Die Umweltverträglichkeitsprüfung in parallelen Zulassungsverfahren [1 ed.] 9783428482801, 9783428082803

Diese Schrift behandelt das Detailproblem der parallelen Zulassungsverfahren bei der Durchführung von Umweltverträglichk

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Die Umweltverträglichkeitsprüfung in parallelen Zulassungsverfahren [1 ed.]
 9783428482801, 9783428082803

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CHRISTOPH LANDEL

Die Umweltverträglichkeitsprüfung in parallelen Zulassungsverfahren

Schriften zum Umweltrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Mich a e I K I o e p f er, Berlin

Band 53

Die Umweltverträglichkeitsprüfung in parallelen Zulassungsverfahren Von

Christoph Landel

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme

Landel, Christoph: Die Umweltverträglichkeitsprüfung in parallelen Zulassungsverfahren I von Christoph Lande!. Berlin : Duncker und Humblot, 1995 (Schriften zum Umweltrecht ; Bd. 53) Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 1994 ISBN 3-428-08280-X NE:GT

D 21 Alle Rechte vorbehalten © 1995 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-4247 ISBN 3-428-08280-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier gemäß der ANSI-Norm für Bibliotheken

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung ....... ..... ................. .. ...... ................ ...................... .. .... ..... 11

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ................... ..... ....................... ...... 15 I. Definition .. . .. .. . .. .. .. .. .. .. . . .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. . . .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. . . .. .. .. .. .. . .. 15

II. Das Anforderungsprofil der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten vom 27.06.1985 ........ .................... ........ .......... . 17

1. Begriff..................... . .................... .. .......................... .. ..... ... 17 2. Umsetzung von EG-Richtlinien in innerstaatliches Recht.. .................. 18 a) Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft .................. .. ......... 18 b) Die Regelungskompetenz der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umweltrechts .. .......... .. .......................... .. ... 19 c) Ziel der Rechtsharmonisierung ............ . ................ .. ... .. ... ..... 22 d) Kontrollkompetenzen der Europäischen Gemeinschaft ...... .. ... ..... 23 e) Konflikt zwischen dem Gemeinschaftsrecht und dem Recht der Mitgliedstaaten... .. ..................... .... .. ..................... .. ........ 24 f) Direktwirkung von EG-Richtlinien ...... .. ............................... 26

g) Die formellen Umsetzungsprobleme ................................ .. ... 32 3. Die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten ................. .. .... . ..................... ...................... .. ... .. ... 34 a) Der Erlaß der EG-RL UVP .............. .. ............................... 34 b) Die Grundprinzipien .. .... . ...... ................... . ... . ........ .. .... ... . . 35 aa) Harmonisierung .......... ........................ . ........ . ..... ..... 35 bb) Vorsorgeprinzip ............................................ .. ........ 36 (1) Frühzeitigkeitsgebot .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 36

(2) Der integrative Ansatz ...... .. .... .. .. .... .................. . 37 c) Die Leitlinien .. . ... .. ... .............. .... . .. ..... .. .. .. .. .... .... . ..... ..... 42 aa) Projektbezug ......... ......... .. ................. .. ........ . .... . ..... 42

6

Inhaltsverzeichnis bb) Die Verfahrensausrichtung ................................ . ........ 43 ( 1) Pflichten des Projektträgers . ....... ... .. ... ....... .... ...... 4 3 (2) Verfahrensbeteiligung ....... . ............................ .. .. 44 4. Die europarechtlichen Vorgaben zur Gestaltung der Umweltverträglichkeitsprüfung in parallelen Genehmigungsverfahren ...................... 45 a) Die Verfahrensregelungen ................ .. ............................. .. 46 b) Der integrative Ansatz ..... ............. ..... .. ......... . ................... 47 c) Das Gebot des einheitlichen Gesamtergebnisses ... . ... ...... ... .. ..... 51 d) Der Projektbegriff der EG-RL UVP .... ............................... .. 53

5. Die Behandlung paralleler Zulassungsverfahren in den Umsetzungsnormen anderer HG-Mitgliedstaaten und in den USA ..................... ... 54 a) Einbindung in das bestehende Rechtssystem .................... . ..... . . 55 aa) Implementation in bestehende Verwaltungsverfahren ....... ... 55 bb) Selbständige Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren .... ... 55 b) Verantwortlichkeiten im Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren........... ... ........................ .. ................. ..... . .... .. . 56 c) Beteiligung anderer Behörden ............. .............................. . . 58 aa) Funktion der Beteiligung ............................................ 58 bb) Neue Konsultationserfordernisse ... ....................... .. ...... 58 d) Verknüpfung von Umweltverträglichkeitsprüfung und Entscheidung ................. .. ......................... ........................ .. ... . . 59 III. Die Umsetzung im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 12.02.1990 ··················· ··············· ··································· ············61 1. Vorgaben für die Umsetzung der HG-Richtlinie ....................... ....... 61 a) Intention der "optimalen Umsetzung" .. .. .............. .... .. .... .. ..... 61 b) Integration in bestehende Verfahren . .. ... .. ................. .. .... . ..... 63 c) Harmonisierungsbedarf................ .. .... .... ................ . ... ... .... 64 2. Der Begriff und die Zielsetzung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung ....... . ........... . ............. . ..... ............ .................. 65 3. Der Anwendungsbereich der Umweltverträglichkeitsprüfung .. .. .... .. .... 67 4. Das Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung ............ .. .. .. ... .. .... 69 a) Abstimmung des Untersuchungsrahmens, § 5 UVPG ........ . .. .. .... 69 b) Unterlagen des Vorhabenträgers, § 6 UVPG ... ......... .... . ....... ... 70 c) Behördenbeteiligung, § 7 UVPG .......... .. .................. .. ... ...... 71 d) Beteiligung der Öffentlichkeit, § 9 UVPG .................... . ... ...... 72

Inhaltsverzeichnis

7

e) Die zuständige Behörde .................... .. ..................... ...... . .. 73

5. Zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen, § 11 UVPG 73 6. Bewertung der Umweltauswirkungen, § 12 Halbs. 1 UVPG ...... .. .... . .. 75 7. Berücksichtigung der Umweltverträglichkeitsprüfung, § 12 Halbs. 2 UVPG ................... .. ...................... . . .... .................. .. ... ..... . .. 79 8. Unterrichtung über die Entscheidung, § 9 Abs. 2 UVPG .......... .. ..... .. 84 IV. Das Umsetzungsverfahren ...... ..... ............... .. ..... . ................ . .... ...... . . 85 1. Das Umsetzungsgesetz .. . ....... .... .. . ...... .... .. .. ................ . ..... . ... .. . 85 a) Bund ............... ... ..................... ...... . ................ .. .... . . .. .. . 85 b) Länder .............. .. ........................... .................. . ... ...... .. 86 c) Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften ........ . .... .. .. . .. 89 2. Die betroffenen Rechtsgebiete... ...... . .. ..... . ........ .. ... ..... .. ..... .. .... . .. 92 a) Abfallrecht, Art. 2 UVP-UmsG ....... . .. ... ........ ... .... .. .. .. .. . ..... 92 b) Atomrecht, Art. 3 UVP-UmsG ........ .. .... ................. . ..... . ..... 94 c) Immissionsschutzrecht, Art. 4 UVP-UmsG ................. . .. ... . ..... 95 d) Wasserrecht, Art. 5 UVP-UmsG ....... .. ..................... ...... .. ... 97 e) Naturschutzrecht, Art. 6 UVP-UmsG . .... . ... ............... .. .. .... . .. 98 t) Verkehrswegegesetze, Art. 7-12 UVP-UmsG i.V.m. § 15 UVPG. 99

g) Raumordnungsrecht, § 16 UVPG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 h) Bauplanungsrecht, § 17 UVPG ......... .. ..................... .. ........ 101 i) Bergrecht, § 18 UVPG .................... .. .................... ...... .... 103 j) Flurbereinigungsrecht, § 19 UVPG .. ... .... ... .... . ........ .. . ......... 104 k) Gentechnikrecht, § 8 GenTG . ....... . .... ................. ...... . .... .. .. 104 3. Die Umweltverträglichkeitsprüfung im Beitrittsgebiet ... .... . ..... . .... .... 105 a) Das Umweltrecht der ehemaligen DDR ....................... ..... .. .. 105 b) Die Überleitung des UVPG in das Beitrittsgebiet.. ......... .. .... .. .. 109

C.Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG ...... ....... ... .. .. ......... ...... .... 114 I. Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbständiges Verfahren ...... .. . . . .. .. .... 114

II. Konkurrenzlagen bei Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung ... .. .. 118

1. Der Anwendungsbereich nach § 3 UVPG . ... .. .................. . . ... . .... ... 118 2. Die Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 4 UVPG .. ................ ...... .. .. 119 3. Die Vorrangregelung des§ 4 UVPG .......... .... . .. .. .. .. ....... .. .. ..... .... 120 4. Der Anwendungsbereich des§ 14 UVPG .... ....... ..................... . .... 122

8

Inhaltsverzeichnis

5. Die Bestimmung der federführenden Behörde durch landesrechtliche Umsetzung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 UVPG .................. ....... ... ... .. . 127 6. Vorbehalt einer Zuständigkeitsbegründung durch landesrechtliche Umsetzung nach§ 14 Abs. 1 Satz 2 UVPG für die Aufgaben gemäߧ§ 6 bis 9 UVPG ............. ............................ ..................... .... .... .. 131 111. Anwendungsfalle .............. ... ........................ ..... ................... .. ... ... 134

1. Genehmigung von Industrievorhaben nach§§ 4, 15 BlmSchG, Nr. 1 der Anl. zu § 3 UVPG .. ........... ............. .. ........... ........ .... .. ... .. . 134 a) Zuständigkeit. ... .. ......................... .................. ....... .. ... ... 134 b) Anwendungsbereich ....... ............... .. ....................... ... ... ... 135 c) Genehmigungsvoraussetzungen ........ .......................... ........ 138 d) Genehmigungswirkung ............................................ ..... ... 141 2. Genehmigung von kerntechnischen Anlagen nach§ 7 AtG, Nr. 2 der Anl. zu§ 3 UVPG, Nr. 2 im Anh. zu Nr. 1 der Anl. zu§ 3 UVPG .. ... 144 a) Zuständigkeit. ... .. ........................ ... ....................... .. ... .. . 144 b) Anwendungsbereich ........................ ........................ ..... .. . 145 c) Genehmigung ... .......................... ......................... ..... .. .. 146 3. Zulassung von Abwasserbehandlungsanlagen nach§ 18 c WHG, Nr. 5 der Anl. zu § 3 UVPG ............... ... ...... .. ... ........ ..... ....... .. .... .... 147 a) Zuständigkeit. .... ................ ... .. .... .. .... .............. ..... ..... .. .. 147 b) Anwendungsbereich ...................... .. ........................ .... .... 147 c) Zulassung ....... .. ........................ .. ..... ................... .. ..... .. 148 4. Genehmigung von Rohrleitungsanlagen nach§ 19 a WHG, Nr. 16 der Anl. zu § 3 UVPG .... .......... ..... ... ....... .. ..... ...... .... ......... .. ... ... . 150 a) Zuständigkeit. .. .... ... ...... ... ....... ... ...... .. .. ...... ...... ... .. .. ... ... 150 b) Anwendungsbereich .................... ... .... .. .... ............. .. ... .. ... 150 c) Genehmigung .. ...... .................... ... ... ................... .. ... .. ... 150 IV. Die Zuständigkeitsbegründung der federführenden Behörde nach§ 14 UVPG 151 1. Gesetzgebungskompetenz .. ...... ..... .......... ....... ..... ............... ...... 152 a) Kompetenz zur Umsetzung materiellrechtlicher Regelungen .. .. ... 152 b) Kompetenz zur Umsetzung verfahrensrechtlicher Regelungen .. ... 154 2. Der Zuständigkeitsbegriff nach § 14 UVPG .. .... ................. ... ..... ... 157 a) Die Zuständigkeitsbegriffe ..... .. ..... ..... .. .. ............... ....... .... . 157 aa) Sachliche Zuständigkeit ........ .. ........ .... .. ... ...... ..... ...... 157 (1) Verbandskompetenz ..... .. ..... ..... ... .... ........... ...... 158

Inhaltsverzeichnis

9

(2) Ressortkompetenz ........... .............................. . .. 158 bb) Instanzielle Zuständigkeit .......... .. ..................... .. ..... .. 161 cc) Örtliche Zuständigkeit. ..................................... .. .. .. .. 161 b) Der funktionale Zuständigkeitsbegriff des § 14 UVPG ..... . ..... . .. 161 V. Die Koordinationsaufgaben der federführenden Behörde nach § 14 UVPG .... 163 1. Zuständigkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 1 UVPG für die Unterrichtung des Vorhabenträgers und die zusammenfassende Darstellung gemäߧ§ 5 und 11 UVPG .... .. .... . ....... .. ........ .......... .. ...... .... ........... .. .. . .. .. 163 2. Koordinationsaufgaben nach§ 14 Abs. 2 Satz 2 UVPG ............ .. ...... 167 3. Die Koordinationsaufgaben der federführenden Behörde aus verfassungsrechtlicher Sicht. .. ......................... . .. ..................... .. ... ... . 171 4. Verfahrensrechtliche Möglichkeiten zur Sicherstellung der Koordination . .... ............ . ... ... .. .. .... .... .......... .. . .. .. ...... .. ...... . .. .. .. . .. 172

D. Der Rechtsschutz gegenüber Einzelentscheidungen in parallelen Zulassungsverfahren ......................... ...... ................. .. ... ................. ...... .. .... ... 179 I. Rechtsschutz im laufenden Zulassungsverfahren . ... .... .................. .. . .... .. . 182 II. Der Rechtsschutz nach abgeschlossenem Zulassungsverfahren .......... .. .... . .. 183 1. Kontrolleröffnung .... ... ....... ... ..... . ...... . . .. .. .. .. .. .......... . .... .. .... . .. 183 2. Klagebefugnis nach§ 42 Abs. 2 VwGO ........ .. ............ . ........ .. ... .. . 184 a) Drittschützende Wirkung materiellrechtlicher Regelungen .... .. .. .. 184 b) Drittschützende Wirkung von Verfahrensvorschriften ...... .... ..... 185 c) Die Klagebefugnis von Naturschutzverbänden ................ . .... .. . 189 3. Kontrollumfang ........ .. ....... .. ............. . .... .. .. .. ........... . .... .. .... ... 191 a) Materielle Rechtswidrigkeit der Zulassungsentscheidung .. .. ... .... 192 b) Verletzung von Verfahrensvorschriften des UVPG ..... .. ......... .. . 192 III. Umfang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle in parallelen Zulassungsverfahren .. . ........................ .................................................. . ...... . .. 196 1. Grundlagen ............ . ........ ................... .. ...... .. .... . ........ . .... . .... 196 a) Konzentrationswirkung ... .... .... ........ ........ .... ... .. .. .... . .. .. .... . 198 b) Fehlende oder eingeschränkte Konzentrationswirkung .. . ... .... . .... 200 aa) Vollbindung .. ... .................... .. .. .................. .. .... ..... 200 bb) Separation .... ... ................... .. .... .. ............... .. .... . .... 201 cc) Fachbindung . ... ..... .... .... ..... .. ...... ..... .... . ..... . . .... .. .. .. 202 2. Lösungsansatz .... . ... .. ..... .. .... . ....... ...... .. .... .... . ..... .. . ..... . .... . ..... 202 3. Konsequenzen für die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung .... .. ... .. 209

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Inhaltsverzeichnis

a) Anlagenbegriff .. ............................... ................... .. .... .... 209 b) Rechtsschutzinteresse ........ .... ... .............. . .... ...... .. .. .. .... ... . 210 c) Sachentscheidungskompetenz .......... .. .... .................... . ... .. ... 213 aa) Abfall- und Baurecht ............ ... .... .................. .. ... .. ... 215 bb) Abfall- und Wasserrecht ........ .. .... ................... .. .. .. .... 216 cc) Atom- und Wasserrecht ......... ...... ................... .... .. .... 217 dd) Bau- und Atomrecht .................... .................. .. .... .... 218 ee) Bau- und Gaststättenrecht ....... .. ..... ................... .. ... .. .. 219 ft) Bau- und Gewerberecht .......... . .... ................... .. ... .. ... 223

gg) Bau- und Luftverkehrsrecht .... .. ..... ................... ..... .. .. 223 hh) Baugenehmigung und Sondernutzungserlaubnis ....... ...... . .. 223 ii) Bauplanungs- und Immissionsschutzrecht .. ............ ...... .. . 224 jj) Berg- und Baurecht ... ... . ....... .... ... .. ........ . ........ ....... .. 225

kk) Immissionsschutz- und Wasserrecht.. ................... .. .... . .. 226 II) Straßen- und Straßenverkehrsrecht. ....................... .. .. ... 226 d) Bindungswirkung von Verwaltungsentscheidungen in parallelen Zulassungsverfahren .......... . ... ...... .. .. ...................... ......... 228 IV. Umfang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle in parallelen Zulassungsverfahren unter Einschluß der Umweltverträglichkeitsprüfung ........ ...... ... ... . .. 237 1. Vollbindung ............ ... ....................... .. ............................. . .. 238 2. Separation .............. ... ....................... ......................... ...... . .. 239 3. Fachbindung .... . ....... ... . ... .................. .. . .... ... ................ .. .... . .. 239 4. Vorläufige Gesamtprüfung ... .. ..... .. ........ .. ..... ........ . .......... .. ....... 240

5. Vorschlag .. . ....... . ..... . ............ .. .. ... . .... .. .... ........ . .......... ...... . .. 240

E. Zusammenfassung der Ergebnisse ................. .... .. ....... .. .............. .. ... ... 243 Literaturverzeichnis ................. .. ................... ..... ...... .............. .... .. ..... . 247

A. Einleitung Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist vorhabenbezogen. Die in der Anlage zu § 3 UVPG aufgeführten Vorhaben sind solche, die zumeist mehreren verwaltungsbehördlichen Verfahren unterliegen. Parallele Verfahren bereiten Schwierigkeiten, wenn sie miteinander konkurrieren. Eine solche Friktion ist im UVPG geradezu angelegt, da sie bei der Einzelfallentscheidung eine medienübergreifende Berücksichtigung der Umweltauswirkungen des Vorhabens fordert, §§ 2 Abs. 1 Satz 2, 12 UVPG. Eine umfassende Lösung der Problematik paralleler Verfahren liegt darin, eines der konkurrierenden Verfahren mit Konzentrationswirkung auszustatten1• Ebendiese Lösung ist im UVPG nicht vorgesehen. Vielmehr ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ein unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren nach Maßgabe der geltenden Gesetze, §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 12 UVPG. Ziel dieser Schrift ist zu überprüfen, ob das UVPG auch hinsichtlich der parallelen Zulassungsverfahren richtlinienkonform ist oder ob sich andere Lösungen zur Auflösung der aufgeworfenen Problematik fmden lassen. Gerade in dieser Hinsicht wird allseits Harmonisierungsbedarf konstatiert und sogar die Einführung einer Konzentrationsregelung in einem der parallelen Verfahren erwogen. Zunächst sollen die allgemeinen Anforderungen an eine Richtlinienumsetzung, anschließend die besonderen im Hinblick auf die Umweltverträglichkeitsprüfung insbesondere unter Berücksichtigung der parallelen Zulassungsverfahren untersucht werden. Es folgt ein kurzer Abriß der Umweltverträglichkeitsprüfung nach deutschem Recht, wobei die einzelnen Anwendungsfälle dargestellt werden. Hierbei sind insbesondere die Zuständigkeitsbegründung, Befassungs- und Entscheidungskompetenz der federführende Behörde nach § 14 UVPG einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Dabei werden jeweils die Anforderungen der EG-RL UVP in Bezug genommen. Schließlich wird der Rechtsschutz gegenüber Einzelentscheidungen in parallelen Zulassungsverfahren begutachtet. Nun sind diese kein neues Phäno1

Zu dieser Grundproblematik: Püttner, VerwLehre, 117.

12

A. Einleitung

men. Es stellt sich indessen die Frage, ob die Regelung des § 14 UVPG eine Veränderung der Kontrollmöglichkeiten gegen umweltbezogene Einzelentscheidungen nach sich zieht oder diese Problematik im Grunde unberührt läßt. Dazu werden die vielfältigen Theorien zur Bewältigung der problematischen Parallelverfahren in Detail betrachtet und es wird endlich untersucht, inwieweit diese Ansätze im § 14 UVPG aufgenommen worden sind oder gar über diese Norm hinausgehen. Die Umweltverträglichkeitsprüfung soll später als Umweltfolgenprüfung in den Allgemeinen Teil eines Umweltgesetzbuchs des Bundes eingebunden werden2. Zudem ist zu berücksichtigen, daß die Umweltverträglichkeitsprüfung in Gesetzentwürfen wie das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz verfestigt werden solP. Daneben besteht das Bestreben in Fortentwicklung des Verwaltungsverfahrensgesetzes4 eine Modellregelung für komplexe Genehmigungsverfahren zu normieren, in der Aspekte wie die Konzentrationswirkung, parallele Verfahren und auch Umweltverträglichkeitsprüfung berücksichtigt werden5 • Auf der Gemeinschaftsebene liegt ein Richtlinienentwurf vor, mit dem spezifisch planerische Vorentscheidungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden sollen6 . Auf der anderen Seite ist bereits zu beobachten, daß ein so bedeutendes Instrument wie die Umweltverträglichkeitsprüfung in mancherlei Hinsicht in anderweiten Gesetzen mit der Begründung zurückgenommen wird, daß die Wiedervereinigung einen erhöhten Bedarf an verkürzten und beschleunigten Zulassungsverfahren in den neuen Bundesländern begründet hätte. Ein einge-

2 Kloepfer!Rehbinder/Schmidt-Aßmann/Kunig, Umweltgesetzbuch - Allgemeiner Teil, 51; dies., DVBI. 1991, 339, 342. 3 § 5 und Art. 5 des Entwurfs eines Gesetzes zur Vermeidung von Rückständen, Verwertung von Sekundärrohstoffen und Entsorgung von Abfällen- KrWAbfG -: BT-Drs. 12/5672, S. 3, 31 und BR-Drs. 245/92. Dazu: ZRP 1993, 274-277. 4 Erstes Gesetz zur Bereinigung des Verwaltungsverfahrensrechts vom 18.02.1986 (BGBI. I S. 265). Zweites Rechtshereinigungsgesetz vom 16.12.1986 (BGBI. I S 2441). Drittes Rechtsbereinigungsgesetz vom 28.06.1990 (BGBI. I S. 1221). Entwurf eines Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Regelungen (BT-Drs. 1212997) betr. Einführung des § 49 a VwVfG. Zu allem: Bonk in: Stelkens/Bonk/Sachs, Komm. VwVfG, § 1 Anm. 140-143. 5 Pfeil, DVBI. 1993, 474, 476, 481. 6 Entwurf einer "Richtlinie des Rates zum Schutz der natürlichen und naturnahen Lebensräume sowie der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten" vom 21.09.1988 (ABI. EG Nr. C 247). Dazu: Feldmann, UPR 1991, 127, 132; Hoppe, NVwZ 1990, 816, 817; J. Wagner, Planbezogene UVP, 1990. Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaft für eine "Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei Politiken, Plänen und Programmen" vom 16.08.1990. Dazu: Wagner, DVBI. 1993, 583, 584; Willner, VBIBW 1992, 281, 287. Zur weiteren Fortentwicklung der EG-RL UVP vgl. NJW 1994, H. 15, S. XXXVII.

A. Einleitung

13

schränkter Rechtsschutz wird in Kauf genommen7 • In dieser Hinsicht sind das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz8 , das Planungsvereinfachungsgesetz9 und das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz 10 zu nennen11. Diese Entwicklung wird sich entgegen der ursprünglich geäußerten Intention absehbar auf die alten Bundesländer auswirken. Insoweit ist allerdings nicht die Richtlinienkonformität des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung unmittelbar betroffen. Auf die Entwicklung sei nur hingewiesen. Die Einführung der Umweltverträglichkeitsprüfung in das bundesdeutsche Verwaltungssystem wird sicher noch einigen Aufwand und geraume Zeit beanspruchen. Man ist geteilter Meinung über den Umstand, inwieweit die Umweltverträglichkeitsprüfung die ohnedies langwierigen Zulassungsverfahren erschweren und verlängern wird12 • Teils wird vertreten, daß die Einführung der Umweltverträglichkeitsprüfung eine nur eingeschränkte Bedeutung für die Schwierigkeiten in parallelen Verfahren aufweise 13 . Es soll sich indes 7 Gesetz zur Beschränkung von Rechtsmitteln in der Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 22.04.1993 (BGBI. I S. 466). Koalitonsvereinbarung zur Zwölften Legislaturperiode Abschn. XI Nr. 12, abgedr. in CDU-Dokumentation 2/1991 = Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 21 v. 25.01.1991, s. 7, 8. 8 Vom 16.12.1991 (BGBI. I S. 2174). Dazu: Ronellenfitsch, DVBI. 1991, 920-933; Wagner, NVwZ 1992, 232-235. Überaus krit. und die Richtlinienkonformität des Gesetzes verneinend: Brohm, NVwZ 1992, 1025, 1027; Hübler!Zimmermann, UVP am Wendepunkt, 121-136; Viebrock, NVwZ 1992, 939, 942. And. Ans.: Ronellenfitsch, DVBI. 1991, 920, 928. 9 Gesetz zur Vereinfachung der Planungsverfahren für Verkehrswege (Planungsvereinfachungsgesetz - PlVereinfG -) vom 17.12.1993 (BGBI. I S. 2123); Entw. Regierungsvorlage BR-Drs. 756/92 = BT-Drs. 12/4328. to Vom 22.04.1993 (BGBI. I S. 466). Entw., Regierungsvorlage BR-Drs. 868/92. Dazu allgemein: Erbguth, NVwZ 1993, 956-958; Gaßner/Schmidt, NVwZ 1993, 946-951 ; Krautzbergerl Rwzkel, DVBI. 1993, 453-464. Zu § 38 BauGB: Engel, UPR 1993, 209-212. Zu den Auswirkungen auf die Umweltverträglichkeitspriifung: Wagner, DVBI. 1993, 583-589. II Zu den angesprochenen Gesetzen: Forschungsseminar . Reform des Verwaltungsverfahrensrechts" am Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung bei der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer vom 03. - 05.05.1993. Dazu Tagungsbericht von Pfeil, DVBI. 1993, 474-482. 12 Bej.: Becker, BayVBI. 1990, 353, 356; Fluck, NVwZ 1992, 114, 115; Huber, BayBgm 1989, 95, %; Sihler (ehern. Präsident des Verbands der Chemischen Industrie), Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 238 v. 13.10.1989, S. 18; Wessely (Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Technischen Überwachungsvereine), Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 59 v. 11.03.1993. Abi.: Böhret/Hofmann, DÖV 1991 , 901, 908; Ga/las, UPR 1991, 214, 218; Knopp, NuR 1993, 401,407; Nisipeanu, NVwZ 1993, 319, 326; Vetter, BWVP 1993, 28, 33; Willner, VBIBW 1992, 281, 285. Offen: Bihr, BWVP 1993, 1, 4; Sendler, UPR 1990, 41, 48. Nach der Entschließung des Bundestags soll die Bundesregierung ihr besonderes Augerunerk auf die Dauer der Zulassungsverfahren richten. BT-Drs. 11/5532, S. 3 Ziff. II 1 a = BR-Drs. 687/89, S. I Ziff. 1 a. Allgemein zur Verfahrensbeschleunigung durch Parallelpriifungen: Bullinger, JZ 1993, 492-500. 13 Hoppe!Püchel, DVBI. 1988, 1, 8; Weber, UPR 1988, 206, 215. And. Ans. : Lange, DÖV 1992, 780, 785.

14

A. Einleitung

herausstellen, daß die umfassend angelegte Umweltverträglichkeitsprüfung in parallelen Verfahren gut abgearbeitet werden kann und insofern manche Impulse für die generelle Lösung der parallelen Verwaltungsverfahren bietet14 .

14 Gassner, UPR 1990, 361, 366; Lämmle, Konkurrenz, 249; Mäding, ZfU 1990, 19, 38; Schmidt-Preuß, DVBI. 1991, 229, 242.

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

I. Definition Der Begriff "Umweltverträglichkeitsprüfung" sagt für sich genommen nichts aus über die Voraussetzungen und Wirkungen eines entsprechenden Verfahrens. Die Definitionen der Umweltverträglichkeitsprüfung sind vielmehr Legion1• Das liegt nicht allein an dem schillemden Begriff der Umwelt2 • Ausgehend von einem zunächst anthropozentrischen Ansatz der Umweltverträglichkeitsprüfung wandelte sich das Verständnis bei den Vorarbeiten mehr in Richtung eines geläuterten anthropozentrischen Ansatzes3 • Eine Erläuterung des Umweltbegriffs fmdet sich nunmehr in Ziff. 0.3 EntwUVPVwV. Der Begriff der Umweltverträglichkeitsprüfung entstammt dem amerikanischen Recht und ist eine sinngemäße, wenngleich wenig geglückte ÜbersetI Spind/er, UVP in der Raumplanung, 27, 220 ff. hat 60 verschiedene Defmitonsansätze nachgewiesen. Bartlsperger in: Veröffentlichungen der Akademie für Raumforschung und Landesplanung Bd. 166, Umweltverträglichkeitsprüfung im Raumordnungsverfahren nach Europäischem Gemeinschaftsrecht, 87, 94 f.; Bunge in: HdUVP, 0100 TZ 2; Bunge, ZflJ 1984, 405, 406; Cupei in: Rengeling (Hrsg.), Europäisches Umweltrecht, 27, 28-30; ders., in: NuR 1985, 297, 297 f.; ders., UVP, 3-19, 107 f. zum unterschiedlichen Begriffsverständnis, das zu einen .babylonischen Begriffswirrwarru führt. Erbguth, UmwR, 392; ders., BayVBI. 1983, 129, 130 ff.; Bennecke in: UTR 9, 117, 119-121; Hoppe!Beckmann, UmwR, § 8 Rn. 57; Kloepfer, UmwR, § 4 Rn. 81; Klößner, Straßenplanung und UVP, 21-24; Püchel, UVP, 7-9; Schroer, 10 f.; Stewing in: et 1986, 648, 650; Stober, HdB WiVwR, 778-780; Storm in: HdUVP 0505 TZ 2.1.; ders. in: Justiz und Recht Bd. 5, 45 f.; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 10-12. Zum (umfassenden) Verfahrensbegriff: Erbguth, BayVBI. 1983, 129, 130. Salzwedel, Umweltverträglichkeitsuntersuchungen bei Verkehrsplanungen, 1981, 8; Schoeneberg, 16 ff.; Steinberg in: NuR 1983, 169. 2 Hoppe/Beckmann, UmweltR, § 1 Rz. 1-4; Summerer in: Storm/Bunge (Hrsg.), HdUVP, 0210 TZ l. 3 Präambel der EG-RL UVP Spiegelstrich 11 (ABI. EG Nr. L 175 vom 05.07.1985, S. 40): .Die Umweltauswirkungen eines Projekts müssen mit Rücksicht auf folgende Bestrebungen beurteilt werden: die menschliche Gesundheit zu schützen, durch eine Verbesserung der Umweltbedingungen zur Lebensqualität beizutragen, für die Erhaltung der Artenvielfalt zu sorgen und die Reproduktionsfähigkeit des Ökosystems als Grundlage allen Lebens zu erhalten. u Zur Anthropozentrik im Umweltrecht Erbguth, DV 1991, 283, 296; Hennecke, AgrarR 1986, 192, 194; Summerer, ZAU 1988, 151, 156 und zur Verleihung von Eigenrechten an die Natur im Sinne eines alter ego, S. 160.

16

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

zung des "environmental impact statement" oder "environmental impact assessment"4. Der Begriff "Umweltverträglichkeitsprüfung" suggeriert, daß damit Anlagen umweltverträglicher sein werden, als sie dies nach geltendem Recht seien. Tatsächlich wird mit der Umweltverträglichkeitsprüfung der Zweck verfolgt, der Verwaltung eine bessere umweltbezogene Informationsbasis bereits frühzeitig an die Hand zu geben. Der im Umweltgesetzbuch avisierte Begriff "Umweltfolgenprüfung" erscheint daher treffender5 . Die Umweltverträglichkeitsprüfung kann freiwillig oder zwangsweise einsetzen. Sie kann nach unterschiedlichen Schwerpunkten erfolgen: als eine externe Methode im Sinn eines ökologischen Gutachtens oder als ein verfahrensgebundenes Instrument. Die Umweltverträglichkeitsprüfung kann sich rein staatsintern beschränken, wie dies bei den nach wie vor geltenden "Grundsätzen für die Prüfung der Umweltverträglichkeit öffentlicher Maßnahmen des Bundes" aus dem Jahre 19756 der Fall ist und bei der es sich um eine rein verwaltungsinterne Vorprüfung öffentlicher Projekte handelt. Sie kann sich weitergehend auf eine auch staatsexterne Prüfung beziehen. Vom Prüfungsansatz her kann sie sich auf ein einziges oder mehrere Umweltmedien beschränken oder sich auf einen spezifisch zu beschreibenden Umweltbegriff beziehen7 . Sie könnte letztlich auch als ein Instrument der Gefahrenabwehr oder der Umweltvorsorge verstanden werden. Der Anwendungsbereich kann sich weitläufig beziehen auf Programme, Pläne und Projekte oder detaillierter auf Vorhaben, Anlagen und Stoffe8 • 4 Auf diese sperrige Sprachschöpfung wird in der Stellungnahme des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen zur Umsetzung der EG-UVP, in: DVBI. 1988, 21, 22 hingewiesen. Auch: Bunge in: Storm/Bunge (Hrsg.), HdUVP, 0100 TZ 2; Cupei, UVP, 3 ff; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 24; Püchel, UVP, 8; Schoeneberg, UVP, Rn. 4; Storm in: ~torm!Bunge (Hrsg.), HdUVP, 0505 TZ 2. 5 § 31 UGB-AT nach Kloepfer/Rehbinder!Schmidt-Aßmann/Kunig: Umweltgesetzbuch, 51; dies., DVBI. 1991, 339, 342.

6 Bekanntmachung des Bundesminister des Inneren vom 12.09.1975- U I l - 500 110/9(GMBI. S. 717). Abgedr. bei: Cupei, UVP, 52. Dazu etwa: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. l; Banlsperger, DVBI., 1987, 1, 2; Schoeneberg, UVP, Rn. 10-13. 7 Hieraus erklärt sich auch unter Vernachlässigung des integrativen Ansatzes das Argument, daß eine Umweltverträglichkeitsprüfung deshalb entbehrlich sei, weil sie im bundesdeutschen Rechtssystem bereits enthalten ist: VGH Mannheim, Urt. v. 07.08.1992- 5 S 2378.91 -,NuR 1993, 138 und VGH München, Urt. v. 24.08.1990- 8 A 89.40037 -, NVwZ 1991, 490, 491 für die fernstraßenrechtliche Planfeststellung. Allgemein zu dieser Diskussion: Banlsperger, DVBI. 1987, l, 6. Zum medienübergreifenden Ansatz allg.: Stober, HdBWiVwR, 778-780. Zum Umweltbegriff: Erbguth!Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 16; Summerer, ZAU 1988, 151, 155. 8 Storm in: HdUVP, 0505 TZ 2.1; ders. in: Justiz und Recht Bd. 5, S. 45 f. Der Bund für Natur- und Umweltschutz Deutschland e.V. hat eine Erstreckung der Umweltverträglichkeitsprü-

ll.Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

17

Auch Gesetzentwürfe9 und Investitionsentscheidungen der öffentlichen Hand10 könnten einer Umweltverträglichkeitsprüfwlg unterzogen werden. Ebenso könnten sozio-ökonomische Aspekte einer weit verstandenen Verträglichkeitsprüfwlg unterzogen werden11 . Eine negative Umweltverträglichkeitsprüfwlg könnte sich für den Prüfwlgsgegenstand auswirken als reines Informationsmittel zur Kenntnisnahme, als ein abwägungserheblicher, aber überwindbarer Belang des Zulassungsverfahrens oder als ein absolutes Veto der Vorhabenzulassung. Die Vielzahl denkbarer Umweltverträglichkeitsprüfwlgen bedarf einer normativen Verdichtung. Für die Zukunft läßt sich an eine Erweiterung der konkreten Umweltverträglichkeitsprüfwlg denken12.

II. Das Anforderungsprofil der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten vom 27.06.1985 1. BegritT Nach Art. 3 EG-RL UVP "identifiziert, beschreibt und bewertet [die Umweltverträglichkeitsprüfwlg] in geeigneter Weise nach Maßgabe eines jeden Einzelfalls [ ... ] die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf folgende Faktoren: - Mensch, Fauna und Flora, -Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, fung auf Programme und Entwicklungspläne gefordert, zit. nach: Otto-Zimmermann in: Hübler/ Otto-Zimmermann, UVP, 123 f. 9 IO

Hennecke, UTR 9, 117, 119. Bunge, ZfU 1984, 405, 406.

Erbguth, Grundfragen, 46; ders.!Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 16. In den USA erstreckt sich die Umweltverträglichkeitsprüfung auf die wirtschaftlich-sozialen Auswirkungen einer Maßnahme: Hundertmark, Durchfiihrung der UVP, 35; Schoeneberg, VVP, Rn. 32. II

12 Mittlerweile liegen Richtlinienentwürfe vor, mit denen spezifisch planecisehe Vorentscheidungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden sollen: Entwurf einer "Richtlinie des Rates zum Schutz der natürlichen und naturnahen Lebensräume sowie der wildlebenden Tierund Pflanzenarten" vom 21.09.1988 (ABI. EG Nr. C 247). Dazu: Feldmann, UPR 1991, 127, 132; Hoppe, NVwZ 1990, 816, 817; J. Wagner, Planbezogene UVP, 1990. Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaft für eine "Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei Politiken, Plänen und Programmen" vom 16.08.1990. Dazu: Wagner, DVBI. 1993, 583, 584; Willner, VBIBW 1992, 281, 287. 2 Lande!

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

-die Wechselwirkung zwischen den unter dem ersten und dem zweiten Gedankenstrich genannten Faktoren, - Sachgüter und das kulturelle Erbe." Nach der EG-Richtlinie ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ein rechtlich geordnetes, mehrphasiges Verfahren zur frühzeitigen Ermittlung aller unmittelbaren und mittelbaren Umweltauswirkungen eines Projekts auf bestimmte Umweltfaktoren und ihre Wechselwirkungen zum Zwecke der Entscheidungsvorbereitung13. Ein Kardinalproblem der Umsetzung liegt sicherlich in der Fremdheit der in der EG-RL UVP verwendeten Begriffe für das deutsche Verwaltungsrecht und der damit verbundenen möglichen Rechtsunsicherheit begründet14 . 2. Umsetzung von EG-Richtlinien in innerstaatliches Recht a) Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft

Mit den Gründungsverträgen15 hat die Europäische Gemeinschaft (EG) 16 zahlreiche Möglichkeiten der Einwirkung auf die Mitgliedstaaten begründet. Solche Rechtsakte des sekundären Gemeinschaftsrechts 17 sind Verordnungen und Richtlinien sowie ferner Entscheidungen und Empfehlungen bzw. Stellungnahmen, Art. 189 EWG-Vertrag18 (EWGV). Die Verordnung des EWGV ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat, Art. 189 Abs. 2 EWGV 19 . Dagegen ist die Richtlinie des EWGV für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, hinsichtlich eines zu erwartenden Zieles verbindlich, überläßt je13 Cupei, UVP, 107 f.; Erbguth-Schoeneberg, WiVerw. 1985, 102, 103 f.; Jörissenl Coenen!Franz, Die UVP in den USA, 27; Klößner, Straßenplanung und UVP, 18-21, 27-32; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 11; ders.!Hellrrumn, NJW 1990, 1625, 1625. 14 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs.

11/3919, s. 22. 15 Sowie deren Änderungen und Ergänzungen durch die Einheitliche Europäische Akte (EEA) vom 17.128.02.1986 und durch den Vertrag über die Gründung einer Europäischen Union vom 07.02.1992. 16 Mit lokrafttreten der Maastrichter Verträge ist die "Europäische Gemeinschaft" freilich in die "Europäische Union" umbezeichnet worden. Nach der für die Umweltverträglichkeitsprüfung maßgeblichen Rechtslage wurde indessen die Bezeichnung "Europäische Gemeinschaft" beibehalten. 17

Recht.

Wägenbaur, ZG 1988, 303-318 allgemein zur Umsetzung von EG-Recht in nationales

18 Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25. 3. 1957, BGBI. II, S. 766. Zu den Handlungsformen allg.: Opperrrumn, EuR, § 6 II 2, S. 170-188. 19 Dazu etwa: Beutler!Bieber!Pipkorn!Streil, 183.

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

19

doch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und Mittel, Art. 189 Abs. 3 EWGV20 . Damit erfolgt die Umsetzung von EG-Richtlinien in einem zweistufigen Verfahren, in dem den Mitgliedstaaten nach der grundsätzlichen Regelung durch die Gemeinschaftsorgane nur noch ein Gestaltungsspielraum verbleibt, um ihren nationalrechtlichen Besonderheiten nachkommen zu können21. Dieser Spielraum fmdet indessen seine Grenze in dem durch die Richtlinie verfolgtem Ziel22 . Die Umsetzung muß sich daher nachdrücklich an der Optimierung des Umweltschutzes und dem Bestimmtheitsgebot orientieren. Angesichts des Bestimmtheitsgebots ist eine Berufung auf Übungen und Umstände der innerstaatlichen Rechtsordnung nicht hinreichend23 . Die Unterscheidung von Verordnung und Richtlinie wird zuweilen als rechtstheoretisch angesehen, da sich beide Rechtsakte angenähert hätten24 , bzw. auch die Richtlinie in Einzelfällen unmittelbar anwendbar sei25 . b) Die Regelungskompetenz der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umweltrechts

Für das Gemeinschaftsrecht gilt der Grundsatz der begrenzten Ermächtigung, d.h. jeder Rechtsakt muß auf eine konkrete Vertragsbestimmung gestützt werden können, Art. 189 Abs. 1 EWGV26 • Mit der Einführung der Art. 130 r - 130 t EWGV durch die Einheitliche Europäische Akte (EEA) ist

20 Hierzu: Klößner, Straßenplanung und UVP, 32; Nicolaysen in: Thieme (Hrsg.), Umweltschutz im Recht, 197, 211; Oppermann, EuR, § 6 Rn. 459; Püchel, ZAU 1988, 121, 121; Steinberg/Müller, NuR 1989, 277, 277; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 17. 21 Böttcher, 57; Magiera, Jura 1989, 595, 599; von Mutius, BayVBI. 1988, 641, 648; Oppermann, EuR, § 6 Rn. 465; Pernice, DV 1989, I, 43; Seidel, DVBI. 1989, 441 , 445; Wägenbaur, ZG 1988, 303, 304 f. 22

Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 38; Lenz, DVBI. 1990, 903, 908; Püchel, ZAU

1988, 121, 121.

23 EuGH, Urt. v. 30.05.1991 - Rs. C 59/89 - , NVwZ 1991, 868. Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 17. 24 Dohle, NVwZ 1989, 697, 705; Jankowski in: Rengeling (Hrsg.), Europäisches Umweltrecht und europäische Umweltpolitik, 15, 18 f.; Jarass in: Tettinger (Hrsg.), UVP bei Projekten des Bergbaus, 53; Lenz, DVBI. 1990, 903, 908; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 24 f. Ähnl.: Oppermann, EuR, § 6 Rn. 460.

25 Soweit es um die Fälle der nicht fristgerechten Umsetzung geht: Hartkopf/Bohne, 168. And.: Magiera, Jura 1989, 595, 600 der im Vergleich zur Verordnung eine nur "ähnliche Wirkung" erkennt. Vgl. unt. f). 26 Einf.: Steiger in: Salzwedel (Hrsg.), UmwR, 65, 67 ff. Vertiefend: Streinz in: Heckmann/Meßerschmidt (Hrsg.), 15, 22 f.

20

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

nunmehr der EG eine ausdrückliche Kompetenz auf dem Gebiet des Umweltschutzes entstanden27 . Die EG-RL UVP wurde indessen vor Erlaß der EEA verabschiedet, sodaß sich die Richtlinie nicht hierauf stützen kann28 . Die umweltbezogene Richtlinie gründet sich daher in ihrer Präambel mangels einer ausdrücklichen umweltrechtlichen Zuständigkeit29 kumulativ auf Art. 100 und 235 EWGV3o. Art. 100 Abs. 1 EWGV ermächtigt als Harmonisierungskompetenz zur Angleichung derjenigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirken. Die unmittelbare Auswirkung läßt sich durchaus den weitreichenden, zumal die Unternehmen belastenden und damit potentiell wettbewerbsverzerrenden Regelungen der EG-RL UVP entnehmen31 . Nur ist es fraglich, ob der reaktive, der wirtschaftlichen Vereinheitlichung dienende Art. 100 EWGV eine hinreichende Kompetenzgrundlage für die initiative, dem umweltpolitischen Vorsorgeprinzip verpflichteten EG-RL UVP darstellt32 . Mangels einer tauglichen Kompetenzgrundlage kann subsidiär auf Art. 235 EWGV als Ergänzungskompetenz zurückgegriffen werden, wenn ein Tätigwerden der Gemeinschaft erforderlich erscheint, um im Rahmen des 27 Hierzu: Grabitz/Zucker, NVwZ 1989, 297-303; Lietvnann in: Rengeling (Hrsg.), Europäisches Umweltrecht, 163, 166-179; Nicolaysen in: Thieme (Hrsg.), Umweltschutz im Recht, 197, 205-210; Pernice, DV 1989, 1-54; Ress in: Kimminich/v. Lersner/Storm, HdUR Bd. I, Sp. 447-490, 458 ff.; Scheuing, EuR 1989, 152, 160 ff.; Schoeneberg, UVP, Rn. 19; Sönnichsen, ZfU 1989, 111-125. 28

So: Püchel, UVP, 24. And. Ans. wohl: Bennecke in: UTR 9, 117, 123.

29 Einmal abgesehen von den drei, rechtlich unverbindlichen Aktionsprogrammen der EG,

die der Einführung des Vorsorgeprinzips dienten: ABI. Nr. C 112 vom 20.12.1973, Titel III, Kapitel 1 B 2, S. 9; ABI. Nr. C 139 vom 13.06.1977, Titel IV, Kapitel 1, S. 35-36; ABI. Nr. C 46 vom 17.02.1983, S. 1. Dazu: Cupei, WiVerw 1985, 63, 64 f.; ders., 72 ff. ; Erbguth/Schoeneberg, WiVerw 1985, 102, 103; Kloepfer, UmwR, § 6 Rn. 22-24, 31-35; Scheuing, EuR 1989, 152, 154 f. 30 So: Nicolaysen in: Thieme (Hrsg.), Umweltschutz im Recht, 197, 201-205; Steiger in: Salzwedel (Hrsg.), UmwR, 65, 67. Krit.: Seidel, DVBI. 1989, 441, 445 für Vorrang des Art. 100 EWGV. Umweltschutz war bei den Gründungsverträgen auch noch kein Thema. Vgl.: Glaesner in: Rengeling (Hrsg.), Europäisches Umweltrecht, l , 1; Krämer, ebda., 137, 137-141; Nicolaysen in: Thieme (Hrsg.), Um weltschutz im Recht, 197, 198 f.; Offermann-Clas, ZfU 1983, 47, 48; Schoeneberg, UVP, Rn. 17 Fn. 30; Sönnichsen, ZfU 1989, 111, 114. Daher die seinerzeitigen Regelungsvorschlägen de lege ferenda auf dem Gebiet des Umweltschutzes. Vgl.: Grabitz/Sasse, 77 ff.; Zuleeg in: Dokumentation zur 10. wissenschaft1ichen Fachtagung der Gesellschaft für Umweltrecht, 121, 123 ff. 31 Scheuing, EuR 1989, 152, 154 f. ; Schroer, 19-21; Steiger in: Salzwedel (Hrsg.), UmwR, 65, 70. And. Ans.: Böttcher, 59 f .; Grabitz/Sasse, 93. Fraglich für die anlagenbezogenen Vorschriften: Scheuing, EuR 1989, 152, 156. 32 Steiger in: Salzwedel (Hrsg.), UmwR, 65, 71.

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

21

Gemeinsamen Marktes eines ihrer Ziele zu verwirklichen33 . Nur mit Schwierigkeiten läßt sich allerdings das Ziel des Umweltschutzes der Präambel und Art. 2 EWGV entnehmen34. Diese Zweifel über die Zuständigkeit der EG zur Regelung der Umweltverträglichkeitsprüfung haben dazu geführt, daß die Kompetenz entweder ausschließlich Art. 100 oder 235 EWGV entnommen wird35 . Eine solche Sicht hätte zur mißliebigen Konsequenz, daß bei der Umsetzung der Richtlinie das Übergewicht entweder auf der Rechtsvereinheitlichung oder aber auf der ökologischen Fortentwicklung liegt; das eine hätte den Mangel des unzureichenden Umweltschutzes gegen sich, das andere ginge zu Lasten des einheitlichen europäischen Marktes. Daher wird ganz überwiegend die Regelungskompetenz zur Umweltverträglichkeitsprüfung beiden Artikeln kumulativ entnommen36. Diese Sicht wird seit jeher vom Europäischen Gerichtshof gestützt37. Sie wird ferner mit der konsensualen Duldung durch die Mitgliedstaaten begründet38 , was sich nicht zuletzt im Vollzug von über 160 Rechtsakten der EG auf dem Gebiet des Umweltschutzes niederschlägt39 . Aber auch bei der parallelen Heranziehung beider Kompetenzgrundlagen bleibt es dabei, daß der Umsetzungsschwerpunkt einmal in der ökologischen Fortentwicklung gesehen wird40 , das andere Mal aber dasselbe Ziel als reiner Begleitzweck der Umsetzung verstanden wird41 . Nun könnte auch bei dieser abgeschwächten

33 Banlsperger in: Veröffentlichungen der Akademie für Raumforschung und Landesplanung Bd. 166, Umweltverträglichkeitsprüfung im Raumordnungsverfahren nach Europäischem Gemeinschaftsrecht, 87, 92 f.; ders., DVBI. 1987, 1, 2 f.; Beyerlin, UPR 1989, 361, 362; Bleckmann, WiVerw 1985, 86, 87, 100; Bö"cher, 60-63; Cupei, DVBI. 1985, 813, 815; Magiera, Jura 1989, 595, 597; Püchel, 24 f.; Scheuing, EuR 1989, 152, 154 unter Verweis auf Art. 2 EWGV Krit.: Grabitz!Sasse, 96 f.; Kloepjer, UmwR, § 6 Rn. 7; ders., UPR 1986, 321 , 325. 34 So aber: EuGH, Urt. v. 7. 2. 1985 - Rs. 240/83 -, Slg. (1985) 531, 549. Pernice, DV 1989, 1, 2 m.w.N. zur Rspr. des EuGH. 35 Für Art. 100 EWGV: Schroer, 18-23, 23. Für Art. 235 EWGV: Bö"cher, 56-63, 63.

36 Zur doppelten Zielsetzung der EG-RL UVP: Bleckmann, WiVerw 1985, 86, 100; Bunge, 13; ders. in: Kimminich/v. Lersner/Storm, HdUR Bd. II Sp. 892, 892; Cupei, DVBI. 1985, 813, 815; ders., NuR 1985, 297, 298; Hankopf/Bohne, 165-169; Hennecke in: UTR 9, 117, 123; Hundenmark, 66; Pernice, DV 1989, I, 17 f. , 21; Püchel, 25; Riegel, NuR 1981, 90, 92; Scheuing, EuR 1989, 152, 156; Schroer, 18-23, 23; Storm in: Storm/Bunge, HdUVP, 0505 TZ 4; krit.: Offermann!Cias, ZfU 1983, 47, 62, 64. 37 EuGH, Urt. v. 12.07.1973- Rs. 8173- Slg. 1973, 897, 907 f. und Urt. v. 07.02.1985Rs. 240/83 -, Slg. 1985, 531, 548 f. 38

Kloepjer, UmwR, § 6 Rn. 7; Offermann-Cias, ZfU 1983, 47, 55.

Beyerlin, UPR 1989, 361, 361; Lietzmann in: Rengeling (Hrsg.), Europäisches Umweltrecht und europäische Umweltpolitik, 163, 164. 40 Weber, UPR 1988, 206, 207. 39

22

B. Die Umweltverträglichkeitspliifung

Betrachtungsweise leicht eines der beiden Umsetzungsziele ins Hintertreffen geraten. Eine gleichmäßige Umsetzung läßt sich aber dadurch gewährleisten, daß die Harmonisierungsfunktion im formalen, die Vorsorgefunktion im materiellem Bereich vollzogen wird42. c) Ziel der Rechtsharmonisierung

Die Umsetzung von EG-Richtlinien dient dem Ziel der Rechtsharmonisierung im allgemeinen, um solcherart Wettbewerbsverzerrungen unter den Mitgliedstaaten entgegenwirken zu können43 . Der Begriff der Rechtsharmonisierung kann zweifach44 verstanden werden: er kann sich sowohl auf die Harmonisierung eines gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgebiets beziehen, als auch der Systematisierung eines nationalen Rechtsgebiets dienen. Während die Chancen einer Harmonisierung im Bereich des Umweltrechts auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene eher zurückhaltend betrachtet werden45 , erhofft man sich doch von der EG-RL UVP gewisse Impulse für eine fortschreitende Systematisierung des deutschen Umweltrechts46 • Dabei hat sich bei bereits erfolgten Umsetzungen die Erfahrung angedeutet, daß diese dann Schwierigkeiten bereitet, wenn die europäischen Rechtsakte auf bereits entwickelte und gefestigte Rechtsgebiete stoßen47 . Hingegen lassen sich Richtlinien problemlos und vollständig umsetzen, wenn sie auf ein neues Rechtsgebiet, wie etwa das

41 Zum Begleitzweck: Bartlsperger in: Veröffentlichungen der Akademie für Raumforschung und Landesplanung Bd. 166, Umweltverträglichkeitspliifung im Raumordnungsverfahren nach Europäischem Gemeinschaftsrecht, 87, 93; ders., DVBI. 1987, 1, 2. Umweltschutz als .zweites Ziel": Bleckmann, WiVerw 1985, 86, 87, and. S. 100. 42

43

Storm in: Storm/Bunge, HdUVP, 0505 TZ 2.2.3- 2.2.4. Hundertmark, 66; Kloepfer, UPR 1986, 321 , 324; Püchel, 25 f.; Schroer, 20; Storm in:

Storm/Bunge, HdUVP, 0505 TZ 2.2.3 .

Etwa Banis, NuR 1989, 365, 365. Banis, NuR 1989, 365, 367; Cupei in: Rengeling (Hrsg.), Europäisches Umweltrecht und europäische UmweltpOiitik, 27, 38-41 ; Schmidl-Aßmann in: FS Doehring, 889, 891. 46 BT-Drs. 10/2134, S. 2. Banis, NuR 1989, 365, 368; Bleckmann, WiVerw 1985, 86, 86; Erbguth, DÖV 1988, 481-488; ders.!Schoeneberg, WiVerw 1985, 102, 103; Stellungnahme des Rates von Sachverständigenjiir Umweltfragen zur Umsetzung der EG-RL UVP in: DVBI. 1988, 44 45

21 , 22. Für einen Impuls spricht auch nicht zuletzt der Re-Import der UVP über das EG-Recht, nachdem der Entwurf eines UVPG 1974 in der Bundesrepublik Deutschland gescheitert war. Vgl. Cupei, 72 ff., 81 f., 298; ders., WiVerw 1985, 63 ff.; Kloepfer/Meßerschmidl, 2-5; Nicolaysen in: Thieme (Hrsg.), Umweltschutz im Recht, 197, 209 f.; Scheuing, EuR 1989, !52, 166. Einschr. zum umgehenden Harmonisierungseffekt: Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 357 f .; ders., NuR 1988, 206, 215. 47 Schmidl-Aßmann in: FS Doehring, 889, 891; Schoeneberg, UVP, Rn. 8; Wahl, DVBI. 1988, 86.

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

23

stoffrechtlich geprägte Chemikalienrecht treffen48 • Daher lassen sich bereits aus europarechtlicher Sicht Schwierigkeiten für die Umsetzung der EG-RL UVP konstatieren, da diese verschiedene, allesamt bereits ausgeprägte Rechtsgebiete betrifft49 • Darüber hinaus ist mit der EG-RL UVP der Mindesteahmen umschrieben, der bei der Umsetzung zu beachten ist. So bewegt sich das Umsetzungsgesetz bereits aus europarechtlichem Blickwinkel zwischen den beiden Polen, was nationalrechtlich umzusetzen erforderlich und was gemeinschaftsrechtlich geboten ist. Dabei ist vor einer Minimalumsetzung zu warnen50, die indes vom Deutschen Bundestag bereits in einer frühen Entschließung zur "optimalen Umsetzung" 51 ausgeschlossen wurde. d) Kontrollkompetenzen der Europäischen Gemeinschaft

Die Umsetzung wird von der Kommission kontrolliert, Art. 155 Unterabs. 1 EWGV. Diese kann Klage vor dem Europäischen Gerichtshof erheben, Art. 169 Abs. 2 EWGV, dessen Entscheidung aber keine Sanktionsmöglichkeit zukommt52 . Die Bundesregierung ist mittlerweile einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Verletzung des Gemeinschaftsrechts hinsichtlich der Umsetzung der EG-RL UVP unterzogen worden53 . Die letztinstanzliehe Entscheidung der nationalen Gerichtsbarkeit ist gemäß Art. 177 Abs. 3 EWGV der Vorlageverpflichtung beim Europäischen Gerichtshof unterworfen54 . Voraussetzung einer Vorlage an den Europäischen 48 Banis, NuR 1989, 365, 368; Kloepfer, ChemG, 50; ders. , UPR 1986, 321, 322 zur Gesetzespräjudizierung durch Rechtsakte der EG. 49 Allein 16 Bundesgesetze, vgl. Ausschußfür Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit in: BT-Drs. 11/5532, S. 29; Bennecke in: UTR 9, 117, 126 ff.; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 29-62. Ands. besteht angesichts der Umsetzung auch nur eine Erfüllung der europarechtlichen Vorgaben, nicht zugleich ein nationales Rechtsvereinheitlichungsgebot: Püchel, UVP, 2, 69 Fn. 98, 182. And. Ans.: Erbguth, DÖV 1988, 481, 481. 50 Püchel, 22; Stellungnahme des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen zur Umsetzung der EG-RL UVP in: DVBI. 1988, 21, 22; Schmidt-Aßmann in: FS Doehring, 889, 891; Wahl, DVBI. 1988, 86. 51 Beschluß vom 25.11.1983 in: BT-Drs. 10/38, S. 2656 f., 2663 i.V.m. Ziff. 10 der Beschlußempfehlung in: BT-Drs. 10/613 vom 09.11.1983. Im Wortlaut bei: Cupei, UVP, 324 und bei Schoeneberg, UVP, Rn. 15. 52 Breuer, Verwaltungsrechtl. Prinzipien, 23; Krämer, WiVerw 1990, 138, 159; Magiera, Jura 1989, 595, 605 f.; Pernice, DV 1989, 1, 38-42; Scheuing, EuR 1989, 152, 190-192; Sönnichsen, ZfV 1989, 111, 116 ff.; Steinberg/Müller, NuR 1989, 277, 278 f. 53 Erbguth/Schink. Komm. UVPG, Ein!. Rn. 23 und Hübler!Zimmermann, UVP am Wendepunkt, S. IX jeweils ohne Quellenangabe. 54 Dazu: Beckmann, DVBI. 1991, 358, 363 f.; Everling, DVBI. 1985, 1201, 1204 f.; Lenz, DVBI. 1990, 903, 908 f .; Seidel, DVBI. 1989, 441, 445; Sönnichsen, ZfU 1989, 111, 122; Steinberg/Müller, NuR 1989, 277, 278. Allg. zum Art. 177 EWGV: Oppermann, EuR, § 8 Rn.

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

Gerichtshof ist, daß ein vorlageberechtigtes Gericht in einer entscheidungserheblichen Frage eine anzuwendende Bestimmung des Gemeinschaftsrechts für auslegungsbedürftig hält oder berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Bestimmung hat55 . Das Bundesverwaltungsgericht hat bislang diese Vorlagevoraussetzungen bei der EG-RL UVP verworfen56. Diverse Zweifel an der gemeinschaftsrechtlich zulässigen Übergangsregelung des § 22 UVPG haben den VGH München hingegen zu einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 177 Abs. 2 EWGV veranlaßt57 . Der Europäische Gerichtshof hat aus Art. 177 EWGV zudem abgeleitet, daß im nationalen Recht auch ein Verfahren auf einstweilige Verfügung eröffnet sein muß, um die Anwendung eines rechtswidrigen Gemeinschaftsakts im Eilverfahren zu verhindem58. e) Konflikt zwischen dem Gemeinschaftsrecht und dem Recht der Mitgliedstaaten

Bei der Umsetzung und Anwendung von Richtlinien kann sich ein Konflikt zwischen Richtlinien und nationalen Rechtsvorschriften herausstellen. In diesem Fall ist das mitgliedstaatliche Recht, soweit es hierfür durch eine offene Formulierung Anwendungsspielräume beläßt, anband des Gemeinschaftsrechts richtlinienkonform anzuwenden59 . Diese Verpflichtung der nationalen Gerichte zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung wird der in Art. 5 EWGV verlangten Loyalitätspflicht zwischen den Mitgliedstaaten und 650-664. Das VG München zitiert in seinem Beschluß vom 21.02.1989- Nr. M 16 S 88.5501 -, NVwZ 1990, 287, 289 falschlieherweise Art. 177 Abs. 3 EWGV, obgleich ein Instanzgericht ermessenshalber vorlageberechtigt ist, Art. 177 Abs. 2 EWGV. Dazu: BVerwG, Beschl. v. 14.12.1992- 5 B 72.92 -, EuZW 1993, 263. Allgemein zur Vorlagepflicht nach Art. 177 Abs. 3 EWGV: EuGH, Urt. v. 27.06.1991- Rs. C 348/91 -, NVwZ 1993, 461. Das Bundesverfassungsgericht ist seit dem Beschluß vom 08.04.1987 - 2 BvR 687/85 -, E 75, 223, 245 überaus restriktiv in der Bejahung der Vorlagevoraussetzungen: BVerfG, Beschl. v. 27.08.1991 - 2 BvR 276/90 -, NJW 1992, 678 und Beschl. v. 20.08.1993 - 2 BvR 1610/91 -, NJW 1993, 2600. Daher krit.: König, NJW 1993, 3120, 3121. 55 Oppermann, EuR, § 8 Rn. 657. 56 BVerwG, Beschl. v. 05.06.1992 - 4 NB 21.92 -, NVwZ 1992, 1093 und Beschl. v. 23.02.1994- 4 B 135.94 -, NVwZ 1994, 688, 690. 57

VGH München, Beschl. v. 05.11.1992- 8 A 92.40017 -, UPR 1993, 76, 77.

58

EuGH, Urt. v. 19.11.1991- Rs. C 213/89-, NJW 1992, 165, 166. Ress, JuS 1992,985,

986.

59 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 44; Everling in: FS Carstens, 95, 107; Jarass in: Tettinger (Hrsg.), Umweltverträglichkeitsprüfung bei Projekten des Bergbaus, 53, 55 f.; Lenz, DVBI. 1990, 903, 908; Schoeneberg, UVP, Rn. 20.

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

25

der Gemeinschaft entnommen60 . Der Europäische Gerichtshof nimmt darüber hinaus an, daß sämtliche Träger öffentlicher Gewalt verpflichtet sind, nicht umgesetzte oder nicht gemeinschaftsrechtskonform umgesetzte Richtlinien anzuwenden61 • Im übrigen ist bei einer Kollision festzustellen, welche der miteinander unvereinbaren Rechtsvorschriften zurücktritt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kommt dem Gemeinschaftsrecht ein absoluter Vorrang zu. Dem hat sich das Bundesverfassungsgericht jedenfalls grundsätzlich angeschlossen: solange der Grundrechtsschutz durch die gemeinschaftsrechtliche Rechtsprechung dem Grundrechtsstandard des Grundgesetzes gleichzuachten sei62 , werde das Bundesverfassungsgericht seine Gerichtsbarkeit hinsiehtlieh einer Überprüfung des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes nicht mehr ausüben (relativer Vorrang des Gemeinschaftsrechts)63 . Dieser Vorranggrundsatz greift nachhaltig bei unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht ein, bei dem wiederum die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung in den Hintergrund tritt64 , aber gleichwohl von Bedeutung bleibt65. Ein Konflikt dürfte sich am ehesten ergeben aus solchen in der Bundesrepublik Deutschland besonders ausgeprägten Strukturprinzipien wie etwa das Bundesstaatsprinzip. Schwierigkeiten könnten auftreten bei der Verteilung der Gesetzgebungskompetenz zwischen Bund und Ländern oder allgemeiner bei

60

271.

BVerfG, Urt. v. 08.04.1987 - 2 BvR 687/85 - , E 75, 223, 237; Veelken, JuS 1993, 265,

6 1 EuGH, Urt. v. 22.06.1989- Rs. C 103/88 -, DVBI. 1990, 689 mit- angesichts fehlender demokratischer Legitimation des Rates - krit. Anm. v. Pieper, DVBI. 1990, 684, 687. Zudem: Erbguth/Schink, EuZW 1990, 531, 532; Krämer, WiVerw 1990, 138, 151 ; Lenz, DVBI. 1990, 903, 909; Winter, DVBI. 1991, 657, 666. 62 BVerfG, Beschl. v. 22.10.1986 - 2 BvR 197/83 - , E 73, 339, 387 und Urt. v. 08.04.1987- 2 BvR 687/85 -, E 75, 223, 241.

63 Everling, DVBI. 1985, 1201, 1201 f.; Magiera, Jura 1989, 595, 597; von Mutius, BayVBI. 1988, 641, 647; Püchel, 23 m.w.N. in Fn. 55; Sönnichsen, ZfV 1989, 111, 119-121; Steiger in: Salzwedel (Hrsg.), UmwR, 75; Wägenbaur, ZG 1988, 303, 314; Zuleeg in: Dokumentation zur 9. wissenschaftlichen Fachtagung der Gesellschaft für Umwe1trecht, 121, 125 f. 64 Veelken, JuS 1993, 265, 271. 65 Erbguth, VerwArch. 1990, 327, 332; ders./Schink, Komm. UVPG, Ein!. Rn. 105-107; Everling in: FS Carstens, 95, 101, 107; Jarass in: Tettinger (Hrsg.), UVP bei Projekten des Bergbaus, 53, 55 f.; Lenz, DVBI. 1990, 903, 908 f.; Schink, NVwZ 1991, 935, 944; Winter, NuR 1989, 197, 204.

26

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

einer weiteren Konzentration von Befugnissen bei der Gemeinschaft zu Lasten der Länder66 •

0 Direktwirkung67 von EG-Richtlinien Zu einem Konflikt zwischen Gemeinschaftsrecht und innerstaatlichem Recht kommt es insbesondere dann, wenn die Richtlinie nicht, nicht rechtzeitig oder unzureichend umgesetzt wurde68 . Die Umsetzungsfrist ist seit dem 03.07.1988 ausgelaufen (Art. 12 Abs. 1 EG-RL UVP)69 . Aber auch mit der Verkündung des UVPG am 12.02.199070 bleibt zu fragen, welche Wirkungen die EG-RL UVP entfaltet, wenn und soweit das Umsetzungsgesetz nicht hinreichend sein sollte. Speziell ist zu untersuchen, ob die EG-RL UVP direkt auf solche Zulassungsverfahren anwendbar ist, die zwischen Ablauf der Umsetzungsfrist vom 03.07.1988 und lokrafttreten des UVPG am 01.08.199071 beantragt worden sind. Diesen Zeitraum regelt § 22 Abs. 1 Satz 1 UVPG, wonach bereits begonnene Vorhaben nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu Ende zu 66 Beyerlin, UPR 1989, 361, 364; Böttcher, 58; Erbguth, DV 1991, 283; Grabitz, AöR 1986, 1 ff.; Bennecke in: UfR 9, 117, 124 f.; Magiera, Jura 1989, 595, 597; Ress, JuS 1992, 985, 990; Steinberg!Müller, NuR 1989, 277, 279-281; Stewing, et 1986, 648, 654. 67 Von .direkter Wirkung" sprechen etwa Bach, JZ 1990, 1108; Papier, DVBI. 1993, 809; Pieper, DVBI. 1990, 684; Schoeneberg, UVP, Rn. 20. Der Europäische Gerichtshof vermeidet diesen Begriff, vgl. Beutler!Bieber!Pipkom!Streil, 230; Everling in: FS Carstens, 95, 108 Fn. 67 Der Gerichtshof zieht den Begriff .unmittelbare Wirkung" vor, vgl.: Jarass, NJW 1990, 2420, 2420 Fn. 9-13. Genauso bei Erbguth, DV 1991, 283, 322; ders.!Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 104; Jarass in: Tettinger (Hrsg.), Umweltverträglichkeitsprüfung bei Projekten des Bergbaus, 53. Von .innerstaatlicher Wirkung" geht Krämer, WiVerw 1990, 138, 140 aus . • Unmittelbare Anwendbarkeit" bei Ress in: Kimminichlv. Lersner/Storm, HdUR Bd. I, 447, 487-489 . • Unmittelbare Anwendung" beim VGH München, Beschl. v. 24.08.1990 - 8 A 89.40037 -, NVwZ 1991, 490. • Unmittelbare Geltung" beim VGH Mannheim, Urt. v. 07.08.1992- 5 S 2378.91 -, NuR 1993, 138 .• Selbstvollzug" der Richtlinie beim VG München, Beschl. v. 21. 02. 1989- Nr. M 16 S 88.5501-, NuR 1989, 320 und bei Becker, BayVBl. 1990, 353, 353 Fn. 6. 68 Everling in: FS Carstens, 95, 101; Wägenbaur, ZG 1988, 303, 306. 69 Vor Ablauf der Umsetzungsfrist kommt eine unmittelbare Anwendbarkeit der EG-RL UVP sicher nicht in Betracht: BVerwG, Beschl. v. 05.06.1992 - 4 NB 21.92 -, NVwZ 1992, 1093. OVG Münster, Urt. v. 18.12. 1991- 7a NE 77.90 - , NuR 1992, 390. Steinberg!Müller, NuR 1989, 277, 277 f. zur Bedeutung der Fristsetzung bei EG-Richtlinien. 70 Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 UVPUmsG trat das UVPG zudem erst ein halbes Jahr später am 01.08.1990 in Kraft. 71 Indessen ist das UVPG auf Vorhaben nach Nm. 1 und 2 der An!. zu § 3 UVPG nach Art. 14 Abs. 2 und 3 UVPUmsG erstmalig anwendbar, wenn die entsprechenden Verordnungen nach dem Atomgesetz und dem Bundes-Immissionsschutzgesetz erlassen sind. Krit. zu dieser Regelung: Erbguth, NVwZ 1988, 769, 776.

II. Das Anforderungsproftl der EG-RL UVP

27

führen sind, wenn sie bereits öffentlich bekanntgemacht worden sind72 • Eine Vielzahl von Projekten ist mit dieser gesetzlichen Regelung aus der gemeinschaftsrechtlich erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung herausgenommen worden. Hingegen verpflichtet Art. 2 Abs. 1 EG-RL UVP die Mitgliedstaaten, erforderliche Maßnahmen zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung zu treffen .. Diese Pflicht wird mit Ablauf der Umsetzungsfrist wirksam. Hiernach waren ab dem 03.07.1988 sämtliche UVP-pflichtigen Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Folglich verstößt § 22 UVPG gegen den materiellen Gehalt des Art. 2 Abs. 1 EG-RL UVP, wenn und soweit das mitgliedstaatliche Recht den Voraussetzungen der EG-RL UVP nicht genügt13. Abgesehen von dieser punktuellen Regelung ergeben sich weitere Zweifel an der Vereinbarkeil des UVPG mit der EG-RL UVP, sodaß die Frage nach der unmittelbaren Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts, das den Vorrang gegenüber der mitgliedstaatliehen Regelung genießt14 , aufzuwerfen ist. Die Vorrangregel zu Gunsten des Gemeinschaftsrechts kann widersprechendes nationales Recht nur verdrängen, wenn das Gemeinschaftsrecht unmittelbar nicht nur für die Mitgliedstaaten, sondern auch für deren Bürger gilt75 • Nun ist die EG-Richtlinie in Abgrenzung zu Art. 189 Abs. 2 EWGV nicht ohne weiteres verbindlich76, woraus indes nicht zu schließen ist, daß andere Rechtsakte als die Verordnungen keine unmittelbare Wirkung entfalteten. Denn auf diese Weise könnten sich die Mitgliedstaaten der Verpflichtung zu richtlinienkonformer und fristgerechter Umsetzung entziehen, was dem Grundsatz der praktischen Wirksamkeit17 des Gemeinschaftsrechts widersprä72 Entgegen dem in § 96 Abs. 1 VwVfG zum Ausdruck kommenden Grundsatz, daß bereits begonnene Verfahren nach den Vorschriften des einschlägigen Gesetzes zu Ende zu führen sind, dazu Kopp, Komm. VwVfG, § 96 Anm. 2 und zu § 22 UVPG: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, §§ 21, 22 Anm. 1. 73 Diese Zweifel an der gemeinschaftsrechtlich zulässigen Übergangsregelung des § 22 UVPG haben den VGH München zu einer Vorlage an den EuGH gemäß An. 177 Abs. 2 EWGV veranlaßt: Beschl. v. 05.11.1992- 8 A 92.40017 -, UPR 1993, 76, 77. Das BVerwG hat dieselbe Frage mangels Entscheidungserheblichkeit in seinem Beschl. v. 23.02.1994 (- 4 B 35.94 -, NVwZ 1994, 688, 689) offengelassen. Hingegen hält der VGH Mannheim im Un. v. 03.09. 1993 (- 5 S 874.92 -, NVwZ-RR 1994, 373, 375) die Zulassungsbehörde für die Durchführung der UVP verpflichtet. Ginzky!Viebrock, UPR 1991, 428, 429. 74 Der VGH Mannheim hat im Urteil vom 07.08.1992 (- 5 S 2378.91 -,NuR 1993, 138) sowie im Urteil vom 03.09.1993 (- 5 S 874.92 -, NVwZ-RR 1994, 373, 376) erkannt, daß das Straßenfachplanungsrecht den Anforderungen der EG-RL UVP genügt. Zum Vorrang allgemein: Veelken, JuS 1993, 265, 266 f. 15 Everling, DVBI. 1985, 1201, 1203; Pieper, DVBI. 1990, 684, 686.

Dazu auch: Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil, 230; Everling in: FS Carstens, 95, 107. utile" . Vgl.: Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil, 230; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Ein!. Rn. 40, 108; Oppermann, EuR, § 6 Rn. 441 f.; Weber, NuR 1989, 197, 197 f. 76

77 ~Effet

28

B. Die Umweltverträglichkeitspriifung

ehe. Vielmehr wird dem einzelnen in diesem Fall der nicht hinreichenden Umsetzung das Recht in einer spezifischen Ausprägung des Treu- und Glaubensgrundsatzes78 zuerkannt, sich vor den nationalen Gerichten gegenüber dem entgegenstehenden nationalen Recht auf Bestimmungen der Richtlinie zu berufen, wenn diese hinreichend bestimmt und unbedingt, mithin rechtlich "perfekt" ist. Die Richtlinie müßte ohne weitere Ausführungsakte des nationalen Gesetzgebers anwendbar sein können79. Die EG-RL UVP ist offen formuliertso, sie überläßt den Mitgliedstaaten viele Spielräume81 und enthält nicht zuletzt auch die Ergänzungsfunktion des Art. 13 EG-RL UVP. Nach VG München sprechen "verschiedenste Varianten und im Schrifttum mannigfaltige Meinungen" dafür, daß eine "inhaltliche Bestimmtheit" nicht gegeben sei82 . Andererseits sind die Voraussetzungen der Direktwirkung an jeder Einzelbestimmung, an jedem Absatz oder Satz gesondert zu prüfen83. Der VGH München gelangte daher zu dem Ergebnis, daß einzelne, durchaus zentrale Bestimmungen der EG-RL UVP hinreichend bestimmt seien84 • Zu diesen zählt die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Art. 2 Abs. 1 EG-RL UVP i.V.m. Art. 3 EG-RL UVP, die Aufzählung der pflichtigen Projekte gemäß Art. 4 Abs. 1 EG-RL UVP i.V.m. dem Anh. I und die Mindestangaben nach Art. 5 78

Beutler!Bieber!Pipkorn!Streil, 230.

EuGH, Urt. v. 06.10.1970- Rs. 9/70-, Slg. 1970, 825, 831, Urt. v. 05.04.1979- Rs. 148/78 -, Slg. 1979, 1629, Urt. v. 19.01.1982 - Rs. 8/81 -, Slg. 1982, 53, 70 und Urt. v. 10.06.1982- Rs. 155/81 -, Slg. 1982, 2301. BVerfG, v. 08.04.1987- 2 BvR 687/85 -, E 75, 223, 239 f. BVerwG, Urt. v. 05.06.1986- 3 C 12.82 -, E 74, 241, 247. Aus der Lit.: BeckTTUJIIII, DVBI. 1991, 358, 363; Erbguth , NVwZ 1988, 969, 976; Dohle, NVwZ 1989, 697, 705; Everling, DVBI. 1985, 1201, 1204; ders. in: FS Carstens, 95, 99, 108; Jarass in: Teninger (Hrsg.), Umweltverträglichkeitspriifung bei Projekten des Bergbaus, 53, 53-56; Krämer, WiVerw 1990, 138, 156; von Mutius, BayVBI. 1988, 641, 648; OpperTTUJIIII, EuR, § 6 Rn. 466, 536; Pernice, NVwZ 1990, 201 , 202; Steinberg/Müller, NuR 1989, 277, 278; Wägenbaur, ZG 1988, 303, 306; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 17, 24 f.; Winter, NuR 1989, 197, 203-205. 80 Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 15; Püchel, 31; Steinberg!Müller, NuR 1989, 277, 278. And. Ans.: Erbguth, DV 1991 , 283, 323; Ginl}ry!Viebrock, UPR Hl91, 428; Jarass in: Teninger (Hrsg.), Umweltverträglichkeitspriifung bei Projekten des Bergbaus, 53, 54; Weber, Umwe1tverträglichkeitsrichtlinie, 25; Winter, NuR 1989, 197, 204. 81 BleckTTUJIIII, WiVerw 1985, 86, 94; Ress in: Kimminich!v. Lersner/Storm, HdUR Bd. I, 447,488. 82 VG München, Beschl. v. 21.02.1989 - 16 S 88.5501 -, NVwZ 1990,287, 289. 79

83 BVerfG, Urt. v. 08.04.1987 - 2 BvR 687/85 -, E 75, 223, 245; Jarass in: Teninger (Hrsg.), UVP bei Projekten des Bergbaus, 53, 54; BeckTTUJIIII, DVBI. 1991, 358, 364; Krämer, WiVerw 1990, 138, 159; Winter, NuR 1989, 197, 204. OpperTTUJIIII, EuR, § 6 Rn. 467 verlangt hingegen eine strikte Begrenzung der Direktwirkung auf solche Ausnahmefälle, in denen sich die Umsetzung in einem "Abschreiben" des Richtlinieninhalts erschöpfen würde. 84 VGH München, Beschl. v. 24.08.1990- 8 A 89.40037 -, NVwZ 1991, 490, 491.

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

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Abs. 2 EG-RL UVP85 • Hierzu zählen indes nicht die Vorlagepflichten nach Art. 5 Abs. 1 EG-RL UVP, da die Mitgliedstaaten die "erforderlichen Maßnahmen" erst noch festzulegen haben86. Die Direktwirkung führt indessen nicht zu einer generellen Unanwendbarkeit des nationalen Rechts. Vielmehr kann sich der richtlinienbetroffene Bürger auf eine gemeinschaftsrechtskonforme Anwendung berufen. Nur in diesem Fall ergibt sich bereits aus der EG-Richtlinie eine Rechtsbeziehung zwischen Mitgliedstaat und dem sich auf die Richtlinie berufenden Bürger87 , die allein es gestattet, daß sich der Umsetzungsvorbehalt zu Gunsten der Mitgliedstaaten nicht durchsetzt, sondern vielmehr der direkten Anrufbarkeil (invocabilite) der Richtlinie weichen muß88 . Einzelne können sich auf Bestimmungen der Richtlinie berufen, soweit diese Rechte festlegt, die auch gegenüber dem Mitgliedstaat gelten89 . Der richtlinienbetroffene Bürger ist der Adressat der jeweiligen staatlichen Maßnahme. Im Fall der EG-RL UVP ist dies zunächst der Projektträger. Für den Projektträger wäre eine Berufung auf die Richtlinie nur dann vorteilhaft, wenn das mitgliedstaatliche Recht strengere Anforderungen stellen würde. Die EG-RL UVP läßt in Art. 13 EG-RL UVP aber gerade schärfere Anforderungen zu90 • Eher schon würden sich Drittbetroffene auf solche Regelungen berufen91 • Dann müßten der Verpflichtung des Projektträgers subjektive Rechte Dritter gegenüberstehen92 • Für die Bürger hält die EG-RL UVP wohl keine drittschützende Normen nach Maßgabe der bundesdeutschen Schutznormlehre bereit93 • Vielmehr dient sie dem generellen Schutz der Umweltinteressen94 , insbesondere der Durchsetzung des

85 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 42; dies., DVBI. 1991, 413, 416; GinzkyNiebrock, UPR 1991, 428, 430; Jarass in: Teltinger (Hrsg.), UVP bei Projekten des Bergbaus, 53, 54; ders., NJW 1991, 2665, 2667; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 25. 86 Bach, JZ 1990, 1108, 1116. 88

Erbguth, DV 1991, 283, 323; Wägenbaur, ZG 1988, 303, 306. Everling in: FS Carstens, 95, 108.

89

EuGH, Urt. v. 19.01.1982 - Rs. 8/81 -, Slg. 1982, 53. Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil,

87

227. 90

91 92

Jarass in: Teltinger (Hrsg.), UVP bei Projekten des Bergbaus, 53, 55. Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 134. BVerfG, v. 08.04.1987-2 BvR 687/85 -, E 75, 223,244. Winter, NuR 1989, 197,204.

93 Jarass, Auslegung der EG-Richtlinie, 80-82; ders.: Umweltverträglichkeitsprüfung bei lndustrievorhaben, 100; Steinberg, UPR 1984, 351, 355 f.; ders./Mü/ler, NuR 1989, 277, 278. And. Ans.: Beckrrumn, DVBI. 1991, 358, 364; Erbguth, DV 1991, 283, 323; Pernice, NVwZ 1990, 414, 425; Krämer WiVerw 1990, 138, 157; Winter, NuR 1989, 197, 204 f. bezügl. Art. 3, 5 EG-RL UVP. 94 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 8, 15, 20 ff., 109.

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

- Drittschutz nicht vermittelnden - Vorsorgeprinzips95 • Darüber hinaus enthält die EG-RL UVP überwiegend Verfahrensvorschriften, deren Verletzung von Dritten kaum eingeklagt werden kann96 • Auf der anderen Seite kommt es auf die Frage der Drittwirkung der EGRL UVP deshalb nicht vorrangig an, weil das Institut der Direktwirkung die mangelnde Außenwirkung auf die EG-Bürger in den Fällen unterläuft, in denen die Richtlinie eine Verbesserung der Rechtsposition des einzelnen zum Ziel hat. Im Gemeinschaftsrecht sind die Anforderungen an subjektive Rechte großzügiger als nach dem bundesdeutschen Recht97 • Der einzelne kann sich daher auf die EG-RL UVP insoweit berufen, als es sich um die vom Projektträger vorzulegenden Angaben, Art. 5 Abs. 2 EG-RL UVP i.V.m. Art. 3 EG-RL UVP und um die Öffentlichkeitsbeteiligung nach Art. 6 Abs. 2 EGRL UVP handelt98 . Entsprechende Verfahrensmängel kann der Bürger wegen § 44 a VwGO in aller Regel erst im Rahmen der Anfechtung der positiven Zulassungsentscheidung geltend machen. Hingegen kann er sich nicht auf die nach Art. 8 EG-RL UVP vorzunehmende Bewertung und Berücksichtigung der UVP-Ergebnisse im Entscheidungsprozeß berufen, denn diese Regelung zielt auf die generelle Beachtung von Umweltbelangen ab. Die Rechtsstellung des Bürgers wird hierdurch nur mittelbar berührt, was für eine Direktwirkung der EG-RL UVP nicht hinreichend ist99 • Es ist daher fraglich, ob die Direktwirkung der EG-RL UVP je wird greifen können. Sowohl die Direktwirkung der EG-RL UVP als auch die drittschützende Wirkung von Verfahrensbestimmungen der EG-RL UVP100 wie

95 BVerwG, Urt. v. 18.05.1982- 7 C 42.80 -, E 65, 313, 320, Urt. v. 17.02.1984- 7 C 8.82 - , E 69, 37, 42 und Beschl. v. 23.02.1994- 4 B 135.94-, NVwZ 1994, 688, 689. VGH Mannheim, Urt. v. 03.09.1993- 5 S 874.92 -, NVwZ-RR 1994, 373, 376. VGH München, Beschi. v. 24.08.1990- 8 A 89.40037- , NVwZ 1991,490,491. Bartlsperger, DVBI. 1988, 1, 4; Beckmann, Rechtsschutz, 154-191, 166 f.; Jarass, Komm. BlmSchG, § 5 Anm. 98; Kloepfer, UmwR, § 5 Rn. 20. Zw.: Huber, AöR 1989, 252, 293-298. 96 Beckmann, Rechtsschutz, 200-205; Jarass , UVP bei lndustrievorhaben, 101-105; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Ein!. Rn. 117. 97 Beckmann, DVBI. 1991, 358, 364; Ginzky/Viebrock, UPR 1991, 428, 430; Jarass , NJW 1991 , 2665, 2667; Krämer, WiVerw 1990, 138, 157; Papier, DVBI. 1993, 809, 811; Pernice, NVwZ 1990, 414, 425; Winter, NuR 1989, 197, 204. 98 Erbguth, DV 1991, 283, 323; ders.!Schink, Komm. UVPG, Ein!. Rn. 109; Krämer, WiVerw 1990, 138, 157; Winter, NuR 1989, 197, 204. And. Ans.: VGH München, Urt. v. 24.08.1990- 8 A 89.40037 - , NVwZ 1991, 490, 491. 99 100

Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Ein!. Rn. 110; dies. , DVBI. 1991, 413, 416. BVerwG, Beschl. v. 05.06.1992-4 NB 21.92-, NVwZ 1992, 1093.

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

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des UVPG 101 wurde vom Bundesverwaltungsgericht bislang offengelassen. Die Instanzgerichte neigen dazu, eine Direktwirkung der EG-RL UVP abzulehnen, da sie Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit102 und an der Drittgerichtetheit der Bestimmungen dieser Richtlinie 103 haben. Für den Fall, daß sich die Direktwirkung durchsetzt, sind noch die Folgen zu untersuchen. Die Direktwirkung ist eine Konstruktion zur Durchsetzung des vorrangigen Gemeinschaftsrechts; mithin kann sich der Bürger auf die EG-Richtlinie berufen104 • Damit ist zwar nicht die allgemeine Unanwendbarkeit oder gar Nichtigkeit des nationalen Rechts verbunden 105 , wohl aber ist dieses insoweit unanwendbar, als sich ein Bürger auf die EG-RL UVP beruft. Es ist indessen nicht klar, ob die Direktwirkung auch auf die "janusköpfigen" Richtlinien Anwendung fmdet, die den Projektträger belasten und zugleich den Bürger begünstigen106 • Nach der eindeutigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs können Richtlinien nur zugunsten, nicht jedoch auch zu Lasten der Gemeinschaftsbürger ihre Direktwirkung entfalten107 • Es ist fraglich, ob dieser Grundsatz auch für Dreieckskonstellationen aufrechterhalten werden wird. Viel spricht dafür, daß die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandeins gegenüber der aus der Direktwirkung folgenden belastenden

101 BVerwG, Beschl. v. 30.10.1992- 4 A 4.92 -, UPR 1993, 62, 63, Beschl. v. 12.07.1993 -7 B 114.92 -, DVBI. 1993, 1149, 1150, Beschl. v. 05.08.1993- 7 B 112.92 -, DVBI. 1993, 1152, 1154. 102 VGH Kassel, Urt. v. 29.10.1991 - 14 A 2767.90 -, ESVGH 42, 81, 88. VG München, Beschl. v. 21.02.1989- Nr. M 16 S 88.5501 -, NVwZ 1990, 287, 289. And. Ans. indessen für wesentliche Bestimmungen der EG-RL UVP: VGH München, Urt. v. 24.08.1990 - 8 A 89.40037 -, NVwZ 1991, 490, 491. 103 VGH München, Urt. v. 24.08.1990- 8 A 89.40037 -, NVwZ 1991, 490, 491 , Urt. v. 26.01.1993- 8 A 92.40143 -,NuR 1993, 284 und Urt. v. 16.03.1993- 8 A 92, 40126 -,NuR 1993, 285. 104 Entweder i.S. einer Einrede, so Jarass in: Tettinger (Hrsg.), Umweltverträglichkeitsprüfung bei Projekten des Bergbaus und der Energiewirtschaft, 53, 54 f., ders., NJW 1990, 2420, 2422; i.S. einer materiellen Feststellung, daß das nationale Recht keine Anwendung findet, so Everling in: FS Carstens, 95, 108, oder i.S. eines ex officio zu beachtenden Rechtssatzes, so Winter, NuR 1989, 197, 204. 105 Barnstedt in: Heckmann/Meßerschmidt (Hrsg.), 83, 106 f.; von Mutius, BayVBI. 1988, 641, 648; Steinberg/Müller, NuR 1989, 277, 278. 106 Bejahend: Erbguth, DV 1991, 283, 323; Gim)cy/Viebrock, UPR 1991, 428, 431; Jarass, NJW 1991, 2665, 2668; Krämer, WiVerw 1990, 138, 152 f.; Pernice, NVwZ 1990, 421, 425 f.; Pieper, DVBI. 1990, 684, 686; Weber!Hellmann, NJW 1990, 1625, 1633; Winter, NuR 1989, 197, 203. Ablehnend: Breuer, WiVerw 1990, 79, % f.; Everling in: FS Carstens, 95, 108; Papier, DVBI. 1993, 809, 813. Offengelassen: Beckmann, DVBI. 1991, 358, 365; Jarass, NJW 1990, 2420, 2422. 107 EuGH, Urt. v. 08.10.1987 - Rs. C 80/86 -, EuR 1988, 391, 392.

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

Wirkung für den Projektträger Vorrang haben muß 108 . Insbesondere hat der Europäische Gerichtshof entschieden, daß "alle Träger der Verwaltung einschließlich der Gemeinden und sonstigen Gebietskörperschaften" verpflichtet sind, nicht umgesetzte Richtlinien anzuwenden, sofern sie die Voraussetzungen der Direktwirkung erfüllen109. g) Die fonnellen Umsetzungsprobleme

Bei der Umsetzung der EG-RL UVP ist das gemeinschaftsrechtliche Bestimmtheitsgebot zu beachten 110. Eine Umsetzung im Wege bloßer Verwaltungsübung oder allein durch Verwaltungsvorschriften genügt nicht den Anforderungen hinreichender Transparenz, Klarheit und Bestimmtheit der Umsetzungsform für den Gemeinschaftsbürger111 . Eine ausschließlich untergesetzliche Umsetzung der EG-RL UVP wurde daher von vomeherein nicht erwogen112. Auf der anderen Seite empfiehlt sich die zumindest beschränkte Umsetzung durch Verwaltungsvorschriften für solche Bereiche, "die den durch das Gesetz bereitgestellten Verfahrensrahmen in methodischer und inhaltlicher Hinsicht ausfüllen" 113 • Solche Richtlinienvorgaben, die durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber nicht sinnvoll auszufüllen sind, können auch durch Verwaltungsvorschriften geregelt werden114 • Die Kombination einer Regelung der wesentlichen Richtlinieninhalte in Gesetzes- bzw. Verordnungsform mit einer 108 Erbguth, DV 1991, 283, 324; Haneklaus, DVBI. 1993, 129, 133; Pfeil, DVBI. 1993, 474,479. 109 EuGH, Urt. v. 22.06.1989- Rs. C 103/88 -, DVBI. 1990, 689 mit- angesichts fehlender demokratischer Legitimation des Rates- krit. Anm. v. Pieper, DVBI. 1990, 684, 687. Zudem: Erbguth/Schink, EuZW 1990, 531, 532; Krämer, WiVerw 1990, 138, 151; Lenz, DVBI. 1990, 903, 909; Winter, DVBI. 1991, 657, 666. 110 Oppermann, EuR, § 6 Rn. 461. 111 EuGH, Urt. v. 30.05.1991- Rs. C 361188-, NVwZ 1991, 866. Banlsperger in: Veröffentlichungen der Akademie für Raumforschung und Landesplanung Bd. 166, Umweltverträglichkeitsprüfung im Raumordnungsverfahren nach Europäischem Gemeinschaftsrecht, 87, 94, 109; Cupei, UVP, 279; Jarass, NIW 1990, 2420, 2423; Lenz, DVBI. 1990, 903, 908; Magiera, Jura 1989, 595, 599 Pn. 68 m.w.N.; Schmidi-Aßmann in: PS Doehring, 889, 892; Seidel, DVBI. 1989, 441, 445; Steinberg/Müller, NuR 1989, 277, 278. 112 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.1.1989 in: BT-Drs. 11/3919, s. 15. 113 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.1.1989 in: BT-Drs. 1113919, s. 31. 114 BVerfG, Beschl. v. 08.08.1978 - 2 BvL 8/77 -, E 49, 89, 137. BVerwG, Urt. v. 19.12.1985 - 7 C 65.82 -, E, 72, 300, 329. Bönker, UmwStandards, 76 f., 88; Cupei, UVP, 279; Kaster!Reinhardl, NVwZ 1993, 1059,1064; Salzwedel, UPR 1989, 41, 42; Schmidi-Aßmann in: PS Doehring, 889, 892; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 22-25.

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

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Ermächtigung zum Erlaß von Verwaltungsvorschriften ist zulässig. Fraglich war nur, inwieweit die Gerichte an Verwaltungsvorschriften gebunden sind 115 • Diese Entwicklung schien 1985 mit der "Wyhl-Entscheidung" des Bundesverwaltungsgericht seinen vorläufigen Abschluß gefunden zu haben116 • In mehreren Entscheidungen hat der Europäische Gerichtshof117 beanstandet, daß die Umsetzung durch Verwaltungsvorschriften nicht mit der unbestreitbaren Verbindlichkeit und mit der Konkretheit, Bestimmtheit und Klarheit erfolgen könne, die erforderlich sei, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen. Zwar liegt es in der Regel im Ermessen der Mitgliedstaaten, wie sie eine Richtlinie umsetzen. Es ist jedoch gemeinschaftsrechtlich geboten, daß die vollständige Anwendung der Richtlinie durch die nationalen Behörden gesichert ist118 • Der Richtlinienadressat müsse sich auf zwingende Vorschriften berufen können, um seine Rechte geltend zu machen. Aus dieser Feststellung wurde bereits gefolgert, daß die neue Rechtsfigur der normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift schnell wieder in der Versenkung verschwinden könnte 119 • Für die EG-RL UVP ist dieser Rechtsprechung zu entnehmen, daß eine Umsetzung in Vorschriften mit Außenwirkung gemeinschaftsrechtlich jedenfalls dann geboten ist, soweit die Richtlinie subjektive Rechte begründet 120• Nun enthält die Umweltverträglichkeitsprüfung überwiegend bloße Verfahrensbestimmungen, da es sich eher um ein Instrument der Entscheidungsvorbereitung handelt121 • Soweit die Umweltverträglichkeitsprüfung hingegen materiellrechtliche Regelungen enthält, sind diese in §§ 11, 12 UVPG sowie durch die fachrechtliche Umsetzung auf gesetzlicher Grundlage normiert 122 • Der Bundestag hat sich in seiner Entschließung anläßlich der Verabschiedung des UVPG vom 16.11.1989 vorbehalten, die Ermächtigung des § 20 UVPG zum Erlaß von Verwaltungsvorschriften in eine solche zum Erlaß von Rechtsverordnungen umzuwandeln123 • Damit wäre ein § 3 Abs. 1 Satz 3 115

Hoppe!Beckmmm, UmweltR, § 3 Rn. 10-22; Beckmmm, DVBI. 1987, 611-618.

116

BVerwG, Urt. v. 19.12.1985-7 C 65.82-, E 72, 300. Bönker, UmwStandards, 54-59.

117 EuGH, Urt. v. 28.02.1991- Rs. C 131188 -, NVwZ 1991, 973, Urt. v. 30.05.1991Rs. C 59/89 -, NVwZ 1991, 868 und Urt. v. 30.05.1991 - Rs. C 361/88 -, NVwZ 1991, 866. Zu den Entscheidungen ausführlich: Bönker, UmwStandards, 102-122. 118 Bönker, DVBI. 1992, 804, 810. 119

12o

Hoppe!Appold, DVBI. 1991, 1221, 1224; Murswiek, JuS 1992, 428, 430. Erbguth/Stollmmm, NuR 1993, 249, 252; Salzwedel, UPR 1989, 41, 44.

121 Beckmann, DVBI. 1991, 358, 361; Bunge, DVBI. 1987, 819, 825; ders., UVP, 58; Dohle, NVwZ 1989, 697, 705; Erbguth!Schink, Komm. UVPG, Ein!. Rn. 117; Weber/Hel/mann, NJW 1990, 1625, 1632. 122 And. Ans.: Erbguth/Stollmmm, NuR 1993, 249, 252. 123 BT-Drs. 11/5532, S. 3 Ziff. II 1 b = BR-Drs. 687/89, S. 2 Ziff. 1. 3 Lande!

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

UVPG ähnlicher Zustimmungsvorbehalt zu Gunsten des Bundestages gegeben. Eine solche Umwandlung ist bislang nicht erfolgt. Im Anschluß an die erwähnten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs hat der Bundestag allerdings am 04.03.1993 eine Verordnung der Bundesregierung124 auf Empfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reak:torsicherheit 125 über die Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gebilligt126 • Mit dieser Verordnung werden drei EG-Richtlinien in deutsches Recht umgesetzt. Es handelt sich um die Verordnungen der Bundesregierung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes über Grenzwerte für die Luftverschmutzung durch Schwefeldioxid, Schwebestaub, Stickstoffdioxid und Blei. Mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wird es sich erweisen, ob ein solches Vorgehen der Überführung der UVP-Verwaltungsvorschriften in eine Rechtsverordnung nicht auch für § 20 UVPG zu erwägen ist127.

3. Die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten a) Der Erlaß der EG-RL UVP

Nachdem das Vorsorgeprinzip in den beiden ersten Aktionsprogrammen der EG für den Umweltschutz formuliert wurde 128 , fmdet die Umweltverträglichkeitsprüfung erstmals im dritten Aktionsprogramm Erwähnung 129 . Der erste Vorentwurf wurde 1978 formuliert 130. Eine überarbeitete Fassung dieses Vorentwurfs wurde am 11.06.1980 dem Ministerrat der EG vorgelegt 131. Am

124 Begr. des Entwurfs der Bundesregierung zur 22. BlmSchV v. 27.01.1993, BT-Drs. 12/4204. Speziell zur Rechtsprechung des EuGH ebda., S. 2, 5. 125 Beschlußempfehlung des Ausschusses ftir Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 12.02.1993 in: BT-Drs. 12/4365. 126 Beschluß v. 04.03.1993, BT-Drs. 12/5424. 127 Dafür: Bönker, UmwStandards, 132 f., ands. aber S. 165-169; Jarass, NuR 1991, 201, 206 Fn. 68; Kloepfer/Rehbinder/Schmidt-Aßmann/Kunig, Umweltgesetzbuch - Allgemeiner Teil, 246; Püchel, ZAV 1988, 121, 132. 128 Vom 24.03.1972, ABI. C. 52 vom 26.05.1972, S. I ff., 8 ff. und vom 22.11.1973, ABI. C. 112 vom 20.12.1973, S. I, 6. 129 Vom 17.05.1977, ABI. C. 139 vom 13.06.1977, S. I, 35 f. 130 ENV/518178, S. 2 ff. 131 ABI. C. 169 vom 09.07.1980, S. 14.

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

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27.06.1985 wurde die Richtlinie vom Rat der EG nach zähen Verhandlungen132 schließlich verabschiedet 133 • b) Die Grundprinzipien

Der Sinn und Zweck der Umsetzung von EG-Richtlinien ist die europaweite Harmonisierung mit dem Ziel der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und die Verbindlichkeit des in der EG-Richtlinie festgelegten Ziels für die betreffenden Mitgliedstaaten134 . oo) Harmonisierung

Die formale Harmonisierungsfunktion der EG-RL UVP ergibt sich bereits aus der Verankerung in Art. 100 EWGVI35, die durch den 2. Erwägungsgrund der Präambel zur EG-RL UVP verdeutlicht wird. Darüber hinaus läßt sich dem 5. und 7. Erwägungsgrund der Präambel zur EG-RL UVP die Forderung nach Binnenharmonisierung der Zulassungsverfahren entnehmen, die allerdings durch den Vorbehalt in Art. 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EG-RL UVP zu Gunsten der Ausgestaltung dieser Zulassungsverfahren durch die Mitgliedstaaten relativiert wird136 • Das Harmonisierungsziel wird ergänzt und nicht etwa konterkariert durch Art. 13 EG-RL UVP, wonach es den Mitgliedstaaten offensteht, bei der Umsetzung strengere Regeln festzulegen. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, daß in den Mitgliedstaaten vorhandene, günstigere Umweltstandards anläßlich der Umsetzung zurückgestuft werden müssen137 • Zudem stellt Art. 13 EG-RL UVP einen Impuls zur Fortentwicklung des Umweltschutzes dar138.

Insgesamt 40 Sitzungen der Gruppe .Umweltfragen" des Rates und neun Ratstagungen. ABI. L. 175 vom 05.07.1985, S. 40, (85/337 EWG). Zur Abschwächung der EG-RL UVP gegenüber dem ursprünglichen Richtlinienentwurf (1980): Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 14; Cupei, UVP, 103 f.; Randelzhofer/Hanuil, 1; Schoeneberg, UVP, Rn. 16. 134 Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 9. 135 Dazu etwa: Banlsperger in: Veröffentlichungen der Akademie für Raumforschung und Landesplanung Bd. 166, Umweltverträglichkeitsprüfung im Raumordnungsverfahren nach Europäischem Gemeinschaftsrecht, 87, 93; Storm in: Storm/Bunge (Hrsg.), HdUVP, 0505 TZ 2.2.3. 136 Cupei, UVP, 126 ff.; ders., DVBI. 1985, 813, 816; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 76. And. Ans.: Bleckmann, WiVerw 1985, 86, 90, 96. 137 Storm in: Storm/Bunge (Hrsg.), HdUVP, 0505 TZ 2 .2.1. Nunmehr Art. 100 a IV, 130 t EWGV, dazu Krämer in: Rengeling (Hrsg.), Europäisches Umweltrecht, 137, 153-162; Pernice, DV 1989, 1, 4, 10 f., 36; Streinz in: Heckmann/Meßerschmidt (Hrsg.), 15, 39. 138 Storm in: Storrn!Bunge (Hrsg.), HdUVP, 0505 TZ 2.2.2. 132 133

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

bb) Vorsorgeprinzip Die entscheidende materielle Bedeutung der EG-RL UVP liegt in der Formulierung des Vorsorgeprinzips 139 , wonach Umweltschäden gar nicht erst entstehen sollen, sondern "von vornherein zu vermeiden [sind], statt sie erst nachträglich in ihren Auswirkungen zu bekämpfen", 1. Erwägungsgrund Satz 1 der Präambel zur EG-RL UVP. Damit ist das Vorsorgeprinzip allgemein umschrieben140 . Der Verwirklichung des Vorsorgeprinzips dient das Frühzeitigkeilsgebot und der integrative Ansatz' 4 '. (1) Frühzeitigkeilsgebot Nach dem Frühzeitigkeilsgebot sind Vorhaben "erst nach vorheriger Beurteilung der möglichen erheblichen Umweltauswirkungen dieser Projekte" zu genehmigen, 6. Erwägungsgrund Satz 1 der Präambel zur EG-RL UVP, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 EG-RL UVP. Damit wird eine Relevanz von Umweltbelangen für die betroffenen Verfahren bestimmt. Zugleich wird festgelegt, daß eine Umweltverträglichkeitsprüfung vor der Genehmigung durchgeführt wird und die Genehmigung die vorausgegangene Beurteilung berücksichtigen können muß 142 • Folglich hat die Umweltverträglichkeitsprüfung früh genug einzusetzen, um nicht auf Genehmigungsgegenstände zu treffen, die durch vorausgegangene Verfahren inhaltlich bereits deutlich präformiert sind143 • Vielmehr sollte sie in einem frühzeitigen Stadium greifen, um solcherart Auswirkungen eines Projekts in einem hierfür noch geeigneten Zeitpunkt etwa durch die Erwägung von Planungsalternativen berücksichtigen zu können144 . Das Frühzeitigkeilsgebot dient darüber hinaus der Verfahrensökonomie. Die Zulassung umweltrelevanter Vorhaben erfolgt in einem problembezoge139 Cupei, UVP, 107 f.; Erbgurh/Schoeneberg, WiVerw 1985, 102, 104; Storm in: Storm/Bunge (Hrsg.), HdUVP, 0505 TZ 2.2.4; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 11; ders.!Hellmann, NJW 1990, 1625, 1625. 140 Vgl. gleichlautend das Aktionsprogramm der EG für den Umweltschutz vom 22.11.1973 in: ABI. C 112 vom 20.12.1973, S. 1, 6. Kloepfer, UmwR, § 3 Rn. 3 ff.; ders.IMeßerschmidJ, Harmonisierung, 69. 141 Stellungnahme des Rates von Sachverständigenfür Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, DVBI. 1988, 21, 21. 142 Bleckmann, WiVerw 1985, 86, 100; Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 19; Cupei, UVP, 124 Rn. 3; 153 Rn. 9; ders., DVBI. 1985, 813, 817; Erbgurh, VR 1988, 5, 8; Erbgurh/Schink, Komm. UVPG, Ein!. Rn. 11, 14; Erbgurh/Schoeneberg, WiVerw 1985, 102, 106, 120 f.; Püchet, 18 ff.; ders., ZAU 1988, 121, 126-129; Schroer, 28-30; Storm, et 1987, 179, 182. 143 SchmidJ-Aßmann, DVBI. 1987, 826, 827; Wagner, 107-115. 144 Cupei, UVP, 111 Rn. 7, 124 Rn. 3; ders., DVBI. 1985, 813, 817; Püchel, 13; Schoeneberg, UVP, Rn. 29.

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

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nen, komplexen Verfahren, das es nicht gestattet, in einem einzigen Verfahren durchgeführt zu werden. Vielmehr erfordert der erhebliche Genehmigungsumfang dieser Projekte eine Aufgliederung der zu behandelnden Fragen145, eine vertikale Flexibilisierung146 . Die Verwirklichung eines Projekts spaltet sich zeitlich in zahlreiche Stufen von der Grob- bis zur Feinplanung auf. Diesen Planungsstufen entsprechen auch je verschiedene Probleme bei der Zulassung von der Standortplanung über die Bauweise bis zur Betriebsart. Jeder erheblichen Planungsentscheidung sollte folglich eine stufengemäße Umweltverträglichkeitsprüfung vorausgehen147 . Sofern die Zulassungsverfahren solcher Projekte früh genug einsetzen, lassen sich diese Probleme je stufenspezifisch zuordnen und abschließend beurteilen, so daß sie in einer späteren Stufe nicht mehr mitbehandelt werden müssen. Der Verfahrensökonomie wird ferner auch dadurch genügt, daß sich der Projektträger rechtzeitig von den Umweltschutzanforderungen an sein Vorhaben Kenntnis verschaffen kann148. Das Frühzeitigkeitsgebot vollzieht daher nicht allein das Vorsorgeprinzip, sondern dient auch dem Investitionsinteresse des Projektträgers. (2) Der integrative Ansatz Die entscheidende Neuerung der EG-RL UVP liegt im integrativen, medienübergreifenden Ansatz, Art. 3 EG-RL UVP149 . Danach sollen die Umweltfolgen eines Projektes in einem gesamthaften, querschnittsartigen Ansatz identifiziert, beschrieben und bewertet, sowie berücksichtigt werden 150. Folglich darf sich die Untersuchung der potentiellen unmittelbaren und mittelbaren Umweltauswirkungen nicht auf die drei Umweltmedien Boden, Luft und Wasser beschränken, sondern ist um die lebendige Umwelt Mensch, Fauna, Flora 145 146 147 148

Wagner, 81 ff., 91-94. Püchel, 13-16. Salzwedel, Umweltverträglichkeitsuntersuchungen bei Verkehrsplanungen, 79 f. Püchel, 13.

149 Ähnl. in Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Anh. III Nr. 3 und 4, Art. 5 Abs. 2 Spiegelstrich 2 und 3 EG-RL UVP. 150 Stellungnahme des Rates von Sachverständigenfür Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, DVBI. 1988, 21, 21, 26 f.; Bohne in: Teltinger (Hrsg.), UVP bei Projekten des Bergbaus und der Energiewirtschaft, 13, 20, 45 f.; Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 34, 46 f. , 5254; ders., ZfU 1984, 405, 406; Cupei, UVP, 133 f., 263; Erbguth/Schoeneberg, WiVerw 1985, 102, 108; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1, 5; Jarass, Auslegung der EG-Richtlinie, 29 f.; Peters, NuR 1990, 105; ders., UPR 1990, 133-136; Püchel, 18 f., 61-74, 87, 91; Schmidt-Aßmann in: FS Doehring, 889, 898-902; Schoeneberg, DVBI. 1984, 929, 934 f.; Schroer, 26-28; Storm in: Storm/Bunge, HdUVP, 0505 TZ 2.1; Wahl, DVBI. 1988, 86, 87 f.; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 85-87; Winter, NuR 1989, 197, 202 f.

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

und die übrigen Umweltfaktoren Klima, Landschaft, Sachgüter und das kulturelle Erbe zu erweitern. Insbesondere ist die Untersuchung der Auswirkungen eines Projekts nicht punktuell beschränkt auf einzelne der soeben aufgeführten Faktoren, sondern es sind bei der Betrachtung der Umweltauswirkungen die vielfältigen Wechselwirkungen unter den genannten Faktoren in ihrem Gesamtzusammenhang mit in die Untersuchung einzubeziehen151 • Ausgenommen werden von dieser Wechselwirkungsanalyse allein die Sachgüter und das kulturelle Erbe, Art. 3 Spiegelstrich 3 EG-RL UVP, die aber der vom Projektträger vorzunehmenden Auswirkungsanalyse unterliegen, Anh. III Nr. 3 EGRL UVP 152 • Der integrative Ansatz ist danach übergreifend in der Prüfung aller berührten Umweltbereiche, sequentiell in der Mitbewertung aller Folgen der Umweltauswirkungen (auch mittelbare Fernwirkungen und kumulative Wirkungen durch synergetisches Zusammenwirken von Stoffen) und gesamthaft in der Bewertung auch der Wechselwirkungen und der Zusammenfassung in einer Gesamtgewichtung der Umweltauswirkungen1S3. Mit dem integrativen Ansatz soll die medial ausgerichtete und sektoral beschränkte Prüfung von Umweltauswirkungen überwunden werden 154 • Die Genehmigungsverfahren haben bei der Bewertung der Umweltverträglichkeitsprüfung medienübergreifend zu erfolgen und sie haben Rück- und Gegenwirkungen der Eingriffe in einen Umweltfaktor auf die übrigen Umweltfaktoren zu erfasseniSS. Damit soll verhindert werden, daß bei Genehmigungen allein das fachgesetzlich primär berücksichtigte Umweltmedium in die Entscheidung einbezogen wird und Vorsorgemaßnahmen zwar getroffen werden, sich aber desgleichen auf dieses Medium beschränken. Für diese Zielsetzung ist die Beobachtung maßgeblich, daß Verbesserungen in einem Umweltsektor mit Belastungen in einem anderen verbunden sein können. Eine Verbesserung der Wasserreinhaltung führt etwa zu einem erhöhten Klärschlammanfall, der wiederum den Boden oder im Falle der Verbrennung - die Luft belastet156• Durch die Heranziehung der anderen Umweltmedien sollen auch additive Umweltbelastungen berücksichti151 Belastungsverlagerung bei medial ausgerichteten umweltschützenden Maßnahmen zu Lasten eines anderen Umweltmediurns; etwa: Erbguth/Schoeneberg, WiVerw 1985, 102, 108, 123 f.; Hoppe!Püchel, DVBI. 1988, I, 5; Peters, UPR 1990, 133, 134; Schoeneberg, UVP und Raumordnungsverfahren, 61 f. 152 Cupei, UVP, 134 Rn. 8; Jankowski in: Rengeling (Hrsg.), Europäisches Umweltrecht, 15 f.; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 87. And. Ans. : Peters, UPR 1990, 133, 134. 153 Stellungnahme des Rates von Sachverständigenfür Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, DVBI. 1988, 21, 21, 26 f.; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, I, 4 f.; Peters, NuR 1990, 103, 103; ders., UPR 1990, 133, 134; Wahl, DVBI. 1988,86, 87; Winter, NuR 1989, 197,202. 154 Stellungnahme des Rates von Sachverständigenfür Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, DVBI. 1988, 21 , 27; Erbguth, DÖV 1988, 481, 481 f.; ders., DV 1991, 283, 296; Hoppe/Püche/, DVBI. 1987, I, 5; Storm in: Storm/Bunge, HdUVP, 0505 TZ 2.2.4. 155 Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 87. 156 Summerer in: Storm/Bunge (Hrsg.), HdUVP, 0210 TZ 4, S. 5 f.

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

39

gongsfähig werden, die zwar- je für sich genommen- noch unter der Gefahrenschwelle verbleiben und damit genelunigungsfähig sind, sich aber zusammengefaßt umweltbelastend auswirkenl57 . Dieser materielle Inhalt des integrativen Ansatzes bezieht sich auf das eigentliche Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung: die Identifizierung, Beschreibung und Bewertung der Umweltauswirkungen158 . Die Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt sind gesamthaft zu bewerten: es müssen sämtliche Auswirkungen auf die Umweltfaktoren geprüft werden, die Ergebnisse dieser Prüfung dürfen aber weder miteinander noch mit anderen, externen (etwa wirtschaftlichen oder sozialen) Belangen abgewogen werden. Das interne und externe Abwägungsverbot soll ein ökologisch reines Gutachten ermöglichen159. Diese Forderung ist für das externe Abwägungsverbot dem Art. 3 EG-RL UVP zu entnehmen, der die Aufnahme externer Belange gerade nicht betrifft 160. Es gilt gleichermaßen auch für das interne Abwägungsverbot: in Art. 3 EG-RL UVP werden die Umweltfaktoren einzeln aufgeführt, eine Gesamtbewertung wird nicht gefordert. Das interne Abwägungsverbot wird dadurch erhärtet, daß die Wechselwirkungen zwar geprüft werden müssen, diese Wechselwirkungsanalyse aber im Stadium der Bewertung noch zu keinem Ergebnis führen soll, sondern allein das ökologische reine Gutachten als Entscheidungsvorbereitung zu gewährleisten hat, ohne bereits selbst Entscheidung zu seinl61. Die Umweltverträglichkeitsprüfung erhält ihre äußerliche Wirksamkeit mit der Berücksichtigung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach Art. 8 EG-RL UVP. Die Bewertung der Umweltauswirkungen und die Berücksichtigung der Umweltverträglichkeitsprüfung sind konzise zu unterscheidenl62. Nach Art. 3 EG-RL UVP ist die Umweltverträglichkeitsprüfung als ein Verfahren definiert, das die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf die Umwelt identifiziert, beschreibt und bewertet. Nach Art. 8 EG-RL UVP sind die eingeholten Angaben (Angaben des Projektträgers, Stellungnahme der Behörden und der betroffenen Öffentlich157 Stellungnahme des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, DVBI. 1988, 21, 26 f.; Püchel, UVP, 61; Wahl, DVBI. 1988, 86, 88. 158 159

ErbguJh/Schink, Komm. UVPG, Ein!. Rn. 8; Peters, UPR 1990, 133, 134. Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, I, 2.

160 Stellungnahme des Rates von Sachverständigenfür Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, DVBI. 1988, 21, 26; Püchel, UVP, 48 f.; Schmidi-Aßmann in: FS Doehring, 889, 901 f.

Peters, UPR 1990, 133, 135 f.; Püchel, UVP, 72 f. Stellungnahme des Rates von Sachverständigenfür Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, DVBI. 1988, 21, 26. 161

162

40

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

keit sowie gegebenenfalls anderer Mitgliedstaaten) über die Umweltauswirkungen des Projekts bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Die Bewertung im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung ist Entscheidungsvorbereitung, die Berücksichtigung der Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt außerhalb dieser als Teil der behördlichen Entscheidung 163 . Erst bei der Berücksichtigung sind die ermittelten Auswirkungen auf die einzelnen Umweltfaktoren untereinander, also insbesondere in ihren Wechselwirkungen zu berücksichtigen und mit anderen, externen Belangen auszugleichen. Damit wird der integrative Ansatz der Umweltverträglichkeitsprüfung durch die Berücksichtigung der gesamthaft und medienübergreifend ermittelten Angaben nach Art. 5, 6 und 7 EG-RL UVP im Genehmigungsverfahren wirksam 164. Dieses Ergebnis wird dadurch gefestigt, daß der den integrativen Ansatz enthaltende Art. 3 EG-RL UVP ausdrücklich auf die Art. 4-11 EG-RL UVP verweist und somit auch in den Begriff der "Angaben" des Art. 8 EG-RL UVP hineinzulesen istl65. Eine ganz andere Frage ist es hingegen, in welcher Art und Weise und in welchem Umfang der integrative Ansatz bei der Berücksichtigung zu gewährleisten ist. Dieser Befund liegt darin, daß die EG-RL UVP keine bindenden Vorgaben für die Verknüpfung der Umweltverträglichkeitsprüfung mit den Genehmigungsverfahren enthält, Art. 2 Abs. 2 EG-RL UVP, und wenig über den Berücksichtigungsrang der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Genehmigung aussagt. Über den Berücksichtigungsrang der Umweltverträglichkeitsprüfung im Genehmigungsverfahren gibt es daher unterschiedliche Auffassungen. Allgemein gesprochen ergibt sich hier die Schwierigkeit, welcher Stellenwert den Umweltbelangen beizumessen ist. Ex negativo wird davon ausgegangen, daß die Umweltverträglichkeitsprüfung keine präjudizielle Wirkung für die Zulassungsentscheidung entfaltet166. Die Umweltbelange seien vielmehr als einer unter mehreren Belangen in den zur Entscheidung führen163

Püchel, 84.

Stellungnahme des Rates von Sachverständigenjiir Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, DVBI. 1988, 21, 27. 165 So ausdrückl. : Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1, 3. 166 Stellungnahme des Rates von Sachverständigenfiir Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, DVBI. 1988, 21, 27; Bartlsperger, DVBI. 1987, 1, 4; Bröll, BayBgm 1989, 99, 101; Cupei, UVP, 173 f .; Dohle, NVwZ 1989, 697, 704; Erbguth, VR 1988, 5, 6; ders. , DVBI. 1987, 827, 827; ders., DÖV 1988, 481, 485; ders./Schink, Komm. UVPG, Ein!. 20; ders./Schoeneberg, WiVerw 1985, 102, 107; Hennecke, UTR 9, 117, 124; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1, 4; Hundertmark, Durchführung der UVP, 69; Peters, UPR 1990, 133, 136; Püchel, UVP, 79, 98; Ronellenfitsch, DÖV 1989, 737, 748; Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 414; Schmidt-Aßmann in: FS Doehring, 889, 899; Schoeneberg, UVP, Rn. 30; Soell/Dirnberger, NVwZ 1990, 705, 707; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 998; Weber, UPR 1988, 206, 212; WendUng, et 1988, 291, 292. 164

li. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

41

den Abwägungsprozeß einzugliedem167 . Diese europarechtlichen Vorgaben treffen auf unterschiedliche Zulassungsstrukturen. Die Planfeststellungsverfahren sind für die Aufnahme der Umweltverträglichkeitsprüfung hervorragend geeignet, da sie gerade von einem Abwägungsverfahren geprägt sind. Ähnliches gilt zwar auch für die Genehmigungsverfahren, die von einem behördlichen Ermessen geprägt sind. Aber die eigentlichen Schwierigkeiten liegen bei der gebundenen Verwaltungsentscheidung, da es sich um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt handelt, der sogenannten Kontrollerlaubnis. Ihre Erteilung ermöglicht grundsätzlich keine Abwägung. Sie ist vielmehr zu erteilen, wenn die fachgesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen gegeben sind168 . Hierzu werden folgende Lösungen angeboten: sie reichen von einer bloßen Kenntnisnahme der Umweltverträglichkeitsprüfung durch die zuständige Behörde169 über die Einstellung der Umweltverträglichkeitsprüfung in einen Ermessens-170 oder Abwägungsspielraum171 bis zur Aufnahme einer Tatbestandsergänzung172 in die gebundene Kontrollerlaubnis. Die beiden letzten Vorschläge unterscheiden sich in der Überwindlichkeit der UVP-Ergebnisse. Die bloße Kenntnisnahme wird hingegen abgelehnt, da sie der Umweltvorsorge nicht gerecht wird173 und Aufwendungen des Projektträgers bei der Beschreibung der Umweltauswirkungen erfordert, die sich bei der behördlichen Entscheidung als nutzlos herausstellen könnten174. Die übrigen Vorschläge beziehen sich auf die Aufnahmefähigkeit des mitgliedstaatliehen Genehmigungsrechts, da nur hinreichend offen formulierte Zulassungsnormen für die Aufnahme der UVP-Bewertung berücksichtigungsfähig sind175 . Die EG-RL UVP erfordert eine Verknüpfung der Genehmigung mit der UmweltverträgPüchel, UVP, 75; Schroer, UVP im Bauplanungsrecht, 30. Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 36; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 61 m.w.N.; Schoeneberg, UVP und Raumordnungsverfahren, 50. 169 Dazu: Bleckmann, WiVerw. 1985, 86, 94. 170 Bunge, UVP im Verwa1tungsverfahren, 35 f. (zur verfassungsrechtlichen Problematik, S. 55-57); ders., ZfU 1984, 405, 418; ders., DVBI. 1987, 819, 824; Seeliger, UPR 1982, 177, 180; Storm, et 1987, 179, 183; krit. Jarass, UVP bei Industrievorhaben, 91. 171 Banlsperger, DVBI. 1987, 1, 4; Beckmann, DÖV 1987, 944, 944; Cupei, UVP, 174; Erbguth/Schoeneberg, WiVerw 1985, 102, 107; Salzwedel, Umweltverträglichkeitsuntersuchungen bei Verkehrsplanungen, 8. 172 Beckmann, DÖV 1987, 944, 944; Jarass, UVP bei Industrievorhaben, 95 f.; Püchel, UVP, 128-131; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 346. Mit Bed.: Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 35. 167 168

173 Stellungnalune des Rates von Sachverständigen .!Ur Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, DVBJ. 1988, 21, 27. 114 Hoppe/Püchel, DVBJ. 1988, 1, 4. 175 Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 36.

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B. Die Umweltverträglichkeitspliifung

lichkeitsprüfung, sie enthält sich aber der Vorgabe über das "Wie" dieser Verknüpfung 176. Eine funktionsadäquate Umsetzung der EG-RL UVP muß aber wenigstens eine inhaltliche Auseinandersetzung der Genehmigungsbehörde mit den UVP-Ergebnissen ermöglichen, da so dem Vorsorgeprinzip im Sinne einer Zieleffektivierung Rechnung getragen wird und die Angaben des Projektträgers nicht ökonomisch sinnlos sindl77. Somit läßt sich zusammenfassen, daß der integrative Ansatz sinnstiftender Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung ist und seine Wirksamkeit bei der Berücksichtigung vom materiellen Gehalt des integrativen Ansatzes und von der Verknüpfung der UVP mit dem Genehmigungsverfahren abhängt. Diese Verknüpfungsregelung bleibt ausweislich des Art. 2 Abs. 2 EG-RL UVP der mitgliedstaatliehen Umsetzung vorbehalten. c) Die Leitlinien

aa) Projektbezug Die EG-RL UVP setzt bei Projekten an, womit die "Errichtung von baulichen und sonstigen Anlagen" sowie "sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich derjenigen zum Abbau von Bodenschätzen" gemeint sind, Art. 1 Abs. 2 EG-RL UVP. Die Schwierigkeit eines gemeinschaftsrechtlichen Projektbegriffs ergibt sich aus der in den Mitgliedstaaten je unterschiedlichen Definition einer umwelterheblichen Maßnahme. Eine abschließende Defmition des Projekts konnte daher in der EG-RL UVP nicht erfolgen178 . Nach der Zielsetzung der EG-RL UVP ist jedenfalls ein weiter Projektbegriff anzunehmen. Projekte sind alle konkrete, die Umwelt unmittelbar physisch beeinflußende oder verändernde komplexe Vorhaben. Die von der Umweltverträglichkeitsprüfung erfaßten Projekte werden durch ein Listenprinzip im einzelnen konkretisiert, Art. 4 i.V.m. Anhänge I und II EG-RL UVP. Die Projekte des Art. 4 Abs. 1 EG-RL UVP unterfallen einer umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung, während dies bei den Projekten des Art. 4 Abs. 2 EG-RL UVP nur dann der Fall ist, wenn es nach Auffassung der Mitgliedstaaten erforderlich erscheint. In Ausnahmefallen können die Mitgliedstaaten einzelne Projekte von den Bestimmungen der EG176

Banlsperger, UVP im ROV, 87, 94-96; Püchel, UVP, 81; Schoeneberg, UVP, Rn. 26.

Stellungnalune des Rates von Sachverständigenfür Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, DVBI. 1988, 21, 26. Bleckmann, WiVerw 1985, 86, 100; Cupei, UVP, 174; Hoppe/ Püchel, DVBI. 1988, 1, 4; Püchel, UVP, 80 f.; Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 414; Soell/Dirnberger, NVwZ 1990, 705, 707; Weber, UPR 1988, 206, 212. 178 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 2 Anm. 45; Cupei, UVP, 111. 177

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

43

RL UVP ausnehmen, Art. 2 Abs. 3 Satz 1 EG-RL UVP. Den Mitgliedstaaten steht insoweit kein völlig freies Ermessen zu. Vielmehr kann sich der Entscheidungsspielraum zu einer Umsetzungsnotwendigkeit verengen, wenn von den Projekten erhebliche Umweltauswirkungen zu erwarten sind 179•

bb) Die Verfahrensausrichtung Aus der Projektbezogenheil der EG-RL UVP ergibt sich, daß die Umweltverträglichkeitsprüfung in Genehmigungsverfahren gemäß Art. 2 Abs. 2 EGRL UVP durchgeführt wird. Unter Genehmigung versteht die EG-RL UVP eine "Entscheidung der zuständigen Behörde oder der zuständigen Behörden, aufgrund deren der Projektträger das Recht zur Durchführung des Projekts erhält", Art. l Abs. 2 EG-RL UVP. Die EG·RL UVP enthält einige Verfahrensprinzipien, die so schon dem nationalen Recht bekannt sind, andererseits aber auch solche, die eigens umgesetzt werden müssen. ( l) Pflichten des Projektträgers Der Projektträger wird in besonderem Maße bei der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichtet. Er hat die wesentlichen Daten und Fakten, die zur Bewertung der UVP dienen, der zuständigen Behörde zur Verfügung zu stellen, Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Anh. III, Art. 5 Abs. 2 EG-RL UVP; sie erstrecken sich auf die in Art. 3 EG-RL UVP genannten Faktoren. Der Projektträger kann von den Behörden unterstützt werden, Art. 5 Abs. 3 EG-RL UVP180 • Diese Regelung berührt für den Bereich der Identifizierung und Beschreibung im Sinne der EG-RL UVP ersichtlich den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 24 Abs. 1 VwVfG, schließt ihn aber nicht zwingend aus, da der zuständigen und den beteiligten Behörden trotz Beibringungspflicht des Projektträgers die eigentliche Auswertung der übermittelten Angaben vorbehalten ist, die Bewertung im Sinne der EG-RL UVP 181. 179 Becker, BayVBI. 1990, 353, 359; Cupei, UVP, 138 ff.; Erbguth, Umweltverträgliche Freizeitanlagen, 144; ders. , NVwZ 1988, 969, lJ"/6; Schoeneberg, UVP, Rn. 27; Schroer, UVP im Bauplanungsrecht, 88 f. ; Storm in: Storm!Bunge (Hrsg.), HdUVP, 0505, Ziff. 2 .3 .1; Winter, NuR 1989, 197, 198. Zurückhaltender: Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 16 Fn. 7. And. Ans. : Hundenmark, Durchführung der UVP, 67.

180 Dazu etwa: Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 25 f. ; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 86, 111 f.

181 Stellungnahme des Rates von Sachverständigenfür Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, DVBI. 1988, 21, 25; Banlsperger, DVBI. 1987, 1, 8; Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 21-23, 25 f .; Cupei, UVP, 206 Rn. 11; Erbguth, NVwZ 1988, 969, 976; Gassner, UPR 1990, 361, 362; Püchel, 36-41; ders., ZAU 1988, 121, 133; Schmidt-Aßmann in: FS Doehring, 889, 893-898; Schneider, Amtsermittlung, 111 , 116, 133; Schoeneberg, UVP, Rn. 117; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, Komm. VwVfG, § 24 Anm. 3; Storm in: Storm/Bunge, HdUVP, 0505

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

(2) Verfahrensbeteiligung Die Umweltverträglichkeitsprüfung konkretisiert sich durch weitreichende Beteiligungsrechte und -pflichten182 • Andere Behörden sind zu beteiligen, soweit die Projektgenehmigung in ihren Zuständigkeitsbereich fällt, Art. 6 Abs. 1 EG-RL UVP. Nach Art. 6 Absätze 2 und 3, Art. 9 EG-RL UVP ist zudem die Öffentlichkeit zu beteiligen. Die Öffentlichkeit ist allgemein zu unterrichten und die betroffene Öffentlichkeit ist zu konsultieren. Im nachfolgenden ist die Öffentlichkeit anzuhören183 . Das Konsultationsverfahren dient der Verbesserung der Informationsbasis der entscheidenden Behörde, der Transparenz der Entscheidungsverfahren schlechthin und der erhöhten Akzeptanz der Entscheidung 184 . Weder die Öffentlichkeit als solche noch deren Beteiligungsrechte werden näher definiert, sondern bleiben der Umsetzung in den Mitgliedstaaten vorbehaltentss. Prinzipiell ist zumindest eine Öffentlichkeitsbeteiligung vor der Projektdurchführung zu gewährleisten. Sie muß mithin so rechtzeitig vor der Genehmigung erfolgen, daß sie bei der Entscheidung noch berücksichtigt werden kann und kann daher auch mit den dem bestehenden Recht bekannten Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung verknüpft werden, soweit diese die Vorgaben der EG-RL UVP erfüllen186. Das Unterrichtungsverfahren wird flankiert von der EG-Richtlinie über den freien Zugang zu Informationen über die Umweltl87. TZ 2.3.2; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 85 f., 111 ff.; ders./Hellmann, NJW 1990, 1625, 1629. 182 Die EG-RL UVP versteht unter Beteiligung sowohl die Stellungnalune (Art. 6 Abs. Satz I EG-RL UVP), als auch die Anhörung (Art. 6 Abs. I Sätze 2 und 4 EG-RL UVP). 183 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Eint. Rn. 17; Schoeneberg, UVP, Rn. 38, 40. 184 Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 27; Cupei, UVP, 163; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 9 Anm. 10. ISS Cupei, UVP, 160 f.; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 9 Anm. 9. 186 Banlsperger, DVBI. 1987, I, 8; Cupei, UVP, 161 ; Schoeneberg, UVP, Rn. 38; Weber/Hel/mann, NJW 1990, 1625, 1630. Restriktiv: Erbguth, NVwZ 1989, 969, 974; ders./Schink, Komm. UVPG, § 9 Anm. 9; Spiecker, BayVBI. 1988, 557, 558. 187 Vom 07.06.1990- 90/313/EWG- (ABI. EG Nr. L 158, S. 56) auch abgedr. in: NVwZ 1990, 844 = Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Anh. 2 = Jarass, Komm. BlmSchG, Anh. D 12. Die fristgemäße Umsetzung war bereits in der Koalitonsvereinbarung zur Zwölften Legislaturperiode Abschn. XII Nr. 30 (abgedr. in CDU-Dokumentation 2/1991 = FAZ Nr. 21 v. 25.01.1991, S. 7) annonciert. Die Frist ist am 31.12.1992 ausgelaufen, Art. 9 Abs. I der Richtlinie vom 07.06.1990. Die Umsetzung erfolgt im Umweltinformationsgesetz: Gesetzentwurf der Bundesregierung in: BT-Drs. 1217138. Zum Referentenentwurf: Engel, NVwZ 1992, 111-114; Erichsen, NVwZ 1992, 409-419; Jarass, Komm. BlmSchG, §52 Anm. 45-50; Scherzberg, UPR

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

45

Die Bestimmungen zur Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und des öffentlichen Interesses bleiben unberührt, Art. 10 Abs. 1 EG-RL UVP. Zudem sind Mitgliedstaaten nach einer positiven Umwelterheblichk:eitsentscheidung oder auf Antrag .,im Rahmen der bilateralen Beziehungen beider Mitgliedstaaten auf der Basis von Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit" zu informieren und zu konsultieren, Art. 7 Satz 2 EG-RL uyptss.

4. Die europarechtlichen Vorgaben zur Gestaltung der Umweltverträglichkeitsprüfung in parallelen Genehmigungsverfahren Eine Untersuchung der gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an die mitgliedstaatliche Umsetzung in parallelen Genehmigungsverfahren erfordert eine konzise Interpretation der entsprechenden Regelungen der EG-RL UVP. Die gemeinschaftskonforme Auslegung behält auch nach der Umsetzung für die Rechtsanwendung durch Behörden und Gerichte Bedeutung189. Die Auslegung des Gemeinschaftsrechts erfolgt nach eigenen Regeln190. Sie schließt sich aber im wesentlichen den grammatischen, historischen, systematischen und teleologischen Auslegungsregeln an191 . Die an Sinn und Zweck gerichtete Auslegung genießt Vorrang gegenüber den weichenden begrifflichen und geschichtlichen Auslegungsmethoden192 . Dem Harmonisierungseffekt dient die rechtsvergleichende Sinnermittlung193.

1992, 48-56; von Schwanenflügel, DÖV 1993, 95-102; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, Komm. VwVfG, Ein!. Anrn. 108. Krit.: Ant, ZRP 1993, 18-21. Zur Gesetzgebungskompetenz: Burkholz, NVwZ 1994, 124-127. Zur Verwaltungspraxis: Meininger, NVwZ 1994, 150-152 . • Unter der Hand" erging mittlerweile am 23.12.1992 ein Rundschreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschurz und Reaktorsicherheit an sämtliche Umweltministerien der Bundesländer zur unmittelbaren Wirkung wesentlicher Teile der EG-Umweltinforrnationsrichtlinie ab dem 01.01.1993 (abgedr. in NVwZ 1993, 657). 188 Randelzhofer/Hamdt, 15 ff. 189 EuGH, Urt. v. 19.11.1991 - Rs C 6/90 -, NJW 1992, 165, 167. 190

Oppermann, EuropaR, § 7 Rn. 578.

Cupei, UVP, 104 f.; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 40, 43; Jarass, in: Tettinger (Hrsg.), UVP bei Projekten des Bergbaus, 53, 55 f.; Lenz, DVBI. 1990, 903, 908 f.; Oppermann, EuropaR, § 7 Rn. 579; Peters, VBIBW 1989, 325, 327; Veelken, JuS 1993, 265, 271. 192 Oppermann, EuropaR, § 7 Rn. 577 und ders., ebd. Rn. 582 zu den Grenzen. 193 Oppermann, EuropaR, § 7 Rn. 579, 585; Winter, NuR 1989, 197, 197. 191

46

B. Die Umweltvenräglichkeitsplilfung

a) Die Verfahrensregelungen

Die EG-RL UVP verwendet den Begriff der parallelen Genehmigungsverfahren nicht. Soweit man unter parallelen Genehmigungsverfahren solche versteht, bei der die Genehmigung eines Vorhabens mehrerer Verwaltungsverfahren durch verschiedene Behörden bedarf194 , läßt sich der EG-RL UVP durch die Formulierung einer Mehrzahl von Behörden und Verfahren entnehmen, daß eine solche Umsetzung in parallelen Verfahren möglich ist. Dieser Schluß läßt sich der Genehmigungsdefinition in Art. 1 Abs. 2 EG-RL UVP a.E. entnehmen, die die Möglichkeit einer Mehrzahl zuständiger Behörden einräumt 195 • Der Begriff der zuständigen Behörden ist in Art. 1 Abs. 2 und 3, Art. 9 Satz 1 und Art. 10 Satz 1 EG-RL UVP enthalten. Nach Art. 9 Satz 1 EG-RL UVP können die Mitgliedstaaten Behörden bestimmen, die zweckdienliche Informationen dem Projektträger zur Verfügung zu stellen haben. Gemäß Art. 9 Satz 1 EG-RL UVP haben Behörden die Öffentlichkeit zu informieren und nach Art. 10 Satz 1 EG-RL UVP sind sie zur Geheimhaltung nach geltendem Recht der Mitgliedstaaten verpflichtet. Gemäß Art. 1 Abs. 2 und 3 EG-RL UVP ist die zuständige Behörde jene, die über das Recht des Projektträgers zur Durchführung des Projekts entscheidet und die zur Durchführung der sich aus der Richtlinie ergebenden Aufgaben bestimmt werden. Die zuständigen Behörden nach Art. 1 Abs. 2 und 3 EG-RL UVP sind dann identisch, wenn die mit der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung betraute Behörde zugleich auch über die Genehmigung entscheidet. Die Umweltverträglichkeitsprüfung muß aber nicht notwendig in das Genehmigungsverfahren integriert werden, Art. 2 Abs. 2 EG-RL UVP. Folglich können die für die Umweltverträglichkeitsprüfung zuständige und die für die Genehmigungsverfahren zuständigen Behörden auseinanderfallen196 • Hingegen betrifft Art. 6 Abs. 1 EG-RL UVP nicht allein die zuständige Behörde, sondern darüber hinausgehend weitere, zu beteiligende Behörden. Die Beteiligung setzt voraus, daß Behörden "in ihrem umweltbezogenen Aufgabenhereich von dem Projekt berührt sein könnten", Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EG-RL UVP. Die Voraussetzungen einer Beteiligung werden danach niedrig angesetzt. Hingegen sind die Wirkungen einer Beteiligung nicht klar definiert. Nach Art. 6 Abs. 1 EG-RL UVP haben beteiligte Behörden die Möglichkeit zur Stellungnahme oder zur Anhörung, die Benachrichtigung dieser 194 Gaentzsch, 195

NJW 1985, 2787; Seiben, 354; Wagner, Genelunigung, 190.

Püchel, UVP, 85.

196 Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 55; Cupei, UVP, 125 Rn. 7; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 67.

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

47

Behörden ist vorgeschrieben und die Einzelheiten der Anhörung sind der Regelung durch die Mitgliedstaaten vorbehaltenl97. Jedenfalls wird aus der offenen Formulierung des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EGRL UVP, sowie aus dem Umstand, daß Art. 6 Abs. 1 EG-RL UVP- anders als Art. 1 Abs. 2 und 3 EG-RL UVP- nicht an die Zuständigkeit einer Behörde anknüpft, deutlich, daß an der Umweltverträglichkeitsprüfung eine Vielzahl von Behörden, insbesondere auch parallel beteiligt werden kann und mithin der Behördenbegriff des Art. 1 Abs. 3 EG-RL UVP nicht mit dem des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EG-RL UVP identisch ist. Im ersten Fall handelt es sich um die für die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung verantwortliche Behörde, im anderen um die für die Genehmigung verantwortliche Behörde. b) Der integrative Ansatz

Mit dieser verfahrensrechtlichen Regelung der zulässigen Beteiligung mehrerer Behörden und der Zulässigkeit paralleler Genehmigungsverfahren bleibt offen, wie sich die Umweltverträglichkeitsprüfung zum Genehmigungsverfahren verhält und ob insbesondere mehrere parallele Verfahren zu einem einzigen konzentrierten Verfahren zusammenzufassen sind 198 • Obgleich die EG-RL UVP ersichtlich auf eine Verfahrensgestaltung ausgerichtet ist, enthält sie keine konkreten Anforderungen an die Ausgestaltung derselben durch die Mitgliedstaaten, sondern räumt diesen große Flexibilität ein199 • Danach ist die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung zunächst "im Rahmen der bestehenden Verfahren [ ... ] oder, falls solche nicht bestehen, im Rahmen anderer Verfahren oder der Verfahren, die einzuführen sind", zulässig, Art. 2 Abs. 2 EG-RL UVP. Die semantische Auslegung des Art. 2 Abs. 2 EG-RL UVP legt es unter Berücksichtigung des verwendeten Plurals nahe, daß die Umweltverträglichkeitsprüfung auch in parallelen Genehmigungsverfahren durchgeführt werden kann2oo. So auch: Cupei, UVP, 160 Rn. 3, 6; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 174, 196. Die Forderung nach Einführung eines selbständigen UVP-Verfahrens und Schaffung einer selbständigen UVP-Behörde wurde angesichts der EG-RL UVP insbesondere von der SPDFraktion und der Fraktion DIE GRÜNEN erhoben: BT-Drs. 11/1902, S. 5 und BT-Drs. 11/1844, S. 15. Dazu auch: Mäding, ZfU 1990, 19, 26. 199 Bartlsperger, UVP im ROV, 87, 94-96; Cupei, UVP, 125 f. Rn. 7; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 6; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 75 f. 200 Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 76 f. Diese Auslegung ist indes nicht zwingend, da sich der Plural auch auf die (mehreren) Genehmigungsverfahren der Mitgliedstaaten beziehen kann und nicht notwendig die (mehreren) binnenstaatlichen Genehmigungsverfahren betrifft. 197

198

48

B. Die Umweltverträglichkeitspriifung

Diese sprachliche Auslegung kann durch Heranziehung des Art. 3 EG-RL UVP verdeutlicht werden. Dem Gebot des integrativen Ansatzes der Umweltverträglichkeitsprüfung lassen sich wesentliche Vorgaben für die Verfahrensgestaltung in parallelen Verfahren entnehmen. Dem integrativen Ansatz ist die Forderung nach einer gesamthaften, medienübergreifenden Prüfung der Umweltauswirkungen eines Projekts zu eigen, die konsequent auch bei der Genehmigung in parallelen Verfahren zu erfüllen ist201 . Dem integrativen Ansatz der Umweltverträglichkeitsprüfung läßt sich danach das Gebot der medienübergreifenden Gesamtschau und als Konsequenz das Koordinationsgebot2D2 entnehmen, da nur in einem komplexen, koordinierten Verfahren die fachübergreifende Gesamtschau gewährleistet ist. Ebendiese Vorgaben lassen sich in parallelen Verfahren kaum durchsetzen: diese sind primär medial orientiert und durch die Vielzahl von Genehmigungen für ein Projekt lassen sie sich auch schlecht koordinieren2D3. In den Verhandlungen zur Richtlinie waren diese Probleme bekannt. Verschiedene nationale Rechtsordnungen sehen mehrere Genehmigungen für ein Projekt vor, die sich zudem auf unterschiedliche Umweltbelange beziehen204 . Die Materialien zur EG-RL UVP lassen den Schluß zu, daß an der Parallelität der Genehmigungsverfahren nichts geändert werden sollte. Hieraus erklärt sich die Offenheit des Art. 2 Abs. 2 EG-RL UVP. Es sollte allein sichergestellt werden, daß eine für die Durchführung und BündeJung der Umweltverträglichkeitsprüfung zuständige Behörde von den Mitgliedstaaten zu benennen ist205. Die zugrunde gelegte Definition des integrativen Ansatzes könnte eine Verdichtung der Umweltverträglichkeitsprüfung auf ein einziges, einheitliches Prüfverfahren nahelegen, um so den medienübergreifenden Ansatz zu wahren. Nun betrifft aber der integrative Ansatz des Art. 3 EG-RL UVP im Rahmen des Art. 2 Abs. 2 EG-RL UVP das Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren und in der Folge das Genehmigungsverfahren. Danach ist die Umweltverträglichkeitsprüfung stets bereichsübergreifend und gesamthaft angelegt, was mitunter auch nur in einem einheitlichen Verfahren zu gewährleisten ist. Daraus Bleckmann, WiVerw. 1985, 86, 96; Cupei, UVP, 126-128 Rn. 8; Jarass, UVP bei Industrievorhaben, 32. 201 Bartlsperger, DVBI. 1987, 1, 4; Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 34; Cupei, UVP, 133 Rn. 7; Erbguth/Schoeneberg, WiVerw 1985, 102, 108; Schroer, 26, 36. 202 203

Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1, 5; Jarass, UVP bei lndustrievorhaben, 30. Beckmann, DÖV 1987, 944, 950; Erbguth, DÖV 1988, 481, 483.

Cupei, UVP, 153 f. Rn. 10; Jörissen/Coenen/Franz, Die UVP in den USA, 60-63. Zu den Materialien: Cupei, UVP, 153 f. Rn. 10. Krit. zur Entstehungsgeschichte: Bleckmann, WiVerw 1985, 86, 95 f. 204 205

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

49

ergibt sich aber noch nicht, daß auch die parallelen Genehmigungsverfahren zu einem einzigen Verfahren konzentriert werden müssen206 • Vielmehr kann die medienübergreifende Umweltverträglichkeitsprüfung auch in parallelen Genehmigungsverfahren mitberücksichtigt werden, wenn und soweit nur der integrative Ansatz in jedem einzelnen der parallelen Genehmigungsverfahren gewährleistet ist207 . Folglich hat die Richtlinie auch nicht die Zuständigkeit zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung auf eine Behörde konzentriert. Vielmehr kann diese auch im gemeinschaftsrechtlich zulässigen Rahmen von mehreren Behörden durchgeführt werden, Art. 2 Abs. 2, Art. 1 Abs. 2 EG-RL UVP208 • Der integrative Ansatz könnte sich in parallelen Verfahren durchsetzen, wenn in einem von mehreren Verfahren eine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird und die anderen Behörden an dieses Ergebnis in einem gewissen Umfang gebunden sind209. Auch in diesem Fall wäre sichergestellt, daß jedes einzelne der zur Zulassung erforderlichen Genehmigungsverfahren vom integrativen Ansatz geprägt ist. Sofern sich der integrative Ansatz in einer Vielzahl von Verfahren nicht verwirklichen läßt, ist nach einer anderen Verfahrenslösung gemäß Art. 2 Abs. 2 EG-RL UVP zu suchen: die Einführung eines eigenständigen UVPVerfahrens oder aber die Anpassung der bestehenden Genehmigungsverfahren durch Einfügung von geeigneten Verfahrensvorschriften, etwa der Verfahrenskonzentration. Andererseits könnte es sich auch so verhalten, daß sich der im besonderen Maße umsetzungsrelevante integrative Ansatz vornehmlich in mehreren, aufgespaltenen Verfahren durchführen läßt. Für eine solche Wertung läßt sich anführen, daß es gerade die Komplexität der Umweltverträglichkeitsprüfung erfordert, in mehreren, geeigneten Verfahren durchgeführt zu werden210 . Ge206 Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1, 5. And. wohl Banlsperger, DVBI. 1987, 1, 4, 9. 207 Banlsperger, DVBI. 1987, 1, 11; Cupei. UVP, 114 Rn. 14, 128 Rn. 8, 152-155 Rn. 811; ders., DVBI. 1985, 813, 816 f.; Erbguth/Schoeneberg, WiVerw 1985, 102, 121-124; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1, 5; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 79. 208 Desgleichen: Cupei, UVP, 114 Rn. 14, 126 Rn. 8, 152-155 Rn. 8-11 ; ders., DVBI. 1985, 813, 816 f.; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 67. Abschwächend Bleckmann, WiVerw 1985, 86, 96 f. Als argurnenturne contrariodient Art. 3 EG-RL UVP, der die zuständige Behörde gerade nicht erwähnt. 209 Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1, 5. 21o So für die Zulässigkeit der vertikalen Stufung: Banlsperger, DVBI. 1987, 1, 11; Cupei, UVP, 126-128 Rn. 8, 155 f . Rn. 12; Bleckmonn, WiVerw 1985, 86, 100 f. ; Erbguth/ Schoeneberg, WiVerw 1985, 102, 120; Salzwedel, Umweltverträglichkeitsuntersuchungen bei Verkehrsplanungen, 79 f. 4 Lande!

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

gen diese Aufspaltung der Umweltverträglichkeitsprüfung spricht, daß damit ihre Konsistenz gefährdet wird. Nach den europarechtlichen Vorgaben ist eine Aufspaltung der Umweltverträglichkeitsprüfung in mehreren parallelen Genehmigungsverfahren zulässig; ob darüber hinaus eine solche Aufspaltung auch gemeinschaftsrechtlich geboten ist, ergibt sich nicht aus der EG-Richtlinie selbst, sondern hängt von der Umsetzungsfähigkeit des mitgliedstaatliehen Rechts unter Beachtung des integrativen medienübergreifenden Ansatzes ab. Eine Aufspaltung der Umweltverträglichkeitsprüfung in parallelen Genehmigungsverfahren ist nur dann geboten, wenn anders der integrative Ansatz nicht erfüllt wird. Die Aufspaltung ist hingegen nicht erforderlich oder verbietet sich sogar, wenn der integrative Ansatz gefährdet wäre. Eine detaillierte Analyse bleibt demnach der Prüfung der Richtlinienkonformität der Umsetzung und dort der Verwirklichung des integrativen Ansatzes vorbehalten. Dieser Befund hängt damit zusammen, daß erst die Umsetzung des Art. 2 Abs. 2 EG-RL UVP in nationales Recht die Verknüpfung von Umweltverträglichkeitsprüfung und Genehmigungsverfahren begründet. Die EG-Richtlinie schreibt den Mitgliedstaaten eine detaillierte Einfügung der Umweltverträglichkeitsprüfung bewußt nicht vor, um ihnen so eine weitreichende Flexibilität durch generell-abstrakte Umsetzungsmodalitäten anstelle einzelfallbezogener Regelungen bei der Anpassung an die Richtlinie zu verschaffen211 • Nun wird der integrative Ansatz in den verschiedenen nach Art. 2 Abs. 2 EGRL UVP möglichen Verfahren unterschiedlich zu verwirklichen sein, je nachdem, wie das Umsetzungsgesetz die Umweltverträglichkeitsprüfung mit dem Genehmigungsverfahren verknüpft. Diese Sichtweise findet sich in den Varianten des Art. 2 Abs. 2 EG-RL UVP bestätigt. Entscheidet sich der Umsetzungsgesetzgeber für ein selbständiges UVP-Verfahren, stellt sich die Problematik der parallelen Verfahren jedenfalls in Bezug auf die Umweltbelange nicht, da ein einheitliches UVP-Ergebnis ergeht. Anderes gilt hingegen für eine Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung in den bestehenden parallelen Verfahren, da hier die Umweltverträglichkeitsprüfung jeweils ressortspezifisch ergeht und somit nicht nur die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen in sich birgt, sondern zudem durch die ressortspezifische Verengung dem integrativen Ansatz nicht zu genügen droht.

211

Cupei, UVP, 117 f. Rn. 15; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 67.

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

51

c) Das Gebot des einheitlichen Gesamtergebnisses

Der integrative Ansatz der EG-RL UVP könnte erfordern, daß die Umweltverträglichkeitsprüfung- sei es in einem oder in mehreren parallelen Verfahren - mit einem einheitlichen Gesamtergebnis abschließt. Damit ist nicht die Frage der Verknüpfung von Umweltverträglichkeitsprüfung und Genehmigungsverfahren betroffen, sondern allein Verfahren und Gehalt der Umweltverträglichkeitsprüfung vor Abschluß des Zulassungsverfahren. Der anspruchsvolle integrative Ansatz der Umweltverträglichkeitsprüfung könnte eine umfassende und gesonderte Überprüfung der Auswirkungen eines Vorhabens auf alle Umweltmedien angezeigt erscheinen lassen, die mit einem einheitlichen Gesamtergebnis abgeschlossen wird. Das Gebot der umfassenden Prüfung ist Art. 3 EG-RL UVP zu entnehmen. Die einheitliche umfassende Prüfung wird unter Aspekten der Umweltvorsorge als unverzichtbar angesehen212. Für diesen Ansatz spricht der Gesichtspunkt der Effizienz. Der im Bewertungsverfahren eingeführte integrative Ansatz setzt sich nachhaltig erst dann durch, wenn er auch in der Berücksichtigungsphase umfassende Wirkung entfaltet. Diese Sicht folgt dem Kontext der EG-Richtlinie. Art. 3 EG-RL UVP nimmt die Art. 4-11 EG-RL UVP ausdrücklich in Bezug und ist somit auch in den Begriff der Angaben nach Art. 8 EG-RL UVP hineinzulesen21 3. Demnach ist Art. 8 EG-RL UVP die zentrale Verknüpfungsnorm zwischen der Umweltverträglichkeitsprüfung und den Zulassungsverfahren. An diesem wesentlichen Punkt enthält sich die EG-Richtlinie der konzisen Vorgaben und überläßt die Implementation der Umweltverträglichkeitsprüfung in die Zulassungsverfahren der mitgliedstaatliehen Umsetzung. Daher ist der integrative Ansatz in der Umweltverträglichkeitsprüfung ganz enthalten, erscheint aber bei der Berücksichtigung im Genehmigungsverfahren nurmehr als Reflex. Für ein einheitliches Gesamtergebnis spricht die komplexe Prüfungsmaterie des Umweltschutzes. Eine Aufteilung und Abschichtung von Problembereichen läßt sich im ökologisch vernetzten System nur schwer durchsetzen. Dies erklärt sich aus der Struktur der komplexen Verwaltungsentscheidungen, denen komplizierte, schwer zu überschauende Sachverhalte unterliegen, die sich

212 Becker, BayVBI. 1990, 353, 355; Bunge, ZtU 1984, 405, 418; Cupei, UVP, 133; Erbguth/Schoeneberg, WiVerw 1985, 102, 108; Hoppe/Appold, DVBI. 1991, 1221, 1223; Hoppe!Püchel, DVBI. 1988, 1, 5; Hucke/Seidel/Zimmermann, 239; Jarass, UVP bei Industrievorhaben, 13, 30 f.; Steinberg, NuR 1983, 169, 169; Schemel, UVP, 46 f. Nach anderer Auffassung ist eine gesonderte Ermittlung, Beschreibung und Bewertung nicht erforderlich: Ronellenjitsch, DÖV 1989, 737, 748, aber einschr. ders. , DVBI. 1991, 920, 927. 213 Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1, 3 f.; Lange, DÖV 1992, 780, 788; Püchel, UVP, 82-84.

52

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

nicht ohne weiteres aus dem Gesetz deduzieren lassen214 . Im umweltrelevanten Bereich tritt die Schwierigkeit hinzu, daß sich Folgewirkungen kaum prognostizieren lassen und von außerrechtlichen - naturwissenschaftlich-technischen und ökonomischen - Prozessen beeintlußt werden215 . Zudem sind die Auswirkungen und die Unterbindung von Auswirkungen eines Vorhabens auf ein Umweltmedium von Rück- und Gegenwirkungen auf ein anderes Umweltmedium begleitet2I6. Dieser komplexe Prüfungsstoff läßt sich daher geeignet durch eine einheitliche und übergreifende Entscheidung über die Umweltauswirkungen abarbeiten, bei der die Umweltbelange im Verbund erfaßt und so die negativen Folgen der sektoral orientierten Fachressortverwaltung und der Spezialisierung überwunden werden217 . Dieser Ansatz verfolgt eine horizontale Konzentration der Genehmigungsverfahren durch Verfahrensbündelung und Entscheidung durch Gesamtakt. Die Begründung für dieses extensive Modell sehen Erbguth/Schoeneberg im integrativen Ansatz. Danach sollen die Auswirkungen eines Vorhabens in einem Verfahren analysiert und bewertet werden. Sie gehen von einem fachverschmelzenden Modell der Umweltverträglichkeitsprüfung aus, das sich konsequent von den medial beschränkten Zulassungsverfahren löst und nur in einem einheitlichen Prüfungsverfahren zu erzielen ist218 . Andererseits wenden sie sich gegen die Einführung der Umweltverträglichkeitsprüfung als ein selbständiges Gesamtverfahren, da es sich nicht mit der überkommenen Verwaltungsstruktur der horizontalen Verfahrensaufteilung und dem Ressortprinzip vereinen läßt219 . Aber auch die Forderung nach einer einheitlichen Gesamtentscheidung der Umweltverträglichkeitsprüfung läßt sich in parallelen Verfahren nur mit Konzentrationsregelungen verwirklichen220, die einem selbständigen Gesamtverfahren recht nahe kommen. Auch Wahl schließt aus dem integrativen und medienübergreifenden Charakter der Umweltverträglichkeitsprüfung, daß deren Ergebnis eine Ge-

214 215

Steinberg, DÖV 1982, 619, 619 f . Gassner, UPR 1993, 241 , 244.

216 Erbguth/Schoeneberg, WiVerw 1985, 102, 111 f.; Schoeneberg, UVP und Raumordnungsverfahren, 25-29. 217 Erbguth/Schoeneberg, WiVerw 1985, 102, 122. 218 Erbguth, DÖV 1988, 481, 483; ders./Schoeneberg, WiVerw. 1985, 102, 108. 219 Erbguth/Schoeneberg, WiVerw. 1985, 102, 119. 22o Erbguth, DÖV 1988, 481 , 486 ff.; ders., DV 1991, 283, 297; ders.!Schoeneberg, WiVerw 1985, 102, 122.

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

53

Samtbeurteilung enthalten muß221 . Eine Gesamtbeurteilung läßt sich in parallelen Verfahren nur de lege ferenda durch Konzentrationsregelungen einführen. Wahl warnt vor einer Überforderung des integrativen Ansatzes in sektoral-parallelen Verfahren222 . Er möchte es bei den parallelen Verfahren belassen und nur einem dieser parallelen Verfahren eine die Fachverfahren übergreifende Gesamtbewertung einräumen223. Hoppe/Püchel gehen von einem moderaten Begriff des integrativen Ansatzes aus. Sie sehen diesen bereits dann als erfüllt an, wenn vom einzelnen Umweltmedium her in einem stemförmigen Modell gedacht wird, in dessen Mittelpunkt das jeweilige Medium steht, von dem aus auch die anderen Medien mit in die Betrachtung einbezogen werden können224 . Der entscheidende Vorteil dieses Lösungsvorschlags liegt darin, daß es grundsätzlich bei den bestehenden Fachgenehmigungsverfahren bleiben kann und eine übergreifende Gesamtbeurteilung eben nicht erforderlich ist225 . Vielmehr ergeht die Beurteilung der Umweltauswirkungen in den einzelnen Fachgenehmigungsverfahren226. Daher erübrigt sich auch die komplizierte Bündelung der Verfahren227 . Es bleibt aber das Problem, wie die einzelnen Genehmigungsverfahren sinnvoll zu koordinieren sind228 . Darüber hinaus muß einem der parallelen Verfahren eine übergreifende Position dann erteilt werden, wenn eines der Verfahren aufgrund der Struktur der Zulassungsnorm für die Aufnahme der UVPErgebnisse nicht hinreichend offen ist229. d) Der Projektbegriff der EG-RL UVP

Nach Art. 1 Abs. 1 EG-RL UVP ist mit Projekt gemeint die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen, sowie sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich derjenigen zum Abbau der Bodenschätze. Die nähere Beschreibung findet sich in Art. 4 Abs. 1 und 2 EG-RL UVP und in den 221 Wahl, DVBI. 1988, 86, 87. Ähnl. die Stellungnahme des Rates von Sachverständigenfür Umweltfragen zur Umsetzung der EG-UVP, DVBI. 1988, 21, 27; Bartlsperger, DVBI. 1987, 1, 4. 222 Wahl, DVBI. 1988, 86, 87 f. 223 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 27 rechts oben; Wahl, DVBI. 1988, 86, 88. 224 Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, I, 4 f . Hiergegen: Erbguth, DÖV 1988, 481, 484. Dagegen: Püchel, UVP, 67-71. 225 Püchel, UVP, 73 f., 87 f. vermeidet folglich auch den Begriff .Gesamtbeuneilung".

226 227 228 229

Püchel, UVP, 116 f. zu einem Formulierungsvorschlag. Püchel, UVP, 89 f . Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, I, 5 zum Koordinationsgebot. Hoppe!Püchel, DVBI. 1988, 1, 5; Püchel, UVP, 91.

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

hierzu ergangenen Anhängen I und II EG-RL UVP. Der Projektbegriff der EG-RL UVP hält sich an die gegenständliche Reichweite eines Vorhabens etwa eine Erdölraffmerie - und nicht an die fachgesetzliche Zuständigkeitsordnung230. Damit reicht der Projektbegriff der EG-RL UVP erheblich weiter als der Anlagenbegriff des deutschen Verwaltungsrechts231• Der Projektbegriff gilt als ein neuer, die traditionellen Rechtsbegriffe - wie Anlage, Unternehmen oder Vorhaben - umfassender Oberbegriff232 . Eine Folge dieses weiten Projektbegriffs ist, daß bei der Genehmigung eines der EG-RL UVP unterfallenden Projekts mehrere Anlagengenehmigungen erforderlich werden können. Püchel hat darauf verwiesen, daß dem integrativen Ansatz auch unabhängig von dieser begrifflichen Divergenz genügt werden könne, da die Anlagen nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit anderen Anlageteilen unter Berücksichtigung der Rück- und Wechselwirkungen, ihrer Vor- und Begleitbelastungen geprüft werden, sodaß es durchaus bei einem engeren Anlagenbegriff bleiben kann233.

Darüber hinaus spricht Art. 2 Abs. 2 EG-RL UVP dafür, daß die Umweltverträglichkeitsprüfung auch in den anlagenbezogenen Verfahren durchgeführt werden kann, wenn und soweit nur die Leitlinien der EG-RL UVP erfüllt werden. Die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung richtet sich dann vornehmlich nach dem Anlagenbegriff des jeweiligen Gesetzes. Die Konkretisierung des gemeinschaftsrechtlichen Projektbegriffs ist damit gleichermaßen der mitgliedstaatliehen Umsetzung vorbehalten.

5. Die Behandlung paralleler Zulassungsverfahren in den Umsetzungsnormen anderer EG-Mitgliedstaaten und in den USA Sämtliche EG-Mitgliedstaaten und die USA sehen für größere Projekte parallele Zulassungsverfahren vor234 . Folglich stellt sich auch die Frage nach ei230

Wagner, Genelunigung, 264.

Erbguth, NVwZ 1988, 969, 975 f .; Jarass, Auslegung der EG-Richtlinie, 31 f.; ders., UVP bei Industrievorhaben, 5, 24; Püchel, UVP, 102; ders., ZAU 1988, 121, 125; Soell!Dimberger, NVwZ 1990, 705, 706; Wagner, Genehmigung, 159-165; Wendling, et 1988, 291, 294. 232 Cupei, UVP, 110 f.; Püchel, UVP, 8 f. 233 Püchel, UVP, 103. 231

234 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, S. 14 = BR-Drs. 335/88, S. 34-36; Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 43; Cupei, UVP, 153 f. Rn. 10; Erbguth!Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 24-36; Hundertmark, Durchführung der UVP, 40-45; Jörissen!Coenen!Franz, Die UVP in den USA, 60. Eine rechtsvergleichende Synopse zur Umsetzung in den EG-Mitgliedstaaten ist enthalten in: Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 43 ff.; dies., et 1988, 894, 896-897. Zur Umweltverträglichkeitsprüfung in den internationalen Organisationen: Eberhardt, NuR 1991, 1-8.

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

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ner sinnvollen Implementation der Umweltverträglichkeitsprüfung in diese Zulassungsverfahren, zumal gerade bei der Auslegung von Gemeinschaftsrecht die rechtsvergleichende Sinnermittlung erforderlich ist235 . a) Einbindung in das bestehende Rechtssystem

aa) Implementation in bestehende Verwaltungsverfahren Im Rahmen des Art. 2 Abs. 2 EG-RL UVP haben sich die meisten EGMitgliedstaaten (Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Irland und Spanien) für die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung in den bestehenden Verwaltungsverfahren entschlossen236 • In Großbritannien erfolgt die Umweltverträglichkeitsprüfung in einer Art Bauplanung237 . Hiervon werden indes nicht sämtliche Projekte im Sinne der EG-RL UVP erfaßt238. Zudem haben die zuständigen Behörden ein weites Ermessen bei der Berücksichtigung der Umweltverträglichkeitsprüfung, das keine Gewähr für die hinreichende Abwägung der Umweltbelange bietet239 . Die Regierung ist mittlerweile einer Beschwerde an die Europäische Kommission unterzogen worden240 •

bb) Selbständige Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren In Griechenland241 ist die Umweltverträglichkeitsprüfung Kernstück des neu eingeführten Verfahrens zur Festlegung von Umweltauflagen. In Italien und Portugal wird die Umweltverträglichkeitsprüfung als eigenständiges Verfahren eingeführt, das den eigentlichen Genehmigungsverfahren vorgeschaltet ist242 . In den USA ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ein eigenständiges neues Verfahren nach § 102 NEPA243, das neben den bestehenden Verfahren durchgeführt wird und mit diesen durch einzelne Verknüpfungsregelungen Winter, NuR 1989, 197. Coenen!lörissen, UVP in der EG, 56, 74 f., 91, 141, 160, 267; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Ein!. Rn. 30, 36; Hundenmark, Durchführung der UVP, 55, 81. 237 Lomas, DVBI. 1990, 1201, 1201 ff. 238 Lomas, DVBI. 1990, 1201, 1204 f . 239 Lomas, DVBI. 1990, 1201, 1205. 240 Lomas, DVBI. 1990, 1201, 1206 ohne Quellenangabe. 241 Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 125. 242 Coenenllörissen, UVP in der EG, 182, 252; Jarass, NuR 1991, 201, 202. 243 Pub!. L. 91-190, 42 U.S.C. 4321-4337, January 1, 1970, as amended by Publ. L. 94-52, July 30, 1975, and Publ. L. 94-83, August 9, 1975; zit. etwa in: lörissen/Coenen/Franz, Die UVP in den USA, 248-255. Zur Vorbildfunktion der US-Regelung: Eberhardt, ZfU 1988, 361, 374 f.; ders., NuR 1991, I, 1; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Ein!. Rn. 24. 235

236

56

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

verbunden ist244 . Der gesetzliche Aufgabenbereich der Behörden wird für umweltbezogene Entscheidungen erweitert245 . In den Niederlanden ist die Umweltverträglichkeitsprüfung ein formalisiertes Verfahren, das über Verknüpfungsregeln mit den entsprechenden Schritten der Genehmigungsverfahren zu koordinieren ist246. b) Verantwortlichkeiten im Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren

Zunächst ist zu untersuchen, wer bei der Beteiligung mehrerer Behörden für die Beurteilung der Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung verantwortlich ist. Ein einheitliches Gesamtergebnis gerade in parallelen Verfahren ist besser zu erzielen, wenn dieser Verfahrensschritt von einer übergeordneten oder externen Stelle durchgeführt wird. Die Bewertung der Umweltverträglichkeit könnte als Koordinationsinstrument dienen, wenn die übrigen Behörden an diese Bewertung in gewissem Umfang gebunden werden. In Italien und Portugal ist das für Umweltfragen zuständige Ministerium für die Verfahrensdurchführung und die Bewertung und Beurteilung der Umweltverträglichkeit zuständig247 , in Griechenland ist das für Umweltschutz zuständige Ministerium neben den für die Genehmigung des Vorhabens zuständigen Ministerien beteiligt248 . In den Niederlanden kann nach den fachgesetzlichen Vorschriften eine unabhängige Kommission für die Milieu-Effectrapportage eingesetzt werden. Dieser Kommission kommt für das Verwaltungsverfahren unterstützende, nicht aber entscheidende Wirkung zu249 . Ähnliches gilt für Belgien und Dänemark250 . In Großbritannien wirkt sich in verwaltungspraktischer Hinsicht aus, daß die Zentralregierung erheblichen Einfluß auf die kommunalen Baubehörden ausüben kann251 . In Spanien erfolgt eine entsprechende Kontrolle durch die Umweltfachbehörde252 . Hingegen haben sich Frankreich, Großbritannien und Irland für die Durchführung der Umweltver244

Jörissen!Coenen!Franz, Die UVP in den USA, 28, 53-66.

Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 25; Hundertmark, Durchführung der UVP, 43. Allgemein zum medienübergreifenden Ansatz in den USA: Eberhardt, ZfU 1988, 361 , 365, 374. 245

246 Bunge, ZfU 1983, 389, 397; Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 202; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 32; Hundertmark, Durchführung der UVP, 58. 247

Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 183, 188 f., 253 .

248

Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 125 f., 128.

249 Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 209 f., 223-225; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 33; Hundenmark, Durchführung der UVP, 59.

25 1

Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 58, 64, 76, 80. Lomas, DVBI. 1990, 1201, 1202 f ., 1207.

252

Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 269, 273.

250

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

57

träglichkeitsprüfung in den Zulassungsverfahren ohne externe Kontrolle entschlossen253. Vorliegend ist auch die Frage interessant, wie die Verantwortung bei der Beteiligung mehrerer Behörden ausgestaltet wird. Eine breite Diskussion fand diese Problematik in den USA254 . Drei Lösungen wurden angeboten. Jede zuständige Behörde verfaßt ihre eigene Umweltverträglichkeitserklärung; damit wird das Fachwissen berücksichtigt, andererseits werden die medienübergreifenden Aspekte nicht hinreichend in das UVP-Verfahren eingeführt und die Koordination ist nicht zureichend. Eine weitere Lösung ist, daß die betroffenen Behörden eine gemeinsame Erklärung verfassen (Joint Overview Statement). Damit werden die fachlichen Aspekte auch in einer medienübergreifenden Weise berücksichtigt, andererseits ist keine der Behörden für die Umweltverträglichkeitsprüfung letztverantwortlich. Die dritte und schließlich favorisierte Lösung ist, daß eine der betroffenen Behörden zu einer federführenden Behörde (Lead Agency) gewählt wird, die die Verantwortung für die Erstellung der Umweltverträglichkeitserklärung trägt. Dies hat den Vorteil für sich, daß die Umweltverträglichkeitsprüfung gut koordiniert wird. Auf der anderen Seite könnten die anderen Behörden für die Beteiligung an der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht motiviert sein. Dieser Nachteil soll durch weitreichende Kooperationserfordernisse bei der Erstellung der UVP-Erklärung ausgeglichen werden255 . Die Wahl der federführenden Behörde richtet sich nach dem Ausmaß der jeweiligen Beteiligung, dem Grad der Verantwortung für die Genehmigung oder Ablehnung des Vorhabens, dem Sachverstand im Hinblick auf die betroffenen Umweltbereiche, der Dauer und der Reihenfolge der Beteiligung256 . Im Streitfall entscheidet eine übergeordnete Behörde (Council on Environmental Quality)257 • Die Berücksichtigung der UVP-Erklärung durch die anderen Behörden wirft weniger Koordinationsprobleme auf, da die Umweltverträglichkeitsprüfung in den USA ein selbständiges Verfahren ist, was eine vollständige Bindung an das Ergebnis der federführenden Behörde zur Folge hat. In Belgien ist bei Vorhaben, die mehrere Genehmigungen erfordern, nur eine Umweltverträglichkeitsstudie zu erstellen, wobei ungeregelt bleibt, welche Behörde für die Durchführung zuständig ist258. Auch in den Niederlanden 253 Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 98, 110-113, 145 f., 151, 162 f., 169 f .; Hundenmark, Durchführung der UVP, 55; Lomas, DVBI. 1990, 1201, 1204, 1207. 254 Jörissen/Coenen/Franz, Die UVP in den USA, 112-116 m.w.N. in Fn. 20. 255 Jörissen/Coenen/Franz, Die UVP in den USA, 1%-200. 256 Jörissen/Coenen/Franz, Die UVP in den USA, 114; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Ein!. Rn. 27. 257 Jörissen/Coenen!Franz, Die UVP in den USA, 125. 258 Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 58.

58

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

ist in parallelen Verfahren nur eine Umweltverträglichkeitsstudie zu erstellen, für die der Provinzialausschuß zuständig ist. Mit dieser einheitlichen Umweltverträglichkeitsprüfung durch eine Koordinierungsstelle sollen Prüfungslücken vermieden werden. Die Genehmigungsbehörden haben das Untersuchungsergebnis zu berücksichtigen. Die Entscheidungskompetenz der Genehmigungsbehörde wird nicht berührt259. c) Beteiligung anderer Behörden

aa) Funktion der Beteiligung Die Konsultation anderer Behörden dient nach Art. 5 Abs. 3, 6 Abs. 1 EGRL UVP der Beratung und Kontrolle. Die meisten EG-Mitgliedstaaten (Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Irland und Spanien260) sehen in den üblichen Verwaltungsverfahren bereits umfangreiche Konsultationserfordernisse vor, sodaß ein weiterer Umsetzungsbedarf nicht erkannt wurde.

bb) Neue Konsultationserfordernisse In anderen EG-Mitgliedstaaten (Griechenland, Italien, Niederlande und Portugal261 ) wurden weitergehende Konsultationserfordernisse festgelegt, um eine frühzeitige Beteiligung sicherzustellen und die Einbeziehung von Organisationen und Personen mit Umweltsachverstand zu ermöglichen. Die Beteiligung anderer Behörden wird teils bereits bei der Festlegung von Inhalt und Reichweite der Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen (Griechenland, Niederlande und Portugal) oder wird zumindest empfohlen (Großbritannien). Diese frühe Konsultation anderer Behörden kann die verschiedenen Verfahren gut koordinieren, was schließlich zu einer Harmonisierung und Beschleunigung der Verwaltungsverfahren führen könnte262. In den USA sieht § 102 (2) (c) NEPA vor, daß die zuständige Behörde andere Behörden bei der Erstellung der Umweltverträglichkeitsprüfung durch 259 Bunge, Ztu 1984, 389, 398; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 35; Hundertmark, Durchführung der UVP, 61. Fragwürdig ist daher die Darstellung in der Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 14: der

Prüfauftrag des Provinzialausschusses ist zwar erweitert, er entscheidet aber nicht über die Zulassung. 260 Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 57, 79, 110, 150, 168 f., 273; Hundertmark, Durchführung der UVP, 55 f. 261 Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 127 f., 187 f., 222, 253, 256. 262 Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 13 f.

II. Das Anforderungsprofil der EG-RL UVP

59

die Einholung von Stellungnahmen zu beteiligen hat263 . Die Beteiligung setzt bereits früh im Scoping-Verfahren ein, in dem die zu untersuchenden Inhalte einer Umweltverträglichkeitserklärung definiert und identifiziert werden264 . Das UVP-Verfahren begleitet die bestehenden Prüfungsverfahren265 . Nach § 309 Clean Air Act hat eine neutrale sachkompetente Behörde (Environmental Protection Agency) zu jeder Umweltverträglichkeitserklärung Stellung zu nehmen266 . Die Koordination der beteiligten Behörden wurde durch das "Tiering" wesentlich verbessert; hiernach wird den Behörden gestattet, auf andere Umweltverträglichkeitserklärungen inhaltlich zurückzugreifen oder zu verweisen267 , wodurch unnötige Doppelprüfungen weitgehend vermieden werden. d) Verknüpfung von Umweltverträglichkeitsprüfung und Entscheidung

Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist ein nur entscheidungsvorbereitendes Verfahren zur Bereitstellung umweltbezogener Informationen für die Behörden. Insbesondere ersetzt oder präjudiziert sie nicht die eigentliche Zulassungsentscheidung. Auch räumt Art. 8 EG-RL UVP den Umweltbelangen keine unbedingte Priorität ein. Andererseits fordert Art. 8 EG-RL UVP die gesamthafte und medienübergreifende Berücksichtigung der Umweltverträglichkeitsprüfung auch in parallelen, sektoral orientierten Genehmigungsverfahren. Weniger Probleme bereitet die Behandlung paralleler Zulassungsverfahren in den Ländern, die ein formalisiertes UVP-Verfahren vorsehen (Griechenland, Italien, Niederlande und Portugal), sowie in den Ländern, die die Umweltverträglichkeitsprüfung einer anderen als der Genehmigungsbehörde überantworten (Portugal268) oder die Genehmigungsbehörde nicht allein entscheidungsbefugt ist, sondern das Einvernehmen mit dem für Umweltfragen zuständigen Ministerium herzustellen ist (Griechenland, Italien und Spanien269). In den übrigen Staaten wird die Umweltverträglichkeitsprüfung von der Behörde durchgeführt, die auch hauptsächlich für die Genehmigung zuständig ist. Hier ergibt sich dann die Schwierigkeit, daß die einzelnen Ge-

263

Eberhardt, Ztu 1988, 361, 375; Jörissen!Coenen/Franz, Die UVP in den USA, 61 , 112-

264

Jörissen!Coenen/Franz, Die UVP in den USA, 61, 132 f ., 231. Jörissen/Coenen/Franz, Die UVP in den USA, 13. Jörissen!Coenen!Franz, Die UVP in den USA, 21-23, 200 f . Jörissen/Coenen!Franz, Die UVP in den USA, 61-63, 154-156, 158. Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 256. Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 125 f., 128, 189, 269, 273.

116.

265

266 267 268 269

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

60

nehmigungsverfahren die Beurteilungskompetenz der Behörde auf die im Fachgesetz explizit genannten, sektoralen Belange beschränken270 • In den Niederlanden sieht die UVP-Regelung eine Erweiterung des Entscheidungsspielraums der für die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung verantwortlichen Behörde vor, um so eine medienübergreifende Gesamtbewertung aller Umweltauswirkungen zu gewährleisten271 • Hier wirkt sich der Vorteil eines formalisierten UVP-Verfahrens insofern aus, als die Bewertungskompetenz auf eine Behörde zentralisiert wird. Die Fachbehörden haben das Prüfungsergebnis zu berücksichtigen und können die eigentliche Genehmigung mit Auflagen, Bedingungen und Beschränkungen versehen oder ganz verweigern. Mit diesem Ansatz wurde zwar keine Konzentration der parallel erforderlichen Genehmigungsverfahren erreicht. Vielmehr hat jede Behörde auf der Basis der UVP-Ergebnisse und des Genehmigungsantrags eine Zulassungsentscheidung gesondert zu treffen272. Durch die Überantwortung der Entscheidungsbefugnis an eine der beteiligten Behörden (in der Regel der Provinzialausschuß) wird aber eine Koordination der diversen Verfahren jedenfalls in Bezug auf die Berücksichtigung der Umweltverträglichkeitsprüfung erreicht. Hierdurch werden insbesondere solche Beeinträchtigungen berücksichtigungsfähig, die in sektoralen Gesetzen nicht enthalten sind oder die erst zusammengenommen zu einer unzumutbaren Gesamtbelastung der Umwelt führen. Hieraus wird deutlich, daß dem integrativen Ansatz auch in parallelen, sektoral strukturierten Verfahren nachgekommen werden kann, sofern nur einer koordinierenden Behörde ausreichende Kompetenzen im Verfahren eingeräumt werden. Ähnliches gilt für die USA. Die bereits bestehenden Gesetze wurden in ihrer fachmedialen Ausrichtung belassen, die Umweltverträglichkeitsprüfung wurde als übergreifendes Gesetz konzipiert und die zuständigen Behörden wurden verpflichtet, über ihren gesetzlich zugewiesenen Auftrag hinaus die Ziele und Verfahrensschritte in weitest möglichem Umfang ("to the fullest extent possible", § 102 NEPA) zu erfüllen, solange nicht bestehendes Recht dies ausdrücklich verbietet, § 104 NEPA273 • Diese Vorschrift ist ein Kompromiß. Sie schlichtet zwischen dem Bestreben, eine die Umwelt in ihrer Gesamtheit berücksichtigende Umweltverträglichkeitsprüfung zu gewährleisten und der Notwendigkeit, die gewachsenen Verwaltungsstrukturen zu belassen und dem Entstehen neuer "Umwelt-Superbehörden" in der Fachverwaltung Bunge, Zfl.J 1984, 389, 418 f.; Hundertmark, Durchführung der UVP, 80 f . Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 210-212, 226; Erbguth/Schink, Korrun. UVPG, Einl. Rn. 35; Hundertmark, Durchführung der UVP, 61. 272 Coenen/Jörissen, UVP in der EG, 211. 273 Eberhardt, Zfl.J 1988, 361, 365, 374; Erbguth/Schink, Korrun. UVPG, Einl. Rn. 25; Jörissen/Coenen/Franz, Die UVP in den USA, 13, 15, 28. 270

271

III. Die Umsetzung im UVPG

61

vorzubeugen. In den parallelen Verfahren suchen die USA dem Koordinationsbedürfnis dadurch nachzukommen, daß alle betroffenen Behörden bereits frühzeitig an der Umweltverträglichkeitsprüfung beteiligt werden und zudem eine gemeinsame Umweltverträglichkeitserklärung erstellt wird274 .

111. Die Umsetzung im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 12.02.1990 1. Vorgaben für die Umsetzung der EG-Richtlinie Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG275) war von wesentlichen Vorgaben geprägt. a) Intention der "optimalen Umsetzung"

Nach Erlaß der EG-Richtlinie hat sich der Deutsche Bundestag bereits frühzeitig zu einer "optimalen Umsetzung" dieser Richtlinie entschlossen. Zugleich hat der Deutsche Bundestag indessen auf die "Einführung zusätzlicher bürokratischer Verfahren sowie auf die Schaffung neuer Behörden verzichtet"276. Diese mitunter widersprüchliche Zielsetzung hat sich bis in die §§ 12, 1, 2 Abs. 1 Satz 2 und 4 UVPG fortgesetzt. Es wird sich erweisen müssen, ob der anspruchsvolle integrative Ansatz der Umweltverträglichkeitsprüfung sich tatsächlich in den geläufigen Verwaltungsverfahren verwirklichen läßt.

274

Jörissen!Coenen!Franz, Die UVP in den USA, 61 f.

Vom 12.02.1990 (BGBI. I S. 205). Verkündet als Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27.06.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG) vom 12.02.1990 (BGBI. I S. 205). Geändert durch Art. 3 Drittes Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BGBI. I S. 870), Art. 4 Gesetz zur Regelung von Fragen der Gentechnik vom 20.06.1990 (BGBI. I S. 1080), Art. 9 Gesetz zur Vereinfachung der Planungsverfahren für Verkehrswege v. 17.12.1993 (BGBI. I S. 2123), Art. 6 Abs. 28 Eisenbahnneuordnungsgesetz v. 27.12.1993 (BGBI. I S. 2378) und Art. 11 Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland vom 22.04.1993 (BGBI. I S. 466). 276 Beschl. des Deutschen Bundestags v. 25.11.1983, BT-Drs. 10/613 Nm. 4 und 8, 10/628; BT-Plenarprot. 10/38, S. 2656, 2663 (38. Sitzung v. 25.01.1983); BT-Drs. 10/870, 10/1824. Der Bundesrat äußerte sich im Beschluß vom 30.01.1981 zurückhaltender: BR-Drs. 413/81. Dazu: Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 18; Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 18; Cupei, UVP, 91, 318 ff.; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 3; Storm in: HdUVP 0505 TZ 2.4.1 (1). 275

62

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

Die Bundesregierung sah dieses Ziel der optimalen Umsetzung auch mit dem Gesetzentwurf als verwirklicht an277 • Unter einer optimalen Umsetzung von EG-Richtlinien ist nicht allein das gemeinschaftsrechtlich gebotene Mindestmaß bei der Umsetzung zu verstehen278 . Zumal in Ansehung der Öffnungsklausel des Art. 13 EG-RL UVP liegt der Auftrag begründet, im mitgliedstaatlich zulässigem und umweltpolitisch vernünftigem Maß über die EGRichtlinie hinauszugehen279. Diesem Ziel ist die Bundesregierung teils, insbesondere bei der Festlegung des Anwendungsbereichs des UVPG, nachgekommen. Der Anwendungsbereich der Umweltverträglichkeitsprüfung erstreckt sich nach § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i.V.m. der Anlage zu § 3 UVPG nicht allein auf die Vorhaben des Anhangs I der EG-RL UVP, sondern auch in beschränktem Umfang auf jene des Anhangs II der EG-RL UVP, die nach Art. 4 Abs. 2 EG-RL UVP nur einer fakultativen Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen280 . Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist bei sämtlichen Vorhaben gleichermaßen qualitativ anspruchsvoll, obwohl die EG-RL UVP Unterscheidungen zulassen würde, Art. 4 Abs. 2 EG-RL UVP. Über die Anforderungen der EG-Richtlinie hinaus (Art. 4 Abs. 2 EG-RL UVP i.V.m. Anh. II Nr. 12 EG-RL UVP) werden auch wesentliche Änderungen UVP-pflichtiger Vorhaben, § 2 Abs. 2 Nr. 4 UVPG, und zumindest teilweise Projekte der Landesverteidigung, § 3 Abs. 2 UVPG, miteinbezogen281 . Das formalisierte Erörterungsverfahren des § 5 UVPG wurde verbessert282 und die grenzüberschreitende Behördenbeteiligung auf Nicht-EG-Staaten erweitert, § 8 Abs. 2 UVPG283 . Die Bauleitplanung unterliegt, sofern sie sich auf UVP-pflichtige Projekte bezieht, der Umweltverträglichkeitsprüfung, womit das UVPG einen auch programmbezogenen Teil enthält284 . Allerdings sind Bauleitpläne unter der problematischen Voraussetzung der Richtlinienkonformität des Baugesetzbuchs von der Anwen-

277 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, s. 15, 18.

280

Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 18 f.; Schoeneberg, UVP, Rn. 15. Erbgurh!Schink, Komm. UVPG, § 2 Rn. 49. Dazu etwa: Becker, BayVBI. 1990, 353; Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 16

282

Siehe: Steinberg, DVBI. 1990, 1369, 1370.

278 279

insbes. Fn. 7. 281 Dazu: Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BTDrs. 11/3919, S. 39, 50; Beschlußempfehlung des Ausschusses ftir Umwelt, Naturschurz und Reaktorsicherheit vom 07.11.1989 in: BT-Drs. ll/5532, S. 37. Feldmann., UPR 1991 , 127, 128. Aufgrund der Beschlußempfehlung des Ausschusses ftir Umwelt, Naturschurz und Reaktorsicherheit vom 07.11.1989 in: BT-Drs. 11/5532, S. 38. Steinberg, DVBI. 1990, 1369, 1370. 283

284

So: Feldmann., UPR 1991, 127. And. Ans.: Dohle, NVwZ 1989, 697, 701.

III. Die Umsetzung im UVPG

63

dung des UVPG ausgenommen, § 17 UVPG285 . Die bergrechtliehen Planfeststellungsverfahren entsprechen den Anforderungen des UVPG286 und werden daher von dessen Anwendung ausgenommen, §§ 18, 4 UVPG. Andererseits werden Anzeigeverfahren nach § 4 EnWiG von der Anwendung des UVPG ausgenommen, § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG, da es nicht spezifisch umweltrechtlichen, sondern vornehmlich energiewirtschaftliehen Belange diene287 . Insgesamt wird daher am UVPG kritisiert, daß der Gesetzgeber zwar seiner Umsetzungsverpflichtung weitgehend nachgekommen sei, indem er die Minimalanforderungen erfüllt habe, andererseits aber eine "optimale Umsetzung" nicht erreicht worden sei2ss. b) Integration in bestehende Verfahren

Frühzeitig entschloß man sich für eine Transformation der EG-RL UVP durch Integration der Umweltverträglichkeitsprüfung in die bestehenden Verfahren289. Durch diese Integration sollte die Änderung bestehender Rechtsund Verwaltungsvorschriften vermieden werden, soweit sie sich als zweckmäßig erwiesen haben und dem Zweck und Wortlaut der EG-RL UVP entsprechen. Mit der Integration der Umweltverträglichkeitsprüfung in die bestehenden Verfahren war aber zugleich die Absage an die Einführung eines selbständigen UVP-Verfahrens und die Errichtung einer besonderen UVP-Behörde verbunden290 . Mit dieser grundsätzlichen Entscheidung wandte sich der Gesetzgeber gegen eine denkbare Verfahrenskonzentration291 , die eine me285 Krit.: Schroer, DVBI. 1987, 1096, 1098 ff.; Soell/Dirnberger, NVwZ 1990, 705, 706; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 997. And. Ans.: Dohle, NVwZ 1989, 697, 700 ff. 286 Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 27; Kremer, NVwZ 1990, 736, 737. 287 Jarass in: Tettinger (Hrsg.), UVP bei Projekten des Bergbaus und der Energiewirtschaft, 53, 64; Stober, HdB WiVwR, § 113 III 3, S. 1264. And. Ans.: Erbguth/Schlarmann, UPR 1981, 345, 349; Grabosch, DVBI. 1989, 390, 391; Kloepfer, UmwR, § 8 Rn. 75, S. 508; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 997. Hinsichtlich der Einbeziehung von Belangen der Raumordnung und der Landesplanung offengelassen vom BVerwG, Beschl. v. 09.09.1988- 4 B 37.88 - , DVBI. 1988, 1176, 1178. Krit. daher: Soell/Dirnberger, NVwZ 1990, 705, 706; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 997. 288 Erbguth, NVwZ 1988, 969, 974 f.; Schoeneberg, UVP, Rn. 43; Soell/Dirnberger, NVwZ 1990, 705, 707. And. Ans. : Feldmann, UPR 1991, 127. 289 Beschluß des Deutschen Bundestags vom 25.11.1983 (BT-Drs. 10/613 S. 3 Nr. 4). Dazu Storm in: HdUVP 0505 TZ 2.4.1 (2). Zu den Konzeptionen der Rechtsform der Umsetzung: Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 67-71; Cupei, UVP, 238 ff.; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 46-48. 290 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. ll/3919, s. 15. 291 Bechmann/van Rijn/Winter, UVP-Gesetzentwurf, 20 ff.; Bunge, DVBI. 1987, 817, 822; Hundertmark, UVP, 106-113; krit.: Bartlsperger, DVBI. 1987, 1, 5.

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

64

dienübergreifende Bewertung und Berücksichtigung der Umweltauswirkungen eines Vorhabens erleichtern könnte. Diese Einstellung wirkt sich gerade bei parallelen Verfahren in der Häufung diverser zu untersuchender Umweltbelange aus292 . Diese Schwierigkeit wurde vom Gesetzgeber erkannt. Er wies daher einige, insbesondere Koordinierungsaufgaben der Umweltverträglichkeitsprüfung einer federführenden Behörde zu293. Eine Klarstellung erfolgte auf Anregung des Bundesrats, die sicherstellen sollte, daß die Zulassungsbehörde die Gesamtbewertung der Umweltauswirkungen zu berücksichtigen hat und sich nicht auf ihre fachliche Bewertung beschränken kann294 . c) Harmonisierungsbedarf

Die aufgezeigten Schwierigkeiten bei der Umsetzung der EG-RL UVP in das UVPG und das bestehende Fachrecht ließen es dem Umsetzungsgesetzgeber aus Gründen der Praktikabilität und der Rechtssicherheit angezeigt erscheinen, die materiellen und formellen Anforderungen der Umweltverträglichkeitsprüfung in die bestehenden Verfahren zu integrieren, ohne Zielsetzung und Struktur der Fachgesetze grundlegend zu verändern. Sobald erste praktische Erfahrungen mit der Umweltverträglichkeitsprüfung vorliegen, soll erneut geprüft werden, ob die Veränderung materieller, gesetzlicher Entscheidungsgrundlagen und die Einführung neuer konzentrierter Verfahren erforderlich sind295 . Dieser zweistufige Rechtssetzungsprozeß296 wird damit begründet, daß eine gegenwärtig erfolgende, tiefgreifende Strukturveränderung der historisch gewachsenen und hoch differenzierten fachgesetzlichen Systeme erhebliche Vollzugsdefizite bedingen würde und die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Praxis angesichts solcher Anwendungsschwierigkeiten zu einem bedeutungslosen Formalismus schwinden könnte297 . Bei der Umsetzung 292

Lange, DÖV 1992, 780, 785.

Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, S. 16,28 f. 294 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, s. 43. 295 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, s. 38. 296 Krit. gg. diese Umsetzungsstrategie: Stellungnahme des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen zur Umsetzung der EG-UVP, in: DVBI. 1988, 21 , 22 f.; Bückmann, UPR 1988, 361, 362; Erbguth/Schink, EuZW 1990, 531, 536; dies., Komm. UVPG, Einl. Rn. 44; Rehbinder in: Koch (Hrsg.), Umweltgesetzbuch, 58, 63. And. Ans.: Steinberg, DVBI. 1990, 1369. Kloepfer!Rehbinder!SchmidJ-Aßmann!Kunig, Umweltgesetzbuch - Allgemeiner Teil, 51, 235, 247 plädieren für eine durch § 45 Abs. 1 Satz 1 EntwUGB-AT einzuführende Konzentration der Verfahrensleitung bei der federführenden Behörde. 297 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 15. Einen Erfahrungsbericht verlangt der Bundestag in seiner Entschließung bei der 293

III. Die Umsetzung im UVPG

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der Umweltverträglichkeitsprüfung wird daher ein langjähriger Rechtssetzungsprozeß erwartet, in dem sich zu erweisen hat, ob eine Veränderung der gewachsenen Verwaltungsstrukturen erforderlich und geboten ist298 . 2. Der Begriff und die Zielsetzung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung Die Begriffsbestimmung der Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt in enger Anlehnung an die EG-RL UVP299. Gemäß § 2 Abs. 1 UVPG ist die "Umweltverträglichkeitsprüfung ein unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen. Sie umfaßt die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen eines Vorhabens auf 1. Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und

Landschaft, einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen, 2. Kultur- und sonstige Sachgüter." Der Gesetzeszweck wird in § 1 UVPG formuliert:

"Zweck dieses Gesetzes ist es sicherzustellen, daß bei den in der Anlage zu § 3 aufgeführten Vorhaben zur wirksamen Umweltvorsorge nach einheitlichen Grundsätzen 1. die Auswirkungen auf die Umwelt frühzeitig und umfassend ermittelt, beschrieben und bewertet werden, 2. das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung so früh wie möglich bei allen behördlichen Entscheidungen über die Zulässigkeit berücksichtigt wird" . Das UVPG ist durch drei Zielsetzungen geprägt: der Frühzeitigkeit und integrativen Gesamtbewertung der Umweltverträglichkeitsprüfung und ihrer Implementation in die bestehenden Zulassungsverfahren300 • Die Auswirkungen auf die Umwelt sollen aus Gründen der Umweltvorsorge frühzeitig erVerabschiedung des UVPG: BT-Drs. 1115532, S. 3. Dazu: Böhret/ Hofmann, DÖV 1991, 901910. 298 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 58 f.; Kloepfer, UmwR, § 4 Rn. 91 ; Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 420; Soell/Dimberger, NVwZ 1990, 705, 712; Wahl, DVBI. 1988, 86, 89; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 346. 299 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, S. 20; Erbguth, NVwZ 1988, 969, 970; Weber/Hellmann, NJW 1990, 1625, 1626. 300 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 13, 15; Beschlußempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 07.11.1989 in: BT-Drs. 11/5532, S. 31. Soell/Dimberger, NVwZ 1990, 705, 706. 5 Lande!

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

kannt und so früh wie möglich in die Entscheidungen über die Vorhabenzulassungen einbezogen werden. Das fachübergreifende Anliegen der Umweltverträglichkeitsprüfung soll durch eine umfassende, multidimensionale und polysektorale Ermittlung, Beschreibung und Bewertung gewährleistet werden, §§ 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 UVPG. Die Umweltverträglichkeitsprüfung soll in die bestehenden Verfahren einbezogen werden. Sie wird damit unselbständiger Teil der verwaltungsbehördlichen Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit dienen, § 2 Abs. 1 UVPG. Die Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG verfolgt ein verfahrens- und ein materiellrechtliches ZieP01 : als Verfahrensinstrument implementiert sie unter Würdigung des integrativen Ansatzes die Umweltverträglichkeitsprüfung in die fachgesetzlichen Zulassungsverfahren; die materielle Komponente erhält die Umweltverträglichkeitsprüfung über Bewertung und zusammenfassender Darstellung durch ihre Berücksichtigung bei der Entscheidung, §§ 11, 12 UVPG. Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung ist, die Ergebnisse bei der Ermittlung der Umweltauswirkungen in einem mitunter erforderlichen Abwägungsprozeß einzustellen302 , ohne daß ein negatives Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung bereits die Zulassungsentscheidung präjudiziert303 . Das UVPG ist zunächst ein wesentliches Instrument vorsorgenden Umweltschutzes304: schädliche Umweltauswirkungen eines Vorhabens sollen vermieden, gemindert oder ausgeglichen werden, indem sie vor der Zulassung einer systematischen Prüfung mit bestimmten verfahrensmäßigen und inhaltlichen Mindestanforderungen unterzogen werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung dient der Vorbereitung der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens; diese Entscheidung selbst gehört nicht mehr zur UVP305 . Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist somit als ein Instrument der Entscheidungsvorbereitung zu bezeichnen, das die abschließende Entscheidung über die Zuläs301 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 6-9; dies., WiVerw. 1985, 102, 104; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1; Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 414. Andere gehen von einem überwiegend verfahrensbezogenen Ansatz aus: Bartlsperger, DVBI. 1987, 1, 4; Bückmonn, UPR 1988, 361, 362; Gaentuch, UPR 1990, 1, 7; 1horwarth, ZfW 1991 , 73, 84. 302 Cupei, UVP, 174; Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 414; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 252. 303 Cupei, UVP, 172 f.; Erbguth, DÖV 1988, 481, 485; ders./Schink, Komm. UVPG, Ein!. Rn. 20, 74; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, I, 4; Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 414; SchmidtAßmonn in: FS Doehring, 890, 899; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 998; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 254. 304 Stellungnahme des Rates von Sachverständigenfür Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, in: DVBI. 1988, 21; Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 414. 305 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, s. 21.

III. Die Umsetzung im UVPG

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sigkeit von Vorhaben nicht präjudiziert. Mit der vorgesehenen Zusammenarbeit zwischen Vorhabenträger, Behörden und der Öffentlichkeit dient die Umweltverträglichkeitsprüfung zudem der Verwirklichung des Kooperationsprinzips306.

3. Der Anwendungsbereich der Umweltverträglichkeitsprüfung Der Kreis der UVP-pflichtigen Vorhaben wird durch das UVPG, nicht durch die Fachgesetze bestimmt. Anders als die EG-RL UVP knüpft das UVPG allerdings aus rechtssystematischen und praktischen Gründen an die Art des Zulassungsverfahrens an, denen ein Vorhaben nach geltendem Recht unterliegt. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist vorhabenbezogen. Die Vorhaben, die einer UVP unterzogen werden, listet das Gesetz abschließend auf, § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V .m. der Anlage zu § 3 und dem Anhang zu Nr. 1 der Anlage zu § 3 UVPG. Der Anwendungsbereich kann von der Bundesregierung durch eine Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestags und Bundesrats erweitert oder begrenzt werden, § 3 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Die aufgeführten Vorhaben sind solche, bei deren Realisierung mit Auswirkungen auf die Umwelt gerechnet werden kann. Vorhaben im Sinne des UVPG sind die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche umweltrelevante Änderung baulicher und sonstiger Anlagen, sowie sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft, § 2 Abs. 2 UVPG. Der Anwendungsbereich des UVPG wird durch die Subsidiaritätsklausel des § 4 UVPG eingeschränkt, wonach dieses Gesetz nur Anwendung findet, soweit andere Rechtsvorschriften die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht näher bestimmen oder in ihren Anforderungen dem UVPG nicht entsprechen307 . Die Spezialität fachgesetzlicher Vorschriften wird in § 17 UVPG für Bauleitplanverfahren308 und in § 18 UVPG für bergrechtliche Verfahren309 angeordnet. Ein Kardinalproblem des Umsetzungsgesetzes ist die Harmonisierung von dem Projektbegriff der EG-RL UVP und dem Vorhabenbegriff des UVPG 306 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 13; Beschlußempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 07.11.1989 in: BT-Drs. 11/5532, S. 28. 307 Krit. dazu: Erbguth, NVwZ 1988, 969, 977; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 996; Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 22 bezeichnet diese Regelung als ersten wirksamen Schritt zur Harmonisierung des vorhabenbezogenen Umweltrechts. 308 Krit.: Stellungnahme des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen zur Umsetzung der EG-UVP, in: DVBI. 1988, 21, 23; Erbguth, VR 1988, 5, 8; ders., DVBI. 1988, 969, 975; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 997. 309 Krit. : Steinberg, DVBI. 1988, 995, 996; ands.: Kühne, UPR 1989, 326, 327; Bohne , UVP bei Projekten des Bergbaus, 22 f.

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

einerseits und den fachgesetzlichen Anlagenbegriffen andererseits310 . Der weite Projektbegriff der EG-RL UVP fordert eine gesamthafte Prüfung der Umweltverträglichkeit für den gesamten Komplex gemäß Art. 1 Abs. 2, 2 Abs. 1, 4 EG-RL UVP i.V.m. Anhang I und II der EG-RL UVP. Diesem Ansatz kann nicht nachgekommen werden, wenn der Anlagenbegriff weniger umfassend als der Projektbegriff ist311 und die nicht erfaßten Teile des Komplexes einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht unterliegen, obwohl diese doch gemeinschaftsrechtlich gefordert wäre312 . Die von der fachgesetzlichen Anlagengenehmigung nicht erfaßten und somit nicht UVP-pflichtigen Anlagenteile sind zwar damit nicht von behördlicher Kontrolle befreit, sondern unterliegen einem anderen, zumeist baurechtliehen Genehmigungsverfahren. Hieraus ergibt sich gleichwohl die Gefahr von Verfahrensparallelitäten, die zudem mit der Größe und Kompliziertheit des Projekts ansteigt, und der Befund, daß die Umweltverträglichkeitsprüfung gerade bei solchen Projekten nicht stringent durchgeführt werden könnte313 • Dieses Dilemma hat seinen Grund darin, daß die Umweltverträglichkeitsprüfung in die bestehenden Verwaltungsverfahren implementiert wird. Die Begründung der Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbständiger Teil der verwaltungsbehördlichen Verfahren hat zum Vorteil, daß damit die Rechtseinheitlichkeit im Verwaltungsverfahrensrecht314 gewahrt bleibt und sich ein eigenständiger Anwendungsbereich der Umweltverträglichkeitsprüfung kaum formulieren ließe315 , sondern vielmehr der gebotenen Harmonisierung des Umweltrechts zuwiderliefe316 . Eine Lösung könnte darin gefunden werden, daß der fachgesetzliche Anlagenbegriff durch eine Zuständigkeits- und Verfahrenskonzentration erweitert wird317 . Das UVPG unterwirft- insoweit über die EG-RL UVP hinausgehend318 auch frühe Stadien der Vorhabenplanung der Umweltverträglichkeitsprüfung: Linienbestimmungen von Bundesfernstraßen und Bundeswasserstraßen, §§ 2 310 Jarass, UVP bei Industrievorhaben, 24, 28; Püche/, UVP, 102; Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 420. And. die Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 23, 28 die von einer Harmonisierung ausgeht und die Beschlußempfehlung des Ausschusses for Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 07.11.1989 in: BT-Drs. 1115532, S. 40 f. 311 Zum BlmSchG: Jarass, UVP bei lndustrievorhaben, 24-28; Püche/, UVP, 102 f. 3 12 Erbguth, NVwZ 1988, %9, 972, 976; Schroer, UVP im Bauplanungsrecht, 88 f. 313 Jarass, UVP bei Industrievorhaben, 28; Püchel, ZAU 1988, 121, 125 f. 314 Erbguth/Schoeneberg, WiVerw. 1985, 102, 119 315 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 22. 316 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 59. 317 Jarass, UVP bei Industrievorhaben, 36. 3 18 Fe/dmann, UPR 1991, 127; Soell/Dirnberger, NVwZ 1990, 705, 706.

III. Die Umsetzung im UVPG

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Abs. 3 Nr. 2, 15 UVPG; Bauleitpläne, soweit sie Grundlage für Vorhaben sein können, § 2 Abs. 3 Nm. 3 und 4 UVPG; Raumordnungsverfahren, §§ 16 UVPG, 6 a ROG; Vorbescheide und Teilzulassungen, § 13 UVPG. Aus dem Wort .,dienen" in§ 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG soll sich zudem ergeben, daß auch vorgelagerte Entscheidungsprozesse, die das Zulassungsverfahren rechtlich oder faktisch festlegen, die Entscheidung über das Vorhaben vorbereiten und insofern UVP-pflichtig sind319. 4. Das Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung Das Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung ist durch einige Mindestanforderungen der EG-RL UVP vorgegeben: -sachliche Reichweite der Angaben des Projektträgers, Art. 5 EG-RL UVP i. V .m. Anh. III, - behördliche Beteiligung an der Erstellung der Unterlagen, Art. 2 - Abs. 1, 5 Abs. 1 und 3 EG-RL UVP, -Beteiligung von Behörden und der Öffentlichkeit, Art. 6 EG-RL UVP, grenzüberschreitende Information und Konsultation, Art. 7 EG-RL UVP, -Bekanntgabe der Entscheidung, Art. 9 EG-RL UVP. a) Abstimmung des Untersuchungsralunens, § 5 UVPG

Das UVP-Verfahren beginnt mit der Unterrichtung der zuständigen Behörde über das geplante Vorhaben durch den Träger des Vorhabens (ScopingVerfahren)320. Die zuständige Behörde ist verpflichtet, den Untersuchungsrahmen mit dem Vorhabenträger abzustimmen, wobei sich jene an den bereits vorgelegten Unterlagen orientiert und die nach § 6 UVPG noch vorzulegenden Unterlagen anhand des voraussichtlichen Untersuchungsrahmens mit dem Vorhabenträger erörtert321 . Die Unterrichtung über den voraussichtlichen Untersuchungsrahmen stellt die Formalisierung des bislang informalen Abstimmungsgesprächs vor Beginn des verwaltungsbehördlichen Verfahrens dar. Im UVP-Planspiel hat sich allerdings erwiesen, daß die Formalisierung die informalen Gespräche nicht vollständig ersetzt322 . Diese Vorabstimmung dient 319 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, s. 20. 320 Eine entspr. Regelung ist in der EG-RL UVP nicht enthalten, einmal abgesehen von dem FrühzeitigkeilSgebot und Art. 5 Abs. 3 EG-RL UVP. Vgl. Jörissen/Coenen/Franz, 131 ; Schneider, Amtsermittlung bei der UVP, 166. 321 322

Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 414 f.; Nisipeanu, NVwZ 1993, 319. Böhret/Hofrruum, DÖV 1991 , 901, 909.

70

B. Die Umweltverträglichkeitspliifung

einer ökologisch sachgerechten und verfahrensökonomischen Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung, liegt aber auch im Interesse des Vorhabenträgers zur Koordinierung seiner planerischen, technischen und wirtschaftlichen Entscheidungen323 . Andere Behörden, Sachverständige und Dritte können hinzugezogen werden324 . Eigene Informationen hat die zuständige Behörde dem Vorhabenträger zur Verfügung zu stellen. Der Amtsermittlungsgrundsatz gilt auch im UVP-Verfahren; sodaß sich die zuständige Behörde nicht auf eine Plausibilitätskontrolle der Unterlagen verlassen darf325 . Die Unterrichtung über den voraussichtlichen Untersuchungsrahmen ist vor allem wegen des komplexen medienübergreifenden Prüfungsansatzes erforderlich326 . Speziell in parallelen Verfahren hat die federführende Behörde die vorläufige Festlegung des Untersuchungsrahmens im Zusammenwirken mit den Zulassungsbehörden und der Naturschutzbehörde sicherzustellen, § 14 Abs. 1 Satz 1 und 3 UVPG327. b) Unterlagen des Vorhabenträgers, § 6 UVPG

Der Vorhabenträger hat die mit der zuständigen Behörde erörterten Unterlagen zu Beginn des eigentlichen Zulassungsverfahrens vorzulegen. Die Verantwortung in diesem Verfahrensschritt liegt grundsätzlich beim Vorhabenträger328. Als Mindestangaben müssen diese Unterlagen enthalten: eine Beschreibung des Vorhabens und der zu erwartenden Umweltbeeinträchtigungen und -auswirkungen sowie eine Beschreibung der Maßnahmen der Vermeidung, Verminderung oder des Ausgleichs der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft. Als weitere Angaben sind zu fordern: Beschreibung der technischen verfahren, der Umwelt, der Vorhabenalternativen und Hinweise auf Schwierigkeiten, die bei der Planung aufgetreten sind. Die zuletzt genannten 323 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, s. 23. 324 Diese Vorschrift wurde aufgrund der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 07.11.1989 in: BT-Drs. 11/5532, S. 38 zu Zwecken der Verfahrensstraffung eingefügt. Sie dient der Lenkung des bestehenden Verfahrensermessens. 325 Stellungnahme des Rates von Sachverständigenfür Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, in: DVBI. 1988, 21, 25 f. 326 Zu diesem sog .• Scoping-Verfahren": Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 23 ff.; Nisipeanu, NVwZ 1993, 319. 327 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 23. Erbguth, DV 1991, 283, 312; Nisipeanu, NVwZ 1993, 319, 321. 328 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 24.

111. Die Umsetzung im UVPG

71

Angaben stehen unter dem Vorbehalt, daß sie für die UVP erforderlich sind und ihre Beibringung für den Vorhabenträger zurnutbar ist. Sämtlichen Angaben ist eine allgemeinverständliche Zusammenfassung beizufügen, mit Ausnahme des§ 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 UVPG. Aus der in § 6 UVPG enthaltenen Verpflichtung des Vorhabenträgers ergibt sich eine gewisse Abänderung des Amtsermittlungsgrundsatzes aus § 24 VwVfG, obgleich es bei der grundsätzlichen Verantwortlichkeit der zuständigen Behörde verbleibt329 • Bislang beschränkte sich die Mitwirkung des Vorhabenträgers auf die Vorlage von Antragsunterlagen, nunmehr erstreckt sie sich zusätzlich auch die Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts durch den Vorhabenträger. Diese zusätzlich Verpflichtung des Vorhabenträgers ergibt sich beispielhaft aus einem Vergleich der §§ 3, 4 9. BlmSchV in der früheren Fassung mit den §§ 4 bis 4 e 9. BlmSchV in der geltenden Fassung. Diese Änderung ergibt sich exemplarisch aus dem abfallrechtlichen Planfeststellungsverfahren. Das Abwägungsgebot richtet sich an die zuständige Behörde, während der Vorhabenträger die entscheidungserheblichen Unterlagen vorzulegen hat, wozu etwa auch die Vorhabenalternativen gehören, § 8 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 UVPG. Der Vorhabenträger hat es hier in gewissem Umfang in der Hand, die Behörde von der Alternativlosigkeit des Vorhabens zu überzeugen330 , was freilich dem umfassenden planerischen Abwägungsgebot zuwiderliefe. Schon weil die Einzelheiten der Anlage zu diesem frühen Planungsstadium noch nicht bekannt sind, kann andererseits die Umweltverträglichkeitsprüfung nur eine grundsätzliche sein, welche die Planfeststellungsbehörde im Zulassungsverfahren nach § 7 AbfG nicht von der Pflicht zur detaillierten Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen befreit. Vielmehr steigen die Anforderungen an die Prüfungsintensität und die planerische Abwägung, je bindender und konkreter die Festlegungen werden33I. c) Behördenbeteiligung, § 7 UVPG

Andere Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, haben eine Stellungnahme abzugeben. Die Einholung der Stellungnahme 329 Brodale, Rücknahme von Verwaltungsakten, 211 und zu den Auswirkungen auf die Dauer der Genehmigungsverfahren, S. 192-195; Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 22; Nisipeanu, NVwZ 1993, 319 Fn. 7; Schmidt-Aßtnil1111 in: FS Doehring, 889, 896; Weber! Helltnil1111, NJW 1990, 1625, 1629. Hingegen nimmt Schneider, Amtsermittlung bei der UVP, 1ll, 118, 135 an, daß §§ 5 Satz 3, 6 UVPG zu einer Teilung der Verantwortung führen. Gassner, UPR 1990, 361, 362 nimmt eine Primärzuständigkeit des Vorhabenträgers an. 330 Heute-Bluhm, VBIBW 1993, 206, 208. 331 BVerwG, Beschl. v. 20.12.1988- 7 NB 2.88 -. DVBI. 1989, 512, 513 .

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B. Die Umweltverträglichkeitspliifung

ist im Gegensatz zur Anhörung im Scoping-Verfahren, § 5 Satz 2 UVPG, nicht fakultativ. Zu den zu beteiligenden Behörden gehören zunächst die Fachbehörden (Forst-, Immissionsschutz-, Wasserbehörden etc.), auch zentrale öffentlich-rechtliche Umweltschutzstellen (Landesamt für Umweltschutz)332, sowie Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt sein kann. Im Rahmen der Behördenbeteiligung sind hingegen die privatrechtliche Umwelt- und Naturschutzverbände nicht zu beteiligen. Die Behördenbeteiligung erfolgt auch grenzüberschreitend, § 8 UVPG. d) Beteiligung der Öffentlichkeit, § 9 UVPG

Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist zentraler Bestandteil der Umweltverträglichkeitsprüfung. Die EG-RL UVP unterscheidet zwischen Unterrichtung und Anhörung der Öffentlichkeit, Art. 6 Abs. 2 und 3, 9 EG-RL UVP. Nach § 9 Abs. 1 UVPG ist die Öffentlichkeit über die Umweltauswirkungen nach Maßgabe des § 73 Abs. 3 bis 7 VwVfG anzuhören. Darüber hinaus gehende Regelungen bleiben unberührt, § 4 Satz 2 UVPG. Die zuständige Behörde hat die bekannten Betroffenen und diejenigen, die Einwendungen erhoben haben, über ihre Entscheidung zu unterrichten. § 9 Abs. 3 UVPG enthält Bestimmungen für vertikal gestufte Verfahren. Die Informationsaufbereitung zu Gunsten der Öffentlichkeit wird im Planfeststellungsverfahren als hinreichend gesichert angesehen333. Die Öffentlichkeitsbeteiligung wird demnächst durch das Umweltinformationsgesetz flankiert334.

Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 26; Schroer, UVP im Bauplanungsrecht, 143. So: Bartlsperger, DVBI. 1987, l, 8; Weber!Hellmann, NJW 1990, 1625, 1630. And. Ans.: Erbguth, NVwZ 1989, 969, 974; ders.!Schink, Komm. UVPG, § 9 Anm. 9; Spiecker, BayVBI. 1988, 557, 558. 332 333

334 Gesetzentwurf der Bundesregierung in: BT-Drs. 12/7138. Zum Referentenentwurf von Schwanenflügel, DVBI. 1993, 95-102 und krit. : Arzt, ZRP 1993, 18-21. Das Gesetz basiert auf einer "Richtlinie des Rates über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt" vom 07.06.1990- 90/313/EWG- (ABI. EG Nr. L 158, S. 56) auch abgedr. in: NVwZ 1990, 844 = Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Anh. 2 = Jarass, Komm. BlmSchG, Anh. D 12. Zur EG-RL: Engel, NVwZ 1992, lll-ll4; Erichsen, NVwZ 1992, 409-419; Jarass, Komm. BlmSchG, §52 Anm. 45-50; Scherzberg, UPR 1992, 48-56; von Schwanenflügel, DÖV 1993, 95-102; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, Komm. VwVfG, Ein!. Anm. 108. Spez. Zur Gesetzgebungskompetenz: Burkholz, NVwZ 1994, 124-127. Zur Verwaltungspraxis: Meininger, NVwZ 1994, 150-152. Die fristgemäße Umsetzung war bereits in der Koalitonsvereinbarung zur Zwölften Legislaturperiode Abschn. XII Nr. 30 (abgedr. in CDU-Dokumentation 2/1991 = FAZ Nr. 21 v. 25.0l.l99l, S. 7, 8) annonciert. Die Frist ist am 31.12.1992 ausgelaufen, Art. 9 Abs. l der Richtlinie vom 07.06.1990. "Unter der Hand" erging mittlerweile am 23.12.1992 ein Rundschreiben des Bun-

III. Die Umsetzung im UVPG

73

e) Die zuständige Behörde

Für die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung ist die Behörde zuständig, die über die Zulässigkeil des Vorhabens entscheidet335 • Für den Fall, daß ein Vorhaben der Zulassung durch mehrere Behörden bedarf, bestimmen die Länder eine federführende Behörde, die zumindest für die Abstimmung des Untersuchungsrahmens und für die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen zuständig ist, § 14 Abs. 1 Satz 1 UVPG. 5. Zusammenfassende DarsteUung der Umweltauswirkungen, § 11 UVPG Auf der Grundlage der Angaben des Vorhabenträgers, der behördlichen Stellungnahmen und der Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung erarbeitet die zuständige Behörde eine zusammenfassende Darstellung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt, einschließlich ihrer Wechselwirkungen, § 11 Satz 1 UVPG, wobei eigene Ermittlungen einzubeziehen sind, § 11 Satz 2 UVPG. Die zusammenfassende Darstellung bezieht sich auf die Auswirkungen, die das Vorhaben auf die in§ 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG genannten Schutzgüter unter Einbeziehung der möglichen Wechselwirkungen haben kann336 . Es handelt sich hierbei um eine Prognose unter Berücksichtigung der Erfahrungen der Praxis und der Erkenntnisse von Wissenschaft und Technik. Zur Prognose gehören Aussagen über Art und Umfang und über die Eintrittswahrscheinlichkeit bestimmter Umweltauswirkungen, mithin eine Gesamtabschätzung der Umweltauswirkungen eines Vorhabens (Umweltrisiko)337. Die zusammenfassende Darstellung unterscheidet sich von der Bewertung dadurch, daß sie keine umweltbezogene Abschätzung über die Tolerierbarkeit dieser Umweltrisiken enthält. Die zusammenfassende Darstellung soll einen Monat nach Abschluß der Erörterung im Anhörungsverfahren gemäß § 9 Abs. 1 UVPG erarbeitet

desministeriumsfür Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit an sämtliche Umwelhninisterien der Bundesländer zur unmittelbaren Wirkung wesentlicher Teile der EG-Umweltinformationsrichtlinie ab dem 01.01.1993 (abgedr. in NVwZ 1993, 657). 335 Zur Rolle der zuständigen Behörde: Stellungnahme des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen zur Umsetzung der EG-UVP, in: DVBI. 1988, 21, 25 f. 336 Dazu: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 11 Rn. 3. 337 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 26. Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 11 Anm. 11; Schoeneberg, UVP, Rn. 137.

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

sein338 . Sie kann in der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens erfolgen, § 11 Sätze 3 und 4 UVPG339. Auch im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung gilt der Untersuchungsgrundsatz, § 11 Satz 2 UVPG340 . Das Verursacherprinzip, das in § 6 UVPG seinen Ausdruck fmdet, und der sich in § 11 UVPG niederschlagende Untersuchungsgrundsatz verbinden sich in der gebotenen zusammenfassenden Darstellung341 . Die zuständige Behörde hat das Prüfmaterial für die zusammenfassende Darstellung gedanklich zu verarbeiten und zu strukturieren342 . Eine Besonderheit ergibt sich in parallelen Zulassungsverfahren. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 UVPG ist die federführende Behörde zumindest für die zusammenfassende Darstellung zuständig. Zudem hat sie das Zusammenwirken der Zulassungsbehörden bei der Gesamtbewertung der Umweltauswirkungen auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung sicherzustellen, § 14 Abs. 2 UVPG. Für die Berücksichtigung der Darstellung in den einzelnen Entscheidungen ist wiederum die Zulassungsbehörde zuständig. Um eine entsprechende Einführung der zusammenfassenden Darstellung in die Parallelverfahren zu gewährleisten, muß die zusammenfassende Darstellung in parallelen Verfahren zwangsläufig in einem eigenen Dokument von der federführenden Behörde an die Genehmigungsbehörde übermittelt werden343. Es erscheint überaus fragwürdig, ist in diesem Zusammenhang indessen noch nicht weiter zu vertiefen, ob sich Dritte auf Verfahrens- oder Formfehler bei der zusammenfassenden Darstellung berufen können344 .

338 Diese Regelung erfolgte nach der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 07.11.1989 in: BT-Drs. 11/5532, S. 38 zu Zwecken der Verfahrensbeschleunigung. Jarass, NuR 1991, 201, 206. 339 BVerwG, Beschl. v. 30.10.1992 - 4 A 4.92 -, UPR 1993, 62, 63. Krit.: Bartlsperger, DVBI. 1987, I, 4; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 363. 340 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, s. 26. 341 Erbguth, DV 1991, 283, 303; ders./Schink, EuZW 1990, 531, 533.

342

Schoeneberg, UVP, Rn. 139.

Jarass, Auslegung der EG-Richtlinie, 56; ders., NuR 1991, 201, 206. Offengelassen: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 11 Anm. 10; Schoeneberg, UVP, Rn. 140. 344 Offengelassen: BVerwG, Beschl. v. 30.10.1992- 4 A 4.92 -, UPR 1993, 62, 63. VGH München, Urt. v. 16.03.1993- 8 A 92.40126-, NuR 1993,285. Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Ein!. Rn. 117; Schoeneberg, UVP, Rn. 138 Fn. 113. Zum ganzen näher: D.II.2.b). 343

III. Die Umsetzung im UVPG

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6. Bewertung der Umweltauswirkungen, § 12 Halbs. 1 UVPG

Die zuständige Behörde bewertet die Umweltauswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach Maßgabe der geltenden Gesetze345 . Die Umweltverträglichkeitsprüfung bildet mithin das Material der Entscheidungsvorbereitung, während die Fachgesetze die regulativen Normen der Anwendung einführen346 • Das UVPG schreibt wie die EG-RL UVP nur das "Ob" der Berücksichtigung vor, nicht das "Wie" der Berücksichtigung. Die Bewertung muß den integrativen Ansatz der EG-RL UVP erfüllen, mithin die in§ 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG aufgeführten Umweltgüter als ein System begreifen347 . Die aufgeführten Umweltgüter sind nicht isoliert, sondern als funktionale Bestandteile von Ökosystemen zu begreifen. Die integrative Bewertung des § 12 Halbs. 1 UVPG erfolgt durch die unbestimmten Gesetzesbegriffe, wobei von mehreren diejenige Auslegungsalternative zu wählen ist, die den bestmöglichen Schutz von Wasser, Boden, Luft und den weiteren in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG gewährleistet. Der bestmögliche Schutz beinhaltet, daß ein Umweltmedium nicht auf Kosten eines anderen entlastet werden darf. Hieraus folgt, daß Umweltauswirkungen nicht nur bei der Überschreitung medialer Belastungsgrenzen als "schädlich", "gemeinwohlbeeinträchtigend", "nachteilig" 348 einzustufen sind, sondern auch dann, wenn die mediale Belastungsgrenze gerade noch eingehalten wird, wobei andere Umweltmedien empfmdlich belastet werden, denn hierdurch werden Umweltauswirkungen insgesamt nicht vermieden349 . Aus diesem Grundanliegen der EG-RL UVP ergibt sich, daß die einzelnen Umweltauswirkungen nicht einfach addiert werden dürfen, sondern untereinander ausgewogen werden müssen. Es ergibt sich weiterhin, daß die einzelnen Umweltauswirkungen weder untereinander 345 Die sprachliche Gesetzesfassung ist verwirrend. Zutreffenderweise dürfte sich die Bewertung aber auch auf den letzten Halbsatz beziehen. Der Verweis auf die wirksame Umweltvorsorge geht auf eine Empfehlung des Ausschusses jii.r Umwelt, Naturschutz und Rea/aorsicherheit in: BT-Drs. 11/5532, S. 11, 38 zutiick. Zur Bedeutung des Bewertens: Bückmann, UPR 1988, 361 ff.; Hoppe!Appold, DVBI. 1991, 1221 ff.; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1 ff.; Peters, UPR 1990, 103 ff. ; Püchel, ZAU 1988, 121, 132 f.; Steinberg, DVBI. 1991, 1369, 1370 ff. 346 Gassner, UPR 1993, 241. 347 Stellungnahme des Rates von Sachverständigenjii.r Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, in: DVBI. 1988, 21, 26 f. ; Erbguth, DÖV 1988, 481, 484; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1, 5. 348 So die unbestimmten Gesetzesbegriffe in: §§ 2 Abs. I Satz 2 Nm. 1-4 AbfG, 5 Abs. 1 Nrn. 1-3, 22 Abs. 1 Satz 2 BlmSchG, 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG, 8 Abs. 1 BNatSchG, 36 Abs. 3 BauGB, 6, 31 Abs. 1 a WHG. 349 Stellungnahme des Rates von Sachverständigenjii.r Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, in: DVBI. 1988, 21, 27. Gassner, UPR 1990, 361 , 363; Hoppe/Appold, DVBI. 1991, 1221, 1222; Püchel, UVP, 66; Schmidt-Aßmann in: FS Doehring, 889, 899.

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

noch gegenüber anderen als umweltbezogene Auswirkungen verrechnet werden dürfen (internes und externes Abwägungsverbot). Solche Bewertungsmaßstäbe sind im geltenden Recht überwiegend, etwa in § 5 Abs. 1 Nr. 3 BlmSchG wohl nicht enthalten350, da sie eher auf das fachgesetzliche Umweltmedium rekurrieren, ohne andere, gleichermaßen betroffene Umweltgüter in die Betrachtungsweise einzuschließen. Hieran könnte sich indessen durch die Neufassung der Fachgesetze insoweit etwas geändert haben, als diese nunmehr den Schutzgüterkatalog des§ 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG ausdrücklich in Bezug nehmen, etwa § 1 BlmSchG. Die Auslegung unbestimmter Gesetzesbegriffe könnte nunmehr durch §§ 1, 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG fachübergreifend im Sinne einer medienübergreifenden, integrativen Bewertung gesteuert werden351 . Die Folge dieser Sicht ist, daß §§ 12, 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG den Prüfungs- und Berücksichtigungsumfang der von der Umweltverträglichkeitsprüfung erfaßten fachgesetzlichen Zulassungstatbestände verändert hat352 . Der Veränderung der fachgesetzlichen Zulassungstatbestände steht jedoch entgegen, daß dem Bund für eine solche Neuregelung eine umfassende Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des Umweltrechts nicht zusteht353 . Der Erlaß des UVPG beruhte bereits auf einer Kompetenzkombination354 . Die Grenze zur Regelung von verfahrens- und materiellrechtlichen Fragen liegt dann in der jeweiligen Einzelkompetenz. Eine Erweiterung der fachgesetzlichen Zulassungstatbestände durch §§ 12, 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG wäre daher aus kompetenzrechtlichen Gründen unzulässig, wenn diese Einzelkompetenzen

3SO Gassner, UPR 1990, 361, 363; Hoppe!Appold, DVBI. 1991, 1221, 1222; Weber/ Hellmann, NJW 1990, 1625, 1631. And. Ans.: Fluck, NuR 1989, 405, 415 f.; Peters, NuR 1994, 93, 94; Sellner, ImmSchR, Rn. 64; Ziegler, NJW 1991, 409. Solche gesamthaften Maßstäbe sind nur vereinzelt geregelt: §§ 2 Abs. I Nr. 1, 8 Abs. I und 2 BNatSchG, §§ 4 Abs. 5, 2 Abs. I AbfG. 3Sl So: Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BTDrs. 11/3919, S. 27; Beschlußempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vorn 07.11.1989 in: BT-Drs. 1115532, S. 31. Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 45 f.; Steinberg, DVBI. 1990, 1369, 1372 f. Krit.: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 12 Anrn. 10; Hoppe/Appold, DVBI. 1991, 1221, 1225; Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 418 ff. Die Stellungnahme des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, in: DVBI. 1988, 21, 24 spricht sich gegen eine solche Funktionalisierung der unbestimmten Gesetzesbegriffe aus. 3S2 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. ll/3919, S. 27. Ziff. 0.6.2.2 EntwUVPVwV. And. Ans.: Erbguth!Schink, Komm. UVPG, § 12 Anrn. 10; Hoppe!Appold, DVBI. 1991 , 1221, 1225. 353 Kloepfer, UrnwR, § 2 Rn. 54; Steinberg/Müller, NuR 1989, 277, 280 f. 354 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. ll/3919, s. 18 f.

III. Die Umsetzung im UVPG

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nicht auch medienübergreifende Regelungen zuließen355 . Auf der anderen Seite ist doch zu berücksichtigen, daß der gesamtökologische Auftrag des § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG in § 12 UVPG nurmehr in der fachgesetzlichen Verengung insoweit enthalten ist, als die Bewertung nach Maßgabe der geltenden Gesetze zu erfolgen hat. Bei der Bewertung wird das Umweltrisiko nach Art, Umfang und Wahrscheinlichkeit überprüft. Die Bewertung ist die umweltbezogene Risikoabschätzung in der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG. Eine Bewertung kann nur anband von Maßstäben erfolgen. Die Umweltverträglichkeitsprüfung fordert materielle Bewertungsmaßstäbe356. Diese Maßstäbe können je einzeln projektbezogen ermittelt werden. Die Bewertungsmaßstäbe können aber auch durch abstrakt-generelle Umweltstandards gebildet werden357. Die Bewertung im Sinne der Umweltverträglichkeitsprüfung muß aber sicherstellen, daß nur rein ökologische Belange eingestellt werden. Eine Abwägung mit anderen Belangen (wirtschaftliche, soziale, regionalpolitische) ist im Rahmen der Bewertung unzulässig und der eigentlichen Zulassungsentscheidung vorbehalten358 . Auf bereits bestehende Umweltstandards kann dabei möglicherweise nicht zurückgegriffen werden, da sie bereits eine Abwägung mit gegenläufigen Belangen enthalten und zumeist Schutz-, nicht Vorsorgestandards enthalten359. Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht entsprechende Standards als "Vereinbarungen interessierter Kreise" bezeichnet, deren ungeprüfte Übernahme als Bewertungsmaßstäbe ausscheidet360. Die Prämisse des Abwägungsverbots für Umweltstandards ist indessen fraglich361 . Aus Art. 3, 8 EG-RL UVP ergibt sich zwar ein internes und externes Abwägungsverbot der umweltbezogenen Belange mit gegenläufigen 355 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 55, § 20 Anm. 12; dies. , DVBI. 1991 , 413, 419; Steinberg/Müller, NuR 1989, 277, 280 f. 356 Begr. des Gesetzentwurfs der Bwulesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 27; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1. 357 Hoppe/Appold, DVBI. 1991, 1221, 1225; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1, 2. 358 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 2 Anm. 17; Hoppe!Appold, DVBI. 1991 , 1221, 1223; Jarass, NuR 1991, 201, 206; Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 417. And. Ans.: Peters, VBIBW 1989, 325, 327. 359 Stellungnahme des Rates von Sachverständigenfiir Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, in: DVBI. 1988, 21 , 26; Bückmann, UPR 1988, 361, 362 ff.; Erbguth, VR 1988, 5, 6 f.; ders./Schink, Komm. UVPG, § 12 Anm. 7; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1, 2 f.; Hoppe/Beckmann, UmwR, § 8 Rn. 86; Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 417; Schmidt-,Wmann in: FS Doehring, 889, 902; Spiecker, BayVBI. 1988, 557; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 998; ders., DVBI. 1990, 1369, 1371. 360 BVerwG, Urt. v. 22.05.1987- 4 C 33.83 - , E 77, 285, 291. Dazu: Bönker, UmwStandards, 42-62. 361 Auch: Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 44.

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

Belangen. Dieses Verbot beschränkt sich auf die Bewertung von Umweltauswirkungen in Bezug auf ein konkretes Vorhaben im Rahmen einer Einzelfallentscheidung. Dies ergibt sich aus der wörtlichen Auslegung des Art. 3 EGRL UVP: "nach Maßgabe eines jeden Einzelfalls". Für die Standardbildung ist ein Abwägungsverbot aus der EG-RL UVP nicht herzuleiten. Demnach können die Bewertungsstandards auch umweltfremde Belange enthalten. Dies ist sogar geboten, da die Bildung von Umweltstandards zur Kon.kretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe an das Verhältnismäßigkeitsprinzip gebunden ist und zwar umweltfremde, aber verfassungsrechtlich geschützte Belange zu berücksichtigen sind362 . Der Vorteil dieser Sicht ist, daß bereits bestehende Standards anzuwenden sind363, sofern sie - neben der Abwägung mit gegenläufigen Belangen - eine medienübergreifende Bewertung sicherstellen. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß einzelne Umweltstandards die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG aufgeführten Schutzgüter nicht oder nur unzulänglich schützen. Darüber hinaus können sich Friktionen bei der Heranziehung von Standards und der gebotenen originären Einzelfallbewertung ergeben. Zur Lösung dieser Probleme wird erwogen, die Standardbildung ihrerseits einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen364 . Speziell für die parallelen Verfahren schreibt das Gesetz eine Gesamtbewertung der Umweltauswirkungen vor, § 14 Abs. 2 Satz 1 UVPG365 . Anders verhält es sich in den übrigen Verfahren. Zwar erfordert die Bewertung der einzelnen Umweltauswirkungen die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Umweltmedien einzubeziehen, schreibt aber nicht notwendig eine Saldierung der Umweltauswirkungen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung vor366 . Vielmehr geht das UVPG davon aus, daß bisher keine hinreichenden Verrechnungseinheiten existieren, die eine Abwägung unter den einzelnen Medien erlauben367 . Dem medienübergreifenden Ansatz ist RechGassner, UPR 1993, 241, 242. Krit. : Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 419 f . Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 44; Hoppe/Appold, DVBI. 1991 , 1221, 1225; Steinebach, UPR 1990, 125, 131. And.: Hennecke, UTR 9, 117, 141 f.; Steinberg, DVBI. 1990, 1369, 1371. 364 Hoppe!Püchel, DVBI. 1988, 1, 3; Schoeneberg, UVP, Rn. 164; Steinberg, DVBI. 1990, 1369, 1372. 365 Vgl. hierzu: Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 21. Hoppe!Appold, DVBI. 1991, 1221, 1222; Jarass, NuR 1991, 201, 203; Peters, NuR 1990, 103; Schoeneberg, UVP, Rn. 143. Krit. Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 2 Anm. 44 wegen der Defizite gegenüber dem gemeinschaftsrechtlich gebotenen gesamthaften Verfahren. 366 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, S. 27. Püchel, UVP, 64 ff. 367 Rat von Sachverständigenfür Umweltfragen im Umweltgutachten 1978, BT-Drs. l/1938, Rn. 1353. 362 363

III. Die Umsetzung im UVPG

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nung getragen, wenn die Bewertung in Kenntnis aller Umweltauswirkungen erfolgt368 • Dieser medienübergreifende Ansatz wird in parallelen Verfahren durch die vorgeschriebene Gesamtbewertung über die beteiligten Zulassungsbehörden gewahrt. In parallelen Verfahren ist eine Vielzahl von Genehmigungen oder Zulassungen erforderlich. In jedem dieser Verfahren wird nur ein Teil der mit dem Vorhaben verbundenen Umweltauswirkungen erfaßt, indem die Verfahren nur bestimmte, medial beschränkte Auswirkungen oder nur einen beschränkten Teil des Vorhabens erfassen. Der Vorhabenträger hat es mit einer "Salamitaktik" in der Hand, die Umweltbelastung eines Vorhabens in zahlreiche, gerade noch hinnehmbare Portionen aufzuteilen369 • Die Parallelität der Zulassungen behindert die umfassende Prüfung der Umweltauswirkungen. Daher ist in den parallelen Verfahren, in denen ohnedies eine Präponderanz der federführenden Behörde besteht, zusätzlich festgeschrieben, daß diese Behörde auch die Gesamtbewertung zu koordinieren hat, § 14 Abs. 2 Satz 1 UVPG. Der federführenden Behörde ist indessen nicht die selbständige Vornahme der Gesamtbewertung vorbehalten. Die federführende Behörde hat vielmehr das Bewertungsverfahren einzuleiten und die Durchführung über Stellungnahmen und Einigungsvorschläge zu koordinieren. Die Bewertung ist Aufgabe der Zulassungsbehörden im jeweiligen Verwaltungsverfahren. Es besteht aber eine inhaltliche Bindung an die übergreifenden Inhalte der zusammenfassenden Darstellung im Sinne einer Gesamtbewertung, § 14 Abs. 2 Satz 1 UVPG. In verfahrensrechtlicher Hinsicht hat die federführende Behörde das Zusammenwirken der Zulassungsbehörden sicherzustellen, § 14 Abs. 2 Satz 2 UVPG. 7. Berücksichtigung der Umweltverträglichkeitsprüfung, § 12 Halbs. 2 UVPG

Das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung ist auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung bei der Entscheidung über die Zulässigkeil des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge im Sinne der §§ 1, 2 Abs. 1 Sätze 2 und 4 UVPG nach Maßgabe der geltenden Gesetze zu berücksichtigen370. Die Berücksichtigung verarbeitet die Umweltrisikobewertung unter Abwägung mit gegenläufigen Belangen in einer abschließenden Entscheidung. Die Zulassungsbehörde hat sich inhaltlich mit dem Bewer368 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, s. 27. 369 Jarass, NuR 1991, 201, 202; Püchel, ZAU 1988, 121, 125. 370 Die Einfügung "im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge" erfolgte gemäß der Beschlußempfehlung des Ausschusses for Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 07.11.1989 in: BT-Drs. 1115532, S. 31 , 38. Vgl. Steinberg, DVBI. 1990, 1369, 1370 f.

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B. Die Umweltverträglichkeitspliifung

tungsergebnis auseinanderzusetzen371 • Die Berücksichtigung beinhaltet eine Risikobewertung auf der Grundlage der Bewertung nach § 12 Halbs. 1 UVPG. Die Berücksichtigung des Bewertungsergebnisses kann zur Nichtzulassung des Vorhabens führen, weil es nicht hinnehmbare Umweltbeeinträchtigungen mit sich brächte, aber auch zur Zulassung trotz zu erwartender Umweltauswirkungen, sowie schließlich zur Zulassung nach Maßgabe von Bedingungen, Auflagen oder Ausgleichsmaßnahmen führen372 • Die wesentliche Neuerung in den Zulassungsverfahren liegt in dem auf die gesamtökologischen Wechselwirkungen gerichteten Prüfauftrag der Umweltverträglichkeitsprüfung und ihre Berücksichtigung bei der Zulassungsentscheidung, Art. 3, 8 EG-RL UVP, §§ 2 Abs. 1, 5 ff., 12 UVPG. Diesen Anforderungen ist grundsätzlich auch für den Fall der Zulassung eines Vorhabens durch mehrere Behörden zu genügen, § 14 Abs. 2 Satz 1 UVPG. Die Einbindung der Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbständiger Teil der UVPpflichtigen Verfahren wirft allerdings die Frage auf, inwieweit die Zulassungstatbestände diesen Anforderungen nachkommen können. Nach den Vorgaben der EG-RL UVP muß der Prüfungs- und Entscheidungsumfang in den Zulassungsverfahren ökologisch-integrativ ausgerichtet sein. Im allgemeinen begrenzt der Prüfungsumfang den Entscheidungsbereich, denn es kann nur über das entschieden werden, was auch geprüft wurde. Das soll auch umgekehrt gelten373 • Hier bereiten die parallelen Verfahren die meisten Schwierigkeiten. Nach dem Separationsmodell besteht keine Prüfungspflicht der Voraussetzungen der Parallelgenehmigungen374 • Nach dem Modell der Fachbindung375 erweitert sich der Prüfungs- und Entscheidungsumfang auf fachfremde Belange, soweit Öffnungsklauseln dies vorsehen. Diesen kommt nach beiden Auffassungen nachhaltige Bedeutung zu. 371 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, S. 27. Zu dieser Forderung: Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 47; Cupei, UVP, 172; Lange, DÖV 1992, 780, 781; Püchel, UVP, 81 ; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 252; Schink/Erbgurh, DVBI. 1991, 413, 414. 372 Stellungnahme des Rates von Sachverständigen for Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, in: DVBI. 1988, 21, 27. 373 VGH München, Beschl. v. 18.03.1993- Gr.S. 111992 - , BayVBI. 1993, 370, 372. Zum speziellen Fall: KrauJzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, Komm. BauGB, § 144 Anm. 6. Allgemein: ErbguJh, DV 1991, 283, 308. 374 BVerwG, Urt. v. 11.05.1989- 4 C 1.88 -, E 82, 61, 7l mit Bespr. Schmidi-Preuß, DVBI. 1991 , 229, 236. BVerwG, Urt. v. 04.07.1986- 4 C 31.84 -, E 74, 315, 324 mit Anm. Seihen, DVBI. 1986, 1277, 1279 und GaentzJch, FS Sendler, 403 ff.; Stelkens in: Stelkens/ Bonk/Sachs, Komm. VwVfG, § 9 Anm. 94. 375 Hoppe!Beckmann, UmweltR, § 13 Rn. 142; Jarass , Konkurrenz, 68 ff.

III. Die Umsetzung im UVPG

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Aber auch die Öffnungsklauseln können dem gesamtökologischen Auftrag der EG-RL UVP im Falle der gesetzlich gebundenen Kontrollerlaubnisse nicht nachkommen376. Nach Auffassung der Bundesregierung kann dieses Defizit gerade in parallelen Verfahren aufgefangen werden. "Die Erteilung einer gebundenen Erlaubnis ist jedoch nicht gleichbedeutend mit der Gesamtzulassung des Vorhabens, da hierfür weitere Genehmigungen erforderlich sind. § 12 [UVPG] geht davon aus, daß die Gesamtheit aller formellgesetzlichen Entscheidungsgrundlagen der Behörden ausreicht, um die Ergebnisse der UVP im Einklang mit der Richtlinie- ausreichend zu berücksichtigen. " 377 . Indessen bleibt zu untersuchen, inwieweit Öffnungsklauseln tatsächlich eine Gesamtberücksichtigung ermöglichen. Unter Öffnungsklauseln fallen unbestimmte Gesetzesbegriffe wie "schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft", § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG, der Vorsorgebegriff des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG sowie die klassische Öffnungsklausel, wonach sonstige öffentlichrechtliche Vorschriften heranzuziehen sind, § 6 Nr. 2 BlmSchG. Diesen immissionsschutzrechtlichen Rechtsbegriffen wird ein gewisser planerischer Aspekt, der auch Abwägungselemente enthält, zugestanden378 . Überaus fragwürdig ist indessen, ob im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren auch eine umfassende Abwägung aller Umweltauswirkungen erfolgen kann oder sich in einer nur additiven Prüfung beschränkt379. Es ist äußerst umstritten, ob die deutschen Zulassungsverfahren in der Lage sind, dem gesamthaft-sektorübergreifenden Ansatz entsprechend ein fachübergreifendes Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Zulassung zu berücksichtigen, zumal die gesetzlichen Entscheidungsgrundlagen zumindest grundsätzlich in ihrer Ausgestaltung nicht geändert wurden.

376 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 27 f. Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Anm. 8 v. §§ 5-12; § 12 Anm. 9; Schink/ Erbguth, DVBI. 1991, 413, 417; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 998; Winter, NuR 1989, 197, 208. 377 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, S. 28 = BR-Drs. 335/88, S. 80. 378 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 12 Anm. 111; Erbguth/Schoeneberg, WiVerw. 1985, 102, 118; Jarass, Komm. BlmSchG, § 6 Anm. 19; ders., UVP bei lndustrievorhaben, 93 f.; Schink, DÖV 1993, 725, 736; Trute, 300, 337. In der Tendenz: BVerwG, Urt. v. 17.02.19847 C 8.82 -, E 69, 37 = NVwZ 1984, 371 , 373. And. Ans. : Schoeneberg, UVP und Raumordnungsverfahren, 57. 379 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 14 Anm. 1.

6 Laßdei

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

Eine umfassende, fachübergreifende Abwägung betroffener Umweltbelange ermöglichen die Planungsentscheidungen380 . In § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 AbfG a.F. war geregelt, daß ein Planfeststellungsbeschluß zu versagen ist, wenn "sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften der Errichtung oder dem Betrieb entgegenstehen". Diese Formulierung ist in der Neufassung nicht mehr enthalten381. Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AbfG n.F. ist der Planfeststellungsbeschluß zu versagen, wenn von dem Vorhaben "Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten sind". Gemäߧ 2 Abs. 2 Nr. 6 AbfG ist das Wohl der Allgemeinheit insbesondere dann beeinträchtigt, wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung geflihrdet oder gestört ist. Danach sind bei der Zulassungsentscheidung auch andere öffentlich-rechtliche Vorschriften zu beachten382 . Für die Berücksichtigung der anderweiten öffentlich-rechtlichen Vorschriften spricht im Hinblick auf Planfeststellungen auch die Konzentrationswirkung des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG383 , denn nach der Theorie der formellen Konzentrationswirkung werden zwar mehrere Verfahren durch Bündelung von Zuständigkeit, Verfahren und Entscheidungsbefugnis zu einem einzigen Verfahren zusammengefaßt, ohne indessen die materiellrechtlichen Regelungen der ersetzten Rechtsgebiete zu verdrängen oder in ihrem Geltungsanspruch zu mindem384. Hingegen bestehen Bedenken bei der Berücksichtigungsfähigkeit der Genehmigungsentscheidungen385. Das Grundproblem ist, daß die EG-RL UVP eine fachübergreifende Abwägung fordert, die sich mit tatbestandlieh gebundenen Genehmigungsverfahren nicht vereinbaren läßt, wie dies gerade bei der 380 Bunge, DVBI. 1987, 819, 824; Beckmann, DÖV 1987, 944, 946; Erbguth, VR 1988, 5, 7; Lange, DÖV 1992, 780, 782; Schink, DÖV 1993, 725, 736; Soe/1/Dirnberger, NVwZ 1990, 705, 708; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 998. 381 Geändert durch das Erste Gesetz zur Bereinigung des Verwaltungsverfahrensrecht vom 18.02.1986 (BGBI. I S. 265). Der Versagungsgrund des § Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 AbfG a.F. ist nur deshalb gestrichen worden, weil er nrechtlich und sachlich selbstverständlich" ist: Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung v. 04.04.1984, BR-Drs. 10/1232, S. 72. 382 OVG Hamburg, Urt. v. 19.05.1992 - Bf VI 22/88 -, NVwZ-RR 1993, 8. Hoppe!Beckmann, UmweltR, § 28 Rn. 77; Kloepfer, UmweltR, § 12 Rn. 128. 383 Schwermer in: Kunig/Schwermer/Versteyl, Komm. AbfG, § 8 Anm. 65. 384 BVerwG, Urt. v. 04.05.1988- 4 C 22.87 -, E 79, 318, 321, Urt. v. 14.04.1989- 4 C 31.88 -, E 82, 17, 23 und Urt. v. 27.09.1990- 4 C 44.87 - , E 85, 348, 352. Bonk in: Stelkens/Bonk/Sachs, Komm. VwVfG, § 75 Anm. 11; Gaentzsch, NJW 1986, 2778, 2779; Laubinger, VerwArch. 1986, 77, 88. 385 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 12 Anm. 101; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, I, 6; Jarass, UVP bei Industrievorhaben, 43 ff.; Schink, DÖV 1993, 725, 736; ders./Erbguth, DVBI. 1991 , 413, 418; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 999; ders., DVBI. 1990, 1369, 1371; Weber/ Hellmann, NJW 1990, 1625, 1631. And. Ans.: Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, S. 29; Gallas, UPR 1991, 214, 218; Jarass, Komm. BimSchG, § 6 Anm. 10; Lange, DÖV 1992, 780, 784; Vallendar, UPR 1992, 212, 213.

111. Die Umsetzung im UVPG

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Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz der Fall ist386. Der Gesetzeszweck dieses umweltbezogenen Fachgesetzes war in seiner unmittelbaren Entscheidungserheblichkeit medial ausgerichtet, § 1 BlmSchG387 . Die Schutzpflichten des § 5 BlmSchG folgen auch in ihrer Erweiterung durch den Vorsorgegrundsatz, § 5 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG, diesem Gesetzeszweck. Die Öffnungsklausel des § 6 Nr. 2 BlmSchG erweitert zwar den Prüfungsumfang auf die ersetzten Entscheidungen, die aber nur auf den je fachmedialen Gesetzeszweck rekurrieren. Darüber hinaus ist die Konzentrationswirkung des § 13 BlmSchG nur eingeschränk:t388 . Teils wird daher vertreten, die medienübergreifende Berücksichtigung der Umweltverträglichkeitsprüfung sei mit einer Tatbestandserweiterung auch bei gebundenen Kontrollerlaubnissen möglich389 , während andere eine grundsätzliche Neufassung der Kontrollerlaubnisse390 , etwa durch Einführung eines Versagungsermessens fordern391 . Die Begründung des Gesetzentwurfs392 geht davon aus, daß bereits das geltende Recht für die Aufnahme der nach dem UVPG zu berücksichtigenden Belange hinreichend offen ist. Die zu berücksichtigenden Umweltauswirkungen bilden bei Ermessensentscheidungen einen Abwägungsbelang, der in die zu treffende Entscheidung eingeht. Auch die gebundenen Zulassungsentscheidungen seien für die Bewertung der Umweltauswirkungen über die unbestimmten Gesetzesbegriffe hinreichend offen. Diese Anforderung hat der Umweltausschuß des Bundestages393 konkretisiert: die Bewertung und Be386 Schätzungen gehen dahin, daß etwa die Hälfte aller UVP-pflichtigen Verfahren nach dem BlmSchG zu beurteilen sind: Bunge, DVBI. 1987, 819, 823; Jarass, UVP bei Industrievorhaben, 3; Lange, DÖV 1992, 780; Püchel, UVP, 4; Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413. 387 In der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 11.05.1990 (BGBI. I S. 870). Hierauf basiert die Neufassung des BlmSchG v. 14.05.1990 (BGBI. I S. 881), die den Gesetzeszweck an den integrativen Ansatz des UVPG angeschlossen hat. Damit dürfte nunmehr auch die Berücksichtigung von Wechselwirkungen bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ermöglicht sein, Steinberg, DVBI. 1990, 1369, 1372; Ziegler, NJW 1991, 409. Krit. hingegen: Schink!Erbguth, DVBI. 1991, 413, 418; Weber/Hel/mann, NJW 1990, 1625, 1631. 388 Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1, 6-8. 389 Beckmann, DÖV 1987, 944, 953; Jarass, UVP bei Industrievorhaben, 95 f.; Stellungnahme des Rates von Sachverständigen for Umweltfragen zur Umsetzung der EG-UVP, in: DVBI. 1988, 21 , 24. 390 Erbguth, VR 1988, 5, 6; Schink!Erbguth, DVBI. 1991, 413, 420. 391 Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 35 f: ders., DVBI. 1987, 819, 824; ders ., ZfU 1984, 405, 418; Cupei, UVP, 266; Seeliger, UPR 1982, 177, 180; Storm, et 1987, 179, 183; Wahl, DVBI. 1988, 86, 89. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeil verneinen: Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1, 11; Jarass, UVP bei Industrievorhaben, 91 f. 392 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, s. 28. 393 Beschlußempfehlung des Ausschusses for Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 07.11.1989 in: BT-Drs. 11/5532, S. 31. Dazu: Steinberg, DVBI. 1990, 1369, 1370 f.

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

rücksichtigung erfolgen im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge im Sinne der §§ 1, 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG nach Maßgabe der geltenden Fachgesetze. Mit dieser Formulierung geht zwar nicht die geforderte Änderung der Fachgesetze einher394 . Die unbestimmten Rechtsbegriffe gewinnen aber über die interpretations- und ermessensleitende Wirkung des gesetzlichen Schutzzwecks der Umweltverträglichkeitsprüfung, §§ 1, 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG, einen neuen, den integrativen, medienübergreifenden Gehalt der UVP bei der Anwendung und Auslegung der Fachgesetze mit einschließenden Gehalt395 • Das UVPG modifiziert daher die materiellrechtlichen Kriterien für die Bewertung und Berücksichtigung der Umweltverträglichkeit396 • Hiervon geht auch Ziff. 0.6.2.2 EntwUVPVwV aus, wenn er erläutert, daß sich aus § 12 UVPG ein Auslegungs- und Ermessensgrundsatz ergibt, dessen Anwendung das herkömmliche Verständnis fachgesetzlicher Begriffe verändern kann. 8. Unterrichtung über die Entscheidung, § 9 Abs. 2 UVPG

Die zuständige Behörde macht im Falle einer positiven Entscheidung dem Träger des Vorhabens und der betroffenen Öffentlichkeit, § 9 Abs. 2 UVPG, die Entscheidung zugänglich und unterrichtet über die Entscheidungsgründe. Im Falle der Ablehnung des Vorhabens sind neben den bekannten Betroffenen diejenigen zu unterrichten, die Einwendungen erhoben haben, § 9 Abs. 2 Satz 2 UVPG397 • In die Entscheidung ist ein Hinweis auf§ 12 UVPG in Verbindung mit den §§ 1 und 2 Abs. 1 Satz 2 und 4 UVPG aufzunehmen, Ziff. 0.6.2.2 EntwUVPVwV. Art und Weise der Benachrichtigung bestimmen sich nach den fachgesetzlichen Vorschriften, so etwa§§ 10 Abs. 7 und 8 BlmSchG, 21 a 9. BlmSchV.

394 Beschlußempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 07.11.1989 in: BT-Drs. 11/5532, S. 34 f., 36 f. 395 Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 37 f., 46. And. Ans.: Hoppe/Appold, DVBI. 1991, 1221, 1225. 396 Steinberg, DVBI. 1990, 1369, 137!. And. Ans.: Stich in: UPR 1990, 121, 124 mit der Ausnahme für die Eingriffsregelung des§ 8 BNatSchG, a.a.O., S. 125. 397 Gemeinschaftsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Beschränkung des Personenkreises auf jene, die von ihrem Einwendungsrecht Gebrauch gemacht haben, äußern: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 9 Anm. 18; Weber/Hel/mann, NJW 1990, 1625, 1630.

IV. Das Umsetzungsverfahren

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IV. Das Umsetzungsverfahren 1. Das Umsetzungsgesetz a) Bund

Das verspätete Umsetzungsgesetz398 enthält ein Stammgesetz (Art. 1 UVPUmsG) und ein Artikelgesetz (Art. 2-14 UVP-UmsG). Im materiellen Teil wird die Grundstruktur der Umweltverträglichkeitsprüfung unter enumerativer Aufzählung der UVP-pflichtigen Vorhaben normiert und in einem Änderungsteil wird die notwendige Anpassung der betroffenen Vorschriften vorgenommen399. Dabei sollte davon abgesehen werden, die Grundsatzregelungen des Stammgesetzes in die einzelnen Fachgesetze zu duplizieren. Vielmehr sollten die materiellrechtlichen Anforderungen der Umweltverträglichkeitsprüfung in den Fachgesetzen konkret normiert werden, wobei diese wiederum nur Anwendung finden, wenn und soweit sie hinter den Anforderungen des UVPG nicht zurückblieben, § 4 Satz 1 UVPG400 • Die Form des Artikelgesetzes verfolgt den Zweck, die Fachgesetze mit Blick auf die Umweltverträglichkeitsprüfung aus sich heraus lesbar zu machen. Das Stammgesetz bleibt eine "eigenständige, übergreifende Regelung der allgemeinen Anforderungen der Umweltverträglichkeitsprüfung", ist aber nur insoweit anwendbar, als "Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder den Anforderungen des (Stamm-) Gesetzes nicht entsprechen" 401 •

398 Gesetz zur Umsetzung der EG-RL UVP v. 12.02.1990 (BGBI. I S. 205), verkündet am 20.02.1990. Die EG-RL UVP war von den Mitgliedstaaten innerhalb von drei Jahren nach Bekanntgabe der Richtlinie umzusetzen (Art. 12 Abs. 1 EG-RL UVP), somit bis zum 03.07.1988, weil die Richtlinie den Mitgliedstaaten am 03.07.1985 bekanntgegeben worden war. Zur Umsetzungsgeschichte: Bartlsperger, DVBI. 1987, 1, 5-7; Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 19 f.; Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 65-72; Cupei in: Rengeling (Hrsg.), Europäisches UmweltR, 27, 41-43; ders., UVP, 238 ff.; Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 65 f.; Hennecke, UTR 9, 117, 124-146; Stellungnahme des Rates von Sachverständigenfür Umweltfragen zur Umsetzung der EG-UVP, DVBI. 1988, 21, 22-25; Schmidt-Aßmann in: FS Doehring, 889, 892; Stewing, et 1986, 648, 649 f. ; Vallendar, UPR 1992, 212, 212 f.; Wägenbaur, ZG 1988, 303, 312-318; Weber, Umweltverträglichkeitsrichtlinie, 17-27. 399 Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 65 f.; Dohle, NVwZ 1989, 697, 698; Erbguth, NVwZ 1988, 969, 970; Soell!Dirnberger, NVwZ 1990, 705, 706; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 996. 400 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 16. Krit. hingegen der Bundesrat in seiner Stellungnahme: ebda., S. 46. 401 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, s. 15 f .

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

Die Systematik ist dahin zusammenzufassen, daß die durch das Artikelgesetz betroffenen Bundesgesetze ohne Rückgriff auf das UVPG auskommen sollen, während die in §§ 16-19 UVPG betroffenen Bundesgesetze eine Sonderregelung durch das UVPG erfahren. Die Anpassungen der Fachgesetze haben überwiegend klarstellende Funktion402. Sie erschöpfen sich nahezu in der Einfügung des Prüfungserfordernisses über die Umweltverträglichkeit und der Anpassung der Fristen für das Anhörungsverfahren an § 9 Abs. l UVPG. Die Rahmengesetze beschränken sich aus kompetenzrechtlichen Gründen auf die Formulierung, daß die Verfahren den Anforderungen des UVPG genügen müssen403 . b) Länder

Zudem besteht Umsetzungsbedarf im Rahmen der eigenen Gesetzgebungskompetenz der Länder404. Die Bundesländer sind gleichermaßen wie die Bundesrepublik zur Umsetzung des sekundären Gemeinschaftsrecht verpflichtet, soweit ihre Gesetzgebungszuständigkeit durch die EG-RL UVP betroffen ist. Dies ergibt sich entweder aus einer direkten Verpflichtung der Bundesländer aus Art. 189 EWGV oder aus dem innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Grundsatz der Bundestreue405 . Ein Umsetzungsermessen der Bundesländer besteht daher nicht406. Die Umsetzungsgesetze der Bundesländer betreffen jene Bereiche der alleinigen Gesetzgebungszuständigkeit der Bundesländer sowie der Rahmengesetzgebungszuständigkeit des Bundes407 , etwa Landesstraßengesetz, Landeseisenbahngesetz, Landesnaturschutzgesetz, Landeswaldgesetz, Landeswassergesetz, Abgrabungsgesetz oder Freileitungsgesetz, sowie nicht zuletzt die landesrechtliche Ausformung des Raumordnungsverfahrens. In den Materien, die 402 Dohle, NVwZ 1989, 277, 278 f .; Erbguth, NVwZ 1988, 969, 971; Jarass, Auslegung der EG-Richtlinie, 79; Weber/Hel/mann, NJW 1990, 1625, 1628. 403 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, s. 17. 404 Engelhardt, BayBgm. 1989, 92, 94; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 95-97; Feldmann , UPR 1991, 127, 131 f.; Schink, NVwZ 1991, 935, 938; Spiecker, BayVBI. 1988, 557, 558; Steinberg/Müller, NuR 1989, 277, 278 f.; Weber/Hel/mann, NJW 1990, 1625, 1628. 405 Erbguth, DV 1991, 283, 320; ders./Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 94-98; Oppermann, EuR, § 6 Rn. 535, 549; Steinberg/Müller, NuR 1989, 277, 279, 282 f; Willner, VBIBW 1992, 281 Fn. 9. 406 So aber: Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, S. 18. Becker, BayVBI. 1990, 353, 359. 407 Steinberg/Müller, NuR 1989, 277, 279; Stich, UPR 1990, 121, 123.

IV. Das Umsetzungsverfahren

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der ausschließlichen oder konkurrierenden Bundesgesetzgebungskompetenz unterfallen, verbleiben den Bundesländern allenfalls marginale Regelungsbereiche, da der Bund durch das UVPG auf diesen Gebieten weitreichende Regelungen getroffen hat und nur selten auf ergänzendes Recht der Bundesländer verweist408 • Auf der anderen Seite ist doch zu berücksichtigen, daß die Bundesländer gleichermaßen verpflichtet sind, die für den Vollzug des Bundesgesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung benötigten Landesvorschriften zu erlassen. Sie können durch ihre Verwaltungskompetenz nach Art. 83 ff. GG Einfluß nehmen, wobei Organisations- und Zuständigkeitsfragen bei der Wahrnehmung einer Aufgabe eine um so bedeutendere Rolle spielen, je schwächer ihre inhaltliche Programmierung ist. In§ 14 Abs. 1 UVPG wird die ablauforganisatorische Konsequenz aus dem medienübergreifenden integrativen Prüfungsansatz der EG-RL UVP gezogen409. §§ 2 Abs. 1 Satz 4, 14 Abs. 1 UVPG tragen dem Grundsatz des Art. 83 GG Rechnung, wonach die Länder die Bundesgesetze als "eigene Angelegenheit" ausführen und demnach auch die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung in parallelen Verfahren zu regeln haben. Die Bestimmung der federführenden Behörde und die Einzelheiten der Koordinierungsaufgabe dieser Behörde ist damit Aufgabe der Länder. Die meisten Bundesländer kamen ihrer Regelungspflicht bereits nach410 . In den Bundesländern Baden-Württemberg4 11 , Berlin412 und NordrheinWestfalen413 erfolgte die Umsetzung durch Gesetz, in Bayern414 , Bremen415, Steinberg/Müller, NuR 1989, 277, 281. Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 28. Krit. zur Praktikabilität dieser Regelung: Dohle, NVwZ 1989, 697, 703; Jarass, NuR 1991, 201, 206. 410 Bei Fertigstellung dieser Arbeit hatten nur die Bundesländer Brandenburg, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen keine UVP-bezogenen Regelungen erlassen. 411 Landesgesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 12.12.1991 (GBI. S. 848). In Kraft getreten am 01.01.1992, An. 8 LUmsG. Zum Landesgesetz: Vetter, BWVP 1992, 28, 33; Willner, VBlBW 1992, 281-287. 412 Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 21.07.1992 (GVBI. S. 234). In Kraft getretenam31.07.1992, § 11 Satz2BerlUVPG. 413 Landesgesetz zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltvenräglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten vom 29.04.1992 (GV. NRW S. 175). In Kraft getreten am 04.06.1992, An. 8 LUmsG. 408

409

414 Verordnung zur Bestimmung der federführenden Behörde und ihrer Aufgaben gemäß § 14 Abs. I des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 24.07.1990 (GVBI. S. 254, ber. S. 384). In Kraft getreten am 01 .08.1990, § 3 BayrUVPVO. 415 Gemeinsamer Erlaß des Senators für Umweltschutz und Stadtentwicldung, des Senators für das Bauwesen, des Senators für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie und des Senators für

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

Hessen416 , Mecklenburg-Vorpommem417 , Rheinland-Pfalz418, Saarland419 und Schleswig-Holstein420 durch Verordnung, Anordnung oder Erlaß, in Sachsen durch Verwaltungsvorschrift421 . Hieran ist zumindest bemerkenswert, daß § 14 UVPG selbst keine Verordnungsermächtigung vorsieht, sodaß eine reine Zuständigkeitsverordnung mitunter nicht hinreichend ist422 . Andererseits stehen reine Zuständigkeitsregelungen nicht notwendig unter Gesetzesvorbehalt. Organisationsakte zur Schaffung neuer Verwaltungsträger und Behörden, die in die Rechtsstellung der Bürger eingreifen können, bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Eine Norm des Innenrechts reicht insoweit nicht aus423. Mit der federführenden Behörde wurde grundsätzlich keine neue Behörde errichtet. Vielmehr wird nach der landesrechtliehen Umsetzung eine der Zulassungsbehörden zur federführenden Behörde bestimmt. Es fragt sich allerdings, ob nicht auch die erhebliche Erweiterung des Aufgabenkreises einer Behörde der Neuerrichtung zumindest nahe kommt. Die weitere Voraussetzung des potentiellen Eingriffs in Rechte der Bürger ist gleichermaßen problematisch. Zwar sind Vorhabenträger wie Dritte sicher durch Regelungen der Umweltverträglichkeitsprüfung betroffen. Höchst zweifelhaft ist indessen, ob die potentielle Betroffenheit in die Zuständigkeitsbegründung der federführenden Behörde fortwirkt, da die Regelung des § 14 UVPG vornehmlich den Verfahrensablauf sicherstellt. Einzelne Bundesländer haben bei der Umsetzung eine

Häfen, Schiffahn und Außenhandel über die Zusammenarbeit bei der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen vom 19.08.1992 (ABI. S. 103). 416 Anordnung über die Zuständigkeit zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Zulassung eines Vorhabens durch mehrere Behörden vom 20.07.1990 (GVBI. S. 421). In Kraft getreten am 01.08.1990, § 3 HessUVPVO. 417 Verordnung über die federführende Behörde nach § 14 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 23.07.1992 (GVOBI. S. 483). In Kraft getreten am 08.08.1992, § 3 MeVorpUVPVO. 418 Verordnung über die federführende Behörde nach § 14 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 28.07.1992 (GVBI. S. 279). In Kraft getreten am 29.08.1992, § 3 RhPfUVPVO. 419 Verordnung über die Zuständigkeiten nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 22.01.1991 (ABI. S. 166). In Kraft getreten am 08.02.1991, § 3 SaarlUVPVO. 420 Verordnung über die federführende Behörde nach§ 14 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 15.01.1991 (GVOBI. S. 67). In Kraft getreten am 22.02.1991, § 3 SchlHUVPVO. 42 1 Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landesentwicklung über die Regelung der Zuständigkeiten bei der Durchführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 19.09.1991 (ABI. Nr. 34 S. 19). In Kraft getreten am 01.10.1991, § 3 SächsUVPVwV. 422 Keine Probleme sieht insoweit Feldmann, UPR 1991, 127, 131. 423 Ossenbühl in: Erichsen!Martens (Hrsg.), AllgVwR, § 7 IV 4 c, Rn. 45; Rudolf, ebda., §56 I, Rn. 5.

IV. Das Umsetzungsverfahren

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Pauschalverweisung424 , andere eine redaktionelle Übernahme gewählt-425 . In Bremen426 und Schleswig-Holstein427 wurde zudem im Geschäftsbereich der obersten für den Umweltschutz zuständigen Behörde eine UVP-Fachgruppe gebildet, die bei allen wesentlichen Verfahrensschritten der Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne eines Benehmenserfordernisses zu beteiligen ist. In der durch § 14 Abs. 1 Satz 2 UVPG eröffneten Möglichkeit liegt die Gefahr begründet, daß die Bundesländer zu unterschiedlicher Ausgestaltung der Umweltverträglichkeitsprüfung kommen428. c) Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften

Gemäß Art. 14 Abs. 2 und 3 UVP-UmsG sind die atom-und immissionsschutzrechtlichen Verfahrensregelungen in Anpassung an das UVPG zu novellieren. Darüber hinaus werden gemäß § 20 UVPG Verwaltungsvorschriften durch die Bundesregierung erlassen, die die materiellen und verfahrensmäßigen Standards enthalten, nach denen die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist-429 . Die Ermächtigung des § 20 UVPG erstreckt sich auf drei Bereiche der Umweltverträglichkeitsprüfung: - Kriterien und Verfahren, die zu dem in§§ 1 und 12 UVPG genannten Zweck bei der Ermittlung, Beschreibung und Bewertung von Umweltauswirkungen nach§ 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG zugrundezulegen sind,

Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen. Baden-Württemberg. Dazu Willner, VBIBW 1992, 281, 282. 426 Erlaß des Senators für Umweltschutz und Stadtentwicklung vom 19.05.1991. 427 Gemeinsamer Erlaß des Innenministers, des Ministers für Wirtschaft, Technik und Verkehr, des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei, des Ministers für Soziales, Gesundheit und Energie und des Ministers für Natur, Umwelt und Landesentwicklung vom 27.09.1991 (ABI. S. 628). 428 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 14 Anm. 12; Püchel, ZAU 1988, 121, 130 f. 429 Der Bundestag hat sich in seiner Entschließung anläßlich der Verabschiedung des UVPG vom 16.11.1989 vorbehalten, die Ermächtigung des§ 20 UVPG zum Erlaß von Verwaltungsvorschriften in eine solche zum Erlaß von Rechtsverordnungen umzuwandeln. Damit wäre ein § 3 Abs. I Satz 3 UVPG ähnlicher Zustimmungsvorbehalt zu Gunstendes Bundestages gegeben: BTDrs. 11/5532, S. 3 Ziff. II I b = BR-Drs. 687/89, S. 2 Ziff. 1. Zu den Verwaltungsvorschriften: Bönker, UmwStandards, 145-153; Feldrnann, UPR 1991, 127-132. Zum Test der UVP-Verwaltungsvorschriften im Planspiel: Böhret!Hoj'mann, DÖV 1991, 901-910. Die Entwicklung und Durchführung eines Planspiels entsprach einer Vereinbarung, die im Vorwege der Verabschiedung des UVPG zwischen Bundesregierung und Umweltausschuß des Deutschen Bundestags getroffen worden war (Beschlußempfehlung des Ausschusses jUr Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 07.11.1989 in: BT-Drs. 11/5532, S. 2 . Auch: BR-Drs. 687/89, S. 2). 424

425

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

- Grundsätze für die Unterrichtung über den voraussichtlichen Untersuchungsrahmen nach § 5 UVPG und - Grundsätze für die zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen nach§ 11 UVPG und für die Bewertung gemäߧ 12 UVPG. Die UVP-Verwaltungsvorschrift (UVPVwV) befmdet sich im Entwurf43°. Sie differenziert zwischen einem allgemeinen Teil, in dem die für alle UVPpflichtigen Vorhaben geltenden Regelungen enthalten sind und mehreren besonderen Teilen, die sich mit den speziellen Anforderungen der Umweltverträglichkeitsprüfung in den einzelnen fachgesetzlichen Verfahren beschäftigen431. Die beiden Teile müssen stets zusammen gelesen werden432. Ein Kardinalproblem der UVPVwV ergibt sich dabei hinsichtlich der Bewertung. Diese kann nur anband von Maßstäben erfolgen, die wiederum nur rechtlich vermittelt sein können. Das ergibt sich aus der Einbindung der Umweltverträglichkeitsprüfung in die verwaltungsbehördlichen Verfahren, § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG und aus § 12 UVPG433 . Die Verwaltungsvorschriften dienen einer optimierenden Auslegung und Anwendung der Fachgesetze. Mit dieser Zielrichtung sollen §§ 12, 2 Abs. 1 Sätze 2 und 4 UVPG einen Auslegungs- und Ermessensgrundsatz bilden, dessen Anwendung das herkömmliche Verständnis fachgesetzlicher Begriffe im Sinne einer intensiveren Berücksichtigung von Umweltbelangen verändern kann434. Die Rechtsnormqualität der UVP-Verwaltungsvorschriften ist nach wie vor ungeklärt435 . Dieser breiten Diskussion, die sich vor allem auf die Bedeutung der Verwaltungsverordnungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren verdichtet, kann hier nicht nachgegangen werden. Im Zusammenhang dieser Schrift ist indessen die Zulässigkeit der Regelungen über parallele Verfahren in der UVPVwV zu vertiefen. Die in der UVPVwV niedergelegten Regelungen sind von grundlegender Bedeutung auch für die Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, Eigentum, Art. 14 430 Fassungen vom 09.05.1990, 03.12.1990, 19.06.1991 (abgedr. bei Erbguth!Schink, Komm. UVPG, Anh. 6), 13.05. 1992,01.02.1993 und vom 10.03. 1993. 431 Böhret/Hofrrumn, DÖV 1991, 901, 904; Erbguth/Sto/lmann, NuR 1993, 249. 432 Fe/dmann, UPR 1991, 127, 128. 433

Dazu grds.: Schoeneberg, UVP, Rn. 146 m.w.N. in Fn. 129.

Beschlußempfehlung des Ausschusses für Umwelt, NaJurschutz und Reaktorsicherheit vom 07.11.1989 in: BT-Drs. 11/5532, S. 31. Ziff. 0.6.2.2 EntwUVPVwV. Bönker, UmwStandards, 153-161. 434

43S Zum Streitstand: Maurer, AllgVwR, § 24. Teils wird der Begriff "Verwaltungsverordnung" gewählt: Achterberg, AllgVwR, § 16 Rn. 53; Herzog in: Maunz/Dürig/Herzog/ Scholz, Komm. GG, Art. 80 Anm. 53; Püttner, AllgVwR, 11 f. Speziell zu den UVPVwV: Bönker, UmwStandards, 17 ff.

IV. Das Umsetzungsverfahren

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GG, und Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG. Angesichts dieser Grundrechtsrelevanz erscheint es denkbar, daß der Parlamentsvorbehalt zum Tragen kommt, der einer Delegation der Rechtssetzungsbefugnis auf die Exekutive entgegensteht436 . Herkömmlich werden Verwaltungsvorschriften in solche gesetzeskonkretisierender und gesetzesvertretender Art unterschieden. Der Rechtsgehalt gesetzeskonkretisierender Verwaltungsvorschriften besteht darin, die Auslegung und Anwendung von Rechtsnormen, insbesondere der unbestimmten Gesetzesbegriffe, zu bestimmen und den nachgeordneten Verwaltungsbehörden zu erläutern437 . Als gesetzesvertretende Verwaltungsvorschriften sind solche Richtlinien einzuordnen, die in bestimmten ausfüllungsbedürftigen Bereichen gesetzliche Regelungen gleichsam ersetzen, da es an gesetzliche Vorgaben gänzlich fehlt oder vorhandene gesetzliche Vorgaben so unbestimmt sind, daß sie einer Ausfüllung durch die Richtlinien bedürfen438 . In einzelnen Fällen stellt sich die UVPVwV als eine Ausfüllung der gesetzlich vorgegebenen Regelung dar, so insbesondere bei den Begriffsbestimmungen zur Umwelt, Ziff. 0.3 EntwUVPVwV. Hingegen läßt sich dies bei dem in §§ 1, 2 Abs. 1 Satz 2, 12 Halbs. 1 UVPG enthaltenen Bewertungsbegriff durchaus bezweifeln439. Auf der anderen Seite ist auch hier wieder zu berücksichtigen, daß die Umweltverträglichkeitsprüfung ein unselbständiger Teil der verwaltungsbehördlichen Zulassungsverfahren ist. Sie ist ein vorbereitender Teil der eigentlichen Zulassungsentscheidung, die sich wiederum nach den fachrechtlichen Regelungen bestimmt, soweit nicht § 4 UVPG zur Anwendung kommt. Die vornehmlich in § 20 Nrn. 1 und 3 UVPG enthaltenen Bewertungsstandards mögen daher die Zulassungsentscheidung mittelbar beeinflussen, ohne sie gleichermaßen vorwegzunehmen. Mit den Bewertungsstandards geht somit keine substantielle Veränderung der fachrechtlichen Bewertungsstandards einher440. Aus dem Gesichtspunkt des Gesetzesvorbehalts ist gegen die Bewertungsstandards in dem EntwUVPVwV daher nichts einzuwenden. Dieser Befund gilt freilich grundsätzlich auch für die Parallelverfahren. Es ist indessen zu hinterfragen, ob sich die bei Parallelverfahren anzuwendenden und ausfüllenden Bestimmungen des EntwUVPVwV an die Regelung des § 14 UVPG halten oder kompetenzwidrigerweise hierüber hinausgehen. lnso436 Bönker, DVBI. 1992, 804, 809; ders., UmwStandards, 162; Schneider, Amtsermittlung bei der UVP, 180. Allg.: Püttner, AllgVwR, 49. 437 BVerwG, Urt. v. 19.12.1985- 7 C 65.82 -, E 72, 300, 320 f. 438

Maurer, AllgVwR, § 24 Rn. 9-11.

So: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 20 Anm. 12; ders.!Stollmann, NuR 249, 251 ; Schink/Erbguth, DVBI. 1991 , 413, 418. And. Ans.: Feldmann , UPR 1991, 127, 131. 440 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 27. Ziff. 0.6.2.1 EntwUVPVwV. Bönker, UmwStandards, 169 m.w.N. in Fn. 15. 439

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

fern wird insbesondere zu vertiefen sein, welche Kompetenzen der federführenden Behörde nach der gesetzlichen Regelung eingeräumt werden und wie sich diese Aufgabenzuweisung in der Ausfüllung durch den EntwUVPVwV darstellt. 2. Die betroffenen Rechtsgebiete Das Artikelgesetz erfaßt Allpassungen der einschlägigen Umweltgesetze und der Verkehrsplanungsgesetze. Andere Normen unterfallen nicht dem Artikelgesetz, sondern werden durch §§ 16-19 UVPG erfaßt. Es handelt sich somit um die Anpassung von insgesamt 16 Bundesgesetzen441 . Ein zentrales Anliegen der Umweltverträglichkeitsprüfung ist die exklusive Darstellung und isolierte Bewertung der Umweltauswirkungen eines Vorhabens442. Der Berücksichtigungsrang des Umweltverträglichkeitsprüfung bleibt nach der grundsätzlichen gesetzgeberischen Entscheidung in § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG der Normierung in den Fachgesetzen vorbehalten. Die Berücksichtigung ist weniger in den Planfeststellungs-, denn in den Genehmigungsverfahren problematisch. Der Berücksichtigungsrang ist in den einzelnen Gesetzen unterschiedlich ausgefallen. a) Abfallrecht, Art. 2 UVP-UmsG

In § 7 Abs. 2 AbfG wird für die Zulassungsverfahren von Abfallentsorgungsanlagen der Satz 2 hinzugefügt, wonach bei der Planfeststellung die Umweltverträglichkeit der Anlage zu prüfen ist. Die bereits aus § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 4 Anlage zu § 3 UVPG folgende Regelung hat klarstellenden Charakter443. Darüber hinaus wird die Plangenehmigung nach § 7 Abs. 3 AbfG den Anforderungen des UVPG angepaßt. Anstelle der nach § 7 Abs. 2 Satz 1 AbfG erforderlichen Planfeststellung kann eine Genehmigung gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 AbfG hinreichend sein444 • Hingegen ist wiederum nach § 7 Abs. 3 Satz 441 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 19. Beschlußempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 07.11.1989 in: BT-Drs. 11/5532, S. 29. 442 Stellungnahme des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, in: DVBI. 1988, 21, 26; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1, 2; Schmidt-Aßmann in: FS Dochring, 889, 901 f. 443 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, s. 31. 444 Ebling, 245; Jarass, Auslegung der HG-Richtlinie, 17-19. Krit. zur Plangenehmigung: Pfeil, DVBI. 1993, 474, 477.

IV. Das Umsetzungsverfahren

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1 Nr. 2 AbfG ein Planfeststellungsverfahren zwingend vorgeschrieben, wenn es sich um nicht unbedeutende Anlagen zur Entsorgung von "giftigem und gefährlichem Abfall" gemäß Nr. 9 in Anhang I der EG-RL UVP handelt, da nur in diesem Verfahren die Öffentlichkeitsbeteiligung gemeinschaftsrechtskonform durchgeführt werden kann445 . Ein Plangenehmigungsverfahren kann daher nicht durchgeführt werden, wenn von der Anlage nicht nur nachteilige Auswirkungen, sondern bereits erhebliche Beeinträchtigungen der Schutzgüter des § 2 Abs. 1 AbfG ausgehen446 • Diese Regelung weist den Vorzug auf, daß für die Zulassung von UVP-pflichtigen Anlagen die Konzentrationswirkung eingeführt wird, die der abfallrechtlichen Plangenehmigung abgesprochen wird447 . Die Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen ist durch Art. 2 UVP-UmsG, vor allem aber durch Art. 6 Nr. 1 Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz448 erheblich modifiziert worden. Die Errichtung und der Betrieb von Abfallbehandlungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen sowie die wesentliche Änderung einer solchen Anlage oder ihres Betriebs bedarf nunmehr ausschließlich der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Eine zusätzliche abfallrechtliche Zulassung ist nicht mehr erforderlich, § 7 Abs. 1 Satz 1 AbfG. Lediglich für die Errichtung und den Betrieb von Deponien sowie die wesentliche Änderung derartiger Anlagen oder ihres Betriebs ist ein Planfeststellungsverfahren nach § 7 Abs. 2 AbfG oder ein Plangenehmigungsverfahren unter den Voraussetzungen des§ 7 Abs. 3 AbfG durchzuführen449. Mit § 4 Abs. 1 Satz 2 AbfG wird das Zulassungsverfahren zum Teil dem Bundes-Immissionsschutzgesetz unterworfen450 . Eine Zulassung nach dem Abfallgesetz ist für die Verwertung oder Behandlung von Abfällen in jenen 445 Jarass, Auslegung der EG-Richtlinie, 62. Krit. zu dieser Regelung Ronellenjitsch, DÖV 1989, 737, 748, da solche Anlagen ohnedies dem Planfeststellungsverfahren unterlägen. 446 VGH Mannheim, Beschl. v. 17.11.1992- 10 S 2234.92 -, DVBI. 1993, 163, 165. Schink, NVwZ 1991, 935, 937; Schwermer in: Kunig/Schwermer/Versteyl, Komm. AbfG, § 7 Anm. 55. 447 OVG Münster, Urt. v. 18.02. 1986- 20 A 119.85 - , NVwZ 1988, 179, 181. Hösel/von Lersner, Komm. AbfG, § 7 Anm. 14, 22; Schäfer, NVwZ 1985, 383, 385, 387. Schwermer in: Kunig/Schwermer/Versteyl, Komm. AbfG, § 7 Anm. 53. And. Ans.: Ronellenjitsch, DÖV 1989, 737,747. 448 Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland vom 22.04.1993 (BGBI. I S. 466). 449 Dazu vgl. : Schink, DÖV 1993, 725, 729; SchmidJ-Preuß, DV 1993, 489, 512. 450 Geändert durch Art. 2 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 11.05.1990 (BGBI. I S. 870). Hierzu: Heute-Bluhm, VBIBW 1993, 206, 210; Schink, DÖV 1993, 725, 735.

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

Anlagen nicht erforderlich, die überwiegend einem anderen Zweck als der Abfallentsorgung dienen und die der Genehmigung in einem Verfahren unter Einbeziehung der Öffentlichkeit nach § 4 BlmSchG bedürfen, § 4 Abs. 1 Satz 2 AbfG. Die zwingende Öffentlichkeitsbeteiligung ergibt sich bereits aus § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG i.V.m. Nr. 1 Anlage zu§ 3 UVPG und Nr. 26 Anhang zu Nummer l der Anlage zu § 3 UVPG. Somit können Abfälle auch in solchen, nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlagen mitentsorgt werden45 I. b) Atomrecht, Art. 3 UVP-UmsG

In § 7 Abs. 2 Nr. 6 AtG wurde für das atomrechtliche Genehmigungsverfahren eine Öffnungsklausel eingeführt, wonach die Genehmigung nur erteilt werden darf, wenn überwiegende öffentliche Interessen, insbesondere im Hinblick auf die Umweltauswirkungen, der Wahl des Standorts der Anlage nicht entgegenstehen452 . Dieser Änderung wird eine klarstellende Funktion zugeschrieben, die den umfassenden Charakter der Prüfung standortbezogener Umweltauswirkungen verdeutlicht453 . Tatsächlich ist mit dieser Formulierung ein umweltbezogener Versagungsgrund eingeführt worden, wie er verschiedentlich auch für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren verlangt wird. Im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren ist eher gewährleistet, daß sich die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig in der Genehmigung niederschlagen454 . Damit wird der Forderung des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen nachgekommen, daß eine Genehmigung auch dann zu versagen ist, wenn die Umweltbelastungen in den einzelnen Bereichen die Höchstbelastungsgrenzen nicht erreichen, aber in ihrer Gesamtheit erheblich sind455 . Es wird näher zu untersuchen sein, wie sich diese Neuformulierung auf die Entscheidungskompetenz der zuständigen Behörde gegenüber anderen Behörden auswirkt456. 451 Kunig in: Kunig/Schwermer!Versteyl, Komm. AbfG, § 4 Anm. 5, 28 f.; Schink, NVwZ 1991, 935, 937. 452 Art. 3 UVP-UmsG, bislang hieß es: .im Hinblick auf die Reinhaltung des Wassers, der Luft und des Bodens". 453 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, s. 31. 454 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Art. 3 Anm. 1; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 999; Weber, UPR 1988, 206, 213; ders.!Hel/mann, NJW 1990, 1625, 1631. 455 Stellungnalune des Rates von Sachverständigenfür Umweltfragen zur Umsetzung der EGUVP, in: DVBI. 1988, 21, 27. 456 Zur Trennung zwischen dem Regelungsgehalt einer atomrechtlichen Genehmigung und einer wasserrechtlichen Gestaltung: BVerwG, Urt. v. 18.09.1987 - 4 C 36.84 -, NVwZ 1988, 535. Eine Erweiterung der Entscheidungskompetenz wird in der Begr. des Gesetzentwurfs der

IV. Das Umsetzungsverfahren

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Das UVPG ist auf atomrechtliche Genehmigungsverfahren erst nach Inkraftreten der entsprechenden Verfahrensverordnung anwendbar, Art. 14 Abs. 2 UVP-UmsG. In diesem Zeitpunkt wird das UVPG wiederum potentiell durch § 4 UVPG verdrängt. Die Umweltverträglichkeitsprüfung soll sich in atomrechtlichen Genehmigungsverfahren ausschließlich nach den spezialgesetzlichen Verfahrensbestimmungen richten457. Auch für das atomrechtliche Planfeststellungsverfahren nach § 9 b Abs. 2 und Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 AtomG ist ein Versagungsgrund der Umweltunverträglichkeit eingeführt worden. c) Immissionsschutzrecht, Art. 4 UVP-UmsG

Ein Schwerpunkt des Anwendungsbereichs des UVPG wird bei den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren liegen458. Durch die Dritte Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes459 wurde der Begriff der Immissionen im Sinne des UVPG erweitert, § 3 Abs. 2 BlmSchG. Der Schutz- und Vorsorgegrundsatz in § 5 Abs. 1 Nm. 1 und 2 BlmSchG als die zentralen Genehmigungsvoraussetzungen sind entsprechend neu zu bestimmen und ermöglichen die Aufnahme der Ergebnisse einer Umweltverträglichkeitsprüfung in das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren460. Eine dem Atomgesetz entsprechende Klarstellung erfolgte für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren nicht46 1• Vielmehr bleibt es bei der bestehenden, die Umweltauswirkungen mitunter nicht gleichermaßen einbeziehenden Regelung, daß die Genehmigung zu erteilen ist, wenn andere öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen, § 6 Nr. 2 BlmSchG. Jedenfalls wurden der Gesetzeszweck gemäß § 1 BlmSchG und

Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 31 ohne nähere Begründung verworfen. 457 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 31. Erbguth, NVwZ 1988, 969, 972; ders./Schink, Komm. UVPG, An. 3 Anm. 3; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 996. 458 Bunge, DVBI. 1987, 819, 823; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 12 Anm. 95; Ga/las, UPR 1991, 214, 216; Lange, DÖV 1992, 780; Schoeneberg, UVP, Rn. 55. 459 Vom 11.05.1990 (BGBI. I S. 870). 460 Lange, DÖV 1992, 780, 784; Schoeneberg, UVP, Rn. 55, 174, 178; Soe/1/Dirnberger, NVwZ 1990, 705, 709; Steinberg, DVBI. 1990, 1369, 1372; Ziegler, NJW 1991, 409. And. Ans. : Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 417; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 12 Anm. 98, 111. Zweifelnd: Hoppe!Appold, DVBI. 1991, 1221, 1225; Hoppe/Püchel, DVBI. 1988, 1, 9; Weber/ Hellmann, NJW 1990, 1625, 1631. 461 Steinberg, DVBI. 1990, 1369, 1370.

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

der Schutzgüterbegriff in § 3 Abs. 2 BlmSchG modiftziert-462 • Er nähert sich nunmehr § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG an. Neu hinzugekommen sind die Umweltmedien Boden, Wasser und die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter. Vorschläge zur Aufnahme weiterer Schutzobjekte wie "Ökosystem" oder "Klima "463 wurden abgelehnt464, da sie die ohnehin schwierige Handhabung der Umweltverträglichkeitsprüfung durch Einführung kaum verifizierbarer Zulassungsvoraussetzungen erschweren, wenn nicht verhindern würde465 . Über die Berücksichtigungspflicht in § 12 UVPG gewinnt die Umweltverträglichkeitsprüfung materiellrechtliche Bedeutung. Diesem Anforderungsprofll muß das Entscheidungsprogramm des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens in §§ 6, 5 Abs. 1 Nm. 1 und 2 BlmSchG nachkommen. Nach Überzeugung der Bundesregierung ist diese Voraussetzung durch die unbestimmten Rechtsbegriffe wie "schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft", § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG, durch den Vorsorgebegriff, § 5 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG sowie den Öffnungsklauseln nach§ 6 Nr. 2 BlmSchG i.V.m. §§ 8 BNatSchG, 35 BauGB erfüllt466 . Diese Rechtsbegriffe müßten "in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeilsprinzip auf eine medienübergreifende Auslegung und Anwendung hin gesteuert werden"467. Hingegen fand der Vorschlag, § 6 Nr. 2 BlmSchG um den Gesichtspunkt "Belange des Umweltschutzes" zu ergänzen, keine Mehrheit468 • Auch die Einführung eines Versagungsermessens im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren wurde abgelehnt469 . 462 Die genannten Nonnen betrafen in der früheren anthropozentrischen Fassung vom 15.03.1974 (BGBI. I S. 721) zuletzt geändert durch VO vom 26.11.1986 (BGBI. I S. 2089): .Menschen sowie Tiere, Pflanzen und andere Sachen". Dazu: Kloepfer, UmwR, § 7 Rn. 20. 463 Art. 1 Nr. 1 des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE GRÜNEN, BT-Drs. 11/5242. 464 Beschlußempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in: BT-Drs. ll/6633, s. 33. 46S Zust.: Vallendar, UPR 1992, 212, 214. 466 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. ll/3919, s. 28. 467 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 29. 468 Beschlußempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 07.11.1989 in: BT-Drs. ll/5532, S. 34 f. 469 Vgl. Begründung zu Art. 1 Nr. 5 des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE GRÜNEN, BTDrs. 11/5242, S. 12. Überwiegend wird in diesem Unterlassen ein Umsetzungsdefizit gegenüber der EG-RL UVP gesehen: Bunge, ZfU 1984, 405, 418; ders., UVP im Verwaltungsverfahren, 55-57 zur verfassungsrechtlichen Problematik; Erbguth, NVwZ 1988, %9, 973 f.; ders.!Schink, Komm. UVPG, Art. 4 Anm. 35; Jarass, UVP bei Industrievorhaben, 92, 95; Soell!Dirnberger,

IV. Das Umsetzungsverfahren

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Art. 4 UVP-UmsG hat verfahrensrechtlich die Fristen im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren an § 9 Abs. 1 UVPG und damit an § 73 Abs. 3 und 4 VwVfG angepaßt: die Auslegungsfrist beträgt einen Monat, die Einwendungsfrist endet zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist. Durch Art. 4 UVP-UmsG wurde in§ 10 Abs. 10 BlmSchG bestimmt, daß in der das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren regelnden Rechtsverordnung näher zu bestimmen ist, welchen Anforderungen jene Genehmigungsverfahren zu genügen haben, für die nach Nr. 1 der Anl. zu § 3 UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Art. 14 Abs. 3 UVP-UmsG macht die Anwendung des UVPG auf immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren davon abhängig, daß konkretisierende Regelungen durch eine auf§ 10 Abs. 10 BlmSchG gestützte Rechtsverordnung ergangen sind. Die verfahrensrechtlichen Anforderungen an die Umweltverträglichkeitsprüfung bei immissionschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Vorhaben regelt die am 01.06.1992 in Kraft getretene Änderungsverordnung zur 9. BlmSchV vom 20.03 .1992470 . Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip in § 4 Satz 1 UVPG soll bereits das gesamte Anforderungsprofil der Umweltverträglichkeitsprüfung in der Verordnung enthalten sein, so daß ein Zurückgreifen auf das UVPG zumindest grundsätzlich ausscheidet. Die Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen unter Ausschluß der Abfalldeponien erfolgt nunmehr im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren. d) Wasserrecht, Art. 5 UVP-UmsG

Die wasserrechtlichen Normen wurden zur Klarstellung insoweit novelliert, als eine Zulassung nur in einem den Anforderungen des UVPG entsprechenden Verfahren erfolgen kann471 . Ein Versagungsgrund der Umweltunverträglichkeit wurde nicht eingeführt472 . Diese Zurückhaltung mag sich aus dem rahmengesetzliehen Charakter des Wasserhaushaltsgesetzes erklären473 .

NVwZ 1990, 705, 709; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 999; Weber, UPR 1988, 206, 213; ders.l Hellmann, NJW 1990, 1625, 1631. Desgleichen zu den verfassungsrechtlichen Bezügen: Bankopf/Bohne, UmwPol. I, 191 f. Zur rechtspolitischen Entwicklung: Storm, ZRP 1985, 18, 19 f. 470 BGBI. I S. 538. 471 Thorwanh, ZfW 1991, 72 Fn. 2. 472 Krit. : Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Art. 5 Anm. 2. 473 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, s. 17, 32. 7 Lande!

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B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

Die Zulassung von Abwasserbehandlungsanlagen wurde gemäß Art. 4 Abs. 2 EG-RL UVP i.V.m. Nr. 11 d) des Anhangs II EG-RL UVP in§ 18 c WHG neu eingeführt. Den Bundesländern verbleibt die Auswahl zwischen Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren. Das Zulassungsverfahren muß den Anforderungen des UVPG entsprechen. Die Zulassung des Ausbaus von Gewässern und Ufern kann auch durch eine Plangenehmigung erfolgen, § 31 Abs. 1 Satz 3 WHG474. Die wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren weisen den Nachteil auf, daß sie für die Aufnahme einer Umweltverträglichkeitsentscheidung nicht hinreichend offen erscheinen475 . In die Entscheidung können ausschließlich wasserwirtschaftliche Belange einfließen476 . Dieser Nachteil könnte indes durch die Landesgesetzgebung aufgefangen werden, die gleichermaßen wie die Bundesrepublik Deutschland an die Erfordernisse der Art. 3, 8 EG-RL UVP gebunden sind. e) Naturschutzrecht, Art. 6 UVP-UmsG

Nach § 8 Abs. 10 BNatSchG haben Verfahren, in denen die Entscheidungen über die Eingriffsregelung getroffen werden, den Anforderungen des UVPG zu entsprechen. Die Regelung diene der besseren Verständlichkeit477 • Vorhaben im Sinne des § 8 Abs. 10 BNatSchG unterfallen ohnedies der fachgesetzlichen Umweltverträglichkeitsprüfung, § 2 Abs. 2 Nr. 3 UVPG i.V.m; Art. 2 ff. UVP-UmsG478. Die Eingriffsregelung des § 8 Abs. 1 BNatSchG wurde durch das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz479 stark abgeändert. Künftig ist von dem Grundsatz auszugehen, daß die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege für jedes Vorhaben einmal im Abwägungsverfahren der Bauleitplanung geprüft werden und im Baugenehmigungsverfahren nur insoweit Berücksichtigung fmden, als der Bebauungsplan hierüber Festsetzungen

475

Speziell zu Hochwasserschutzdeichen: Thorwanh, ZfW 1991, 72-86. Anders freilich für die wasserrechtliche Planfeststellung: Thorwanh, ZfW 1991, 72, 83-

476

BVerwG, Urt. v. 10.02.1978- 4 C 25.75 -, E 55, 220, 231.

474

85.

Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, s. 32. 478 Krit. daher: Erbguth, VerwArch 81 (1990), 327, 347; ders./Schink, Komm. UVPG, Art. 6 Anm. 2; Stich, UPR 1990, 166, 169. 479 Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland vom 22.04.1993 (BGBI. I S. 466). 477

IV. Das Umsetzungsverfahren

99

enthält. Zudem werden die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf standortbezogene Maßnahmen beschrän.Ict480.

0 Verkehrswegegesetze, Art. 7-12 UVP-UmsG i.V.m. § 15 UVPG Die bundesrechtlichen Verkehrswegegesetze wurden insoweit geändert, als in den Verfahren die Umweltverträglichkeit zu prüfen ist. Zudem wurden die Fristen im Anhörungsverfahren an §§ 9 Abs. 1 UVPG, 73 Abs. 3 und 4 VwVfG angepaßt. Auch diesen Anpassungen ist eine klarstellende Funktion insoweit beizumessen, als die Zulassungstatbestände um den Passus angereichert sind, daß bei der Planfeststellung die Umweltverträglichkeit zu prüfen ist481 . g) Raumordnungsrecht, § 16 UVPG

Mit §§ 16 UVPG, 6 a ROG wird die Prüfung der Umweltgüter in das Raumordnungsverfahren rahmenrechtlich eingeführt. Das Verfahren soll einer vorgelagerten Abschätzung der Umweltfolgen dienen. Dabei umschreibt § 16 UVPG allgemein die Anforderungen, während mit § 6 a ROG das Verfahren bundesrechtlich festgeschrieben und die raumordnerische Aufgabe der Umweltverträglichkeitsprüfung eingeführt wird482. In § 6 a ROG wurde das Raumordnungsverfahren obligatorisch eingeführt483. Hiernach haben die Behörden gemäß § 4 Abs. 5 ROG das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung zu berücksichtigen, § 6 a Abs. 6 ROG. Das Ergebnis eines raumordnerischen Abstimmungsverfahrens nach § 4 Abs.

KrauJzberger, UPR 1993, 1, 2 f. Nunmehr in der Neufassung v. 19.04.1994 (BGBI. I S. 854). Im eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahren ist die Umweltverträglichkeitsprüfung auch nach dem Eisenbahnneuordnungsgesetz v. 27.12.1993 (BGBI. I S. 2378), dort Allgemeines Eisenbahngesetz v. 27.12.1993 (BGBI. I S. 2396), gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG und § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG vorgeschrieben. Zur bahnrechtlichen Planfeststellung: BVerwG, Urt. v. 30.08.1993- 7 A 14.93 -, NVwZ 1994, 371. Zu§ 17 Abs. 1 Satz 2 BFStrG: VGH Mannheim, Urt. v. 07.08.1992- 5 S 2378.91 -, NuR 1993, 138. 480 481

482 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum ROG vom 25.01.1989, BT-Drs. 11/3916, S. 13; Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 29 f. Ebling, 133 ff.; ErbguJh!Schink, Komm. UVPG, § 16 Anm. 2; Kratzenberg, NVwZ 1989, 1129, 1131 f. Abi.: Dohle, NVwZ 1990, 697, 700, weil im Zeitpunkt der Einleitung des Raumordnungsverfahrens die Umweltauswirkungen nicht hinreichend abzuschätzen sind, da eine konkrete Projektplanung in aller Regel noch gar nicht vorliegt. 483 Änderungsgesetz vom 11.07.1989 (BGBI. I S. 1417).

100

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

5 ROG entfaltet keine rechtliche Bindungswirkung für die nach § 37 BauGB zu treffende Entscheidung484 .

Andererseits kann in besonderen Fällen auf die nochmalige Prüfung in den Zulassungsverfahren verzichtet werden, §§ 6 a Abs. 6 Satz 2 ROG, 16 Abs. 3 Satz 1 UVPG485 . Das Raumordnungsverfahren entfaltet keine unmittelbare Rechtswirkung, § 6 a Abs. 7 Satz 1 ROG, insbesondere hat es keine Ersetzungs- oder Konzentrationswirkung, § 6 a Abs. 7 Satz 2 ROG486 . Die Umweltverträglichkeitsprüfung läßt sich durch ein zweistufiges vertikales Splitting in Raumordnungs- und eigentliches Zulassungsverfahren integrieren487 . Damit können bereits frühzeitig umweltbezogene Makrovoraussetzungen von Vorhaben hinsichtlich Standort und Produktionsweise geprüft werden. Das planerische Gebot der Rücksichtnahme und frühzeitigen Konfliktbewältigung führt zu einer Entlastung der an die Umweltverträglichkeitsprüfung zu stellenden Anforderungen488. Die dem Raumordnungsverfahren unterliegenden Vorhaben sind in der Raumordnungsverordnung489 aufgeführt. Nach der Neufassung vom 25.07.1991 490 werden die Vorschriften über das Raumordnungsverfahren in den neuen Bundesländern unmittelbar gemäß § 6 a Abs. 9 ROG angewendet. Andererseits ist die Durchführung des Raumordnungsverfahrens durch das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz vom 16.12.1991 491 zugleich wieder modifiziert worden. Die für die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung wird in das Planfeststellungsverfahren integriert, die behördlichen Maßnahmen nach § 73 VwVfG werden kurzen Fristen unterworfen und die Durchführung des Raurnordnungsverfahrens wird ohnedies den neuen Bundesländern freigestellt492 .

484

BVerwG, Urt. v. 03.12.1992 - 4 C 53.89-, DVBI. 1993,435.

Steinberg, DVBI. J990, 1369, 1374 f. Dazu: Kratzenberg, NVwZ 1989, 1129, 1132. 487 Bleck11Ull111, WiVerw. 1985, 85, 99 ff.; Cupei, UVP, 127, 255-262; ErbgUJh, NuR 1982, 161, 165; Hucke!Seidel!Zimmer/1Ull111, 98 f.; Schmidt-Aß11Ull111, VBlBW 1986, 2 f.; Schoeneberg, UVP und Raumordnungsverfahren, 247 f.; Söjker, DVBI. 1987, 597, 598. 488 Cupei, UVP, 258; KraUlzberger, UPR 1992, I, 3; Schroer, UVP im Bauplanungsrecht, 206. Krit.: Ronellenjitsch, DVBI. 1991, 920, 926 f., der erhebliche Verfahrenserschwernisse befürchtet. 489 Vom 13.12.1990 (BGBI. I S. 2766). Abgedr. in: ErbgUJh!Schink, Komm. UVPG, Anh. 485

486

4.

BGBI. I S. 1725, ber. S. 1883. Dazu: ErbgUJh!Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 92. BGBI. I S. 2173. 492 Krit. daher: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Ein!. Rn. 91. And.: Ronellen.fitsch, DVBI. 1991, 920, 926-928. 490 491

IV. Das Umsetzungsverfahren

101

Eine weitere Einschränkung hat das Raumordnungsverfahren durch das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz493 erfahren. Nach der Neufassung des§ 6 a ROG entfällt die Verpflichtung, im Raumordnungsverfahren eine stufenspezifische Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Es bleibt den Bundesländern allerdings vorbehalten, eine entsprechende Umweltverträglichkeitsprüfung in den Landesplanungsgesetzen zu normieren oder aufgrundder fortgeltenden "Kann"-Regelung des § 16 Abs. 1 UVPG durchzuführen. Eine Freistellung zu Gunsten der neuen Bundesländer bis zum 30.04.1998 ist in§ 6 a Abs. 12 ROG enthalten494 . Zum Teil ist das Raumordnungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung in Landesplanungsgesetzen eingeführt worden495. h) Bauplanungsrecht, § 17 UVPG

Eine spezielle Regelung der Umweltverträglichkeitsprüfung in der Bauleitplanung enthalten§§ 17, 2 Abs. 3 Nm. 3 und 4 UVPG. Das Verfahrensrecht richtet sich nach den Vorschriften des BauGB, das den Anforderungen der EG-RL UVP genügen soll496 . Allein die grenzüberschreitende Behördenbeteiligung wird ausdrücklich vorgeschrieben, §§ 17 Satz 2, 8 UVPG497 . Auch inhaltlich bestimmt sich der Prüfungsumfang nach den städtebaulichen Vorschriften über die Bauleitplanung. Das bauleitplanerische Abwägungsgebot aus § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7, Abs. 6 BauGB trägt dem Bewertungs- und Berücksichtigungsgebot des - insoweit nicht anwendbaren - § 12 UVPG Rechnung498. Die Regelung des § 17 Satz 1 UVPG wird überwiegend als deklaratorisch, wenn nicht sogar überflüssig empfunden499 . Zweifel an der Richtlini-

493 Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland vom 22.04.1993 (BGBI. I S. 466). 494 Schmidt-Preuß, DV 1993, 489, 508; Wagner, DVBI. 1993, 583, 588. 495 In Baden-Württemberg: Gesetz zur Änderung des Landesplanungsgesetzes vom 25.02.1992 (GBI. S. 120). Dazu: Bihr, BWVP 1993, 1-4. 496 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 17, 21 f., 30. So auch: Dohle, NVwZ 1989, 697, 702; Krautzberger, UPR 1989, 161, 164; Söjker, UPR 1989, 170, 173; Stich, UPR 1989, 166, 167. 497 Dazu: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 17 Anm. 19; Schoeneberg, UVP, Rn. 211. 498 Vgl.: Krautzberger, UPR 1989, 161, 164; ders. in: Battis/Krautzberger/Löhr, Komm. BauGB, § 1 Anm. 75 a; Söjker, UPR 1989, 170, 172; Stich, UPR 1989, 166, 167; Wagner, DVBI. 1993, 583, 585 f. 499 Erbguth, VerwArch. 1990, 327, 331; ders./Schink, Komm. UVPG, § 17 Anm. 5; Krautzberger, UPR 1989, 161, 164; Schoeneberg, UVP, Rn. 211; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 997.

102

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

enkonformität bestehen allenfalls insoweit, als die bauleitplanerische Abwägung bereits frühzeitig hinreichend umweltspezifisch erfolgen kann500 . Entscheidungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nm. 3 und 4 UVPG sind sowohl der vorbereitende als auch der verbindliche Bauleitplan501. Zwar wird die städtebauliche Planung über §§ 17 Satz 1, 2 Abs. 3 Nm. 3 und 4 UVPG nur teilweise insoweit erfaßt, als die Bebauungspläne Grundlage für die Genehmigung der im UVPG bezeichneten Vorhaben sind. Andererseits ist der durch das UVPG erfolgten Anerkennung des Bauleitplanverfahrens als eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu entnehmen, daß schlechthin sämtliche Bauleitpläne UVPG-gerecht zustande kommen502 . Bauleitpläne enthalten hiernach stets eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Bauleitplanung wurde mittlerweile durch das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz503 geändert. Die Anwendbarkeit des UVPG wird auf konkrete vorhabenbezogene Bebauungspläne beschränkt504 . Festsetzungen eines Bebauungsplans, die eine spätere Standortentscheidung erst ermöglichen, fallen nicht darunter505 . Sie können allenfalls einer freiwilligen kommunalen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden. Die zeitliche Geltung der Umweltverträglichkeitsprüfung ist einer Sonderregelung in § 22 Abs. 2 UVPG unterworfen. Ist vor dem lokrafttreten des UVPG mit der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange nach § 4 BauGB begonnen oder der Entwurf des Bauleitplans nach § 3 Abs. 2 BauGB öffentlich ausgelegt worden, sind auf den Bauleitplan die Vorschriften des UVPG nicht anzuwenden. Bauleitpläne, die vor dem lokrafttreten des UVPG be-

500 Bohne. in: Tettinger (Hrsg.), UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 24, 27, 46; Erbguth, VerwArch. 1990, 327, 341 f.; ders.!Schink, Komm. UVPG, § 17 Anm. 27; GaenJuch, NuR 1990, 1, 7; Schoeneberg, UVP, Rn. 213; WinJer, NuR 1989, 197, 201. 501 Zu der Kontroverse im Gesetzgebungsverfahren einerseits der Bundesrat in der Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, S. 35 und andererseits die Stellungnahme, ebd., S. 47 sowie die Beschlußempfehlung des Ausschusses for Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 07.11.1989 in: BT-Drs. 1115532, S. 37. Dazu auch: Krautzberger, UPR 1991, 161; Lenz, BauR 1989, 267, 268 f. 502 Erbguth, VerwArch 1990, 327, 300 f.; GaenJuch, NuR 1990, 1, 8; Krautzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, Komm. BauGB, § 1 Anm. 75 b; ders., UPR 1989, 161, 163; ders., UPR 1992, 1, 2; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 997; Wagner, DVBI. 1993, 583, 585. 503 Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wolmbauland vom 22.04.1993 (BGBI. I S. 466). 504 Hierzu wegen der damit verbundenen Abgrenzungsschwierigkeiten bereits kritisch: Dohle, NVwZ 1989, 697, 701. 505 Erbguth/Stollmann, NuR 1993, 249, 250; Wagner, DVBI. 1993, 583, 585 .

IV. Das Umsetzungsverfahren

103

kanntgemacht worden sind, bleiben von den Vorschriften des UVPG ohnedies unberührt, § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB506. i) Bergrecht, § 18 UVPG

Das Bundesberggesetz wurde zur Einführung der Umweltverträglichkeitsprüfung geändert507 . Das bislang bestehende Betriebsplanverfahren wurde in ein atypisches Planfeststellungsverfahren unter Einschluß der Konzentrationswirkung und der Öffentlichkeitsbeteiligung umgewandelt, §52 Abs. 2 a Satz 1 BBergG. Die Entscheidung des §57 a Abs. 4 Satz 1 BBergG ergeht in Form einer in die Planfeststellung eingekleideten Kontrollerlaubnis508 . Die Abwägung ist über § 48 Abs. 2 BBergG gewährleistet509 . Die Subsidiaritätsklausel des § 4 Satz 1 UVPG wurde durch § 18 Satz 2 UVPG erheblich modiflziert51 0. Hiernach sind die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen im BBergG, die materiellen im UVPG enthalten511 • Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist grundsätzlich im Rahmenbetriebsplanverfahren durchzuführen, die eine vertikale Konzentrationswirkung für die nachfolgenden Haupt- bzw. Sonderbetriebspläne aufweist5 12. Die einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegenden bergbauliehen Vorhaben sind in der UVP-V Bergbau vom 13.07.1990513 aufgeführt.

506

BVerwG, Beschl. v. 05.06.1992- 4 NB 21.92 -, NVwZ 1992, 1093.

Gesetz zur Änderung des Bundesberggesetzes v. 12.2.1990 (BGBI. I S. 215). Dazu: Bohne, in: Teltinger (Hrsg.), UVP bei Projekten des Bergbaus, 13-52; Kremer, NVwZ 1990, 736-738; Kühne, UPR 1989, 326-329. 508 Kühne, UPR 1989, 326, 328 spricht von einer Genehmigungsplanung. 509 Dazu: Erbguth!Schink, Komm. UVPG, § 18 Anm. 15; Jarass, in: Teltinger (Hrsg.), UVP bei Projekten des Bergbaus, 53, 59-62. 510 Krit.: Bohne, in: Teltinger (Hrsg.), UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 27 f.; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 18 Anm. 7; Jarass, NuR 1991, 201, 202; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 996 unter Hinweis auf die Gefahrdung der Rechtsvereinheitlichung durch Ressortegoismus. Dazu Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 66. 511 Begr. des Gesetzentwurfs der Bwulesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, s. 30. 512 Bohne, in: Teltinger (Hrsg.), UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 48; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 18 Anm. 9; Jarass, in: Teltinger (Hrsg.), UVP bei Projekten des Bergbaus, 53, 61. 513 BGBI. I S. 1420. Abgedr. in: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Anh. 5. 507

104

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

j) Flurbereinigungsrecht, § 19 UVPG

Der Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan nach § 41 FlurbG unterfällt der Umweltverträglichkeitsprüfung nach Nr. 14 der Anlage zu § 3 UVPG. Gemäß § 19 Satz 1 UVPG wird die Umweltverträglichkeit im Planfeststellungsverfahren nach § 41 FlurbG geprüft. Die in § 41 Abs. 2 FlurbG gemeinschaftsrechtlich unzureichende Beteiligung wird durch Verweis auf § 9 Abs. 3 UVPG erweitert, wobei die Wahl des Zeitpunkts und der Form der Öffentlichkeitsbeteiligung dem Ermessen der Flurbereinigungsbehörde unterliegen514 . Der Anwendungsbereich der Umweltverträglichkeitsprüfung im Flurbereinigungsverfahren ist undeutlich. Richtlinienkonform ist die Vorschrift so auszulegen, daß das Verfahrensermessen der zuständigen Behörde nach §§ 41 Abs. 4 Satz 1 und 3, 86 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 FlurbG dahin auszuüben ist, von einer Planfeststellung nur dann abzusehen, wenn von der Flurbereinigung voraussichtlich keine Umweltauswirkungen erheblicher Art ausgehen515. k) Gentechnikrecht, § 8 GenTG

Gentedmische Anlagen sind ausschließlich dem Anlagengenehmigungsverfahren des § 8 Abs. 1 Satz 2 GenTG unterworfen51 6. Die Zulassung von gentechnischen Anlagen erfolgte früher im immissionsschutzrechtlichen Verfahren unter Einschluß der Umweltverträglichkeitsprüfung517 • Nunmehr schließt dC'.s Gentechnikgesetz die Anwendung des UVPG völlig aus und sieht vielmehr vor, daß die gentechnikbezogenen Aspekte der Umweltverträglichkeitsprüfung umfassend und abschließend in diesem Gesetz geregelt werden. Damit weicht das GenTG von dem Regelungsansatz der Subsidiaritätsklausel in § 4 UVPG ab und tangiert insoweit die Einheitlichkeit der Umweltverträglichkeitsprüfung518.

514 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 31 ; Schoeneberg, UVP, Rn. 53. Daher krit.: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 19 Anm. 2; Hoecht, NuR 1989, 379, 381. 515 Vgl.: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 19 Anm. 4. 516 Erstes Gesetz zur Änderung des GenTG v. 16.12.1993 (BGBI. I S. 2059). Neufassung des GenTG vom 16.12.1993 (BGBI. I S. 2066). Zur Novellierung des GenTG: BT-Drs. 12/6200. 517 Ursprünglich sollten auch diese Anlagen der Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 UVPG i.V.m. Nr. 17 im Anhang zu Nr. 1 der Anlage zu § 3 UVPG unterliegen. Das wurde mit Art. 4 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Gentechnik vom 20.06.1990 (BGBI. I S. 1080) geändert. Dazu Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Ein!. Rn. 67; Jarass, NuR 1991, 201, 202. 5 18 Jarass, NuR 1991, 201, 202; Schoeneberg, UVP, Rn. 54.

IV. Das Umsetzungsverfahren

105

3. Die Umweltverträglichkeitsprüfung im Beitrittsgebiet a) Das Umweltrecht der ehemaligen DDR

Entsprechende Umweltbelange berücksichtigende Vorschriften gilt es, für das Recht der Deutschen Demokratischen Republik nachzuweisen. Das Umweltrecht der DDR verfügte über eine frühe Umweltgesetzgebung519. Die Gesetze stellten eine einfachrechtliche Konkretisierung des in Art. 15 DDR-Verf. enthaltenen Auftrags und der Grundpflicht zugunsten des Umweltschutzes dar520: ( 1) Der Boden der Deutschen Demokratischen Republik gehört zu ihren kost-

barsten Naturreichtümem. Er muß geschützt und rationell genutzt werden. Land- und forstwirtschaftlich genutzter Boden darf nur mit Zustimmung der verantwortlichen, staatlichen Organe seiner Zweckbestimmung entzogen werden.

(2) Im Interesse des Wohlergehens der Bürger sorgen Staat und Gesellschaft

für den Schutz der Natur. Die Reinhaltung der Gewässer und der Luft sowie der Schutz der Pflanzen- und Tierwelt und der landschaftlichen Schönheiten der Heimat sind durch die zuständigen Organe zu gewährleisten und sind darüber hinaus auch Sache jedes Bürgers.

Aus dieser Bestimmung folgte indes kein Grundrecht auf Umweltschutz: nach sozialistischem Verständnis stellten Grundrechte keine Abwehrrechte des

519 Zur schier unüberwindlichen Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Hohenthal, Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 18 vom 22.01.1990, S. 12; Kemper!Messinger, Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 99 vom 28.04.1990, S. 16. Kloepfer, DVBI. 1991, 1, 2; ders.!Reinen, ZfU 1990, S. 1-17, 9, 16, sind der Ansicht, daß umweltbezogene Probleme auch durch systemspezifische Instrumente gelöst werden könnten, der Sozialismus also nicht von vorneherein zur Problemlösung ungeeignet ist, sondern bspw. gerade in der zentralen staatlichen Planung Strukturvorteile des Umweltschutzes im Sozialismus bietet. Ähnl. Winter, UPR 1990, 373, 378. Hingegen verneint Oehler, DVBI. 1990, 1322, 1330 die praktischen Auswirkungen in der Umweltplanung der DDR. Entspr.: Hübler, UPR 1990, 241, 247. Nach dem Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern vom 01.12.1992 werden in den Jahren 1993 bis 1997 pro Jahr insgesamt 1,5 Milliarden DM für alle ostdeutschen Länder bereitgestellt, von denen 75 % vom Bund und der Rest von den betreffenden Ländern beigesteuert wird Das Abkommen ist bis 1997 befristet. Noch für das Jahr 1994 werden die Kosten für Sanierungsmaßnahmen auf über 4 Milliarden DM beziffert: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 234 v. 08.10.1993, S. 15. Im Rahmen von Privatisierungen ist die Treuhandanstalt bislang finanzielle Verpflichtungen in Höhe von 7,6 Milliarden DM zur Beseitigung ökologischer Altlasten in den neuen Bundesländern eingegangen, Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 272 v. 23.11.1993, S. 16. 520 Vom 06.04.1968 (GBI. DDR I S. 199 i.d.F. des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 07.10.1974 [GBI. DDR I S. 425]). Dazu: Lücke in: GD W. Martens, S. 153-175.

106

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

einzelnen gegenüber dem Staat dar521 , die Verfassung genoß zudem keinen unbedingten Geltungsvorrang gegenüber einfachgesetzlichen Normen522 und es fehlten die Garantien zur gerichtlichen Durchsetzbarkeil des Verfassungsartikels Umweltschutz523 . Die Ausfüllung des Artikels erfolgte neben den Gesetzen vor allem in Verordnungen, Durchführungsbestimmungen und in Anordnungen staatlicher Organe, wobei eine Rechtsgrundlage zumeist nicht genannt worden ist524 . Ein wesentlicher, kodifizierter Vorteil des DDR-Umweltrechts war im Landeskulturgesetz525 als ein umfassendes und von der Intention her fortschrittliches Umweltschutzgesetz526 , wie es in der Bundesrepublik Deutschland bislang fehlte527 , zu sehen. § 1 Abs. l LKG lautet: "Gegenstand dieses Gesetzes ist die planmäßige Entwicklung der sozialistischen Landeskultur als System zur sinnvollen Gestaltung der natürlichen Umwelt und zum wirksamen Schutz der Natur mit dem Ziel der Erhaltung, Verbesserung und effektiven Nutzung der natürlichen Lebens- und Produktionsgrundlagen der Gesellschaft - Luft, Boden, Wasser sowie Pflanzen- und Tierwelt in ihrer Gesamtheit - und zur Verschönerung der sozialistischen Heimat." Dieser umfassende, systematische Ansatz des Landeskulturgesetzes als eine Art Leitgesetz für die Fachgesetze hätte es angezeigt erscheinen lassen, dort die Umweltverträglichkeitsprüfung einzufügen. Gegen diese Einfügung sprach zum einen der programmatisch-ideologische Begriff der "sozialistischen Landespflege"528, vor allem aber die Verknüpfung des umweltschonenden Charakters mit der "effektiven" oder "höchstmöglichen Nutzung der Umwelt" 521

227.

Lücke in: GD W. Martens, S. 153, 159 ff.; Stern, Staatsrecht, Bd. III/1, § 62 I 4 b, S.

Kloepfer/Reinen, ZfV 1990, 1, 4 f.; Stern, Staatsrecht, Bd. III/1 , § 62 I 4 b, S. 229. Kloepfer/Reinen, ZfV 1990, 1, 5; Lücke in: GD W. Martens, S. 153, 169; Stern, Staatsrecht, Bd. III/1, § 62 I 4 b, S. 224, 230. Für das Gebiet der Verwaltungsgerichtsbarkeit: Gesetz über die Zuständigkeit und das Verfahren der Gerichte zur Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen vom 14.12.1988 (GBI. I S. 327), abgedr. in DVBI. 1990, 599-600. Vgl. hierzu: Ule, DVBI. 1989, 581, 585 f., 589. Insgesamt wesentlich moderater: Oehler, DVBI. 1990, 1322, 1326. 524 Lücke in: Umweltschutz im Recht, S. 165, 171-174; Oehler, DVBI. 1990, 1322, 1328 f. 525 Gesetz über die planmäßige Gestaltung der sozialistischen Landeskultur in der Deutschen Demokratischen Republik vom 14.05.1970 (GBI. DDR I S. 67). 526 Kloepfer/Reinen, ZfV 1990, 1, 5. 527 Vgl. hierzu: Kloepfer, Systematisierung des Umweltrechts, 1978; ders./Meßerschmidt, Innere Harmonisierung des Umweltrechts, 1986; Storm, UTR 5, S. 49-70. 528 Zum ideologischen Hintergrund: Hübler, UPR 1990, 241, 245; Kloepfer/Reinen, ZfV 1990, S. 1, 3, 6-8; Pechan, ZfV 1988, 379-396. Zur notwendigen Entideologisierung der Rechtssprache: Adamski, Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 55 vom 06.03.1990, S. 11; Klein, NJW 1990, s. 1065, 1071. 522

523

IV. Das Umsetzungsverfahren

107

(§§ 1 Abs. 1, 19 Abs. 1 Satz 1, 23 Abs. 1 Satz 1, 24 Satz 1 LKG, § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 WCP29). Somit waren auch Ausnahmen vom grundsätzlich umweltpflegerischen Charakter des Landeskulturgesetzes zulässig: der Umgang mit Stoffen hatte so zu erfolgen, daß "schädigende Wirkungen auf den Menschen und seine Umwelt weitestgehend ausgeschlossen werden" (§ 11 Abs. 3 Satz 2 LKG). Im Bundesnaturschutzgesetz sind, abweichend von entsprechenden Regelungen in der DDR, Ausnahmen nicht aus volkswirtschaftlichen Gründen möglich, sondern- schon mit Rücksicht auf§ 1 Abs. 2 BNatSchGnur aus "überwiegenden Gründen des Gemeinwohls" zulässig, was sich in einer wesentlich erhöhten Substantiierungslast der Verwaltung bei Bewilligung einer Ausnahme auswirkt. Das für die Umweltverträglichkeitsprüfung als wesentlich herausgearbeitete Vorsorgeprinzip war im Landeskulturgesetz gewährleistet. Für den Bereich der Abfallgesetzgebung war in § 32 Abs. 1 LKG die Nutzbarmachung vor der schadlosen Beseitigung der Abprodukte, worunter vor allem Industrie-, Gewerbe- und Haushaltsabfälle zu verstehen waren530 , genannt. Unter Nutzbarmachung war die Vermeidung von Abprodukten bei der Verarbeitung der Primärrohstoffe sowie die Verwertung von unvermeidbaren Abprodukten als Sekundärrohstoffe zu verstehen531 . Zum frappierenden Vergleich: das Abfallvermeidungsprinzip wurde erst 1986 mit der Einfügung des § 1 a AbfG532 in der Bundesrepublik Deutschland festgelegt533 , hingegen normierte § 32 Abs. 1 LKG den Vorrang der Abfallvermeidung bereits 197()534 . Auf der anderen Seite wurde diese vermeintliche Vorbildlichkeit nicht durchweg gewährleistet: im Bereich des Lärmschutzes und der Luftreinhaltung standen das Vermeidungs- und das Begrenzungsprinzip nebeneinander, ohne daß geklärt war, welches Prinzip vorrangig anzuwenden war, §§ 30 Abs. 3 Satz 1, 34 Satz 2, 35 Abs. 3 LKCJ535 . Nach§ 2 Abs. 1 Satz 1 der 4. DVO zum LKCJ536 erstreckte sich dieses Gebot zudem nicht auf unvermeidbaren Lärm; solcher lag vor, 529 Vom 02.07.1982 (OBI. DDR I S. 467). Vgl. dazu: Melzer in: Umweltschutz in beiden Teilen Deutschlands S. 69-87. 530 Außer § 32 Abs. 1 LKG vgl. § 3 der 3. Durchführungsverordnung zum Landeskulturgesetz vom 14.05.1970 (OBI. DDR 11 S. 336). 531 Lücke in: Umweltschutz im Recht, S. 165, 178. Im neuen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ist der Begriff der Sekundärrohstoffe in § 2 Abs. 1 Nr. 2 Gesetzentwurf vorgesehen (BT-Drs. 12/5672, S. 3). 532 Vom 27.08.1986 (BGBI. I S. 1410, ber. S. 1501). Vorher Abfallbeseitigungsgesetz vom 07.06.1972 (BGBI. I S. 873).

Zum Abfallvermeidungsprinzip: K/oepfer, UmweltR, § 12 Rn. 15, § 12 Rn. 56-65. Nach Lücke in: Umweltschutz im Recht, S. 165, 179 folgt diese Fortschrittlichkeil weniger aus Umweltbewußtsein, denn aus Rohstoffknappheit und DevisenmangeL 535 Lücke in: Umweltschutz im Recht, S. 165, 182-187. 536 Vom 14.05.1970 (OBI. DDR ll S. 343). 533 534

108

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

wenn er gesellschaftlich notwendig war. "Eine solche Auslegung entwertet nicht nur den Grundsatz der Lärmvermeidung, sondern stellt ihn zur Disposition, wenn es ökonomisch oder ideologisch geboten ist. "537 Die Wirkung des Vorsorgeprinzips wurde schließlich durch die nicht stringente Ausformung des Verursacherprinzips geschmälert; so orientierte sich in der zentralen Planwirtschaft die Preisbindung am Primat konstanter Konsumgüterpreise durch erhöhte Subventionierung, was dann im Ergebnis zu einer Ausrichtung am Gemeinlastprinzip führte 538 . Hieran zeigt sich, daß es nicht nur mit der Umweltrealität in der DDR nicht zum Besten bestellt war, sondern daß sich auch bereits die Gesetzesprosa der DDR nicht durchweg am umweltrechtlichen Vorsorgeprinzip orientierte. Die Grundlage des nuklearen Umweltschutzrechts der DDR war das Atomenergiegesetz (AtEG)539 . Es regelte die Anwendung der Atomenergie und den Schutz vor ihren Gefahren, §§ 2, 7 Abs. 2 AtEG. Es war im wesentlichen dem Atomgesetz der Bundesrepublik Deutschland vergleichbar. Auf Unterschiede ist zu verweisen: die Erlaubnis zur Anwendung der Atomenergie nach § 7 Abs. 2 AtEG war eine gebundene Entscheidung540 , darüber hinaus konnten weitreichende Ausnahmen selbst von den Festlegungen gemacht werden, die in der Kemanlagen-Genehmigungsanordnung festgelegt waren541 , ohne daß die Voraussetzungen dieser Dispenserteilung hinreichend präzise normiert worden sind542 . Zudem war in § 2 Abs. 3 AtEG normiert, daß der "Schutz des Lebens und der Gesundheit der Menschen sowie der Schutz der Umwelt ( ... ) Vorrang gegenüber volkswirtschaftlichen Belangen und anderen Vorteilen" hat. Diese ausdrückliche, in anderen Umweltgesetzen nicht enthaltene Regelung legt offen, daß dem Recht der DDR ein Vorrang des Umweltschutzes nicht selbstverständlich ist, sondern eher ökonomischen Interessen den Vorzug gibt543.

537

Lücke in: Umweltschutz im Recht, S. 165, 182.

Kloepfer, UmweltR, § 3 Rn. 39; ders.!Reinen, ZfU 1990, 1, 8 f. Vom 08.12.1983 (GBI. DDR I S. 325). Vgl. nun zudem die Anordnung über den Transport radioaktiver Stoffe - ATRS- vom 27.11.1989 (GBI. DDR I S. 257) 538 539

540 Lücke in: Umweltschutz im Recht, S. 165, 195. Etwas vorsichtiger mit dieser Wertung: Kloepfer!Reinert, ZfU 1990, 1, 10. Andererseits stellt § 7 Abs. 2 AtG ein besonders ausgestaltetes präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt dar: Kloepfer, UmweltR, § 8 Rn. 23-26. 541 So §§ 10, 2 Abs. 2 Satz 3, 5 der Kemanlagen-Genehrnigungsanordnung vom 21.06.1979 (GBI. DDR I S. 198). 542 Lücke in: Umweltschutz im Recht, S. 165, 195. 543 Lücke in: Umweltschutz im Recht, S. 165, 196.

IV. Das Umsetzungsverfahren

109

Die Rufe nach Einführung der Umweltverträglichkeitsprüfung in das Recht der DDR sind bereits früh laut geworden544 . Die Zulassungsverfahren ermöglichten, ähnlich dem bundesdeutschen Umweltrecht, die Berücksichtigung der Umweltbelange. Als erhebliches Defizit ist zu erwähnen, daß diese Berücksichtigung für die Fälle volkswirtschaftlicher oder anderer gesellschaftlicher Interessen überwindbar war, beispielsweise in§ 18 Abs. 2 Buchst. a WG. Eine 1988 eingeführte Umweltverträglichkeitsprüfung bei Investitionsvorhaben545 blieb ohne rechtliche Ausgestaltung und folglich wirkungslos546 • Das Umweltrecht der DDR läßt sich so zusammenfassen: es war vielgestaltig, damit zugleich unübersichtlich, es war umfassend, aber trotz der Anlage des Landeskulturgesetzes doch medial beschränkt, es ging dem Umweltrecht der Bundesrepublik Deutschland durch das abfallrechtliche Vermeidungsgebot voraus, hinkte ihm aber im Sanktionenrecht und bei den Ausnahmebewilligungen nach. Darüber hinaus sagen Umweltgesetze allein nichts über deren Umsetzung und Effektivität aus547 , wie dies den deutschen Bürgern seit jeher bekannt war, aber erst mit der sich seit dem 9. November 1989 anbahnenden Offenheit handgreiflich bewußt wird548. b) Die Überleitung des UVPG in das Beitrittsgebiet

Zahlreiche Varianten einer Überleitung des Umweltrechts wurden anfänglich diskutiert549 . Die beiden deutschen Staaten entschieden sich letztlich für eine gestufte Übertragung des Umweltrechts der Bundesrepublik auf das Gebiet der früheren DDR. 544 Hübler, UPR 1990, 241, 242; Oehler, DVBI. 1990, 1322, 1332; Möhring, Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 35 vom 10.02.1990, S. 4; Programm der SED zum Umweltschutz, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 25 vom 30.01.1990, S. 2. 545 Vgl. §§ 4 Abs. 3, 5 Abs. 3 i.V.m. Anl. 1 der Verordnung über die Vorbereitung und Durchführung von Investitionen vom 30.11.1988 (GBI. I DDR S. 287). 546 Oehler, DVBI. 1990, 1322, 1331. 547 So die Bewertung von: Berg, Art. Deutsche Demokratische Republik, in: Kimminich/von Lersner/Storm (Hrsg.), HdUR Bd. I, Sp. 337, 339; Hübler in: Umweltschutz in beiden Teilen Deutschlands, S. 13 ff. , 29; ders., UPR 1990, 241, 242-245; Lücke in: Umweltschutz im Recht, S. 165, 196; Kloepfer, UmweltR, § 6 Rn. 189; Melzer in: Umweltschutz in beiden Teilen Deutschlands, S. 69, 81-84. Als weitere Defizite führen Kloepfer/Reinert, ZfU 1990, 1, 14-16 an: Theoriedefizit, Vollzugsdefizit, Fehlen von Bürgerbeteiligung und verwaltungsexterner Kontrolle. 548 Verordnung über Umweltdaten vom 13.11.1989 (GBI. I S. 241). Dazu: Kloepfer, DVBI. 1991 , 1. Hübler, UPR 1990, 241, 242. Vgl. freilich ands.: DDR unterdrückt Umweltdaten, in: Südwestpresse Nr. 65 vom 19.03.1990, S. 2. 549 Hübler, UPR 1990, 241, 248 f.; Kloepfer, UmwR in der deutschen Einigung, 19-23, 155157.

110

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

Der erste Anstoß erfolgte durch den Staatsvertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18.05.1990 (Staatsvertrag)550 . Zentrale umweltrechtliche Vorschrift ist der Art. 16 Staatsvertrag, der auch nach lokrafttreten des Einigungsvertrags fortgilt, Art. 40 Abs. 1 Einigungsvertrag. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Staatsvertrag lautet: "Der Schutz von Menschen, Tieren und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft sowie von Kultur- und sonstigen Sachgütern vor schädlichen Umwelteinwirkungen ist besonderes Anliegen der Vertragsparteien." Die Formulierung orientiert sich ersichtlich an § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Sie unterscheidet sich hiervon allerdings, als von dem Erfordernis der Wechselwirkungsanalyse abgesehen wird. Die Wechselbeziehungen zwischen einzelnen Umweltfaktoren lassen sich auch nicht dem Begriff "Landschaft" entnehmen551, denn dieser ist kein Umweltoberbegriff unter Einschluß einer integrativen Umweltverträglichkeitsprüfung, sondern gleichermaßen wie die anderen Faktoren des § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG ein Bestandteil der gesamthaften Umwelt552 . Diese - im Hinblick auf die Schwierigkeiten der innerdeutschen Rechtsangleichung mitunter beabsichtigte - Unterlassung hat wenig rechtlichen Auswirkungen, da es sich bei Art. 16 Abs. 1 Satz 1 Staatsvertrag um einen Programmsatz handelt. Die eigentliche Überleitung des UVPG wird hiervon nicht betroffen. Auf der anderen Seite läßt sich auch programmatischen Festlegungen ein bindender Charakter nicht absprechen. Allerdings ist die rechtliche Einordnung des Staatsvertrags und folglich auch des Programmsatzes in die Normenhierarchie noch ungeklärt553 . Zwar läßt sich grundsätzlich dem Art. 16 Staatsvertrag ein auch den gesamtdeutschen Gesetzgeber über den Anlaß der innerdeutschen Rechtsangleichung hinaus gehendes Verschlechterungsverbot für Umweltanforderungen entnehmen. Aber letztlich wird man der allgemein gehaltenen Formulierung des Art. 16 Staatsvertrag doch nicht eine Sperrwirkung gegenüber späteren Rechtsakten entnehmen können. Hierfür dürfte die Regelung zu unbestimmt sein. Zwar sind aus dieser programmatischen Erklärung alle Staatsgewalten verpflichtet und primär

BGBI. II S. 518 = GBI. I DDR S. 331. So aber Kloepfer, DVBI. 1991, I, 3 Fn. 15. Zurückhaltender ders., UmwR in der deutschen Einigung, 25. 552 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 15; Gassner/Winkelbrandt, UVP, 145; Hoppe, VVDStRL Bd. 38 (1980), 211, 238; ders./Beckmann, UmwR, § 8 Rn. 61; ders./Püchel, DVBI. 1988, 1, 5 . 553 Kloepfer, DVBI. 1991, 1, 3; ders., UmwR in der deutschen Einigung, 36, 40-42. 550

551

IV. Das Umsetzungsverfahren

111

ist sie als ein Handlungsauftrag an die Gesetzgebung zu verstehen554 . Allerdings steht dem Gesetzgeber bei der Ausfüllung dieses Auftrags doch ein weites Ermessen zu, das sich gerade bei offenen Formulierungen auswirkt555 . In Art. 16 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag wird vielmehr das Vorsorge-, Verursacher- und Kooperationsprinzip für das bundesdeutsche Umweltrecht erstmals als eine Zielbestimmung verbindlich festgeschrieben556. Eine gemeinsame Umweltkommission beider deutscher Staaten erarbeitete ein Umweltrahmengesetz (URG), das am 29.06.1990 verabschiedet wurde557 . In diesem Gesetz wird ein Teilbereich des bundesdeutschen Umweltrechts übernommen. Nach der Präambel des Umweltrahmengesetzes dient das Gesetz unter Beachtung der in Art. 16 Abs. 1 Staatsvertrag genannten Umweltgüter auch der Gewährleistung von Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltverträglichkeitsprüfung. In Art. 7 URG wird der Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung allgemein erläutert, Art. 7 § 1 URG, und Art. 1 UVP-UmsG, also das UVPG für ab dem 01.08.1990 anwendbar erklärt, Art. 7 § 2 Satz 1 URG. Die Übernahmevorschrift galt insoweit nicht, als im UVPG auf Vorschriften verwiesen wurde, die im Beitrittsgebiet noch nicht oder in einer an das UVPG nicht angepaßten Fassung vorlagen, Art. 7 § 2 Satz 2 URG558 . Das Umweltrahmengesetz sollte gemäß Art. 9 URG am 01.07.1990 in Kraft treten, wurde indessen erst am 20.07.1990 verkündet. Für das UVPG war dies insoweit unschädlich, als es ohnedies nach Art. 7 § 2 Satz 1 URG erst ab dem 01.08.1990 anwendbar sein sollte und wesentliche Regelungen des UVPG nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 UVP-UmsG gleichermaßen erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getreten sind559. Das Umweltrahmengesetz wurde vom Einigungsvertrag abgelöst. Die Überleitung nach Art. 8 Einigungsvertrag gilt indes nur für das Bundesrecht, unter das die Verwaltungsvorschriften nicht fallen. Soweit allgemeine Verwaltungsvorschriften bereits nach dem Umweltrahmengesetz im Beitrittsgebiet Anwendung gefunden haben, gilt das Gesetz teilweise durch partielle Aufnahme fort, Art. 9 Abs. 2 Einigungsvertrag i.V.m. Anlage II Kapitel XII Abschnitt III560 . Das UVPG ist von dieser Regelung nicht unmittelbar betroffen. Wohl aber fmden einige Verwaltungsvorschriften zum Bundes-Immissionsschutzgesetz bereits umfanglieh Anwendung. 554 Hoppe/Beckmann, UmwR, § 4 Rn. 17; Kloepfer, UmwR, § 2 Rn. 22; ders ., UmwR in der deutschen Einigung, 33-36; Stern, Staatsrecht, Bd. III/1, § 69 IV 6, S. 950-952. 555 BVerfG, Beschl. v. 14.01.1981 - 1 BvR 612/72 -, E 56, 54, 73, 78. 556

Kloepfer, DVBI. 1991, 1, 3.

557

GBI. I DDR 1990 S. 649.

558 559

Kloepfer, DVBI. 1991 , 1, 9. Kloepfer, UmwR in der deutschen Einigung, 165 f .

560

Feldhaus/Eisenbarth, UPR 1990, 401, 403 f.; Kloepfer, DVBI. 1991, 1, 4.

112

B. Die Umweltverträglichkeitsprüfung

Die Überleitung wurde vollendet mit dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) vom 31.08.199()561• Nach der grundlegenden Überleitungsvorschrift des Art. 8 Einigungsvertrag tritt in den neuen Bundesländern mit dem Wirksamwerden des Beitritts am 03.10.1990 das gesamte Bundesrecht in Kraft. Abweichungen gelten gemäß Anlage I Kapitel XII. Sie betreffen Übergangs- und Überleitungsbestimmungen für die einzelnen Zulassungsverfahren und Umweltstandards562 . Die Anforderungen an eine Umweltverträglichkeitsprüfung werden befristet verringert, so etwa mit den durch den Einigungsvertrag eingefügten §§ 67 a BimSchG, 57 a AtG. Die Fortgeltung des Rechts der DDR ist auch in Art. 9 Abs. 2 Einigungsvertrag geregelt. Hiervon sind - abgesehen von der bereits ausgelaufenen Freistellungsklausel - einige atomrechtliche Vorschriften betroffen. Im Bereich des Immissionsschutzrechts wird die Fortgeltung einzelner Bestimmungen des Art. 1 § 2 Abs. 1 URG i.V.m. Anlage 1 Nr. 1 angeordnet: 1. und 2. StörfallVwV, TA Luft, TA Lärm und BenzinqualitätsangabenVOVwV, Art. 9 Abs. 2 Einigungsvertrag i.V.m. Anlage II Kapitel XII Abschnitt III Nr. 1a563. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist bereits mit der Übernahmevorschrift des Art. 7 § 2 Satz 1 URG am 01.08.1990 im Beitrittsgebiet in Kraft getreten. Der in Satz 2 formulierte Vorbehalt hat mit Art. 8 Einigungsvertrag seine Bedeutung verloren und ist nicht übernommen worden. Auch die EG-RL UVP gilt gemäß Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Einigungsvertrag seit dem 03.10. 1990 im Beitrittsgebiet564 . Insofern wurde allerdings von Seiten der Europäischen Gemeinschaft eine Ausnahmeregelung getroffen565 . Somit können sich die Bürger des Beitrittsgebiets erst zukünftig auf die Direktwirkung der EG-RL UVP berufen. Die Regelungen des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes566 über den Ausschluß der Öffentlichkeitsbeteiligung und des Absehens von einer 561 BGBI. II S. 889, geändert durch Vereinbarung v. 18.09.1990, BGBI. II S. 1239. Zustimmungsgesetz (BGBI. II S. 885). 562 563 564

Vgl. i.e.: Feldhaus/Eisenbanh, UPR 1990, 401, 403-406; Kloepfer, DVBI. 1991, 1, 5-7. Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 91. Feldhaus/Eisenbanh, UPR 1990, 401, 403.

Gemäß der "Richtlinie des Rates über die in Deutschland geltenden Übergangsmaßnahmen für bestimmte Gemeinschaftsvorschriften über den Umweltschutz" vom 04.12.1990 (ABI. EG L 90/656/EWG) war die Anwendbarkeit der EG-RL UVP bis zum 31.12.1992 ausgesetzt. Nach Auskunft von Prof. Dr. Wägenbaur (Kommission der Europäischen Gemeinschaft- Juristischer Dienst) wird die Frist voraussichtlich bis zum 31.12.1995 verlängert. Kloepfer, DVBI. 1991, 1, 5 Fn. 22; ders. , UmwR in der deutschen Einigung, 65. 565

566

Vom 16.12.1991 (BGBI. I S. 2174).

IV. Das Umsetzungsverfahren

113

Planfeststellung sind an den Anforderungen der EG-RL UVP zu prüfen. Vielfach werden Zweifel an der Gemeinschaftsrechtskonformität dieses Gesetzes erhoben567. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Frage offengelassen568. Diese Entwicklung soll für das gesamte Bundesgebiet durch das Planungsvereinfachungsgesetz569 sowie für den Bereich des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens durch das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz570 fortgeschrieben werden. In Art. 34 Abs. 1 Einigungsvertrag wird ausdrücklich auf Art. 16 Staatsvertrag Bezug genommen und die Beachtung des Vorsorge-, Verursacher-und Kooperationsprinzips wiederholt. Aus diesen Formulierungen ergibt sich, daß der Umweltschutz nicht nur Aufgabe des Gesetzgebers ist, sondern die gesamte Staatstätigkeit verpflichtet ist. Den Art. 16 Abs. 1 Satz 2 Staatsvertrag, 34 Abs. 1 Einigungsvertrag kann eine Art Surrogat für die im Grundgesetz nach wie vor fehlende Staatszielbestimmung Umweltschutz entnommen werden571 . Die erwähnten Normen bleiben auch nach dem Beitritt geltendes Recht, Art. 34 Abs. 1, 40 Abs. 1, 45 Abs. 2 Einigungsvertrag.

567 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 91 m.w.N. And. Ans.: Ronellenfitsch, DVBI. 1991, 920, 926-928. 568 BVerwG, Beschl. v. 30.10.1992- 4 A 4.92 -, UPR 1993, 62, 63. Hingegen bejaht das OVG Bautzen in seinem Beschl. v. 22.11.1993 (- 1 S 209.93 -, SächsVBI. 1994, 60, 61) die Verfassungsmäßigkeit der Nonn. 569 Gesetz zur Vereinfachung der Planungsverfahren für Verkehrswege (Planungsvereinfachungsgesetz - PIVereinfG -) vom 17.12.1993 (BGBI. I S. 2123); Entw. Regierungsvorlage BR-Drs. 756/92 = BT-Drs. 12/4328. 570 Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland vom 22.04.1993 (BGBI. I S. 466). Entw. Regierungsvorlage BR-Drs. 868/92. 571 Kloepfer, DVBI. 1991, 1, 4; ders ., UmwR in der deutschen Einigung, 33. Die mit Beschlüssen des Bundestages vom 28.11.1991 und des Bundesrates vom 29.11.1991 eingesetzte Gemeinsame Verfassungskommission hat mit Zweidrittelmehrheit die Einfügung eines entsprechenden Staatsziels mit eingeschränktem Gesetzesvorbehalt am 28.10.1993 gebilligt. Der Vorschlag soll möglichst bald in Bundestag und Bundesrat beraten werden. Der einzuführende Art. 20 a GG soll lauten: "Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Verwaltung und die Rechtsprechung." (Quelle: wib 20/93 - XXIII/167). Zudem Bericht der Gemeinsamen Verfassungskomrnission v. 05.11.1993 in: BT-Drs. 12/6000, S. 15. Zur Arbeit der Gemeinsamen Verfassungskommission: Brohm, JZ 1994, 213, 216, 218; Jahn, DVBI. 1994, 177, 184. Heilmann, Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 271 v. 22.11.1993, S. 12 und Kriele , dortselbst Nr. 296v. 21.12.1993, S. 7.

8 LaDdei

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

I. Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbständiges Verfahren Nach § I2 UVPG ist die Umweltverträglichkeitsprüfung "im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge im Sinne der §§ I, 2 Abs. I Satz 2 und 4 [UVPG] nach Maßgabe der geltenden Gesetze" zu berücksichtigen. Hieraus ergibt sich die Grundproblematik der Umweltverträglichkeitsprüfung zumal in parallelen Verwaltungsverfahren. Zwar soll die sektorale Aufspaltung der Genehmigungsverfahren durch den Verweis auf die wirksame Umweltvorsorge überwunden werden, dies aber ausschließlich im Rahmen der geltenden Gesetze. Diese müssen folglich den integrativen Ansatz der Umweltverträglichkeitsprüfung gewährleisten können. Die Fachvorschriften müßten geeignet sein, medienübergreifende Prüfungsansätze im Bewertungsverfahren einzuführen und dessen Ergebnis bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen. Es fragt sich allerdings, ob etwa eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung unabhängig von den speziellen Voraussetzungen einer wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung und unabhängig von der Entscheidung der wasserrechtlich zuständigen Behörde mit der Begründung versagt werden kann, daß von dem Betrieb ein hohes Maß an Abwässern ausgeht. Umgekehrt müßte die wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung von der zuständigen Behörde unabhängig von den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen und der Entscheidung der für deren Vollzug zuständigen Behörde deshalb versagt werden können, weil von einer Anlage Luftverunreinigungen ausgehen. Die Begründungen im Gesetzgebungsverfahren verhielten sich zu dieser Frage unterschiedlich. Zum einen wird angeführt, daß über die unbestimmten Gesetzesbegriffe fachgesetzlich nicht erfaßte Umweltauswirkungen "je nach Sachlage im Rahmen der Ermessensentscheidung berücksichtigt werden" 1• Andererseits heißt es: "Die auf Grund immissionsschutzrechtlicher Vorschriften durchzuführende Umweltverträglichkeitsprüfung kann sich daher [ ... ] vor I Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. ll/3919, s. 28.

I. UVP als unselbständiges Verfahren

115

allem nicht auf Aspekte der Umweltverträglichkeit erstrecken, die nach wasserrechtlichen Vorschriften zu prüfen sind. "2 In dem EntwUVPVwV stand wiederum: "Die Fachgesetze sind vor dem Hintergrund des§ 12 UVPG in Verbindung mit den§§ 1 und 2 Abs. 1 Satz 2 und 4 UVPG so auszulegen und anzuwenden, daß alle in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG genannten Güter insgesamt bestmöglich geschützt werden. [.. .] Die zuständige Behörde ist ferner an die einschlägigen Ausführungsvorschriften des Fachrechts gebunden. [...] Aus § 12 UVPG ergibt sich also ein Auslegungs- und Ermessensgrundsatz, dessen Anwendung das herkömmliche Verständnis fachgesetzlicher Begriffe verändern kann. "3 In dem jetzigen EntwUVPVwV heißt es: "Die Bewertung der Umweltauswirkungen eines Vorhabens und die Berücksichtigung der Bewertungsergebnisse bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens sind gemäß § 12 UVPG an die geltenden Gesetze im formellen Sinne (BT-Drs. 1113919, S. 27) gebunden. Bei der Konkretisierung unbestimmter Gesetzesbegriffe ist die zuständige Behörde an die einschlägigen Ausführungsvorschriften des Fachrechts gebunden. " 4 "Um eine medienübergreifende Bewertung in diesem Sinn zu gewährleisten, verlangt § 12 UVPG die Fachgesetze so auszulegen und anzuwenden, daß alle in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG genannten Güter insgesamt bestmöglich geschützt werden. [ ... ] Demzufolge ergibt sich aus § 12 UVPG in Verbindung mit den §§ 1 und 2 Abs. 2 Satz 2 und 4 UVPG ein Auslegungs- und Ermessensgrundsatz, dessen Anwendung das herkömmliche Verständnis fachgesetzlicher Begriffe verändern kann (BT-Drs. 1115232, S. 31). " 5 Speziell zum immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren ist der EntwUVPVwV zu entnehmen: "Wenn von dem Vorhaben ausgehende Luftverunreinigungen, Abwässer, Abfalle und Eingriffe in Natur und Landschaft dazu führen, daß Anforderungen an die Beschaffenheit von Wasser, Boden, Luft sowie Natur und Landschaft jeweils gerade noch eingehalten werden, können die Umweltauswirkungen insgesamt nach Lage des Einzelfalls als ,sonstige Gefahren', ,erhebliche Nachteile' oder ,erhebliche Belästigungen' im Sinne des§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG zu bewerten sein. "6

2

Begr. des Entwurfs der Bundesregierung zur 9. BimSchV v. 14.08.1991, BR-Drs. 494/91,

3

Ziff. 0.8.2.3 EntwUVPVwV vom 03.12.1990- Kursivdruck im Original.

s. 48.

Ziff. 0.6.2.1 EntwUVPVwV vom 01.02.1993. Ziff. 0.6.2.2 EntwUVPVwV vom 01.02.1993 - die zitiene Drucksache lautet wohl zutreffend 1115532. 6 Ziff. 1.3.3 EntwUVPVwV vom 01.02.1993. 4

5

116

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

Mit diesen Begründungen wird der in der Politik übliche, aber in der administrativen Umsetzung problematische und untaugliche Versuch unternommen, die bestehenden Zulassungsverfahren zugleich erhalten und verändern zu wollen. Die politische Grundentscheidung, die materiellen Zulassungsvoraussetzungen im Kern unangetastet zu lassen, reduziert die Umweltverträglichkeitsprüfung auf eine unklare Optimierungsfunktion für die fachgesetzlichen Zulassungsverfahren7. An der in den Begründungen unterstellten Veränderung der Zulassungstatbestände, die zu einer medienübergreifenden Auslegungs- und Anwendungsdirektive für das fachrechtliche Zulassungsverfahren führen soll, ist zunächst einmal problematisch, daß sich Auslegung und Anwendung nach den gesetzlichen Zulassungsvorschriften richten und sich nicht allein aus Verwaltungsvorschriften erschließen lassen. Dies folgt aus dem rechtsstaatliehen Bestimmtheitsgrundsatz. Die geforderte optimierende Auslegung findet ihre Grenze im Wortlaut der jeweiligen Zulassungsregelung. Alles andere wäre unzulässige "Normsetzung durch Norminterpretation" 8 • Zudem wären bei Zugrundelegung dieses Ansatzes die Fachvorschriften je nachdem unterschiedlich auszulegen, ob es sich um die Zulassung eines UVP-pflichtigen Vorhaben handelt oder nicht9 . Auf der anderen Seite ist bei der Genehmigung über §§ 5 Abs. l, 3 Abs. 2 BlmSchG insbesondere auch die Schutzzweckbestimmung des § 1 BlmSchG zugrundezulegen, die in der Tat eine maßgebliche Veränderung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungstatbestands durch die 1990 erfolgte Novellierung nahelegen. Darüber hinaus wurden in den einzelnen Zulassungsnormen eigens Regelungen verankert, die auf die Umweltverträglichkeitsprüfung verweisen, §§ 10 Abs. lO Satz 2 BimSchG, 7 Abs. 2 Satz 2 AbfG, 7 Abs. l Satz 2, 9 Satz 2 WHG, 7 Abs. 2 Nr. 6, 9 b Abs. 2 und Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 AtG. Gegen die weite Anwendung der fachrechtlichen Vorschriften spricht allerdings die beschränkte Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf dem Gebiet des Umweltrechtslo. Indessen ist zu hinterfragen, ob der eingangs dargestellte immissionsschutzrechtliche Genehmigungstatbestand tatsächlich berücksichtigungsoffen für die außerfachlichen wasserrechtlichen Belange sein muß. In parallelen Zulas7

Schoeneberg, UVP, Rn. 148.

8 Beckmann, DVBI. 1991, 358, 361; ErbguJh/Schink, Komm. UVPG, § 20 Anm. 11 f.;

Hoppe/Appold, DVBI. 1991, 1221, 1225. 9 Schink/ErbguJh, DVBI. 1991, 413, 419. 10

Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 20 Anm. 12; dies. , DVBI. 1991, 413, 419.

I. UVP als unselbständiges Verfahren

117

sungsverfahren sind jeweils jene Belange zu untersuchen, die keinem eigenständigen Genehmigungsverfahren unterworfen sind. Die Berücksichtigung wasserrechtlicher Belange erfolgt daher in dem wasserrechtlichen Zulassungsverfahren. Die Berücksichtigung der Wechselwirkungen ist gleichermaßen gesichert, wenn diese zumindest im Prüfungsspielraum der entscheidungsbefaßten Stelle einfließen. Dies ergibt sich auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit l1 . Hiernach ist im Einzelfall diejenige Auslegungsalternative zu wählen, die den bestmöglichen Schutz der in§ 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG genannten Umweltgüter gewährleistet. "Der Schutz eines Umweltguts darf nicht durch die Inanspruchnahme eines anderen Umweltguts erreicht werden, die gegen das Übermaßverbot verstößt" 12 • Die Einbeziehung der außerfachrechtlichen Belange ist in den Schutzgüterbegriffen der umweltbezogenen Gesetze angelegt und erfolgt vor allem in Parallelverfahren durch Erweiterung des Prüfungsspielraums. Dem Gebot der fachübergreifenden Gesamtprüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG kann man die Verpflichtung einer jeden der beteiligten Zulassungsbehörden entnehmen, auch im fachfremden Bereich zumindest zu ermitteln. In die Gesamtheit der Zulassungstatbestände läßt sich ein Normwiderspruch dahingehend erkennen, daß alle Zulassungstatbestände jeweils die Gesamtheit der Umweltauswirkungen betrachten, ohne daß sich eine Regelung finden läßt, die Prüfungsduplizitäten vermeidet. Dieser Normgegensatz läßt sich auflösen, wenn man der spezielleren Zulassungsnorm das Übergewicht der Gesamtbetrachtung aufbürdet. Auch nach dem vornehmlich im Verfassungsrecht verorteten Grundsatz der praktischen Konkordanz 13 ist stets die Auslegungsalternative zu wählen, die den bestmöglichen Schutz der in§§ l, 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG angelegten Umweltgüter gewährleistet 14 . Hiernach sind die jeweils in den Zulassungstatbeständen unterschiedlich betroffenen Umweltgüter nicht gegeneinander auszuspielen, sondern beide müssen zu möglichst optimaler Berücksichtigung gelangen können. Insofern ist dieser Grundsatz gleichermaßen dem Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet.

1l Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 38, 47; Ga/las, UPR 1991, 214, 218; Gassner, UPR 1990, 361, 362; Peters, VBIBW 1989, 325, 327; Steinberg, DVBI. 1990, 1369, 1371. And. Ans. : Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 2 Anrn. 17, § 12 Anrn. 102.

Ziff. 0.6.2.2 EntwUVPVwV. Hesse, VerfR, Rn. 74, 317-320; Stern, Staatsrecht Bd. III/1 , § 69 III 5, S. 930-932. 14 Becker, BayVBI. 1990, 353, 355; Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 38. And. Ans.: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 12 Anrn. 36. 12

13

118

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

II. Konkurrenzlagen bei Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung 1. Der Anwendungsbereich nach § 3 UVPG Die Bestimmung eines UVP-pflichtigen Vorhabens richtet sich zunächst unter dem Gesichtspunkt der Umwelterheblichkeit nach § 3 Abs. 1 UVPG i.V.m. den Anlagen zum UVPG, im übrigen nach den fachgesetzlichen Begriffen. Zwischen der Anlagendefinition der Fachgesetze und dem Vorhabenbegriff des UVPG ergeben sich nicht unbedeutende Friktionen, die sich zumal in parallelen Verfahren auswirken. Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht ist zu bedenken, daß der Vorhabenbegriff des § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG nur unvollständig auf die Vorhaben nach § 2 Abs. 2 UVPG rekurriert. Während diese Regelung die Projekte des Art. 1 Abs. 2 EG-RL UVP mindestens vollständig aufnimmt, verweist jene auf den fachgesetzlich vorgegebenen Anlagenbegriff15 • Sämtliche in der Anlage zu § 3 UVPG aufgeführten Vorhaben verweisen auf eine fachgesetzliche Zulassungsvorschrift. Dies gilt auch für die Feriendörfer und Hotelkomplexe nach Nr. 15 der Anl. zu § 3 UVPG, da diese einer Umweltverträglichkeitsprüfung nur unterzogen werden, wenn für das Vorhaben die Aufstellung eines Bebauungsplans erforderlich ist. Damit wird gleichermaßen auf das Bauplanungsrecht verwiesen. Auch im Anhang zu Nr. 1 der Anlage zu § 3 UVPG sind ausschließlich Anlagen aufgeführt, die dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren unterfallen. Ein innerer Widerspruch des UVPG ergibt sich insofern allerdings nicht, denn § 2 Abs. 2 UVPG verweist bereits auf die Anlage zu § 3 UVPG. Indessen geht die EG-RL UVP in ihrem gegenständlich beschriebenen Projektbegriff nach Art. 4 Abs. 1 EG-RL UVP von einem umfassenden Anlagenkomplex aus, während die bundesdeutschen Zulassungsverfahren vielfach nur einzelne technische Anlagen nach fachgesetzlicher Maßgabe erfassen. Mithin ist der Anlagenbegriff des bundesdeutschen Zulassungsrechts teils enger, als dies der Projektbegriff der EG-RL UVP fordert. Dies hat zur Folge, daß die für Projekte im Sinne der EG-RL UVP geforderte Umweltverträglichkeitsprüfung nicht recht mit dem Anlagenbegriff des bislang geltenden Anlagenzulassungsrechts harmoniert.

15 Bunge in: Storm/Bunge (Hrsg.), HdUVP, 0600 TZ 6. Daher krit.: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 2 Arun. 50; Schoeneberg, UVP, Rn. 81 Fn. 17; Winter, NuR 1989, 197, 199.

II. Konkurrenzlagen bei der Durchführung der UVP

119

Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens kann etwa die Projektzulassung die Zulassung mehrerer Anlagen einer Betriebsstätte erfordern. Soweit das der Fall ist, kann der Vorhabenträger seine Genehmigungsanträge so staffeln, daß sich die Umweltverträglichkeitsprüfung aufteilt und die Betriebsstätte aufgrund dieser Segmentierung als umweltverträglich eingestuft wird, obgleich sie als Gesamtvorhaben diese Voraussetzung nicht erfüllt. Die Konsistenz der Umweltverträglichkeitsprüfung ist daher stark abhängig von dem jeweils fachrechtlich vorgegebenen Anlagenbegriff16. 2. Die Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 4 UVPG Die horizontal gesplitteten Parallelverfahren, insbesondere die Genehmigungsverfahren mit fehlender oder nur eingeschränkter Konzentrationswirkung laufen dem integrativen medienübergreifenden Bewertungsansatz des § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG tendenziell zuwider17 . Nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers, die Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbständiges Verfahren auszugestalten, beläßt es § 2 Abs. 1 Satz 4 UVPG bei der Parallelität von Verfahrenshandlungen. Die Regelung schreibt zur Koordinierung der Parallelverfahren allerdings vor, daß die fachlichen Teilprüfungen zu einer Gesamtbewertung zusammenzuführen sind. Um eine gesamthafte und umfassende Berücksichtigung der von einem Vorhaben ausgehenden Umweltauswirkungen zu erreichen, bestimmt§ 2 Abs. 1 Satz 4 UVPG, daß wenn über die Zulässigkeil eines Vorhabens im Rahmen mehrerer Verfahren entschieden wird, die in diesen Verfahren durchgeführten Teilprüfungen zu einer Gesamtbewertung aller Umweltauswirkungen, einschließlich der Wechselwirkungen, zusammenzufassen sind. Der Begriff der Gesamtbewertung fmdet ausschließlich Anwendung auf die Parallelverfahren, §§ 2 Abs. 1 Satz 4, 14 Abs. 2 Satz 1 UVPG. In den übrigen Zulassungsverfahren für UVP-pflichtige Projekte wird von Bewertung gesprochen. Im Rahmen des § 2 Abs. 1 Satz 4 UVPG zeigt sich die Gesamtbewertung als eine eher materiellrechtliche Komponente zur Wahrung des integrativen Ansatzes aus § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Aus dieser Regelung zieht § 14 Abs. 2 Satz 1 UVPG die verfahrensrechtliche Schlußfolgerung durch die Bestimmungen über die federführende Behörde. 16 Zum Anlagenbegriff: Jarass, UVP bei Industrievorhaben, 5, 24, 36; ders., Konkurrenz, 31; Wagner, Genehmigung, 159-165, 233, 264. Zum Teil wird die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit bereits aus dem fachgesetzlichen Anlagenbegriff hergeleitet: Püchel, ZAU 1988, 121, 125; Winter, NuR 1989, 197, 199. 17 Erbguth, DV 1991, 283, 311; Lange, DÖV 1992, 780, 785; Schoeneberg, UVP, Rn. 215.

120

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

Ein gewisser Unterschied der Regelungen läßt sich darin erkennen, daß § 2 Abs. 1 Satz 4 UVPG von den in den [Fach-] "Verfahren durchgeführten Teilprüfungen" ausgeht, nach deren Abschluß es erst zu einer Zusammenfassung durch "Gesamtbewertung aller Umweltauswirkungen, einschließlich der Wechselwirkungen", kommt 18 . Die Norm scheint in Richtung einer fachorientierten Umweltauswirkungsanalyse zu führen. Hingegen weist § 14 UVPG bereits bei Einleitung des Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens der federführenden Behörde eine verfahrensleitende Funktion zu. Das kann nur den Sinn haben, die Zulassungsbehörden bereits frühzeitig zu einer gemeinsam durchgeführten Umweltauswirkungsanalyse anzuhalten. Dieser Unterschied scheint indessen nicht handgreiflich zu werden. Soweit § 2 Abs. 1 Satz 4 UVPG fachorientierte Teilprüfungen gestattet, ist durch das frühzeitige Erfordernis des Zusammenwirkens der Zulassungsbehörden nach § 14 Abs. 1 Satz 3 UVPG doch eine auch medienübergreifende Umweltauswirkungsanalyse sichergestellt. Dies deutet eher auf eine Betonung der in beiden Regelungen angeführten Gesamtbewertung hin. Wenn und soweit die Zulassungsbehörden in der Umweltauswirkungsanalyse bis zum Zeitpunkt der Bewertung eine nur fachorientierte Prüfung durchgeführt haben, so müssen sie doch spätestens in diesem Zeitpunkt zu einer einheitlichen Gesamtbewertung kommen. An der in Parallelverfahren geforderten Gesamtbewertung fällt zudem auf, daß sie sämtliche Wechselwirkungen in Bezug nimmt. Diese Analyse betrifft die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG genannten Umweltgüter. Nach dieser Vorschrift ist die Wechselwirkungsanalyse ausschließlich auf die in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG bezogenen Umweltgüter beschränkt. Man könnte hieraus schließen, daß in Parallelverfahren eine erweiterte Wechselwirkungsanalyse unter Einschluß der Kultur- und sonstigen Sachgüter zu erfolgen hat. Zutreffend dürfte es indessen sein, die in § 2 Abs. 1 Satz 4 UVPG geforderte Gesamtbewertung auf die Wechselwirkungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG zu beschränken. Die Gesamtbewertung in Parallelverfahren stellt einen bedeutenden Verfahrensschritt dar, wie sich dies insbesondere durch die Betonung in der UVPVerwaltungsvorschrift zeigen wird.

3. Die Vorrangregelung des§ 4 UVPG Nach § 4 Satz 1 UVPG findet das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz nur Anwendung, soweit Rechtsvorschriften des Bundes oder der Länder die Prüfung der Umweltverträglichkeit nicht näher bestimmen oder in ihren An18

So: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 2 Arun. 44.

Il. Konkurrenzlagen bei der Durchführung der UVP

121

forderungen diesem Gesetz nicht entsprechen. Hingegen bleiben Rechtsvorschriften mit weitergehenden Anforderungen unberührt, § 4 Satz 2 UVPG. Das UVPG ist ohnedies nur auf die in der Anlage zu § 3 UVPG genannten Entscheidungsverfahren anwendbar. Aus § 4 UVPG ergibt sich somit ein Zurücktreten des UVPG nur insoweit, als es zu den fachgesetzlichen Regelungen gehört und diese den Anforderungen des UVPG zumindest entsprechen19 • Folglich sind die bezeichneten Verfahrensregelungen im einzelnen daraufhin zu überprüfen, ob sie den Maßgaben des UVPG entsprechen, hinter diesen zurückbleiben oder sich jeglicher Regelung im Sinne des UVPG enthalten. Die Bestimmung eines Vorrangs fachgesetzlicher Regelungen kann auch zu punktuellen Ergebnissen dergestalt führen, daß einzelne Vorschriften dem UVPG entsprechen oder darüber hinaus gehen, andere Bestimmungen wiederum hinter den Anforderungen des UVPG zurückbleiben oder sich einer entsprechenden Regelung enthalten20 . Im letzteren Fall tritt der Vorrang der Fachgesetze nur partiell ein, während es im übrigen bei der Anwendung des UVPG bleibt21 • Die Vorrangregelung beschränkt sich nicht allein auf die Fachgesetze, sondern erstreckt sich auch auf die Neufassung etwa der immissionsschutzrechtlichen oder atomrechtlichen Verordnungen22 • Somit bleibt bei jeder Einzelregelung der Änderungsverordnung zu prüfen, ob sie nicht hinter den Vorgaben des UVPG zurückbleibt. Bei einer planwidrigen Lücke würden die einschlägigen Regelungen des UVPG wieder eingreifen. Hieraus ergibt sich eine besondere Normenhierarchie. Die Verordnung verdrängt ein Gesetz, das wiederum potentiell die Verordnung verdrängt. Bei einer mitunter europarechtswidrigen Regelung würden zudem UVPG, BlmSchG und 9. BlmSchV durch die Direktwirkung der EG-RL UVP verdrängt werden. Freilich erwachsen aus diesem punktuellen, wenngleich nur potentiellen Vorrang des höherrangigen Rechts intrikate Probleme der Anwendung der Umweltverträglichkeitsprüfung23 • Bei der Anwendung jeder einzelnen UVPbezogenen Regelung - sei sie von gesetzlicher oder nachgeordneter rechts19 In der Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BTDrs. 11/3919, S. 23 wird auf die größere Saclmähe fachspezifischer Regelungen sowie darauf hingewiesen, daß im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle die Gefahr der unmittelbaren Beurteilung der Fachvorschriften an den Rechtsbegriffen der EG-RL UVP besteht. Die Direktwirkung der EG-RL UVP ist indessen mit § 4 UVPG nicht ausgeschlossen. 20 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, s. 23. 21 Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 27; Erbguth, VerwArch 1990, 327, 332. 22 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, S. 17. 23 Vallendar, UPR 1992, 212, 214.

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C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

sätzlicher Natur - ist zu untersuchen, ob sie dem UVPG entspricht und ob sie gegebenenfalls hinter der EG-RL UVP zurückbleibt. Für weitere Komplikationen sorgt die Regelung des § 6 Abs. 2 UVPG. Hiernach fmdet für die Bestimmung der vom Vorhabenträger vorzulegenden Unterlagen grundsätzlich das Fachrecht Anwendung. Nur soweit dieses nicht hinreichend bestimmt ist, greift § 6 Abs. 3 und 4 UVPG ein. Man könnte hierin eine bloße und zudem unnötige Wiederholung der Subsidiaritätsklausel sehen24 . Hiergegen spricht indes die ausdrückliche Wiederholung unter Beschränkung auf § 6 UVPG. Eher scheint es sich um eine Umkehrung des in § 4 UVPG niedergelegten Regel-Ausnahme-Schemas mit der Konsequenz zu handeln, daß das Fachrecht privilegiert zur Anwendung kommt. Es erscheint naheliegend, daß die Effizienz der Umweltverträglichkeitsprüfung im Gesetzesvollzug jedenfalls zunächst unter der Vorrangklausel leiden wird25 . Das Defizit der Umweltgesetzgebung dürfte sich in einem erhöhten Koordinationsbedarf der Verwaltung niederschlagen26. Auf der anderen Seite besteht diese Gefahr nur bis zur vollständigen Umsetzung der Grundsätze des UVPG in die Fachgesetze. Die Vorrangklausel dient somit gerade der Harmonisierung des gesamten vorhabenbezogenen Umweltrechts27 • Zudem ist zu beobachten, daß gerade jüngere Umweltgesetze entsprechende Vorrangklauseln aufweisen28 . 4. Der Anwendungsbereich des§ 14 UVPG Voraussetzung einer Anwendung des§ 14 UVPG ist, daß ein Vorhaben der Zulassung durch mehrere Behörden bedarf, § 14 Abs. 1 Satz 1 UVPG. Von dieser Regelung sind daher nicht betroffen alle Verfahren, bei denen entweder eine Konzentrationswirkung normiert ist oder die als Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden. Indes erstrecken sich die fachlich angeordneten Konzentrationswirkungen, etwa §§ 13 Satz 1 BlmSchG, 8 Abs. 2 24 Die Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 24 bietet insoweit keine nähere Erläuterung. Erbguth/Schink, EuZW 1990, 531, 534 sehen in§ 6 Abs. 2 UVPG eine Wiederholung des § 4 UVPG. Offengelassen von Lange, DÖV 1992, 780, 783. 25 Becker, BayVBI. 1990, 353, 355; Erbguth, NVwZ 1988, %9, 972; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 9%. 26 Püttner, VerwLehre, § 9 I 1, S. 115. 27 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, S. 22. Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 22; Erbguth, DV 1991, 283, 299. Insoweit eher kritisch: Soell/Dimberger, NVwZ 1990, 705, 706. 28 Etwa§ 3 BaWüBodSchG vom 24.06.1991 (OBI. S. 434).

II. Konkurrenzlagen bei der Durchführung der UVP

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AtG, nicht auf alle für UVP-pflichtige Vorhaben in Betracht kommende Zulassungsverfahren. Dies gilt insbesondere für das Verhältnis von Immissionsschutz- und Wasserrecht sowie für das von Wasser- und Atomrecht. Im Rahmen der UVP-pflichtigen Vorhaben kommt es somit zu Parallelverfahren, wenn die fachgesetzliche Zulassung bereits auf andere Gesetze verweist. Das ist insbesondere bei den Öffnungsklauseln der Fall. Zudem sind Parallelverfahren unvermeidlich, wenn die fachrechtlich angeordnete Konzentrationswirkung andere Genelunigungen bereits ihrem Wortlaut nach nicht ersetzt und wenn sie sich durch den beschränkten Anlagenbegriff nicht auf das gesamte Vorhaben im Sinne des UVPG erstreckt. Parallelverfahren sind somit für die UVP-pflichtigen Vorhaben der Industrieanlagen einschließlich der Abfallentsorgungsanlagen, der kerntechnischen Anlagen, der Abwasserbehandlungsanlagen und der Rohrleitungsanlagen einschlägig, Nm. 1, 2, 5 und 16 der Anl. zu§ 3 UVPG. Durch die Ausgestaltung der Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbständiges Verfahren, § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG, verbleibt es bei der Zulassung eines Vorhabens durch mehrere Behörden. § 14 UVPG ändert auch nichts an den Verfahrensschritten der Umweltverträglichkeitsprüfung. Vielmehr werden der federführenden Behörde einzelne Aufgaben zur Erledigung in eigener Zuständigkeit übertragen. Die Bewertung der Umweltauswirkungen eines Vorhabens und deren Berücksichtigung in der Zulassungsentscheidung obliegt wiederum der Zulassungsbehörde in eigener Zuständigkeit, § 14 Abs. 2 Satz 1 UVPG. Die federführende Behörde ist zumindest für die Unterrichtung des Vorhabenträgers über den voraussichtlichen Untersuchungsrahmen und für die Erarbeitung der zusammenfassenden Darstellung verantwortlich, § 14 Abs. 1 Satz 1 UVPG29 . In § 14 UVPG haben einige Begriffe Eingang gefunden, die von den Defmitionen in nicht parallelen Verfahren abweichen: Dies gilt zunächst für die federführende Behörde, deren Koordinationsaufgaben noch im einzelnen darzustellen sind. Zudem fmden sich in § 14 UVPG nicht die sonst üblichen "zuständigen Behörden", also die für die Zulassungsentscheidung zuständigen Behörden. Die in diesem Sinne zuständige Behörde ist in § 14 UVPG als "Zulassungsbehörde" bezeichnet. Diese begriffliche Abweichung hängt mit der Aufteilung 29 Weber/Hellmann, NJW 1990, 1625, 1631 sehen in dieser Aufgabenverteilung die "richtlinienbezogene Minirnallösung".

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C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

von Verantwortung hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung in Parallelverfahren zusammen. In anderen Verfahren ist die zuständige Behörde zugleich für die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung und für die Zulassungsentscheidung verantwortlich. In Parallelverfahren wird die Verantwortlichkeit hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeteilt. Die Einführung des Begriffs "Zulassungsbehörde" war angezeigt, um diesen Unterschied zu verdeutlichen. Außerdem fmdet in Parallelverfahren auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung eine Gesamtbewertung der Umweltauswirkungen eines Vorhabens statt. In den anderen Verfahren führt die zuständige Behörde eine Bewertungaufgrund der zusammenfassenden Darstellung durch. Die Gesamtbewertung ist die Zusammenführung der Einzelbewertungen. Auch dieser Begriffsunterschied folgt aus der Verantwortungsteilung hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung in Parallelverfahren. Die federführende Behörde ist zwingend für die zusammenfassende Darstellung verantwortlich, während die Gesamtbewertung bereits in die Zuständigkeit der Zulassungsbehörde fällt. Maßgebliches materielles Gewicht gewinnt dabei die Gesamtbewertung. Der Verfahrensablauf bei der Zulassung eines Vorhabens durch mehrere Behörden stellt sich nach § 14 UVPG und vorbehaltlich einer abweichenden Landesregelung wie folgt dar: Das Scoping-Verfahren nach § 5 UVPG erfolgt durch die federführende Behörde im Zusammenwirken zumindest mit den Zulassungsbehörden und der in ihrem Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührten Naturschutzbehörde, § 14 Abs. l Satz 1 und 2 UVPG. Hinsichtlich der Verfahrensschritte der Vorlegung von Unterlagen durch den Vorhabenträger, der Behördenbeteiligung, der grenzüberschreitenden Behördenbeteiligung und der Einbeziehung der Öffentlichkeit nach §§ 5-9 UVPG bleibt es bei der Aufgabenwahrnehmung durch die für das jeweilige Verfahren zuständige Behörde. Aus den Normen ergibt sich nicht hinreichend deutlich, ob die Einbeziehung der Öffentlichkeit neben der Behördenbeteiligung stattfmden kann und ob sie nur einmal oder in jedem einzelnen Parallelverfahren erfolgen muß30 . In § 14 UVPG ist keine Verfahrenskonzentration vorgesehen3t. Folglich wird die Beteiligung nach den fachgesetzlichen Vorschriften in jedem Parallelverfahren stattfmden müssen32 .

30

Dohle, NVwZ 1989, 697, 703; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 1000.

II. Konkurrenzlagen bei der Durchführung der UVP

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Die Erarbeitung der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG obliegt der federführenden Behörde im Zusammenwirken mit den Zulassungsbehörden und der in ihrem Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührten Naturschutzbehörde, § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 UVPG. Voraussetzung dieser Aufgabenwahrnehmung ist, daß die federführende Behörde über die notwendigen Informationen verfügt. Es empfiehlt sich daher, daß die Zulassungsbehörden die federführende Behörde nach Abschluß eines jeden Verfahrensschritts der Umweltverträglichkeitsprüfung informieren und ihr die aufgrund der §§ 6-9 UVPG vorliegenden, für die Erarbeitung der zusammenfassenden Darstellung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen. Es wird darüber hinaus zweckmäßig sein, daß die für die vorherigen Verfahrensschritte zuständigen Behörden diese unter Beteiligung der federführenden Behörde durchführen. Die federführende Behörde kann nach Prüfung der Unterlagen und der Informationen die Stellungnahmen der Naturschutzbehörde und der anderen Zulassungsbehörden einholen. Die zusammenfassende Darstellung ist daraufhin im Zusammenwirken mit den Zulassungsbehörden und der berührten Naturschutzbehörde anzufertigen. Auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung haben die Zulassungsbehörden eine Gesamtbewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens vorzunehmen. Die federführende Behörde hat das Zusammenwirken der Zulassungsbehörden sicherzustellen, §§ 14 Abs. 2 Satz 2 UVPG. Die federführende Behörde kann hingegen nicht die Gesamtbewertung selbst vornehmen. Die Gesamtbewertung ist Aufgabe der Zulassungsbehörden. Insoweit besteht indessen eine gewisse inhaltliche Bindung an den übergreifenden Inhalt der zusammenfassenden Darstellung, die gerade eine Gesamtbewertung gewährleisten soll, § 14 Abs. 2 Satz 1 UVPG. Hierzu dient die Sicherstellung des Zusammenwirkens der Zulassungsbehörden durch die federführende Behörde. Diese kann den anderen Zulassungsbehörden einen Einigungsvorschlag unterbreiten und im Konfliktfall die Aufsichtsbehörde unterrichten, um auf diesem Wege doch noch eine einheitliche Gesamtbewertung zu erreichen, Ziff. 0.6.2.4 EntwUVPVwV. Wenn die federführende Behörde nicht zugleich

31 Zu dem eine Konzentration hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung vorsehenden Regelungsvorschlag des Bundesrats vgl. Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 42, der durch die Bundesregierung aus kompetenzrechtlichen Gesichtspunkten abgelehnt wurde, a.a.O., S. 52. Krit.: Steinberg, DVBI. 1990, 1369, 1374. 32 Nach§ 14 Abs. 1 Satz 1 BaWüUVPG, § 3 Abs. 2 BeriUVPG und§ 3 Abs. 2 NRWUVPG wird die Öffentlichkeitsbeteiligung durch die federführende Behörde durchgeführt. Entsprechendes gilt für die Landesregelungen, die Aufgaben nach §§ 6-9 UVPG der federführenden Behörde übertragen haben.

126

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

auch Zulassungsbehörde ist, stehen ihr gleichwohl die Befugnisse zur Gestaltung des Bewertungsverfahrens zu. Bei der Zulassung haben die Zulassungsbehörden auf der Grundlage der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG die Gesamtbewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens bei der Entscheidung gemäß § 12 UVPG zu berücksichtigen, § 14 Abs. 2 Satz 1 UVPG. Die federführende Behörde hat auch hier das Zusammenwirken der Zulassungsbehörden sicherzustellen, § 14 Abs. 2 Satz 2 UVPG. Die Berücksichtigung ist indessen nicht mehr Teil der Umweltverträglichkeitsprüfung, die mit der Gesamtbewertung ihren Abschluß fmdet. Die Berücksichtigung ist bereits Teil des eigentlichen Zulassungsverfahrens. Auf der Grundlage des § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG und entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 2 UVPG stehen der federführenden Behörde somit keine rechtlichen Einflußmöglichkeiten mehr zu. Etliche unter den Geltungsbereich des UVPG fallende Großprojekte unterliegen der Planfeststellungspflicht. Das Planfeststellungsverfahren ermöglicht aufgrund der nach allgemeinem Recht vorgegebenen Konzentrationswirkung in § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG recht unproblematisch eine einheitliche umweltbezogene Entscheidung über das Vorhaben. In planerischen Abwägungsentscheidungen ist die Bewertung und Berücksichtigung der Umweltauswirkungen als ein Abwägungsbelang einzubringen, der mit seinem Gewicht gegenüber Planungszielen und Abwägungsbelangen in die zu treffende Zulassungsentscheidung eingeht33 • Dieser Grundsatz wird indessen durch die spezialgesetzliche Regelung des § 14 WHG durchbrachen. Hiernach entscheidet die Planfeststellungsbehörde zwar über die erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung mit, § 14 Abs. 1 WHG, ist allerdings an das Einvernehmen der Wasserbehörde gebunden, § 14 Abs. 3 WHG34 . In der Regelung ist somit eine bloße Verfahrenskonzentration begründet. Hiernach könnte die Wasserbehörde bei der Erteilung des Einvernehmens ausschließlich an die mediale Zielsetzung des Wasserhaushaltsgesetzes gebunden sein. Unter Berücksichtigung des UVP-UmsG läßt sich allerdings an eine Erweiterung des wasserrechtlichen Bewirtschaftungsermessens denken35 • 33 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 28. BVerwG, Urt. v. 09.11.1984 - 7 C 15.83 -, E 70, 242, 244 und Urt. v. 22.03.1985- 4 C 73.82 -, E 71, 163, 164. Auch: Bartlsperger, DVBI. 1987, 1, 2; Beckmann, DÖV 1987, 944; Birk, VBlBW 1988, 410, 412; Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 12, 34; Funke, DVBI. 1987, 511, 517; Peters, NuR 1990, 103, 105; Püchel, ZAU 1988, 121, 134; Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, Komm. VwVfG, § 63 Anm. 20; Soell!Dirnberger, NVwZ 1990, 705, 708. 34 Dazu: Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 17; Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 2 Anm. 41; Habel, BWVP 1989, 151, 153. 35 Dazu unten 111.3.

II. Konkurrenzlagen bei der Durchführung der UVP

127

Hingegen bindet die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers für eine unselbständige Umweltverträglichkeitsprüfung diese in die allgemeine Problematik der parallelen Genehmigungsverfahren ein36. Es verbleibt somit bei einer Vielzahl parallel einzuholender Zulassungen und einer Vielzahl zu durchlaufender Verfahren. Die damit angelegten Unsicherheiten werden nur partiell durch die im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung dominante immissionsschutzrechtliche Genehmigung bereinigt, deren Konzentrationswirkung sich etwa nicht auf wasserrechtliche Zulassungen nach §§ 7, 8 WHG erstreckt und sich zudem aus dem eingeschränkten immissionsschutzrechtlichen Anlagenbegriff beschränk:t37 . Es wird sich erweisen, ob eine Auflösung dieser Problematik durch UVP-bezogenen Regelungen im einzelnen erfolgt. 5. Die Bestimmung der federführenden Behörde durch landesrechtliche Umsetzung nach§ 14 Abs. 1 Satz 1 UVPG Nach§ 14 Abs. 1 Satz 2 UVPG bestimmen die Länder in Parallelverfahren die federführende Behörde, die zumindest für die Aufgaben nach §§ 5 und 11 UVPG zuständig ist. Grundsätzlich läßt sich an etliche Regelungsmodelle denken. Das Regierungspräsidium bietet sich als federführende Behörde an, da die UVP-pflichtigen Vorhaben erhebliche Auswirkungen aufweisen, die nach der landesrechtliehen Regelung zumeist der Zulassung durch das Regierungspräsidium bedürfen38 . Andererseits erfolgt die Umweltverträglichkeitsprüfung vielfach im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, sodaß sich auch die jeweils zuständige untere Verwaltungsbehörde anbietet39. In Zweifelsfällen könnte an eine Zuständigkeitsregelung gedacht werden, die an den Schwerpunkt der betroffenen Rechtskreise anknüpft. In den Fällen des Kompetenzkonfliktes läßt sich eine Zuständigkeitsbestimmung durch übergeordnete Behörden erwägen. Im folgenden seien die Bundesländer referiert, die bereits UVP-bezogene Regelungen erlassen haben. Die Umsetzung ist für Baden-Württemberg durch Gesetz erfolgt40. Das Landesgesetz folgt dem UVPG im Aufbau. In § 1 BaWüUVPG i.V.m. der Anlage werden einzelne Vorhaben aufgeführt, die der Landesgesetzgebungskompetenz unterfallen. Als federführende Behörde wird grundsätzlich das 36

Lange, DÖV 1992, 780, 785; Schoeneberg, UVP, Rn. 215.

37

Bunge, UVP im Verwaltungsverfahren, 54; Erbguth, DV 1991, 283, 311.

Becker, BayVBI. 1990, 353, 357 Fn. 35; Steinberg, DVBI. 1990, 1369, 1374; ders., DVBI. 1988, 995, 1000; Willner, VBlBW 1992, 281, 285. 38

39 Fluck in: Ule/Laubinger, Komm. BlrnSchG, § 13 Anm. C 48; Gallas, UPR 1991 , 214, 216; Jarass, Komm. BlmSchG, § 10 Anm. 14. 40

Landesgesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 12.12.1991 (GBI. S. 848).

128

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

Regierungspräsidium bestimmt, § 14 Abs. 2 Nr. 1 BaWüUVPG, das seiner Bündelungsfunktion wegen besonders geeignet ist, die Koordinierungsaufgaben zu übernehmen. Im Falle der Beteiligung einer obersten Landesbehörde ist diese auch federführende Behörde, § 14 Abs. 2 Nr. 2 BaWüUVPG. Die Atomrechtsbehörde ist auch für die Zulassung eines Kühlturms federführende Behörde, sollte dieser aus dem atomrechtlichen Anlagenbegriff herausfallen, § 14 Abs. 2 Nr. 3 BaWüUVPG. Das Landesgesetz weist insofern Besonderheiten auf, als abweichend von § 2 Abs. 2 Nr. 4 UVPG die Änderung UVPpflichtiger Vorhaben nicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind, "wenn keine Anhaltspunkte für erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt vorliegen", § 3 Satz 2 BaWüUVPG. Zudem beschränkt sich die Drittbeteiligung auf Naturschutzverbände, § 5 Satz 2 BaWüUVPG. Im Freistaat Bayern wurde die Umweltverträglichkeitsprüfung durch eine Verordnung umgesetzt4 1• Nach § 1 Abs. 1 BayrUVPVO wird die höchste der beteiligten Zulassungsbehörden zur federführenden Behörde bestimmt. Das ist im Falle der Zulassung durch mehrere Behörden derselben Verwaltungsebene diejenige, die das Verfahren mit dem größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen durchzuführen hat, § 1 Abs. 2 Satz 1 BayrUVPVO. Zudem ist in Zweifelsfällen die jeweils übergeordnete Behörde befugt, die federführende Behörde zu bestimmen, § 2 Abs. 2 Satz 2 bis 4 BayrUVPVO. In der Hauptstadt Berlin wird die federführende Behörde gemäß § 2 Abs. 1 BerlUVPG nach dem Vorhabenbegriff des UVPG bestimmt42 . Danach ist federführende Behörde die Atomrechtsbehörde bei kerntechnischen Anlagen im Sinne der Nr. 2 der Anl. zu § 3 UVPG, die Immissionsschutzbehörde für Anlagen im Sinne der Nr. 1 der Anl. zu § 3 UVPG, und die Wasserbehörde für die Zulassung von Abwasserbehandlungs- und Rohrleitungsanlagen im Sinne der Nm. 5 und 16 der Anl. zu § 3 UVPG. Im übrigen ist federführend diejenige Behörde, die das Verfahren mit dem größeren Kreis öffentlichrechtlicher Beziehungen durchzuführen hat. Im Stadtstaat Bremen hat sich die zuständige Behörde bei der Zulassungsentscheidung mit dem Senator für Umweltschutz und Stadtentwicklung hinsichtlich der Verfahrensschritte der §§ 5, 6, 11 und 12 UVPG ins Benehmen zu setzen43 . Bei diesem Senator wird zudem eine UVP-Stelle gegründet-44. 41 Verordnung zur Bestimmung der federführenden Behörde und ihrer Aufgaben gemäß § 14 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vorn 24.07.1990 (GVBI. S. 254, ber. S. 384). 42 Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung vorn 21.07.1992 (GVBI. S. 234). 43 Gerneinsamer Erlaß des Senators für Umweltschutz und Stadtentwicklung, des Senators für das Bauwesen, des Senators für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie und des Senators für Häfen, Schiffahrt und Außenhandel über die Zusammenarbeit bei der Durchführung von Urnweltverträglichkeitsprüfungen vom 19.08.1992 (ABI. S. 103).

II. Konkurrenzlagen bei der Durchführung der UVP

129

In Hessen ist für atomrechtlichen Genehmigungen im Sinne des § 7 AtG federführende Behörde die zuständige oberste Landesbehörde, im übrigen das Regierungspräsidium45. In Mecklenburg-Vorpommem bestimmt sich die federführende Behörde nach dem Vorhabenbegriff des UVPG, § 1 Abs. 1 MeVorpUVPVQ46. Die federführende Behörde ist für Anlagen im Sinne der Nr. 1 der Anl. zu § 3 UVPG das Staatliche Amt für Umwelt- und Naturschutz, für Anlagen im Sinne der Nm. 2 und 3 der Anl. zu § 3 UVPG das Umweltministerium und für Anlagen im Sinne der Nm. 5 und 16 der Anl. zu § 3 UVPG die Wasserbehörde. Im übrigen bestimmt sich die federführende Behörde nach dem Schwerpunkt der Prüfungstätigkeit, § 1 Abs. 2 MeVorpUVPVO. In Nordrhein-Westfalen ist federführende Behörde für Industrieanlagen im Sinne der Nr. 1 der Anlage zu § 3 UVPG die Immissionsschutzbehörde, für kerntechnische Anlagen im Sinne der Nr. 2 der Anlage zu § 3 UVPG die Atomrechtsbehörde, in den übrigen Parallelverfahren die Behörde, die für das Verfahren zuständig ist, das den Schwerpunkt der Zulassungsentscheidung bildet, § 3 Abs. 1 NRWUVPG47. In Rheinland-Pfalz erfolgte die Bestimmung der federführende Behörde durch eine Verordnung48. Danach ist federführende Behörde für Vorhaben im Sinne der Nr. 1 der Anl. zu § 3 UVPG die Immissionsschutzbehörde, für Vorhaben im Sinne der Nr. 2 der Anl. zu § 3 UVPG und der Nr. 2 im Anh. zu Nr. 1 der Anl. zu § 3 UVPG die Atomrechtsbehörde und für Vorhaben nach Nr. 13 der Anl. zu § 3 UVPG die Planfeststellungsbehörde nach § 8 LuftVG, § 1 Satz 1 RhPfUVPVO. Im übrigen ist federführende Behörde die Behörde, die das Zulassungsverfahren mit dem größeren Kreis öffentlichrechtlicher Beziehungen durchzuführen hat, § 1 Satz 1 Nr. 4 RhPfUVPVO. Zudem bestimmt in Zweifelsfällen das geschäftsbezogene Ministerium die federführende Behörde, wobei das Ministerium für Umwelt stets zu beteiligen ist, § 1 Satz 2 bis 4 RhPfUVPVO.

Erlaß des Senators für Umweltschutz und Stadtentwicklung vom 19.05.1991. Anordnung über die Zuständigkeit zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Zulassung eines Vorhabens durch mehrere Behörden vom 20.07.1990 (GVBI. S. 421). 46 Verordnung über die federführende Behörde nach § 14 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 23.07.1992 (GVOBI. S. 483). 47 Landesgesetz zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten vom 29.04.1992 (GY. NRW S. 175). 48 Verordnung über die federführende Behörde nach § 14 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 28.07.1992 (GVBI. S. 279). 44

45

9 Lande!

130

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

Im Saarland ist federführende Behörde bei der Zulassung von Anlagen im Sinne der Nr. 1 der Anl. zu § 3 UVPG die oberste Imrnissionsschutzbehörde, für Anlagen im Sinne der Nm. 2, 3, und 5 der Anl. zu § 3 UVPG das Ministerium für Umwelt, und für Anlagen im Sinne der Nr. 16 der Anl. zu § 3 UVPG das Ministerium für Arbeit, §§ 1 a, 1 b SaarlUVPV049 • Im Freistaat Sachsen fmdet sich in § 2 SächsUVPVwV eine umfassende Zuständigkeitsregelung über die federführende Behörde50 . Hiernach ist federführende Behörde in Zulassungsverfahren für Industrieanlagen im Sinne der Nr. 1 der Anl. zu § 3 UVPG grundsätzlich die Imrnissionsschutzbehörde. Für die Anlagen nach Nm. 1, 3-16, 18-24, 26 im Anh. zu Nr. 1 der Anl. zu § 3 UVPG ist das Regierungspräsidium federführende Behörde. Für die Anlagen nach den Nm. 17 und 25 im Anh. zu Nr. 1 der Anl. zu§ 3 UVPG ist die untere Verwaltungsbehörde federführende Behörde. Für die Zulassung von Anlagen im Sinne der Nr. 2 der Anl. zu§ 3 UVPG und der Nr. 2 im Anh. zu Nr. 1 der Anl. zu § 3 UVPG ist das Staatsministerium für Umwelt federführende Behörde. Für die Zulassung von Anlagen im Sinne der Nr. 5 der Anl. zu § 3 UVPG ist das Regierungspräsidium für größere Abwasserbehandlungsanlagen federführende Behörde, sonst die untere Verwaltungsbehörde, § 2 Abs. 3 SächsUVPVwV. Für die Zulassung von Rohrleitungsanlagen im Sinne der Nr. 16 der Anl. zu § 3 UVPG ist das Regierungspräsidium federführende Behörde, § 2 Abs. 4 SächsUVPVwV. Im übrigen ist gemäß § 2 Abs. 5 SächsUVPVwV stets die Behörde federführend, die für das Verfahren zuständig ist, das den Schwerpunkt des Verfahrens bildet. Nach § 1 SchlHUVPVO ist in Schleswig-Holstein ist federführende Behörde für die Zulassung von Industrieanlagen im Sinne der Nr. 1 der Anl. zu § 3 UVPG das Gewerbeaufsichtsamt, für die Zulassung von kerntechnischen Anlagen im Sinne der Nr. 2 der Anl. zu § 3 UVPG das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Energie, für die Zulassung von Abwasserbehandlungsund Rohrleitungsanlagen im Sinne der Nm. 5 und 16 der Anl. zu § 3 UVPG die Wasserbehörde51 • In Schleswig-Holstein ist zudem im Geschäftsbereich des Ministers für Natur, Umwelt und Landesentwicklung eine UVP-Fachgruppe eingerichtet worden, die bei allen wesentlichen Schritten der Umwelt-

49 Verordnung über die Zuständigkeiten nach Umweltverträglichkeitsprüfung vom 22.01.1991 (ABI. S. 166).

dem

Gesetz

über

die

so Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landesentwicklung über die Regelung der Zuständigkeiten bei der Durchführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 19.09.1991 (ABI. Nr. 34 S. 19). SI Verordnung über die federführende Behörde nach § 14 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 15.01.1991 (GVOBI. S. 67).

II. Konkurrenzlagen bei der Durchführung der UVP

131

Verträglichkeitsprüfung im Sinne eines Benehmenserfordernisses zu beteiligen ist52 . Zusammenfassend läßt sich sagen, daß sich die federführende Behörde nach dem Vorhabenbegriff des UVPG bestimmt. In aller Regel ist die höchste Zulassungsbehörde zugleich federführende Behörde53 , teils wird hierzu ausdrücklich das Regierungspräsidium bestimmt54 • Im Zweifel ist diejenige Behörde federführend, die das Verfahren mit dem größeren Kreis öffentlichrechtlicher Beziehungen durchzuführen hat55 . Nur zum Teil fmdet sich eine Regelung über die Bestimmung der federführenden Behörde durch eine übergeordnete Behörde im Falle eines Kompetenzk:onflikts56 • Die Gefahr eines entsprechenden Konflikts ist indessen in jenen Ländern als gering zu veranschlagen, die eine UVP-Fachgruppe bei der obersten für Umweltschutz zuständigen Behörde errichtet haben57 • 6. Vorbehalt einer Zuständigkeitsbegründung durch landesrechtliche Umsetzung nach§ 14 Abs. 1 Satz 2 UVPG für die Aufgaben gemäß §§ 6 bis 9 UVPG Die Bundesländer können der federführenden Behörde weitere Zuständigkeiten nach§§ 6-9 UVPG übertragen, § 14 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Dies ist etwa in Baden-Württemberg erfolgt58 . Hiernach ist die federführende Behörde auch für die Aufgaben nach§§ 6-9 UVPG verantwortlich, § 14 Abs. 1 Satz 1 BaWüUVPG. Nur die Aufgaben nach§§ 7 und 8 UVPG kann sie im Einzelfall einer der Zulassungsbehörden übertragen, § 14 Abs. 1 Satz 2 BaWüUVPG. Unter dem Aspekt der Verfahrensvereinfachung und beschleunigung ist sicherlich die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung durch die federführende Behörde nach § 9 UVPG bedeutsam, §§ 14 Abs. 1 Satz 2, 9 BaWüUVPG. Damit wird vermieden, daß innerhalb verschiedener fachrechtlicher Zulassungsverfahren mehrere Anhörungen durchgeführt wer52 Gemeinsamer Erlaß des Innenministers, des Ministers für Wirtschaft, Technik und Verkehr, des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei, des Ministers für Soziales, Gesundheit und Energie und des Ministers für Natur, Umwelt und Landesentwicklung vom 27.09.1991 (ABI. S. 628). 53 In Bayern, Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpomrnern, Nordrhein-Westfalen, RheinlandPfalzund Sachsen. 54 In Baden-Württemberg. 55 In Bayern, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalzund Sachsen. 56 Bayern und Rheinland-Pfalz. 57 Bremen und Schleswig-Holstein. 58 Landesgesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 12.12.1991 (GBI. S. 848).

132

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

den müssen59 • Das gemeinsame Anhörungsverfahren vermeidet überflüssigen Verwaltungsaufwand und wird zudem dem integrativen Ansatz der Umweltverträglichkeitsprüfung gerecht, indem er die unterschiedlichen fachrechtlichen Gesichtspunkte gut erfaßt. Sofern allerdings eine oberste Landesbehörde zum Kreis der Zulassungsbehörden gehört, übernimmt diese die Aufgaben der federführenden Behörde, § 14 Abs. 2 Nr. 2 BaWüUVPG. Im Freistaat Bayern ist die federführende Behörde auch für die Aufgaben nach§§ 6 bis 9 UVPG zuständig, sofern diese Aufgaben nicht im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren von der sonst zuständigen Zulassungsbehörde wahrgenommen werden, § 2 Satz 2 BayrUVPV060 . In der Hauptstadt Berlin kann die federführende Behörde auch Aufgaben nach den §§ 7 bis 9 BerlUVPG61 übernehmen. Zudem ist eine Verfahrenskonzentration in§ 3 Abs. 2 BerlUVPG angeordnet. Im Stadtstaat Bremen hat sich die zuständige Behörde62 bei der Zulassungsentscheidung mit dem Senator für Umweltschutz und Stadtentwicklung hinsichtlich der Aufgaben nach §§ 5, 9, 11 und 12 UVPG ins Benehmen zu setzen63 . In Hessen ist die federführende Behörde auch für die Aufgaben nach §§ 6 bis 9 UVPG zuständig64. In Mecklenburg-Vorpommern ist die federführende Behörde auch für die Aufgaben nach§§ 6 bis 9 UVPG zuständig, § 2 MeVorpUVPV065 . In Nordrhein-Westfalen nimmt die federführende Behörde auch die Aufgaben nach §§ 7 bis 11 UVPG wahr66 •

59 Zur Bundesregelung krit. : Dohle, NVwZ 1989, 6fJ7, 703; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 1000. Zur Landesregelung: Wil/ner, VBIBW 1992, 281, 285 f. 60 Verordnung zur Bestimmung der federführenden Behörde und ihrer Aufgaben gemäß § 14 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 24.07.1990 (GVBI. S. 254, ber. S. 384). 61 Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 21.07.1992 (GVBI. S. 234). 62 Nach der Diktion des § 14 UVPG zutreffenderweise die Zulassungsbehörde. 63 Gemeinsamer Erlaß des Senators für Umweltschutz und Stadtentwicklung, des Senators für das Bauwesen, des Senators für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie und des Senators für Häfen, Schiffahrt und Außenhandel über die Zusammenarbeit bei der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen vom 19.08.1992 (ABI. S. 103). 64 Anordnung über die Zuständigkeit zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Zulassung eines Vorhabens durch mehrere Behörden vom 20.07.1990 (GVBI. S. 421). 65 Verordnung über die federführende Behörde nach § 14 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 23.07.1992 (GVOBI. S. 483).

II. Konkurrenzlagen bei der Durchführung der UVP

133

In Rheinland-Pfalz ist die federführende Behörde für die Aufgaben nach §§ 5, 11 UVPG zuständig, § 2 Satz 1 RhPfUVPV067 . Sie ist zudem auch für die Aufgaben nach §§ 6 bis 9 UVPG zuständig, sofern diese nicht von der sonst zuständigen Zulassungsbehörde im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren wahrgenommen werden,§ 2 Satz 2 RhPfUVPVO. Im Saarland ist die federführende Behörde auch für die Aufgaben nach §§ 6 bis 9 UVPG zuständig, § 2 RhPfUVPVQ68. Im Freistaat Sachsen ist die federführende Behörde zudem für die Aufgaben nach §§ 6 bis 9 UVPG zuständig, wobei sie die Aufgaben nach §§ 7 und 8 UVPG auf eine der Zulassungsbehörden zurückübertragen kann, § 1 SächsUVPVwV69. In Schleswig-Holstein ist die federführende Behörde auch für die Aufgaben nach§§ 6 bis 9 UVPG zuständig, § 2 SchlHUVPV070. Soweit von der Ermächtigung des § 14 Abs. 1 Satz 2 UVPG Gebrauch gemacht wurde, sind gleichwohl nur solche Schritte der Umweltverträglichkeitsprüfung betroffen, die der Vorbereitung des Bewertungsverfahrens dienen. Diese Aufgaben kann die federführende Behörde in eigener Zuständigkeit durchführen. Hingegen ist der Koordinationsbedarf durch die federführende Behörde in der eigentlichen Bewertung der Umweltauswirkungen und deren Berücksichtigung in der Zulassungsentscheidung beträchtlich größer. Ebendiese Schritte werden allerdings von der Zulassungsbehörde in eigener Zuständigkeit ausgeführt, § 14 Abs. 2 Satz 1 UVPG. Das UVPG hält sich damit in den notwendigen Grenzen der Gesetzgebungskompetenz. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die meisten Bundesländer auch die Aufgaben nach §§ 6 bis 9 UVPG der federführenden Behörde übertragen haben71 . Einzelne Länder haben der federführenden Behörde nur die Aufga66 Landesgesetz zur Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten vom 29.04.1992 (GV. NRW S. 175). 67 Verordnung über die federführende Behörde nach § 14 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 28.07.1992 (GVBI. S. 279). 68 Verordnung über die Zuständigkeiten nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 22.01.1991 (ABI. S. 166). 69 Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landesentwicklung über die Regelung der Zuständigkeiten bei der Durchführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 19.09.1991 (ABI. Nr. 34 S. 19). 70 Verordnung über die federführende Behörde nach § 14 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 15.01.1991 (GVOBI. S. 67). 71 Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Schleswig-Holstein.

134

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

ben nach §§ 7 bis 9 UVPG übertragen72 • Zum Teil kann die federführende Behörde die zusätzlichen Aufgaben nur dann in eigener Zuständigkeit ausführen, wenn diese nicht ohnedies von einer anderen Behörde wahrgenommen werden73 . Dies wird in Parallelverfahren freilich durchgehend der Fall sein. Zum Teil muß sich die Zulassungsbehörde auch bei der Zulassungsentscheidung mit der federführenden Behörde ins Benehmen setzen74 •

111. Anwendungsfälle 1. Genehmigung von Industrievorhaben nach§§ 4, 15 BlmSchG,

Nr. 1 der Anl. zu§ 3 UVPG a) Zuständigkeit

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ergibt sich aus dem Landesrecht. Nach der BaWüBimSchGZuVO ist regelmäßig die untere Verwaltungsbehörde und das Gewerbeaufsichtsamt, teils das Regierungspräsidium zuständig. Für die Zulassung von Kühltürmen gemäß Ziff. 1.7 Sp. 1 im Anh. zur 4. BimSchV kann das Umweltministerium zuständig sein. Die für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren zuständige Behörde ist auch für die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung zuständig. Nur im Falle von Parallelverfahren ist die federführende Behörde zumindest für die Unterrichtung des Vorhabenträgers und die zusammenfassende Darstellung zuständig. Die Bestimmung der federführenden Behörde obliegt dem Landesrecht, § 14 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Da die Zulassung von Industrieanlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz den Großteil der UVP-pflichtigen Verfahren ausmacht, ist es sinnvoll, die Immissionsschutzbehörde als federführende Behörde zu bestimmen75 • Die hierzu ergangenen Regelungen der Bundesländer sind überaus unterschiedlich.

72

Berlin und Nordrhein-Westfalen.

73 74

Bayern und Rheinland-Pfalz. Bremen.

75

Gallas, UPR 1991, 214, 216.

III. Anwendungsfälle

135

b) Anwendungsbereich

Gemäß § 3 UVPG i.V.m. Nr. 1 der Anlage zu § 3 UVPG bedarf die Errichtung und der Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage einer Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn die Anlage im Anhang zu Nr. 1 der Anlage zu § 3 UVPG aufgeführt und eine Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich ist. Anlagen, die in Spalte 2 des Anhangs zur 4. BlmSchV aufgeführt sind, sind demnach nicht UVP-pflichtig. Insgesamt gibt es nunmehr drei Gruppen von genehmigungsbedürftigen Anlagen: solche, die der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung mit eingeschlossener Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen, sowie Zulassungsverfahren für Anlagen im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nach § 4 BlmSchG oder im vereinfachten immissionsschutzrechtlichen Verfahren nach§ 19 BlmSchG76 • Erhebliche Schwierigkeiten bereitet die Anpassung des umfassenden Vorhabenbegriffs gemäß § 2 Abs. 2 UVPG an den immissionsschutzrechtlichen Anlagenbegrifr7 • Jener erfaßt auch nur Anlagenteile, wie etwa Hilfseinrichtungen, die nicht notwendig dem immissionsschutzrechtlichen, sondern anderen Zulassungsverfahren, wie etwa dem Baugenehmigungsverfahren unterliegen (ungleichartige Konkurrenz)78 . Andererseits sind parallele immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren für mehrere selbständige Anlagen eines Betriebs durchzuführen (gleichartige Konkurrenz)19 . Auf der anderen Seite können genehmigungsbedürftige Anlagenteile oder Nebeneinrichtungen gemäߧ 1 Abs. 4 4. BlmSchV zusamrnengefaßt werden. Das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren erfaßt vielfach nur einzelne technische Anlagen. Hingegen verlangt die EG-RL UVP, daß der Gesamtkomplex eines Projekts einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen wird. Daher ist vorgeschlagen worden, den immissionsschutzrechtlichen Anlagenbegriff auf das gesamte Vorhaben zu erstrecken, unabhängig von der Regelung des § 1 Abs. 2 4. BlmSchV80 . Der Vorhabenbegriff ist der umfassende, dem Projektbegriff der EG-RL UVP angeglichene Terminus. Der Umfang des Vorhabens ist abhängig von den Plänen des Anlagenerrichters und -betreibers. Die notwendigen immissionsschutzrechtlichen GenehmigungsverJarass, NuR 1991, 201, 203; Kretz, UPR 1994, 44, 46. Die Gemeinschaftsrechtskonformität verneinen: Erbguth, NVwZ 1988, 969, 974; ders./Schink, Komm. UVPG, § 12 Anm. 98; Winter, NuR 1989, 197, 199. 78 BVerwG, Urt. v. 15.11.1991 - 4 C 17.88 -, UPR 1992, 182. Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 12 Anm. 96; Jarass, UVP bei Industrievorhaben, 5-11, 24-28, 36; Kloepfer. UmwehR, § 7 Rn. 38-46; Püchel, UVP, 102 ff.; Schoeneberg, UVP, Rn. Rn. 55, 174. 76

77

Jarass , UVP bei lndustrievorhaben, 24-28. Jarass, Komm. BlmSchG, § 10 Anm. 12; Jarass, UVP bei Industrievorhaben, 35; Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 420; Winter, NuR 1989, 197, 199. 79

80

136

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

fahren werden dann zu einem einheitlichen Verfahren zusammengefaßt und es wird nur eine Genehmigung erteilt81. Der immissionsschutzrechtliche Anlagenbegriff ergibt sich aus § 4 BimSchG, den Antragsunterlagen und der 4 . BimSchV. Die Anlage bestimmt sich zunächst aus den vom Vorhabenträger vorgelegten Antragsunterlagen82. Unerwähnte Produktionsprozesse der Betriebsstätte zählen nicht zu der Anlage83 . Im wesentlichen ergibt sich der Anlagenbegriff aus der 4. BimSchV84 . In deren Anhang werden Komplexe, wie etwa ein Kraftwerk nach Ziff. 1.1 Sp. 1 im Anh. zur 4. BimSchV oder Industriezwecke, wie etwa Anlagen zum Brikettieren von Holz nach Ziff. 1.10 Sp. 1 im Anh. zur 4. BimSchV genannt. Im ersten Fall ergibt sich ein relativ weiter Anlagenbegriff. Im zweiten Fall ist er hingegen durch die Zweckbestimmung beschränkt. Im Zweifel ist der Umfang der Anlage eher weit abzustecken, da anderenfalls eine sachgerechte Beurteilung nicht zu erzielen ist und Friktionen mit Parallelverfahren entstehen können, wenn mehrere Einrichtungen desselben Industrieobjekts unterschiedlichen Regelungsverfahren unterliegen. Für eine weite Begriffsbestimmung spricht auch § 3 Abs. 5 Nr. 1 BimSchG, wonach die Betriebsstätte als solche die Anlage darstellt. Zur Anlage zählen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 4. BimSchV alle Anlagenteile und Verfahrensschritte, die zum Betrieb notwendig sind. Zur Anlage zählen gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 4. BimSchV alle Nebeneinrichtungen, die mit dem Anlagekern in räumlichem und betriebstechnischem Zusammenhang stehen und im Sinne von § 5 BimSchG immissionsschutzrechtlich relevant sind. Zur Anlage gehören Nebeneinrichtungen, die "mit dem eigentlichen Anlagekern in einem betrieblichen und darüber hinaus in einem räumlichen Zusammenhang stehen und für das Emissionsverhalten oder die Sicherheit der Anlage Bedeutung haben können"85. Der weite Anlagenbegriff gilt auch dann, wenn für die Nebeneinrichtung eine selbständige Genehmigung erforderlich ist. Hingegen beschränkt sich der Genehmigungsgegenstand aus § l3 BimSchG. Eine Ausnahme von dem im deutschen Verwaltungsrecht geläufigen Anlagenbegriff bilden etwa die in Anhang I Nr. 6 EG-RL UVP vorgesehenen "integrierten chemischen Anlagen". Der Gesetzgeber kam der UmsetzungsJarass, UVP bei Industrievorhaben, 30, 36. BVerwG, Urt. v. 15.11.1991 - 4 C 17.88 -, UPR 1992, 182, 183, Urt. v. 20.08.19924 C 57.89-, GewArch 1993, 36 und Beschl. v. 29.10.1992-4 B 103.92-, GewArch 1993, 84, 85. 83 VGH Mannheim, Urt. v. 29.10.1991- 10 S 405.90-, VBIBW 1991, 375, 376. 81

82

84

BVerwG, Urt. v. 06.07.1984-7 C 71.82-, E 69, 351, 354.

BVerwG, Urt. v. 06.07.1984-7 C 71.82 - , E 69, 351, 355 f., Urt. v. 04.07.1988-7 C 88.87- , E 80, 21,27 und Urt. v. 15.11.1991-4 C 17.88 -, UPR 1992, 182. 85

111. Anwendungsfalle

137

pflichtdurch den Begriff des "verfahrenstechnischen Verbunds" nach, Nr. 14 im Anh. zu Nr. 1 der Anl. zu § 3 UVPG. Erst den Materialien zur Gesetzgebung ist eine nähere Eingrenzung zu entnehmen86 : Mit diesem Anlagenbegriff sollen nur die "großen Werkskomplexe der Chemie" erfaßt sein, nicht aber Einzelanlagen. Vom verfahrenstechnischen Verbund nicht erfaßt sind die Verbindung durch zentrale Dampfleitungen87 , der Rohstoffverbund88 und der Reststoffverwertungsverbund89 . Angesichts dessen ist der Anlagenverbund doch wieder erheblich eingeschränkt. Er grenzt sich auch gegenüber der Verbindung mehrerer Chemieanlagen in Nr. 4.1 im Anhang zur 4. BimSchV90 und von dem Anlagenbegriff in§ 1 Abs. 3 Satz 1 4. BimSchV ab, wonach mehrere Anlagen immissionsschutzrechtlich eine Anlage bilden. Eine nach dem Wortlaut naheliegende Verfahrenskonzentration läßt sich für chemische Anlagen nicht nachweisen. Der Begriff des Verfahrensverbunds darf mithin als überaus schillernd und stark abhängig von den tatsächlichen Gegebenheiten bezeichnet werden. Eine Anlage, die innerhalb eines größeren Industriekomplexes gelegen ist, ihre Roh- und Einsatzstoffe aber von außerhalb bezieht und ihr Endprodukt über ein Lager ohne dortige Verarbeitung nach außen abgibt, dürfte wohl nicht einen Verbund mit den übrigen Anlagen des Komplexes darstellen91 . Das Bundesverwaltungsgericht hat zu einem atomrechtlichen Genehmigungsverfahren nach § 7 Abs. 1 AtG entschieden, daß einzelne nachgeordnete Anlagen, wie etwa ein Brennelementeingangslager durch Auslagerung in einem räumlich weit entfernten Standort betrieblich mit der Folge verselbständigt werden kann, daß er nicht mehr zum atomrechtlichen Anlagenbegriff zählt92 • Nach der jüngsten Gesetzesänderung durch das Investitionserleichterungsund Wohnbaulandgesetz93 unterliegen auch ortsfeste Abfallentsorgungsanlagen dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, §§ 7 Abs. 1 Satz 1 AbfG, 4 Abs. 1 Satz 1 BimSchG. Nur für Anlagen zur Ablagerung von Abfällen (Deponien) bleibt es beim prinzipiellen Planfeststellungsverfahren, 86 So entnommen aus: Beschlußempfehlung des Ausschusses for Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 07.11.1989 in: BT-Drs. 1115532, S. 17, 32, 41. Zu diesem fragwürdigen Vorgehen: Gallas, UPR 1991, 214, 216. 87 Versorgung der Anlagen mit Dampf oder Abspeisung von Abwärmedampf. 88 Versorgung mehrerer Anlagen im Verbund mit wesentlichen Grundstoffen über zentrale Rohstoffversorgungsleitungen. 89 Abhängige Produktionsanlagen mit dem Ziel der Reststoffverwertung oder der Verwertung von Nebenprodukten. 90 Gemeinsamer zentraler Dampf-, Rohstoff. oder Reststoffverbund. 91 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 3 Anm. 6. 92 BVerwG, Urt. v. 04.07.1988- 7 C 88.87 -, E 80, 21, 24.

93 Gesetz zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland vom 22.04.1993 (BGBI. I S. 466).

138

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

§ 7 Abs. 2 AbfG, soweit nicht eine Plangenehmigung nach § 7 Abs. 3 Satz 1 AbfG in Betracht kommt, die der Konzentrationswirkung des § 13 BimSchG unterliegt94 • Hieraus ergibt sich eine wesentliche Änderung in materiellrechtlicher Hinsicht.

Insgesamt läßt sichtrotz der aufgezeigten Begriffsdifferenzen doch feststellen, daß -jedenfalls der immissionsschutzrechtliche Anlagenbegriff- als solcher nicht der Wahrung des integrativen medienübergreifenden Ansatzes entgegensteht. Eine wesentliche Erweiterung des Anwendungsbereichs erfolgte insbesondere durch die jüngsten Gesetzesänderungen. Hiernach unterfallen dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren auch Abfallentsorgungsanlagen mit Ausnahme der Abfalldeponien sowie in Industrieanlagen integrierte Abfallbehandlungsanlagen. c) Genehmigungsvoraussetzungen

Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für genehmigungspflichtige Anlagen im Sinne der §§ 3 Abs. 5, 4 BimSchG ist zu erteilen, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 BimSchG erfüllt sind. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz folgt dem Modell des präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt oder der sogenannten Kontrollerlaubnis95 . Die Genehmigung ist folglich zu erteilen, wenn sichergestellt ist, daß die Betreiberpflichten des § 5 Abs. 1 BimSchG und die sich aus den aufgrund § 7 BimSchG ergangenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten erfüllt sind und andere öffentlichrechtliche Vorschriften sowie Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen, § 6 BimSchG. Vielfach wird angeführt, daß der Prüfungs- und Entscheidungsrahmen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht geeignet sei, sämtliche Umwelteinwirkungen und die Wechselwirkungen im Sinne der Umweltverträglichkeitsprüfung abzudecken96 . Hieran habe sich auch nichts durch die 1990 erfolgte Novellierung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes geändert97 • 94 Ebling, 245; Hösellv. Lersner, RdA, § 7 Anrn. 26; Kretz, UPR 1994, 44-51; Kutscheidt, NVwZ 1994, 209; Müllmann, DVBI. 1993, 637, 638; Schwermer in: Kunig/Schwerrner/ Versteyl, Komm. AbfG, § 7 Anrn. 63. 95 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 12 Anrn. 35-38; Hoppe/Beckmann, UmweltR, § 8 Rn. 25; Kloepfer, UmweltR, § 4 Rn. 45 und § 7 Rn. 48.

96 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, § 12 Anrn. 99 zum BlmSchG a.F.; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 999; Weber, UPR 1988, 206, 213; ders.!Hellmann, NJW 1990, 1625, 1631. And. Ans.: Feldmann, UPR 1991, 127, 130 f.; Peters, VBffiW 1989, 325, 327; Ziegler, NJW 1991, 409. 97 Erbguth!Schink, Komm. UVPG, Rn. 8 v. §§ 5-12; dies., EuZW 1990, 531, 535; dies., DVBI. 1991, 413, 418; Schink, DÖV 1993, 725, 736. And. Ans.: Feldmann, UPR 1991 , 127,

111. Anwendungsfälle

139

Tatsächlich dürfte sich das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren aufgrund der erheblichen Erweiterung im Schutzzweck des Gesetzes in § 1 BimSchG und des Immissionsbegriff nach § 3 Abs. 2 BlmSchG verändert haben. Im Zulassungsverfahren können nach §§ 6, 5 Abs. I BimSchG die Umweltauswirkungen des Vorhabens durch die gemäß §§ I, 2 BimSchG gebotene medienübergreifende Prüfung berücksichtigt werden. Auch die Wechselwirkungen lassen sich jedenfalls in Parallelverfahren berücksichtigen. Zumal durch die Öffnungsklausel des § 6 Nr. 2 BimSchG wird die Zulassungsbehörde ermächtigt, parallele, fachfremde Belange mit zu berücksichtigen. Der weite Prüfungsumfang schlägt sich indessen nicht in dem Regelungsgehalt der Entscheidung nieder. Gleichwohl ist damit gesichert, daß sämtliche Umweltmedien in der Prüfung berücksichtigt werden können. Mit der Öffnungsklausel ist die Genehmigungsbehörde ermächtigt, auch fachfremde Belange zu berücksichtigen, wenn und soweit deren Überprüfung nicht einem eigenständigen Verfahren vorbehalten ist, das mit einer verbindlichen Entscheidung abschließt. Nun ist die Umweltverträglichkeitsprüfung nach der gesetzgeberischen Entscheidung ein unselbständiges Verfahren. Gerade für medienübergreifenden Ansätze steht kein eigenständiges Verfahren zur Verfügung. Daher ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbehörde gehalten, neben den fachmedialen auch die übermedialen Umweltauswirkungen eines Vorhabens zu überprüfen und in der Zulassung zu berücksichtigen. Einzelheiten des förmlichen wie des vereinfachten Genehmigungsverfahren regelt die Genehmigungsverfahrensverordnung. § 1 a der 9. BimSchV enthält eine an § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG angelehnte Formulierung über Inhalt und Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung98 . Hiernach ist die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung bezogen auf die "für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen sowie der für die Prüfung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bedeutsamen Auswirkungen einer UVPpflichtigen Anlage auf [ ... ]" die im einzelnen aufgeführten Umweltmedien. Trotz § 1 a 9. BimSchV ergibt sich der Prüfungsmaßstab des Genehmigungsverfahrens allein aus § 6 BimSchG99 • Die Prüfung der Umweltverträglichkeit wird im Hinblick auf die in § 6 BlmSchG normierte Verpflichtung, die Errichtung und den Betrieb einer Anlage bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen zu genehmigen, nur insoweit für zulässig gehalten, als dies für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen von Bedeutung ist. Damit wird 130 f.; Jarass, Komm. BlmSchG, § 6 Anm. 10; Gallas, UPR 1991, 214, 218; Rebentisch, NVwZ 1992, 926, 927; Vallendar, UPR 1992, 212, 214. 98 Dazu: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Art. 4 Anm. 9; Gallas, UPR 1991, 214, 217; Rebentisch, NVwZ 1992, 926, 927; Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 418. 99 Vgl.: Jarass, Komm. BlmSchG, § 10 Anm. 11; Rebentisch, NVwZ 1992, 926, 927, 931. Krit. : Schink/Erbguth, DVBI. 1991, 413, 418.

140

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

ausgeschlossen, daß in die Umweltverträglichkeitsprüfung alle von der Anlage ausgehenden Umweltbeeinträchtigungen einbezogen werden100 • Die aufgrund immissionsschutzrechtlicher Vorschriften durchzuführende Umweltverträglichkeitsprüfung kann sich daher nicht auf Aspekte der Umweltverträglichkeit erstrecken, die nach wasserrechtlichen Vorschriften zu prüfen sind. Diese Regelung steht im Einklang mit der allgemeinen Problematik in parallelen Verfahren. Die Fachbehörde ist in ihrem fachgesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereich allein zur verbindlichen Entscheidung berufen. Hieran schließt sich die vom Regelungsgehalt des Verwaltungsakts ausgehende Bindungswirkung für die anderen Behörden an101 • Dies gilt auch im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren. In § 6 Nr. 2 BlmSchG sind die Genehmigungsvoraussetzungen zwar nicht fachbehördlich beschränkt, sondern kompetenzüberschreitend angelegt. Diese .,überschießende" Prüfungspflicht berechtigt indessen nicht zur auch andere Behörden bindenden Entscheidung über fachfremde Belange. Eine Prüfungspflicht besteht hinsichtlich fachfremder Belange nur insoweit, als diese nicht ohnedies Gegenstand eines anderen selbständigen Verfahrens sind. Von hieraus erklärt sich auch die ausdrückliche Erwähnung der natur- und landschaftsschutzrechtlichen Belange in § 2 a der 9. BlmSchV, die gerade keinem eigenständigen Verfahren überantwortet sind. Die Regelung steht zudem im Einklang mit der EG-RL UVP wie auch dem UVPG, wonach sich die Umweltverträglichkeitsprüfung am fachgesetzlichen Prüfungsrahmen zu halten hat 102 . Zu den außer-immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen gehören Vorschriften des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts, teils Vorschriften des Straßen-, Abfall-, Wasserrechts, sowie des Natur- und Landschaftsschutzrechts. Auf der anderen Seite handelt es sich bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung um eine Sachkonzession, nicht aber um eine Personalkonzession, sodaß Vorschriften, die auf die Person des Antragstellers verweisen, nicht mitzuprüfen sind 103 • Unzuverlässiges Personal kann allerdings einen Verstoß gegen Betreiberpflichten darstellen und sowohl eine nachträgliche Anordnung, § 17 BlmSchG, wie eine Untersagungsverfügung, § 20 Abs. 3 Satz 1 BlmSchG104 , rechtfertigen. BR-Drs. 494/91, S. 48. Lämmie, Konkurrenz, 106, 131. 102 Erbguth!Schink., Konun. UVPG, Art. 4 Arun. 9; Schoeneberg, UVP, Rn. 55. 103 Zu der Unterscheidung: Kloepfer, UmweltR, § 4 Rn. 39 und§ 7 Rn. 65; Ebling, 91-94. 104 OVG Saarlouis, Beschl. v. 21.12.1984- 1 W 1309.84 -, UPR 1985, 247, 248. Jarass, Konun. BlmSchG, § 20 Arun. 31. Zur Kontroverse Fischer/Hoechst: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 81 vom 06.04.1993, S. 15 f. 100 101

111. Anwendungsfalle

141

Die Zulassung ortsfester Abfallentsorgungsanlagen unterliegt nunmehr dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, §§ 7 Abs. l Satz l AbfG, 4 Abs. 1 Satz 1 BlmSchG. Durch die Änderung bedingt war die Aufnahme der Abfallentsorgungsanlagen in Nr. 27 im Anhang zu Nr. 1 der Anlage zu § 3 UVPG, während sich Nr. 4 der Anlage zu § 3 UVPG nurmehr auf Abfalldeponien beschränkt. Zudem werden Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfallen im Sinne des § 2 Abs. 2 AbfG i.V.m. der AbfBestV in Ziff. 8.10 Sp. 1 im Anh. zur 4. BlmSchV aufgeführt. Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung anderweiter Abfalle im Sinne der Ziff. 8.11 Sp. 2 im Anh. zur 4. BlmSchV werden kaum UVPpflichtig werden105. Aus dieser Änderung ergibt sich eine wesentliche Neuerung in materieller Hinsicht. Bislang unterlagen die Abfallentsorgungsanlagen einem Planfeststellungsverfahren mit entsprechender Abwägungsprärogative, § 7 Abs. 1 AbfG a.F. Nach geltendem Recht unterliegt ihre Zulassung dem strikten Genehmigungstatbestand der §§ 6, 5 BlmSchG. Der Vorhabenträger hat somit einen Anspruch auf Genehmigungserteilung, wenn die Zulassungsvoraussetzungen vorliegen 106 • Demgegenüber konnte der Antragsteller nach bisherigem Recht -sofern keine zwingenden Versagungsgründe vorlagen- nur eine planermessensfehlerfreie Entscheidung verlangen107 • Durch die Gesetzesänderung läßt sich wohl von einem "materiellrechtlich begründeten Beschleunigungseffekt" sprechen108 • d) Genehmigungswirkung

Der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist die eingeschränkte Konzentrationswirkung des § 13 Satz 1 BlmSchG zu eigen. Aus Gründen der Beschleunigung und Vereinfachung der behördlichen Verfahren im Interesse des Antragstellers werden andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen eingeschlossen. Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren ist daher vor allem über baurechtliche Vorschriften mit zu entscheiden. Wenn dem Vorhaben baurechtliche Vorschriften entgegenstehen, ist die Genehmigung zu versagen, auch wenn das Vorhaben nach den Regelungen des

105

Zu den Anlagen i.e.: Schink, DÖV 1993, 725, 727.

Jarass, Komm. BlmSchG, § 6 Anm. 19; Kloepfer, UmweltR, § 7 Rn. 48. 107 Hoppe/Beckmann, UmweltR, § 28 Rn. 80; Kloepfer, UmweltR, § 12 Rn. 127; Ronellenfitsch, DÖV 1989, 737, 746; Schwermer in: Kunig/Schwermer/Versteyl, Komm. AbfG, § 8 106

Anm. 10. Offengelassen, aber in der Tendenz gleichermaßen: BVerwG, Beschl. v. 20.12.1988 7 NB 2.88 -, DVBI. 1989, 512, 514. 108

Schmidi-Preuß, DV 1993, 489, 513. Dazu auch: Müllmann, DVBI. 1993, 637, 641 f.

142

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

Bundes-Immissionsschutzgesetz unbedenklich ist 109 • Anderenfalls ist die Genehmigung zu erteilen. Teils ersetzt die verdrängte Genehmigung ihrerseits eine anderweit erforderliche Genehmigung. In diesem Fall erstreckt sich die Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auch auf die anderweit erforderliche Genehmigung (Kettenkonzentration). Die von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erfaßte Baugenehmigung macht eine anderenfalls erforderliche Sondernutzungserlaubnis nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BaWüStrG überflüssig 110. Aufgrund der Anlagenbezogenheil der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sind hingegen personenbezogene Entscheidungen von der Konzentrationswirkung nicht erfaßt. Zu Parallelverfahren im Rahmen von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren kommt es daher, wenn andere Zulassungen für das Vorhaben erforderlich sind und diese nicht von der eingeschränkten Konzentrationswirkung des § 13 BlmSchG erfaßt werden. Insgesamt werden von der Konzentrationswirkung des § 13 Satz 1 BlmSchG erfaßt - Genehmigung von Vorhaben mit baulichen Anlagen, §§ 30 bis 35 BauGB, - Genehmigung von Anlagen zum Umgang mit wassergefahrdenden Stoffen, § 19 f WHG, - wasserrechtliche Eignungsfeststellungen für Vorhaben mit Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, § 19 h WHG, - gewerberechtliche Erlaubnisse nach der Dampfkesselverordnung, der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten und der Acetylenverordnung für Vorhaben mit überwachungsbedürftige Anlagen, - Genehmigung von Abfallentsorgungsanlagen und Plangenehmigung von Abfalldeponien mit Ausnahme der Planfeststellung von Abfalldeponien, § 7 Abs. 1 AbfG, - sprengstoffrechtliche Genehmigungen für Vorhaben mit Lagern für explosionsgefahrliehe Stoffe, § 17 Abs. 1 SprG,

109 So für die - seinerzeit - gewerberechtliche Genehmigung: BVerwG, Beschl. v. 10.07.1964- TB 43.64 -, GewArch. 1964, 244, 245. Desgleichen für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung: BVerwG, Urt. v. 15.12.1989-4 C 36.86-, E 84,209,214. 110

VGH Mannheim, Urt. v. 29.09.1988- 5 S 1237.88 -, NVwZ 1989, 687, 688.

143

III. Anwendungsfälle

- naturschutzrechtliche Genehmigungen, Erlaubnisse, Ausnahmen und Befreiungen, § 8 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG, sowie - forstrechtliche Genehmigungen für Waldumwandlungen, § 9 Abs. 1 BWaldG. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wird ihrerseits ersetzt bei: - Genehmigung kerntechnischer Anlagen, §§ 7, 8 Abs. 2 AtG, - Planfeststellungsbeschluß für Abfalldeponien, § 7 Abs. 2 Satz 1 AbfG und - Planfeststellungsbeschlüssen, §§ 75 Abs. BBahnG, 52 Abs. 2 a BBergG.

1 Satz 1 VwVfG, 36

Folglich können einzelne Vorhaben parallelen Zulassungsverfahren unterliegen, wenn sie weder von der immissionsschutzrechtlichen noch von der im Parallelverfahren angeordneten Konzentrationswirkung erfaßt werden, insbesondere durch räumliche Aufteilung eines einheitlichen Vorhabens in mehrere Anlagen: - wasserrechtliche Erlaubnisse und Bewilligungen für Vorhaben mit Gewässerbenutzung, §§ 7, 8 WHG, - atom- und strahlenschutzrechtliche Genehmigungen für Vorhaben mit Umgang mit radioaktiven Stoffen, §§ 6, 7 AtG, - bergrechtliche Betriebsplanzulassungen, die für ein Vorhaben erforderlich sind, §§52 Abs. 2 a, 57 a BBergG, 4 Abs. 2 BlmSchG, - energiewirtschaftliche Anzeige bei Energieversorgungsuntemehmen, §§ 4 Abs. 1 EnWiG, 13 Satz 2 BlmSchG sowie - gentechnische Genehmigung bei gentechnischen Anlagen, §§ 8, 14, 22 Abs. 1 GenTG. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung schließt wasserrechtliche Erlaubnisse und Bewilligungen nach §§ 7, 8 WHG nicht ein. Hingegen ist die wasserrechtliche Eignungsfeststellung nach § 19 h WHG in das immissionsschutzrechtliche Zulassungsverfahren einbezogen. Die Genehmigung schließt Entscheidungenaufgrund wasserrechtlicher Vorschriften ein, die einen unmittelbaren Bezug zur technischen Ausgestaltung der Anlage einschließlich ihrer Nebeneinrichtungen aufweisen. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung kann vor der wasserrechtlichen Entscheidung ergehen. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung kann mit dem Vorbehalt einer nachträglichen wasserrechtlichen Auflage versehen werden, § 13 Satz 1 letzter Halbs. BlmSchG. Im allgemeinen soll der Genehmigungsbescheid den Hinweis enthalten, daß

144

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

diese unbeschadet der behördlichen Entscheidungen ergeht, die nach § 13 BimSchG nicht von der Genehmigung eingeschlossen werden, § 21 Abs. 2 Nr. 1 9. BimSchV. Der Prüfungs- und Entscheidungsumfang der immissionsschutzrechtlichen Zulassungsbehörde beschränkt sich dann inhaltlich auf die prinzipielle Vereinbarkeit des Vorhabens mit wasserrechtlichen Vorschriften111. Die Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vermag daher, insbesondere auch in Verbindung mit anderweiten Verfahren, die Bewertung und Berücksichtigung der Umweltauswirkungen eines Vorhabens in Parallelverfahren im Sinne des integrativen Ansatzes hinreichend nachzukommen. Soweit sich der immissionsschutzrechtliche Anlagenbegriff im Hinblick auf die Umweltverträglichkeitsprüfung als im Einzelfall zu eng erweisen sollte, wird sich in Parallelverfahren über die Beteiligungserfordernisse des§ 14 UVPG ähnliches ergeben.

2. Genehmigung von kerntechnischen Anlagen nach § 7 AtG, Nr. 2 der Anl. zu§ 3 UVPG, Nr. 2 im Anh. zu Nr. 1 der Anl. zu § 3 UVPG a)

Zuständigkeit

Die Ausführung des Atomgesetzes erfolgt nur in begrenztem Umfang in bundeseigener Verwaltung, §§ 22-24 AtG. Im übrigen ergeht die Ausführung im Landesvollzug in Bundesauftragsverwaltung, Art. 87 c GG i. V .m. § 24 Abs. 1 Satz 1 AtG. Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 AtG ist die oberste Landesbehörde zuständig. In Baden-Württemberg ist dies gemäß der BaWüAtGZuVO das Wirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Umweltministerium. Erhebliche Zuständigkeitsprobleme bei der Zulassung von nuklearbezogenen Vorhaben ergeben sich aus dem Umstand, daß der Kühlturm nur dann zur atomrechtlichen Anlage zählt, wenn er mit ihr in einem sicherheitstechnischen Zusammenhang steht. Soweit das nicht der Fall ist, kommt das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren zur Anwendung, Ziff. 1.7 Sp. 1 im Anh. zur 4 . BimSchV. Die Zuständigkeitsregelung ergibt sich des weiteren aus dem Landesrecht. In Baden-Württemberg ist somit für die Zulassung eines Kernkraftwerks im Sinne der Nr. 3 des Anhangs I der EG-RL UVP das Wirt-

111 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum InvEriWoBauLandG in: BT-Drs. 12/3944, s. 53.

lU. Anwendungsfälle

145

Schaftsministerium112 , für die Zulassung des Kühlturms wiederum das Umweltministerium113 zuständig. Für die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung findet sich wieder eine Sonderregelung in§ 14 Abs. 2 Nr. 3 BaWüUVPG. Hiernach ist das Wirtschaftsministerium federführende Behörde für das nukleartechnische Gesamtvorhaben unabhängig von der Frage, ob der Kühlturm zur atomrechtlichen Anlage zählt oder nicht. Zwar handelt es sich bei ortsfesten kerntechnischen Anlagen114 und Kühltürmen115 um formalrechtlich verschiedene Vorhaben, die aber im Sinne einer Wahrung der ökologischen Gesamtbetrachtung in § 14 BaWüUVPG zusammengefaßt werden. Eine entsprechende Regelung fmdet sich im Freistaat Sachsen. Unabhängig von der formalrechtlichen Einordnung ist das Staatsministerium für Umwelt federführende Behörde für die Umweltverträglichkeitsprüfung im Verfahren für kerntechnische Anlage und Kühlturm, § 2 Abs. 2 SächsUVPVwV. b) Anwendungsbereich

In parallelen Verfahren ergeben sich stets in verwaltungsverfahrensrechtlicher Hinsicht vielfältige Schwierigkeiten, wenn mehrere Anlagen eines einheitlichen Vorhabens desselben räumlichen Bereichs mehreren fachlich gleichgerichteten Verfahren unterliegen116• Der Anlagenbegriff des § 7 Abs. 1 AtG ist weder im Atomgesetz noch in der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung hinreichend konkretisiert. Er ist deshalb durch Auslegung zu ermitteln. Im Atomrecht gilt ein weitgefaßter Anlagenbegriff117, der durch den nuklearspezifischen Gefahrenbegriff geprägt wird. In atomrechtlicher Hinsicht unterliegt auch eine Gesamtanlage dem einheitlichen Anlagenbegriff, soweit sie nur durch denselben Arbeitsprozeß verbunden ist118 • Der Anlagenbegriff ist 112 § 1 Abs. 1 BaWüAtGZuVO - Verordnung der Landesregierung über Zuständigkeiten nach dem Atomgesetz vom 25.04.1983 (GBI. S. 186). 113 § 1 Abs. 1 Nr. 1 BaWüBimSchGZuVO - Verordnung des Umweltministeriums, des Wirtschaftsministeriums, des Sozialministeriums und des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und den nach diesem Gesetz ergangenen Rechtsverordnungen vom 23.10.1991 (GBI. S. 691). 114 Im Sinne der Nr. 2 der Anlage zu§ 3 UVPG. 115

Im Sinne der Nr. 2 im Anhang zu Nr. 1 der Anlage zu § 3 UVPG.

116

BVerwG, Urt. v. 04.07.1988- 7 C 88.87 -, E 80, 21, 23.

Gerhardt, DVBI. 1989, 125, 130 f.; Rupp, DVBI. 1989, 345, 346 f. BVerwG, Urt. v. 19.12.1985- 7 C 65.82 - , E 72, 300, 329 und Urt. v. 04.07.1988- 7 C 88.87 -, E 80, 21, 23. 117 118

10 Lande!

146

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

zudem von sicherheitstechnischer Art. Zu einer atomrechtlichen Anlage gehören daher auch die in räumlichem und betrieblichem Zusammenhang mit dem Arbeitsprozeß stehenden Eingangslager sowie Anlagenwache und Außenzaun119. Neben dem Anlagenkern zählen auch Nebeneinrichtungen zum Anlagenbegriff, soweit sie die aufgezeigten Voraussetzungen erfüllen. Ein Kühlturm ist dann nicht Teil der atomrechtlichen Anlage, wenn er in keinem sicherheitstechnischen Zusammenhang mit der Kernspaltanlage steht120 . In dem weiten atomrechtlichen Anlagenbegriff sind im Einzelfall auch Überschneidungen angelegt. Diese sind in Kauf zu nehmen, um zu vermeiden, daß einzelne Auswirkungen "zwischen die Begriffe" fallen. "Überschneidungen sind unter dem Gesichtspunkt des nuklearen Gefahrenschutzes unschädlich, während Lücken schädlich und nicht verantwortbar wären" 121 . Der weite atomrechtliche Anlagenbegriff zeigt sich daher für die Aufnahme der Umweltverträglichkeitsprüfung besonders geeignet. c) Genehmigung Das atomrechtliche Genehmigungsverfahren ist durch einen weiten Genehmigungsmaßstab und durch das Versagungsermessen gekennzeichnet, § 7 Abs. 2 Nr. 6 AtG. Hiernach sind auch nicht-nukleare Auswirkungen in die Analyse einzubeziehen122 . Der Rekurs auf die Umweltauswirkungen erlaubt eine Genehmigungsversagung auch dann, wenn die Umweltauswirkungen in den einzelnen Umweltbereichen zwar die jeweiligen Höchstbelastungsgrenzen nicht erreichen, in ihrer Gesamtheit jedoch erheblich sind123 . Defizitär wird allenfalls die unzureichende Standortbewertung erachtet124. Die Ergebnisse einer Umweltverträglichkeitsprüfung lassen sich zudem über den Maßstab der Schadensvorsorge in § 7 Abs. 2 Nr. 3 UVPG berücksichtigen125. Am atomrechtlichen Genehmigungsverfahren ist indes die eingeschränkte Konzentrationswirkung des § 8 Abs. 2 Satz 1 AtG nachteilhaft, die nur die immissionsschutzrechtliche Genehmigung einschließt126 . Offen bleiben danach die Regelungen des Wasser-, Luftverkehrs-, Forst-, Wald- und Straßenrechts. 119

BVerwG, Urt. v. 04.07.1988- 7 C 88.87 -, E 80, 21, 28 f .

120

BVerwG, Urt. v. 04.07.1988-7 C 88.87 -, E 80, 21, 26.

121

BVerwG, Urt. v. 04.07.1988- 7 C 88.87 -, E 80, 21, 25.

Seihen, Bindungswirkung, 372. Ziff. 2.3.3. EntwUVPVwV. Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Art. 3 Anm. I; Steinberg, DVBI. 1988, 995, 999. 124 Kloepfer, UmweltR, § 8 Rn. 40. 125 Peters, NuR 1990, 103, 104. 126 Kloepfer, UmweltR, § 8 Rn. 41, 55. 122 123

III. Anwendungsfälle

147

Diese parallel zuständigen Behörden sind zudem bei der Bewertung der ihrem Fachressort unterliegenden Belange nicht an die Auffassung der Atomrechtsbehörde gebunden. Insofern teilt die atomrechtliche Genehmigung die Defizite, die sich bereits bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung dargestellt haben. Eine Zusammenführung- mitunter im Einklang mit der EG-RL UVP- wird sich allerdings hier wie dort über die Regelung des § 14 UVPG- wie sich noch zeigen wird - bewerkstelligen lassen. 3. Zulassung von Abwasserbehandlungsanlagen nach§ 18 c WHG, Nr. 5 der Anl. zu§ 3 UVPG a) Zuständigkeit

Der Bau und Betrieb sowie wesentliche Änderung einer Abwasserbehandlungsanlage bedarf der behördlichen Zulassung, die nur in einem Verfahren erteilt werden darf, das den Anforderungen des UVPG entspricht, § 18 c WHG. Die Zuständigkeit richtet sich nach Landesrecht. In Baden-Württemberg erfolgt die Zulassung in einem Planfeststellungsverfahren, für dessen Durchführung die untere Wasserbehörde zuständig ist, §§ 96 Abs. 1 Satz 1, 95 Abs. 2 Nr. 3 BaWüWG, also die Land- und Stadtkreise 127 • In den anderen Bundesländern ist dies regelmäßig auch so 128. b) Anwendungsbereich

In das Wasserhaushaltsgesetz ist durch Art. 5 Nr. 3 UVP-UmsG der Zulassungstatbestand des § 18 c WHG eingeführt worden. Die Vorschrift verpflichtet die Länder zur Einführung eines Zulassungsverfahrens für Abwasserbehandlungsanlagen ab einer gewissen Größenordnung, die den Projekten der Nr. 11 d des Anhangs II der EG-RL UVP entspricht. Der Begriff der Abwasserbehandlungsanlage fmdet sich nicht defmiert. In Ziff. 11 d und Ziff. 11 e Anh. II der EG-RL UVP sind "Kläranlagen" und "Schlammlagerplätze" aufgeführt. In Nr. 5 Anlage zu § 3 UVPG findet sich nur der Begriff "Abwasserbehandlungsanlage". In § 18 c WHG wird die Abwasserbehandlungsanlage mit einer bestimmten Größenordnung in Verbindung gebracht und in § 45 e Abs. 1 Satz 1 BaWüWG wiederholt. Der Begriff der Abwasserbehandlungsanlage ist durch das UVP-UmsG eingeführt worden. Im Verlauf der Gesetzgebung wurden kleinere Anlagen von der UVP-Pflichtigkeit ausge127 Die Großen Kreisstädte und Verwaltungsgemeinschaften sind von der Zuständigkeit ausgeschlossen, § 16 Nr. ll BaWüLVG. 128 Zur Rechtslage in Nordrhein-Westfalen: Schink, NVwZ 1991, 935, 937.

148

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

nommen129 und auf den nach der EG-RL UVP vorgegebenen Begriff der "Kläranlage" beschränkt. Die Abwasserbehandlunganlage ist begrifflich gegenüber der Abwasseranlage abzugrenzen130. c) Zulassung

Den Bundesländern ist es überlassen, in welcher Weise sie das Zulassungsverfahren ausgestalten131 . Das Planfeststellungsverfahren wird dem Anliegen der Umweltverträglichkeitsprüfung am ehesten gerecht, § 18 c Satz 2 WHG. Nach der landesrechtliehen Regelung in Baden-Württemberg bedürfen Bau und Betrieb sowie die wesentliche Änderung einer Abwasserbehandlungsanlage eines Planfeststellungsverfahrens, § 45 e Abs. 1 BaWüWG. Das Verfahren muß den Anforderungen des UVPG entsprechen, § 107 Abs. 4 BaWüWG. Bedarf das Vorhaben zugleich einer Erlaubnis, entscheidet die dafür zuständige Behörde auch über die Planfeststellung, § 45 e Abs. 3 BaWüWG. Beide Zulassungen treten wiederum zurück, wenn für die Anlage auch ein Planfeststellungsverfahren nach Straßengesetz erforderlich ist, § 45 e Abs. 6 BaWüWG132. Auch Schleswig-Holstein hat die Zulassung als Planfeststellungsverfahren ausgestaltet, § 36 c Abs. 1 Satz I SchlHWG. Weitaus häufiger wird die Zulassung landesrechtlich in Genehmigungsverfahren durchgeführt, die einen Versagungsgrund der "wasserwirtschaftliche Belange" 133 , "Beeinträchtigung des Wasserhaushalts" 134 , "öffentliche SicherhP.it und Ordnung" 135 oder "Allgemeinwohlunverträglichkeit" 136 aufweisen. 129 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 11: Abwasserbehandlungsanlagen für mehr als 200 Kubikmeter Abwasser je zwei Stunden. Der gewählte Schwellenwen orientierte sich seinerzeit an § 58 Abs. 2 Satz 2 NRWWG (Begr. a.a.O., S. 32; Nisipeanu, NuR 1992, 101, 104 Fn. 31). Auf Vorschlag des Bundesrates wurde der Begriff beschränkt auf eine Abwasserbehandlungsanlage die "für mehr als 3000 kg/d BSBs (roh) oder für mehr als 1500 Kubikmeter Abwasser in zwei Stunden (ausgenommen Kühlwasser) ausgelegt ist" (Begr. a.a.O., S. 45). Dem Vorschlag hat die Bundesregierung (Begr. a.a.O., S. 53) und der Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zugestimmt (Beschlußempfehlung vom 07.11.1989 in: BT-Drs. ll/5532, S. 41). Dazu auch: Knopp, NuR 1993, 401,402. Zur Genehmigungsbedürftigkeit der Kleinanlagen: Kaster/ReinhardJ, NVwZ 1993, 1059, 1060. 130 Nisipeanu, NuR 1992, 101 , 105 f. 131 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, s. 32. 132 Zu der Iandesrechtlichen Lage in Nordrhein-Westfalen: Nisipeanu, NuR 1992, 101, 107. 133 § 138 Abs. 2 BremWG. 134 §§ 44 Abs. 3 HessWG, 154 Abs. 2 Nr. 1 NdsWG. An. 38 Abs. 3 BayWG. 135 § 48 Abs. 3 Satz 1 SaarlWG. 136 §§ 58 Abs. 3 NRWWG, 54 Abs. 2 RhPfWG.

111. Anwendungsfalle

149

Die Abwasserbehandlungsanlagen gehören nicht dem Katalog der 4. BimSchV an. Daher muß die Gesamtbewertung im Rahmen wasserrechtlicher Begriffe erfolgen. Materieller Maßstab ist das Wohl der Allgemeinheit im Sinne des § 6 WHG, der zum Teil als für eine Gesamtbewertung der von einer wasserrechtlichen Anlage herrührenden Auswirkungen hinreichend offen angesehen wirdl37 . Das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren dürfte insoweit UVPGgerecht sein. Die aufgeführten landesrechtliehen Genehmigungen müßten auch geeignet sein, die Einbeziehung der unterschiedlichen Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Umweltmedien zu gewährleisten. Das richtet sich nach dem wasserrechtlich statthaften Prüfungsspielraum. Bislang vertrat die Rechtsprechung allerdings die Auffassung, daß der Begriff des Allgemeinwohls nur wasserwirtschaftliche Belange betreffe 138 • In der Folge wurde der Allgemeinwohlbegriff leicht auf die auch gesundheits- und seuchenpolizeiliche Erwägungen erweitert139 . Nach Inkrafttreten des UVPG wird man zu einer Überprüfung dieser Auslegung gelangen, zumal in §§ 7 Abs. 1 Satz 2, 9 Satz 2, 18 c Satz 2 WHG ausdrücklich auf dieses Gesetz Bezug genommen wird140. In Wahrung des Schutzzwecks der §§ 1, 2 Abs. 1 UVPG wird von einer Öffnung der fachgesetzlichen Prüfungsmaßstäbe für die nach der EG-RL UVP geforderte medienübergreifende und integrative Betrachtungsweise ausgegangen141 . Der Rekurs auf anderweite Umweltmedien vermittelt sich aus den materiellrechtlichen Vorgaben des jeweiligen Fachgesetzes. Eine Uminterpretation der fachgesetzlichen Zulassungstatbestände durch die nach § 20 UVPG ergehenden Verwaltungsvorschriften erfolgt somit nichtl42.

Peters, VBIBW 1989, 325, 327. And.: Schink, NVwZ 1991, 935, 937. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1981 - 1 BvL 77178 -, E 58, 300, 348. BVerwG, Urt. v. 10.02.1978 - 4 C 25.75 -, E 55, 220, 229 und Urt. v. 15.07.1987 - 4 C 56.83 -, E 78, 40, 44. 137

138

139 BVerwG, Urt. v. 17.03.1989 - 4 C 30.88 -, E 81, 347, 348 mit allerdings relativ offener Formulierung für die Aufnahme anderweiterBelange aufS. 351 f. 140 Dazu: Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 38, 46; Habe/, BWVP 1990, 97, 100 Fn. 10; Knopp, NuR 1993, 401,404; Lange, DÖV 1992, 780, 785; Schoeneberg, UVP, Rn. 175 Fn. 195. Allgemein: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Art. 5 Anm. 2. 141 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 28. Ziff. 0.6.2.2 und 5.3.2 EntwUVPVwV. 142 And. Ans.: Beckmmm, DVBI. 1991, 358, 361 ; Schink, NVwZ 1991, 935, 937.

150

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

4. Genehmigung von Rohrleitungsanlagen nach § 19 a WBG, Nr. 16 der Anl. zu § 3 UVPG a) Zuständigkeit

Das Genehmigungsverfahren richtet sich nach §§ 19 a bis 19 f WHG. Für die Ausführung sind die Bundesländer zuständig. In Baden-Württemberg ist für die Genehmigung das Regierungspräsidium als höhere Wasserbehörde sachlich zuständig, §§ 25 a Abs. 1 Satz 1, 96 Abs. 2 Nr. 2, 95 Abs. 2 Nr. 2 BaWüWG. b) Anwendungsbereich

Bei Rohrleitungsanlagen ist zunächst zwischen § 19 a Abs. 1 WHG und § 25 a Abs. 1 BaWüWG zu unterscheiden. Unter die landesrechtliche Regelung fallen nur solche Anlagen, die nicht in oder aufgrund von § 19 a Abs. 2 WHG bestimmt sind143 . In beiden Regelungen sind jene Anlagen vom Genehmigungserfordernis ausgenommen, die den Bereich eines Werksgeländes nicht überschreiten oder die Zubehör einer Anlage im Sinne des § 19 g Abs. 1 und 2 WHG sind. Nach § 25 a Abs. 1 Satz 2 BaWüWG sind zudem Zubehörleitungen von Anlagen zum Abfüllen, Herstellen, Behandeln und Verwenden wassergefährdender Stoffe sowie Rohrleitungsanlagen, die der landwirtschaftlichen Düngung dienen, von der Genehmigungspflicht ausgenommen. c) Genehmigung

Auf die Erteilung einer Genehmigung nach§ 25 a Abs. 2 Satz 1 BaWüWG besteht im Gegensatz zu § 19 b Abs. 2 WHG ein Rechtsanspruch. Sie ist zu erteilen, "wenn eine Verunreinigung von Gewässern oder eine sonstige nachteilige Veränderung ihrer Eigenschaften durch das Unternehmen nicht zu besorgen ist oder durch Bedingungen oder Auflagen verhütet werden kann". Nach der bundesrechtlichen Rahmenregelung besteht ein Versagungsermessen144. Die Einräumung eines Rechtsanspruchs und damit verbunden eine gegenüber der Bundesrahmenregelung verbesserte Rechtsstellung des Vorhabenträgers dürfte sich indessen kaum auswirken, da die Landesregelung eine Vielzahl von Versagungsgründen aufweist1 45.

144

Bulling/Finkenbeiner!Eckardi/Kibele, Komm. BaWüWG, § 25 a Anm. 3. Kloepfer, UmweltR, § 11 Rn. 135.

145

So: Bulling/Finkenbeiner/Eckardi/Kibele, Komm. BaWüWG, § 25 a Anm. 16.

143

IV. Die Zuständigkeitsbegründung nach§ 14 UVPG

151

Der Genehmigungsmaßstab ist nach herkömmlicher Sicht auf wasserrechtliche Belange beschränkt, § 19 b Abs. 1 und 2 WHG. Diese einschränkende Auslegung wird mit dem UVP-UmsG als überholt angesehen146 . Der Maßstab erweitert sich durch den generellen Verweis auf das UVPG in § 19 b Abs. 3 WHG sowie durch den speziellen Verweis auf die Auflagenermächtigung in §§ 19 b Abs. 1 Satz 1, 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 WHG. Entsprechend offen ist das Genehmigungsverfahren nach Landesrecht geregelt, § 25 a Abs. 2 Satz 1 BaWüWG. Beim Zusammentreffen mehrerer Genehmigungserfordernisse sieht § 19 f WHG die klassische Zuständigkeitsbündelung der parallel zuständigen Genehmigungsbehörden auch hinsichtlich der wasserrechtlichen Genehmigung im Sinne einer unechten Konzentration147 vor.

IV. Die Zuständigkeitsbegründung der federführenden Behörde nach § 14 UVPG Nach Auffassung des Regierungsentwurfs läßt die Zuständigkeitsregelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 UVPG zugunsten der federführenden Behörde die Zuständigkeit im herkömmlichen Sinn unberührt148 . Es fragt sich, ob diese beiläufig geäußerte Ansicht zutrifft. Bei der Regelung des § 14 UVPG läßt sich auch an die Errichtung einer neuen Behörde denken, für die es an der Bundesgesetzgebungskompetenz mangeln könnte. Von hier aus läßt sich die Zurückhaltung des Bundesgesetzgebers erklären, der die Regelungen über die federführende Behörde gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 UVPG auf die Bundesländer delegiert hat. Zudem ist zu hinterfragen, ob diese Regelung eine sachliche, örtliche oder funktionelle Zuständigkeit oder ob sie eine Zuständigkeit eigener Art begründet. Soweit diese Regelung die überkommene Zuständigkeitsordnung unangetastet läßt, ist weiter zu untersuchen, ob sie in dieser Form dem anspruchsvollen integrativen Ansatz der EG-RL UVP genügt und ob insbesondere dem Verfahren der federführenden Behörde eine solche Bindungswirkung zu Lasten der anderen Behörden zukommt, die den Berücksichtigungsrang der EG-RL UVP aufnimmt.

146 Ziff. 16.3.2 EntwUVPVwV. Habe/, BWVP 1990, 97, 100 Fn. 10; Knopp, NuR 1993, 401,405 und ob. 3.c). 147 Jarass , Konkurrenz, 52; Kloepfer, UmweltR, § 11 Rn. 137. 148 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, S. 16 = BR-Drs. 335/88, S. 40.

152

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

1. Gesetzgebungskompetenz a) Kompetenz zur Umsetzung materiellrechtlicher Regelungen

Eine umfassende Bundesgesetzgebungskompetenz besteht auf dem Gebiet des Umweltrechts nicht149 . Vielmehr gründet sich die Zuständigkeit auf eine Vielzahl von nicht unmittelbar umweltbezogenen Bundeszuständigkeiten, die zur Regelung auch des Umweltschutzes ermächtigen150. Zum Teil wird von einer typischen Annexkompetenz 151 oder einer Kompetenzkombination152 gesprochen. Eine entsprechende Kombination wird als verfassungsrechtlich zulässig erachtet, wenn die Gesetzgebungsarten im Zuständigkeitsbereich eines Kompetenzträgers liegen153 . Soweit die Kombination indes auch mit dem Zuständigkeitsbereich des Landesgesetzgebers konfligiert, hat sich der Bundesgesetzgeber bei der Umsetzung der EG-RL UVP äußerste Zurückhaltung auferlegt154. Zudem vermag die Kompetenzkombination nur zur Zusammenführung verschiedener Gesetzgebungszuständigkeiten zu führen, nicht hingegen zur Kodifikation einer insgesamt neuen Gesamtmaterie 155 • Es wird angeführt, daß der apriorisch gesamtökologische Auftrag der Umweltverträglichkeitsprüfung eine neue Gesamtmaterie darstellt, die der Einführung einer entsprechend weit gefaßten Bundeskompetenz in Art. 71 ff. GG bedarf156. Das UVPG stützt sich vornehmlich auf die umweltbezogenen Kompetenzen des Bundes im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung und der Rahmengesetzgebung, Art. 74 Nm. 11, 11a, 18, 21-24 und Art. 75 Nm. 3 und

149 Kloepfer, UmweltR, § 2 Rn. 54; ders.!Rehbinder/Schmidt-Aßmann/Kunig, Umweltgesetzbuch - Allgemeiner Teil, 10; Püttner, BB 1971, 881; Steinberg/Müller, NuR 1989, 277, 280 m.w.N. in Fn. 30. 150 Hoppe/Beckmann, UmweltR, § 4 Rn. 89; Steinberg/Müller, NuR 1989, 277, 280. 151 Erbguth , DVBI. 1988, 317, 324 ff.; Pestalozza, WiVerw. 1984, 245. And.: Kloepfer, UmweltR, § 2 Rn. 56. 152 Erbguth, DVBI. 1988, 317, 321; ders., DV 1991, 283, 290; ders./Schink, Komm. UVPG, Ein!. Rn. 49. 153 Stern, Staatsrecht Bd. II, § 37 II 4 c, S. 608. Krit.: Püttner, BB 1971, 881, 883. And. sehr weitgehende Ans.: Burkholz, NVwZ 1994, 124, 126. 154 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, S. 19. Bohne, UVP bei Projekten des Bergbaus, 13, 19 spricht von • kompetenzrechtlicher Neutralität~. 155 Maunz in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Komm. GG, Art. 70 Anm. 47. 156 Dazu: Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 54, § 20 Anm. 12; dies., DVBI. 1991, 413, 418.

IV. Die Zuständigkeitsbegründung nach§

14 UVPG

153

4 GG 157 . Nur hinsichtlich der Gesetzgebung über Bundeseisenbahnen und den Luftverkehr besteht eine ausschließliche Kompetenz, Art 73 Nr. 6 GG.

Hinsichtlich der materiellrechtlichen Regelungen vornehmlich in § 2 Abs. 1 UVPG schöpft der Bundesgesetzgeber seine Kompetenz aus der konkurrierenden Ermächtigung in Art. 74 GG, die unter der Voraussetzung des Art. 72 Abs. 2 GG erschöpfende Vollregelungen gestattet, hinsichtlich der Rahmengesetzgebung nach Art. 75 GG aus der Ermächtigung, in besonders legitimen Fällen auch punktuelle Vollregelungen treffen zu dürfen1ss. Bei Rahmenvorschriften muß den Ländern folglich ein Ausfüllungsspielraum verbleiben, der von substantiellem Gewicht istI 59. Der Bundesgesetzgeber kann abschließende Bestimmungen nur vorsehen, wenn an einer einheitlichen Regelung ein besonders starkes und legitimes Interesse besteht. Diese Voraussetzungen sind im Rahmen der UVP-pflichtigen Projekte in aller Regel erfüllt. Im Wasserhaushaltsrecht etwa verfügt der Bund nur über eine Rahmengesetzgebungskompetenz, Art. 75 Nr. 4 GG. Der Bund hat sich daher insoweit bei Umsetzung der EG-RL UVP weitgehende Zurückhaltung auferlegt zur Wahrung der Landeskompetenzen160• Die Abwasserbehandlungsanlagen sind erst ab einer bestimmten Größenordnung zulassungspflichtig und die Wahl des Zulassungsverfahren ist den Ländern überlassen. Insoweit liegt ein zulässiger Fall "rahmenrechtlicher Direktwirkung im Sinne sog. Institutionsnormen" vor 161 • Die Umweltverträglichkeitsprüfung kann auch in einem Genehmigungsverfahren mit Konzentrationswirkung erfolgen, § 13 Satz 1 BimSchG. In diesem Fall werden auch solche materiellrechtlichen Normen ersetzt, die in die Landesgesetzgebungskompetenz fallen wie etwa das Bauordnungsrecht. Die Gesetzgebungskompetenz in insoweit indessen nicht tangiert, da trotz der Konzentrationswirkung das ersetzte sekundäre materielle Recht fortgilt , § 6 Nr. 2 BimSchG162 •

157

Drs.

Vgl. : Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v.

1113919, S. 18.

26.01.1989 in:

BT-

158 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 11/3919, S. 19 unter Hinweis auf BVerfGE 4, 115, 129; 43, 293, 343; 66, 270, 285. Bönker, UmwStandards, 176 f.; Feldmann, UPR 1991, 127, 129; Püttner, BB 1971, 881. Zw.: Erbguth, NVwZ 1988, 969, 976. 159 Kloepfer/Rehbinder/Schmidt-Aßmann/Kunig, Umweltgesetzbuch - Allgemeiner Teil, 11. 160 Begr. des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum UVPG v. 26.01.1989 in: BT-Drs. 1113919, s. 18 f . 161 Erbguth/Schink, Komm. UVPG, Einl. Rn. 51. 162 Jarass, Komm. BlmSchG, § 13 Anm. 11.

154

C. Die parallelen Zulassungsverfahren im UVPG

Die Bundesländer haben im umweltbezogeneQJJereich die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des Polizei- und Ordnungsrecht und die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit, soweit der Bund keine eigene Regelung erlassen hat. Im Bereich der Rahmengesetzgebung des Bundes sind die Länder zu ausfüllender Gesetzgebung verpflichtet. Den Bundesländern obliegt die gesetzliche Bestimmung der federführenden Behörde, § 14 Abs. 1 Satz 1 UVPG. Zudem können die Bundesländer der federführenden Behörde weitere Zuständigkeiten nach §§ 6-9 UVPG übertragen, § 14 Abs. 1 Satz 2 UVPG. b) Kompetenz zur Umsetzung verfahrensrechtlicher Regelungen

Grundsätzlich führen die Länder gemäß Art. 83 GG das Landes- und das Bundesumweltrecht als eigene Angelegenheit aus. Im Bereich der Rahmengesetzgebung ist es dem Bund von vomeherein verwehrt, eigene Vollzugsregelungen zu treffen. Die Rahmengesetze bedürfen bereits in materieller Hinsicht der Ausfüllung durch den Landesgesetzgeber 163 • In Bundesauftragsverwaltung werden vor allem kernenergiebezogene Aufgaben durchgeführt, Art. 87 c GG 164 • Die bundeseigene Verwaltung spielt im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung keine nennenswerte Rolle. Die Zuständigkeit für die Regelung über die Ausführung von Bundesgesetzen bestimmt sich aus den Art. 84-85 GG. Danach obliegt es den Ländern, die förmlichen Bundesgesetze und die hierzu erlassenen Rechtsverordnungen zu vollziehen. Die Ausführung des Bundesrechts obliegt daher in aller Regel den Bundesländern. Eine Ausnahme besteht indes im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung. Insbesondere fällt die Einrichtung der Behörden und die Regelung des Verwaltungsverfahrens in die Länderbefugnis, Art. 84 Abs. 1 GG, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates etwas Gegenteiliges bestimmen. Das gilt nach Art. 85 Abs. 1 GG auch für die Bundesauftragsverwaltung. Dem Bund stehen somit vielfältige Einwirkungsbefugnisse in der Iändereigenen Organisationskompetenz zu, die sich je nach Maßgabe der in Art. 84, 85 GG niedergelegten Grundsätze unterscheiden165 • Von dieser Möglichkeit hat der Bund etwa mit den Bestimmungen über das immissionsschutzrechtliche in der 9. BlmSchV und das atomrechtliche Genehmigungsverfahren in der AtVtv Gebrauch gemacht. 163 164

165

Broß in: v. Münch, Komm. GG Bd. 3, Art. 84 Anm. 3 a. Vgl. : PüJtner, NVwZ 1988, 121, 122. Stern, Staatsrecht Bd. II, § 41 V 4, S. 7CJ7, §•41 VI 5, S. 811.

IV. Die Zuständigkeitsbegründung nach§ 14 UVPG

155

Nach der in der amtlichen Erläuterung zum UVPG geäußerten Auffassung folgt die Gesetzgebungskompetenz für die verfahrensrechtlichen Regelungen der Zuständigkeit für das materielle Recht, was auch für den Fall der Ausführung durch die Bundesländer als eigene Angelegenheit gelten soll 166 • Tatsächlich verhält es sich indessen so, daß sich zunächst die Kompetenz zur Regelung eines Sachverhalts in materieller Hinsicht aus den Art. 73-74 GG ergeben muß, während die Regelung der dazu erforderlichen Organisation und des Verwaltungsverfahrens in den Art. 83 bis 85 GG eine eigenständige Regelung erfährt167. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung sind hinsichtlich der Verfahrensgestaltung drei Bereiche zu unterscheiden:

1. Die Verfahren in ausschließlicher Anwendung der Landesgesetze unterliegen der umfassenden landesrechtliehen Verfahrens- und Organisationskompetenz. 2. Die Verfahren, die einer umfassenden Regelung durch den Bund unterzogen wurden, wie das immissionsschutzrechtliche und atomrechtliche Verfahren, können nutmehr durch einzelne landesrechtliche Organisationsregelungen ausgefüllt werden, so insbesondere hinsichtlich der ausdrücklich offengelassenen Regelung über die federführende Behörde. 3. Dazwischen liegen die Verfahren bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder. biese sind in der Verfahrensgestaltung frei, soweit der Bund keine abschließenden Regelungen getroffen hat. Der Bundesgesetzgeber hat sich mit Ausnahme der detaillierten Regelung über die Öffentlichkeitsbeteiligung im übrigen weitgehenden Verfahrensvorgaben enthalten und zumal in parallelen Zulassungsverfahren die Gesetzgebungslast auf die Bundesländer abgewälzt, § 14 Abs. 1 Satz 2 UVPG. Den Ländern steht somit ein weites Betätigungsfeld offen, das nur in Einzelf