; (a. A.) Säcker, Verbandsklage, Rn. 111). 14 BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 13 f.; Reuschle, WM 2004, 966, 968. 15 Vgl. hierzu BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 13 f.; Reuschle, WM 2004, 966, 968. Zu den Möglichkeiten einer Bündelung gleichgerichteter Interessen über eine gesetzgeberische Anpassung der hergebrachten prozessualen Mittel ohne Einführung eines Musterverfahrens s. Säcker, Verbandsklage, Rn. 111 f.

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teressengemeinschaften erheblichen Bedenken im Hinblick auf einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz (RBerG) ausgesetzt16, 17. Um eine effektive gerichtliche Verfolgung von Anlegerschäden zu gewährleisten und die Erfüllung der Präventionsfunktion der Haftung sicherzustellen18, hat der Gesetzgeber mit dem KapMuG ein Gruppenklageverfahren zur Bündelung gleichgerichteter kapitalmarktrechtlicher Klagen eingeführt. Hierdurch soll vor allem das auf jeden einzelnen Kläger entfallende Prozesskostenrisiko reduziert und die Geltendmachung auch kleinerer Schäden erleichtert werden19. Dies ist von besonderer Bedeutung, weil bei der gerichtlichen Aufklärung von Kapitalmarktschäden auf der einen Seite regelmäßig hohe Sachverständigenkosten entstehen. Auf der anderen Seite ist der auf jeden einzelnen Anleger entfallende Schaden zumeist relativ gering. Kapitalmarktschäden erlangen ihre große Bedeutung erst dadurch, dass regelmäßig ein besonders großer Kreis von Anlegern geschädigt wird. Man spricht deshalb auch von Streuschäden20. Zudem soll durch die Bündelung der Klagen eine einheitliche Rechtsprechung zu ein und denselben Tatsachen- und Rechtsfragen erreicht und die Justiz entlastet werden21. b) Der Anwendungsbereich des KapMuG Der Anwendungsbereich des KapMuG beschränkt sich gemäß § 1 Abs. 1 auf kapitalmarktrechtliche Ansprüche von Anlegern, namentlich auf Schadenersatzansprüche wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformationen sowie auf Erfüllungsansprüche aus Verträgen, die auf einem

16 BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 14; Loritz/Wagner, WM 2007, 477 ff.; (a. A., einen Verstoß gegen das RBerG verneinend) Koch, NJW 2006, 1469 ff., Heß, AG 2003, 113, 122 f. 17 s. hierzu auch den Überblick bei Hess in: Kölner Komm, KapMuG, Einl. Rn. 5 ff. 18 Zur Ausgleichs- und zur Präventionsfunktion der Haftung s. bereits oben Teil 1 A.III. 19 BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 16; Duve/Pfitzner, BB 2005, 673, 675; Reuschle, WM 2004, 2334, 2335; Hess/Michailidou, ZIP 2004, 1381, 1382; B. Schneider, BB 2005, 2249; Meier, DStR 2005, 1860. 20 BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 13, 16; Reuschle, WM 2004, 966, 970; Zypries, ZRP 2004, 177; Micklitz/Stadler in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 9 ff. 21 BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 16; Reuschle, NZG 2004, 590 f.; Zypries, ZRP 2004, 177. Zu den Bedenken gegen eine Entlastung der Justiz vgl. die Stellungnahme des Bundesrates zum KapMuG-RegE, BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, Anlage 2, S. 39 f.; Plaßmeier, NZG 2005, 609, 614; Säcker, Verbandsklage, Rn. 105 ff.; (insb. zur Ineffizienz des Vorlageverfahrens) Erttmann/Keul, WM 2007, 482, ff. Zu den rechtspolitischen Gründen für ein Musterklageverfahren im Kapitalmarktrecht vgl. auch Heß, AG 2003, 113, 114 ff.; Reuschle, WM 2004, 966, 972 f.; Keller/Kolling, BKR 2005, 399 f.; (dagegen) Plaßmeier, NZG 2005, 609, 615 f.

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Angebot nach dem WpÜG beruhen22. Das Musterklageverfahren stellt daher kein generelles prozessuales Mittel zur Durchsetzung gleichgerichteter Ansprüche dar23. Es findet jedoch auf die hier behandelten Ersatzansprüche gemäß §§ 44 ff. BörsG, § 823 Abs. 2 BGB z. B. i.V. m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG, § 264a oder § 263 StGB sowie § 826 BGB vollumfänglich Anwendung24. Es erfasst zudem Ansprüche gegen alle in Betracht kommenden ersatzpflichtigen Personen, wie die hier behandelten Vorstandsmitglieder des Emittenten, den Emittenten oder die emissionsbegleitenden Banken25. Da das mit dem KapMuG eingeführte Musterklageverfahren eine Neuerung im deutschen Zivilprozessrecht darstellt, wurde seine Geltung auf Anraten des Bundesrates zunächst auf fünf Jahre bis zum 1. November 2010 beschränkt (Art. 9 Abs. 2 EG-KapMuG)26. c) Natur des Musterklageverfahrens Das Musterklageverfahren nach dem KapMuG stellt kein Verbands- oder Gruppenklageverfahren dar, bei dem über die Ansprüche aller geschädigten Anleger in einem gemeinsamen Verfahren, das ein Interessenverband oder ein Gruppenkläger für die übrigen Anspruchsberechtigten führt, abschließend entschieden wird27. Das Musterklageverfahren des KapMuG findet sein Vorbild vielmehr im verwaltungsgerichtlichen Musterverfahren gemäß § 93a VwGO. Es weicht von diesem jedoch in wesentlichen Punkten ab28. Im Rahmen eines 22 Zum KapMuG aus übernahmerechtlicher Sicht vgl. Hecker, ZBB 2004, 503 ff.; Pohlmann, ZGR 2007, 1 ff. 23 Zum Anwendungsbereich des KapMuG s. auch Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 85 ff.; Reuschle, ZBB-Report 2004, 518, 520 f. Für eine Ausweitung des Verfahrens auf andere Fälle, die kollektive Rechtsbehelfe erfordern Hess/Michailidou, ZIP 2004, 1381, 1386 f. 24 BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 20; Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 85; Kruis in: Kölner Komm, KapMuG, § 1 Rn. 62 ff. 25 Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 86. 26 Vgl. die Stellungnahme des Bundesrates in BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/ 5091, Anlage 2, S. 47 sowie die Gegenäußerung der Bundesregierung hierzu in Anlage 3, S. 52. Vgl. hierzu auch Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 80 f. Das Bundesministerium der Justiz hat Anfang 2009 u. a. im Zusammenhang mit den Plänen der EU-Kommission zur Einführung kollektiver Rechtsschutzinstrumente für Verbraucher mit einer Evaluation des KapMuG begonnen. 27 Für die Einführung einer Gruppenklage aber Hopt/Baetge in: Basedow/Hopt/ Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen, S. 6, 47 ff. Für die Einführung einer Vertreterklage: RegKom CG, Bericht, BT-Drs. 14/7515, Rn. 188 ff. Allgemein zur Einordnung der Verbandsklage in das deutsche Recht vgl. Säcker, Verbandsklage; Reuschle in: Kölner Komm, KapMuG, § 8 Rn. 2 ff. 28 Vgl. hierzu BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 14 f.; Reuschle, WM 2004, 966, 974 f.; ders., NZG 2004, 590 Fn. 8; Duve/Pfitzner, BB 2005, 673, 674; Hess/ Michailidou, ZIP 2004, 1381, 1385.

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Musterklageverfahrens wird für eine Mehrheit von Klägern verselbständigt nur das Vorliegen von in mehreren Einzelprozessen strittigen Anspruchsvoraussetzungen oder Rechtsfragen in sachlicher und rechtlicher Hinsicht festgestellt29. Bei dem Musterentscheid handelt es sich deshalb um einen Feststellungsbeschluss. Er ist hinsichtlich der darin festgestellten Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfragen für die Prozessgerichte, vor denen die Einzelverfahren der geschädigten Anleger anhängig sind, rechtlich bindend. Rechtsfragen, die vom jeweiligen Einzelfall abhängen, wie Fragen der Kausalität – soweit ihnen ein individueller Tatsachenverlauf zugrunde liegt –, ein Mitverschulden oder der individuelle Schaden des Anlegers, sind im Rahmen des Ausgangsverfahrens vor dem Prozessgericht gesondert zu klären30. d) Der Ablauf des Verfahrens Das Musterklageverfahren nach dem KapMuG gliedert sich in drei Abschnitte: Das Vorlageverfahren beim erstinstanzlichen Prozessgericht, die Durchführung des eigentlichen Musterverfahrens beim Oberlandesgericht und die Fortsetzung der individuellen Klageverfahren vor dem Prozessgericht. aa) Vorlageverfahren Die Einleitung eines Musterverfahrens in einer kapitalmarktrechtlichen Streitigkeit wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformationen31 setzt zunächst voraus, dass ein geschädigter Anleger in einem erstinstanzlichen Verfahren vor dem zuständigen Landgericht eine individuelle Leistungsklage auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens erhebt32. Hinsichtlich der örtlichen und funktionellen Zuständigkeit für die Einleitung der Ausgangsverfahren gilt das Gleiche wie bei der Einzeldurchsetzung von Ersatzansprüchen33.

29 BGH, ZIP 2008, 1326; Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 84; Vorwerk in: Vorwerk/Wolf, KapMuG, § 1 Rn. 38. 30 BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 20; BGH, ZIP 2008, 1326; Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 99; Hess, ZIP 2005, 1713, 1715; Hess/Michailidou, ZIP 2004, 1381, 1382; Bergmeister, KapMuG, S. 204. 31 Öffentliche Kapitalmarktinformationen sind nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 1 S. 3 KapMuG „für eine Vielzahl von Kapitalanlegern bestimmte Informationen über Tatsachen, Umstände, Kennzahlen und sonstige Unternehmensdaten, die einen Emittenten von Wertpapieren oder Anbieter von sonstigen Vermögensanlagen betreffen“. Dies sind ausweislich der nichtabschließenden Aufzählung in § 1 Abs. 1 S. 4 KapMuG auch Angaben in „Prospekten nach dem Wertpapierprospektgesetz“. 32 BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 20; Hess, ZIP 2005, 1713, 1715; Kruis in: Kölner Komm, KapMuG, § 1 Rn. 15 ff. 33 s. oben Teil 5 B.I.2.

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Im Rahmen des erstinstanzlichen Leistungsklageverfahrens können die Kläger oder der Beklagte (§ 1 Abs. 1 S. 2 KapMuG) einen sogenannten Musterfeststellungsantrag stellen34. Dabei handelt es sich gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 KapMuG um einen Antrag gerichtet auf Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens einer anspruchsbegründenden oder anspruchsausschließenden Voraussetzung oder auf Klärung einzelner Rechtsfragen (sogenanntes Feststellungsziel)35. Ein Musterfeststellungsantrag ist nur zulässig, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von der Klärung des Feststellungsziels abhängt36. Zudem hat der Antragssteller darzulegen, dass der Entscheidung über den Musterfeststellungsantrag, über den einzelnen Rechtsstreit hinaus, auch für andere gleichgelagerte Rechtsstreitigkeiten eine Bedeutung zukommen kann (§ 1 Abs. 2 S. 3 KapMuG). Nicht erforderlich ist jedoch, dass bei Stellung des Antrags bereits andere gleichgelagerte Klagen vor demselben Prozessgericht oder anderen Gerichten anhängig sind37. Die im Rahmen eines Musterfeststellungsantrags im Einzelnen zu machenden Angaben ergeben sich aus § 1 Abs. 2 KapMuG38. Das erstinstanzliche Prozessgericht entscheidet über den Musterfeststellungsantrag durch Beschluss. Bei Vorliegen der in § 1 Abs. 3 KapMuG genannten Gründe weist es ihn als unzulässig ab39. Nimmt das Prozessgericht den Antrag an, macht es ihn gemäß § 2 Abs. 1 KapMuG im Klageregister des elektronischen Bundesanzeigers unter der Rubrik „Klageregister“ öffentlich bekannt40. 34 Sind nach einer Verfahrensverbindung mehrere Kläger oder Beklagte an einem Verfahren beteiligt, kann jeder von ihnen einen gesonderten Musterfeststellungsantrag stellen (LG Stuttgart, Vorlagebeschluss v. 03.07.2006 – 21 O 408/05 [OLG 9 Kap 1/ 06]; Gundermann/Härtle, VuR 2006, 457, 458 f.; Reuschle, KapMuG, S. 33). 35 § 1 Abs. 1 S. 1 KapMuG geht insoweit über § 256 ZPO hinaus, als im Rahmen eines Musterverfahrens auch nur einzelne Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses oder einer Anspruchsgrundlage festgestellt werden können (vgl. BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 20). Zum Feststellungsziel bei der Börsenprospekthaftung vgl. Reuschle, WM 2004, 2334, 2337 Fn. 28. Zur Feststellungsfähigkeit einzelner Streitpunkte vgl. Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 103 f.; Kruis in: Kölner Komm, KapMuG, § 1 Rn. 103 ff. 36 BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 20; Krämer in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, § 10 Rn. 378; Hess, ZIP 2005, 1713, 1715; Meier, DStR 2005, 1860; Möllers/Weichert, NJW 2005, 2737, 2739; Bergmeister, KapMuG, S. 206. 37 BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 21. 38 Vgl. hierzu ausführlich BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 21; Kruis in: Kölner Komm, KapMuG, § 1 Rn. 167 ff. 39 Vgl. hierzu BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 21; Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 89; Vorwerk in: Vorwerk/Wolf, KapMuG, § 1 Rn. 50 ff.; Kruis in: Kölner Komm, KapMuG, § 1 Rn. 183 ff. Zur Abweisung eines nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Ausgangsverfahren gestellten Musterfeststellungsantrags als verspätet, vgl. Bergdolt/Hell, BKR 2007, 145 ff. unter Verweis auf LG München I, Urt. v. 31.10.2006 – 26 O 25040/05 (unveröffentlicht, nicht rechtskräftig). 40 http://www.ebundesanzeiger.de (zuletzt abgerufen am 6.9.2009). Inhalt und Aufbau des Klageregisters sowie weitere Einzelheiten der Bekanntmachung sind in der nach § 2 Abs. 6 KapMuG vom Bundesjustizministerium erlassenen Verordnung über

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Der Inhalt der Bekanntmachung richtet sich nach § 2 Abs. 1 S. 4 KapMuG. Durch die Bekanntmachung des Musterfeststellungsantrags im Klageregister sollen andere Anleger informiert und dazu veranlasst werden, sich am Musterverfahren zu beteiligen41. Das Recht zur Einsichtnahme in das Klageregister steht deshalb jedermann unentgeltlich zu (§ 2 Abs. 2 KapMuG, § 5 KlagRegV). Mehrere gleichgerichtete Musterfeststellungsanträge werden in der Reihenfolge ihrer Bekanntmachung im Klageregister erfasst, bis die nach § 4 Abs. 1 S. 1 KapMuG für die Einleitung eines Musterverfahrens notwendige Anzahl gleichgerichteter Musterfeststellungsanträge erreicht wird (§ 2 Abs. 1 S. 4 und 5 KapMuG)42. Gleichgerichtet sind Musterfeststellungsanträge, wenn ihr Feststellungsziel den gleichen Lebenssachverhalt betrifft (§ 2 Abs. 1 S. 5 KapMuG). Damit verschiedene Musterfeststellungsanträge gleichgerichtet sind, ist deshalb nicht erforderlich, dass sie das gleiche Feststellungsziel verfolgen, sondern nur, dass das Feststellungsziel den gleichen Lebenssachverhalt betrifft43. Mit der Veröffentlichung des Musterfeststellungsantrags im Klageregister wird das erstinstanzliche Verfahren vor dem Prozessgericht unterbrochen (§ 3 KapMuG). Es wird wieder aufgenommen, wenn nicht innerhalb von vier Monaten nach der Veröffentlichung des Musterfeststellungsantrags im Klageregister in mindestens neun weiteren Verfahren gleichgerichtete Musterfeststellungsanträge gestellt wurden (§ 4 Abs. 4 KapMuG). Wird die erforderliche Anzahl gleichgerichteter Musterfeststellungsanträge fristgerecht gestellt, erlässt das Prozessgericht, bei dem der zeitlich erste Musterfeststellungsantrag gestellt wurde, einen so genannten Vorlagebeschluss, wodurch eine Entscheidung über das Feststellungsziel durch das im Rechtszug übergeordnete Oberlandesgericht herbeigeführt wird (§ 4 Abs. 1 KapMuG)44. Der Erlass und das Datum des Vorlagebeschlusses werden ebenfalls im Klageregister bekannt gemacht (§ 4 Abs. 3 KapMuG). Mit dem Erlass des Vorlagebeschlusses ist nach § 5 KapMuG die

das Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (Klageregisterverordnung – KlagRegV, BGBl. I 2005, S. 3092 f.) geregelt. Zum Klageregister s. auch BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 21 f.; Reuschle, WM 2004, 2334, 2337; Krämer in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, § 7 Rn. 386; B. Schneider, BB 2005, 2249, 2252; Meier, DStR 2005, 1860, 1861; Riedel in: Vorwerk/Wolf, KapMuG, § 2 Rn. 3; Reuschle in: Kölner Komm, KapMuG, § 2 Rn. 152 ff. 41 BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 18, 22; Duve/Pfitzner, BB 2005, 673, 675; Sessler, WM 2004, 2344, 2345; Krämer in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, § 10 Rn. 379; Hess, ZIP 2005, 1713, 1715. 42 s. hierzu unten Teil 5 B.I.3.d)bb). 43 Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 91; Reuschle in: Kölner Komm, KapMuG, § 2 Rn. 47 ff., 50. 44 Der Inhalt des Vorlagebeschlusses richtet sich nach § 4 Abs. 2 KapMuG. Vgl. hierzu ausführlich BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 23; Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 92.

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Einleitung eines weiteren Musterverfahrens mit dem gleichen Feststellungsziel unzulässig45. bb) Musterverfahren Das eigentliche Musterverfahren wird nach Eingang des Vorlagebeschlusses vor dem im Rechtszug übergeordneten Oberlandesgericht durchgeführt (§ 118 GVG)46. Es wird von einem Musterkläger betrieben, den das Oberlandesgericht aus der Gruppe der Kläger bei dem Prozessgericht, das den Musterentscheid herbeiführt, nach billigem Ermessen bestimmt (§ 8 Abs. 2 KapMuG)47. Dies soll ein sogenanntes „race to the courtroom“ verhindern48. Um eine interessengerechte Bestimmung des Musterklägers zu gewährleisten, ist bei seiner Auswahl die Höhe des von jedem Kläger geltend gemachten Anspruchs, soweit er von dem Musterverfahren betroffen ist, sowie eine etwaige Verständigung mehrerer Kläger auf einen Musterkläger zu berücksichtigen49. Nach Eingang des Vorlagebeschlusses beim Oberlandesgericht und der Bestimmung des Musterklägers wird das anhängige Musterverfahren mit den in § 6 S. 1 KapMuG genannten Angaben im Klageregister bekannt gemacht. Zudem sind im Anschluss daran gemäß § 7 KapMuG alle bereits anhängigen oder bis zum Erlass des Musterentscheids nach § 14 KapMuG noch anhängig werdenden Verfahren, deren Entscheidung vom Ausgang des Musterverfahrens abhängt, durch das Prozessgericht von Amts wegen auszusetzen50. Dies betrifft

45 Vgl. hierzu BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 24; Kruis in: Kölner Komm, KapMuG, § 5 Rn. 1 ff. 46 Zur Kritik an der Zuständigkeit des OLG vgl. Hess/Michailidou, ZIP 2004, 1381, 1384. 47 Vgl. hierzu ausführlich BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 25; Reuschle, WM 2004, 2334, 2339; Lange in: Vorwerk/Wolf, KapMuG, § 8 Rn. 12 ff.; Reuschle in: Kölner Komm, KapMuG, § 8 Rn. 32 ff. 48 BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 25; Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 94; Bergmeister, KapMuG, S. 211; kritisch zur Bestimmung des Musterklägers durch das OLG Duve/Pfitzner, BB 2005, 673, 677 f.; Plaßmeier, NZG 2005, 609, 611. 49 Nach Möglichkeit soll derjenige Kläger als Musterkläger bestimmt werden, der den höchsten Einzelanspruch verfolgt. Von ihm wird erwartet, dass er auch die Interessen der anderen Kläger am besten wahrnehmen wird, da er das größte finanzielle Interesse an einem positiven Ausgang des Verfahrens hat (BegrRegE KapMuG, BTDrs. 15/5091, S. 25; Reuschle, WM 2004, 2334, 2339). Vgl. hierzu auch Bergmeister, KapMuG, S. 210 ff. 50 Umstritten ist, ob dies alle Verfahren betrifft, in denen dasselbe Feststellungsziel entscheidungserheblich ist, oder nur diejenigen Verfahren, in denen der oder die gleichen Streitpunkte, d.h. das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines oder mehrerer Tatbestandsmerkmale, betroffen sind (vgl. hierzu ausführlich Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 97, der die letztgenannte Ansicht befürwortet; [a. A.] Reuschle, WM 2004, 2334, 2337, wohl in Übereinstimmung mit der Intention des Gesetzgebers).

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auch solche Verfahren, in denen kein Musterfeststellungsantrag gestellt wurde51. Hierdurch soll eine einheitliche Entscheidung in allen Parallelverfahren erreicht werden52. Die Kläger und Beklagten der ausgesetzten Verfahren, die nicht zum Musterkläger bestimmt wurden, nehmen als Beigeladene am Musterverfahren teil. Der Aussetzungsbeschluss gilt als Beiladung (§ 8 Abs. 3 S. 1 und 2 KapMuG). Sie haben eine dem einfachen Nebenintervenienten i. S. v. § 67 ZPO vergleichbare Rechtsstellung. Ihnen kommt daher nur die Stellung eines Streithelfers zu53. Der Musterkläger ist nicht Vertreter der Beigeladenen und hat diesen gegenüber deshalb auch keine Treuepflichten54. Parteien des Musterverfahrens sind nur der Musterkläger und der Musterbeklagte55. Mehrere Beklagte des Hauptsacheverfahrens, z. B. der Emittent und ein Mitglied des Vorstands, können auch im Musterverfahren die Stellung von Streitgenossen i. S. d. §§ 59 ff. ZPO haben56. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts im Musterverfahren ergeht gemäß § 14 Abs. 1 KapMuG durch Beschluss (sogenannter Musterentscheid). Die Zustellung des Beschlusses gegenüber den Parteien des Musterverfahrens bzw. die formlose Mitteilung gegenüber den Beigeladenen (vgl. § 14 Abs. 1 S. 2 KapMuG) kann durch öffentliche Bekanntmachung im Klageregister ersetzt werden (§ 14 Abs. 1 S. 3 und 4 i.V. m. § 9 Abs. 2 S. 2 KapMuG)57. Gegen den Musterentscheid steht gemäß § 15 KapMuG allen Beteiligten, also dem Musterkläger, dem Musterbeklagten und auch den Beigeladenen, die 51 Zu der Frage, ob davon auch Verfahren erfasst werden, die nicht Gegenstand eines Musterverfahrens sein können, vgl. Möllers, NZG 2009, 172 ff. 52 Ausgenommen von der Zwangsaussetzung gemäß § 7 KapMuG sind in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens aus § 1 Abs. 3 Nr. 1 KapMuG regelmäßig nur solche Verfahren, die bereits entscheidungsreif sind (BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 24 f.; OLG München, ZIP 2006, 1247, 1248 [EM.TV]; Sethe, EWiR 2006, 739, 740). 53 Vgl. den Wortlaut des mit § 67 ZPO weitgehend identischen § 12 KapMuG. Danach können die Beigeladenen Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend machen und alle Prozesshandlungen wirksam vornehmen, soweit sie nicht mit Erklärungen und Handlungen seiner Hauptpartei in Widerspruch stehen (s. hierzu BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 25 f., 28; Lüke, ZZP 2006, 131, 149 ff.; Reuschle, WM 2004, 2334, 2339; Lange in: Vorwerk/Wolf, KapMuG, § 8 Rn. 9). 54 Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 108; Gundermann/Härtle, VuR 2006, 457, 460; Hess in: Kölner Komm, KapMuG, Einl. Rn. 59 ff. Die Einführung eines Vertretermodells hatte allerdings die RegKom CG, Bericht, BT-Drs. 14/7515, Rn. 188 ff. vorgeschlagen. 55 BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 25 f., 28; Lüke, ZZP 2006, 131, 149 ff.; Hess/Michailidou, ZIP 2004, 1381, 1383; Lange in: Vorwerk/Wolf, KapMuG, § 8 Rn. 5 f. 56 BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 25. 57 Vgl. hierzu BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 29; Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 110.

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Teil 5: Durchsetzung von Prospekthaftungsansprüchen durch die Aktionäre

Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zu. Legt der Musterkläger Rechtsbeschwerde ein, wird er Musterkläger des Rechtsbeschwerdeverfahrens (sogenannter Musterrechtsbeschwerdeführer). Legt er kein Rechtsmittel ein, sondern nur einer oder mehrere Beigeladene, wird derjenige Beigeladene, der die Rechtsbeschwerde als erster eingelegt hat, Musterrechtsbeschwerdeführer (§ 15 Abs. 3 und 4 KapMuG). Die Beigeladenen, die nicht selbst Rechtsbeschwerde eingelegt haben, können dem Rechtsbeschwerdeverfahren innerhalb einer Notfrist von einem Monat ab Zustellung der Mitteilung über die Einlegung einer Rechtsbeschwerde beitreten. Treten sie fristgerecht bei, haben sie auch im Rechtsmittelverfahren die Stellung von Beigeladenen i. S. v. § 12 KapMuG. Tun sie dies nicht, wird das Rechtsmittelverfahren ohne ihre weitere Beteiligung fortgesetzt (§ 15 Abs. 2 S. 6 und 7 KapMuG). Der Musterentscheid des Oberlandesgerichts bindet alle Prozessgerichte, deren Entscheidung von der im Musterverfahren getroffenen Feststellung oder der im Musterverfahren zu klärenden Rechtsfrage abhängt (§ 16 Abs. 1 S. 1 KapMuG)58. Der Beschluss entfaltet deshalb auch gegenüber allen Beigeladenen des Verfahrens volle Rechtskraftwirkung, unabhängig davon, ob sie selbst alle Streitpunkte des Musterverfahrens ausdrücklich geltend gemacht haben (§ 16 Abs. 1 S. 3 KapMuG). Dies gilt bei einem im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens ergangenen Musterentscheid auch gegenüber denjenigen Beigeladenen, die dem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beigetreten sind (§ 16 Abs. 3 KapMuG). Keine Bindungswirkung tritt im Verhältnis zum Gegner in den in § 16 Abs. 2 KapMuG genannten Fällen59 sowie hinsichtlich solcher Ansprüche ein, die nicht bis zum Erlass des Musterentscheids durch Klageerhebung rechtshängig gemacht und nach § 7 KapMuG ausgesetzt wurden60.

58 Zur Bindungswirkung und Rechtskraftwirkung des Musterentscheids vgl. ausführlich Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 104 ff., 114 ff.; Lüke, ZZP 2006, 131 ff.; Gebauer, ZZP 2006, 159 ff.; Wolf in: Vorwerk/Wolf, KapMuG, § 16 Rn. 3 ff.; Hess in: Kölner Komm, KapMuG, § 16 Rn. 3 ff. 59 Die Bindungswirkung ist danach parallel zu derjenigen der Nebenintervention gemäß § 68 ZPO ausgestaltet (vgl. BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 31, 34; Duve/Pfitzner, BB 2005, 673, 675; Hess/Michailidou, ZIP 2004, 1381, 1383; Hess, WM 2004, 2329, 2331; ders., ZIP 2005, 1713, 1716; Krämer in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, § 9 Rn. 390; B. Schneider, BB 2005, 2249, 2255; Meier, DStR 2005, 1860, 1862; Möllers/Weichert, NJW 2005, 2737, 2740; Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 116; Lüke, ZZP 2006, 131, 140; Ek, Haftungsrisiken für VS und AR, S. 153; Hess in: Kölner Komm, KapMuG, § 16 Rn. 68). Zum Umfang der Interventionswirkung vgl. ausführlich Lüke, ZZP 2006, 131, 142 ff.; Gebauer, ZZP 2006, 159, 169 ff. 60 Hinsichtlich dieser Ansprüche droht in der Regel die Verjährung, da für sie keine Verjährungshemmung gemäß §§ 203 ff. BGB eintritt (Gundermann/Härtle, VuR 2006, 457, 461; Lüke, ZZP 2006, 131, 139 f.; Keller/Kolling, BKR 2005, 399, 401 f.).

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cc) Wiederaufnahme des Hauptsacheverfahrens vor dem Prozessgericht Reicht einer der Beteiligten des Ausgangsverfahrens den rechtskräftigen Musterentscheid beim Prozessgericht ein, wird das Verfahren in der Hauptsache wieder aufgenommen. Das Prozessgericht entscheidet unter Zugrundelegung der Bindungswirkung des Musterentscheids gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 KapMuG in der Hauptsache sowie über die Kosten. e) Kostentragung Die Durchführung des Musterverfahrens hängt gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 KapMuG nicht von der vorherigen Zahlung eines Auslagenvorschusses ab61. Die im erstinstanzlichen Musterverfahren erwachsenen Kosten sind – für den Musterbeklagten und den auf seiner Seite Beigeladenen anteilig – Teil der Kosten des jeweiligen erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Prozessgericht62. Die Kosten, die auf den Musterkläger und die auf seiner Seite Beigeladenen entfallen, bestimmen sich nach ihrem Anteil an dem Gesamtbetrag der vom Musterkläger und den auf seiner Seite Beigeladenen geltend gemachten Ansprüche (§ 17 KapMuG). Zusätzliche Anwaltskosten fallen für die Durchführung des Musterverfahrens nach dem KapMuG nicht an, da das erstinstanzliche Prozessverfahren und der erste Rechtszug des Musterverfahrens gemäß § 16 Nr. 15 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) dieselbe Angelegenheit bilden63. Bei den Kosten, die aus dem Musterverfahren anteilig auf die jeweiligen Prozessverfahren zu verteilen sind, handelt es sich daher in erster Linie um Auslagen, insbesondere für die Vergütung eines Sachverständigen64. Hinsichtlich der im Rechtbeschwerdeverfahren erwachsenen Kosten ist gemäß § 19 KapMuG zu differenzieren. Haben der Musterkläger oder ein auf seiner Seite Beigeladener ohne Erfolg Rechtsbeschwerde eingelegt, haben der Musterbeschwerdeführer und nur die auf seiner Seite im Rechtsbeschwerdeverfahren Beteiligten die Kosten anteilig nach dem Grad ihrer Beteiligung zu tragen (§ 19 Abs. 1 KapMuG). Hat hingegen der Musterbeklagte oder ein auf seiner Seite Beigeladener erfolgreich Rechtsbeschwerde eingelegt, sind die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gemäß § 19 Abs. 2 KapMuG nicht nur von den daran Beteiligten, sondern von allen am erstinstanzlichen Musterverfahren Beteiligten 61 Vgl. hierzu BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 26 f.; Reuschle, WM 2004, 2334, 2340 f. 62 Zur Kritik an dieser Regelung s. Hess/Michailidou, ZIP 2004, 1381, 1386. 63 BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 37; Duve/Pfitzner, BB 2005, 673, 675; Krämer in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, § 10 Rn. 384; B. Schneider, BB 2005, 2249, 2257; Möllers/Weichert, NJW 2005, 2737, 2740; Riedel in: Vorwerk/Wolf, KapMuG, § 17 Rn. 1. 64 Duve/Pfitzner, BB 2005, 673, 675; B. Schneider, BB 2005, 2249, 2257; MaierReimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 118.

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zu tragen. Dies wird damit begründet, dass sich der Erfolg der Rechtsbeschwerde des Musterbeklagten auf alle Beteiligten des erstinstanzlichen Musterverfahrens bezieht, unabhängig davon, ob sie am Rechtsmittelverfahren beteiligt waren oder nicht65. Bei teilweisem Obsiegen gilt § 92 ZPO entsprechend, wobei alle am erstinstanzlichen Musterklageverfahren auf Seiten des Musterklägers Beigeladenen an den Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu beteiligen sind66. Hebt das Rechtsbeschwerdegericht den Musterentscheid des Oberlandesgerichts auf und verweist die Sache zur erneuten Entscheidung zurück, so entscheidet das Oberlandesgericht nach billigem Ermessen auch über die Kostentragung im Rechtsmittelverfahren (§ 19 Abs. 4 S. 1 KapMuG)67.

II. Die Geltendmachung von Reflexschäden und kongruenten Schäden 1. Einführung Reflexschäden und kongruenten Schäden im Vermögen der Aktionäre liegt stets ein unmittelbarer Schaden im Vermögen der Gesellschaft zugrunde. Dieser hat über eine Minderung des Gesellschaftsvermögens und einer damit verbundenen anteiligen Wertminderung aller Geschäftsanteile, quasi als Reflex, einen Schaden im Vermögen der Aktionäre zur Folge. Da Reflexschäden und kongruente Schäden im Vermögen der Aktionäre ebenso reflexartig durch einen Ersatz des Gesellschaftsschadens ausgeglichen werden, ist ein entsprechender Ersatzanspruch in erster Linie durch die Gesellschaft geltend zu machen und stets auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen gerichtet68. Macht die Gesellschaft einen ihr zustehenden Ersatzanspruch, der auf einer pflichtwidrigen Geschäftsführungsmaßnahme des Vorstands beruht, nicht von sich aus geltend, kann die Hauptversammlung die Gesellschaft gemäß § 147 AktG durch Beschluss, der der einfachen Mehrheit bedarf, zur Geltendmachung verpflichten69. Subsidiär zur eigenen Anspruchsverfolgung durch die Gesell65

BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 32. Vgl. hierzu BegrRegE KapMuG, BT-Drs. 15/5091, S. 32. 67 Zur Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren vgl. auch Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 119 f.; Riedel in: Vorwerk/Wolf, KapMuG, § 19 Rn. 1 ff.; Kruis in: Kölner Komm, KapMuG, § 19 Rn. 1 ff. 68 Vgl. hierzu ausführlich oben Teil 3 C.II.2.a) und Teil 3 C.II.2.c) sowie zusammenfassend Teil 3 C.IV.1.a). 69 Da Ersatzansprüche der Gesellschaft gegenüber Mitgliedern des Vorstands gemäß § 112 AktG vom Aufsichtsrat geltend zu machen sind, seine Mitglieder wegen ihrer kollegialen Nähe zum Vorstand hierbei aber möglicherweise nicht immer die Interessen der Gesellschaft vertreten, kann gemäß § 147 Abs. 2 AktG die Hauptversammlung bzw. das gemäß § 14 AktG zuständige Gericht zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs einen besonderen Vertreter bestellen (vgl. hierzu Hüffer, AktG, § 147 Rn. 1, 6 f.; Ek, Haftungsrisiken für VS und AR, S. 117 ff.; Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 148; 66

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schaft70 steht einer qualifizierten Minderheit von Aktionären gemäß § 148 AktG das Recht zu, Ansprüche der Gesellschaft gegenüber ihren Vorstandsmitgliedern im Wege der Prozessstandschaft im eigenen Namen auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen geltend zu machen71. Dieses Recht ist allerdings gemäß § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG auf solche Fälle beschränkt, in denen der begründete Verdacht besteht, dass der Vorstand grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Voraussetzung eines Klagerechts der Aktionäre gemäß § 148 AktG ist das erfolgreiche Betreiben eines Klagezulassungsverfahrens vor dem Landgericht am Sitz der Gesellschaft (§ 148 Abs. 2 S. 1 AktG) durch eine Minderheit von Aktionären, deren Anteile im Zeitpunkt der Antragstellung zusammen 1% des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von A 100.000 erreichen müssen (§ 148 Abs. 1 S. 1 AktG). Das Klagerecht der Aktionäre und das Klagezulassungsverfahren gemäß § 148 AktG wurden durch das am 1. November 2005 in Kraft getretene Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG)72 in das AktG eingeführt, nachdem in weiten Teilen der Literatur eine verbesserte Durchsetzung von Innenhaftungsansprüchen der Gesellschaft gegenüber ihren Organmitgliedern durch die Aktionäre angemahnt worden war73. Das Klagezulassungsverfahren soll das Risiko missbräuchlicher Haftungsklagen verringern und wurde als Ausgleich zu dem durch das UMAG herabgesetzten Minderheitenquorum gemäß § 148 Abs. 1 S. 1 AktG eingeführt74. allgemein zum Interessenkonflikt der Mitglieder des Aufsichtsrats bei der Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Vorstandsmitglieder der Gesellschaft vgl. Schroer, ZIP 2005, 2081; Koch, ZGR 2006, 769, 770 f.). 70 Zur Subsidiarität des Klagrechts der Aktionäre vgl. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, Abs. 3 AktG. 71 Ob es sich bei dem Klagerecht um eine actio pro socio, d.h. um ein eigenes, aus der Mitgliedschaft entspringendes Recht der Aktionäre handelt, Ansprüche der Gesellschaft gegenüber den Mitgliedern der Leitungsorgane geltend zu machen, ist fraglich (so allerdings BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 23 und zur parallelen Frage im Rahmen von § 309 Abs. 4 S. 1 und 2 AktG Altmeppen in: MünchKomm2, AktG, § 309 Rn. 124; Mertens in: FS Fleck, S. 209, 218). Da es sich bei den durch die Aktionäre im fremden Namen geltend zu machenden Ansprüche um Ansprüche der Gesellschaft handelt, spricht mehr dafür, eine gesetzliche Prozessstandschaft anzunehmen (so auch Hüffer, AktG, § 309 Rn. 21; Koch, ZGR 2006, 769, 778). Zudem handelt es sich bei den Ansprüchen gegen die Mitglieder der Leitungsorgane nicht um sog. Sozialansprüche, auf die sich die actio pro socio an sich bezieht (so auch Schmolke, Organwalterhaftung, S. 35 f.). 72 s. hierzu schon oben Teil 1 B.III.3. 73 Zur Diskussion in der Literatur vgl. RegKom CG, Bericht, BT-Drs. 14/7515, Rn. 72 f.; Baums, Gutachten F für den 63. DJT (2000), S. F 244 ff.; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 329 ff.; Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252 ff. 74 Vgl. hierzu BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 20; Koch, ZGR 2006, 769, 772; Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 150 sowie bereits RegKom CG, Bericht, BT-Drs. 14/ 7515, Rn. 72 f. Bis zum Inkrafttreten des UMAG war gemäß § 147 Abs. 3 AktG a. F.

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Teil 5: Durchsetzung von Prospekthaftungsansprüchen durch die Aktionäre

Das Klagerecht der Aktionäre aus § 148 AktG wird durch das Sonderprüfungsrecht gemäß §§ 142 ff. AktG ergänzt, da eine klageweise Anspruchsverfolgung durch die Aktionäre eine hinreichende Information über die zugrundeliegenden Gesellschaftsinterna voraussetzt75. 2. Klagezulassungsverfahren Der Geltendmachung von Ersatzansprüchen ist gemäß § 148 AktG ein Klagezulassungsverfahren vorgeschaltet. Das Klagezulassungsverfahren wird nur eingeleitet, wenn Aktionäre, deren Anteile im Zeitpunkt der Antragstellung zusammen 1% des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von A 100.000 erreichen, einen entsprechenden Antrag gestellt haben76. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass nur solche Aktionäre Klage erheben, die ein hinreichend gewichtiges Interesse an der Anspruchsverfolgung haben77. Das Klageverfahren ist zudem nur unter den vier Voraussetzungen des § 148 Abs. 1 S. 2 AktG zuzulassen78. Danach haben die den Klagezulassungsantrag stellenden Aktionäre nachzuweisen, dass sie bereits vor dem Zeitpunkt, in dem sie durch eine Veröffentlichung von der behaupteten Pflichtverletzung oder dem behaupteten Schaden Kenntnis erlangt haben oder hätten erlangen können, Aktionäre waren (§ 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG). Der Nachweis des Aktienbesitzes kann durch Vorlage von Depotauszügen oder Kaufunterlagen erbracht werden79. Darüber hinaus müssen die Antragsteller nachweisen, dass sie die Gesellschaft vor Antragstellung unter Setzung einer angemessenen Frist vergeblich aufgefordert haben, selbst Klage zu erheben (§ 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG). Eine Frist von zwei Monaten ist dabei als angemessen anzusehen80. Weiter müssen Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch zur Geltendmachung eines Ersatzanspruchs der Gesellschaft durch besondere Vertreter – ein eigenes Klagrecht stand den Aktionären nicht zu – ein Minderheitenquorum von 5% des Grundkapitals oder einem anteiligen Betrag daran von A 500.000 erforderlich. (Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des UMAG vgl. BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/ 5092, S. 19 f.; Schroer in: MünchKomm2, AktG, § 147 Rn. 27 f., 58 ff.) 75 Auf das Sonderprüfungsrecht gemäß §§ 142 ff. AktG soll hier nicht näher eingegangen werden. Vgl. hierzu aber ausführlich Duve/Basak, BB 2006, 1345 ff.; Wilsing/ Neumann, DB 2006, 31 ff.; Jänig, BB 2005, 949 ff.; Kirschner, BB 2005, 1865 ff. 76 Die zur Bildung des Minderheitenquorums erforderlichen Aktionäre können sich über entsprechende Aufforderungen im Aktionärsforum gemäß § 127a AktG, das auf der Internetseite des Bundesanzeigers (http://www.ebundesanzeiger.de – zuletzt abgerufen am 6.9.2009) geführt wird, organisieren. Zum Aktionärsforum vgl. ausführlich BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 15 ff.; Seibert, AG 2006, 16 ff. 77 BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 20; Koch, ZGR 2006, 769, 772. 78 Vgl. hierzu im Einzelnen Koch, ZGR 2006, 769, 773 ff.; Spindler, NZG 2005, 865, 866 ff. 79 BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 21. 80 BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 21 f.; Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 151.

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Unredlichkeit oder eine grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung ein Schaden entstanden ist (§ 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG)81. Dem Klagezulassungsverfahren ist daher nur dann stattzugeben, wenn der Verdacht grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Handelns besteht und die Klage in der Hauptsache hinreichende Aussicht auf Erfolg hat82. Schließlich dürfen der Geltendmachung des Ersatzanspruchs keine überwiegenden Gründe des Gesellschaftswohls entgegenstehen (§ 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AktG)83. Sie sind in der Regel von der gemäß § 148 Abs. 2 S. 7 AktG im Zulassungsverfahren beizuladenden Gesellschaft vorzutragen. Gemäß § 148 Abs. 2 S. 3 AktG hemmt die Stellung des Zulassungsantrags den Eintritt der Verjährung des streitgegenständlichen Anspruchs bis zur rechtskräftigen Abweisung des Zulassungsantrags oder bis zum Ablauf der dreimonatigen Frist zur Erhebung der Klage über den streitgegenständlichen Ersatzanspruch gemäß § 148 Abs. 4 S. 1 AktG. 3. Actio pro socio einer Aktionärsminderheit a) Durchführung der Schadenersatzklage Ist die Klage über den streitgegenständlichen Ersatzanspruch gemäß § 148 Abs. 1 und 2 AktG zugelassen worden, kann innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft der Zulassungsentscheidung Klage vor dem Landgericht erhoben werden, das auch über die Zulassung entschieden hat. Erforderlich ist jedoch, dass die Gesellschaft zuvor erneut unter angemessener Fristsetzung vergeblich aufgefordert wurde, selbst Klage zu erheben (§ 148 Abs. 4 S. 1 AktG)84. Klagebefugt sind ausschließlich die Antragsteller des Zulassungsverfahrens85. Die Klage ist auf Leistung an die Gesellschaft gerichtet86. 81 Eine Anspruchsverfolgung durch die Aktionäre der Gesellschaft ist deshalb ausgeschlossen, wenn die Verletzung nur auf einer leichten Verletzung des Gesetzes beruht. Zum Merkmal der Unredlichkeit oder groben Verletzung des Gesetzes oder der Satzung vgl. Kolb, DZWIR 2006, 50, 51; Spindler, NZG 2005, 865, 867; Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 152; Semler in: MünchHdb AG, § 42 Rn. 25. 82 BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 22; Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252, 253; Diekmann/Leuering, NZG 2004, 249, 250; Linnerz, NZG 2004, 307, 309; Thümmel, DB 2004, 471, 474; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1780; Göz/Holzborn, WM 2006, 157, 159. Zum Umfang der Beweislast vgl. Koch, ZGR 2006, 769, 775. 83 Vgl. hierzu ausführlich Redeke, ZIP 2008, 1549, 1553 ff. 84 Nach den Grundsätzen der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des BGH (BGHZ 135, 244 ff.) ist der Aufsichtsrat in dieser Situation in der Regel verpflichtet, Klage im Namen der Gesellschaft zu erheben, um sich nicht selbst pflichtwidrig zu verhalten und sich ggf. schadenersatzpflichtig zu machen (so auch Koch, ZGR 2006, 769, 777; Schroer, ZIP 2005, 2081, 2086 f.; Linnerz, NZG 2004, 307, 311). 85 Eine Nebenintervention ist nach der Zulassung der Klage nicht mehr möglich (§ 148 Abs. 4 S. 3 AktG; vgl. hierzu BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 23; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1781).

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Teil 5: Durchsetzung von Prospekthaftungsansprüchen durch die Aktionäre

Während des laufenden Zulassungs- oder Klageverfahrens kann die Gesellschaft ihren Ersatzanspruch jederzeit selbst durch Klageerhebung geltend machen oder ein bereits anhängiges Verfahren in der jeweiligen Lage übernehmen. Für die Klage der Aktionäre als gesetzliche Prozessstandschafter entfällt hierdurch das Rechtsschutzinteresse. Sie sind jedoch in dem Verfahren der Gesellschaft beizuladen (§ 148 Abs. 3 AktG)87. Die Erhebung einer eigenen Klage durch die Gesellschaft bzw. die Übernahme einer Klage der Aktionärsminderheit allein zum Zwecke der Einstellung des Verfahrens wäre jedoch rechtsmissbräuchlich. Eine entsprechende Klage, die offensichtlich zu diesem Zweck erhoben wird, wäre deshalb als unzulässig zurückzuweisen88. b) Kostentragung Die Kostentragungspflicht für das Zulassungs- und das Hauptverfahren richtet sich nach § 148 Abs. 6 AktG. Wird der Antrag auf Klagezulassung abgewiesen, haben danach die das Minderheitenquorum bildenden Antragsteller die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen, es sei denn, die Abweisung beruht auf entgegenstehenden Gründen des Gesellschaftswohls, die die Gesellschaft bereits vor Antragstellung hätte mitteilen können (§ 148 Abs. 6 S. 1 und 2 AktG). Wird die Klage hingegen zugelassen, gelten die allgemeinen Kostentragungsregeln der §§ 91 ff. ZPO. Den klagenden Aktionären steht jedoch gemäß § 148 Abs. 6 S. 5 AktG ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Gesellschaft zu und zwar auch dann, wenn die Klage ganz oder teilweise abgewiesen wurde. Dies liegt darin begründet, dass die Aktionäre als Prozessstandschafter für die Gesellschaft auftreten89. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Zulassung der Klage durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Vortrag erwirkt wurde. Ferner besteht ein Kostenerstattungsanspruch der antragstellenden Aktionäre, wenn die Gesellschaft im Verfahrensverlauf selbst Klage gegen das Organmitglied erhebt oder ein anhängiges Verfahren übernimmt (§ 148 Abs. 6 S. 4 AktG). Wurde die Klage auf Grundlage pflichtgemäßen Vortrags der antragstellenden Aktionäre zugelassen, trägt somit unabhängig vom Ausgang des Verfahrens die Gesellschaft das gesamte Kostenrisiko90.

86 BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 23; Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252, 253; Diekmann/Leuering, NZG 2004, 249, 250. 87 BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 22 f.; Semler in: MünchHdb AG, § 42 Rn. 27; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1783; K. Schmidt, NZG 2005, 249, 250; Ek, Haftungsrisiken für VS und AR, S. 120. 88 So auch Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 156 f. 89 Spindler, NZG 2005, 865, 869. 90 Zur Kostentragungsregelung in § 148 Abs. 6 AktG vgl. ausführlich BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 23 f.; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 22 f.; Schroer, ZIP 2005, 2081, 2087 f.; Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 150.

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4. Bekanntmachungspflichten zur Haftungsklage Bei börsennotierten Gesellschaften sind nach rechtskräftiger Zulassung der Klage gemäß § 148 AktG der Antrag auf Zulassung und die Verfahrensbeendigung unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen (§ 149 Abs. 1 AktG)91. Die Verfahrensbeendigung ist dabei in allen Einzelheiten darzustellen92. Die Bekanntmachung ist materielle Wirksamkeitsvoraussetzung für etwaige übernommene Verpflichtungen der Gesellschaft oder Dritter, deren Zusage der Gesellschaft zuzurechnen ist93. Ist eine ordnungsgemäße Bekanntmachung unterblieben, sind bereits erbrachte Leistungen vom Vorstand der Gesellschaft zurück zu fordern. Die prozessualen Wirkungen, insbesondere die Beendigung des Prozesses, bleiben allerdings auch bei fehlender Bekanntmachung bestehen94. Die Regelung soll eine abschreckende Wirkung im Hinblick auf die Erhebung missbräuchlicher Klagen und auf Vergleichsleistungen entfalten, die eine verbotene Einlagenrückgewähr darstellen95.

C. Schweden I. Die Geltendmachung unmittelbarer Schäden 1. Einführung Ebenso wie in Deutschland ist auch in Schweden eine Durchsetzung von Ersatzansprüchen wegen unmittelbarer Schäden, die den Aktionären durch unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte entstehen, sowohl im Wege einer individuellen als auch im Wege einer kollektiven Anspruchsverfolgung möglich. Zur kollektiven Verfolgung von Ansprüchen wurde das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Gruppenklageverfahrensgesetz (Lag [2002:599] om Grupprättegång – LGR) erlassen. Einen ersten Entwurf für ein Gruppenklageverfahrensgesetz hatte die Kommission zur Erarbeitung eines Gruppenklageverfahrensgesetzes (Grupptalanutredningen) bereits mit ihrem Abschlussbericht im Jahr 1995 91 Bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften besteht eine solche Verpflichtung nicht (BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 24; Ek, Haftungsrisiken für VS und AR, S. 121; kritisch gegenüber dieser Beschränkung Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1786). 92 BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 24; Schroer, ZIP 2005, 2081, 2088 ff.; K. Schmidt, NZG 2005, 249, 800. 93 BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 24 f.; Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252, 257; Diekmann/Leuering, NZG 2004, 249, 251; Kuthe, BB 2004, 449, 451; K. Schmidt, NZG 2005, 249, 800. 94 BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 25; Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252, 257; Kuthe, BB 2004, 449, 451; Koch, ZGR 2006, 769, 778. 95 BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 24.

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Teil 5: Durchsetzung von Prospekthaftungsansprüchen durch die Aktionäre

vorgelegt96. Der Gesetzesvorschlag wurde jedoch wegen starker Kritik insbesondere an dem vorgesehenen opt-out-System nicht weiter verfolgt97. Nach dem auch im Rahmen der US-amerikanischen class-action geltenden opt-out-System sollten alle Anspruchsinhaber, deren Ansprüche auf gleicher oder ähnlicher Tatsachengrundlage beruhen, automatisch Mitglieder der vom Gruppenkläger vertretenen Gruppe werden, sofern sie nicht ausdrücklich ihren Austritt aus der Gruppe erklären. Im Jahr 2002 legte die schwedische Regierung einen neuen Gesetzentwurf vor98, der die Grundlage für das heute geltende LGR bildet99. Das LGR regelt nunmehr ein opt-in-System, wonach nur diejenigen Anspruchsinhaber Mitglieder der Gruppe werden, die ihre Teilnahme hieran ausdrücklich erklären (§ 14 LGR). Die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens angeführten Bedenken, dass die Einführung eines Gruppenklageverfahrens zu einem wesentlich höheren Prozessrisiko führen würde, haben sich bis heute nicht bestätigt. Bisher sind Gruppenklageverfahren in sehr überschaubarer Anzahl eingeleitet worden100. In dem wohl prominentesten Gruppenklageverfahren gegen das Versicherungsunternehmen Skandia Liv und deren Muttergesellschaft Skandia wegen des Verkaufs der Kapitalverwaltungssparte von Skandia Liv im Jahr 2002, ist die Gruppenklage 2004 wieder zurückgenommen worden. Stattdessen wird versucht, im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens eine Einigung zu erzielen. Die Interessen der geschädigten Versicherungsnehmer werden von der Interessenvereinigung Föreningen Grupptalan mot Skandia, der mittlerweile mehr als 17.500 Mitglieder angehören, wahrgenommen101. 96 SOU 1994:151 (Grupprättegång). Vgl. hierzu aus der deutschen Literatur ausführlich Dopffel/Scherpe in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen, S. 429 ff. 97 Zur Diskussion des Entwurfs in der schwedischen Literatur vgl. Lindblom, Grupptalan, passim; ders., JT 1994/95, 586 ff.; ders., JT 1994/95, 1155 ff.; ders., SvJT 1995, 269 ff.; ders., SvJT 1996, 85 ff.; Lindquist, JT 2001/02, 466 f.; af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 802 ff.; Kleineman, JT 1994/95, 189 ff.; ders., JT 1994/95, 856 ff.; Hammarskiöld, JT 1995/96, 547 ff.; ders., JT 1995/96, 1208 ff.; ders., JT 1996/97, 234 ff.; Nordh, JT 1996/97, 229 ff. 98 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång). 99 Zur Entstehung des Gesetzes vgl. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 18 ff.; Lindblom, SvJT 2005, 129, 138 ff.; af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 785. 100 Lindblom, SvJT 2005, 129, 152; Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 228. Zur Problematik, dass Rechtsschutzversicherungen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Klagen nach dem LGR vom Versicherungsschutz ausgenommen haben und möglicherweise bereits deshalb eine Zurückhaltung bei der Einleitung von Gruppenklageverfahren zu verzeichnen ist, vgl. ausführlich Lindblom, SvJT 2005, 129, 183 ff.; ders., NFT 2005, 123, 126 ff. sowie erwidernd Holmerson/Ericsson, SvJT 2006, 194 ff. 101 Vgl. hierzu die Informationen auf der Internetseite der Föreningen Grupptalan mot Skandia; http://www.grupptalan.com (zuletzt abgerufen am 6.9.2009) sowie Lindblom, SvJT 2005, 129, 155 ff. (mit einem ausführlichen Überblick über weitere Gruppenklageverfahren); ders., NFT 2005, 123, 124 ff.; Nachemson-Ekwall/Carlsson, Sa-

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2. Individuelle Anspruchsverfolgung Auch in Schweden richtet sich die individuelle gerichtliche Verfolgung von Ersatzansprüchen geschädigter Anleger gegen Mitglieder der styrelse bzw. den verkställande direktör wegen der Veröffentlichung fehlerhafter oder unvollständiger Börsenprospekte nach den allgemeinen prozessualen Regeln, insbesondere den Vorschriften des Prozessgesetzes (Rättegångsbalk [1942:740] – RB) über den Zivilprozess102. Geschädigte Anleger haben daher beim zuständigen Gericht eine Klage in Übereinstimmung mit den Vorschriften des 42. Kap. RB zu erheben103. Im schwedischen Zivilprozess besteht ein dreigliedriger Instanzenzug. Die unterste Instanz bildet das Amtsgericht (tingsrätt – 1. Kap. RB). Dem Amtsgericht ist das Hofgericht (hovrätt – 2. Kap. RB) und diesem wiederum der Höchste Gerichtshof (Högsta Domstolen – 3. Kap. RB) übergeordnet104. Das schwedische Prozessrecht unterscheidet ebenso wie das deutsche Prozessrecht zwischen der sachlichen, funktionellen und der örtlichen Zuständigkeit105. Von wenigen ausdrücklich geregelten Ausnahmen abgesehen, ist das Amtsgericht funktionell für alle erstinstanzlichen Klagen zuständig (1. Kap. § 1 Abs. 1 RB)106. Für Klagen der Aktionäre gegen die Mitglieder der styrelse bzw. den verkställande direktör gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL besteht keine spezielle Zuständigkeitsregelung. Eine Schadenersatzklage wegen der Verletzung der Prospektpflichten gemäß 2. Kap. LHF ist daher vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht zu erheben107. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach den Bestimmungen des 10. Kap. RB. Gemäß 10. Kap. § 1 Abs. 1 und 2 RB liegt der allgemeine Gerichtsstand einer natürlichen Person grundsätzlich am Wohnsitz (hemvist) des Beklagten108. Alternativ kann eine Klage im Zusammenhang mit einer schädigenden Handlung gemäß 10. Kap. § 8 RB beim Amtsgericht des Ortes erhoben werden, an gan om Skandia, S. 346 ff., 388; Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 576 f. 102 Das RB regelt sowohl das Zivil- als auch das Strafverfahren (Ring/Olsen-Ring, Einführung in das skandinavische Recht, Rn. 898; Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 222). 103 Allgemein zum schwedischen Zivilprozessrecht s. Ring/Olsen-Ring, Einführung in das skandinavische Recht, Rn. 896 ff. 104 Zum Gerichtsaufbau vgl. die ausführlichen Informationen unter http://www. dom.se (zuletzt abgerufen am 6.9.2009) sowie Lindell, Civilprocessen, S. 115. 105 Lindell, Civilprocessen, S. 165. 106 Zu den Spezialzuständigkeiten einzelner tingsrätter bzw. besonderer Gerichte für bestimmte Rechtbereiche vgl. Lindell, Civilprocessen, S. 116 ff. 107 Für einen Überblick über das Erkenntnis- und Rechtsmittelverfahren vgl. Ring/ Olsen-Ring, Einführung in das skandinavische Recht, Rn. 908 ff. 108 Der allgemeine Gerichtsstand von juristischen Personen ist gemäß 10. Kap. § 1 Abs. 3 RB in der Regel der Ort, an dem die styrelse ihren Sitz hat.

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dem die schädigende Handlung vorgenommen wurde oder der Schaden eingetreten ist. Als Ort der schädigenden Handlung kommen bei der Veröffentlichung eines fehlerhaften oder unvollständigen Prospekts je nach Art der Veröffentlichung verschiedene Orte in Betracht. Als Ort der schädigenden Handlung dürfte jeder Ort anzusehen sein, an dem der Börsenprospekt bestimmungsgemäß verbreitet wurde109. Da die Schädigung der Anleger in der Regel am Ort ihres (Wohn)Sitzes eintritt, kommt auch dieser Ort als zulässiger Gerichtsstand gemäß 10. Kap. § 8 RB in Betracht. 10. Kap. § 7 RB sieht zudem bei Streitigkeiten über die Verwaltung durch einen Verwalter („förvaltares förvaltning“) alternativ einen Gerichtsstand an dem Ort vor, an dem derjenige, für den die Verwaltung ausgeübt wurde, seinen Wohnsitz hat oder an dem die Verwaltung geführt wurde. Da die Mitglieder der styrelse und der verkställande direktör im Hinblick auf die Vermögensgegenstände der Gesellschaft die Stellung von Treuhändern haben110, könnten diese auch als Verwalter i. S. v. 10. Kap. § 7 RB anzusehen sein, mit der Folge, dass eine Klage gegen sie auch am Sitz der Gesellschaft erhoben werden kann111. Fraglich ist jedoch, ob es sich bei Schadenersatzansprüchen der Aktionäre wegen unrichtiger oder unvollständiger Börsenprospekte um Streitigkeiten über die Verwaltung des Vermögens der Gesellschaft handelt112. 3. Kollektive Anspruchsverfolgung: Gruppenklage nach dem LGR a) Hintergrund Das LGR ergänzt die allgemeinen zivilprozessualen Bestimmungen des RB und stellt ein Gruppenklageverfahren zur Verfügung, mit dessen Hilfe ein Kläger Ansprüche einer größeren Gruppe von Anspruchstellern, die auf gleichen oder ähnlichen Umständen beruhen, einheitlich geltend machen kann. Der Gruppenkläger vertritt dabei die übrigen Anspruchsteller, ohne dass diese Partei des Rechtsstreits werden. Ähnlich wie in Deutschland hat der Gesetzgeber die bestehenden Möglichkeiten zur kollektiven Durchsetzung von Ansprüchen mehrerer Personen nicht als ausreichend angesehen, um dem materiellen Haftungsrecht aber auch der Präventionsfunktion der Haftung eine ausreichende Durchsetzungskraft zu verlei109 Zur örtlichen Zuständigkeit gemäß 10. Kap. § 8 RB vgl. HD, NJA 2001, 336, 338; RH 2000:95; Elwing in: Karnov, RB, 10. Kap. § 8 Anm. 224; Lindell, Civilprocessen, S. 175 f. Zur Beurteilung dieser Frage nach deutschem Recht vgl. Heinrich in: Musielak, ZPO, § 32, Rn. 18. 110 s. hierzu oben Teil 3 B.III.2.b). 111 Dafür Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 726, Fn. 205. Soweit ersichtlich besteht zu dieser Frage keine Rechtsprechung oder sonstige Literatur. 112 Für einen Überblick über alle Gerichtsstände des 10. Kap. RB vgl. Lindell, Civilprocessen, S. 165 ff.

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hen113. Problematisch sei in tatsächlicher Hinsicht vor allem die Verfolgung individuell nicht durchsetzbarer (icke-individuellt processbara anspråk) bzw. sogenannter prozessimmuner (processimmuna anspråk) Ansprüche. Individuell nicht durchsetzbar sind Ansprüche, wenn die Kosten einer individuellen Anspruchsverfolgung höher sind, als der wirtschaftliche Wert des Anspruchs selbst. Sind wegen des wirtschaftlichen Aufwands bzw. Risikos Ansprüche auch kollektiv nicht durchsetzbar, wird hingegen von prozessimmunen Ansprüchen gesprochen. Eine Vielzahl von Ansprüchen gehörte nach Ansicht des Gesetzgebers auf Grund der nur unzureichenden Möglichkeiten zur kollektiven Verfolgung ähnlicher oder gleichartiger Ansprüche bis zum Inkrafttreten des LGR zu den prozessimmunen Ansprüchen114. Aus gesellschaftspolitischer Sicht ist es nach Ansicht des Gesetzgebers jedoch ebenso bedeutsam, wenn z. B. 1000 Personen einen Rechtsverlust in Höhe von je 1000 SEK erleiden, wie wenn 10 Personen einen Rechtsverlust in Höhe von je 100.000 SEK erleiden. Deshalb hat es der Gesetzgeber als erforderlich angesehen, die Durchsetzung einer Vielzahl kleinerer Schäden zu erleichtern115. Bis zum Inkrafttreten des LGR war eine Bündelung gleichartiger Ansprüche in erster Linie im Wege einer Verfahrensverbindung (kumulation/förening av mål) gemäß den Bestimmungen des 14. Kap. RB116 oder mit Hilfe eines Pilotverfahrens (pilotmål)117 möglich. Beide Möglichkeiten sind jedoch bei einer größeren Gruppe von Klägern mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, die durch das Gruppenklageverfahren nach dem LGR umgangen werden sollen118. Die herkömmlichen Bündelungsmöglichkeiten nach dem RB bleiben jedoch neben dem Gruppenklageverfahren nach dem LGR bestehen. Letzteres ist gemäß § 8 Nr. 2 LGR sogar nur dann zulässig, wenn das Gruppenverfahren als die im konkreten Fall besser geeignete Prozessform erscheint119. Soweit das LGR keine spezialgesetzlichen Regelungen enthält, gelten auch im Rahmen des 113

Zur Ausgleichs- und Präventionsfunktion der Haftung s. oben Teil 1 A.III. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 21 f.; SOU 1994:151 (Grupprättegång), Del A, S. 153 ff. Hierzu gehören nach Ansicht des Gesetzgebers auch Ansprüche auf Ersatz von Kapitalmarktschäden (Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 24 a. E.). Vgl. hierzu auch af Sandeberg, NFT 1/2003, 1, 3. 115 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 22, 33. 116 Allgemein zur Verfahrensverbindung vgl. Lindblom, Grupptalan, S. 551 ff.; Lindell, Civilprocessen, S. 220 ff. 117 Zum Pilotverfahren und dem damit verbundenen Ruhen paralleler Verfahren vgl. Lindblom, Grupptalan, S. 624 ff.; Lindell, Civilprocessen, S. 405 ff. 118 Vgl. zu den mit den herkömmlichen prozessualen Mitteln verbundenen Schwierigkeiten bei einer Vielzahl von Prozessbeteiligten Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 22 ff., 25 ff.; SOU 1994:151 (Grupprättegång), Del C, S. 313 ff.; s. hierzu auch Lindblom, Grupptalan, S. 485 ff.; 624 ff.; (zusammenfassend) af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 788 ff. 119 Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 223 f. s. hierzu auch ausführlich unten Teil 5 C.I.3.e)bb)(1). 114

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Gruppenklageverfahrens die prozessualen Bestimmungen des RB (§ 2 Abs. 2 LGR)120. b) Der Anwendungsbereich des LGR Das LGR ist nicht auf eine bestimmte Art von Ansprüchen, wie z. B. kapitalmarktrechtliche Schadenersatzansprüche, beschränkt, sondern erfasst grundsätzlich alle Ansprüche, die vor den allgemeinen (ordentlichen) Gerichten nach den Vorschriften des RB über das Zivilverfahren geltend zu machen sind (§ 2 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 LGR). Daneben findet das LGR auf Ansprüche Anwendung, die nach den besonderen Bestimmungen des Umweltgesetzbuches (Miljöbalk [1998:808] – MB) geltend zu machen sind (§ 2 Abs. 3 LGR). Das Gruppenklageverfahren ist daher auch auf zivilrechtliche Ansprüche von Anlegern wegen unrichtiger oder unvollständiger Börsenprospekte anwendbar. Da es hierbei regelmäßig um eine Vielzahl relativ kleiner Schäden geht, kann ihre gerichtliche Verfolgung durch das Gruppenklageverfahren erheblich erleichtert werden121. Das Gesetz gilt zeitlich unbeschränkt. Es sollte jedoch wegen der Neuartigkeit des hierdurch eingeführten Verfahrens spätestens vier Jahre nach seinem Inkrafttreten, also spätestens Ende 2006, auf seine Auswirkungen, insbesondere auf kleine Unternehmen, untersucht werden122. Soweit ersichtlich ist dies allerdings bisher noch nicht geschehen. c) Natur des Gruppenklageverfahrens Die Gruppenklage nach dem LGR ist ein eigenständiges zivilprozessuales Instrument, mit dessen Hilfe ein Kläger eine Klage als Vertreter mehrerer Personen mit Rechtwirkungen für diese führt, ohne dass diese Partei des Rechtsstreits werden (vgl. die Legaldefinition in § 1 Abs. 1 S. 1 LGR). Die Rechtswirkungen des Verfahrens erstrecken sich allerdings nur auf diejenigen Personen, die der vom Gruppenkläger vertretenen Gruppe ausdrücklich beigetreten sind (§ 14 LGR). Der Gesetzgeber hat sich daher in Folge der massiven Kritik gegen das noch im Kommissions-Entwurf vorgesehene und an die US-amerikanische class-action angelehnte opt-out-System und für ein sogenanntes opt-in-System entschieden123. 120 Für einen Überblick auch über die sonstigen kollektiven Rechtsschutzmittel vgl. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 19 ff.; Lindblom, Grupptalan, S. 658 ff.; Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 528 ff. 121 af Sandeberg, JT 2001/02, 474, 475; dies., Prospektansvaret, S. 407 ff.; Swahn/ Wendleby, JT 2003/04, 586, 596 f. 122 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 33.

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Im Rahmen des Gruppenverfahrens werden – anders als im deutschen Musterklageverfahren – nicht nur einzelne, strittige Fragen oder Tatbestandsmerkmale geklärt, die allen Ansprüchen gleichermaßen zugrunde liegen. Das Gericht urteilt vielmehr abschließend über alle Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach. Es entscheidet somit auch über diejenigen Anspruchsvoraussetzungen, die für jedes Gruppenmitglied gesondert zu prüfen sind124. d) Arten von Gruppenklagen Das LGR kennt drei Arten von Gruppenklagen. Einzel-Gruppenklagen (enskild grupptalan), Verbandsklagen (organisationstalan) und öffentliche Gruppenklagen (offentlig grupptalan; vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 LGR)125. Einzel-Gruppenklagen können gemäß § 4 LGR nur von einer physischen oder juristischen Person erhoben werden, die selbst einen Anspruch besitzt, der von der Gruppenklage umfasst wird. Verbandsklagen können hingegen von gemeinnützigen Vereinen (ideella föreningar) erhoben werden, deren Satzungszweck die Wahrnehmung von Verbraucher- oder Arbeitnehmerinteressen ist (§ 5 LGR). Öffentliche Gruppenklagen können gemäß § 6 LGR hingegen von Behörden erhoben werden, die besonders geeignet sind, die Gruppenmitglieder zu vertreten. Die öffentliche Gruppenklage wurde in das LGR eingeführt, um der Präventionsfunktion gesetzlicher Regeln besonderen Nachdruck zu verleihen. Der Staat sei zum einen weniger kostensensibel als Einzelpersonen, mit der Folge, dass es nicht allein aus wirtschaftlichen Gründen zu einem Vergleich kommt oder von einer Berufung Abstand genommen wird. Zudem sei auch für den Beklagten das Kostenrisiko geringer, da bei einer öffentlichen Gruppenklage, anders als bei einer Einzel-Gruppenklage oder einer Verbandsklage, kein Anwaltszwang besteht (vgl. § 11 S. 1 LGR) und der Prozess daher kostengünstiger geführt werden kann126. Eine öffentliche Gruppenklage soll nach dem Willen des Gesetzgebers solchen Fällen vorbehalten sein, in denen es nicht allein um die Durchsetzung individueller Ansprüche, sondern um die Schaffung eines Präzedenzfalles oder Ähnliches geht. In der Regel ist daher eine Einzelgruppenklage oder eine Verbandsklage das geeignete prozessuale Mittel, um Ansprüche einer größeren Anzahl von Anspruchsinhabern gerichtlich zu verfolgen127. 123 Vgl. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 62 ff., 152 f.; Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 222; Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 562. 124 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 146 f.; Swahn/Wendleby, JT 2003/04, 586, 587; af Sandeberg, SvJT 2002, 782; Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 224, 226. 125 Zu den unterschiedlichen Gruppenklageverfahren vgl. ausführlich Prop. 2001/ 02:107 (Lag om grupprättegång), S. 51 ff.; af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 796 f.; Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 516 f., 555 ff. 126 Im allgemeinen Zivilverfahren besteht nach schwedischem Recht grundsätzlich kein Anwaltszwang (Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 222 Fn. 12).

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e) Der Ablauf des Verfahrens aa) Gerichtsstand Das Gruppenklageverfahren nach dem LGR wird für alle Gruppenmitglieder vollständig vor dem für das Gruppenklageverfahren örtlich und sachlich zuständigen Gericht geführt. Die örtliche Zuständigkeit für Gruppenklageverfahren richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen des 10. Kap. RB. Örtlich zuständig ist daher das für Gruppenklageverfahren sachlich zuständige Amtsgerichts in dem Regierungsbezirk, in dem das Amtsgericht belegen ist, bei dem eine Einzelklage über den jeweiligen Anspruch zu erheben wäre. Erforderlich ist jedoch nicht nur, dass das angerufene Amtsgericht für den Anspruch des Gruppenklägers, sondern für den Anspruch jedes einzelnen Gruppenmitglieds örtlich zuständig ist128. Sachlich zuständig für die Durchführung von Gruppenklageverfahren sind gemäß § 1 der Verordnung (2002:814) über die Zuständigkeit der Amtsgerichte zur Entscheidung über Verfahren nach dem Gruppenklageverfahrensgesetz129 i.V. m. § 3 LGR die für Grundstückssachen zuständigen Amtsgerichte. In jedem Regierungsbezirk (län) ist in der Regel ein Amtsgericht für Grundstückssachen zuständig130. Da sich der allgemeine Gerichtsstand einer natürlichen Person, d.h., der Ort, an dem eine Klage gegen sie zu erheben ist, gemäß 10. Kap. § 1 Abs. 1 und 2 RB nach ihrem Wohnsitz richtet, könnte der allgemeine Gerichtsstand bei parallelen Prospekthaftungsklagen gegen mehrere Organmitglieder je nach Wohnsitz des in Anspruch genommenen Organmitglieds auseinanderfallen. Ein einheitlicher Gerichtsstand lässt sich jedoch über den konkurrierenden Gerichtsstand der schädigenden Handlung gemäß 10. Kap. § 8 RB oder den Gerichtsstand am Ort der Ausübung der Verwaltung gemäß 10. Kap. § 7 RB, d.h. dem Sitz des Emittenten, erreichen131.

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Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 37. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 50. 129 Förordning (2002:814) om behörighet för tingsrätter att handlägga mål enligt lagen (2002:599) om grupprättegång, m. m. 130 Vgl. § 1 des Erlasses über Grundstücksgerichte (Kungörelse (1971:549) om fastighetsdomstol). Vgl. hierzu auch Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 50, 140. 131 s. hierzu bereits oben Teil 5 C.I.2. 128

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bb) Einleitung und Durchführung des Gruppenklageverfahrens Ein Gruppenklageverfahren wird eingeleitet durch die Erhebung einer Gruppenklage oder dadurch, dass der Kläger in einem Einzelverfahren einen Antrag i. S. v. § 10 Abs. 1 S. 1 LGR auf Umwandlung des laufenden Verfahrens in ein Gruppenklageverfahren stellt. Die Erhebung einer Gruppenklage richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen, insbesondere 13. Kap. § 4 und 42. Kap. § 1 RB. Danach wird eine Klage durch Einreichung eines schriftlichen Klageantrags bei Gericht erhoben. Die Umwandlung eines laufenden Verfahrens in ein Gruppenklageverfahren setzt neben den besonderen Verfahrensvoraussetzungen gemäß § 8 LGR132 voraus, dass die mit einem Gruppenklageverfahren verbundenen Vorteile die hiermit verbundenen Nachteile für den Beklagten überwiegen (§ 10 Abs. 1 S. 3 LGR). Das Verfahren ist gegebenenfalls an das für Gruppenklagen sachlich zuständige Gericht zu verweisen (§ 10 Abs. 3 LGR)133. Form und Inhalt einer Klageschrift zur Einleitung eines Gruppenklageverfahrens richten sich nach den Bestimmungen des 33. und 42. Kap. RB sowie § 9 LGR. Danach hat der Kläger unter anderem die Namen und Adressen sämtlicher Gruppenmitglieder anzugeben, sofern dies nicht ausnahmsweise entbehrlich ist (§ 9 Abs. 2 LGR)134. Eine Gruppenklage im Sinne des LGR kann nur von einer Gruppe von Klägern erhoben werden, nicht hingegen auch gegen eine Gruppe von Beklagten. Den anders lautenden Vorschlag der Kommission zur Erarbeitung eines Gruppenklageverfahrensgesetzes hat die schwedische Regierung in ihrem Gesetzentwurf wegen zu vieler Schwierigkeiten und ungeklärter Fragen ausdrücklich abgelehnt135. Der Ablauf des Gruppenverfahrens und die Durchführung der Hauptverhandlung (huvudförhandlingen) richten sich nach den allgemeinen Bestimmungen des RB136. (1) Die besonderen Verfahrensvoraussetzungen Die Intention des Gesetzgebers bei der Einführung des LGR war in erster Linie die Vereinfachung der prozessualen Durchsetzung von Ansprüchen einer größeren Gruppe anspruchsberechtigter Personen sowie die Senkung der Ver132

s. hierzu im Folgenden Teil 5 C.I.3.e)bb)(1). Vgl. hierzu Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 38 ff.; af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 797. 134 s. hierzu im Folgenden Teil 5 C.I.3.e)bb)(1). 135 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 36 f., 38. Vgl. hierzu auch Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 564; Dopffel/Scherpe in: Basedow/Hopt/ Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen, S. 429, 447. 136 Vgl. hierzu ausführlich Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 72 ff., 75 ff. 133

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fahrenskosten für die Parteien des Rechtsstreits und den Fiskus. Durch das Gruppenklageverfahren soll der bisherige Zweiparteienprozess jedoch nicht ersetzt werden137. Zudem sollen missbräuchliche Klagen vermieden werden138. Um diese Ziele sicherzustellen, hat der Gesetzgeber in § 8 LGR fünf besondere Verfahrensvoraussetzungen geregelt, die vom Gericht neben den allgemeinen Prozessvoraussetzungen nach dem RB im Rahmen der Zulässigkeit der Gruppenklage zu prüfen sind. Fehlen sie, ist eine Gruppenklage als unzulässig zurückzuweisen. Die besonderen Verfahrensvoraussetzungen sollen gewährleisten, dass ein Gruppenklageverfahren nur dann eingeleitet wird, wenn es als die am besten geeignete Prozessform erscheint139. Bei der Entscheidung über das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen steht dem Gericht ein relativ weiter Ermessensspielraum zur Verfügung140. Im Einzelnen müssen die folgenden fünf besonderen Verfahrensvoraussetzungen erfüllt sein, damit eine Gruppenklage zulässig ist: (a) Zunächst ist erforderlich, dass sich die Gruppenklage auf Umstände stützt, die bei allen Ansprüchen der Gruppenmitglieder gleich oder zumindest ähnlich sind (§ 8 Nr. 1 LGR). Dafür genügt es, wenn sich die Klage auf eine oder mehrere für alle Gruppenmitglieder übereinstimmende Tatsachenbehauptungen stützt141. Nicht ausreichend ist es hingegen, dass allein die gleichen Rechtsfragen (rättsfakta) streitig sind142. Im Zusammenhang mit einem Prospekthaftungsanspruch liegt eine übereinstimmende Tatsachenbehauptung etwa dann vor, wenn den Ansprüchen aller Gruppenmitglieder die Behauptung zugrunde liegt, die im Prospekt enthaltenen Angaben seien unrichtig oder unvollständig. (b) Gemäß § 8 Nr. 2 LGR ist eine Gruppenklage zudem dann unzulässig, wenn sie trotz gleicher oder ähnlicher Tatsachengrundlagen ungeeignet erscheint, weil sich die Ansprüche einzelner Gruppenmitglieder in ihren Gründen von den Ansprüchen der übrigen Gruppenmitglieder wesentlich unterschei137

Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 40 f. Zusammenfassend Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 33 f.; af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 783, 800; Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 222. 139 af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 800 f. 140 Die Gesetz gewordene Fassung von § 8 LGR geht auf einen ergänzenden Vorschlag des Rechtsausschusses (Lagrådet) zurück. Vgl. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 268 f.; Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 223 f. 141 Swahn/Wendleby, JT 2003/04, 586, 588; af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 800; Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 224; Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 558 f. 142 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 42 f. Eine Feststellungsklage hat sich gemäß 13. Kap. § 2 Abs. 1 RB, der auch im Rahmen des Gruppenklageverfahrens Anwendung findet, auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines konkreten Rechtsverhältnisses zu richten (Prop. 2001/02:107 [Lag om grupprättegång], S. 55). Eine Feststellungsklage allein über Rechtsfragen ist deshalb nicht zulässig (Prop. 2001/02:107 [Lag om grupprättegång], S. 42). 138

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den143. Diese Verfahrensvoraussetzung soll dem Richter die Möglichkeit geben, sicherzustellen, dass trotz bestehender Unterschiede ein handhabbares Verfahren gewährleistet bleibt144. Nach der Gesetzesbegründung soll die Durchführung eines Gruppenklageverfahrens etwa dann ungeeignet sein, wenn die Klärung der streitigen Tatsachenbehauptungen die Beteiligung der einzelnen Gruppenmitglieder erfordert145. (c) Darüber hinaus darf die Mehrzahl der Einzelansprüche der Gruppenmitglieder von diesen nicht genauso gut durch Einzelklagen verfolgt werden können (§ 8 Nr. 3 LGR). Diese Voraussetzung soll gewährleisten, dass eine Gruppenklage nur dann erhoben wird, wenn die herkömmlichen prozessualen Mittel im Hinblick auf die Kosten und die erforderliche Zeit in gleichem Maße zur Anspruchsdurchsetzung geeignet sind wie eine Gruppenklage. Dabei sind die Vor- und Nachteile eines Gruppenklageverfahrens mit anderen prozessualen Formen zur Durchsetzung von Gruppenansprüchen, insbesondere dem Zweiparteienprozess, der Verfahrensverbindung oder der Durchführung eines Pilotverfahrens zu vergleichen. Erscheint es realistisch, dass die Mehrzahl der Einzelansprüche auch im Wege einer der letztgenannten Verfahrensweisen realisiert wird, so ist ein Gruppenklageverfahren unzulässig146. (d) Ferner ist eine Gruppenklage gemäß § 8 Nr. 4 LGR nur dann zulässig, wenn die Gruppe der potentiellen Mitglieder des Gruppenklageverfahrens im Hinblick auf ihre Größe, ihre Abgrenzung sowie im Übrigen angemessen bestimmt ist. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 LGR hat der Gruppenkläger bereits in seinem Antrag auf Einleitung eines Gruppenklageverfahrens die Gruppe, die von der Klage erfasst wird, zu benennen. Sofern dies für die Erhebung der Klage nicht erforderlich ist, genügt unter Umständen auch eine allgemeine Umschreibung der Gruppe (§ 9 Abs. 2 S. 1, 2 LGR)147. Eine Mindestanzahl von Grup143 Allein das Bestehen von Unterschieden spricht jedoch noch nicht gegen die Erhebung einer Gruppenklage. Insoweit ist es möglich, gemäß § 20 LGR Untergruppen aus solchen Gruppenmitgliedern zu bilden, deren Ansprüche besondere Einzelfragen aufweisen (Vgl. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 93 ff.; Swahn/Wendleby, JT 2003/04, 586, 588; af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 801; Mom in: Micklitz/ Stadler, Verbandsklagerecht, S. 564). Zudem besteht gemäß § 27 LGR die Möglichkeit, hinsichtlich einzelner Gruppenmitglieder Teilurteile zu erlassen, während das Verfahren hinsichtlich der übrigen Gruppenmitglieder weitergeführt wird (s. hierzu unten Teil 5 C.I.3.e)cc)). 144 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 44; Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 224; Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 559. 145 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 44. Vgl. hierzu auch RH 2005:20. 146 Vgl. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 44 ff.; af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 801 f.; Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 224; Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 559. 147 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 67; Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 224; Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 561 f.

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penmitgliedern wird weder durch das LGR noch durch seine Vorarbeiten bestimmt148. Bei einer Gruppenklage wegen unrichtiger oder unvollständiger Börsenprospekte genügt deshalb zur Bestimmung der Gruppe die Tatsache, dass es sich bei allen Anspruchsberechtigten um Zeichner von Aktien aus einer bestimmten Emission handelt149. Dabei muss es einerseits dem Gericht möglich sein, die Größe der Gruppe zahlenmäßig abzuschätzen, etwa auch um feststellen zu können, ob die Gruppenklage die am besten geeignete Prozessform ist150. Andererseits müssen die potentiellen Gruppenmitglieder auf Grund der Umschreibung einschätzen können, ob sie selbst der Gruppe beitreten können151. (e) Schließlich wird ein Gruppenklageverfahren nur dann eingeleitet, wenn der Gruppenkläger geeignet ist, eine Gruppenklage zu führen. Gruppenkläger ist bei Einzel-Gruppenklagen stets derjenige Anspruchsinhaber, der die Gruppenklage erhoben hat152. Er wird also nicht erst aus der Gruppe der Anspruchsteller bestimmt. Neben seiner wirtschaftlichen Fähigkeit, eine Gruppenklage zu führen – die Kosten des Gruppenklageverfahrens trägt in der Regel allein der Gruppenkläger153 –, muss der Gruppenkläger in der Lage sein, die Interessen der übrigen Gruppenmitglieder angemessen wahrzunehmen (vgl. hierzu § 17 LGR). Dabei ist darauf abzustellen, ob er in der Lage ist, die Ansprüche der Gruppenmitglieder ebenso zuverlässig zu verfolgen, als hätten diese die Klage selbst geführt. Dabei hat das Gericht insbesondere darauf zu achten, dass der Gruppenkläger in keinem Interessenkonflikt zu den übrigen Gruppenmitgliedern steht154. Die mangelnde Eignung des Gruppenklägers und die daraus folgende Abweisung der Gruppenklage steht der Erhebung einer weiteren Gruppenklage durch einen anderen, geeigneten Kläger nicht entgegen155. Erweist sich der Gruppenkläger erst im Laufe des Verfahrens als ungeeignet, kann das Gericht gemäß § 21 Abs. 1 LGR einen neuen Gruppenkläger bestimmen156. 148 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 47; Swahn/Wendleby, JT 2003/ 04, 586, 589; Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 224; Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 559. 149 Vgl. af Sandeberg, JT 2001/02, 474, 482; Swahn/Wendleby, JT 2003/04, 586, 597. Zu den in der Regierungsbegründung angeführten Beispielen vgl. Prop. 2001/ 02:107 (Lag om grupprättegång), S. 68 f.; 145 f. sowie hierzu Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 224. 150 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 47, 68 f., 145 ff.; af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 802. 151 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 47. 152 Zum Wechsel des Gruppenklägers vgl. §§ 21 f. LGR sowie Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 159 ff., 97 ff. 153 Vgl. §§ 33 ff. LGR sowie ausführlich unten Teil 5 C.I.3.f). 154 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 47 ff., 146 ff.; af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 804; Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 560. 155 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 48 f. 156 Fehlt es an einem anderen geeigneten Gruppenkläger, weist das Gericht die Klage hingegen ab (§ 21 Abs. 2 LGR).

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Eine Gruppenklage einer Vielzahl von Anlegern wegen Schäden auf Grund unrichtiger oder unvollständiger Börsenprospekte wird in der Regel zulässig sein, sofern der Gruppenkläger zur Vertretung der Gruppe geeignet ist157. (2) Unterrichtung der potentiellen Gruppenmitglieder und Bestimmung der Gruppe Liegen die allgemeinen und besonderen Verfahrensvoraussetzungen vor und erachtet das Gericht die Gruppenklage deshalb als zulässig, unterrichtet es die in der Klageschrift benannten oder die sonst auf Grund der allgemeinen Umschreibung der Gruppe ermittelten Gruppenmitglieder von der Einleitung des Gruppenklageverfahrens (§ 13 LGR)158. Die Mitteilung an die Gruppenmitglieder hat neben Angaben zu dem konkreten Verfahren auch eine allgemeine Belehrung über die Gruppenklage als Klageform, ihren Ablauf und ihre Folgen zu enthalten (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 LGR). Die Mitteilung hat gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 4 zudem eine vom Gericht bestimmte Frist zu nennen, innerhalb der die potentiellen Gruppenmitglieder gemäß § 14 LGR beim Gericht anmelden müssen, dass sie als Gruppenmitglieder an dem Verfahren teilnehmen wollen. Wer genau Mitglied der vom Gruppenkläger vertretenen Gruppe ist, lässt sich deshalb erst dann genau feststellen, wenn die vom Gericht bestimmte Beitrittsfrist gemäß § 14 LGR abgelaufen ist159. Erklärt ein Anspruchsteller nicht innerhalb der gesetzten Frist schriftlich seinen Beitritt zum Gruppenklageverfahren, wird er nicht Mitglied der vom Gruppenkläger vertretenen Gruppe, mit der Folge, dass sich die Rechtskraft einer im Gruppenklageverfahren ergangenen Entscheidung auch nicht auf seinen Anspruch erstreckt. In diesem Fall wird durch die Rechtshängigkeit der Gruppenklage (sog. litispendens) auch nicht die Einleitung eines individuellen Rechtsstreits ausgeschlossen160. 157

So auch Swahn/Wendleby, JT 2003/04, 586, 597. Werden einzelne Gruppenmitglieder in der Klageschrift benannt, ist das Gericht allerdings nicht verpflichtet, weitere potentielle Gruppenmitglieder von Amts wegen zu ermitteln (Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 225). Zur Benennung der Gruppenmitglieder in der Klageschrift siehe bereits die oben zu § 8 Nr. 4 LGR gemachten Ausführungen (Teil 5 C.I.3.e)bb)(1)). 159 Zur Bestimmung der Gruppe vgl. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 62 ff.; af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 802 ff.; Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 561 ff. 160 Etwas anderes kann jedoch hinsichtlich der Einleitung eines weiteren Gruppenklageverfahrens durch einen anderen Anspruchsteller gelten, wenn sich die weitere Gruppenklage auf den gleichen Streitgegenstand und die gleiche Gruppe von Anspruchstellern richtet. In diesem Fall kann das Gericht mit der Prüfung der litispendens abwarten, bis sich die Gruppenmitglieder über ihre Teilnahme an der einen oder anderen Gruppenklage erklärt haben (Prop. 2001/02:107 [Lag om grupprättegång], S. 61; af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 806). Der schwedische Grundsatz der litispen158

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(3) Die Rechtsstellung der Gruppenmitglieder Die Gruppenmitglieder sind grundsätzlich nicht Partei der Gruppenklage. Parteistellung haben in der Regel allein der Gruppenkläger und der oder die Beklagten161. Gemäß §§ 15, 16 LGR sind die Gruppenmitglieder nur im Hinblick auf eine Ablehnung des Richters, die Rechtshängigkeit, die Verbindung von Verfahren und das Beweisrecht mit den Parteien gleichzustellen162. Ein Gruppenmitglied kann dem Rechtsstreit im Wege der Intervention als Partei beitreten. Die Intervention richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen des RB. Sie hat zur Folge, dass der Intervenient im Hinblick auf seinen Anspruch die gleichen prozessualen Befugnisse hat wie der Gruppenkläger163. Darüber hinaus können die Gruppenmitglieder Beschlüsse des Gerichts (beslut), die für den Anspruch des jeweiligen Gruppenmitglieds von Bedeutung sind, selbst anfechten (§§ 47 Abs. 2, 2. Alt., 44, 45 LGR)164. Bei wichtigen Fragen hat der Gruppenkläger den Gruppenmitgliedern die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben, wenn dies ohne größere Schwierigkeiten möglich ist (§ 17 Abs. 2 S. 1 LGR). Zudem hat der Gruppenkläger den Gruppenmitgliedern auf ein entsprechendes Verlangen Auskunft über solche Umstände zu erteilen, die für den Anspruch des Gruppenmitglieds von Bedeutung sind (§ 17 Abs. 2 S. 2 LGR). Darüber hinaus sind die Gruppenmitglieder neben den Parteien vom Gericht zu hören, wenn das Gruppenklageverfahren auf Grund von nachträglich eintretenden Prozesshindernissen oder einer Klagerücknahme ganz oder teilweise beendet wird, es sei denn, eine solche Anhörung ist offensichtlich unnötig (§ 23 Abs. 2 und 3 LGR)165. cc) Abschluss des Gruppenklageverfahrens und Rechtsmittel Das Gericht entscheidet im Rahmen des Gruppenklageverfahrens grundsätzlich über alle Ansprüche der Gruppenmitglieder abschließend durch Urteil dens (13. Kap. § 6 RB) entspricht der Rechtshängigkeit bzw. dem ne-bis-in-idemGrundsatz nach deutschem Recht (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). 161 Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 226; Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 561. 162 Vgl. hierzu Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 153 ff.; Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 561. 163 Vgl. hierzu Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 102 ff. 164 Vgl. hierzu Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 106 ff., 178 ff.; Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 226. 165 Die Gruppenmitglieder können im Falle der Beendigung des Gruppenverfahrens gemäß § 24 LGR beantragen, dass ihr Anspruch im Rahmen eines Einzelverfahrens weiterverfolgt wird. Vgl. zu den §§ 23, 24 LGR ausführlich Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 79 ff., 161 ff. Weitere Informationspflichten des Gerichts gegenüber den Gruppenmitgliedern ergeben sich aus §§ 49 f. LGR.

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(dom)166. Wenn dies im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand geboten und für den Beklagten ohne bedeutende Schwierigkeiten möglich ist, kann das Gericht zunächst auch nur über einen Teil der Ansprüche ein abschließendes Urteil fällen und die restlichen Ansprüche nach Unterrichtung der betroffenen Gruppenmitglieder auf deren Antrag hin abtrennen und über diese in gesonderten Verfahren entscheiden (§ 27 LGR)167. Ein Vergleich des Gruppenklägers mit Wirkung für alle Gruppenmitglieder ist gemäß § 26 LGR nur dann wirksam, wenn das Gericht den Vergleich auf Antrag der Parteien durch Urteil bestätigt. Eine Bestätigung des Vergleichs hat dann zu unterbleiben, wenn der Vergleich einzelne Gruppenmitglieder diskriminiert oder auf andere Weise offensichtlich unangemessen ist168. Die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung erstreckt sich gemäß § 29 LGR auf die Parteien und alle Gruppenmitglieder169. Gegen ein im Rahmen des Gruppenklageverfahrens ergangenes Urteile kann gemäß § 47 LGR nicht nur der Gruppenkläger, sondern auch jedes Gruppenmitglied entweder beschränkt auf den eigenen Anspruch oder aber für die gesamte Gruppe Berufung einlegen. Im Hinblick auf die Berufung gelten die allgemeinen Bestimmungen des RB170. Zur Entscheidung über die Berufung gegen ein in einem Gruppenklageverfahren ergangenes erstinstanzliches Urteil ist nach den Bestimmungen des 2. Kap. RB das Hofgericht (Hovrätt) sachlich zuständig171. f) Kostentragung Die Pflicht zur Kostentragung richtet sich auch im Gruppenklageverfahren grundsätzlich nach den allgemeinen Bestimmungen des 18. Kap. RB. Gemäß 18. Kap. § 1 RB hat grundsätzlich die unterlegene Partei die Kosten des Rechts166 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 146 f.; Swahn/Wendleby, JT 2003/04, 586, 587; af Sandeberg, SvJT 2002, 782; Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 226. 167 Vgl. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 46, 85 ff.; Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 224. 168 Hierdurch soll unter anderem das während des Gesetzgebungsverfahrens viel diskutierte Problem erpresserischer Klagen und damit verbundener ungerechtfertigter Vergleiche gelöst werden. Vgl. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 82 ff.; af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 794 f., 808; Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 570; (kritisch) Lindquist, JT 2001/02, 466, 471 ff. sowie die oben in Teil 5 C.I.1. Fn. 97 genannte Literatur. 169 Vgl. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 87 ff.; Mom in: Micklitz/ Stadler, Verbandsklagerecht, S. 570 f. Zur Bestimmung der Gruppe siehe oben Teil 5 C.I.3.e)bb)(2). 170 Vgl. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 104 ff., 106 ff. 171 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 106.

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streits zu tragen. § 33 LGR bestimmt daher, dass die Gruppenmitglieder, die selbst nicht Partei sind, regelmäßig nicht für die Kosten des Rechtsstreits einzustehen haben. Die §§ 34 f. LGR sehen hiervon allerdings Ausnahmen vor. So haben die Gruppenmitglieder gemäß § 34 LGR bei Unterliegen des Beklagten, sofern dieser zahlungsunfähig ist, dem Gruppenkläger anteilig die ihm auf Grund des Rechtsstreits erwachsenen Kosten zu ersetzen. Diese Verpflichtung ist jedoch auf den Betrag begrenzt, den jedes Gruppenmitglied durch das Gruppenklageverfahren erlangt hat. Voraussetzung eines Kostenerstattungsanspruchs des Gruppenklägers ist daher, dass der Beklagte zumindest in der Lage war, die materiellen Ansprüche der Gruppenmitglieder zu ersetzen172. Darüber hinaus hat ein Gruppenmitglied diejenigen Kosten zu ersetzen, die das jeweilige Mitglied persönlich verursacht hat (§ 35 LGR)173. Schließlich hat ein Gruppenmitglied, das dem Rechtsstreit im Wege der Intervention beigetreten ist und daher Parteistellung erlangt hat, solidarisch mit dem Gruppenkläger und gegebenenfalls weiteren Intervenienten gemäß 18. Kap. § 9 RB für die Prozesskosten der Gegenseite einzustehen. Auf der anderen Seite kann der Intervenient im Falle des Obsiegens die ihm entstandenen Kosten vom Beklagten ersetzt verlangen174. Die Kostentragung im Berufungsverfahren richtet sich auch im Rahmen eines Gruppenklageverfahrens grundsätzlich nach den allgemeinen Bestimmungen des 18. Kap. § 15 RB. Danach hängt die Kostentragungspflicht – auch für das Verfahren vor dem Amtsgericht – vom Ausgang der Entscheidung des Hofgerichts ab. Wird für die gesamte Gruppe die Berufung nicht durch den Gruppenkläger, sondern durch ein Gruppenmitglied eingelegt, hat das die Berufung führende Gruppenmitglied, das hierdurch Partei geworden ist, im Falle eines Unterliegens jedoch nur die im Rahmen des Berufungsverfahrens entstanden Kosten zu tragen (§ 36 LGR). Hinsichtlich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens bleibt der Gruppenkläger der ersten Instanz verpflichtet. Legt der Beklagte Berufung lediglich hinsichtlich einzelner Ansprüche ein, hat das betroffene Gruppenmitglied im Falle seines Unterliegens auch die auf seinen Anspruch entfallenden Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu tragen175.

172 Dies wird regelmäßig nur dann der Fall sein, wenn nur die materiellen Ansprüche der Gruppenmitglieder durch eine Versicherung gedeckt sind, nicht hingegen auch die Prozesskosten (vgl. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 111; Stengel/ Hakeman, RIW 2004, 221, 226. 173 Die Kosten müssen durch Maßnahmen i. S. v. 18. Kap. § 3 Abs. 1 bzw. § 6 RB entstanden sein (vgl. hierzu ausführlich Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 109 ff., 170 ff.; af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 811). 174 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 112, 172 f.; af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 812. 175 Vgl. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 112 f.; af Sandeberg, SvJT 2002, 782, 812 f.

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g) Vereinbarung eines Risikovertrages (riskavtal) Anwaltshonorare werden in Schweden in der Regel mit dem Mandanten vertraglich vereinbart. Eine Gebührenordnung besteht nicht176. Die standesrechtlichen Vorschriften177 schreiben jedoch vor, dass das Honorar zur erbrachten anwaltlichen Leistung in einem angemessenen Verhältnis stehen muss. Erfolgshonorare sind daher zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, jedoch grundsätzlich nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsgrenze möglich178. Im Rahmen des Gruppenklageverfahrens hat der Gesetzgeber in §§ 38 ff. LGR jedoch ausdrücklich die Vereinbarung eines Erfolgshonorars zugelassen. Danach kann zugunsten des den Gruppenkläger vertretenden Anwalts ein schriftlicher Risikovertrag (riskavtal) geschlossen werden, in dem das Anwaltshonorar in Abhängigkeit vom Erfolg des Verfahrens festgesetzt wird. Zu seiner Wirksamkeit bedarf der Risikovertrag der Zustimmung durch das zuständige Gericht (§ 38 LGR). Diese darf gemäß § 39 S. 1 LGR nur erteilt werden, wenn der Vertrag im Hinblick auf die Beschaffenheit der Sache angemessen ist. Das im Risikovertrag vereinbarte Honorar hat keinen Einfluss auf die im Falle seines Unterliegens vom Beklagten zu erstattenden Kosten. Die Höhe seiner Kostenerstattungspflicht bestimmt sich allein nach der Höhe desjenigen Honorars, das ohne Vorliegen eines Risikovertrages angemessen wäre (§ 41 LGR). Die im Falle eines Obsiegens des Gruppenklägers entstehende Differenz ist von den Gruppenmitgliedern aus den eingeklagten Beträgen zu begleichen179.

II. Die Geltendmachung mittelbarer Schäden 1. Einführung Da jeder Schaden im Vermögen der Gesellschaft über die Minderung des Unternehmenswertes mittelbar zu einem Schaden der Aktionäre und der Ausgleich eines solchen Schadens umgekehrt mittelbar auch zum Ausgleich eines hierdurch entstandenen Schadens im Vermögen der Aktionäre führt, steht bei mittelbaren Schäden auch nach schwedischem Recht in erster Linie der Gesellschaft ein Ersatzanspruch gegen den Schädiger zu. Ein eigener Ersatzanspruch der Aktionäre verstößt nach allgemeiner Ansicht grundsätzlich gegen das System und den Zweck des ABL. 176 Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 226; Mom in: Micklitz/Stadler, Verbandsklagerecht, S. 573. 177 Wegweisende Regeln über guten Anwaltsbrauch (Vägledande regler om god advokatsed) vom 9.11.1984. 178 Vgl. Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 226. 179 Zum Risikovertrag vgl. Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 113 ff., 174 ff.; af Sandeberg, JT 2001/02, 474, 480 f.; dies., SvJT 2002, 782, 813 ff.; Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 226 f.

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Neben der Gesellschaft kann allerdings gemäß 29. Kap. § 9 ABL auch eine Minderheit von Aktionären mit einem Aktienbesitz von mindestens 10% aller Aktien einen Innenhaftungsanspruch der Gesellschaft gegenüber den Mitgliedern der styrelse und dem verkställande direktör im eigenen Namen jedoch gerichtet auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen (actio pro socio) geltend machen. Flankiert wird dieses Klagerecht durch das Sonderprüfungsrecht gemäß 10. Kap. § 22 ABL, das ebenfalls durch eine Minderheit von Aktionären mit einem Aktienbesitz von mindestens 10% aller Aktien oder von Aktionären mit einem Aktienbesitz von einem Drittel der in der Hauptversammlung vertretenen Aktien geltend gemacht werden kann180. Schließlich soll bei Verstößen gegen bestimmte, dem Schutz der Aktionäre dienende Vorschriften jedem Aktionär ein eigener Anspruch auf Ersatz mittelbarer Schäden gerichtet auf Leistung in das persönliche Vermögen zustehen. Die Grenzen eines solchen Anspruchs sind jedoch umstritten181. Einigkeit besteht allerdings darüber, dass ein eigener Ersatzanspruch der Aktionäre stets subsidiär zu einem Anspruch der Gesellschaft ist. Nach herrschender Ansicht stellen die Prospektvorschriften des 2. Kap. LHF und der EU-ProspektVO keine zu einem eigenen Ersatzanspruch der Aktionäre berechtigenden Schutzgesetze dar. 2. Verweigerung der Entlastung und der Haftungsfreiheit Voraussetzung für die Geltendmachung von Innenhaftungsansprüchen gegenüber einem Mitglied der styrelse und dem verkställande direktör ist gemäß 29. Kap. § 7 ABL die Verweigerung der Entlastung für die Geschäftsführung während des vergangenen Rechenschaftsjahres durch die Hauptversammlung. Mit der Entlastung ist zugleich ein Beschluss über die Haftungsfreiheit (beslut om ansvarsfrihet) der Organmitglieder für das vergangene Geschäftsjahr verbunden. Dieser Beschluss ist gemäß 7. Kap. § 11 Abs. 1 Nr. 3 ABL in der Jahreshauptversammlung (årsstämma) im Zusammenhang mit der Feststellung des Jahresabschlusses (fastställelse av resultaträkningen och balansräkningen) zu fassen. Er kann für jedes Organmitglied gesondert gefasst werden182. Ein Hauptversammlungsbeschluss über die Verweigerung der Haftungsfreiheit setzt gemäß 29. Kap. § 7 ABL die Zustimmung einer Minderheit von 10% aller Aktionäre der Gesellschaft voraus. Der Beschluss ist Zulässigkeitsvoraussetzung sowohl für eine Klage der Gesellschaft, vertreten durch ihr zuständiges Organ – 180 Darauf wird im Folgenden nicht näher eingegangen. Vgl. dazu jedoch Rodhe/ Skog, Aktiebolagsrätt, S. 254 ff.; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 118; Samuelsson in: Karnov, ABL, 10. Kap. § 21 ff. Anm. 722 ff.; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 725 f. 181 Vgl. hierzu ausführlich oben Teil 3 C.III.2.a). 182 S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 7 §, S. 29:25.

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in der Regel eine neugewählte styrelse183 – als auch für die Klage einer Aktionärsminderheit im eigenen Namen für fremde oder auch für eigene Rechnung184. Ausnahmsweise ist eine Klage durch die Gesellschaft oder Minderheitsaktionäre gemäß 29. Kap. § 11 ABL trotz Entlastung und Beschluss über die Haftungsfreiheit möglich. Das ist der Fall, wenn im Jahresabschluss, im Bericht des Abschlussprüfers oder sonst gegenüber der Hauptversammlung über die der Haftungsklage zugrunde liegenden Umstände und Maßnahmen in wesentlichen Punkten unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht wurden. War die Hauptversammlung daher bei der Beschlussfassung über die Haftungsfreiheit nicht über alle wesentlichen Details der haftungsbegründenden Umstände informiert, so sind die Gesellschaft bzw. die Minderheitsaktionäre nicht an einen haftungsbefreienden Hauptversammlungsbeschluss gebunden185. Zudem kann die Gesellschaft, vertreten durch ihre (neue) styrelse, eine Haftungsklage gegen die Mitglieder der (bisherigen) styrelse und den verkställande direktör ungeachtet eines entgegenstehenden Beschlusses der Hauptversammlung stets auch dann erheben, wenn es sich bei der zugrundeliegenden Pflichtverletzung um eine Straftat (brott) handelt (29. Kap. § 12 ABL). 3. Actio pro socio einer Aktionärsminderheit a) Durchführung der Schadenersatzklage Hat die Mehrheit oder eine Minderheit von 10% aller Aktionäre gegen einen Antrag auf Entlastung und Haftungsfreiheit der Organmitglieder gestimmt, kann gemäß 29. Kap. § 9 ABL wiederum eine Minderheit von 10% aller Aktionäre im eigenen Namen Klage auf Ersatz des der Gesellschaft durch pflichtwidriges Verhalten ihrer Organmitglieder entstandenen Schadens erheben (actio pro socio)186. Die Minderheit der Aktionäre, die gemäß 29. Kap. § 9 ABL Klage 183 Die beklagten styrelse-Mitglieder oder der verkställande direktör sind im Rahmen des Klageverfahrens gemäß 8. Kap. §§ 23, 34 ABL wegen eines offensichtlichen Interessenkonflikts nicht zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt (vgl. Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 223; Svernlöv, JT 2002/03, 911, 913; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 723 f.). 184 Vgl. hierzu HD, NJA 1990, 286, 290 ff. (betreffend einen Schadenersatzanspruch gegen die Wirtschaftsprüfer der Gesellschaft); S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 7 §, S. 29:24; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 262; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 245 f., 257 f.; Svernlöv, JT 2002/03, 911, 912; Samuelsson in: Karnov, ABL, 29. Kap. § 7 Anm. 1667; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 723 f.; Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 292. 185 af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 262; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 222; Foerster in: Hohloch, EU-Hdb GesR, Schweden, Rn. 292. 186 HD, NJA 2002, 446, 447; af Sandeberg, Aktiebolagsrätten, S. 262; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 257; Svernlöv, JT 2002/03, 911, 913; Foerster in: Hohloch, EU-

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erhoben hat, muss nicht aus den gleichen Aktionären bestehen, die gemäß 29. Kap. § 7 ABL gegen die Haftungsfreiheit der Organmitglieder gestimmt haben187. Es können auch mehrere Minderheitsklagen gemäß 29. Kap. § 9 ABL parallel durch verschiedene Gruppen von Aktionären und auch gleichzeitig mit einer Klage der Gesellschaft geführt werden. Dies ist nach Ansicht des Gesetzgebers erforderlich, um sicherzustellen, dass weder die Gesellschaft noch die unterschiedlichen Minderheitsgruppen eine Klageführung in der Art und Weise, in der sie die jeweils andere klagende Gruppe für erforderlich hält, verhindert188. Das Recht, eine Haftungsklage gegen die Mitglieder der styrelse oder den verkställande direktör zu erheben, verjährt gemäß 29. Kap. § 10 ABL innerhalb eines Jahres seit Vorlage des Jahresabschlusses in der Hauptversammlung. Wurde die Gesellschaft nur unzureichend über die haftungsbegründenden Umstände unterrichtet, beträgt die Verjährungsfrist gemäß 29. Kap. § 13 Nr. 2 ABL fünf Jahre seit dem Ende des Geschäftsjahres, in dem die Pflichtverletzung begangen wurde. Stellt die Pflichtverletzung eine strafbare Handlung dar, richtet sich die Verjährung hingegen nach den allgemeinen Bestimmungen des Verjährungsgesetzes i.V. m. den Bestimmungen des 35. Kap. BrB. Ein Vergleich über eine Schadenersatzverpflichtung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör kann gemäß 29. Kap. § 8 Abs. 1 ABL nur mit Zustimmung der Hauptversammlung und nur unter der Voraussetzung geschlossen werden, dass nicht eine Minderheit mit einem Anteil von 10% aller Aktien gegen den Vergleich stimmt. Führen ein oder mehrere Aktionäre eine Haftungsklage auf Rechnung der Gesellschaft, darf ein Vergleich nicht ohne seine bzw. ihre Zustimmung geschlossen werden (29. Kap. § 8 Abs. 2 ABL)189.

Hdb GesR, Schweden, Rn. 293. Die nach 15. Kap. § 9 ABL1975 bestehende, durch HD, NJA 1993, 31, 33 bestätigte Möglichkeit, die Klage auch als außerordentlicher Vertreter der Gesellschaft in deren Namen zu führen, ist nach dem nunmehr eindeutigen Wortlaut von 29. Kap. § 9 ABL nicht mehr möglich (so auch Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 724, Fn. 188; ebenso wohl auch Samuelsson in: Karnov, ABL, 29. Kap. § 9 Anm. 1671. Zur Rechtslage nach dem ABL1975 vgl. Svernlöv, JT 2002/ 03, 911, 916 f.; vgl. hierzu auch HD, NJA 2002, 446, 448). 187 S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 9 §, S. 29:28; Rodhe/Skog, Aktiebolagsrätt, S. 258; Svernlöv, JT 2002/03, 911, 913; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 724. 188 Prop. 1975:103 (Förslag till ny aktiebolagslag, m. m.), S. 546, 779; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 9 §, S. 29:28; Svernlöv, JT 2002/03, 911, 913; Samuelsson in: Karnov, ABL, 29. Kap. § 9 Anm. 1672. Dagegen wohl Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 477 f., der auch eine Klage der Aktionäre auf fremde Rechnung subsidiär hinter einer Klage der Gesellschaft zurücktreten lassen will. Zur Subsidiarität einer ausnahmsweise zulässigen Klage der Aktionäre auf eigene Rechnung s. bereits oben Teil 3 C.III.2.a). 189 Vgl. hierzu Prop. 1975:103 (Förslag till ny aktiebolagslag, m. m.), S. 545, 779.

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b) Kostentragung Die Kosten der Haftungsklage einer Aktionärsminderheit hat gemäß 29. Kap. § 9 Abs. 2 ABL die klagende Minderheit zu tragen. Ihr steht allerdings ein Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Gesellschaft zu, soweit die Kosten des Verfahrens durch den der Gesellschaft zugeflossenen Schadenersatz gedeckt werden und nicht ohnehin vom Beklagten zu tragen sind190. 4. Schadenersatzklage eines einzelnen Aktionärs für eigene Rechnung Hat die Hauptversammlung die Haftungsfreiheit der Mitglieder der styrelse oder des verkställande direktör gemäß 29. Kap. § 7 ABL verweigert und macht dennoch weder die Gesellschaft noch eine gemäß 29. Kap. § 9 ABL hierzu berechtigte Aktionärsminderheit einen Ersatzanspruch der Gesellschaft auf Rechnung der Gesellschaft geltend, steht nach allgemeiner Ansicht jedem Aktionär subsidiär ein eigener Anspruch auf Ersatz des ihm persönlich auf Grund einer Schädigung des Gesellschaftsvermögens mittelbar entstandenen Schadens zu191. Anders als das Klagerecht der Minderheitsaktionäre gemäß 29. Kap. § 9 ABL ist dieser Anspruch auf Leistung in das Privatvermögen des jeweils klagenden Aktionärs gerichtet192. Ein solcher Ersatzanspruch steht den Aktionären nur dann zu, wenn es sich bei der Pflichtverletzung der styrelse-Mitglieder oder des verkställande direktör um die Verletzung eines Schutzgesetzes zugunsten der Aktionäre gehandelt hat193. Umstritten ist jedoch, welche Normen Schutzgesetze in diesem Sinne sind. Die herrschende Ansicht nimmt einen Verstoß gegen ein Schutzgesetz in

190 Vgl. Prop. 1975:103 (Förslag till ny aktiebolagslag, m. m.), S. 546, 780; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 9 §, S. 29:28; Svernlöv, JT 2002/03, 911, 913. 191 Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 182; s. auch SOU 1941:9 (Aktiebolagslag), S. 641; SOU 1971:15 (Aktiebolagslag), S. 353; HD, NJA 2000, 404, 415 f.; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 345; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 470 ff.; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 9 §, S. 29:28; Stattin, Företagsstyrning, S. 188; J. Andersson, NTS 1999:3, 81 ff.; Ström, JT 2001/02, 578 ff. sowie ausführlich bereits oben Teil 3 C.III.2.a). 192 So wohl SOU 1941:9 (Aktiebolagslag), S. 641; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 344; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 473; (offen) SOU 1971:15 (Aktiebolagslag), S. 353; Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 182; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 9 §, S. 29:28. Die Frage wird in der Literatur allerdings kaum direkt angesprochen (so auch Ström, JT 2001/02, 578, 597). 193 Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 345; Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 470 ff.; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 1 §, S. 29:7; Stattin, Företagsstyrning, S. 188.

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diesem Sinne nur dann an, wenn der Gleichheitsgrundsatz oder das allgemeine Gebot zur Wahrung der Gesellschaftsinteressen (sogenannte Generalklausel – generalklausulen, 8. Kap. § 41 ABL) verletzt wurde194. Danach steht den Anlegern bei Verstößen gegen die Prospektvorschriften des 2. Kap. LHF und der EU-ProspektVO kein individueller Ersatzanspruch zu. Eine neuere Ansicht im Schrifttum will den Kreis der Schutzgesetze, die zu einer individuellen Klage geschädigter Aktionäre berechtigen, hingegen auf die überwiegende Zahl der Bestimmungen des ABL und wohl auch des LHF ausdehnen195. Die Rechtsprechung hat einen subsidiären Anspruch der Aktionäre auf Ersatz mittelbarer Schäden zwar bejaht, allerdings ohne auf die Problematik näher einzugehen oder den Kreis der Schutzgesetze näher zu definieren196. Da ein eigener Anspruch der Aktionäre auf Ersatz mittelbarer Schäden nicht spezialgesetzlich geregelt ist, bestehen keine besonderen Vorschriften hinsichtlich der Kostentragungspflicht oder der Verjährung. Sie richten sich daher nach den allgemeinen Bestimmungen, so dass ein klagender Aktionär im Falle seines Unterliegens die Kosten des Rechtsstreits selbst zu tragen hat. Hinsichtlich der Verjährung können sich hierbei Inkonsistenzen ergeben, da eine Klage der Gesellschaft oder einer Aktionärsminderheit gemäß 29. Kap. § 10 bzw. § 13 Nr. 2 ABL nur innerhalb eines Jahres bzw. innerhalb von fünf Jahren erhoben werden kann. Nach der allgemeinen Regelung des § 2 Verjährungsgesetz verjähren Schadenersatzansprüche jedoch regelmäßig erst nach 10 Jahren197. Dies kann zu einer Umgehung der spezialgesetzlichen Verjährungsfristen des 29. Kap. ABL und bei den Organmitgliedern der Gesellschaft zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit hinsichtlich drohender Schadenersatzverpflichtungen führen198.

194 Prop. 1997/98:99 (Aktiebolagets organisation), S. 182; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 345; S. Andersson/Johansson/Skog, ABL, 29. kap. 1 §, S. 29:7; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 473 f.; ders., Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 186; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 112; dies., Aktiebolagsrätten, S. 255 (offen) Stattin, Företagsstyrning, S. 188. 195 J. Andersson, NTS 1999:3, 81, 95; Ström, JT 2001/02, 578, 598. 196 HD, NJA 2000, 404, 415 f. 197 Zu dieser Problematik s. bereits oben Teil 4 B.II.11. 198 So auch Dotevall, Bolagsledningens skadeståndsansvar, S. 186; Nial/Johansson, Svensk Associationsrätt, S. 344 f.; Zechner in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 729, Fn. 227.

D. Vergleich und Stellungnahme

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D. Vergleich und Stellungnahme I. Die Geltendmachung von Eigenschäden bzw. unmittelbaren Schäden 1. Individuelle Anspruchsverfolgung In Deutschland und Schweden ist eine Durchsetzung von Eigenschäden bzw. unmittelbaren Schäden auf Grund von falschen oder unvollständigen Börsenprospekten sowohl auf „herkömmliche“ Weise durch die Erhebung individueller Schadenersatzklagen durch einzelne geschädigte Anleger als auch im Wege einer kollektiven Anspruchsverfolgung möglich. In beiden Ländern richtet sich die individuelle Anspruchsverfolgung nach den allgemeinen zivilprozessualen Bestimmungen der ZPO bzw. des RB. Dabei trägt in beiden Jurisdiktionen grundsätzlich der Kläger die Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatsachen und der Beklagte für alle anspruchsvernichtenden Einwendungen. In Deutschland ergeben sich hierbei im Unterschied zu Schweden jedoch vor allem im Hinblick auf Ansprüche gemäß §§ 44 ff. BörsG, in engen Grenzen aber auch bei der allgemeinen deliktischen Haftung, wesentliche Beweislasterleichterungen199. 2. Kollektive Anspruchsverfolgung Bei der kollektiven Anspruchsverfolgung unterscheiden sich die in Deutschland und Schweden gewählten Modelle konzeptionell stark voneinander. In Deutschland hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, nur einzelne streitige Anspruchsvoraussetzungen oder Rechtsfragen, denen eine weitergehende Bedeutung in gleichgelagerten Rechtsstreitigkeiten zukommt, der Klärung im Rahmen eines Musterklageverfahrens zu überlassen. Das Musterverfahren wird daher durch einen Feststellungsantrag eingeleitet und regelmäßig mit einem Feststellungsbeschluss beendet, der die Grundlage für die individuellen Entscheidungen in allen gleichgelagerten Rechtsstreitigkeiten bildet. In Schweden entscheidet das angerufene Gericht hingegen im Rahmen eines Gruppenklageverfahrens abschließend über die Ansprüche aller Gruppenmitglieder durch Leistungsurteil. Dadurch, dass der Klageantrag bzw. das Urteil im schwedischen Gruppenklageverfahren ein Leistungsantrag bzw. ein Leistungsurteil ist, kann das Verfahren – anders als in Deutschland – nur durch den Kläger, nicht hingegen auch durch einen Beklagten, eingeleitet werden. Aus diesem Grund ist es nach schwedischem Recht – anders als nach dem KapMuG – auch nicht erforderlich bzw. geboten, über die Grenzen eines nach den allgemeinen Bestimmungen des RB

199

s. hierzu zusammenfassend bereits oben Teil 4 C.II.2.c).

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zulässigen Feststellungsantrags hinaus auch die Feststellung einzelner Rechtsfragen zuzulassen200. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen beiden Verfahren besteht zudem darin, dass in Deutschland nach dem KapMuG alle Ersatzansprüche, die vom Ausgang des Musterverfahrens abhängen und bis zum Erlass des Musterentscheids rechtshängig gemacht wurden, automatisch von den Rechtswirkungen des Musterentscheids erfasst werden, ohne dass es darauf ankommt, ob die Anspruchsinhaber selbst einen Musterfeststellungsantrag gestellt oder ihren Beitritt zu dem Musterverfahren erklärt haben. Erfasst werden daher in der Regel alle Ansprüche, für die die Feststellungen des Oberlandesgerichts im Musterverfahren von Bedeutung sind. Diejenigen Ansprüche, die bis zum Erlass eines Musterentscheids nicht geltend gemacht wurden, sind angesichts der kurzen Verjährungsfrist von einem Jahr gemäß § 46 BörsG bzw. von regelmäßig drei Jahren gemäß §§ 195, 199 BGB meistens schon verjährt, wenn der Musterentscheid ergeht201. Nach schwedischen Recht werden nur die geschädigten Personen Mitglied der vom Gruppenkläger vertretenen Gruppe, die ausdrücklich ihren Beitritt zu dem Gruppenklageverfahren erklärt haben (§ 14 LGR). Ein Austritt aus der Gruppe ist zwar nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, er ist allerdings möglich, indem das jeweilige Gruppenmitglied zunächst dem Verfahren als Intervenient beitritt und anschließend seine Klage zurücknimmt202. Der Kreis der von einem Gruppenklageverfahren nach dem LGR erfassten Anspruchsinhaber hängt somit maßgeblich vom ausdrücklichen Willen der jeweiligen Anspruchsinhaber ab. Er kann daher wesentlich kleiner sein, als bei einem Musterklageverfahren nach dem KapMuG. Der erste Gesetzentwurf für ein Gruppenklageverfahren in Schweden203 sah zwar noch ein opt-out-System vor, das den Kreis der Gruppenmitglieder regelmäßig erweitert hätte. Der Gesetzentwurf scheiterte jedoch vor allem wegen der Kritik an diesem System. Die Rechtslage in Deutschland und Schweden unterscheidet sich zudem dadurch, dass das Gruppenklageverfahren in Schweden allein durch den Gruppenkläger als Vertreter der Gruppenmitglieder204 geführt wird. Gruppenkläger ist stets derjenige, der das jeweilige Gruppenklageverfahren eingeleitet hat. Er allein hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Insbesondere hat er die Auslagen für erforderliche Sachverständigengutachten allein zu leisten. In Deutschland ist zwar neben dem Beklagten ebenfalls nur der Musterkläger Partei des 200 Vgl. hierzu Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 42 f. sowie bereits oben Teil 5 C.I.3.e)bb)(1). Zur deutschen Rechtslage vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 KapMuG. 201 Gundermann/Härtle, VuR 2006, 457, 461; Lüke, ZZP 2006, 131, 139 f.; Keller/ Kolling, BKR 2005, 399, 401 f. 202 Vgl. zu dieser Möglichkeit bereits Stengel/Hakeman, RIW 2004, 221, 225. 203 SOU 1994:151 (Grupprättegång). 204 Beim Einzelgruppenklageverfahren auch für sich selbst.

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Rechtsstreits. Er ist jedoch nicht Vertreter der auf seiner Seite Beigeladenen. Zudem wird vom Gericht der am besten geeignete Musterkläger bestimmt, was ein sogenanntes „race to the courtroom“ verhindert205. Nach schwedischem Recht haben die Gruppenmitglieder während des Gruppenklageverfahrens nur bei für sie besonders wichtigen Fragen einen Anspruch auf rechtliches Gehör. Verfahrenshandlungen können sie zudem nur dann vornehmen, wenn sie der Gruppenklage als Intervenient beigetreten sind, mit der Folge, dass sie die hierdurch verursachten Kosten selbst zu tragen haben. In Deutschland haben die auf Seiten des Musterklägers beigeladenen Anspruchsinhaber hingegen von vornherein die Stellung von Nebenintervenienten mit der Folge, dass sie selbst Verfahrenshandlungen vornehmen können, soweit diese nicht mit denjenigen des Musterklägers in Widerspruch stehen. Die stärkere Verfahrensbeteiligung der auf Seiten des Musterklägers Beigeladenen nach deutschem Recht stellt einen Ausgleich dafür dar, dass die Beigeladenen – anders als die Gruppenmitglieder nach schwedischem Recht – keinen Einfluss darauf haben, dass ihr Anspruch von den Rechtswirkungen des Musterentscheids erfasst wird. Sie können seinen Wirkungen in der Praxis nur dadurch entgehen, dass sie ihre Klage zurücknehmen und damit wegen der regelmäßig kurzen Verjährungsfristen auf ihren Anspruch verzichten. Dieser Nachteil wird dadurch ausgeglichen, dass die Beigeladenen maßgeblichen Einfluss auf den Gang des Musterverfahrens haben. Dies geht allerdings wiederum zu Lasten der Effektivität des Verfahrens, da das Gericht alle Stellungnahmen der Beigeladenen zur Kenntnis nehmen und bei seiner Entscheidung berücksichtigen muss. Insgesamt ist zu konstatieren, dass die einzelnen Anspruchsinhaber in Schweden – anders als die nach deutschem Recht auf Seiten des Musterklägers Beigeladenen – einen größeren Einfluss auf die anfängliche Entscheidung haben, ob sie Teil der vom Gruppenkläger vertretenen Gruppe werden wollen. Als Gegengewicht haben die nach deutschem Recht auf Seiten des Musterklägers Beigeladenen einen größeren Einfluss auf den Gang des Musterverfahrens als dies bei den Gruppenmitgliedern nach schwedischem Recht der Fall ist. Die hierdurch bei beiden Systemen gegebenen Reibungsverluste scheinen jedoch insbesondere im Hinblick auf die Effizienz und die Kosteneinsparungen auf Seiten des Fiskus vergleichbar zu sein. 205 Dass das Gruppenklageverfahren durch einen geeigneten Gruppenkläger geführt wird, wird allerdings auch in Schweden dadurch sichergestellt, dass die Geeignetheit des Gruppenklägers gemäß § 8 Nr. 5 LGR besondere Zulässigkeitsvoraussetzung für eine von ihm erhobene Gruppenklage ist. Dadurch, dass der Musterkläger nach dem KapMuG in der Praxis aus den ersten zehn Anspruchsinhabern, die einen Musterfeststellungsantrag gestellt haben, bestimmt werden wird (so schon Duve/Pfitzner, BB 2005, 673, 678; Plaßmeier, NZG 2005, 609, 611), wird ebenfalls nur sichergestellt, dass es sich bei ihm um eine zur Führung des Musterverfahrens geeignete Person handelt, nicht aber, dass er tatsächlich der am besten geeignete Kläger ist.

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Die Belastungen, die in Schweden damit verbunden sind, dass der Gruppenkläger im Falle seines Unterliegens allein die Kosten des Verfahrens zu tragen und etwaige Vorschüsse zu leisten hat, werden durch die Möglichkeit zur Erhebung einer Verbandsklage ausgeglichen. So können – wie im Verfahren gegen Skandia – die geschädigten Anleger einen gemeinnützigen Verein gründen, der die Gruppenklage der geschädigten Anleger als Verbandsklage führt, wodurch die Kosten des Verfahrens durch entsprechende Mitgliedsgebühren auf die Gruppenmitglieder verteilt werden können. Wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Systemen zur kollektiven Verfolgung von (kapitalmarktrechtlichen) Schadenersatzansprüchen ist daher der Umstand, dass das zuständige Gericht im schwedischen Gruppenklageverfahren abschließend über alle Ansprüche der Gruppenmitglieder entscheidet, während in Deutschland nur allen Verfahren gemeinsam zugrunde liegende Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfragen im Rahmen des Musterverfahrens geklärt werden. Nach der hier vertretenen Ansicht erscheint es jedoch schwierig, vom Einzelfall abhängende Anspruchsvoraussetzungen, wie etwa die haftungsbegründende Kausalität oder ein Mitverschulden des Anlegers, abschließend im Rahmen eines kollektiven Verfahrens zu klären206. Dies ist auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil ein Gruppenklageverfahren gemäß § 8 Nr. 2 LGR nicht die geeignete Prozessform und damit unzulässig ist, wenn es z. B. erforderlich ist, dass die einzelnen Gruppenmitglieder selbst in dem Verfahren mitwirken müssen207. Im Hinblick auf das Vorliegen der haftungsbegründenden Kausalität bestehen nach schwedischem Recht insofern zwar nicht die gleichen Schwierigkeit wie im deutschen Recht, wenn man mit der wohl vorherrschenden Ansicht auf das Erfordernis der haftungsbegründenden Kausalität als Anspruchsvoraussetzung gänzlich verzichtet208. Das ist jedoch wie oben bereits ausgeführt nur deshalb möglich, weil nach schwedischem Recht geschädigten Anlegern allein der Differenzschaden zu ersetzen ist. Bedenken bleiben jedoch hinsichtlich eines etwaigen Mitverschuldens. 3. Gerichtliche Zuständigkeit Unterschiede sowohl bei der individuellen als auch bei der kollektiven Anspruchsverfolgung bestehen zudem im Hinblick auf die Regelung der gerichtlichen Zuständigkeit für Klagen wegen falscher oder unvollständiger Börsenprospekte. Im Hinblick auf Einzelklagen wurde in Schweden gänzlich auf eine spezialgesetzliche Zuständigkeitsregelung verzichtet. Die sachliche und örtliche 206 Hierauf hat auch der BGH in seiner EM.TV-Entscheidung zur deutschen Rechtslage ausdrücklich hingewiesen (BGH, ZIP 1270, 1274). Ebenso Gebauer, ZZP 2006, 159, 165; Kiethe, DStR 2003, 1982, 1988. 207 Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 44. 208 s. hierzu ausführlich oben Teil 4 B.II.6.b).

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Zuständigkeit richtet sich daher nach den allgemeinen Bestimmungen des 10. Kap. RB. Hinsichtlich einer kollektiven Anspruchsverfolgung von (kapitalmarktrechtlichen) Schadenersatzansprüchen wurden zwar in beiden Ländern die nach Ansicht des Gesetzgebers für solche Klagen sachlich am besten geeigneten Gerichte als Eingangsinstanz gewählt. Dies sind in Deutschland die Landgerichte – dort insbesondere die Kammern für Handelssachen – und in Schweden die für Grundstückssachen zuständigen Amtsgerichte, da diese über die erforderliche personelle Ausstattung und Erfahrung bei der Bearbeitung umfangreicher Prozesse verfügen. In Schweden wurde allerdings im Unterschied zu Deutschland darauf verzichtet, einen einheitlichen örtlichen Gerichtsstand für Ansprüche wegen Massenschäden zu regeln. Stattdessen ist in jedem Regierungsbezirk Schwedens ein Amtsgericht für Klagen nach dem LGR zuständig. Die örtliche Zuständigkeit jedes dieser Amtsgerichte richtet sich wiederum nach den allgemeinen Bestimmungen des 10. Kap. RB. Dies hat zur Folge, dass die Geschädigten ihre Ansprüche unter Umständen bei unterschiedlichen Gerichten anhängig machen bzw. (gewollt oder ungewollt) verschiedene Gruppenklageverfahren einleiten. Da die unterschiedlichen, bei Klagen wegen falscher Börsenprospekte denkbaren Gerichtsstände miteinander konkurrieren, kann dies zu Kompetenzkonflikten zwischen den verschiedenen angerufenen Gerichten führen. In Deutschland ist hingegen sowohl bei einer individuellen als auch bei einer kollektiven Verfolgung von Schadenersatzansprüchen wegen falscher Börsenprospekte stets das Landgericht am Sitz des Emittenten zuständig209.

II. Die Geltendmachung von Reflexbzw. mittelbaren Schäden Während Eigenschäden in beiden hier untersuchten Ländern von den Aktionären unmittelbar für eigene Rechnung geltend gemacht werden können, steht einer Minderheit von Aktionären hinsichtlich der Geltendmachung von Reflexund kongruenten Schäden in Deutschland nur ein im Verhältnis zur Gesellschaft subsidiäres Klagrecht zu, das die Aktionäre zur Klage im eigenen Namen für Rechnung der Gesellschaft berechtigt (actio pro socio). In Schweden steht einer Minderheit von Aktionären zwar ebenfalls das Recht zur actio pro socio zu, es 209 Da das LGR anders als das KapMuG nicht nur auf kapitalmarktrechtliche Schadenersatzansprüche beschränkt ist, wäre die Formulierung einer allgemeingültigen Zuständigkeitsklausel in Schweden allerdings mit größeren Schwierigkeiten verbunden. Den am einfachsten formulierten Vorschlag, das Amtsgericht Stockholm als allein zuständiges Gericht für alle Gruppenklageverfahren zu bestimmen, hat der Gesetzgeber abgelehnt, ohne allerdings auf die Gründe näher einzugehen. Die Wahl der geltenden Regelung beruht offensichtlich auf einer weitgehenden Übereinstimmung mit den Bestimmungen der EuGVVO, die bei Schadenersatzansprüchen mit internationalem Bezug anzuwenden sind (vgl. hierzu Prop. 2001/02:107 (Lag om grupprättegång), S. 49 ff.).

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ist nach wohl herrschender Ansicht jedoch nicht subsidiär zum Anspruch der Gesellschaft, sondern kann auch parallel zu einer Klage der Gesellschaft ausgeübt werden – auch wenn dies in der Praxis kaum vorkommen wird 210. Darüber hinaus steht jedem Aktionär nach schwedischem Recht ein eigener Anspruch auf Ersatz des ihm entstandenen mittelbaren Schadens gerichtet auf Leistung in das persönliche Vermögen zu, wenn weder die Gesellschaft noch eine hierzu berufene Aktionärsminderheit den Ersatzanspruch der Gesellschaft geltend gemacht hat. Nach herrschender Ansicht besteht ein solcher individueller Anspruch jedoch nur bei der Verletzung einer eng begrenzten Gruppe von Vorschriften, die dem Schutz der Aktionäre dienen, zu denen die Prospektvorschriften des 2. Kap. LHF und der EU-ProspektVO allerdings nicht gehören. Unterschiede bestehen bei der Geltendmachung von Gesellschaftsschäden gegenüber Mitgliedern der Leitungsorgane – sei es durch die Gesellschaft oder durch ihre Aktionäre – zudem darin, dass eine Anspruchsverfolgung nach schwedischem Recht stets einen Beschluss der Hauptversammlung voraussetzt, in dem diese sich gegen die Haftungsfreiheit einzelner oder aller Organmitglieder für die Handlungen des jeweils vergangenen Geschäftsjahres ausspricht. Hat die Hauptversammlung einmal die Haftungsfreiheit der Organmitglieder der Gesellschaft beschlossen, können sich die Gesellschaft oder ihre Aktionäre hierüber nur ausnahmsweise hinwegsetzen, wenn die Hauptversammlung bei der Beschlussfassung nicht hinreichend über die entscheidungserheblichen Umstände informiert war oder wenn es sich bei der Pflichtverletzung um eine in der Regel vorsätzliche strafbare Handlung (brott) gehandelt hat. Nach deutschem Recht hat ein positiver Beschluss über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands hingegen keine Auswirkung auf die Zulässigkeit von Haftungsklagen. Wesentlicher Unterschied zwischen den beiden hier untersuchten Ländern bei der Geltendmachung mittelbarer Schäden im eigenen Namen auf Rechnung der Gesellschaft ist die hierfür jeweils erforderliche Größe der Aktionärsminderheit. Während nach deutschem Recht gemäß § 148 AktG bereits eine Minderheit von Aktionären genügt, deren Anteile zusammen 1% des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von A 100.000 erreichen211, ist nach schwedischem Recht gemäß 29. Kap. §§ 7, 9 ABL eine Minderheit von Aktionären erforderlich, deren Anteile zusammen mindestens 10% aller Aktien ausmachen212. In der Regel ist 210 Rechtsvergleichend zur sog. abgeleiteten Gesellschafterklage s. auch Kalss/ Eckert in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 61 ff. 211 Um die Geltendmachung von Innenhaftungsansprüchen der Gesellschaft gegenüber ihren Organmitgliedern sicherzustellen, hat der deutsche Gesetzgeber im Rahmen des UMAG das bisher erforderliche Minderheitenquorum von 5% des Grundkapitals oder einem anteiligen Betrag von A 500.000 entsprechend herabgesetzt. Vgl. zum UMAG bereits oben Teil 1 B.III.3. 212 Zur Größe des in anderen europäischen Ländern für eine Minderheitsklage erforderlichen Minderheitenquorums s. Kalss/Eckert in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 65 f.

D. Vergleich und Stellungnahme

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daher in Schweden eine zehnmal größere Minderheit zur Durchsetzung mittelbarer Schäden erforderlich als in Deutschland. In Deutschland wird das Klagerecht der Aktionäre gemäß § 148 AktG zudem durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Sachen ARAG/Garmenbeck flankiert. Darin hat der Bundesgerichtshof dem Aufsichtsrat bei der Entscheidung über die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen der Gesellschaft gegenüber ihren Vorstandsmitgliedern lediglich einen sehr engen Beurteilungsspielraum zugebilligt213. Zur Verhinderung missbräuchlicher Klagen wurde der Anspruchsverfolgung durch eine Aktionärsminderheit im deutschen Recht ein Klagezulassungsverfahren vorgeschaltet (§ 148 Abs. 1 AktG). Hierdurch werden die Interessen der Aktionäre an einem Ausgleich ihrer mittelbaren Schäden und die Interessen der Organmitglieder bzw. der Gesellschaft an einer Verhinderung missbräuchlicher Klagen zu einem angemessenen Ausgleich gebracht. Auf der einen Seite wird – anders als im schwedischen Recht – die Geltendmachung von Ansprüchen wegen leicht fahrlässiger Pflichtverletzungen ausgeschlossen. Die Geltendmachung solcher Ansprüche bleibt allein der Gesellschaft vorbehalten. Auf der anderen Seite ist das Minderheitenquorum, das für eine Anspruchsverfolgung durch die Aktionäre erforderlich ist, so niedrig gewählt worden, dass einer Durchsetzung berechtigter, auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung beruhender Ersatzansprüche der Gesellschaft gegenüber ihren Organmitgliedern kaum mehr Hindernisse entgegenstehen. Ob es allerdings sinnvoll ist, dass im deutschen Recht eine Klage der Aktionärsminderheit unzulässig wird, sobald die Gesellschaft eine eigene Klage erhebt oder die Klage der Aktionärsminderheit übernimmt, ist hingegen fraglich. Das Risiko einer missbräuchlichen Klageerhebung durch die Gesellschaft mit dem Ziel der Verfahrenseinstellung ist dadurch trotz der Pflicht zur Veröffentlichung einer Verfahrenseinstellung gemäß § 149 AktG größer als nach schwedischem Recht, wo eine Klage durch die Gesellschaft stets neben derjenigen der Aktionäre geführt wird. Die vom schwedischen Gesetzgeber gewählte Möglichkeit, eine oder sogar mehrere Klagen von Minderheitsaktionären und auch eine Klage der Gesellschaft parallel nebeneinander zuzulassen, wirft allerdings erhebliche Bedenken im Hinblick auf den Grundsatz der Rechtshängigkeit bzw. der litispendens des geltend gemachten Anspruchs auf, da sich alle Klagen auf den gleichen Anspruch beziehen. Ebenso wie nach deutschem Recht gemäß § 148 AktG können auch die Minderheitsaktionäre einer schwedischen Gesellschaft mit einer Klage gemäß 29. Kap. § 9 ABL nicht nur den ihnen persönlich entstandenen mittelbaren Schaden, sondern den gesamten Schaden der Gesell-

213 BGHZ 135, 244 ff. (ARAG/Garmenbeck); vgl. hierzu Hüffer, AktG, § 111 Rn. 4a f.; Breuer/Fraune in: Heidel, AktR, § 111 AktG Rn. 12; Habersack in: MünchKomm3, AktG, § 116 Rn. 42; Thümmel, Persönliche Haftung, Rn. 260 f.; Ek, Haftungsrisiken für VS und AR, S. 180 f.

346

Teil 5: Durchsetzung von Prospekthaftungsansprüchen durch die Aktionäre

schaft geltend machen. Die zum deutschen Recht von Zieglmeier214 vorgeschlagene Lösung, den Aktionären ein Vetorecht gegen offensichtlich missbräuchliche Klagen der Gesellschaft einzuräumen, könnte deshalb sinnvoll sein.

III. Zwischenergebnis Durch das Musterklageverfahren nach dem KapMuG und die actio pro socio gemäß § 148 AktG ist nach deutschem Recht sowohl eine prozessuale Durchsetzung von Eigen- als auch von Reflexschäden der Anleger und damit auch die Erfüllung der Ausgleichsfunktion der Haftung weitgehend sichergestellt. Durch die weitgehende Beseitigung der bisher bestehenden Hemmnisse bei der Geltendmachung von Reflexschäden durch die Aktionäre wird zudem auch die Präventionsfunktion der Haftung gegenüber den Vorstandsmitgliedern von Emittenten gewahrt215. Nach schwedischem Recht bestehen hingegen mit dem Erfordernis der Klageerhebung durch eine Minderheit von Aktionären mit einem Anteil von 10 % aller Aktien noch immer erhebliche Hindernisse für eine Durchsetzung mittelbarer Schäden der Aktionäre. Die zur Schließung dieser Lücke in Schweden favorisierte Lösung, jedem Aktionär subsidiär einen eigenen Anspruch auf Ersatz des ihm jeweils entstandenen mittelbaren Schadens zuzubilligen, kollidiert mit dem Verbot der Einlagenrückgewähr. Zum anderen schafft sie keine dem Interesse aller Aktionäre gerecht werdende Lösung, da jeder Aktionär hierdurch nur seinen persönlichen Schaden geltend machen kann. Durch ein herabgesenktes Minderheitenquorum würde hingegen die Geltendmachung des gesamten der Gesellschaft entstandenen Schadens zugunsten aller mittelbar geschädigter Aktionäre erleichtert216. Allerdings entstehen den Anlegern im Zusammenhang mit der Veröffentlichung falscher Börsenprospekte nach schwedischem Recht kaum mittelbare Schäden. Dies ist nämlich nur dann möglich, wenn der Gesellschaft infolge der Veröffentlichung eines falschen Börsenprospekts ausnahmsweise unmittelbar selbst ein Schaden entsteht. Ein mittelbarer Schaden als Folge eines Schadensausgleichs durch die Gesellschaft kommt – anders als nach deutschem Recht – jedoch nicht in Betracht, da den Aktionären, wie oben ausführlich dargelegt217, nach der noch immer vorherrschenden Auffassung wegen des Vorrangs des Kapitalerhaltungsgrundsatzes keine Schadenersatzansprüche gegenüber der Gesellschaft zustehen können.

214 215 216 217

Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 157. Zur Ausgleichs- und Präventionsfunktion s. bereits oben Teil 1 A.III. Vgl. hierzu auch schon oben Teil 3 C.IV.2.a). Teil 3 B.III.1.

D. Vergleich und Stellungnahme

347

Eine Anpassung der Vorschriften über die Geltendmachung mittelbarer Schäden durch die Aktionäre ist im schwedischen Recht allerdings bereits heute im Hinblick auf andere Schäden als Kapitalmarktschäden, die Organmitglieder entweder unmittelbar der Gesellschaft oder sonstigen Dritten zufügen, geboten. Zudem ist eine Herabsetzung des gemäß 29. Kap. § 9 ABL erforderlichen Minderheitenquorums dann geboten, wenn sich die im Vordringen begriffene Auffassung, die eine Haftung der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären zulassen will, durchsetzen sollte.

Teil 6

Diskussion der Reformvorschläge zur Börsenprospekthaftung A. Einführung und weiterer Untersuchungsgang In Deutschland und in Schweden wird seit einigen Jahren eine lebhafte Diskussion über die zivilrechtliche Haftung bei der Verletzung von Publizitätspflichten gegenüber dem primären bzw. dem sekundären Kapitalmarkt geführt. In beiden Ländern haben die Gesetzgeber als Reaktion auf diese Diskussion Vorschläge zur Verschärfung der Kapitalmarkthaftung unterbreitet. Die vorgelegten Gesetzentwürfe wurden jedoch in beiden Ländern wegen starker Kritik aus der Rechtswissenschaft und der Praxis „bis auf weiteres“ wieder zurückgezogen1. Ausgehend von der in den vorangegangenen Teilen untersuchten Rechtslage de lege lata werden die in Deutschland und Schweden vorgeschlagenen Gesetzesänderungen im Folgenden zunächst kurz dargestellt. Im Anschluss daran werden die für den primären Kapitalmarkt unterbreiteten Vorschläge darauf hin untersucht, ob sie geeignet sind, zu einer besseren Erfüllung der Ausgleichsund Präventionsfunktion der Börsenprospekthaftung beizutragen2. Dabei werden die für Deutschland und Schweden vorgeschlagenen Gesetzesänderungen weitgehend getrennt voneinander untersucht. Das ist geboten, weil die Diskussion um eine Verschärfung der Prospekthaftung – wie die Untersuchung in Teil 3 B. gezeigt hat – in beiden Ländern von unterschiedlichen Ausgangspunkten geführt wird. In Deutschland steht bisher die Haftung des Emittenten im Vordergrund. Die Reformvorschläge konzentrieren sich deshalb auf die Einführung einer kumulativen Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane und von Experten, die bei der Erstellung der Prospekte mitgewirkt haben. Nach schwedischem Recht hingegen haften bisher allein die Organmitglieder für unrichtige oder unvollständige Prospektangaben, so dass im Zentrum der Reformvorschläge die Einführung einer kumulativen Prospekthaftung des Emittenten steht.

1 2

s. hierzu bereits ausführlich oben Teil 1 B. Zu den Funktionen der Börsenprospekthaftung s. ausführlich oben Teil 1 A.III.

B. Deutschland

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B. Deutschland I. Hintergrund In Deutschland steht im Zentrum der Diskussion um eine Verschärfung der Kapitalmarkthaftung die Haftung für Verstöße gegen die Publizitätspflichten des Emittenten gegenüber dem sekundären Kapitalmarkt, insbesondere die Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen (sogenannten Ad-hoc-Mitteilungen). Daneben wird zudem eine Verschärfung der Börsenprospekthaftung gemäß §§ 44 BörsG gefordert3. Zur Frage, wie eine solche Haftungsverschärfung de lege ferenda aussehen könnte, haben sowohl die Wissenschaft4 als auch das Bundesministerium der Finanzen verschiedene Vorschläge unterbreitet. Das Bundesministerium der Finanzen hat einen ersten Referentenentwurf mit Datum vom 16. August 2004 sowie einen Diskussionsentwurf mit Datum vom 7. Oktober 2004 für ein Gesetz zur Verbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen (Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz – KapInHaG) vorgelegt5. Wegen heftiger Kritik aus der Wirtschaft und den Verbänden wurde der Entwurf des Bundesfinanzministeriums Ende 2004 „auf unbestimmte Zeit“ verschoben6. Entgegen anfänglicher Behauptung7 und gelegentlich geäußerter Gerüchte8 haben bis heute weder die alte noch die neue Bundesregierung einen überarbeiteten Gesetzentwurf vorgelegt, so dass fraglich ist, ob die Einführung einer persönlichen Außenhaftung der Organmitglieder von Emittenten noch immer geplant ist. Im Folgenden werden zunächst kurz die Vorschläge des Bundesfinanzministeriums für ein KapInHaG in der Fassung des Diskussionsentwurfs vom 7. Oktober 2004 (KapInHaG-E) dargestellt (II.). Dabei genügt ein kurzer Überblick über die vorgeschlagenen Änderungen, da ein künftiger Gesetzesvorschlag, der die gegenüber dem KapInHaG-E geäußerte Kritik berücksichtigt, hiervon deutlich abweichen wird. Im Anschluss daran wird diskutiert, ob die vorgeschlagenen Haftungsverschärfungen im Hinblick auf eine umfassende Erfüllung der Ausgleichs- und Präventionsfunktion der Börsenprospekthaftung sinnvoll und erforderlich sind (III.).

3

Zur Entwicklung der Diskussion in Deutschland s. bereits oben Teil 1 B.III. Vgl. u. a. Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002); Zimmer, WM 2004, 9 ff.; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 1 ff. 5 Der Diskussionsentwurf vom 7.10.2004 ist abgedruckt in NZG 2004, 1042 ff. Im Internet sind beide Entwürfe abrufbar unter http://www.jura.uni-augsburg.de/prof/ moellers/aktuelles/kapinhag_gestoppt.html (zuletzt abgerufen am 6.9.2009). 6 Vgl. Börsenzeitung vom 10.11.2004, S. 1. 7 Vgl. DPA-AFX-Nachricht vom 24.08.2005 – Union plant Gesetz zur Managerhaftung; Börsenzeitung vom 1.12.2004, S. 1. 8 Vgl. z. B. Casper, Der Konzern 2006, 32. 4

350

Teil 6: Diskussion der Reformvorschläge zur Börsenprospekthaftung

II. Der Diskussionsentwurf für ein KapInHaG 1. Die Vorschläge zur primären Kapitalmarkthaftung In Artikel 2 KapInHaG-E hat das Bundesministerium der Finanzen eine generelle Erweiterung des Kreises der Haftungsadressaten gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG auf die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder des Emittenten durch Einführung einer neuen Nr. 3 vorgeschlagen. Danach sollten neben den Prospektverantwortlichen (Nr. 1) und den Prospektveranlassern (Nr. 2)9 auch die „für die Erstellung des Prospekts verantwortlichen Mitglieder eines Leitungs-, Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans des Emittenten“ für Prospektfehler haften. Anders als nach § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 BörsG sollte es nach dem Vorschlag für eine Haftung der Vorstandsmitglieder gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BörsG-E weder darauf ankommen, dass diese ausdrücklich die Verantwortung für den Prospekt übernommen haben noch darauf, dass sie mit der Veröffentlichung des (fehlerhaften oder unvollständigen) Prospekts ein wirtschaftliches Eigeninteresse verfolgen. Die Vorstandsmitglieder und auch die Aufsichtsratsmitglieder, soweit sie nach der internen Geschäftsverteilung für die Erstellung des Prospekts verantwortlich waren, sollten daher nach der Vorstellung der Entwurfsverfasser stets als Prospektverantwortliche gesamtschuldnerisch mit dem Emittenten haften10. Nach dem neu einzufügenden § 44 Abs. 5 BörsG-E sollte jedes Organmitglied seine Haftung gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BörsG-E für grob fahrlässiges Handeln auf einen Höchstbetrag in Höhe der vierfachen ihm vom Emittenten geleisteten Bruttojahresvergütung beschränken können. Die Haftungsbeschränkung sollte nach dem Wortlaut der Vorschrift allerdings nicht bereits kraft Gesetzes eintreten, sondern erst infolge eines Willensaktes durch das jeweilige Organmitglied. In welcher Form dies geschehen sollte, ließ der Entwurf allerdings offen. Bei mehreren, den maximalen Haftungsbetrag insgesamt überschreitenden Forderungen sollte jede Forderung nur anteilig im Verhältnis der maximalen Haftungssumme zur Höhe der Gesamtforderung ersetzt werden11. Darüber hinaus sollte durch einen neu anzufügenden § 44 Abs. 6 BörsG-E eine gesetzliche Verpflichtung eingeführt werden, beim Abschluss einer D&OVersicherung zugunsten der nach § 44 Abs. 1 BörsG Anspruchsverpflichteten einen Selbstbehalt zu Lasten des Versicherten in Höhe von 50% der Versicherungssumme zu vereinbaren12. Eine ähnliche Regelung hatte bereits Eingang in Abschnitt 3.8 Abs. 2 des DCGK gefunden. Mit dem Gesetz zur Angemessenheit 9

s. hierzu ausführlich oben Teil 4 A.II.4. BegrDiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1050. 11 BegrDiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1050, 1048. 12 BegrDiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1050, 1048. 10

B. Deutschland

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der Vorstandsvergütung (VorstAG) hat der Gesetzgeber 2009 in § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG schließlich eine gesetzliche Verpflichtung eingeführt, bei Abschluss einer D&O-Versicherung einen Selbstbehalt je Schadensfall von mindestens 10 Prozent des Schadens und eine jährliche Höchstgrenze für die Selbstbeteiligung in Höhe von mindestens des Eineinhalbfachen der festen jährlichen Vergütung des Vorstandsmitglieds zu vereinbaren13. Schließlich sah der KapInHaG-E die Einführung einer Prospekthaftung von Dritten, namentlich von Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten und sonstigen Experten, die bei der Erstellung der für die Beurteilung der Wertpapiere wesentlichen aber unvollständigen oder unrichtigen Angaben mitgewirkt haben, vor (§ 44a BörsG-E). Eine Haftung sollte nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfs zwar nur eintreten, sofern die Experten für die von ihnen herrührenden und im Prospekt veröffentlichten Angaben ausdrücklich die Verantwortung übernommen haben, in der Entwurfsbegründung hatte das Bundesministerium allerdings durch einen Verweis auf § 30 BörsZulV a. F. eine Verpflichtung zur Verantwortungsübernahme im Prospekt angedeutet14, 15. 2. Die Vorschläge zur sekundären Kapitalmarkthaftung a) Geltende Rechtslage gemäß §§ 37b, 37c WpHG Nach geltender Rechtslage sehen die §§ 37b, 37c WpHG allein eine Haftung des Emittenten für Schäden vor, die einem Anleger auf Grund der Veröffentlichung einer falschen oder der unterlassenen Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung entstehen. Dabei sehen die §§ 37b, 37c WpHG eine Beweislasterleichterung zugunsten geschädigter Anleger nur im Hinblick auf das Verschulden des Emittenten vor. Eine Vermutung der haftungsbegründenden Kausalität oder die Annahme einer Anlagestimmung zugunsten der Anleger innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach der Veröffentlichung einer falschen Insiderinformation oder der unterlassenen Veröffentlichung einer Insiderinformation, sieht die geltende Rechtslage nicht vor16. Das wird von weiten Teilen der Literatur ebenso 13 Näher hierzu s. den Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drs. 16/13433, S. 17. 14 BegrDiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1050. 15 Zu den Vorschlägen des KapInHaG-E zur Einführung einer spezialgesetzlichen Prospekthaftung für Wirtschaftsprüfer und andere Berater s. ausführlich Zimmer/Binder, WM 2005, 577 ff.; Heukamp, ZHR 169 (2005), 471 ff.; DAI, Stellgn. z. KapInHaG, S. 10 f. Vgl. allgemein zur Haftung von Wirtschaftsprüfern und anderen Experten auch Baums/Fischer, Haftung des Prospekt- und Abschlussprüfers; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F66 ff.; Mülbert, JZ 2002, 826, 833; Ehricke in: Hopt/Voigt, S. 228 f.; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 72 ff. 16 Zur geltenden Rechtslage gemäß §§ 37b, 37c WpHG s. ausführlich Zimmer in: Schwark, KMRK, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 1 ff.; Fuchs in: Fuchs, WpHG, §§ 37b, 37c, Rn. 31; Möllers/Leisch in: Kölner Komm, WpHG, §§ 37b, c Rn. 359 ff.

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Teil 6: Diskussion der Reformvorschläge zur Börsenprospekthaftung

kritisiert, wie das Fehlen einer unmittelbaren Außenhaftung der Organmitglieder. Neben den §§ 37b, 37c WpHG kommt eine Haftung des Emittenten sowie seiner Organmitglieder vor allem gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. einem Schutzgesetz sowie gemäß § 826 BGB in Betracht. Bei einer sekundären Kapitalmarkthaftung nach diesen Vorschriften sind die Anleger jedoch den gleichen bzw. wegen der bei Ad-hoc-Mitteilungen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in Betracht kommenden Annahme einer Anlagestimmung noch größeren (Beweis-)Schwierigkeiten ausgesetzt als bei der deliktischen Prospekthaftung17. b) Die Vorschläge zur Ausweitung der sekundären Kapitalmarkthaftung Art. 1 KapInHaG-E sah erhebliche Änderungen für die sekundäre Kapitalmarkthaftung vor. Gemäß § 37a Abs. 1 WpHG-E sollte die Haftung für Informationen auf dem sekundären Kapitalmarkt nicht mehr auf unterlassene oder unwahre Ad-hoc-Mitteilungen i. S. v. § 15 WpHG beschränkt bleiben, sondern auf alle unrichtigen oder verschwiegenen Angaben über Umstände „in öffentlichen Bekanntmachungen oder Mitteilungen über geschäftliche Verhältnisse, die zur Erstellung von Finanzanalysen oder für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind [. . .und] für die Bewertung dieses Finanzinstruments erheblich sind,“ ausgeweitet werden. Dabei sollten nicht nur schriftliche, sondern auch mündliche Erklärungen haftungsbewehrt sein, „wenn diese in Ansprachen oder Auskünften im Rahmen der Hauptversammlung oder einer vom Emittenten veranlassten Informationsveranstaltung abgegeben werden“18. Ferner sollte die Haftung für unrichtige Angaben oder das Verschweigen von Umständen i. S. v. § 37a Abs. 1 WpHG-E gemäß § 37a Abs. 2 WpHG-E auf die Organmitglieder des Emittenten erweitert werden19. § 37a Abs. 3 WpHG-E sah zudem die gesetzliche Anerkennung einer Anlagestimmung durch eine nach Abs. 1 oder 2 haftungsbewehrte Handlung oder Unterlassung für einen Zeitraum von drei Monaten vor, mit der Folge, dass bei einem Erwerb innerhalb dieses Zeitraums die haftungsbegründende Kausalität widerleglich vermutet wird20. Wurden die Finanzinstrumente erst nach Ablauf der Dreimonatsfrist er-

17 BGH, BKR 2004, 403 ff. (Infomatec); BGH, AG 2004, 543, 545 (Infomatec); OLG Frankfurt, NZG 2005, 516, 517 (Comroad). 18 Vgl. hierzu BegrDiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1046. 19 Vgl. BegrDiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1046 f. 20 Zur Möglichkeit des Gegenbeweises durch den Anspruchsgegner vgl. § 37b Abs. 1 Nr. 1 WpHG-E.

B. Deutschland

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worben, sollte die Beweislast in Übereinstimmung mit den allgemeinen Beweislastregeln dem Anspruchsteller obliegen21. Nach der Regelung in § 37a Abs. 4 WpHG-E sollte den Anlegern in Übereinstimmung mit der herrschenden Ansicht zur geltenden Rechtslage22 nur der Differenzschaden nicht hingegen auch der Vertragsabschlussschaden ersetzt werden. Zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten bei der Bestimmung des hypothetischen Börsenpreises, der bei zutreffender Informationslage zum Zeitpunkt des Aktienerwerbs bestanden hätte23, sah § 37a Abs. 4 WpHG-E zudem eine Schadenspauschalierung vor. Danach sollte der Differenzschaden bestimmt werden durch „den Unterschiedsbetrag zwischen dem Kauf- oder Verkaufspreis und dem gewichteten durchschnittlichen inländischen Börsenpreis des Finanzinstruments während der ersten 30 Tage nach dem öffentlichen Bekanntwerden der Unrichtigkeit der Angabe oder der verschwiegenen Umstände“24. Darüber hinaus sah der KapInHaG-E zur sekundären Kapitalmarkthaftung ebenso wie zur primären Kapitalmarkthaftung eine Haftungsbegrenzung zugunsten der Organmitglieder (§ 37a Abs. 5 WpHG-E) sowie eine Verpflichtung zur Vereinbarung eines Selbstbehalts beim Abschluss einer D&O-Versicherung für die Organmitglieder (§ 37a Abs. 6 WpHG-E) vor25. Wegen des auf die Börsenprospekthaftung begrenzten Rahmens dieser Untersuchung kann hier auf weitere Details und Kritik zu den Vorschlägen des KapInHaG-E zur sekundären Kapitalmarkthaftung nicht eingegangen werden. Insoweit wird auf die einschlägige Literatur verwiesen26.

21

Vgl. BegrDiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1047. Vgl. hierzu die Nachweise oben in Teil 4 C.II.2.b) Fn. 662. 23 Zur Berechnung des Differenzschadens s. oben Teil 4 A.V.5., insb. die Nachweise in Fn. 348. 24 Vgl. hierzu BegrDiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1047 f. Auch wenn der Vorschlag einer Haftungspauschalierung zur Vereinfachung der Schadensberechnung und zur Verringerung von Beweisproblemen grundsätzlich zu begrüßen ist, so krankt die vorgeschlagene Regelung vor allem daran, dass allgemeine Marktschwankungen, die nicht auf der Verletzung der Informationspflicht durch den Emittenten beruhen, bei der Schadensberechnung keine Berücksichtigung finden, mit der Folge, dass der Emittent das gesamte Marktrisiko zu tragen hat (vgl. hierzu auch DAV, Stellgn. z. KapInHaG, NZG 2004, 1099 ff.). 25 Vgl. hierzu BegrDiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1048. 26 Vgl. u. a. Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 107 ff.; Duve/Basak, BB 2005, 2645 ff.; Casper, BKR 2005, 83 ff.; ders., Der Konzern 2006, 32 ff.; Veil, BKR 2005, 91 ff.; Semler/Gittermann, NZG 2004, 1081 ff.; Schäfer, NZG 2005, 985 ff.; Möllers, JZ 2005, 75 ff.; Gottschalk, Der Konzern, 2005, 274 ff.; DAV, Stellgn. z. KapInHaG, NZG 2004, 1099 ff. 22

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Teil 6: Diskussion der Reformvorschläge zur Börsenprospekthaftung

III. Notwendigkeit einer generellen Organaußenhaftung für fehlerhafte Börsenprospekte? 1. Überblick über den Meinungsstand Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des KapInHaG-E sowie den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vor allem in den Sachen Infomatec27 und EM.TV28 zur deliktischen Kapitalmarkthaftung war in der Rechtswissenschaft eine umfassende Diskussion über die Verschärfung der Kapitalmarkthaftung, insbesondere die Einführung einer unmittelbaren Außenhaftung der Organmitglieder von Emittenten gegenüber Anlegern, entbrannt. Der wohl überwiegende Teil der Literatur tritt für die Einführung einer unmittelbaren Außenhaftung bei fehlerhafter, unvollständiger bzw. unterlassener Veröffentlichung von Kapitalmarktinformationen ein29, wobei sich allerdings nur ein kleiner Teil dieser Ansicht auch mit der Verschärfung der persönlichen Außenhaftung für unrichtige oder unvollständige Informationen gegenüber dem primären Kapitalmarkt befasst30. Eine andere Ansicht in der Literatur lehnt eine spezialgesetzliche Außenhaftung der Organmitglieder hingegen grundsätzliche ab. Nur für den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Emittenten bzw. zur Vermeidung des sogenannten last-period-Problems will diese Ansicht eine unmittelbare Außenhaftung ausnahmsweise zulassen31.

27

BGH, AG 2004, 543 ff. (Infomatec); BGH, AG 2004, 546 ff. (Infomatec). BGH, ZIP 2005, 1270 ff. (EM.TV). 29 RegKom CG, Bericht, BT-Drs. 14/7515, Rn. 186; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F102 f.; ders., ZGR 2004, 437, 464 ff.; ders., BKR 2003, 608, 615; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 69 ff.; Schäfer, NZG 2005, 985, 987 ff.; Horn in: FS Ulmer, S. 817, 828; Hutter/Leppert, NZG 2002, 649, 654; Möllers in: Möllers/ Rotter, Ad-hoc-Publizität, § 17 Rn. 1 ff.; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 56; Rieckers, BB 2002, 1213, 1220; Rössner/Bolkart, ZIP 2002, 1471, 1476 f. Weitnauer, DB 2003, 1719, 1724; Gottschalk, Der Konzern, 2005, 274, 279 ff.; Rieckers, BB 2002, 1213, 1220 f.; (einschränkend) Duve/Basak, BB 2005, 2645, 2651; (für eine auf Fälle wirtschaftlichen Eigeninteresses beschränkte und damit an § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AktG orientierte Außenhaftung auf dem sekundären Kapitalmarkt) Baums, ZHR 167 (2003), 139, 171 ff. 30 Ausdrücklich für eine Verschärfung der Außenhaftung für unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F101 ff.; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 69 ff. 31 Casper, BKR 2005, 83 ff.; ders., Der Konzern 2006, 32 ff.; Spindler, WM 2004, 2089, 2094 ff.; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1070 f.; Kiethe, DStR 2003, 1982, 1989 f.; Grotheer, WM 2005, 2070, 2075 ff.; Zimmer, WM 2004, 9, 12, 19 ff.; Mülbert, JZ 2002, 826, 832; ZKA, Stellgn. z. KapInHaG, S. 3; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 396 ff.; (unklar) ders., BKR 2005, 91, 97 f.; (gegen jegliche spezialgesetzliche Außenhaftung) Dühn, Schadensersatzhaftung, S. 299 ff., 319; Assmann in: Verhandlungen des 64. DJT (2002), Bd. II/1, S. P22 f.; Sethe in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 27; Fuchs in: Fuchs, WpHG, §§ 37b, 37c, Rn. 72 ff. 28

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2. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen der Haftung des Emittenten und der Haftung seiner Organmitglieder a) Der Grundsatz der vorrangigen Außenhaftung der Gesellschaft In Teil 3 B. wurde im Rahmen der Erläuterung der aktienrechtlichen Haftungsstrukturen bereits darauf hingewiesen, dass die Haftung der Gesellschaft und die Haftung ihrer Organmitglieder nach geltender Rechtslage in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zueinander stehen. Danach haftet gegenüber Dritten auch bei Pflichtverletzungen ihrer Organmitglieder vorrangig die Gesellschaft32. Dies beruht darauf, dass der Gesellschaft nach dem Organhaftungsprinzip alle zum Schadenersatz verpflichtenden Handlungen ihres Vorstandes nach § 31 BGB zugerechnet werden, sofern der Vorstand in seiner amtlichen Eigenschaft tätig geworden ist33. Nach außen schlagen Pflichtverletzungen, die die Organmitglieder im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft begangen haben, nur ausnahmsweise durch34. Daraus folgt jedoch nicht, dass neben der Haftung der Gesellschaft eine Haftung ihrer Organmitglieder ausgeschlossen wäre. Wie die aktienrechtlichen Haftungsregelungen, insbesondere §§ 93, 116, 117 AktG, zeigen, steht jedoch die Innenhaftung der Organmitglieder gegenüber einer Außenhaftung deutlich im Vordergrund. Aktienrechtliche Bestimmungen über eine Außenhaftung der Organmitglieder der Gesellschaft fehlen fast vollkommen35. Eine Außenhaftung kommt daher regelmäßig nur auf Grund spezialgesetzlicher Anspruchsgrundlagen oder nach den bürgerlich-rechtlichen Haftungsbestimmungen, insbesondere dem Deliktsrecht, in Betracht; auch danach ist eine Außenhaftung der Organmitglieder allerdings die Ausnahme.

32 Duve/Basak, BB 2005, 2645; Casper, BKR 2005, 83, 86; Spindler, WM 2004, 2089, 2094; Kiethe, DStR 2003, 1982, 1986; Mülbert, JZ 2002, 826, 831 f.; Zimmer, WM 2004, 9, 10; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1070 f.; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 66; Galahn, VW 2004, 1737 f.; DAV, Stellgn. z. KapInHaG, NZG 2004, 1099; Verse, ZHR 170 (2006), 399, 407; Fuchs in: Fuchs, WpHG, §§ 37b, 37c, Rn. 74; Sethe in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 27; (grundsätzlich ebenso) Fleischer, ZGR 2004, 437, 444 f. Dies entspricht auch dem Standard in vielen EUStaaten, in denen eine unmittelbare Außenhaftung der Organmitglieder ausdrücklich geregelt ist (vgl. hierzu Drygala in: Lutter, Das Kapital der AG, S. 277, 299 und passim). 33 s. oben Teil 3 B.II.1.a) und Teil 3 B.II.2.a). 34 Vgl. BGHZ 109, 297, 303 ff. (Baustoff); BGH, WM 2006, 380, 394 (Kirch/ Breuer); Kleindiek, Deliktshaftung, S. 368 ff.; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 172; Casper, BKR 2005, 83, 86; Kiethe, DStR 2003, 1982, 1986; Verse, ZHR 170 (2006), 399 ff.; Hellgardt, WM 2006, 1514 ff.; Medicus, ZGR 1998, 570, 578; Fuchs in: Fuchs, WpHG, §§ 37b, 37c, Rn. 74. 35 Zu den Ausnahmen s. oben Teil 3 B.II.2.c) Fn. 45.

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Teil 6: Diskussion der Reformvorschläge zur Börsenprospekthaftung

b) Der Ausnahmecharakter der Außenhaftung der Organmitglieder gemäß §§ 44 ff. BörsG Wie die nähere Untersuchung der spezialgesetzlichen Börsenprospekthaftung gezeigt hat, haften nach § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BörsG nur diejenigen Personen, die die ihnen persönlich obliegenden Prospektpflichten verletzt haben36. Gemäß § 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG i.V. m. § 3 Abs. 3 WpPG obliegt die Pflicht zur Veröffentlichung eines Börsenprospektes allein den Zulassungsantragstellern, d.h. dem Emittenten und den Emissionsbegleitern (vgl. § 32 Abs. 2 S. 1 BörsG)37. Allein diese sind deshalb auch nach § 5 Abs. 3 und Abs. 4 S. 2 WpPG verpflichtet, nach außen die Verantwortung für den Prospektinhalt zu übernehmen (vgl. § 5 Abs. 4 S. 1 WpPG). Andere Personen kommen als Prospektveranlasser i. S. v. § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BörsG nur dann in Betracht, wenn sie freiwillig als Prospektverantwortliche im Prospekt benannt werden. Dies kommt bei Vorstandsmitgliedern jedoch kaum vor. Die von § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG erfassten Fälle sind hingegen mit den von § 826 BGB erfassten Fällen vergleichbar. Ebenso wie der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit der Veröffentlichung unrichtiger oder unterlassener Ad-hoc-Mitteilungen für das Vorliegen einer sittenwidrigen Schädigung i. S. v. § 826 BGB fordert, dass das jeweilige Vorstandsmitglied zu „eigenen Zwecken“ gehandelt hat38, so ist auch im Rahmen von § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG zur Begründung einer Haftung nicht nur die tatsächliche Urheberschaft für den Prospekt erforderlich – wie dies nach § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BörsG-E in der Fassung des KapInHaG-E vorgesehen war –, sondern die im Eigeninteresse zum Ausdruck kommende gesteigerte Rechtswidrigkeit39. § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG sieht daher keine allgemeine Außenhaftung der Organmitglieder des Emittenten vor. Ihre Außenhaftung beschränkt sich vielmehr auf diejenigen Fälle, in denen die Organmitglieder entweder nach außen die Verantwortung für den Prospektinhalt übernommen und damit tatsächliches Vertrauen begründet haben (§ 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BörsG) oder bei der Veröffentlichung des unrichtigen oder unvollständigen Prospekts in eigenem wirtschaftlichen Interesse gehandelt haben (§ 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG)40. 36 Baums, ZHR 167 (2003), 139, 165. Vgl. zur parallelen Frage bei der sekundären Kapitalmarkthaftung Casper, BKR 2005, 83, 86; Kiethe, DStR 2003, 1982, 1986; DAV, NZG 2003, Sonderbeil. zu Heft 9/2003, S. 18; Zimmer, WM 2004, 9, 10 f.; ders. in: Schwark, KMRK, § 37b, 37c WpHG Rn. 127 f.; vgl. auch Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1070 f.; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 396. 37 s. hierzu bereits oben Teil 4 A.II.4.a). Zur Bedeutung der Haftung des Emittenten als geeigneteste Person zur Einrichtung eines wirkungsvollen Kontroll- und Überwachungssystems vgl. Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 63; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F99 sowie zum schwedischen Recht unten Teil 6 C.III.1.c). 38 Vgl. hierzu BGH, AG 2004, 546, 547 (Infomatec); BGH, BKR 2004, 403, 408 (Infomatec) sowie ausführlich oben Teil 4 A.V.3.e). 39 Vgl. hierzu auch Casper, BKR 2005, 83, 85 f.; ders., Der Konzern 2006, 32, 38.

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c) Der Ausnahmecharakter der Außenhaftung der Organmitglieder gemäß §§ 823 Abs. 2, 826 BGB In ähnlicher Weise wie im Rahmen der §§ 44 ff. BörsG kommt eine Außenhaftung der Organmitglieder auch aus allgemeinem Deliktsrecht nur ausnahmsweise in Betracht. Eine Haftung für unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte gemäß § 826 BGB kommt nur bei einer vorsätzlichen Pflichtverletzung, der eine besondere Verwerflichkeit innewohnt, in Betracht. Auch eine Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. einem Schutzgesetz zugunsten der Anleger ist – über die aus § 47 Abs. 2 BörsG folgende Beschränkung auf vorsätzliche bzw. grob fahrlässige Handlungsweisen hinaus – neben einer Haftung des Emittenten gemäß §§ 44 ff. BörsG nur in engen Grenzen möglich. Aus der Stellung von § 823 Abs. 2 BGB zu §§ 823 Abs. 1 und 826 BGB ergibt sich, dass Vermögensschäden über den durch § 826 BGB gesetzten Rahmen hinaus nach § 823 Abs. 2 BGB nur dann ersetzt werden, wenn die verletzte Rechtsnorm (auch) den Schutz des Anspruchsstellers bezweckt. Sofern es – wie bei der Börsenprospektpflicht – um die Verletzung unternehmensspezifischer Pflichten geht, die in erster Linie der Gesellschaft obliegen und die sich für die Vorstandsmitglieder deshalb erst aus ihrer Organstellung ergeben41, muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darüber hinaus die Eröffnung eines individuellen Schadenersatzanspruchs vom Gesetzgeber erkennbar erstrebt worden sein oder zumindest „sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar“ 42 erscheinen43. An Letzterem fehlt es unter anderem dann, wenn die Belange des Geschädigten durch Ansprüche gegen Dritte anderweitig ausreichend abgesichert sind44. Keine Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 823 Abs. 2 BGB ist bei strafrechtlich bewehrten Rechtsnormen vorzunehmen45. 40 So ausdrücklich auch Kalss/Eckert in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 80. In diese Richtung gehen auch die Ausführungen von Verse, ZHR 170 (2006), 399 ff. zu § 823 Abs. 2 BGB. 41 Bei der Verletzung allgemeiner Pflichten, die unabhängig von der Organstellung grundsätzlich jedermann obliegen, ist eine Außenhaftung der Organmitglieder hingegen unstreitig gegeben, sofern die Schutzgesetzqualität zu bejahen ist (vgl. Medicus, ZGR 1998, 570, 571; Verse, ZHR 170 (2006), 399, 401 ff.; Hellgardt, WM 2006, 1514, 1516 f., jeweils m.w. N.). 42 BGH, NJW 1976, 1740 f. 43 BGH, NJW 1976, 1740 f.; BGH, NJW 1980, 1792; BGH, NJW 1989, 974; BGH, NJW 1994, 1801, 1803; Canaris in: 2. FS Larenz, S. 27, 58 ff.; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, S. 436 ff.; Hager in: Staudinger, BGB, § 823 Rn. G 4; Verse, ZHR 170 (2006), 399, 407. 44 BGH, NJW 1976, 1740 f.; BGH, NJW 1980, 1792; BGH, NJW 1982, 2780; BGH, NJW 1989, 974; BGH, NJW 1994, 1801, 1803; Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 621. Vgl. hierzu auch Verse, ZHR 170 (2006), 399, 405 ff.; Hellgardt, WM 2006, 1514, 1516. 45 So ausdrücklich BGH, NJW 1982, 2780 f.; BGH, NJW 1992, 241, 243.

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Da die Formel des Bundesgerichtshofs sehr vage bleibt, sind in der Literatur verschiedentlich Versuche unternommen worden, die Kriterien zur Bestimmung der Schutzgesetzqualität einer Rechtsnorm i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB zu konkretisieren. Nach Ansicht von Canaris kommt einer Rechtsnorm im Hinblick auf Vermögensschäden nur dann Schutzgesetzcharakter i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB zu, wenn es sich um eine Strafnorm handelt oder ihr Tatbestand sonst einen besonders hohen Unrechtsgehalt aufweist, der sie in die Nähe einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung vergleichbar mit § 826 BGB rückt46. Diese Umschreibung ist in der Literatur vielfach als zu eng angesehen worden47. Verse48 hat deshalb unter Berücksichtigung der Ansicht von Canaris und der hieran in der Literatur geäußerten Kritik speziell für den Fall der Außenhaftung von Organmitgliedern einer Gesellschaft in überzeugender Weise drei Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Belange der Geschädigten nicht in ausreichendem Maße durch Ansprüche gegen die Gesellschaft abgesichert werden und deshalb eine Durchbrechung des Haftungsvorrangs der Gesellschaft mit der Folge einer unmittelbaren Außenhaftung der Organmitglieder gemäß § 823 Abs. 2 BGB gerechtfertigt ist. Das ist nach seiner Ansicht geboten, (1.) wenn der Pflichtverletzung ein besonders hoher Unrechtsgehalt zugrunde liegt, insbesondere bei strafbaren Handlungen, (2.) wenn die verletzte Rechtsnorm dazu dient, (auch) vor dem Ausfallrisiko in der Insolvenz der Gesellschaft zu schützen und dieser Schutz nur durch eine Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB gewährleistet werden kann, weil eine Absicherung im Wege der Innenhaftung versagt und (3.) wenn die verletzte Rechtsnorm dem Schutz der in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtsgüter dient49. Selbst nach der „weiten“ Ansicht von Verse kommt eine Außenhaftung der Organmitglieder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. einem Schutzgesetz somit nur in besonders schwerwiegenden Fällen bzw. dann in Betracht, wenn eine Innenhaftung der Organmitglieder versagt oder Rechtsgüter aus § 823 Abs. 1 BGB betroffen sind. Im Anwendungsbereich der Börsenprospekthaftung wird der Ergänzungscharakter der deliktsrechtlichen Haftungsnormen zudem dadurch weiter betont, dass die Vorstandsmitglieder gemäß § 47 Abs. 2 BörsG für deliktische Schäden nur bei vorsätzlichem bzw. grob fahrlässigem Handeln haften.

46 Canaris in: 2. FS Larenz, S. 27, 47 ff.; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, S. 436 ff. 47 Vgl. Wagner in: MünchKomm, BGB, § 823 Rn. 330 m.w. N.; vgl. auch Verse, ZHR 170 (2006), 399, 406 m.w. N. 48 Verse, ZHR 170 (2006), 399 ff. 49 Verse, ZHR 170 (2006), 399, 408 ff. Auf § 823 Abs. 1 BGB und damit auf absolut geschützte Rechtsgüter beschränken sich auch die entsprechenden Äußerungen des BGB in der Kirch/Breuer-Entscheidung, WM 2006, 380, 394; (zurecht kritisch) Hellgardt, WM 2006, 1514 ff.

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d) Gegenargumente Das von den Befürwortern einer kapitalmarktrechtlichen Außenhaftung der Organmitglieder angeführte Argument, mit ihrer Einführung erfolge kein Systembruch, weil sich eine Organaußenhaftung bereits nach geltendem Recht aus § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 BörsG bzw. §§ 823 Abs. 2, 826 BGB ergebe und durch eine spezialgesetzliche Regelung de lege ferenda deshalb nur die Durchgangsfunktion der deliktsrechtlichen Generalklauseln entbehrlich gemacht werde50, stimmt – wie gesehen – nicht. Die genannten Vorschriften sehen eine Außenhaftung der Organmitglieder nur in Ausnahmefällen vor. Eine generelle Außenhaftung für die Verletzung der gemäß § 3 Abs. 3 WpPG im Außenverhältnis allein der Gesellschaft obliegenden Börsenprospektpflicht lässt sich aus den bestehenden Außenhaftungsbestimmungen nicht herleiten51. Das ebenfalls gegen das Regel-Ausnahme-Verhältnis vorgebrachte Argument, dem Gesetzgeber stehe bei der Ausgestaltung der Organhaftung de lege ferenda ein weiter Entscheidungsspielraum zu Verfügung52, kann zwar kompetenzrechtlich, nicht aber sachlich als Rechtfertigung für die Einführung einer umfassenden Organaußenhaftung dienen. Auch der Gesetzgeber ist von der sachlichen Begründung seiner Reformen nicht befreit53. Soweit darüber hinaus eingewendet wird, die Einführung einer Organaußenhaftung führe zu keiner Destabilisierung des Gesamtsystems, sondern beschränke sich auf bereichsspezifische Korrekturen54, ist zu erwidern, dass auch ein bereichsspezifischer Systembruch nur dann zuzulassen ist, wenn sich die mit ihm verfolgten Ziele nicht auf systemkonforme Weise angemessen verwirklichen lassen55. Die Tatsache, dass ein bestehendes System konsistent in einer bestimmten Richtung ausgestaltet ist, bedeutet zwar nicht, dass es nicht auf Grund neuerer Erkenntnisse bzw. rechtspolitischer Notwendigkeiten umgestaltet werden könnte. Eine solche Veränderung bedarf jedoch einer besonderen Rechtfertigung und eines empirischen Nachweises seiner Notwendigkeit. Hieran fehlt es jedoch im Hinblick auf die Einführung einer Organaußenhaftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen56. Die Tatsache, dass dem Anlegerschutz eine 50 So Fleischer, ZGR 2004, 437, 464 f.; (ähnlich) Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 71 f.; Horn in: FS Ulmer, 817, 828. 51 So wohl auch Verse, ZHR 170 (2006), 399, 420 f. 52 Schäfer, NZG 2005, 985, 988; Gottschalk, Der Konzern, 2005, 274, 283. 53 So auch Casper, BKR 2005, 83, 86; ders., Der Konzern 2006, 32, 39; Zimmer, WM 2004, 9, 11; vgl. auch Verse, ZHR 170 (2006), 399, 407; Sethe in: Assmann/ Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 27. 54 So Fleischer, ZGR 2004, 437, 464. 55 Spindler, WM 2004, 2089, 2094; (allgemein sogar) Fleischer, ZGR 2004, 437, 444. Zur Frage, ob eine Organaußenhaftung materiell- und prozessrechtlich erforderlich ist, um die mit ihr verfolgten Ziele durchzusetzen, s. sogleich Teil 6 B.III.3. 56 So auch Casper, BKR 2005, 83, 86, 87; Verse, ZHR 170 (2006), 399, 407.

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besonders große Bedeutung zukommt, vermag eine unmittelbare Außenhaftung allein nicht zu rechtfertigen, wenn nicht auch eine rechtsökonomische Notwendigkeit hierfür besteht57. e) Zwischenergebnis Zwischen der Außenhaftung des Emittenten und der Außenhaftung seiner Organmitglieder besteht ein Regel-Ausnahme-Verhältnis mit einem grundsätzlichen Haftungsvorrang des Emittenten. Eine Außenhaftung der Organmitglieder stellt sowohl nach der Haftungskonzeption des Aktien- und Kapitalmarktrechts als auch des allgemeinen Deliktsrechts eine Ausnahme dar. Nachdem der Gesetzgeber des 3. FMFG für die spezialgesetzliche Börsenprospekthaftung und der Bundesgerichtshof in seiner EM.TV-Entscheidung für die deliktische Kapitalmarkthaftung eine Haftung des Emittenten gegenüber seinen Anlegern generell bejaht haben58, steht diesem Haftungskonzept auch ein etwaiger Vorrang des Kapitalerhaltungsgrundsatzes nicht mehr entgegen. Eine persönliche Außenhaftung der Organmitglieder wegen fehlerhafter oder unvollständiger Prospektangaben kommt nur dann in Betracht, 1. wenn die Organmitglieder entweder nach außen ausdrücklich die Verantwortung für den Prospektinhalt übernommen und damit tatsächliches Vertrauen begründet haben (§ 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BörsG), 2. wenn ihrem Verhalten eine besondere Rechtswidrigkeit innewohnt, insbesondere weil sie im eigenen wirtschaftlichen Interesse gehandelt haben (§ 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BörsG, § 826 BGB), 3. weil ihnen eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung, insbesondere eine strafbare Handlung, zur Last fällt (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. m. einem Strafgesetz, § 826 BGB) oder 4. weil eine Haftung des Emittenten und damit auch eine hiermit verbundene Innenhaftung der Organmitglieder zum Schutz der Anleger versagt59, 60. Eine weitergehende bereichsspezifische Durchbrechung dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses ist deshalb nur dann geboten, wenn die geltenden, auf einer Innenhaftung der Organmitglieder aufbauenden Haftungsvorschriften die Durchsetzung der Ausgleichs- und Präventionsfunktion der Haftung und damit 57

So aber wohl Fleischer, ZGR 2004, 437, 464 f.; Schäfer, NZG 2005, 985, 988. s. hierzu ausführlich oben Teil 3 B.II.1.b). 59 Ähnlich auch Kalss/Eckert in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 80; Verse, ZHR 170 (2006), 399 ff., 420 f. 60 Zur Frage, ob die bisherige, auf einer Innenhaftung der Organmitglieder aufbauende Rechtslage zum Schutz der Anleger genügt s. sogleich Teil 6 B.III.3. 58

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eine umfassende Gewährleistung des Anlegerschutzes nicht hinreichend gewährleisten61. Im Folgenden wird deshalb der Frage nachgegangen, ob die geltende Rechtslage geeignet ist, für einen hinreichenden Anlegerschutz zu sorgen. 3. Hinreichender Anlegerschutz durch die geltende Rechtslage a) Einführung Wie oben in Teil 1 A. ausführlich dargelegt, dient die Börsenprospekthaftung der Einhaltung der Prospektpflichten, die wiederum der Sicherung der Informationseffizienz auf den Kapitalmärkten und damit der Gewährleistung des Anlegerschutzes dienen. Die Börsenprospekthaftung soll einerseits im Falle einer bereits eingetretenen pflichtwidrigen Schädigung von Anlegern den Schadensausgleich sicherstellen (sogenannte Ausgleichsfunktion). Andererseits dient sie der Abschreckung und Verhaltenssteuerung (sogenannte Präventionsfunktion)62. Umstritten ist, ob die Erfüllung der Ausgleichs- und der Präventionsfunktion durch die geltende Rechtslage sichergestellt ist. b) Die Erfüllung der Ausgleichsfunktion aa) Grundsatz Die Erfüllung der Ausgleichsfunktion kann grundsätzlich sowohl durch eine Haftung der Gesellschaft als auch durch eine Haftung der Mitglieder ihrer Leitungsorgane gewährleistet werden. Das soeben dargelegte Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen der Außenhaftung des Emittenten und der Außenhaftung seiner Organmitglieder spricht jedoch dafür, die Ausgleichsfunktion der Haftung in der Regel durch eine Haftung des Emittenten sicherzustellen. Für eine vorrangige Erfüllung der Ausgleichsfunktion durch eine Haftung des Emittenten spricht zudem die begrenzte Zahlungsfähigkeit seiner Organmitglieder. Zudem profitiert in erster Linie der Emittent von einem durch unrichtige oder unvollständige Prospektangaben hervorgerufenen höheren Emissionspreis der Aktien, so dass es auch gerechtfertigt erscheint, in erster Linie den Emittenten haften zu lassen63. 61 So auch Casper, Der Konzern 2006, 32, 39; (grundsätzlich auch) Fleischer, ZGR 2004, 437, 444 f.; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 173; (ebenso wohl auch) Verse, ZHR 170 (2006), 399, 413, 420 f.; vgl. hierzu auch Hellgardt, WM 2006, 1514, 1520. 62 s. hierzu ausführlich oben Teil 1 A., insb. Teil 1 A.III. 63 Verfolgen hingegen auch die Vorstandsmitglieder mit der Veröffentlichung eines unrichtigen oder unvollständigen Börsenprospekts eigene wirtschaftliche Ziele, so ist auch ihre unmittelbare Außenhaftung gerechtfertigt, wie sie in § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

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Der Ersatz von Anlegerschäden auf Grund von fehlerhaften Börsenprospekten durch den Emittenten ist durch die in Teil 4 dieser Arbeit im Einzelnen dargelegten materiellrechtlichen Haftungsbestimmungen umfassend sichergestellt. Das Gleiche gilt für eine prozessuale Durchsetzung solcher Ansprüche. Insbesondere ist mit dem Musterklageverfahren nach dem KapMuG ein zeit- und kosteneffektives Klageverfahren zur Durchsetzung von Ansprüchen einer großen Anzahl von Geschädigten geschaffen worden. Die Einführung einer unmittelbaren Außenhaftung der Organmitglieder ist daher zur Gewährleistung der Ausgleichsfunktion der Haftung grundsätzlich nicht erforderlich64. bb) Ausnahme (1) Zahlungsunfähigkeit des Emittenten Die Erfüllung der Ausgleichsfunktion durch eine Haftung des Emittenten ist ausnahmsweise dann nicht gewährleistet, wenn der Emittent als Haftungsschuldner ausfällt. Diese Problematik wurde bisher zum einen vor dem Hintergrund des Wertungswiderspruchs zwischen dem Anlegerschutz und dem Grundsatz der Kapitalerhaltung für den Fall einer Haftung des Emittenten gegenüber seinen Aktionären diskutiert. Wie oben in Teil 3 B.I. der vorliegenden Arbeit ausführlich dargestellt, ist dieser Interessenkonflikt nach Ansicht des Gesetzgebers und des Bundesgerichtshofs jedoch mittlerweile zugunsten eines Vorrangs des Anlegerschutzes aufgelöst. Dies hat zur Folge, dass eine Haftung des Emittenten bei Ersatzansprüchen von Anlegern nicht mehr ausgeschlossen ist. Eine Haftung des Emittenten ist daher auch bei Kapitalmarktschäden grundsätzlich geeignet, die Ausgleichsfunktion der Haftung zu erfüllen. Zum anderen wird die Frage, ob eine Haftung des Emittenten zur Erfüllung der Ausgleichsfunktion der Haftung genügt, im Zusammenhang mit der Zahlungsunfähigkeit des Emittenten diskutiert: Kann vom Emittenten mangels Masse kein Schadenersatz erlangt werden, wären die geschädigten Anleger bei fehlendem unmittelbaren Zugriff auf die Organmitglieder des Emittenten darauf verwiesen, zunächst gegen den Emittenten vorzugehen und dessen Innenhaftungsansprüche gegenüber den Organmitgliedern zu pfänden (§ 829 ZPO) und sich überweisen zu lassen (§ 835 ZPO), um daraus in einem weiteren Prozess gegen die Organmitglieder vorzugehen. Das ist jedoch bereits vom Gesetzgeber des AktG für Schadenersatzansprüche sonstiger Gläubiger, denen in Folge einer

BörsG zum Ausdruck kommt. So für die Haftung gegenüber dem sekundären Kapitalmarkt auch Veil, ZHR 167 (2003), 365, 397 f.; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 171 ff. 64 So ausdrücklich auch Zimmer, WM 2004, 9, 13.

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Pflichtverletzung der Organmitglieder ein Schaden entstanden ist, als unzumutbar angesehen worden. Der Gesetzgeber hat daher in § 93 Abs. 5 AktG eine Regelung vorgesehen, wonach Gläubiger der Gesellschaft deren Innenhaftungsanspruch gegenüber den Organmitgliedern unmittelbar selbst geltend machen können, soweit sie von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen können65. Um in einem solchen Fall eine gleichmäßige Verteilung des Vermögens des Emittenten zu gewährleisten und einen Wettlauf um die Geltendmachung der Innenhaftungsansprüche des Emittenten gegenüber seinen Organmitgliedern zu verhindern, bestimmt § 93 Abs. 5 S. 4 AktG, dass im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Emittenten allein der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter zur Ausübung des Klagerechts der Gläubiger berechtigt ist66. Der Anwendungsbereich des § 93 Abs. 5 S. 1 AktG beschränkt sich daher auf Fälle, in denen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens durch das Insolvenzgericht mangels Masse abgelehnt wurde67. Um Schutzlücken beim Ausgleich von Anlegerschäden zu verhindern, empfiehlt es sich, eine § 93 Abs. 5 S. 1 AktG entsprechende Regelung auch zugunsten von Anlegern einzuführen, die durch unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte geschädigt wurden68. Durch eine solche Regelung würde die Ausgleichsfunktion der Haftung auch für den Fall der Insolvenz des Emittenten sichergestellt. Da das eigene Klagerecht der Anleger im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Emittenten durch den Insolvenzverwalter ausgeübt würde, ist in der Insolvenz auch eine Bevorzugung der Anleger vor sonstigen Gläubigern der Gesellschaft ausgeschlossen69. Die Einführung eines auf den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Emittenten beschränkten Klagerechts der Anleger, mit dem diese Innenhaftungsansprüche des Emittenten gegenüber den Vorstandsmitgliedern auf eigene Rechnung gelHüffer, AktG, § 93 Rn. 31; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 93 Rn. 141. Allgemein zum Verfahren gemäß § 93 Abs. 5 AktG vgl. Hüffer, AktG, § 93 Rn. 31 ff.; Ek, Haftungsrisiken für VS und AR, S. 121 ff. 66 Vgl. hierzu RGZ 74, 428, 429 f.; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 35; Hopt in: Großkomm, AktG, § 93 Rn. 422; Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 93 Rn. 155. Im vorliegenden Zusammenhang vgl. auch Casper, Der Konzern 2006, 32, 37; Casper, Der Konzern 2006, 32, 39. 67 Hefermehl/Spindler in: MünchKomm2, AktG, § 93 Rn. 142; Duve/Basak, BB 2005, 2645, 2646; s. auch Drygala in: Lutter, Das Kapital der AG, S. 277, 286. 68 So im Ergebnis auch Casper, BKR 2005, 83, 87 f.; Kiethe, DStR 2003, 1982, 1986 f.; Spindler, WM 2004, 2089, 2095. 69 Vgl. hierzu Zimmer, WM 2004, 9, 15; Spindler, WM 2004, 2089, 2095; Casper, BKR 2005, 83, 88 f. sowie ders., Der Konzern 2006, 32, 37, 39, der zutreffend darauf hinweist, dass die Anleger in der Insolvenz auch nicht erst nachrangig zu befriedigen sind, wenn man sie im Zusammenhang mit der Frage des Wertungswiderspruchs zwischen dem Anlegerschutz und dem Grundsatz der Kapitalerhaltung mit sonstigen Gläubigern gleichstellt. 65

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tend machen könnten, würde – anders als dies von den Befürwortern einer Außenhaftung zum Teil behauptet wird70 – auch nicht zu einer den kapitalmarktrechtlichen Strukturen entgegenstehenden subsidiären Haftung der Organmitglieder führen. Der Einführung eines solchen Klagrechts liegen vielmehr die gleichen Erwägungen zugrunde wie § 93 Abs. 5 AktG71. Auch dabei handelt es sich nicht um eine zweistufige Haftung, sondern nur um eine verfahrensrechtliche Erleichterung zur Geltendmachung von Ansprüchen des Emittenten gegenüber seinen Organmitgliedern. Hierdurch wird den Gläubigern vor allem erspart, zunächst die Innenhaftungsansprüche der Gesellschaft zu pfänden und sich überweisen zu lassen. Die Übertragung von § 93 Abs. 5 AktG auf Kapitalmarktschäden ist geboten, weil mit der Klärung des Wertungswiderspruchs zwischen dem Kapitalerhaltungsgrundsatz und dem Anlegerschutzgedanken zugunsten des Anlegerschutzes72 die Anleger bei der Geltendmachung von Kapitalmarktschäden mit sonstigen Gläubigern des Emittenten gleichzustellen sind. Bei der hier befürworteten Regelung handelt es sich daher ebenso wie bei § 93 Abs. 5 AktG nicht um einen eigenen Ersatzanspruch der Anleger, sondern um ein im Vergleich zur actio pro socio modifiziertes Klagerecht, das die Anleger unter Durchbrechung der Regel, dass Reflexschäden durch einen Ausgleich des Gesellschaftsschadens zu ersetzen sind73, zur Klage auf eigene Rechnung berechtigt74. Von einer subsidiären Außenhaftung oder einer zweistufigen kapitalmarktrechtlichen Haftung kann daher keine Rede sein. (2) Last-period-Problem Eine Durchbrechung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses und die Zulassung eines unmittelbaren Rückgriffs der Anleger auf die Organmitglieder rechtfertigt sich auch bei Schäden auf Grund von fehlerhaften Kapitalmarktinformationen, die auf dem sogenannten last-period-Problem beruhen. Nach dieser aus dem US-amerikanischen Schrifttum stammenden und empirisch abgesicherten Hypothese zeigt sich bei drohender Insolvenz eines Unternehmens, wenn es sich bereits in schwerer Schieflage befindet, eine gesteigerte Risikobereitschaft seiner Leitungsorgane, um im letzten Moment eine Insolvenz doch noch abwenden zu können75. Da die Leitungsorgane in einer solchen Phase die von ihnen einge70

So Fleischer, BKR 2003, 608, 615; Gottschalk, Der Konzern, 2005, 274, 283. Vgl. hierzu Wiesner in: MünchHdb AG, § 26 Rn. 25; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 31. 72 s. hierzu die ausführliche Diskussion oben in Teil 3 B.II.1.b). 73 s. hierzu ausführlich oben Teil 3 C.II.2.a) und Teil 5 B.II.1. 74 Str., zu § 93 Abs. 5 AktG (so wie hier, modifizierte Prozessstandschaft) LG Köln, AG 1976, 105 f.; Wiesner in: MünchHdb AG, § 26 Rn. 25; Habscheid in: FS für Weber, S. 197 ff.; (a. A., eigener Anspruch): Mertens in: Kölner Komm2, AktG, § 93 Rn. 142; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 31; Spindler in: MünchKomm3, AktG, § 93 Rn. 234. 71

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setzten Mittel in der Regel bereits als verloren ansehen, steigt ihre Bereitschaft zu höheren, oft in keinem angemessenen Verhältnis zu dem zu erwartenden Gewinn stehenden Risiken76. Ebenso wie im Falle der Zahlungsunfähigkeit ist deshalb auch bei Informationspflichtverletzungen in der sogenannten last-period des Emittenten eine unmittelbare Inanspruchnahme der Organmitglieder des Emittenten ausnahmsweise gerechtfertigt. Dies erfordert jedoch keine allgemeine Organaußenhaftung für fehlerhafte Börsenprospekte. Vielmehr genügt hier eine Haftung gemäß § 826 BGB, die in der Regel durch die Insolvenzverschleppungshaftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 92 Abs. 3 AktG sowie die vorstehend für den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Emittenten empfohlene und § 93 Abs. 5 AktG nachempfundene Haftung flankiert wird77. c) Die Erfüllung der Präventionsfunktion aa) Grundsatz Anders als bei der Ausgleichsfunktion, ist für die Erfüllung der Präventionsfunktion der Haftung erforderlich, dass die für den Emittenten tatsächlich handelnden Organmitglieder persönlich in Anspruch genommen werden. Da es sich bei den für den Emittenten handelnden Organmitgliedern um Fremdgeschäftsführer handelt, die in der Regel nur eine geringe Beteiligung an der Gesellschaft halten und deren persönliches Vermögen durch eine Haftung der Gesellschaft nicht oder nur wenig berührt wird, hat eine Haftung des Emittenten kaum eine verhaltenssteuernde Wirkung auf die für ihn handelnden Organmitglieder78. Zur Erzeugung einer Abschreckungswirkung ist daher eine Haftung der Organmitglieder mit ihrem persönlichen Vermögen erforderlich. Eine persönliche Haftung der Organmitglieder kann entweder im Wege einer Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft oder im Wege einer unmittelbaren Außenhaftung gegenüber den Anlegern realisiert werden. Das die aktien- und kapitalmarktrechtliche Haftung bestimmende Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen einer Außenhaftung des Emittenten und einer Außenhaftung seiner Organmitglieder spricht zunächst für eine Innenhaftung. Hiervon ist nur dann abzuwei75 Zum last-period-Phänomen vgl. Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F102 f.; ders., BKR 2003, 608, 612; ders., ZGR 2004, 437, 463; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 174; Casper, BKR 2005, 83, 87 f.; Schäfer, NZG 2005, 985, 987; Spindler, WM 2004, 2089, 2094 f. 76 Casper, BKR 2005, 83, 87 f.; Schäfer, NZG 2005, 985, 987. 77 Vgl. auch Casper, BKR 2005, 83, 87 f.; ders., Der Konzern 2006, 32, 38; Spindler, WM 2004, 2089, 2094; (a. A.) Schäfer, NZG 2005, 985, 987. 78 Allgemein zur zugrundeliegenden Principal-Agent-Theorie vgl. Fama, J. Pol. Econ. 2 (1980), S. 288 ff.; Jensen/Meckling, J. Finan. Econ. 3 (1976), S. 305 ff.

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Teil 6: Diskussion der Reformvorschläge zur Börsenprospekthaftung

chen, wenn durch eine Innenhaftung die Erfüllung der Präventionsfunktion nicht hinreichend gewährleistet ist79. Dies wäre zunächst dann der Fall, wenn eine persönliche Inanspruchnahme der Organmitglieder im Wege des Innenregresses in tatsächlicher Hinsicht nicht hinreichend sichergestellt ist. Wie die oben in Teil 3 B.II.2.b) und Teil 5 B.II. zur materiellen und prozessualen Rechtslage gemachten Ausführungen zeigen, bestehen de lege lata heute kaum (noch) Hindernisse für eine Durchsetzung von Innenhaftungsansprüchen der Gesellschaft gegenüber ihren Organmitgliedern. In materieller Hinsicht ist die Innenhaftung der Organmitglieder gegenüber der Gesellschaft als „scharfes Schwert“ ausgestaltet. So wird gemäß § 93 Abs. 2 AktG für jedes Verschulden gehaftet. Zudem wird sowohl die Pflichtwidrigkeit der schadensstiftenden Handlung als auch das Verschulden des einen Schaden verursachenden Vorstandsmitglieds zugunsten der Gesellschaft vermutet80. In prozessualer Hinsicht steht mit dem Klageerzwingungsrecht der Hauptversammlung gemäß § 147 AktG sowie der durch das UMAG eingeführten actio pro socio zugunsten mittelbar geschädigter Anleger gemäß § 148 Abs. 1 S. 1 AktG, der Herabsetzung des dafür erforderlichen Minderheitenquorums sowie der günstigen Kostentragungsregelung gemäß § 148 Abs. 6 AktG ein wirkungsvolles Mittel zur Verfolgung von Innenhaftungsansprüchen zur Verfügung81. Hiergegen wird von den Kritikern einer Innenhaftung eingewandt, dass das geschriebene Recht in tatsächlicher Hinsicht nicht ausreichend umgesetzt werde, weil der gemäß § 112 AktG für Klagen gegen die Mitglieder des Vorstands zuständige Aufsichtsrat wegen seiner kollegialen Nähe zum Vorstand oder der Befürchtung wegen versäumter Überwachungspflichten seinerseits haftungsrechtlich belangt zu werden, Ersatzansprüche der Gesellschaft nicht hinreichend verfolgt82. Dem kann jedoch allenfalls für die Rechtslage vor Erlass der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung83 des Bundesgerichtshofs und dem Inkrafttreten des UMAG zugestimmt werden. Durch die ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des Bundesgerichtshofs wurden die bis dahin bestehenden Unsicherheiten über den Umfang und die Ausgestaltung der Pflichten des Aufsichtsrats, Ersatzansprüche gegenüber den Mitgliedern des Vorstands geltend zu machen, weitgehend ausgeräumt84. Zudem ist die Sensibilität für haftungsrelevante Fragestel79

Zimmer, WM 2004, 9, 12; Kalss/Eckert in: Kalss, Vorstandshaftung, S. 51. Vgl. hierzu oben Teil 3 B.II.2.b). 81 s. hierzu ausführlich oben Teil 5 B.II. 82 Vgl. BegrRegE UMAG, BT-Drs. 15/5092, S. 19 f.; Seibt, WM 2004, 2137; Semler, AG 2005, 321 f.; Schroer, ZIP 2005, 2081; Thümmel, DB 2004, 471, 473; Grotheer, WM 2005, 2070, 2074. 83 BGHZ 135, 244 ff. (ARAG/Garmenbeck). 84 So auch Mülbert, JZ 2002, 826, 832. 80

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lungen durch die nach wie vor anhaltende Corporate Governance-Diskussion in der Praxis erheblich gestiegen85. Schließlich hat der Gesetzgeber im Rahmen des UMAG auf die Kritik aus Wissenschaft und Praxis reagiert und das oben in Teil 5 B.II. eingehend beschriebene Klagerecht der Aktionäre zur Geltendmachung von Innenhaftungsansprüchen der Gesellschaft im eigenen Namen auf fremde Rechnung eingeführt. Hierdurch erhalten nicht nur die Aktionäre die Möglichkeit, Reflexschäden in ihrem Vermögen auszugleichen. Vielmehr ist hierdurch auch der Druck auf die Gesellschaften und insbesondere deren Aufsichtsräte, Ersatzansprüche der Gesellschaft gegenüber ihren Vorstandsmitgliedern geltend zu machen, erheblich gestiegen. Haben die Aktionäre erfolgreich ein Klagezulassungsverfahren i. S. v. § 148 Abs. 1 AktG betrieben, lässt sich eine Untätigkeit der Gesellschaft bzw. des Aufsichtsrates kaum mehr rechtfertigen86. Als unmittelbare Folge ist daher auch die Abschreckungswirkung der Innenhaftungsvorschriften gegenüber den Vorstandsmitgliedern maßgeblich gestiegen87. Im Hinblick auf ihre Präventionswirkung wird die Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft zudem von den Ordnungswidrigkeitstatbeständen des WpPG, insbesondere § 30 Abs. 1 Nr. 6 WpPG i.V. m. § 14 Abs. 1 S. 1 und 2 WpPG, und dem Straftatbestand des § 38 Abs. 2, 3. Alt. i.V. m. §§ 39 Abs. 2 Nr. 11, 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG wegen Marktmanipulation flankiert88. Nach alledem sollten die in systemkonformer Weise durch das UMAG in das AktG eingeführten Regelungen die Durchsetzung von Innenhaftungsansprüchen in hinreichendem Maße sicherstellen89. Die Wirkung der mit dem UMAG eingeführten Regelungen, die erst am 1. November 2005 in Kraft getreten sind, ist deshalb zunächst abzuwarten, bevor durch den Gesetzgeber neue Vorschläge zur Reform der kapitalmarktrechtlichen Haftung unterbreitet werden90. Um die Wir85 Vgl. hierzu u. a. die Untersuchung von Köhler/Marten/Hülsberg/Bender, BB 2005, 501 ff. 86 s. hierzu schon oben Teil 5 B.II.3.a) Fn. 84. 87 So hat die Studie von Köhler/Marten/Hülsberg/Bender, BB 2005, 501 ff. ergeben, dass das UMAG und die darin geregelten haftungsrelevanten Änderungen vor allem bei Vorständen börsennotierter Aktiengesellschaften sehr gut bekannt sind. Nach der Studie erwarten die Hälfte der befragten Vorstände und 80% der befragten Aufsichtsräte eine Zunahme von Organhaftungsklagen. So wie hier auch Grotheer, WM 2005, 2070, 2074; Linnerz, NZG 2004, 307, 310 f.; Ihlas, VW 2004, 395, 396. 88 Hierauf weist auch Spindler, WM 2004, 2089, 2095 zutreffend hin. hinsichtlich der Ordnungswidrigkeitssanktionen für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen auf dem sekundären Kapitalmarkt vgl. Casper, BKR 2005, 83, 87. 89 So auch Casper, BKR 2005, 83, 86; Zimmer, WM 2004, 9, 12, 19 ff.; Mülbert, JZ 2002, 826, 832; (a. A.) Fleischer, ZGR 2004, 437, 463; Hellgardt, WM 2006, 1514, 1520. 90 So auch Casper, BKR 2005, 83, 84; Kiethe, DStR 2003, 1982, 1989; Schiessl, AG 2002, 593, 602 f.; DAV, Stellgn. z. KapInHaG, NZG 2004, 1099; BDI/BDA, Vorl. Stellgn. z. KapInHaG-DiskE, S. 2. Vor allem die §§ 37b, 37c WpHG sollten durch

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kung der Neuregelungen des UMAG hinreichend einschätzen zu können, sollte zunächst ein Zeitraum von drei bis fünf Jahren abgewartet werden91. Nach der hier vertretenen Ansicht ist deshalb davon auszugehen, dass auch die Präventionsfunktion der Haftung nach geltender Rechtslage ohne die Einführung einer unmittelbaren Außenhaftung der Organmitglieder des Emittenten auskommt. bb) Ausnahme: Zahlungsunfähigkeit/last-period-Problem Ebenso wie bei der Ausgleichsfunktion entstehen auch im Hinblick auf die Präventionsfunktion der Haftung Schutzlücken, wenn der Emittent zahlungsunfähig wird und die Anleger deshalb keinen Ausgleich vom Emittenten für die ihnen entstandenen Schäden erhalten können. Damit die Präventionsfunktion gegenüber den Vorstandsmitgliedern im Wege einer Innenhaftung durchgesetzt werden kann, ist stets erforderlich, dass der Gesellschaft ein eigener Schaden entstanden ist, den sie im Wege des Innenregresses geltend machen kann. Die Veröffentlichung eines unrichtigen oder unvollständigen Prospekts verursacht in der Regel jedoch keinen unmittelbaren Schaden im Vermögen der Gesellschaft. Ihr entsteht ein Schaden regelmäßig erst durch die Befriedigung von Ersatzansprüchen der Anleger. Leistet die Gesellschaft jedoch mangels Masse keinen Schadenersatz an die Anleger, so entsteht ihr auch kein Schaden. Dies hat zur Folge, dass im Innenverhältnis auch den Mitgliedern des Vorstands keine Inanspruchnahme durch die Gesellschaft droht. Ebenso wie zur Erfüllung der Ausgleichsfunktion ist es daher im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Emittenten geboten, den Anlegern eine Möglichkeit zur unmittelbaren Inanspruchnahme der Vorstandsmitglieder einzuräumen. Dies erfolgt auch hierbei systemkonform am besten durch die Einführung einer § 93 Abs. 5 AktG entsprechenden Regelung zugunsten der Anleger92. 4. Notwendigkeit eines weiteren Haftungsfonds Für eine unmittelbare Außenhaftung der Organmitglieder für fehlerhafte Börsenprospekte und Kapitalmarktinformationen wird zudem angeführt, dass die den KapInHaG-E verschärft werden. Obwohl diese Bestimmungen erst durch das Mitte 2002 in Kraft getretene 4. FmFG eingeführt wurden und selbst heute noch kaum Entscheidungen zu den §§ 37b, 37c WpHG vorliegen, hatte die Bundesregierung bereits in ihrem am 28.08.2002 vorgelegten 10-Punkte-Programm die Einführung einer persönliche Organaußenhaftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen vorgeschlagen. 91 Gerichtsentscheidungen zur actio pro socio gemäß § 148 Abs. 1 S. 1 AktG liegen soweit ersichtlich noch nicht vor. 92 Insofern wird auf die vorstehend gemachten Ausführungen in Teil 6 B.III.3.b)bb) verwiesen.

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Anleger neben dem Vermögen des Emittenten eines weiteren Haftungsfonds bedürften93. Insofern ist unter Verweis auf die vorstehend gemachten Ausführungen darauf hinzuweisen, dass zur Befriedigung der Ersatzansprüche der Anleger – von der Insolvenz des Emittenten abgesehen – das Vermögen des Emittenten als Haftungsmasse genügt. Ein Ersatzanspruch der Anleger gegenüber den Vorstandsmitgliedern des Emittenten würde nicht weiter gehen als ein solventer Anspruch gegen den Emittenten selbst. Ein solcher Anspruch wäre vielmehr auf das in der Regel stark begrenzte Vermögen der Vorstandsmitglieder beschränkt94. Beschränkt man die Haftung der Organmitglieder zudem der Höhe nach, wie im Rahmen des KapInHaG-E vorgesehen, reduziert sich der zusätzliche Haftungsfond nochmals95. Die Notwendigkeit eines weiteren Haftungsschuldners, mit der sich eine unmittelbare Außenhaftung der Organmitglieder rechtfertigen ließe, beschränkt sich daher – wie die vorstehenden Ausführungen gezeigt haben – auf den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Emittenten und das last-period-Problem. Für diese Fälle bedarf es jedoch keiner allgemeinen Organaußenhaftung. Stattdessen genügt ein Klagerecht zugunsten der geschädigten Anleger nach dem Vorbild von § 93 Abs. 5 AktG. 5. Bevorzugung von Eigenkapitalgebern durch eine generelle Organaußenhaftung für fehlerhafte Börsenprospekte Durch die hier vorgeschlagene Einführung einer allein auf den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Emittenten beschränkten Außenhaftung wird verhindert, dass die Anleger als Eigenkapitalgeber in ungerechtfertigter Weise vor den Fremdkapitalgebern des Emittenten bevorzugt werden. Würde man entsprechend den Vorschlägen des KapInHaG-E eine generelle Außenhaftung der Organmitglieder für unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte mit den vorgeschlagenen umfangreichen Beweislasterleichterungen einführen, könnten Anleger der Gesellschaft bei einer auf Grundlage falscher Informationen erfolgten Investition neben dem Emittenten stets auch dessen Organmitglieder in Anspruch nehmen, während Fremdkapitalgeber aus einem Vertragsverhältnis mit dem Emittenten nur diesen in Anspruch nehmen können. Etwaige Ansprüche der Fremdkapitalgeber gegenüber den Vorstandsmitgliedern des Emittenten aus c.i.c. oder §§ 823 Abs. 2, 826 BGB würden hingegen den allgemeinen Beweisschwierigkeiten unterliegen, denen auch eine spezifische Kapitalmarkthaftung unterliegt. 93

Schäfer, NZG 2005, 985, 989; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 71. Möllers, JZ 2005, 75, 82; Hellgardt, WM 2006, 1514, 1516; Fuchs in: Fuchs, WpHG, §§ 37b, 37c, Rn. 75. 95 Casper, BKR 2005, 83, 38. 94

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Teil 6: Diskussion der Reformvorschläge zur Börsenprospekthaftung

Darüber hinaus würde dem Emittenten das Vermögen seiner Organmitglieder für einen eigenen Regress und damit für einen Ausgleich seines eigenen Schadens sowie des hierdurch allen Aktionären entstandenen Reflexschadens entzogen96. 6. Missbrauchsgefahr durch eine materiellrechtliche Außenhaftung Gegen die Einführung einer unmittelbaren Außenhaftung der Organmitglieder wird häufig eingewandt, dass sie die Gefahr missbräuchlicher Schadenersatzklagen steigere97. Obwohl hier die Einführung einer unmittelbaren Außenhaftung abgelehnt wird, ist kurz auf diesen Einwand einzugehen: Jede neue Haftungsnorm steigert grundsätzlich nicht nur die Möglichkeit zur Erhebung berechtigter, sondern auch zu Erhebung missbräuchlicher Klagen. Das Problem missbräuchlicher Klagen ist jedoch nicht die Einführung der Anspruchsnorm selbst. Wie groß die Gefahr des Missbrauchs ist, hängt vielmehr davon ab, wie die Anspruchsnorm materiellrechtlich im Einzelnen ausgestaltet ist, vor allem aber davon, welche prozessualen Barrieren der Erhebung missbräuchlicher Klagen entgegengesetzt werden98. Die Gefahr des Missbrauchs spricht daher nicht an sich gegen eine Außenhaftung der Organmitglieder, sondern nur gegen eine schrankenlose Haftung99. Bei der hier befürworteten Innenhaftung ist die Missbrauchsgefahr bei der Durchsetzung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft durch ihre Aktionäre auf der ersten Stufe durch das Erfordernis eines Minderheitenquorums und auf der zweiten Stufe durch das in § 148 Abs. 1 AktG vorgesehene Klagezulassungsverfahren weitgehend reduziert100. 96 Vgl. hierzu insgesamt Casper, BKR 2005, 83, 88; ders., Der Konzern 2006, 32, 37, 39; Zimmer, WM 2004, 9, 15; Spindler, WM 2004, 2089, 2094; DAV, Stellgn. z. KapInHaG, NZG 2004, 1099, 1100; Verse, ZHR 170 (2006), 399, 407. 97 Mülbert, JZ 2002, 826, 832; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 397; Zimmer, WM 2004, 9, 14; Semler/Gittermann, NZG 2004, 1081, 1085; Duve/Basak, BB 2005, 2645, 2647; Fleischer, ZGR 2004, 437, 444; DAV, Stellgn. z. KapInHaG, NZG 2004, 1099, 1100; DAI, Stellgn. z. KapInHaG, S. 2. 98 Darauf hinweisend auch Fleischer, ZGR 2004, 437, 465 f.; Gottschalk, Der Konzern, 2005, 274, 284. 99 So auch Semler/Gittermann, NZG 2004, 1081, 1085. Ob die Beschränkung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, wie dies im Rahmen des KapInHaG vorgesehen war, als Schranke in diesem Sinne ausreicht (so Fleischer, ZGR 2004, 437, 465; ders., BKR 2003, 608, 613), ist jedoch fraglich. Kritisch auch Duve/Basak, BB 2005, 2645, 2647; Spindler, WM 2004, 2089, 2096; ZKA, Stellgn. z. KapInHaG, S. 2, 11, die für eine Beschränkung der persönlichen Haftung auf bedingten Vorsatz eintreten. 100 So auch Grotheer, WM 2005, 2070, 2074. Dies gilt nicht zuletzt auch wegen der Begrenzung des Klagrechts der Aktionärsminderheit auf grobe Verletzungen des Ge-

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7. Gefahr übermäßiger Abschreckung durch eine Verschärfung der Organhaftung Der teilweise gegen eine unmittelbare Außenhaftung der Organmitglieder vorgebrachte Einwand, die Verschärfung der kapitalmarktrechtlichen Haftung für die Mitglieder des Vorstands führe zu einer übermäßigen Abschreckung der Organmitglieder vor risikobehafteten Entscheidungen, vermag nur eingeschränkt zu überzeugen. Zwar ist allgemein festzustellen, dass Organmitglieder auf verschärfte Haftungsvorschriften mit besonderer Zurückhaltung im Hinblick auf die Eingehung unternehmerisch sinnvoller Risiken reagieren101, der Gesellschaft und ihren Stakeholdern ist jedoch weder mit einer besonderen Risikofreude noch mit einer besonderen unternehmerischen Zurückhaltung gedient. Um die Vorstände zu einem Verhalten zu bewegen, das optimal an den Chancen und Risiken sowie den zwingenden gesetzlichen Vorgaben orientiert ist, ist ein Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen herbeizuführen102. Der Gesetzgeber des UMAG hat daher in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG die Business Judgement Rule gesetzlich verankert. Danach steht Unternehmensleitern bei unternehmerischen Entscheidungen grundsätzlich ein weiter Entscheidungsspielraum zur Verfügung, wenn sie ihre Entscheidung auf der Grundlage angemessener Informationen treffen103. Bei den Prospektpflichten nach dem BörsG, dem WpPG und der EU-ProspektVO handelt es sich jedoch um gesetzlich zwingende Pflichten, bei deren Erfüllung den Vorstandsmitgliedern kein eigener Ermessensspielraum zusteht104. Da die Organmitglieder den Prospektpflichten ohnehin in einer konkreten Richtung zu folgen haben, kann die Einführung einer unmittelbaren Außenhaftung allein für diese Pflichten nur geringe Abschreckungswirkung entfalten105.

setzes oder der Satzung. Zum Klagerecht der Aktionäre vgl. ausführlich oben Teil 5 B.II. 101 Baums, ZHR 167 (2003), 139, 175; Duve/Basak, BB 2005, 2645, 2647. 102 Ob daher eine beträchtliche Vorfeldwirkung der Außenhaftung, wie von Fleischer, ZGR 2004, 437, 463 unter Bezugnahme auf Schmalensee, FAZ vom 12.01. 2004, S. 16 befürwortet, allein zielführend ist, ist deshalb fraglich. 103 Vgl. hierzu oben Teil 3 B.II.2.b), insb. die ausführlichen Nachweise in Fn. 43. 104 Casper, BKR 2005, 83, 87; Fleischer, ZGR 2004, 437, 465; ders., BKR 2003, 608, 612; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 175; Mülbert, JZ 2002, 826, 832; Gottschalk, Der Konzern, 2005, 274, 284; DSW, Stellgn. z. KapInHaG, S. 9. Dies offensichtlich verkennend Horn in: FS Ulmer, 817, 828. 105 Etwas anderes ergibt sich nur bei einer Haftung für Informationen, die nicht von der gesetzlichen Publizitätspflicht erfasst werden. Darauf weist auch Casper, BKR 2005, 83, 87 im Hinblick auf eine durch den KapInHaG-E in § 37a Abs. 1 WpHG-E vorgesehene sachliche Erweiterung der Haftung für Informationen, die gegenüber dem sekundären Kapitalmarkt veröffentlicht werden, hin.

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8. Abfederung der Präventionswirkung der Haftung durch D&O-Versicherung Als Argument für die Einführung einer unmittelbaren Außenhaftung der Vorstandsmitglieder von Emittenten wird zudem angeführt, dass die üblicherweise zugunsten der Vorstandmitglieder abgeschlossenen D&O-Versicherungen zu einer zu starken Abfederung der persönlichen Haftung führen und damit die Präventionsfunktion einer Haftung der Organmitglieder weitgehend vereiteln würde106. Dieses Argument vermag jedoch nicht zu überzeugen, da der Versicherungsschutz in der Regel sowohl Innenhaftungs- als auch Außenhaftungsansprüche erfasst107. Die Abfederung des persönlichen Haftungsrisikos wird daher auch durch die Einführung einer unmittelbaren Außenhaftung nicht verhindert108. Durch die Einführung einer auch im KapInHaG-E vorgeschlagenen und mit dem VorstAG umgesetzen Selbstbeteiligung der Vorstandsmitglieder wird eine solche Abfederung zwar teilweise vermieden. Sie entfaltet ihre Wirkung jedoch nicht nur bei einer Außenhaftung, sondern auch im Rahmen einer Innenhaftung der Organmitglieder109. Eine zu starke Abfederung der Präventionsfunktion der Haftung durch D&O-Versicherungen wird zudem auch dadurch verhindert, dass bei vorsätzlichem Handeln und damit bei den schwerwiegendsten Fällen der Falschinformation des Kapitalmarkts eine Versicherungsdeckung nach den Versicherungsbedingungen grundsätzlich ausscheidet110. Das von den Entwurfsverfassern des KapInHaG-E zur Begründung einer Außenhaftung der Organmitglieder vorgebrachte Argument vermag eine unmittelbare Außenhaftung der Organmitglieder daher nicht zu rechtfertigen111.

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BegrDiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1048. Vgl. Ziff. 1.1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern (AVB-AVG), Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) sowie hierzu Küppers/Dettmeier/Koch, DStR 2002, 199 f.; Schilling, Managerhaftung und Versicherungsschutz, S. 14; Lange, DStR 2002, 1626, 1627; Zimmer, WM 2004, 9, 12; Ek, Haftungsrisiken für VS und AR, S. 200. 108 Casper, BKR 2005, 83, 87; ders., Der Konzern 2006, 32, 38; Zimmer, WM 2004, 9, 12 f.; Dreher/Görner, ZIP 2003, 2321 ff. 109 Gegen die Eignung eines Selbstbehalts als kapitalmarktrechtliches Präventionsund Sanktionsmittel Semler/Gittermann, NZG 2004, 1081, 1086; DAI, Stellgn. z. KapInHaG, S. 9. Spindler, WM 2004, 2089, 2097 tritt dafür ein, die Verpflichtung zur Vereinbarung eines Selbstbehalts nicht auf den spezialgesetzlichen Bereich der Kapitalmarkthaftung zu beschränken, sondern allgemein im Aktienrecht zu verorten. 3.8 Abs. 2 des DCGK empfiehlt allgemein die Vereinbarung eines Selbstbehalts beim Abschluss von D&O-Versicherungen für die Mitglieder des Vorstands. 110 Galahn, VW 2004, 1737 1738; DAI, Stellgn. z. KapInHaG, S. 9. 111 So auch Casper, BKR 2005, 83, 87; Zimmer, WM 2004, 9, 12 f. 107

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9. Haftung der Organmitglieder für fehlerhafte Börsenprospekte in den Rechtsordnungen anderer Kapitalmarktzentren Als weiteres Argument für eine unmittelbare kapitalmarktrechtliche Außenhaftung der Organmitglieder in Deutschland wird schließlich angeführt, dass die Rechtsordnungen anderer Kapitalmarktzentren eine strengere Haftung der Organmitglieder für Kapitalmarktschäden vorsehen. Dabei wird vor allem auf die Rechtslage in den USA verwiesen112. In den USA ergibt sich eine Außenhaftung der directors des Emittenten für einen unrichtigen oder unvollständigen Börsenprospekt als Teil des bei der Securities Exchange Commission (SEC) für die Zulassung von securities zum zwischenstaatlichen Handel einzureichenden Börsenzulassungsantrags (registration statement) aus § 11(a) Securities Act of 1933 (SA)113. Daneben ordnet § 12(a) SA114 eine Haftung für fehlerhafte oder unvollständige und deshalb irreführende Zulassungsprospekte oder mündliche Äußerungen im Zusammenhang mit dem Angebot oder dem Verkauf von securities an115. Eine unmittelbare Außenhaftung der directors für den Bereich der sekundären Kapitalmarkthaftung ergibt sich insbesondere aus der von der SEC auf Grundlage von § 10 Securities Exchange Act of 1934 (SEA) erlassenen Rule 10(b)-5 für Verstöße gegen die Integrität des Kapitalmarkts116. Sowohl hinsichtlich des Kreises der Anspruchsverpflichteten als auch hinsichtlich der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale, ist die primäre und die sekundäre Kapitalmarkthaftung in den USA strenger ausgestaltet als in Deutschland. Hopt/Voigt haben in ihrem umfassenden Gutachten zur Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung zwar herausgearbeitet, dass im überwiegenden Teil der Mitgliedstaaten der EU, den USA und der Schweiz zumindest eine bürgerlich-rechtliche Außenhaftung der Vorstandsmitglieder für unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte besteht. Eine spezialgesetzliche Außenhaftung ist jedoch nur in den wenigsten Ländern geregelt117. Auch mit der Feststellung, 112 Vgl. Fleischer, BKR 2003, 608, 615; ders., ZGR 2004, 437, 466 f.; Schäfer, NZG 2005, 985, 987; Gottschalk, Der Konzern, 2005, 274, 280 f.; Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 67 f. 113 15 United States Code (U.S.C.) § 77k. Vgl. hierzu Steinberg, Securities Law, S. 154 ff.; Loss/Seligman, Securities Regulation, S. 1227 ff.; Becker in: Hopt/Rudolph/Baum, Börsenreform, S. 860; Kulms in: Hopt/Voigt, S. 1122; Fleischer, BKR 2003, 608, 609 f. 114 15 United States Code (U.S.C.) § 77l. 115 Vgl. hierzu Steinberg, Securities Law, S. 175; Kulms in: Hopt/Voigt, S. 1119 ff.; Loss/Seligman, Securities Regulation, S. 1197 ff.; Becker in: Hopt/Rudolph/Baum, Börsenreform, S. 860; Fleischer, BKR 2003, 608, 609 f. 116 Vgl. hierzu Kulms in: Hopt/Voigt, S. 1138 ff.; Fleischer, BKR 2003, 608, 613. 117 Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 67 f. sowie in den einzelnen Länderberichte. Vgl. hierzu auch Schäfer, NZG 2005, 985, 987.

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dass die Börsenprospekthaftung in einzelnen Ländern spezialgesetzlich geregelt ist, lässt sich zudem noch keine Aussage darüber treffen, ob die Außenhaftung in diesen Ländern auch strenger ausgestaltet ist als in Deutschland118. Die vorliegende Untersuchung der spezialgesetzlich geregelten Börsenprospekthaftung in Schweden hat z. B. gezeigt, dass das Bestehen einer spezialgesetzlichen Außenhaftung der Mitglieder der Leitungsorgane in Schweden keinesfalls zu einem strengeren Haftungsniveau führt als in Deutschland119. Zwar spricht die geltende Rechtslage in den USA grundsätzlich dafür, auch hierzulande eine strenge Haftung der Vorstandsmitglieder für unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte einzuführen. Um Deutschland als Investitionsstandort attraktiv zu gestalten und ausländische Kapitalanleger nicht vor Investitionen in Deutschland zurückschrecken zu lassen, ist es deshalb geboten, einen international konkurrenzfähigen Haftungsstandard herzustellen. Das erfordert jedoch nicht, dass die bestehenden aktien- und kapitalmarktrechtlichen Haftungsprinzipien, wie das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen einer Außenhaftung des Emittenten und einer Außenhaftung seiner Organmitglieder zugunsten einer generellen kapitalmarktrechtlichen Außenhaftung der Organmitglieder aufgegeben werden müssen. Wie dargelegt, kann eine umfassende Gewährleistung der Ausgleichs- und Präventionsfunktionen der Haftung durch eine Innenhaftung der Vorstandsmitglieder des Emittenten in systemkonformer Weise sichergestellt werden. Um ausländische Investoren hinreichend über den Standard des deutschen Anlegerschutzes zu informieren, ist es vielmehr geboten, u. a. im Rahmen des DCGK hinreichend deutlich auf die de lege lata bestehende (Innen-)Haftung der Organmitglieder sowie darauf hinzuweisen, dass die geltende Rechtslage – nach Einführung der hier befürworteten unmittelbaren Außenhaftung der Organmitglieder für den Fall der Insolvenz des Emittenten – keine Haftungslücken aufweist.

C. Schweden I. Hintergrund Die Entwicklung an den internationalen Kapitalmärkten hat auch in Schweden zu einer breiten Diskussion über die Verbesserung des Anlegerschutzes geführt. In der Folge erarbeitete die 2004 von der schwedischen Regierung eingesetzte Prospektkommission (Prospektutredningen) in ihrem Abschlussbericht

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Kritisch auch ZKA, Stellgn. z. KapInHaG, S. 7. Rechtsvergleichend zum Haftungsniveau für unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte in Deutschland und Schweden s. ausführlich oben Teil 4 C.II. 119

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einen umfassenden Vorschlag zur Reform des Prospekthaftungsrechts120. Auf Grund starker Kritik von Seiten der Praxis und der Rechtswissenschaft, vor allem an der Einführung einer persönlichen Außenhaftung von Finanz- und Rechtsberatern von Emittenten, hat sich die schwedische Regierung bisher nicht in der Lage gesehen, die Vorschläge der Prospektkommission in einem Gesetzentwurf umzusetzen und das formelle Gesetzgebungsverfahren einzuleiten121. Der Gesetzentwurf der Prospektkommission konzentriert sich auf die Regelung der Haftung für falsche Börsenprospekte. Die sekundäre Kapitalmarkthaftung wird hingegen nur am Rande betrachtet. Der Entwurf lehnt sich in weiten Teilen an die Vorschläge von af Sandeberg122 an. Der Gesetzentwurf enthält Vorschläge für einen umfassenden, spezialgesetzlichen Prospekthaftungstatbestand. Danach soll für Schäden, die jemand durch einen fehlerhaften oder unvollständigen Prospekt erleidet, neben den Mitgliedern der Leitungsorgane auch der Emittent selbst haften (2. Kap. § 25 LHF-E). Zudem ist eine Haftung der emissionsbegleitenden Banken und von Experten vorgesehen, die an der Erstellung des Prospekts mitgewirkt haben (2. Kap. § 26 LHF-E)123. Im Folgenden werden zunächst die von der Prospektkommission vorgeschlagenen Gesetzesänderungen dargelegt und anschließend die Vorschläge zur hier untersuchten Börsenprospekthaftung eingehend diskutiert.

II. Die Vorschläge der Prospektkommission in SOU 2005:18 1. Die Vorschläge zur primären Kapitalmarkthaftung Der Gesetzentwurf der Prospektkommission sieht einen umfassenden Prospekthaftungstatbestand, vor, bei dem die einzelnen Tatbestandsmerkmale nach der Intention des Verfassers auf die kapitalmarktrechtlichen Besonderheiten abgestimmt wurden. a) Die Haftenden Gemäß 2. Kap. §§ 25, 26 LHF-E sollten die folgenden Personen für Prospektfehler haften: • Diejenigen Personen, die den Prospekt erstellt haben oder mit Hilfe des Prospekts ein Angebot zur Zeichnung oder zum Kauf von Finanzinstrumenten ge120 121 122

SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 64 ff. s. hierzu ausführlich oben Teil 1 B.IV.2.b). af Sandeberg, Prospektansvaret, caveat emptor eller caveat venditor, Uppsala

2001. 123

Vgl. hierzu SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 19 f., 57 ff.

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Teil 6: Diskussion der Reformvorschläge zur Börsenprospekthaftung

macht haben (2. Kap. § 25 Abs. 1 LHF-E)124. Zur Erstellung des Prospektes ist gemäß 2. Kap. § 9 bzw. § 10 LHF regelmäßig der Emittent der Wertpapiere verpflichtet. • Die in 29. Kap. §§ 1 und 2 ABL genannten Personen, d.h. die Gründer, die Mitglieder der styrelse, der verkställande direktör und der Wirtschaftsprüfer (2. Kap. § 25 Abs. 2 LHF-E). • Diejenigen Personen, die die Verantwortung für den Inhalt des Prospekts bzw. für Teile hiervon übernommen haben (2. Kap. § 26 Nr. 1 LHF-E). Eine Verantwortungsübernahme erfolgt durch eine Versicherung, dass die Angaben im Prospekt mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmen und dass nichts von wesentlicher Bedeutung ausgelassen wurde, was das Bild, das im Prospekt vom Emittenten gezeichnet wurde, beeinträchtigen kann125. Eine Verpflichtung zur Übernahme der Verantwortung i. S. v. Art. 6 Abs. 1 S. 2 der Wertpapierprospektrichtlinie trifft nur die Prospektpflichtigen, i. d. R. also den Emittenten. Freiwillig kann sie auch von Dritten, insbesondere den Mitgliedern der styrelse oder denjenigen Personen, die ein Aktienpaket verkaufen126, oder z. B. der Muttergesellschaft des Emittenten bzw. deren Anteilseignern abgegeben werden127. Bezieht sich die Übernahme der Verantwortung für den Inhalt des Prospekts nur auf einen Teil desselben, soll eine Haftung nur dann eintreten, wenn dieser Teil des Prospekts fehlerhaft oder unvollständig ist128. • Wertpapierinstitute, soweit sie bei der Aufstellung des Prospekts mitgewirkt haben (2. Kap. § 26 Nr. 2 LHF-E)129. Eine Haftung eines Wertpapierinstituts kommt nicht in Betracht, wenn es hinreichende und angemessene Anstrengungen unternommen hat, um die Richtigkeit des Inhalts des Prospekts zu kontrollieren130.

124

Vgl. Prop. 2004/05:158 (Prospekt), S. 127 f. SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 132; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 312 ff. 126 Sie werden jedoch bereits von 2. Kap. § 25 LHF-E erfasst, ohne dass es auf ihre ausdrückliche Verantwortungsübernahme ankommt. 127 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 132. 128 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 132. 129 Eine Haftung des Wertpapierinstituts tritt nur dann ein, wenn und soweit es an der Verursachung des Schadens adäquat kausal beteiligt war. Dabei ist zu beachten, dass die Hauptverantwortung für die im Prospekt erteilten Informationen der Emittent trägt (SOU 2005:18 [Prospektansvar], S. 133). 130 Sind an der Erstellung des Prospekts, wie in der Regel, mehrere Wertpapierinstitute beteiligt, so obliegt jedem einzelnen Wertpapierinstitut eine eigene Verpflichtung, den Inhalt des Prospekts zu kontrollieren. Die wesentliche Verantwortung obliegt im Fall von Emissionskonsortien dem Konsortialführer (SOU 2005:18 [Prospektansvar], S. 133). 125

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• Derjenige, der ein Dokument erstellt hat, das mit seiner Zustimmung in den Prospekt aufgenommen wurde, soweit aus dem Prospekt hervorgeht, dass das Dokument von ihm erstellt wurde (2. Kap. § 26 Nr. 3 LHF-E). Als Haftungsadressaten kommen insbesondere Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und sonstige Experten in Betracht131. Die Haftung beschränkt sich allein auf Fehler oder Unvollständigkeiten in dem konkreten Dokument (2. Kap. § 26 Nr. 3 S. 2). Eine Haftung kommt nicht in Betracht, wenn derjenige, dessen Dokument bzw. dessen Angaben in den Prospekt aufgenommen wurden, keine Zustimmung hierzu erteilt hat132. Als Haftungsadressaten sollen nach dem Gesetzentwurf somit der Emittent, seine Organmitglieder – einschließlich der Wirtschaftsprüfer –, alle Personen, die freiwillig die Verantwortung für den Prospekt übernommen und damit besonderes Vertrauen in Anspruch genommen haben, sowie alle sonstigen Personen in Betracht kommen, die nach außen erkennbar an der Erstellung des Prospekts mitgewirkt haben. b) Die Anspruchsberechtigten Der Kreis der Anspruchsberechtigten ist nach dem Gesetzentwurf der Prospektkommission grundsätzlich unbeschränkt. Ein Ersatzanspruch sollte daher allen Anlegern zustehen, die Aktien im Rahmen einer Neuemission unmittelbar vom Emittenten, einem „Underwriter“ oder auch auf dem sekundären Kapitalmarkt von einem anderen Anleger erworben haben, sofern sie nachweisen, dass sie die Aktien auf Grund der im Prospekt veröffentlichten Informationen erworben haben und ihnen hierdurch ein Schaden entstanden ist, der auf dem unrichtigen oder unvollständigen Prospektinhalt beruht. Ersatzberechtigt sind somit Erst- und Folgeerwerber sowie die Erwerber sogenannter alter Stücke, die bereits vor der aktuellen Neuemission emittiert wurden133. 131 Da die Mitwirkung von Rechtsanwälten bei der Erstellung eines Prospekts für die Anleger in der Regel nicht nach außen erkennbar ist, soll anders als bei Wertpapierinstituten, deren Mitwirkung in der Regel im Prospekt offen gelegt wird, nicht von einem Vertrauen der Anleger auf die Richtigkeit der Angaben durch den Rechtsanwalt auszugehen sein, so dass eine weitergehende Haftung nach den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Vorschriften auch dann nicht in Betracht kommt, wenn die Angaben eines Rechtsanwalts wissentlich ohne seine Zustimmung in den Prospekt aufgenommen wurden (SOU 2005:18 [Prospektansvar], S. 95 f.). 132 Der Emittent ist deshalb verpflichtet, die Zustimmung desjenigen, der ein in den Prospekt aufgenommenes Dokument erstellt hat, einzuholen. Hat der Emittent wissentlich Angaben eines Dritten in den Prospekt aufgenommen, ohne dass dieser seine Zustimmung hierzu erteilt hat, hat der Emittent die Allgemeinheit hiervon zu unterrichten. Anderenfalls macht sich der Emittent gegebenenfalls selbst nach den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Bestimmungen wegen Unterlassens schadenersatzpflichtig (SOU 2005:18 [Prospektansvar], S. 96). 133 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 70 ff.

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Teil 6: Diskussion der Reformvorschläge zur Börsenprospekthaftung

Begrenzt werden soll die Haftung nur durch eine zweijährige Verjährungsfrist, die mit der Veröffentlichung des Prospekts beginnen soll (2. Kap. § 29 LHF-E)134. c) Kausalität und Adäquanz (kausalitet och adekvans) Ein Schadenersatzanspruch wegen unrichtiger oder unvollständiger Börsenprospekte setzt nach der Entwurfsbegründung – im Unterschied zu Teilen der Literatur zur geltenden Rechtslage135 – sowohl das Vorliegen eines Verlust- als auch eines Transaktionszusammenhangs voraus. Eines besonderen Nähe- bzw. Vertrauensverhältnisses (kravet på tillit) zwischen dem jeweiligen Anleger und dem Anspruchsgegner ist danach allerdings nicht erforderlich136. Vielmehr genügt ein einfacher Kausalzusammenhang zwischen dem fehlerhaften oder unvollständigen Prospekt und der Investitionsentscheidung des jeweiligen Anlegers137. Ausdrückliche Beweislasterleichterungen sieht der Gesetzentwurf nicht vor. Die Beweislast richtet sich nach der Entwurfsbegründung nach den allgemeinen Regeln, so dass die Beweislast grundsätzlich demjenigen obliegt, der sich auf einen für ihn günstigen Umstand beruft138. Dem Anspruchsberechtigten obliegt deshalb auch nach dem Gesetzentwurf grundsätzlich sowohl der Nachweis für den Transaktions- als auch für den Verlustzusammenhang. Die Anwendung etwaiger Beweiserleichterungen soll den Gerichten überlassen bleiben.

d) Verschulden (culpa) Die Börsenprospekthaftung gemäß 2. Kap. §§ 25 ff. LHF-E ist als Verschuldenshaftung ausgestaltet. Sie setzt gemäß § 25 Abs. 1 S. 2 LHF-E Vorsatz oder Fahrlässigkeit (uppsåt eller oaktsamhet) voraus139. Dabei genügt bereits einfache Fahrlässigkeit140. Auch zum Verschulden des jeweiligen Anspruchsgegners sieht der Gesetzentwurf keine ausdrücklichen Beweislasterleichterungen vor141. Nach der Entwurfs134

Vgl. SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 72 f., 107 ff., 136 f. s. oben Teil 4 B.II.6.b). 136 s. hierzu ausführlich oben Teil 4 B.II.6. 137 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 73 f. 138 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 98. s. hierzu auch schon oben Teil 4 B. II.6.a). 139 Zu den Gründen für die Ablehnung einer verschuldensunabhängigen Haftung des Emittenten vgl. SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 68. 140 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 97. 141 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 98. 135

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begründung soll bei einem Verstoß gegen die Prospektvorschriften allerdings das Verschulden durch die Pflichtwidrigkeit vermutet werden können, so dass in einem Gerichtsverfahren der Anspruchsgegner sein Verschulden auszuräumen hätte142. Hinsichtlich der gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Personen sowie hinsichtlich eines etwaigen Mitverschuldens der Anleger gilt das zur geltenden Rechtslage Gesagte entsprechend143. e) Art und Umfang des Ersatzes Zur Berechnung und der Herabsetzung (jämkning) des Schadenersatzes enthält der Gesetzentwurf keine von den allgemeinen Regeln abweichenden Bestimmungen, so dass das zur geltenden Rechtslage Gesagte entsprechend gilt144. f) Verjährung Ersatzansprüche nach 2. Kap. §§ 25, 26 LHF-E sollen gemäß 2. Kap. § 29 LHF-E innerhalb von zwei Jahren seit der Veröffentlichung des Prospekts verjähren, soweit sie nicht auf einer vorsätzlichen Straftat beruhen. Beruht der Anspruch auf einer vorsätzlichen Straftat, richtet sich die Verjährungsfrist nach der allgemeinen Bestimmung des § 2 Verjährungsgesetz145. Durch die zweijährige Verjährungsfrist soll die Zeit, innerhalb der die Prospektverantwortlichen mit einer Inanspruchnahme für Prospektmängel rechnen müssen, begrenzt werden. Zudem soll das Risiko einer zu umfangreichen Haftung vermieden werden, was auch der Kapitalerhaltung zugunsten der sonstigen Gläubiger dienen soll146. Zudem werde es mit Ablauf der Zeit immer schwieriger festzustellen, ob ein Schaden auf einem Prospektmangel oder auf anderen Umständen beruht, die mit diesem in keinem Zusammenhang stehen, wie z. B. der allgemeinen Marktentwicklung147.

142 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 98, 127. Auch die Entwurfsbegründung bleibt insoweit allerdings vage. So heißt es hierzu auf S. 98 des Entwurfs: „[. . .] sollte jedoch das Verschulden vermutet werden können“ („.[. . .] torde dock oaktsamhet kunnat presumeras“). Auf S. 129 heißt es sogar nur: „[Bei pflichtwidrigem Handel des Emittenten], sprechen starke Gründe dafür, dass der Emittent schuldhaft gehandelt hat.“ („[. . .] talar starka skäl för att emittenten förfarit oaktsamt“). 143 Vgl. hierzu oben Teil 4 B.II.8. und Teil 4 B.II.10. 144 Vgl. hierzu oben Teil 4 B.II.9. 145 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 107, 111. 146 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 98, 110; af Sandeberg, Ny Juridik 2:05, 68, 82; dies., Ny Juridik 2:01, 65, 82 f. 147 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 98, 110.

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Teil 6: Diskussion der Reformvorschläge zur Börsenprospekthaftung

g) Haftungsbeschränkungen Gemäß 2. Kap. § 30 LHF-E soll nicht von den Haftungsvorschriften des 2. Kap. §§ 25 ff. LHF-E zulasten der auf Grund eines Prospektmangels Geschädigten abgewichen werden dürfen. Die Haftung gemäß 2. Kap. §§ 25 ff. LHF-E soll daher weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden können148. 2. Die Vorschläge zur sekundären Kapitalmarkthaftung Zur Haftung wegen der Verletzung von Publizitätspflichten gegenüber dem sekundären Kapitalmarkt enthält der Gesetzentwurf der Prospektkommission nur wenige Anmerkungen. Zunächst spricht sich die Prospektkommission – wie bereits erwähnt – dafür aus, Anleger, die Aktien auf Grund eines fehlerhaften oder unvollständigen Börsenprospekts auf dem sekundären Kapitalmarkt erworben haben, in den Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Prospekthaftung gemäß 2. Kap. §§ 25 ff. LHF-E einzubeziehen. Darüber hinaus hält es die Prospektkommission für sinnvoll, auch eine Haftung des Emittenten für die Verletzung von Informationspflichten gegenüber dem sekundären Kapitalmarkt, insbesondere für fehlerhafte Jahresabschlüsse und Zwischenberichte, einzuführen. Nach den Vorschlägen der Prospektkommission würde eine Haftung des Emittenten für diese Unterlagen nur eintreten, soweit sie Bestandteil eines Emissionsprospektes sind. Eine Haftung des Emittenten für außerhalb eines Emissionsprospektes veröffentlichte Informationen wäre ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung ausgeschlossen. Eine unterschiedliche Behandlung von Publizitätspflichtverletzungen gegenüber dem primären und dem sekundären Kapitalmarkt sei jedoch sachlich nicht gerechtfertigt. Die Anleger müssten sich auch außerhalb einer Wertpapieremission darauf verlassen können, dass die vom Emittenten veröffentlichten Informationen korrekt sind. Hierfür, entsprechend der bisherigen Rechtslage, allein die Organmitglieder haften zu lassen sei nicht gerechtfertigt149. Entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen sollten nach Ansicht der Prospektkommission im Rahmen der Umsetzung der EU-Transparenzrichtlinie erarbeitet werden150. Die EU-Transparenzrichtlinie enthält in ihrer Endfassung allerdings, ebenso wie die EU-Prospektrichtlinie, keine eigenen Haftungsbestimmungen mehr. Sie verlangt gemäß Art. 7 nur noch, dass die nationalen „Rechts- und 148

Vgl. SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 101 ff. SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 113 f.; (zustimmend) Nerep in: Skog, Nyemissioner av aktier, S. 71 f. 150 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 114. Zur EU-Transparenzrichtlinie (Öppenhetsdirektivet) s. auch oben Teil 1 B.II.3., insb. Fn. 51. 149

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Verwaltungsvorschriften über die Haftung auf die Emittenten, die [. . .] Organe oder die beim Emittenten verantwortlichen Personen anwendbar sind“151. Da diesen Anforderungen bereits durch die Schadenersatzbestimmungen in 29. Kap. §§ 1 und 2 ABL sowie 2. Kap. § 2 SkL entsprochen wird und eine eingehende Untersuchung der Frage nicht innerhalb der für die EU-Transparenzrichtlinie geltenden Umsetzungsfrist möglich gewesen sei, ist die Frage der Haftung für die Verletzung von Kapitalmarktpublizitätspflichten nicht im Rahmen der Umsetzung der Transparenzrichtlinie geregelt worden152.

III. Diskussion der Vorschläge zur primären Kapitalmarkthaftung 1. Einführung einer Haftung des Emittenten gegenüber Anlegern In Teil 3 B.III.1.b) wurde die in Schweden geführte Diskussion zum Wertungswiderspruch zwischen dem Anlegerschutz und dem Grundsatz der Kapitalerhaltung, d.h. zur Frage, ob der Emittent selbst Haftungsschuldner gegenüber Anlegern sein kann, ausführlich behandelt. Dabei wurde herausgearbeitet, dass die herrschende Ansicht in Schweden zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft noch immer von einem umfassenden Vorrang des Kapitalerhaltungsgrundsatzes ausgeht. Dies hat zur Folge, dass Schadenersatzansprüche von Anlegern wegen falscher Börsenprospekte gegenüber dem Emittenten ausgeschlossen sind. Das Aktiengesellschaftskomitee und die Prospektkommission haben sich allerdings ebenso wie eine im Vordringen befindliche Auffassung in der Literatur dafür ausgesprochen, den Kapitalerhaltungsgrundsatz hinter dem Anlegerschutz zurücktreten zu lassen und Anlegern bei fehlerhaften Kapitalmarktinformationen einen Schadenersatzanspruch auch gegenüber dem Emittenten einzuräumen. Für die deutsche Rechtslage wurde durch den Gesetzgeber und die Rechtsprechung ein solcher unmittelbarer Schadenersatzanspruch gegenüber dem Emittenten bejaht. Dies ist auch für die schwedische Rechtslage zu befürworten. Für eine Haftung des Emittenten gegenüber seinen Anlegern sprechen vor allem folgende Argumente:

151 Vgl. hierzu auch Erwägungsgrund 17 der Transparenzrichtlinie, in dem es heißt: „Für den Emittenten, seine Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane oder beim Emittenten verantwortliche Personen sollten angemessene Haftungsregeln gelten, die von jedem Mitgliedstaat in seinen Rechts- und Verwaltungsvorschriften festgelegt werden. Die Mitgliedstaaten sollten das Ausmaß der Haftung frei bestimmen können“. 152 Vgl. hierzu Prop. 2006/07:65 (Informationskrav i noterade företag, m. m.), S. 154 ff.

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Teil 6: Diskussion der Reformvorschläge zur Börsenprospekthaftung

a) Vergleichbarkeit der Interessenlage von Anlegern und sonstigen Gläubigern Für einen Vorrang des Anlegerschutzes vor dem Grundsatz der Kapitalerhaltung und der damit verbundenen Zulassung einer Haftung des Emittenten gegenüber geschädigten Kapitalanlegern spricht zunächst die Tatsache, dass Kapitalanleger in Publikumsgesellschaften heutzutage in erster Linie an einer rein kapitalmäßigen und nicht auch an einer unternehmerischen Beteiligung interessiert sind. Ihre Stellung ist mit derjenigen sonstiger Gläubiger der Gesellschaft vergleichbar. Anlegern ist deshalb bei Schäden auf Grund von falschen Kapitalmarktinformationen, ebenso wie anderen Gläubigern der Gesellschaft, ein Ersatzanspruch gegenüber dem Emittenten zuzubilligen153. Dieses Ergebnis entspricht dem auch im schwedischen Recht geltenden Grundsatz der Organhaftung, wonach die Gesellschaft für alle Pflichtverletzungen ihrer Organmitglieder haftet154. b) Erfüllung der Ausgleichsfunktion der Haftung nur durch Haftung des Emittenten Eine Haftung des Emittenten auch gegenüber Anlegern der Gesellschaft rechtfertigt sich zudem dadurch, dass die Ausgleichsfunktion der Haftung allein durch eine Haftung des Emittenten umfassend erfüllt werden kann. Das private Vermögen seiner Organmitglieder wird in der Regel nicht ausreichen, um die hohen Schadenssummen aufzubringen, die wegen der regelmäßig großen Anzahl geschädigter Anleger drohenden155. Auch gegebenenfalls abgeschlossene D&O-Versicherungen können diese Schäden nicht umfassend abdecken. Zum einen tritt der Versicherungsschutz von D&O-Versicherungen bei vorsätzlichen Schädigungen nicht ein. Zum anderen sind D&O-Versicherungen regelmäßig in der Höhe beschränkt, so dass milliardenschwere Schäden auch bei fahrlässigem Verhalten nicht abgedeckt werden156. Schließlich profitiert in erster Linie der Emittent davon, wenn der Emissionspreis der Aktien auf Grund unrichtiger oder unvollständiger Prospektangaben besonders hoch ausfällt. Es ist deshalb angemessen, wenn er den Anlegern für den hierdurch entstandenen Schaden haftet157. 153

Vgl. hierzu die ausführliche Diskussion oben in Teil 3 B. Zum Prinzip der Organhaftung im schwedischen Recht s. bereits oben Teil 3 B.III.1. 155 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 59; Nerep in: Skog, Nyemissioner av aktier, S. 70; (a. A., zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit der Organmitglieder des Emittenten genügt) Karlgren, SvJT 1938, 187, 199. 156 SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 59; Skog in: Hopt/Voigt, S. 941. Vgl. hierzu auch aus der deutschen Literatur Zimmer, WM 2004, 9, 11; Galahn, VW 2004, 1737 1738; DAI, Stellgn. z. KapInHaG, S. 9. 154

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c) Eignung des Emittenten zur Sicherstellung pflichtgemäßen Verhaltens seiner Organmitglieder Durch ein zuverlässiges internes Risikoüberwachungssystem können Pflichtverletzungen der Organmitglieder am besten überwacht und verhindert werden. Haftet der Emittent selbst für Pflichtverletzungen seiner Organmitglieder, hat er ein wesentlich größeres Interesse an der Einrichtung eines zuverlässigen Überwachungs- und Kontrollsystems, als wenn sich pflichtwidriges Verhalten nur mittelbar über einen Reputationsverlust auf ihn auswirkt. Eine Haftung des Emittenten ist daher am besten geeignet, pflichtgemäßes Verhalten seiner Organmitglieder sicherzustellen158. 2. Notwendigkeit einer erweiterten Außenhaftung der Organmitglieder a) Bei weiterem Ausschluss einer Haftung des Emittenten gegenüber Anlegern Ob sich im schwedischen Recht eine Erweiterung der persönlichen Außenhaftung der Organmitglieder des Emittenten empfiehlt, hängt maßgeblich davon ab, ob de lege ferenda in Übereinstimmung mit der bisher überwiegenden Ansicht in der Literatur, weiterhin der Kapitalschutz einer Haftung des Emittenten entgegensteht, oder ob – mit der auch hier vertretenen Ansicht – eine Haftung des Emittenten gegenüber Anlegern eingeführt wird. Haften, wie bisher, allein die Mitglieder der styrelse und der verkställande direktör für Verstöße gegen die Prospektpflichten des LHF und der EU-ProspektVO, empfiehlt sich in jedem Fall eine Erweiterung der Außenhaftung der Organmitglieder, um die Erfüllung der Ausgleichs- und der Präventionsfunktion so weit wie möglich sicherzustellen. Hierfür genügen jedoch auch die im Schlussbericht der Prospektkommission vorgeschlagenen Gesetzesänderungen nicht. Die Haftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör ist danach ebenso ausgestaltet, wie nach geltender Rechtslage gemäß 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL. Durch die vorgeschlagenen Bestimmungen in 2. Kap. § 25 ff. LHF-E wird im Verhältnis zur bisherigen Rechtslage nur der Kreis der Ersatzpflichtigen erweitert159. Eine Verschärfung der materiellen Haftungsbestimmun157 SOU 2001:1 (Ny Aktiebolagslag), S. 263 f.; SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 59, 64 f. Vgl. hierzu auch aus der deutschen Literatur Casper, BKR 2005, 83, 89; Henze, NZG 2005, 115, 120; Flechtheim, JW 1916, 937, 939. 158 Vgl. hierzu aus der deutschen Literatur Casper, BKR 2005, 83, 90; Zimmer, WM 2004, 9, 11; Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F99. 159 s. hierzu bereits oben Teil 6 C.II.1.a).

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Teil 6: Diskussion der Reformvorschläge zur Börsenprospekthaftung

gen ist hingegen nicht vorgesehen. Lediglich die Verjährungsfrist sollte verkürzt und Haftungsfreizeichnungen zu Lasten geschädigter Anleger ausgeschlossen werden (§§ 29, 30 LHF-E). Es wurde bereits oben in Teil 4 C.II.2.c) darauf hingewiesen, dass es bei der bisherigen Regelung in 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL vor allem an einer den Besonderheiten der Kapitalmarkthaftung gerecht werdenden Beweislastverteilung fehlt. Der Nachweis des Transaktions- und Verlustzusammenhangs sowie des Verschuldens der pflichtwidrig handelnden Organmitglieder stellt bei der Begründung eines Ersatzanspruchs wegen fehlerhafter Börsenprospekte oft die größte Schwierigkeit dar. Da von einem (fehlerhaften) Börsenprospekt in der Regel eine positive Anlagestimmung ausgeht, für die die Prospektverantwortlichen verantwortlich sind, ist es gerechtfertigt, ihnen abweichend von den allgemeinen Regeln die Beweislast dafür aufzuerlegen, dass der Prospekt nicht für den Erwerb der Aktien ursächlich war. Entsprechendes gilt auch für den Verschuldensnachweis. Während es für einen Anleger nahezu unmöglich ist, ein Verschulden der Prospektverantwortlichen zu beweisen, sollte es für diese bei Beachtung der üblichen Sorgfaltsanforderungen deutlich einfacher sein, ein von einem geschädigten Anleger behauptetes Verschulden zu entkräften. Zudem spricht bereits das Vorliegen einer Pflichtverletzung dafür, dass die Prospektverantwortlichen schuldhaft gehandelt haben160. Erst durch die Einführung von Beweislasterleichterungen würden die mit der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen falscher Börsenprospekte verbundenen Schwierigkeiten behoben bzw. gemindert und die Erfüllung der Ausgleichs- und Präventionsfunktion der Haftung gewährleistet werden – soweit eine Haftung der Organmitglieder wegen ihres beschränkten Vermögens überhaupt zur Erfüllung der Ausgleichsfunktion geeignet ist161. Allein die Erweiterung des Kreises der Ersatzberechtigten genügt hierfür jedenfalls nicht, da die mit dem Nachweis der Kausalität und des Verschuldens verbundenen Schwierigkeiten bei allen Anspruchsgegnern gleichermaßen bestehen. b) Bei Einführung einer Haftung des Emittenten gegenüber Anlegern Wird hingegen de lege ferenda eine Haftung des Emittenten gegenüber seinen Anlegern eingeführt, fällt die Antwort auf die Frage nach der Notwendigkeit einer Ausweitung der unmittelbaren Außenhaftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör für falsche Börsenprospekte weniger eindeutig aus. 160 So auch SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 98, 127. Vgl. hierzu bereits oben Teil 6 C.II.1.d). 161 Vgl. hierzu bereits oben Teil 6 C.III.1.b).

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In 29. Kap. § 1 Abs. 1 S. 2 ABL ist zwar – anders als im deutschen AktG – eine generelle, unmittelbare Außenhaftung der Organmitglieder der Gesellschaft gegenüber Aktionären und sonstigen Dritten geregelt. Dennoch besteht in Schweden – ebenso wie in Deutschland – ein allgemeines Regel-AusnahmeVerhältnis zwischen der Außenhaftung des Emittenten und der Außenhaftung seiner Organmitglieder. Dies ergibt sich zum einen ebenso wie nach deutscher Rechtslage aus der Organtheorie. Danach werden der Gesellschaft alle Pflichtverletzungen ihrer Organmitglieder, die diese in Ausübung ihres Dienstes begehen, wie eigenes Handeln zugerechnet, mit der Folge, dass die Gesellschaft für die Pflichtverletzungen ihrer Organmitglieder haftet. Zum anderen ergibt sich ein Vorrang der Haftung der Gesellschaft aus der konkreten Ausgestaltung der Bestimmungen über die Außenhaftung der Organmitglieder gegenüber Dritten. Während die Gesellschaft weitgehend unbeschränkt für alle Schäden Dritter einzustehen hat162, haften ihre Organmitglieder hierfür nur bei einem Verstoß gegen drittschützende Normen der in 29. Kap. § 1 ABL genannten Gesetze oder der Satzung163. Die Regelung einer unmittelbaren Außenhaftung der Organmitglieder der Gesellschaft im ABL lag ursprünglich zudem nur darin begründet, dass nach den seinerzeit noch im BrB geregelten Schadenersatzbestimmungen eine zivilrechtliche Haftung für reine Vermögensschäden nur bei vorsätzlichen strafbaren Handlungen in Betracht kam164. Nach Inkrafttreten des SkL behielt die im ABL geregelte Außenhaftung ihre Rechtfertigung wegen des oben näher beschriebenen Streits über die Beschränkung von 2. Kap. § 2 SkL auf (vorsätzlich) strafbare Handlungen165. Trotz dieser grundsätzlichen Parallele unterscheidet sich die schwedische Rechtslage im Bereich der hier untersuchten Haftung für unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte von der deutschen Rechtslage dadurch entscheidend, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Umsetzung der EU-Prospektrichtlinie mit 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL eine generelle Außenhaftung der Organmitglieder für Verstöße gegen die Prospektbestimmungen des LHF und der EU-ProspektVO eingeführt hat. Sie ist anders als die persönliche Außenhaftung der Vorstandsmitglieder in Deutschland gemäß §§ 44 ff. BörsG zum einen nicht auf Fälle der persönlichen Verantwortungsübernahme oder des wirtschaftlichen Eigeninteresses beschränkt und zum anderen auch nicht auf vorsätzliche oder

162

Vgl. hierzu oben Teil 3 B.III.1.a) i.V. m. Teil 4 B.VI.2. Vgl. hierzu ausführlich oben Teil 3 B.II.1.a) und Teil 3 B.II.2.c). 164 Zur historischen Entwicklung der Haftung für reine Vermögensschäden in Schweden vgl. ausführlich Samuelsson, Information och ansvar, S. 38 ff.; Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 19 ff.; Dotevall, Skadeståndsansvar för styrelseledamot och vd, S. 481 ff.; Hellner in: FS Karlgren, S. 135 ff. 165 Vgl. hierzu oben Teil 4 B.VI.3.b). 163

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sogar sittenwidrige Pflichtverletzungen, wie dies gemäß §§ 823 Abs. 2, 826 BGB im Anwendungsbereich der §§ 44 ff. BörsG der Fall ist. Der schwedische Gesetzgeber hat daher mit der Einführung von 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL ein deutliches Votum für eine unmittelbare Außenhaftung der Organmitglieder für unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte getroffen. Damit hat er das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen der Außenhaftung der Gesellschaft und der Außenhaftung ihrer Organmitglieder für den Bereich der Börsenprospekthaftung aufgehoben. Abgesehen von der Tatsache, dass im schwedischen Recht dogmatisch geschlossene Systeme weit weniger Bedeutung haben, als im deutschen Recht, lag eine Durchbrechung des Regel-AusnahmeVerhältnisses in Schweden schon deshalb näher, weil das ABL mit 29. Kap. § 1 Abs. 1 ABL (bzw. 15. Kap. § 1 ABL a. F.) bereits seit Inkrafttreten des ABL 1975 eine spezialgesetzliche Regelung über die Organaußenhaftung enthielt. Schließlich ist eine Durchbrechung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses de lege lata durch den noch immer geltenden Vorrang des Kapitalschutzes und den damit verbundenen Ausfall des Emittenten als Haftungsschuldner gerechtfertigt166. Aus diesen Gründen, aber auch vor dem Hintergrund der Rechtslage in den USA167, die im Kapitalmarktrecht eine besondere Vorbildfunktion für das schwedische Recht ausübt, erscheint eine Abkehr von der unmittelbaren Außenhaftung der Organmitglieder des Emittenten auch bei Einführung einer Börsenprospekthaftung des Emittenten de lege ferenda wenig wahrscheinlich. Zur Erfüllung der Ausgleichsfunktion wäre eine Außenhaftung der Organmitglieder neben einer umfassenden Haftung des Emittenten – von seiner Insolvenz und dem last-period-Problem abgesehen168 – aus den bereits zur deutschen Rechtslage genannten Gründen zwar entbehrlich169, zur Erfüllung der Präventionsfunktion ist sie allerdings auch in Schweden selbst nach Einführung einer Prospekthaftung des Emittenten weiterhin erforderlich. Dies liegt daran, dass nach geltendem schwedischem Recht die Erfüllung der Präventionsfunktion der Haftung vor allem prozessual nicht in gleicher Weise wie in Deutschland durch eine Innenhaftung der Organmitglieder gegenüber dem Emittenten sichergestellt wird: Setzt die Gesellschaft die Ihr zustehenden Regressansprüche gegenüber ihren Organmitgliedern nicht selbst durch, sind die Aktionäre hierzu im eigenen Namen auf Rechnung der Gesellschaft erst dann berechtigt, wenn ein Minderheitenquorum von mindestens 10% aller Aktionäre den betroffenen Organmitgliedern durch Hauptversammlungsbeschluss die Entlastung verweigert und eine 166 167 168 169

Vgl. hierzu oben Teil 3 B.III.1.b). Vgl. hierzu oben Teil 6 B.III.9. Vgl. zur deutschen Rechtslage Teil 6 B.III.3.b)bb)(1) und Teil 6 B.III.3.b)bb)(2). Zur deutschen Rechtslage s. oben Teil 6 B.III.3.b).

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entsprechende Schadenersatzklage erhoben hat170. Die Durchsetzung von Innenhaftungsansprüchen des Emittenten gegenüber seinen Organmitgliedern ist damit an wesentlich höhere Voraussetzungen geknüpft als nach deutschem Recht. Durch das mit 10% aller Aktionäre relativ hohe Minderheitenquorum ist die Durchsetzung von Regressansprüchen der Gesellschaft durch ihre Aktionäre regelmäßig nicht zu erwarten. Der jedem Anleger subsidiär zustehende, persönliche Anspruch auf Ersatz des mittelbaren Schadens, der nach einer Inanspruchnahme des Emittenten im Vermögen aller Aktionäre verbleibt171, dient allenfalls der Durchsetzung der Ausgleichsfunktion der Haftung. Da ein solcher Anspruch auf den Ersatz des dem klagenden Anleger persönlich entstandenen, mittelbaren Schadens beschränkt ist und ein hohes Kostenrisiko in sich birgt, wird durch ihn nur eine geringe Abschreckungswirkung erzielt. Einer umfassenden Erfüllung der Präventionsfunktion wird er deshalb nicht gerecht. Wird die geltende Rechtslage zur prozessualen Durchsetzung von Innenhaftungsansprüchen der Gesellschaft durch die Aktionäre beibehalten, ist deshalb in Schweden – auch bei Einführung einer Haftung des Emittenten – zur Erfüllung der Präventionsfunktion der Haftung die weitere Beibehaltung einer persönlichen Außenhaftung seiner Organmitglieder geboten. Entbehrlich wäre sie nur dann, wenn eine Durchsetzung der Innenhaftungsansprüche des Emittenten durch die Aktionäre, z. B. durch eine Herabsetzung des Minderheitenquorums, deutlich erleichtert würde172. Ist die Außenhaftung der Organmitglieder im schwedischen Recht auch neben einer Außenhaftung des Emittenten beizubehalten, sollte sie insbesondere durch die Regelung von Beweislasterleichterungen so ausgestaltet werden, dass eine Inanspruchnahme der Mitglieder der Leitungsorgane auch tatsächlich möglich ist. Es sind deshalb die vorstehend und im Folgenden näher beschriebenen Aspekte zu berücksichtigen. 3. Ausgestaltung einer spezialgesetzlichen Börsenprospekthaftung a) Einführung In den beiden vorangehenden Abschnitten wurde diskutiert, ob sich die Einführung einer Prospekthaftung des Emittenten und eine Erweiterung der Außenhaftung seiner Organmitglieder gegenüber Anlegern empfehlen. Dabei wurde weitgehend außer Acht gelassen, wie eine solche Haftungserweiterung de lege ferenda auszugestalten wäre, damit sie geeignet ist, die mit ihr verfolgten Ziele zu erfüllen. Hierauf soll im Folgenden kurz eingegangen werden. 170 171 172

Vgl. hierzu oben Teil 5 C.II.3. Vgl. hierzu oben Teil 5 C.II.4. Vgl. zu diesem Vorschlag schon oben Teil 3 C.IV.2.a).

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Die Prospektkommission hat neben einer Erweiterung des Kreises möglicher Haftungsadressaten und des Kreises der Anspruchsberechtigten ausdrücklich nur eine Beschränkung der Verjährung und einen Ausschluss von Haftungsbeschränkungen vorgesehen. Die Erfahrung aus der deutschen Rechtsprechungspraxis hat allerdings gezeigt, dass eine Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen nicht nur an einer Beschränkung des Kreises möglicher Haftungsadressaten leidet. Problematisch ist vielmehr auch der Nachweis der Kausalität und des Verschuldens der Prospektverantwortlichen sowie die Schadensberechnung. b) Beweislastverteilung Die genannten Nachweisprobleme lassen sich – wie bereits betont – nur durch entsprechende Beweislasterleichterungen zugunsten der Anleger beheben. Insofern enthält der Gesetzentwurf der Prospektkommission nur in seiner Begründung einen undeutlichen Hinweis auf eine mögliche Verschuldensvermutung bei Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung173. Sowohl hinsichtlich des Transaktions- und Verlustzusammenhangs als auch hinsichtlich des Verschuldens sollte ein künftiger Gesetzentwurf im Gesetzestext eindeutige Beweislasterleichterungen zugunsten der Anleger vorsehen, die sich an § 45 AktG orientieren könnten. Um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die von einem Börsenprospekt ausgehende Anlagestimmung im Laufe der Zeit abnimmt, sollte die Vermutung des Transaktionszusammenhangs, ebenso wie im deutschen Recht, auf einen Zeitraum zwischen sechs und zwölf Monaten beschränkt werden. Dies zwingt allerdings nicht dazu, auch die Verjährungsdauer für eine Geltendmachung des Anspruchs ebenso kurz zu bemessen. Vielmehr könnte die von der Prospektkommission vorgeschlagene Verjährungsdauer von zwei Jahren beibehalten werden. Nach Ablauf der sechs- bis zwölfmonatigen Frist für die Vermutung eines Transaktionszusammenhangs wäre dieser allerdings vom Anleger nachzuweisen. Um den Prospektverantwortlichen nicht von vornherein die Möglichkeit zum Nachweis fehlender Kausalität bzw. fehlenden Verschuldens abzuschneiden, sollte allerdings nicht gänzlich auf die Tatbestandsmerkmale Kausalität und Verschulden verzichtet werden, sondern – ebenso wie im deutschen Recht – nur eine widerlegbare Vermutung zugunsten der geschädigten Anleger eingeführt werden. c) Kreis der Anspruchsberechtigten Im Zusammenhang mit einer Neuregelung der Prospekthaftung sollte auch der Kreis der ersatzberechtigten Anleger durch Aufnahme einer (klarstellenden) 173

Vgl. hierzu oben Teil 6 C.II.1.d).

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Gesetzesbestimmung eindeutig geregelt werden. Hierbei empfiehlt es sich in Übereinstimmung mit der geltenden Rechtslage174 und den Vorschlägen der Prospektkommission175 auch in Zukunft sowohl Ersterwerber als auch Folgeerwerber, die ihre Aktien auf dem sekundären Kapitalmarkt auf Grund der (unrichtigen oder unvollständigen) Prospektangaben erworben haben, in den Kreis der Anspruchsberechtigten einzubeziehen176. Angesichts der Anlagestimmung, die von einem Börsenprospekt in den Monaten nach seiner Veröffentlichung ausgeht, sind auch diejenigen Anleger, die von den fehlerhaften Prospektangaben nur aus den Massenmedien und nicht unmittelbar aus dem Prospekt erfahren haben, in den Kreis der Anspruchsberechtigten einzubeziehen. Dabei sollte dem Haftungsschuldner allerdings der Gegenbeweis offen stehen, dass der klagende Anleger seine Anlageentscheidung unabhängig von den Prospektangaben und den sich hierauf beziehenden Angaben in den Massenmedien getroffen hat177. Die von Kleineman angeführten Bedenken gegen eine Einbeziehung von Folgeerwerbern und Anlegern, die ihre Investitionsentscheidung auf Informationen aus den Massenmedien gestützt haben178, vermögen nicht zu überzeugen. Insoweit wird auf die ausführliche Diskussion im Zusammenhang mit dem Erfordernis eines Transaktionszusammenhangs de lege lata oben in Teil 4 C.II.2.b) verwiesen. d) Art und Umfang sowie Berechnung des Schadenersatzes aa) Differenz- oder Vertragsabschlussschaden Im Zusammenhang mit der Schadensberechnung stellt sich zunächst die Frage, ob den Anlegern nur ein Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens in Form des Differenzschadens oder auch ein Anspruch auf Ersatz des Nichtvermögensschadens in Form des Vertragsabschlussschadens zusteht. Nach schwedischem Recht sind Schadenersatzansprüche, die nicht auf einer Integritätsverletzung beruhen, grundsätzlich auf den Ersatz des Vermögensschadens in Form des Differenzschadens beschränkt179. Vor dem Hintergrund der Rechtslage in anderen Ländern, wie z. B. Deutschland, in denen neben dem Ersatz des Diffe174

s. oben Teil 4 B.II.5.a). SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 71. 176 So auch Nerep in: Skog, Nyemissioner av aktier, S. 71 f. 177 Aus diesem Grund ist auf einen Nachweis des Transaktionszusammenhangs nicht vollständig zu verzichten, sondern den Anlegern nur eine Beweislasterleichterung für die Dauer der Anlagestimmung einzuräumen (vgl. § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG). 178 Kleineman, Ren Förmögenhetsskada, S. 466 ff., 507 f.; ders., Prospektutredningens förslag till utvidgat prospektansvar, S. 7 ff. Vgl. hierzu bereits ausführlich oben Teil 4 B.II.6.b) sowie Teil 4 C.II.2.b). 179 Vgl. hierzu ausführlich oben Teil 3 B.IV.2.a)bb)(2). 175

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renzschadens auch eine Rückabwicklung des auf Grund falscher Prospektangaben erfolgten Aktienerwerbs möglich ist, wird auch in Schweden eine Rückabwicklung des Aktienerwerbs diskutiert180. Unabhängig davon, ob man eine Rückabwicklung, wie in Deutschland, über das Schadenersatzrecht oder, wie in Schweden, über das Recht zur Ungültigerklärung von Rechtsgeschäften/das Anfechtungsrecht vornimmt181, stellt sich vorrangig die Frage, ob eine Rückabwicklung des Aktienerwerbs vom Schutzzweck der Prospektbestimmungen erfasst wird. Schützen die Prospektbestimmungen des LHF und der EU-ProspektVO (auch) das Interesse der Anleger an einer fundierten individuellen Transaktionsentscheidung und damit an einer richtigen und vollständigen Information über alle entscheidungserheblichen Umstände, ist den Anlegern, entsprechend der deutschen Rechtslage gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG, auch ein Anspruch auf Ersatz des Vertragsabschlussschadens bzw. auf Rückgabe seiner Aktien einzuräumen. Wird durch die Prospektbestimmungen hingegen nur das Interesse der Anleger an einer korrekten Preisbildung an den Märkten geschützt, ist ihnen wie nach geltendem schwedischem Recht nur ein Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens einzuräumen182. Geht man mit der wohl bisher vorherrschenden Ansicht in der Literatur davon aus, dass in Schweden durch die Prospektvorschriften vor allem das Interesse der Anleger an einer korrekten Preisbildung an den Märkten geschützt wird, ist die Beschränkung von Schadenersatzansprüchen wegen falscher Kapitalmarktinformationen auf den Differenzschaden grundsätzlich konsequent. Darüber hinaus stellt sich zum schwedischen Recht ebenso wie zum deutschen Recht die Frage, ob eine Beschränkung der Haftung wegen falscher Börsenprospekte auf den Differenzschaden nicht ohnehin einen gerechteren Ausgleich zwischen den Interessen der Anleger und den Interessen der Prospektverantwortlichen darstellt. Bei einer Rückabwicklung des Aktienerwerbs besteht stets die Gefahr, dass das mit dem Erwerb von Aktien verbundene allgemeine Marktrisiko, dass grundsätzlich von den Anlegern zu tragen ist, auf die Haftungsschuldner abgewälzt wird. Durch eine Rückabwicklung des Aktienerwerbs befreit sich der Anleger nicht nur von den negativen Folgen der Falschinformation, sondern auch von den Nachteilen sonstiger negativer Marktschwankungen. Da Aktien eine unteilbare Leistung sind, können die negativen Auswirkungen allgemeiner Marktschwankungen bei einer Rückabwicklung des Aktienerwerbs im Rahmen des Schadensausgleichs nicht anspruchsmindernd berücksichtigt werden183. Zum deutschen Recht wird daher von Teilen der Literatur vor allem 180

Vgl. ausführlich oben Teil 3 B.III.1.b)cc) und Teil 3 B.IV.2.a)bb)(3). Vgl. hierzu oben Teil 3 B.IV.2.a)bb). 182 Vgl. hierzu oben Teil 4 C.II.2.b) mit ausführlichen Nachweisen zur parallelen Diskussion im deutschen Recht in Fn. 662. 183 Vgl. hierzu aus der deutschen Literatur Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 91, 132. 181

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im Zusammenhang mit der Haftung für Falschinformationen gegenüber dem sekundären Kapitalmarkt eine Beschränkung des Schadenersatzes auf den Differenzschaden befürwortet184. Da die Gefahr einer Abwälzung des allgemeinen Marktrisikos auf den Haftungsadressaten in gleicher Weise im Rahmen der Börsenprospekthaftung besteht185, empfiehlt es sich, Ersatzansprüche der Anleger wegen unrichtiger oder unvollständiger Börsenprospekte in Schweden wie in Deutschland auf den Differenzschaden zu beschränken. bb) Berechnung des Differenzschadens Schwierigkeiten bereitet auch die Berechnung des Differenzschadens. Grundsätzlich ist ein Vermögensschaden nach der Differenztheorie aus der Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten Börsenpreis und dem hypothetischen Börsenpreis, der bei richtiger und vollständiger Information des Kapitalmarkts von den Anlegern zu zahlen gewesen wäre, zu ermitteln. Schwierigkeiten bereitet hierbei die Bestimmung des hypothetischen Börsenpreises. Er kann ausgehend vom Börsenkurs zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Verstoßes gegen die Prospektvorschriften im Wege einer rückwärtigen Induktion errechnet werden. Dabei können mit Hilfe des sogenannten Capital Asset Pricing Model die Wirkungen einzelner kursbeeinflussender Faktoren im tatsächlichen Aktienkurs ausgemacht und so der hypothetische Börsenwert der Aktien ermittelt werden186. Hierzu ist allerdings stets die Einholung eines in der Regel kostenintensiven Sachverständigengutachtens erforderlich. Um solche Gutachten entbehrlich zu machen, hat das Bundesministerium der Finanzen zur deutschen Rechtslage im Rahmen des KapInHaG-E in § 44a Abs. 1 BörsG-E bzw. § 37a Abs. 4 WpHG-E eine Schadenspauschalierung vorgeschlagen. Danach sollte der zu ersetzende Schaden berechnet werden aus der 184 Vgl. hierzu aus der deutschen Literatur Fleischer, BB 2002, 1869, 1871; ders., NJW 2002, 2977, 2981; ders., Gutachten F für den 64. DJT, (s. Fn. 9), S. F29; Hopt/ Voigt in: Hopt/Voigt, (s. Fn. 9), S. 90 f., 132; Hutter/Leppert, NZG 2002, 649, 655; Weber, NJW 2003, 18, 20 f.; Zimmer in: Schwark, KMRK, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 89; Rützel, AG 2003, 69, 76; Weitnauer, DB 2003, 1719, 1722; Langenbucher, ZIP 2005, 230, 240 f.; Casper, Der Konzern 2006, 32, 35; Sauer, ZBB 2005, 24, 30, 31.; Engelhardt, BKR 2006, 443, 447. 185 Ebenso Hopt/Voigt in: Hopt/Voigt, S. 90 f. 186 Vgl. hierzu (grundlegend) Sharpe, J. Finan. 19 (1964), 425 ff.; Lintner, J. Finan. 20 (1965), 587 ff.; (aus der schwedischen Literatur) SOU 2005:18 (Prospektansvar), S. 99, 131; af Sandeberg, Prospektansvaret, S. 401; Samuelsson, Information och ansvar, S. 316 sowie oben Teil 4 B.II.9.a); (aus der deutschen Literatur) BGH, ZIP 2005, 1270, 1274 f. (EM.TV). Fleischer, Gutachten F für den 64. DJT (2002), S. F70; ders., BB 2002, 1869, 1873 f. m.w. N.; Weber, ZGR 2004, 280 ff.; Zimmer in: Schwark, KMRK, §§ 37b, 37c WpHG Rn. 92.; Casper, Der Konzern 2006, 32, 35; Weber, ZGR 2004, 280, 283; Sethe in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 79 f.; Möllers/Leisch in: Kölner Komm, WpHG, §§ 37b, c Rn. 347 ff.

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Differenz zwischen dem Erwerbspreis, begrenzt durch den ersten Ausgabepreis, und dem durchschnittlichen Börsenpreis des Wertpapiers während der ersten 30 Tage nach dem öffentlichen Bekanntwerden der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts bzw. der Kapitalmarktinformation187. Durch eine solche Schadenspauschalierung würde sich zwar eine aufwendige Ermittlung des hypothetischen Börsenpreises erübrigen. Die zur deutschen Rechtslage vorgeschlagene Methode leidet jedoch darunter, dass allgemeine Marktschwankungen während des dreißigtägigen Zeitraums aber auch während des Zeitraums zwischen der Falschinformation des Kapitalmarkts und dem Bekanntwerden der Falschinformation unberücksichtigt bleiben. Abhängig von den allgemeinen Marktschwankungen kann der so im Wege der Schadenspauschalierung ermittelte Schadenersatz zum Nachteil aber auch zu Gunsten der Anleger stark vom tatsächlich entstandenen Schaden abweichen188. Die Ermittlung des hypothetischen Börsenpreises mit Hilfe des Capital Asset Pricing Models stellt daher trotz der anfallenden Sachverständigenkosten eine interessengerechtere Methode zur Berechnung des Differenzschaden dar189. Um, vor allem im Hinblick auf die Einbeziehung von Folgeerwerbern in den Kreis der Anspruchsberechtigten, eine Ausuferung des von den Mitgliedern der styrelse und dem verkställande direktör bzw. in Zukunft gegebenenfalls vom Emittenten zu leistenden Schadenersatz zu begrenzen, sollte allerdings eine summenmäßige Beschränkung des Schadenersatzes auf den Emissionspreis wie im Rahmen von § 44 Abs. 1 BörsG vorgesehen werden190. Hierdurch werden Schwierigkeiten bei der Verteilung eines auf andere Weise bestimmten Haftungshöchstbetrages auf sukzessiv geltend gemachte Schadenersatzansprüche vermieden191.

187

s. hierzu schon oben Teil 6 B.II.1. Kritisch dazu auch DAV, Stellgn. z. KapInHaG, NZG 2004, 1099 ff. s. hierzu auch schon oben Teil 6 B.II.2.b). 189 Die hierbei auf jeden einzelnen Kläger entfallenden Sachverständigenkosten lassen sich bei einer Vielzahl geschädigter Anleger im Wege einer Gruppenklage erheblich reduzieren (s. hierzu bereits oben Teil 5 C.I.3.). 190 So auch Nerep in: Skog, Nyemissioner av aktier, S. 73. 191 s. zur deutschen Rechtslage oben Teil 4 A.II.12. 188

Teil 7

Gesamtergebnis Die vorliegende Arbeit behandelt schwerpunktmäßig zwei Aspekte der „Börsenprospekthaftung der Leitungsorgane von Emittenten in Deutschland und Schweden“: Zum einen wurden die materiellen und prozessualen Voraussetzungen für eine Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane von Emittenten wegen der Veröffentlichung unrichtiger oder unvollständiger Börsenprospekte in beiden Ländern untersucht. Zum anderen wurde der Frage nachgegangen, ob bzw. inwieweit jeweils eine Notwendigkeit zur Verschärfung der Börsenprospekthaftung de lege ferenda besteht. Folgende Ergebnisse lassen sich zusammenfassen: • Die Börsenprospekthaftung dient einerseits dem Ausgleich von Schäden, die Anlegern durch die pflichtwidrige Veröffentlichung unrichtiger oder unvollständiger Börsenprospekte entstanden sind (Ausgleichsfunktion). Andererseits dient sie der präventiven Abschreckung und Verhaltenssteuerung (Präventionsfunktion). • Für Schäden, die Dritten durch Pflichtverletzungen der Mitglieder der Leitungsorgane von Aktiengesellschaften entstehen, haftet in Deutschland und Schweden im Außenverhältnis grundsätzlich die Gesellschaft (Prinzip der Organhaftung). Die Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane des Emittenten ist in beiden Ländern im Wesentlichen als Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft ausgestaltet. Daraus ergibt sich ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen einer Außenhaftung der Gesellschaft und einer Außenhaftung ihrer Organmitglieder. • Erleiden Aktionäre durch unrichtige oder unvollständige Börsenprospekte Schäden, entsteht bei der Gewährung von Schadenersatz durch die Gesellschaft ein Wertungswiderspruch zwischen dem Grundsatz der Kapitalerhaltung und dem Anlegerschutz. Dieser Wertungswiderspruch ist in Deutschland im Bereich der Kapitalmarkthaftung durch den Gesetzgeber und die Rechtsprechung zugunsten eines umfassenden Vorrangs des Anlegerschutzes entschieden worden. Das hat zur Folge, dass Anlegern entsprechend dem RegelAusnahme-Verhältnis zwischen einer Außenhaftung der Gesellschaft und einer Außenhaftung ihrer Organmitglieder in erster Linie der Emittent als Haftungsschuldner zur Verfügung steht. In Schweden ist nach herrschender

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Ansicht in der Literatur und der Rechtsprechung hingegen noch immer von einem umfassenden Vorrang des Kapitalerhaltungsgrundsatzes auszugehen. Das hat zur Folge, dass eine Schadenersatzhaftung des Emittenten gegenüber seinen Aktionären generell ausscheidet. Dadurch und durch die in 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL statuierte Außenhaftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör wird in Schweden das allgemeine Regel-AusnahmeVerhältnis für den Bereich der Börsenprospekthaftung aufgehoben. • Die materielle Rechtslage zur Börsenprospekthaftung weist in Deutschland und Schweden starke Parallelen auf, die auf einer in weiten Teilen gemeinsamen Rechtstradition beruhen. Praktisch bedeutsame Unterschiede zwischen der deutschen und schwedischen Rechtslage de lege lata bestehen bei der Beweislastverteilung im Zusammenhang mit dem Nachweis der Kausalität und des Verschuldens, dem Umfang des den Anlegern zu ersetzenden Schadens sowie bei der Verjährung von Prospekthaftungsansprüchen. Während die §§ 44 ff. BörsG einen auf die kapitalmarktrechtlichen Besonderheiten abgestimmten Haftungstatbestand enthalten, der sowohl eine Haftung der Emittenten als auch in Grenzen eine Haftung seiner Organmitglieder bestimmt, regelt 29. Kap. § 1 Abs. 2 ABL nur einen auf den allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen beruhenden Haftungstatbestand für den Fall der Verletzung prospektrechtlicher Schutzgesetze, vergleichbar § 823 Abs. 2 BGB. Zudem kommen als Haftungsadressaten nur die Mitglieder der Leitungsorgane des Emittenten in Betracht. Die Erfüllung der Ausgleichs- und der Präventionsfunktion der Börsenprospekthaftung ist deshalb in Schweden wegen materiellrechtlicher Defizite nicht hinreichend sichergestellt. • Prozessual können Anleger in Deutschland und Schweden primär Ersatzansprüche wegen Eigenschäden bzw. unmittelbaren Schäden in ihrem Vermögen persönlich gegenüber den Mitgliedern der Leitungsorgane geltend machen. Zur Geltendmachung unmittelbarer Schäden auf Grund von unrichtigen oder unvollständigen Börsenprospekten stehen den Anlegern in beiden Ländern sowohl Möglichkeiten zur individuellen als auch zur kollektiven Anspruchsverfolgung zur Verfügung. Mittelbare Schäden sind in erster Linie durch die Gesellschaft geltend zu machen. Subsidiär ist hierzu allerdings in beiden Ländern auch eine Aktionärsminderheit berechtigt (actio pro socio). In Deutschland ist durch das Musterklageverfahren nach dem KapMuG und die actio pro socio zugunsten einer Aktionärsminderheit mit einem Anteil am Grundkapital von 1% bzw. einem Anteilswert von A 100.000 eine prozessuale Durchsetzung sowohl von Eigen- als auch von Reflexschäden der Anleger und damit eine Erfüllung der Ausgleichsfunktion der Haftung weitgehend sichergestellt. Durch die Beseitigung der zuvor bestehenden Hemmnisse bei der Geltendmachung von Reflexschäden durch die Aktionäre ist in Deutsch-

Teil 7: Gesamtergebnis

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land de lege lata auch die Erfüllung der Präventionsfunktion der Haftung gegenüber den Vorstandsmitgliedern von Emittenten weitgehend gewährleistet. Allein aus prozessualer Sicht, bestehen auch nach schwedischem Recht de lege lata keine Bedenken gegen eine Erfüllung der Ausgleichs- und Präventionsfunktion der Börsenprospekthaftung. Sollte den Anlegern jedoch de lege ferenda ein materieller Ersatzanspruch gegenüber dem Emittenten eingeräumt werden, bestehen durch das mit 10% aller Aktionäre relativ hohe Minderheitenquorum erhebliche prozessuale Hindernisse für die effektive Durchsetzung eines Innenregresses und für einen Ausgleich der durch eine Inanspruchnahme der Gesellschaft entstandenen mittelbaren Schäden im Vermögen der Aktionäre. • Das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen einer Außenhaftung des Emittenten und einer Außenhaftung seiner Organmitglieder ist in Deutschland auch bei einer Reform des Prospekthaftungsrechts grundlegend zu berücksichtigen. Zur Erfüllung der Ausgleichs- und Präventionsfunktion der Börsenprospekthaftung ist eine Verschärfung der Außenhaftung der Organmitglieder des Emittenten de lege ferenda deshalb nur für den Fall der Insolvenz des Emittenten und zur Vermeidung des sogenannten last-period-Problems erforderlich und geboten. In Schweden ergeben sich im Bereich der Börsenprospekthaftung wegen der bereichsspezifischen Durchbrechung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses keine systemischen Bedenken gegen eine Verschärfung der Außenhaftung der Organmitglieder. Eine schärfere Außenhaftung der Organmitglieder vermag allerdings die Defizite bei der Erfüllung der Ausgleichsfunktion der Haftung nicht zu beheben. Vielmehr bedarf es auch in Schweden – unter Aufgabe des Vorrangs des Kapitalschutzes – der Einführung einer Außenhaftung des Emittenten gegenüber seinen Aktionären für falsche Börsenprospekte. Darüber hinaus ist es – bei unveränderter prozessualer Rechtslage – zur Erfüllung der Präventionsfunktion erforderlich, die Haftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör durch die Einführung von Beweislasterleichterungen so zu verschärfen, dass eine Inanspruchnahme der Leitungsorganmitglieder tatsächlich möglich ist. Werden in Schweden neben der Einführung einer Emittentenhaftung auch die prozessualen Möglichkeiten zur Durchsetzung mittelbarer Schäden im Vermögen der Anleger durch diese erleichtert, bedarf es allerdings auch dort weder zur Erfüllung der Ausgleichs- noch der Präventionsfunktion einer unmittelbaren Organaußenhaftung. Ebenso wie in Deutschland würde dann eine Innenhaftung der Mitglieder der styrelse und des verkställande direktör in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Prinzip des Vorrangs der Außenhaftung der Gesellschaft genügen.

Quellenverzeichnis A. Literaturverzeichnis I. Deutschsprachig Apfelbacher, Gabriele/Metzner, Manuel: Das Wertpapierprospektgesetz in der Praxis – Eine erste Bestandsaufnahme, BKR 2006, 81 ff. Armbrüster, Christian: Gesellschaftsrecht und Verbraucherschutz – Zum Widerruf von Fondsbeteiligungen, Berlin 2005 (zitiert: Armbrüster, GesR und Verbraucherschutz) – Kapitalanleger als Verbraucher? Zur Reichweite des europäischen Verbraucherschutzrechts, ZIP 2006, 406 ff. Assmann, Heinz-Dieter: Prospekthaftung – als Haftung für die Verletzung kapitalmarktbezogener Informationsverkehrspflichten nach deutschem und US-amerikanischem Recht, Köln/Berlin/Bonn/München 1985 (zitiert: Assmann, Prospekthaftung) – Referat in: Ständige Deputation des Deutschen Juristentages (Hrsg.), Verhandlungen des vierundsechzigsten Deutschen Juristentages Berlin, 2002, Band II/1, München 2002 (zitiert: Assmann in: Verhandlungen des 64. DJT (2002), Bd. II/1) – Die Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angebotsunterlage nach § 12 WpÜG, AG 2002, 153 f. – Prospektaktualisierungspflichten – Aktualisierung-, Berichtigungs- und Nachtragspflichten im Recht der Haftung für Prospekte und Angebotsunterlagen in: Habersack, Mathias/Hommelhoff, Peter/Hüffer, Uwe/Schmidt, Karsten (Hrsg.), Festschrift für Peter Ulmer zum 70. Geburtstag am 2. Januar 2003, Berlin 2003, S. 757 ff. (zitiert: Assmann in: FS Ulmer) Assmann, Heinz-Dieter/Schneider, Uwe H.: Wertpapierhandelsgesetz, 5. Auflage, Köln 2009 (zitiert: Bearbeiter in: Assmann/Schneider, WpHG) Assmann, Heinz-Dieter/Schütze, Rolf A. (Hrsg.): Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Auflage, München 1997 (zitiert: Bearbeiter in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR2) – (Hrsg.): Handbuch des Kapitalanlagerechts, Ergänzungsband, 2. Auflage, München 2001 (zitiert: Bearbeiter in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR2, 1. Erg.) – (Hrsg.): Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Auflage, München 2007 (zitiert: Bearbeiter in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR3) Bak, Jacek/Bigus, Jochen: Kapitalmarkteffizienz versus zwingender Anlegerschutz im Aktienrecht, ZBB 2006, 430 ff.

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B. Verzeichnis zitierter europäischer Rechtsakte und Dokumente

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formationen mittels Verweis und die Veröffentlichung solcher Prospekte und die Verbreitung von Werbung, ABl. EG Nr. L 337 vom 5.12.2006, S. 17 ff. Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 11.7.2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, ABl. EG Nr. L 199 vom 31.7.2007, S. 40 ff.

II. Mitteilungen der Kommission Mitteilung der Kommission – Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan, KOM(1999)232 endg. vom 11.5.1999 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union – Aktionsplan, KOM(2003)284 endg. vom 21.5.2003 Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Aktionsprogramm zur Verringerung der Verwaltungslasten in der Europäischen Union“, KOM(2007)23 endg., vom 24.1.2007 Mitteilung der Kommission über ein vereinfachtes Unternehmensumfeld in den Bereichen Gesellschaftsrecht, Rechnungslegung und Abschlussprüfung, KOM(2007)394 endg., vom 10.7.2007

III. Berichte Erster Bericht des Ausschusses der Weisen über die Reglementierung der europäischen Wertpapiermärkte vom 9.11.2000, im Internet abrufbar unter: http://ec.europa.eu/ internal_market/securities/docs/lamfalussy/wisemen/initial-report-wise-men_de.pdf – zuletzt abgerufen am: 18.08.2007 Schlussbericht des Ausschuss der Weisen über die Regulierung der europäischen Wertpapiermärkte vom 15.2.2001 (Lamfalussy-Bericht), im Internet abrufbar unter: http://ec.europa.eu/internal_market/securities/docs/lamfalussy/wisemen/final-reportwise-men_de.pdf – zuletzt abgerufen am: 18.08.2007 Schlussbericht der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts vom 4. November 2002 über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa, im Internet abrufbar unter: http://ec.europa.eu/inter nal_market/company/docs/modern/report_de.pdf – zuletzt abgerufen am: 18.08. 2007

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2. Bundestagsdrucksachen BT-Drs. 10/318

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität (2. WiKG)

BT-Drs. 12/7918

Entwurf eines Gesetzes über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften (Zweites Finanzmarktförderungsgesetz)

BT-Drs. 13/8933

Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz)

BT-Drs. 14/7034

Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen

BT-Drs. 15/3174

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz – AnSVG)

BT-Drs. 15/3355

Unterrichtung durch die Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz – AnSVG) – Drucksache 15/3174 – Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung

BT-Drs. 15/4999

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz)

BT-Drs. 15/5091

Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren

BT-Drs. 15/5092

Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG)

BT-Drs. 15/5219

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Prospekt-

C. Verzeichnis zitierter Gesetzgebungsmaterialien

431

richtlinie-Umsetzungsgesetz) – Drucksache 15/4999 – Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung BT-Drs. 15/5373

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksachen 15/4999, 15/5219 – Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz)

BT-Drs. 16/13433 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSUund SPD – Drucksache 16/12278 – Entwurf eines Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) b) zu dem Antrag der Abgeordneten Mechthild Dyckmans, Dr. Karl Addicks, Christian Ahrendt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 16/10885 – Professionalität und Effizienz der Aufsichtsräte deutscher Unternehmen verbessern

3. Bundesratsdrucksachen BR-Drs. 341/04 (Beschluss) Stellungnahme des Bundesrates Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz – AnSVG) BR-Drs. 436/04 (Beschluss) Stellungnahme des Bundesrates Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts

4. Landtagsdrucksachen BayLandtag Drs. 15/6297 Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Pressegesetzes BayLandtag Drs. 15/6298 Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Pressegesetzes

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Europakooperativ

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Informationskrav i noterade företag, m. m.

2. Statens Offentliga Utredningar (Schwedens öffentliche Untersuchungen) SOU 1941:9

Lagberedningens förslag till lag om aktiebolag m. m. – II motiv

SOU 1971:15

Aktiebolagslag

SOU 1971:83

Skadestånd III

SOU 1992:83

Aktiebolagslagen och EG – En anpassning av den svenska lagen till EG:s bolagsdirektiv 1, 2, 3, och 12

SOU 1992:83

Aktiebolagslagen och EG

SOU 1994:151

Grupprättegång

SOU 1995:44

Âktiebolagets organisation

SOU 1997:22

Aktiebolagets kapital

SOU 2000:11

Finanssektorns framtid

SOU 2001:1

Ny Aktiebolagslag

SOU 2003:22

Framtida finansiell tillsyn

SOU 2004/05:85 Ny Aktiebolagslag SOU 2004:130

Svensk kod för bolagsstyrning

SOU 2004:46

Bolagskoden – förslag från kodgruppen

SOU 2004:47

Näringslivet och förtroendet

SOU 2004:95

Prospekt

SOU 2005:18

Prospektanvar

SOU 2006:35

Värdepapper och kontrolluppgifter

SOU 2006:50

En ny lag om värdepappersmarknaden

SOU 2006:76

Otillbörliga affärsmetoder

SOU 2008:49

Aktiekapital i privata aktiebolag

3. Propositioner (Regierungsentwürfe) Prop. 1971:15

Aktiebolagslag

Prop. 1972:5

Skadestånd

Prop. 1975:103

Förslag till ny aktiebolagslag, m. m.

Prop. 1979/80:119 Preskriptionslag

D. Entscheidungsregister

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Prop. 1990/91:142 Handel och tjänster på värdepappersmarknaden, m. m. Prop. 1991/92:113 Ny börslagstiftning m. m. Prop. 1993/94:196 Ändringar i aktiebolagslagen (1975:1385) m. m. Prop. 1994/95:123 Ny Marknadsföringslag Prop. 1997/98:99

Aktiebolagets organisation

Prop. 2001/02:107 Lag om Grupprättegång Prop. 2004/05:85

Ny Aktiebolagslag

Prop. 2004/05:142 Marknadsmissbruk Prop. 2004/05:158 Prospekt Prop. 2005/06:150 Europakooperativ Prop. 2006:35

Värdepapper och kontrolluppgifter

Prop. 2006/07:65

Informationskrav i noterade företag, m. m.

Prop. 2006/07:70

Några aktiebolagsrättsliga frågor

Prop. 2006/07:115 Ny lag om värdepappersmarknaden

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Regler om utformning av prospekt (1999)

RiR 2006:12

Konsumentskyddet inom det finansiella området – fungerar tillsynen?

Promemoria – Justitiedepartementet

Några frågor med anledning av ändringar i Kapitaldirektivet, 23.1.2007

Promemoria – Justitiedepartementet

Minsta tillåtna aktiekapital i privata aktiebolag – kompletterande underlag, 30.10.2008

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3. Marknadsdomstol (Handelsgerichtshof) MD 1985:14, S. 557 ff. Beschluss v. 23.5.1985, Az.: 1985:14 MD 1994:21, S. 261 ff. Beschluss v. 10.10.1994, Az.: 1994:21

4. Stockholms fondbörsens disciplinkommitté (Disziplinarkomitee der Stockholmer Börse) Stockholms fondbörsens disciplinkommitté 1994:3 Beschluss v. 12.4.1994, Az.: 1994:3 – Errce Stockholms fondbörsens disciplinkommitté 1996:3 Beschluss v. 10.7.1996, Az.: 1996:3 – Getinge

Sachwortverzeichnis Aktiebolagskommitté siehe Aktiengesellschaftskomitee Aktiengesellschaftskomitee 65, 113, 124, 129, 246, 247, 381 Aktionärsschäden 131, 139 – Eigenschäden – Deutschland 134, 145, 149, 299, 300, 339, 343 – Schweden siehe Unmittelbare Schäden (omedelbara skador) – Mittelbare Schäden (medelbara skador) – Deutschland siehe Reflexschäden – Schweden 139, 146, 147, 149, 299, 346 – Reflexschäden – Deutschland 132, 145, 147, 148, 299, 367 – Schweden siehe Mittelbare Schäden (medelbara skador) – Reflexschäden (Deutschland) 132, 136 – Unmittelbare Schäden (omedelbara skador) – Deutschland siehe Eigenschäden – Schweden 142, 299, 300 Aktualisierungs- und Berichtigungspflicht – Deutschland 172 – Schweden (Nachtragspflicht) 241 Allokationsfunktion 43, 44 Anfechtung der Zeichnung von Aktien – Deutschland 126, 390 – Schweden siehe Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien Anlegerschutz 43, 46, 50, 123, 359, 361, 404

– Deutschland 59, 60, 92, 93, 95, 120, 123, 127, 361, 362 – Maßnahmenkatalog zur Stärkung des Anlegerschutzes 61 – Informationsüberflutung 48, 179 – Informationsungleichgewicht 46, 291 – Schweden 64, 374, 381 – Verbraucherschutz 48 Anspruchsberechtigte – Deutschland 185, 208, 212, 215 – Schweden 243, 377, 388 Art und Umfang des Schadenersatzes – Deutschland 196, 218, 296 – Schweden 256, 296, 379, 389 Ausgleichsfunktion 49, 50, 346, 360, 361, 368, 382, 383, 386 Außenhaftung der Organmitglieder 38, 40, 50, 88 – Deutschland 61, 63, 97, 100, 349, 352, 354 – Schweden 99, 115, 118, 130, 383 Außervertragliche Haftung (utomobligatoriskt ansvar) 288 Baums-Kommission 59, 60 Berater 71, 156, 242, 274, 351 Beurteilungshorizont – Deutschland 175 – Schweden 241 Beweislast – Deutschland 97, 190, 193, 217, 280, 294, 301, 339, 353 – Schweden 249, 255, 284, 294, 339, 378, 384, 388 Börsenprospekthaftung – Deutschland 151 – BörsG 151, 157

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Sachwortverzeichnis

– Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung 154 – culpa in controhendo 202 – Deliktsrecht 203 – InvG 153 – VerkProspG 152 – Vertrag 201 – WpÜG 153 – Schweden 221 – ABL a. F. 222 – culpa in contrahendo 264 – LBC a. F. 224 – LHF a. F. 225 – LHF i.V. m. ABL 226, 229 – LIF 227 – LUA i.V. m. ABL 228 – MFL 265 – SkL 267 – Vertrag 263 Brott 269 Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung 154 Business Judgement Rule 62, 99, 371 Capital Asset Pricing Model 137, 150, 219, 258, 297, 391 Committee of European Securities Regulators (CESR) 52 Comroad 51, 294 Corporate Governance 37, 53, 54, 64, 367 – Deutscher Corporate Governance Kodex 59, 60, 98, 169, 350, 372, 374 – Schwedischer Corporate Governance Kodex 64 Cromme-Kommission 60 culpa in contrahendo 100, 155, 156, 158, 159, 202, 230, 264, 265, 275, 281, 290, 369 D&O-Versicherung 372, 382 Deliktische Haftung (Deutschland) 203 Deutsche Börse AG 47 Deutsche Telekom AG 47, 51, 62

Deutscher Corporate Governance Kodex siehe Corporate Governance Durchsetzung von Prospekthaftungsansprüchen – Eigenschäden (Deutschland) 300 – Gerichtsstand 301 – Individuelle Anspruchsverfolgung 300, 339 – Kollektive Anspruchsverfolgung 302, 339 – Gruppenklage nach dem LGR 320, siehe auch Lag om grupprättegång (LGR) – Mittelbare Schäden (Schweden) 333, 343 – Actio pro socio 335 – Einzelklagen 337 – Entlastungsverweigerung 334 – Musterklageverfahren nach KapMuG 302, siehe auch Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz (KapMuG) – Reflexschäden und kongruente Schäden (Deutschland) 312, 343 – Actio pro socio 315 – Bekanntmachungspflichten 317 – Klagezulassungsverfahren 314 – Unmittelbare Schäden (Schweden) 317 – Individuelle Anspruchsverfolgung 319, 339 – Kollektive Anspruchsverfolgung 320, 339 Efficient Capital Market Hypothesis 44 Eigenschäden 134 EM.TV 51, 63, 93, 94, 95, 120, 219, 294, 354, 360 Enron 50 Entgeltlicher Erwerb 187 Erwerbszeitpunkt 186 European Securities Committee (ESC) 53 Fermenta 51, 269 Finansinspektionen 48, 66, 224, 226, 228, 232, 233, 235, 237, 241

Sachwortverzeichnis

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Infomatec 51, 63, 294, 354 Informationseffizienz 37, 44, 49, 361 Inlandsbezug 188

– Natur des Musterklageverfahrens 304 – Vorlageverfahren 305 – Wiederaufnahme des Hauptsacheverfahrens 311 Kapitalerhaltungsgrundsatz 50, 89, 91, 92, 95, 122, 123, 127, 133, 145, 364, 381 Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz (KapInHaG) 63, 100, 183, 184, 219, 288, 349, 350 Kapitalschutz (kapitalskydd) 105, 113, 122, 123, 124, 129, 383, 386 – försiktighetsregeln 106 – värdeöverföringsförbud 105 Kausalität – Deutschland 189, 217, 280, 289, 305 – Haftungsausfüllende Kausalität 191, 194, 217, 277, 278 – Haftungsbegründende Kausalität 190, 194, 217, 219, 277, 290, 342, 351, 352 – Schutzzwecklehre 192, 278, 289 – Schweden 248, 289, 378 – Haftungsausfüllende Kausalität (förlustsamband) 248 – Normschutzlehre (normsskyddsläran) 244, 251, 284, 289 – Transaktionszusammenhang (transaktionssamband/kravet på tillit) 249 Kodgruppen 64 Komitologieverfahren 51, 52 Kreuger & Toll 51, 109, 110, 112, 116 Kreuger, Ivar 51, 110 Kursverlustschäden – Deutschland 135, 149 – Schweden 143, 149

Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz (KapMuG) – Ablauf des Verfahrens 305 – Anwendungsbereich 303 – Kostentragung 311 – Musterverfahren 308

Lag om Grupprättegång (LGR) 320 – Ablauf des Verfahrens 324 – Abschluss des Gruppenklageverfahrens 330 – Anwendungsbereich 322 – Arten von Gruppenklagen 323

Förtroendekommissionen 64 fraud-on-the-market-theory 44 Funktionsschutz 46 Gesamtschuldnerische Haftung – Deutschland 198, 220 – Schweden 260 Gesellschaftsschäden – Deutschland 131 – Schweden 139 Haftung der Aktiengesellschaft – Deutschland 89 – Wertungswidersprüche bei Haftung ggü. Aktionären 91 – Schweden 101 – Wertungswidersprüche bei Haftung ggü. Aktionären 104 Haftung der styrelse und des verkställande direktör 114 – Außenhaftung (externt ansvar) 118 – Innenhaftung (internt ansvar) 115 Haftung des Vorstands 96 – Außenhaftung 99 – Innenhaftung 97 Haftungsbeschränkungen – Deutschland 199, 221, 298 – Schweden 261, 298, 380 Haftungsschuldner – Deutschland 181, 208, 211, 215 – Schweden 242, 274, 375 High Level Group 53, 54, 58, 128

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Sachwortverzeichnis

– Gerichtsstand 324 – Kostentragung 331 – Natur des Gruppenklageverfahrens 322 – Risikovertrag (riskavtal) 333 Lamfalussy-Verfahren siehe Komitologieverfahren Last-period-Problem 364 Leitungssystem – dualistisch 85 – monistisch 85 Loyalitätspflicht (lojalitetsplikt) 116, 141, 264 Marktfunktion 43 Mittelbare Schäden (medelbara skador) 139 Mitverschulden – Deutschland 193, 219 – Schweden (medvållande) 255 Näringslivets Börskommitté 223 Nasdaq OMX 40, 47, 65 Nichtvermögensschäden – Deutschland 125 – Schweden 125 Nordic Growth Market (NGM) 40 Organhaftungstheorie – Deutschland 90 – Schweden (organansvar) 102 Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft 69 – Deutschland – Aufsichtsrat 72 – Hauptversammlung 72 – Vorstand 70 – Schweden – Publikumsaktiengesellschaften 75 – revisor 82 – styrelse 78 – Überblick über das Verbandsrecht 73

– verkställande direktör 80 OTC-Handel 40 Parmalat 50 Präventionsfunktion 41, 42, 49, 50, 88, 246, 303, 320, 323, 346, 360, 365, 368, 372, 383, 386 Principal-Agent-Theorie 365 principalansvar siehe Prinzipalhaftung Prinzipalhaftung 102 Prospektbegriff – Deutschland 162 – Schweden 232 Prospekthaftung im engeren Sinne 155, 156, 158, 162, 290 Prospekthaftung im weiteren Sinne 156, 291 Prospektkommission 38, 66, 113, 114, 124, 129, 232, 243, 244, 245, 247, 250, 261, 263, 268, 284, 287, 291, 375, 380, 381, 383, 388, 389 Prospektmangel – Deutschland 169 – Schweden 236 Prospektpflicht 37, 47, 49, 69, 79, 80, 87, 151, 152, 154, 155, 161, 163, 164, 166, 170, 176, 192, 221, 222, 225, 227, 232, 233, 236, 278, 282 Prospektutredningen siehe Prospektkommission Publizitätspflicht 48, 49, 207, 216, 348, 349, 371, 380 Publizitätspflichten 47 Rechtsnatur der Haftung – Deutschland 157 – Schweden 229 Rechtspolitische Diskussion 50, 348 – Deutschland 349 – Schweden 374 Reflexschäden 132 Reformvorschläge 348 – Deutschland 349 – Schweden 374

Sachwortverzeichnis Satzungsstrenge 70 Schadenstrennung 131, 144, 147 Schutzgesetz – Deutschland 99, 161, 204, 279, 358 – Schweden 119, 130, 141, 253, 289, 334, 337 Sekundärer Kapitalmarkt 40, 46, 61, 63, 94, 100, 109, 110, 111, 160, 185, 243, 247, 293, 348, 349, 352, 354, 362, 367, 371, 377, 380, 389, 391 Skandia 51, 318, 342 Sorgfaltspflicht – Deutschland 62, 98, 189, 201, 279 – Schweden (vårdplikt) 117, 141, 289 Theorie effizienter Kapitalmärkte siehe Efficient Capital Market Hypothesis Trennungsprinzip 89, 131, 132, 144 Treuepflicht 98, 309 Treuhänderstellung – Deutschland 98 – Schweden (sysslomannaskap) 117, 320 Ungültigerklärung der Zeichnung von Aktien (Schweden) 106, 126, 127, 231, 296, 390 Unmittelbare Schäden (omedelbara skador) 142 USA 373 Verbot der Einlagenrückgewähr 161, 346 – Deutschland 91, 120, 133, 160 – Schweden siehe Kapitalschutz (kapitalskydd)

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Verbot des Erwerbs eigener Aktien – Deutschland 92, 95, 96 – Schweden 105, 112 Verbraucherschutz 48 Verjährung – Deutschland 199, 220, 297 – Schweden 260, 297, 379 Vermögensschäden – Deutschland 101, 161, 204, 288, 357, 358 – Schweden (ren förmögenhetsskada) 103, 104, 114, 119, 122, 125, 230, 249, 268, 270, 282, 286, 288, 385 Verschulden – Deutschland 193, 209, 212, 213, 215, 294 – Schweden (culpa) 253, 274, 294, 378 Verschwiegenheitspflicht – Deutschland 98 – Schweden (tystnadsplikt) 117 Vertragliche Haftung – Deutschland 201 – Schweden 263 Vertrauenshaftung – Deutschland 154, 157, 202 – Schweden 264 Vertrauensschutz, kollektiver 45 Vorsätzlich sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB) 214 Worldcom 50 Zahlungsunfähigkeit des Emittenten 362