Die Strafvorschriften des Urheberrechts [1 ed.] 9783428503407, 9783428103409

Der Autor befaßt sich handbuchartig mit den Strafvorschriften des Urheberrechts. Trotz der Fülle des verwerteten Materia

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Die Strafvorschriften des Urheberrechts [1 ed.]
 9783428503407, 9783428103409

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ULRICH HILDEBRANDT

Die Strafvorschriften des Urheberrechts

Schriften zum Strafrecht Heft 125

Die Strafvorschriften des Urheberrechts

Von Ulrich Hildebrandt

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Hildebrandt, Ulrich: Die Strafvorschriften des Urheberrechts / Ulrich Hildebrandt. - Berlin : Duncker und Humblot, 2001 (Schriften zum Strafrecht ; H. 125) Zugl.: Berlin, Humboldt-Uni v., Diss., 2000 ISBN 3-428-10340-8

Alle Rechte vorbehalten © 2001 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Selignow Verlagsservice, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0558-9126 ISBN 3-428-10340-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ

NEPROPADEJ PANICE

Vorwort Mein Dank gilt - Prof. Dr. Felix Herzog für die Betreuung und die Ermunterung, das Thema in diesem Umfang zu bearbeiten, - meinem Vater, der sich als Nichtjurist der Strapaze des Korrekturlesens unterzogen hat, - meiner Frau, für die aufgebrachte Geduld, und - der Fazit-Stiftung Gemeinnützige Verlagsgesellschaft mbH (Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH/Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH), Frankfurt am Main für die Gewährung eines Druckkosten-Zuschusses. Düsseldorf, in Januar 2001

Ulrich Hildebrandt

Inhaltsübersicht Kapitel 1:

Einleitung

27

Kapitel 2:

Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

31

Kapitel 3:

Objektiver Tatbestand des § 107 UrhG

173

Kapitel 4:

Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG

203

Kapitel 5:

Objektiver Tatbestand des § 108 a UrhG

232

Kapitel 6:

Sonstige Umstände der Strafbarkeit

235

Kapitel 7:

Strafverfolgung und Rechtsfolgen

334

Kapitel 8:

Urheberrechtsdelikte im Hinblick auf andere Vorschriften

417

Kapitel 9:

Rechtstatsachen

437

Kapitel 10: Rechtspolitische Überlegungen

494

Schriftumsverzeichnis

539

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Einleitung

27

Kapitel 2 Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

31

A. Überblick

31

B. Rechtsgut

32

C. Tatobjekt I. Werkbegriff 1. Überblick 2. Begriff der „persönlichen geistigen Schöpfung" 3. Problem sittenwidriger, verbotener oder mit Verbreitungsverbot belegter Werke 4. Problem der Werkteile 5. Problem der Sammelwerke 6. Besonderheiten bei Computerprogrammen 7. Besonderheiten bei Datenbankwerken 8. Frage der Vereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 2 GG a) Verfassungsmäßigkeit des § 106 UrhG im Hinblick auf den Werkbegriff b) Erfordernis verfassungskonformer Auslegung II. Begriff der „Bearbeitung oder Umgestaltung" 1. Terminologie 2. Bedeutung der Begriffe in § 106 Abs. 1 UrhG 3. Abgrenzung zur freien Benutzung 4. Vereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 2 GG

33 33 33 35

D. Tathandlungen I. Überblick II. Der Begriff des Vervielfältigens 1. Überblick 2. Allgemeines 3. Problem der Herstellung von Vervielfältigungsvorrichtungen 4. Veränderungen beim Vervielfältigungsvorgang und Abgrenzung zur „Bearbeitung oder Umgestaltung" a) Einführung

36 38 40 42 46 48 48 50 53 53 55 57 58 60 60 60 60 62 66 68 68

12

nsverzeichnis b) Voraussetzungen für das Eingreifen des Privilegs des § 23 S. 1 UrhG .. 70 c) Rechtsfolgen bei der Herstellung einer Bearbeitung oder Umgestaltung 72 d) Fälle des § 23 S. 2 UrhG 75 5. Besonderheiten im Zusammenhang mit Computern 76 a) Unstreitiges 76 b) Laden in den Arbeitsspeicher 77 c) Sukzessive Teilvervielfältigung 83 III. Der Begriff des Verbreitens 84 1. Überblick 84 2. Gemeinsamkeiten des „Inverkehrbringens" und des „Anbietens an die Öffentlichkeit" 85 a) Allgemeines 86 b) Begriff der „Öffentlichkeit" 87 3. Das „Inverkehrbringen" 90 a) Begriff des „Inverkehrbringens" 90 b) Einzelprobleme 93 (1) Begriff der „Verfügungsgewalt" 93 (2) Frage des Erfordernisses der Weitergabe gegenüber der Öffentlichkeit 95 (3) Weitergabe eines Einzelstückes 97 (4) Erfordernis körperlicher Verbreitung 97 (5) „Inverkehrbringen" als Erfolgsdelikt 98 4. Das „Anbieten an die Öffentlichkeit" 98 a) Frage der Strafbarkeit des Anbietens 98 b) Begriff des „Anbietens an die Öffentlichkeit" 101 (1) Allgemeines 102 (2) Frage der Strafbarkeit eines Einzelangebotes 105 (3) Frage der Strafbarkeit des Anbietens eines noch nicht gegenständlich vorhandenen Vervielfältigungsstückes 106 (4) Problem des Erfordernisses einer Konkretisierung des Werkstücks 110 5. Der Erschöpfungsgrundsatz 111 a) Unstreitiges 112 b) Problemfälle 114 IV. Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe 117 V. Vereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 2 GG 121

E. Das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen" 122 I. Begriffsklärung 124 1. Allgemeines 124 2. Probleme bei einzelnen Schrankenbestimmungen 125 II. Einordnung als Tatbestandsmerkmal 129 III. Dogmatische Sonderstellung - subjektive Elemente 133 IV. Problem des Vorsatzwechsels 135 V. Bedeutung der Schutzfrist 136 VI. Bedeutung des Änderungsverbots (§ 62 UrhG) und der Pflicht zur Quellenangabe (§ 63 UrhG) 137 VII. Problem der Zwangslizenz (§61 UrhG) 138

nsverzeichnis VIII. Probleme im Zusammenhang mit gesetzlich angeordneten Ansprüchen des Berechtigten gegen den Verwerter IX. Verfassungsmäßigkeit 1. Bestimmtheit der Schrankenbestimmungen 2. Verfassungsmäßigkeit der Ausnahmebestimmungen - insbesondere für Noten, Datenbankwerke und Computerprogramme F. Nichtberechtigung („ohne Einwilligung des Berechtigten") I. Dogmatische Grundfragen II. Einordnung als Tatbestandsmerkmal III. Problem der Rückwirkung der Einwilligung IV. Probleme bei schwebend unwirksamen Verträgen - insbesondere bei Minderjährigen V. Probleme bei anfechtbaren Verträgen VI. Person des Berechtigten 1. Allgemeines 2. Berechtigung bei Bearbeitungen und Umgestaltungen, Sammelwerken, Miturheberschaft und Werkverbindung zu gemeinsamer Verwertung 3. Berechtigung der Inhaber von Nutzungsrechten VII. Probleme im Zusammenhang mit Ansprüchen des Verwerters auf die Einräumung von Nutzungsrechten VIII. Probleme im Zusammenhang mit bedingter oder beschränkter Rechtseinräumung IX. Verfassungsmäßigkeit des Tatbestandsmerkmals G. Problem der Geltung von Vermutungen

13

139 140 140 141 145 145 149 152 156 158 160 160 161 163 166 166 169 169

Kapitel 3 Objektiver Tatbestand des § 107 UrhG

173

A. Rechtsgüter

175

B. Tatbestand der Nr. 1 I. Tatobjekt 1. Begriff des „Werks der bildenden Künste" 2. Begriff des „Originals" II. Tathandlung 1. Begriff der „Urheberbezeichnung" 2. Begriff des „Anbringens" 3. Begriff des „Verbreitens" III. Merkmal „ohne Einwilligung des Urhebers" 1. Dogmatische Grundfragen 2. Person des Berechtigten

178 178 178 181 183 183 183 187 188 188 190

C. Tatbestand der Nr. 2 I. Tatobjekt II. Tathandlung

192 192 194

nsverzeichnis III. Merkmal „Anschein des Originals"

196

1. Begriff des „Anschein des Originals Gebens"

197

2. Problem der Signierung einer Bearbeitung oder Umgestaltung

199

D. Ungeschriebene Tatbestandsmerkmale

200

E. Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift

202

Kapitel 4 Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG

203

A. Überblick

203

B. Rechtsgut

204

C. Tatbestand der Nr. 1

205

D. Tatbestand der Nr. 2

206

E. Tatbestand der Nr. 3

207

F. Tatbestand der Nr. 4

208

I. Tatobjekt: Begriff der „Darbietung eines ausübenden Künstlers"

208

II. Tathandlung: Verwertung entgegen §§74, 75 Abs. 1 oder 2 oder §76 Abs. 1 UrhG 211 G. Tatbestand der Nr. 5

213

I. Tatobjekt: Tonträger

213

II. Tathandlung: Verwertung entgegen §85 UrhG

216

H. Tatbestand der Nr. 6

217

I.

219

Tatbestand der Nr. 7 I. Tatobjekt: Bildträger oder Bild-und Tonträger II. Tathandlung: Verwertung entgegen §§94 oder 95 i. V. m. § 94 UrhG

219 222

J. Tatbestand der Nr. 8

223

K. Das Merkmal „ i n anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen"

224

L. Das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten"

225

I. Dogmatische Grundfragen

226

II. Person des Berechtigten

227

M. Verfassungsmäßigkeit der Tatbestände

230

Kapitel 5 Objektiver Tatbestand des § 108 a UrhG

232

Inhaltsverzeichnis

15

Kapitel 6 Sonstige Umstände der Strafbarkeit

235

A. Subjektive Tatbestände I. Allgemeines II. Abgrenzung zur Fahrlässigkeit III. Frage der Existenz einer Prüfungspflicht in tatsächlicher Hinsicht

235 236 237 239

B. Rechtfertigungsgründe I. Einwilligung 1. Abgrenzung zum Einverständnis und zur Nichtberechtigung 2. Voraussetzungen a) Einwilligungsfähigkeit der geschützten Rechtsgüter b) Verfügungsberechtigung II. Sonstige Rechtfertigungsgründe

240 241 241 242 242 244 244

C. Schuld

247

D. Irrtümer 247 I. Irrtümer über Tatsachen 248 1. Irrtümer bei §106 UrhG 248 2. Irrtümer bei § 107 UrhG 251 3. Irrtümer bei § 108 UrhG 252 II. Irrtümer bei der Subsumtion unter Rechtsvorschriften 253 1. Grundlegendes zur Abgrenzungsproblematik 253 2. Irrtümer bei § 106 UrhG 255 a) Einordnung von Irrtümern im Hinblick auf das Tatobjekt 255 b) Einordnung von Irrtümern im Hinblick auf die Tathandlung 259 (1) Dogmatische Einordnung der Umschreibung der Tathandlung 259 (2) Grundsatz der Behandlung von Irrtümern als Verbotsirrtum 261 (3) Ausnahmefälle einer Behandlung nach § 16 StGB 262 c) Einordnung von Irrtümern im Hinblick auf die Schrankenbestimmungen 265 ( 1 ) Dogmatische Einordnung des Merkmals „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen" als Blankettmerkmal 265 (2) Einordnung von Irrtümern hinsichtlich des Blankettmerkmals .... 266 d) Einordnung von Irrtümern im Hinblick auf die Schutzfrist 271 e) Einordnung von Irrtümern im Hinblick auf das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten" 272 f) Einordnung von Irrtümern im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit 275 3. Irrtümer bei § 107 UrhG 275 a) Einordnung von Irrtümern im Hinblick auf Tatobjekt und Tathandlung 275 b) Einordnung von Irrtümern im Hinblick auf weitere Tatbestandsmerkmale 276 4. Irrtümer bei § 108 UrhG 277 a) Einordnung von Irrtümern im Hinblick auf das Tatobjekt 277 b) Einordnung von Irrtümern im Hinblick auf weitere Tatbestandsmerkmale 280

16

nsverzeichnis 5. Parallelwertung in der Laiensphäre 281 6. Begriff der „Vermeidbarkeit" in §17 StGB 282 a) Dogmatische Grundlagen 283 b) Vermeidbarkeit von Irrtümern durch Unkenntnis des Verbots im Ganzen 285 c) Vermeidbarkeit von Irrtümern über die Tathandlung 286

E. Versuch I. Begriff des unmittelbaren Ansetzens II. Abgrenzung des untauglichen Versuchs vom Wahndelikt III. Rücktrittsprobleme

287 287 290 291

F. Täterschaft und Teilnahme I. Dogmatische Grundlagen II. Einzelfalle 1. Setzer und Drucker 2. Verleger 3. Buchbinder 4. Hersteller von Vorprodukten und Verpackungen 5. Händler und Tauschpartner 6. Anbieter von und in Datennetzen 7. Bibliothekare 8. Geschäftsführer und Management eines Unternehmens 9. Abhängige Arbeitnehmer I O.Endabnehmer a) Grundsatz der Straflosigkeit notwendiger Teilnahme b) Frage der Strafbarkeit des Bestellers c) Frage der Strafbarkeit bei der Lieferung von Materialien I I .Sonstige III. Möglichkeit Teilnahme nach Tatvollendung IV. Probleme im Zusammenhang mit §28 StGB

292 292 293 293 295 296 297 297 298 299 299 300 302 302 305 307 307 308 309

G. Unterlassen 310 I. Garantenstellung und Garantenpflicht 310 II. Entsprechung von Tun und Unterlassen 312 1. Allgemeines 312 2. Frage der Vervielfältigung bei Pflicht zur Vernichtung rechtmäßig hergestellter Vervielfältigungsstücke 314 H. Auslandsbezüge I. Erweiterung und Begrenzung der Anwendbarkeit durch §§ 3 ff. StGB II. Begrenzung der Anwendbarkeit durch §§ 120ff. UrhG III. Begrenzung der Anwendbarkeit durch das Territorialitätsprinzip

314 314 316 318

I.

321 321 321 323 324 324

Konkurrenzen I. Abgrenzung von Handlungseinheit und Handlungsmehrheit 1. Vervielfältigungstatbestand 2. Verbreitungstatbestand 3. Weitere Tatbestände 4. Handlungseinheit bei verschiedenen Trägern des Rechtsgutes

nsverzeichnis 5. Handlungseinheit bei Verwirklichung verschiedener Tatbestände II. Reichweite der Subsidiaritätsklausel des § 107 UrhG III. Konkurrenzen innerhalb des Urheberrechts IV. Konkurrenzen zu anderen Delikten J. Möglichkeit einer Wahlfeststellung

17 327 328 329 331 333

Kapitel 7 Strafverfolgung und Rechtsfolgen A. Strafverfolgung I. Strafantragserfordernis 1. Zur Möglichkeit der Verfolgung von Amts wegen bei Vorliegen des besonderen öffentlichen Interesses a) Allgemeines b) Zur Auslegung der RiStBV 2. Antragsberechtigung a) Allgemeines b) Probleme bei § 106 UrhG (1) Antragsrecht von Erben und Testamentsvollstreckern (2) Antragsrecht bei Bearbeitungen und Umgestaltungen, Sammelwerken, Miturheberschaft und Werkverbindung zu gemeinsamer Verwertung (3) Antragsrecht der Inhaber von Nutzungsrechten (4) Antragsrecht der Verwertungsgesellschaften c) Probleme bei § 107 UrhG (1) Besonderheiten bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG (2) Besonderheiten bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG d) Probleme bei § 108 UrhG e) Probleme bei Vertretung f) Problem der Geltung von Vermutungen im Strafantragsrecht 3. Form, Inhalt und Auslegung des Antrags 4. Bedingungen und Beschränkungen beim Antrag 5. Strafantragsfrist 6. Rücknahme des Antrags II. Privatklageverfahren 1. Allgemeines 2. Begriff des „öffentlichen Interesses" i. S.v. §376 StPO a) Allgemeines b) Zur Auslegung der Nr. 86 Abs. 2 RiStBV c) Zur Auslegung der Nr. 261 RiStBV III. Nebenklage IV. Wechselwirkungen von Strafverfahren und Zivilverfahren 1. Verweisung an die Zivilgerichtsbarkeit nach §§ 154d, 262 Abs.2 StPO ... 2. Adhäsionsverfahren V. Zulässigkeit von Ermittlungsmaßnahmen 1. Durchsuchung von Wohn-oder Geschäftsräumen 2 Hildebrandt

334 334 334 335 335 337 341 341 342 343

343 345 347 348 348 349 351 352 353 356 357 358 358 360 360 362 362 363 364 367 367 368 369 371 371

nsverzeichnis

18 2. Beschlagnahme

374

3. Ermittlungen bei fehlendem Strafantrag

375

4. Ermittlungen im Vorfeld eines Privatklagedeliktes VI. Verjährung VII. Zuständigkeit der Strafgerichte VIII. Strafverteidigung IX. Hauptverhandlung X. Abschluss des Verfahrens

376 378 378 379 380 381

1. Einstellung nach § 154 StPO und Beschränkung der Strafverfolgung nach §154 a StPO 382 2. Einstellung nach § 153 StPO oder §§ 383 Abs. 2, 390 Abs. 5 StPO

383

3. Einstellung nach § 153aStPO

386

B. Rechtsfolgen I. Strafe

388 388

1. Strafzumessung

389

a) Grundsätze der Strafzumessung

389

b) Einzelne Strafzumessungstatsachen (§46 Abs. 2 StGB)

390

(1) Beweggründe und Ziele des Täters

391

(2) Gesinnung, die aus der Tat spricht, und bei der Tat aufgewendeter Wille 392 (3) Art der Ausführung und verschuldete Auswirkungen der Tat

392

(4) Vorleben des Täters sowie seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse 394 (5) Verhalten nach der Tat

395

2. Freiheitsstrafe

395

3. Geldstrafe

398

4. Geldstrafe neben Freiheitsstrafe

399

5. Strafaussetzung zur Bewährung

399

II. Maßregeln der Besserung und Sicherung - Berufsverbot nach § 70 StGB III. Einziehung von Gegenständen nach §§74, 74a StGB, § 110 UrhG

400 401

1. Allgemeines

401

2. Einziehungsobjekt

403

3. Einziehung gegenüber Dritten

404

IV. Bekanntgabe der Verurteilung nach § 111 UrhG

405

1. Allgemeines

405

2. Voraussetzungen

407

a) Verurteilung

407

b) Antrag

408

c) Berechtigtes Interesse

409

3. Art der Bekanntmachung

412

C. Besonderheiten bei jugendlichen und heranwachsenden Tätern

414

Inhaltsverzeichnis

19

Kapitel 8 Urheberrechtsdelikte im Hinblick auf andere Vorschriften

417

A. Vortat zu §257 StGB (Begünstigung)

417

B. Vortat zu §258 StGB (Strafvereitelung)

420

C. Vortat zu §259 StGB (Hehlerei) I. II. III. IV. V. VI.

421

Vermögensdelikt Sache Tatbestandsmerkmal „erlangt" Aufrechterhalten der rechtswidrigen Vermögenslage Sonstige Erwägungen Ergebnis

422 424 426 429 432 434

D. Zweck oder Gegenstand der Tätigkeit im Rahmen des § 129 StGB (Bildung krimineller Vereinigungen) 434 E. Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB F. Disziplinarrechtliche Relevanz

435 435

Kapitel 9 Rechtstatsachen A. Begriffliche Vorfragen

437 437

B. Unsicherheiten bei Ermittlung des Umfangs kriminellen Handelns und beider Schadensberechnung 439 C. Tatbereiche I. Raubdrucke von Büchern II. Musikdiebstahl 1. Klassische Raubkopien 2. Identfälschungen 3. Bootlegs 4. Herstellung und Vertrieb 5. Täter und Opfer 6. Umfang und Schaden III. Videopiraterie 1. Kinofilmpiraterie 2. Videopiraterie im engeren Sinne 3. Täter und Opfer 4. Umfang und Schaden IV. Softwarepiraterie 1. Herstellung und Verbreitung 2. Täter 3. Umfang und Schaden 2*

443 443 447 448 449 450 452 455 457 460 461 463 465 467 468 468 470 472

nsverzeichnis D. Anhangskriminalität

475

E. Urheberstrafverfahren in der Rechtswirklichkeit I. Entdeckung II. Anzeigeverhalten III. Ermittlungsverfahren IV. Hauptverfahren V. Abschluss des Verfahrens 1. Einstellungsverfügungen 2. Strafbefehl und Urteil

476 477 478 480 484 485 485 486

F. Parallelität zur technischen Entwicklung

487

G. Marktstörungen

489

H. Funktionalisierung des strafrechtlichen Schutzes I. Funktionalisierung zur Auskunftserlangung II. Funktionalisierung zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche III. Funktionalisierung zur Gefahrenabwehr

490 490 491 492

Kapitel 10 Rechtspolitische Überlegungen

494

A. Verpflichtungen zum strafrechtlichen Schutz I. Verpflichtungen in internationalen Abkommen II. Verfassungsrechtliche Verpflichtung

494 494 495

B. Alternativen zum strafrechtlichen Schutz I. Möglichkeiten der Selbsthilfe der Betroffenen II. Möglichkeiten der Bekämpfung durch Aufklärungskampagnen III. Schutzmöglichkeiten durch das Zivilrecht 1. Lücken im zivilrechtlichen Schutz 2. Ausgleich durch Auskunftsansprüche 3. Ausgleich durch sogenannte Schadensersatzansprüche in abschreckender Höhe 4. Formalisierung des Rechtsschutzes durch Einführung eines Registers IV. Schutzmöglichkeiten durch das Verwaltungsrecht V. Schutzmöglichkeiten durch das Steuerrecht VI. Möglichkeiten einer Zuordnung zum Ordnungswidrigkeitenrecht

496 496 497 498 499 502

C. Nachteile des Strafrechts in der Praxis

508

D. Strafzwecke I. Ultima-Ratio-Funktion des Strafrechts II. „Klassische" Strafzwecke III. „Funktionale" Strafzwecke

508 509 510 512

E. Reformvorschläge I. Allgemeine Reformvorschläge II. Vorschläge bezüglich §106 UrhG

515 516 519

504 505 505 507 507

nsverzeichnis 1. Tathandlung 2. Versuchsstrafbarkeit 3. Strafbarkeit allein gewerbsmäßigen Handelns 4. Strafmaß 5. Besonderheiten bei Computerprogrammen III. Vorschläge bezüglich § 107 UrhG IV. Vorschläge bezüglich § 108 UrhG 1. Vorschläge zur Vorschrift insgesamt 2. Vorschläge zu den einzelnen Tatbeständen V. Vorschläge bezüglich des Verfahrens

21 520 522 523 525 525 526 528 528 530 534

F. Ausblick

536

Schrifttumsverzeichnis

539

Abkürzungsverzeichnis a. Α. a. f. ABl. Abs. Abschn. AcP AfP AG AktG Ani. Anm. AnwBl. AO Art. Artt. ArzneimittelG AT Aufl. Az. BayObLG BB Bd. BDSG bearb. BGB BGBl. BGH BGHSt BGHZ BKA Bl. BlfPMZ BRAGO BT BT-Drucks. BtMG BVerfG BVerfGE

anderer Ansicht alte Fassung Amtsblatt Absatz Abschnitt Archiv für die civilistische Praxis Archiv für Presserecht Amtsgericht Aktiengesetz Anlage Anmerkung Anwaltsblatt Abgabenordnung Artikel Artikel (Plural) Arzneimittelgesetz Allgemeiner Teil Auflage Aktenzeichen Bayrisches oberstes Landesgericht Betriebsberater Band Bundesdatenschutzgesetz bearbeitet Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundeskriminalamt Blatt Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte Besonderer Teil Bundestagsdrucksache Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz) Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

Abkürzungsverzeichnis BVerwG BVerwGE bzw. ca. CD CR DAR DB Diss. DM DRiZ DSWR DuD e. V. EG EGMR EGV Einf. Einl. EMRK EU EuGH EVertr

EWR f. ff. Fn. Frhr. FS FuR GA GebrMG gem. GEMA GenG GeschmMG GewA GewO GG GjSM GmbH GmbHG GRU1 Int.

23

Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts beziehungsweise circa Compact Disk Computer und Recht Deutsches Autorecht Der Betrieb Dissertation Deutsche Mark Deutsche Richterzeitung Datenverarbeitung in Steuer, Wirtschaft und Recht Datenschutz und Datensicherheit eingetragener Verein Europäische Gemeinschaft Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführung Einleitung Europäische Menschenrechtskonvention Europäische Union Europäischer Gerichtshof Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) Europäischer Wirtschaftsraum folgende (Seite) folgende (Seiten) Fußnote Freiherr Festschrift Film und Recht Goltdammer's Archiv für Strafrecht Gebrauchsmustergesetz gemäß Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Geschmacksmustergesetz Gewerbearchiv Gewerbeordnung Grundgesetz Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, internationaler Teil

24 GRUR GÜFA GVG GWB h.M. H. Halbbd. HGB hrsg. Hs. i.E. i.S. i.S.v. i.V.m. IFPI IuR JA

Jg. JGG JK JR Jura jur-PC JuS JW JZ K. K&R Kap KG KJ KrWaffG KUG I. LG LK LM LMBG

LP LPG LUG

Abkürzungsverzeichnis gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gesellschaft zur Übernahme und Wahrnehmung von Filmaufführungsrechten mbH Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen herrschende Meinung Heft Halbband Handelsgesetzbuch herausgegeben Halbsatz im Ergebnis im Sinne im Sinne von in Verbindung mit International Federation of Producers of Phonograms and Videograms Informatik und Recht Juristische Arbeitsblätter Jahrgang Jugendgerichtsgesetz Karteikarten der Zeitschrift Jura Juristische Rundschau Juristische Ausbildung jur-PC (Zeitschrift) Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Kapitel Kommunikation & Recht (Zeitschrift) Kapitel Kammergericht Kritische Justiz Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie von 1907 links Landgericht Leipziger Kommentar Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des BGH Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen (Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz) Langspielplatten Landespressegesetz Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst

Abkürzungsverzeichnis m. m. w. N. MarkenG mdl. Mio. Mitt. MMR NJW NJW-CoR Nr. NStE NStZ NVwZ NZV o. ä. OLG OWiG PatAnwO PatG PatO r. RBÜ RDV RG RGB 1. RGSt RGZ RiStBV Rn. S. s. SchriftwerkeG SGRUM SK sog. SortSchG Sp. st. Rspr. StA StGB StPO StV Tab. TDG

25

mit mit weiteren Nachweisen Markengesetz mündlich Million/Millionen Mitteilungen der deutschen Patentanwälte MultiMedia und Recht · Zeitschrift für Information, Telekommunikation und Medienrecht Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift · Computerreport Nummer Neue Entscheidungssammlung für Strafrecht Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht oder Ähnliches Oberlandesgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Patentanwaltsordnung Patentgesetz Patentanwaltsordnung rechts (revidierte) Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst Recht der Datenverarbeitung Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Richtlinien für das Straf- und Bußgeld verfahren Randnummer Satz/Seite siehe Schriftwerkegesetz Schriften zum gewerblichen Rechtsschutz, Urheber- und Medienrecht Systematischer Kommentar sogenannt Sortenschutzgesetz Spalte ständige Rechtsprechung Staatsanwaltschaft Strafgesetzbuch Strafprozessordnung Strafverteidiger Tabelle Teledienstegesetz

26 TRIPS Tz. u. u. a. UFITA UrhG UrhWG Urt. UWG v. vgl. Vorbem. VRS WaffG WIPO WissR wistra WRP WUA WZG z. z.B. Ziff. ZPO ZRP ZStW ZUM

Abkürzungsverzeichnis Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights Textziffer und unter anderem/und andere Archiv für Urheber-, Film- und Theaterrecht Urheberrechtsgesetz Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (Urheberrechtswahrnehmungsgesetz) Urteil Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb von, vom vergleiche Vorbemerkung Verkehrsrechts-Sammlung Waffengesetz World Intellectual Property Organisation Wissenschaftsrecht Wirtschaft · Steuer · Strafrecht Wettbewerb in Recht und Praxis Welturheberrechtsabkommen Warenzeichengesetz zur, zum zum Beispiel Ziffer Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht/Film und Recht

Kapitel 1

Einleitung Vor fast einem Vierteljahrhundert, im Jahr 1976, erschien Webers 1 Habilitationsschrift über die Strafvorschriften des Urheberrechts. Inzwischen aber legt eine Vielzahl von Faktoren eine neue umfangreiche Abhandlung zu diesem Thema nahe: Neben den einschlägigen Vorschriften des UrhG, die in der Zeit seit der Verabschiedung des Gesetzes im Jahr 1965 mehrfach geändert wurden, hat sich vor allem auch das Umfeld der Vorschriften gewandelt. Parallel zur technischen Entwicklung sind Kriminalitätsformen aufgetreten, die früher von keinem erwartet wurden. Zu wenig Beachtung haben vor allem die Phänomene der Marktabhängigkeit der Kriminalität und der Funktionalisierung des strafrechtlichen Schutzes gefunden. Keine befriedigende Lösung hat bislang im Urheberstrafrecht die Dogmatik hinsichtlich der Einwilligung gefunden. Ich möchte insofern einen neuartigen Lösungsansatz vorschlagen. Neuerungen betreffen ferner die Strafzwecklehre. Ich meine, insofern eine neue Kategorie von Strafzwecken ausmachen zu können: die funktionalen Strafzwecke. Bei genauerer Betrachtung stellt sich hier heraus, dass das Strafrecht in weiten Teilen zur Umgehung des deutschen Zivilprozessrechts benutzt wird. Ferner ist der Bereich des internationalen Rechts in der Habilitationsschrift Webers 2 fast vollständig ausgespart. Zwar ist inzwischen eine Reihe von Aufsätzen hierzu veröffentlicht worden, doch erscheint mir die Einbindung in eine Monografie sinnvoll. In den vergangenen Jahren sind in wohl keinem anderen Rechtsgebiet so viele Fehlentscheidungen ergangen wie im Bereich des Urheberstrafrechts. So überrascht es, mit welcher Leichtigkeit Strafgerichte die Werkeigenschaft nach § 2 Abs. 2 UrhG bejaht und dadurch falsche Urteile gefällt haben.3 Katzenberger weist darauf hin, dass Straf- und Zivilgerichte häufig unter Missachtung der §§ 120ff. 1

Weber , Der strafrechtliche Schutz. Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.215. 3 Ebenso: Heinrich , Die Strafbarkeit, S. 264, unter Hinweis auf die Diskrepanz von: LG Wuppertal CR 1987, 599, 600 und BGHZ 94, 276 („Inkassoprogramm"); ähnlich: Etter , CR 1988, S.680 u. CR 1990, S.407; v. GravenreutK CR 1991, S.37 u. CR 1993, S.297, unter Hinweis auf: AG Berlin-Tiergarten CR 1993, 297; Lehmann/Schneider , RDV 1991, S. 30; vgl. auch: AG Velbert CR 1988, 680; unverständlich insofern: Stenger, Kriminalistik 1989, S.479. 2

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1. Kap.: Einleitung

UrhG den Schutz ausländischer Computerspiele als Laufbilder bejahten und Fehlurteile fällten. 4 Auch sei übersehen worden, dass bei Laufbildern das private Kopieren grundsätzlich zulässig ist.5 Überdies existiert zu vielen Fragen des materiellen Rechts fast gar keine Rechtsprechung. Dies liegt häufig nicht daran, dass sich keine rechtlichen Probleme stellen, sondern daran, dass die einschlägigen Probleme übersehen werden. Schließlich halte ich einige Vorschriften des Urheberstrafrechts für verfassungswidrig oder meine jedenfalls, dass eine verfassungskonforme Auslegung geboten ist. Dieser Aspekt des Urheberstrafrechts ist in der Vergangenheit zu kurz gekommen. Ich habe versucht, die Rechtsprechung und Literatur zum Urheberstrafrecht seit dem Erlass des UrhG im Jahr 1965 vollständig einzuarbeiten. Jeder kommt zu Wort. Alle Standpunkte und Argumente werden wiedergegeben. Gleichwohl ließ sich eine Begrenzung der Darstellung nicht vermeiden. Diese betrifft folgende Aspekte: Die zivilrechtlichen Grundlagen des Urheberrechts werden nur angesprochen, soweit die Vollständigkeit der Darstellung es erfordert. Dies ist meist dann der Fall, wenn strafrechtliche und zivilrechtliche Begriffe inhaltlich übereinstimmen. Dabei ist die unüberschaubare zivilrechtliche Literatur jeweils nur pauschal eingearbeitet. Denn Rückschlüsse auf die urheberstrafrechtliche Rechtslage sind ohnehin nur eingeschränkt möglich. Auch strafrechtliche Grundlagenstreitigkeiten spreche ich nur dann an, wenn sie im Urheberstrafrecht zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Doch selbst dann erfolgt eine Beschränkung auf die Rechtsprechung und die wichtigste Literaturmeinung. Dies gilt auch in dem Fall, dass die Ausführungen sich in spezifisch urheberstrafrechtlicher Literatur finden. 6 Einen Sonderfall stellt die Arbeit Kirchers 7 zur Irrtumslehre im Urheberstrafrecht dar. Wegen der Fülle der dortigen Beispiele, wegen der partiellen Wiederholungen in grundsätzlichen Dingen, und weil ich es für sinnvoll halte, jüngere Entwicklungen im Bereich der Irrtumslehre intensiver zu berücksichtigen, stelle ich Kirchers Arbeit stark gekürzt dar. Delikte außerhalb des Urheberrechts werden völlig ausgespart. Dies gilt selbst dann, wenn sie regelmäßig bei Urheberrechtsverletzungen verwirklicht werden. Auch auf Problemstände, die sich durch Gesetzesänderungen oder durch eine Änderung der RiStBV erledigt oder verändert haben, gehe ich grundsätzlich nicht ein. 4

Katzenberger, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 1437 u. GRU1 Int. 1992, S.513ff. Katzenberger, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 1437; vgl. hierzu auch: Lehmann/Schneider, RDV 1991, S. 30; Moewes/Koch, S.39f. 6 Vgl. insbesondere die detaillierten Ausführungen von Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 321 ff. u. S. 339ff. zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme und Lauer, S. 61 ff. zur Einordnung von Irrtümern über Blankettmerkmale. 7 Kircher, S. 1 ff. 5

1. Kap.: Einleitung

Allenfalls dann, wenn ich ein Argument auf die neue Rechtslage für übertragbar halte, wird es genannt. Gleiches gilt für Ansichten, die lediglich vor der Verabschiedung des UrhG im Jahr 1965 geäußert wurden. Zu den Rechtstatsachen im Bereich des Urheberstrafrechts ist eine Fülle von Literatur erschienen.8 Hier hielt ich es für sinnvoll, stark zu kürzen. Vieles erscheint hier aus historischer Distanz ohnehin klarer. Auch bei den rechtspolitischen Vorschlägen zitiere ich nicht die gesamte veröffentlichte Literatur. Dies hängt damit zusammen, dass die wissenschaftliche Diskussion im Urheberstrafrecht von Anfang an eine starke reformerische Komponente hatte.9 Über lange Zeit gab fast jeder Autor seine Wünsche hinsichtlich der §§106 ff. UrhG zum besten. Viele Vorschläge haben sich ohnehin inzwischen durch Gesetzesänderungen erübrigt. Am problematischsten erscheint mir, dass in dieser Abhandlung die geschichtlichen Grundlagen des Urheberstrafrechts fast völlig ausgeklammert werden. Im Sinne Rüthers 10 bin ich mir durchaus der Gefahr eines derartigen „methodischen Blindfluges" bewusst; auch stimme ich Rüthers zu, wenn er schreibt, „geschichtsblinde Juristen sind gefährlich". Ich hoffe, dass der Leser trotz der Aussparung der geschichtlichen Grundlagen die Relativität der Rechtsinhalte nicht aus den Augen verliert. Immer dann, wenn ich die geschichtlichen Grundlagen für die heutige Auslegung einer Vorschrift für erforderlich hielt, habe ich darauf hingewiesen. Zudem mag die Aussparung der Rechtsgeschichte damit entschuldigt werden, dass hierzu bereits einige aktuelle Einzeluntersuchungen existieren. Vor allem sei insofern auf die Darstellung von Lampe/Wölker 11 verwiesen. Ein Abriss der geschichtlichen Entwicklung, vor allem der Gesetzgebungsgeschichte, findet sich bei Weber. 11 Haß u stellt im Kommentar Schrickers vor allem die Entwicklung der Gesetzgebung seit dem Jahr 1965 vor. Die Entwicklung im Bereich der bildenden Künste und des § 107 UrhG haben Katzenberger 14 und Sieg 15 recht ausführlich beschrieben. Den Bereich der Musik hat Fuchs 16 behandelt. Schließlich findet sich auch eine kurze geschichtliche Darstellung bei v. Gravenreuth 11. 8

Vgl. etwa die dichte Folge sich häufig gegenseitig zitierender Arbeiten im Bereich des Musikdiebstahls: Kann (1995); Nick, Musikdiebstahl (1979); Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz (1987); Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl (1985). 9 Ebenso: Schricker-Haß, Urheberrecht, vor §§ 106 ff. UrhG. 10 Rüthers, S. 1249 ff., bezugnehmend auf: Larenz/Canaris. 11 Lampe/Wölker, S. 141 ff. 12 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 12ff. 13 Gesetzgebung seit 1965: Schricker-Haß, Urheberrecht, vor § 106 UrhG. 14 Katzenberger, GRUR 1982, S. 715 ff. 15 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.67ff. 16 Fuchs, S. 1 ff. 17 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 1 ff.

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1. Kap.: Einleitung

Ich möchte zunächst das materielle Urheberstrafrecht vorstellen. Insofern sollen nach den Tatbeständen von § 106 (Kapitel 2) 18 , § 107 (Kapitel 3) 19 , § 108 (Kapitel 4) 20 und § 108 a UrhG (Kapitel 5) 21 die allgemeinen materiellrechtlichen Fragen (Kapitel 6) 22 zur Sprache kommen. Ein weiteres großes Kapitel ist dem Bereich der Strafverfolgung und den Rechtsfolgen gewidmet (Kapitel 7) 23 . Danach gehe ich den Problemen nach, die die Strafvorschriften des Urheberrechts im Hinblick auf andere Vorschriften aufwerfen (Kapitel 8) 24 . Ich schließe die Arbeit mit der Darstellung der Rechtstatsachen (Kapitel 9) 25 und mit rechtspolitischen Überlegungen (Kapitel 10)26.

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Zum Tatbestand des § 106 UrhG: Kapitel 2. Zum Tatbestand des § 107 UrhG: Kapitel 3. Zum Tatbestand des § 108 UrhG: Kapitel 4. Zum Tatbestand des § 108 a UrhG: Kapitel 5. Zu den übrigen Voraussetzungen der Strafbarkeit: Kapitel 6. Zu Strafverfolgung und Rechtsfolgen: Kapitel 7. Zu den §§ 106 ff. UrhG im Hinblick auf andere Tatbestände: Kapitel 8. Zu den Rechtstatsachen: Kapitel 9. Zu den rechtspolitischen Überlegungen: Kapitel 10.

Kapitel 2

Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG A. Überblick Die urheberrechtlichen Strafvorschriften knüpfen im Hinblick auf Tatobjekte und Tathandlungen bei der tatbestandsmäßigen Umschreibung des Unrechts an die außerstrafrechtlichen Regelungen des Urheberrechtsgesetzes an1, sind also zivilrechtsakzessorisch2 ausgestaltet. Dies hat zur Folge, dass die Vorschriften des Urheberstrafrechts - wie auch zahlreiche andere Vorschriften des Nebenstrafrechts ohne die zu Grunde liegenden urheberrechtlichen Regelungen nicht verständlich sind.3 Zum Verhältnis der §§106 bis 108 UrhG untereinander wird von manchen ausgeführt, dass § 106 UrhG den Grund- oder Zentraltatbestand der urheberrechtlichen Strafrechtsnormen darstelle4. Ob ein solches Stufenverhältnis innerhalb der Strafvorschriften des Urheberrechts existiert, muss bezweifelt werden. Denn es kommt jeder Norm ihr eigener Schutzbereich5 zu, wobei § 106 UrhG die Rolle zuteil wird, den Schutz von Werken im urheberrechtlichen Sinne zu übernehmen. Zweifelhaft erscheint es auch, dem § 106 UrhG eine hervorgehobene Bedeutung deswegen zuzuerkennen, weil diese Vorschrift die größte praktische Bedeutung habe6. So dürfte beim Schutz von Tonträgern dem § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG eine ähnlich große Bedeutung zukommen; auch stammt ein Großteil der Rechtsprechung zum Urheberstrafrecht aus dem Bereich des § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG, der zwischenzeitlich beim Schutz von Computerspielen im Hinblick darauf, dass der BGH7 den Schutz von 1

Ebenso: E. Braun , Produktpiraterie, S. 148; Heinrich , Die Strafbarkeit, S. 176; Kilian / Heussen-v. Gravenreuth , Vorbemerkung zu Ziff. 100; Sieber, BB 1981, S. 1550; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.44; Weber, , FS-Stree/Wessels, S.615f. u. S.623 u. Wesen, S.55. 2 Diese Begrifflichkeit verwendet auch: Weber , FS-Stree/Wessels, S.615f. u. S.623 u. Wesen, S.55. 3 So bereits: Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.6. 4 Erbs/Kohlhaas-Meurer , § 106 UrhG Rn. 1; Franzheim , NJW-CoR 1994, S. 160; Fromm / Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn. 1; Heinrich , Die Strafbarkeit, S. 176; Kann , S. 91 ; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 16; Lauer, S. 14 u. S. 137 Movsessian/Seifert , S.305; Müller/Wabnitz/Janovsky , 8. K. Rn. 43; Schack , Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 739; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.60; Weber, Handwörterbuch, S.5. 5 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap. 2 B. 6 So: Lauer, S. 14. 7 BGHZ 94, 276 („Inkassoprogramm").

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Computerprogrammen an strenge Voraussetzungen knüpfte, die Funktion eines Lückenbüßers übernahm. Die Darstellung baut sich wie folgt auf: Zunächst wird auf Rechtsgut (B)8 Tatobjekt (C) 9 und Tathandlung (D) 10 eingegangen. Darauf ist die Bedeutung des Merkmals „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen" zu untersuchen (E) 11 , das ebenso wie das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten" einer Klärung bedarf; letzteres wird - im Widerspruch zur vorhandenen Literatur - dahingehend ausgelegt, dass als Täter im Rahmen des § 106 UrhG überhaupt nur eine Person in Frage kommt, der es an einer zivilrechtlichen Berechtigung fehlt (F) 12 . Schließlich ist die Bedeutung der zivilrechtlichen Vermutungen für das Urheberstrafrecht zu erörtern (G) 13 .

B. Rechtsgut Wegen der Akzessorität des strafrechtlichen Schutzes werden im Strafrecht regelmäßig dieselben Rechtsgüter geschützt wie durch die in Bezug genommene urheberzivilrechtliche Vorschrift. 14 Völlig unproblematisch ist die Lage bei § 106 UrhG. Schutzgut der Vorschrift ist das geistige Eigentum im Allgemeinen15 und das Verwertungsrecht des Berechtigten 16 im Besonderen. Dies wird damit begründet, dass der „Berechtigte" einwilligen darf. 17 Strafrechtlicher Schutz des Urheberpersönlichkeitsrechts ist in § 106 UrhG grundsätzlich nicht vorgesehen.18 Manche Autoren 19 bejahen einen mittelbaren 8

Vgl. zum Rechtsgut: Kap. 2 B. Vgl. zum Tatobjekt: Kap. 2 B. 10 Vgl. zu den Tathandlungen: Kap. 2 D. 11 Vgl. zum Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen": Kap. 2 E. 12 Vgl. zur Nichtberechtigung: Kap. 2 F. 13 Vgl. zur Bedeutung der Vermutungen: Kap. 2 G. 14 Weber, FS-Stree/Wessels, S.615. 15 BVerfGE 31, 229; 31, 248, 251; Heinrich, JZ 1994, S.941; Weber,, Der strafrechtliche Schutz, S.424. 16 Eiding, S. 120; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 1; Fischer, S. 147; Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn. 3 u. § 106 UrhG Rn. 1; Heinrich, JZ 1994, S. 941; Kann, S.91; Letzgus, S.278; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 103; Rupp, ZUM 1986, S. 15; SchrickerHaß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 1 ; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.565 f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.264 u. Gedächtnisschrift-Meyer, S.634. 17 Lauer, S.28; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.264. 18 Eiding, S. 120; Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn.3; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 175; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 16f.; Letzgus, S.278; Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. l b ; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 103; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 243 f.; Rupp, Computersoftware, S. 120 u. ZUM 1986, S. 15 f.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 1 ;Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 177; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.566f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 187. 9

C. Tatobjekt

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Schutz von Urheberpersönlichkeitsrechten. Soweit ersichtlich zeitigt dies keinerlei Konsequenzen.

C. Tatobjekt Als Tatobjekt nennt § 106 Abs. 1 UrhG zweierlei: zum einen ein „Werk" (I) 20 , zum anderen eine „Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes" (II) 21 .

I. Werkbegriff 1. Überblick Grundsätzlich besteht Einigkeit dahingehend, dass der strafrechtliche Werkbegriff dem zivilrechtlichen der §§ 2 ff. UrhG entspricht 22. Begründet wird dieses Ergebnis mit Hilfe zweier paralleler Ansätze: Zunächst sei Begriffsgleichheit schon aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsordnung erforderlich. 23 Dies kann jedoch kaum überzeugen; denn der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung muss nicht dazu führen, alle Unterschiede zwischen den jeweils verschiedenen Aufgaben von Zivil- und Strafrecht einzuebnen24. Zivil- und Strafrecht können dabei durchaus auseinander fallen. 25 Zutreffender lässt sich auf den Schutzzweck der Vorschrift und ihre Stellung im UrhG verweisen: Sinn und Zweck des § 106 UrhG ist es, den urheberzivilrechtlichen Schutz mit den Mitteln des Strafrechts abzusichern. Dies hat eine Begrenzung der Vorschrift dahingehend zur Folge, dass nur urheberrechtlich geschützte Werke erfasst werden. 26 Auch der Wortlaut des § 1 UrhG, Schutz werde 19 Kann, S.90f. u. S. 103f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.264; wohl auch: Letzgus, S.278 f. 20 Vgl. zum Werkbegriff: Kap. 2 C.I. 21 Vgl. zum Begriff der Bearbeitung oder Umgestaltung: Kap. 2 C. II. 22 So: BT-Drucks. IV/270, S. 108; E. Braun, Produktpiraterie, S. 148; Bühler, S. 170 u. S. 181; Eiding, S. 134f.; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn.2; Fischer, S. 141; Fromm/ Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.2; Ganter, S. 1479f.; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.5 u. S. 68 u. S. 179; Haß, Rechtsschutz, Rn.67; Haurand, S. 276; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 177; Heischel/Benner, S. 258; Heibig, S. 374; Hütig, S. 154; Kann, S. 91; Kircher, S. 16ff.; Lampe, UFITA 83 (1978), S.28; Lauer, S. 17; Meier, S. 657; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm.4; Moewes/Koch, S. 39; Müller/Wabnitz/Janovsky, 8. K. Rn. 37f.; Plassmann, S.205; Rupp, Computersoftware, S. 89ff.; Samson, Urheberrecht, S. 233; Schlüchter, NStZ 1988, S.54; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.2; Sieber, Computerkriminalität, 2. Aufl., S.67; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 173 u. S.285 u. FS-Stree/Wessels, S.615 u. Handwörterbuch, S.5 u. JZ 1993, S. 107. 23 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 179. 24 Haß, Rechtsschutz, Rn.70. 25 Haß, Rechtsschutz, Rn.70. 26 So im Ergebnis auch: Etter, CR 1989, S. 116; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 177; Letzgus, S.279; Meier, S.657; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 103; Schack, Urheber- und Urheberver-

3 Hildebrandt

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

„nach Maßgabe dieses Gesetztes" gewährt, sowie die Tatsache, dass in § 106 UrhG vom Berechtigten die Rede ist und es einen Berechtigten überhaupt nur bei einem geschützten Werk geben kann27, stützen dieses Ergebnis. Letztendlich besteht kein sachlicher Unterschied zur Formulierung im Alternativentwurf von 1977, in dessen § 20428 als Tatobjekt klarstellend „ein urheberrechtlich geschütztes Werk der Literatur, Wissenschaft oder Kunst" genannt ist. Ob bei zukünftigen Novellierungen der Vorschrift dieser Begriff zu wählen ist 29 , mag mit Blick auf das bereits heute erzielte Ergebnis dahingestellt bleiben. Doch auch wenn festzuhalten bleibt, dass der Werkbegriff des § 106 UrhG durch die urheberzivilrechtlichen Vorschriften der §§ 2 ff. UrhG begrenzt wird, ist damit kein abschließendes Urteil zu Gunsten einer vollständigen Begriffsgleichheit von Zivil- und Strafrecht gefällt. Denn ausgeschlossen wird damit keineswegs, dass der strafrechtliche Werkbegriff in manchen Punkten einer engeren Fassung bedarf als der zivilrechtliche. So muss zum einen der Einsatz des Strafrechts verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht werden; zum anderen bedarf der strafrechtliche Werkbegriff in Einzelheiten einer Einschränkung, da mit Hilfe des Strafrechts erhebliche Grundrechtseingriffe gegenüber dem einzelnen ermöglicht und vollzogen werden können30. Am weitesten in diese Richtung geht der Vorschlag Schülers 31, der meint, Voraussetzung einer Strafbarkeit nach dem UrhG sei, dass der Urheber am Werk einen Vermerk anbringt, der das Kopieren untersagt; angesichts der großen Zahl frei kopierbarer Werke bedürfe es nämlich einer Abgrenzung auf der Tatbestands- und nicht auf der Vorsatzebene. Mich überzeugt der Ansatz Schülers nicht. Solange nämlich der Berechtigte der Vervielfältigung eines Werks nicht ausdrücklich zugestimmt hat, muss der Verwerter von der Unzulässigkeit seines Handelns ausgehen. Allenfalls der Vorsatz mag im Einzelfall fehlen. Im Folgenden wird zu erörtern sein, in welchen Fällen eine Einschränkung des strafrechtlichen Werkbegriffs notwendig ist. Nach kurzen Erläuterungen zum Begriff der „persönlichen geistigen Schöpfung" in §2 Abs. 2 UrhG (2) 32 ist auf Probleme im Zusammenhang mit der Verbreitung sittenwidriger oder mit einem Verbreitungsverbot belegter Werke einzugehen (3) 33 . Daran schließt sich die Bearbeitung der Frage an, ob und unter welchen Voraussetzungen Teilen von Werken Schutz zukommt (4) 34 . Danach wird auf Problemkreise im Hinblick auf Sammelwerke (§4 tragsrecht, Rn. 739; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 2; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 173. 27 So bereits: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 173; auch: Letzgus, S. 279. 28 Alternativentwurf, S. 114. 29 So: Lampe, UFITA 87 (1980), S. 140. 30 Vgl. auch: Kann, S. 125; Weber, FuR 1980, S.338. 31 Schüler, S. 497. 32 Zum Begriff der persönlichen geistigen Schöpfung: Kap. 2 C. 1.2. 33 Zum Problem sittenwidriger oder mit Verbreitungsverboten belegter Werke: Kap. 2 C.I.3.

C. Tatobjekt

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Abs. 1 UrhG) (5) 35 , Computerprogramme (§69 a ff. UrhG) (6) 36 und Datenbankwerke (§ 4 Abs. 2 UrhG) (7) 37 einzugehen sein. Schließlich ist zu klären, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen in Einzelfällen eine Einschränkung des Werkbegriffs geboten ist (8) 38 . 2. Begriff der „persönlichen geistigen Schöpfung" Während § 2 Abs. 1 UrhG beispielhaft einen Katalog bestimmter Werkarten aufstellt, versucht Abs. 2 der Vorschrift eine Definition: Werke im Sinne des UrhG seien nur persönliche geistige Schöpfungen. Doch vermag diese Definition - nicht zuletzt wegen der Unschärfe der verwandten Begriffe - die erforderliche Abgrenzung nur eingeschränkt zu leisten.39 Genauere Definitionen werden erforderlich: Als persönliche geistige Schöpfungen seien Erzeugnisse anzusehen, die durch ihren Inhalt, durch ihre Form oder durch die Verbindung von Inhalt und Form etwas Neues und Eigentümliches darstellen.40 Doch täuscht die Einfachheit eines jeden Definitionsversuches über die eigentliche Komplexität der Materie. Denn zum einen ist der Begriff der persönlichen geistigen Schöpfung in Rechtsprechung und Literatur höchst umstritten 41; zum anderen stellt auch die Rechtsprechung keinesfalls einheitliche Anforderungen an das Vorliegen einer persönlichen geistigen Schöpfung, sondern beurteilt diese für verschiedene Werktypen unterschiedlich. 42 Dies folgt daraus, dass auch schöpferische Tätigkeit regelmäßig an bestimmte Vorgaben gebunden ist und allgemeine Bestandteile verwenden muss. Da dies bei bestimmten Gattungen von Werken - bei Gebrauchskunst, wissenschaftlicher 43 oder technischer Tätigkeit - in einem sehr viel höheren Grad der Fall ist, lässt sich hier der für eine persönliche geistige Schöpfung erforderliche Grad an Individualität44 schwerer erzielen als bei anderen Gattungen. In bestimmten Bereichen also muss ein Werk ein besonderes Niveau erreichen und über das Handwerksmäßige, Durchschnittliche hinausragen45; in anderen Bereichen dagegen unterfällt nahezu jedes Produkt schöpferischer Tätigkeit dem Schutz des UrhG; Elster 46 prägte hierfür den 34

Zum Problem der Werkteile: Kap. 2 C. 1.4. Zum Problem der Sammelwerke: Kap. 2 C. 1.5. 36 Zu Besonderheiten bei Computerprogrammen: Kap. 2 C. 1.6. 37 Zu Besonderheiten bei Datenbankwerken: Kap. 2 C. 1.7. 38 Zum Erfordernis verfassungskonformer Auslegung: Kap. 2 C.I.8. 39 Dazu: Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 114. 40 BT-Drucks. IV/270, S.38; Kircher, S. 16f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.73. 41 Vgl. nur: Engisch, S. 369ff.; Fromm/Nordemann-Vinck, § 2 UrhG Rn. 16; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 2 UrhG Rn. 25, jeweils m. w. N. 42 Dazu: Haberstumpf \ Handbuch, Rn.75. 43 Hierzu auch: Schmidt-Aßmann, S. 1229. 44 Vgl. zum Kriterium der Individualität: Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 117. 45 Wie hier: Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 117; zur Veröffentlichung von Fallsammlungen: AG Düsseldorf AfP 1990, 231. 46 Elster, S.40. 35

3*

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Begriff der „kleinen Münze". Dieses unterschiedliche Niveau wird als Gestaltungshöhe bezeichnet.47 Gerade bei einer neuen Gattung von Werken, in den 70er und 80er Jahren etwa bei Computerprogrammen, kann die Einordnung zweifelhaft sein. Ich verzichte hier darauf, den Werkbegriff und den damit verbundenen Begriff der „persönlichen geistigen Schöpfung" zu vertiefen. Statt dessen kann auf urheberzivilrechtliche Darstellungen verwiesen werden.48 Aus strafrechtlicher Sicht hat vor allem Weber 49 den Werkbegriff erarbeitet; ferner ist aus dieser Perspektive einiges zu Musikwerken 50 und Computerprogrammen 51 veröffentlicht worden.

3. Problem sittenwidriger, verbotener oder mit Verbreitungsverbot belegter Werke Von mehreren Autoren ist erörtert worden, ob sittenwidrigen, verbotenen oder mit einem Verbreitungsverbot belegten Werken strafrechtlicher Urheberrechtsschutz zukommen soll. 52 Beispiele für derlei Werke gibt es viele: Es finden sich Filme, die gegen Vorschriften über den Jugendschutz oder das Verbot gewaltverherrlichender Schriften verstoßen53, rechts- oder linksradikale Computerspiele54, Pornobilder 55 oder Horrorvideos 56. V Gravenreuth 57 erwähnt einen Comic für die Wiederzulassung der 1951 verbotenen FDJ, ein verbotenes Buch des Wagenbach-Verlages aus dem Jahr 1971 mit dem Titel „Über den bewaffneten Kampf in Westeuropa" oder ein Computerspiel, das in einem nationalsozialistischen Konzentrationslager abläuft und in dem SS und Hakenkreuzfahne verwendet werden. Ferner kommen Computerviren 58 in Betracht, deren Verbreitung nach §§ 303 a oder 26 i. V. m. 303 b oder 303 c StGB strafbar sein kann59. 47

Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 2 UrhG Rn. 24, m. w. N. Fromm/N ordemann-NordemannNinck , § 2 UrhG Rn. 1 ff.; Μestmäcker./Schulze, § 2 UrhG Anm. 1 ff.; Nordemann/Nordemann/Czychowski, S. 620ff.; Püschel, S. 30ff.; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 112ff.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 151 ff.; Schricker-Loewenheim., Urheberrecht, §2 UrhG Rn. 1 ff.; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 126ff., alle m. w. N.; auch: A. Nordemann u. a., S.423ff. 49 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.73ff. 50 Kann, S.9; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.47ff. 51 Vgl. insofern die Darstellung zu den Besonderheiten bei Computerprogrammen: Kap.2 C.I.6. 52 Zur rechtshistorischen Entwicklung dieser Frage im Urheberzivilrecht: Rehbinder/Pahud, S. 277ff.; Rehbinder, Internationale Perspektiven, S. 1575 ff. 53 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.20. 54 v. Gravenreuth, CR 1991, S.233; Kilian/Heussen-v Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 18. 55 v. Gravenreuth, CR 1991, S.233. 56 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 8. 57 Sachverhalte bei v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.6ff. 58 Dazu: Hof er, S. 1367 ff. 59 So auch: Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 17. 48

C. Tatobjekt

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Auf den ersten Blick mutet es problematisch an, derartige Werke am Urheberrechtsschutz partizipieren zu lassen. Denn die Rechte des Urhebers, ein solches Werk vervielfältigen, verbreiten und öffentlich wiedergeben zu dürfen, erscheinen kaum schutzwürdig. Gleichwohl wird die Berechtigung eines urheberrechtlichen Schutzes derartiger Werke einhellig bejaht.60 So wird ausgeführt, der Schutz des geistigen Eigentums sei inhaltlich wertneutral. 61 Dass der Urheber das Werk selbst nicht nutzen kann, spiele keine Rolle.62 Der Rechtsgedanke des § 817 S. 2 BGB, den rechtlichen Schutz in Fällen von Sittenwidrigkeit zu begrenzen63, lasse sich nicht verallgemeinern. 64 Auch wird eine Parallele zum Sacheigentum gezogen65: So mache sich beim Diebstahl eines verbotenen oder sittenwidrigen Bildes der Täter nach § 242 StGB strafbar; die §§ 106ff. UrhG dürften insofern nicht anders beurteilt werden. Denn der Unrechtsgehalt entspreche dem des Diebstahls.66 Eine Bevorzugung des Sacheigentümers könne vor Art. 3 GG keinen Bestand haben.67 Zudem stehe das geistige Eigentum unter der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, auch wenn die Verbreitung einzelner Werke unzulässig ist. 68 Schließlich verstoße die Tätigkeit der GÜFA, der wichtigsten Verwertungsgesellschaft für pornographische Filme, nicht insgesamt gegen § 138 Abs. 1 BGB; wenn aber die Zulassung der GÜFA nicht sinnwidrig sein soll, müsse dieser Verwertungsgesellschaft die Möglichkeit zustehen, Urheberrechte geltend zu machen.69 Mir erscheint es am überzeugendsten, mit Heinrich 70 unter Berücksichtigung der Folgen71 einer Einschränkung des Werkbegriffs zu argumentieren: Die Herausnahme sittenwidriger, verbotener oder mit einem Verbreitungsverbot belegter Werke aus dem Urheberrechtsschutz hätte die unerwünschte Folge, dass die Verbreitung dieser Produkte gefördert würde, weil keine urheberrechtlichen Sanktionen zu befürchten wären. Die Anzahl der auf dem Markt erhältlichen Produkte stiege an. So60

OLG Hamburg, GRUR 1984, 663 („Video-Intim") [zu §§94ff. UrhG]; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 8; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 183 f.; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 19; Kircher, S.85; Schricker- Η aß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.2 u. § 107 UrhG Rn.3 u. 10; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.76 u. S. 139 u. S. 174 u. Wesen, S.54f. 61 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 183; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn.21. 62 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.76. 63 Münchener Kommentar-L/eZ?, § 817 BGB Rn. 9, m. w. N. 64 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.76; vgl. auch: BGHZ 40, 1,6. 65 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 8; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 21 ; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 174. 66 Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn.21 ; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.59. 67 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 174. 68 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 8; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 174. 69 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 8, unter Hinweis auf: OLG Hamburg, GRUR 1984, 663 („Video-Intim"). 70 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 184; auch: Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 19. 71 Zur folgenorientierten Auslegung: Deckert, S. 480ff.

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

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fern derartigen Werken dagegen urheberrechtlicher Schutz zukommt, wachen auch deren Urheber über Vervielfältigung und Verbreitung. Aus diesen Überlegungen erscheinen eine Reihe denkbarer Differenzierungen nicht sinnvoll: So muss dem Urheber das strafrechtliche Verbot der unberechtigten Vervielfältigung eines Werks auch in den Fällen zur Seite stehen, in denen erst dessen Verbreitung unzulässig ist. Im Hinblick auf eine Unterscheidung zwischen einem absoluten Verbot des Besitzes eines Werks - etwa im Falle des § 184 Abs. 4 StGB - und einem einfachen Verbreitungsverbot ist festzuhalten, dass es mit Blick auf den gesetzgeberischen Willen, bestimmte Formen der Pornografie zurückzudrängen, nicht auf die Schutzrichtung72 der §§ 106 ff. UrhG ankommen kann, Rechte des Urhebers strafrechtlich abzusichern. Da sittenwidrige, verbotene oder mit einem Verbreitungsverbot belegte Werke also strafrechtlichen Urheberrechtsschutz genießen, muss auch die Stellung eines Strafantrags 73 zulässig sein.74 Ob in derartigen Fällen das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu bejahen ist, wird an anderer Stelle75 zu erörtern sein. Häufig wird die Straftat nach den §§ 106 ff. UrhG ohnehin unwesentliche Nebentat sein, so dass eine Verfügung nach § 15476 oder § 154 a StPO angebracht ist. Dies ist jedenfalls immer dann der Fall, wenn eine Verbreitungshandlung gegen Strafvorschriften mit wesentlich höheren Strafdrohungen verstößt.77 4. Problem der Werkteile Nach allgemeiner Auffassung kommt als Tatobjekt auch ein selbstständig geschützter Werkteil in Frage.78 Denn der Gesetzgeber79 des UrhG wollte nichts an der 72

Zum Rechtsgüterschutz: Kap. 2 B. Vgl. zum Strafantrag: Kap. 7 A.I. 74 Wie hier: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 8. 75 Vgl. zum öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung bei sittenwidrigen, verbotenen oder mit Verbreitungsverbot belegten Werken: Kap. 7 A. II. 2. 76 Vgl. zum Abschluss des Verfahrens: Kap. 7 A.X. 77 So auch: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 8; vgl. daneben: Kleinknecht/Meyer-Goßner, §154 StPO Rn.7. 78 BT-Drucks. IV/270, S. 108; Β GHZ 9, 262, 267 f. („Lied der Wildbahn Γ ) ; 15, 249, 255 („Cosima Wagner"); 22, 209, 219 („Europapost"); 26, 52, 55 f. („Sherlock Holmes"); 28, 234, 237 („Verkehrskinderlied"); GRUR 1963, 441, 443 („Mit Dir allein"); OLG Düsseldorf CR 1997, 337, 338; Bortloff, ZUM 1993, S.477; Eiding, S. 127f.; Erdmann, CR 1986, S.256; Fischer, S. 141; Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.2; Haberstumpf, GRUR 1982, S. 150; Hanser-Strecker, S. 166; Haß, Rechtsschutz, Rn. 68; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 177 u. S. 185; Hentschel, ZUM 1985, S.499; Katzenberger, GRUR 1990, S.96; Kolle, GRUR 1982, S.454; Letzgus, S.281; Möhring/Nicolini-Nicolini, §2 UrhG Anm. 10e; Möhring/NicoliniSpautz, § 106 UrhG Anm. 4; Plassmann, S.205f.; Röttinger, IuR 1987, S.270, unter Hinweis auf das österreichische Recht; Rupp, Computersoftware, S. 108 f. u. GRUR 1986, S. 148; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 3; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 14; G. Schulze, S. 17; Sieber, Computerkriminalität, 2. Aufl., S.69; Ulmer, GRUR 1971, 73

C. Tatobjekt

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bestehenden Rechtslage ändern.80 Vor Inkrafttreten des UrhG nämlich stellte §41 LUG ausdrücklich die Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe von Werkteilen unter Strafe. Es kommt deswegen lediglich darauf an, ob der Werkteil den Anforderungen des § 2 Abs. 2 UrhG genügt.81 Dies gilt auch für kleine Teile eines Werks, die persönliche geistige Qualität aufweisen, ohne dass diese einen erheblichen Teil des Gesamtwerks ausmachen müssen oder ohne dass sich die besondere Eigenart des Werks in diesen Teilen offenbart. 82 So lassen sich bei einem weitschweifigen Roman längere Passagen ohne eigenschöpferischen Inhalt ausmachen, bei einem lyrischen Gedicht dagegen können bereits fünf nebeneinanderstehende Worte das persönliche Gepräge des Urhebers wiedergeben.83 Weber 84 führt Beispiele für schutzfähige Werkteile aus verschiedenen Bereichen schöpferischen Schaffens an: examensrelevante Teile eines Lehrbuches, die Aufnahme nur eines Satzes einer Sonate oder Sinfonie für eine Platte mit publikumswirksamen Stücken oder die Verwendung einer bestimmten Figur eines Werks der bildenden Künste für Werbezwecke. Diese Liste lässt sich nahezu beliebig verlängern: Ein Werk kann aus Teilen verschiedener anderer Werke zusammengesetzt werden.85 In Betracht kommt auch der Titel eines Werks, sofern er für sich genommen eine persönliche geistige Schöpfung darstellt. 86 Ein Teil eines Sammelwerks oder Datenbankwerks, der durch Auswahl und Anordnung eine eigenschöpferische Tätigkeit erkennen lässt, wird übernommen.87 Auch bei der Übernahme geschützter Teile eines Computerprogramms stellt sich das Problem. 88 Auch dass nach § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG bei der Auslegung von Strafvorschriften der mögliche umgangssprachliche Wortsinn eine Grenze der Auslegung darstellt 89, steht der Einbeziehung von Werkteilen nicht entgegen. Denn der umgangssprachliche Werkbegriff ist selbst äußerst weit und umfasst nicht nur künstleS. 298 u. Urheber- und Verlagsrecht, S. 134; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 173 i. V.m. S.73f. u.S. 205. 79 BT-Drucks.IV/270, S.107. 80 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.205. 81 Bortloff, ZUM 1993, S.477; Eiding, S. 127f.; Katzenberger, GRUR 1990, S.96; Letzgus, S.281; Ulmer, GRUR 1971, S.298; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.73 u. S.205. 82 BGHZ 9, 262, 267 f. („Lied der Wildbahn I"); 28, 234, 237 („Verkehrskinderlied"); Letzgus, S. 281 ; Möhring/Nicolini-Nicolini, § 2 UrhG Anm. 10e; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 122; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.73 u. S.206; a. A. noch RGZ 12, 113, 117; 116, 292, 303; 128, 285, 289; 144, 75, 79; RGSt 8, 428, 430. 83 Wie hier: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.205. 84 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.204f. 85 Katzenberger, GRUR 1982, S.718. 86 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.74. 87 Eiding, S. 135. 88 Rupp, Computersoftware, S. 110. 89 Vgl. nur: BVerfGE 92, 1, 12; Baumann, S. 394ff.; Roxin, Strafrecht, §5, Rn.26ff.

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

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rische Leistungen, sondern wird daneben selbst auf Sachverhalte angewandt, in denen jemand irgendetwas getan oder hervorgebracht hat.90 Nicht unter den Werkbegriff fällt dagegen die Übernahme von Stil und Manier eines bildenden Künstlers in eigenen Werken91 oder die Verwertung einer oder mehrerer nichtssagender Passagen92. Weber 93 will in Einzelfällen auch solche Teile von Werken erfassen, die keine eigenschöpferische Qualität aufweisen. Dies sei etwa der Fall bei Werken, die zum Großteil aus nichtschöpferischen und nur zu einem kleinen Teil aus eigenschöpferischen Passagen bestehen und wo auch die Vervielfältigung eines Großteils des Werks, der praktisch das gesamte Werk ausmacht, selbst aber keine eigenschöpferischen Teile aufweist, das Tatbestandsmerkmal der Vervielfältigung erfülle. Weber begründet seine Ansicht damit, dass dabei der kleine, urheberrechtlich geschützte Teil von der Verwertung quasi mit umfasst werde. Ich vermag Weber nicht zu folgen. Zwar ist ihm mit der Rechtsprechung94 insoweit Recht zu geben, dass es nicht darauf ankommt, ob sich die besondere Eigenart des Werks als Ganzem im betroffenen Teil offenbart. Doch wird Zweck und Systematik des UrhG, wonach nur persönliche geistige Schöpfungen Schutz genießen, verfehlt, wenn der Werkschutz auch solchen Werkteilen zukommen soll, die keine eigenschöpferische Qualität aufweisen. Im Übrigen fehlt es in diesen Fällen an einem Schutzbedürfnis 95. 5. Problem der Sammelwerke Bei Sammelwerken i. S. v. § 4 Abs. 1 UrhG ist zu unterscheiden: Das in ein Sammelwerk aufgenommene Werk unterfällt problemlos dem Schutz des § 106 UrhG. 96 Dagegen verursacht im Hinblick auf das Sammelwerk selbst die gesetzgeberische Formulierung der §§4 Abs. 1 und 106 Abs. 1 UrhG Auslegungsprobleme. Denn § 106 UrhG erwähnt Sammelwerke im Gegensatz zu Bearbeitungen und Umgestaltungen nicht, woraus im argumentum e contrario 97 geschlossen werden könnte, diese seien nicht erfasst. Dies müsse erst recht gelten, wenn zwischen einem Schutz „als" Werk einerseits und „wie" ein Werk andererseits zu unterscheiden ist,98 da im zweiten Fall lediglich eine Fiktion vorliege. 99 Letzteres verkennt Weber 10°, wenn er fest90 91 92 93 94 95 96 97 98 99

Vgl.: Duden, Stichwort „Werk"; Microsoft Encarta, Wörterbuch, Stichwort „Werk". Ebenso: Katzenberger, GRUR 1982, S.718. Ebenso: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.205. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.205 f. So BGHZ 9, 262, 267 f. („Lied der Wildbahn I"). Ebenso: BT-Drucks. IV/270, S. 108. Wie hier: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 186. So: Lampe, UFITA 83 (1978), S.28. So: Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.2. Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 180, Fn. 30.

C. Tatobjekt

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stellt, Sammelwerke seien bereits nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 UrhG erfasst, wo angeordnet wird, dass Bearbeitungen bzw. Sammelwerke „wie selbstständige Werke geschützt4' sind. Aus gleichem Grund lässt sich der Überschrift „Das Werk" des 2. Abschnitts des 1. Teils des UrhG nicht entnehmen, der Gesetzgeber wolle alle dort im Einzelnen aufgeführten Schöpfungen als Werke ansehen.101 Gleichwohl ist bislang nicht vertreten worden, Sammelwerke seien von § 106 UrhG nicht erfasst. 102 Denn deren Schutz entspreche dem Willen 103 des Gesetzgebers. 104 Bereits in den Vorläufergesetzen des UrhG - in § 4 LUG und § 6 KUG - sei das Sammelwerk als Werk behandelt worden und damit dem strafrechtlichen Schutz unterfallen. 105 Wie sich aus den Gesetzesmaterialien106 ergebe, habe der Gesetzgeber an dieser Rechtslage nichts ändern wollen. 107 Auch wird kriminalpolitisch argumentiert, die in der Auslese oder Anordnung einzelner Beiträge liegende persönliche geistige Schöpfung des Herausgebers eines Sammelwerks müsse strafrechtlich geschützt sein108. Die Gestaltung eines Sammelwerks stelle keine geringere schöpferische Leistung dar als etwa eine Übersetzung.109 Überdies sei die Herausgebertätigkeit als eigenschöpferische Leistung höher zu bewerten als die nach § 108 UrhG denselben Schutz genießenden nichtschöpferischen Leistungen.110 Entscheidend erscheint mir mit Blick auf die Verbote des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG folgendes: Die Subsumtion des Sammelwerks unter den Werkbegriff des § 106 UrhG stellt keine verbotene Analogie dar, sondern bewegt sich im Rahmen zulässiger Auslegung.111 Denn schon bei begrifflicher Betrachtung bildet das „Sammelwerk" einen Unterfall des „Werks". Anders als Haß nl und Weber 113, die das Ergebnis dem § 4 Abs. 1 UrhG entnehmen wollen, möchte ich zur Begründung unmittelbar auf § 2 Abs. 2 UrhG zurückgreifen. Denn sofern die Voraussetzungen des §4 Abs. 1 UrhG erfüllt sind, greift zugleich auch stets § 2 Abs. 2 UrhG ein, da eine persönliche geistige Schöpfung vorliegt. § 4 Abs. 1 UrhG hat insofern nur klarstellende Bedeutung. 100

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 186. Anders aber: E. Braun, Produktpiraterie, S. 148; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 186. 102 Zustimmend aber: E. Braun, Produktpiraterie, S. 148; Eiding, S. 134f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 180, Fn.30; Kircher, S. 15; Lampe, UFITA 83 (1978), S.28; Plassmann, S.205 f.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.2; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 187. 103 Vgl.: BT-Drucks. IV/270, S. 107f. 104 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 180, Fn.30; Lampe, UFITA 83 (1978), S.28. 105 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 186. 106 BT-Drucks. IV/270, S. 107. 107 Lampe, UFITA 83 (1978), S.28; Weber., Der strafrechtliche Schutz, S. 186. 108 Kircher, S. 15; Plassmann, S.205; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 187. 109 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 186. 110 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 186. 111 So auch: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 186f. 112 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.2. 113 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 186. 101

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

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6. Besonderheiten bei Computerprogrammen Die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Schutzes von Computerprogrammen 1 1 4 haben in den letzten Jahren 115 einige Veränderungen erfahren: Noch als „Programme für die Datenverarbeitung" wurden diese durch die Urheberrechtsnovelle 1985 1 1 6 in den gesetzlichen Katalog der geschützten Werke des § 2 Abs. 1 UrhG aufgenommen. Bereits damals gehörte die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Computerprogramme 117 , insbesondere Computerspiele 118 , Schutz genießen, zu den umstrittensten Problemen des Urheberrechts. Nachdem der B G H 1 1 9 an den Werkschutz von Computerprogrammen hohe Anforderungen stellte und verlangte, das Programm müsse die Leistung eines Durchschnittsprogrammierers deutlich übersteigen, erhielt die Diskussion durch Initiativen der Europäischen Gemeinschaft neuen Anstoß. 1 2 0 Dies führte nach Verabschiedung einer entsprechenden Richtlinie 1 2 1 zur Einfügung der §§ 69äff. UrhG durch das 2. Urheberrechtsände114

Zu den technischen Einzelheiten der Programmentwicklung aus rechtlicher Sicht: Schulze-Heiming, S. 114ff. 115 Zur geschichtlichen Entwicklung auch: Marly , Softwareüberlassungsverträge, Rn. 116 ff. 116 Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts vom 24.6.1985, BGB1.I, S. 1137. 117 Vgl. zur alten Rechtslage: AG München CR 1986, 223; Betten, GRUR 1991, S. 453 ff. u. Mitt. 1983, S. 63 ff.; Buchmüller, S. 31 ff.; Bühler, S. 181 ff.; Dreier, CR 1991, S. 577ff.; T. Emmerich, S.44ff.; Erdmann, FS-OLG Oldenburg, S. 644ff.; Fritzsche, S.497; v. Gravenreuth, GRUR 1986, S.720ff. u. GRUR 1991, S.455f.; Haberstumpf, Rechtsschutz, Rn.28ff.; Haß, Rechtsschutz, Rn. 66f.; Henssler, S. 494ff.; Junker, Computerrecht, Rn. 95 ff. u. JZ 1993, S. 344ff.; Kappes, S. 660; Kindermann, GRUR 1983, S. 155 ff.; Kolle, GRUR 1982, S.443ff.; König, CR 1991, S.584ff.; Kortsik, S.75ff.; Lampe, GA 1975, S.20f.; Loewenheim, ZUM 1985, S.26ff.; Meier, S.657ff.; W Nordemann, FS-Roeber, S.297ff.; Preuß, S.59ff. u. S. 139ff.; Röttinger, IuR 1986, S. 12ff. u. IuR 1987, S. 93ff.; Rupp, Computersoftware, S. 89ff. u. wistra 1985, S. 141 u. ZUM 1986, S. 12f.; Schlüchter, NStZ 1988, S.54; Schmitz/ Schmitz, S. 62ff.; Schulze-Heiming, S. 116ff.; Sieber, BB 1981, S. 1550ff. u. BB 1983, S. 977 ff. u. Computerkriminalität, 2. Aufl., S.54ff.; Sieg, Jura 1986, S. 359; Ulimann, CR 1992, S.641 ff.; Ulmer/Kolle, S.493ff.; Wille, S.213ff.; Wulff, BB 1985, S.427; überragend: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 89 ff. 1,8 Vgl. zur alten Rechtslage: BayObLG JZ 1993, 104ff. („Verwertung von Computerspielen4'); LG Münster CR 1989,927; CR 1989,928; AG Hamburg CR 1987,601 ; AG Mainz NJW 1989, 2637; AG Rheine CR 1989, 927; Euer, CR 1989, S.928; v. Gravenreuth, CR 1987, S. 161 ff. u. DB 1986, S. 1005ff. u. GRUR 1985, S.416ff. u. NStZ 1992, S.41 u. RDV 1991, S. 25 ff., jeweils m. w.N.; Junker, Computerrecht, Rn. 126ff.; Lehmann/Schneider, NJW 1990, S.3181 ff. u. RDV 1990, S.68ff. u. RDV 1991, S.30f.; Loewenheim, FS-Hubmann, S.307ff. u. ZUM 1985, S.30f.; W Nordemann, GRUR 1981, S.894; Röttinger, IuR 1987, S. 100ff.; Schüler, S. 496f.; Seisler, S. 1293f.; Syndicus, CR 1991, S.529ff. u. CR 1992, S.481f.; Wille, S.213ff.; Winkelbauer, CR 1985, S.43f. 119 BGHZ 94, 276 („Inkassoprogramm"). 120 Vgl. zu den Einzelheiten: Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, vor §§69 a ff. UrhG Rn. 2f. 121 Richtlinie 91/250/EWG, ABl. Nr. L 122 v. 17.5.1991, S.42; hierzu: Lehmann, GRU1 Int. 1991, S. 327 ff.

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rungsgesetz vom 9.6.1993.122 Noch vor Inkrafttreten dieser Änderungen korrigierte auch der BGH 1 2 3 seine Rechtsprechung zu Computerprogrammen und senkte die von ihm gestellten Schutzanforderungen. Nach § 69 a Abs. 3 UrhG genießen Computerprogramme nunmehr bereits dann Schutz, wenn sie „eigene geistige Schöpfungen" darstellen. Was diese Formulierung im Einzelnen bedeuteten soll, wird auf verschiedene Weise umschrieben: An den urheberrechtlichen Schutz seien geringere Anforderungen zu stellen als vorher. 124 Nunmehr sei auch die sogenannte „kleine Münze" geschützt.125 Es genüge bereits Individualität des Programms. 126 Computerprogramme seien geschützt, wenn dem Programmierer bei der Lösung der ihm gestellten Aufgaben ein hinreichender Spielraum zur individuellen Gestaltung verbleibt und die Konzeption Eigentümlichkeiten aufweist, die nicht als trivial, banal und von der Sachlogik her zwingend vorgegeben erscheinen.127 Zwar mag die Bestimmung der Schutzfähigkeit auch nach Einführung des § 69 a UrhG immer noch Probleme mit sich bringen. 128 Aber im Ergebnis dürfte nunmehr feststehen, dass im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung des BGH die überwiegende Zahl der Computerprogramme sowie des entsprechenden Entwurfmaterials (§69 a Abs. 1 UrhG) urheberrechtlichen Schutz genießen.129 Andererseits greift die Formulierung, nunmehr bestehe ein „bedingungsloser Schutz" von Computerprogrammen, zu weit 130 . Denn auch bei Computerprogrammen ist die Schutzfähigkeit stets im Einzelfall zu untersuchen. Umstritten ist, ob die Einführung des § 69 a UrhG eine Erweiterung des Werkbegriffs mit sich gebracht hat. So wird ausgeführt, der Begriff der „eigenen geistigen Schöpfung" entspreche dem der persönlichen geistigen Schöpfung; der Gesetzgeber habe lediglich den Wortlaut der Richtlinie übernehmen und die sogenannte 122

BGB1.I 1993, S.910. BGHZ 123, 208 („Buchhaltungsprogramm 4'); dazu: Raubenheimer, S.72ff. 124 BGHZ 123, 208 („Buchhaltungsprogramm"); OLG Karlsruhe NJW-RR 1995, 176, 177; OLG Düsseldorf CR 1997, 337, 338; LG München I CR 1997, 351, 353; LG Oldenburg, CR 1996 217, 219; Eiding, S. 121 \ Erdmann/Bornkamm, S. 879; Junker, NJW 1998, S.948; Marly, jur-PC 1992, S. 1567 u. NJW-CoR 1993, S.21 u. NJW 1994, S.2005 u. Softwareüberlassungsverträge, Rn. 114; Raubenheimer, S.71; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.2; vgl. auch: Schulze-Heiming, S. 121. 125 OLG Frankfurt/M. CR 1998, 525; Dierck/Lehmann, S.538f.; Dreier, GRUR 1993, S. 782; Erdmann/Bornkamm, S. 879; Loewenheim, Praxis, S. 274; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.2. 126 Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn. 2; Haurand, S. 273; Junker, NJW 1998, S. 948; Raubenheimer, S.71. 127 OLG Düsseldorf CR 1997, 337, 338; Junker, NJW 1998, S.948; Marly, Softwareüberlassungsverträge, Rn. 113; ähnlich: Bork, S. 1666; differenzierend: Ensthaler/Möllenkamp, S. 151 ff. 128 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 739. 129 Wie hier: Beermann, S.610; Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 160; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 178 u. S. 289 u. JZ 1994, S.938f., m. w.N.; Kappes, S.661; Lehmann, NJW 1993, S. 1822; Raubenheimer, S.71; bejahend zu Internet-Seiten: Cichon, S.899. 130 So aber: Kappes, S.660. 123

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

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„kleine Münze" 131 erfassen wollen 132 . Ich kann dem nicht folgen. Denn sofern Computerprogramme überhaupt Werke i. S. v. § 2 Abs. 2 UrhG darstellen, fallen sie in den Bereich von Gebrauchsgegenständen, in dem nach ständiger Rechtsprechung des BGH jedenfalls dann kein Schutz der kleinen Münze existieren würde, wenn es § 69 a UrhG nicht gäbe133. Möglichkeiten individueller Gestaltung von Computerprogrammen existieren jedenfalls bei Anwendersoftware kaum; vielmehr müssen zahlreiche Vorgaben beachtet werden, durch die die Programmbenutzung erst ermöglicht wird. Überspitzt formuliert stellt die Einführung der §§69 a ff. UrhG somit weniger eine Änderung des Schutzniveaus dar als vielmehr die Schaffung eines neuen Leistungsschutzrechts unter dem Deckmantel des Werkbegriffs. Jedenfalls aber wird man zugeben müssen, dass der durch die Rechtsprechung des BGH geprägte Werkbegriff für den Bereich der Computerprogramme modifiziert und erweitert wurde 134 . Dagegen bleibt es außerhalb der §§ 69a bis 69g UrhG bei den herkömmlichen Schutzvoraussetzungen.135 In strafrechtlicher Hinsicht hat dies eine Reihe von Konsequenzen: Dadurch, dass der Werkbegriff nicht mehr einheitlich in §§ 2 bis 4 UrhG definiert ist, wurde § 106 UrhG hinsichtlich des Werkbegriffs zum Blankettgesetz. Dies hat Auswirkungen in der strafrechtlichen Irrtumslehre, auf die unten136 zurückzukommen sein wird. Da an Computerprogramme andere Schutzanforderungen gestellt werden als an andere Werke, ist ferner der Begriff des Computerprogramms zu klären. Schließlich ist zu prüfen, welche Auswirkungen das strafrechtliche Rückwirkungsverbot des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG auf die Auslegung des veränderten Werkbegriffs hat. In § 69 a Abs. 1 UrhG wird der Begriff des Computerprogramms nicht definiert. Im Schrifttum 137 wird vielfach auf die Begriffsbestimmung in § 1 (i) der Mustervorschriften der WIPO 138 zurückgegriffen. Danach ist ein Computerprogramm „eine Folge von Befehlen, die nach Aufnahme in einen maschinenlesbaren Träger fähig sind zu bewirken, dass eine Maschine mit informationsverarbeitenden Fähigkeiten eine bestimmte Funktion oder Aufgabe oder ein bestimmtes Ergebnis anzeigt, ausführt oder erzielt". Dies lässt sich auf die Kurzformel bringen, dass es darauf ankommt, ob eine Datei selbstständig lauffähig ist. 139 Eine CD-ROM mit einer Gesetzessammlung ist danach nicht geschützt140, wogegen bei Datenbanken das Daten131

Vgl. dazu und zum Begriff der persönlichen geistigen Schöpfung: Kap. 2 C.I.2. OLG Düsseldorf CR 1997,337,337 fSchricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 69 aUrhG Rn. 14, m. w.N. 133 Vgl. dazu: Kap. 2 C. 1.2. 134 Im Ergebnis wie hier: Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 160f. u. S. 163; Raubenheimer, S. 74. 135 So auch: Junker, NJW 1998, S.948. 136 Vgl. zur Einordnung von Irrtümern hinsichtlich des Werkbegriffs: Kap. 6 D. II. 2. a. 137 Cichon, S. 899; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §69 a UrhG Rn.2, m.w.N. 138 Abgedruckt in: GRUR 1979, 306. 139 So schon: Rupp, wistra 1985, S. 137. 140 Wie hier: Junker, NJW 1998, S.948. 132

C. Tatobjekt

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bankverwaltungssystem dem Begriff des Computerprogramms unterfällt und somit den Schutz nach §§ 69äff. UrhG genießt141. Auch wird der Begriff des Computerprogramms im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG kaum Probleme aufwerfen. Zwar sind Grenzfälle bei solchen Dateien denkbar, die - wie manche Typen digital gespeicherter Bilder oder Sounds - zwar nicht allein, aber mit Hilfe von Zusatzprogrammen lauffähig sind. Doch sind derartige Abgrenzungsprobleme kein spezifisches Problem des Begriffs „Computerprogramm", sondern können prinzipiell bei jedem Straftatbestand auftreten. Zudem wird das Problem dadurch gemildert, dass die meisten der genannten Dateien ohnehin strafrechtlichen Schutz nach § 108 UrhG genießen werden. Schließlich stellt es meines Erachtens keinen Verstoß gegen das Analogieverbot oder die Wortlautgrenze dar, wenn nach § 69 a Abs. 1 UrhG auch Entwurfsmaterial dem Begriff des Computerprogramms unterfällt. Denn auch in der Umgangssprache wird nicht selten einem Entwurf eines Werks dieselbe Bezeichnung zuerkannt wie dem späteren Werk. Auch umgangssprachlich kann mithin schon der Entwurf als „Computerprogramm" bezeichnet werden. Es bleibt zu klären, welche Erfordernisse § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG bei einer Änderung des Werkbegriffs stellen. Dieses Problem ist in der urheberstrafrechtlichen Literatur im Hinblick auf die Aufnahme von „Programmen der Datenverarbeitung" in den Katalog des § 2 Abs. 1 UrhG zum 1.7.1985 erörtert worden: Zum Teil wurde gefordert, es dürfe - soweit nicht auf die Qualität als Filmwerk abgestellt werde - keine Verurteilung wegen Verwertung solcher Programme vor diesem Zeitpunkt erfolgen 142. Dem ist entgegen gehalten worden, dass das Wort „insbesondere" in § 2 Abs. 1 UrhG zum Ausdruck bringe, dass es sich nicht um einen abgeschlossenen Katalog handelt und Computerprogramme mithin auch vorher schon geschützt waren 143. Dies gelte selbst für neue Werkarten. 144 Es komme vor und nach der Änderung lediglich darauf an, ob eine persönliche geistige Schöpfung vorliegt. 145 Der Gesetzgeber146 habe lediglich klarstellend eingreifen wollen, so dass ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG nicht vorliege. 147 Was im Hinblick auf die Änderung des § 2 Abs. 1 UrhG zutrifft, kann hinsichtlich der Einfügung der §§ 69äff. UrhG nicht gelten. Denn die Urheberrechtsnovelle vom 141

Ebenso: Eiding, S. 119 u. S. 121 f. BayObLG JZ 1993, 104, 106 („Verwertung von Computerspielen"); Wille, S. 213; wohl auch: Schlächter, NStZ 1988, S.54. 143 Syndicus, CR 1992, S.481 f.; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn.3; Weber, JZ 1993, S. 108; ähnlich: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.68; ohne nähere Begründung a. Α.: Eisenberg, Kriminologie, §47, Rn.49, Fn.42; Wille, S.213. 144 Weber, JZ 1993, S. 108. 145 Weber, JZ 1993, S. 108. 146 BT-Drucks. 10/3360, S. 18. 147 Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn. 3; Syndicus, CR 1992, S.481 f.; vgl. auch: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.68. 142

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24. Juni 1993148 hat das Tatbestandsmerkmal „Werk" erheblich erweitert, indem Urheberrechtsverletzungen im Bereich der Standardsoftware unter Strafe gestellt wurden.149 Aus § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG folgt deswegen das Verbot der Rückwirkung hinsichtlich solcher Rechtsverletzung, die vor dem 24. Juni 1993 begangenen sind. 150 Diese Argumentation wird dadurch gestützt, dass sich selbst im Zivilrecht 151 die Rückwirkung nur auf die Absenkung der Schutzanforderungen, nicht aber auf vorher begangene Verletzungshandlungen erstreckt 152. Auch der Gedanke einer unmittelbaren Anwendung der Richtlinie im Wege richtlinienkonformer Auslegung153 seit Ablauf der Umsetzungsfrist am 1. Januar 1993 kann zu keinem anderen Ergebnis führen 154; denn zum einen genügt eine Richtlinie ohnehin nicht den Anforderungen des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG 155 , zum anderen gebietet die Richtlinie nur fragmentarischen strafrechtlichen Schutz. Dagegen ist trotz § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG eine Rechtsverletzung an älteren Computerprogrammen strafbar, soweit sie nach dem 24. Juni 1993 begangen wurde; denn seit diesem Zeitpunkt gilt der erweiterte Werkbegriff auch für alte Programm e - § 137 d UrhG. 156 7. Besonderheiten bei Datenbank wer ken Der Schutz für Datenbankwerke157 gelangte aufgrund der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken158 durch das Informations- und KommunikationsdiensteGesetz (IuKDG) 159 ins UrhG. Nach § 4 Abs. 2 UrhG sind Datenbankwerke ein Unterfall der Sammelwerke 160 i. S. v. §4 Abs. 1 UrhG 161 . Vom Datenbankwerk selbst ist 148

BGBl. 1993 1,910. Wie hier: Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 160f. u. S. 163; Raubenheimer, S.74. 150 Raubenheimer, S.74. 151 Vgl. BGHZ 123,208,211 („Buchhaltungsprogramm"); Lehmann, CR 1993, S.755; Raubenheimer, S.74. 152 So auch: Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn. 3. 153 Dazu auch: Erdmann/Bornkamm, S. 879f. 154 Unklar insofern: Raubenheimer, S.74. 155 Entsprechend: Doepner/Reese, S.772f.; vgl. dazu auch: Jarass/Pieroth-Pieroth, Art. 103 Rn.43; offengelassen von: Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn.3. 156 Ebenso: Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn.3. 157 Dazu: Eiding, S. 32 u. S. 133 f.; Hillig, ZUM 1992, S. 325 ff.; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §4 UrhG Rn.28ff.; zur Einordnung von Multimediaanwendungen als Datenbankwerk: Wiebe/Funkat, S.71 ff. 158 Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken, ABl. Nr. L 77 v. 27.3.1996, S. 20, abgedruckt in GRU 1 Int. 1996, 806. 159 Gesetz vom 22.7.1997, BGB1.I, S. 1870; vgl. BT-Drucks. 13/7934. 160 Vgl. zum strafrechtlichen Schutz von Sammelwerken: Kap. 2 C. 1.5. 161 Vgl. schon: Hoebbel, Rn. 12 f. 149

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das Datenbankverwaltungssystem zu unterscheiden, das nach §4 Abs. 2 S. 2 UrhG nicht zum Datenbankwerk gehört, aber in der Regel als Computerprogramm 162 Schutz nach §§ 69äff. UrhG genießen wird. 163 Auch erstreckt sich der datenbankrechtliche Schutz nicht auf die erfassten Inhalte 164 ; bei Werken die - zusätzlich zu einer anderen Veröffentlichungsform - auch digital gespeichert werden, hängt mithin der Schutz davon ab, ob die zugrunde liegende Publikation urheberrechtlichen Schutz genießt.165 Neben dem Schutz als Datenbankwerk besteht unter bestimmten Voraussetzungen auch Leistungsschutz nach §§ 87äff. i. V. m. § 108 Abs. 1 Nr. 8 UrhG. Auslegungsprobleme sind im Hinblick auf Datenbankwerke insbesondere im Bereich der sogenannten „kleinen Münze" 166 vorherzusehen. Denn während die Richtlinie 167 - wie bei Computerprogrammen - hinsichtlich des Schutzniveaus lediglich eine eigene geistige Schöpfung voraussetzt und auf die Anwendung anderer Kriterien verzichten will, hat der deutsche Gesetzgeber168 auf dieses Merkmal verzichtet, weil - anders als bei Computerprogrammen - kein Bedarf bestanden habe, zu hohe Anforderungen der Rechtsprechung abzusenken. Da Datenbank werke nunmehr einen Unterfall der Sammelwerke darstellen, findet der gewöhnliche Werkbegriff des § 2 UrhG Anwendung. Daraus wird für die Mehrzahl der Datenbanken die Nichtanwendbarkeit von §4 UrhG gefolgert. 169 Dies überzeugt aus Sicht des deutschen Rechts, da Datenbanken im Regelfall wenig Raum für individuelle Gestaltung lassen und somit denjenigen Werkgattungen unterfallen, bei denen die „kleine Münze" keinen Schutz genießt. Überdies wird es regelmäßig an der erforderlichen Originalität der Anordnung fehlen, da nur einfachste allgemein bekannte Ordnung skriterien wie alphabetische oder numerische Anordnungen verwirklicht sind. Auf den personellen oder finanziellen Aufwand der Herstellung darf dabei ebenso wenig abgestellt werden wie auf die Leistungsfähigkeit des Zugriffssystems, da dieses nicht zur eigentlichen Datenbank gehört 170. Die Gegenansicht möchte § 4 UrhG richtlinienkonform auslegen. Danach genüge auch bei Datenbankwerken Individualität, so dass auch die „kleine Münze" erfasst werde. 171 Insofern bleibt abzuwarten, wie BGH und gegebenenfalls EuGH entschei162

Vgl. zum Schutz von Computerprogrammen: Kap. 2 C.I.6. Ebenso: Eiding, S. 119 u. S. 121 f. 164 Wie hier: Eiding, S.31 u. S. 126f. 165 So auch: Junker, NJW 1991, S.2120; Katzenberger, GRUR 1990, S.96; Schulze-Heiming, S. 123; auch: Eiding, S. 33 u. S. 126f. 166 Vgl. zum Begriff: Kap. 2 C. 1.2. 167 Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken, ABl. Nr. L77 v. 27.3.1996, S. 20, abgedruckt in GRU 1 Int. 1996, 806. 168 BR-Drucks. 966/96, S.45. 169 Eiding, S. 134. 170 Vgl. zum Ganzen: Eiding, S.32 u. S. 133 f. 171 Fromm/Nordemann-Nordemann, §4 UrhG Rn.3; Hillig, ZUM 1992, S.326; Loewenheim, Praxis, S.276; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 157; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 4 UrhG Rn. 33; Vogel, S. 600; wohl auch: Kotthoff, S. 598; Wenzel, Rn. 7.36. 163

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den werden. Ich meine, dass - jedenfalls bis zu einer abschließenden Entscheidung - aufgrund richtlinienkonformer Auslegung keine Strafbarkeit nach §§4 Abs. 2, 106 UrhG wegen unerlaubter Verwertung von Datenbankwerken begründet werden kann. Denn insofern greift der Bestimmtheitsgrundsatz des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG 172 , da gegenwärtig das Risiko einer Bestrafung nach § 106 UrhG kaum vorhersehbar ist 173 . Außerdem bereitet eine strafbarkeitsbegründende richtlinienkonforme Auslegung zusätzliche Probleme. Denn eine Richtlinie genügt nicht ohne weiteres den Anforderungen des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG 174 . Zudem gebietet die Richtlinie 96/9/EG keinen Strafrechtsschutz 175. Die §§4, 106 UrhG werden also in dem Sinne eng auszulegen sein, dass jedenfalls die „kleine Münze" vom Straftatbestand nicht erfasst ist. 8. Frage der Vereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 2 GG Die Frage der Vereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 2 GG stellt sich in zweierlei Weise. Zum einen kann ein Verstoß gegen die Verfassungsvorschrift zur Nichtigkeit eines Straftatbestands führen (a)) 176 , zum anderen müssen sich fachgerichtliche Entscheidungen an Art. 103 Abs. 2 GG messen lassen, so dass im Einzelfall eine verfassungskonforme Auslegung einer Strafvorschrift geboten sein kann (b)) 177 . a) Verfassungsmäßigkeit

des §106 UrhG im Hinblick auf den Werkbegriff

Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 106 im Hinblick auf das Tatobjekt ist bislang nur von Weber ausführlich erörtert worden. Seinem Ergebnis, die Vorschrift umschreibe die Angriffsobjekte hinreichend genau und verstoße nicht gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot178, hat sich v. Gravenreuth angeschlossen179. Weber meint, zur Begründung seiner Auffassung zunächst eine Parallele zur Regelung der §§ 242, 243 StGB ziehen zu können180. Auch mittels der dort geübten Technik der Regelbeispiele würde nicht gegen das Bestimmtheitsgebot verstoßen, ja gerade die Aufzählung von Beispielen in § 243 S. 2 Nr. 1 bis 6 StGB verhindere diesen Verstoß. §§ 106,2 UrhG seien sogar noch bestimmter als § 243 StGB, da das Tatbestandsmerkmal der „persönlichen geistigen Schöpfung" im Gegensatz zum Be172

Vgl. zum Erfordernis verfassungskonformer Auslegung: Kap. 2 C.I.8.b. Vgl. zum Erfordernis der Vorhersehbarkeit: BVerfGE 92, 1,12; Jarass/Pieroth-Pieroth, Art. 103 Rn.48; Krahl y S.380ff., alle m.w.N. 174 Vgl. dazu: Jarass/Pieroth-Pieroth, Art. 103 Rn.43. 175 Vgl. insofern: Richtlinie 96/9/EG, ABl. Nr.L77 v. 27.3.1996, S.27. 176 Vgl. dazu: Kap. 2 C.I.8.a. 177 Zum Erfordernis verfassungskonformer Auslegung des Werkbegriffs: Kap. 2 C.I.8.b. 178 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 179 u. JZ 1993, S. 108. 179 v. Gravenreuth, CR 1986, S.590. 180 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 177 f. 173

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griff des „schweren Falles" deutliche Konturen aufweise. Schließlich entschieden die §§ 106, 2 UrhG abschließend über die Strafbarkeit, während bei § 243 selbst dann kein schwerer Fall vorliegen müsse, wenn eins der Beispiele des S.2 Nr. 1 bis 6 verwirklicht ist. Mir erscheint die Situation bei §§ 106,2 UrhG und § 243 StGB nicht vergleichbar. Denn - wie Weber m selbst bemerkt - wird zum einen über das „ob", zum anderen dagegen im Rahmen der Strafzumessung nur über das „wie" der Strafbarkeit entschieden. Die Behauptung, es sei konsequenter, an alle Tatbestandselemente die gleichen Anforderungen zu stellen182, kann mit Blick auf den Spielraum des Gesetzgebers, der bei der Bestimmung der Rechtsfolge weiter ist als beim Tatbestand183, nicht überzeugen. Skeptisch bin ich auch hinsichtlich der Argumentation Webers 184, es komme bei der Frage der Bestimmtheit darauf an, ob das Tatbestandsmerkmal durch Rechtsprechung ausreichende Konturen erfahren hat 185 . Das Tatbestandsmerkmal der „persönlichen geistigen Schöpfung" sei durch eine fast unübersehbare Judikatur weitgehend geklärt. 186 Dass immer noch zweifelhafte Fälle bleiben, lasse sich bei Begriffen, die kulturelle Wertungen verlangten, nie ganz vermeiden. BVerfG 187 und Literatur 188 kritisieren das Abstellen auf höchstrichterliche Rechtsprechung inzwischen zu Recht, da das Erfordernis gesetzlicher Bestimmtheit missachtet wird und somit ein Verstoß gegen das Gewaltenteilungsprinzip vorliegt. Mit Recht dagegen führt Weber m aus, dass es wegen der - aus dem Wort „insbesondere" folgenden - Offenheit des Kataloges des § 2 Abs. 1 UrhG bei der Frage der Bestimmtheit darauf ankomme, ob das Merkmal der „persönlichen geistigen Schöpfung" der Vorschrift so eindeutige Konturen verleiht, dass sie vor dem Verfassungsrecht bestehen kann. Dies hänge nach der Rechtsprechung des BVerfG 190 vor allem davon ab, ob § 2i. V. m. § 106 UrhG die Verbotsmaterie so deutlich umschreibt, dass der Rechtsunterworfene vorhersehen kann, welches Verhalten mit Strafe bedroht ist und sich dementsprechend einrichten kann. Weber 191 kann sich auf BVerfG 192 und Literatur 193 berufen, wenn er feststellt, dass der Gesetzgeber ohne Verwendung flüssiger Begriffe nicht in der Lage wäre, der Vielgestaltigkeit des Lebens Herr zu werden. Die Regelung des § 2 UrhG sei sachgerecht, da nur durch eine offene Regelung 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 177. So: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 177, Fn.24. Dazu: BGHSt 3, 259, 262; Roxin, Strafrecht, §5 Rn. 82. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 178. So noch: BVerfGE 26, 41, 43; 28, 175, 183. So auch: Sieber, Computerkriminalität, 2. Aufl., S.67f. BVerfGE 92, 1, 18. Vgl.: Roxin, Strafrecht, §5, Rn.69. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 175 f. Vgl. insofern: BVerfG 28, 175, 183; 92, 1, 12. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 178. St.Rspr.: vgl. nur BVerfGE 28, 175, 183; 92, 1, 12. Vgl.: Krahl, S. 293ff., m.w.N.

4 Hildebrandt

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

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erreicht werden könne, dass nicht bei der Entwicklung neuer Werkkategorien jedes Mal der Gesetzgeber tätig werden muss, zumal es schwer sei, selbst die bekannten Werkgattungen erschöpfend zu nennen.194 V. Gravenreuth 195 ergänzt diesbezüglich, auch andere Straftatbestände - etwa § 242 StGB - würden durch Sachverhalte ausgefüllt, die nicht denkbar waren, als der Tatbestand geschaffen wurde. Ich halte folgendes für entscheidend: Das BVerfG nimmt die vollständige Verfassungswidrigkeit eines Straftatbestands nur in extrem gelagerten Ausnahmefällen an und sucht zunächst nach Wegen verfassungskonformer Auslegung196. Eine Vorschrift darf erst dann wegen Unbestimmtheit für nichtig erklärt werden, wenn es nicht möglich ist, sie auf einen bestimmbaren Kern zu reduzieren. 197 Ein solcher bestimmbarer Kern lässt sich aber beim Werkbegriff des § 106 Abs. 1 UrhG über den Begriff der persönlichen geistigen Schöpfung in seiner Ausprägung durch die Rechtsprechung unschwer ausmachen. Der Werkbegriff des § 106 Abs. 1 UrhG genügt somit den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG. Dem steht auch nicht entgegen, dass mit der Formulierung des Alternativentwurfes von 1977198, der in § 204 als Tatobjekt klarstellend „ein urheberrechtlich geschütztes Werk der Literatur, Wissenschaft oder Kunst" verlangt, eine präzisere Fassung möglich ist 199 . Zum einen bestehen insofern keine ernsthaften Auslegungsprobleme; zum anderen kann nicht jede weniger geglückte Gesetzesfassung eine Vorschrift gleich verfassungswidrig machen200. b) Erfordernis

verfassungskonformer

Auslegung

Eine verfassungskonforme Auslegung der urheberstrafrechtlichen Vorschriften wurde bislang lediglich in solchen Grenzfällen gefordert 201, in denen im Zivilrecht eine Klärung nicht möglich ist und deswegen eine Entscheidung zu Gunsten des Urheberrechtsschutzes gefordert wird 202 . Im Übrigen liege wegen der Weite und Offenheit des Tatbestands kein Verstoß gegen das Analogieverbot vor. 203 Dies soll nach v. Gravenreuth 204 aus folgender Überlegung folgen: Da der Wortlaut des § 2 Abs. 1 UrhG durch die Verwendung des Wortes „insbesondere" ersichtlich keine abschließende Aufzählung geschützter 194

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 175 f. v. Gravenreuth, CR 1986, S.590. 196 Vgl. etwa: BVerfGE 92, 1, 13 f. 197 Ebenso: Roxin, Strafrecht, §5, Rn.77. 198 Alternativentwurf, S. 114. 199 So: Lampe, UFITA 87 (1980), S. 140. 200 Vgl : Roxin5 Strafrecht, §5, Rn.71, m. w.N. auch zur Gegenauffassung. 195

201

So: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.68; Rehbinder, ZUM 1990, S.464. Dazu: Fromm/Nordemann-Nordemann, § 1 UrhG Rn. 1, m. w. N.; Fromm/NordemannNordemann/Vinck, § 2 UrhG Rn. 19. 203 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 175 f.; ohne nähere Begründung a. Α.: Wille, S. 213. 204 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.68. 202

C. Tatobjekt

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Werke beinhaltet205, sei auch im Strafrecht eine weite Auslegung möglich. Der Normzweck sei, wie es das BVerfG verlangt, insofern eindeutig und offensichtlich, so dass auch bei Entstehung neuer Technologien und damit neuer Arten von Werken bestraft werden könne. Dies werde auch dadurch belegt, dass nach Ansicht des Gesetzgebers206 die Aufnahme von Computerprogrammen zum 1.7.1985 in den Katalog des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG, nur klarstellende Bedeutung gehabt und einer inzwischen gefestigten Rechtsprechung entsprochen habe. Insgesamt könne der Täter die Strafbarkeit seines Handelns aus der sogenannten „Parallelwertung der Laiensphäre" 207 heraus vorhersehen. Meiner Ansicht nach trifft dies heute nicht mehr in vollem Umfang zu. Denn in jüngerer Zeit hat das BVerfG 208 mit Zustimmung von Teilen der Literatur 209 dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG nicht nur das - weitgehend leerlaufende - Erfordernis der Bestimmtheit von Straftatbeständen, sondern auch das Erfordernis der Bestimmtheit fachgerichtlicher Auslegung entnommen. Die Vorschrift bezwecke im Bereich des Strafrechts auch eine Vorhersehbarkeit konkreter fachgerichtlicher Entscheidungen.210 An dieser Vorhersehbarkeit fehle es jedenfalls in den Fällen, in denen (1) das Fachgericht ein Tatbestandsmerkmal weit auslegt211, dies (2) dem Gericht erhebliche Entscheidungsspielräume eröffnet, so dass Willkür nicht ausgeschlossen werden könne212 und (3) die Entscheidung mangels gefestigter Rechtsprechung nicht ausnahmsweise vorhersehbar ist 213 . Dagegen genüge die Vorhersehbarkeit allein des Risikos einer Bestrafung im Bereich der Überprüfung fachgerichtlicher Entscheidungen nicht. 214 Auch könne ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass andernfalls Strafbarkeitslücken entstünden.215 Die Beachtung dieser Kriterien erweist sich im Urheberstrafrecht als schwierig. Bereits das Reichsgericht musste in zahlreichen Urteilen die Erfahrung machen, dass die Materie des Urheberstrafrechts richtungsweisende Entscheidungen zur Interpretation des Urheberrechts erfordert. 216 Ich denke, dass die vom BVerfG aufgestellten Kriterien bei neuen Werkarten im Bereich der „kleinen Münze" eine einschränkende Auslegung erfordern. Denn die Subsumtion der „kleinen Münze" unter den Werkbegriff stellt eine weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Werk" 205 206 207 208 209 210 211 212 213 214 215 216

*

So auch: Fromm/Nordemann-Nordemann/Vinck, §2 UrhG Rn. 1. BT-Drucks. 10/3360, S. 18; unklar insofern: Schlüchter, NStZ 1988, S.54. Zur „Parallelwertung in der Laiensphäre": Kap. 6 D. II. 5. BVerfGE 92, 1, 14 ff. Vgl. Küper, S. 785, Fn. 11 ; Roxin, Strafrecht, § 5, Rn. 79. BVerfGE 92, 1, 18f.; Roxin, Strafrecht, §5, Rn.79. BVerfGE 92, 1, 17f. BVerfGE 92, 1, 18. BVerfGE 92, 1, 18. BVerfGE 92, 1, 18 f. BVerfGE 92, 1, 19. So auch: Spautz, FuR 1978, S.746.

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dar. Dies eröffnet dem Fachrichter weite Entscheidungsspielräume, den Werkbegriff zu bejahen oder zu verneinen. Weil die entscheidenden Strafgerichte mit der Materie des Urheberrechts meist wenig vertraut sind 217 , ist eine willkürliche Behandlung des erforderlichen Schutzniveaus kaum zu vermeiden. Dies belegen eindrucksvoll einige Entscheidungen218, in denen sogar entgegen der damaligen Rechtsprechung des BGH 2 1 9 die Werkeigenschaft von Computerprogrammen ohne weiteres bejaht wurde 220. Schließlich ist regelmäßig bei neuen Werkarten mangels fehlender höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht vorhersehbar, ob die „kleine Münze" dem Werkbegriff unterfällt. Im Ergebnis kann in Fällen unzulässiger Verwertung von Werken neuer Werkarten im Bereich der „kleinen Münze" in der Regel solange nicht bestraft werden, bis die Rechtslage im betreffenden Bereich durch höchstrichterliche Entscheidung aus dem Urheberzivilrecht geklärt und eine Bestrafung im konkreten Fall vorhersehbar ist 221 . Die Strafverfolgungsorgane werden allenfalls nach §§ 154d, 262 Abs. 2 StPO verfahren können.222 Diese Zurückhaltung des Strafrechts gebietet meines Erachtens auch der Ultima-Ratio-Grundsatz 223, wonach das Strafrecht nur letztes Mittel bei der Lösung gesellschaftlicher Probleme sein darf. Ausnahmen sind lediglich in Bereichen denkbar, in denen eindeutig keine derjenigen Fallgruppen - Gebrauchskunst, wissenschaftliche oder technische Tätigkeit - vorliegt, in denen der BGH die „kleine Münze" vom Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 UrhG ausnimmt. Denn hier ist für den Beschuldigten vorhersehbar, ob er wegen der Werkverwertung mit Strafverfolgung rechnen muss. Eine Vielzahl von Strafentscheidungen zur Verwertung von Computerprogrammen hätte demnach infolge der damals bestehenden erheblichen Rechtsunsicherheit224 nicht gefällt werden dürfen. Gegenwärtig stellt sich die Frage vor allem bei Datenbankwerken225.

217

Vgl. zur Überforderung der Strafgerichte: Kap. 7 A. VI. AG Berlin-Tiergarten CR 1993, 297; LG Wuppertal CR 1987, 599, 600. 219 BGHZ 94, 276 („Inkassoprogramm"). 220 Vgl. auch: Etter, CR 1990, S.407; v. Gravenreuth, CR 1991, S.37 u. CR 1993, S.297; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.264. 221 Ähnlich: Haß, Rechtsschutz, Rn.68; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 110. 222 Ähnlich: Heischel/Benner, S.258. 223 Zum Ultima-Ratio-Grundsatz auch: Franzheim, CR 1993, S. 102 u. NJW-CoR 1994, S. 161; v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.353; Kann, S. 129; Kreile, Tonträgerpiraterie, S.9; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 118; Meier, S.664; Movsessian/Seifert, S.310f.; Roxin, Strafrecht, §2, Rn. 38 ff. u. JuS 1966, S.382; Spautz, ZUM 1990, S. 167; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 125 u. S. 140; Weber, FS-Baur, S. 133 u. FS-Sarstedt, S.384 u. FuR 1980, S.339 u. S.344 u. Handwörterbuch, S.7; einschränkend: Jakobs, 2. Abschn. Rn.26. 224 So auch: Glauben, S.73; Meier, S.657; Spautz, ZUM 1990, S. 168. 225 Vgl. zu Besonderheiten bei Datenbank werken: Kap. 2 C.I.7. 218

C. Tatobjekt

53

II. Begriff der „Bearbeitung oder Umgestaltung" Neben dem „Werk" nennt § 106 Abs. 1 UrhG als Tatobjekt auch die „Bearbeitung oder Umgestaltung". Wie beim Werkbegriff sollen auch hier die zivilrechtlichen Begriffe „Bearbeitung" 226 und „Umgestaltung" gelten, wie sie in §§ 3, 23 UrhG verwendet werden. 227 1. Terminologie Der Gebrauch der Begriffe „Bearbeitung" und „Umgestaltung" im UrhG, in Literatur 228 und Umgangssprache229 ist keineswegs einheitlich230. Zwar hat jüngst Plassmann 231 versucht, das Durcheinander zu ordnen. Ob dies aber letztlich zu einer Vereinheitlichung der Terminologie führen wird, bleibt abzuwarten. Denn bereits das Verhältnis von Bearbeitung und Umgestaltung ist umstritten. Zumeist wird insofern aus § 23 S. 1 UrhG gefolgert, der Begriff der „Umgestaltung" sei der Oberbegriff und gehe über den der „Bearbeitung" hinaus.232 Im Übrigen ist das Meinungsspektrum zur Unterscheidung beider Begriffe bunt: So soll nach einer Ansicht eine Bearbeitung jede Umgestaltung sein, bei der noch keine freie Benutzung vorliege. 233 Nach anderer Ansicht sei die Bearbeitung eine Umgestaltung eines Werks, die dessen äußere Form abwandele, seinen Inhalt aber unverändert lasse.234 Ferner wird ausgeführt, eine Umgestaltung, die keine Bearbeitungen sei, liege vor, wenn der Verfasser der Umarbeitung ein Plagiat235 produziere oder sich nicht genügend von der Vorlage freimache. 236 Nach Auffassung anderer Autoren soll die Bearbeitung den Zweck haben, dem Ausgangswerk zu dienen und es einem veränderten Zweck oder bestimmten Verhältnissen anzupas226 Beispiele für Bearbeitungen im Softwarebereich nennen: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 179; Rupp, Computersoftware, S. 111 f.; Sieber, BB 1981, S. 1552. 227 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 178; Kircher, S. 14; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm.4; Samson, Urheberrecht, S.233; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 185 u. S.285 u. FS-Stree/Wessels, S.615. 228 Vgl. dazu: Plassmann, 35 ff. 229 Vgl.: Brugger, S.91. 230 Ähnlich: Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 158. 231 Plassmann, S.25ff. 232 Brandi-Dohrn, BB 1994, S.660; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 180f.; Löffler, S. 1427; Möhring/Nicolini-Spautz, §3 UrhG Anm.2; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 152; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §23 UrhG Rn. 3; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.85 u. S. 153. 233 Brandi-Dohrn, BB 1994, S.660. 234 Möhring/Nicolini-Spautz, §3 UrhG Anm.2; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 153; einschränkend: Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 152. 235 Zu Geschichte und Bedeutung des Begriffs: Engländer, S.20ff.; Kastner, S. 1151 ff.; E. Schulze, u.a. \ Seifert, S. 343 ff.; R.-F. Unger, S.675. 236 BT-Drucks. IV/270, S.51; Lauer, S.25; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 151 f.; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 153f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.77.

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

sen;237 die Bearbeitung wolle die Identität des Originalwerks unberührt lassen und nur dessen Verwertungsmöglichkeiten verbessern 238. Umgestaltungen dagegen umfassten auch Veränderungen eines Werks, die gerade nicht dazu bestimmt sind, dem Werk zu dienen239 oder wo der Verfasser das Ergebnis der Arbeit als eigenes Werk ausgeben wolle 240 . Eine häufig vertretene Auffassung 241 möchte Bearbeitung und Umgestaltung danach unterscheiden, ob bei der Abänderung eine persönliche geistige Schöpfung vorliegt; aus § 3 UrhG folge, dass es sich bei Bearbeitungen um persönliche geistige Schöpfungen handeln müsse. Dagegen erfasse der Begriff der „Umgestaltung" nur diejenigen Veränderungen eines Originalwerks, die keine persönliche geistige Schöpfung darstellen und somit eine Stufe unter der Bearbeitung stünden.242 Dieser Auffassung widersprechen andere Autoren 243 zu Recht. Denn § 3 UrhG deutet lediglich darauf hin, dass eine Bearbeitung Werk sein kann; sie muss es aber nicht. Wieder andere folgern noch weitergehend, dass auch Umgestaltungen persönliche geistige Schöpfungen sein könnten244. Anders sei das Nebeneinander der Begriffe in § 23 Abs. 1 UrhG und die Tatsache, dass nach §§ 23, 106, bis 108 UrhG beide gleichen Schutz genießen, nicht zu erklären. Plassmann 245 dagegen meint, im UrhG werde nicht deutlich, ob „Bearbeitung" oder „Umgestaltung" der Oberbegriff ist. Die Parallelität beider Begriffe in § 106 UrhG deute darauf hin, dass Bearbeitung und Umgestaltung nebeneinander stünden. 246 Auch mir scheint die Verwendung der Begriffe im UrhG weitgehend zufällig. So verwendet der im Jahr 1993 eingefügte § 69 c Nr. 2 UrhG - ohne ersichtlichen Grund 247 - den neuen Begriff der „Umarbeitung". Um Unklarheiten aus dem Weg zu 237

Haß, Rechtsschutz, Rn.67; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 181; Kircher, S. 14; König, CR 1991, S.591; Lauer, S.25; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §23 UrhG Rn.4; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.77. 238 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 181; Kircher, S. 14. 239 Haß, Rechtsschutz, Rn.67; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 181; Lauer, S.25; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.77. 240 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 181; Lauer, S.25; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.77. 241 Bortloff, ZUM 1993, S.481; Brugger, S.90f.; Fromm/Nordemann-Nordemann/Vinck,§3 UrhG Rn. 2; Fromm/Nordemann-Vinck, § 108 UrhG; Hütig, S. 154; Kircher, S. 14; Lauer, S. 25; Möhring/Nicolini-Nicolini, § 3 UrhG Anm. 3; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 152; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 153; Wenzel, Rn.2.50; ähnlich BT-Drucks. 12/4022. 242 Flechsig, AfP 1978, S. 19 u. GRUR 1978, S.288; Fromm/N ordemann-Vinck, §23 UrhG Rn. 1 ; v. Gamm, § 23 UrhG Rn. 8; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 28; Wenzel, Rn. 2.52. 243 E. Braun, Produktpiraterie, S. 148; Eiding, S. 127; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 182; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.2; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.77 f. u. S. 185; wohl auch: Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.566. 244 Kircher, S. 14; Plassmann, S. 202ff.; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §23 UrhG Rn.4 u. Rn. 8; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.77 f. u. S. 185; vgl. auch: Rupp, Computersoftware, S. 111. 245 Plassmann, S. 209. 246 Plassmann, S. 204. 247 So auch: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 180 Fn. 31.

C. Tatobjekt

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gehen, möchte ich hier als Oberbegriff für Bearbeitung und Umgestaltung den Begriff der „Abänderung" vorschlagen.

2. Bedeutung der Begriffe in § 106 Abs. 1 UrhG Trotz des Durcheinanders bei der Verwendung der Begriffe „Bearbeitung" und „Umgestaltung" besteht hinsichtlich Bedeutung und Funktion in § 106 Abs. 1 UrhG Einigkeit: Voraussetzung für den Schutz sei, dass es sich um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handelt.248 Je nach verwendeter Terminologie wird hierzu Unterschiedliches ausgeführt. Diejenigen Autoren, die für eine Bearbeitung eine persönliche geistige Schöpfung verlangen, halten die Gleichstellung der Umgestaltung mit der Bearbeitung in § 23 UrhG 249 bzw. §§ 106 ff. UrhG 250 meist für verfehlt. Danach dürften Umgestaltungen nicht denselben Schutz erfahren und müssten bei § 106 Abs. 1 UrhG ausgenommen werden, da sie mit Recht nicht dem Werkbegriff unterfielen. 251 Der Hersteller einer Umgestaltung dürfe daran kein Urheberrecht erlangen. 252 Lampe253 schlägt deswegen vor, die Umgestaltung im Wege teleologischer Reduktion aus dem Schutzbereich des § 106 Abs. 1 UrhG auszunehmen. Andere 254 halten das Tatbestandsmerkmal der Umgestaltung für überflüssig, da die Umgestaltung das ursprüngliche Werk bleibe, indem sie nicht die Stufe der Bearbeitung erreiche und somit nur leicht verändert sei. Im Ergebnis führt dies dazu, dass stets nur die persönliche geistige Schöpfung Schutz erfährt. Diejenigen Autoren, die auch die Umgestaltung für schutzfähig halten, entgegnen, einer derartigen Rechtsfestsetzung contra legem bedürfe es nicht, da Umgestaltungen nur dann geschützt seien, wenn sie eine persönliche geistige Schöpfung enthielten255. Die Umgestaltung sei nur dann taugliches Schutzobjekt des § 106 UrhG, wenn sie ihrerseits eine persönliche geistige Schöpfung enthält.256 Dies ergebe sich 248 So ausdrücklich: Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm.4; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.2; Weber, Handwörterbuch, S.5; auch: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn.2; anders wohl: König, GRUR 1989, S.559, m.Fn. 15. 249 Fromm/Nordemann-Vinck, § 23 UrhG Rn. 1 ; v. Gamm, § 23 UrhG Rn. 8. 250 Flechsig, AfP 1978, S. 19 f. u. GRUR 1978, S. 288; v. Gamm, § 23 UrhG Rn. 8; Lampe, UFITA 83 (1978), S.28. 251 Flechsig, AfP 1978, S. 19f.; Lampe, UFITA 83 (1978), S.28. 252 Lauer, S.26. 253 Lampe, UFITA 83 (1978), S.28. 254 Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.2; Lauer, S.26; wohl auch: Erbs/KohlhaasMeurer, § 106 UrhG Rn.2. 255 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.2. 256 E. Braun, Produktpiraterie, S. 148; Eiding, S. 127; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 182; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.2; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.77f. u. S. 185; wohl auch: Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.566.

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

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aus der „Angriffsobjekts-Trias" Werk, Bearbeitung, Umgestaltung.257 Auch nach dieser Auffassung wird also nur die persönliche geistige Schöpfung geschützt. Meiner Ansicht nach löst sich das Problem von selbst, wenn bei Bearbeitung und Umgestaltung zwischen einem Eingriff in das Urheberrecht am Originalwerk einerseits und in das Urheberrecht an der Bearbeitung oder einer sonstigen abhängigen Nachschöpfung andererseits unterschieden wird 258 . Jedenfalls das Urheberrecht am Originalwerk wird durch die Verwertung der Bearbeitung oder Umgestaltung verletzt. Insofern kann ich auch Heinrich 259 nicht folgen, wenn er bemerkt, die Vervielfältigung der Bearbeitung oder Umgestaltung könne rein tatsächlich nicht als Vervielfältigung des Originalwerks angesehen werden, stelle aber gleichwohl einen Eingriff in das Verwertungsrecht des Originalurhebers dar. Zutreffend dagegen hat Plassmann 260 dies mit Hilfe der These vom einheitlichen Angriffsobjekt - dem urheberrechtlich geschützten Werk i. S. der §§ 2 bis 4 UrhG - formuliert. Unter Strafe gestellt sei das unbefugte Verwerten eines Werks, sei es in ursprünglicher oder unschöpferisch abgeänderter Fassung (§ 15 UrhG), sei es in schöpferisch abgeänderter, also umgestalteter Fassung (§ 23 S. 1 Fall 1 UrhG). 261 Der Gesetzgeber262 habe durch die heutige Fassung keine inhaltliche Änderung gegenüber dem KUG bezweckt, sondern die neue - unglückliche - Formulierung lediglich zur Klarstellung verwendet. 263 Zutreffend wäre wie folgt zu formulieren gewesen: „Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk in seiner ursprünglichen (§15 UrhG) oder einer umgestalteten Fassung (§ 23 S. 1 Fall 1 UrhG) vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird... bestraft." 264 Plassmann 265 begründet seine Auffassung damit, die amtliche Überschrift der Strafnorm „Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke" deute auf diese Auslegung hin. Die Auslegung entspreche Ratio und Systematik des § 23 S. 1 Fall 1 UrhG, da diese Vorschrift in den Fällen, in denen Werkabwandlungen selbstständig schutzfähig sind, verhindern wolle, dass mittelbar das Verbot der Verwertung des Originalwerks durch Verwertung einer Bearbeitung oder Umgestaltung umgangen wird. Auf der anderen Seite bedürfe es für den Schutz von Abänderungen nicht der Erwähnung in § 106 UrhG, da sich der strafrechtliche Schutz unmittelbar daraus ergebe, dass es sich bei diesen um Werke handelt. Auch der Abänderungsurheber sei somit vor unmittelbarer und mittelbarer Verwertung durch Unbefugte strafrechtlich geschützt. 257

Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.2. So differenzierend schon: Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.566; auch: Müller-Gugenberger, §45 Rn. 104. 259 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 187, Fn.74. 260 Plassmann, S. 200ff. 261 Plassmann, S.202ff. u. S.340; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.566. 262 BT-Drucks. IV/270, S. 107 f. 263 Plassmann, S.202f.; so auch: Müller-Gugenberger, §45 Rn. 104. 264 Plassmann, S. 203. 265 Plassmann, S.204f. 258

C. Tatobjekt

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Ich halte den Ansatz Plassmanns für richtig, den Schutz von Originalwerk und Abänderung einheitlich aus §§ 2 bis 4 UrhG abzuleiten. Sowohl §§ 3 S. 1 und 23 Abs. 1 S. 1 UrhG als auch die Erwähnung der Begriffe in § 106 Abs. 1 UrhG 266 haben insofern lediglich klarstellende Funktion. Der Streit um die Begriffe „Bearbeitung" und „Umgestaltung" weist als rein terminologische Diskussion ohnehin wenig inhaltliche Konturen auf, während im Ergebnis Einigkeit besteht. Ob dies auch für die weitergehende Frage gilt, wessen Rechte im Einzelfall verletzt sind, wer also einwilligen 267 muss und einen Strafantrag 268 stellen darf, wird unten zu erörtern sein. Ergänzend bleibt zu bemerken, dass die Regelung des § 3 UrhG nach allgemeiner Auffassung auch für Abänderungen der zweiten oder dritten Stufe 269 oder von Sammelwerken 270 anwendbar ist. Bei der Übernahme von Teilen eines Werks in eine Abänderung ist die Verwertung nur zustimmungspflichtig, wenn gerade diese Teile persönliche geistige Schöpfungen darstellen. 271 Auf das Problem der Herstellung einer Bearbeitung oder Umgestaltung und die Frage, wie diese Herstellung von der Vervielfältigung abzugrenzen ist, wird unten272 einzugehen sein. 3. Abgrenzung zur freien Benutzung Da § 24 Abs. 1 UrhG die Verwertung eines selbstständigen Werks, das in freier Benutzung eines anderen geschaffen worden ist, ausdrücklich zulässt, ist die Bearbeitung und Umgestaltung von dieser freien Benutzung273 abzugrenzen.274 Im Gegensatz zur Bearbeitung oder Umgestaltung diene das Ausgangswerk bei der freien Benutzung lediglich als Anregung. 275 Es komme bei der Abgrenzung darauf an, ob - unter 266 So im Ergebnis auch: E. Braun, Produktpiraterie, S. 148; Eiding, S. 127; Haß, Rechtsschutz, Rn.67; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 180; Kann, S.91 Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 1; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 104; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 2; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 187; entsprechend - nach anderer Terminologie folgerichtig - zur Bearbeitung: Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn. 2; Lampe, UFITA 83 (1978), S.28 u. UFITA 87 (1980), S. 130; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.85 u. S. 153f. 267 Vgl. zur Einwilligungsberechtigung: Kap. 2 F. IV. 268 Vgl. zur Antragsberechtigung: Kap. 7 A.I.2. 269 Fromm/Nordemann-Nordemann/Vinck, § 3 UrhG Rn. 1; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 178; Plassmann, S.204f.; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §3 UrhG Rn. 10 u. §23 UrhG Rn. 12. 270 Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §23 UrhG Rn. 12. 271 So auch: Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §23 UrhG Rn. 12, unter Hinweis auf: BGH GRUR 1981, 267 („Dirlada"). 272 Vgl. dazu: S.O. 273 Zur freien Benutzung: Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 227ff.; bei Musikwerken: Hertin, Handbuch, S.504f.; bei Parodien: LG München I NJW 1994, 2630. 274 Ebenso: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 181 f.; Löffler, S. 1427; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §23 UrhG Rn. 10; zur Abgrenzung vgl.: Nordemann/Nordemann/Czychowski, S. 624. 275 Löffler, S. 1427; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §23 UrhG Rn. 10 u. §24 UrhG Rn. 10, m.w.N.

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Außerachtlassung des urheberrechtlich nicht schutzfähigen Gemeingutes - der gleiche geistig-ästhetische Gesamteindruck vorliegt. 276 Bei der freien Benutzung verblassten die Züge der Vorlage gegenüber der Eigenart des neugeschaffenen Werks. 277 Voraussetzung sei stets eigenschöpferische Qualität der freien Benutzung.278 § 24 UrhG greift jedenfalls in den Fällen ein, in denen das zugrunde liegende Werk in der Umarbeitung überhaupt nicht mehr erkennbar ist, da dann die Rechte des Urhebers des Originalwerks in keiner Weise betroffen sind. 279 Dies ist beispielsweise beim sogenannten Digital-Sampling regelmäßig der Fall. 280 Entgegen Lauer 1^ ist dabei jedoch nicht darauf abzustellen, ob mehr als einzelne Tone gesampelt werden. Vielmehr kommt es allein darauf an, ob es sich bei den übernommenen Passagen um selbstständig schutzfähige Werkteile handelt.282 Darüber hinaus unterfallen der freien Benutzung auch Fälle, wo die Vorlage zwar erkennbar ist, aber das neue Werk einen großen inneren Abstand wahrt und insofern selbstständig ist. 283 Als Beispiel aus dem Bereich der bildenden Kunst nennt Löffler 284 die Paraphrasen Pablo Picassos nach Edouard Manets Ölgemälde „Das Frühstück im Freien". Wegen der Einzelheiten sei auf zivilrechtliche Darstellungen285 verwiesen. 4. Vereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 2 GG Ich möchte Weber 286 darin zustimmen, dass auch hinsichtlich der Begriffe „Bearbeitung" und „Umgestaltung" verfassungsrechtliche Bedenken grundsätzlich nicht durchgreifen. 276 BGH GRUR 1958,402,403 f. („Lili Marleen"); v. Gamm, § 11 UrhG Rn. 11 u. § 24 UrhG Rn. 11 u. §97 UrhG Rn.7; Sieber, BB 1981, S. 1552; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 265 ff. u.S. 275 ff. 277 Brandi-Dohrn, BB 1994, S.660; Fromm/N ordemann-Vinck, §24 UrhG Rn.2; Löffler, S. 1427; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.228; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §24 UrhG Rn. 10; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.276; ähnlich: Erbs/Kohlhaas-Meurer, §24 UrhG Rn.2; missverständlich: Schmidt-Aßmann, S. 1229. 278 Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 228; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 23 UrhG Rn. 9; wohl auch: Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 276. 279 Ebenso: Kann, S.55. 280 Ähnlich: Hertin, GRUR 1989, S.578; Hoeren, GRUR 1989, S. 12f. 281 Lauer, S.21. 282 Ebenso: Bortloff, ZUM 1993, S.477; Fromm/Nordemann-Nordemann/Vinck, §2 UrhG Rn.48; Kann, S.55; Klein, S.581 ;Schaefer, Handbuch, S.531; Schaefer/Körfer, S. 105; Schulze, G., S. 19. 283 Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 24 UrhG Rn. 11. 284 Löffler, S. 1427. 285 Fromm/Nordemann-Vinck, §24 UrhG Rn. Iff.; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.227ff.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.243ff.; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §24 UrhG Rn.lff. 286 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 185.

C. Tatobjekt

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Dies schließt aber nicht aus, dass § 106 Abs. 1 UrhG in Einzelfällen - ähnlich wie beim Werkbegriff - verfassungskonform ausgelegt werden muss. Hinsichtlich der Voraussetzungen, unter denen das BVerfG eine solche verfassungskonforme Auslegung fordert, sei auf die entsprechenden Ausführungen beim Werkbegriff 287 verwiesen. Man mag insofern ein Erfordernis zu verfassungskonformer Auslegung im Randbereich zwischen zustimmungspflichtiger Abänderung i. S. v. § 23 UrhG und freier Benutzung i. S. v. § 24 UrhG sehen. Denn ob das erkennende Fachgericht die „Erkennbarkeit der Vorlage" bejahen wird, ob es feststellen wird, dass „der gleiche geistig-ästhetische Gesamteindruck" vorliegt oder „die Züge der Vorlage gegenüber der Eigenart des neugeschaffenen Werkes verblassen", ist für den Betroffenen oft nicht vorhersehbar. Man wird zugeben müssen, dass die angewandten Kriterien allesamt äußerst unscharf sind und lediglich deswegen nicht zur Nichtigkeit des gesamten Tatbestandsmerkmals nach Art. 103 Abs. 2 GG führen, weil sie durch eine Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen konkretisiert wurden. Gleichwohl sehe ich hier keinen Raum für eine verfassungskonforme Auslegung. Denn das BVerfG fordert diese bislang nur in Fällen weiter Auslegung288. Um eine solche weite Auslegung handelt es sich nicht bei der Abgrenzung von zustimmungspflichtiger Abänderung i. S. v. § 23 UrhG und freier Benutzung i. S. v. § 24 UrhG. Im Gegenteil bejaht die Rechtsprechung289 großzügig das Vorliegen einer freien Benutzung. Auch die Tatsache, dass gerade im Randbereich zur freien Benutzung die Androhung strafrechtlicher Sanktionen die Kreativität der möglicherweise Betroffenen von vornherein ersticken oder erheblich behindern kann 290 , verlangt kein anderes Ergebnis. Denn da - wie auch die Zulässigkeit der Doppelschöpfung 291 zeigt - der subjektiven Seite bei der Frage der Tatbestandsmäßigkeit der Benutzung eines fremden Werks ohnehin besondere Bedeutung zukommen wird, lässt sich das Problem zutreffender auf irrtumsrechtlicher Ebene292 lösen.293 Sofern der Beschuldigte angenommen hat, ausreichenden Abstand vom Originalwerk gewahrt zu haben, und diese Annahme nicht abwegig erscheint, wird sein Irrtum ohnehin zur Straflosigkeit führen. Eine verfassungskonforme Auslegung würde insofern allenfalls zu einer Vorverlagerung klassischer Irrtumsprobleme in den Bereich des Tatbestands führen. Unterschiede im Ergebnis sind lediglich bei konstruierten Ausnahmefällen im Bereich von Notwehr oder Teilnahme294 denkbar.

287 288 289 290 291 292 293 294

Vgl. insofern: Kap. 2 C.1.8.b. Vgl.: BVerfGE 92, 1, 17f. Vgl.: BGH GRUR 1981, 267, 269 („Dirlada"). Ebenso: Burger, S. 801; sinngemäß auch: LG München I NJW 1994, 2630, 2631. Vgl.: Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §23 UrhG Rn.29. Vgl. zu Irrtümern im Bereich des Urheberstrafrechts: Kap. 6 D. Anders: LG München I NJW 1994, 2630, 2631. Vgl. zu Fragen der Täterschaft und Teilnahme: Kap. 6 F.

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

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D. Tathandlungen I. Überblick Als Tathandlungen nennt § 106 Abs. 1 UrhG die „Vervielfältigung" ( I I ) 2 9 5 , die „Verbreitung" ( I I I ) 2 9 6 und die „öffentliche Wiedergabe" ( I V ) 2 9 7 . Die Vorschrift schützt also - in spiegelbildlicher Ausgestaltung 298 - die Verwertungshandlungen, die nach den §§ 15 ff. UrhG in Gestalt absoluter Rechte dem Rechtsinhaber vorbehalten sind. 2 9 9 Erfasst werden dabei alle Verwertungsrechte mit Ausnahme des Ausstellungsrechts der §§ 15 Abs. 1 Nr. 3, 18 U r h G . 3 0 0 I m Gegensatz zum umfassenden Schutz mit einer Aufzählung von Beispielen - ähnlich wie bei § 2 Abs. 1 U r h G 3 0 1 - in § 15 Abs. 1 UrhG sind in § 106 UrhG nur bestimmte Verwertungshandlungen geschützt. 302 Lediglich die Begehungsmodalität der öffentlichen Wiedergabe übernimmt vollständig die dem § 15 Abs. 2 UrhG entsprechenden Verletzungshandlungen. 303

II. Der Begriff des Vervielfältigens 1. Überblick Fast alle Autoren 3 0 4 wollen auch i m Strafrecht den zivilrechtlichen Vervielfältigungsbegriff 305 des § 16 UrhG anwenden. Begriffsgleichheit sei schon aus Gründen 295

Vgl. zum Begriff der Vervielfältigung: Kap. 2 D.II. Vgl. zum Begriff der Verbreitung: Kap. 2 D. III. 297 Vgl. zum Begriff der öffentlichen Wiedergabe: Kap. 2 D. IV. 298 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 137 u. S. 193 u. FS-Stree/Wessels, S.615 u. Handwörterbuch, S.5. 299 So schon: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 137 u. S. 193 u. Wesen, S.55. 300 Ebenso: BT-Drucks. IV/270, S. 108; Eiding, S. 120; Fromm/N ordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.2; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 126; Lauer, S.27; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm.5; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.458; Samson, Urheberrecht, S.233; Schack, Urheber· und Urhebervertragsrecht, Rn. 739; Schmitz/Schmitz, S. 67; Schricker- Η aß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 1; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.566; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.428f. u. FuR 1980, S.342 u. Handwörterbuch, S.6. 301 Dazu: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 194, Fn. 106. 302 So auch: Lauer, S.26; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.94 u. S. 193 f. 303 Auch: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.94 u. S. 194. 304 AG Stuttgart, Schulze, AGSt 3, 2 („Programmmitschnitt"); Beermann, S. 611 ; E. Braun, Produktpiraterie, S. 148; Bühler, S. 188; Dürwanger/Dempewolf, S.251; Eiding, S. 122 u. S. 128 u. S. 135; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 1 u. Rn. 3; Fischer, S. 141; Friedrich, S. 366; Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn. 2; v. Gamm, § 106 UrhG Rn. 2f.; Ganter, S. 1480; v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1743 u. Das Plagiat, S. 11 u. Der Kriminalist 1985, S.25 u. GRUR 1983, S.350; Haurand, S.276; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 184 u. JZ 1994, S.939; Hütig, S. 154; Kann, S.91 mit Fn.9; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 1 u. Rn.5; 296

D. Tathandlungen

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der Einheitlichkeit der Rechtsordnung erforderlich. 306 § 106 Abs. 1 UrhG verfolge den Zweck, das in § 15 Abs. 1 UrhG bestimmte vermögensrechtliche Verwertungsrecht des Werkschöpfers zu schützen.307 Einige wenige308 dagegen schlagen einen eigenständigen strafrechtlichen Vervielfältigungsbegriff vor. Etter 309 führt dazu aus, strafwürdig seien nicht alle Handlungen, sondern nur diejenigen, die den Schaden des Verwertungsberechtigten tatsächlich zu vertiefen geeignet sind. Dazu gehöre im Bereich der Computerprogramme beispielsweise nicht die Einspeicherung eines Programms in den Arbeitsspeicher eines Computers, die Herstellung von Sicherungskopien oder eine Vervielfältigung zum Eigengebrauch. Diese Auffassung decke sich mit dem Rechtsempfinden der Rechtsanwender. Ich meine, dass grundsätzlich versucht werden sollte, den zivilrechtlichen und den strafrechtlichen Begriff nach Möglichkeit gleich zu fassen. Denn beide haben die gleiche Schutzrichtung. Zugleich darf aber nicht übersehen werden, dass das Strafrecht weit intensivere Eingriffe ermöglicht als das Zivilrecht. Bei unkritischer Übernahme des zivilrechtlichen Vervielfältigungsbegriffs würde der Bereich der Strafbarkeit sehr weit gespannt.310 Verfassungsrecht, insbesondere Art. 103 Abs. 2 GG und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, kann im Einzelfall eine andere Entscheidung gebieten als im Zivilrecht 31 So gibt auch Haß 312 zu, Zivil- und Strafrecht könnten unter Umständen durchaus auseinander fallen; der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung müsse nicht dazu führen, alle Unterschiede zwischen den jeweils verschiedenen Aufgaben von Zivil- und Strafrecht einzuebnen. Ich werde hierauf unten zurückkommen, wo im Einzelfall eine solche Einschränkung des strafrechtlichen Vervielfältigungsbegriffs geboten erscheint. Lampe, UFITA 83 (1978), S. 29; Lauer, S. 27; Lührs, S. 265; Mestmäcker/Schulze, § 106 UrhG Anm.2; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 5; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 107; Rupp, Computersoftware, S.88 u. S. 108 u. S.239 u. wistra 1985, S. 141 u. ZUM 1986, S. 13; Samson, Urheberrecht, S.233; Schlüchter, NStZ 1988, S.54; Schmitz/Schmitz, S.67; SchrickerHaß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 1 u. Rn. 3; Schulze-Helming, S. 125; Sieber, BB 1981, S. 1552; Stenger, Kriminalistik 1989, S.483; Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2122; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 194 u. S.285 u. FS-Stree/Wessels, S.615 u. Handwörterbuch, S.5f.; einschränkend: Letzgus, S.288f. 305 Vgl. zum zivilrechtlichen Vervielfältigungsbegriff: Fromm/Nordemann-Vinck, § 16 UrhG Rn. Iff.; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.203f.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 378ff.; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 1 ff.; Ulmer, Urheberund Verlagsrecht, S. 230ff., alle m. w. N. 306 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 179. 307 KG NStZ 1983,561 („Videoraubkassetten"); Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 187 u. Handwörterbuch, S. 5 f. 308 Etter, CR 1989, S. 117; Franzheim, CR 1993, S. 103. 309 Etter, CR 1989, S. 117. 310 Vgl.: Lampe, UFITA 83 (1978), S.29. 311 Ähnlich auch: Kilian/Heussen-v: Gravenreuth, Ziff. 100 Rn.5. 312 Haß, Rechtsschutz, Rn.70.

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

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Nach einer kurzen allgemeinen Darstellung des Vervielfältigungsbegriffs (2) 3 1 3 soll gezielt auf bestimmte Probleme eingegangen werden. So ist insbesondere umstritten, ob schon die Herstellung von Vervielfältigungsvorrichtungen dem Begriff unterfällt ( 3 ) 3 1 4 ; es stellt sich die Frage, wie sich Veränderungen beim Vervielfältigungsvorgang auswirken und wie die Vervielfältigung von der Bearbeitung oder Umgestaltung abzugrenzen ist (4) 3 1 5 ; schließlich sind Besonderheiten bei Computerprogrammen zu erörtern (5) 3 1 6 .

2. Allgemeines Rechtsprechung und überwiegende Literatur definieren „Vervielfältigung" als Herstellung eines körperlichen Gegenstandes 317 , der das Werk in sinnlich wahrnehmbarer Weise unmittelbar oder mittelbar wiedergibt 3 1 8 . Andere Autoren 3 1 9 dagegen schließen sich der Begründung zum U r h G 3 2 0 an, wonach Vervielfältigung „die Herstellung einer oder mehrerer Festlegungen" sei, „die geeignet sind, das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Weise wiederholt unmittelbar oder mittelbar wahrnehmbar zu machen". Ein sinnlich wahrnehmbares - körperlich festgelegtes - Werk sei nicht erforderlich. 321 Ich sehe entgegen v. Gravenreuth 322 keinen sach313

Dazu: Kap.2 D.II.2. Vgl. zum Problem der Herstellung von VervielfältigungsVorrichtungen: Kap.2 D.II.3. 3,5 Vgl. dazu: Kap.2 D.II.4. 316 Vgl. zu Besonderheiten bei Computerprogrammen: Kap.2 D.II.5. 317 Soweit: E. Braun, Produktpiraterie, S. 148. 3,8 RGZ 107,277,279 („Gottfried Keller"); BGHZ 17,266,269f. („Magnettonband"); 112, 264, 278 („Nixdorf-Betriebssystem"); BGH GRUR 1982, 102, 103 („Masterbänder"); 1983, 28, 29 („Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe II"); Betten, Mitt. 1984, S.203; Brandi-Dohrn, GRUR 1985, S. 185; Buchmüller, S. 114; Dürwanger/Dempewolf, S.251; Eiding, S. 122; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 3; Erdmann, CR 1986, S. 256; Ernestus, S. 785; Euer, CR 1989, S. 117; Fischer, S. 141; Fromm/N ordemann-Vinck, § 16 UrhG Rn. 1; v. Gamm, § 16 UrhG Rn.5; Haberstumpf, CR 1987, S.410f. u. GRUR 1982, S. 148 u. Rechtsschutz, Rn. 116; Haß, Rechtsschutz, Rn. 68; Hauptmann, S.49; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 185; Hoeren, GRUR 1988, S. 345 u. Softwareüberlassung, Rn. 112; Hütig, S. 154; Junker, Computerrecht, Rn. 136; Katzenberger, GRUR 1973, S.632; Kindermann, GRUR 1983, S. 157; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 29; Lauer, S.27; Loewenheim, FS-v.Gamm, S.425 u. Praxis, S. 293; Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 16 UrhG Anm. 2; Moritz/Tybusseck, Rn. 234; Preuß, S.243; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.203; Röttinger, IuR 1987, S.268f.; Rupp, Computersoftware, S. 108 f. u. GRUR 1986, S. 147; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.378; Schmitz/Schmitz, S.67; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.3; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn.6; Schulze-Heiming, S. 125 u. S. 130; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.230; Ulmer/Kolle, S.498; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 195. 319 Bortloff.; ZUM 1993, S.477; v. Gravenreuth, CR 1986, S.587 u. Das Plagiat, S. 11 f. u. S. 102 u. Der Kriminalist 1985, S.27; Kann, S.21; Schlüchter, NStZ 1988, S.54; SternbergLieben, Musikdiebstahl, S.60. 320 BT-Drucks. IV/270, S.47. 321 v. Gravenreuth, CR 1986, S.587 u. Das Plagiat, S. 11 f. u. S. 102 u. Der Kriminalist 1985, S.27; Schlüchter, NStZ 1988, S.54. 314

D. Tathandlungen

liehen Unterschied zwischen beiden Definitionen; denn die „Festlegung" im Sinne der Begründung des UrhG erfordert, da nach § 15 Abs. 1 Hs. 1 UrhG nur die Verwertung in körperlicher Form erfasst ist, stets einen körperlichen Gegenstand. Zahllose Beispiele für Vervielfältigungen lassen sich finden: Fotokopien oder Reprographien 323; Überspielungen von Musikwerken auf Musikkassette oder CD 3 2 4 ; Raubkopien von Tonträgern 325 oder - nach § 16 Abs. 2 UrhG - die Herstellung eines Tonträgers 326. Da die Eignung zur mittelbaren Wahrnehmbarmachung genügt, ist es nicht notwendig, dass das Vervielfältigungsstück ohne weitere Hilfsmittel wahrgenommen oder aus dem Exemplar als solchem erschlossen werden kann.327 Dies ergibt sich auch aus § 16 Abs. 2 UrhG, da die dort genannten Tonträger stets nur mit Hilfe eines entsprechenden Gerätes wiedergegeben werden können.328 Die Kopie eines Schriftwerks auf Mikrofilm stellt also eine Vervielfältigung dar. 329 Aus § 16 Abs. 1 UrhG folgt, dass die Herstellung eines einzigen Vervielfältigungsstückes genügt330 und das Verfahren gleichgültig ist 331 . Auch das zeitaufwendige Abschreiben eines Computerprogramms stellt also eine Vervielfältigung dar. 332 Entgegen Kroitzsch 333, der ohne nähere Begründung annimmt, Dauerhaftigkeit der Fixierung sei erforderlich, kommt es darauf nicht an 334 . Denn jede Vervielfälti322

v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 11 f. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 196. 324 Kann, S.21. 325 Kann, S. 50 u. S. 52 u. S. 57 u. S. 61. 326 Nick, Musikdiebstahl, S.28. 327 Eiding, S. 122; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 60; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 196. 328 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.60; vgl. auch: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 196. 329 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 196. 330 RGSt41,401,402 („Prospektabschrift"); Β GHZ 18,44,46 („Fotokopie"); AG Stuttgart, Schulze, AGSt3, 2 („Programmmitschnitt"); Eiding, S. 122; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 16 UrhG Rn. 1 ; Fischer, S. 141 ; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 12f.; Heghmanns, S. 113; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 185f.; Heibig, S.374; Kann, S.21; Katzenberger, GRU1 Int. 1983, S.900; Lampe, UFITA 83 (1978), S.29; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.203; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 105 u. S. 108; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 378; SchrickerHaß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 10; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 11; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 196f. u. S.207; Wenzel, Rn.4.26. 331 BGHZ 18, 44, 46 („Fotokopie"); Eiding, S. 122; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 12f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 185 f.; Heibig, S. 374; Kann, S. 21; Katzenberger, GRU1 Int. 1983, S.900; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.203; Rupp, Computersoftware, S. 109 u. GRUR 1986, S. 147; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn.9; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 196 u. S.202; Wenzel, Rn.4.26; vgl. auch: BGHZ 17, 266 („Magnettonband"). 332 Rupp, Computersoftware, S. 110. 333 Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 16 UrhG Anm.2. 334 So auch: Bortlojf, ZUM 1993, S.481; Denkschrift, S.305; Ernestus, S.785; v. Gamm, § 16 UrhG Rn. 10; Haberstumpf, CR 1987, SAH, Heinrich, Die Strafbarkeit, S.207; Junker, Com323

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

gung unterliegt früher oder später dem Zerfall 335 . Und auch § 69 c Nr. 1 UrhG spricht von einer dauerhaften oder vorübergehenden Vervielfältigung. 336 Auch die Herstellung eines Gegenstandes aus vergänglichen Materialien wie etwa Eis, Schnee oder Backwerk stellt demnach eine Vervielfältigung dar. 337 Die unmittelbare Benutzung der Vorlage ist bei der Vervielfältigung nicht notwendig 338 . Es genügt also die Herstellung von Exemplaren aus dem Gedächtnis oder die erstmalige körperliche Festlegung339. Eine Vervielfältigung liegt also beispielsweise vor, wenn ein mündlich vorgetragenes Gedicht mitgeschrieben oder ein improvisiertes Musikstück aufgenommen wird 340 . Auch genügt die Vervielfältigung einer Kopie. 341 Dagegen stellt die Doppelschöpfung eines Werks 342 ohne Kenntnis des Originalwerks keine Vervielfältigung dar und ist straflos. 343 Verbreitungsabsicht ist bei der Vervielfältigung nicht erforderlich. 344 Dies folgt aus dem Wortlaut der §§ 106, 16 UrhG. 345 Zu Recht stellt Weber 346 fest, dass die Formulierung des Reichsgerichtes347 irreführend ist, mit der Vervielfältigung müsse bezweckt sein, unbeteiligten Personen Werkkenntnis zu verschaffen. Wer also beispielsweise hundert Exemplare eines Werks herstellt, ohne diese veräußern zu wollen, macht sich nach § 106 UrhG strafbar. 348 Auch das Herstellen einer Sicherungskopie von Software unterfällt demnach dem Vervielfältigungsbegriff 349 Mit Blick auf den Wortlaut der §§106, 16 UrhG möchte ich Letzgus 350 nicht folgen, wenn er § 106 UrhG nicht anwenden will, sofern der Täter ein unveröffentlichtes Werk entputerrecht, Rn. 139; Marly, jur-PC 1989, S.20 u. Softwareüberlassungsverträge, Rn. 135; Moritz/Tybusseck, Rn.237; Rupp, Computersoftware, S. 109 u. S. 163 f. u. GRUR 1986, S. 148; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 378; Jörg Schneider, S. 505. 335 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.207f. 336 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.207, Fn. 192. 337 Bortloff, ZUM 1993, S.481; v. Gamm, § 16 UrhG Rn. 10; Haberstumpf, CR 1987, S.411 u. Rechtsschutz, Rn. 119; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 208; Junker, Computerrecht, Rn. 139; Marly, jur-PC 1989, S. 20 u. Softwareüberlassungsverträge, Rn. 135; Moritz/Tybusseck, Rn.237, mit Fn. 149. 338 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 196. 339 BGHZ 17, 266 („Magnettonband"); 26, 52, 56 („Sherlock Holmes"); Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 196. 340 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 196. 341 Erdmann, CR 1986, S.256; Rupp, Computersoftware, S. 109; Schulze-Heiming, S. 125. 342 Vgl.: Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §23 UrhG Rn.29. 343 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 196. 344 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 186; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 199; vgl.: RGSt 41, 401, 403 („Prospektabschrift"). 345 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 199. 346 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 199; dazu auch: Katzenberger, GRU1 Int. 1983, S.901. 347 RGZ 107, 277, 279 („Gottfried Keller"). 348 Beispiel bei: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 199. 349 Beermann, S.611; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 189 u. S.350. 350 Letzgus, S. 288 f.

D. Tathandlungen

gegen §51 UrhG zitiert und dabei vervielfältigt. Die verfassungsrechtlichen Bedenken, die Letzgus geltend macht, greifen meines Erachtens nicht durch, da die gesetzliche Regelung insofern durchaus bestimmt ist. Überdies lässt sich auch die mangelnde Strafwürdigkeit der Verletzungshandlung kaum ins Feld führen; denn dieser Einwand lässt sich gegenüber einer Vielzahl denkbarer Handlungen erheben; außerdem ist mit Blick auf die strafprozessualen Möglichkeiten der Verfahrenseinstellung 351 eine Gesetzesauslegung gegen den klaren Wortlaut nicht zu rechtfertigen. Sternberg-Lieben 352 stellt klar, dass der zu Vervielfältigungszwecken erfolgte Kauf von Tonträgern nicht als Vervielfältigung angesehen werden könne, da der Erwerb keine „Herstellung" eines Tonträgers sei und andernfalls die Wortlautgrenze überschritten würde. Die Frage, wann bei einer Teilvervielfältigung Vollendung des Deliktes eintritt, stellt sich etwa, wenn der Beschuldigte nach Fertigstellung der ersten 200 Seiten eines dreihundert Seiten umfassenden Werks gestellt wird 353 . Weber führt insofern aus, der Vervielfältigungstatbestand des § 106 Abs. 1 UrhG sei immer dann erfüllt, wenn entweder ein solcher Teil des Werks vervielfältigt wird, der im Wesentlichen das Gesamtwerk ausmacht, oder wenn ein Werkteil vervielfältigt wird, der seinerseits eine persönliche geistige Schöpfung darstellt. 354 Die Ansicht Webers greift auch hier zu weit. Die Sachlage entspricht derjenigen bei der Frage, ob und wann Werkteile geeignete Tatobjekte sind. Hier wie dort kommt es lediglich darauf an, ob der fertig gestellte Werkteil die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 UrhG erfüllt, also eine persönliche geistige Schöpfung darstellt. Hinsichtlich der Begründung sei auf die dortigen Ausführungen 355 verwiesen. Selbstverständlich liegt bei Büchern eine vollendete Vervielfältigung auch dann vor, wenn die Buchbindearbeiten noch ausstehen356; denn auch ungebundene Seiten stellen einen körperlichen Gegenstand dar, der das Werk in sinnlich wahrnehmbarer Weise wiedergibt. Bislang nicht erörtert wurde die Frage, ob es sich beim Verbot der Vervielfältigung um ein Tätigkeits- oder ein Erfolgsdelikt 357 handelt. Im Regelfall werden zwar Handlung und Erfolg zusammenfallen, so dass sich die Frage nicht stellt. Es sind aber auch Fälle denkbar, in denen dies nicht der Fall ist, etwa wenn der Beschuldigte eine Maschine betätigt, diese die Vervielfältigung aber erst eine Weile später erstellt. Dies ist zum Beispiel häufig beim Drucken in Computernetzwerken mit Hilfe einer Warteschleife der Fall. Ich bin der Auffassung, dass hier die Vervielfältigung nicht bereits mit der Handlung des Täters, sondern erst dann vollendet ist, wenn die Maschine eine Verkörperung urheberrechtlich geschützter Teile des Werks hergestellt hat. Der Ver351 352 353 354 355 356 357

Vgl. zur Einstellung des Verfahrens: Kap. 7 A.X. Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.61. Beispiel von: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.206. Ausführlich: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.207. Vgl. zur Schutzfähigkeit von Werkteilen: Kap. 2 C.I.4. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 199. Vgl. zur Abgrenzung: Roxin, Strafrecht, § 10, Rn. 102 ff.

5 Hildebrandt

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

vielfältigungstatbestand stellt also ein Erfolgsdelikt dar. Vor Fertigstellung der Vervielfältigung liegt allenfalls ein Versuch 358 vor. Dass der Vervielfältigungstatbestand ein Gefährdungsdelikt darstellt, wird man entgegen Müller-Gugenberger 359 nicht behaupten können; denn auch durch die unberechtigte Vervielfältigung wird der Berechtigte beeinträchtigt, der andernfalls für die Vervielfältigung eine Lizenzgebühr aushandeln könnte. Dass in den meisten Fällen die Vervielfältigung auf eine spätere Verbreitung hinzielt, kann deswegen nicht entscheidend sein. 3. Problem der Herstellung von VervielfältigungsVorrichtungen Umstritten ist, ob die Herstellung sogenannter Vervielfältigungsvorrichtungen, also von Vorrichtungen, die ihrerseits erst die technischen Mittel zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken sind, unter den Vervielfältigungsbegriff fällt. Die Frage betrifft zum Beispiel Druckstöcke oder Offsetfolien 360, Satzspiegel für den Nachdruck eines Buches361, Negative zum Pressen von Schallplatten362, das Endlosband für die industrielle Hochgeschwindigkeitsherstellung von Musikkassetten363 oder Masterbänder zur Herstellung von Tonträgern 364 oder Videos365. Der Frage kommt insbesondere bei der Beurteilung von Täterschaft und Teilnahme bei arbeitsteiligen Vorgängen Bedeutung zu. 366 Vor allem Weber 367 hat sich im Anschluss an reichsgerichtliche Judikatur 368 dafür eingesetzt, in der Herstellung von Vorrichtungen, die ihrerseits erst die technischen Mittel zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken sind, keine Vervielfältigung zu sehen. Denn der Vernichtungsanspruch des § 99 UrhG laufe bei einem weiten Vervielfältigungsbegriff ins Leere, da die Vernichtung bereits nach § 98 Abs. 1 UrhG verlangt werden könne. Der natürliche Sprachgebrauch spreche gegen das Einbeziehen dieser Vorrichtungen. Wie der Geldfälschungstatbestand zeige, habe der Gesetzgeber dort die Herstellung von Vervielfältigungsvorrichtungen als Vorbereitungshandlung angesehen und deswegen den speziellen Tatbestand des § 149 StGB geschaffen. Das Fehlen eines Vorbereitungstatbestands bei § 106 UrhG dürfe nicht dazu führen, Vorbereitungs- und Versuchsfälle als vollendete Delikte nach § 106 UrhG einzustufen. In 358

Vgl. zur Versuchsstrafbarkeit: Kap. 6 E. Müller-Gugenberger, §45 Rn. 109; ähnlich auch: Flechsig, FuR 1979, S.514. 360 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 13. 361 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 198. 362 Kann, S.95; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 198. 363 Kann, S.95; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 107. 364 BGH GRUR 1982, 102 („Masterbänder"); v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 13; Kann, S.95; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.203; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.381. 365 Kann, S. 95; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 107. 366 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 105 f. 367 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 197f.; ebenso: Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 16 UrhG Anm. 2. 368 RGZ 107, 277, 279 („Gottfried Keller"). 359

D. Tathandlungen

diesem Sinne sieht Kroitzsch 369 das wesentliche Kriterium der Vervielfältigung in der Fixierung zur unmittelbaren Vermittlung eines Werkgenusses. Auch lässt sich vorbringen, der Bereich der Strafbarkeit werde sehr weit gezogen, wenn die bloße Vorbereitung einer Rechtsverletzung mit Vollendungsstrafe bedroht wird. 370 Weber 311 möchte noch weiter gehen und auch immer dann keine Vervielfältigung annehmen, wenn das Vervielfältigungsstück dem Zweck nach der Vorbereitung des eigentlichen Vervielfältigungsvorgangs zugeordnet ist. Dies sei etwa bei Probeexemplaren oder bei Korrekturabzügen für die Herstellung von Büchern, Schallplatten oder Filmen der Fall, obwohl hier auch für Nichteingeweihte das Werk ohne weitere Hilfsmittel erkennbar ist; in den strafbaren Bereich werde erst vorgestoßen, wenn über das zur Kontrolle der Einrichtungen Erforderliche hinaus zusätzliche Exemplare - und sei es nur eins - hergestellt würden 372. Nach der Gegenauffassung 373 kann auch die Herstellung von Vorrichtungen, die ihrerseits erst die technischen Mittel zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken sind, eine Vervielfältigung sein. Dies folge aus der Definition des Vervielfältigungsbegriffs, wonach es genügt, dass die Aufzeichnungen den menschlichen Sinnen mittelbar oder unmittelbar wahrnehmbar gemacht werden können.374 Da auch die amtliche Begründung 375 zu § 16 UrhG diesen Begriff verwendet, habe der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, auch Vervielfältigungsvorrichtungen erfassen zu wollen. 376 Außerdem lasse § 16 Abs. 2 UrhG erkennen, dass stets bereits die Aufnahme des Werks und nicht erst die Herstellung der zur Verbreitung bestimmten Exemplare erfasst ist. 377 Nach dem Zweck des UrhG solle der Urheber an jedem neuen Verwertungsvorgang beteiligt werden, der neue Kreise erschließt und dabei eine neue gewerbliche Ausbeutung mit sich bringt; auch Vervielfältigungsvorrichtungen seien dem Vertrieb zugänglich.378 Ferner überzeuge die Parallele zur Geldfälschung nicht. Denn anders als bei den §§ 106 ff. UrhG handele es sich bei Vorrichtungen zur Falschgeldherstellung schon begrifflich nicht um Geld, so dass dort ein spezieller Tatbestand erfor369

Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 16 UrhG Anm. 2. So in anderem Zusammenhang: Lampe, UFITA 83 (1978), S.34. 371 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 198. 372 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 198 f., m.Fn. 135. 373 BGH GRUR 1982, 102 („Masterbänder"); Bortloff, ZUM 1993, S.479; Erbs/KohlhaasMeurer, § 16 UrhG Rn. 1; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 13; Kann, S. 95; Katzenberger, GRU1 Int. 1983, S.900f.; Marly, Softwareüberlassungsverträge, Rn. 156; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 109; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 107 u. S. 156f. u. S. 182 u. S.251; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.61; Weber, Wesen, S.63 (als Argument gegen die Versuchsstrafbarkeit); vgl. auch: AG München NStZ 1983, 464 („Basisexemplar"). 374 BGH GRUR 1982, 102 („Masterbänder"); Kann, S.95; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 107 u. S. 156f. u. S. 182 u. S.251. 375 BT-Drucks. IV/270, S.47. 376 Kann, S.95. 377 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.61 u. NJW 1985, S.2122. 378 BGH GRUR 1982, 102, 103 („Masterbänder"). 370

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

derlich sei 379 ; im Gegensatz dazu sei der Wortlaut der §§ 106 ff. UrhG offen. 380 Schließlich könne die Argumentation der Gegenauffassung, § 99 UrhG liefe im Falle weiter Auslegung des § 16 UrhG leer, nicht überzeugen, da ausnahmsweise zwar die Herstellung der Vervielfältigungsstücke, aber nicht die der Vervielfältigungsvorrichtung durch eine urheberrechtliche Schranke gedeckt sein könne.381 Ich möchte dem hinzufügen, dass ohnehin nur einige, aber nicht alle Vervielfältigungsvorrichtungen unter den Vervielfältigungsbegriff fallen; da der Vernichtungsanspruch des § 99 UrhG weiter ist, läuft dieser nicht leer. So mögen etwa die Druckstöcke von § 16 UrhG erfasst sein, die Druckerpresse dagegen nur von § 99 UrhG. Mich kann die einschränkende Auslegung Webers nicht überzeugen. Für das Urheberzivilrecht ist inzwischen unbestritten, dass Vervielfältigungsvorrichtungen dem Vervielfältigungsbegriff unterfallen. 382 Für eine Normspaltung zwischen Zivilund Strafrecht sehe ich keinen zwingenden Grund. Durch die Einbeziehung von Vervielfältigungsvorrichtungen wird auch der Wortlaut des § 106 UrhG nicht überstrapaziert. Ansatzpunkt muss insofern die Tatsache sein, dass das in § 106 Abs. 1 UrhG vorausgesetzte „Werk" selbst kein körperlicher Gegenstand ist; wenn der Vervielfältigungsbegriff wegen der Systematik der §§ 15 ff. UrhG eine Verkörperung verlangt, stellt dies bereits eine Einschränkung des umgangssprachlichen Begriffs dar. Für weitere Einschränkungen sehe ich deswegen keinen Anlass. 4. Veränderungen beim Vervielfältigungsvorgang und Abgrenzung zur „Bearbeitung oder Umgestaltung" a) Einführung § 16 und § 23 UrhG führen zu unterschiedlichen Rechtsfolgen. Unbestritten stellt § 23 UrhG eine privi legierende Ausnahmevorschrift dar, die die Abänderung ermöglichen soll. 383 Dies ergibt sich nicht nur aus § 23 S. 1 UrhG, der den Vorgang der bloßen Herstellung von Bearbeitungen oder Umgestaltungen unerwähnt lässt384, sondern lässt sich im Umkehrschluss auch § 23 S. 2 UrhG entnehmen. § 106 UrhG erfasst zudem nur die widerrechtliche Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe 385, und es ist widersinnig, die Umgestaltung und Bearbeitung in § 23 379

Kann, S.95; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 106f. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 106f. 381 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 13 f. 382 BGH GRUR 1965, 323 („Cavalleria rusticana"); BGH GRUR 1982, 102 („Masterbänder"); v. Gamm, Urheberrechtsgesetz, § 16 UrhG Rn. 10; Fromm/Nordemann-Nordemann, § 16 UrhG Rn. 1; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 10, m. w.N. 383 So auch: Fischer, S. 142; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.458; Rupp, Computersoftware, S. 133 u. ZUM 1986, S.20; Sieber, BB 1981, S. 1552 u. Computerkriminalität, 2. Aufl., S.68; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 109 u. S. 190. 384 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 186, Fn.69; König, CR 1991, S.589. 385 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 109. 380

D. Tathandlungen

S. 1 UrhG zu gestatten, sie aber andererseits nach §§16, 106 UrhG zu verbieten 386. Da also die Herstellung einer Bearbeitung oder Umgestaltung nach § 23 UrhG grundsätzlich zulässig ist, muss diese von der Vervielfältigung abgegrenzt werden; dies alles gilt erst recht für die freie Benutzung, da sich diese noch weiter vom Originalwerk entfernt. 387 Einig ist sich die Literatur dahingehend, dass auch dann eine Vervielfältigung vorliegen kann, wenn keine völlige Identität zwischen dem Original und der Kopie besteht388. Denn an diesem - bereits vor der Schaffung des UrhG geltenden Rechtszustand - hat der Gesetzgeber389 nichts ändern wollen 390 . Auch bringt nahezu jede Vervielfältigung Abweichungen von der äußeren Erscheinungsweise des Originals mit sich.391 Weber 392 führt insofern zu Recht an, aus der Formulierung des § 16 UrhG, wonach gleichgültig sei, „in welchem Verfahren 4' vervielfältigt werde, lasse sich schließen, dass es sich in all diesen Fällen um Vervielfältigungen handele; der Gesetzgeber gebe hiermit zu erkennen, dass er solche Abweichungen als unerheblich ansieht, die sich aus der Verwendung unterschiedlicher Verfahren ergeben. Deswegen ist beispielsweise die bloße Digitalisierung eines Werks 393 oder ein Systemwechsel bei Video, Computerprogrammen, Spielekonsole394 nach allgemeiner Ansicht keine Bearbeitung. Uneinheitlich wird dagegen die Frage beantwortet, ob die Herstellung einer Bearbeitung oder Umgestaltung einen Unterfall der Vervielfältigung bildet 395 oder ob die Herstellung einer Bearbeitung oder Umgestaltung ein eigenes - von der Vervielfältigung abzugrenzendes - Verwertungsrecht darstellt 396. Die Vertreter 397 der ersten Ansicht argumentieren dabei begrifflich und subsumieren auch die Herstellung ei386

Sieber, Computerkriminalität, 2. Aufl., S.68; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.203 u.

S.270. 387

Wie hier: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 202 ff. So: v. Gamm, § 16 UrhG Rn.6; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 185; Plassmann, s.S.204; Rupp, Computersoftware, S. 108f. u. GRUR 1986, S. 147; Schach, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 378; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 3; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.202; ohne Begründung anders: Sieber, Computerkriminalität, 2. Aufl., S.69. 389 BT-Drucks. IV/270, S. 107. 390 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.202. 391 Plassmann, S.209; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.202, mit Beispielen. 392 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.202. 393 Schack, JZ 1998, S.754; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §23 UrhG Rn.6, m. w.N. 394 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 13. 395 So: Fischer, S. 142; Kann, S.21. 396 So: RGZ 107,62,65 f. („Nur eine Tänzerin"); 140, 231,242f. („Tonfilm"); BGHZ 8, 88, 91 („Magnetophon"); v. Gamm, § 16 UrhG Rn.6; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 186f. u. S. 189; König, CR 1991, S.589; Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 16 UrhG Anm. 2; Möhring/NicoliniNicolini, § 3 UrhG Anm. 3; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.458; Rupp, Computersoftware, S. 110 u. S. 132 f. u. S. 174 u. ZUM 1986, S.20; Samson, Urheberrecht, S.233 f.; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §23 UrhG Rn.5; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 190 u. S.202 f. 397 Fischer, S. 142. 388

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

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ner Abänderung unter die Definition 398 des Vervielfältigungsbegriffs. Nach der Gegenansicht soll dieser Auffassung schon die Wortbedeutung entgegenstehen, da „Vervielfältigen" nichts anderes bedeute als „Vermehren" oder „Vervielfachen" ohne weitere individuelle geistige Leistung.399 Auch folge dies aus der Systematik des UrhG, welches das Bearbeitungsrecht neben die in § 15 UrhG genannten Verwertungsrechte stelle.400 Schließlich müsse der Umstand, dass Bearbeitungen oder Umgestaltungen selbst Schutz nach § 106 UrhG genießen, dahingehend gedeutet werden, dass sie keine Vervielfältigungen darstellen. 401 Ich meine, dass zwischen beiden Ansichten kein Ausschlussverhältnis besteht. Denn selbstverständlich kann - mit Blick auf die Zweckübertragungslehre 402 - das Recht zur Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werks ein selbstständiges Verwertungsrecht bei der Rechtseinräumung nach § 31 UrhG sein. Andererseits können bei der Herstellung einer Bearbeitung oder Umgestaltung aber durchaus Vervielfältigungsvorgänge auftreten, die als Durchgangsphase nichts anderes darstellen als ein „Vermehren" oder „Vervielfachen". Da auch jede Teilvervielfältigung 403 genügt, wird dies nicht selten der Fall sein. Mir erscheint es aus systematischen Gründen am sinnvollsten, die Herstellung einer Bearbeitung oder Umgestaltung rechtlich entsprechend einer Schrankenregelung nach §§45 ff. UrhG zu behandeln.404 Über die Rechtsfolgen im Einzelnen wird damit noch kein abschließendes Urteil gefällt. Im folgenden wird zunächst geklärt, unter welchen Voraussetzungen das Privileg des § 23 S. 1 UrhG eingreift (b)) 405 . Danach ist auf die Rechtsfolgen bei der Herstellung einer Bearbeitung oder Umgestaltung einzugehen (c)) 406 . Schließlich wird die strafrechtliche Behandlung der Fälle des § 23 S. 2 UrhG zur Sprache kommen, in denen jedenfalls in zivilrechtlicher Hinsicht bereits die Zulässigkeit der Herstellung einer Bearbeitung oder Umgestaltung von der Zustimmung des Urhebers des Originals abhängt (d)) 407 . b) Voraussetzungen für das Eingreifen

des Privilegs des § 23 S. 1 UrhG

Obwohl die Antwort auf die Frage, ob im Einzelfall das Privileg des § 23 S. 1 UrhG eingreift, über die Strafbarkeit des Beschuldigten entscheidet, ist diese Ab398 399 400 401

Zur Definition des Vervielfältigungsbegriffs: Kap. 2 D. II. 2. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.202f. Sieber, Computerkriminalität, 2. Aufl., S.68. Rupp, Computersoftware, S. 133 u. ZUM 1986, S.20; Weber, Der strafrechtliche Schutz,

S.203.

402 Vgl. zur Zweckübertragungslehre: Schricker-Schricker, Rn. 31 ff. 403 Vgl. zum Problem der Werkteile: Kap. 2 C. 1.4. 404 Ähnlich: BGH GRUR 1963, 441, 443 („Mit Dir allein"). 405 Dazu: Kap. 2 D. II. 4. b. 406 Zu den Rechtsfolgen: Kap. 2 D. II. 4. c. 407 Zu den Fällen des § 23 S. 2 UrhG: Kap. 2 D. II. 4. d.

Urheberrecht, §§31/32 UrhG

D. Tathandlungen

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grenzungsfrage in der strafrechtlichen Diskussion bislang merkwürdigerweise zumeist vernachlässigt worden. Dabei kann die Abgrenzung schwierig sein, wenn am Werk Veränderungen vorgenommen wurden. 408 Das vorhandene Schrifttum möchte die Abgrenzung danach vornehmen, ob die Abänderung eine persönliche geistige Schöpfung i. S. v. § 2 Abs. 2 UrhG darstellt. Wer keine eigenschöpferische Leistung zu Stande bringe, sozusagen nur mechanisch wiedergebe, der vervielfältige. 409 Die Abänderung erfordere, dass am Werk irgendwelche Veränderungen vorgenommen wurden, während die Vervielfältigung das Werk unverändert oder nur mit wenigen, ganz unerheblichen Änderungen übernehme.410 Entscheidend sei letztlich die Qualität der Veränderung. 411 Zwischen Vervielfältigung und Abänderung bleibe infolge der Trennschärfe des Begriffs der persönlichen geistigen Schöpfung keine Grauzone, in der sich die Zugehörigkeit nicht klären lasse.412 Keine persönliche geistige Schöpfung - und damit eine Vervielfältigung - liege deswegen etwa vor bei reinen Routinearbeiten 413, der Codierung eines Computerprogramms anhand einer gut ausgearbeiteten Programmbeschreibung ohne eigenschöpferische Programmergänzung 414 oder der Kopie eines Programms bei der Infizierung mit Computerviren 415. Je nachdem, welcher Terminologie 416 zur Abgrenzung von Bearbeitung und Umgestaltung sich die Verfasser bedienen, äußern sie sich zur Möglichkeit einer Privilegierung der Umgestaltung. Diejenigen, die meinen, nur die Bearbeitung könne die Voraussetzungen einer persönlichen geistigen Schöpfung erfüllen, halten die Erwähnung der Umgestaltung in § 23 S. 1 UrhG für verfehlt. 417 Diejenigen dagegen, die auch die Umgestaltung für schutzfähig halten, wollen das Privileg des § 23 S. 1 UrhG zu Gunsten des Umgestalters nur dann eingreifen lassen, wenn diese eine persönliche geistige Schöpfung darstellt. 418 408

So auch: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 185 u. S. 187. Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 190; Rupp, Computersoftware, S. 111 u. GRUR 1986, S. 150 u. ZUM 1986, S.20; Sieber, BB 1981, S. 1552f. u. Computerkriminalität, 2. Aufl., S.69; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.204. 410 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 187; Rupp, Computersoftware, S. 111 u. GRUR 1986, S. 150 u. ZUM 1986, S.20. 411 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 190. 412 Rupp, Computersoftware, S. 111 u. GRUR 1986, S. 150 u. ZUM 1986, S. 20; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.203. 413 Rupp, Computersoftware, S. 111 u. GRUR 1986, S. 150; Sieber, Computerkriminalität, 2. Aufl., S.69; auch: Hütig, S. 154. 4,4 Rupp, Computersoftware, S. 111 u. GRUR 1986, S. 150. 415 v. Gravenreuth, NStZ 1989 , S.203. 416 Zur verwendeten Terminologie: Kap.2 C.II. 1. 4,7 Fromm/Nordemann - Vinck, § 23 UrhG Rn. 1; v. Gamm, § 23 UrhG Rn. 8; Lauer, S. 26. 418 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 190 u. S.216; Rupp, Computersoftware, S.93ff. u. GRUR 1986, S. 150 u. ZUM 1986, S.20; vgl. auch: OLG Karlsruhe BB 1983, 986 („Inkassoprogramm"). 409

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

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Lediglich Heinrich 4,9 geht insofern weiter und meint, es sei danach abzugrenzen, ob lediglich Korrekturen oder Streichungen am Werk vorgenommen wurden oder ob das Werk qualitativ verändert wurde bzw. der Verändernde ein fremdes Werk durch die Umgestaltung als sein eigenes Werk erscheinen lassen wollte; im ersten Fall liege eine Vervielfältigung vor, im zweiten dagegen eine Umgestaltung. Ich möchte Heinrich in seiner weiten Auslegung folgen, dabei aber noch einen Schritt weiter gehen und bei der Abgrenzung ein subjektives Element einbeziehen. Denn der Wortlaut des § 23 S. 1 UrhG bietet mit den dort verwandten Begriffen „Bearbeitung" und „Umgestaltung" keinen Anhaltspunkt dafür, dass nur die persönliche geistige Schöpfung unter die Vorschrift fällt. Einer derartigen einschränkenden Auslegung steht mithin im Strafrecht das Analogieverbot des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG entgegen. Gerade im Bereich der Bearbeitung und Umgestaltung können strafrechtliche Sanktionen die Kreativität der möglicherweise Betroffenen von vornherein ersticken oder erheblich behindern. 420 So sind nicht nur Fälle denkbar, bei denen der Beschuldigte beim Versuch scheitert, eine persönliche geistige Schöpfung herzustellen. Auch durchlaufen gerade abhängige Schöpfungen häufig Zwischenphasen, in denen sie noch nicht die Kriterien des § 2 Abs. 2 UrhG erfüllen. Zu denken ist etwa an Werke der bildenden Kunst, bei denen der Künstler zunächst fremde Werke vollständig kopiert und im Nachhinein in schöpferischer Weise verändert. Es kann nicht sein, dass hier zwar dem Endergebnis, aber nicht den Zwischenphasen das Privileg des § 23 S. 1 UrhG zukommt. Ähnliches ist in zeitlicher Hinsicht auch im Bereich der ausübenden Kunst denkbar, wenn beispielsweise eine abhängige musikalische Improvisation unschöpferisch - und damit als Vervielfältigung - beginnt, aber durch einen pointierten Schluss insgesamt dem Werkbegriff unterfällt. In allen diesen Fällen kann hinsichtlich der Strafbarkeit nicht darauf abgestellt werden, ob eine persönliche geistige Schöpfung vorliegt. Die Gemeinsamkeit aller Beispiele besteht darin, dass die Herstellung einer persönlichen geistigen Schöpfung vom Beschuldigten beabsichtigt ist. Sinnvollerweise muss deswegen die Abgrenzung zur Vervielfältigung danach vorgenommen werden, ob der Beschuldigte mit der Absicht handelte, eine persönliche geistige Schöpfung zu vollbringen. Hatte er dies nicht vor, so liegt nur eine Vervielfältigung vor. Ich vermute nicht, dass diese Auslegung zusätzliche Beweisprobleme verursacht; denn wenn die Veränderungen am Original quantitativ oder qualitativ gering sind, wird der Beschuldigte seine eigenschöpferische Absicht nur in Ausnahmefällen glaubhaft darlegen können.

c) Rechtsfolgen bei der Herstellung einer Bearbeitung oder Umgestaltung Hinsichtlich der Rechtsfolgen besteht Einigkeit, dass das Privileg des § 23 S. 1 UrhG jedenfalls dann nicht eingreift, wenn die Vervielfältigung durch einen Dritten 419 420

Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 190 u. S.216. Wie hier: Burger, S.801.

D. Tathandlungen

vorgenommen wird. Vielmehr liege sowohl eine Verletzung des Urheberrechts am Originalwerk als auch eine strafrechtlich relevante Verletzung des Urheberrechts an der Bearbeitung oder Umgestaltung vor, sofern letztere eine persönliche geistige Schöpfung darstellt. 421 Streitig behandelt wird dagegen die Frage der Zulässigkeit von Vervielfältigungen einer Bearbeitung oder Umgestaltung durch deren Hersteller selbst. Einige wollen nur die Herstellung selbst privilegieren. Die Vervielfältigung oder Verbreitung des umgearbeiteten Werks durch denjenigen, der die Umarbeitung vorgenommen hat, stelle hingegen eine Urheberrechtsverletzung dar. 422 Mit der Vervielfältigung der Bearbeitung und Umgestaltung würden zugleich Teile des geschützten Originalwerks vervielfältigt. 423 Es sei insofern gleichgültig, ob das Werk in seiner ursprünglichen oder in einer bearbeiteten oder umgestalteten Form wiedergegeben wird. 424 Die Strafbarkeit bestehe sogar, wenn das Werk - etwa bei der Dramatisierung oder Verfilmung eines Romans - erst infolge der Veränderung in der betreffenden Weise wiedergegeben werden konnte.425 Nach der Gegenansicht soll dagegen die Vervielfältigung eigener Bearbeitungen und Umgestaltungen grundsätzlich zulässig sein.426 Denn da die Herstellung des ersten Exemplars keine Vervielfältigung des Originalwerks darstellt, müssten auch weitere Vervielfältigungen zulässig sein.427 Das erzielte Ergebnis sei interessengerecht, da der Bearbeiter seinerseits einen schöpferischen Beitrag leiste 4 2 8 Hinsichtlich des Verfassers der Bearbeitung und Umgestaltung greife deswegen § 106 UrhG nicht ein. 429 Um eine Vervielfältigung handele es sich nur dann, wenn anhand einer Vervielfältigung des Originalwerks dieses weiter vervielfältigt wird. 430 Unverständlich bleibt mir auch ein differenzierender Ansatz, wonach die Vervielfältigung der Bearbeitung nur dann unzulässig sein soll, wenn sie ihrerseits schutzfähige Werkteile des Originals enthalte, weil in diesem Fall auch das Originalwerk vervielfältigt werde 431. Dies habe zur Konsequenz, dass derjenige, der unbefugt eine 421

BGH GRUR 1963, 441, 443 („Mit dir allein"); Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 187. Fischer, S. 143; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 184; Plassmann, S. 200, der irrtümlich meint, dies sei „allgemeine Meinung"; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 23 UrhG Rn. 15; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.270; unklar: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 203 f. u. 270. 423 Fischer, S. 142; Katzenberger, GRUR 1982, S.718; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 151. 424 Rehbinder, ZUM 1990, S.465. 425 Rehbinder, ZUM 1990, S.465. 426 Rupp, Computersoftware, S. 133 u. S. 174 u. S.240 u. ZUM 1986, S. 18ff.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.203; wohl auch: Winkelbauer, CR 1985, S.44. 427 Rupp, Computersoftware, S. 133 u. ZUM 1986, S.20; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.203. 428 Rupp, Computersoftware, S.240. 429 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.204. 430 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.203. 431 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 187 u. S. 189; Rupp, Computersoftware, S. 133 u. S. 174 u. ZUM 1986, S. 20; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 203, dessen Standpunkt unklar bleibt. 422

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werks vervielfältigt, wegen der Vervielfältigung strafrechtlichen Sanktionen ausgesetzt sei 432 . Denn da die Herstellung der Bearbeitung oder Umgestaltung ja gerade keine freie Benutzung i. S. v. § 24 UrhG darstellt, enthält die Abänderung zwangsläufig immer schutzfähige Teile des Originals 433 . Im Ergebnis wird die Vervielfältigung deswegen auch nach diesem Ansatz immer unzulässig sein. Ich denke, dass diese Ansichten sämtlich nicht den Kern des Problems treffen. Dies möchte ich anhand zweier weiterer Beispiele erläutern: Fischer 434 meint, der Begriff der Herstellung einer Bearbeitung und Umgestaltung sei weit aufzufassen. Er weist dabei zu Recht auf das von Ulmer 435 stammende Beispiel hin, wonach Übertragung eines handschriftlichen Manuskripts in Maschinenschrift noch zulässig sein müsse. Denn es ist unsinnig, zwar die Herstellung des Manuskriptes zuzulassen, aber dessen Übertragung in Maschinenschrift von der Zustimmung des Urhebers des Originalwerks abhängig zu machen, zumal dessen wirtschaftliche oder persönliche Interessen durch die Übertragung nicht weiter beeinträchtigt werden. Ein anderes Beispiel, das Ulmer 436 und Loewenheim 437 aufführen, ist die öffentliche Improvisation eines Musikers über ein fremdes Musikwerk. Beide meinen, dass diese ohne Zustimmung des Urhebers des Originalwerks nicht zulässig sein könne, da hier die Herstellung der Abänderung zugleich einen Akt der Verwertung und Veröffentlichung darstelle. Ein Vergleich beider Beispiele legt den Verdacht von Willkür nahe. Es stellt sich die Frage, warum zwar einerseits die Verwertung in Form der Vervielfältigung der übernommenen Teile des fremden Werks während der Herstellung der Bearbeitung oder Umgestaltung zulässig sein soll, warum dies aber andererseits nicht gelten soll, wenn - im Fall der Improvisation - der Herstellungsvorgang mit der weiteren Verwertung und Veröffentlichung zusammenfällt. Gleichwohl meine ich, dass beide Fälle von der vorstehend genannten Literatur richtig behandelt werden. Da dies meines Erachtens sogar dann gilt, wenn der improvisierende Musiker - das zweite Beispiel fortgesponnen - unentgeltlich handelt, liegt der Unterschied beider Fälle wohl auch nicht darin, dass der Beschuldigte im ersten Fall keine unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteile aus seiner Tätigkeit zieht. Ich denke, der Unterschied zwischen den Beispielen liegt darin, dass die Übertragung eines Manuskriptes in Maschinenschrift ein Vorgang ist, der bei der Her432 Rupp, Computersoftware, S. 133 u. S. 174f. u. ZUM 1986, S. 18ff.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 187. 433 So auch: Fischer, S. 142; Katzenberger, GRUR 1982, S.718; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 151. 434 Fischer, S. 143. 435 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.271. 436 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.271. 437 Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §23 UrhG Rn. 15.

D. Tathandlungen

Stellung einer nutzbaren Bearbeitung oder Umgestaltung unbedingt notwendig ist. Dagegen benötigt der improvisierende Musiker das Publikum zur Herstellung seiner Fassung nicht, sondern könnte in aller Regel ebenso gut eine Studioversion erstellen. Der Unterschied liegt also in der Notwendigkeit der Handlung für den Schaffens Vorgang. § 23 UrhG erlaubt demnach solche Verwertungshandlungen, die nach Gesamtbetrachtung des Schaffensvorgangs zur Herstellung der Bearbeitung oder Umgestaltung unbedingt notwendig sind. An der Formulierung Loewenheims 438, die Herstellung der neuen Fassung sei solange frei, wie diese nicht zugleich einen Akt der Verwertung oder Veröffentlichung darstellt, kann deshalb nicht festgehalten werden. Ich möchte abschließend auf die Ausgangsfrage zurückkommen: Ob nur die erste Vervielfältigung 439 oder ob weitere Vervielfältigungen durch den Urheber zulässig sein müssen, kann nicht pauschal beurteilt werden. Zulässig ist die Herstellung weiterer Vervielfältigungen jedenfalls immer dann, wenn dies zur Herstellung der Abänderung notwendig ist. d) Fälle des § 23 S. 2 UrhG Bei Verfilmungen, Aufführungen von Plänen und Entwürfen eines Werks der bildenden Künste oder Nachbauten von Werken der Baukunst sowie bei Datenbankwerken und bei Computerprogrammen 440 ist nach §§ 23 S. 2, 69 c Nr. 2 UrhG bereits die Bearbeitung oder Umgestaltung unzulässig. Gleichwohl ist der Urheber des Originals gegen unzulässige Bearbeitungen und Umgestaltungen nach allgemeiner Ansicht auch in diesen Fällen nur zivilrechtlich geschützt.441 Zur Begründung wird Unterschiedliches ausgeführt: Einfach haben es dabei diejenigen, die in § 23 UrhG ein selbstständiges Bearbeitungsrecht sehen442. Denn anders als in § 97 Abs. 1 UrhG sei in § 106 UrhG weniger präzise nur von „Verletzungen des Urheberrechts 4', nicht dagegen von „Vervielfältigung" die Rede.443 Auch die Bearbeitung von Computerprogrammen falle nicht unter den Begriff der Vervielfältigung. 444 Aber auch jenseits dieser begrifflichen Argumentation lassen sich Gründe für die Einschränkung der Strafbarkeit finden. So soll nach We438

Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §23 UrhG Rn. 15. So auch: Fischer, S. 142f. 440 Zu § 69c Nr. 2 UrhG: Lehmann, CR 1992, S. 326; Marly , jur-PC 1992, S. 1655. 441 BT-Drucks. IV/270, S. 108; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 187; Plassmann, S. 321 ff. u. S. 346; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.458 u. ZUM 1990, S.465; Rupp, Computersoftware, S. 133f. u. S. 194 u. S.240 u. ZUM 1986, S. 18ff.; Samson, Urheberrecht, S.234; Sieber, Computerkriminalität, 2. Aufl., S.61 u. S.65 u. S.68f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 190 u. S. 204. 442 Vgl. insofern: Kap.2 D.II.4.a. 443 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 190. 444 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 180, Fn. 28 u. S. 187 u. S. 350. 439

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

ber 445 die Zurückhaltung des Strafrechts gerechtfertigt sein, da die Pönalisierung des Hervorbringens einer persönlichen geistigen Schöpfung problematisch sei; der zivilrechtliche Schutz genüge insofern. Auch der Gesetzgeber446 hat ausdrücklich klargestellt, die Fälle des § 23 S. 2 UrhG strafrechtlich nicht erfassen zu wollen. Ich möchte anmerken, dass die Straflosigkeit der vorliegenden Fallgruppe auch aus dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG folgen muss. Denn zwar mag die nach §§ 23 S. 2, 69c Nr. 2 UrhG unterschiedliche Behandlung der Bearbeitung oder Umgestaltung bestimmter Werkarten im Zivilrecht gerechtfertigt sein, da dort nur relativ milde Sanktionen eingreifen können und der Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG großzügig gehandhabt werden darf. Im Strafrecht dagegen mit seinen schweren Sanktionen und der Möglichkeit des Eingriffs in Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG muss streng geprüft werden 447. Da die Ungleichbehandlung einer Reihe privilegierter Werkarten dabei nicht gerechtfertigt werden kann, muss § 106 UrhG einschränkend ausgelegt werden. 5. Besonderheiten im Zusammenhang mit Computern Während inzwischen hinsichtlich des Vervielfältigungsbegriffs im Zusammenhang mit Computern vieles unstreitig ist (a)) 448 , besteht keine Einigkeit, ob das Laden in den Arbeitsspeicher (b)) 449 und die sukzessive Teilvervielfältigung (c)) 450 dem Begriff unterfallen. a) Unstreitiges Es besteht Einigkeit, dass die allgemein für das Urheberrecht entwickelte Definition des Vervielfältigungsbegriffs unter Berücksichtigung von § 69 c Nr. 1 UrhG auch für Computerprogramme g i l t 4 5 1 Nach allgemeiner Auffassung stellt jedenfalls das Speichern eines Werks auf Diskette 452 , Festplatte453, CD-ROM 454 oder auf anderen separaten Datenträgern 455 eine 445

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.204. BT-Drucks. IV/270, S. 108. 447 Vgl. zum unterschiedlichen Maßstab: Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 3 GG Rn. 13 ff. 448 Zum Unstreitigen: Kap. 2 D. II. 5. a. 449 Zum Laden in den Arbeitsspeicher: Kap. 2 D.II.5.b. 450 Zur sukzessiven Teil Vervielfältigung: Kap. 2 D.II.5.C. 451 LG Mannheim CR 1999, 360, 361; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 185 u. JZ 1994, S.939; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 3. 452 LG Nürnberg-Fürth CR 1991, 108; Hoppmann, S.57; Koch/Schnupp, S. 187; Loewenheim, Praxis, S.297; Marly, Softwareüberlassungsverträge, Rn. 129; Möhrenschlager, S.327; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 378; Schmitz/Schmitz, S. 67; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn.21. 453 BGH NJW 1994, 1216 („Holzhandelsprogramm"); Beermann, S. 611 ; Fausten/Rompel, S. 60; Haurand, S. 274; Hoppmann, S. 57; Junker, NJW 1998, S. 948; Kappes, S. 661 f.; Koch/ Schnupp, S. 187; Lange, S.213, Fn.48; Loewenheim, FS-v.Gamm, S.429 u. Praxis, S.297; 446

D. Tathandlungen Vervielfältigung dar. Dies gilt auch für die Übertragung des Programms eines Geldspielautomaten auf einen separaten Datenträger 456 oder wenn das Programm in einen Speicher des Computers geladen wird, der als permanente Programmbibliothek dient 4 5 7 . Ebenso handelt es sich bei der Dekompilierung i. S. des § 69 e U r h G 4 5 8 oder bei der Eingabe eines urheberrechtlich geschützten Werks in eine Datenbank 4 5 9 um eine Vervielfältigung. Dem Vervielfältigungsbegriff unterfällt unstreitig auch der Ausdruck eines Programms oder anderer urheberrechtlich geschützter Daten 4 6 0 ; insofern besteht kein sachlicher Unterschied zur Fotokopie. 4 6 1 A u f der anderen Seite stellt die Ausgabe des Programms auf dem Bildschirm mangels verkörperten Vervielfältigungsstücks keine Vervielfältigung dar. 462 Dies gilt auch i m Falle der Sichtbarmachung bei einem Dritten per Datenfernübertragung 463 b) Laden in den Arbeitsspeicher Äußerst umstritten dagegen ist die Frage, ob das Laden in den Arbeitsspeicher eines Computers ohne Einschaltung eines permanenten Speichermediums dem Vervielfältigungsbegriff unterfällt 4 6 4 . Die Literatur zu diesem Problem ist inzwischen fast unüberschaubar. Die höchstrichterliche Rechtsprechung 465 hat die Frage bislang Marly , Softwareüberlassungsverträge, Rn. 129; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 378; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 21; Schulze-Heiming, S. 128 f. 454 Koch/Schnupp, S. 187; Loewenheim, Praxis, S.297; Marly , Softwareüberlassungsverträge, Rn. 129; Schack, JZ 1998, S.755; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn.21. 455 Beermann, S.611; Bortloff, ZUM 1993, S.480; Hoppmann, S.57; Koch/Schnupp, S. 187; Loewenheim, Praxis, S.297; Maaßen, S.344; Marly , Softwareüberlassungsverträge, Rn. 129; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn.21; Troller, S.356; so wohl auch: Ulmer, GRUR 1971, S.3006 u. Elektronische Datenbanken, S.36 u. Internationales Urheberrechtssymposium, S.38; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 196. 456 Arloth, S. 360f.; Schmitz/Schmitz, S.68; dazu auch: Etter, CR 1988, S. 1023f. 457 Haß, Rechtsschutz, Rn.68; Kindermann, GRUR 1983, S. 153. 458 Schulze-Heiming, S. 135 u. S. 138 ff. u. S. 145. 459 Enquete Kommission, S.28; Katzenberger, GRUR 1973, S.632; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 21, m. w. N.; Schulze-Heiming, S. 145. 460 BGHZ 112,264,278 („Nixdorf-Betriebssystem"); Brutschke, NJW 1970, S. 890; Eiding, S. 121 , Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 190; Loewenheim, FS-v. Gamm, S.435; Schulze-Heiming, S. 129 u.S. 146. 461 Eiding, S. 128. 462 BGHZ 112,264,278 („Nixdorf-Betriebssystem"); Brutschke, NJW 1970, S. 890; Eiding, S. 129; Hauptmann, S.50; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.215; Hoppmann, S.57; Katzenberger, GRUR 1973, S.632; Loewenheim, FS-v.Gamm, S.435 u. Praxis, S.300; Maaßen, S.344;Rupp, Computersoftware, S. 109; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn.20; SchulzeHeiming, S. 146. 463 Schulze-Heiming, S. 146. 464 Dazu sehr ausführlich: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 192ff., m.w. N.; auch: v. Gravenreuth, CR 1990, S.658, m. w.N.; Rupp, Computersoftware, S. 109 u. S. 163 f. u. GRUR 1986, S. 148 ff. 465 BGHZ 102, 135, 141 („Compilerfehler"); 112, 264, 278 („Nixdorf-Betriebssystem"); BGH NJW 1994, 1216 („Holzhandelsprogramm").

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

offengelassen. Weil hinsichtlich der Einzelheiten der zivilrechtlichen Diskussion466 auf die hervorragende und weitgehend immer noch aktuelle Darstellung bei Heinrich 461 verwiesen werden kann, muss das Problem hier nicht in aller Ausführlichkeit behandelt werden. Ohnehin hat die Frage aufgrund von Beweisproblemen bislang mehr theoretische Bedeutung erlangt. Relevant werden kann die Frage im Strafrecht vor allem im Bereich der Verjährung und in Fällen, in denen dem Beschuldigten zwar nicht die Herstellung einer Hartkopie, aber die Benutzung eines Computerprogramms einschließlich der Vervielfältigung in den Arbeitsspeicher nachzuweisen ist. Auf die weitergehende Differenzierung 468 zwischen Laden des Programms in Arbeitsspeicher und Programmablauf 469 möchte ich verzichten, da praktisch jeder Programmablauf ein Laden in den Arbeitsspeicher erfordert 470; diese Unterscheidung ist ohnehin allenfalls bei in die Hardware integrierten Programmen geboten.471 Das LG Mannheim472 und eine Reihe von Autoren 473 wollen im bloßen Laden eines Programms in den Arbeitsspeicher keine Vervielfältigung sehen. Denn es liege keine dauerhafte Vervielfältigung vor. 474 Auch der allgemeine Sprachgebrauch verstehe unter Vervielfältigung nur die dauerhafte Vervielfältigung und nicht die vorübergehende wie das Einladen eines Computerprogramms in einen Arbeitsspeicher. 475 Die Speicherung im Arbeitsspeicher könne durch Unterbrechen der Stromzufuhr jederzeit aufgehoben werden, so dass der Speicher nur als temporäres Durchgangslager fungiere. 476 Weiterhin sei der Stromfluss kein körperlicher Vorgang, wie 466

Die originär urheberstrafrechtliche Literatur ist - soweit ersichtlich - eingearbeitet. Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 192ff., m. w.N. 468 Differenzierend etwa: Schulze-Heiming, S. 129ff., m. w.N.; dazu auch: Schack, Urheberund Urhebervertragsrecht, Rn. 380. 469 Ablehnend hinsichtlich des Programmablaufs: BGH NJW 1994, 1216, 1217 („Holzhandelsprogramm"); Eiding, S. 121; Haberstumpf, GRUR 1982, S. 148 u. GRUR 1986, S.234f. u. Rechtsschutz, Rn. 122; Henssler, S.497; Junker, NJW 1993, S. 824 u. NJW 1998, S.948; Preuß, S. 246f.; Jörg Schneider, S. 504ff. 470 Ähnlich: Kindermann, GRUR 1983, S. 157; vgl. auch: BT-Drucks. 12/4022, S. 14; Haberstumpf; GRUR 1986, S.234 u. Rechtsschutz, Rn. 122.; anders: v. Gravenreuth, GRUR 1986, S.723, mit Beispielen; Rupp, GRUR 1986, S. 150. 471 Ausführlicher: Haberstumpf\GRU1 Int. 1992, S.715 u. Rechtsschutz, Rn. 122. 472 LG Mannheim CR 1999, 360. 473 AG Wolfratshausen, zitiert in der Entscheidung des LG München II ZUM 1993,146,147 („Superbase u.a."); Bartsch, CR 1987, S. 10; Betten, Mitt. 1984, S.203f.; Brandi-Dohrn, GRUR 1985, S. 184f.; B. Braun, S. 1346f.; Brutschke, Urheberrecht, S. 113; Buchmüller, S. 120; Etter, CR 1989, S. 117 u. in: Dreiss, S.219; Gantner, S.2854; Haberstumpf\ GRUR 1982, S. 148 ff. u. GRUR 1986, S.234 f.; Haß, Rechtsschutz, Rn.68; Henssler, S.497; Hoeren, GRUR 1988, S.344ff. u. Softwareüberlassung, Rn. 106f.; Holzinger, S.367; Hoppmann, S.57; Junker, JZ 1993, S. 448 u. NJW 1993, S. 824; König, CR 1991, S. 592; Loewenheim, FSv. Gamm, S.434; Preuß, S.240ff. u. S.249f.; Jörg Schneider, S.503ff.; wohl auch: Schlüchter, CR 1991, S. 106; Schricker, Internationales Urheberrechtssymposium, S.219. 474 Bartsch, CR 1987, S. 10; Hoeren, GRUR 1988, S.345 u. Softwareüberlassung, Rn. 106f.; wohl auch: LG Mannheim CR 1999, 360, 361. 475 Franzheim, CR 1993, S. 103. 476 Hoeren, GRUR 1988, S.345; Loewenheim, FS-v.Gamm, S.430f. 467

D. Tathandlungen auch die Existenz des § 248 c StGB belege. 477 Der Gesetzgeber sei, wie die Verwendung des Begriffs Original in § 69c Nr. 3 S. 1 UrhG zeige, von verkörperten Vervielfältigungsstücken ausgegangen. 478 Auch könne die Kopie i m Arbeitsspeicher nicht unmittelbar oder mittelbar wahrgenommen werden, sondern betreffe nur den Steuerungsprozess und diene lediglich dazu, die Maschine zu steuern. 479 Es sei bei einer Vervielfältigung erforderlich, dass diese auf einem räumlich abtrennbaren Träger erfolgt; dies sei bei der Speicherung i m Arbeitsspeicher nicht der Fall. 4 8 0 Schließlich müsse der Vervielfältigungsbegriff i m Lichte des Erschöpfungsgrundsatzes ausgelegt werden, der ausgehöhlt würde, wenn auch die Benutzung eines Werks eine Vervielfältigung darstellen würde. 4 8 1 Die meisten Autoren 4 8 2 sprechen sich hingegen dafür aus, das Laden in den Arbeitsspeicher eines Computers ohne Einschaltung eines permanenten Speichermediums unter den Vervielfältigungsbegriff zu subsumieren. Allerdings könne nicht darauf verwiesen werden, § 69c Nr. 1 S. 2 UrhG habe die alte Streitfrage entschieden 4 8 3 ; denn die dortige Formulierung „soweit das Laden [...] eine Vervielfältigung 477

Henssler, S. 497; Holländer, S.421; ähnlich: Hoeren, Softwareüberlassung, Rn. 112. Zähmt, S.457. 479 Betten, Mitt. 1984, S.203 f.; Brandi-Dohrn, GRUR 1985, S. 183 u. S. 185; Ernestus, CR 1989, S. 789; Loewenheim, FS-v.Gamm, S.430; ähnlich: Holzinger, S.367; Preuß, S.243f. 480 Haberstumpf, GRUR 1982, S. 149; König, CR 1991, S.592. 481 Junker, NJW 1993, S. 824. 482 BT-Drucks. 12/4022, S. 14; ABl. EG Nr.C 91, S. 10 vom 12. April 1989; OLG Celle, CR 1995, 16; AG Amberg CR 1990, 658; AG Freising CR 1990, 55; AG Mainz NJW 1989, 2637; Bär, MMR 1998, S.578; Bartsch, CR 1999, S.362; Becker/Horn, S. 1278; Beermann, S.611 f.; Bortloff, ZUM 1993, S.481; Brandi-Dohrn, BB 1994, S.659; Denkschrift, S.305; Dreier, CR 1991, S. 579f.; Eiding, S. 121; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 16 UrhG Rn. 1; Ernestus, S. 789; Fausten/Rompel, S. 60; Franzheim, CR 1993, S. 102 u. NJW-CoR 1994, S. 160; Fritzsche, S.498; Fromm/Nordemann-Nordemann, § 16 UrhG Rn.2; v. Gravenreuth, CR 1988, S.931 u. CR 1990, S.55 u. CR 1990, S.659 u. Das Plagiat, S. 12 u. GRUR 1986, S.722ff.; Haberstumpf, CR 1987, S.409 S.413f. u. GRU1 Int. 1992, S.715 u. Rechtsschutz, Rn. 117ff.; Haurand, S. 274; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 191 ff. u. S.207 ff.; Holländer, S.422; Junker, JZ 1988, S.464; Katzenberger, GRUR 1973, S.632 u. GRUR 1990, S.94f.; Kindermann, GRUR 1983, S. 157 u. ZUM 1985, S.9; Koch/Schnupp, S. 187; Köhler, S.37 u. S.69; Kolle, GRUR 1973, S.617 u. GRUR 1982, S.455 u. GRU1 Int. 1974, S. 131 u. GRU1 Int. 1974, S.450 u. GRU1 Int. 1985, S.31; Lehmann, CR 1991, S. 151 u. CR 1992, S.326 u. NJW 1988, S.2420 u. NJW 1991, S. 2114; Loewenheim, Praxis, S. 298f.; Maaßen, S. 344; Marly, jur-PC 1989, S. 19ff. u. jur-PC 1992, S. 1654 u. NJW-CoR 1993, S.22 u. Softwareüberlassungsverträge, Rn. 133ff.; Meurer, S. 982; Möhrenschlager, S.327; Möhring, S. 277; Moritz/Tybusseck, Rn.236ff.; Rehbinder, Rn.203 u. Rn.392; Rombach, S. 186; Röttinger, IuR 1987, S.271 u. S.273; Rupp, Computersoftware, S.211 u. GRUR 1986, S. 150 u. wistra 1985, S. 137 u. S. 142; Schack, JZ 1998, S.756 u. Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 379; Schmitz/Schmitz, S. 68; Jochen Schneider, S. 215; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 19; Schulte, S.650f.; SchulzeHeiming, S. 130ff. u. S. 144f.; Stenger, Kriminalistik 1989, S.482; Ulmer/Kolle, S.499; Wiehe, BB 1993, S. 1094; Wittmer, S. 146ff.; Zähmt, S.458; Zscherpe, S.406; wohl auch: Sieber, Computerkriminalität, S.65. 483 So aber: Brandi-Dohrn, BB 1994, S.659; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 379; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 19; Wiehe, BB 1993, S. 1094; Zähmt, S.458. 478

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

erfordert" zeige, dass auch Ladevorgänge ohne Vervielfältigung denkbar sind. Der Vervielfältigungsbegriff sei mithin immer noch nicht definiert. 484 Allenfalls deute die Erwähnung von „Programmablauf ' und „Laden" darauf hin, dass der Gesetzgeber das Einlesen in den Arbeitsspeicher erfasst wissen wollte. 485 Eine Vervielfältigung liege aber ohnehin vor. Die Entstehungsgeschichte der einschlägigen Richtlinie 486 zeige, dass das Wort „soweit" lediglich hinzugefügt worden sei, um Raum für künftige technische Entwicklungen zu lassen, während davon ausgegangen worden sei, dass gegenwärtig jeder Programmablauf ein Vervielfältigen erfordere. 487 Auch im normalen Sprachgebrauch sei für den Laien erkennbar, dass das Einlesen in den Arbeitsspeicher eine Vervielfältigung darstelle, da das Programm danach voll lauffähig bleibe.488 Dauerhaftigkeit müsse nicht vorliegen, so dass die Speicherungsdauer im Arbeitsspeicher genüge 4 8 9 Denn auch mittels vergänglichem Material wie Backwerk oder Eis könnten urheberrechtlich geschützte Werke geschaffen werden. 490 Darauf, dass die Kopie im Arbeitsspeicher durch Unterbrechen der Stromzufuhr jederzeit gelöscht werden kann, könne es nicht ankommen, da der Benutzer ebenso die Stromzufuhr aufrechterhalten und die Kopie somit behalten könne.491 Dass das Speichermedium elektrischen Strom benötige, sei eine technische Zufälligkeit und in urheberrechtlicher Hinsicht irrelevant. 492 Eine Bestandsdauer von einer nicht ganz unerheblichen Zeitspanne liege regelmäßig vor. 493 Dies gelte auch für das sogenannte Caching , obwohl dort die Löschung der Kopie von vornherein beabsichtigt ist. 494 In technischer Hinsicht 495 irre die Gegenmeinung: die Zwischenspeicherung im Arbeitsspeicher sei körperlich. 496 Ferner könne, 484 BGH NJW 1994, 1216, 1217 („Holzhandelsprogramm"); Haberstumpf, Rechtsschutz, Rn. 115; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 191 f. u. S. 194; Marly , jur-PC 1992, S. 1653 u. NJWCoR 1993, S.22; Schulte, S.650; Schulze-Heiming, S. 141. 485 Bartsch,CR 1999,S.362;Schulze-Heiming,S. 142;ähnlich:Marly, NJW-CoR 1993,S.22. 486 Richtlinie 91/250/EWG, ABl. Nr.L 122 v. 17.5.1991, S.42. 487 Schulte, S.650 f., unter Hinweis auf: ABl. EG Nr.C 91, S. 10 vom 12. April 1989. 488 v. Gravenreuth, CR 1990, S.55 f. 489 Bortloff, ZUM 1993, S.481; Denkschrift, S.305; Haberstumpf, CR 1987, SAW; Marly, NJW-CoR 1993, S.22 u. Softwareüberlassungsverträge, Rn. 135; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 19; Schulze-Heiming, S. 130f. 490 Bortloff, ZUM 1993, S.481; v. Gamm, § 16 UrhG Rn. 10; Haberstumpf, CR 1987, S.411; Junker, Computerrecht, Rn. 139; Marly, jur-PC 1989, S.20 u. Softwareüberlassungsverträge, Rn. 135; MoritzfTybusseck, Rn.237, mit Fn. 149; Schulze-Heiming, S. 131. 491 Koch/Schnupp, S. 187f.; Schulze-Heiming, S. 131 u. S. 135; ähnlich: Haberstumpf, Rechtsschutz, Rn. 119; Marly, Softwareüberlassungsverträge, Rn. 150. 492 Marly, jur-PC 1989, S.20f. u. Softwareüberlassungsverträge, Rn. 139; Schulze-Heiming, S. 131 f. 493 Schulze-Heiming, S. 131; ähnlich: Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 19. 494 Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn.23, m.w.N. 495 Zu den technischen Grundlagen beim Vervielfältigungsprozess: Schulze-Heiming, S. 126 ff. 496 Ernestus, S.785; Haberstumpf, CR 1987, S.412 u. Rechtsschutz, Rn. 117ff.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.207; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 19.

D. Tathandlungen

1

da der urheberrechtliche Vervielfältigungsbegriff zweckneutral sei, nicht eingewandt werden, dass die Vervielfältigung allein der Steuerung der Computeranlage diene.497 Das Programm könne auf dem Bildschirm gelistet oder ausgedruckt werden.498 Ob dem konkreten Benutzer die Wahrnehmung möglich ist, sei belanglos, sofern jedenfalls grundsätzlich diese Möglichkeit besteht.499 Ferner komme es nach dem UrhG nicht darauf an, ob das Programm auf einem trennbaren Datenträger gespeichert werde, da das Programm in jedem Fall vervielfältigt sei. 500 Schließlich richte sich der Vervielfältigungsbegriff nicht ausschließlich nach den rein tatsächlichen, technischen Vorgängen, sondern erfordere eine wertende Betrachtung. 501 Der urheberrechtliche Schutz würde unvertretbar verkürzt, würde der Ladevorgang in den Arbeitsspeicher nicht als Vervielfältigung angesehen502; denn andernfalls könne das Programm ausgeliehen und genutzt werden, ohne dass der Verleihende Sanktionen fürchten müsse.503 Durch die Erfassung der vorübergehenden Vervielfältigung habe der Gesetzgeber504 erreichen wollen, dass ein Computerprogramm nicht unter Umgehung der Lizenzverträge gleichzeitig auf verschiedenen Terminals benutzt werden kann.505 Da die Speicherung im Arbeitsspeicher die weitere Werknutzung ermöglicht, sei der Urheber zu beteiligen.506 Eine dritte Gruppe von Autoren hält diese Argumente teilweise zwar für überzeugend, weist jedoch auf Besonderheiten im Strafrecht hin. Etter 507 führt dazu aus, die Einspeicherung eines Programms in den Arbeitsspeicher eines Computers sei nicht strafwürdig, da dadurch der Schaden des Verwertungsberechtigten nicht tatsächlich vertieft würde. Diese Auffassung decke sich mit dem Rechtsempfinden der Rechtsanwender. Haß 508 weist daraufhin, die zivilrechtliche Gegenansicht sei zu einseitig technisch ausgerichtet und berücksichtige den zu Grunde liegenden ökonomischen Konflikt zu wenig, der normativ und nicht naturwissenschaftlich-technisch zu lösen sei. Von technischen Zufälligkeiten sollte im Strafrecht möglichst nichts abhängen. Die Gegenansicht führe im Hinblick auf § 98 UrhG zu unhaltbaren Konsequenzen, weil jeder Nutzer einer Raubkopie sich strafbar machen würde. Nach Franzheim 509 497 Haberstumpf,, CR 1987, S.412; Kindermann, GRUR 1983, S. 157; Marly , NJW-CoR 1993, S.22; Rupp, GRUR 1986, S. 148; Schulze-Heiming, S. 132; Wittmer, S. 146f. 498 v.Gravenreuth,GRUR 1986,S.722;Rupp,GRUR 1986,S. 149;Schulze-Heiming,S. 133. 499 Schulze-Heiming, S. 133; ähnlich: Wittmer, S. 147. 500 v. Gravenreuth, GRUR 1986, S.723; Rupp, GRUR 1986, S. 148; Schulze-Heiming, S. 132. 501 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 195. 502 Haberstumpf Rechtsschutz, Rn. 120; Kalle, GRUR 1982, S. 455; Schulze-Heiming, S. 134f; vgl. auch: Wittmer, S. 135. 503 Bartsch, CR 1999, S. 362; Haberstumpf, Rechtsschutz, Rn. 120; Schulze-Heiming, S. 135. 504 BT-Drucks. 12/4022, S. 11. 505 Brandi-Dohrn, BB 1994, S.659; Franzheim, CR 1993, S. 102; Katzenberger, GRUR 1990, S.95; Lehmann, CR 1991, S. 151 u. CR 1992, S.326. 506 Loewenheim, Praxis, S.298f.; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn. 19. 507 Etter, CR 1989, S. 117; ähnlich auch: Loewenheim, FS-v.Gamm, S.431. 508 Haß, Rechtsschutz, Rn.68. 509 Franzheim, CR 1993, S. 101 f. u. NJW-CoR 1994, S. 160f.; teilweise ebenso: SchulzeHeiming, S. 144 f.

6 Hildebrandt

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

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soll die Urheberrechtsnovelle vom 24. Juni 1993510 das Tatbestandsmerkmal „Vervielfältigung" erheblich erweitert haben, weil nunmehr auch die vorübergehende Vervielfältigung von § 69 c Ziff. 1 UrhG erfasst wird. Ein Computerprogramm dürfe nur auf mehreren Computern verwendet werden, soweit dies der bestimmungsgemäßen Nutzung i. S. v. § 69 d Abs. 1 UrhG entspricht - insbesondere also, wenn der Rechtsinhaber dieser Nutzung zugestimmt hat. Letztlich kriminalisiere das Urheberstrafrecht über die §§ 69 a ff. UrhG nunmehr in unerträglicher Weise Verletzungen der Lizenzverträge. 511 Auch der gutgläubige Erwerber eines unerlaubt kopierten Programms dürfe dieses nicht mehr nutzen.512 Dass nach Ansicht des Bundesjustizministeriums 513 derartige Fälle gemäß § 153 a StPO eingestellt werden könnten, ändere nichts, da Vertreter der Softwareindustrie 514 die Kriminalisierung derartiger Fälle wünschten, um Mehrfachnutzungen eines Programms mit Hilfe des Strafrechts zu unterbinden. Brandi-Dohrn schließlich stellt sogar hinsichtlich des Urheberzivilrechts die Frage, ob die Durchsetzung von zivilrechtlichen Unterlassungsansprüchen gegen gutgläubige Erwerber nicht rechtsmissbräuchlich sei oder durch § 242 BGB gemildert werden müsse, da andernfalls wegen des rückwirkenden Schutzes nach § 137 d 1 UrhG eine Enteignung vorliegen könne.515 Ich meine, Ausgangspunkt der Diskussion muss auch im Urheberstrafrecht die Rechtsprechung des BGH 5 1 6 sein, wonach die reine Benutzung eines Werks urheberrechtlich nicht erfasst wird. Beim Laden eines Computerprogramms in den Arbeitsspeicher liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit regelmäßig in der bloßen Benutzung des Programms. Anders mag die Sachlage bei außergewöhnlicher Nutzung zu beurteilen sein 517 ; so möchte ich den Fall der Benutzung eines Programms mittels eines dauerhaften Datenträgers durch mehrere Personen an mehreren Computern - etwa per Datenfernübertragung, im Netzwerk oder durch die gemeinsame Nutzung einer Diskette - unter den Vervielfältigungsbegriff subsumieren. Eine solche Auslegung des Begriffs wird auch Schwierigkeiten im Hinblick auf Analogieverbot und Wortsinngrenze vermeiden. Denn bei der Bestimmung der Wortsinngrenze kommt es auf die allgemein verständliche Wortbedeutung an, wogegen technische oder andere fachspezifische Betrachtungen auszuscheiden haben.518 Während es aber für den Nichttechniker nur schwer verständlich zu machen ist, warum die bloße Programmbenutzung ein VervielfältigungsVorgang sein soll 519 , wird dies bei außergewöhnli5,0

BGBl. 1993 I,S.910. Vgl. auch: Beermann, S.612. 512 So auch: Brandi-Dohrn, BB 1994, S.659f.; ähnlich: Rupp, wistra 1985, S. 141. 513 So das Bundesjustizministerium in: Franzheim, CR 1993, S. 102 u. NJW-CoR 1994, S. 160. 514 So Rechtsvertreter der Softwareindustrie in: Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 161. 515 Brandi-Dohrn, BB 1994, S.662. 5,6 BGH NJW 1994, 1216, 1217 („Holzhandelsprogramm"). 517 So wohl auch: Hoebbel, Rn. 35; Junker, Computerrecht, Rn. 141. 5.8 Baumann, S.396; Franzheim, CR 1993, S. 103. 5.9 So auch: v. Gravenreuth, GRUR 1986, S.722; Ulmer/Kolle, S.499. 511

D. Tathandlungen

eher Benutzung durch mehrere Personen jeder einsehen. Im Übrigen halte ich es kriminalpolitisch nicht für wünschenswert, das Laden in den Arbeitsspeicher strafrechtlich zu sanktionieren. Ich möchte Franzheim 520 insoweit zustimmen, als die Kriminalisierung der Verletzung von Lizenzverträgen nicht vernünftig und im deutschen Strafrecht systemwidrig ist. Ferner würde ein weiter Vervielfältigungsbegriff im Strafprozess infolge des hier geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes mehr Beweisprobleme schaffen als beseitigen, wogegen eine außergewöhnliche Nutzung regelmäßig zu beweisen sein wird 521 . Zudem werden in absehbarer Zukunft immer mehr elektronische Geräte auf den Markt kommen, die zur Wiedergabe eines Werks eine temporäre Zwischenspeicherung vornehmen; so könnte auch die Zwischenspeicherung von Daten digitalisierter Musikstücke im Arbeitsspeicher eines CD-, DVD- oder MP3-Spielers erfasst werden. Auf Dauer wäre ein derartig weiter Vervielfältigungsbegriff geeignet, das im Urheberrecht geltende Prinzip der Zulässigkeit der bloßen Werknutzung zu untergraben. c) Sukzessive Teilvervielfältigung Umstritten ist schließlich die Frage, ob in Fällen sukzessiver Teilvervielfältigung eine Vervielfältigung vorliegt. Eine solche Teilvervielfältigung kommt etwa im Fall von Routing-Leistungen bei einer Übertragung aus dem Internet vor, wobei die Daten paketweise zum Anwender übertragen werden, aber in keinem Moment eine Verkörperung des gesamten Werks vorliegt. 522 Während nach einer Ansicht 523 jedenfalls dann, wenn nur urheberrechtlich nicht schutzfähige einzelne Programmteile 524 nacheinander in den Arbeitsspeicher geladen werden, keine Vervielfältigung vorliegen soll, möchte die Gegenansicht525 sukzessive Teilvervielfältigungen erfassen. Schulze-Heiming 526 begründet dies damit, andernfalls würde die Annahme einer Vervielfältigung von technischen Zufälligkeiten abhängig gemacht. Die unterschiedliche Behandlung von Stapelverarbeitungsprogrammen einerseits und Multiprogramming und Timesharing andererseits könne unter praktischen Gesichtspunkten nicht überzeugen, da das Ergebnis für den Benutzer in beiden Fällen gleich sei. Bei einer Gesamtbetrachtung sei das ganze Programm in den Arbeitsspeicher ein520 Franzheim, CR 1993, S. 101 f. u. NJW-CoR 1994, S. 160f.; teilweise ebenso: SchulzeHeiming, S. 144 f. 521 Ähnlich: Junker, Computerrecht, Rn. 141. 522 Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn.23. 523 Haberstumpf GRUR 1982, S. 150; Röttinger, IuR 1987, S.270; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn.23; wohl auch: Rupp, GRUR 1986, S. 150; skeptisch: Loewenheim, FS-v.Gamm, S.430; unklar insofern: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 213 ff.; Jörg Schneider, S.505; Wiehe, FS-Pieper, S.659. 524 Vgl. zur Schutzfähigkeit von Werkteilen: Kap. 2 C. 1.4. 525 v. Gravenreuth, GRUR 1986, S.723; Haberstumpf, CR 1987, S.412; Holländer, S.422; Schulze-Heiming, S. 134. 526 Schulze-Heiming, S. 134; ähnlich: v. Gravenreuth, GRUR 1986, S. 723; Holländer, S.422.

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG gelesen worden. V. Gravenreuth 527 fügt dem hinzu, dass auch nach dem normalen Sprachgebrauch von einer Vervielfältigung die Rede sein könne. Mich überzeugt dies nicht. In keinem Moment kann von der Vervielfältigung des Werks gesprochen werden, wie es aber der Wortlaut § 106 Abs. 1 UrhG erfordert. 528 Da nach der Systematik der §§ 15 ff. UrhG für die Vervielfältigung eine körperliche Festlegung des Werks notwendig ist, woran es vorliegend aber fehlt, unterfällt die sukzessive Teilvervielfältigung nicht dem Vervielfältigungsbegriff. 529 In diesem Sinne wird in jüngster Zeit sogar diskutiert, ob sogar die Zwischenspeicherung urheberrechtlich geschützter Teile i m Falle der sukzessiven Teilvervielfältigung bei Routing-Leistungen nicht von § 16 UrhG erfasst ist. Ich möchte insofern auf das einschlägige Schrifttum 5 3 0 verweisen.

III. Der Begriff des Verbreitens 1. Überblick Nach ganz überwiegender Auffassung 531 soll auch i m Urheberstrafrecht der zivilrechtliche Verbreitungsbegriff 532 des § 17 UrhG Anwendung finden. Denn zum ei527

v. Gravenreuth, CR 1990, S.55f. u. GRUR 1986, S.723. So auch: Haberstumpf,i GRUR 1982, S. 150; Röttinger, IuR 1987, S.270; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 16 UrhG Rn.23; wohl auch: Enquete Kommission, S.28. 529 Ebenso: Loewenheim, Praxis, S.307. 330 Bechtold, S.436; Koch, S.425; Wiehe, FS-Pieper, S.659. 531 KG NStZ 1983, 561 („Videoraubkassetten"); LG Wuppertal CR 1987, 599, 600; AG Mainz NJW 1989, 2637; AG Stuttgart, Schulze, AGSt 3, 3 („Programmmitschnitt"); Beermann, S. 612; E.Braun, Produktpiraterie, S. 148; Bühler, S. 194; Dürwanger/Dempewolf, S.251; Eiding, S. 122ff. u. S. 129 u. S. 135; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 1 u. Rn.5; Euer, CR 1989, S. 117; Fischer, S. 143; Friedrich, S. 366; Fromm/N ordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.2; v. Gamm, § 106 UrhG Rn.2f.; Ganter, S. 1480; v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1743 u. BB 1985, S. 1569 u. Das Plagiat, S. 14 u. Der Kriminalist 1985, S.25 u. GRUR 1983, S.350; Haß, Rechtsschutz, Rn.69; Haurand, S.276; Heghmanns, S. 113; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 184 u. S.218; Heibig, S.374; Hütig, S. 154; Kann, S.91 mit Fn.9; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 1 u. Rn.5; Kircher, S. 141 u. S. 145; Lampe, UFITA 83 (1978), S.33f.; Lauer, S. 27; Loewenheim, FS-Traub, S. 252; Löffler, S. 1428; Lührs, S. 265; Meier, S. 665; Mestmäcker/Schulze, § 106 UrhG Anm. 2; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 5; MüllerGugenberger, §45 Rn. 107; Rupp, Computersoftware, S. 108 u. S. 191 u. ZUM 1986, S. 13; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 386; Schmitz/Schmitz, S. 69; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 1 u. Rn.4; Schulze-Heiming, S. 147; Sieber, BB 1981, S. 1552; Sowada, Die „notwendige Teilnahme", S. 174, m.Fn.57; Stenger, Kriminalistik 1989, S.481; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.61 u. NJW 1985, S.212; Tielke, Taschenbuch, S.29; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.208 u. S.285 u. FS-Stree/Wessels, S.615 u. Handwörterbuch, S. 5 f.; zur einschränkenden Ansicht von Letzgus, S. 289 vgl. oben S.00. 532 Vgl. zum zivilrechtlichen Verbreitungsbegriff: Fromm/Nordemann-Nordemann, § 17 UrhG Rn. 1 ff.; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.205; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 528

D. Tathandlungen

nen sei Begriffsgleichheit schon aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsordnung erforderlich 533, zum anderen wolle § 106 UrhG das in § 15 Abs. 1 UrhG bestimmte Verwertungsrecht schützen534. Auch hinsichtlich des § 69 c Nr. 3 S. 1 UrhG bei Computerprogrammen sei auf § 17 UrhG zurückzugreifen. 535 § 17 UrhG kennt zwei Fälle des Verbreitens, das „Inverkehrbringen" und das „Anbieten an die Öffentlichkeit". Zunächst möchte ich auf die Gemeinsamkeiten beider Fallgestaltungen eingehen (2) 536 und danach den Begriff des „Inverkehrbringens" (3) 537 und des „Anbietens an die Öffentlichkeit" (4) 538 erörtern. Da das Verbreitungsrecht durch den sogenannten Erschöpfungsgrundsatz der §§ 17 Abs. 2, 69c Nr. 3 S. 2 UrhG begrenzt wird, ist anschließend auf diesen einzugehen (5) 539 . Entgegen der ganz überwiegenden Auffassung hat die Staatsanwaltschaft beim KG Berlin 540 zu Recht einen eigenständigen strafrechtlichen Verbreitungsbegriff vorgeschlagen. Sie begründet dies damit, es hätte in § 106 Abs. 1 UrhG wie hinsichtlich anderer Tatbestandsmerkmale in § 107 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UrhG eines Klammerzusatzes oder wie in § 108 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 bis 8 UrhG einer ausdrücklichen Verweisung bedurft, um klarzustellen, dass auch das öffentliche Anbieten ein Verbreiten darstellt. Ich möchte unten (4.a)) 541 bei der Besprechung des Tatbestandsmerkmals des „Anbietens an die Öffentlichkeit" auf das Problem zurückkommen.

2. Gemeinsamkeiten des „Inverkehrbringens" und des „Anbietens an die Öffentlichkeit" Nach einigen allgemeinen Anmerkungen (a)) 542 möchte ich den Begriff der „Öffentlichkeit" klären (b)) 543 .

Rn. 382 ff.; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn. Iff.; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 233 ff., alle m. w. N. 533 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 179. 534 KG NStZ 1983, 561 („Videoraubkassetten"); AG Stuttgart, Schulze, AGSt 3, 3 („Programmmitschnitt"); Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 187 u. Handwörterbuch, S.5f. 535 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.218; Schulze-Heiming, S. 147 u. S. 150. 536 Zu den Gemeinsamkeiten: Kap. 2 D. III. 2. 537 Zum Inverkehrbringen: Kap.2 D.III.3. 538 Zum Anbieten an die Öffentlichkeit: Kap. 2 D. III. 4. 539 Zum Erschöpfungsgrundsatz: S.O. 540 StA in KG NStZ 1983, 561 („Videoraubkassetten"). 541 Zur Frage der Strafbarkeit des Anbietens: Kap. 2 D. III. 4. a. 542 Zu den allgemeinen Überlegungen: Kap. 2 D. III. 2. a. 543 Zum Begriff der Öffentlichkeit: Kap. 2 D. III. 2. b.

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

a) Allgemeines Das Verbreiten erfordert nach § 17 Abs. 1 UrhG die körperliche Festlegung des Werks. 544 So unterfällt zum Beispiel die Wahrnehmbarmachung von Datenbankinhalten auf einem Datensichtgerät als unkörperliche Wiedergabe nicht dem Begriff. 545 Mehrere Autoren 546 führen aus, der Tatbestand des § 106 UrhG sei insofern unklar, als dass er so missverstanden werden könne, dass lediglich die Verbreitung des Originals, nicht aber die von Vervielfältigungsstücken erfasst wird. Wegen des Verweises auf § 17 UrhG aber erstrecke sich der Tatbestand auch auf die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken. 547 Meines Erachtens muss nicht auf § 17 UrhG verwiesen werden. Das „Werk" im urheberrechtlichen Sinn ist nämlich nicht körperlich, sondern eine persönliche geistige Schöpfung. Lediglich der Werkträger ist körperlich. Entscheidend bei der Verbreitung ist nur, dass mit dem Werkträger auch das Werk verbreitet wird. Nach allgemeiner Auffassung bezieht sich der Verbreitungsbegriff auch auf rechtmäßig hergestellte Vervielfältigungsstücke. 548 So machen sich zum Beispiel sogenannte „Wohnzimmervideothekare" strafbar, die gegen geringes Entgelt Filme der eigenen Sammlung vermieten. 549 Denkbar ist zum einen der Fall, dass dem Beschuldigten zwar die Vervielfältigung, aber nicht die Verbreitung gestattet wurde, zum anderen der Fall, dass nach §§45 ff. UrhG zwar die Vervielfältigung zu einem bestimmten Zweck zulässig, die Verbreitung aber nicht von der Schrankenbestimmung gedeckt ist. 550 So genügt es für die Bestrafung, wenn der Täter die Vervielfältigung zwar zum privaten Gebrauch vornimmt, aber später diese Vervielfältigungsstücke verbreitet. 551 Auch die zweckwidrige Verbreitung von im Interesse der Rechtspflege oder der öffentlichen Sicherheit hergestellten Vervielfältigungsstücken (§45 UrhG) ist unzulässig.552 In den Fällen der Aufnahme von Schulfunksen544

Eiding, S. 123; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 218; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 205; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn. 4; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.209. 545 Eiding, S. 123; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn.5. 546 Eiding, S. 123; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 61; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.208; ähnlich: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4. 547 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.218; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.61; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.208; im Ergebnis auch: Eiding, S. 123. 548 AG Stuttgart, Schulze, AGSt 3, 3 („Programmmitschnitt"); Eisenberg, Die Videopiraterie, S.20; Flechsig, FuR 1979, S.514; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.236; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 205; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 383; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.209 f. 549 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.20. 550 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.209. 551 AG Stuttgart, Schulze, AGSt 3, 3 („Programmmitschnitt"); Eisenberg, Die Videopiraterie, S.20; Flechsig, FuR 1979, S.514; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.236; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.210. 552 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.210.

D. Tathandlungen

düngen, der Vervielfältigung durch Sendeunternehmen und der Übertragung von Werken auf Bild- und Tonträger im Rahmen eines einschlägigen Geschäftsbetriebes ergibt sich die Unzulässigkeit der Verbreitung sogar aus den in §§ 47 Abs. 2 S. 2, 55 Abs. 1 S. 2 und 56 Abs. 2 UrhG angeordneten Löschungspflichten. 553 Rupp 554 meint, die Verbreitung einer Bearbeitung durch den Bearbeiter sei nicht strafbar. Ich denke dagegen, die Sachlage entspricht der beim Vervielfältigungsbegriff 555 , so dass es darauf ankommt, ob die Verbreitung nach Gesamtbetrachtung des Schaffensvorgangs zur Herstellung der Bearbeitung oder Umgestaltung unbedingt notwendig ist. Dies wird entgegen Rupp nur selten der Fall sein. Um ein - mit Blick auf Zweckübertragungslehre und die Auslegungsbedürftigkeit eines Lizenzvertrags - eher theoretisches Problem handelt es sich bei der Frage, ob die widerrechtliche Herstellung von Vervielfältigungsstücken auch deren Verbreitung unzulässig macht. Weber 556 bejaht dies zu Recht, da auch im Strafrecht insofern § 96 Abs. 1 UrhG eingreift; auch derjenige, dem gemäß § 31 Abs. 1,3 UrhG das ausschließliche Verbreitungsrecht eingeräumt wurde, darf also im Rahmen der Ausübung dieses Rechts ohne Einwilligung des Urhebers keine von einem Nichtberechtigten hergestellten Werkexemplare verbreiten. b) Begriff der „ Öffentlichkeit

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Zwar ist umstritten, ob und inwieweit das „Inverkehrbringen" öffentlich erfolgen muss und ob § 15 Abs. 3 UrhG unmittelbar oder nur entsprechend anzuwenden ist 557 . Soweit aber Öffentlichkeit gefordert wird, bestehen bei beiden Tatbestandsmerkmalen Übereinstimmungen 558. Um Wiederholungen zu vermeiden, möchte ich schon hier auf die Gemeinsamkeiten beim Begriff der Öffentlichkeit eingehen. Nach § 15 Abs. 3 UrhG ist unter Öffentlichkeit ein unbestimmter, nicht durch persönliche Beziehungen verbundener Personenkreis zu verstehen.559 Die Auslegung des Begriffs der Öffentlichkeit hat in der Rechtsprechung560 immer wieder zu Schwierigkeiten geführt. 561 Rechtsprechung und Literatur grenzen den Begriff der Öffentlichkeit negativ ab: Sofern die Weitergabe von Werkstücken oder das Angebot 553

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.210. Rupp, Computersoftware, S. 198. 555 Hierzu: Kap.2 D.II.4. 556 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.210. 557 Dazu unten: Kap.2 D.III.3. 558 Dies gilt auch im Hinblick auf die „öffentliche Wiedergabe"; vgl. dazu: Kap. 2 D.IV 559 KG NStZ 1983, 561, 561 f. („Videoraubkassetten"); AG Mainz NJW 1989, 2637; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.61. 560 Vgl. insofern: RG JW 1911, 253; RGSt 21, 254, 256 („Wählervereinigung"); BGHZ 17, 376 („Betriebsfeier"), m. w.N. auf S.379; BGH NJW 1956,1553(„Tanzstunde"); BGH GRUR 1960, 338 („Tanzstundenabschlussbälle"); BGH JZ 1974, 713 („Alters-Wohnheim"). 561 So auch: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.218; ähnlich auch: Weber, Wesen, S.53.

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

lediglich an Personen erfolgt, die mit dem Anbieter persönlich verbunden sind, liegt keine Öffentlichkeit vor 562 . Teilweise wird auch - inhaltlich ohne Unterschied - vom Freundeskreis 563 oder Bekanntenkreis 564 gesprochen. Maßgeblich ist also ein Dritte ausschließendes Zusammengehörigkeitsgefühl. 565 Streitig ist, ob auch die Weitergabe an Freunde oder Bekannte öffentlich erfolgt, wenn nicht sichergestellt ist, dass diese das Werkstück oder das Angebot für sich behalten. So fordert Weber 566, dass es sich um einen engen und zuverlässigen Freund handeln muss; Tie Ike 561 meint, es genüge für eine Bestrafung, wenn eine Angebotsliste an eine dritte Person gegeben wird, bei der davon ausgegangen werden kann, dass diese die Liste nicht vertraulich behandeln kann und soll. Dagegen soll nach Haß 568 die bloße Möglichkeit der Erlangung der Verfügungsgewalt nicht ausreichen. Ich möchte mich Haß anschließen. Denn die bloße Gefahr der Erfolgs Verwirklichung kann bei § 106 Abs. 1 UrhG nicht genügen. Andernfalls würde die Vorschrift in ein bloßes Gefährdungsdelikt umgedeutet. Unbestritten dagegen liegt Öffentlichkeit vor im Fall einer Auslage im Schaufenster oder in einem allgemein zugänglichen Ladenlokal569, bei Zeitungs- oder Zeitschriftenannoncen 570 oder bei der Übertragung von Videofilmen in einem Hotel über ein Verteilernetz in die einzelnen Zimmer der Gäste571. Auch beim kurzen, meist schriftlichen Kontakt nach der Aufgabe einer Tauschanzeige liegt regelmäßig öffent362 BGHZ 113, 159, 161 („Einzelangebot"); GRUR 1982, 100, 101 („Schallplattenexport/ Gebührendifferenz III"); KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"); AG Stuttgart, Schulze, AGSt 3, 3 („Programmmitschnitt"); Eiding, S. 123; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 220; Kann, S. 22 u. S. 99; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 6; Kircher, S. 153; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 386; Schulze-Heiming, S. 147; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.234; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.213f. 563 KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"); Bappert/Maunz/Schricker, §2 Rn. 16; Beermann, S.612; Fromm/Nordemann-Nordemann, § 17 UrhG Rn.2; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 220f.; Heibig, S. 375; Schmitz/Schmitz, S.69f.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.66; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.234. 564 BGHZ 113, 159, 161 („Einzelangebot"); KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"); Bappert/Maunz/Schricker, §2 Rn. 16; Beermann, S.612; Eiding, S. 124 u. S. 129 u. S. 136; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn.5; Fischer, S. 143; Ganter, S. 1480; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.220f. u. S. 231 ff. u. S. 237ff. u. S.245f. u. S.268 u. S.351 u. JZ 1994, S. 940, Fn. 21 ; Heibig, S. 374; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 205; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.386; Schmitz/Schmitz, S.69f.; Schricker- Η aß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.4; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 Rn. 13; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.234; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.213; Wenzel, Rn.4.32. 565 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 14f. u. Der Kriminalist 1985, S.25. 566 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.213. 567 Tielke, Taschenbuch, S. 30. 568 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.4. 569 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.221; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.214. 157 0 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.221; Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2122; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.214. 57 1 Weber, Wesen, S. 53.

D. Tathandlungen

liches Inverkehrbringen vor. 572 In speziellen Tauschclubs fehlt regelmäßig das erforderliche persönliche Band 573 ; letztlich kommt es aber auch hier darauf an, ob über das bloße Tauschen hinaus Beziehungen unter den Mitgliedern unterhalten werden. 574 Öffentlichkeit soll bei einer Veranstaltung auch dann gegeben sein, wenn die Kontrolle der Eintrittskarten sich als unzulänglich erweist und Außenseiter einströmen 575 ; dabei ist aber das unvermeidbare Einschleichen einzelner Personen unschädlich576. Von besonderer Bedeutung ist die Frage, ob auch bei innerbetrieblichen Vorgängen Öffentlichkeit vorliegt. Insofern wird ausgeführt, Öffentlichkeit sei erst mit Verlassen der produktionsinternen Sphäre anzunehmen.577 Verbreitung liege solange nicht vor, wie das Werk innerhalb eines Unternehmens bleibt. 578 Das Vervielfältigungsstück sei deswegen noch nicht in den Verkehr gebracht, wenn der Drucker es dem Verleger übergeben hat, von dem er den Druckauftrag erhalten hat 579 , oder wenn das Werk dem Buchbinder übergeben wird 580 . Die Exemplare gelangten hier noch nicht aus der Sphäre der Herstellung hinaus, die durch ein Zusammenwirken von Verleger und Drucker gekennzeichnet sei.581 Sternberg-Lieben 582 hält bei Fällen dieser Art für entscheidend, ob die Beteiligten als Mittäter handeln. Bei der Weitergabe von Piraterieware durch den Hersteller an den Zwischenhändler oder Weitergabe der Exemplare an den Auftraggeber der Raubkopie liege deswegen Verbreitung vor, da regelmäßig keine Möglichkeit mehr bestehe, diese Personen an der freien Verfügung über die Ware zu hindern. Ich möchte das entscheidende Kriterium bei betriebsinternen Vorgängen nicht in der Mittäterschaft, sondern darin sehen, ob im Einzelfall eine Tätigkeit für den Betrieb als ganzen oder lediglich für betriebsangehörige Privatpersonen vorliegt. Denn im ersten Fall verbleibt das Werk in den Händen des Betriebes und damit einer juristischen oder jedenfalls teilrechtsfähigen Person; von Verbreitung kann aber nicht die Rede sein, solange keine weiteren Personen die Verfügungsgewalt am Werk erlangt haben. 57 2 57 3

Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 238 u. S. 352. Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.66; ähnlich: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.246 u.

S. 352. 57 4

Heinrich, Die Strafbarkeit, S.239 u. S.352; Kircher, S. 153. v. Gamm, § 15 UrhG Rn. 16; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.220; ähnlich: Schmitz/ Schmitz, S.71. 57 6 v. Gamm, § 15 UrhG Rn. 16; Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 15 UrhG Anm. 9; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.220. 57 7 Eiding, S. 124 u. S. 136; Kann, S.99f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 119; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.62. 578 BGH GRUR 1982, 100, 101 („Schallplattenexport/Gebührendifferenz III"); BGH GRUR 1986, 668, 669 („Gebührendifferenz IV"); Kann, S.22. 57 9 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.211 u. S.336. 580 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.336. 581 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 4; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.211. 582 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.62. 57 5

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

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Der BGH will im Falle einer Betriebsfeier bei einem größeren Betrieb die Öffentlichkeit bejahen.583 Dies leuchtet ein, da die Teilnehmer dort als Privatpersonen versammelt sind; bei der Betriebsfeier liegt keine Tätigkeit für den Betrieb vor. Deswegen irrt das KG 5 8 4 , wenn es Öffentlichkeit verneinen will, wenn der Dritte bei einem Verlag beschäftigt ist, an dem der angeklagte Anbieter beteiligt ist, obwohl beide hier nicht für den Betrieb tätig werden. Jedenfalls solange kein persönliches Band zwischen beiden vorliegt, ist hier Öffentlichkeit zu bejahen.585 Umstritten ist schließlich auch, ob im Falle des Versendens mit der Post das Delikt bereits vollendet ist, bevor der Werkträger zum Adressaten gelangt ist. Gerichtsentscheidungen für das Urheberrecht existieren zu dieser Frage nicht 586 . Manche587 wollen dies bejahen. Ich möchte mich grundsätzlich der Gegenauffassung 588 anschließen. Denn § 106 Abs. 1 UrhG ist kein Gefährdungsdelikt; der urheberrechtlich relevante Vorgang ist die Erlangung der Verfügungsgewalt am Werk durch einen Dritten; diese ist weder mit der Aufgabe bei der Post, noch mit der bloßen Ankunft beim Empfänger 589 erlangt. Aus der Formulierung des § 74 d Abs. 2 StGB „Verbreiten durch Versenden" wird man wegen des abweichenden Regelungszweckes keine Rückschlüsse auf § 106 Abs. 1 UrhG ziehen können. Zu beachten ist bei der Problematik aber, dass auch die Strafverfolgungsbehörden „Dritter" sind und regelmäßig Verfügungsgewalt am Werk erlangen. Letztlich ist hier also zu prüfen, welchen Vorsatz der Beschuldigte im konkreten Fall hatte und wie Fälle abweichenden Kausalverlaufs 590 zu behandeln sind. 3. Das „Inverkehrbringen" Der Begriff des „Inverkehrbringens" wird in Literatur und Rechtsprechung mit Hilfe unterschiedlicher Formulierungen - aber im Wesentlichen inhaltsgleich - definiert. Ich möchte zunächst die verschiedenen Definitionen vorstellen (a)) 591 und erst anschließend einige Einzelprobleme erörtern (b)) 592 . a) Begriff des „ Inverkehrbringens

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Um den Begriff des „Inverkehrbringens" zu definieren, werden im Wesentlichen vier Formulierungen verwendet: 583

BGHZ 17, 376 („Betriebsfeier"). KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"). 58S Ebenso: Flechsig, NStZ 1983, S.563. 580 Verneinend: RGSt 14, 35, 35f. [zum Lebensmittelrecht]; bejahend: BGH NJW 1965, 1973 [zur Einziehung]; auch: Tröndle/Fischer, §74dStGB Rn.4. 587 Kann, S. 100; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 119. 588 Horn, S.2333, m. w.N.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.4. 589 Verbreitung auch hier verneinend: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.4. 590 Dazu: Tröndle/Fischer, § 16StGB Rn.7, m. w.N. 591 Vgl. zum Begriff: Kap. 2 D. III. 3. a. 592 Vgl. zu den Einzelproblemen: Kap.2 D.III.3.b.

D. Tathandlungen

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Nach der ersten Formulierung soll jedes Weiterbringen der Werkträger in einen neuen Verkehrskreis genügen593. Nach der zweiten Formulierung komme es darauf an, das Original oder Vervielfältigungsstücke dem freien Handelsverkehr zuzuführen 594. Drittens sei „Inverkehrbringen" jede Handlung, durch die Werkstücke aus dem Herrschaftsbereich des Täters heraus der allgemeinen Öffentlichkeit zugeführt werden 595. Viertens schließlich wird ausgeführt, der Begriff sei im Urheberstrafrecht kein anderer als in anderen Gesetzen596. Weber 597 konkretisiert dies anhand der Geldfälschungstatbestände der §§146 bis 148 StGB. Dort sei das falsche Geld dann in den Verkehr gebracht, wenn der Täter es derart aus seinem Gewahrsam entlässt, dass ein anderer tatsächlich in der Lage ist, sich des Falschgeldes zu bemächtigen und mit ihm nach seinem Belieben umzugehen, es insbesondere weiterzuleiten. 598 Gleiches gelte für den Begriff des „Inverkehrbringens" in anderen nebenstrafrechtlichen Vorschriften, etwa in § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG 599 . Auch im Urheberstrafrecht sei entsprechend zu definieren. 600 In eine Kurzformel gebracht, liege Inverkehrbringen dann vor, wenn das Werk in die Verfügungsgewalt eines Dritten gelangt.601 Weber 602 beruft sich hinsichtlich seiner Fassung des Begriffs auf den Gesetzeszweck, der dem § 17 UrhG zu Grunde liege; dieser bestehe darin, dem Urheber durch die ausschließliche Befugnis zur Werkverbreitung die Möglichkeit zu geben, die wirtschaftlichen Bedingungen mitzubestimmen, zu denen seine Schöpfung ver593 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 14 u. Der Kriminalist 1985, S. 25; Kann, S. 22; für das Warenzeichenrecht: Busse/Starck, § 15 WZG Rn. 18. 594 BGH GRUR 1982, 100, 102 („Schallplattenexport/Gebührendifferenz III"); OLG Hamburg GRUR 1972, 375, 376 („Polydor II"); Heinrich, Die Strafbarkeit, S.218; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4. 595 OLG Hamburg GRUR 1972, 375, 376 („Polydor II"); v. Gamm, § 17 UrhG Rn. 7; Heghmanns, S. 113; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.229; Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 17 UrhG Anm.2; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 119; Rupp, Computersoftware, S. 191; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn. 12; Schulze-Heiming, S. 147. 596 Eiding, S. 124; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn.5; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.4; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.211. 597 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.211. 598 RGSt 67, 167, 168; BGH NJW 1952, 311; Lackner/Kühl, § 146 StGB Rn.7; Schönke/ Schröder-Stree, § 146 StGB Rn.21; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.211. 599 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 211 f.; vgl.: Franke/Wienroeder, §29 BtMG Rn. 108, m. w.N. 600 Eiding, S. 124; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.229; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.4; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.211. 601 Fischer, S. 143; Hentschel, FuR 1982, S.239 u. Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 13 u. Videorecht, S. 110; Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 17 UrhG Anm.2; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 62; Wahl, Wirtschaftskriminalität, S. 270; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 211; ähnlich: RGZ 107, 277, 281 („Gottfried Keller"). 602 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.212.

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

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weitet werden darf; diese Möglichkeit werde vereitelt, wenn das Original werk oder Vervielfältigungsstücke an Personen gelangen, die in tatsächlicher Hinsicht frei darüber verfügen können. Der Vergleich der verwendeten Definitionen ergibt, dass alle aus drei Tatbestandsmerkmalen bestehen. Das erste Tatbestandsmerkmal verlangt stets Verfügungsgewalt des Täters 603, das zweite verlangt eine Weitergabe des Werkträgers und das dritte beschreibt, an wen durch diese Weitergabe die Verfügungsgewalt übertragen werden muss, um von einem „Inverkehrbringen" sprechen zu können. Hinsichtlich des ersten Tatbestandsmerkmals sind meines Erachtens alle verwendeten Formulierungen inhaltsgleich. Dass der Täter Verfügungsgewalt haben muss, wird zwar nicht in allen Formulierungen gleichermaßen deutlich; doch ist dies logisch zwingend. Denn ein Weiterbringen in einen neuen Verkehrskreis oder ein Zuführen an den freien Handelsverkehr ist dem Täter nur möglich, wenn er frei über die Sache verfügen kann, also Gewahrsam hat. Horn 604 hat sich hierzu geäußert: Nur derjenige könne die Sache in den Verkehr bringen, der die Verfügungsgewalt über sie besitzt. Es handele sich um ein echtes Sonderdelikt, wobei sich das Verbot nur an den jeweiligen Inhaber der Verfügungsgewalt richte. Diejenigen Strafbarkeitslücken, die trotz zumeist vorliegender Teilnahmestrafbarkeit entstehen, seien hinzunehmen. So brächten beispielsweise Boten, Bevollmächtigte oder Makler die Ware nicht in den Verkehr, obwohl sie einen Kausalbeitrag zum Gewahrsamswechsel leisteten. Ich möchte dem zustimmen. Dass der bloße Erwerb 605 kein Inverkehrbringen darstellt 606, folgt also schon daraus, dass es dem Erwerber an anfänglicher Verfügungsgewalt fehlt. Übereinstimmung besteht auch beim zweiten Tatbestandsmerkmal, dem Erfordernis der Weitergabe des Werkträgers durch den Täter und dem damit verbundenen Wechsel der Verfügungsgewalt. Weil im Fall der Beschlagnahme durch die Zollbehörde nach § 111 a UrhG die Übertragung der Verfügungsgewalt nicht durch deren ursprünglichen Inhaber, sondern durch den Beschlagnahmeakt der Zollbehörde erfolgt, liegt hier kein Inverkehrbringen vor. Es muss deswegen nicht darauf abgestellt werden, dass die Vorschrift des § 111 a UrhG ad absurdum geführt würde, wenn die Beschlagnahme ein Verbreiten darstellen würde 607 . Beim dritten Merkmal dagegen unterscheiden sich die verwendeten Formulierungen teilweise inhaltlich. Denn während zum einen die Weitergabe an einen beliebigen Dritten genügen soll, wird zum anderen gefordert, dass es sich um einen neuen Verkehrskreis, die allgemeine Öffentlichkeit oder gar den freien Handelsverkehr handeln muss. Auf die sich hieraus ergebenden Fragen wird unten608 zurückzukommen sein. 603 604 605 606 607 608

So auch - unter Vernachlässigung des zweiten Elements: Tielke, Taschenbuch, S. 30. Horn, S. 2334ff. Vgl. zur Strafbarkeit des Endabnehmers: Kap.6 F.II. 10. So auch: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 15. So aber: Kemper, in: Gummig, S.416. Vgl. dazu: Kap. 2 D.III.3.b(2).

D. Tathandlungen

Zusammenfassend erfordert der Begriff des „Inverkehrbringens" also, dass (1) der Täter anfangs Verfügungsgewalt am Werkträger hat, (2) der Täter einen Wechsel der Verfügungsgewalt herbeiführt und (3) diese dadurch schließlich bei einem - noch näher zu bestimmenden - Dritten liegt. Weil dies mehrmals nacheinander möglich ist, kann eine Sache auch mehrmals in den Verkehr gebracht werden, etwa vom Hersteller über den Großhändler zum Einzelhändler. 609 Der Wortlaut des § 106 Abs. 1 UrhG mit dem Begriff „Verbreiten" steht dem nicht entgegen610. b) Einzelprobleme Ich möchte hier einige Einzelprobleme im Zusammenhang des Begriffs des „Inverkehrbringens" untersuchen: den Begriff der Verfügungsgewalt ((l)) 6 1 1 , die Frage des Erfordernisses der Weitergabe gegenüber der Öffentlichkeit ((2)) 612 , das Problem der Weitergabe eines Einzelstückes ((3)) 613 , die Frage des Erfordernisses körperlicher Verbreitung ((4)) 614 und die Eigenschaft des „Inverkehrbringens" als Erfolgsdelikt ((5)) 615 . (1) Begriff der „Verfügungsgewalt" Zunächst ist der Begriff der „Verfügungsgewalt" zu untersuchen. Weber 616 hat insofern zu Recht ausgeführt, maßgeblich seien allein die tatsächlichen Umstände. Auf dingliche Verfügungsbeschränkungen etwa wegen § 935 Abs. 1 BGB, schuldrechtliche Verpflichtungen, die Rechtsnatur des zugrunde liegenden Geschäfts oder darauf, ob das Werk mit oder ohne Eigentumsvorbehalt verkauft sei, komme es nicht an. Ein entgeltliches Geschäft muss nicht zu Grunde liegen617, da auch eine Schenkung die Verwertungsinteressen des Urhebers beeinträchtigt 618. Auch ergibt sich dies daraus, dass in § 17 Abs. 2 UrhG die Veräußerung als Spezialfall der Verbreitung erscheint 619; insofern ist die Rechtslage keine andere als bei der Verbreitung pornographischer oder beleidigender Schriften. 620 Auch eine Eigentumsübertragung 609

Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4. Vgl. zum entsprechenden Problem beim LMBG: BVerfG ZLR 1988, 631, 632; kritisch dazu: Hufen, S.632 ff. 6,1 Zum Begriff der Verfügungsgewalt: Kap.2 D. III. 3.b(l). 612 Zum Erfordernis der Weitergabe gegenüber der Öffentlichkeit: Kap. 2 D. III. 3. b(2). 613 Zur Weitergabe eines Einzelstückes: Kap. 2 D. III. 3. b (3). 614 Zum Erfordernis körperlicher Verbreitung: Kap.2 D.III.3.b(4). 6.5 Zur Rechtsnatur des „Inverkehrbringens" als Erfolgsdelikt: Kap.2 D.III.3.b(5). 6.6 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.212. 617 Eiding, S. 124; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 14f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.229 u. S. 237f.; Kann, S. 99; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 119; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.234; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.212f. 618 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.212. 619 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.229, Fn.296; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.212. 620 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.212. 610

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG ist nicht erforderlich. 621 Es genügen deswegen neben der Veräußerung 622 auch Vermietung 6 2 3 , Tausch 624 , Leihe 6 2 5 oder Schenkung 626 . Denn auch bei diesen Geschäften hätte der Urheber bei eigenem Geschäftsabschluss die Möglichkeit, eine Vergütung auszuhandeln. 627 Die Ausleihe durch eine private oder öffentliche Bibliothek unterfällt selbst dann dem Verbreitungsbegriff 628 , wenn der Nutzer vertraglich verpflichtet wird, das Werk nicht an Dritte weiterzugeben; denn der Bibliothekar hat auch dann keinen Einfluss mehr auf eventuelle Verfügungen. 629 Dagegen irrt Rupp 63°, wenn er meint, auch die bloße Übertragung des Nutzungsrechts genüge für das Inverkehrbringen; denn es kommt auf die Verfügungsgewalt am Werkträger an und nicht auf Rechte an der persönlichen geistigen Schöpfung. Dauerhaftigkeit der Weitergabe schließlich ist nicht erforderlich. 631 Ich denke, dass hinsichtlich des Begriffs des „Inverkehrbringens" der Gewahrsamsbegriff des § 242 StGB fruchtbar gemacht werden kann. Dieser gleicht in allen wesentlichen Punkten dem Begriff der Verfügungsgewalt bei § 17 Abs. 1 UrhG. M i t Hilfe des Gewahrsamsbegriffs werden sich auch Fälle lösen lassen, in denen meh621 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 14f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.229 u. S.237f.; Kann, S. 99; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 119. 622 Brutschke, NJW 1970, S. 890; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 14f.; Heibig, S. 374; Lührs, S.265; Stenger, Kriminalistik 1989, S.481. 623 BT-Drucks. IV/270, S.48; BVerfGE 31,248,251 („Bibliotheksgroschen"); BGHZ92,54, 57 („Zeitschriftenauslage in Wartezimmern"); GRUR 1986, 736 („Schallplattenvermietung"); Brutschke, NJW 1970, S. 890; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 14 u. Der Kriminalist 1985, S.25; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.230 u. S.238; Heibig, S.374; Lührs, S.265; Möhring/NicoliniKroitzsch, § 17 UrhG Anm. 2; Schaefer/Körfer, S. 99; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn. 12; Stenger, Kriminalistik 1989, S.481 ; Tielke, Taschenbuch, S. 30; Ulmer, Urheberund Verlagsrecht, S.234; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.212f. 624 LG Hamburg CR 1995, 222; LG Nürnberg-Fürth CR 1991, 108; AG Neumark CR 1990, 406; Fromm/Nordemann-Nordemann, § 17 UrhG Rn.2; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 14 u. Der Kriminalist 1985, S.25; Haurand, S.274; Heghmanns, S. 113; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.239 u. S.246 u. S.352; Heibig, S.374; Lührs, S.265; Stenger, Kriminalistik 1989, S.481. 625 BT-Drucks. IV/270, S.48; RGSt 14, 46, 48; BGHZ 92, 54, 57 („Zeitschriftenauslage in Wartezimmern"); BGH GRUR 1972, 141 („Konzertveranstalter"); Brutschke, NJW 1970, S. 890; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 14 u. Der Kriminalist 1985, S.25; Heghmanns, S. 113; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 230 u. S. 238; Heibig, S. 374; Lührs, S. 265; Möhring/NicoliniKroitzsch, § 17 UrhG Anm. 2; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.4; SchrickerLoewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn. 12; Stenger, Kriminalistik 1989, S.481; Tielke, Taschenbuch, S. 30; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 234; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.212f. 626 Brutschke, NJW 1970, S. 890; Ganter, S. 1480; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 14; Haurand, S. 274; Heghmanns, S. 113; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 230 u. S. 238; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 4; Tielke, Taschenbuch, S. 30; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.212f. 627 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.212f. 628 So auch: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.212f. 629 H.-B. Meyer, S. 25 f. 630 Rupp, Computersoftware, S. 196. 631 Eiding, S. 124.

D. Tathandlungen

rere Personen sich die Verfügungsgewalt teilen - also Mitgewahrsam 632 vorliegt - oder in denen es dem Gewahrsamsinhaber am Beherrschungswillen 633 fehlt. So lässt sich etwa überzeugend begründen, warum Zeitschriften, die in einem Wartezimmer ausgelegt werden 634, nicht in den Verkehr gebracht werden. (2) Frage des Erfordernisses der Weitergabe gegenüber der Öffentlichkeit Umstritten ist, ob beim Inverkehrbringen die Weitergabe gegenüber der Öffentlichkeit erfolgen muss. Insofern werden vier Standpunkte vertreten: Nach Ansicht der Rechtsprechung635 und von Teilen der Literatur 636 soll es darauf ankommen, dass das Inverkehrbringen öffentlich erfolgt, wobei das Heraustreten des Anbietenden in die Öffentlichkeit erforderlich sei 637 . Der Begriff der Öffentlichkeit sei dabei entsprechend § 15 Abs. 3 UrhG zu bestimmen.638 Beim Anbieten erfordere schon § 17 Abs. 1 UrhG Öffentlichkeit, um die private Weitergabe aus dem Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers herauszunehmen; dieser Zweck beanspruche auch für das Inverkehrbringen Geltung.639 Ferner beeinträchtige erst die Weitergabe aus der privaten Sphäre heraus die Interessen des Urhebers oder Nutzungsberechtigten, nicht schon die bloße Möglichkeit dieser Weitergabe.640 Schließlich weist Kann 641 darauf hin, das Strafrecht habe sich an der sozialen Missbilligung zu orientieren und auf einen Kernbereich zu beschränken; andernfalls würde das Strafrecht seine generalpräventive Wirkung einbüßen; eine Weitergabe im Freundeskreis sei nicht sozial missbilligt. Nach der Gegenansicht642 soll es nicht darauf ankommen, ob das Inverkehrbringen öffentlich erfolgt. Schon der Wortlaut dieser Variante des § 17 UrhG gebe kei632

Vgl. zum Mitgewahrsam: Tröndle/Fischer, §242 StGB Rn. 10, m. w.N. Vgl. zum Beherrschungswillen: Tröndle/Fischer, §242StGB Rn. 11, m. w.N. 634 Vgl. dazu: BGHZ 92, 54. 635 BGHZ 113, 159, 161 („Einzelangebot"). 636 Bappert/Maunz/Schricker, § 2 Rn. 16; Brutschke, NJW 1970, S. 890; Eiding, S. 124; v. Gamm, § 17 UrhG Rn. 5 u. 7; Ganter, S. 1480; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 231 ff. u. S. 245 f. u. S. 351 u. JZ 1994, S. 940, Fn. 21 ; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 386; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 4; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 Rn. 12f.; Schulze-Heiming, S. 147; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.234. 637 BGHZ 113, 159, 161 („Einzelangebot"); Schulze-Heiming, S. 147. 638 BGHZ 113, 159, 160f. („Einzelangebot"); Brutschke, NJW 1970, S. 890; v. Gamm, § 17 UrhG Rn. 5 u. 7; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 231 ff.; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.234. 639 BGHZ 113, 159, 161 („Einzelangebot"); Heinrich, Die Strafbarkeit, S.231; SchrickerHaß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4. 640 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.231; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4. 641 Kann, S. 99, unter Hinweis auf: Jescheck/Weigend, § 1 u. § 7 II. 642 Flechsig, NStZ 1983, S.563; Hentschel, FuR 1982, S.239 u. Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 13 u. Videorecht, S. 110; Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 17 UrhG Anm.2; Rupp, Computer633

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

nen dahingehenden Anhaltspunkt.643 Das Verbreitungsrecht solle jede Art des Inverkehrbringens erfassen. 644 Das Erfordernis der Öffentlichkeit dürfe nicht von der Variante des „Anbietens" auf die Variante des „Inverkehrbringens" übertragen werden.645 Auch könnten gerade die besonders gefährlichen Fälle der unerlaubten Verbreitung - insbesondere der Schleichhandel mit Raubdrucken - nicht erfasst werden, soweit man beim Inverkehrbringen Öffentlichkeit fordert. 646 Weiterhin werden zwei vermittelnde Ansichten vertreten. Nach der weiteren soll jede Weitergabe an eine beliebige Person genügen, sofern nicht sichergestellt ist, dass das Werk in der Privatsphäre des Empfängers bleibt; denn die private Weitergabe trage die Tendenz in sich, Vervielfältigungsstücke an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen.647 Hiernach bringe ein Kunstsachverständiger, dem der Urheber ein Gemälde zur Begutachtung überlassen hat, dieses in Verkehr, wenn er es einem Kollegen überlässt, dessen Unzuverlässigkeit bekannt ist und von dem anzunehmen ist, dass er es veräußert. 648 Nach engerer Ansicht soll die Weitergabe an eine nicht der Öffentlichkeit angehörige Person nur dann genügen, wenn ausgeschlossen ist, dass das Werk in der Privatsphäre des Empfängers bleibt. 649 Eine Weiterverbreitung könne dann ohne Zutun des Täters erfolgen; andernfalls könne durch Einschaltung Dritter die eigene Strafbarkeit ausgeschaltet werden. 650 Ich möchte mich der Ansicht der Rechtsprechung anschließen, wonach das Inverkehrbringen öffentlich erfolgen muss. Zwar ist zuzugeben, dass der Wortlaut des § 17 Abs. 1 UrhG eine solche Beschränkung nicht fordert; doch legen Zweck und Systematik des UrhG nahe, Vervielfältigungen im privaten Kreis vom Verbreitungsbegriff auszuschließen. Auch die vermittelnden Ansichten können mich nicht überzeugen. Denn die dort geforderte Vorverlagerung des Vollendungszeitpunktes ist nicht erforderlich. Solange nämlich der Werkträger in den Händen einer nicht der Öffentlichkeit zugehörigen Person bleibt, ist eine Bestrafung nicht notwendig; wenn der Werkträger aber später in die Öffentlichkeit gelangt, wird es ausreichen, - Vorsatz des Beschuldigten vorausgesetzt - in diesem späteren Augenblick Vollendung anzunehmen. In Ausnahmefällen mag zudem Versuchsstrafbarkeit 651 in Betracht software, S. 191; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 62; Wahl, Wirtschaftskriminalität, S.270; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.213. 643 Rupp, Computersoftware, S. 192; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.213. 644 BT-Drucks. IV/270, S.48; Flechsig, NStZ 1983, S.563. 645 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.213. 646 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.62; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.213. 647 Brutschke, NJW 1970, S. 890; Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 17 UrhG Anm.2; vgl. auch: Flechsig, NStZ 1983, S.563. 648 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.212. 649 BGHSt 19, 63, 71 [zur Volksverhetzung]; Ganter, S. 1480; Haß, Rechtsschutz, Rn.69; Rupp, Computersoftware, S. 191. 650 Rupp, Computersoftware, S. 192. 651 Vgl. zur Versuchsstrafbarkeit: Kap. 6 E.

D. Tathandlungen

kommen; auch der Schleichhandel mit Raubdrucken 652 kann somit erfasst werden. Auch bei der Verbreitung von Computerprogrammen nach § 69 c Nr. 3 UrhG gilt nichts anderes. Die Weitergabe muss also an die Öffentlichkeit erfolgen. 653 Heinrich 654 führt zutreffend aus, dass die Gesetzgebungsgeschichte zu § 69 c Nr. 3 UrhG diese Auslegung erfordert. (3) Weitergabe eines Einzelstückes Nach allgemeiner Ansicht genügt auch die Weitergabe eines einzigen Vervielfältigungsstückes.655 Denn da sich § 15 Abs. 3 UrhG auf Abs. 2 bezieht und somit nur die unkörperliche Wiedergabe regelt, kann die Vorschrift nur analog angewandt werden, so dass eine Mehrzahl von Personen nicht zu fordern ist. 656 Im Gegensatz zur unkörperlichen Wiedergabe kann die Verbreitung in körperlicher Form eine Vielzahl von Personen gar nicht ohne weiteres erreichen. 657 Denn gerade das Inverkehrbringen ist regelmäßig nur im Wege der Einzelverbreitung des Werkstücks möglich. 658 (4) Erfordernis körperlicher Verbreitung Eine weitere Frage wirft v. Gravenreuth 659 auf, wenn er meint, es sei nicht einzusehen, warum einer Verbreitung nur körperliche Gegenstände zugänglich seien. Im Softwarebereich sei es möglich, durch Onlineübertragung ein geschütztes Programm auf einen anderen Rechner zu überspielen, ohne dass hiermit ein körperlicher Gegenstand verbreitet wird. Ein sachlicher Unterschied zur Verbreitung eines Computerprogramms mit Hilfe einer Diskette bestehe nicht, da das Computerprogramm in keinem Fall ein körperlicher Gegenstand sei. Hier irrt v. Gravenreuth. Denn zwar stellt das Programm selbst eine geistige Schöpfung dar und keinen körperlichen Gegenstand; doch kann es im Werkträger „Diskette" verkörpert werden 660. 652

Dazu auch: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.62. Heinrich, Die Strafbarkeit, S.232 u. S.238 u. S.245. 654 Ausführlicher: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 231 f. 655 BGHZ 113, 159, 161 („Einzelangebot"); GRUR 1980, 227, 230, („Monumenta Germaniae Historica"); 1985, 129,130, („Elektrodenfabrik"); Eiding, S. 124f. u. S. 129; Fromm/Nordemann-Nordemann, § 17 UrhG Rn. 3; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 233 u. S. 245 u. S. 352; Hentschel, FuR 1982, S.239 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 13 u. Videorecht, S. 110; Kilian/ Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 7; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn. 12; Schulze-Heiming, S. 147f.; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.234; Wenzel, Rn.4.32. 656 BGHZ 113, 159, 161 („Einzelangebot"); Flechsig, NStZ 1983, S.563; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.220, Fn.245 u. S.224 u. S.232; v. Gamm, § 17 UrhG Rn.5; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.234. 657 BGHZ 113, 159, 161 („Einzelangebot"); Heinrich, Die Strafbarkeit, S.232. 658 BGHZ 113, 159, 161 („Einzelangebot"); Heinrich, Die Strafbarkeit, S.223 u. S.232 f. u. S. 352. 659 Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 9. 660 So auch bei: v. Gravenreuth, CR 1986, S.587 u. Der Kriminalist 1985, S.27; ungenau allerdings bei: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 16. 653

7 Hildebrandt

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Nur dann aber liegt eine Verwertung in körperlicher Form vor, wie § 15 Abs. 1 S. 1 UrhG zweifelsfrei fordert. Auch ist ein darüber hinaus reichendes Verbot nicht erforderlich, da schon heute die meisten strafwürdigen Fälle über Teilnahmeregelungen 661 erfasst werden können. (5) „Inverkehrbringen" als Erfolgsdelikt Bereits mehrfach angeklungen ist die Frage, ob es sich beim Tatbestand des „Inverkehrbringens" um ein Tätigkeits- oder Erfolgsdelikt handelt. Ich meine, die Frage wie beim Vervielfältigungstatbestand zu Gunsten des Erfolgsdeliktes beantworten zu müssen. Vollendung ist demnach erst dann erreicht, wenn der Dritte tatsächlich die Verfügungsgewalt über den Gegenstand erlangt hat. 662 Denn vor diesem Zeitpunkt ist das Werk nicht in die Öffentlichkeit gelangt, das Recht des Urhebers nur gefährdet. Auch ist kaum anzunehmen, dass der Gesetzgeber beim Erschöpfungsgrundsatz des § 17 Abs. 2 UrhG einen anderen Vervielfältigungsbegriff benutzt; dort ist aber anerkannt, dass das Vervielfältigungsstück den Empfänger tatsächlich erreicht haben muss663. 4. Das „Anbieten an die Öffentlichkeit" Nachdem die Frage geklärt ist, ob das Anbieten an die Öffentlichkeit überhaupt strafbar ist (a)) 664 , möchte ich den Begriff des „Anbietens an die Öffentlichkeit" untersuchen (b)) 665 . a) Frage der Strafbarkeit

des Anbietens

Rechtsprechung und Literatur bejahen bislang ohne weiteres die Strafbarkeit des „Anbietens an die Öffentlichkeit" nach § 106 Abs. 1 UrhG, zumeist ohne auf verfassungsrechtliche Probleme einzugehen. Denn wegen der Identität des in § 106 und § 17 Abs. 1 UrhG benutzten Begriffs der „Verbreitung" und wegen der Identität des in beiden Vorschriften geschützten Rechtsgutes666 sei eine besondere Klarstellung nicht erforderlich. 667 Dagegen hat die Staatsanwaltschaft beim KG Berlin 668 einen eigenständigen strafrechtlichen Verbreitungsbegriff vorgeschlagen. Sie begründet 661

Vgl. zu Fragen der Täterschaft und Teilnahme: Kap. 6 F. So auch: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 229; Horn, S. 2333; Schricker-Haß, Urheberrecht, §106 UrhG Rn.4. 663 Vgl.: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.216. 664 Zur Frage der Strafbarkeit des Anbietens: Kap. 2 D. III. 4. a. 665 Zum Begriff des „Anbietens an die Öffentlichkeit": Kap.2 D.III.4.b. 666 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap.2 B. 667 KG NStZ 1983, 561 („Videoraubkassetten"). 668 StA in: KG NStZ 1983, 561 („Videoraubkassetten"). 662

D. Tathandlungen

99

dies damit, es hätte in § 106 Abs. 1 UrhG einer ausdrücklichen Verweisung bedurft, um klarzustellen, dass auch das öffentliche Anbieten ein Verbreiten darstellt. Ich möchte mich der Ansicht der Staatsanwaltschaft aus mehrere Gründen anschließen: Bei der Auslegung von Strafvorschriften stellt der mögliche umgangssprachliche Wortsinn wegen § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG eine Grenze der Auslegung dar. 669 In der Umgangssprache bedeutet „Verbreiten" so viel wie „bewirken, dass es etwas in einem größeren Gebiet gibt als vorher oder etwas in seiner Umgebung bekannt oder wirksam werden lassen"670. Das bloße Anbieten unterfällt selbst bei weitester Ausdehnung des Verbreitungsbegriffs nicht dem umgangssprachlichen Gebrauch des Wortes. § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG verlangen vor allem, dass eine gerichtliche Entscheidung vorhersehbar ist. 671 Die tatbestandliche Substanz, die sich beim sorgfältigen Lesen eines Gesetzes maximal eröffnet, soll insofern die äußere Grenze für die Verantwortlichkeit bilden. 672 Hinsichtlich § 106 Abs. 1 UrhG wird man feststellen müssen, dass selbst juristisch gebildeten Fachleuten beim sorgfältigen Lesen kaum der Verdacht kommen wird, die Vorschrift erfasse auch das „Anbieten" 673 . Denn ohne die Zuhilfenahme eines Kommentars oder das Studium des gesamten UrhG, wird der Leser die Vorschrift des § 17 Abs. 1 UrhG, in der allein das Anbieten erwähnt ist, kaum finden. Dies gilt umso mehr, als die Vorschrift des § 17 Abs. 1 UrhG bei den Verwertungsrechten des Urhebers „versteckt" ist und nicht in einem Teil des Gesetzes Platz findet, in dem Definitionen von Begriffen zusammengefasst sind. Um eine Definition im engeren Sinne handelt es sich bei § 17 Abs. 1 UrhG denn auch nicht. Schließlich ist der Schluss keineswegs zwingend, dass die Verbreitungsbegriffe in § 106 Abs. 1 und § 17 Abs. 1 UrhG übereinstimmen. Während nämlich § 106 Abs. 1 UrhG von „Verbreitung" spricht, erwähnt § 17 Abs. 1 UrhG lediglich das „Verbreitungsrecht". Dass beide Begriffe identisch sind, folgt nicht aus dem Gesetzestext, sondern lässt sich erst dem gleichgerichteten Gesetzeszweck entnehmen. Anders als bei den klassischen Fällen der Unbestimmtheit von Strafbestimmungen hat das Problem bei § 106 Abs. 1 UrhG seine Ursache auch weniger in einer grundsätzlichen Schwierigkeit, einen bestimmten Tatbestand zu formulieren, als in der Nachlässigkeit des Gesetzgebers. Der Vergleich mit anderen Gesetzen zeigt, dass die Gesetzestechnik der §§106 Abs. 1, 17 Abs. 1 UrhG singulär und verfehlt ist. Auch in § 3 BDSG und § 4 WaffG finden sich Definitionen, die entsprechende Strafvorschriften präzisieren. Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch auf, dass diese Definitionen im Gegensatz zu § 17 669

Vgl. nur: BVerfGE 92, 1, 12; Baumann, S. 394ff.; Roxin, Strafrecht, §5, Rn.26ff. Vgl.: Duden, Stichwort „Verbreiten"; Microsoft Encarta, Wörterbuch, Stichwort „Verbreiten". 671 BVerfGE 92, 1, 18. 67 2 Lauer, S. 120. 673 Ähnlich: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.211. 670

7*

100

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Abs. 1 UrhG den alltäglichen Sprachgebrauch des in der Straf vor schrift verwendeten Begriffs nicht erweitern, sondern einschränken. Dies gilt auch hinsichtlich des Begriffs der „Kriegswaffe" in §§ 22 a, 1 KrWaffG. In den Strafvorschriften des § 142 PatG 1981 und § 25 GebrMG findet sich die Formulierung „anbietet" oder „in Verkehr bringt". In begrüßenswerter Weise wird hier also unmittelbar in der Strafvorschrift auf die Strafbarkeit des Anbietens hingewiesen. Auch der Fall des „Handeltreibens" in den §§29ff. BtMG 6 7 4 ist nicht vergleichbar. Soweit dort Vorbereitungshandlungen dem Begriff unterfallen sollen, ist dies vom Wortlaut der Vorschrift gedeckt. Außerdem entspringt die Vorschrift einem Bereich der Schwerstkriminalität. Der Normzweck, diese Schwerstkriminalität auch im Bereich der Vorbereitungshandlungen zu erfassen, ist eindeutig675. Dies gilt für § 106 Abs. 1 UrhG in aller Regel nicht. Eine dem § 106 Abs. 1 UrhG entsprechende Gesetzestechnik findet sich allein in §§ 51, 52 i. V. m. § 7 LMBG. Dort wird der in den Strafvorschriften §§51,52LMBG verwendete Begriff des „Inverkehrbringens" durch § 7 LMBG dahingehend definiert, dass auch das „Anbieten" den Vorschriften unterfällt, ohne dass in der Strafvorschrift auf die Definition hingewiesen würde. Diese Vorschriften begegnen jedoch in gleicher Weise verfassungsrechtlichen Bedenken. Soweit die Strafvorschriften Gegenstand bundesverfassungsgerichtlicher 676 Entscheidung gewesen sind, kam es auf das vorliegende Problem nicht an, so dass sich das Gericht hierzu nicht äußern musste. Anders als bei §§ 106 Abs. 1,17 Abs. 1 UrhG findet sich die Erweiterung der Strafbestimmung im LMBG wenigstens in einer Definitionsvorschrift, die ausdrücklich als solche bezeichnet ist. Auch war für das BVerfG bei der Beurteilung der Vorschrift bedeutsam, dass der Normadressat des LMBG regelmäßig sogenannter Branchentäter ist; diesem müsse zugemutet werden, sich hinsichtlich des Normgehalts kundig zu machen; Fachwissen sei vorauszusetzen.677 Im Gegensatz zu all diesen Vorschriften wenden sich die urheberrechtlichen Strafvorschriften nicht an bestimmte Tätergruppen, sondern an jede Privatperson. 678 Branchentäter werden zwar häufiger von den Vorschriften betroffen sein, doch hat die Zunahme der Bedeutung geistigen Eigentums in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass fast jeder in Gefahr gerät, sich nach §§ 106 ff. UrhG strafbar zu machen. Ferner ist die Strafbarkeit des „Angebots an die Öffentlichkeit" meines Erachtens nicht erforderlich. Das Angebot stellt ohnehin lediglich eine Art Vorbereitungshandlung dar, die erst das Terrain für den eigentlichen Absatz bereiten soll. 679 Regelmäßig ist die Strafbarkeit von Vorbereitungshandlungen nur bei schwersten De674

Dazu: Franke/Wienroeder, § 29 BtMG Rn. 51 ff., m. w. N. BVerfG NJW 1982, 1512. 676 BVerfG ZLR 1988, 631. 677 BVerfG ZLR 1988, 631, 632. 678 So auch: Lauer, S.73. 67 9 Lampe, UFITA 83 (1978), S. 34; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 211; ähnlich: Schmitz/Schmitz, S.70; Schulze-Heiming, S. 147. 675

D. Tathandlungen

101

likten vorgesehen.680 Bei Urheberrechtsdelikten ist eine solche Vorverlagerung der Vollendungsgrenze jedoch nicht erforderlich, zumal die Nichterfassung des Anbietens durch die Versuchsstrafbarkeit 681 in einigen Fällen aufgefangen wird. Wegen der geringen Bedeutung, die der Unterschied von Versuchs- und Vollendungsstrafbarkeit bei der Strafzumessung hat, wird man den Verstoß gegen § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG nicht in Kauf nehmen müssen. Schließlich ist Haß zuzustimmen, der in anderem Zusammenhang feststellt, Zivilund Strafrecht könnten durchaus auseinander fallen; der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung müsse nicht dazu führen, alle Unterschiede zwischen den jeweils verschiedenen Aufgaben von Zivil- und Strafrecht einzuebnen.682 Mit Blick darauf, dass die Rechtsprechung teilweise sogar gleiche Begriffe an verschiedenen Stellen desselben Gesetzes unterschiedlich auslegt683, wird dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung kaum mehr als deklaratorische Bedeutung zukommen können. Im Ergebnis muss folgendes gelten: Das Anbieten an die Öffentlichkeit ist gegenwärtig nicht nach § 106 Abs. 1 UrhG strafbar. Um das Anbieten zu erfassen, wäre ein Eingreifen des Gesetzgebers erforderlich. Denkbar ist insofern entsprechend § 142 PatG 1981, § 25 GebrMG die ausdrückliche Erwähnung von „Inverkehrbringen" und „Anbieten an die Öffentlichkeit" in § 106 Abs. 1 UrhG oder ein Klammerzusatz 684 entsprechend §§ 107, 108 UrhG, der ausdrücklich auf § 17 UrhG hinweist. Denn dann könnte vom Normadressaten die Lektüre dieser Vorschrift erwartet werden. b) Begriff des „Anbietens an die Öffentlichkeit" Obwohl ich das Anbieten an die Öffentlichkeit - wie vorstehend erörtert - nicht für strafbar halte, sollen die damit verbundenen Fragen doch zur Sprache kommen; denn zum einen könnte der Gesetzgeber durch einen entsprechenden Verweis in § 106 Abs. 1 UrhG auf § 17 UrhG ohne weiteres die Strafbarkeit erreichen, zum anderen existiert zum Anbieten bereits obergerichtliche Rechtsprechung685. Nach einigen allgemeinen Fragen zum Begriff des „Anbietens an die Öffentlichkeit" (( 1 )) 6 8 6 soll die Frage der Strafbarkeit eines Einzelangebotes erörtert werden ((2)) 687 . Danach ist zu untersuchen, ob auch das Anbieten eines noch nicht gegenständlich vorhandenen Vervielfältigungsstückes dem Begriff unterfällt ((3)) 688 und ob eine Konkretisierung auf bestimmte Vervielfältigungsstücke zu fordern ist ((4)) 689 . 680

BT-Drucks. 11/4792, S.25. Vgl. zur Versuchsstrafbarkeit: Kap. 6 E. 682 Haß, Rechtsschutz, Rn.70. 683 Vgl. zur „normspezifischen Auslegung" auch: Larenz/Wolf, §4, Rn. 31. 684 Vgl. auch: BVerfGE 14, 174, 252f.; Lauer, S.76f. 685 KG NStZ 1983, 561 („Videoraubkassetten"). 686 Zu den allgemeinen Fragen: Kap.2 D.III.4.b(l). 687 Zum Einzelangebot: Kap.2 D.III.4.b(2). 688 Zum Feilhalten eines noch nicht gegenständlich vorhandenen Vervielfältigungsstückes: Kap. 2 D.III. 4. b (3). 681

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG (1) Allgemeines

Nach allgemeiner Auffassung bedeutet Anbieten, dass der Täter kundtut, zum Inverkehrbringen bereit zu sein, also das Werk entgeltlich oder unentgeltlich zu veräußern, zu vermieten, zu verleihen oder sonst zu überlassen 690 . Die Kurzfassung dieser Definition, wonach Anbieten jedes Feilhalten gegenüber einem Dritten sei 6 9 1 , führt dagegen wegen der Unbestimmtheit des Begriffs „Feilhalten" nicht weiter. Anbieten stellt nicht lediglich einen Versuch dar, sondern ist selbst tatbestandsmäßig 6 9 2 ; lediglich strukturell handelt es sich um den Versuch des Inverkehrbringens. 693 Unerheblich ist, ob es später zur Veräußerung 694 , zur Übergabe 695 oder zur Verfügung 6 9 6 kommt. Übereignungsabsicht ist beim Anbieten nicht erforderlich, sofern der Besitz verschafft werden soll; 6 9 7 somit genügt auch Anbieten zum Tausch 698 , Vermieten 699 , Verleihen 700 , Verschenken 701 oder zur sonstigen Überlas689

Zum Erfordernis einer Konkretisierung: Kap. 2 D.III.4.b(4). KG NStZ 1983, 561, 561 f. („Videoraubkassetten"); OLG Düsseldorf GRUR 1983, 760, 761 („Standeinrichtung oder Ausstellung"); LG Wuppertal CR 1987, 599, 600; v. Gamm, § 17 UrhG Rn.6; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 14; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.219; Schmitz/ Schmitz, S.69; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn.7; Schulze-Heiming, S. 147; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.213. 691 So: AG Stuttgart, Schulze, AGSt 3, 3 („Programmmitschnitt"). 692 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 79; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.219; Weber, Wesen, S.63. 693 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.267. 694 So: Rehbinder, Urheberrecht, Rn.205; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.62. 695 So: Rupp, Computersoftware, S. 191. 696 So: BGHZ 113, 159, 163 („Einzelangebot"), m.w.N.; AG Stuttgart, Schulze, AGSt 3, 3 („Programmmitschnitt"); Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn.7. 697 KG NStZ 1983,561,561 f. („Videoraubkassetten"); Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn.5; Erdmann, CR 1986, S.257; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 14 u. Der Kriminalist 1985, S. 25; v. Gamm, § 17 UrhG Rn. 6; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 219 u. S. 229 u. S. 351; Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 17 UrhG Anm. 2; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn. 7; Tielke, Taschenbuch, S. 29; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 233; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.213. 698 AG Mainz NJW 1989, 2637. 699 BT-Drucks. IV/270, S.48; KG NStZ 1983,561,561 f. („Videoraubkassetten"); LG Wuppertal CR 1987, 599, 600; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn.5; Erdmann, CR 1986, S. 257; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 14, m. Rechtssprechungsnachweis u. Der Kriminalist 1985, S. 25; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 219 u. S. 229 u. S. 351 ; Möhring/Nicolini-Kroitzsch, §17 UrhG Anm. 2; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 205; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn.7; Schulze-Heiming, S. 147; Tielke, Taschenbuch, S.29; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.233; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.213. 700 BT-Drucks. IV/270, S.48; KG NStZ 1983,561,561 f. („Videoraubkassetten"); LG Wuppertal CR 1987, 599, 600; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn.5; Erdmann, CR 1986, S. 257; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 14; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 219 u. S. 229 u. S. 351 ; Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 17 UrhG Anm.2; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.205; SchrickerLoewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn.7; Schulze-Heiming, S. 147; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.233; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.213. 690

D. Tathandlungen

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sung 7 0 2 . Der Begriff des Angebots ist nicht zivilrechtlich, sondern wirtschaftlich zu verstehen. 703 Dies folgt aus unterschiedlichen Gesetzeszwecken bei Urheberrecht und zivilrechtlicher Rechtsgeschäftslehre. Der Begriff ist weiter als der zivilrechtliche und umfasst auch Verhaltensweisen, die zivilrechtlich lediglich eine „invitatio ad offerendum" darstellen. 704 Als Beispiele dienen das Angebot illegal hergestellter Produkte durch Kataloge oder Annoncen in Tageszeitungen zum Verkauf 7 0 5 , die Versendung von Angebotslisten 706 , die Zurschaustellung auf Messen oder in Ladengeschäften 707 zum Besitzerwerb 708 , die Verteilung von Prospekten 709 oder sogar ein Aushang oder Flüsterpropaganda hinsichtlich einer Verkaufsveranstaltung 710 . Auch beim Anbieten an die Öffentlichkeit ist der Öffentlichkeitsbegriff des § 15 Abs. 3 UrhG maßgebend. 711 Da sich § 15 Abs. 3 UrhG eigentlich auf Abs. 2 bezieht und deswegen nur die unkörperliche Wiedergabe regelt, kann die Vorschrift beim Anbieten jedoch lediglich analog angewendet werden. 7 1 2 Manche 7 1 3 wollen daraus folgern, wegen der lediglich analogen Anwendung seien auch die Anforderungen an 701 LG Wuppertal CR 1987, 599, 600; AG Mainz NJW 1989, 2637; Erdmann, CR 1986, S.257; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.219 u. S.229; Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 17 UrhG Anm.2; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.213. 702 KG NStZ 1983, 561, 561 f. („Videoraubkassetten"); LG Wuppertal CR 1987, 599, 600; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn.7. 703 KG NStZ 1983, 561 („Videoraubkassetten"); Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.4; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn.7; Mestmäcker/Schulze, § 17 UrhG Anm.5. 704 KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"); Heinrich, Die Strafbarkeit, S.219. 705 KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"); Heinrich, Die Strafbarkeit, S.219; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn.7; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.386; Schulze-Heiming, S. 147; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.62; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.233f. 706 LG Hannover CR 1988, 826 („Choplifter u.a."); AG Freising CR 1990, 55; AG Mainz NJW 1989, 2637; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.219; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.205. 707 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 386; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn.7; Schulze-Heiming, S. 147; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.233f. 708 Zu diesem Erfordernis: OLG Düsseldorf GRUR 1983,760,761 („Standeinrichtung oder Ausstellung"). 709 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.221; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.214. 710 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.214. 711 BGHZ 113, 159, 160f. („Einzelangebot"); BGH GRUR 1982, 102, 103 („Masterbänder"); 1985,129, 130 („Elektrodenfabrik"); AG Stuttgart, Schulze, AGSt 3, 3 („Programmmitschnitt"); Eiding, S. 123; v. Gamm, § 17 UrhG Rn. 5; Junker, JZ 1993, S. 346; Kilian/HeussenV. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 6; Kircher, S. 144; Schmitz/Schmitz, S. 69f.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn. 10; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.234; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.213; Wenzel, Rn.4.32. 712 BGHZ 113, 159, 160f. („Einzelangebot"); Flechsig, NStZ 1983, S.563; v. Gamm, § 17 UrhG Rn. 5; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 220, Fn. 245; Junker, JZ 1993, S. 346; SchrickerHaß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.234. 713 Flechsig, NStZ 1983, S.563; Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 17 UrhG Anm.2; Tielke, Taschenbuch, S.30; vgl. auch: Schweyer, S.406.

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

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die Öffentlichkeit andere. Es komme deswegen darauf an, ob sichergestellt sei, dass die Vervielfältigungsstücke innerhalb der Privatsphäre des Empfängers bleiben. Dies sei zwar bei persönlichen Geschenken regelmäßig der Fall, nicht aber bei Tauschlisten. Mit Blick darauf, dass Flechsig 714 beim „Inverkehrbringen" Öffentlichkeit nicht für erforderlich hält, möchte er den Öffentlichkeitsbegriff beim „Anbieten an die Öffentlichkeit" weiter fassen als den des § 15 Abs. 3 UrhG. Mich überzeugt diese Auffassung nicht. Man wird das Problem hier kaum anders beurteilen können als beim Begriff des „Inverkehrbringens" 715 und darauf abstellen müssen, ob das Angebot unter billigender Inkaufnahme durch den Beschuldigten die Öffentlichkeit erreicht hat. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist durchaus auch beim „Inverkehrbringen" Öffentlichkeit erforderlich. Ferner sei auf eine missverständliche Formulierung v. Gravenreuths lx 6 hingewiesen, wonach der Beschuldigte ein Werk „ausstellte und somit verbreitete". Entgegen dieser Formulierung ist das Ausstellungsrecht mangels ausdrücklicher Bezugnahme in § 106 Abs. 1 UrhG nicht erfasst. 717 Lampe718 führt dies auf die späte Aufnahme des Ausstellungsrechts ins UrhG und die geringe Bedeutung des Urheberstrafrechts im Allgemeinen zurück. Weher 119 hält die Nichtaufnahme gar für ein Redaktionsversehen. Dagegen gibt die amtliche Begründung 720 zu erkennen, dass der Gesetzgeber das Ausstellungsrecht bewusst nicht aufgenommen hat, da es in der Hauptsache persönlichkeitsrechtlicher Natur sei. In Fällen, in denen der Beschuldigte Vervielfältigungsstücke ausstellt, kommt es jedenfalls darauf an, ob dadurch auf einen Eigentums- oder Besitzerwerb durch einen Dritten abgezielt wird. 721 Abschließend soll zur Sprache kommen, ob es sich beim Tatbestand des „Anbietens an die Öffentlichkeit" um ein Tätigkeits- oder Erfolgsdelikt handelt. Meines Erachtens gilt auch hier das zum „Inverkehrbringen" Gesagte; anders als dort jedoch deutet hier der Wortlaut mit dem Erfordernis der Öffentlichkeit darauf hin, dass das Angebot die Öffentlichkeit auch wirklich erreichen muss. Auch beim Tatbestand des „Anbietens an die Öffentlichkeit" handelt es sich somit um ein Erfolgsdelikt.

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Vgl. zum Problem: Kap. 2 D.III.3.b(2). Zum Begriff des „Inverkehrbringens": Kap. 2 D. III. 3. b (2). 716 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 18. 717 Alternativentwurf, S. 117; Fromm/Nordemann-Nordemann, § 17 UrhG Rn.5; Lampe, UFITA 83 (1978), S.35 u. UFITA 87 (1980), S. 126; Lauer,, S.27; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 5; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 458; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 1; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.566; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.428f. u. FuR 1980, S.342 u. Handwörterbuch, S.6. 718 Lampe, UFITA 83 (1978), S.35. 7,9 Weber, FuR 1980, S.342. 720 BT-Drucks. IV/270, S. 108. 721 OLG Düsseldorf GRUR 1983, 760, 761 („Standeinrichtung oder Ausstellung"). 715

D. Tathandlungen

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(2) Frage der Strafbarkeit eines Einzelangebotes Umstritten ist, ob auch das Einzelangebot an einen der Öffentlichkeit angehörenden Dritten dem Begriff des „Anbietens an die Öffentlichkeit" unterfällt. Das LG Wuppertal hat dies in einer Entscheidung722 ohne weitere Begründung verneint. Fälle wie die Zusendung einer Liste mit unlizenzierten Computerprogrammen, deren Tausch beabsichtigt ist, an einen unbekannten Dritten 723 oder das Angebot eines Computerprogramms zum Herunterladen per Datenfernübertragung 724 könnten danach nicht erfasst werden. Dagegen soll nach der Gegenansicht, die auch der BGH vertritt, ein Einzelangebot an einen der Öffentlichkeit angehörenden Dritten genügen.725 Denn das Merk-

mal der Öffentlichkeit bedeute nur, dass der Verbreitende aus der internen Sphäre heraus in die Öffentlichkeit trete. 726 Da sich § 15 Abs. 3 UrhG auf Abs. 2 beziehe und somit nur die unkörperliche Wiedergabe regele, könne die Vorschrift nur analog angewandt werden. 727 Eine Wiedergabe in körperlicher Form könne jedoch im Gegensatz zur unkörperlichen Wiedergabe eine Vielzahl von Personen nicht ohne weiteres erreichen. 728 Da das Inverkehrbringen nur im Wege der Einzel Verbreitung des Werkstückes möglich sei 729 , könne auch beim Anbieten, das dem Inverkehrbringen vorgelagert sei, nichts anderes gelten.730 Dies stimme überdies mit der patentrechtlichen Rechtsprechung zum Begriff des „Feilhaltens" in § 6 PatG a. f. überein 731, dem der Begriff des „Anbietens" entspreche.732

722

LG Wuppertal CR 1987, 599, 600. BGHZ 113, 159 („Einzelangebot"). 724 Rupp, wistra 1985, S. 141; Schulze-Heiming, S. 148. 725 BGHZ 113, 159 („Einzelangebot"); BGH GRUR 1985, 129, 130 („Elektrodenfabrik"); OLG Köln CR 1992, 150, 152 („Amiga-Club"); LG Hannover CR 1988, 826 („Choplifter u.a."); LG München II ZUM 1993, 146, 148 („Superbase u.a."); Fromm/Nordemann-Nordemann, § 17 UrhG Rn.3; Haß, Rechtsschutz, Rn.69; Heibig, S.375; Kreppel, S. 156; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 205; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4; Schulze-Heiming, S. 147f.; Schleyer, S. 407; Syndicus, CR 1988, S. 822; unklar: Hoppmann, S. 58 [„2 Personen"]. 726 BGHZ 113, 159, 161 („Einzelangebot"); BGH GRUR 1985, 129, 130 („Elektrodenfabrik"). 727 BGHZ 113, 159, 161 („Einzelangebot"); Flechsig, NStZ 1983, 563; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 220, Fn. 245 u. S. 224; v. Gamm, § 17 UrhG Rn. 5; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 234. 728 BGHZ 113, 159, 161 („Einzelangebot"); Heinrich, Die Strafbarkeit, S.232. 729 BGHZ 113, 159, 161 („Einzelangebot"); Heinrich, Die Strafbarkeit, S.223 u. S.232 f. 730 BGHZ 113, 159, 162 („Einzelangebot"); Schweyer, S.407. 731 BGHZ 113, 159, 162 („Einzelangebot"), m.w.N.; BGH GRUR 1960, 423 („Kreuzbodenventilsäcke I"); 1969, 35, 36 („Europareise"); Schweyer, S.407; Syndicus, CR 1988, S. 822. 732 BGHZ 113, 159, 162 („Einzelangebot"); v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 17; Schweyer, S.407; Syndicus, CR 1988, S.822. 723

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Eine dritte Ansicht schließlich stellt ein subjektives Erfordernis auf. Danach müsse es beabsichtigt sein, dass das Angebot eine Mehrzahl von Personen erreicht. 733 Ob dies wirklich geschieht, sei dagegen unbeachtlich.734 Es sei nämlich durchaus denkbar, möglich und üblich, dass das Angebot an eine Vielzahl von Personen erfolgt, auch wenn das Inverkehrbringen nur im Wege der Einzelverbreitung des Werkstücks möglich sei.735 Obwohl das Anbieten die Vorbereitung des Inverkehrbringens darstelle, sei es als selbstständiges Tatbestandsmerkmal anzusehen.736 Selbst ein Unikat könne mehreren Personen angeboten werden, zumal der Begriff des Angebots nicht im zivilrechtlichen Sinn zu verstehen sei. 737 Ich möchte dem BGH zustimmen und ein Einzelangebot an einen der Öffentlichkeit zugehörigen Dritten genügen lassen. Für Einschränkungen bietet der Wortlaut des § 17 Abs. 1 UrhG keinen Anlass. Auch eine Einzelperson kann die dort erforderliche Öffentlichkeit repräsentieren. (3) Frage der Strafbarkeit des Anbietens eines noch nicht gegenständlich vorhandenen Vervielfältigungsstückes Umstritten ist auch, ob das Anbieten gegenständlich noch nicht vorhandener Vervielfältigungsstücke den §§ 106 Abs. 1,17 Abs. 1 UrhG unterfällt. Dies betrifft Fälle wie das Anbieten von Videokassetten über Inserate in Fachzeitschriften und spätere Anfertigung auf Nachfrage 738, sogenannte Wohnzimmervideothekare 739, die auf Bestellung vervielfältigen 740, die Einladung zur Subskription, wenn erst die Anzahl der Subskribenten darüber entscheiden soll, ob sich ein Nachdruck des Werks lohnt 741 , das Bereithalten von Daten in Datenbanken zur Vervielfältigung auf einen anderen Rechner 742 oder Musikkataloge, über die vor allem - erst noch herzustellende - Bootlegs bestellt werden 743. Nach der engeren Auffassung 744 ist Voraussetzung, dass die Vervielfältigungsstücke bereits vorhanden sind. Der Begriff des Anbietens sei im Strafrecht einschrän733 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 220 u. S. 223 f. u. S. 229 u. S. 352; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.234; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.213 f. 734 BGHZ 113, 159ff. („Einzelangebot"); OLG Köln CR 1992, 150, 152 („Amiga-Club"); Heinrich, Die Strafbarkeit, S.223f. 735 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.223; Schweyer, S.407. 736 v. Gamm, § 17 UrhG Rn.4; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.223. 737 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.223. 738 KG NStZ 1983, 561 („Videoraubkassetten"); Heinrich, Die Strafbarkeit, S.224. 739 Vgl. zum Begriff: Kap.9 C.III.2. 740 Vgl.: Tielke, Die Ermittlung, S.36. 741 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.214. 742 Eiding, S. 123. 743 Kann, S.98; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 116ff.; Spautz, FuR 1978, S.748. 744 RGZ 107,277,281 („Gottfried Keller"); KG NStZ 1983,561 („Videoraubkassetten"); AG Charlottenburg CR 1990,600 („Abmahnkosten bei Raubkopierern"); Eiding, S. 124 u. S. 129 u.

D. Tathandlungen

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kend auszulegen. 745 Es handele sich beim „Anbieten an die Öffentlichkeit" um einen Unterfall der Verbreitung und nur Vorhandenes könne verbreitet werden. 7 4 6 Überdies seien nach § 15 Abs. 1 Hs. 1 UrhG nur körperliche Gegenstände der Verbreitung zugänglich. 747 Ferner sehe der Gesetzgeber 748 die Strafbarkeit von Vorbereitungshandlungen - wie das Anbieten i m Verhältnis zum Verbreiten 749 - nur bei schwersten Delikten vor. Schließlich räumten, wie Lampe750 ausführt, selbst Befürworter 7 5 1 des weiten Verbreitungsbegriffs ein, dass durch eine Erfassung des Anbietens die Strafbarkeit in Bereiche vorverlagert wird, die üblicherweise als Vorbereitungshandlungen angesehen würden; da die Vorschrift dadurch weit in den Vorbereitungsbereich hinein reiche, sei sie möglichst einschränkend auszulegen. Dagegen soll es nach der Rechtsprechung zum Urheberzivilrecht 752 , mit der ein Großteil der Literatur 7 5 3 übereinstimmt, nicht erforderlich sein, dass die Vervielfältigungsstücke zum Zeitpunkt des Angebots vorhanden sind. Voraussetzung sei in objektiver Hinsicht lediglich die Lieferbarkeit der Vervielfältigungsstücke, so dass diese aufgrund eines Auftrags kurzfristig angefertigt werden könnten 7 5 4 und in subjektiver Hinsicht die Absicht zur alsbaldigen Herstellung und zur Verbreitung vor Ende S. 135f.; Flechsig, NStZ 1983, S.563; v. Gamm, § 17 UrhG Rn.6; Ganter, S. 1480; Hoppmann, S.58; Kann, S.99; Lampe, UFITA 83 (1978), S.34; Lauer, S.27; Lührs, S.266 u. S.268; Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 17 UrhG Anm. 2; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 116 u. S. 118; Rupp, Computersoftware, S. 191; Schmitz/Schmitz, S.69 f.; Schulze-Heiming, S. 148; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.62; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.209 u. S.214. 745 KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"). 746 Eiding, S. 123f.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.62; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.214. 747 KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"); Eiding, S. 124; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.4. 748 BT-Drucks. 11/4792, S.25. 749 KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"); v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.79; Kann, S.99; Lampe, UFITA 83 (1978), S.34; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 116f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 211. 75 0 Lampe, UFITA 83 (1978), S.34. 75 1 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.79. 752 BGHZ 113, 159, 163 („Einzelangebot"); GRUR 1980, 227, 230 („Monumenta Germaniae Historica"); OLG Köln CR 1992, 150, 152 („Amiga-Club"); LG Hannover CR 1988, 826 („Choplifter u. a."). 75 3 Etter, CR 1989, S. 117; Fromm/Nordemann-Nordemann, § 17 UrhG Rn.3; v. Gravenreuth, BB 1985, S. 1569 u. CR 1986, S.588 u. Der Kriminalist 1985, S.27; Haß, Rechtsschutz, Rn.69; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.225ff. u. S.229 u. S.351; Heibig, S.374f.; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 6ff.; Loewenheim, FS-Traub, S. 254ff.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.387; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn. 8; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4; Schweyer, S.407; Syndicus, CR 1988, S.822f.; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.234. 754 OLG Köln CR 1992, 150, 152 („Amiga-Club"); Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 227ff. u. S.351; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn. 8; Tielke, Taschenbuch, S. 29; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 234; vgl. auch zu §6PatGa.f.: BGH GRUR 1960, 423 („Kreuzbodenventilsäcke I").

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

der Schutzdauer755. Die gegenteilige Entscheidung des Reichsgerichts 756 betreffe einen nicht vergleichbaren Sonderfall. 757 Denn durch die pauschale Verweisung auf § 17 UrhG wolle der Gesetzgeber bewusst jedes Anbieten eines urheberrechtlich geschützten Werks erfassen; hätte der Gesetzgeber allein das Inverkehrbringen mit Strafe bedrohen wollen, so wäre eine solche Regelung in § 106 UrhG möglich gewesen.758 Auch bei § 6 PatGa. f. 759 , der auch den Begriff „Anbieten" verwendete und eine ähnliche Schutzrichtung habe wie die §§ 106 ff. UrhG, sei es nach der Rechtsprechung 760 nicht erforderlich, dass Vervielfältigungsstücke bereits vorhanden sind. 761 Ferner führe die enge Auslegung zu Ergebnissen, die nicht nachvollziehbar seien.762 Sie verursache Strafbarkeitslücken, da Angebote solcher Beschuldigter, die erst auf einen konkreten Auftrag hin vervielfältigten, nicht erfasst werden könnten.763 Dies folge auch daraus, dass hinsichtlich der Versuchsstrafbarkeit dieselben Einwände greifen würden wie hinsichtlich der Vollendungsstrafbarkeit, so dass konsequenterweise auch dort gefordert werden würde, dass die Vervielfältigungsstücke zum Zeitpunkt des Angebots bereits vorhanden sein müssten; das Tatbestandsmerkmal des Anbietens würde somit in der Praxis kaum mehr einschlägig sein.764 In praktischer Hinsicht sei zu bedenken, dass es mit Blick auf die Leichtigkeit, mit der - etwa Software - heute vervielfältigt werden könne, unerheblich erscheine, ob die Vervielfältigungsstücke bereits vorhanden sind.765 Die enge Auslegung verursache hinsichtlich des Einschreitens gegen Anbieter von Angebotslisten erhebliche praktische Probleme 766 , da diese weder zivil- noch strafrechtlich erfasst würden und somit den Markt testen könnten, ohne Sanktionen fürchten zu müssen.767 Schließlich bestehe - zumal kriminalpolitische Gründe für die weitergehende Auffassung sprächen - für eine Normspaltung zwischen Zivilrecht und Strafrecht kein Anlass.768 755 BGHZ 113,159,163 („Einzelangebot"); v. Gravenreuth, CR 1986, S.588 u. Das Plagiat, S. 17 u. Der Kriminalist 1985, S.27; Haß, Rechtsschutz, Rn.69; Heibig, S.374 f. 756 RGZ 107, 277, 281 („Gottfried Keller"). 75 7 v. Gravenreuth, CR 1986, S.587 f. u. Der Kriminalist 1985, S.27; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn.7; Loewenheim, FS-Traub, S.255. 75 8 Flechsig, NStZ 1983, S.563; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.225; ähnlich wohl: Loewenheim, FS-Traub, S.255 f. 759 Vgl. heute: §142 PatG 1981. 760 BGH GRUR 1960, 423 („Kreuzbodenventilsäcke I"). 76 1 v. Gravenreuth, CR 1986, S.588 u. Das Plagiat, S. 17 u. Der Kriminalist 1985, S.25 u. S. 27; Loewenheim, FS-Traub, S. 257. 76 2 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.219 u. S.225 f. 76 3 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.226; Loewenheim, FS-Traub, S.254f.; Schack, Urheberund Urhebervertragsrecht, Rn.387. 76 4 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.226. 765 BGHZ 113,159,163 („Einzelangebot"); OLG Köln CR 1992,150,152 („Amiga-Club"); Etter, CR 1989, S. 117; Loewenheim, FS-Traub, S. 254f. 766 So auch: Etter, CR 1989, S. 117. 76 7 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.226. 76 8 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4; ähnlich: Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 9.

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Trotz beachtlicher Argumente dieser Gegenauffassung möchte ich mich den Vertretern der engen Auslegung anschließen. Die Gegenauffassung überzeugt schon deswegen nicht, weil das Gesetz für die von der Rechtsprechung geforderte Verbreitungsabsicht vor Ende der Schutzdauer769 keinen Anhaltspunkt bietet. Wichtiger aber ist, dass bei der Auslegung von Strafvorschriften wegen § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG der mögliche umgangssprachliche Wortsinn eine Grenze der Auslegung darstellt. 770 Zwar lässt sich wegen der Möglichkeit einer weiten Auslegung des Werkbegriffs in § 106 Abs. 1 UrhG kein unmittelbarer Verstoß gegen das Analogieverbot bei der Auslegung der Strafvorschrift feststellen. Aber auch § 15 Abs. 1 UrhG begrenzt den Bereich möglicher Strafbarkeit und muss bei der Auslegung berücksichtigt werden. § 15 Abs. 1 UrhG aber fordert bei der Verbreitung eine Verkörperung des Werks. Diese liegt erst in dem Moment vor, in dem die angebotenen Werkträger bereits existieren. Zudem halte ich die weite Auslegung für kriminalpolitisch nicht geboten. Die von der Gegenauffassung befürchteten Strafbarkeitslücken werden kaum entstehen, da die Versuchsstrafbarkeit das Problem entschärft hat. 771 Ich kann Heinrich 772 nicht folgen, wenn er meint, auch bei der Versuchsstrafbarkeit werde das Vorhandensein der Werkträger erforderlich sein. Gerade in den von der Gegenauffassung vorgetragenen Fällen, in denen die Herstellung des Werkträgers besonders schnell möglich ist, wird man den Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens i. S. v. § 22 Abs. 1 StGB 773 früher ansetzen können. Die Versuchsstrafbarkeit bietet überdies den Vorteil, dass dem Beschuldigten die Möglichkeit des Rücktritts bleibt, die beim frühen Eingreifen der Vollendungsstrafbarkeit abgeschnitten würde. Auch in dogmatischer Hinsicht überzeugt eher die Versuchsstrafbarkeit; denn beim Anbieten gegenständlich noch nicht vorhandener Exemplare liegt lediglich eine Rechtsgutsgefährdung, nicht dagegen eine Rechtsgutsverletzung vor; der Bekämpfung derartiger Rechtsgutsgefährdungen dient typischerweise die Versuchsstrafbarkeit. Schließlich werden durch die enge Auffassung verursachte Probleme in der Beweispraxis nicht zu befürchten sein, da stets die Möglichkeit besteht, zum Schein auf das Angebot einzugehen und den Beschuldigten einer vollendeten Tat überführen zu können.774 Dass die Ermittlungsorgane dadurch gezwungen werden, sich auf ein Inserat zu melden, sich als Käufer auszugeben und somit im rechtlich zwar zulässigen, aber nicht ganz unbedenklichen Bereich des Agent provocateur 775 tätig zu werden 776, ist kein spezifisches Problem des Urheberstrafrechts und kann eine Vor769 770 771 77 2 773 774 775 776

Vgl. dazu: RGZ 107, 277 („Gottfried Keller"). Vgl. nur: BVerfGE 92, 1, 12; Baumann, S. 394ff.; Roxin, Strafrecht, §5, Rn.26ff. So auch: Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.387. Heinrich, Die Strafbarkeit, S.226. Vgl. zum Begriff des unmittelbaren Ansetzens: Kap. 6 E.I. Wie hier: KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"). Hierzu: EGMR StV 1999, 127. So: Ganter, S. 1480.

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Verlagerung der Vollendungsgrenze nicht rechtfertigen. Die Normspaltung zwischen Zivil- und Strafrecht wird deswegen im Ergebnis hinzunehmen sein. (4) Problem des Erfordernisses einer Konkretisierung des Werkstücks Umstritten ist schließlich, ob der Vervielfältigungsbegriff eine Konkretisierung der Vervielfältigungsstücke voraussetzt. Gemeint sind die Fälle, in denen der Beschuldigte lediglich Kleinanzeigen mit den Texten „Tausch- oder Verleihpartner gesucht"777 oder „Verkaufe billige Softwareprodukte · Übersendung einer Angebotsliste auf Nachfrage" 778 aufgibt. Nicht hierher gehört dagegen die Verwendung der Bezeichnung „alle auf dem Markt befindlichen Softwareprodukte" in einer Anzeige, da dieser Text bereits eine Konkretisierung darstellt 779, oder der Bezug auf ein bestimmtes Werk, etwa durch Abbildung im Prospekt 780. Obwohl die Frage nach der Notwendigkeit einer Konkretisierung mit Blick auf das Erfordernis, im Strafprozess regelmäßig Strafantrag 781 und fehlende Genehmigung782 durch den konkreten Berechtigten nachweisen zu müssen, eher theoretischer Natur ist, sei sie hier angesprochen. Das Erfordernis einer Konkretisierung der Vervielfältigungsstücke geht auf die Rechtsprechung des KG 7 8 3 zurück, der sich Teile der Literatur 784 angeschlossen haben. Das KG 7 8 5 begründet seine Auffassung damit, dass sich ein öffentliches Angebot auf zumindest konkretisierbare Werkstücke beziehen müsse, da auch der Verbreitung nur körperliche Gegenstände zugänglich seien786. Ferner müsse das Tatbestandsmerkmal des Anbietens aus praktischen Gründen eingeschränkt werden, da ansonsten auch redliche Händler durch die Aufgabe von Anzeigen in den Verdacht tatbestandsmäßigen Handelns geraten könnten; dadurch würde auch die zulässige Verbreitung behindert; die Verfolgung von Straftätern werde durch die enge Auslegung nicht behindert, da die Strafverfolgungsbehörden zum Schein auf Annoncen eingehen und den Täter somit zur Konkretisierung veranlassen könnten. Nach der Gegenauffassung 787 soll es ausreichen, wenn sich die einzelnen Angebote durch Nachfrage von Interessenten konkretisieren lassen. Denn in der Praxis 777

KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"). v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 15. 779 A.A.: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.227. 780 KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"). 781 Vgl. zum Antragserfordernis: Kap. 7 Α. I.; zu Nachweisschwierigkeiten: Göller, S. 119 f. 782 Vgl. zu Fragen der Nichtberechtigung: Kap.2 F. 783 KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"). 784 v. Gravenreuth, CR 1986, S.588 u. Das Plagiat, S. 15 u. Der Kriminalist 1985, S.27; Lauer, S.27; Rupp, Computersoftware, S. 191; Schmitz/Schmitz, S.70; Weber, FS-Locher, S.432. 785 KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"). 786 Soweit auch: Schmitz/Schmitz, S.70; Weber, FS-Locher, S.432. 787 Flechsig, NStZ 1983, S.563; Ganter, S. 1480; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.228 u. S.351; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn.9; Schulze-Heiming, S. 148. 77 8

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würden sich die Täter hinsichtlich einer Konkretisierung - in Inseraten schon aus Kostengründen788 - zurückhalten, zumal eine Konkretisierung zur Erreichung der Zwecke der Täter nicht erforderlich sei. 789 Auch erfolge das spätere konkretisierte Angebot in der Praxis als Einzelangebot790, dessen rechtliche Erfassung zweifelhaft sei.791 Redliche Händler hätten auch bei Aufgabe unkonkretisierter Anzeigen nichts zu befürchten, da zur Begründung eines Tatverdachts weitere Verdachtsmomente hinzukommen müssten, die eine Urheberrechtsverletzung wahrscheinlich machten. 792 Schließlich sei es nicht wünschenswert, die Ermittlungsorgane in den nicht ganz unbedenklichen Bereich des Agent provocateur zu treiben. 793 Im Hinblick auf das Erfordernis der Konkretisierung kann mich die Auffassung des KG 7 9 4 nicht überzeugen. Gegen redliche Händler, die eine entsprechende Anzeige aufgegeben haben, darf mangels Anfangsverdachts i. S. v. § 152 Abs. 2 StPO795 ohnehin kein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. Und auch das aus § 15 Abs. 1 UrhG folgende Erfordernis eines gegenständlich vorhandenen Vervielfältigungsstückes gebietet keine andere Beurteilung. So wird es den Ermittlungsbehörden ohnehin kaum möglich sein nachzuweisen, dass die Vervielfältigungsstücke zum Zeitpunkt des Angebots bereits existierten, wenn diese im Angebot nicht konkretisiert sind. Sollte dies ausnahmsweise im Wege der Beweiserhebung und Beweisführung möglich sein, darf die fehlende Konkretisierung des Angebots nicht schaden. Deswegen irrt Rochlitz 7%, wenn er zur Entscheidung des KG bemerkt, diese sei trotz richtigen dogmatischen Ansatzes fehlerhaft, da das Kammergericht keinen Zusammenhang zwischen der gedruckten Titelliste und den Inseraten hergestellt habe. Denn der Besitz der gedruckten Exemplare der Titelliste ist als Vorbereitungshandlung straflos. 797 Auch war der wegen § 15 Abs. 1 UrhG erforderliche Bezug des Angebots auf gegenständlich vorhandene Vervielfältigungsstücke im konkreten Fall nicht herzustellen. 5. Der Erschöpfungsgrundsatz Der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz des § 17 Abs. 2 UrhG führt dazu, dass die Weiterverbreitung eines bestimmten Werkträgers - mit Ausnahme der Vermie788 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 228; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn.9; Schulze-Heiming, S. 148. 789 Flechsig, NStZ 1983, S. 563; Ganter, S. 1480; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 227 f.; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn.9; Schulze-Heiming, S. 148. 790 Vgl. zur Frage der Strafbarkeit eines Einzelangebotes: Kap. 2 D.III.4.b(2). 791 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.228. 792 Flechsig, NStZ 1983, S.563; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.228. 793 Ganter, S. 1480. 794 KG NStZ 1983, 561 („Videoraubkassetten"). 795 Vgl. dazu: Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 152StPO Rn.4. 796 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 118. 797 So schon: KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten").

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tung - immer dann zulässig ist, wenn dieser mit Zustimmung des Berechtigten in einem bestimmten Gebiet im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht wurde. Die Vorschrift schränkt mithin das Verbreitungsrecht des Urhebers ein. Rechtsdogmatisch steht sie zwischen der Definition des Verbreitungsrechts und den urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen der §§45 ff. UrhG. Obwohl der Wortlaut von § 17 Abs. 2 UrhG („zulässig") den Wegfall der Rechtswidrigkeit nahe legt, wirkt die Vorschrift nach allgemeiner Ansicht tatbestandsausschließend.798 Denn durch den Erschöpfungsgrundsatz erlischt das Verbreitungsrecht an bestimmten Werkträgern, so dass in der Folge das Verbreiten tatbestandslos ist. 799 Eine umfassende Darstellung des Erschöpfungsgrundsatzes findet hier keinen Platz; diese würde mehrere Bücher dieses Umfangs füllen. Auf das zivilrechtliche Schrifttum 800 wird ausdrücklich verwiesen. Früher verursachte der Erschöpfungsgrundsatz vor allem beim Zusammentreffen von Abreden mit territorialen Verbreitungsbeschränkungen und Art. 30 ff. EGV Probleme 801; deswegen wurde § 17 Abs. 2 UrhG, nachdem für Computerprogramme mit Wirkung zum 1. Januar 1993 schon die §§ 69c Ziff. 3 S. 2, 137 d UrhG Änderungen bewirkt hatten, durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 23.6.1995 neu gefasst 802 und der Grundsatz europaweiter Erschöpfung eingefügt. a) Unstreitiges Unstreitig ist Voraussetzung für das Eingreifen des § 17 Abs. 2 UrhG ein tatsächliches Inverkehrbringen; das Anbieten gegenüber der Öffentlichkeit scheidet also von vornherein aus.803 Auch erfasst die Erschöpfung immer nur konkrete Vervielfältigungsstücke, während die Verbreitung anderer Exemplare strafbar bleibt. 804 Aus dem Erfordernis der Zustimmung in § 17 Abs. 2 UrhG folgt, dass die Weiterverbreitung unzulässig hergestellter Kopien auch dann unzulässig ist, wenn diese zum wiederholten Male den Besitzer wechseln.805 Dabei kommt es nicht darauf an, wo die Exemplare herge798 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn.6; v. Gamm, § 17 UrhG Rn.2; Kircher, S.230; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4. 799 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn.6; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4. eoo Fromm/Nordemann-Nordemann, § 17 UrhG Rn. 8ff.; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.206ff.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.388ff.; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 235 ff., alle m. w. N. 801 Dazu: BGH GRUR 1986, 736 („Schallplattenvermietung"); Kann, S. 100; Reiners, S. 543 ff.; Rochlitz, Handbuch, S. 535 ff. u. Der strafrechtliche Schutz, S. 121 f., m. w. N; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 111 ff. 802 BGBl.IS.842. 803 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.216. 804 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.234; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.4. 805 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.234 f. u. S.236 f.; Schaefer/Körfer, S.99; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 215; a. Α.: v. Hentig, S. 87.

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stellt wurden, da Voraussetzung des § 17 Abs. 2 UrhG nur das rechtmäßige Verbreiten, nicht aber die rechtmäßige Herstellung ist; auch durch die inländische Verbreitung von im Ausland rechtmäßig gedruckten Exemplaren wird deswegen gegen §§17, 106 UrhG verstoßen, wenn dem Verbreiter kein entsprechendes Nutzungsrecht eingeräumt wurde; auf Fragen des internationalen Urheberstrafrechts 806 kommt es hierbei nicht an. 807 Besondere Probleme ergeben sich bei Computerprogrammen: Denn das Vervielfältigungsrecht ist vom Erschöpfungsgrundsatz nicht erfasst. 808 Soweit man bejaht, dass bei der Verwendung des Programms Vervielfältigungsvorgänge stattfinden 809, ist wenigstens erforderlich, dass der ordnungsgemäße neue Erwerber eines Softwareprodukts in die Lizenzvereinbarung mit dem Ersterwerber eintritt, so dass er das Programm nutzen kann 810 . Darüber hinaus wird man fordern müssen, dass dem neuen Erwerber auch die gesetzlichen Rechte der §§69d, 69e UrhG zustehen. Heinrich m erörtert verschiedene Konstellationen des Falles, in dem der rechtmäßige Erwerber von Computerprogrammen diese weitergibt. Zu Recht stellt er fest, dass die Weitergabe rechtmäßig erworbener Programme, damit ein anderer hiervon unbefugt Kopien anfertigen kann, allenfalls als Beihilfe zur Vervielfältigung bestraft werden kann. Wenn der rechtmäßige Erwerber dagegen das Programm vervielfältigt und danach weitergibt, kommt eine Strafbarkeit sowohl wegen der unbefugten Vervielfältigung als auch wegen der unbefugten Verbreitung in Frage. Richtigerweise wird man hier unterscheiden müssen: Wird der rechtmäßig erworbene Werkträger weitergegeben, kommt allein Strafbarkeit wegen der Vervielfältigung in Betracht; handelt es sich dagegen um das Vervielfältigungsstück, ist neben dem Vervielfältigungstatbestand auch der Verbreitungstatbestand einschlägig. Abschließend sei bemerkt, dass der Vergütungsanspruch 812 für Verleihen nach § 27 UrhG lediglich schuldrechtlicher Art ist und die Nichterfüllung des Anspruchs nicht zur Strafbarkeit des Verhaltens führt 813 ; die Weiterverbreitung ist nämlich nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 2 UrhG zulässig.814 Dies muss auch für den Anspruch aus § 137 e Abs. 2 UrhG gelten.

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Vgl. zu Fragen des internationalen Urheberstrafrechts: Kap.6 H. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.215. 808 BGHZ 112, 264, 277 („Nixdorf-Betriebssystem"); Rehbinder, Urheberrecht, Rn.211; Schulze-Heiming, S. 149. 809 Vgl. zum Laden in den Arbeitsspeicher: Kap. 2 D.II.5.b. 810 Ausführlicher: Kindermann, GRUR 1983, S. 159; Schulze-Heiming, S. 149 f. 811 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 244ff. u. S.275. 812 Vgl. zu Problemen im Zusammenhang mit gesetzlich angeordneten Vergütungsansprüchen: Kap. 2 E. VIII. 813 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 63; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.214f. 814 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.63. 807

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b) Problemfälle Obwohl der Erschöpfungsgrundsatz im Hinblick auf das Urheberstrafrecht eine ganze Reihe schwieriger Rechtsprobleme verursacht, hat die einschlägige Literatur das Thema fast völlig ausgespart. So erörtert Weber- 815 zwar recht breit, ob der Verkauf unter Eigentums vorbehält ein Inverkehrbringen i. S. v. § 17 Abs. 2 UrhG darstellt, und bejaht dies mit anderen Autoren 816 im Ergebnis zu Recht. Auch führt er aus, die Vervielfältigungsstücke seien nicht als in den Verkehr gebracht anzusehen, sofern der Verkauf rückgängig gemacht und die Exemplare an den Verkäufer zurückgegeben würden. 817 Welche Konsequenzen dies aber in strafrechtlicher Hinsicht haben soll, bleibt offen. So stellt sich die Frage der Strafbarkeit etwa in dem Fall, dass der Vorbehaltskäufer die Exemplare an Dritte verliehen hat, bevor sie an den Eigentümer zurück gelangen. Ich meine, man wird in diesen Fällen - unabhängig davon, ob der Beschuldigte gut- oder bösgläubig handelte - nicht zu einer Bestrafung kommen dürfen. So ist bei Diebstahl (§ 242 StGB) und Unterschlagung (§ 246 StGB) anerkannt, dass dort hinsichtlich des Begriffs „fremd" die bürgerlichrechtlichen Rückwirkungsfiktionen der §§ 142 Abs. 1, 1953 Abs. 1 BGB nicht gelten sollen.818 Insofern soll es auf die Sachund Rechtslage ankommen, wie sie im Augenblick des Handelns wirklich bestanden hat, da andernfalls - insbesondere über §§ 119, 123, 142 Abs. 1 u. 2 BGB - eine Handlung nachträglich strafbar werden könnte, die bei ihrer Vornahme mangels Tatbestandsmäßigkeit straflos war. 819 Was für den Begriff der „Fremdheit" in §§ 242, 246 StGB gilt, wird auch in Fällen Anwendung finden müssen, in denen nachträglich die Erschöpfung des § 17 Abs. 2 UrhG entfällt, weil die Exemplare an den Verkäufer zurückgegeben werden. Zudem greift hier eine weitere Überlegung ein: Während sich nämlich die Eigenschaft der Fremdheit der Sache beim Diebstahl durch Rückwirkungsfiktionen tatsächlich ändert, ist dies beim Erschöpfungsgrundsatz nicht der Fall. Denn auch wenn hier die Exemplare nachträglich an den Verkäufer zurück gelangen, kann nicht die Rede davon sein, diese seien nicht „in Verkehr gebracht". Der Vorgang des Inverkehrbringens ist vielmehr bereits mit dem Verkauf unter Eigentumsvorbehalt abgeschlossen. Wenn Weber* 20 also meint, die Vervielfältigungsstücke seien nicht als in den Verkehr gebracht anzusehen, sofern der Verkauf 815

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.216f. Rehbinder, Urheberrecht, Rn.208; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.236; a. Α.: Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 17 UrhG Anm.5b. 817 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.217, Fn. 218; ebenso: Rehbinder, Urheberrecht, Rn.208; entgegen: Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 17 UrhG Anm.5b. 8,8 KG JW1930,943; LK-Ruß, §246 StGB Rn.4; Schönke/Schröder-Eser, §246 StGB Rn.4; Wessels/Hillenkamp, Rn. 70. 819 KG JW 1930, 943; LK-Ruß, §246 StGB Rn.4; Wessels/Hillenkamp, Rn.70. 820 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.217, Fn. 218; ebenso: Rehbinder, Urheberrecht, Rn.208; entgegen: Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 17 UrhG Anm.5b. 816

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rückgängig gemacht und die Exemplare an den Verkäufer zurückgegeben würden, so stellt dies allenfalls eine Fiktion dar. Eine solche Fiktion aber darf im Strafrecht wegen § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG zu Ungunsten des Beschuldigten keine Anwendung finden. Im Ergebnis kann nicht bestraft werden, wenn ein Verkauf unter Eigentums vorbehält rückgängig gemacht wird und die Exemplare an den Verkäufer zurück gelangen. Entsprechendes gilt auch beim Kauf mit Rücktrittsrecht, in Fällen der Remission 821 , beim Kommissionsgeschäft 822 oder in anderen Fällen, in denen der Kauf rückgängig gemacht wird 823 . Auch soweit zivilrechtlich der Verkauf von Büchern zum Zwecke des Einstampfens keine Veräußerung i. S. des § 17 Abs. 2 UrhG sein soll 824 , wird man dem im Strafrecht nicht folgen können. Denn obwohl § 17 Abs. 2 UrhG nicht den Begriff des „Verkaufs", sondern den der „Veräußerung" verwendet, würde die Anwendung des Strafrechts in diesen Fällen verbotene Analogie bedeuten. In der Umgangssprache nämlich werden die Begriffe „Verkauf" und „Veräußerung" gleichbedeutend verwendet. Da der mögliche umgangssprachliche Wortsinn nach § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG bei der Auslegung von StrafvorSchriften eine Grenze der Auslegung darstellt 825 , ist es hier nicht möglich, bestimmte Arten von Verkäufen aus dem Anwendungsbereich des § 17 Abs. 2 UrhG auszunehmen. Um einen Verkauf handelt es sich aber auch dann, wenn die Werkträger vernichtet werden sollen. Ein anderes Problem stellt sich in solchen Fällen, in denen Verwertungsrechte nicht vollständig, sondern lediglich beschränkt eingeräumt worden sind. Dass eine derartige beschränkte Rechtseinräumung in bestimmten Fallgestaltungen zulässig ist 826 , dürfte unbestritten sein. In welchen Fällen eine Beschränkung aber möglich ist und inwieweit diese Beschränkung auf den Erschöpfungsgrundsatz durchschlägt, wird dagegen äußert kontrovers diskutiert. 827 Aktuelle Beispiele stammen aus dem Bereich der Computerprogramme 828: Der Verkauf von OEM-Software - also Software, die eigentlich nur in Verbindung mit einem Computer verkauft werden 821 Dazu: Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 208; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 217, Fn. 218. 822 Dazu: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.217. 823 Dazu: Fromm/Nordemann-Nordemann, § 17 UrhG Rn.9. 824 OLG Karlsruhe GRUR 1979, 771 („Remission"); Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 208. 825 Vgl. nur: BVerfGE 92, 1, 12; Baumann, S. 394ff.; Roxin, Strafrecht, §5, Rn.26ff. 826 So schon: BGH GRUR 1959,200,202f. („Heiligenhof'); vgl. auch: Fromm/NordemannNordemann, § 17 UrhG Rn.6. 827 So schon: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 120; vgl. zur Kontroverse: Ahlberg, S. 362 f f ; Davies/v. Rauscher, S. 125 ff.; Dietz, S. 131 ff.; Hubmann, FS-Roeber, S. 181 ff.; Reimer, S. 221 ff.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.383 u. Rn.544f.; Windisch, S.481 ff. 828 Zum Erschöpfungsgrundsatz im Softwarebereich auch: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.233 ff.; Zähmt, S.457f.

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darf - ohne Computer 829 oder der Verkauf von Software, die eigentlich als Update bestimmt ist, an Kunden, die kein Exemplar der Vorversion besitzen830. Nach der einen Ansicht 831 sollen vertragliche Beschränkungen der Verbreitung mit dinglicher Wirkung nicht ausgeschlossen sein, da der Urheber die Möglichkeit haben müsse, das Verbreitungsrecht einem anderen dinglich beschränkt einzuräumen und gewisse Bereiche zurückzuhalten. Danach müsse es dem Hersteller mittels dinglicher Beschränkungen möglich sein, den Händler an ein bestimmtes - kartellrechtlich zulässiges - Vertriebssystem zu binden.832 Die Gegenansicht833, der sich jüngst für OEM-Software der BGH 8 3 4 angeschlossen hat, möchte eine Begrenzung des Erschöpfungsgrundsatzes durch vertragliche Beschränkungen allenfalls in eng umgrenzten Ausnahmefällen zulassen. Dies wird damit begründet, dass der Wortlaut der §§ 17 Abs. 2, 69c Ziff. 3 S. 2 UrhG keinen Anhaltspunkt für Begrenzungen biete 835 ; dies gelte erst recht für die durch entsprechende EG-Richtlinien geänderte Fassung836. Überdies bestünde andernfalls kein Bedürfnis für die Regelung des § 27 UrhG. 837 Der Streit muss hier nicht entschieden werden. Denn meines Erachtens irrt Sternberg-Lieben™, wenn er meint, die weitere Verbreitung eines Werkträgers unterfalle den §§ 106 ff. UrhG, soweit bei der bedingten oder beschränkten Veräußerung das Verbreitungsrecht nicht i. S. v. § 17 Abs. 2 UrhG erschöpft ist. Zum einen nämlich führt die einschränkende Auslegung der §§17 Abs. 2, 69c Ziff. 3 S. 2 UrhG, die Beschränkungen der Rechtseinräumung auf den Erschöpfungsgrundsatz durchschlagen lässt, zu einer aus dem Gesetz nicht erkennbaren Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 106 Abs. 1 UrhG, die gegen das Analogieverbot verstößt. Zum anderen greifen abermals die oben839 vorgestellten Grundsätze des BVerfG 840 zur Notwenigkeit einschränkender Auslegung mancher StrafvorSchriften. Denn im Falle einer Einschränkung des Erschöpfungsgrundsatzes würde das Tatbestandsmerkmal „Verbreiten" in § 106 Abs. 1 UrhG weit auslegt, dies eröffnet - wie divergieren829

KG NJW 1997, 330; LG Berlin, NJW-RR 1997, 1065. OLG München NJW 1998, S. 1649f.; dazu: Junker,, NJW 1999, S. 1295. 831 KG NJW 1997, 330; LG Berlin, NJW-RR 1997, 1065; Junker, NJW 1998, S.949; Lehmann, NJW 1993, S. 1825; einschränkend: Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 383 u. Rn.544f. 832 LG Berlin, NJW-RR 1997, 1065; Junker, NJW 1998, S.949. 833 OLG Frankfurt a. M. NJW-RR 1997, 494; OLG München NJW 1998, 1649; Berger, NJW 1997, S. 301 f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 352; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.64f. 834 BGH WRP 2000, 1309. 835 Soweit auch: Berger, NJW 1997, S. 301 f. 836 OLG München NJW 1998, 1649, 1650. 837 Ausführlicher: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 64. 838 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.64. 839 Vgl. zur verfassungskonformen Auslegung beim Werkbegriff: Kap. 2 C. 1.8. b. 840 BVerfGE 92, 1, 17 f. 830

D. Tathandlungen

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de Entscheidungen in diesem Bereich zeigen - dem Gericht erhebliche Entscheidungsspielräume, so dass Willkür der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann; schließlich sind Entscheidungen zum Erschöpfungsgrundsatz mangels gefestigter Rechtsprechung nicht vorhersehbar. Im Ergebnis kann in Fällen einer Einschränkung des Erschöpfungsgrundsatzes wegen einer beschränkten Rechtseinräumung regelmäßig jedenfalls solange nicht bestraft werden, bis die Rechtslage im betreffenden Bereich durch höchstrichterliche Entscheidung aus dem Urheberzivilrecht geklärt und eine Bestrafung im konkreten Fall vorhersehbar ist. Ich halte dies nicht nur für verfassungsrechtlich geboten, sondern auch für kriminalpolitisch wünschenswert. Denn andernfalls käme es zu einer unerträglichen Kriminalisierung der Verletzung von Lizenzvereinbarungen; im Extremfall müsste sogar der Streit über die Unwirksamkeit einer Vereinbarung in allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §9 AGBG 841 vor dem Strafgericht ausgetragen werden.

IV. Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe Hinsichtlich des Begriffs der öffentlichen Wiedergabe besteht Einigkeit, dass der zivilrechtliche Begriff 842 aus § 15 Abs. 2 UrhG Anwendung findet 843. Mittelbar bezieht sich der Begriff somit auf die Fälle der §§ 19 bis 22 UrhG 844 , während § 18 UrhG wegen der Erwähnung in § 15 Abs. 1 UrhG nicht erfasst ist 845 . Die Anwendung des zivilrechtlichen Begriffs erfolgt mit Recht. Denn § 15 Abs. 2 UrhG gilt für das gesamte Urheberrecht 846 und der Gesetzeszweck des § 106 Abs. 1 UrhG korrespondiert mit dem des § 15 Abs. 2 UrhG. § 15 Abs. 2 UrhG erfasst lediglich die Wiedergabe eines Werks in unkörperlicher Form. 847 Weber 848 führt zutreffend aus, dass die Rechtmäßigkeit der Vervielfältigung 841

Dazu: OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 1997, 494; Lehmann, NJW 1993, S. 1825. Vgl. zum zivilrechtlichen Begriff der „öffentlichen Wiedergabe": Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 213 ff.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 399 ff.; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 245 ff., alle m. w. N. 843 Dürwanger/Dempewolf, S.251; Eiding, S. 125 u. S. 130; Fromm/N ordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.2; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 184 u. S.246; Kann, S.91, mit Fn.9; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 1; Kircher, S. 147; Lampe, UFITA 83 (1978), S.34; Lauer, S. 27; Mestmäcker/Schulze, § 106 UrhG Anm. 2; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 5; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 107; Schmitz/Schmitz, S. 70f.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.5; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.217 u. S.285 u. Handwörterbuch, S.5 f.; vgl. auch: BT-Drucks. IV/270, S.46. 844 Dürwanger/Dempewolf, S. 251 ; Eiding, S. 125; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 1 u. Rn.7; v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1743 u. GRUR 1983, S.350; Mestmäcke r/Schulze, § 106 UrhG Anm.2; Schmitz/Schmitz, S.71; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.5; Weber, Handwörterbuch, S.5; vgl. auch: Rupp, Computersoftware, S. 192. 845 Wohl versehentlich a. Α.: Schmitz/Schmitz, S.71. 846 BT-Drucks.IV/270, S.46; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.217. 847 Fischer, S. 144; Fromm/Nordemann-Nordemann, § 15 UrhG Rn. 1; Kircher, S. 147; Lauer, S.27; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.217. 842

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

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nicht automatisch die Zulässigkeit der öffentlichen Wiedergabe anhand dieser Vervielfältigungsstücke zur Folge hat; dies folgt schon aus § 53 Abs. 6 UrhG; die Sachlage entspreche insofern derjenigen bei der Verbreitung 849. Anders ist es bei der umgekehrten Fallgestaltung, der befugten öffentlichen Wiedergabe aus unbefugt hergestellten Vervielfältigungsstücken. Hier möchte Flechsig 850 zu Recht § 106 UrhG trotz § 96 UrhG nicht anwenden, da andernfalls ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz vorliegt. Lampe ergänzt insofern, der Unrechtsgehalt der von § 96 UrhG geregelten Fallgestaltung, die an sich gestattete Verwertung einer durch eine rechtswidrige Handlung erlangten Vervielfältigung, liege unter dem der Hehlerei. 851 Weber* 52 irrt, wenn er meint, strafrechtlich relevante Fälle seien bislang nicht aufgetreten. Denn einige Gerichtsentscheidungen betrafen die Frage, wer bei der Wiedergabe als Täter in Frage kommt. So führe ein Gastwirt als Konzessionsinhaber Werke auf, wenn durch eine von ihm engagierte Kapelle urheberrechtlich geschützte Musikwerke gespielt853 oder in seiner Gaststätte Fernsehprogramme 854 übertragen werden. Dies gelte ebenso für einen Vereins Vorsitzenden.855 Es komme dabei nicht darauf an, ob er auf die Auswahl der Stücke Einfluss hatte oder nicht. 856 Weber* 51 führt hierzu aus, Veranstalter und damit Täter sei derjenige, der die Werkwiedergabe angeordnet hat und durch dessen Tätigkeit sie ins Werk gesetzt ist. Dies werde regelmäßig der in organisatorischer und finanzieller Hinsicht Verantwortliche sein. Die Tätigkeit brauche nicht persönlich erbracht zu werden, so dass im Einzelfall auch eine juristische Person Veranstalter sein könne. Ich möchte dem zustimmen. Einen Verstoß gegen Bestimmtheitsgrundsatz und Wortlautgrenze sehe ich nicht, da auch umgangssprachlich858 der in § 106 Abs. 1 UrhG verwendete Begriff der „Wiedergabe" sehr weit ist. Soweit das LG Berlin aber meint 859 , ein Vereinsvorsitzender hafte nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB, wird man dem 848

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.217. Vgl. insofern: Kap. 2 D. III. 2. a. 850 Flechsig, UFITA 81 (1978), S. llOf. 851 Lampe, UFITA 83 (1978), S.34. 852 Weber, Handwörterbuch, S.6. 853 Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des UrhG: LG Köln, Schulze, LGSt 1, 1 („Narrenzunft"); AG Düsseldorf, Schulze, AGSt 1, 1 („Gastwirt"); Mestmäcker/Schulze, § 106 UrhG Anm.2; E. Schulze, AGSt 1, S.3 u. LGSt 1, S.4. 854 Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des UrhG: LG München I UFITA Bd. 46, 369, 369 f. („Tägl. Fernsehen"); ähnlich: AG Stuttgart, Schulze, AGSt 2. 855 LG Berlin, Schulze, LGSt 4,14 („S.-Party"); zur Rechtslage vor Inkrafttreten des UrhG: LG Köln, Schulze, LGSt 1, 1 („Narrenzunft"); Mestmäcker/Schulze, § 106 UrhG Anm.2; E. Schulze, LGSt 1,S.4. 856 Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des UrhG: AG Düsseldorf, Schulze, AGSt 1, 1 („Gastwirt"); E. Schulze, AGSt 1, S.3. 857 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.220. 858 Vgl. zum umgangssprachlichen Wortsinn als Auslegungsgrenze: BVerfGE 92, 1, 12; Baumann, S. 394ff.; Roxin, Strafrecht, §5, Rn.26ff. 859 LG Berlin, Schulze, LGSt 4, 14 („S.-Party"). 849

D. Tathandlungen

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in der Begründung nicht folgen können. Die dort geregelte Fallgestaltung der Zurechnung besonderer persönlicher Merkmale 860 einer juristischen Person zu deren Vertreter ist vorliegend nicht einschlägig. Auch hinsichtlich des Begriffs der „Öffentlichkeit" gilt im Strafrecht der zivilrechtliche Begriff des § 15 Abs. 3 UrhG. 861 Dieser wurde oben862 schon erläutert; auch in Webers Standardwerk 863 findet sich eine ausführliche Darstellung. Hierauf kann verwiesen werden. Eine Besonderheit, die sich im Urheberstrafrecht ergibt, sei aber ausdrücklich genannt: Die Beweislastregel 864 des § 15 Abs. 3 UrhG kann im Strafprozess keine Anwendung finden, da dort nach § 261 StPO die Beweisführungslast dem Strafgericht obliegt, das von Amts wegen die Wahrheit erforschen muss.865 Unbestritten unterfallen dem Begriff der öffentlichen Wiedergabe auch die Bildschirmwiedergabe bei Messen oder Ausstellungen, sofern der Bildschirm von mehreren Personen wahrgenommen werden kann 866 , oder ein Angebot wie Bildschirmtext, solange die Ausstrahlung nicht auf gezielten Abruf durch den einzelnen Benutzer, sondern gleichzeitig gegenüber mehreren Nutzern erfolgt. 867 Umstritten ist dagegen, ob bei der öffentlichen Wiedergabe Gleichzeitigkeit gegenüber mehreren Personen erforderlich ist oder ob es genügt, wenn mehrere Personen nacheinander das Werk zur Kenntnis nehmen. Dieses Problem spielt gegenwärtig vor allem bei EDV-Abrufdiensten eine Rolle, wo Gleichzeitigkeit allenfalls zufällig möglich ist 868 . Da hier soweit Einigkeit herrscht, dass Zufall nicht Grundlage der Beurteilung sein darf 869 , muss der Öffentlichkeitsbegriff des § 15 Abs. 3 UrhG entscheiden. Nach einer Ansicht 870 , zu der auch der BGH 871 tendiert, soll es erforderlich sein, dass die öffentliche Wiedergabe gleichzeitig gegenüber mehreren Personen erfolgt. 860

Vgl. zu besonderen persönlichen Merkmalen: Tröndle/Fischer, §28 StGB Rn.3ff. Haß, Rechtsschutz, Rn.70; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 246ff.; Heibig, S.375; Schmitz/ Schmitz, S.71; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.6; Belke, Taschenbuch, S.30; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.218. 862 Vgl. insofern: Kap.2 D.III.2.b. 863 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.218ff. 864 Vgl. zur Frage der Geltung von Vermutungen: Kap. 2 G. 865 Haß, Rechtsschutz, Rn.70; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.6. 866 Brinkmann, S. 345; so wohl auch: Eiding, S. 125. 867 Hillig, FS-Roeber, S. 171; Katzenberger, Rechtsfragen, S. 110f.; Schack, JZ 1998, S.757. 868 So auch: Eiding, S. 130f.; Koch, S.429; Schricker-v. Ungern-Sternberg, Urheberrecht, § 15 UrhG Rn. 24; Schulze-Heiming, S. 151. 869 Hauptmann, S. 50; Schricker-v. Ungern-Sternberg, Urheberrecht, § 15 UrhG Rn. 24; Schulze-Heiming, S. 152. 870 Brinkmann, S.345; Brutschke, Urheberrecht, S. 82f.; Hackemann, GRUR 1982, S.271 f.; Hauptmann, S.50; Hillig, FS-Roeber, S. \l\;Koch, S.429; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.218; Schricker-v. Ungern-Sternberg, Urheberrecht, § 15 UrhG Rn. 24 u. Rn. 59 u. § 20 UrhG Rn. 9; Schulze-Heiming, S. 151 f.; Sinogowitz, S.567; Ulmer, GRUR 1971, S.301. 871 BGHZ 113, 159, 161 („Einzelangebot"). 861

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Nach der Gegenansicht872 soll es hierauf nicht ankommen, sondern genügen, wenn die Wiedergabe nacheinander geschehe. Denn die Mehrzahl von Personen, denen gegenüber das Werk auf diese Weise nacheinander wiedergegeben werde, sei zusammenfassend als einheitliche Öffentlichkeit zu verstehen.873 Meines Erachtens darf beim Begriff der Öffentlichkeit keine Gleichzeitigkeit gegenüber mehreren Personen gefordert werden. Zur Begründung dieser Ansicht muss entgegen Eiding 874 nicht auf praktische Erfordernisse verwiesen werden. Auch vermag ich Katzenberger* 15 schon mit Blick auf rundfunkrechtliche Grundsätze876 nicht zu folgen, wenn er die Unterscheidung zwischen Verteil- und Zugriffsystemen nicht für sinnvoll hält. Entscheiden muss vielmehr der Gesetzestext. Auf Gleichzeitigkeit aber kommt es nach dem Gesetzeswortlaut nicht an. 877 Nach § 15 Abs. 3 UrhG muss die Wiedergabe ohnehin nicht tatsächlich vor einer Mehrzahl von Personen stattfinden, sondern es genügt, wenn dies beabsichtigt war. 878 Auch dass in der amtlichen Begründung 879 von „Veranstaltung" die Rede ist, führt zu keinem anderen Ergebnis 880 . Denn nach Sinn und Zweck des UrhG soll eine Wiedergabe nur dann genehmigungsfrei sein, wenn sie sich in einer privaten Sphäre abspielt881. Nach zutreffender Ansicht handelt es sich deswegen bei der Bereitstellung urheberrechtlich geschützter Werke in EDV-Abrufdiensten um öffentliche Wiedergabe.882 Klarzustellen ist insofern, dass hierbei der Nutzer, der die Daten abruft, nicht als Täter bestraft werden kann 883 ; denn der Nutzer gibt die Daten nicht öffentlich wieder.

872

LG Berlin, Schulze, LGZ 98, 1, 5 („Schallplatten-Espresso"); Eiding, S. 131; Maaßen, S. 345; Schack, JZ 1998, S.757 u. Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.419; Schatz, S. 10; Schricker, FuR 1984, S.72; Schulze-Heiming, S. 152; Tielke, Taschenbuch, S.30; Waldenberger, ZUM 1997, S. 178f.; Zscherpe, S.407f.; zweifelnd: Katzenberger, GRU1 Int. 1983, S.905f. 873 LG Berlin, Schulze, LGZ 98, 1,5 („Schallplatten-Espresso"); Schricker, FuR 1984, S.72. 874 Eiding, S. 131 f. 875 Katzenberger, GRUR 1990, S.96. 876 Vgl. hierzu: Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, S.2983; Gounalakis, S.2994; Hochstein, S.2979; Waldenberger, MMR 1998, S. 124. 877 Eiding, S. 131 ; Katzenberger, GRUR 1990, S.96 u. Rechtsfragen, S. 110; Schack, Urheberund Urhebervertragsrecht, Rn.419; Schricker, FuR 1984, S.72; Schulze-Heiming, S. 152; Zscherpe, S.407f.; a. Α.: Hackemann, GRUR 1982, S.271 f. 878 Eiding, S. 131; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.218; wohl auch: Brutschke, NJW 1970, S.890; ohne Begründung a. Α.: Schmitz/Schmitz, S.Ii. 879 BT-Drucks. IV/270, S. 47. 880 Ebenso: Schricker, FuR 1984, S.72. 881 LG Berlin, Schulze, LGZ 98, 1, 5 („Schallplatten-Espresso"). 882 Ebenso: Brutschke, NJW 1970, S.890; Eiding, S. 131 f. u. S. 136f.; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn.7; Katzenberger, GRUR 1990, S.96 u. Rechtsfragen, S. 110; Maaßen, S. 345; Rupp, Computersoftware, S. 192; Schricker-v. Ungern-Sternberg, Urheberrecht, § 15 UrhG Rn.22; Schricker, FuR 1984, S.72; Schulze-Heiming, S. 152. 883 Missverständlich insofern: Hackemann, ZUM 1987, S.271.

D. Tathandlungen

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Ob hierauf das Senderecht Anwendung findet 884 oder es sich dabei um eine Verwertung eigener Art handelt, kann offen bleiben. Das strafrechtliche Analogieverbot nämlich wird entgegen Haß 885 in keinem Fall berührt. Denn da § 15 Abs. 2 UrhG ein offener Tatbestand ist, wie das Wort „insbesondere" zeigt, liegt auch bei neuen Nutzungsarten kein Verstoß gegen § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG vor. 886 Von einer entsprechenden Anwendung des § 15 Abs. 2 UrhG kann deswegen keine Rede sein.887 Vielmehr handelt es sich um unmittelbare Subsumtion unter den Begriff der öffentlichen Wiedergabe.888 Im Gegensatz zu den zuvor behandelten Tatbeständen stellt der Tatbestand der öffentlichen Wiedergabe ein Tätigkeitsdelikt, kein Erfolgsdelikt dar. Denn gemäß § 15 Abs. 3 UrhG wird bei der öffentlichen Wiedergabe nicht vorausgesetzt, dass die Wiedergabe die Öffentlichkeit tatsächlich erreicht; vielmehr genügt nach dem Wortlaut der Vorschrift die Bestimmung für die Öffentlichkeit.

V. Vereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 2 GG Bereits oben habe ich an verschiedenen Stellen eine verfassungskonforme Auslegung des § 106 Abs. 1 UrhG gefordert. Dies betrifft die Voraussetzungen für das Eingreifen des Bearbeiterprivilegs des § 23 S. 1 UrhG 889 , die Strafbarkeit des Anbietens an die Öffentlichkeit 890, die Strafbarkeit des Anbietens gegenständlich noch nicht vorhandener Vervielfältigungsstücke 891 sowie die Problemfälle beim Erschöpfungsgrundsatz 892. Die Frage, ob § 106 Abs. 1 UrhG im Hinblick auf die Tathandlung den Erfordernissen des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG genügt, ist in der Literatur unter zwei Gesichtspunkten erörtert worden: einerseits die Bestimmtheit der Umschreibung der Tathandlung insgesamt und andererseits die Bestimmtheit des Begriffs der öffentlichen Wiedergabe in § 15 Abs. 2 UrhG. 884 Verneinend: Brutschke, NJW 1970, S.890; Eiding, S. 131 f. u. S. 136 f.; Hauptmann, S.50; Koch, S.429; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.218; Schricker-v. Ungern-Sternberg, Urheberrecht, § 15 UrhG Rn. 24 u. Rn. 59 u. § 20 UrhG Rn. 9; Schulze-Heiming, S. 152; zur Bedeutung der Abgrenzung: Rehbinder, Urheberrecht, Rn.218. 885 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.6. 886 Ebenso: Eiding, S. 125; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.247. 887 So aber: Brutschke, NJW 1970, S.890; Eiding, S. 131 f. u. S. 136f.; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.218; Schulze-Heiming, S. 152 [die § 106 UrhG gleichwohl anwenden will]. 888 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.420; Waldenberger, ZUM 1997, S. 178 f. 889 Vgl. zu diesen Voraussetzungen: Kap.2 D.II.4.b. 890 Vgl. zur Strafbarkeit des Anbietens an die Öffentlichkeit: Kap. 2 D. III. 4. a. 891 Vgl. zur Strafbarkeit des Anbietens gegenständlich noch nicht vorhandener Exemplare: Kap.2 D.III.4.b(3). 892 Vgl. zu den Problemfällen beim Erschöpfungsgrundsatz: Kap.2 D.III.5.b.

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

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Nach Weber* 93 liegt ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot im Hinblick auf die Umschreibung der Tathandlung in § 106 Abs. 1 UrhG nicht vor. Denn im Gegensatz zum umfassenden Schutz mit nur beispielhafter Aufzählung in § 15 Abs. 1 UrhG - ähnlich wie bei § 2 Abs. 1 UrhG 894 - sind in § 106 UrhG nur bestimmte Verwertungshandlungen geschützt895. Ich kann dieser Bewertung Webers folgen. Zur Bestimmtheit des Tatbestandsmerkmals der öffentlichen Wiedergabe in § 15 Abs. 2 UrhG haben sich mehrere Autoren geäußert. So wird zunächst festgestellt, dass auch bei neuen Nutzungsarten kein Verstoß gegen das Analogieverbot des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG vorliegt, da § 15 Abs. 2 UrhG, wie das Wort „insbesondere4' zeigt, ein offener Tatbestand ist. 896 Ferner wird von Weber* 91 und Heinrich 898 ausführlich erörtert, ob und inwieweit künftig neue Nutzungsarten denkbar sind und ob diese von § 15 Abs. 2 UrhG erfasst würden. Meines Erachtens muss insofern weniger auf § 15 Abs. 2 UrhG, als vielmehr auf den Wortlaut des § 106 Abs. 1 UrhG abgestellt werden. Denn es liegt, wie Haß 899 zu Recht feststellt, kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot vor, obwohl das Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Wiedergabe umfassend auf § 15 Abs. 2 UrhG verweist und somit über die beispielhafte Aufzählung von § 15 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 UrhG hinausgeht; der Text ist nämlich noch so eindeutig, dass eine willkürliche Entscheidung ausgeschlossen i s t 9 0 0 Schließlich könnten sich, so Weber 901, auch künftige Nutzungsarten nicht so weit von den bekannten entfernen, dass es nicht möglich sei, gängige Grundsätze der Auslegung heranzuziehen.

E. Das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen" Weber 902 meint, das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen", also die Schrankenvorschriften der §§45 ff. UrhG, sei in praktischer Hinsicht nur von untergeordneter Bedeutung für das Urheberstrafrecht. Zu Zweifelsfragen hinsichtlich der recht subtil geregelten Schrankenbestimmungen werde es in der 893

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.94 u. S. 194. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 194, Fn. 106. 895 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.94 u. S. 193f.; auch: Lauer, S.26. 896 Eiding, S. 125; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.247. 897 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.224f. 898 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.247 f. 899 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 5; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 194 u. 224f. 900 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.5, unter Hinweis auf: Jescheck/Weigend, §151113. 901 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.224f. 902 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.230 u. S.285; auch: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 65. 894

E. Das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen"

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Praxis kaum kommen, da die typischen Täter 903 sich regelmäßig bedenkenlos über das Urheberrecht hinwegsetzten und damit die Schranken weit überschritten. Weber ist insoweit zuzustimmen, als die Schrankenbestimmungen in der strafrechtlichen Rechtsprechung kaum eine Rolle gespielt haben.904 Auf der anderen Seite ermöglichen in den allermeisten Fällen Schrankenbestimmungen des Urheberrechts erst die Werknutzung. Gerade die Schranken der Zulässigkeit einer Vervielfältigung zum privaten Gebrauch (§ 53 UrhG) oder der Zitierfreiheit (§51 UrhG) leisten einen wichtigen Beitrag zur Entkriminalisierung weiter Teile der Bevölkerung. Auch Grenzfragen kommen dabei regelmäßig zum Tragen. Dass diese meist bereits im Vorfeld von der Staatsanwaltschaft geklärt werden, wenn diese prüft, ob das Verfahren gegen den Beschuldigten einzustellen ist, sollte nicht dazu veranlassen, die Bedeutung der Schrankenvorschriften zu unterschätzen. Ich möchte zunächst den Begriff der „gesetzlich zugelassenen Fälle" untersuchen (I) 9 0 5 und danach erläutern, warum das Merkmal als Tatbestandsmerkmal einzuordnen ist (II) 9 0 6 . Erst im Anschluss soll auf die dogmatische Sonderstellung der Schrankenbestimmungen hingewiesen (III) 9 0 7 und die Problematik, die durch einen Wechsel des Vorsatzes entsteht, behandelt werden (IV) 9 0 8 . Die Schutzfrist will ich als Schranke einordnen (V) 9 0 9 . Weiter werden die Bedeutung des Änderungsverbotes und der Pflicht zur Quellenangabe (VI) 9 1 0 sowie das Problem der Zwangslizenz (VII) 9 1 1 erörtert. Von Bedeutung ist ferner die Frage, welche Auswirkungen gesetzlich angeordnete oder vertragliche Ansprüche gegen den Verwerter auf dessen Strafbarkeit haben (VIII) 9 1 2 . Schließlich soll die Verfassungsmäßigkeit der Schrankenvorschriften behandelt werden (IX) 9 1 3 ; insofern möchte ich schon hier darauf hinweisen, dass ich die Anwendung der Ausnahmevorschriften der §§ 53 Abs. 4 u. 5, 69 c Nr. 1 UrhG bezüglich der Vervielfältigungsfreiheit zum persönlichen Gebrauch im Strafrecht teilweise für verfassungswidrig halte.

903

Vgl. zu den Rechtstatsachen: Kapitel 9. Soweit ersichtlich nur: AG München NStZ 1983, 464 („Basisexemplar"); AG Stuttgart, Schulze, AGSt 3, 3 („Programmmitschnitt"). 905 Vgl. zum Begriff: Kap.2 E.I. 906 Vgl. zur Einordnung als Tatbestandsmerkmal: Kap.2 E. II. 907 Vgl. zur dogmatischen Sonderstellung: S.O. 908 Zum Vorsatzwechsel: Kap. 2 E. IV. 909 Vgl. zur Schutzfrist: Kap.2 E.V. 9,0 Dazu: Kap. 2 E. VI. 911 Vgl. zur Zwangslizenz: S.O. 912 Vgl. zu Ansprüchen gegen den Verwerter: Kap.2 E. VIII. 913 Vgl. zur Verfassungsmäßigkeit: Kap. 2 E. IX. 904

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

I. Begriffsklärung Nach allgemeinen Vorbemerkungen ( l ) 9 1 4 werde ich die strafrechtlichen Probleme bei einzelnen Schrankenbestimmungen darstellen (2) 915 .

1. Allgemeines Nach allgemeiner Auffassung 916 sind mit der Formulierung der „gesetzlich zugelassenen Fälle" die Fälle der §§ 45 ff. UrhG, die sogenannten Schranken des Urheberrechts gemeint. Durch diese Ankoppelung der strafrechtlichen Vorschrift an das Zivilrecht 917 wird erreicht, dass der strafrechtliche Schutz im Urheberrecht nicht über den zivilrechtlichen hinaus greift und eine Werkverwertung auch im Strafrecht unter bestimmten Voraussetzungen ohne Einwilligung des Berechtigten zulässig ist. Die Wendung bezieht sich also nicht auf die allgemeinen Rechtfertigungsgründe. 918 Denn solch ein Verweis wäre nicht nur überflüssig 919 und machte die Erwähnung der Einwilligung in § 106 Abs. 1 UrhG entbehrlich; 920 vielmehr würde auch der Wortlaut „gesetzlich zugelassen" diejenigen Rechtfertigungsgründe nicht erfassen, die keine gesetzliche Regelung erfahren haben.921 Keine Einigkeit besteht über die Grundsätze der Auslegung der Schrankenbestimmungen. So wird teilweise gefordert, dass die Vorschriften als Einschränkungen des sonst umfassenden Schutzes des Urheberrechts restriktiv auszulegen seien. 922 Weber 923 dagegen meint, es sei weder einseitig auf die Interessen des Urhebers noch auf die des Angeklagten zu blicken, sondern allgemeinen Auslegungskriterien zu folgen. Ich halte derartige Formulierungen im Einzelfall für wenig aussagekräf914

Zu den allgemeinen Vorbemerkungen: Kap. 2 E.1.1. Zu den Einzelfragen: Kap. 2 Ε. 1.2. 916 E. Braun, Produktpiraterie, S. 148; Dahn, S. 133; Eiding, S. 138; Erbs/Kohlhaas-Meurer,, § 106 UrhG Rn. 8; Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn. 3; Haß, FS-Klaka, S. 127 ff. u. Rechtsschutz, Rn.71; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 249; Lange, S. 209; Lauer, S. 32 u. S. 137; Letzgus, S.283; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 2; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 129; Samson, Urheberrecht, S.233; Schmitz/Schmitz, S.71; SchrickerHaß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.7; Sieber, Computerkriminalität, 2. Aufl., S. 69; Tielke, Taschenbuch, S.30; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.225 u. FS-Stree/Wessels, S.615 u. Handwörterbuch, S.6. 917 So auch: Lauer, S.29; Weber, FS-Stree/Wessels, S.615. 918 Ebenso: Lauer, S.32; Letzgus, S.282f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.225. 919 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.225. 920 Lauer, S.32; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.225. 921 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.225. 922 Fromm/Nordemann, vor §45 UrhG Rn.3; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.249; vgl. auch: BGHZ 50, 147, 152f. („Kandinsky"); 58, 262, 265 („Landesversicherungsanstalt"). 923 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.235. 9,5

E. Das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen"

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tig. Jedenfalls wird man den Grundsatz im „Zweifel für den Urheber" 924 im Strafrecht wegen des in-dubio-Grundsatzes925 nur im Bereich der Rechtsauslegung, nicht aber im Bereich der Tatsachenermittlung anwenden dürfen. 926 Der Erschöpfungsgrundsatz, soweit man ihn als spezielle Schranke des Verbreitungsrechts ansehen will 9 2 7 , wurde bereits oben928 behandelt. Auch sei daraufhingewiesen, dass die §§45 ff. UrhG bei Computeiprogrammen grundsätzlich nicht gelten. 929 Neben den §§ 69 d und 69 e UrhG 930 wird man aber jedenfalls § 45 UrhG anwenden müssen931. 2. Probleme bei einzelnen Schrankenbestimmungen Hier soll nur auf solche Probleme eingegangen werden, die speziell urheberstrafrechtlicher Natur sind. Wegen der weiteren Einzelheiten sei vor allem auf die einschlägigen Kommentierungen in der urheberzivilrechtlichen Literatur verwiesen. Nicht alle Schrankenbestimmungen werfen aus strafrechtlicher Sicht gleichermaßen Probleme auf. So gibt es zu den §§48 bis 51 UrhG 932 kaum etwas anzumerken. Zu §45 Abs. 1 UrhG 933 ist zutreffend bemerkt worden, dass es stets darauf ankommt, inwieweit Verwertungshandlungen für einen von § 45 UrhG gedeckten Zweck erfolgen 934 ; die spätere Verbreitung von Vervielfältigungsstücken ist also rechtswidrig, sofern sie nicht mehr von §45 UrhG gedeckt ist. 935 Bei den §§47, 55 und 56 UrhG stellt sich die Frage, ob ein Verstoß gegen die Löschungspflicht der §§47 Abs. 2 S. 2, 55 Abs. 1 S. 2, 56 Abs. 2 UrhG als Unterlassen strafbar ist; hierauf komme ich unten 936 zurück. Auch die Frage, welche Folgen die Nichterfüllung der Vergütungspflicht der §§52 Abs. 1 S. 2, 54ff. UrhG hat, soll unten937 behandelt werden. Zu § 47 UrhG meint Lampe938, in Analogie zu § 53 UrhG müsse trotz der abweichenden For924

Fromm/Nordemann, vor §45 UrhG Rn. 3. Dazu: Kleinknecht/Meyer-Goßner, §261 StPO Rn.26ff. 926 Ausführlich: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.232 ff. 927 Vgl. zum Begriff des Verbreitens: Kap.2 D.III. 928 Vgl. zum Erschöpfungsgrundsatz: Kap.2 D.III.5. 929 Beermann, S.612; Haß, Rechtsschutz, Rn.71; Meier, S.661; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.7 u. § 108 UrhG Rn. 11. 930 Dazu: Eiding, S. 138f.; Junker, NJW 1998, S.948 f., insbesondere zur Entfernung von Schutzmechanismen; Lehmann, NJW 1993, S. 1823 ff. 931 Ebenso: Bär, MMR 1998, S.578. 932 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.240 ff.; zu §51 UrhG ausführlich: Letzgus, S.282ff. 933 Dazu auch: Haß, FS-Klaka, S. 132ff. 934 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.236. 935 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 8. 936 Vgl. zum Unterlassen: Kap. 6 G. 937 Vgl. zu Problemen im Zusammenhang mit gesetzlich angeordneten Vergütungsansprüchen: Kap. 2 E. VIII. 938 Lampe, UFITA 83 (1978), S.32f. 925

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

mulierung des Gesetzes verlangt werden, dass die Berechtigung lediglich bei Vorliegen einer Absicht zur Verwendung der Aufnahmen im Unterrichtsbetrieb besteht. Dem wird man wegen des Analogieverbotes im Strafrecht und mangels kriminalpolitischer Bedeutung einer Bestrafung der Vervielfältigung nicht folgen können; denn weitere Verwertungshandlungen sind ohnehin pönalisiert. Gegenstand eines Meinungsstreits ist die Vorschrift des § 46 UrhG. Lampe939 meint, wer die formellen 940 Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 S. 2 oder § 46 Abs. 3 UrhG nicht einhält, mache sich nicht nach § 106 UrhG strafbar. Strafvorschriften dürften auch dann, wenn sie zivilrechtsakzessorisch sind, eine Regelung nicht vorbehaltlos und vollständig übernehmen, sondern müssten auf ihren sozialethisch bedeutsamen Kerngehalt reduziert werden. Die formellen Voraussetzungen in § 46 UrhG hätten in sozialethischer Hinsicht allenfalls geringe Bedeutung, sondern dienten lediglich der Klarlegung. Ein Verstoß gegen sie habe nicht die strafrechtliche Relevanz wie ein Verstoß gegen das Verwertungsrecht des Urhebers außerhalb des Anwendungsbereichs des § 46 UrhG. Nach der Gegenansicht941 soll sich auch derjenige nach § 106 UrhG strafbar machen, der die formelle Voraussetzung des § 46 Abs. 1 S. 2 UrhG nicht einhält. Weber 942 führt insofern aus, die Herausgabe einer Sammlung ohne die in § 46 Abs. 1 S. 2 UrhG vorgeschriebene Angabe tangiere in beträchtlichem Maß die Interessen des Berechtigten. Durch die Angabe werde erreicht, dass Interessenten außerhalb des Kirchen- Schul- und Unterrichtsgebrauchs von der Sammlung nicht angesprochen werden. Der Formvorschrift komme wegen ihrer Funktion, vor Missbräuchen zu warnen 943, besonders in den Fällen Bedeutung zu, in denen die Bestimmung für den zulässigen Gebrauch nicht bereits deutlich aus der inneren oder äußeren Beschaffenheit der Sammlung erkennbar ist. Die Formvorschrift zwinge dazu, Rechenschaft darüber abzulegen, ob die materiellen Voraussetzungen einer Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsausgabe wirklich erfüllt sind. Auch die Möglichkeit, eine Sammlung nachträglich mit der in § 46 Abs. 1 S. 2 UrhG vorgeschriebenen Angabe zu versehen, könne an der Strafbarkeit nichts ändern. Auch wer die formelle Voraussetzung des § 46 Abs. 3 UrhG nicht einhält, mache sich nach § 106 UrhG strafbar. 944 Denn die Benachrichtigungspflicht habe - so Weber 945 - den Zweck, dem Urheber die Möglichkeit zum Widerspruch zu geben, etwa 939 940 941

Lampe, UFITA 83 (1978), S. 32 u. S. 39. So auch: v. Gamm, §46 UrhG Rn. 14. Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 8; Weber, Der strafrechtliche Schutz,

S.239. 942

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.238f. So auch: BT-Drucks. IV, 270, S.64; Fromm/Nordemann-Nordemann, §46 UrhG Rn.8; v. Gamm, § 17 UrhG Rn. 14. 944 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.8; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.239 f. 945 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.239 f. 943

E. Das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen"

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weil er das Nutzungsrecht wegen gewandelter Überzeugung zurückgerufen hat (§§42,46 Abs. 5 UrhG) oder weil die beabsichtigten Änderungen über das zulässige Maß hinausgehen. Unterbleibe die Benachrichtigung, so werde dem Urheber die Möglichkeit genommen, Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Weil dem Urheber diese Möglichkeit abgeschnitten wird, sei eine Bestrafung sogar in den Fällen gerechtfertigt, in denen der Urheber im Ergebnis die Aufnahme seines Werks in die Sammlung nicht hätte verhindern können. Die Rechtslage entspreche derjenigen bei § 218 StGB, wo sich auch eine Frau strafbar macht, die nach Wahrnehmung der Beratung zwar die Schwangerschaft hätte abbrechen dürfen, die jedoch keine Beratungsstelle aufgesucht hat. Dem entgegnet Lampe946, dieser Gedanke helfe mangels Analogiefähigkeit nicht weiter; sofern die materielle Berechtigung zur Vervielfältigung bestand, müsse der Beschuldigte wegen des geringen sozialethischen Unrechtsgehalts eines Verstoßes gegen § 46 Abs. 3 UrhG straflos bleiben. Weder Weber noch Lampe können mich überzeugen, soweit die Argumentation auf den Unrechtsgehalt des Verstoßes beschränkt bleibt. Den zutreffenden Ansatz liefert dagegen Haß 947, wenn er sich auf den Wortlaut der §§ 106 Abs. 1, 46 UrhG stützt und meint, die Begründung Lampes könne eine Auslegung gegen den Wortlaut nicht rechtfertigen. Insofern fällt auf, dass der Wortlaut des § 46 Abs. 1 S. 2 UrhG von dessen Abs. 3 in entscheidender Hinsicht abweicht. Während die Benachrichtigung nach Abs. 3 eine Voraussetzung für den Beginn der Vervielfältigung darstellt, ist die Angabe nach Abs. 1 S. 2 lediglich als schuldrechtlicher Anspruch 948 gegen den Verwerter ausgestaltet. Im letzten Fall entspricht die Rechtslage mithin derjenigen bei §§ 62, 63 UrhG 949 ; bei diesen Vorschriften aber soll ein Verstoß nach allgemeiner Ansicht straflos bleiben. Die Zulässigkeit der Vervielfältigung hängt nach dem Wortlaut also zwar von der Benachrichtigung, nicht aber von der Angabe nach Abs. 1 S. 2 ab. Wer gegen § 46 Abs. 1 S. 2 UrhG verstößt, macht sich mithin ohnedies nicht strafbar. Im Falle einer Verletzung der Form Vorschrift des § 46 Abs. 3 UrhG wird man die Tat allenfalls nach §§153, 153a StPO einstellen950 oder den geringen Unrechtsgehalt bei der Strafzumessung 951 berücksichtigen können; an der Strafbarkeit der Verletzung dieser Formvorschrift vermag dies nichts zu ändern. Bei § 53 UrhG 952 ist vor allem erörtert worden, unter welchen Voraussetzungen zu Gunsten eines Dritten die Schranke eingreift. So genügt es, wenn ein Dritter im Auf946

Lampe, UFITA 83 (1978), S.32. Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.8. 948 Vgl. dazu: Kap. 2 E. VIII. 949 Vgl. zu Änderungsverbot und Pflicht zur Quellenangabe: Kap. 2 E. VI. 950 Ygi z u m Abschluss des Verfahrens: Kap. 7 A.X. 947

951

Vgl. zur Strafzumessung: Kap. 7 B.I. Dazu aus strafrechtlicher Sicht auch: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 251 ff.; Heibig, S.375; Rupp, Computersoftware, S. 112f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.242ff. 952

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

trag eines Berechtigten vervielfältigt (§ 53 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 UrhG), ohne die subjektiven Merkmale des Vervielfältigens zum eigenen Gebrauch selbst zu erfüllen. 953 Gegebenenfalls ist hierbei sogar der Versand der Vervielfältigungsstücke zulässig, ohne dass der Verbreitungstatbestand erfüllt ist. 954 Ein Berufen auf einen stillschweigenden Auftrag oder Geschäftsführung ohne Auftrag reicht dagegen nicht aus, wie sich aus dem Wortlaut „herstellen lassen4' ergibt; vielmehr muss die Initiative vom Auftraggeber ausgehen.955 Soweit der Beschuldigte also einen unbestimmten Personenkreis bedienen will, kann er sich nicht auf § 53 UrhG berufen 956. Auch ist die Herstellung eines Basisexemplars zur Produktion weiterer durch Schrankenbestimmungen gedeckter Vervielfältigungsstücke 957 oder die Herstellung von Kopien auf Vorrat 958 nicht durch Schranken gedeckt. Auch die weitere Verwertung der rechtmäßig hergestellten Vervielfältigungsstücke ist erörtert worden. So kann von privatem Gebrauch nur dann die Rede sein, wenn der ausschließliche Wille des Inhabers der Kopie darüber entscheidet, welcher weiteren Person die Kopie zugänglich gemacht wird. 959 Es dürfen also ausschließlich Personen beteiligt sein, die miteinander durch ein persönliches Band verknüpft sind. 960 Die Herstellung einer größeren Zahl als einzelner Vervielfältigungsstücke unterfällt dem Tatbestand des § 106 UrhG. 961 Eine nur geringfügige Überschreitung der zulässigen Zahl bei einer Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch wird man im Rahmen der Strafzumessung 962 zu Gunsten des Täters berücksichtigen müssen. Rochlitz 963 weist zutreffend darauf hin, dass die Gesetzesbegründung964 des Gesetzes von 1985, mit dem § 108 a UrhG eingeführt wurde, insofern fehlerhaft ist, als dort von einem Tatbestand der privaten Vervielfältigung die Rede ist. Eine sachliche Bedeutung sollte dieser, wohl eilig zu Stande gekommenen, Aussage des Gesetzgebers nicht beigemessen werden.

953

BGH NJW 1999, 1953; Hentschel, Gema-Nachrichten, H. 119, S. 13 u. Videorecht, S. 111 ; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 243. 954 BGH NJW 1999, 1953, 1956. 955 BGH NJW 1999, 1953, 1954; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.243. 956 AG München NStZ 1983, 464 („Basisexemplar"); Fromm/N ordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.3; Hentschel, FuR 1982, S.241. 957 AG München NStZ 1983,464 („Basisexemplar"); v. Gravenreuth, Der Kriminalist 1985, S.25. 958 AG München NStZ 1983, 464 („Basisexemplar"). 959 Wulff, BB 1985, S. 427. 960 Ganter, S. 1480. 961 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 10. 962 Vgl. zur Strafzumessung: Kap.7 B.I. 963 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 142 u. dort Fn. 147. 964 BT-Drucks. 10/3360, S.20f.; auch: Hillig, UFITA Bd. 102 (1986), S.24.

E. Das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen"

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Bei Computerprogrammen sollen nach allgemeiner Ansicht anstelle der §§45 ff. UrhG grundsätzlich die Sondervorschriften der §§ 69d 965 und 69e UrhG gelten.966 Die Einzelheiten sind insofern noch ungeklärt 967. Insbesondere sollen im Softwarebereich die Zulässigkeit der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch durch die Vorschriften der §§ 69a Abs. 4 Hs. 2, 69c Nr. 1, 69d UrhG eingeschränkt sein.968 Meines Erachtens kann diese sehr bedenkliche969 Regelung im Strafrecht wegen des Erfordernisses verfassungskonformer Auslegung im Hinblick auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG 970 nicht angewandt werden, so dass es hier bei der Regelung der §§45 ff. UrhG bleibt. Zahrnt 971 meint, die Überlassung eines Vervielfältigungsstücks beinhalte dogmatisch gesehen den Verzicht auf das Untersagungsrecht nach § 69 c UrhG im Umfang der bestimmungsgemäßen Nutzung972. Ich kann dem nicht folgen. Denn § 69 d UrhG gestattet dem berechtigten Inhaber eines Vervielfältigungsstückes ohnehin die bestimmungsgemäße Nutzung, sofern keine vertragliche Vereinbarung vorliegt. Mit Blick auf diese gesetzlichen Rechte stellt sich die Konstruktion vertraglicher Vereinbarungen als überflüssig dar und schränkt den Nutzer entgegen der Absicht des Gesetzgebers in seinen Rechten ein.

II. Einordnung als Tatbestandsmerkmal Wegen der weitgehenden Gleichstellung von Tatbestands- und Erlaubnistatbestandsirrtum hat die Frage, ob ein Merkmal auf der Tatbestands- oder Rechts widrigkeitsebene einzuordnen ist, kaum noch Bedeutung973. Soweit hier dennoch auf die Frage eingegangen wird, geschieht dies also mehr aus dogmatischen denn aus praktischen Gründen. 965

Dazu: Zahrnt, S.456. Haß, Rechtsschutz, Rn.71; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.281 ff.; Meier, S.661; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.7 u. § 108 UrhG Rn. 11. 967 Vgl.: Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §69a UrhG Rn.24. 968 BT-Drucks. 12/4022, S.8f.; Eiding, S. 139; Haß, Rechtsschutz, Rn.71; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.250 u. JZ 1994, S.939; Meier, S.661 u. S.665; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.7 u. § 108 UrhG Rn. 11; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §53 UrhG Rn. 10; Weber, Wesen, S.67f. 969 So auch: Bauer, S. 9; Bornmüller, S. 17f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 254ff. u. JZ 1994, S.939; Müller-Gugenberger, §45 Rn.95; Röttinger, IuR 1986, S. 16 u. IuR 1987, S.273, Fn. 51. 970 Zur Notwendigkeit verfassungskonformer Auslegung der Schrankenbestimmungen: Kap. 2 E. IX. 971 Zahrnt, S.456. 972 Zum Begriff der „bestimmungsgemäßen Nutzung" von Computerprogrammen: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 191 ff. 973 Vgl.: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 114; anders: Lauer, S.29f.; Letzgus, S.283; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 131; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.226. 966

9 Hildebrandt

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Dass es sich bei den „gesetzlich zugelassenen Fällen" um Rechtfertigungsgründe handelt, meint nur Kircher 91*. Er begründet seine Ansicht nicht näher. Lampe975 drückt sich insofern unklar aus, als er von „Gegentatbeständen" oder „Rechtfertigungsgründen" spricht. Haß? 16 schließlich nennt die §§ 69 d und 69 e UrhG in Abweichung zu seiner Auffassung zu den §§45 ff. UrhG „Rechtfertigungsgründe". Alle anderen Autoren 977 wollen das Merkmal auf der Tatbestandsebene ansiedeln. Teilweise werden die „gesetzlich zugelassenen Fälle" als „im echten Sinne negative Tatbestandsmerkmale"978, teilweise als „negativ gefasste Merkmale des Tatbestands"979 bezeichnet. Lauer 980 verwendet überdies die Bezeichnung „Gegenfälle". Trotz der Einigkeit im Ergebnis fällt die Begründung, warum das Merkmal auf der Tatbestandsebene anzusiedeln ist, nicht leicht. Denn eine Gesetzgebungstechnik mittels Schranken wie im Urheberrecht gibt es in anderen Bereichen des Strafrechts in vergleichbarer Form nicht. 981 So wird man die Einordnung als Tatbestandsmerkmal nicht deswegen vornehmen können, um die Unsicherheiten der Irrtumslehre im Bereich der Rechtswidrigkeit zu umgehen982. Auch dass der Rechtsanwender kein selbstständiges, über die Rechtswidrigkeit entscheidendes Werturteil fällen, sondern lediglich unter die einzelnen Schrankenbestimmungen subsumieren müsse983, ist meines Erachtens kein taugliches Abgrenzungskriterium. Denn jede noch so einfache Subsumtion erfordert vom Rechtsanwender auch Werturteile. Ferner können aus der Formulierung der §§106 Abs. 1, 45 ff. UrhG keine eindeutigen Schlüsse gezogen werden. So wird ausgeführt, die negative Formulierung 974

Kircher, S.233 ff. Lampe, UFITA 83 (1978), S.31. 976 Haß, Rechtsschutz, Rn.72. 977 Eiding, S. 138; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 8; Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.3; Haß, FS-Klaka, S. 133ff. u. Rechtsschutz, Rn.71; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.249; Kann, S.91; Lauer, S.39 u. S. 137; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 105; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 131 ff.; Schmitz/Schmitz, S.71; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.7; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.65; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 230 u. FS-Stree/Wessels, S.615 u. Handwörterbuch, S. 6f. u. Wesen, S.67; wohl auch: Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.745. 978 Fromm/N ordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.3; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.249; Lauer, S.39 u. S. 137; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.65; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 230; kritisch zu diesem Begriff im Urheberstrafrecht: Lampe, UFITA 83 ( 1978), S. 30 Fn. 36. 979 Haß, Rechtsschutz, Rn.71; Letzgus, S.282f.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn.7. 980 Lauer, S.29. 981 Ausführlicher: Lauer, S.33ff. 982 So aber: Haß, FS-Klaka, S. 137 f. 983 So: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 131 f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.227. 975

E. Das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen"

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müsse nicht zwangsläufig zur Einordnung als Rechtfertigungsgrund führen. 984 Eine unmittelbare Einbeziehung der Vorschriften der §§45 ff. UrhG in die Tatbestände der §§ 106 ff. UrhG sei schon aus sprachlichen Gründen unmöglich.985 Der geltenden gesetzlichen Regelung würde eine solche entsprechen, bei der alle Schrankenbestimmungen nochmals in § 106 UrhG als Ausnahmen wiederholt würden. 986 Die Vorschrift des § 53 UrhG etwa sei i. V. m. § 106 Abs. 1 UrhG wie folgt zu lesen: „Wer - abgesehen von der Herstellung einzelner Vervielfältigungsstücke zum privaten Gebrauch - ein Werk... vervielfältigt ...". 987 Von dieser Art der Regelung habe der Gesetzgeber lediglich aus sprachlichen Gründen abgesehen, ohne dadurch jedoch die Funktion der Schrankenbestimmungen als Tatbestandsmerkmale ändern zu wollen. 988 Auch die These, dass die §§45 ff. UrhG ausdrücklich erlaubtes Verhalten umschrieben und das Merkmal deswegen zum Tatbestand gehören müsse989, kann nicht überzeugen; denn auch alle Rechtfertigungsgründe umschreiben ausdrücklich erlaubtes Verhalten. Soweit manche Autoren 990 eine Parallele zur Rechtslage bei den Begriffen „unbefugt" oder „pflichtwidrig" - etwa in den §§ 132a und 356 StGB - ziehen wollen, führt dies schon deswegen nicht weiter, weil auch deren rechtliche Einordnung äußerst umstritten ist. Während manche991 meinen, die Begriffe gehörten zum Tatbestand, soll nach der Gegenansicht992 die Rechtswidrigkeit entfallen. Lenckner 993 schließlich schreibt den Merkmalen eine Doppelfunktion zu. Ferner wird vorgetragen, die §§45 ff. UrhG dienten dem Interessenausgleich von Interessen des Urhebers und der Allgemeinheit994. In Abweichung von der Regel, dass derjenige, der eine tatbestandlich umschriebene Handlung begeht, in der Regel auch Unrecht verwirklicht, handele derjenige, der sich innerhalb der Schranken der §§45 ff. UrhG bewegt, sozial adäquat und innerhalb der normalen, geschichtlich gewordenen sozialethischen Ordnung des Gemeinschaftswesens 995. 984

Lauer, S.32; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.291. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 131; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.291. 986 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 131 f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.227f., mit Formulierungsbeispiel. 987 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 10. 988 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.228. 989 So: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 133. 990 Lauer, S. 38f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.229; dazu auch: Heidingsfelder, S. 159. 991 Tröndle/Fischer, § 132a StGB Rn. 17 u. §356 StGB Rn.7; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.229. 992 Tröndle/Fischer, §203 StGB Rn.27 u. §206 StGB Rn.9. 993 Schönke/Schröder-Lenckner, vor §§ 13 ff. StGB Rn.65 u. §354 StGB Rn. 11. 994 BT-Drucks. IV/270, S. 30 u. S. 62f.; Lauer, S. 35; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.7; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.226f. 985

995

9*

Haß, FS-Klaka, S. 135; Schricker-Haß,

Urheberrecht, § 106UrhG Rn.7.

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Mich überzeugt auch dies nicht; denn das Gesagte gilt in gleicher Weise bei Rechtfertigungsgründen 996. Lauer 997 führt aus, das Merkmal sei auch keine Ausprägung eines allgemeinen Rechtfertigungsgrundes wie etwa die alte Fassung des §218a StGB. Allenfalls komme insofern die Vorschrift des § 193 StGB (Wahrnehmung berechtigter Interessen) in Betracht. Ob dieser Vorschrift überhaupt eine über die Delikte gegen die persönliche Ehre hinausgehende Bedeutung zukomme, sei jedoch zweifelhaft. Würde die Vorschrift auf das Urheberrecht ausgedehnt, führte dies zugleich zu einer Aufhebung der detaillierten Regelung der §§45 ff. UrhG. Meines Erachtens wird dies aber auch immer dann der Fall sein, wenn spezielle Ausprägungen eines allgemeinen Rechtfertigungsgrundes existieren. Während mich die vorgenannten Argumentationen kaum überzeugen können, sehe ich den richtigen Ansatzpunkt in schlichteren Begründungen: Dem zutreffenden Ansatz nähert sich Weber 99*, wenn er versucht, Rückschlüsse aus der Regelungstechnik der §§ 106 Abs. 1, 45 ff. UrhG zu ziehen. Die Rechtslage sei vergleichbar mit derjenigen bei Blankettvorschriften. Während dort der Tatbestand durch die Verweisung positiv konkretisiert würde, erfolge bei § 106 Abs. 1 UrhG eine negative Konkretisierung und damit eine Einschränkung des Tatbestands. § 106 UrhG sei eine negative Blankettnorm 999 in diesem Sinne. Wenn der Tatbestand des § 106 UrhG hinsichtlich der positiven Beschreibung der Verbotsmaterie durch Hereinnahme der §§ 16 bis 22 UrhG in der Weise konkretisiert werde, dass diese zum Tatbestand gehörten, müsse dasselbe für die in §§45 ff. UrhG geregelten Schranken des Verbots gelten. Nur durch Berücksichtigung beider Normbereiche erhalte der Straftatbestand des § 106 UrhG einen greifbaren Inhalt. In ähnlicher Weise meint Haß 100°, die §§45 ff. UrhG stellten weniger Fälle dar, die einen Eingriff ausnahmsweise für zulässig erklärten, als dass sie die Rechte des Urhebers von vornherein beschränkten. Denn die Verwertungsrechte stünden dem Urheber von vornherein nicht unbegrenzt zu. 1001 Das Unrecht, wie es § 106 UrhG unter Strafe stellt, werde deswegen erst durch die Einbeziehung der Schranken ausreichend beschrieben. 1002 Am meisten überzeugt mich letztlich ein Argument, das auf den ersten Blick trivial erscheint: Die zahlenmäßige und praktische Bedeutung der Fälle, die unter die §§45 ff. UrhG, insbesondere unter §53 Abs. 1 UrhG, fallen, spricht dagegen, das 996

Ausführlicher: Lauer, S.35 f. Lauer, S. 36f. 998 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.228 ff. 999 Zum Begriff des Blankettstrafgesetzes: Lauer, S.40. 1000 Ausführlicher: Haß, FS-Klaka, S. 133 ff. 1001 So auch: BVerfGE 31, 229, 241; 49, 382. 1002 So im Ergebnis auch: Lauer, S. 38; Letzgus, S. 283; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.133. 997

E. Das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen"

133

Merkmal als Rechtfertigungsgrund aufzufassen. 1003 Handeln im Rahmen der Schranken des Urheberrechts stellt keineswegs eine Ausnahme dar, sondern ist alltäglich. 1004 Wenn man gar mit einer Reihe von Autoren auch in der Schutzfrist 1005 oder in anderen Beschränkungen der Verwertungsrechte - etwa § 17 Abs. 2 UrhG oder § 23 S. 1 UrhG 1006 - eine Schranke des Urheberrechts sehen will, ergibt sich eine überwältigende Zahl von Fällen, die zwar den §§ 15 ff. UrhG unterfallen, in denen die Verwertung aber gleichwohl zulässig ist. Dagegen stellen die traditionellen Rechtfertigungsgründe stets Ausnahmebestimmungen dar, die nur selten eingreifen. Unter den traditionellen Rechtfertigungsgründen würde das Merkmal der „gesetzlich zugelassenen Fälle4' allein wegen seiner zahlenmäßigen Bedeutung einen Fremdkörper darstellen. Entgegen Kircher mi möchte ich deswegen das Merkmal auf der Tatbestandsebene ansiedeln. Warum Haß m% die §§ 69 d und 69 e UrhG in Abweichung zu seiner Auffassung zu §§45 ff. UrhG „Rechtfertigungsgründe" nennt, bleibt undurchsichtig. Einen sachlichen Unterschied sehe ich nicht. Andererseits wird man nicht sagen können, ein Handeln innerhalb der Schranken stelle gar keine Vervielfältigung dar, da § 16 und §§45 ff. UrhG zusammengelesen werden müssten1009. Denn dem steht nicht nur der Wortlaus des § 16 UrhG entgegen; auch wäre das Merkmal der „gesetzlich zugelassenen Fälle" andernfalls in systematischer Hinsicht überflüssig 1010.

III. Dogmatische Sonderstellung - subjektive Elemente Lampemx hat sich ausführlich zur dogmatischen Sonderstellung der Schrankenbestimmungen geäußert. Diese besäßen eine Besonderheit, die sich im klassischen Strafrecht nicht finde und deswegen kaum erforscht sei. Die Einzigartigkeit bestehe in der Kombination objektiver und subjektiver Kriterien zur Einschränkung eines Tatbestands. So enthalte zum Beispiel § 53 UrhG neben dem objektiven Element „einzelne Vervielfältigungsstücke" ein subjektives: „zum persönlichen Gebrauch". Bei § 51 UrhG sei als subjektive Komponente ein Zitierwille 1012 erforderlich. 1003 1004 1005 1006 1007 1008 1009 1010 1011

Haß, FS-Klaka, S. 135; ausführlicher: Lauer, S.38. Ähnlich: Haß, FS-Klaka, S. 135. Dazu: Kap.2 E.V. Vgl. insofern: BGH GRUR 1963, 441, 443 („Mit Dir allein"). Kircher, S. 233 ff. Haß, Rechtsschutz, Rn.72. So aber: Haß, FS-Klaka, S. 134. Wie hier: Lauer, S. 37, Fn. 79. Lampe, GA 1978, S. 10f. u. UFITA 83 (1978), S.29ff.; im Anschluss an ihn: Lauer,

S.29. 1012 v g l

z u m

Zitierwillen: Fromm/Nordemann-Vinck,

§51 UrhG Rn.5.

134

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Lampe führt weiter aus, die Schranken könnten nicht als negative Tatbestandsmerkmale aufgefasst werden. Denn andernfalls müsse der Täter straffrei bleiben, der entweder die subjektiven oder die objektiven Elemente einer Schrankenbestimmung erfüllt, da dann der Tatbestand des § 106 UrhG nicht vollständig erfüllt wäre. Dies könne nicht richtig sein. Vielmehr seien die Gegentatbestände der Schranken „unvollständig zweiaktig" in dem Sinne, dass sie aus zwei Akten bestünden, von denen der zweite Akt nicht vollendet, sondern nur beabsichtigt sein müsse. Zu einem einleuchtenden Ergebnis führe folgender Erst-recht-Schluss: wenn der Täter strafbar bleibt, der vom Gesetz kumulativ aufgestellte objektive Bedingungen für seine Rechtfertigung nicht zusammen verwirklicht, dann müsse die Strafe erst recht denjenigen treffen, der vom Gesetz kumulativ aufgestellte und teilweise ins Subjektive vorverlagerte Bedingungen der Rechtfertigung nicht erfüllt. Würde beispielsweise das Gesetz in § 53 UrhG zusätzlich zur Herstellung „einzelner Vervielfältigungsstücke" auch den „persönlichen Gebrauch" der Vervielfältigungsstücke als objektives Rechtfertigungselement fordern, dann wäre nur der Täter straffrei, der diesen persönlichen Gebrauch auch tatsächlich macht. Wenn das Gesetz nun aber auf das objektive Tatbestandsmerkmal verzichtet und ein bloß subjektives Rechtfertigungselement fordert, müsse dieses erst recht beim Täter vorhanden sein. Die von Lampe beschriebene Problematik ist keineswegs so einzigartig, wie er meint. In ähnlicher Form taucht die Frage nämlich auch bei Rechtfertigungsgründen mit subjektiven Merkmalen auf, etwa im Hinblick auf den Notwehrwillen des § 32 StGB. So nennt Kircher 1013 die Schrankenbestimmungen gar „Rechtfertigungsmerkmale mit subjektivem Einschlag". Die dogmatische Besonderheit der Schrankenbestimmungen entsteht vielmehr allein dadurch, dass diese entgegen Kircher vom überwiegenden Teil der Literatur nicht auf der Rechtswidrigkeitsebene angesiedelt werden, sondern zum Tatbestand gezählt werden. Gleichwohl wird man Lampe im Ergebnis folgen müssen. Wer also etwa eine Überspielung mit dem Willen vornimmt, das Vervielfältigungsstück zu veräußern, unterfällt nicht § 53 UrhG und macht sich strafbar. 1014 Daran ändert auch nichts, wenn die Konstruktion subjektiver Rechtfertigungselemente im Zivilrecht teilweise für überflüssig gehalten wird und nicht zu sachgerechten Ergebnissen führen soll; 1015 denn eine derartige Argumentation verkennt in ihrer Allgemeinheit die Besonderheiten des Urheberrechts. Missverständlich ist auch, wenn Rochlitz 1016 meint, die Tatbestände der Schranken könnten nach objektiven Kriterien festgestellt werden; denn schon der Wortlaut einer Reihe von Schrankenbestimmungen steht dem entgegen.

1013 1014 1015 1016

Kircher, S. 248. Ebenso: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.65. J.Braun, S. 941 ff. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.256f.

E. Das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen"

135

IV. Problem des Vorsatzwechsels Bei denjenigen Schrankenbestimmungen, die neben einer objektiven Komponente auch ein subjektives Element erfordern, stellt sich das Problem des Vorsatz Wechsels. Dies lässt sich am besten am Beispiel der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch nach § 53 UrhG erläutern. Denkbar sind hier zwei Fallkonstellationen: Zum einen kann ein Täter den Vorsatz, zum eigenen Gebrauch zu vervielfältigen, zwar nicht bei der Herstellung „einzelner Vervielfältigungsstücke" haben, aber später diesen Entschluss fassen. Zum anderen ist denkbar, dass der Täter zwar noch im Augenblick der Vervielfältigung den erforderlichen Vorsatz hat, diesen aber später aufgibt. In der ersten Variante liegt nach dem Wortlaut des § 53 Abs. 1 UrhG, der die Absicht des persönlichen Gebrauchs zum Zeitpunkt der Vervielfältigungshandlung fordert, eine unzulässige Vervielfältigung vor. 1017 Jedoch wollen Lampems und Sternberg-Lieben 1019 die Vorschriften über die tätige Reue (etwa: §§ 24, 83 a, 158, 264a Abs. 3,265 b Abs. 2, 306 e, 314a, 320, 330b StGB) analog anwenden, damit der Beschuldigte straffrei bleibt. Denn wenn derjenige Straffreiheit erlangt, der eine endgültige materielle Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes verhindert, so habe auch derjenige Straffreiheit verdient, dessen Verhalten sich letztlich wieder im Bereich des vom UrhG für zulässig erachteten Bereich bewegt.1020 Mich kann die Anwendung der Vorschriften über die tätige Reue nicht überzeugen. Sternberg-Lieben 1021 räumt selbst ein, dass die Regelungen über die tätige Reue Ausnahmevorschriften darstellen. Wie die Existenz dieser Spezialvorschriften zeigt, wirkt der Rücktritt vom vollendeten Delikt normalerweise nicht strafbefreiend. So wird auch der Dieb, der die Beute nach Vollendung des Diebstahls zurückbringt nicht straffrei 1022. Überdies halte ich die Anwendung der Vorschriften über die tätige Reue nicht für notwendig, da genügend prozessuale Mittel bereitstehen. So kann das Urheberstrafrecht in diesem Bereich von Bagatellkriminalität 1023 durch die Möglichkeit der Verfahrenseinstellung 1024 nach §§ 153, 153 a StPO bzw. 383 Abs. 2 StPO entlastet werden. 1025 1017

Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.66. Lampe, UFITA 83 (1978), S.31. 1019 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.66. 1020 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.66. 1021 Diese Überlegung findet sich bei Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.66. 1022 So auch: Tröndle/Fischer, §24 StGB Rn. 19, m.w.N. 1023 Ygi z u r entsprechenden materiellrechtlichen Lösung im österreichischen Recht: Walter,, FuR 1980, S.372 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.78f. 1024 y g i z u m Abschluss des Verfahrens: Kap. 7 A.X. 1018

1025

S. 12.

Ebenso: Sternberg-Lieben,

Musikdiebstahl, S.66; unentschieden: Lampe, GA 1978,

136

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Im umgekehrten Fall, wenn also der Beschuldigte zwar zum eigenen Gebrauch vervielfältigt, aber später den Entschluss zur nichtprivaten Verwertung fasst, will v. Gravenreuth 1026 auch wegen der Vervielfältigung bestrafen. So soll beim Verkauf von Videos, auf denen Filme aus dem Fernsehen aufgezeichnet sind, 1027 bereits die Aufnahme tatbestandsmäßig sein. Dem wird man nicht folgen können. Erforderlich ist im Strafrecht nämlich stets Vorsatz des Täters zum Zeitpunkt der Tat; nachträglicher Vorsatz, der sogenannte dolus subsequens ist nach allgemeiner Ansicht bedeutungslos1028. Es genügt für die Bestrafung demnach zwar, wenn der Täter die Vervielfältigung zwar zum privaten Gebrauch vornimmt und später diese Vervielfältigungsstücke verbreitet. 1029 Allerdings ist hier nicht die Vervielfältigung, sondern erst die Verbreitung strafbar. 1030 Abschließend ist zu erwähnen, dass die zweckwidrige Verwertung von Vervielfältigungsstücken, die aufgrund einer Schrankenbestimmung zulässigerweise hergestellt wurden, zur Strafbarkeit nach § 106 UrhG führt, sofern es sich nicht um bloßes Untätigbleiben1031 des Verantwortlichen handelt; auch der Erschöpfungsgrundsatzes1032 vermag hieran nichts zu ändern. 1033

V. Bedeutung der Schutzfrist Die dogmatische Einordnung der Schutzfrist bei § 106 Abs. 1 UrhG ist uneinheitlich: Manche wollen die Schutzfrist als einen „gesetzlich zugelassenen Fall" i. S. der §§ 106 ff. UrhG behandeln. Andere meinen, die „gesetzlich zugelassenen Fälle" seien nur die §§ 45 bis 61 UrhG 1034 ; bei der Schutzfrist handele es sich um ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 106 Abs. 1 UrhG. 1035 Die Notwendigkeit dieses Merkmals folge aus dem Wortlaut „ohne Einwilligung des Berechtigten" und der Tatsache, dass es nach Ablauf der Schutzfrist keinen Berechtigten mehr gibt. 1036 1026

v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 13 u. Der Kriminalist 1985, S.25. Dazu: Hentschel, Gema-Nachrichten, H. 119, S. 14. 1028 Tröndle/Fischer., § 15 StGB Rn.4, m.w.N. 1029 AG Stuttgart, Schulze, AGSt 3, 3 („Programmmitschnitt"); Ganter, S. 1480; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.236; Hentschel, Gema-Nachrichten, Η. 119, S.20; Lampe, GA 1978, S. 11 u. UFITA 83 (1978), S.31, Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.73f. 1030 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.66. 1031 Vgl. zum Unterlassen: Kap. 6 G. 1032 Vgl. zum Erschöpfungsgrundsatz: Kap.2 D.III.5. 1033 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.235. 1034 Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 1 b; Kircher, S.220. 1035 Kircher, S. 220; ähnlich: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 2; Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.2; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.2. 1036 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.2. 1027

E. Das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen"

137

Ich sehe keinen Grund, die Schutzfrist nicht als „gesetzlich zugelassenen Fall" zu behandeln. Für eine Einschränkung des Merkmals auf die Fälle der §§45 bis 61 UrhG besteht kein Anlass. Unterschiede ergeben sich ohnehin nicht. Die Dauer des urheberrechtlichen Schutzes ergibt sich aus §§64 ff. UrhG. 1037 Bei Handlungen kurz vor Ablauf der Schutzfrist kommt es darauf an, ob diese Handlungen selbst tatbestandsmäßig1038 sind. 1039 Wenn die strafbare Handlung noch während der Dauer des Urheberrechts vorgenommen wurde, ist es auf die Bestrafung des Täters ohne Einfluss, ob der Strafantrag 1040 noch innerhalb der Schutzfrist oder erst nach ihrem Ablauf gestellt wird und wann das Strafverfahren durchgeführt wird. 1041 Der Ablauf der urheberrechtlichen Schutzfrist ist ohne Einfluss auf den Lauf der strafprozessualen Verjährungsfristen. 1042 Diese beginnen bereits während der Schutzfrist zu laufen und werden andererseits durch das Ende des Urheberrechtsschutzes nicht abgekürzt; denn das Strafrecht knüpft stets an vergangene Sachverhalte an. 1043 Die Auswirkungen der Schutzfristverlängerung von 1934 1044 möchte ich hier nicht behandeln. Sie haben heute keine Bedeutung mehr und sind ausführlich von Weber 1045 dargestellt worden. Auch die Übernahme des UrhG auf dem Gebiet der ehemaligen DDR im Zuge der Wiedervereinigung wirft keine besonderen Fragen auf. Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG ist wegen des durch §§2 und 3 Ani. I zum EVertr gewährten Vertrauensschutzes nicht möglich.

VI. Bedeutung des Änderungsverbots (§ 62 UrhG) und der Pflicht zur Quellenangabe (§ 63 UrhG) Ein Verstoß gegen das Änderungsverbot des § 62 UrhG 1046 oder gegen die Pflicht zur Quellenangabe nach § 63 UrhG 1047 führt nach allgemeiner Ansicht trotz der Unzulässigkeit der Werknutzung nicht zur Strafbarkeit des Beschuldigten. Der Gesetz1037 So auch: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.285 u. Handwörterbuch, S.5. 1038 y g i z u d e n Tathandlungen: Kap.2 D. 1039

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 184. Vgl. zum Strafantrag Kap. 7 A.I. 1041 Diirwanger/Dempewolf, S.250; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 1 b; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 184. 1042 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 184. 1043 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 185. 1044 Gesetz vom 13.12.1934, RGBl. II 1934, S. 1395. 1045 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 179ff. 1046 Insofern: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 249, Fn. 393; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 10; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.248. 1047 Insofern: Hanser-Strecker, S. 166; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.249, Fn.393; Lampe, UFITA 83 (1978), S.33; Schricker-Dietz, Urheberrecht, §63 UrhG Rn.20; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.249. 1040

138

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

geber 1048 hat die entsprechenden Strafvorschriften des LUG und KUG bewusst nicht ins UrhG übernommen, da insofern die zivilrechtlichen Ansprüche ausreichen würden. 1049 Da § 62 Abs. 1 S. 2 UrhG überdies § 39 UrhG für anwendbar erklärt, § 39 Abs. 2 UrhG aber in bestimmten Fällen auf Treu und Glauben verweist, hängt die Zulässigkeit im Wesentlichen von Ermessensfragen ab. Mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG eignet sich § 62UrhG deswegen nicht für eine Pönalisierung. 1050 Im Hinblick auf § 63 UrhG wird gar vertreten 1051, dass ein Verstoß die Rechtmäßigkeit der Verwertung insgesamt unberührt lasse. Auch umschreibt § 63 UrhG die Pflicht zur Quellenangabe mit recht unscharfen Wendungen; insbesondere die Wendung „wenn und soweit es die Verkehrssitte erfordert" ist nur wenig bestimmt, so dass es verfehlt wäre, daran pauschal eine Strafvorschrift anzuknüpfen. 1052 Am Rande sei bemerkt, dass Weber 1053 im Hinblick auf § 62 UrhG die Gegenansicht für vertretbar hält. Wegen der zivilrechtlichen Unzulässigkeit einer Werknutzung unter Verstoß gegen das Änderungsverbot des § 62 UrhG könne nämlich auch § 106 UrhG eingreifen. Für diese Auslegung spreche zudem, dass ein stärkerer Schutz von Urheberpersönlichkeitsrechten durch das Strafrecht wünschenswert sei.

VII. Problem der Zwangslizenz (§ 61 UrhG) Um einen gesetzlich zugelassenen Fall i. S. v. § 106 Abs. 1 UrhG handelt es sich bei der Zwangslizenz nach § 61 UrhG nicht. 1054 Denn die Zwangslizenz bewirkt, anders als die §§45 bis 60 UrhG, keine automatische Einschränkung der urheberrechtlichen Nutzungsrechte. 1055 Eine tatbestandsmäßige und rechtswidrige Vervielfältigung und Verbreitung i. S. v. § 106 UrhG liegt also immer dann vor, wenn nicht zuvor die Einwilligung des Berechtigten eingeholt wurde. 1056 Weber 1057 macht darauf aufmerksam, dass sich der Gesetzgeber1058 bewusst für diese Lösung entschieden hat. 1048

BT-Drucks. IV/270, S. 107. Lampe, UFITA 83 (1978), S.33; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 10; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.248f. u. S.421. 1050 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.248. 1051 So: Hanser-Strecker, S. 166; differenzierend: Schricker-Dietz, Urheberrecht, §63 UrhG Rn.20f.; a. Α.: Fromm/N ordemann-Vinck, §51 UrhG Rn.5. 1052 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.249. 1053 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.247 f. 1054 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 10. 1055 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 129, Fn. 106; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.67; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.246. 1056 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.249, Fn.393; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 10; Spautz, FuR 1978, S.99; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.67; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.246. 1057 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.246. 1049

E. Das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen"

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Allerdings wird man bei der Strafzumessung 1059 zu Gunsten des Täters berücksichtigen müssen, wenn diesem ein schuldrechtlicher Anspruch auf Zustimmung zur Verwertung des Werks zugestanden hat. 1060

V I I I . Probleme im Zusammenhang mit gesetzlich angeordneten Ansprüchen des Berechtigten gegen den Verwerter An dieser Stelle soll nur auf gesetzlich angeordnete Ansprüchen des Berechtigten gegen den Verwerter eingegangen werden. Auf Probleme im Zusammenhang mit Ansprüchen des Verwerters gegen den Berechtigten und mit bedingter und beschränkter Rechtseinräumung möchte ich erst unten 1061 zurückkommen. Nach allgemeiner Ansicht 1062 sind obligatorische Ansprüche nicht durch die strafrechtlichen Vorschriften der §§ 106 ff. UrhG geschützt. Die Nichtzahlung gesetzlich angeordneter Vergütungsansprüche führt also nicht zum Aufleben des strafrechtlichen Schutzes.1063 Dies folgt daraus, dass § 106 Abs. 1 UrhG lediglich bestimmte Tathandlungen nennt: die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe; diese Verwertungshandlungen bleiben jedoch selbst dann zulässig, wenn der Beschuldigte schuldrechtliche Ansprüche gegenüber dem Berechtigten nicht erfüllt. 1064 Die Rechtslage ähnelt insofern derjenigen beim Änderungsverbot und der Pflicht zur Quellenangabe nach §§62, 63 UrhG 1065 ; dort aber hat der Gesetzgeber1066 ausdrücklich auf eine Pönalisierung verzichtet. Im Ergebnis also ist die Nichterfüllung von Vergütungsansprüchen - etwa von § 27 1067 , § 52 1068 , § 54 oder § 137 e Abs. 2 UrhG nicht strafbewehrt. 1058

Anders noch: BT-Drucks. IV/270, §64u. S.77; vgl. auch: Möhring/Nicolini-Nicolini, § 61 UrhG Anm. 1 a, m. w. N. 1059 Vgl. zur Strafzumessung: Kap.7 B.I. 1060 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.246f. 1061 y g i z u Problemen im Zusammenhang mit einem Anspruch des Verwerters auf Einwilligung: Kap.2 F. VII; zu Problemen im Zusammenhang mit bedingter oder beschränkter Rechtseinräumung: Kap. 2 F. VII. 1062 Eiding, S. 120 u. [zu § 108 UrhG] S. 126; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 Rn. 1 u. §108 UrhG Rn.2. 1063 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 175 f.; Lauer, S. 54; Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 8f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 109; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 Rn. 1; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 188. 1064 Ähnlich: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.63; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 188 u. S.214f. 1065 Vgl. dazu: Kap. 2 E. VI. 1066 BT-Drucks. IV/270, S. 107. 1067 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.63; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.214f. 1068 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.242.

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

IX. Verfassungsmäßigkeit Die Schrankenbestimmungen erscheinen in zweierlei Hinsicht verfassungsrechtlich bedenklich: Zum einen verwenden viele der Bestimmungen unbestimmte Begriffe ( l ) 1 0 6 9 , zum anderen ist ein Verstoß bestimmter Ausnahmebestimmungen gegen den Gleichheitssatz denkbar (2) 1070 .

1. Bestimmtheit der Schrankenbestimmungen Die Frage nach der Bestimmtheit der Einbeziehung der Schrankenbestimmungen in § 106 Abs. 1 UrhG kann unter zwei Gesichtspunkten gesehen werden. Zum einen geht es darum, ob in § 106 Abs. 1 UrhG in ausreichend bestimmter Weise auf die Notwendigkeit der Einbeziehung der §§45 ff. UrhG hingewiesen wird; zum anderen kann es einzelnen Schrankenbestimmungen selbst an Bestimmtheit mangeln. Zur Bestimmtheit der Einbeziehung in § 106 Abs. 1 UrhG hat Lauer Stellung genommen. Zwar sei bei Blankettmerkmalen 1071 wie den „gesetzlich zugelassenen Fällen" die ausdrückliche Erwähnung der Ausfüllungsnorm mit präziser Rechtsquellenangabe Grundvoraussetzung für die Bestimmtheit.1072 Das Problem stelle sich im Urheberrecht aber weniger, da auf Vorschriften des gleichen Gesetzes und damit der gleichen Rechtsqualität verwiesen wird. 1073 Im Ergebnis hält Lauer den Hinweis auf die „gesetzlich zugelassenen Fälle" wohl für hinreichend bestimmt. Ich möchte dem allein schon deswegen zustimmen, weil die Schrankenbestimmungen regelmäßig zu Gunsten des Täters wirken, so dass derjenige, der die Schrankenbestimmungen nicht beachtet, stets zur Unzulässigkeit der Verwertung kommen müsste. Zum Problemkreis der Bestimmtheit einzelner Schrankenbestimmungen hat sich Weber 1074 geäußert und auf die Unscharfe einer Reihe von Begriffen in den Schrankenbestimmungen hingewiesen. Als Beispiele nennt er den Begriff „einzelne Vervielfältigungsstücke" in §§ 45, 47 und 53 UrhG, die Begriffe „Teile von Werken, Sprachwerke oder Werke der Musik von geringem Umfang", sowie „einzelne Werke" in § 46 Abs. 1 UrhG und den Begriff „geboten" in § 53 Abs. 2 UrhG. Im Ergebnis bejaht Weber 1075 die Bestimmtheit der Schrankenvorschriften, ohne dies jedoch zu begründen. In der Tat dürften die meisten der in den Schrankenbestimmungen verwendeten Begriffe inzwischen durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt sein, so dass im 1069

Vgl. zur Bestimmtheit der Schrankenbestimmungen: Kap. 2 E.IX. 1. 1070 v g l z u m Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz: S.O. 1071 1072 1073 1074 1075

Vgl. zum Blankettcharakter: Kap. 6 D. II. 2. c. Lauer, S.76 f. Lauer, S.42. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 236ff. u. S.431. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.257 u. S.431.

E. Das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen"

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Einzelfall das Ergebnis gerichtlicher Entscheidung vorherzusehen ist. Sollte dies jedoch ausnahmsweise nicht der Fall sein, muss § 106 Abs. 1 UrhG in Verbindung mit der betroffenen Schrankenbestimmung unter Anwendung der Grundsätze des BVerfG 1076 verfassungskonform ausgelegt werden. Eine solche einschränkende Auslegung ist immer dann erforderlich, wenn (1) eine Schrankenbestimmung eng und damit § 106 Abs. 1 UrhG weit ausgelegt wird, wenn (2) dies dem Gericht erhebliche Entscheidungsspielräume eröffnet, so dass Willkür der Entscheidung nicht ausgeschlossen werden kann, und wenn (3) die Entscheidung im Einzelfall nicht vorhersehbar ist. Sollten diese Voraussetzungen gegeben sein, können die Strafverfolgungsbehörden allenfalls nach §§ 154d, 262 Abs. 2 StPO verfahren; eine Bestrafung ist ausgeschlossen bis die Rechtslage im betreffenden Bereich durch höchstrichterliche Entscheidung aus dem Urheberzivilrecht geklärt und eine Bestrafung im konkreten Fall vorhersehbar ist.

2. Verfassungsmäßigkeit der Ausnahmebestimmungen insbesondere für Noten, Datenbankwerke und Computerprogramme Verfassungsrechtlich problematisch sind auch diejenigen Vorschriften, die in Abweichung vom allgemeinen Grundsatz des § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG die Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch einschränken oder verbieten. Betroffen sind neben den Fällen der Abs. 4 bis 8 des § 53 UrhG vor allem die Ausnahmevorschriften für Computerprogramme. Wegen des geringen Unrechtsgehalts einer solchen Tat ist zunächst an Art. 2 Abs. 2 GG i. V. m. dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu denken. Ich meine insofern, einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Anwendung der Grundsätze des BVerfG 1077 verneinen zu müssen. Zwar wird in Fällen, in denen der Täter die Vervielfältigung ausschließlich zum eigenen Gebrauch i. S. v. § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG vorgenommen hat, regelmäßig eine Verfahrenseinstellung geboten sein. Andererseits liegt gerade mit Blick auf diese verfahrensrechtlichen Möglichkeiten kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor. Zu denken ist aber auch an einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Obwohl das Strafrecht stets in Grundrechte des Betroffenen eingreift und somit - anders als im Zivilrecht - ein strenger Prüfungsmaßstab Anwendung findet 1078, ist die gleichheitsrechtliche Rechtsprechung des BVerfG zum Strafrecht von äußerster Zurückhaltung geprägt 1079. Nach Ansicht des BVerfG 1080 verbietet der Gleichheitssatz, wesentlich Gleiches ungleich, und gebietet, wesentlich Un1076 1077 1078 1079 1080

BVerfGE 92, 1, 17f.; vgl. dazu ausführlich: Kap.2 C.1.8.b. BVerfGE 90, 145, 188 f. Jarass/Pieroth-Pieroth, Art. 3 Rn. 16. So auch: Sachs-Osterloh, Art. 3 GG Rn. 213, m. w. N. BVerfGE 90, 145, 195 f.

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

gleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln. Dabei sei es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will. Der Gesetzgeber müsse allerdings seine Auswahl sachgerecht treffen. Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lasse sich nicht abstrakt oder allgemein feststellen, sondern nur stets in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs, der geregelt werden soll. Ich möchte im folgenden die verschiedenen Ausnahmebestimmungen einzeln untersuchen, inwieweit die dort vorgenommene Abweichung zur allgemeinen Regel des § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG bundesverfassungsgerichtlichen Ansprüchen genügt, sich diese also als sachlich vertretbar oder sachfremd darstellt. Zur Rechtfertigung der Ausnahmebestimmung bei Musiknoten (§ 53 Abs. 4 lit. a UrhG) wird vorgetragen, die Praxis der Chöre, Gesangsvereine und anderer Musikgruppen erfordere die spezielle Regelung; denn das benötigte Notenmaterial würde andernfalls nicht mehr in der erforderlichen Zahl erworben, sondern lediglich kopiert. 1081 Der bereits eingesetzte Umsatzrückgang bei Notenverlagen habe die Gefahr geborgen, dass die im öffentlichen Interesse liegende Bereitstellung von Noten nicht mehr gewährleistet ist. 1082 Ferner sei die Herstellung von Notensätzen sehr teuer 1083. Zur Rechtfertigung des Verbots der Vervielfältigung ganzer Bücher und Zeitschriften (§53 Abs. Abs. 4 lit. b UrhG) wird ausgeführt, das Angebot an Primärliteratur werde durch Kopien ernsthaft gefährdet. Denn steigende Buch- und Zeitschriftenpreise einerseits und sinkende Kopierkosten sowie vereinfachte Kopiermöglichkeiten andererseits machten das Kopieren immer attraktiver. 1084 Der Sonderschutz für Datenbankwerke (§ 53 Abs. Abs. 5 UrhG) wurde vom Gesetzgeber in keiner Weise begründet. Die amtliche Begründung führt insofern lediglich aus, der Schutz gehe sogar über die umzusetzende Richtlinie 1085 hinaus; damit solle der Schutz des Urhebers elektronischer Datenbanken erweitert werden. 1086 Ich habe meine Zweifel, ob diese Begründungen überzeugen können. Denn im Falle der Musiknoten ist die Aufführung von Musikwerken aus unzulässig kopierten Noten wegen § 53 Abs. 6 UrhG ohnehin nicht möglich. Auch richten sich keineswegs alle Noten an Ensembles, so dass das gesetzgeberische Argument nicht über1081 BT-Drucks. 10/837, S. 17; BT-Drucks. 10/3360, S. 19; Flechsig, NJW 1985, S. 1994; K. Günther, S.22; Hillig, UFITA Bd. 102 (1986), S. 19; Schricker-Loewenheim., Urheberrecht, § 53 UrhG Rn. 44; Stroh, S. 47 f. 1082 BT-Drucks. 10/837, S. 17; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §53 UrhG Rn. 44; Stroh, S.48. 1083 BT-Drucks. 10/837, S. 17; BT-Drucks. 10/3360, S. 19. 1084 BT-Drucks. 10/837, S. 17; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §53 UrhG Rn. 47. 1085 Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken, ABl. Nr. L 77 v. 27.3.1996, S. 20, abgedruckt in GRU 1 Int. 1996, 806. 1086 BT-Drucks. 13/7385, S.44, i.V.m. BT-Drucks. 13/7934, S.43.

E. Das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen"

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zeugt. Schließlich ist die Herstellung von Noten heutzutage mit Hilfe von EDV weder teurer, noch aufwändiger als die Herstellung anderer Verlagsprodukte. Im Falle der Vervielfältigung ganzer Bücher und Zeitschriften ist nicht recht einzusehen, warum gerade die Vervielfältigung ganzer Werke, nicht dagegen Teilvervielfältigungen, das Angebot an Primärliteratur gefährden soll. Warum schließlich die Vervielfältigung von Datenbankwerken zum eigenen Gebrauch eingeschränkt werden muss, ist überhaupt nicht ersichtlich. Auch wenn mich die Argumente, die zu Gunsten einer Differenzierung vorgetragen werden, kaum überzeugen können, meine ich doch, dass sich die vorgenannten Ausnahmebestimmungen rechtfertigen lassen. Ein besonderer urheberrechtlicher Schutz der vorgenannten Werkarten wird nämlich deswegen notwendig, weil der Gesetzgeber an anderer Stelle ohnehin in den Markt eingegriffen hat. Denn alle erwähnten Fallgruppen unterfallen der gleichfalls bedenklichen1087 Vorschrift des § 15GWB, die Preisbindungen bei Verlagserzeugnissen zulässt. Eine marktorientierte Preisregulierung findet in diesen Bereichen kaum statt, so dass der Anreiz, geschützte Werke zu kopieren, stärker ist. Da § 15 GWB nach der Rechtsprechung des BGH 1 0 8 8 auch CD-ROMs erfasst, gilt dies auch für eine Vielzahl von Datenbankwerken. In der Existenz der kartellrechtlichen Ausnahmevorschrift zur Zulässigkeit der Preisbindung für Verlagsprodukte wird man gegenwärtig einen sachlich vertretbaren Grund sehen müssen, auch im Urheberrecht zu differenzieren. Sollte aber die Preisbindung in Deutschland - etwa durch Initiative der EG - in absehbarer Zeit fallen, dann entfällt meines Erachtens auch im Urheberrecht die Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung. Im Falle der Ausnahmevorschriften des § 53 Abs. 7 UrhG sehe ich hingegen einen offensichtlichen sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung. Denn zum einen wird in dieser Fallgruppe die Vervielfältigung in der Öffentlichkeit vorgenommen 1089 , zum anderen sind persönlichkeitsrechtliche Elemente betroffen. Am problematischsten erscheint mir die Sonderregelung für Computerprogramme 1090 . Diese wurde damit gerechtfertigt, dass Computerprogramme eine erhöhte Anfälligkeit für unzulässige Vervielfältigung hätten, weil der technische Vorgang besonders einfach und preisgünstig sei. 1091 Zudem sollte der Bildung eines entsprechenden Marktes für Raubkopien durch das generelle Verbot vorgebeugt werden. 1092 Ferner erfordere die Produktion von Computerprogrammen einen hohen Entwick1087

Vgl. nur: v. Emmerich, § 14, la. BGHZ 135, 74, 78 ff. („CD-ROM"). 1089 Vgl.: Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §53 UrhG Rn.53, m. w.N. 1090 Ähnlich: Bauer, S.9; Bornmüller, S. 17f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 254ff. u. JZ 1994, S.939; Müller-Gugenberger, §45 Rn.95; Röttinger, IuR 1986, S. 16 u. IuR 1987, S.273, Fn.51. 1091 BT-Drucks. 10/3360, S. 19. 1092 BT-Drucks. 10/3360, S. 19. 1088

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

lungsaufwand 1093. Überdies stehe die Aufhebung der Sondervorschrift im Widerspruch zu Verpflichtungen in mehreren internationalen Abkommen. 1094 Dem wird zu Recht entgegengehalten, dass die Entwicklungskosten für Computerprogramme bei weitem nicht mehr so hoch sind wie in der Anfangsphase. 1095 Jedenfalls die ganz überwiegende Zahl der Computerprogramme hat keinen erheblich höheren Wert als andere Werke. 1096 Auch im Übrigen heben sich Computerprogramme nicht gegenüber anderen urheberrechtlich geschützten Werken hervor. 1097 So ist etwa das Kopieren von Filmen oder Musikstücken in gleicher Weise möglich wie das Kopieren von Computerprogrammen 1098. Warum das Verbot des privaten Kopierens von Computerprogrammen der Entstehung eines entsprechenden Marktes vorbeugen soll, leuchtet mir nicht ein; eher das Gegenteil scheint der Fall zu sein, weil durch das weit reichende Verbot Anwendern im Hinblick auf das private Kopieren das Unrechtsbewusstsein verloren gegangen ist und die kriminalisierten Bevölkerungsteile 1099 bereitwilliger auf einen entsprechenden Markt zurückgreifen. Auch verpflichten die genannten internationalen Abkommen nicht zum strafrechtlichen Schutz 1100 ; insbesondere die EG Richtlinie für den Schutz von Computerprogrammen 1101 verbietet im Art. 7 nur Inverkehrbringen und Besitz einer Kopie für Erwerbszwecke. Schließlich lässt sich das Verbot nicht damit rechtfertigen, dass Computerprogramme verlustfrei kopiert werden können; 1102 denn dies ist auch bei anderen digitalisierten Werken möglich. Im Ergebnis fehlt es im Hinblick auf das Verbot der Vervielfältigung von Computerprogrammen zum eigenen Gebrauch an einem sachlich vertretbaren Grund zur Ungleichbehandlung gegenüber § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG. Die Ungleichbehandlung beruht vielmehr auf sachfremden Motiven und bevorzugt die Softwareindustrie in nicht nachvollziehbarer Weise. Nicht zuletzt belegen dies eindrucksvoll Umsatzund Zuwachszahlen dieses Industriezweiges. Jedenfalls im Urheberstrafrecht ist deswegen die Sonderregelung der §§ 69c und d UrhG, die die Anwendung des § 53 UrhG ausschalten, verfassungswidrig. Ob dies auch für das Zivilrecht gilt, kann offen bleiben. Möglicherweise sind die Vorschriften dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass sie lediglich im Strafrecht keine Anwendung finden. Jeden1093

BT-Drucks. 10/3360, S. 19. Ausführlicher: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.259f. 1095 Heinrich, S.258; Weber, Wesen, S.68. 1096 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 346. 1097 Bornmüller, S. 17f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.254ff. u. S.346f.; Müller-Gugenberger, §45 Rn.95. 1098 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.346f. 1099 So auch: Müller-Gugenberger, §45 Rn.95; ähnlich: Beermann, S.613. 1100 Franzheim, CR 1993, S. 103. 1,01 Richtlinie des Rates vom 14.5.1991, Amtsblatt der EG Nr. L 122/43 vom 17.5.1991, Art. 7. 1102 Vgl. hierzu: Enquete Kommission, S.29f. 1094

F. Nichtberechtigung („ohne Einwilligung des Berechtigten")

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falls muss es im Ergebnis unabhängig von der dogmatischen Konstruktion im Urheberstrafrecht bei der Geltung des § 53 UrhG bleiben.

F. Nichtberechtigung („ohne Einwilligung des Berechtigten") Nach der Klärung dogmatischer Grundfragen (I) 1 1 0 3 möchte ich erläutern, warum die Frage der Nichtberechtigung des Beschuldigten als Tatbestandsmerkmal eingeordnet werden sollte (II) 1 1 0 4 . Danach möchte ich das Problem der Rückwirkung der Einwilligung (III) 1 1 0 5 sowie Probleme im Zusammenhang mit schwebend unwirksamen Verträgen, insbesondere mit Beteiligung Minderjähriger (IV), 1 , 0 6 und mit anfechtbaren Verträgen (V) 1 1 0 7 erörtern. Im Anschluss wird untersucht, wer im Einzelfall, insbesondere bei Beteiligung mehrerer Personen, als Berechtigter anzusehen ist (VI) 1 1 0 8 . Ferner sollen Probleme im Zusammenhang mit Ansprüchen des Verwerters auf Einwilligung (VII) 1 1 0 9 und mit bedingter oder beschränkter Rechtseinräumung (VIII) 1 1 1 0 zur Sprache kommen. Schließlich ist die Verfassungsmäßigkeit des Tatbestandsmerkmals zu prüfen (IX) 1 1 1 1 .

I. Dogmatische Grundfragen Über die dogmatische Einordnung des Merkmals „ohne Einwilligung des Berechtigten" im Urheberstrafrecht herrscht Unklarheit. Da die Frage der Einordnung nicht nur theoretischer Natur ist, sondern unterschiedliche Antworten zu verschiedenen Ergebnissen führen, sei ausführlicher auf die Problematik eingegangen. Zum Teil wird ausgeführt, das Merkmals „ohne Einwilligung des Berechtigten" werfe im Urheberstrafrecht keine Besonderheiten auf; Voraussetzung und Folgen richteten sich nach allgemeinem Strafrecht. 1112 In der Regel werde diese Einwilligung durch eine zivilrechtliche Einräumung eines entsprechenden Nutzungsrechts 1103

Zu den dogmatischen Grundfragen: Kap.2 F.I. 1104 Zur Einordnung als Tatbestandsmerkmal: Kap.2 F.II. 1.05

Zur Rückwirkung der Einwilligung: Kap.2 F.III. Zu Problemen im Zusammenhang mit Minderjährigen: Kap.2 F.IV. 1107 Zu Problemen im Zusammenhang mit anfechtbaren Verträgen: Kap.2 F. V. 1108 Zur Person des Berechtigten: Kap.2 F. VI. 1109 Zu Problemen im Zusammenhang mit Ansprüchen des Verwerters auf Einwilligung: Kap. 2 F. VII. 1110 Zu Problemen im Zusammenhang mit bedingter oder beschränkter Rechtseinräumung: Kap. 2 F. VIII. 1111 Zur Verfassungsmäßigkeit des Tatbestandsmerkmals: S.O. 1112 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.260; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11. 1.06

10 Hildebrandt

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

nach §§ 3Iff. UrhG erteilt 1113 ; aber auch Vereinbarungen auf andere Weise seien denkbar 1114. Weber 1115 führt dazu aus, es sei dabei häufig so, dass der Urheber den ausschließlich Nutzungsberechtigten ermächtige, auch für ihn die Einwilligung in die Verwertungshandlung zu erteilen; davon gehe das UrhG in § 35 Abs. 1 S. 2 UrhG in den Fällen aus, in denen das ausschließliche Nutzungsrecht zur Wahrnehmung übertragen werde; soweit dies gegenüber einer Verwertungsgesellschaft geschehe, bestehe nach § 11 UrhWG sogar ein Abschlusszwang der Verwertungsgesellschaft mit Dritten. Gerade weil die Einwilligung in der Regel durch eine zivilrechtliche Einräumung eines entsprechenden Nutzungsrechts erteilt wird, meinen andere 1116, die Einwilligung knüpfe an Vorschriften des Urheberzivilrechts und des allgemeinen bürgerlichen Rechts an. Dies beruht auf einer These, die Lenckner 1117 allgemein für den strafrechtlichen Schutz von Vermögensrechten aufgestellt hat. Danach müsse die Wirksamkeit der Einwilligung in die Verletzung von Vermögensrechten auch für das Strafrecht nach den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts beurteilt werden. Weber 1118 weist auf eine Reihe von Konsequenzen dieser Ansicht für das Urheberstrafrecht hin: Könnte strafrechtlich anders eingewilligt werden als auf dem Weg über die §§ 31 ff. UrhG, so habe dies zur Folge, dass die Rechtmäßigkeit der Werkverwertung zivilrechtlich anders zu beurteilen sei als strafrechtlich. Dies folge daraus, dass für die strafrechtliche Einwilligung andere Regeln gelten als für den zivilrechtlichen Lizenzvertrag, bei dem auch die - teilweise zwingenden - Regeln der §§ 31 ff. UrhG beachtet werden müssten. Der Gesetzgeber1119 habe die Einräumung von Nutzungsrechten nach den §§ 31 ff. UrhG als einzig möglichen Weg betrachtet, einem Dritten die wirtschaftliche Verwertung eines Werks zu ermöglichen. Die Regelung sei insofern vergleichbar den §§ 929ff. bzw. 873, 925 und erst recht §§ 1032i. V. m. 929ff. bzw. 1030 i. V. m. 873 BGB. Mit Blick auf das Erfordernis der Einheit der Rechtsordnung könne eine Auseinanderentwicklung von Strafrecht und Zivilrecht nicht hingenommen werden. Ohne eine Berücksichtigung der zivilrechtlichen Regeln komme es aber in mehreren Bereichen zu einer unterschiedlichen Behandlung: Während es etwa für die strafrechtliche Einwilligung lediglich auf die natürliche Einsichtsfähigkeit des 1113

Eiding, S. 138; Haß, Rechtsschutz, Rn.72; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.260; SchrickerHaß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11 ; Schulze-Heiming, S. 154; Weber, Handwörterbuch, S. 6. 1114 Haß, Rechtsschutz, Rn.72; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.260; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11. 11,5 Ausführlicher: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.271f. 1,16 Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn. 5; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 3; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.285; ähnlich: Müller-Gugenberger, §45 Rn. 107. 1117 Lenckner, S.456; Schönke/Schröder-Lenckner, vor §32 StGB Rn.39; auch: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.274. 1118 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 273 ff. 1119 BT-Drucks. IV/270, S. 55 f.

F. Nichtberechtigung („ohne Einwilligung des Berechtigten")

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Rechtsgutsinhabers ankomme1120, müssten bei einem Lizenzvertrag auch die Regeln über die Geschäftsfähigkeit (§§ 104ff. BGB), über Willenserklärungen, Verträge und Stellvertretung beachtet werden. Überdies dürften im Urheberrecht die §§31 Abs. 4 oder 40 Abs. 1 S. 1 UrhG nicht ausgehebelt werden. Die Auswirkungen der Sittenwidrigkeit eines Lizenzvertrags auf die strafrechtliche Einwilligung dürften allein nach den Regeln des Zivilrechts (§ 138 BGB), nicht aber mittels analoger Anwendung des § 228 StGB 1121 , beurteilt werden. Hinsichtlich der Widerruflichkeit ergebe sich eine Diskrepanz zwischen zivil- und strafrechtlicher Lage; während die strafrechtliche Einwilligung bis zur Tat grundsätzlich frei widerruflich sei 1122 , könne der Nutzungsvertrag nur unter engen Voraussetzungen - nämlich wegen Nichtausübung durch den Erwerber der Nutzungsrechte (§41 UrhG), wegen gewandelter Überzeugung des Urhebers (§42 UrhG) und wegen anderer zivilrechtlicher Möglichkeiten der Vertragsauflösung - widerrufen werden; auch im Strafrecht müsse der Urheber durch diese Regeln beschränkt sein. Die vorstehende These Lenckners wird weder vom BGH 1 1 2 3 geteilt, noch ist sie in der Literatur 1124 auf Zustimmung gestoßen. Vor allem wird insofern zu Recht vorgetragen, auch der Minderjährige könne wirksam einwilligen; es komme nur auf die natürliche Einsichtsfähigkeit an. 1125 Ich möchte dem zufügen, dass bei der Frage der Strafbarkeit eine andere Risikoverteilung gelten muss als im Zivilrecht; während nämlich die pauschale Regelung der §§ 104 ff. BGB dem Geschäftspartner des Minderjährigen vollständig das Risiko der beschränkten Geschäftsfähigkeit zuweist, wird man im Strafrecht einen anderen Maßstab finden müssen. Ferner erfolgt die Einwilligung zwar in der Regel durch die Einräumung von Nutzungsrechten nach §§ 31 ff. UrhG 1126 ; andererseits ist aber auch ein bloßer Verzicht auf die Rechtsdurchsetzung möglich. So führt Zahrnt 1121 zu Computerprogrammen aus, es müssten nicht zwangsläufig Nutzungsrechte eingeräumt werden, sondern es könne ebenso lediglich auf die Geltendmachung von Abwehrrechten verzichtet werden. Schließlich wurde an anderer Stelle bereits darauf hingewiesen, Zivil- und Strafrecht könnten durchaus auseinander fallen; der Gedanke der Einheit der Rechtsord1120

So die h. M.: BGHSt 12, 379, 382; Baumann/Webe r/Mitsch, § 17 Rn. 103; Göbel, S. 75 ff.; Welzel, Das deutsche Strafrecht, S. 96; Wessels/Beulke, Rn. 374, m. w. N. 1121 Dagegen auch: Baumann/Weber/Mitsch, § 17 Rn. 112; Wessels/Beulke, Rn. 377. 1122 Vgl. insofern auch: Roxin, Strafrecht, § 13 Rn.50; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.276; Welzel, Das deutsche Strafrecht, S.96. 1,23 BGHSt 12, 379, 382. 1124 Blei, Strafrecht I, S. 135; Lesch, NJW 1989, S.2310; Maurach/Zipf, § 17 Rn.57; Roxin, Strafrecht, § 13 Rn.61; Schmidhäuser, 8/143; differenzierend: Kothe, S. 105 ff. 1125 BGHSt 12, 379, 382; Blei, Strafrecht I, S. 135; Lesch, NJW 1989, S.2310; Roxin, Strafrecht, § 13 Rn.61; Schmidhäuser, 8/134. 1126 Eiding, S. 138; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11; Schulze-Heiming, S. 154; Weber, Handwörterbuch, S.6. 1127 Zahrnt, S.458. 10*

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

nung muss nicht dazu führen, alle Unterschiede zwischen den jeweils verschiedenen Aufgaben von Zivil- und Strafrecht einzuebnen.1128 Ich meine, dass die genannten Ansichten zwei verschiedene Problemkreise vermischen, die besser zu trennen wären. Dem zutreffenden Ansatz nähern sich Kircher und Rochlitz, ohne jedoch weitere Konsequenzen aus ihrer Einsicht zu ziehen: Kircher 1129 nämlich weist darauf hin, die Einwilligung dürfe nicht mit der vertragsmäßigen Einräumung eines Eingriffsrechts verwechselt werden. Wer ein Werk oder eine geschützte Leistung in Ausübung eines ihm eingeräumten Nutzungsrechts verwertet, sei selbst Berechtigter und begehe keine Rechtsgutsverletzung. Insofern enthielten die §§ 106, 108 UrhG ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal im Sinne einer Einschränkung des Täterkreises. Tauglicher Täter könne nicht sein, wer in Ausübung eines Rechts an dem Werk oder der geschützten Leistung handelt. Laut Rochlitz U3° sollen sich die Möglichkeiten einzuwilligen danach richten, inwieweit das Rechtsgut disponibel ist. Ein solcher „Rechtsgutsverzicht" sei insbesondere bei den Leistungsschutzrechten möglich und durch den Gesetzgeber - etwa in § 78 UrhG - ausdrücklich geregelt. Ein derartiger „Rechtsgutsverzicht" sei im Urheberrecht gerade die Grundlage der Verwertung der Rechte. Streng genommen handele es sich bei der Einwilligung nicht um einen Verzicht auf das Rechtsgut, sondern um eine Einräumung oder Übertragung des Rechts. Im Hinblick auf § 108 UrhG meint Rochlitz, aus der dortigen Formulierung „entgegen den §§[...]" folge, dass eine Verwertung durch den Rechtsinhaber nicht unter die Vorschrift fallen könne. Ich bin der Auffassung, bereits aus der Formulierung „ohne Einwilligung des Berechtigten" folgt, dass der Berechtigte nicht tatbestandsmäßig handeln kann. Der Berechtigte ist aber gerade nicht nur der Urheber oder sein Erbe, sondern auch der Inhaber eines nach §§ 31 ff. UrhG eingeräumten Nutzungsrechts. 1131 Dieser aber ist ohnehin berechtigt, das Werk zu nutzen. Die Rechte der §§ 15 ff. UrhG stehen ihm zu. Gerade dieser Berechtigte soll durch die Vorschrift des § 106 Abs. 1 UrhG geschützt werden. Er muss deswegen von vornherein als möglicher Täter ausscheiden. Seine Stellung ähnelt insofern derjenigen des Inhabers des Hausrechts 1132 beim Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) oder des Eigentümers beim Diebstahl (§ 242 StGB). Ebenso wie diese Personen nicht Täter der genannten Delikte sein können, kann sich der Inhaber der entsprechenden Verwertungsrechte nicht nach § 106 Abs. 1 UrhG strafbar machen. Wenn der jeweilige Inhaber des Nutzungsrechts aber ohnehin zur Verwertung des Werks berechtigt ist und aus dem Täterkreis ausscheidet, muss die Formulierung „ohne Einwilligung des Berechtigten" in § 106 Abs. 1 UrhG eine andere Bedeutung 1128 1129 1130 1131 1132

So: Haß, Rechtsschutz, Rn.70. Kircher, S. 164. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 134f. u. S. 137. So auch: Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.4; Rupp, ZUM 1986, S. 15. Dazu: Engeln, S. 102ff.

F. Nichtberechtigung („ohne Einwilligung des Berechtigten")

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haben als den bloßen Hinweis auf §§ 31 ff. UrhG. Denn vom Berechtigten zu fordern, in seine eigene Werkverwertung einzuwilligen, wäre absurd. Ich möchte in dem Merkmal deswegen einen Hinweis darauf sehen, dass zusätzlich zu den Fragen der zivilrechtlichen Berechtigung auch geprüft werden muss, ob eine Einwilligung im strafrechtlichen Sinne vorliegt. Zudem ist eine solche über das Zivilrecht hinausgehende Einschränkung des strafrechtlichen Schutzes sinnvoll, da der Berechtigte ohnehin durch das Zivilrecht geschützt ist. Dem Beschuldigten aber soll im Strafrecht das Risiko der Wirksamkeit des Lizenzvertrags nicht aufgebürdet werden; er muss in wenigen, besonders gelagerten Fällen vor den Folgen des Zivilrechts, das ja nicht auf Bestrafung des Rechtsverletzers, sondern auf Unterlassung, Wiedergutmachung oder Schadensersatz abzielt, geschützt werden. Das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten" in § 106 Abs. 1 UrhG hat also eine Doppelfunktion 1133 - ähnlich dem Merkmal „unbefugt" in einer Reihe von Tatbeständen des StGB 1134 . Zum einen soll geprüft werden, ob der Beschuldigte zur Verwertung des Werks berechtigt ist; denn der Berechtigte kann nicht Täter sein. Zum anderen soll auf die Möglichkeit einer Einwilligung hingewiesen werden, die den allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen folgt. Zur besseren Abgrenzung schlage ich vor, die erste Funktion „Nichtberechtigung" zu nenne, die zweite dagegen „Einwilligung". Die zweite Funktion wird man unstreitig der Rechtswidrigkeitsebene zuweisen müssen; ich möchte dort 1135 darauf zurückkommen. Die Frage der Berechtigung dagegen sollte meines Erachtens auf der Tatbestandsebene geprüft werden. Auf die Gründe komme ich sogleich zu sprechen:

II. Einordnung als Tatbestandsmerkmal Die meisten Autoren 1136 wollen das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten" bei der Rechtswidrigkeit prüfen. Der Umstand, dass die fehlende Einwilligung in den §§106, 107 Abs. 1 Nr. 1 und 108 UrhG ausdrücklich genannt ist, vermöge sie nicht zum Tatbestandsmerkmal zu erheben. 1137 Denn der Gesetzgeber habe es nicht in der Hand, über die Einordnung der einzelnen Straftatmerkmale in den Verbrechensaufbau zu entscheiden, sondern könne lediglich Einfluss darauf nehmen.1138 1133

Ähnlich: Göbel, S. 142f. Vgl.: Schönke/Schröder-Lenckner, vor §§ 13 ff. StGB Rn.65 u. §354 StGB Rn. 11. 1,35 Vgl. zur Einwilligung: Kap. 6 B.I. 1136 Eiding, S. 128 u. S. 138; Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.5; Haß, Rechtsschutz, Rn.72; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.260 u. S.263; Kann, S.92; Kirchner, S. 163; Lange, S.212; Lauer, S. 27 f.; Letzgus, S. 290; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 3; Schack, UrheberundUrhebervertragsrecht, Rn.745; Schmitz/Schmitz, S.72; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.266 u. Handwörterbuch, S.6f. 1137 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.745; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 268. 1138 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 113; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 136f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.225 u. S.268. 1134

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Maßgeblich für die Einordnung als Rechtfertigungsgrund sei weniger ein dogmatischer als ein pragmatischer Gesichtspunkt.1139 Denn im Falle der Einordnung auf der Tatbestandsebene würden die schwierigen Fragen der Einräumung von Nutzungsrechten der Dogmatik des tatbestandsausschließenden Einverständnisses überantwortet, die im Hinblick auf die Voraussetzungen unkonturiert sei. 1140 Dies brächte in Sonderfällen, etwa bei unwirksamen oder anfechtbaren Lizenzverträgen, unzutreffende Ergebnisse, wodurch der Verlust einer einheitlichen Handhabung von urheberrechtlichen Sicherungsansprüchen im Zivil- und Strafverfahren drohe. 1141 Deswegen dürfe die Frage der Einordnung als Tatbestandsmerkmal oder Rechtfertigungsgrund nicht nach den im allgemeinen Strafrecht entwickelten Theorien beantwortet werden. 1142 Schließlich sei primäres Rechtsgut1143 der §§ 106 ff. UrhG nicht der freie Wille des Berechtigten, sondern die in den Vorschriften aufgezählten Verwertungsrechte und die verwandten Schutzrechte. 1144 Nach anderer Ansicht 1145 hingegen soll die Einwilligung tatbestandsausschließende Wirkung haben. Rochlitz 1146 führt insofern aus, zwar sei nicht ohne weiteres erkennbar, ob das Merkmal zum Tatbestand oder zur Rechtswidrigkeit gehöre; doch sei die Argumentation der Gegenansicht mit praktischen Erwägungen eher theoretischer Natur, da sich die Täter in den praktisch relevanten Verletzungsfällen gar nicht um eine Lizenz bemühten. Im Hinblick auf § 108 UrhG meint Rochlitz, aus der gesetzlichen Formulierung „entgegen den §§[...]" folge, dass eine Verwertung durch den Rechtsinhaber nicht unter die Vorschrift fallen und somit nicht tatbestandsmäßig sein könne. Selbst Weber 1147 meint, die Auffassung, wonach der Einwilligung tatbestandsausschließende Wirkung zukomme, lasse sich vertreten; auch bei § 248 b StGB werde dem Merkmal „gegen den Willen des Berechtigten" tatbestandsausschließende Wirkung beigemessen. Überdies hätten die Tathandlungen „Vervielfältigung", „Verbreitung" und „öffentliche Wiedergabe" als solche keinen Unwertgehalt. 1148 Ich habe bereits oben 1149 darauf hingewiesen, dass das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten" in § 106 Abs. 1 UrhG eine Doppelfunktion hat. Zum einen 1139

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.266f. Eiding, S. 138; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 136; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 267. 1141 Eiding, S. 138; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 113f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 267 f. 1142 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 134; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.273. 1143 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap.2 B. 1144 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.745. 1145 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 8; v. Gamm, § 106 UrhG Rn. 2; Hentschel, Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 13 u. Videorecht, S. 110; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 139. 1146 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.93 u. S. 137f. 1147 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.268. 1148 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 195 u. 266; so auch: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 8. 1149 Vgl. zu den dogmatischen Grundfragen des Merkmals „ohne Einwilligung des Berechtigten": Kap. 2 F. I. 1140

F. Nichtberechtigung („ohne Einwilligung des Berechtigten")

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soll geprüft werden, ob der Beschuldigte zur Verwertung des Werks berechtigt ist; zum anderen soll auf die Möglichkeit einer Einwilligung hingewiesen werden, die den allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen folgt. Dass die zweite Funktion auf der Rechtswidrigkeitsebene zu prüfen ist, möchte ich nicht bezweifeln. Denn hier bestehen keine Unterschiede zu anderen Strafvorschriften. Dass aber von den meisten Autoren auch die Frage der Nichtberechtigung vollständig auf die Ebene der Rechtswidrigkeit verlagert wird, geschieht wohl vor allem deswegen, weil § 106 Abs. 1 UrhG zufällig das Wort „Einwilligung" erwähnt und die Frage der Einwilligung im Strafrecht klassischerweise bei der Rechtswidrigkeit geprüft wird. Dabei wird jedoch übersehen, dass es sich bei der Frage, wer von vornherein aus dem Kreis möglicher Täter ausscheidet, weil er selbst Inhaber des geschützten Rechtsgutes ist, um ein typisches Problem der Tatbestandsebene handelt. So käme niemand auf die Idee, das Merkmal „fremd" in § 242 StGB auf der Rechts widrigkeitsebene anzusiedeln. Dabei verfolgt dieses Merkmal beim Diebstahl den gleichen Regelungszweck wie das Merkmal der „Nichtberechtigung" in § 106 Abs. 1 UrhG; während nämlich bei § 242 StGB derjenige, der als Eigentümer zur Verwertung der Sache berechtigt ist, von vornherein aus dem Kreis potentieller Täter ausscheiden muss, kann bei § 106 Abs. 1 UrhG derjenige, der zur Verwertung des Werks berechtigt ist, nicht tatbestandsmäßig handeln. Denn gerade den Schutz dieser Personen bezwecken die Vorschriften. Die praktischen Einwände der Gegenansicht können nicht überzeugen. Ob der Beschuldigte Berechtigter ist, wird in der Regel ohnehin bei der Frage nach der Wirksamkeit eines Strafantrages zu prüfen sein. Zudem existiert zu den §§ 31 ff. UrhG eine ausgefeilte Rechtsprechung 1150. Die allermeisten Fragen dürften geklärt sein. Überdies kann die Gegenansicht nicht überzeugen, soweit sie ein Auseinanderfallen von Zivil- und Strafrecht befürchtet, wenn das Merkmal der Tatbestandsebene zugeordnet wird. Denn im Gegenteil können gerade dadurch, dass bereits beim Tatbestand zu prüfen ist, ob der Beschuldigte zur Verwertung des Werks berechtigt war, die befürchteten Diskrepanzen vermieden werden. Auf der anderen Seite können dadurch, dass in seltenen Ausnahmefällen die klassische strafrechtliche Einwilligung auf der Rechts widrigkeitsebene eingreift, unzumutbare Härten für den Beschuldigten vermieden werden, die andernfalls in Konstellationen mit unwirksamen oder anfechtbaren Lizenzverträgen drohten. Auch dass vorgetragen 1151 wird, primäres Rechtsgut der §§ 106ff. UrhG sei nicht der freie Wille des Berechtigten, sondern der Schutz der in den Vorschriften aufgezählten Verwertungs- und verwandten Schutzrechte, kann nicht überzeugen. Denn gerade weil dies der Fall ist, muss der Inhaber dieser Rechte schon auf der Tatbe1150 Vgl.: Fromm/Nordemann-Hertin, §§31/32 UrhG Rn. Iff.; Rehbinder,, Urheberrecht, Rn. 303 ff.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 523 ff.; Schricker-Schricker, Urheberrecht, §§31/32 UrhG Rn. 1 ff., alle m. w. N. 1151 So: Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.745.

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

standsebene aus dem Kreis potentieller Täter ausscheiden. Zudem handelt es sich bei den genannten Rechten um Verwertungsrec/ite, nicht um Verwertungs/?/7/c/ztera; mittelbar wird also doch der freie Wille des Berechtigten geschützt, zumal dieser die Möglichkeit hat, diese Rechte Dritten durch Willenserklärung nach §§ 104 ff. BGB einzuräumen. Schließlich muss beachtet werden, dass schon rein zahlenmäßig diejenigen Fälle überwiegen, in denen nicht der Urheber selbst, sondern der Inhaber eines Nutzungsrechts als Berechtigter das fremde Werk verwertet. Meines Erachtens wäre es absurd anzunehmen, in allen diesen Fällen erfolge die Verwertung tatbestandsmäßig. Überdies stellen die traditionellen Rechtfertigungsgründe stets Ausnahmebestimmungen dar, die nur selten eingreifen. Dieses Verhältnis von Regel und Ausnahme würde durch die Einordnung des Merkmals der Nichtberechtigung auf der Ebene der Rechtswidrigkeit verletzt. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass entgegen der zumeist vertretenen Auffassung zu differenzieren ist. Das Merkmal der Nichtberechtigung ist auf der Tatbestandsebene, die strafrechtliche Einwilligung dagegen bei der Rechtswidrigkeit zu prüfen.

III. Problem der Rückwirkung der Einwilligung Die Frage, ob eine Zustimmung nach der Tat Rückwirkung entfaltet, ist von besonderer praktischer Bedeutung. Denn häufig will der Verletzte auf Strafverfolgung verzichten, nachdem der Beschuldigte ermittelt ist 1152 und die zivilrechtlichen Ansprüche reguliert sind. 1153 Zwar soll nach allgemeiner Ansicht die Zustimmung nach der Tat die Rechtswidrigkeit nicht beseitigen; der Beschuldigte bleibe strafbar. 1154 Fast ebenso verbreitet 1155 ist jedoch im Urheberstrafrecht die Unzufriedenheit mit diesem Ergebnis. Zur Begründung wird zweierlei vorgetragen: Die einen meinen, die Begriffe seien im Strafrecht und Zivilrecht gleich. 1156 Unter Einwilligung sei gem. § 183 BGB die vorherige Zustimmung zu verstehen. 1157 Die 1152

Vgl.: Weber, FS-Baur, S. 143. So auch: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.67; vgl. zur Funktionalisierung des strafrechtlichen Schutzes: Kap. 9 H. 1154 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn.9; Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn. 5; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.261 ; Kann, S.92; Kircher, S. 171, Fn.5; Lange, S.212; Möhring/ Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 3; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 106; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 143 u. S. 161 ; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.746; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.67 f. 1155 Fromm/N ordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn. 5; Kann, S.93; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 106; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.71 f.; Weber, FS-Baur, S. 141 ff. 1156 Geier, in L M Nr. 8 zu §226a StGB. 1157 Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn. 5; Kann, S. 92; Letzgus, S. 291 ; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 3; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 143. 1153

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nachträgliche Zustimmung sei die Genehmigung i. S. v. § 184 Abs. 1 BGB und genüge nicht. 1158 Andere meinen, es gelte ein eigenständiger strafrechtliche Begriff. 1159 Gleichwohl komme nach im Strafrecht einhellig vertretener Auffassung 1160 nur der vor der Tat erteilten Einwilligung rechtfertigende Wirkung zu, so dass eine nachträgliche Genehmigung durch den Verletzten unbeachtlich sei. 1161 Über einen einmal entstandenen Strafanspruch könne nur der Staat, nicht aber der Verletzte verfügen. 1162 Zudem werde die Rechtssicherheit beeinträchtigt, wenn nachträgliches Verhalten des Verletzten dem staatlichen Strafanspruch den Boden entziehen könne. 1163 Die Sachlage entspreche der Problematik bei strafbewehrten Verwaltungsakten, deren Rechtswidrigkeit sich später herausstellt. 1164 Das erzielte Ergebnis sei unbefriedigend, da der Berechtigte den Rechtsverstoß des Beschuldigten nicht mehr verfolgen wolle. 1165 Es fehle an einer andauernden, strafwürdigenden Rechtsverletzung, so dass das Erfolgsunrecht entfalle. 1166 Überdies würde der zivilrechtliche Ausgleich zwischen den Beteiligten durch ein Fortbestehen des Strafanspruchs behindert und dadurch der Rechtsfrieden gestört. 1167 Zur Lösung des Dilemmas werden drei verschiedene Ansätze vorgeschlagen: Zum einen sei bei nachträglicher Zustimmung die Rücknahme eines Strafantrags 1168 zu fingieren 1169. Dies hilft jedoch nur in denjenigen Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft nach § 109 UrhG das besondere öffentliche Interesse 1170 an der Strafverfolgung verneint. 1171 1158 Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.5; Geier, in L M Nr. 8 zu § 226a StGB; Kann, S.92; Letzgus, S.291; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 106. 1159 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11. 1160 BGHSt 17, 359, 360; Roxin, Strafrecht, § 13 Rn.50; Schönke/Schröder-Lenckner, vor §§32ff. StGB Rn. 44. 1161 Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.5; Lange, S.212; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 3; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 106; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.67 f. 1162 RGSt 25, 375, 383; Geier, in L M Nr. 8 zu §226a StGB; Roxin, Strafrecht, § 13 Rn.50; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.746. 1163 Geier, in L M Nr. 8 zu § 226a StGB. 1164 Ausführlicher dazu: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.69f., m. w.N. 1165 Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.5; Kann, S.92; Weber, FS-Baur, S. 142f.; ähnlich: Weber, FS-Sarstedt, S.386 u. FuR 1980, S.343; a. A. ohne Begründung: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn.9. 1166 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.71; Weber, FS-Baur, S. 142f. 1167 Weber, FS-Baur, S. 143. 1168 Ygi z u r Rücknahme des Strafantrags: Kap. 7 A.I.6. 1169 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn.9; Fromm/Nordemann-Vinck, Kann, S.93; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 106. 1170 Vgl. zum Begriff des besonderen öffentlichen Interesses: Kap. 7 A.I. 1. 1171 Ebenso: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 143.

§ 106 UrhG Rn.5;

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Weitergehend hat Weber vorgeschlagen, das Problem über eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die tätige Reue (etwa: §§ 24, 83 a, 158, 264a Abs. 3, 265b Abs. 2, 306e, 314a, 320, 330b StGB) zu lösen. 1172 Denn im Bereich der Vermögensdelikte müsse die nachträgliche Zustimmung zu einer Verfügung gemäß § 185 Abs. 1 BGB Rückwirkung entfalten. 1173 Sternberg-Lieben 1174 schließlich möchte sich dem Vorschlag Webers nur teilweise anschließen. Den Vorschriften über die tätige Reue könnten rechtspolitische Erwägungen, nämlich der Anreiz zur Rettung eines materiell noch nicht wesentlich beeinträchtigten Gutes, zu Grunde liegen, die für den Bereich der rückwirkenden Genehmigung nicht einschlägig seien. Außerdem bleibe auch im Fall einer nachträglichen Zustimmung der betätigte Wille des Täters und damit die Grundlage für eine Versuchsstrafbarkeit. Die Sachlage entspreche dem Fall, wo der Täter die tatsächlichen Voraussetzungen eines objektiv vorliegenden Rechtfertigungsgrundes nicht kennt und wo die h. L. 1 1 7 5 - anders der BGH 1 1 7 6 - auch nur aus versuchtem Delikt bestrafen wolle. Der Täter, dem eine vor der Tat tatsächlich erteilte Einwilligung des Berechtigten unbekannt war, würde danach zwar nicht aus vollendetem Delikt, wohl aber aus Versuch, zu bestrafen sein. Es bestehe kein sachlicher Grund für eine abweichende Behandlung des Täters, dessen Handeln nachträglich genehmigt wurde. Nach meiner Einschätzung zielt die Diskussion zur Rückwirkung einer nachträglichen Zustimmung am Kern des Problems vorbei. Hier rächt sich, dass zumeist nicht hinreichend zwischen der Frage der Nichtberechtigung und der strafrechtlichen Einwilligung differenziert wird 1177 . So möchte ich hinsichtlich der strafrechtlichen Einwilligung nicht infrage stellen, dass diese keine Rückwirkung entfaltet. Etwas anderes muss aber bei der Frage der Nichtberechtigung gelten. Zur Verdeutlichung ist es notwendig, sich mit der Rechtsnatur der Einräumung von Nutzungsrechten nach §§ 31 ff. UrhG zu befassen. Dadurch, dass der Lizenzgeber einem anderen ein Nutzungsrecht einräumt, erwirbt dieser die Befugnis, das Werk auf die gestattete Art zu nutzen (§31 Abs. 1 UrhG). 1178 Da diese Rechtseinräumung konstitutiv und nicht translatorisch wirkt, handelt es sich nicht um eine Abtretung nach §§ 398 ff. BGB. In Ermangelung spezieller Vorschriften sind jedoch diese Vorschriften analog anzuwenden, soweit die §§ 31 ff. UrhG keine Sonderregelungen enthalten.1179 Die Rechtseinräumung erfolgt also durch formlosen Ver1,72

Weber, FS-Baur, S. 144; auch: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.72. Ausführlicher: Weber., FS-Baur, S. 141 ff. 1,74 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.71 f. 1175 Nachweise bei Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.71, Fn. 173. 1,76 BGHSt 2, 111, 114. 1177 Vgl. dazu: Kap. 2 F. I. 1178 Rehbinder, Urheberrecht, Rn.305. 1179 Fromm/Nordemann-Hertin, vor§31 UrhG Rn.9; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.305 u. Rn. 322; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 536; im Ergebnis ebenso: Lange, S. 206. 1173

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trag 1180 . Zudem ist eine Abtretung auch rückwirkend möglich. 1181 Dies ergibt nicht nur die entsprechende Anwendung des § 184 Abs. 1 BGB 1 1 8 2 , sondern auch ein Erstrecht-Schluss aus § 185 Abs. 2 BGB; denn wenn diese Vorschrift sogar in Fällen einer Eigentumsübertragung Rückwirkung anordnet, obwohl dort Offenkundigkeitsprinzip und Formenzwang herrschen, muss bei den §§ 398 ff. BGB erst recht Rückwirkung möglich sein. Schließlich wird mit der Möglichkeit der rückwirkenden Abtretung dem Gedanken der Privatautonomie Rechnung getragen, von dem das deutsche Privatrecht beherrscht ist 1183 . Im Urheberrecht bedeutet dies, dass Lizenzgeber und Verwerter auch nach abgeschlossener Verwertung des Werks einen Vertrag schließen können, der analog §§ 398 ff. BGB bewirkt, dass dem Verwerter zur Zeit der Werknutzung rückwirkend ein Nutzungsrecht zustand. Der Verwerter war mithin zum Zeitpunkt der Tat Berechtigter. Wie oben dargestellt scheidet aber der Berechtigte von vornherein aus dem Kreis potentieller Täter aus, da die Vorschrift des § 106 Abs. 1 UrhG gerade den Schutz des Berechtigten bezweckt. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass im Strafrecht die Einwilligung keine Rückwirkung entfalten soll 1184 und auch die bürgerlichrechtlichen Rückwirkungsfiktionen nicht gelten sollen 1185 . Denn zum einen handelt es sich bei der Frage der Berechtigung nicht um das Problem der strafrechtlichen Einwilligung; zum anderen stellt die Rückwirkung im Rahmen der analogen Anwendung §§398 ff. BGB keine Fiktion dar. Vielmehr wird der Lizenznehmer tatsächlich zum Berechtigten. Ferner dienen die strafrechtlichen Rückwirkungsverbote in den diskutierten Fallvarianten 1186 der Entlastung des Beschuldigten, wogegen das Rückwirkungsverbot im Urheberrecht den Beschuldigten zusätzlich belastet. Ferner steht die Begrifflichkeit der §§ 183 f. BGB der hier vertretenen Ansicht nicht entgegen. Denn die Übertragung von Verwertungsrechten ist kein Fall der §§ 183 f. BGB, sondern erfolgt - wie bereits dargestellt - analog §§ 398 ff. BGB. Schließlich muss beachtet werden, dass das Strafrecht nicht um seiner selbst willen besteht, sondern dem Rechtsgüterschutz dienen soll 1187 . Geschütztes Rechtsgut ist jedoch bei § 106 Abs. 1 UrhG das Verwertungsrecht des Berechtigten. Diesen Berechtigten bestrafen zu wollen, würde den Strafrechtsschutz ad absurdum führen. 1180

Vgl. auch: Palandt-Thomas, § 398 BGB Rn.7. BGH NJW 1986, 314, 315; BayObLG NJW-RR 1987,1418; OLG Celle ZIP 1989, 703; OLG Köln ZIP 1984, 1333; OLG Schleswig ZIP 1988, 1138. 1182 So auch: OLG Schleswig ZIP 1988, 1138. 1183 Vgl.: Larenz/Wolf, §34, Rn.22ff.; Palandt-Thomas, vor§ 145 BGB Rn.7. 1184 BGHSt 17, 359, 360; Roxin, Strafrecht, § 13 Rn.50; Schönke/Schröder-Lenckner, vor §§32ff. StGB Rn. 44. 1185 KG JW 1930, 943; LK-Ruß, §246 StGB Rn.4; Schönke/Schröder-Eser, §246 StGB Rn.4; Wessels/Hillenkamp, Rn.70. 1.86 Vgl.: Wessels/Hillenkamp, Rn.70. 1.87 Vgl. etwa: Roxin, Strafrecht, §2, Rn.35. 1181

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Unter Umständen schadet eine Bestrafung des Verwerters gar den Interessen des Lizenzgebers, weil jener weniger zahlungsfähig oder einigungsbereit ist. 1188 Darauf, ob der Verwerter Versuchsunrecht 1189 verwirklicht hat 1190 , sollte im Hinblick auf diese Erwägungen nicht abgestellt werden. Denn schließlich hat es der Lizenzgeber stets in der Hand, dem Beschuldigten rückwirkende Verwertungsrechte zu verweigern und somit dessen Strafbarkeit herbeizuführen. Bemerkenswert erscheint mir in diesem Zusammenhang, dass die GEMA als wohl wichtigste Verwertungsgesellschaft in der Entgegennahme der Ersatzleistung des Schädigers nicht die nachträgliche Lizenzierung, sondern die Regulierung des ihr aus § 97 Abs. 1 UrhG zustehenden Schadensersatzanspruchs sieht. 1191 Nur in wenigen Fällen habe die GEMA nach Zahlung einer angemessenen Vergütung die Verwertung zugelassen.1192 Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass bei der Frage der Nichtberechtigung im Falle einer Einigung von Verwerter und Lizenzgeber stets sorgfältig zu prüfen ist, ob die erzielte Einigung Rückwirkung entfalten soll. Ist dies nämlich der Fall, so war der Verwerter zur Tatzeit Berechtigter. Aus dem Kreis potentieller Täter scheidet er in diesem Fall aus.

IV. Probleme bei schwebend unwirksamen Verträgen insbesondere bei Minderjährigen In vielen wichtigen Fällen (etwa §§ 107ff., 177ff., 185, 1366ff., 1643f., 1819ff. BGB, § 114 AktG) will das Zivilrecht über die Wirksamkeit eines zwischen zwei Personen abgeschlossenen Rechtsgeschäfts einen Dritten entscheiden lassen.1193 Bis zur Genehmigung ist dieses Rechtsgeschäft schwebend unwirksam; nach der Genehmigung dagegen greift im Zivilrecht die Rückwirkungsfiktion des § 184 Abs. 1 BGB ein; das Geschäft wird so behandelt, als sei es von Anfang an wirksam. Doch nicht nur durch Gesetz kann ein solcher schwebender Rechtszustand entstehen; vielmehr kann auch durch Partei willen mittels einer Bedingung nach §§ 158, 159 BGB die gleiche Wirkung herbeigeführt werden. 1194 Allein Weber 1195 hat sich eingehend mit den Problemen befasst, die durch die Rechtsfigur der „schwebenden Unwirksamkeit" im Urheberstrafrecht entstehen. Er 1.88 1.89 1190 1191 1192 1193 1194 1195

Vgl. zu den Nachteilen des Strafrechts in der Praxis: Kap. 10. C. Zur Problematik des untauglichen Versuchs: Kap. 6 E. II. So: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.71 f. Vgl.: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.67. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 218, mit Fn. 382. Vgl.: Medicus, Rn.490. Vgl: Medicus, Rn.491. Ausführlich: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 273 ff. u. S.279.

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kommt zu dem Ergebnis, das Strafrecht dürfe nicht in ein schwebendes Rechtsverhältnis eingreifen. Weber erläutert dies anhand des Schutzes für Minderjährige nach §§107 ff. BGB. So helfe es nicht weiter, wenn die bürgerlichrechtlichen Regeln über die Geschäftsfähigkeit beachtet würden. Denn die Genehmigung gemäß § 108 BGB entfalte im Strafrecht keine Rückwirkung 1196 , sondern sei im Strafrecht stets unbeachtlich1197. Folge man dieser Auffassung, sei die Einräumung des Nutzungsrecht nach Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter zwar zivilrechtlich wirksam, so dass auch Vervielfältigung und Verbreitung rechtmäßig seien; dagegen blieben Verwertungshandlungen, die vor der Genehmigung vorgenommen wurden, strafbar. Diese unbefriedigende Lage 1198 werde nur soweit 1199 gemildert, wie § 106 UrhG Antragsdelikt sei und der Verletzte bzw. sein gesetzlicher Vertreter keinen Strafantrag stelle. Weber versucht das Problem durch eine Begrenzung des staatlichen Strafanspruchs zu lösen. Dieser entstehe erst in dem Augenblick, in dem die Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter endgültig versagt wird. Denn es sei nicht gerechtfertigt, mit den Mitteln des Strafrechts in ein Rechtsverhältnis einzugreifen, das in der Schwebe ist und bei dem es der Verletzte in der Hand hat, über die Rechtmäßigkeit des Verhaltens des Eingreifenden zu entscheiden. Das Risiko dagegen, dass die Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter versagt wird, müsse der Eingreifende tragen. Nicht nur im Urheberstrafrecht, sondern auch im Zusammenspiel von Sachenrecht und § 246 StGB seien ähnliche Fälle denkbar. Überdies erscheine diese Risikoverteilung zumutbar, da nach § 108 Abs. 2 BGB durch Aufforderung des gesetzlichen Vertreters innerhalb von zwei Wochen Klarheit geschaffen werden könne. Meines Erachtens bedarf es in der Praxis der Konstruktion Webers nicht. Insofern sollten zwei Fälle unterschieden werden: Zum einen ist zu prüfen, ob eine Genehmigung, sofern sie erteilt wird, Rückwirkung entfaltet; zum anderen bleibt zu untersuchen, was im Falle der Verweigerung der Genehmigung gilt. Mir leuchtet nicht ein, warum nach Weber im ersten Fall der staatliche Strafanspruch während der Schwebezeit nicht entstehen soll; denn der Vertrag ist in dieser Zeit unwirksam und die Rückwirkungsfiktion des § 184 Abs. 1 BGB findet im Strafrecht keine Anwendung. Andererseits bedarf es der Fiktion nicht. Denn im Falle der Erteilung der Genehmigung wird ohnehin durch Auslegung der Inhalt des vereinbarten Rechtsgeschäfts zu ermitteln sein. In der Regel wird es dabei so sein, dass 1196

So auch: Geier, in L M Nr. 8 zu § 226a StGB; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 261; Jescheck/Weigend, § 34IV 1; Lenckner, S.456, Fn. 31; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 3; Müller-Gugenberger, § 45 Rn. 106; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11. 1197 So auch: BGHSt 7, 294, 295; 17 359, 360; BaumannAVeber/Mitsch, § 17 Rn. 105; Jescheck/Wiegend, §34IV 1 ; Maurach/Zipf, § 17 Rn.57; Blei, Strafrecht I, S. 136; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 746; Schmidhäuser, 8/135; Stratenwerth, Strafrecht, Rn. 384; Welzel, Das deutsche Strafrecht, S.97. 1,98 So auch: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 143; Weber, FuR 1980, S.343. 1199 Mit Blick auf § 109 UrhG einschränkend: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 143.

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

von den Vertragsparteien gewollt war, dass bereits mit Einigung, also im Augenblick des Zustandekommens des Vertrags, die Nutzungsrechte eingeräumt werden sollten. Im Zweifel wird man also annehmen müssen, dass der Verwerter mit Blick auf die rückwirkende Rechtsübertragung 1200 schon zu diesem Zeitpunkt Berechtigter wurde. Da das Rechtsgeschäft mit diesem Inhalt genehmigt wurde, kommt es auf § 184 Abs. 1 BGB nicht an. Eine Kollision damit, dass im Strafrecht die bürgerlichrechtlichen Rückwirkungsfiktionen nicht gelten sollen, ergibt sich nicht. Der Fall dagegen, dass die Genehmigung nicht erteilt wird, ist keine Frage der Nichtberechtigung. Hier wird man vielmehr prüfen müssen, ob eine strafrechtliche Einwilligung die Rechtswidrigkeit der Tat ausschließt. Auf diese Problematik komme ich unten 1201 zurück.

V. Probleme bei anfechtbaren Verträgen Im Fall der arglistigen Täuschung (§ 123 Abs. 1 BGB) ergibt sich bei Anwendung der allgemeinen Grundsätze eine Diskrepanz zwischen zivil- und strafrechtlicher Lage. 1202 Während nämlich Täuschung und Drohung die Einwilligung für das Strafrecht unwirksam machen1203, bleibt der Lizenzvertrag wirksam, sofern er nicht binnen Jahresfrist angefochten wird. 1204 Weber 1205 versucht, auch in diesem Bereich eine Kongruenz von Zivil- und Strafrecht herzustellen: Es dürfe so lange kein staatlicher Strafanspruch entstehen, wie die Frist des § 124 BGB nicht abgelaufen ist und der Verletzte die Anfechtung nicht erklärt hat. Die Strafbarkeit bleibe bis zu diesem Moment in der Schwebe. § 142 Abs. 2 BGB bringe zum Ausdruck, dass der Anfechtungsgegner das Risiko seiner Handlungen bis zur Klärung der Rechtslage zu tragen habe. Auch die Tatsache, dass der Täuschende möglicherweise nach § 263 StGB bestraft werden kann, vermöge an diesem Ergebnis nichts zu ändern, da das Nutzungsrecht in den Händen des Werkverwerters bleibe, solange der Vertrag nicht angefochten wird. Über den Bereich des § 123 Abs. 1 BGB hinaus möchte Weber sogar die Fälle einer Anfechtung nach § 119 BGB entsprechend behandeln und das Risiko der Bestrafung dem Anfechtungsgegner aufbürden. Meiner Ansicht nach bedarf es im Hinblick auf § 123 Abs. 1 BGB der Argumentation Webers nicht. Denn bis zu einer Anfechtung ist der Anfechtungsgegner ohne1200 1201 1202

S.275.

Vgl. zur Problematik der Rückwirkung: Kap. 2 F. IV. Vgl. zur Einwilligung: Kap. 6 B.I. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 139, Fn. 139; Weber, Der strafrechtliche Schutz,

1203 Maurach/Zipf, § 17 Rn. 59, m. w. N.; Roxin, Strafrecht, § 13 Rn. 68; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.275. 1204 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 139, Fn. 139; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.275 f. 1205 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.277f.

F. Nichtberechtigung („ohne Einwilligung des Berechtigten")

159

hin zur Verwertung des Werks berechtigt. Auf die Frage, ob die strafrechtliche Einwilligung aufgrund der Täuschung unwirksam ist, kommt es mithin nicht an. Denn da bis zur Anfechtung noch ein wirksamer Vertrag vorliegt, ist der Anfechtungsgegner Berechtigter. Er kommt somit als Täter nicht in Frage. In den Fällen aber, in denen der Vertrag später angefochten wird, schießt die Ansicht Webers über ihr Ziel hinaus, wenn er rückwirkend zur Bestrafung kommen will. So lässt sich § 142 Abs. 2 BGB nicht entnehmen, der Anfechtungsgegner habe das Risiko seiner Handlungen bis zur Klärung der Rechtslage zu tragen. Denn in dem Fall, dass dieser die Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäftes nicht kennt, will ihn § 142 Abs. 2 BGB sogar schützen. Überdies regelt § 142 BGB nicht alle Risiken der Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäftes, sondern nur die zivilrechtlichen Folgen. Das Risiko einer Bestrafung will § 142 Abs. 2 BGB nicht verteilen. Überdies besteht jedenfalls hinsichtlich des Merkmals „fremd" in §§ 242, 246 StGB Einigkeit, dass die bürgerlichrechtlichen Rückwirkungsfiktionen der §§142 Abs. 1, 1953 Abs. 1 BGB nicht gelten sollen. 1206 Vielmehr ist auf die Sach- und Rechtslage abzustellen, wie sie im Augenblick des Handelns wirklich bestanden hat; andernfalls nämlich könnte eine Handlung nachträglich strafbar werden, die bei ihrer Vornahme mangels Tatbestandsmäßigkeit straflos war. 1207 Im Zeitpunkt des Handelns aber war im Urheberrecht der Anfechtungsgegner noch Berechtigter und konnte sich als solcher nicht strafbar machen. Das Leitbild der Einheit der Rechtsordnung sollte nicht dazu verleiten, von bewährten Grundsätzen abzuweichen; denn eine vollständige Kongruenz zwischen zivil- und strafrechtlichen Vorschriften ist ohnehin nicht erreichbar 1208; überdies sollte der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung nicht dazu führen, alle Unterschiede zwischen den jeweils verschiedenen Aufgaben von Zivil- und Strafrecht einzuebnen1209. Schließlich beseitigt eine Anfechtung nach § 119 BGB das Verfügungsgeschäft, also die Einräumung des Nutzungsrechts, als Folge des Abstraktionsprinzips 1210 in aller Regel nicht 121 Κ An der Berechtigung des Beschuldigten ändert hier die Anfechtung mithin ohnedies nichts. Im Ergebnis also gilt folgendes: Solange ein Vertrag nicht angefochten ist, darf der Lizenznehmer das Werk nutzen; denn er ist Berechtigter. Dabei bleibt es auch, falls später angefochten wird; denn eine spätere Anfechtung entfaltet im Strafrecht keine Rückwirkung. 1206 KG JW 1930, 943; LK-Ruß, §246 StGB Rn.4; Schönke/Schröder-Eser, §246 StGB Rn. 4; Wessels/Hillenkamp, Rn. 70. 1207 KG JW 1930, 943; LK-Ruß, §246 StGB Rn.4; Wessels/Hillenkamp, Rn.70. 1208 Ebenso: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 139. 1209 Vgl.: Haß, Rechtsschutz, Rn.70. 1210 Gegen die Geltung des Abstraktionsprinzips im Urheberrecht: Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, vor § 28 UrhG Rn. 59 ff., m. w. N. 1211

Vgl.: Medicus, Rn.233.

160

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

VI. Person des Berechtigten Nach einigen allgemeinen Fragen hinsichtlich der Person des Berechtigten ( l ) 1 2 1 2 möchte ich das Problem der Berechtigung bei Bearbeitungen und Umgestaltungen, Miturheberschaft, Werkverbindung zu gemeinsamer Verwertung und Sammelwerken (2) 1213 behandeln. Schließlich wird erörtert, unter welchen Voraussetzungen Inhaber von Nutzungsrechten berechtigt sind (3) 1214 .

1. Allgemeines Berechtigter ist der Inhaber des Rechts, das verwertet werden soll. 1215 Dies ist zunächst der Urheber selbst.1216 Ist der Urheber verstorben gilt entsprechendes für Alleinerben oder Personen, denen das Recht in Erfüllung einer Verfügung von Todes wegen oder im Wege einer Erbauseinandersetzung übertragen worden ist - §§ 28 ff. UrhG. 1217 Dabei sind Miterben nur gemeinschaftlich zur Verwertung berechtigt und können nur gemeinschaftlich einwilligen. 1218 Dies folgt daraus, dass sie eine Gemeinschaft zur gesamten Hand bilden - §§ 2038, 2040 BGB. 1 2 1 9 Soweit die Ausübung des Urheberrechts einem Testamentsvollstrecker übertragen ist (§ 28 Abs. 2 UrhG), so ist dieser nach § 2211 BGB allein berechtigt das Werk zu verwerten und Nutzungsrechte einzuräumen. 1220 Welche Konsequenzen ein Anspruch auf Einwilligung - etwa aus § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB - hat, soll unten 1221 erörtert werden. Auch die Auswirkungen der Vermutung des § 10 UrhG kommen unten 1222 zur Sprache.

1212

Zu den allgemeinen Fragen: Kap.2 F. VI. 1. Dazu: Kap. 2 F. VI. 2. 1214 Zur Frage der Berechtigung der Inhaber von Nutzungsrechten: Kap. 2 F. VI. 3. 1215 Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.4; Rupp, ZUM 1986, S. 15. 1216 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.260; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 106; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11 ; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 565; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.268. 12,7 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.260; Kann, S.92; Lauer, S.28; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.565; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.264 u. S.268. 1218 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 107 f. u.S. 270. 1219 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 107 f. u.S. 270. 1220 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.270. 1221 y g i z u Problemen mit Ansprüchen des Verwerters auf Einwilligung: Kap.2 F. VII. 1213

1222

Vgl. zum Problem der Geltung von Vermutungen: Kap.2 G.

F. Nichtberechtigung („ohne Einwilligung des Berechtigten")

161

2. Berechtigung bei Bearbeitungen und Umgestaltungen, Sammelwerken, Miturheberschaft und Werkverbindung zu gemeinsamer Verwertung Unstreitig sind zur Verwertung solcher Bearbeitungen oder Umgestaltungen, die die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 UrhG erfüllen, 1223 der Urheber des Originalwerks und der Hersteller der Bearbeitung oder Umgestaltung nur gemeinsam berechtigt. Auch die Befugnis zur Einräumung von Nutzungsrechten haben beide, jedenfalls solange keine abweichende vertragliche Regelung besteht, nur gemeinsam.1224 Denn mit der Bearbeitung oder Umgestaltung wird zugleich das darin steckende Originalwerk verwertet, so dass auch der Originalurheber in seinem Verwertungsrecht betroffen ist. 1225 Sofern der Urheber des Originalwerks die Bearbeitung oder Umgestaltung verwertet, muss diesem von deren Hersteller ein Nutzungsrecht eingeräumt 1226 werden. 1227 Entsprechend benötigt der Hersteller der Bearbeitung oder Umgestaltung zur Verwertung ein Nutzungsrecht hinsichtlich des Originalwerks. Bei Sammelwerken (§ 4 UrhG) 1228 muss neben dem Urheber des Einzelwerks auch vom Herausgebers des Sammelwerks ein Nutzungsrecht eingeräumt werden, wenn sein durch die Auslese oder Anordnung der aufgenommenen Werke begründetes Urheberrecht berührt wird. 1229 Dies ist beispielsweise der Fall, wenn mehrere Werke in der eigenschöpferischen Anordnung des Sammelwerks verwertet werden. 1230 Will der Herausgeber des Sammelwerks dieses verwerten, muss ihm von den Urhebern der Einzelwerke ein entsprechendes Nutzungsrecht übertragen sein. In Fällen von Miturheberschaft nach § 8 UrhG ist unstreitig, dass die Miturheber ein Nutzungsrecht nur gemeinsam einräumen können.1231 Dies folgt aus der gesamthänderischen Bindung nach § 8 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 UrhG. 1232 Soweit Weber 1233 insofern für gleichgültig hält, ob eine BGB-Gesellschaft vorliegt, ist jedoch Vorsicht geboten. Denn man wird in erster Linie auf den Gesellschaftsvertrag oder andere vertragliche Vereinbarungen der Miturheber abzustellen haben; dort kann die nach § 8 1223

Vgl. zu den Begriffen: Kap.2 C.II. Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.5; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.260; Kircher, S. 184; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 3; Rupp, Computersoftware, S. 122; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG 11; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.270. 1225 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 270 u. S. 374. 1226 Ygi z u Inhabern von Nutzungsrechten: Kap. 2 F. VI. 3. 1224

1227

Entsprechend: Rupp, Computersoftware, S. 133. Vgl. zum Schutz der Sammelwerke: Kap. 2 C. 1.5. 1229 Kircher, S. 189; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.270. 1230 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.270. 1231 Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.4; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.260; Kircher, S. 181; Letzgus, S.291; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG 11; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.269. 1232 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.269. 1233 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.99f. 1228

11 Hildebrandt

162

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Abs. 2 S. 1 Hs. 2 UrhG erforderliche Einwilligung schon generell erteilt sein. Auf die Frage, ob der obligatorischer Anspruch aus § 8 Abs. 2 S. 2 UrhG die Einwilligung ersetzt, komme ich unten 1234 zu sprechen. Ob dagegen eine Urheberrechtsverletzung durch einen der Miturheber möglich ist, wenn dieser das Werk ohne Zustimmung der anderen verwertet, ist umstritten. Nordemann 1235 meint insofern, es liege allenfalls eine Vertragsverletzung vor, weil es sich beim Urheberrecht um ein einheitliches Recht handele. Weber 1236 dagegen hält derartige Urheberrechts Verletzungen durch einen Miturheber für möglich. Er begründet 1237 dies damit, die Begründung Nordemanns greife nur ein, wenn tatsächlich ein Vertrag zwischen den Miturhebern geschlossen wurde; ansonsten wären die übrigen Miturheber schutzlos. Auch die Parallele zum Merkmal „fremd" in §§ 242, 246 StGB spreche für dieses Ergebnis; denn auch dort sei Diebstahl oder Unterschlagung an gesamthänderischen Eigentum durch einen Gesamthänder möglich. Ich möchte Weber grundsätzlich zustimmen. Die Begründung Nordemanns, es handele sich beim Urheberrecht um ein einheitliches Recht, ist umkehrbar; denn gerade weil ein einheitliches Recht vorliegt, müssen alle Miturheber einer Verwertungshandlung zustimmen. Auch der Wortlaut des § 8 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 UrhG steht der Ansicht Nordemanns entgegen; denn nach dieser Vorschrift steht die Verwertung des Werks den Urhebern zur gesamten Hand zu. Dafür, dass dies nur für den Fall der Einräumung von Nutzungsrechten, nicht dagegen bei unmittelbarer Verwertung durch einen Miturheber selbst gelten soll, gibt der Wortlaut des § 8 UrhG keine Anhaltspunkte. Eine Urheberrechtsverletzung durch einen der Miturheber ist also möglich, wenn dieser das Werk ohne Zustimmung der anderen verwertet. Gleichwohl wird man in der Praxis nur in wenigen Fällen zu einer Bestrafung kommen. Da nämlich Miturheberschaft Verständigung über eine gemeinsame Aufgabe und gegenseitige Unterordnung unter eine Gesamtidee erfordert 1238, wird man in aller Regel wenigstens von einem konkludent zwischen den Miturhebern geschlossenen Vertrag ausgehen müssen. Die Auslegung dieses Vertrags aber wird häufig ergeben, dass den Miturhebern das Recht zur unmittelbaren Verwertung des Werks eingeräumt oder dass auf das Recht zur Stellung eines Strafantrages verzichtet 1239 wurde. 1234 y g i z u Problemen im Zusammenhang mit obligatorischen Ansprüchen auf die Einräumung von Nutzungsrechten: Kap. 2 F. VII. 1235 Fromm/Nordemann-Nordemann, §97 UrhG Rn. 11. 1236 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 100 u. S. 104 u. S.269; auch: Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 171; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §8 UrhG Rn.21. 1237 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 100. 1238 Vgl.: Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 168, m.w.N. 1239 Zum Missbrauch des Antragsrechts: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 140; Naucke, S. 565 ff.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.76f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.375; ausführlich: Artkämper, S. 275 ff.

F. Nichtberechtigung („ohne Einwilligung des Berechtigten")

163

Bei der Werkverbindung zu gemeinsamer Verwertung nach § 9 UrhG - also etwa bei Textdichter und Komponist eines Musikwerks 1240 - soll es laut Weber 1241 darauf ankommen, ob eine gesamthänderische Bindung der Beteiligten vorliegt. So würden in dem Fall, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) vorliegt und die Verwertungsrechte der Gesamthandsgemeinschaft eingeräumt sind, dieselben Regeln gelten wie bei der Miturheberschaft. Andernfalls stehe jedem einzelnen die Befugnis zur Einwilligung in die Verwertung seines eigenen Werks zu. Der Urheber eines verbundenen Werks mache sich aber nach § 106 UrhG strafbar, wenn er das Gesamt werk ohne Einwilligung des anderen Urhebers vervielfältigt. 1242 Meines Erachtens können Antworten in dieser Allgemeinheit nicht gegeben werden. Mit Ausnahme des Anspruchs nach § 9 UrhG 1243 besteht bei der Werkverbindung zu gemeinsamer Verwertung laut Gesetz keine Sonderbeziehung zwischen den Beteiligten. Mithin hängt die Frage der Berechtigung allein von der Vertragsgestaltung zwischen den Beteiligten ab. Die Frage der Berechtigung bei der Werkverbindung zur gemeinsamen Verwertung entspricht somit der sogleich zu erörternden Problematik der Berechtigung der Inhaber von Nutzungsrechten.

3. Berechtigung der Inhaber von Nutzungsrechten Inhaber von Nutzungsrechten sind in dem Umfang zur Verwertung des Werks berechtigt, wie ihnen die Rechte eingeräumt oder übertragen wurden 1244 . Problematisch aber ist, ob und inwieweit nicht nur der Urheber selbst, sondern auch Inhaber von Nutzungsrechten Dritten diese Rechte einräumen oder übertragen können. Hier unterscheiden die §§ 3Iff. UrhG zwischen einfachen und ausschließlichen Nutzungsrechten. Das einfache Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk neben dem Urheber oder anderen Berechtigten auf die ihm erlaubte Art zu nutzen - § 31 Abs. 2 UrhG; das ausschließliche Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk unter Ausschluss aller anderen Personen einschließlich des Urhebers auf die ihm erlaubte Art zu nutzen und einfache Nutzungsrechte einzuräumen - § 31 Abs. 3 UrhG. Hinsichtlich einfacher Nutzungsrechte besteht Einigkeit, deren Inhaber könne Dritten nicht wirksam Nutzungsrechte einräumen oder übertragen; auch müsse der Inhaber eines einfachen Nutzungsrechts der Werknutzung durch andere Inhaber des 1240

Beispiel bei: Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 173; Sternberg-Lieben,

Musikdiebstahl,

S.50. 1241

Weber., Der strafrechtliche Schutz, S.269. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 189. 1243 y g i z u Problemen im Zusammenhang mit obligatorischen Ansprüchen auf die Einräumung von Nutzungsrechten: Kap. 2 F. VII. 1242

1244

1

Ähnlich: Schricker-Haß,

Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11.

164

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Rechts nicht zustimmen.1245 Dies ergebe sich bereits aus der Definition des § 31 Abs. 2 UrhG, wonach das einfache Nutzungsrecht seinem Wesen nach durch eine Nutzung des Werks seitens Dritter nicht verletzt werden könne. 1246 Dem Inhaber des einfachen Nutzungsrechts stehe nur das Recht zu, das Werk zu nutzen; er werde durch Eingriffe in das absolute Nutzungsrecht überhaupt nicht getroffen. 1247 Auch gelte § 35 Abs. 1 UrhG hier nicht. 1248 Ich denke, die vorstehenden Erwägungen mögen für die strafrechtliche Einwilligung 1249 richtig sein. Bei der Frage der Berechtigung dagegen hängt alles von der Vertragsgestaltung ab. So kann nicht nur die Zustimmung zur Übertragung von Nutzungsrechten im Voraus erteilt werden; vielmehr sind gemäß § 34 Abs. 4 UrhG abweichende Vereinbarungen zwischen dem Inhaber des Nutzungsrechts und dem Urheber auch in weiterem Umfang möglich. So kann auch das Recht zur Einwilligung gesondert vereinbart werden. 1250 Zu beachten gilt es ferner, dass § 34 UrhG bei Filmwerken wegen § 90 UrhG nicht gilt; eine Übertragung von Nutzungsrechten ist hier auch ohne Zustimmung des Urhebers möglich. Entgegen Weber 1251 kommt es auch nicht darauf an, ob man im einfachen Nutzungsrecht ein dingliches Recht oder lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch erblicken will 1 2 5 2 . Denn wegen § 34 Abs. 4 UrhG sind die Vertragsparteien bei der Vertragsgestaltung ohnedies frei. Hinsichtlich des Inhabers eines ausschließlichen Nutzungsrechts besteht Einigkeit, dieser könne Dritten Nutzungsrechte einräumen. 1253 Denn diesem stehe ein dingliches Recht zu, das sogar gegenüber dem Urheber (§ 31 Abs. 3 S. 1 UrhG) wirke. 1254 Gleiches gelte deswegen auch im Falle einer Verwertung durch den Urheber selbst.1255 Weder das beim Urheber verbleibende Persönlichkeitsrecht, noch die Möglichkeit eines späteren Rückfalls der Nutzungsrechte ändere insofern etwas.1256 1245

Eiding, S. 120f.; Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.4; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.260 f.; Kircher, S. 176; Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm.3b; Rupp, Computersoftware, S.223 u. wistra 1985, S. 141; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11 u. § 109 UrhG Rn.3; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.271. 1246 Kircher, S. 176. 1247 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.271. 1248 Rupp, Computersoftware, S.223. 1249 Vgl. zur strafrechtlichen Einwilligung: Kap. 6 B.I. 1250 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.261. 1251 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 114. 1252 So: v. Gamm, § 31 UrhG Rn. 11; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 306; a. Α.: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 114. 1253 Eiding, S. 120f.; Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.4; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.260; Rupp, Computersoftware, S. 120ff. u. wistra 1985, S. 141 u. ZUM 1986, S. 15ff.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.565; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.271 u. FS-Stree/Wessels, S.615. 1254 Rupp, Computersoftware, S. 120ff. u. S. 132 u. S. 196ff. u. ZUM 1986, S. 15ff.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.271. 1255 Rupp, Computersoftware, S. 120ff. u. S. 132 u. S. 196ff. u. ZUM 1986, S. 15ff.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.271. 1256 Rupp, Computersoftware, S. 121 u. ZUM 1986, S. 15.

F. Nichtberechtigung („ohne Einwilligung des Berechtigten")

165

Umstritten aber ist, ob neben dem Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts auch der Urheber in die Verwertung durch Dritte einwilligen muss. Diese Frage taucht beispielsweise auf, wenn der Inhaber des ausschließlichen Verlagsrechts einem anderen Verleger unter Abbedingung des § 34 UrhG eine Taschenbuchlizenz einräumt 1257. Rupp {25 % bejaht die Notwendigkeit der Einwilligung des Urhebers für den Fall, dass die Nutzungsrechte nicht insgesamt und auf unbegrenzte Dauer übertragen wurden, weil dann Nutzungsrechte beim Urheber blieben. Meines Erachtens aber bieten die §§ 3Iff. UrhG für eine derartige Differenzierung keinen Anhaltspunkt. Es kommt deswegen nur darauf an, ob der Urheber das betreffende Verwertungsrecht innehat.1259 Alles weitere hängt von der konkreten Vertragsgestaltung ab. Dies meint letztlich wohl auch Weber 1260, der allerdings grundsätzlich davon ausgeht, der Urheber sei in Fällen eines ausschließlichen Nutzungsrechts bei Rechtsverletzung durch Dritte neben dem Nutzungsberechtigten einwilligungsberechtigt; dies folge daraus, dass die Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts das Urheberrecht wegen § 29 S. 2 UrhG beim Urheber belasse. Das Erfordernis der Einwilligung folge im Übrigen aus § 35 Abs. 1 S. 1 UrhG. Doch führt Weber weiter aus, es sei häufig so, dass der Urheber den absolut Nutzungsberechtigten ermächtige, auch für ihn die Einwilligung in die Verwertungshandlung zu erteilen; davon gehe das UrhG in § 35 Abs. 1 S. 2 UrhG in den Fällen aus, in denen das ausschließliche Nutzungsrecht zur Wahrnehmung übertragen werde; soweit dies gegenüber einer Verwertungsgesellschaft geschehe, bestehe nach § 11 UrhWG sogar ein Abschlusszwang der Verwertungsgesellschaft mit Dritten. Meines Erachtens bedarf es nicht der Konstruktion einer „Ermächtigung" im Sinne Webers. Vielmehr reicht es aus, auf die vertragliche Gestaltung oder das Vorliegen einer Zustimmung zur Einräumung von Nutzungsrechten abzustellen. § 35 Abs. 1 S. 1 u. 2 UrhG stellen insofern lediglich zwei typisierte Fallgestaltungen dar. Abschließend sei bemerkt, dass die Rechtsverhältnisse zwischen einem Urheber als Arbeitnehmer und seinem Arbeitgeber sich nach denselben Grundsätzen wie in den Fällen der Einräumung von Nutzungsrechten bestimmen.1261 Insofern sind lediglich die Vorschriften der §§43, 69b UrhG zu beachten.1262 Auf die Vorschriften der §§31 Abs. 5, 37 Abs. 1,43 UrhG komme ich unten 1263 bei der Frage der Geltung von Vermutungen im Urheberstrafrecht zu sprechen. 1257

Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11. Rupp, Computersoftware, S. 122 u. ZUM 1986, S. 16. 1259 Ebenso: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11. 1260 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 271; entsprechend: Lange, S.206f. 1261 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.272; so wohl auch: Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.4; Rupp, Computersoftware, S. 114ff. u. ZUM 1986, S. 15ff. 1262 Vgl. auch: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn.4; zur früheren Rechtslage: Staatsanwaltschaft beim LG München II, CR 1988, 230. 1263 Vgl. zum Problem der Vermutungen: Kap.2 G. 1258

166

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

VII. Probleme im Zusammenhang mit Ansprüchen des Verwerters auf die Einräumung von Nutzungsrechten Beispiele dafür, dass der Verwerter eines Werks gegenüber dem Urheber einen Anspruch auf die Einräumung von Nutzungsrechten hat, finden sich in verschiedenen Vorschriften: §§8 Abs. 2 S. 2,9 UrhG, 2038 Abs. 1 S. 2 BGB. Auch die Zwangslizenz nach § 61 UrhG, die wegen ihrer Stellung bei den Schrankenbestimmungen schon oben 1264 behandelt wurde, ist ein solcher Fall. Lediglich Weber 1265 und Haß 1266 haben sich zu dieser Frage geäußert. Beide meinen, die schuldrechtliche Verpflichtung zur Einwilligung ersetze nicht die fehlende Einwilligung. Es müsse in diesen Fällen vor der Verwertung auf Einräumung eines Nutzungsrechts geklagt werden. 1267 Ich möchte dem zustimmen. Allein aufgrund eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Einräumung eines Nutzungsrechts zur Verwertung wird der Inhaber des Anspruchs nicht zum Berechtigten; dies ist vielmehr erst dann der Fall, wenn das entsprechende Nutzungsrecht tatsächlich eingeräumt wurde. Auch der Inhaber eines solchen Anspruchs macht sich mithin durch die Verwertung strafbar. Allein bei der Strafzumessung 1268 wird man zu Gunsten des Täters berücksichtigen müssen, wenn diesem ein schuldrechtlicher Anspruch zugestanden hat. 1269

V I I I . Probleme im Zusammenhang mit bedingter oder beschränkter Rechtseinräumung Berechtigter ist nur, wem das der vorgenommenen Verwertung entsprechende Nutzungsrecht eingeräumt wurde. Dies ist deswegen von Bedeutung, weil nach § 32 UrhG Nutzungsrechte räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt werden können. Räumliche und zeitliche Beschränkungen werfen dabei weniger Probleme auf. Während früher die Frage der Zulässigkeit von Parallelimporten und der Weiterverbreitung der eingeführten Tonträger 1270 schwierige Rechtsfragen aufgeworfen hat, erscheinen mir die zugrunde liegenden europarechtlichen Probleme inzwischen weitgehend geklärt. Unter welchen Voraussetzungen räumliche Beschränkungen möglich sind, lässt sich deswegen ohne Mühe feststellen. Zeitliche Beschränkungen 1264

Vgl. zur Zwangslizenz: Kap. 2 E. VII. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 189 u. S.269. 1266 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 10 u. Rn. 11. 1267 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.269. 1268 v g l z u r Strafzumessung: Kap. 7 B.I. 1265

1269 1270

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.246 f. Zur Zulässigkeit von Parallelimporten im Tonträgerbereich: Reiners, S. 543 ff.

F. Nichtberechtigung („ohne Einwilligung des Berechtigten")

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haben - soweit ersichtlich - noch nie zu größeren Problemen geführt. Eine zeitliche Beschränkung ist in der Regel möglich. Dagegen ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen inhaltliche Beschränkungen möglich sind, bislang weitgehend ungeklärt. So wird meist ausgeführt, Beschränkungen seien ohne weiteres möglich. 1271 Im Fall der Beschränkung mache sich derjenige nach § 106 UrhG strafbar, der seine Nutzungsrechte überschreitet. 1272 Dies sei etwa der Fall, wenn ein Verleger, der zum Druck von nur 1.000 Exemplaren berechtigt ist, weitere Vervielfältigungsstücke produziert 1273, wenn der Arbeitgeber die im Arbeitsvertrag eingeräumten Nutzungsrechte überschreitet 1274, bei Überpressungen im Tonträgerbereich 1275 oder bei Verbreitung, obwohl nur das Vervielfältigungsrecht eingeräumt wurde 1276 . Auch könne die Nutzung eines Computerprogramms auf nur einen Computer beschränkt werden. 1277 Bei sogenannter Shareware 1278 sei es möglich, die Nutzung auf den nichtgewerblichen Bereich zu beschränken. 1279 Auch sei es möglich, die Rechtseinräumung an Bedingungen zu knüpfen. So könne die Einräumung von der Wahrung der Urheberpersönlichkeitsrechte abhängig gemacht werden. 1280 Andererseits seien wirtschaftliche Interessen der Werkverwerter durch § 106 UrhG nicht geschützt; so werde die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken nicht deswegen zu einer Tat nach § 106 UrhG, weil sich der Buchhändler nicht an den gebundenen Endverkaufspreis hält. 1281 Im Interesse eines möglichst weit reichenden Schutzes des Urhebers möchte ich die Zulässigkeit von Bedingungen und Beschränkungen grundsätzlich bejahen. Im Strafrecht muss es jedoch Einschränkungen geben. Ich denke hier an drei Fallkonstellationen: Zum einen können Bedingungen oder Beschränkungen gegen rechtlich geschützte Interessen, etwa gegen Kartellrecht, Wettbewerbsrecht oder das 1271 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 161; Junker, NJW Ì99S,S.949\ Reiners, S.543 ff.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 134f.; Rupp, Computersoftware, S. 121 u. S. 195 u. ZUM 1986, S. 16; Schaefer, Handbuch, S.532; Schaefer/Körfer, S. 107; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 191 ; einschränkend: Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 383 u. Rn. 544 f. 1272 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 160f.; Reiners, S.560; Rupp, Computersoftware, S. 121 u. S. 195 u. S. 197 u. ZUM 1986, S. 16; Schaefer, Handbuch, S. 532; Schaefer/Körfer, S. 107; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 191. 1273 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 191. 1274 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 191 f. 1275 Schaefer, Handbuch, S.532; Schaefer/Körfer, S. 107. 1276 Rupp, Computersoftware, S. 195 u. S.223. 1277 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 160 f., unter Hinweis auf verschiedene Gestaltungen von Lizenzverträgen. 1278 Zur Abgrenzung von Shareware, Freeware und Public-Domain-Software: Schulze-Heiming, S. 155 ff. 1279 Junker, NJW 1998, S.949, m.w.N.; Schulze-Heiming, S. 157. 1280 Hanser-Strecker, S. 166. 1281 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 188.

168

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Recht allgemeiner Geschäftsbedingungen, verstoßen. Zum anderen ist denkbar, dass Klauseln in Lizenzverträgen derart unbestimmt sind, dass sie den Anforderungen von § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG nicht genügen. Schließlich kann die Auslegung der Vereinbarung, insbesondere der Umfang der Rechtseinräumung nach § 31 Abs. 5 UrhG, strittig sein. Bei der ersten Fallkonstellation wird die Zulässigkeit der Bedingung oder Beschränkung häufig unter den Beteiligten umstritten sein; denn ob rechtlich geschützte Interessen, etwa das Verbot der Preisbindung nach § 14 GWB, eine Bedingung oder Beschränkung verbieten, lässt sich in der Regel nur schwer beurteilen. Die Problematik ähnelt insofern der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen beim Verbreitungsrecht der Erschöpfungsgrundsatz eingreift. Ich habe dort 1282 vorgeschlagen, in rechtlich zweifelhaften Fällen regelmäßig solange nicht zu bestrafen, bis die Rechtslage im betreffenden Bereich durch höchstrichterliche Entscheidung aus dem Urheberzivilrecht geklärt und eine Bestrafung im konkreten Fall vorhersehbar ist. Hinsichtlich der Begründung möchte ich auf die dortigen Ausführungen verweisen. Auch bei der Frage der Zulässigkeit von Bedingungen oder Beschränkungen halte ich die zurückhaltende Anwendung des Strafrechts nicht nur für verfassungsrechtlich geboten, sondern auch für kriminalpolitisch wünschenswert. Denn andernfalls käme es zu einer unerträglichen Kriminalisierung der Verletzung von Lizenzvereinbarungen 1283; im Extremfall müsste sogar der Streit über die Unwirksamkeit einer Vereinbarung in allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 9 AGBG 1 2 8 4 vor dem Strafgericht ausgetragen werden. All diese Probleme auf die Ebene der Irrtümer zu verlagern, halte ich nicht für sinnvoll; denn die Irrtumsregeln richten sich nach ihrer Konzeption an den einzelnen Beschuldigten, der die Sachoder Rechtslage nicht durchschaut. Die Rechtsfragen dagegen, die in bestimmten Fällen bedingter oder beschränkter Rechtseinräumung zu klären sind, sind im Ganzen und für alle Rechtsanwender ungeklärt. Auf die Frage, ob die Unbestimmtheit eines Lizenzvertrags zu einem Verstoß gegen § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG führt, ist Franzheim m5 eingegangen. Er meint, es dränge sich die Frage eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 2 GG auf, sofern der Lizenzvertrag unbestimmt ist, da das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten" letztlich durch den Lizenzvertrag ausgefüllt werde. Eine Bestimmung, nach der es zulässig sei, das Programm zu 20% auf einem tragbaren Computer zu nutzen, sofern die übrige Nutzung an einem Tischgerät erfolge 1286 , sei zu unbestimmt, da niemand wisse, zu wie viel Prozent er welches Gerät nutzt. Ich möchte Franzheim zustimmen.1287 Denn beim Tatbestandsmerkmal der Nichtberechtigung handelt es sich 1282 1283 1284 1285 1286 1287

Vgl. zu den Problemfällen beim Erschöpfungsgrundsatz: Kap.2 D.III.5. Ähnlich: Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 161. Dazu: OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 1997, 494; Lehmann, NJW 1993, S. 1825. Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 161. So die Lizenzverträge der Firma Microsoft, in: Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 161. So auch: Beermann, S.612.

G. Problem der Geltung von Vermutungen

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um ein Blankettmerkmal 1288; bei derartigen Merkmalen ist die ausfüllende Norm mit dem Blanketttatbestand zusammenzulesen, das Blanketttatbestandsmerkmal also durch die ausfüllende Norm zu ersetzen. 1289 Wenn aber Bestimmungen in Lizenzverträgen Bestandteil des Straftatbestands werden, müssen auch diese Bestimmungen den Anforderungen des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG genügen. Im Falle unbestimmter Klauseln ist mithin im Hinblick auf § 106 Abs. 1 UrhG die Berechtigung des Beschuldigten zu unterstellen. Es besteht kein Strafrechtsschutz. Bei der dritten Fallkonstellation wird ähnliches gelten müssen. Ist im Einzelfall der Umfang der Rechtseinräumung aufgrund unterschiedlicher Auslegung streitig und sind die Begründungen beider Parteien nachvollziehbar, die sie für ihre Auslegung geltend machen, sollte nicht mit den Mitteln des Strafrechts in das Vertragsverhältnis eingegriffen werden. Da abermals die Grundsätze des BVerfG 1290 zur Unbestimmtheit von Strafrechtsnormen eingreifen, insbesondere eine Bestrafung in diesem Fall nicht vorhersehbar ist, würde mit einer Bestrafung gegen Art. 103 Abs. 2 GG verstoßen.

IX. Verfassungsmäßigkeit des Tatbestandsmerkmals Weber ]29 ] weist zu Recht darauf hin, die Frage der Bestimmtheit stelle sich hinsichtlich des Merkmals „nach Treu und Glauben" in §§ 8 Abs. 2 S. 2, 9, 34 Abs. 1 UrhG nicht; denn die schuldrechtliche Verpflichtung zur Lizenzierung ersetzt ohnehin nicht die fehlende Berechtigung 1292. Auf die Fragen, die Bedingungen und Beschränkungen in einem Lizenzvertrag im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG aufwerfen, bin ich vorstehend bereits eingegangen 1293 . Insofern sei verwiesen.

G. Problem der Geltung von Vermutungen Umstritten ist, ob die urheberzivilrechtlichen Vermutungen - insbesondere § 10 UrhG - auch im Strafrecht Geltung beanspruchen. Dies hat beispielsweise Bedeutung bei unterschiedlichem Ablauf der Schutzfrist, wenn etwa der Beschuldigte im 1288

Ausführlicher insofern im Zusammenhang der Irrtumslehre: Kap. 6 D.II.2.e. Bachmann, S.25; Jescheck/Weigend, §29 V3 u. §41 II2c; Kircher, S. 16; Maurach/Zipf, § 8 Rn. 30 u. § 23 Rn. 9; Schönke/Schröder-Cramer, § 15 StGB Rn. 100; Schroth, S. 32; Tröndle/Fischer, § 1 StGB Rn. 5; Warda, Die Abgrenzung, S. 36ff.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.291 u. S.294; Welzel, MDR 1952, S.586 u. Das deutsche Strafrecht, S. 168. 1290 BVerfGE 92, 1, 17f.; vgl. zur verfassungskonformen Auslegung beim Werkbegriff: Kap.2 C.I.8.b. 1291 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 189. 1292 Vgl. zu Problemen mit Ansprüchen auf Einräumung eines Nutzungsrechts: Kap.2 F. VII. 1293 y g i z u r Zulässigkeit von Bedingungen und Beschränkungen: Kap.2 F. VIII. 1289

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2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

Strafverfahren vorbringt, das nachgedruckte Werk stamme in Wirklichkeit nicht von demjenigen, der die Urheberbezeichnung angebracht und das Werk unberechtigterweise unter seinem Namen herausgebracht habe, sondern von einem bereits vor 90 Jahren verstorbenen Dritten. 1294 Auch die Frage, ob dem Beschuldigten ein Nutzungsrecht eingeräumt wurde, kann davon abhängen, wer der Urheber des Werks ist, wer also in der Lage war, ein Nutzungsrecht einzuräumen. Die meisten Autoren wollen die Vermutungen des § 10 UrhG im Strafrecht nicht anwenden.1295 Der in § 244 Abs. 2 StPO niedergelegte Amtsermittlungsgrundsatz sowie der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäß § 261 StPO zwinge das Gericht zur Beweisaufnahme über alle Tatsachen, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. 1296 Vermutungsvorschriften änderten daran nichts und führten nicht dazu, dass der Angeklagte die Beweislast für sein Vorbringen trage. 1297 Auch wegen des Grundsatzes „in dubio pro reo", der in Art. 6 Abs. 2 EMRK 1 2 9 8 eine gesetzliche Regelung erfahren hat, könne die Vermutung nicht angewandt werden, wenn nach der Ausschöpfung aller möglichen Beweise nach § 261 StPO offen bleibe, wer der Urheber des Werks ist. 1299 Die Beweisregeln des Zivilrechts bänden den Strafrichter nicht, sondern würden vom Grundsatz „in dubio pro reo" überspielt. 1300 Dagegen will v. Gravenreuth 1301 die Vermutungen des § 10 UrhG anwenden. Eine Parallele zum Diebstahl ergebe, dass die Vermutungen gelten müssten. Denn ebenso wie beim Merkmal „fremd" in § 242 StGB würden auch im Urheberrecht die Beurteilungskriterien des bürgerlichen Rechts gelten. Jedenfalls sei ein Werk mit einem Urheberrechts vermerk nicht „herrenlos"; wenn man also ausschließen könne, dass der Beschuldigte nicht Urheberrechtsinhaber ist, könne die Vermutung des §10 UrhG im Übrigen angewandt werden. Zudem könne die Staatsanwaltschaft den Anzeigeerstatter zur Klärung einer zivilrechtlichen Vorfrage nach § 154 d StPO auf den Zivilrechtsweg verweisen; dort finde die Vermutung des § 10 UrhG Anwendung, zumal die Staatsanwaltschaft das Zivilgericht nicht zwingen könne, § 10 UrhG nicht anzuwenden; mittelbar wirke § 10 UrhG also auch im Strafprozess. Ein Widerspruch zum Amtsermittlungsgrundsatz des § 244 Abs. 2 StPO und zum Grundsatz „in dubio pro reo" ergebe sich nicht, da es sich bei den Fragen des § 10 UrhG nur um zivilrechtliche Vorfragen im Hinblick auf die Fremdheit des Werks, 1294

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 192f. Sieber, Computerkriminalität, 2. Aufl., S.68; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 192 u. S.272f.; wohl auch: Schmitz/Schmitz, S.72. 1296 Sieber, Computerkriminalität, 2. Aufl., S.68; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 192 u.S. 272. 1297 KMR-Paulus, §244 StPO Rn.279; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 192f. 1298 Zustimmungsgesetz vom 7.8.1952 (BGBl. II S.685, 953). 1299 KMR-Paulus, §261 StPO Rn. 15; Sieber, Computerkriminalität, 2. Aufl., S.68; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 193 u. S. 272. 1300 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 193. 1301 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 10f.; teilweise auch in: Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn.2 u. Rn.4. 1295

G. Problem der Geltung von Vermutungen

171

nicht aber um eine strafrechtliche Frage handele. Schließlich müsse § 10 UrhG aus praktischen Erwägungen angewandt werden, da andernfalls häufig die Gefahr des Ablaufs der Strafantragsfrist bestehe. Ich halte die Ansicht v. Gravenreuths für unvertretbar. Zunächst sei insofern auf die Argumente der Gegenansicht verwiesen. Überdies taucht der Begriff „fremd" in § 106 UrhG gar nicht auf, weswegen das Problem bei § 106 Abs. 1 UrhG anders gelagert ist als bei § 242 StGB. Auch Begriff der „herrenlosen Sache" führt nicht weiter, da Urheberrechte zeitlich 1302 , inhaltlich und räumlich beschränkt werden können und es immer darauf ankommt, wer im Einzelfall Inhaber welcher Rechte ist. Ferner dürfen auch beim Diebstahl Vermutungen nicht angewandt werden, wenn es darum geht, die Fremdheit einer Sache festzustellen. Das Problem v. Gravenreuths, dass zwar der Berechtigte nicht feststellbar ist, aber sicher ist, dass der Beschuldigte nicht berechtigt und die Schutzfrist noch nicht abgelaufen ist, stellt sich vielmehr als Frage der Zulässigkeit einer Wahlfeststellung 1303 dar. Auch dient die Verweisungsmöglichkeit nach §§ 154d, 262 Abs. 2 StPO 1304 , da im Zivil- und Strafprozess unterschiedliche Ermittlungsgrundsätze gelten, in erster Linie der Klärung von Rechtsfragen. Soweit also die Anwendbarkeit der Vermutung des § 10 UrhG im Strafrecht verneint wird, kann insoweit nicht mehr nach § 154 d StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden. Selbst wenn ein Zivilgericht unter Anwendung der Vermutung entscheidet, müsste das Strafgericht wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes von neuem ermitteln. 1305 Schließlich ist die Gefahr des Ablaufs der Strafantragsfrist kein Argument für Anwendung der Vermutung des § 10 UrhG beim Tatbestand1306, da es insoweit genügt, die Vermutung bei der Antragsberechtigung 1307 anzuwenden. Jedenfalls im materiellen Strafrecht wird man die Vermutung des § 10 UrhG also nicht anwenden können. Haß 1308 meint, auch die Beweislastregel des § 15 Abs. 3 UrhG könne im Strafprozess keine Anwendung finden, da dort nach § 261 StPO die Beweisführungslast dem Strafgericht obliegt, das von Amts wegen die Wahrheit erforschen muss. Dem stimme ich zu. Auch hinsichtlich der Beweislastregeln der §§15 Abs. 3, 44 Abs. 2, 47 Abs. 2, 49 Abs. 1 S. 2, 69 e Abs. 2 Nr. 2 UrhG verbieten der Amtsermittlungsgrundsatz, der Grundsatz der freien Beweiswürdigung und der Grundsatz „in dubio pro reo" im Strafprozess die Anwendung. Manche Autoren 1309 halten auch die §§ 31 Abs. 5, 37,43,44 Abs. 1 UrhG für Vermutungen, die im Strafprozess nicht angewandt werden dürften, da andernfalls gegen 1302

Vgl. das Beispiel von Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 192f. 1303 y g i z u r Möglichkeit der Wahlfeststellung: Kap. 6 J. 1304

Vgl. zur Verweisung an die Zivilgerichtsbarkeit: Kap. 7 A.IV. 1. Vgl.: Kleinknecht/Meyer-Goßner, §262 StPO Rn.4. 1306 So aber: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 10. 1307 y g i z u r Anwendbarkeit der Vermutung im Strafantragsrecht: Kap. 7 Α. 1.2. f. 1305

1308

Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.6. Rupp, Computersoftware, S. 123 u. S. 135 u. ZUM 1986, S. 16; Sieber, Computerkriminalität, 2. Aufl., S. 68. 1309

172

2. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 106 UrhG

den Grundsatz „in dubio pro reo", Art. 6 Abs. 2 EMRK und gegen §§244 Abs. 2,261 StPO verstoßen würde. Ein Auseinanderfallen zivilrechtlichen und strafrechtlichen Schutzes sei im Einzelfall hinzunehmen; Strafbarkeitslücken seien mit Blick auf den zivilrechtlichen Schutz tragbar. 1310 Dies überzeugt nicht. Die §§31 Abs. 5, 37,43,44 Abs. 1 UrhG sind keine Vermutungen, sondern lediglich Auslegungsregeln 1311. Der Sinn dieser Vorschriften besteht allein in zweierlei: Zum einen soll die Möglichkeit konkludenter Vertragsabschlüsse beschränkt werden; zum anderen wird geregelt, zu wessen Lasten Unklarheiten bei der Auslegung von Verträgen gehen. Letztlich konkretisieren die Vorschriften die §§ 133, 157 BGB. In dem Fall dagegen, dass Tatsachen nicht aufzuklären sind, sind die Vorschriften von vornherein nicht anwendbar. Bei der Auslegung aber greift der Grundsatz „in dubio pro reo" nicht ein. 1312 Ein Verstoß gegen die genannten Grundsätze kommt deswegen nicht in Frage. Zu beachten ist schließlich, dass die Vermutungen auch in den Fällen, in denen sie für den Beschuldigten sprechen 1313, nicht angewandt werden können. Denn hier gilt zwar nicht der Grundsatz „in dubio pro reo"; wohl aber müssen die Grundsätze der Amtsermittlung (§ 244 Abs. 2 StPO) und der freien Beweiswürdigung (§ 261 StPO) angewendet werden. 1314

1310 Rupp, Computersoftware, S. 123 u. ZUM 1986, S. 16; Sieber, Computerkriminalität, 2. Aufl., S.68. 1311 Vgl. auch: Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 313; Schricker-Schricker, Urheberrecht, vor §§28ff. UrhG Rn.65. 1312 LK-Tröndle, § 1 StGB Anm. 52; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 160; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.232. 1313 Zum zivilrechtlichen Meinungsstreit der Anwendbarkeit der Vermutungen in diesen Fällen einerseits: Locher, S.69; andererseits: Fromm/Nordemann, § 10 UrhG Rn.30; Möhring/ Nicolini-Nicolini, § 10 UrhG Anm. 5; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 121. 1314 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 193.

Kapitel 3

Objektiver Tatbestand des § 107 UrhG In der Literatur besteht Einigkeit, dass der Schutzbereich des § 107 UrhG eng eingegrenzt ist.1 So wird der Vorschrift teilweise sehr geringe2, teilweise sogar keine3 praktische Bedeutung zugeschrieben. VincJà führt überspitzt aus, die praktische Bedeutung erschöpfe sich in der bloßen Existenz der Vorschrift. Dagegen meint Locher 5, die Vorschrift finde gelegentlich Anwendung; Nachweise liefert er allerdings nicht. Mit anderen Autoren 6 meint Locher , die Vorschrift sei in ihrer praktischen Bedeutung zur Bekämpfung des Kunstschwindels zu wenig erkannt. Zwar habe § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG nur einen Ausnahmefall im Auge, da das Anbringen einer falschen Signatur nicht erfasst werde7; aber § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG wirke als Schutzinstrument im Vorfeld der Kunstfälschung. 8 Katzenberger 9 will den wichtigsten Grund für die mangelnde Bedeutung der Vorschrift im faktischen Informationsmangel der betroffenen Künstler erblicken; denn regelmäßig würden Einzelstücke Tatobjekte, so dass keine Überwachung möglich sei. Auch die Subsidiaritätsklausel bewirke den engen Schutzbereich und die geringe praktische Bedeutung.10 Eine Anwendung der Vorschrift komme in erster Linie in Fällen in Betracht, in denen der Täter ohne Veräußerungsabsicht handelt.11 Schließlich sei das Antragserfordernis für die geringe praktische Bedeutung ursächlich. 12 1

Kann , S. 104 u. S. 144; Löffler , S. 1423. Dahn, S. 134; Gerstenberg , Vorbem. zu §§ 106ff. UrhG; Kann , S. 104 u. S. 144; Locher , S. 196; Löffler , S. 1427; Movsessian/Seifert , S. 306; Möhring/Nicolini-Spautz , § 107 UrhG Anm. 1 b.; Müller/Wabnitz/Janovsky, 8. K. Rn.44; Müller-Gugenberger , §45 Rn. 114; Samson, Urheberrecht, S.233; Schack , Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.742; Weber , FS-Stree/ Wessels, S.616. 3 Erbs/Kohlhaas-Meurer , § 107 UrhG Rn. 1; Flechsig , AfP 1978, S.20 u. GRUR 1978, S.289; Fromm/Nordemann-Vinck , § 107 UrhG Rn. 1; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 15; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.53 u. S. 176 u. S. 192; Weber, Handwörterbuch, S. 8. 4 Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn. 1; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 192. 5 Locher, S. 104; ähnlich: Gerstenberg, Vorbem. zu §§ 106ff. UrhG. 6 Katzenberger, GRUR 1982, S.718; Locher, S. 104 u. S. 196; Schricker-Haß, Urheberrecht, §107 UrhG Rn.9. 7 Löffler, S. 1426; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.743. 8 Katzenberger, GRUR 1982, S.719; Weber, Handwörterbuch, S.8; ähnlich: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.9; zur Kunstfälschung: Löffler, S. 1421 ff. 9 Katzenberger, GRUR 1982, S.720. 10 Löffler, S. 1423 u. S. 1427. 11 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.567. 2

174

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 10 UrhG

Dem hat vor allem Sieg 13 widersprochen: Es gebe kein Bedürfnis, die Vorschrift wiederzubeleben, da kein Schutzbedürfnis bestehe. Eine Anfrage Siegs 14 bei den Interessenvertretungen der bildenden Künstler ergab, dass dort keine Fälle von Strafantragstellung oder wegen Fristablaufs misslungener Antragstellung bekannt seien. Auch in der Juristenausbildung habe die Vorschrift keine Bedeutung15; einzige Ausnahme insofern sei die Übungsklausur eines kommerziellen Repetitors16. Die letzte feststellbare Entscheidung17 stamme aus dem Jahre 190018, wobei das RG dort allein Urkundenfälschungstatbestände prüfte. Ich möchte diese Frage an dieser Stelle nicht vertiefen, sondern unten im Zusammenhang der rechtspolitischen Überlegungen19 darauf zurückkommen. Die Normierung von § 107 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UrhG in einem Tatbestand ist nur durch die Äußerlichkeit gerechtfertigt, dass beide mit Werken der bildenden Künste zu tun haben; die geschützten Rechtsgüter20 sind unterschiedlicher Natur. 21 Nr. 1 hat das Innenverhältnis zwischen Signant und Urheber im Blick, während es in Nr. 2 um die Außenwirkung eines für sich noch nicht verpönten Verhaltens geht.22 Nach Darstellung der geschützten Rechtsgüter des § 107 UrhG (A) 23 komme ich zunächst auf die geschriebenen Tatbestandsmerkmale des § 107 Abs. 1 Nr. 1 (B) 24 und Nr. 2 (C) 25 zu sprechen. Danach wird erörtert, ob ungeschriebene Tatbestandsmerkmale existieren (D) 26 . Schließlich lege ich dar, warum ich die Vorschrift des § 107 UrhG für verfassungswidrig und unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG halte (E) 27 .

12

Löffler, S. 1427. Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 176 u. S. 192. 14 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.60. 15 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.57ff. 16 Alpmann/Schmidt, Übungsklausur Β 38, Neuauflage vom 15.1.1996 enthält Bearbeitervermerk, wonach Verstöße gegen das UrhG nicht zu prüfen sind, zitiert nach Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.59. 17 RGSt 34, 53. 18 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.23. 19 Vgl. insofern: Kap. 10. E.II.5. 20 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap. 3 A. 21 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.249. 22 Ebenso: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 1. 23 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap. 3 A. 24 Vgl. zu § 107 Abs. 1 Nr. 1 : Kap. 3 A. 25 Vgl. zu § 107 Abs. 1 Nr. 2: Kap. 3 C. 26 Zu ungeschriebenen Tatbestandsmerkmalen: Kap. 3 D. 27 Zur Verfassungsmäßigkeit des § 107 UrhG: Kap. 3 E. 13

Α. Rechtsgüter

175

Α. Rechtsgüter Lampe28 stellt zutreffend fest, dass sich die Schutzrichtung des § 107 UrhG 29 nicht ohne Widersprüche ermitteln lässt. Denn soweit man annehmen will, die Allgemeinheit werde geschützt, ist die Begrenzung durch die Schutzfrist der §§64 ff. UrhG systemwidrig; 30 soweit dagegen in der Vorschrift ein Tatbestand zum Schutz des Künstlers gesehen wird, stellt sich die Subsidiaritätsklausel als unberechtigt dar.31 Dieses Dilemma spiegelt sich wider in zwei Extrempositionen: So hält vor allem Ulmer 32 den Schutz der Allgemeinheit durch urheberrechtliche Vorschriften für widersinnig. Die Allgemeinheit könne auch irregeführt werden, wenn der Urheber einwilligt. 33 Auch das Antragserfordernis des § 109 UrhG deute auf den ausschließlichen Schutz des Urhebers hin. 34 V. Gravenreuth 35 dagegen ist der Auffassung, jedenfalls § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG schütze nur die Allgemeinheit. Meines Erachtens wird man der Vorschrift des § 107 UrhG am besten gerecht, wenn man von einer zweifachen Schutzrichtung ausgeht.36 Die Argumentation Ulmers lässt sich kaum noch aufrechterhalten, zumal § 109 UrhG in ein relatives Antragserfordernis umgestaltet wurde. Zudem wird man dem Antragserfordernis kaum den Willen des Gesetzgebers entnehmen können, nur den Urheber zu schützen, zumal sich der Gesetzgeber37 ausdrücklich für den Schutz der Allgemeinheit ausgesprochen hat.38 Andererseits kann mich nicht überzeugen, einer Vorschrift des UrhG allein Schutz der Allgemeinheit entnehmen zu wollen. Auch insofern steht eine Äußerung des Gesetzgebers39 entgegen. Im Einzelnen schützt § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG das Persönlichkeitsrecht des Urhebers 40, selbst zu entscheiden, ob an seinem Werk eine Urheberbezeichnung ange28

Lampe, UFITA 83 (1978), S.21. Zur Verfassungswidrigkeit der Vorschrift: Kap. 3 E. 30 So auch: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.87 u. S.90; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.567. 31 Lampe, UFITA 83 (1978), S.21 ; ähnlich: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 15. 32 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.567. 33 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.90; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.567. 34 Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm.4a; Tölke, S.63 Fn.2; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.567. 35 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.22. 36 So auch: BT-Drucks. IV/270, S. 108; Dahn, S. 133f.; Kann, S.90f. u. S. 104; Katzenberger, GRUR 1982, S.719; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 18; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 1 a u. § 107 UrhG Anm. 1 b; Rupp, Computersoftware, S. 120 u. ZUM 1986, S. 15; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 1 u. § 107 UrhG Rn. 1 u. Rn.9; Tölke, S.65; Weber, Handwörterbuch, S. 8. 37 BT-Drucks. IV/270, S. 107. 38 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 90; ähnlich: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.9. 39 BT-Drucks. IV/270, S. 108. 40 Für persönlichkeitsrechtlichen Schutz auch: Alternativentwurf, S. 119; Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn. 1 u. § 107 UrhG Rn. 1 ; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 21 f.; Kann, 29

176

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 10 UrhG

bracht wird 41 und welche Bezeichnung zu verwenden ist. 42 Dagegen irrt Spautz 43, wenn er meint, die Vorschrift schütze das Recht des Künstlers auf Anonymität. Denn offensichtlich wird der Künstler durch die Vorschrift nicht vor einer unerwünschten Zuschreibung seines Werks bewahrt, da diese ebenso auch in zulässiger Weise durch einen Kataloghinweis, ein Hinweisschildchen am Bildrahmen oder an der Wand neben dem Gemälde geschehen kann 44 Der Schutz der Allgemeinheit45 durch Nr. 1 zielt darauf abzusichern, dass der Urheber hinter einem Werk steht und dieses deswegen mit Urheberbezeichnung in den Verkehr gegeben hat 46 und dass er das Werk für abgeschlossen hält47. Dagegen halte ich eine Formulierung von Haß A% für weniger präzise: Danach schütze die Vorschrift auch die Verlässlichkeit des Beweismittels Signatur, da ein Bedürfnis bestehe, darauf vertrauen zu können, dass die Signatur vom Urheber stammt oder mit dessen Einverständnis angebracht wurde. Meines Erachtens stehen Subsidiaritätsklausel und der Tatbestand der Urkundenfälschung, der gegebenenfalls eingreift, dieser Auffassung entgegen. Aus dem gleichen Grund wird man kaum sagen können, bei Nr. 1 stehe der Schutz der Allgemeinheit im Vordergrund 49.

S.90f. u. S. 104 u. S. 144; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 17f.; Letzgus, S.278; Löffler., S. 1426 u. S. 1429; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 1 a u. § 107 UrhG Anm. 1 b u. 2; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.243; Rupp, Computersoftware, S. 120 u. ZUM 1986, S. 15; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 1 u. § 107UrhG Rn. 1 u. § 109 UrhG Rn.4; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 85; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 566; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.252 u. S.361 u. FS-Stree/Wessels, S.621 u. Gedächtnisschrift-Meyer, S.634 u. Handwörterbuch, S. 8. 41 Alternativentwurf, S. 119; Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn. 1; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.21 f.; Kann, S. 144; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 17; Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. 2; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.85; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 566; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 85 u. S. 252 u. Handwörterbuch, S. 8. 42 Alternativentwurf, S. 119; Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn. 1; Kohler, S. 140; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 17; Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. 2; SchrickerHaß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 1; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 85; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.566; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.85 u. S.252 u. Handwörterbuch, S. 8. 43 Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. 2. 44 Ebenso: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.85 u. S.96 u. S. 103. 45 Für Schutz der Allgemeinheit auch: BT-Drucks. IV/270, S. 107; Möhring/NicoliniSpautz, § 106 UrhG Anm. 1 a u. § 107 UrhG Anm. 1 b; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.2 u. § 109 UrhG Rn.4. 46 Alternativentwurf, S. 119; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.22; Katzenberger, GRUR 1982, S.719; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 17f.; Löffler, S. 1429; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 252 u. Handwörterbuch, S. 8. 47 Schricker-Haß, Urnheberrecht, § 107 UrhG Rn. 1. 48 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.2. 49 So aber: Lampe, UFITA 83 (1978), S. 18; W Nordemann, NStZ 1982, S.374; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.252.

Α. Rechtsgüter

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Das durch § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG geschützte Urheberpersönlichkeitsrecht 50 soll nach Lampe51 der Imageschutz des Künstlers sein. Dieser Auffassung hat Sieg 52 mit der Begründung widersprochen, der Imageschutz sei nicht urheberrechtlicher Natur; Imageschutz sei nichts anderes als Schutz der Künstlerehre, für deren Schutz der Beleidigungstatbestand in Frage käme. Auch ich halte die Formulierung Lampes nicht für glücklich. Meines Erachtens zielt der persönlichkeitsrechtliche Schutz der Nr. 2 dahin, den Urheber des Originalwerks davor zu bewahren, als Urheber des Tatobjekts zu erscheinen. Insofern wird man auch nicht einwenden können, der Urheber könne den Irrtum ohne weiteres aufdecken 53; denn hierfür muss der Urheber zuvor Kenntnis der Tat erlangen. Die Allgemeinheit54 will § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG vor Täuschungen dahingehend schützen, dass es sich bei dem Werk um ein Original handelt.55 Auch Nr. 2 beabsichtigt meines Erachtens weniger den Schutz der Lauterkeit des Verkehrs mit Werken der bildenden Künste,56 da die Vorschrift aufgrund der Subsidiaritätsklausel regelmäßig nur im nichtvermögensrechtlichen Bereich eingreifen wird. Für treffender halte ich deswegen die Ansicht Siegs 51, die Vorschrift schütze lediglich vor einem Täter, der aus Prestigegewinn handelt. Auch wird man kaum behaupten können, der Schutz der Allgemeinheit dominiere, 58 was daran deutlich werde, dass auch der Urheber selbst Täter sein könne.59 Denn insofern weist die Argumentation einen Zirkelschluss auf: Dass der Urheber als Täter in Frage komme, soll daraus folgen, dass § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG in erster Linie die Allgemeinheit schütze. Ich halte beides für unzutreffend. 60 50 Für den Schutz des Urheberpersönlichkeitsrechts auch: Kann, S.90 f. u. S. 104; Letzgus, S. 278; Rupp, Computersoftware, S. 120 u. ZUM 1986, S. 15; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 1 u. § 107 UrhG Rn. 1 u. Rn.9; Weber, Handwörterbuch, S.8. 51 Lampe, UFITA 83 (1978), S. 18; ähnlich: Tölke, S.65. 52 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.89. 53 So aber: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.254. 54 Für den Schutz der Allgemeinheit auch: BT-Drucks. IV/270, S. 107; Artkämper, S. 275, Fn. 115; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 1 a u. § 107 UrhG Anm. 1 b; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.458 u. ZUM 1990, S.465. 55 Alternativentwurf, S. 119; Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn. 1; v. Gamm, § 107 Anm. 1; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.22; Kann, S. 144; Katzenberger, GRUR 1982, S.719; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 18; Löffler, S. 1426 u. S. 1428f.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.743; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107UrhG Rn. 1 u. Rn.9; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 158 u. 164f. u. S. 171; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.253f. u. Gedächtnisschrift-Meyer, S.634 u. Handwörterbuch, S.8. 56 So aber: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.9. 57 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.65. 58 Alternativentwurf, S. 119; W Nordemann, NStZ 1982, S. 374; Löffler, S. 1426 u. S. 1428 f.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 12; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.252 u. S.254 u. S.370f. 59 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn.2; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 18; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.254. 60 Zur Tathandlung der Vorschrift und der Frage, ob der Urheber als Täter in Frage kommt: Kap.3 C.II.

12 Hildebrandt

178

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 10 UrhG

B. Tatbestand der Nr. 1 § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG enthält drei geschriebene61 Tatbestandsmerkmale: Neben Tatobjekt (I) 62 und Tathandlung (II) 63 taucht ähnlich wie in § 106 Abs. 1 UrhG das Merkmal „ohne Einwilligung des Urhebers" auf (III) 64 .

I. Tatobjekt § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG nennt als Tatobjekt das Original eines Werks der bildenden Künste. Ich möchte zunächst den Begriff des Werks der bildenden Künste ( l ) 6 5 und danach den Begriff des Originals (2) 66 klären. 1. Begriff des „Werks der bildenden Künste" Der Begriff des Werks der bildenden Künste ist nach allgemeiner Ansicht derselbe wie in § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG. 67 Aus diesem Grund erfasst § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG nur urheberrechtlich geschützte Werke. 68 Der Werkbegriff ist kein anderer als bei §106 Abs. 1 UrhG, so dass auf die Ausführungen oben69 verwiesen werden kann; dies gilt insbesondere hinsichtlich des Schutzes sittenwidriger oder mit einem Verwertungsverbot belegter Werke. 70 Dagegen ist die Frage, welche Werke der bildenden Kunst angehören, schwierig zu beantworten. In der zivilrechtlichen Rechtsprechung71 wird insofern ausgeführt, Voraussetzung für ein Kunstwerk sei ein ästhetischer Überschuss in einem Grade, dass nach den im Leben herrschenden Anschauungen noch von Kunst gesprochen werden kann. Dabei sei der künstlerische Wert gleichgültig.72 61

Zu ungeschriebenen Tatbestandsmerkmalen: Kap. 3 D. Zum Tatobjekt: Kap. 3 B.I. 63 Zur Tathandlung: Kap.3 B.II. 64 Zum Merkmal „ohne Einwilligung des Urhebers": Kap.3 B.III. 65 Zum Begriff des Werks der bildenden Künste: Kap. 3 Β. 1.1. 66 Zum Begriff des Originals: Kap. 3 Β. 1.2. 67 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn.5; Flechsig, GRUR 1978, S.289; Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn. 1 ; v. Gamm, § 107 UrhG Rn. 2; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 277; Kircher, S. 15; Löffler, S. 1427; Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm.2; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 3; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 250. 68 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 3. 69 Vgl. zum Werkbegriff: Kap. 2 C.I. 70 Vgl. zum Schutz sittenwidriger oder mit Verwertungsverbot belegter Werke: Kap. 2 C.I.3. 71 RGZ 76,339, 344; BGHZ 16,4,6; 24,55,64; ähnlich: Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 134. 72 RGZ 76, 339, 344. 62

Β. Tatbestand der Nr. 1

179

Von der Literatur dagegen wird diese Definition kritisiert. Sie sei weitgehend nichts sagend und in der Praxis wenig hilfreich. 73 Der urheberrechtliche Begriff der Kunst sei nicht allgemein definierbar. 74 Sieg 75 führt insofern aus, der Jurist dürfe nicht über den ästhetischen Gehalt eines Werks entscheiden, sondern könne allenfalls beurteilen, ob es sich um ein Allerweltsprodukt oder um ein Werk mit individueller Prägung handele. Die individuelle Prägung könne selbst dann nicht versagt werden, wenn man den Urheber für verrückt halte. Im Zweifel sei zu bejahen, dass ein Kunstwerk vorliegt. Diese Vermutung verstoße nicht gegen den in-dubio-Grundsatz in der Ausprägung des Art. 6 Abs. 2 EMRK 76 . Sofern Sieg dies aber mit der irrtumsrechtlichen Notwendigkeit eines Freispruches wegen fehlenden Vorsatzes begründet, irrt er; denn der Grundsatz erfasst ohnehin nur Zweifel im Tatsachenbereich, nicht aber im Bereich der Gesetzesauslegung77. Noch weiter als die vorstehend genannte Literatur will Schmidt 78 gehen. Er meint, allein der Urheber dürfe darüber entscheiden ob ein Kunstwerk vorliege oder nicht 79 . Sieg 90 dagegen hält einen derart weiten Kunstbegriff im Strafrecht allein wegen des Bestimmtheitsgrundsatzes nicht für vertretbar. Ich möchte mich mit dem Begriff des Werks der bildenden Kunst nicht lange aufhalten, da ich die Vorschrift des § 107 UrhG aus verfassungsrechtlichen Gründen ohnehin für unanwendbar halte81. Ich sehe die Problematik weniger darin, eine allgemein gültige Definition des Kunstbegriffs zu finden und halte deswegen auch ein Anknüpfen an die Diskussion des Kunstbegriffs im Verfassungsrecht 82 nicht für sinnvoll; denn hinsichtlich Werkbegriff und Schöpfungshöhe ergeben sich bei Werken der bildenden Kunst keine anderen Probleme als bei Werken anderer Gattungen83. Vielmehr besteht die Schwierigkeit bei § 107 UrhG darin, Werke der bildenden Kunst von Werken anderer Gattungen abzugrenzen. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG stellt insofern zunächst klar, dass es sich auch bei Werken der Baukunst um Werke der bildenden Künste handelt.84 Außerdem lässt sich ein Kernbereich von Werken ausmachen, die zweifelsfrei dem Begriff der bildenden Kunst unterfallen. Hierhin gehören Gemälde, Zeichnungen, Holzschnitte, Kupfer73

v. Gravenreuth , Das Plagiat, S.21; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.92. Erdmann, FS-v.Gamm, S.403. 75 Sieg , Das unzulässige Anbringen, S.92 f. 76 Zustimmungsgesetz vom 7.8.1952 (BGBl. II S.685, 953). 77 LK-Tröndle, § 1 StGB Anm. 52; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 160; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.232. 78 Schmidt, S.71. 79 Vgl. zu dieser Frage bei Art. 5 Abs. 3 GG: Jarass/Pieroth-Jarass , Art. 5 GG Rn. 67, m. w. N. 80 Sieg , Das unzulässige Anbringen, S.92, Fn.3. 81 Vgl. zur Verfassungsmäßigkeit: Kap. 3 E. 82 Vgl. dazu: Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 5 GG Rn.66ff. 83 Vgl. insofern zum Werkbegriff: Kap. 2 C. I. 84 Sieg , Das unzulässige Anbringen, S.91. 74

12*

180

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 10 UrhG

Stiche, Radierungen, Statuen, Gitter und Vasen.85 Auf den Stoff, aus dem die Werke hergestellt ist, kommt es dabei entgegen der Ansicht des Reichsgerichts86 nicht an, so dass sogar organische Stoffe Träger eines Kunstwerks sein können.87 Problematisch ist vor allem, ob ein Werk der bildenden Kunst angehören kann, obwohl es nicht in § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG, aber in einer anderen Ziffer des § 2 Abs. 1 UrhG genannt ist. Haß 88 stellt diesbezüglich fest, Verkörperungen von Schrift- oder Lichtbildwerken seien niemals Werke der bildenden Kunst. Umstritten ist die Frage vor allem bei Softwareprodukten. Während Wille 89 meint, durch die Zuordnung zu den Sprachwerken werde klargestellt, dass Computerprogramme anderen Werkgattungen nicht zugeordnet werden könnten, wollen andere90 Computerprogramme in Einzelfällen zur bildenden Kunst zählen. Jedenfalls Computerkunst unterfalle dem Begriff, 91 wogegen wegen des Analogieverbotes Anwenderprogramme nicht erfasst würden 92. Ich meine, die Auslegung des Begriffs „Werk der bildenden Kunst" muss am Wortlaut des § 107 UrhG ansetzen. In der Alltagssprache stellt der Begriff die Sammelbezeichnung für Architektur, Bildhauerkunst, Malerei, Grafik und Kunsthandwerk dar; nicht erfasst werden hingegen Literatur, Musik und die darstellenden Künste, also Schauspielkunst, Pantomime, Tanz und die davon abgeleiteten Formen.93 Sofern ein Werk einer dieser Gattungen angehört, werden sich bei der Einordnung keine Probleme ergeben. Sofern dagegen neue Kunstformen sich nicht eindeutig in diese Kategorien einordnen lassen, wird man sehen müssen, welcher der genannten Formen sie am nächsten kommen. Eine Sperrwirkung dahingehend, dass die ausdrückliche Erwähnung in einer der anderen Ziffern des § 2 Abs. 1 UrhG Ausschlusswirkung hat, vermag ich der Vorschrift nicht zu entnehmen. Denn § 2 Abs. 1 UrhG verfolgt nicht den Zweck, verschiedene Werkgattungen voneinander abzugrenzen, sondern will lediglich durch die Aufzählung von Beispielen den Schutz bestimmter Gattungen sicherstellen. Im Ergebnis werden deswegen auch Computerprogramme im Einzelfall der bildenden Kunst unterfallen können.

85

Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 134; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.91. RGZ 135,385,387. 87 OLG Düsseldorf GRUR 1990, 189; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 134; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.91; vgl. auch: BGH GRUR 1974, 672 („Celestina"). 88 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.3. 89 Wille, S. 216; im Ergebnis ebenso: Rupp, Computersoftware, S. 198 u. S.225; Wand, S.903. 90 v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1743; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.277f.; Kilian/HeussenV. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 24; Schulze-Heiming, S. 152f.; vgl. auch: Eiding, S. 126. 91 Schlatter, Rn. 104; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.3. 92 Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn.24. 93 Vgl.: Microsoft Encarta, Stichworte „bildende Kunst" und „darstellende Kunst". 86

Β. Tatbestand der Nr. 1

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2. Begriff des „Originals" Original ist das vom Schöpfer selbst hergestellte Werkstück einer bestimmten schöpferischen Gestaltung.94 Die Druckplatte eines Kupferstiches 95 oder der Entwurf eines Gemäldes96 stellt also ein Original dar. Nach fast 97 allgemeiner Auffassung soll darüber hinaus auch ein Werkstück als Original anzusehen sein, das unter Mitwirkung oder Aufsicht des Urhebers hergestellt wurde. 98 So besteht etwa bei einem Druck die künstlerische Leistung nicht nur in der Herstellung einer Druckform, sondern auch in deren Übertragung auf einen Druckträger. 99 Dasselbe gilt für Abgüsse einer Plastik.100 Sieg 101 meint, lediglich dann liege kein Original vor, wenn der Künstler in den Abdruck keinerlei eigene Leistung mehr einbringt. Denn dann würde die Erwartung Dritter, dass es sich um ein eigenhändig vom Künstler gestaltetes Werk 102 handele, enttäuscht. Ich möchte Sieg grundsätzlich folgen. Meines Erachtens kommt es aber bei § 107 Abs. 1 UrhG darauf an, ob der Beitrag des Künstlers künstlerische Art ist 103 . Bei bloß mechanischer oder handwerklicher Mitwirkung oder Aufsicht des Künstlers wird man nicht von einem Original sprechen können. Soweit Haß m meint, der Begriff des Originals in § 107 Abs. 1 UrhG sei kein anderer als in §§ 6, 26 UrhG, möchte ich vorsichtig sein. Denn der im Zusammenhang mit diesen Vorschriften teilweise vertretene Begriff erscheint mir in mancher Hinsicht zu weit und zu unbestimmt105, um die Grundlage einer Strafvorschrift zu bilden. Dagegen genügt eine Kopie oder ein Vervielfältigungsstück nicht. 106 Eine andere Auslegung ist mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar. 107 In derartigen Fällen kommt deswegen allenfalls Strafbarkeit nach §§ 263, 267 StGB in Frage. 108 Aus 94 Erbs/Kohlhaas-Meurer , §26 UrhG Rn. 1 u. § 107 UrhG Rn.6; Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.250. 95 Sieg , Das unzulässige Anbringen, S.94; Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.250. 96 v. Gamm, §26 UrhG Anm. 5; Möhring/Nicolini-Nicolini , §6 UrhG Anm. 4 c; Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.250. 97 Vgl. aber: Hamann, S.40; Schricker-Katzenberger , Urheberrecht, §26 Rn.25ff. 98 Fromm/Nordemann-Nordemann , § 26 UrhG Rn. 2; Gerstenberg , § 44 Anm. 2; Locher , S.68ff.; Samson, UFITA 50 (1967), S.498f.; Sieg , Das unzulässige Anbringen, S.94 f.; Sieger, S. 130; Tölke, S.64f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.250. 99 Fromm/Nordemann-Nordemann, §26 UrhG Rn.2; Samson, UFITA 50 (1967), S.498f.; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.95; a. Α.: v. Gamm, §26 UrhG Anm.5. 100 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.250. 101 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.95. 102 Ähnliche Anforderungen bei: Heinbuch, S. 18. 103 Ähnlich: Hamann, S.212f. 104 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.3. 105 Vgl. nur: Schricker-Katzenberger, Urheberrecht, § 26 Rn. 25 ff. 106 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.22; Schricker- Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.3; Sieg , Das unzulässige Anbringen, S.95 f. 107 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.95 f.; Würtenberger, Der Kampf, S. 127. 108 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.22.

182

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 10 UrhG

diesem Grund werden Computerprogramme in den meisten Fällen selbst dann aus dem Schutzbereich des § 107 Abs. 1 UrhG herausfallen, wenn ausnahmsweise die Zugehörigkeit zu den Werken der bildenden Künste bejaht werden kann. Als Original eines Computerprogramms wird nämlich nur das Entwurfsmaterial und allenfalls noch die erste Ausführung, die in der Regel flüchtig im Arbeitsspeicher entsteht, in Frage kommen. In der Literatur ist problematisiert worden, ob auch Bearbeitungen und Umgestaltungen Originale darstellen können. Auch an dieser Stelle hinterlässt die uneinheitliche Terminologie 109 Spuren der Unklarheit. Im Ergebnis aber besteht Einigkeit 110 , dass Bearbeitungen und Umgestaltungen dann als Tatobjekt in Betracht kommen, wenn sie eine persönliche geistige Schöpfung darstellen. Bei Bearbeitungen ist dies mit § 3 UrhG begründet worden. 111 Der Schutz von Umgestaltungen hingegen wird aus der Gleichstellung mit Bearbeitungen in § 106 UrhG 112 und § 23 UrhG 113 durch den Gesetzgeber begründet. Dieser habe zu erkennen gegeben, dass auch in Umgestaltungen eine persönliche geistige Leistung zu sehen sei. Weber U4 führt ferner aus, die ausdrückliche Erwähnung von Bearbeitung und Umgestaltung in § 107 Abs. 1 Nr. 2 habe nur klarstellende Bedeutung; auch der Bearbeiter oder Umgestalter habe ein legitimes Interesse daran, sein Werk mit seinem Namen oder Zeichen zu signieren, und verdiene somit den Strafrechtsschutz. Wie im Zusammenhang des § 106 Abs. 1 UrhG 115 meine ich, dass es dieser Begründungen nicht bedarf. Vielmehr ist mit Plassmann 116 die Schutzfähigkeit von Vorlage und Abänderung einheitlich aus §§2 bis 4 UrhG abzuleiten. Sowohl §§3 S. 1 und 23 Abs. 1 S. 1 UrhG als auch die Erwähnung der Begriffe „Bearbeitung" und „Umgestaltung" in §§ 106ff. UrhG haben insofern lediglich klarstellende Funktion. Eine Bearbeitung oder Umgestaltung kann mithin Original der bildenden Künste sein, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 UrhG vorliegen.

109

Vgl. zur Terminologie von „Bearbeitung" und „Umgestaltung": Kap. 2 C. II. 1. Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 3; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.94; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.250. 111 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 3; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 94. 112 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.94; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.77 u. S. 185 u. S.250. 113 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.77. 114 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.250. 115 Zur Bedeutung der Begriffe in § 106 Abs. 1 UrhG: Kap. 2 C. II. 2. 116 Plassmann, S.204f. 110

Β. Tatbestand der Nr. 1

183

II. Tathandlung Nach einer Erläuterung der Begriffe „Urheberbezeichnung' 4 ( l ) 1 1 7 und „Anbringen" (2) 118 stelle ich kurz den Verbreitungsbegriff des § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG dar (3) 119 . 1. Begriff der „Urheberbezeichnung" Der Begriff der „Urheberbezeichnung" ist in § 10 UrhG umschrieben. Der Verweis auf die dortige Erwähnung des „Decknamens" oder „Künstlerzeichens" in Abs. 1 Hs. 2 führt zu einer Erweiterung der Strafbarkeit. 120 Da der Begriff der „Urheberbezeichnung" in der Umgangssprache ohnehin nicht verwendet und in § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG ausdrücklich auf § 10 UrhG verwiesen wird, liegt kein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG vor.

2. Begriff des „Anbringens" Auch der Begriff des „Anbringens" ergibt sich aus § 10 Abs. 1 UrhG; danach ist die Urheberbezeichnung angebracht, wenn der Urheber auf dem Original eines Werks der bildenden Künste in künstlerüblicher Weise121 als solcher bezeichnet ist. 122 Vereinfacht gesagt bedeutet „Anbringen der Urheberbezeichnung" das Signieren des Werks. 123 Von Sieg 124 werden mehrere Beispiele für tatbestandsmäßiges Handeln genannt: Der Kunstliebhaber, der ein echtes Gemälde zu seiner eigenen Freude signiert, unterfällt der Vorschrift. Gleiches gilt für den Schüler eines Meisters, der die Signatur des Meisters anbringt, weil dieser sie vergessen hat oder den Schüler eines Meisters, der die Signatur des Meisters an einem wegen qualitativer Mängel zur Vernichtung bestimmten Bild anbringt, um dem Meister zu schaden. Auch der Eigentümer eines Bildes, der daran die Signatur anbringt, um das Bild besser verkaufen zu können, handelt tatbestandsmäßig.125

117

Zum Begriff der „Urheberbezeichnung": Kap. 3 B.II. 1. Zum Begriff des „Anbringens": Kap. 3 Β. II. 2. 119 Zum Begriff des „Verbreitens": Kap. 3 Β. II. 3. 120 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.97; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.250 f. 121 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.5 f.; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 86 u. 102f. 122 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.6. 123 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 6; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.566. 124 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.62 ff. 125 Ebenso: Hamann, S.25. 118

184

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 10 UrhG

Weitgehende Einigkeit besteht hinsichtlich des Ortes der Signierung. Der Wortlaut des § 107 Abs. 1 Nr. 1 fordert insofern eine Signierung auf dem Werk selbst.126 Die unerwünschte Zuschreibung eines Werks zum Künstler durch einen Kataloghinweis 127 , ein Hinweisschild128, eine Angabe am Bildrahmen 129, an der Wand neben dem Gemälde130, auf der Leinwandrückseite 131, auf der Gemälderückseite132, auf dem Sockel133 oder auf der Verpackungskiste134 ist straflos. Zur Begründung wird teilweise auch ausgeführt, dass das Anbringen der Urheberbezeichnung in künstlerüblicher Manier erfolgen müsse.135 Auch dürfe die Art der Anbringung nicht völlig überraschend sein und keine nähere Beziehung zum Kunstwerk aufweisen. 136 Lediglich v. Gravenreuth 137 hält die hergebrachte Definition nur bei klassischen Werken wie der Plastik eines Bildhauers oder einem Gemälde für sinnvoll. Er möchte auch in der Signierung auf dem Träger des Originals ein „Anbringen der Urheberbezeichnung" erblicken, weil neue Technologien dies erforderten. So würde die Urheberbezeichnung regelmäßig nicht im Computerprogramm angebracht, dessen Listing nur mit Mühe wahrnehmbar sei, sondern auf der Diskette. Ich halte die weite Auslegung v. Gravenreuths mit Blick auf das Analogieverbot des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG nicht für zulässig. Die Diskette, auf der ein Computerprogramm gespeichert ist, stellt kein Werk der bildenden Künste dar. Allein die Tatsache, dass ein solches Werk auf der Diskette gespeichert ist, vermag aus ihr kein 126

Im Ergebnis ebenso: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn.7; v. Gamm, § 107 UrhG Anm. 2; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 5; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.86. 127 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn.7; Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn.2; Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. 2; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.5; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.85 u. S.96. 128 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn.7; Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn.2; Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. 2; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 5; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 85 u. S. 96 u. S. 102. 129 Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn. 2; Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm.2; Osterrieth-Marwitz, § 13 KUG Anm.IV; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.742; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.5; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.85 u. S.96 u. S. 102; Tölke, S.64; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.566. 130 Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn.2; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.85. 131 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 86 u. 102; wohl auch: Würtenberger, Der Kampf, S. 128. 132 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn. 7; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 102. 133 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn.7; Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn.2; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.21; Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm.2; OsterriethMarwitz, § 13 KUG Anm. IV; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.742; SchrickerHaß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.5; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 102; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.566; a. Α.: Tölke, S.64. 134 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 102. 135 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 5; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 102. 136 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 102 f. 137 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.21.

Β. Tatbestand der Nr. 1

185

derartiges Werk zu machen. Der umgangssprachliche Wortlaut 138 des § 107 Abs. 1 UrhG wird durch eine weite Auslegung überschritten. Sofern v. Gravenreuth 139 auch die Veränderung der Urheberbezeichnung durch Anbringen eines „Cracker-Vermerks" bei Computerspielen, für die Filmwerk- oder Laufbildschutz besteht, erfassen will, ist dies gleich in mehrfacher Hinsicht falsch: Zum einen unterfallen Filmwerke nicht dem Begriff der bildenden Kunst; zum zweiten genügt ohnehin kein Laufbildschutz, da § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG ein Werk voraussetzt; drittens ist das Werk auf der Diskette kein Original 140 ; schließlich ist der „Cracker-Vermerk" keine Urheberbezeichnung. 141 Problematisch ist auch, ob nur das Anbringen der ersten Urheberbezeichnung dem § 107 Abs. 1 UrhG unterfällt. Hier sind drei Fälle zu unterscheiden: Zum einen kann der Beschuldigte einer vorhandenen Urheberbezeichnung eine zusätzliche Urheberbezeichnung hinzufügen; zum zweiten kann er eine vorhandene Urheberbezeichnung verändern; zum dritten kann eine frühere Urheberbezeichnung inzwischen unkenntlich geworden sein. Einige 142 wollen in allen drei Fällen die Strafbarkeit des Beschuldigten ablehnen. Haß führt zur Begründung aus, der Formulierung des § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG, dass „die" Urheberbezeichnung anzubringen ist, müsse entnommen werden, dass vorher noch keine angebracht sein dürfe. Angesichts des klaren Wortlauts sei ohne Bedeutung, welche Befugnisse sich im Einzelnen aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht ergäben. Sieg ]43 will lediglich im ersten Fall, wenn eine zusätzliche Urheberbezeichnung angebracht wird, § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG nicht anwenden. Denn die Vorschrift schütze nicht vor der unzulässigen Aufdeckung eines Pseudonyms. Dies zeige sich bereits daran, dass die Aufdeckung des Pseudonyms auch straflos geschehen könne, wenn der Beschuldigte die Urheberbezeichnung nicht unmittelbar auf dem Original anbringt. In den übrigen beiden Fällen dagegen will Sieg 144 § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG anwenden. Er begründet dies mit einem Hinweis auf § 13 UrhG. Zwar enthalte § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG im Gegensatz zur Vorgängervorschrift des § 34 Abs. 1 KUG keinen direkten Hinweis auf § 13 UrhG. Wegen des engen Zusammenhangs145 müsse diese Vorschrift aber bei der Auslegung des § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG berücksichtigt 138 Vgl. zur Wortlautgrenze: BVerfGE92, 1, 12; Baumann, S.394ff.; Roxin, Strafrecht, §5, Rn. 26 ff. 139 Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn.24. 140 Zum Begriff des „Originals": Kap. 3 Β. 1.2. 141 Vgl. auch: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.278. 142 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn.6f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.278; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.4; widersprüchlich insofern: Fromm/NordemannVinck, §107 UrhG Rn.2. 143 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 106 f. 144 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.98f., mit Fn. 4; zur Vorgängervorschrift des § 13 KUG auch: Kohler, S. 140, Fn.6.

186

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 10 UrhG

werden. Wie die Formulierung „welche Urheberbezeichnung" in § 13 S. 2 UrhG zeige, sei aber auch die Änderung der Urheberbezeichnung verboten. Auch in dem Fall, dass zwar früher eine Urheberbezeichnung angebracht war, aber inzwischen unkenntlich geworden ist, greife § 13 S. 2 UrhG ein; denn schließlich wisse man nicht, ob der Künstler das Werk unter diesen Umständen bezeichnet hätte. Ein Verstoß gegen den durch § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG aufgestellten Bestimmtheitsgrundsatz liege dabei nach Ansicht Siegs „wohl" noch nicht vor. Spautz 146 dagegen will § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG in allen drei Fällen anwenden. Denn da § 13 S. 2 UrhG dem Urheber auch das Recht gebe zu wählen, „welche" Urheberbezeichnung angebracht werde, erfasse § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG auch den Fall, dass der Beschuldigte einem Pseudonym den wirklichen Namen des Künstlers hinzufügt. § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG schütze nämlich auch vor der unzulässigen Aufdeckung eines Pseudonyms.147 Ich möchte im Ergebnis Sieg folgen. Dass nach § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG „die" Urheberbezeichnung angebracht werden muss, zwingt nicht dazu, nur das Anbringen der ersten Bezeichnung als tatbestandsmäßig anzusehen. Denn der Gesetzgeber verwendet meines Erachtens das Wort „die" in § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG, um ausdrücklich auf den Begriff der Urheberbezeichnung in § 10 UrhG hinzuweisen. Einen Verstoß gegen § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG sehe ich nicht. Anders möchte ich den ersten Fall beurteilen, dass zu einer vorhandenen Urheberbezeichnung eine zweite hinzugefügt wird. Hier ist es nicht mehr möglich, auch die zweite Signatur als „die" Urheberbezeichnung zu erfassen. Meiner Ansicht nach unterfällt dieser Sachverhalt nicht dem § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG. An dieser Stelle sei bemerkt, dass nach allgemeiner Ansicht 148 auch die Änderung des Kunstwerks bei unveränderter Urheberbezeichnung nicht der Vorschrift unterfällt; auch in diesem Fall ist die Strafbarkeit nicht mit dem Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar. Ein weiteres Problem bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG liegt darin, ob auch das Anbringen einer falschen Urheberbezeichnung erfasst wird. Dies betrifft etwa den Fall der Signierung von beliebigen Aquarellen Dritter mit dem Namen ,Jßmil Nolde". m Soweit Samson150 meint, die Vorschrift erfasse Kunstwerkfälschungen, kann damit eigentlich nur der Fall der Signierung mit falscher Urheberbezeichnung gemeint 145 So auch: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.251; vgl. auch: Katzenberger, GRUR 1982, S.719. 146 Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm.2. 147 Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm.2; widersprüchlich insofern: Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn.2. 148 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 6; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 100; a. A. zu den Vorgängervorschriften der §§ 13, 34 Abs. 2 KUG: Oetker, S. 136. 149 Beispiel von: Lampe, UFITA 83 (1978), S. 17. 150 Samson, Urheberrecht, S.234; weitere Nachweise bei: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.lOlf.

Β. Tatbestand der Nr. 1

187

sein. Ohne sich der genannten Ansicht anzuschließen, liefert Sieg 151 Argumente: Auch im Falle der Falschsignierung werde nicht nur der Rechtsverkehr, sondern auch der Urheber selbst verletzt; diese Verletzung sei sogar viel intensiver. Die ganz überwiegende Zahl der Autoren 152 ist dagegen der Ansicht, die Vorschrift schütze lediglich vor dem unzulässigen Anbringen der zutreffenden Urheberbezeichnung. Eine andere Auslegung sei schon dem Wortlaut der Vorschrift nach eindeutig falsch. 153 Dies folge aus den Worten „ohne Einwilligung des Urhebers" im Gesetz154; in eine Signierung mit fremdem Namen könne der Urheber nämlich gar nicht wirksam einwilligen. 155 Denn § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG knüpfe an § 13 UrhG an, der dem Urheber auch nur das Anbringen der zutreffenden Urheberbezeichnung gestatte.156 Auch ich bin der Ansicht, dass § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG nur vor dem Anbringen der zutreffenden Urheberbezeichnung schützt. Dies ergibt sich daraus, dass schon bei rein begrifflicher Betrachtung die „Urheberbezeichnung" eine Bezeichnung ausgerechnet des „Urhebers" und nicht eines beliebigen Dritten darstellt. Auch die systematischen Begründungsversuche der genannten Autoren greifen. Die eigentlich gravierenden Fälle der Kunstfälschungen 157 werden somit nicht von der Vorschrift erfasst. 158

3. Begriff des „Verbreitens" Nach allgemeiner Ansicht soll auch bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 der zivilrechtliche Verbreitungsbegriffs gelten.159 Da sich im Strafrecht stets einige Besonderheiten ergeben, möchte ich insofern vorsichtig sein und von der Geltung desselben Begriffs wie bei § 106 Abs. 1 UrhG 160 sprechen. Anzumerken ist jedoch zweierlei: Voraussetzung des Verbreitens ist bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG nicht, dass derjenige, der das Werk verbreitet, die Urheberbe151

Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 101 f., unter Hinweis auf: Kohler, S. 142f. Heinrich, Die Strafbarkeit, S.278; Katzenberger, GRUR 1982, S.718; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 17; Löffler, S. 1428; Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. 2; Schack, UrheberundUrhebervertragsrecht, Rn.742; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.5; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 101; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.251. 153 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.52. 154 Lampe, UFITA 83 (1978), S. 17; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.5; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 101; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.251. 155 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 101; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.251. 156 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 5; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.251. 157 Zur Kunstfälschung: Löffler, S. 1421 ff. 158 Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn.2; Katzenberger, GRUR 1982, S.718; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 101; ähnlich: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn. 3. 159 Löffler, S. 1428; Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. 3; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 112; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.251. 160 Vgl. zum Verbreitungsbegriff: Kap.2 D.III. 152

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. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 10 UrhG

Zeichnung selbst angebracht hat; es genügt vielmehr, dass er Kenntnis der Tatumstände, insbesondere der fehlenden Einwilligung, hat.161 Auch ist die Strafbarkeit des Signierenden nicht Voraussetzung; so ist es etwa bedeutungslos, ob der Signierende an das Einverständnis des Urhebers geglaubt hat. 162

I I I . Merkmal „ohne Einwilligung des Urhebers" Nach der Klärung dogmatischer Grundfragen hinsichtlich des Merkmals „ohne Einwilligung des Urhebers" ( l ) 1 6 3 soll untersucht werden, wer im Einzelfall als Einwilligungsberechtigter in Betracht kommt (2) 164 . 1. Dogmatische Grundfragen In der Literatur besteht keine Einigkeit, ob das Merkmal „ohne Einwilligung des Urhebers" tatbestandsausschließend165 wirkt oder als Rechtfertigungsgrund 166 einzuordnen ist. Während letzteres stets begründungslos gefordert wird, hat Ηαβ Χ6Ί einige Argumente für die Einordnung auf der Tatbestandsebene vorgebracht: So handele es sich hier um einen Fall des tatbestandsausschließenden Einverständnisses, weil erst das Merkmal dem Delikt das individuelle Gepräge gebe und dessen typischen Unrechtsgehalt bewirke. Sofern man das Merkmal der Einwilligung hinwegdenke, bleibe lediglich ein Unrechtstorso, der kein Unrecht umschreibe. Eine derartige Handlung sei - jedenfalls durch den Urheber selbst - sogar typisch. In Parallele hierzu komme es auch bei der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) hinsichtlich der Frage der Echtheit einer Urkunde nicht darauf an, wer sie eigenhändig vollzogen hat, sondern von wem sie geistig herrührt. Auch bei der Urkundenfälschung werde die entsprechende Problematik also auf der Tatbestandsebene gelöst. Ich möchte mich - wie beim entsprechenden Merkmal bei § 106 Abs. 1 UrhG 168 - auch hier dafür einsetzen, dem Merkmal eine Doppelnatur zuzuschreiben. Im Wesentlichen kann insofern auf die Begründung zu § 106 Abs. 1 UrhG verwiesen werden. Ebenso wie dort der Berechtigte aus dem Kreis möglicher Täter ausschei161 Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn. 2; Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. 3; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 8 u. 11. 162 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 8 u. 11. 163 Zur dogmatischen Einordnung: Kap.3 B.III. 1. 164 Zur Person des Berechtigten: Kap.3 B.III.2. 165 So: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn. 10; Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn.2; Lampe, UFITA 83 (1978), S.20; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.7. 166 So: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 114; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.251. 167 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.7. 168 Vgl. zur Bedeutung des Merkmals bei § 106 Abs. 1 UrhG: Kap.2 F.

Β. Tatbestand der Nr. 1

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det, muss dies bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG für den Urheber gelten. So meine ich, dass der Wortlaut der Vorschrift insbesondere im Falle einer Signatur durch einen Miturheber dessen Bestrafung ausschließt. Andererseits muss bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG beachtet werden, dass die Vorschrift Urheberpersönlichkeitsrechte 169 schützt. Diese aber können nicht 170 eingeräumt oder übertragen werden. Einen Berechtigten wie bei § 106 Abs. 1 UrhG gibt es also nicht, und auch die Vorschrift selbst spricht vom „Urheber". Gleichwohl überzeugt mich Haß mit seiner Argumentation. Denn jedenfalls eine Ermächtigung zur Wahrnehmung von Urheberpersönlichkeitsrechten und ein Verzicht auf die Geltendmachung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen ist nach den Vorschriften des UrhG auch bei Urheberpersönlichkeitsrechten möglich. 171 In derartigen Fällen aber, in denen der Beschuldigte Rechte des Urhebers für diesen wahrnimmt, wird letztlich mittelbar doch der Urheber tätig. Der Beschuldigte ist in diesen Fällen lediglich Mittler und unterstützt den Urheber bei der Wahrnehmung der persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse. Gerade weil die Überlassung von Urheberpersönlichkeitsrechten nur eingeschränkt möglich ist, liegt in diesen Fällen also ein tatbestandsausschließendes Einverständnis vor. Auf der anderen Seite sind außergewöhnliche Fallkonstellationen denkbar, in denen die zivilrechtliche Konstruktion versagt, etwa bei unwirksamen Verträgen Minderjähriger. Wegen dieser Fälle sollte die Möglichkeit der strafrechtlichen Einwilligung nicht ausgeschlossen werden, da es dort lediglich auf die natürliche Einsichtsfähigkeit des Einwilligenden ankommt. Soweit das Merkmal als Rechtfertigungsgrund wirkt, möchte ich darauf unten172 zurückkommen. Sieg m ist der Auffassung, bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG gelte der zivilrechtliche Einwilligungsbegriff nach Maßgabe des § 183 S. 1 BGB. Sie müsse dem gegenüber erfolgen, der den Namen oder Namenszug auf dem Werk anbringt. Eine nachträgliche Zustimmung, also die Genehmigung nach § 184 Abs. 1 BGB, genüge nicht. Ich meine, die Anwendung der §§ 183, 184 BGB führt im Urheberrecht nicht weiter. Vielmehr ist nach den Vorschriften des UrhG der Eingriff in Urheberpersönlichkeitsrechte aufgrund einer Ermächtigung zur Wahrnehmung der Rechte oder eines Verzichtes auf die Geltendmachung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen möglich. 174 In diesem Rahmen ist auch Stellvertretung und Botenschaft denkbar. Schließlich sollte auch im Strafrecht der Wille des Urhebers respektiert werden, wenn dieser im Nachhinein auf die Durchsetzung seiner Rechte verzichtet. Auch einer Vertragsgestaltung, die rückwirkend die Wahrnehmung von Persönlichkeitsrechten gestattet, steht nichts entgegen. 169 170 171 172 173 174

Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap. 3 A. Vgl. insofern: Rehbinder , Urheberrecht, Rn. 320. Vgl. insofern: Rehbinder , Urheberrecht, Rn.319. Vgl. zur Einwilligung als Rechtfertigungsgrund: Kap. 6 B.I. Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 114. Vgl. insofern: Rehbinder, Urheberrecht, Rn.319.

190

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 10 UrhG

Zutreffend stellt Sieg 175 fest, dass die Einwilligung auch eine Signierung in der Form rechtfertigt, wie sie vom Künstler selbst angebracht wird. 176 Andernfalls würde gegen das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG bzw. § 1 StGB verstoßen. Aus demselben Grund lässt Sieg 177 zu Recht auch eine konkludente Einwilligung genügen.

2. Person des Berechtigten Nach dem Wortlaut des § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG ist grundsätzlich der Urheber zur Einwilligung berechtigt. 178 Insbesondere bei Personenmehrheiten aber ist fraglich, ob dieser Grundsatz uneingeschränkt gilt. Weber ]79 meint im Hinblick auf die Miturheberschaft, der einzelne Miturheber sei in seiner Entscheidung über die Einwilligung völlig frei und unterliege im Verhältnis zu den anderen nicht dem Gebot von Treu und Glauben. Jeder einzelne Miturheber könne das Werk mit seinem Namen signieren. Entsprechendes gelte auch bei der Werkverbindung zu gemeinsamer Verwertung nach § 9 UrhG. Ich möchte Weber nicht in allen Fällen folgen. Zwar spricht der Wortlaut des § 13 S. 2 UrhG für seine Ansicht. Doch ist die Vorschrift abdingbar 180, wie sich aus § 39 Abs. 1 UrhG ergibt. Sofern zwischen den Beteiligten eine entsprechende vertragliche Regelung besteht, greift Webers Ansicht nicht durch. Hinsichtlich der Signierung einer Bearbeitung oder Umgestaltung ist Weber m der Auffassung, allein deren Verfasser sei einwilligungsberechtigt. Denn da die Signierung mit dem Zeichen des Originalurhebers nach § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG ohne Einwilligungsmöglichkeit182 verboten sei 183 , könne dieser auch nicht in die Signierung der Bearbeitung oder Umgestaltung einwilligen. Auch hier möchte ich Weber nicht uneingeschränkt folgen. Denn § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG verbietet die Signierung einer Bearbeitung oder Umgestaltung durch den Urheber des Originals nicht unter allen Umständen. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass dem Tatobjekt der Anschein des Originals gegeben wird. Sofern dies nicht der Fall ist, muss wegen § 13 UrhG auch der Urheber des Originals einwilligen können, da die Bearbeitung oder Umgestaltung nach §§2 Abs. 2, 23 UrhG zugleich sein Werk darstellt. 175

Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 115. Auch: Würtenberger, Der Kampf, S. 128. 177 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 114f.; a. A. (zur Vorgängervorschrift des § 13 KUG): Osterrieth-Marwitz, § 13 KUG Anm. VI. 178 Rehbinder, ZUM 1990, S.465. 179 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.269. 180 Vgl. auch: Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 336. 181 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.270. 182 Vgl. zur Einwilligungsfähigkeit: Kap. 6 Β. 1.2. a. 183 Vgl. zur Tathandlung bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG: Kap. 3 C. II. 176

Β. Tatbestand der Nr. 1

191

Im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer soll nach Weber m das Recht zur Einwilligung in die Signierung des Werks beim Arbeitnehmer verbleiben. Auch dies halte ich für fraglich, da § 13 S. 2 UrhG abdingbar ist. Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird regelmäßig eine vertragliche Vereinbarung bestehen. Sofern die Frage dort nicht ausdrückliche geregelt ist, wird man allgemeine Grundsätze185 heranziehen müssen. Im Hinblick auf den Rechtsnachfolger nach §§ 28 ff. UrhG besteht in der Literatur 186 Einigkeit dahingehend, dieser sei nicht einwilligungsberechtigt. Zwar habe nach § 30 UrhG der Rechtsnachfolger die dem Urheber zustehenden Rechte, „sofern nichts anderes bestimmt ist." Doch bestimme § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG, dass ein Anbringen der Urheberbezeichnung nicht ohne Einwilligung des „Urhebers" erfolgen dürfe. 187 Sieg m führt insofern weiter aus, der Vergleich mit den entsprechenden Formulierungen in den §§106 und 108 UrhG, die von der „Einwilligung des Berechtigten" sprechen, ergebe, dass in § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG „etwas anderes" i. S. v. § 30 UrhG bestimmt sein solle. In § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG solle der Rechtsnachfolger gerade nicht einwilligungsbefugt sein. Diese Auslegung werde auch durch die gesetzgeberische Begründung zur Vorgängervorschrift des § 13 KUG 1 8 9 gestützt, wonach es auch den Erben des Künstlers untersagt sein solle, die Urheberbezeichnung anzubringen. Der Gesetzgeber190 des UrhG habe am alten Rechtszustand, wo nur der Urheber selbst einwilligen konnte, nichts ändern wollen. 191 Diese Auffassung der Literatur lässt sich nicht aufrechterhalten. Nach § 30 UrhG hat der Rechtsnachfolger des Urhebers die dem Urheber zustehenden Rechte. § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG bestimmt insofern nichts anderes. Denn dafür hätte es eines ausdrücklichen Hinweises bedurft wie in den §§42, 115, 116 UrhG. Aus der Tatsache, dass §§ 106 und 108 UrhG im Gegensatz zu § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG von der „Einwilligung des Berechtigten" sprechen, lässt sich das Gegenteil nicht ableiten. Denn die meisten Vorschriften des UrhG sprechen nur vom Urheber, obwohl wegen § 30 UrhG auch der Rechtsnachfolger erfasst ist, und §§106 und 108 UrhG verwenden allein deswegen den Begriff des „Berechtigten", weil dort Verwertungsrechte geschützt werden, bei denen die Einräumung an Dritte nach §§ 31 ff. UrhG problemlos möglich und üblich ist. Auch die gesetzgeberische Begründung zur Vorgängervorschrift des § 13 KUG rechtfertigt meines Erachtens mit Blick auf den eindeutigen Wortlaut des § 30 UrhG kein anderes Ergebnis. Überdies setzt sich in jüngerer Zeit 184

Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.272. Dazu: Rehbinder , Urheberrecht, Rn. 336, m. w. N. 186 Kann , S. 105; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 116f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.264 f. u.S. 268. 187 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 117; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.264. 188 Sieg , Das unzulässige Anbringen, S. 117. 189 Nachweis bei: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 117. 190 BT-Drucks. IV/270, S. 107f. 191 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.264. 185

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zunehmend die Erkenntnis durch, dass Persönlichkeitsrechte regelmäßig vermögensrechtliche Aspekte aufweisen 192; die Wahrnehmung von Vermögensrechten aber kann dem Rechtsnachfolger nicht versagt werden. Schließlich kann der Urheber seine Interessen durch die Bestellung eines Testamentsvollstreckers sichern. 193 Abschließend möchte ich anmerken, dass ich in Einzelfällen sogar Dritte für berechtigt halte einzuwilligen. Denn wenn § 39 Abs. 1 UrhG Vereinbarungen mit dem Urheber über die Änderung der Urheberbezeichnung zulässt194, so muss grundsätzlich auch eine Vereinbarung zulässig sein, die es dem Vertragspartner ermöglicht, Dritte zum Anbringen oder zur Änderung der Urheberbezeichnung zu ermächtigen. Der Inhaber von Nutzungsrechten ist hingegen nicht ohne weiteres einwilligungsberechtigt. 195

C. Tatbestand der Nr. 2 Der Tatbestand des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG lässt sich in drei Tatbestandsmerkmale zerlegen: Zunächst nennt die Vorschrift Tatobjekt (I) 1 9 6 und Tathandlung (II) 1 9 7 ; zusätzlich muss dem Tatobjekt der Anschein eines Originals gegeben werden (III) 1 9 8 .

I. Tatobjekt § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG fordert als Tatobjekt ein Vervielfältigungsstück, eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werks. Vervielfältigungsstücke sind körperliche Festlegungen, die geeignet sind, das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Weise unmittelbar oder mittelbar wahrnehmbar zu machen.199 Der Vervielfältigungsbegriff des § 16 UrhG kann insofern auch bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG fruchtbar gemacht werden. 200 Im Ergebnis genügt also die Übernahme von Werkteilen und auch kleinere Abweichungen ändern nichts am Vorliegen einer Vervielfältigung. 201 Im Gegensatz zur Rechtslage unter 192

Gotting, S. 1 ff.; Seitz, S. 1941. Rehbinder, Urheberrecht, Rn.297. 194 Vgl. insofern: v. Gamm, § 13 UrhG Rn. 11. 195 Ebenso: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn.9. 196 Zum Tatobjekt: Kap. 3 C.I. 197 Zur Tathandlung: Kap.3 C.II. 198 Zum Merkmal „Anschein eines Originals": Kap.3 C.III. 199 BT-Drucks. IV/270, S.47; Löffler, S. 1427; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 153. 200 Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn.3; Löffler, S. 1427; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10. 201 Löffler, S. 1427. 193

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dem KUG kann bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG als Tatobjekt auch eine in unzulässiger Weise hergestellte Vervielfältigung dienen.202 Schließlich genügt auch die Signierung der Vervielfältigung eines unsignierten Originals. 203 Da nämlich § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG auch den Schutz des kunstinteressierten Laiens bezweckt204, kommt es nicht darauf an, dass der Kunstkenner in diesem Fall womöglich weiß, dass es sich nicht um das - unsignierte - Original handeln kann.205 Die Begriffe „Bearbeitung" und „Umgestaltung" sollen nach Haß und Vinck bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG im gleichen Sinn gebraucht sein wie bei §§ 3, 23 UrhG. 206 Wegen der Unklarheiten der Terminologie bei diesen Vorschriften möchte ich lieber auf § 106 Abs. 1 UrhG verweisen 207; die Begriffe haben bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG keine andere Bedeutung. Plassmann 208 stellt zu Recht klar, dass die Vorschrift des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG nur körperlich fixierte Objekte betrifft; mit Bearbeitung und Umgestaltung sind also Bearbeitungs- und Umgestaltungsstück gemeint. Zutreffend sind auch die Ausführungen Plassmanns 209 zur Änderung der Vorschrift gegenüber den Vorgängervorschriften des KUG: Das KUG verstand unter Vervielfältigung auch die Umgestaltung eines Werks. Die Einfügung der Begriffe „Bearbeitung oder Umgestaltung" in die Vorschrift bezweckte keine Änderung der Rechtslage210, sondern erfolgte nur wegen der neuen Terminologie in § 23 UrhG. Abschließend sei bemerkt, dass die freie Benutzung i. S. des § 24 Abs. 1 UrhG nicht zu den Tatobjekten des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG gehört. 211 Der Wortlaut der Vorschrift lässt eine andere Deutung nicht zu. Soweit § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG als Tatobjekt ein Vervielfältigungsstück, eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werks fordert, kann auf den Werkbegriff der §§ 2 bis 4 UrhG 212 und die entsprechenden Ausführungen 213 zu § 106 Abs. 1 UrhG verwiesen werden.

202

Schricker-Haß,

Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10; Sieg, Das unzulässige Anbringen,

S.157. 203 Osterrieth-Marwitz, § 18 KUG Anm. III 1 ; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 158; Tölke, S.65. 204 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap. 3 A. 205 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 158. 206 Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn.3; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10. 207 Vgl. zum Begriff der „Bearbeitung oder Umgestaltung" bei § 106 Abs. 1 UrhG: Kap. 2 C.II. 208 Ausführlicher: Plassmann, S. 208 ff. u. S.341. 209 Plassmann, S. 208. 210 BT-Drucks. IV/270, S. 107f. 211 Löffler, S. 1427. 2,2 Ebenso: Plassmann, S.210; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10. 213 Zum Werkbegriff bei § 106 Abs. 1 UrhG: Kap. 2 C.I.

13 Hildebrandt

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. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 10 UrhG

II. Tathandlung Der Begriff der Urheberbezeichnung 214 entspricht im Wesentlichen dem bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG. 215 Auch hinsichtlich des Begriffs „Anbringen der Urheberbezeichnung" kann im Kern auf Nr. I 2 1 6 verwiesen werden. 217 So unterfällt der Vorschrift des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG etwa der Künstler, der zu Übungszwecken Bilder anderer kopiert und zur Erinnerung den Namen des Meisters auf der Kopie vermerkt, 218 oder der Händler, der von einem Ölgemälde eines Malers Siebdrucke anfertigen lässt, die er mit dem Signet des Malers versieht und als Originalgrafik verkaufen will. 2 1 9 Ebenso wie § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG erfasst auch Nr. 2 nicht den Fall der Kunstfälschung, sondern nur die Täuschung über die Eigenschaft als Original durch Anbringen der richtigen Urheberbezeichnung. 220 Missverständlich ist deswegen die Aussage Lochers 221, der Meister, der eine Schülerarbeit signiere, mache sich ebenso wie der Kunsthändler, der davon wisse und das Werk verbreite, nach der Vorschrift strafbar. Denn in diesem Fall ist die Schülerarbeit das Original. Der Meister macht sich also nur dann strafbar, wenn er die Signatur des Schülers imitiert. Einige wenige Probleme stellen sich speziell bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG: Am intensivsten wurde bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG die Frage diskutiert, ob der Künstler selbst als Täter in Frage kommt, wenn er Vervielfältigungsstücke seiner Werke signiert. So wird etwa Marc Chagall und Corot 222 nachgesagt, dass sie Reproduktionen eigener Werke für bedürftige Studenten oder Kollegen signierten, damit diese einen höheren Verkaufspreis erzielten. 223 Auch ist hier an den Verkauf eines Druckes als Original zu denken.224 Hinsichtlich der Vorgängervorschrift § 18 KUG, die im Wesentlichen dem heutigen § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG entsprach, wurde von mehreren Autoren 225 ausgeführt, der Urheber könne nicht Täter sein, da das Urheberrecht nur den Urheber schützen wolle. 226 Spautz 227 meint außerdem, bei einer Einwilligung des Urhebers entfalle 214

Zum Begriff der Urheberbezeichnung: Kap. 3 B. II. 1. Ebenso: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 154. 216 Zum Begriff des Anbringens: Kap. 3 B.II. 2. 217 Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. 4 b u. 4c; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.253. 218 Wiirtenberger, Das Kunstfälschertum, S. 128. 219 Hamann, S.26; Katzenberger, GRUR 1982, S.719. 220 Katzenberger, GRUR 1982, S.718; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 88, Fn. 6 u. S. 154; zur Kunstfälschung: Löffler, S. 1421 ff. 221 Locher, S. 196. 222 Beispiel bei: Hauffe, S. 106f. 223 Löffler, S. 1429; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.88. 224 v. Gravenreuth, BB 1985, S. 1569; Löffler, S. 1429, m. w.N. 225 Nachweise bei: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 158. 226 Vgl. auch: Osterrieth-Marwitz., § 18 KUG Anm. III 1. 215

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wegen des Antragserfordernisses die Möglichkeit einer Bestrafung. Der Gesetzgeber habe das Antragserfordernis bewusst eingefügt. 228 Dagegen vertreten in jüngerer Zeit alle Autoren 229 die Ansicht, auch der Urheber könne Täter sein. Denn § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG bezwecke vor allem den Schutz des kunstinteressierten Publikums vor Täuschungen.230 Auch die Einwilligung des Urhebers ändere nichts an der Strafbarkeit. 231 Ich möchte der heute überwiegenden Ansicht widersprechen. Zwar ist das Antragserfordernis seit der Änderung des § 109 UrhG mit der Möglichkeit der Verfolgung von Amts wegen heute kein durchgreifendes Argument mehr. Ferner bin auch ich der Ansicht, dass § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG in erster Linie Interessen der Allgemeinheit schützt232. Doch ist bei der Auslegung des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG der Regelungszusammenhang im UrhG zu berücksichtigen. Nach § 1 UrhG genießen die „Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst [...] für ihre Werke Schutz". Der Urheber eines solchen Werks wird kaum erwarten, in diesem Gesetz eine Vorschrift zu finden, die sein Verhalten unter Strafe stellt. Sofern der Gesetzgeber wie im Falle des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG eine Vorschrift an systematisch falscher Stelle platziert, muss er bereit sein, die Konsequenzen zu tragen. Im Übrigen entspricht die Sachlage derjenigen bei der Frage, ob die Schutzfrist als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal233 bei § 107 UrhG Anwendung findet. Dort aber spricht sich die ganz überwiegende Zahl der Autoren für die Anwendung der Schutzfrist aus. Mir leuchtet nicht ein, warum die Argumente, die dort vorgetragen werden, bei der hier behandelten Frage nicht greifen sollen. Im Ergebnis muss deswegen der Urheber bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG aus dem Kreis möglicher Täter ausscheiden. Bislang hat niemand234 die Frage behandelt, ob jemand tatbestandsmäßig handelt, der in einem einzigen Vorgang eine Vervielfältigung herstellt und dabei die Urheberbezeichnung anbringt. Die Frage stellt sich etwa im Fall der Herstellung einer originalgetreuen Fotokopie eines Bildes einschließlich der Urheberbezeichnung. 227

Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. 4 a. Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 1 a. 229 Alternativentwurf, S. 119; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn.2; Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn. 1; v. Gravenreuth, BB 1985, S. 1569 u. Das Plagiat, S.22 u. GRUR 1985, S. 113; Katzenberger, GRUR 1982, S.719; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 18; Löffler, S. 1429; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.745, Fn. 18; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.9 u. 12 u. 14; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 158; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.253 u. Handwörterbuch, S. 8. 230 Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn. 1; v. Gamm, § 107 Anm. 1; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.22; Kann, S. 144; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 17f.; Löffler, S. 1429; SchrickerHaß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 12; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 158; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.254 u. Handwörterbuch, S. 8. 231 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 12; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.253. 232 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap. 3 A. 233 Vgl. zu ungeschriebenen Tatbestandsmerkmalen: Kap. 3 D. 234 v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1743 übersieht dieses Problem. 228

1*

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Meiner Ansicht nach widerspricht der Wortlaut des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG einer Anwendung der Vorschrift in diesen Fällen. Vielmehr verlangt die Vorschrift, dass zunächst bereits ein Vervielfältigungsstück existiert und erst in einem zweiten Akt die Urheberbezeichnung angebracht wird. Erst recht ist die Anwendung der Vorschrift dann unzulässig, wenn zunächst die Urheberbezeichnung am Werkträger angebracht und erst danach die Vervielfältigung hergestellt wird. Denn nach dem Wortlaut des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG muss die Urheberbezeichnung auf dem Vervielfältigungsstück, einer Bearbeitung oder Umgestaltung angebracht werden. Ein derartiges Tatobjekt liegt aber noch nicht vor, wenn zunächst die Bezeichnung angebracht wird. Im Ergebnis wird ein geschickter Fälscher die Strafbarkeit nach § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG also stets dadurch umgehen können, dass er die Urheberbezeichnung anbringt, bevor ein taugliches Tatobjekt existiert. Nach allgemeiner Ansicht entspricht der Verbreitungsbegriff 235 dem des § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG. 236 Löffler 237 meint, der Begriff umfasse alle Bemühungen, die mittelbar oder unmittelbar dem Verkauf des Falsifikats dienten; dies sei etwa bei Zeitungsannoncen, Verkaufsausstellungen oder der Aufnahme in Kataloge der Fall. Wie ich oben238 dargestellt habe, ist die Ansicht Löfflers unzutreffend. Denn auch bei § 107 Abs. 1 UrhG ist das Anbieten an die Öffentlichkeit nicht strafbar. Zutreffend ist dagegen, dass die Ausstellung ohne Verbreitungsabsicht nicht dem Begriff unterfällt. 239

I I I . Merkmal „Anschein des Originals" Laut § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG muss dem Tatobjekt „der Anschein eines Originals gegeben4' werden. Das Merkmal verursacht drei Problemkreise: Zunächst ist der Begriff des „Anscheins des Originals" zu klären und darauf einzugehen, ob und inwieweit zwischen Anbringen der Urheberbezeichnung und Hervorrufen des Anscheins eine Kausalitätsbeziehung bestehen muss (l) 2 4 0 . Danach soll die umstrittene Frage erörtert werden, ob einer Bearbeitung oder Umgestaltung überhaupt der Anschein eines Originals gegeben werden kann (2) 241 . 235

Vgl. dazu: Kap.2 D.III. Löffler, S. 1428; Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. 5; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 11; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 163; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 253. 237 Löffler, S. 1428 f. 238 Vgl. zur Straflosigkeit des „Anbietens an die Öffentlichkeit": Kap. 2 D. III. 4. a. 239 Fromm/Nordemann-Nordemann, § 17 UrhG Rn.5; Löffler, S. 1429; vgl. zum Problem auch: Kap.2 D.III.4.b(l). 240 Zum Begriff des Anschein des Originals: Kap. 3 C.III. 1. 241 Zum Problem: Kap. 3 C. III. 2. 236

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1. Begriff des „Anschein des Originals Gebens" Haß 242 definiert den Begriff folgendermaßen: Der Anschein des Originals werde dann hervorgerufen, wenn das Nicht-Original aufgrund der Urheberbezeichnung auf einem Vervielfältigungsstück bei objektiver Betrachtung eine äußere Beschaffenheit erhält, die arglose Laien über die Eigenschaft als Nicht-Original täuschen kann. Dagegen will Vinck 243 nicht auf Sachverstand und Kenntnis eines Kenners, sondern auf den „interessierten" Laien abstellen; denn zur Unterscheidung von Original und Vervielfältigungsstück sei stets eine gewisse Kunstkenntnis erforderlich. Andere Autoren 244 sind dagegen der Auffassung, für eine solche Einschränkung bestehe kein Anlass. Von der Anwendung sollten lediglich die Fälle ausgeschlossen werden, in denen eine Täuschung der Allgemeinheit von vornherein nicht in Betracht käme.245 Dies sei lediglich bei völlig misslungenen Kopien der Fall. 246 Denn auch Laien müssten durch die Vorschrift geschützt sein.247 Die Einschränkung Vincks verursache nur Rechtsunsicherheit, da offen bleibe, welches Maß an Kenntnissen zu erwarten sei oder bereits durch das Kaufinteresse erzeugt werde. 248 Nach Sieg 249 schließlich spreche sogar eine Vermutung für die Verwechslungsfähigkeit. Denn der Zweck der Vorschrift bestehe darin zu verhindern, dass Vervielfältigungen mit dem Original verwechselt werden. Die Aufmerksamkeit des Kunstinteressierten sei im Allgemeinen nicht sehr groß. 250 Es sei zu berücksichtigen, dass dieser bei einem signierten Vervielfältigungsstück geneigt sei anzunehmen, es handele sich um ein Original. Ich vermute, die verschiedenen Ansätze würden in der Praxis zu keinen großen Unterschieden führen, wenn § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG jemals zur Anwendung käme. Denn ein „nicht interessierter" Laie würde niemals ein Kunstwerk erwerben und muss folglich auch nicht geschützt werden. Dass aber Interesse allein den Schutz vor Täuschungen erhöhen soll, vermag ich nicht zu glauben. Für die Vermutung Siegs hingegen besteht keine Notwendigkeit. Da im Bereich der Tatsachenermittlung eine derartige Vermutung wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes, des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung und des Grundsatzes „in dubio pro reo" ohnedies keine Anwendung finden dürfte, kann die Formulierung Siegs nur auf die Auslegung bezogen sein. Einen inhaltlichen Unterschied sehe ich nicht. 242

Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10. Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn.3. 244 Kohler, S. 141; Löffler, S. 1428; Schricker- Η aß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10. 245 Löffler, S. 1428. 246 Löffler, S. 1428; ähnlich: Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm.4d; Tölke, S.65. 247 Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm.4d; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10. 248 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10. 249 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 154 f. 250 Auch: Heinbuch, S. 15. 243

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Nach allgemeiner Ansicht ist die Vermeidung der Strafbarkeit durch Zusätze möglich. 251 Verschiedene Zusätze werden insofern vorgeschlagen: „Kopie nach ..." 252 , „Kopie in der Art von ..." 253 , „kopiert von ..." 254 , „nach ,.." 255 , „Original von ..." 256 , „Kopie nach dem Originalwerk von ..." 257 Der Zusatz muss im Hinblick auf den möglicherweise unaufmerksamen Kunstinteressenten deutlich sein.258 Kleinere Änderungen der Originalurheberbezeichnung genügen nicht, da sie leicht übersehen werden können.259 Zudem muss sichergestellt sein, dass der Zusatz nicht ohne weiteres entfernt oder abgeschnitten werden kann.260 Löffler 261 hat zutreffend herausgearbeitet, dass es nicht genügt, wenn der Beschuldigte ohne Zusatz am Kunstwerk selbst dieses unter Hinweis darauf verkauft, dass es eine Fälschung ist. Denn es bestehe keine Gewähr dafür, dass der Erwerber bei einem Weiterverkauf ebenso vorgehen wird. Außerdem bestehe die Gefahr der Verwässerung des (Euvres berühmter Künstler. So handelte zum Beispiel Konrad Kujau - bekannt als Fälscher der ///i/er-Tagebücher - tatbestandsmäßig, als er Kopien von Werken bekannter Maler ohne Kennzeichnung als Fälschungen ausstellte und verkaufte. Nach v. Gravenreuth 262 soll auch die Vervielfältigung von Softwareprodukten einschließlich ihrer Urheberbezeichnung der Vorschrift unterfallen, da diesen der Anschein des Originalwerks gegeben werde. Dem ist aus mehreren Gründen nicht zuzustimmen.263 Sofern Computerprogramme überhaupt als Tatobjekte in Frage kommen, stellt jedenfalls eine Diskette nicht das Originalwerk dar. Es geht dem Beschuldigten auch gar nicht darum, den Anschein hervorzurufen es handele sich bei der Diskette um ein Original; vielmehr soll der Käufer glauben, dass er ein lizenziertes Produkt erwirbt. Schließlich lässt - wie oben 264 ausgeführt - der Wortlaut des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG nicht die Anwendung der Vorschrift in den Fällen zu, in denen Herstellung einer Vervielfältigung und Anbringen der Urheberbezeichnung in einem Akt zusammenfallen. 251

Kohler, S. 141; Osterrieth-Marwitz, § 18 KUG Anm. III 1 ; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 155; Tölke, S.65; Würtenberger, Der Kampf, S. 129. 252 Kohler, S. 141; Löffler, S. 1428; Osterrieth-Marwitz, § 18 KUG Anm. III 1 ; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 155; Tölke, S.65. 253 Kohler, S. 141; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 155. 254 Löffler, S. 1428; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 155. 255 Osterrieth-Marwitz, § 18 KUG Anm. III 1; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 155; Tölke, S.65. 256 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 155. 257 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 155; Würtenberger, Der Kampf, S. 129. 258 Kohler, S. 141; Löffler, S. 1428; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 155; Würtenberger, Der Kampf, S. 129. 259 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 155 f. 260 Löffler, S. 1428. 261 Löffler, S. 1422. 262 v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1743. 263 Ebenso: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.278. 264 Vgl. zur Tathandlung: Kap.3 C.II.

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Nach allgemeiner Ansicht 265 muss der Anschein eines Originals nicht allein durch die Urheberbezeichnung erweckt werden. Auch bei der ähnlich gelagerten Problematik beim Betrug 266 genügt die Mitverursachung des Irrtums. 267 Haß 26% stellt zu Recht fest, dass es Gegenstand weitender Betrachtung ist, ob eine derartige Mitverursachung vorliegt; denn eine Kausalitätsprüfung ist ohnehin nicht möglich, da nicht die Täuschung, sondern lediglich das Hervorrufen des Anscheins Tatbestandsmerkmal ist. Schließlich ist eine Alleinverursachung kaum denkbar. Aus dem gleichen Grund muss hinsichtlich des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG angenommen werden, dass es sich bei der Vorschrift um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt. Die konkrete Gefahr, dass ein Irrtum hervorgerufen wird, ist dagegen nach dem eindeutigen Wortlaut nicht erforderlich. Es genügt allein die theoretische Möglichkeit 269 .

2. Problem der Signierung einer Bearbeitung oder Umgestaltung Umstritten ist, ob auch durch Signierung einer Bearbeitung oder Umgestaltung der Anschein eines Originals hervorgerufen werden kann. Sieg 270 nennt insofern als Beispiel den Fall, dass der Beschuldigte die Bearbeitung (von Andy Warhol) des Bildes „Goethe in der Campagna" (von J. H. W. Tischbein) mit dem Namen Warhols signiert. Vinck 271 ist der Ansicht, die Bearbeitung sei kein taugliches Tatobjekt. Der Bearbeitung könne niemand den Anschein des Originals geben. Die Bearbeitung sei nämlich Original. Die Täuschung liege deswegen allenfalls darin, dass der Anschein erweckt werde, es handele sich um ein unverändertes Original. Dies komme im Wortlaut der Vorschrift nicht zum Ausdruck. Derartige Unklarheiten eines Straftatbestands aber müssten sich zu Gunsten des Beschuldigten auswirken. Andere Autoren 272 wollen Vinck nicht folgen: Vielmehr seien zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden. Zum einen könne einer Bearbeitung oder Umgestaltung der Anschein eines unveränderten Ursprungsoriginals gegeben werden. Zum anderen 265 Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn. 3; Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm.4d; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 159. 266 Dazu: Tröndle/Fischer, §263 StGB Rn. 19. 267 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 159. 268 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10. 269 Ähnlich schon: Fuld, § 18 KUG Anm. 7. 270 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 160. 271 Fromm/Nordemann-Vinck, § 107 UrhG Rn.3; ebenso auch: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn.9. 272 Löffler, S. 1428; Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm.4d; Plassmann, S.210 u. S. 341; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 161; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.253.

200

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 10 UrhG

könne auch eine Bearbeitung Original im Sinne der Vorschrift sein.273 Der Begriff „Original" bezeichne lediglich eine bestimmte Beziehung des Künstlers zum Kunstwerk, nämlich die eigenhändige Herstellung. 274 Auch eine Weiterbearbeitung oder -Umgestaltung könne deswegen Tatobjekt der Nr. 2 sein, wenn der Anschein erweckt werde, es handele sich um das Original der Erstbearbeitung oder -Umgestaltung.275

Auch bei einer Bearbeitung bestünden legitime Interessen der Allgemeinheit und des Bearbeiters, dass mit dem zutreffenden Namen oder Zeichen signiert wird. 276 Auch ich möchte mich Vinck nicht anschließen. Es ist nicht sachgerecht, den Anwendungsbereich der Vorschrift auf die seltenen Fälle völlig originalgetreuer Vervielfältigungsstücke zu beschränken.277 Ferner findet der in-dubio-Grundsatz bei der Gesetzesauslegung ohnehin keine Anwendung, sondern bezieht sich nur auf die Feststellung von Tatsachen.278 Da die äußerste begriffliche Grenze des Wortlauts durch die weite Auslegung nicht überschritten wird, liegt auch kein Verstoß gegen das Analogieverbot des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG vor. 279 Schließlich sei noch auf ein verbreitetes Missverständnis eingegangen. Von mehreren Autoren 280 nämlich wird Spautz m unterstellt, er wolle die Vorschrift auf Originale der Bearbeitung lediglich dann anwenden, wenn der Anschein erweckt werde, dass das der Bearbeitung zugrunde liegende Original vorliegt; eine andere Auslegung überschreite die Grenze zur verbotenen Analogie. Ich kann diese Ansicht bei Spautz nicht finden.

D. Ungeschriebene Tatbestandsmerkmale Ob in § 107 UrhG ungeschriebene Tatbestandsmerkmale Anwendung finden, ist umstritten. So will die überwiegende Zahl der Autoren 282 die Schutzfrist der §§ 64 ff. UrhG anwenden, obwohl der Wortlaut des § 107 UrhG keinen ausdrücklichen Hinweis 273 274 275

Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10. Heinbuch, S. 19; Löffler, S. 1428. Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10; Weber, Der strafrechtliche Schutz,

S.253. 276

Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10. Plassmann, S. 209. 278 LK-Tröndle, § 1 StGB Anm. 52; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 160; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.232. 279 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 160 f. 280 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 161; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10. 281 Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm.4d. 282 So gegen die h.M.: Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.567. 277

D. Ungeschriebene Tatbestandsmerkmale

201

enthält. Zur Begründung wird Unterschiedliches ausgeführt. Sieg 283 meint insofern, auch das Recht aus § 13 S. 2 UrhG erlösche mit Ablauf der Frist. 284 Ferner gehöre der Inhalt der Ausfüllungsvorschriften der unechten Blankettnorm 285 des § 107 UrhG zum Tatbestand. Haß 286 will die Einschränkung aus § 1 UrhG folgern. Ulmer 287 schließlich geht noch weiter und begründet die Geltung der Schutzfrist damit, dass die Vorschrift den Schutz des Urhebers bezwecke.288 Dagegen vertritt Löffler 289 die Auffassung, ein urheberrechtlich noch geschütztes Werk werde nicht vorausgesetzt. Da § 1 UrhG nur von den Rechten des Urhebers spricht, § 107 UrhG dagegen überwiegend die Interessen der Allgemeinheit schützen soll, könne die Gegenansicht mit § 1 UrhG nicht begründet werden. Auch die Begriffe „Werk", „Vervielfältigung" oder „Bearbeitung" setzten einen bestehenden Urheberrechtsschutz nicht voraus. Mich überzeugt die Auffassung Löfflers nicht. § 1 UrhG umschreibt den Anwendungsbereich des Gesetzes. Wenn diese Vorschrift also vom Schutz des Urhebers spricht, muss daraus gefolgert werden, dass andere Interessen allenfalls reflexartig geschützt werden. Sofern der Gesetzgeber wie im Falle des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG eine Vorschrift an systematisch falscher Stelle platziert, kann dies nicht zur Korrektur der Gesetzessystematik führen. Im Ergebnis also wird die Signatur eines Bildes von Rubens - im Gegensatz zur Signatur von Bildern solcher Künstler, die noch nicht seit 70 Jahren tot sind - von § 107 UrhG nicht erfasst. 290 Der darin liegende WertungsWiderspruch 291 ist hinzunehmen. Katzenberger 292 ist der Ansicht, dass auch die Schrankenbestimmungen, insbesondere des § 53 UrhG, im Rahmen des § 107 Abs. 1 UrhG keine Geltung erlangten. Mir ist auch dies nicht einsichtig. Die Schrankenbestimmungen bilden Ausnahmevorschriften, die einen sachgerechten Interessenausgleich ermöglichen sollen. Wenn also die Signatur eines Werks in Ausnahmefällen von einer Schrankenbestimmung gedeckt sein sollte, muss die Schrankenbestimmung Anwendung finden.

283 Kircher, S.220; Lampe, UFITA 83 (1978), S.21; Osterrieth-Marwitz, § 13 KUG Anm.I; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 3 u. 10; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 87; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.567; Weber, Handwörterbuch, S.8. 284 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 104 u. S. 109. 285 Auch: Osterrieth-Marwitz, § 13 KUG Anm.I. 286 Zum Begriff des Blankettstrafgesetzes: Lauer, S.40. 287 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10. 288 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap. 3 A. 289 Löffler, S. 1428. 290 Vgl.: Lampe, UFITA 83 (1978), S.21. 291 So: Lampe, UFITA 83 (1978), S.21; Löffler, S. 1428. 292 Katzenberger, GRUR 1982, S.719.

202

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 10 UrhG

E. Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift Sieg 293 hat die Bestimmtheit des § 107 Abs. 1 UrhG problematisiert. Die Anknüpfung an flexible Zivilrechtsnormen rufe Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgrundsatzes hervor. Allerdings sei die Wiederholung des zivilrechtlichen Normteils innerhalb der Strafrechtsvorschrift als Aufblähung der Vorschrift unserer vom Abstraktionsprinzip geprägten Rechtsordnung fremd. Überdies sei eine gesetzgeberische Mehrheit für eine bestimmtere Fassung der urheberzivilrechtlichen Vorschriften nicht zu erwarten. Im Ergebnis hält Sieg 294 die Vorschrift für bestimmt genug. Die Übereinstimmung mit dem Bestimmtheitsgrundsatz müsse bei der Auslegung des Straftatbestands selbst ansetzen.295 Ich möchte mich Sieg anschließen. § 107 Abs. 1 UrhG verstößt nicht insgesamt gegen § 1 StGB, Art. 103 GG. Im Einzelfall ist - wie bei den entsprechenden Tatbestandsmerkmalen des § 106 Abs. 1 UrhG - eine verfassungskonforme Auslegung geboten. Ich habe darauf oben jeweils hingewiesen. Ob § 107 Abs. 1 UrhG gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, ist dagegen bislang noch nie geprüft worden. Dies verwundert, zumal ich einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz für offensichtlich halte. Nach Ansicht des BVerfG 296 verbietet der Gleichheitssatz, wesentlich Gleiches ungleich, und gebietet, wesentlich Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln. Zwischen Werken der bildenden Kunst und anderen Werken besteht kein wesentlicher Unterschied. Werke der Literatur, der Musik oder anderer Gattungen sind in gleicher Weise schutzwürdig. Der Grund für die Sonderbehandlung von Werken der bildenden Kunst besteht allein in historischen Zufälligkeiten. Auch mit der praktischen Bedeutung eventueller Verstöße kann nicht argumentiert werden; denn auch § 107 Abs. 1 UrhG hat keine praktische Bedeutung; eine besondere Schutzbedürftigkeit von Werken der bildenden Kunst ist nicht gegeben. Auf der Rechtsfolgenseite 297 ergibt sich als Folge des Verstoßes gegen den Gleichheitssatz die Unvereinbarkeit der Vorschrift mit Art. 3 Abs. 1 GG; im Ergebnis darf § 107 Abs. 1 UrhG nicht angewandt werden.

293 294 295 296 297

Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.93f. Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.86; ähnlich: BT-Drucks. IV/270, S. 107. Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.94. BVerfGE 90, 145, 195 f. Vgl.: Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 3 GG Rn. 30.

Kapitel 4

Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG A. Überblick § 108 Abs. 1 stellt unerlaubte Eingriffe in die verwandten Schutzrechte der §§ 70ff. UrhG unter Strafe. Ebenso wie § 106 Abs. 1 UrhG knüpft auch § 108 Abs. 1 UrhG akzessorisch und in spiegelbildlicher Weise1 an den zivilrechtlichen Schutz der verwandten Schutzrechte an.2 Während Kann 3 mit Blick darauf, dass in § 108 Abs. 1 UrhG kein Schutz des Veranstalters (§81 UrhG) besteht, den strafrechtlichen Schutz der Leistungsschutzrechte für fragmentarisch hält, sind eine Reihe von Autoren entgegengesetzter Auffassung: Der Schutzumfang wird als perfektionistisch 4, teilweise skurril 5 oder sogar grotesk6 bezeichnet. Lampe7 meint gar, der Schutzumfang sei mit dem rechtsstaatlichen Übermaß verbot nicht zu vereinbaren. Andererseits war die praktische Bedeutung der Vorschrift in der Zeit vor Aufkommen der Video- und Softwarepiraterie nur gering.8 Dies dürfte sich inzwischen geändert haben. Ich möchte nach der Darstellung des geschützten Rechtsguts (B) 9 zunächst der Reihe nach auf die Tatbestände des § 108 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 8 UrhG eingehen (C bis J) 10 . Danach soll die Bedeutung der Merkmale „in anderen als den gesetzlich zuge1

Weber , Handwörterbuch, S. 7. E. Braun , Produktpiraterie, S. 150; Fromm/Nordemann-Vinck , § 108 UrhG; Sternberg-Lieben,, Musikdiebstahl, S.73; Weber , FS-Stree/Wessels, S.615. 3 Kann, S. 123. 4 Alternativentwurf, S. 119; Erbs/Kohlhaas-Meurer , § 108 UrhG Rn. 1; Fromm/NordemannVinck, § 108 UrhG; Lampe, UFITA 83 (1978), S.35; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.48; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 382 u. FS-Sarstedt, S. 388 u. FuR 1980, S. 344 u. Handwörterbuch, S.7. 5 Weber, FS-Sarstedt, S.388 u. FuR 1980, S.344. 6 Lampe, UFITA 83 (1978), S. 35; unter Kritik von: Rochlitz , Rechtspolitische Überlegungen, S. 29 Fn. 7, der dies für überzogen hält. 7 Lampe, UFITA 83 (1978), S.61. 8 Fromm/Nordemann-Vinck, § 108 UrhG; v. Gravenreuth, Der Kriminalist 1985, S.27; vgl. auch: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 108 UrhG Rn. 1. 9 Vgl. zum Rechtsgut: Kap.4 B. 10 Zu Nr. 1 : Kap. 4 B; zu Nr. 2: Kap. 4 D; zu Nr. 3: Kap. 4 E; zu Nr.4: Kap. 4 F; zu Nr. 5: Kap. 4 G; zu Nr. 6: Kap. 4 H; zu Nr. 7: Kap. 4 I; zu Nr. 8: Kap. 4 J. 2

204

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG

lassenen Fällen" (K) 1 1 und „ohne Einwilligung des Berechtigten" (L) 12 geklärt werden. Schließlich ist zu prüfen, ob § 108 Abs. 1 UrhG verfassungsmäßig ist (M) 13 .

B. Rechtsgut Mit Ausnahme von § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG schützt die § 108 UrhG 14 nach allgemeiner Auffassung nur verwertungsrechtliche Befugnisse. 15 Zumeist wird dabei als konkretes Schutzgut die unternehmerische Leistung des Berechtigten angegeben.16 Soweit andere Schutzrichtungen genannt werden, kann dies nicht recht überzeugen: So wird der Wettbewerb als Institution allenfalls mittelbar geschützt, da es an einer auf die Allgemeinheit bezogenen Schutzrichtung fehlt; auch kommt die kulturelle Vielfalt auf dem Tonträgermarkt nicht als geschütztes Rechtsgut in Betracht, da ein solches Rechtsgut nicht klar abgegrenzt werden kann.17 Ähnliches muss Lampe18 entgegengehalten werden, wenn er „die Arbeitskraft und ihre Ergebnisse" als Rechtsgut ansehen will. Zum einen nämlich ist der Begriff der Arbeitskraft zu unbestimmt, zum anderen wird nicht jedes Ergebnis von Arbeit urheberrechtlich geschützt.19 Kann 20 schlägt ein Schutzgut der „Schöpferische Innovation" vor, wobei „Innovation" die Einführung und Verbreitung von etwas Neuem sei. Doch auch einem solchen Rechtsgut können mehrere Argumente entgegengehalten werden: So ist es reichlich unbestimmt, kann die Schutzwürdigkeit einer Doppelschöpfung nicht erklären und weist keinen ausreichenden Abstand zum Begriff der geistigen Schöpfung auf. Beim Schutz urheberpersönlichkeitsrechtlicher Interessen21 durch § 108 Abs. 1 Nr. 7 i. V. m. § 94 Abs. 1 S. 2 UrhG, soweit die Vorschrift die Entstellung oder Kür11

Zum Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen": Kap. 4 K. Zum Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten": Kap. 4 L. 13 Zur Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift: Kap. 4 M. 14 Zur Bedeutung des Rechtsguts im Zusammenhang des § 108 UrhG: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.95 ff. 15 Eiding, S. 126; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 16f.; Möhring/Nicolini-Spautz·, § 107 UrhG Anm. 1 b; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 103; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 1; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 177; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.566 f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.255. 16 BT-Drucks. IV/270, S.95; Heinrich, JZ 1994, S.941; Kann, S.97 u. S. 102f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 96f. u. S. 113 u. S. 123 u. S. 127; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 132ff. u. S. 136; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.259f.; ähnlich: Eiding, S.34. 17 Ebenso zu § 108 Abs. 1 Nr. 5 UrhG: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 134f. 18 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 117. 19 So auch: Kann, S. 127 f. 20 Kann, S. 128. 21 So auch: Kann, S. 90f. u. S. 104; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 35 f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.255 u. S.260f. 12

. Tatbestand der Nr. 1

205

zung des Bild- oder Tonträgers verbietet, handelt es sich wohl um ein Redaktionsversehen.22 Um ein echtes Persönlichkeitsrecht handelt es sich jedenfalls nicht, sondern vielmehr um ein aus dem Wettbewerbsschutz des Filmherstellers fließendes Verbot, das dem Persönlichkeitsrecht nachgebildet ist. 23 Denn im Gegensatz zu wirklichen persönlichkeitsrechtlichen Befugnissen ist das Leistungsschutzrecht des Filmherstellers gemäß § 94 Abs. 2 UrhG übertragbar. 24 Überdies kann auch eine juristische Person Filmhersteller sein.25

C. Tatbestand der Nr. 1 § 108 Abs. 1 Nr. 1 UrhG nennt als Tatobjekt eine „wissenschaftliche Ausgabe" i. S. v. § 70 UrhG oder eine „Bearbeitung oder Umgestaltung einer solchen Ausgabe". Eine wissenschaftliche Ausgabe liegt nach § 70 UrhG dann vor, wenn die Ausgabe das Ergebnis wissenschaftlich sichtender Tätigkeit darstellt und sich wesentlich von den bisher bekannten Ausgaben der Werke oder Texte unterscheidet. Voraussetzung der Strafbarkeit ist überdies, dass die herausgegebene Ausgabe nicht als Werk geschützt ist. 26 Hinsichtlich der Begriffe „Bearbeitung" und „Umgestaltung" kann auf die urheberzivilrechtlichen Begriffe verwiesen werden, 27 wie sie oben28 im Zusammenhang mit § 106 Abs. 1 UrhG erläutert sind. Vinck 29 meint insofern, die Erwähnung der Bearbeitung habe zur Folge, dass sich die Tatbestände der §§106 und 108 UrhG überschnitten, da die Bearbeitung nach § 3 UrhG stets als Werk anzusehen sei. Vinckisi - unabhängig von oben30 dargestellten terminologische Streitigkeiten - darin Recht zu geben, dass der Wortlaut des § 108 Abs. 1 Nr. 1 UrhG wegen des Tatbestandsmerkmals „Bearbeitung oder Umgestaltung" auch Werke erfassen kann. Ein Ausschluss Verhältnis zu § 106 Abs. 1 UrhG möchte ich wegen der Verschiedenheit der geschützten Rechtsgüter31 nicht annehmen. 22 Kann, S. 104; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.9; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.261 u. S. 279. 23 Fromm/Nordemann-Hertin, §94 UrhG Rn. 14; Lampe, UFITA 83 (1978), S.36; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 135; vgl. auch: BT-Drucks. IV/270, S. 107; von einem Persönlichkeitsrecht spricht dagegen: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.260 f. 24 Fromm/Nordemann-Hertin, §94 UrhG Rn. 14; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 135. 25 BGH UFITA 55 (1970), 313 („Triumph des Willens"); Fromm/Nordemann-Hertin, §94 UrhG Rn. 14; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 135 f. 26 Auch: Kircher, S. 125. 27 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 3; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 257 Fn. 15 i. V. m. S.77f. 28 Vgl. zum Begriff der „Bearbeitung oder Umgestaltung": Kap.2 C. II. 29 Fromm/Nordemann-Vinck, § 108 UrhG. 30 Vgl. zur Terminologie: Kap.2 C.II. 1. 31 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap.2 Β einerseits, Kap.4 Β andererseits.

206

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG

Im Rahmen der Tathandlung haben die Tatbestandsmerkmale der „Vervielfältigung", „Verbreitung" und „öffentlichen Wiedergabe" nach allgemeiner Ansicht 32 die gleiche Bedeutung wie bei § 106 UrhG. Es kann auf die dortigen Ausführungen 33 verwiesen werden. Da auch bei § 108 Abs. 1 Nr. 1 UrhG das Privileg des § 23 S. 1 UrhG eingreift, ist die Herstellung der Bearbeitungsfassung in der Regel straflos. 34

D. Tatbestand der Nr. 2 § 108 Abs. 1 Nr. 2 UrhG nennt als Tatobjekt ein „nachgelassenes Werk" i. S. v. § 71 UrhG oder eine „Bearbeitung oder Umgestaltung eines solchen Werks". Der Begriff des „nachgelassenen Werks" ist in § 71 UrhG definiert. Wie bei § 108 Abs. 1 Nr. 1 UrhG ist Voraussetzung der Strafbarkeit, dass die herausgegebene Ausgabe nicht als Werk geschützt ist. 35 Auch hinsichtlich des Begriffs der „Bearbeitung oder Umgestaltung" kann auf Nr. I 3 6 verwiesen werden. Hinsichtlich der Tathandlung liegt eine Doppel Verweisung vor: § 108 Abs. 1 Nr. 2 UrhG verweist auf § 71 UrhG, der seinerseits die sinngemäße Anwendung der §§15 bis 24 UrhG vorschreibt. Eindeutig ist damit die Vervielfältigung i. S. v. § 16 UrhG und die Verbreitung i. S. v. § 17 UrhG unter Strafe gestellt.37 Hinsichtlich des Verbreitungsbegriffs möchte ich anmerken, dass ich hier - anders als bei § 106 Abs. 1 UrhG 38 - wegen der ausdrücklichen Verweisung auf § 17 UrhG auch das Anbieten an die Öffentlichkeit für strafbar halte. Auch hinsichtlich der öffentlichen Wiedergabe findet der zivilrechtliche Begriff der §§ 19 ff. UrhG Anwendung.39 Einige Autoren 40 wollen allerdings das Tatbestandsmerkmal einschränken: Strafbar sei nur die Verwendung von Vervielfältigungsstücken bei der öffentlichen Wiedergabe. Dies lasse sich aus § 71 Abs. 1 UrhG erschließen.41 Beispielsweise mache sich der Sänger strafbar, der ein Vervielfältigungsstück eines geschützten Textbuches für seinen öffentlichen Auftritt benutzt42; 32 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.25; Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 12; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.3; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.257. 33 Zu den Tathandlungen bei § 106 Abs. 1 UrhG: Kap. 2 D. 34 Im Ergebnis ebenso: v. Gamm, § 108 UrhG Rn.2; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.3. 35 Kircher, S. 127. 36 Vgl.: Kap.4 B. 37 So auch: Kann, S.93; Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 13; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.257. 38 Vgl. zur Strafbarkeit des „Anbietens an die Öffentlichkeit": Kap. 2 D.III.4.a. 39 Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 13. 40 Kann, S.93; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.4; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.568; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.257 f. 41 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 4; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.568. 42 Kann, S.93.

. Tatbestand der Nr.

207

dagegen gehe der Sänger, der eine nicht geschützte Ausgabe verwendet oder frei vorträgt, straffrei aus43. Ich kann diese Einschränkung dem §71 Abs. 1 UrhG nicht entnehmen. Vielmehr setzt der Schutz nach § 71 Abs. 1 UrhG kein körperlich vorhandenes Werkstück voraus, wie die Tatsache zeigt, dass der Schutz gemäß S. 1 auch durch die erstmalige öffentliche Wiedergabe entstehen kann. Davon, dass die Vorschrift nur vor der unzulässigen Verwendung eines körperlich vorhandenen Werkstücks schütze, kann also nicht die Rede sein. Schließlich ist anzumerken, dass wegen der umfassenden Verweisung des §71 Abs. 1 UrhG auch das Ausstellungsrecht des § 18 UrhG strafbewehrt ist. Ebenso wie bei § 108 Abs. 1 Nr. 1 UrhG 44 ist die Herstellung der Bearbeitungsfassung in der Regel straflos. 45

E. Tatbestand der Nr. 3 § 108 Abs. 1 Nr. 3 UrhG bezeichnet als Tatobjekt „Lichtbilder" i. S. v. § 72 UrhG oder eine „Bearbeitung oder Umgestaltung eines Lichtbildes". Als häufiges Beispiel für die unzulässige Verwertung eines Lichtbildes mag das Foto eines darbietenden Künstler auf dem Cover eines gefälschten Tonträgers, etwa bei Bootlegs oder Identfälschungen, dienen.46 Problematisch ist bei § 108 Abs. 1 Nr. 3 UrhG, dass nach § 72 UrhG nicht nur Lichtbilder geschützt sind, sondern auch Erzeugnisse, die ähnlich wie Lichtbilder hergestellt sind. Weil aber § 108 Abs. 1 Nr. 3 UrhG nur das „Lichtbild" als Tatobjekt nennt, würde ein strafrechtlicher Schutz der sonstigen Erzeugnisse gegen das Analogieverbot des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG verstoßen. Produkte digitaler Bildbearbeitung unterfallen mithin nicht der Vorschrift. 47 Lichtbild werke sind nicht nach § 108 Abs. 1 Nr. 3 UrhG geschützt, bei ihnen findet nur § 106 UrhG Anwendung.48 Ob insofern eine Wahlfeststellung möglich ist, wird unten49 erörtert. Hinsichtlich des Begriffs der „Bearbeitung oder Umgestaltung" kann auf die Ausführungen zu § 108 Abs. 1 Nr. 1 UrhG 50 verwiesen werden. 43 44 45 46

47 48

Kann, S.94; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.258. Vgl. zu Nr. 1: Kap.4 B. v. Gamm, § 108 UrhG Rn.3; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.4. Kann, S.94; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.75.

Vgl.: Schack JZ 1998, S.754.

Fromm/Nordemann-Vinck, § 108 UrhG; wohl auch: Schricker-Haß, UrhG Rn.5. 49 Vgl. zur Möglichkeit der Wahlfeststellung: Kap. 6 J. 50 Vgl.: Kap.4 B.

Urheberrecht, § 108

208

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG

Die Verletzungshandlungen sind dieselben wie in § 106 UrhG. 51 So ist etwa die Verwendung von Fotos der darbietenden Künstler beim Verkauf von gefälschten Tonträgern auf deren Cover strafbar. 52 Dagegen ist wie bei § 108 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UrhG die Herstellung der Bearbeitungsfassung in der Regel straflos. 53

F. Tatbestand der Nr. 4 § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG hat in der Vergangenheit bei der Bekämpfung von Raubkopien von Musikwerken 54 und von unzulässigen Bootlegs55 einige Bedeutung erlangt. Die Vorschrift nennt als Tatobjekt die Darbietung eines ausübenden Künstlers (I) 56 . Strafbar macht sich derjenige, der diese Darbietung entgegen den §§ 74, 75 Abs. 1 oder 2 oder § 76 Abs. 1 UrhG verwertet (II) 57 .

I. Tatobjekt: Begriff der „Darbietung eines ausübenden Künstlers" Hinsichtlich des Begriffs der „Darbietung eines ausübenden Künstlers" gilt auch im Rahmen des § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG die Definition des § 73 UrhG. 58 Danach ist ausübender Künstler, wer ein Werk vorträgt oder aufführt oder bei dem Vortrag oder der Aufführung eines Werks künstlerisch mitwirkt 59 . Umstritten ist, ob hinsichtlich der Begriffe „Vortrag" und „Aufführung" die Definitionen des § 19 UrhG Anwendung finden. Da nach dieser Vorschrift der Vortrag oder die Aufführung öffentlich sein muss, hängt von der Beantwortung dieser Frage ab, ob das Leistungsschutzrecht aus § 73 UrhG auch für Studiomusiker gilt. Während der BGH 60 die Frage bislang offengelassen hat, wollen einige Autoren 61 die in § 19 UrhG enthaltenen Definitionen anwenden. Auf das konkrete Problem wird dabei nicht eingegangen. 51 Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 12; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.567 f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.258; vgl. zu den Tathandlungen bei § 106 Abs. 1 UrhG: Kap.2D. 52 Kann, S.94. 53 v. Gamm, § 108 UrhG Rn.4; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.5. 54 Kann, S.50ff. u. S.55 u. S.57; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.74. 55 Kann, S.59ff.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.74. 56 Zum Tatobjekt: Kap. 4 F. I. 57 Zur Tathandlung: Kap. 4 F. II. 58 Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 8; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.98; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.52f. 59 Ausführlicher zum Begriff: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.98 ff.; auch: Fromm/ Nordemann-Hertin, § 73 UrhG Rn. 1 ff.; Kann, S. 13 f.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 586ff.; Schricker-Krüger, Urheberrecht, §73 UrhG Rn. lOff. 60 Vgl.: BGH GRUR 1983, 22, 24 („Tonmeister"). 61 v. Gamm, § 73 UrhG Rn. 5; Möhring/Nicolini-Kroitzsch, § 73 UrhG Anm. 2.

. Tatbestand der Nr.

209

Dagegen will die überwiegende Literatur 62 § 73 UrhG auf Studiomusiker anwenden. Während Dünnwald 63 insofern analoge Anwendung vorschlägt, um nicht zwei verschiedene Vortrags- und Aufführungsbegriffe in den §§19 und 73 UrhG zu schaffen, halten die übrigen Autoren 64 die direkte Anwendung des § 73 UrhG für möglich. Auf Öffentlichkeit der Wiedergabe komme es nicht an.65 Es sei kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, bei dem Schutz der künstlerischen Leistung nach dem Grad des öffentlichen Zutritts zu differenzieren. 66 Der Gesetzgeber sei selbst von einem Schutz der Studiomusiker ausgegangen, da er in der Begründung67 zu § 89 des Regierungsentwurfes, der dem heutigen § 79 UrhG entspricht, ausdrücklich die Verträge der Künstler mit den Schallplattenherstellern erwähnt. 68 Wäre unter „Aufführung" nur die öffentliche Darbietung zu verstehen, liefe die Vorschrift des § 86 UrhG leer. 69 Der Wortlaut des § 73 UrhG stehe dieser Auslegung nicht entgegen.70 Schließlich unterschieden sich die §§ 19 und 73 UrhG ohnehin durch ihren Standort innerhalb des UrhG. 71 Mich überzeugt die Ansicht der überwiegenden Literatur. Der Wortlaut des § 73 UrhG erfordert keine Öffentlichkeit der Wiedergabe. Da keine Gesetzeslücke besteht, ist entgegen Dünnwald für Analogie kein Raum, so dass die Anwendung im Strafrecht keine Probleme bereitet. Im Ergebnis ist also sogar die nichtöffentliche Probe eines Künstlers eine Darbietung i. S. v. § 73 UrhG. 72 Probleme wirft heute vor allem das sogenannte „Digital-Sampling" auf. Dabei werden Klangsequenzen anderer Künstler übernommen und in der Art einer Collage zu neuen Musikstücken geformt. Einige Autoren 73 vertreten die Ansicht, die unautorisierte Übernahme selbst kleinster Klangsequenzen sei grundsätzlich unzulässig. Bortloff 74 begründet dies damit, ausübende Künstler seien durch die Übernahme in ihren Persönlichkeitsrechten 62

Dünnwald, UFITA 52 (1969), S.63; Fromm/Nordemann-Hertin, §73 UrhG Rn. 3; Gentz, GRUR 1974, S.330; Schricker-Krüger, Urheberrecht, §73 UrhG Rn. 16; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.53. 63 Dünnwald, UFITA 52 (1969), S.63. 64 Fromm/Nordemann-Hertin, §73 UrhG Rn.3; Gentz, GRUR 1974, S.330; Schricker-Krüger, Urheberrecht, §73 UrhG Rn. 16; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.53. 65 Gentz, GRUR 1974, S.330; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.52f.; Ulmer, Urheberund Verlagsrecht, S.524. 66 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.52. 67 BT-Drucks. IV/270, S.93. 68 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.52. 69 Gentz, GRUR 1974, S.330; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.52 f. 70 Gentz, GRUR 1974, S.330; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.53. 71 Gentz, GRUR 1974, S.330. 72 Kann, S.60. 73 Bortloff, ZUM 1993, S.477; Münker, S.223 f.; Schaefer, Handbuch, S.525 u. S.531; Schaefer/Körfer, S.26 u. S. 105. 74 Bortloff,; ZUM 1993, S.477 f. 14 Hildebrandt

210

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG

berührt. Lediglich ein einzelner Ton sei nicht geschützt, da dieser regelmäßig nicht auf der Darbietung des Künstlers beruhe. Kann 75 dagegen hat die Ansicht vertreten, Leistungsschutzrechte ausübender Künstler seien durch das Digital-Sampling nicht berührt. Denn ihre wirtschaftlichen Interessen seien nicht berührt; 76 es müssten insofern dieselben Erwägungen gelten wie beim Schutz der Tonträgerhersteller 77. Sofern die Gegenansicht sogar einzelne Töne nach §§108 Abs. 1 Nr. 4, 75 UrhG schützen will, bedeutet dies einen stärkeren Schutz des bloßen Leistungsrechts gegenüber dem Recht des Urhebers eines Musikwerks. Denn Musikwerke würden nicht einmal nach Maßgabe des strengen Melodienschutzes nach § 24 Abs. 2 UrhG, wonach zumindest eine Tonfolge vorliegen muss, in dieser Intensität geschützt. Ein stärkerer Schutz der Leistungsschutzrechte könne nicht gewollt sein. Mit Kann halte ich die Ansicht, wonach die unautorisierte Übernahme selbst kleinster Klangsequenzen grundsätzlich unzulässig sei, für zu eng. Meines Erachtens muss bei der Beantwortung der Frage berücksichtigt werden, dass künstlerische Leistung stets zu einem gewissen Grad auf fremder Leistung aufbaut. Es gilt zu beachten, dass die Androhung strafrechtlicher Sanktionen die Kreativität der möglicherweise Betroffenen von vornherein ersticken oder erheblich behindern kann.78 §§ 108 Abs. 1 Nr. 4, 75 UrhG bezwecken den Schutz79 der wirtschaftlichen Leistung des ausübenden Künstlers. Die gemäß Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG schrankenlos zugesicherte Kunstfreiheit beansprucht Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen der ausübenden Künstler, die im Grundgesetz allenfalls beschränkbar gewährleistet sind. Überdies wird die wirtschaftliche Leistung frühestens dann beeinträchtigt, wenn solche Teile einer Darbietung übernommen werden, bei denen das der Leistung des Künstlers zugrunde liegende Werk ohne technische Mittel wiedererkennbar ist 80 . § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG greift deswegen auch erst dann ein. Je nach den Umständen des Einzelfalles kann dies bereits bei nur einem Ton oder aber auch erst bei längeren Passagen der Fall sein. Sofern man einen persönlichkeitsrechtlichen Schutz durch die §§ 108 Abs. 1 Nr. 4, 75 UrhG überhaupt bejahen will, wird insofern Gleiches gelten. Sofern die Verwertung der Leistung des ausübenden Künstlers mittels eines neuen Werks i. S. v. § 2 Abs. 2 UrhG erfolgt, wird man im Wege des Erst-recht-Schlusses überdies auch § 24 UrhG 81 anwenden müssen. Es kommt dann bei der Abgrenzung darauf an, ob der gleiche geistig-ästhetische Gesamteindruck vorliegt. 82 Sofern die 75

Kann, S.55; ähnlich: Schack, JZ 1998, S.754f. Α. Α.: Münker, S. 223 f. 77 Vgl. dazu: Kap.4 G.II. 78 Ebenso: Burger, S. 801. 79 Zum Rechtsgüterschutz: Kap. 4 B. 80 Ähnlich wohl: Hertin, GRUR 1989, S.578f. 81 Vgl. zur „freien Benutzung": Kap.2 C.II.3. 82 Vgl.: BGH GRUR 1958,402, 403f. („Lili Marleen"); v. Gamm, § 11 UrhG Rn. 11 u. § 24 UrhG Rn. 11 u. §97 UrhG Rn.7; Sieber, BB 1981, S. 1552; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 265 ff. u. S. 275 ff. 76

F. Tatbestand der Nr. 4

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Züge der Darbietung des ausübenden Künstlers gegenüber der Eigenart des neugeschaffenen Werks verblassen, ist die Übernahme auch größerer Passagen ohne weiteres zulässig.83

II. Tathandlung: Verwertung entgegen §§ 74,75 Abs. 1 oder 2 oder § 76 Abs. 1 UrhG §§108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG verbietet die Verwertung der Darbietung entgegen §§ 74, 75 Abs. 1 oder 2 oder § 76 Abs. 1 UrhG. Im Wesentlichen führt dies - ähnlich wie bei § 106 Abs. 1 UrhG 84 - zur Geltung der §§ 15 bis 17 und 19 bis 22 UrhG. 85 Durch Gesetz vom 23.6.199586 wurde eine Lücke der Verwertungsrechte des ausübenden Künstlers geschlossen. Während vorher die Verbreitung solcher Werke, die mit Zustimmung des Urhebers vervielfältigt worden waren, zulässig war 87 und das Analogieverbot des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG die Schließung der Gesetzeslücke verhinderte 88, ist heute die Verbreitung nicht mehr straflos. 89 Allerdings können wegen des Rückwirkungsverbotes der § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG 90 vorher begangene Verbreitungshandlungen nicht bestraft werden. § 74 UrhG verbietet die Wahrnehmbarmachung durch Bildschirm, Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtungen außerhalb des Raumes, in dem die Aufführung stattfindet. 91 In der Praxis ist § 74 UrhG von untergeordneter Bedeutung und spielt fast nur bei einer Übertragung einer Aufführung zu internen, organisatorischen Zwecken eine Rolle. 92 Im Umkehrschluss zu § 74 UrhG 93 ist eine Wahrnehmbarmachung im Veranstaltungsraum selbst zulässig; ein Lautsprecher im Raum der Veranstaltung selbst dient ohnehin in aller Regel allein der Verbesserung der Akustik. 94 § 75 Abs. 1 UrhG verbietet die Aufnahme auf Bild- oder Tonträger. Der Begriff der Aufnahme entspricht dem der ersten Fixierung eines Werks i. S. v. § 16 Abs. 2 Fall 1 83 Vgl.: Brandi-Dohrn, BB 1994, S.660; Fromm/Nordemann-Vinck, §24 UrhG Rn.2; Löffler, S. 1427; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 228; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, § 24 UrhG Rn. 10; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.276. 84 Vgl. zur Tathandlung bei § 106 Abs. 1 UrhG: Kap.2 D. 85 Fromm/Nordemann-Vinck, § 108 UrhG; Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 13. 86 Drittes Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes, BGB1.I S. 842. 87 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.74 u. NJW 1985, S.2122; Weber, Wesen, S.57. 88 A.A.: Flechsig, FuR 1979, S.514. 89 Kritisch zur alten gesetzlichen Regelung v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 26; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.258. 90 Vgl. zum Strafantragsrecht: Kap. 7 A.I. 91 Kann, S.94; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.568. 92 Ausführlicher: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.94. 93 So: Kann, S.94. 94 Kann, S. 94; Fromm/Nordemann-Hertin, § 74 UrhG Rn. 2, m. w. N.

14*

212

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG

UrhG. 95 Ein Vergleich mit § 16 UrhG ergibt, dass die Aufnahme selbst in systematischer Hinsicht bereits Vervielfältigung der Leistung darstellt. 96 Der Begriff der Aufnahme entspricht dem Vervielfältigungsbegriff des § 16 Abs. 1 UrhG 97 . Aufnahme ist mithin die körperliche Fixierung auf einer technischen Vorrichtung, die geeignet ist, die Darbietung den menschlichen Sinnen auf irgendeine Weise unmittelbar oder mittelbar wahrnehmbar zu machen.98 Beispiele für Aufnahmen bilden Bootlegs99, das „Anzapfen" einer internen Lautsprecheranlage oder des Mischpults100 oder der Mitschnitt einer Live-Übertragung. Dagegen stellt die Aufnahme der Übertragung eines Konzertes oder einer Opernaufführung in tatsächlicher Hinsicht regelmäßig keine Erstfixierung dar, da meist vorher eine Bandaufnahme erstellt wurde. 101 § 75 Abs. 2 UrhG verbietet die Vervielfältigung eines Bild- oder Tonträgers, also in Anwendung des § 16 Abs. 1 u. 2 Fall 2 UrhG die Übertragung der Darbietung von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen.102 Probleme und Begriff gleichen dem Vervielfältigungsbegriff des § 106 UrhG. 103 Das Senderecht gemäß § 76 Abs. 1 UrhG verbietet die unmittelbare Sendung einer Darbietung eines ausübenden Künstlers. 104 Es gilt insofern die Definition des Senderechts nach § 20 UrhG. 105 So ist etwa die Sendung ephemerer Aufnahmen durch die Sendeanstalt, welche die Aufnahme archiviert hat, unzulässig.106 Dagegen ist die Sendung eines mit Zustimmung des ausübenden Künstlers erschienenen (§6 Abs. 2 UrhG) Tonträgers nach §§108 Abs. 1 Nr. 4,76 Abs. 2 UrhG zulässig. Die Verletzung der Vergütungspflicht 107 des § 76 Abs. 2 UrhG ist nicht strafrechtlich sanktioniert. 108 Systematisch wird man § 76 Abs. 2 UrhG wohl am besten als speziellen gesetzlich zugelassenen Fall des § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG ansehen können.109 95 96 97 98 99

Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 101 f. u. S. 105. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 102. Vgl. zum Vervielfältigungsbegriff bei § 106 Abs. 1 UrhG: Kap. 2 D.II. BT-Drucks. IV/270, S.47; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 101. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 103; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG

Rn.6. 100

Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 103 f. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 104. 102 Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 13; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 105; Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2122. 103 Vgl. zum Vervielfältigungsbegriff: Kap. 2 D. II. 104 Kann, S. 96. 105 Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 13; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 109 f. 106 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 110f.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.6. 107 Vgl. zu Problemen mit gesetzlich angeordneten Vergütungsansprüchen: Kap. 2 E. VIII. 108 Kann, S.96; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 109; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.6; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.259. 109 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 130ff.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 11. 101

. Tatbestand der Nr.

213

Mit Ausnahme des Senderechts besteht kein Strafrechtsschutz hinsichtlich der öffentlichen Wiedergabe einer auf Tonträger aufgenommenen Darbietung. Anders als im Zivilrecht 110 kann es dabei nicht darauf ankommen, ob die Aufnahme mit Erlaubnis des ausübenden Künstlers hergestellt wurde. Denn im Zivilrecht wird teilweise § 96 UrhG zur Begründung herangezogen111, teilweise § 76 Abs. 2 UrhG analog angewandt112; beides aber ist im Strafrecht nicht möglich.

G. Tatbestand der Nr. 5 § 108 Abs. 1 Nr. 5 UrhG nennt als Tatobjekt einen „Tonträger" (I) 1 1 3 und als Tathandlung die „Verwertung entgegen § 85 UrhG" (II) 1 1 4 .

I. Tatobjekt: Tonträger Den Begriff des Tonträgers umschreibt § 16 Abs. 2 UrhG. 115 Unzweifelhaft fallen Schallplatten, Magnetbänder oder auch Lochstreifen für Leierkästen unter den Begriff 116 . Nach allgemeiner Auffassung ist der Gegenstand der Aufnahme gleichgültig. 117 Denn § 108 Abs. 1 Nr. 5 UrhG schützt die unternehmerische Leistung.118 So sind auch Aufnahmen mit Geräuschen119, Tierstimmen 120, menschlichem Stöhnen oder Krächzen 121 geschützt. Problematisch ist, ob jeder Träger, von dem Töne wiedergegeben werden können, ein Tonträger ist. Die Frage stellt sich etwa im Falle einer mit einem Computerprogramm bespielten Kassette, die auch über einen Kassettenrecorder abgehört werden 1,0

Vgl. insofern: Fromm/Nordemann-Hertin, §74 UrhG Rn. 1. So: Schricker-Krüger, Urheberrecht, §74 UrhG Rn. 17. 1,2 So: Fromm/Nordemann-Hertin, §74 UrhG Rn. 1. 113 Zum Tatobjekt: Kap. 4 G.I. 114 Zur Tathandlung: Kap.4 G.II. 115 BGH NJW 1999, 1961, 1962; Bortloff,\ Tonträgerpiraterieschutz, S.27. 116 Beispiele bei: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.26. 117 Fromm/Nordemann-Hertin, §§ 85, 86 UrhG Rn.2; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.26; Hertin, GRUR 1989, S.578 u. GRUR 1991, S.730 u. Handbuch, S.509; Kann, S. 14 u. S.97; Klein, S.583; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.7. 118 BT-Drucks. IV/270, S.95; Fromm/Nordemann-Hertin, §§ 85, 86 UrhG Rn. 1; Hertin, GRUR 1991, S.730;Kann, S.97; Klein, S.583; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 113. 1,9 BT-Drucks. IV/270, S.95; Fromm/Nordemann-Hertin, §§85, 86 UrhG Rn.2; v. Gamm, §85 UrhG Rn.4; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.26; Hertin, GRUR 1989, S.578 u. GRUR 1991, S. 730 u. Handbuch, S. 509; Kann, S. 97; Klein, S. 583; Schorn, S. 580. 120 BT-Drucks. IV/270, S.95; Fromm/Nordemann-Hertin, §§85, 86 UrhG Rn.2; v. Gamm, §85 UrhG Rn.4; Hertin, GRUR 1989, S.578 u. GRUR 1991, S.730 u. Handbuch, S.509; Klein, S.5S3; Schorn, S.580. 121 Hertin, Handbuch, S.509. 111

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. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG

kann, so dass eine Tonfolge hörbar wird. 122 Rupp 123 meint hierzu, Computerprogramme seien nicht erfasst, da es sich bei § 108 Abs. 1 Nr. 5 UrhG um eine Spezialregelung für Tonträger handele. Auch v. Gravenreuth 124 will die Vorschrift nicht anwenden; vielmehr komme es darauf an, ob eine übliche klangliche Umsetzung von Signalen vorliegt. Auch die anhörbare binäre Fassung eines Bildes sei kein Tonträger. Mir erscheint die Abgrenzung v. Gravenreuths nicht klar genug. Treffender lässt sich die Einschränkung danach vornehmen, ob der Träger zur akustischen Wahrnehmbarmachung bestimmt ist. Dies ist etwa bei CD-ROMs in der Regel nicht der Fall; um einen Tonträger handelt es sich hingegen, wenn Musikdateien auf dem Träger gespeichert sind. Umstritten ist, ob auch das Überspielen von einem Tonträger auf einen anderen eine Aufnahme darstellt. Entscheidend ist dies beispielsweise beim Überspielen alter Schellackplatten auf CD, die möglicherweise zudem mit akustischer Verbesserung verbunden ist. 125 Hertin 126 meint, dies sei nicht der Fall. Andere Autoren 127 dagegen wollen auch das Überspielen der Vorschrift zurechnen, soweit dabei eine Eigenleistung erbracht wird, die sich nicht nur unerheblich auf den Tonträger auswirkt. Ich möchte mich letzterer Ansicht anschließen. Denn §§85, 16 Abs. 2 UrhG schützen lediglich die mit der Aufnahme verbundene wirtschaftliche Leistung. Diese aber ist im Falle einer nicht unerheblichen Veränderung einer bestehenden Aufnahme möglicherweise größer als bei einer Neuaufnahme. § 85 Abs. 1 S. 3 UrhG steht dieser Auffassung nicht entgegen, da bei wesentlichen Veränderung nicht lediglich eine Vervielfältigung vorliegt 128 . Wie bei § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG 129 wirft auch bei Nr. 5 das sogenannte „DigitalSampling", also die Übernahmen kleinerer Klangsequenzen aus anderen Tonträgern, Probleme auf. Ein Teil der Autoren 130 meint, auch bei Übernahme kleinster Teile liege eine Verletzung des Leistungsschutzrechts des Tonträgerherstellers vor. Dies wird damit begründet 131, dass der organisatorische, technische und wirtschaftliche Aufwand auch in einem nur kleinen Ausschnitt des Tonträgers verkörpert werde. Zudem sei zur Kopie eines Ausschnitts stets die Benutzung des gesamten Tonträgers erforderlich. 122 123 124 125

v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.27. Rupp, Computersoftware, S. 112. v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.27. Beispiel bei: Dünnwald, UFITA 76 (1976), S. 176; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl,

S.57. 126

Fromm/Nordemann-Hertin, §§ 85, 86 UrhG Rn. 3. Dünnwald, UFITA 76 (1976), S. 176; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.57. 128 Zu Veränderungen beim VervielfältigungsVorgang: Kap.2 D.II.4. 129 Vgl. zum Begriff der „Darbietung eines ausübenden Künstlers": Kap. 4 F. I. 130 Hertin, GRUR 1989, S.578; Klein, S.583; Schaefer, Handbuch, S.524 u. S.531; Schaefer/Körfer, S. 26 u. S. 105; Schorn, S. 580. 131 So: Klein, S.583. 127

. Tatbestand der Nr.

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Auf die Werkqualität des kopierten Ausschnitts komme es nicht an, da § 85 UrhG Aufnahmen aller Art schütze. Auch die Kopie eines einzelnen Tones könne maßgebliche Bedeutung haben, wenn es etwa gerade auf die Übernahme der Klangfarbe ankommt. Eine nachweisbare wirtschaftliche Beeinträchtigung des Rechtsinhabers fordere das Vervielfältigungsrecht aus § 85 UrhG nicht. 132 Dagegen wollen andere 133 eine Verletzung des Leistungsschutzrechts des Tonträgerherstellers verneinen. § 85 Abs. 1 S. 1 UrhG sei teleologisch zu reduzieren. Während Hoeren ]3 4 nur die Vervielfältigung und Verbreitung des gesamten Tonträgers erfassen will, meint Kann 135, der Tonträgerhersteller erleide solange, wie keine Erkennbarkeit der zugrunde liegenden Aufnahme gegeben ist, keine messbare Beeinträchtigung seiner gesetzlich geschützten Rechte; seine wirtschaftlichen Interessen seien nicht verletzt. 136 § 85 Abs. 1 S. 1 UrhG schütze seinem Sinn und Zweck nach wirtschaftliche Positionen, nämlich die Verwertbarkeit der hochqualifizierten technischen Leistung, die in der Aufnahme liegt. Es sei deswegen darauf abzustellen, ob wegen des Kaufs des neuen Produktes auf den Kauf des Originalproduktes verzichtet wird. Weil § 85 UrhG zudem eine Ausbeutung von Leistung und Erfolg eines anderen verhindern solle, komme es auf die Intention des Verwenders des Samplings an, die Leistung auszubeuten oder neue Werke aus vorhandenem Tonmaterial zu schaffen. Beim Digital-Sampling aber sei die Intention derjenigen bei der Verwendung freien Allgemeinguts vergleichbar. Mit Kann und Hoeren halte ich wie bei § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG die Ansicht, wonach die unautorisierte Übernahme selbst kleinster Klangsequenzen grundsätzlich unzulässig sei, für zu eng. Bei der Beantwortung der Frage gilt es zu berücksichtigen, dass künstlerische Leistung stets zu einem gewissen Grad auf fremder Leistung aufbaut. Die Androhung strafrechtlicher Sanktionen aber darf die Kreativität der möglicherweise Betroffenen nicht von vornherein ersticken oder erheblich behindern. 137 Wie bei § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG möchte ich mich zudem für den Vorrang der gemäß Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG schrankenlos zugesicherten Kunstfreiheit gegenüber den wirtschaftlichen Interessen der Hersteller von Tonträgern einsetzen. Entgegen Hoeren sehe ich die wirtschaftliche Leistung aber schon dann beeinträchtigt, wenn solche Teile einer Darbietung übernommen werden, bei denen die Aufnahme des zugrunde liegenden Tonträgers ohne technische Mittel wiedererkennbar ist. 132

Hertin, GRUR 1991, S.731. Hertin, GRUR 1991, S.730f., unter Hinweis auf entsprechende unveröffentlichte Rechtsprechung des OLG Hamburg; Hoeren, GRUR 1989, S. 580f.; Kann, S. 53 ff.; Münker, S. 257 f.; Schack, JZ 1998, S. 754f. 134 Hoeren, GRUR 1989, S.580. 135 Kann, S.54. 136 So auch: Münker, S. 258. 137 Vgl.: Burger, S. 801. 133

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG

Anderes muss aber dann gelten, wenn die Verwertung des Tonträgers mittels eines neuen Werks i. S. v. § 2 Abs. 2 UrhG erfolgt. Wie bei § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG wird man hier im Wege des Erst-recht-Schlusses § 24 UrhG 138 anwenden müssen. Sofern die Züge des zugrunde liegenden Tonträgers gegenüber der Eigenart des neugeschaffenen Werks verblassen, ist die Übernahme auch größerer Passagen ohne weiteres zulässig.139

II. Tathandlung: Verwertung entgegen § 85 UrhG § 108 Abs. 1 Nr. 5 UrhG verbietet die Verwertung eines Tonträgers entgegen § 85 UrhG. Wie sich aus § 85 UrhG ergibt, ist „Verwertung" im Sinne der Vorschrift Vervielfältigung und Verbreitung. 140 Der Vervielfältigungsbegriff entspricht dem bei § 106 Abs. 1 UrhG und damit im Wesentlichen dem des § 16 UrhG. 141 Die Vervielfältigung muss nicht anhand eines Originals, sondern kann anhand einer Vervielfältigung erfolgen. 142 So liegt zum Beispiel nicht nur dann eine Vervielfältigung vor, wenn ein Mastertape kopiert wird, sondern auch beim Überspielen von einer fertigen Schallplatte oder Musikkassette. 143 Keine Rolle spielt zudem, ob die Aufnahme - etwa bei Bootlegs durch einen Livemitschnitt - auch auf andere Weise als durch Vervielfältigung eines Tonträgers zu erlangen gewesen wäre; sofern der Tonträger bei der Vervielfältigung verwendet wird, liegt eine Vervielfältigung i. S. der §§ 85, 108 Abs. 1 Nr. 5 UrhG vor. 144 Dagegen stellt die Kopie einer Darbietung ohne Verwendung eines fremden Tonträgers, die sogenannte Parallelaufnahme, keine Vervielfältigung des Tonträgers dar. 145 Dies gilt selbst dann, wenn ein anderer Tonträger derselben Darbietung schon existiert und dem betreffenden Hersteller vom ausübenden Künstler das ausschließliche Verwertungsrecht eingeräumt wurde. 146 Denn zum einen sind diese schuld138

Vgl. zur „freien Benutzung": Kap.2 C.II.3. Vgl.: Brandi-Dohrn, BB 1994, S.660; Fromm/Nordemann-Vinck, §24 UrhG Rn.2; Löffler, S. 1427; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 228; Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, §24 UrhG Rn. 10; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.276. 140 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.7. 141 Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 13; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 115; Schricker- Η aß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.7; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.73. 142 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.73 u. NJW 1985, S.2122, Fn.26. 143 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.73 u. NJW 1985, S.2122, Fn.26. 144 Kann, S.97; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.73; Kann, S.97 unterstellt fälschlich Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.73 die Gegenansicht. 145 Kann, S.98; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 115; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.73. 146 Kann, S.98; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 115; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.73. 139

. Tatbestand der Nr.

217

rechtlichen Ansprüche 147 nicht strafbewehrt; 148 zum anderen würde es sich um einen unzulässigen Vertrag zu Ungunsten Dritter handeln. Schließlich wird eine Beeinträchtigung des Absatzes des rechtmäßigen Tonträgerherstellers von § 108 Abs. 1 Nr. 5 UrhG nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht erfasst. 149 Die Literatur ist der Ansicht, der Begriff des Verbreitens der §§ 85, 108 Abs. 1 Nr. 5 UrhG entspreche dem zivilrechtlichen Begriff. 150 Da ich beim Verbreitungsbegriff im Strafrecht einige Einschränkungen für notwendig halte, möchte ich nicht auf § 17 UrhG, sondern auf den Verbreitungsbegriff bei § 106 Abs. 1 UrhG 151 verweisen. Jedenfalls der Verkauf von Raubkopien mit Musikwerken oder von Bootlegs, die durch Überspielen eines anderen Tonträgers hergestellt wurden, stellt demnach ein Verbreiten dar. 152

H. Tatbestand der Nr. 6 Der Begriff der Funksendung wird maßgeblich durch den Zweck des § 87 UrhG bestimmt, das Ergebnis der besonderen Leistung der Sendeunternehmen als Veranstalter von Sendungen zu schützen.153 Art. 3 lit. f des Rom-Abkommens definiert den Begriff der „Funksendung" als „die Ausstrahlung von Tönen oder von Bildern und Tönen mittels radioelektrischer Wellen zum Zwecke des Empfangs durch die Öffentlichkeit". 154 Voraussetzung ist ferner, dass die Informationen mit Hilfe eines Verteilsystems an die Öffentlichkeit gebracht werden; ein Zugriffs system genügt dem Begriff der Funksendung nicht. 155 Das Leistungsschutzrecht entsteht allein durch die erste, nicht aber durch die wiederholte Ausstrahlung. 156 Dagegen kommt es nicht darauf an, ob die Funksendung ein geschütztes Werk zum Gegenstand hat. 157 Aus § 87 UrhG folgt, was mit Verwertung i. S. v. § 108 Abs. 1 Nr. 6 UrhG gemeint ist 158 : die Weitersendung (Abs. 1 Nr. 1), die Aufnahme auf Bild- oder Tonträger, die 147

Vgl. zu Problemen im Zusammenhang mit gesetzlich angeordneten oder vertraglichen Ansprüchen: Kap. 2 F. VII. 148 Kann , S. 98; Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S. 115. 149 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.73. 150 Kann, S.98; Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 13; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 116; Schricker-Haß , Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.7; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.73. 151 Vgl. zum Begriff des Verbreitens: Kap. 2 D.III. 152 Vgl.: Kann, S.50ff. u. S.55 u. S.57 u. S.59ff. 153 Schricker-v. Ungern-Sternberg, Urheberrecht, §87 UrhG Rn.22. 154 Vgl. auch: Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.629. 155 Vgl. hierzu: Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, S.2983; Gounalakis, S.2994; Hochstein, S. 2979. 156 Fromm/Nordemann-Hertin, § 87 UrhG Rn. 4; Schricker-v. Ungern-Sternberg , Urheberrecht, §87 UrhG Rn.22. 157 Kann, S. 101 f.; Schack , Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.629, m. w.N. 158 So auch: Flechsig , FuR 1979, S.513.

218

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG

Herstellung von Lichtbildern, die Vervielfältigung und Verbreitung von Bild- oder Tonträgern oder der Lichtbilder mit Ausnahme des Vermietrechts (Abs. 1 Nr. 2), sowie die öffentliche Wahrnehmbarmachung einer Fernsehsendung an Stellen, die der Öffentlichkeit nur gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind (Abs. 1 Nr. 3). 159 Weitgehend gelten auch bei § 108 Abs. 1 Nr. 6 UrhG die Begriffe der §§15, 16, 17, 19, 20, 21, 22 UrhG. 160 Die Verbreitung ist seit Inkrafttreten des Gesetzes vom 23.6.1995161 nicht mehr straflos. Eine Reihe vieldiskutierter 162 Fragen hat sich damit erübrigt. Auch erfasst § 87 Abs. 1 Nr. 3 UrhG nunmehr nicht mehr allein Fernsehsendungen, sondern auch Funksendungen aller Art. Umstritten ist, ob unter Weitersendung i. S. v. § 87 Abs. 1 Nr. 1 UrhG nur die zeitgleiche Weiterausstrahlung (Simultanausstrahlung) zu verstehen ist. Während Hertin 163 dies bejahen will, soll nach der Gegenansicht164 auch die zeitversetzte Ausstrahlung mittels einer Aufzeichnung genügen, so dass zum Beispiel die spätere Vorführung einer Aufzeichnung mit Hilfe eines Videorecorders der Vorschrift unterfällt. Ich möchte mich der Auffassung Hertins anschließen. Bei der zeitversetzten Ausstrahlung handelt es sich begrifflich nicht um eine Weitersendung, sondern allenfalls um eine neue Sendung. Für eine weite Auslegung des Begriffs besteht kein Anlass, zumal die Aufnahme auf einen Bild- oder Tonträger ohnehin § 87 Abs. 1 Nr. 2 UrhG unterfällt. Lediglich bei wenigen Sachverhalten mit Auslandsberührung 165, etwa wenn ein Piratensender im Ausland steht und über Satellit Mitschnitte inländischer Sender ins Inland sendet166, können sich unterschiedliche Ergebnisse ergeben. Als Beispiel für die Aufnahme einer Funksendung i. S. v. § 87 Abs. 1 Nr. 2 UrhG lässt sich der Mitschnitt einer Rundfunk- oder Fernsehsendung nennen.167 Entgegen Kann m und Rochlitz 169 genügt dabei die parallele Aufzeichnung einer Rundfunksendung etwa im Konzertsaal des Sendeunternehmens nicht; denn Voraussetzung für den Schutz des § 87 UrhG ist stets eine unmittelbare Verwendung der Funksendung.170

159

Vgl.: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 8. Vgl.: Fromm/Nordemann-Vinck, § 108 UrhG; Möhring/Nicolini-Spautz., § 108 UrhG Anm. 13. 161 Drittes Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes, BGB1.I S. 842. 162 Kann, S. 101 Fn.60; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 126; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 8. 163 Fromm/Nordemann-Hertin, § 87 UrhG Rn. 8. 164 Kann, S. 102; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 125. 165 Vgl. zum internationalen Urheberstrafrecht: Kap. 6 H. 166 Beispiel bei: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.24. 167 AG Stuttgart, Schulze, AGSt 3, 2 („Programmmitschnitt"); Kann, S. 102; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 124; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.74. 168 Kann, S. 102. 169 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 124. 170 Ebenso: Fromm/Nordemann-Hertin, § 87 UrhG Rn. 10. 160

I. Tatbestand der Nr. 7

219

Der Schutz vor öffentlicher Wahrnehmbarmachung an Stellen, die der Öffentlichkeit nur gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind, nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 UrhG greift etwa dann ein, wenn in einer Diskothek, in der ein Eintrittsgeld verlangt wird, eine Fernsehsendung auf eine Leinwand projiziert wird. 171 Dagegen unterliegt die sonstige öffentliche Wiedergabe der Funksendung, etwa in Gaststätten, nicht dem Schutzrecht des Sendeunternehmens.172

I. Tatbestand der Nr. 7 § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG nennt als Tatobjekt einen Bildträger oder Bild- und Tonträger (I) 1 7 3 und als Tathandlung die Verwertung entgegen den §§94 oder 95 i. V. m. §94 UrhG (II) 174 .

I. Tatobjekt: Bildträger oder Bild- und Tonträger Wie sich aus der Verweisung auf die §§94 oder 95 i. V. m. § 94 UrhG ergibt, schützt § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG sowohl Filmwerke als auch Laufbilder. 175 Ein Stufen· oder Ausschlussverhältnis besteht nicht. 176 Bei Filmwerken besteht mithin zweifacher Strafrechtsschutz: Während § 106 Abs. 1 UrhG den Urheber des Filmwerks schützt, gewährt § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG dem Filmhersteller Schutz.177 Dies ist diejenige natürliche oder juristische 178 Person, die auf ihr Risiko die Filmherstellung als Gesamtleistung durchführt. 179 Tatobjekt bei § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG ist der Bildstreifen, beim Tonfilm der Bild- und Tonträger. 180 Nach allgemeiner Ansicht 181 bietet § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG keinen Schutz dagegen, dass eine bearbeitete Fassung 171 Kann, S. 102; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 125 f., mit Beispiel; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 8. 172 Fromm/Nordemann-Hertin, § 87 UrhG Rn. 11. 173 Zum Tatobjekt: Kap. 4 I.I. 174 Zur Tathandlung: Kap.4 I.II. 175 Wie hier: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.279; Weber, JZ 1993, S. 107; unklar: BayObLG JZ 1993, 104, 105 („Verwertung von Computerspielen"). 176 AG Mainz NJW 1989, 2637; Weber, JZ 1993, S. 107. 177 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.9. 178 BGH UFITA 55 (1970), 313 („Triumph des Willens"); Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 135 f. 179 Fromm/Nordemann-Hertin, §94 UrhG Rn.4; Kann, S. 103; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 127; Schricker-Katzenberger, Urheberrecht, vor §§88 ff. UrhG Rn.31; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 134 u. Wesen, S. 56. 180 Kann, S. 103; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.260. 181 Vgl.: OLG Hamburg GRUR 1983,436,437 („Puckman"); W. Nordemann, GRUR 1981, S.894.

220

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG

verwertet wird. Pornographische Filme sind nach § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG geschützt, ohne dass es auf die Diskussion 1 8 2 über ihre Werkeigenschaft ankommt. 1 8 3 Umstritten ist vor allem, ob Computerprogramme wie Filme oder Laufbilder behandelt werden können. Während nach allgemeiner Ansicht 1 8 4 ein Laufbildschutz von Benutzeroberflächen nicht in Betracht kommt, ist die Frage bei Computerspielen äußerst umstritten. 185 Ich möchte hier auf eine Darstellung der Einzelheiten der zivilrechtlich geprägten Diskussion verzichten und den Streitstand nur knapp umreißen, zumal der Streit seit der Einfügung der §§ 69äff. UrhG erheblich an Bedeutung verloren hat. Fast alle Gerichte 1 8 6 und die überwiegende Literatur 1 8 7 wollen Computerspiele wie Filme oder Laufbilder behandeln. Denn bei Videospielen handele es sich um Erzeugnisse, die ähnlich wie Filme geschaffen werden; dass der Spieler in den Spielablauf eingreifen kann, spiele keine Rolle, da alle denkbaren Veränderungen i m Voraus programmiert seien. 188 Dies gelte selbst dann, wenn der Spielablauf mittels eines Zufallsgenerators beeinflusst würde, da der Zufallsgenerator nur eine endliche, mathematisch berechenbare Anzahl von Zufällen produziere; der Eingriff des Zu182 Vgl. zum Schutz sittenwidriger, verbotener oder mit einem Verbreitungsverbot belegter Werke: Kap.2 C.I.3. 183 v. Gravenreuth, CR 1987, S. 166; Tielke, Taschenbuch, S.29. 184 Vgl.: Moewes/Koch, S.39; Schlatter, Rn.72; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.9. 185 Dazu ausführlich: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.96ff. 186 BayObLG JZ 1993, 104, 105 ff. („Verwertung von Computerspielen"); OLG Hamburg GRUR 1983,436,437 („Puckman"); 1990, 127, 127f. („Super Mario III"); OLG Hamm NJW 1991,2161,2162; OLG Karlsruhe CR 1986,723,725 („1942"); OLG Köln CR 1992,150,152 („Amiga-Club"); LG Braunschweig CR 1991, 223 („Bildschirmschutz für Computerspiele"); LG Hannover GRUR 1987, 635 („Raubkopien"); CR 1988, 826 („Choplifter u.a."); LG Köln CR 1987, 163, 164; CR 1987, 164; LG München II ZUM 1993, 146, 147 („Superbase u.a."); AG Charlottenburg CR 1990, 600, 600f.; AG Hamburg CR 1987 601; AG Kaufbeuren NStZ 1985, 180 („Choplifter u.a."); AG Mainz NJW 1989, 2637. 187 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 108 UrhG Rn. 1; Etter, CR 1989, S. 117 u. S.928; Fromm/Nordemann-Hertin, vor § 88 UrhG Rn.9; v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1743 u. CR 1987, S. 166, m.w.N., u. CR 1990, S.658, m. w.N., u. CR 1991, S. 179, m. w.N., u. Das Plagiat, S.23f. u. DB 1986, S. 1007 u. Der Kriminalist 1985, S.27 u. GRUR 1985, S.417 u. NStZ 1992, S.41, m. w. N.; Haß, Rechtsschutz, Rn. 74; Haurand, S. 274 u. S. 276; Haurand/Vahle, S. 131 ; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.279ff. u. JZ 1994, S.939f.; Hofstetter, ZUM 1992, S.88 u. S.541; Hütig, S. 154; Junker, NJW 1993, S. 826; Katzenberger, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 1436; Kuhlmann, S. 181; Lehmann, NJW 1988, S.2421; Lehmann/Schneider, RDV 1990, S.72 u. NJW 1990, S.3181; Loewenheim, FS-Hubmann, S.318ff. u. ZUM 1985, S.30f. u. Videorecht, S. 103; Meier, S. 660; Moewes/Koch, S. 39f.; Möhrenschlager, S. 327; W Nordemann, GRUR 1981, S. 893f. u. FS-Roeber, S. 301 f.; Röttinger, IuR 1987, S. 102; Schlatter, Rn. 14ff.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 9; Schricker-Katzenberger, Urheberrecht, vor §§ 88 ff. UrhG Rn.44 u. §95 UrhG Rn.7 u. Rn. 12; Schulze-Heiming, S. 153; Syndicus, CR 1988, S.819f. u. CR 1991, S.532, m.w.N. u. CR 1992, 481; Weber, JZ 1993,S.107f. 188 BayObLG JZ 1993, 104, 105 f. („Verwertung von Computerspielen"); OLG Köln CR 1992, 150, 151 („Amiga-Club"); AG Kaufbeuren NStZ 1985, 180 („Choplifter u.a."); Junker, NJW 1993, S. 826; Meier, S. 660; W. Nordemann, GRUR 1981, S. 893; Weber, JZ 1993, S. 107 f.

I. Tatbestand der Nr. 7

221

fallsgenerators in den Spielablauf sei also vom Programmierer schon vorgesehen.189 Das Wesen des Computerprogramms bestehe nur in der Möglichkeit der Beeinflussung eines im Grunde filmischen oder fotografischen Ablaufs. 190 Viele Computerspiele wiesen eine Nähe zum Zeichentrickfilm auf. 191 Entscheidend sei hier nicht das Programm, sondern die visuelle Darstellung. 192 Schließlich komme es auf die Art der Herstellung nicht an. 193 Nach der Gegenansicht194 soll es nicht möglich sein, Computerspiele wie Filme oder Laufbilder zu behandeln. Bei Computerspielen handele es sich nicht um eine Wiedergabe i. S. v. § 95 UrhG, sondern um eine grafische Darstellung von Ergebnissen, die von der Geschicklichkeit des Spielers und von den jeweils durch den Zufallsgenerator gesetzten Bedingungen abhängt.195 Dass der Spieler in den Geschehensablauf eingreifen kann, verleihe Computerspielen eine völlig andere Qualität als Filmen. 196 Ferner seien keineswegs bei allen Spielen alle Möglichkeiten vorprogrammiert. 197 Schließlich sei auch der Herstellungsprozess ein völlig anderer. 198 Meiner Ansicht nach können Computerspiele im Urheberzivilrecht unproblematisch von §§88 ff. UrhG erfasst werden. Im Strafrecht sehe ich dagegen ein Problem: Die Überschrift des Dritten Teils des UrhG lautet „Besondere Bestimmungen für Filme". Im Zivilrecht mag insofern die Ansicht des BayObLG 199 richtig sein, wonach nicht die Überschrift den Inhalt des Abschnitts bestimme, sondern die Tatbestände des Abschnitts die Überschrift konkretisierten. Im Strafrecht aber stellt wegen § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG bei der Auslegung der mögliche umgangssprachliche Wortsinn eine Grenze der Auslegung dar. 200 Da bei der Auslegung die amtliche Überschrift der §§ 88 ff. UrhG zu berücksichtigen ist, kommt es darauf an, ob Computerspiele in der Umgangssprache als „Filme" bezeichnet werden können. Dies aber ist nicht der Fall. Sofern manche fordern, die Anwendung des § 108 UrhG dürfe bei neuen Technologien oder Medien nicht am strafrechtlichen Analogieverbot 189 BayObLG JZ 1993, 104, 105 („Verwertung von Computerspielen"); v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.29. 190 BayObLG JZ 1993, 104, 105 („Verwertung von Computerspielen"); OLG Köln CR 1992, 150, 151 („Amiga-Club"); ν. Gravenreuth, Das Plagiat, S.30; Meier, S.660. 191 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 30. 192 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.9. 193 BGHZ 37, 1,6; OLG Köln CR 1992, 150, 151 („Amiga-Club"); Weber, JZ 1993, S. 107. 194 OLG Düsseldorf CR 1990, 394, 396 („Kopierschutzentferner"); OLG Frankfurt GRUR 1983, 753 („Pengo"); GRUR 1983, 757 („Donky Kong Junior I"); GRUR 1984, 509 („Donky Kong Junior II"); Rupp, Computersoftware, S. 107f.; Wille, S. 213f. 195 OLG Frankfurt GRUR 1983, 753, 756 („Pengo"); GRUR 1983, 757, 757f. („Donky Kong Junior I"); GRUR 1984, 509 („Donky Kong Junior II"); Rupp, Computersoftware, S. 107 f. 196 Wille, S.213. 197 Schüler, S.497. 198 Wille, S.214. 199 BayObLG JZ 1993, 104, 105 („Verwertung von Computerspielen"). 200 Vgl. nur: BVerfGE 92, 1, 12; Baumann, S. 394ff.; Roxin, Strafrecht, §5, Rn.26ff.

222

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG

scheitern 201, werden § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG in unzulässiger Weise missachtet. Ebenso wenig kann mich die Ansicht v. Gravenreuths 202 überzeugen, wonach Zivilund Strafrecht gleichbehandelt werden müssten. Denn der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung muss nicht dazu führen, alle Unterschiede zwischen den jeweils verschiedenen Aufgaben von Zivil- und Strafrecht einzuebnen203; § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG gilt nun einmal nur im Strafrecht.

II. Tathandlung: Verwertung entgegen §§94 oder 95 i. V. m. § 94 UrhG Da § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG spiegelbildlich zu den Rechten des Inhabers der Schutzrechte ausgestaltet ist, 204 ergibt sich der Verbotsumfang aus dem Zusammenhang mit den §§ 94, 95 UrhG 205 . Erfasst sind die Verwertungsrechte der Vervielfältigung, der Verbreitung und der Benutzung zur öffentlichen Vorführung oder Funksendung.206 Die Begriffe der „Vervielfältigung" und der „Verbreitung" entsprechen denen bei § 106 UrhG 207 und § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG 208 . Somit sind grundsätzlich die §§ 16 Abs. 1,17 Abs. 1 UrhG anwendbar.209 Das Tatbestandsmerkmal der Benutzung zur öffentlichen Vorführung oder Funksendung ist im Wesentlichen mit dem der öffentlichen Wahrnehmbarmachung in § 108 Abs. 1 Nr. 6 UrhG identisch.210 Hier sind die §§ 19ff. UrhG anwendbar.211 Neben dem Schutz von Verwertungsrechten besteht wegen der Verweisung auf § 94 Abs. 1 S. 2 UrhG auch das Verbot solcher Entstellungen oder Kürzungen des Bildträgers oder Bild- und Tonträgers, die geeignet sind, die berechtigten Interessen des Filmherstellers an diesem zu gefährden. 212 Obwohl es sich bei dieser Vorschrift 201

So: BayObLG JZ 1993, 104, 106 („Verwertung von Computerspielen"); v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 24. 202 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 30. 203 Ebenso: Haß, Rechtsschutz, Rn.70. 204 Weber, Wesen, S.57. 205 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.9. 206 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 281; Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 13; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.9. 207 Vgl. zum Begriff der „Vervielfältigung": Kap.2 D.H.; zum Begriff der „Verbreitung": Kap.2 D.III. 208 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.281 u. JZ 1994, S.939; Meier, S.660 f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 128. 209 Friedrich, S.366; Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 13. 2,0 Heinrich, JZ 1994, S.939; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 125f. u. S. 128. 211 Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 13. 2,2 Kann, S. 104; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.9; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 260; anders: Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 1 b.

. Tatbestand der Nr.

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wahrscheinlich um ein Redaktionsversehen handelt213, findet sie Anwendung, da die Verweisung trotz zwischenzeitlicher Gesetzesänderungen nicht beseitigt wurde. 214 Berechtigte Interessen sind entsprechend § 39 UrhG dann gefährdet, wenn Entstellungen oder schwerwiegende Kürzungen vorgenommen werden. 215 Hertin 216 und Lampe217 halten die Vorschrift des § 94 Abs. 1 S. 2 UrhG für dogmatisch bedenklich und in der Praxis für überflüssig, da Verstöße gegen das Änderungsverbot ansonsten nicht unter Strafe stünden.218 Ob die Vorschrift mit dem Bestimmtheitsgebot des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG übereinstimmt, möchte ich unten219 klären.

J. Tatbestand der Nr. 8 § 108 Abs. 1 Nr. 8 UrhG wurde durch das Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz (IuKDG) 220 neu ins UrhG eingefügt. Die Vorschrift knüpft an die §§ 87äff. UrhG 221 an. 222 Der Tatbestand genügt § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG nicht. 223 Datenbanken sind inhaltlich abgegrenzte, geordnete und maschinell verwaltete Mengen von Daten, bei denen über verschiedene Suchkriterien auf einzelne Daten zurückgegriffen werden kann 224 . Eine Legaldefinition enthält darüber hinaus § 87 a Abs. 1 S. 1 UrhG. Zusätzlich zu § 108 Abs. 1 Nr. 8 UrhG kann urheberrechtlicher Schutz als Datenbankwerk eingreifen. 225 Ein Ausschlussverhältnis besteht nach dem Wortlaut der Vorschriften nicht. Die Tathandlung ergibt sich aus § 87 b UrhG. Hinsichtlich der Begriffe „Vervielfältigung 4', „Verbreitung" und „öffentliche Wiedergabe" kann auf die Ausführungen zu § 106 Abs. 1 UrhG 226 verwiesen werden. Die Vielzahl unbestimmter Begriffe, die 213

So: Kann , S. 104; Schricker-Haß , Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.9; Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.261 u. S.279. 214 Ebenso: Schricker-Haß , Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.9. 215 216

Kann, S. 104.

Fromm/Nordemann-Hertin, §94 UrhG Rn. 14. 217 Lampe, UFITA 83 (1978), S.36. 218 Lampe, UFITA 83 (1978), S.36. 219 Zur Verfassungsmäßigkeit des § 108 Abs. 1 UrhG: Kap. 4 M. 220 Gesetz vom 22.7.1997, BGB1.I, S. 1870; vgl. BT-Drucks. 13/7934. 221 Hierzu erstmalig: BGH CR 1999, 496. 222 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 10. 223 Ebenso: Fromm/Nordemann-Hertin, vor §§87a-e UrhG Rn.5; vgl. ausführlicher zur Verfassungsmäßigkeit: Kap. 4 M. 224 Fromm/Nordemann-Hertin, § 87 a UrhG Rn. 1. 225 Berger, GRUR 1997, S. 173; Eiding, S. 34. 226 Zur Tathandlung bei § 106 Abs. 1 UrhG: Kap. 2 D.

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG

§ 87 b UrhG verwendet, soll hier nicht erläutert werden. Insofern möchte ich auf die einschlägige Literatur 227 verweisen.

K. Das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen" Wortgleich mit § 106 Abs. 1 UrhG enthält auch § 108 Abs. 1 UrhG das Merkmal „in anderen als gesetzlich zugelassenen Fällen". Das Tatbestandsmerkmal228 hat grundsätzlich die gleiche229 Bedeutung wie bei § 106 UrhG. 230 Allerdings läuft die Pauschalverweisung des § 108 UrhG leer, da die einzelnen verwandten Schutzrechte unterschiedliche Schrankenbestimmungen enthalten.231 Diese Besonderheiten sind jeweils zu beachten.232 In § 108 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 UrhG werden die Vorschriften des 1. Teils für entsprechend anwendbar erklärt. Während es für Nr. 1 bis 3 dabei bleibt, erfolgen bei Nr. 4 bis 7 Modifikationen. So schließen Nr. 4, 5 und 7 die Zwangslizenz nach § 61 UrhG 233 , bei der es sich ohnehin nicht um einen gesetzlich zugelassenen Fall handelt, ausdrücklich von der Anwendung aus. Im Ergebnis ist zum Beispiel ein Sänger, der ein Werk für einen bestimmten Schallplattenhersteller interpretiert hat, nicht verpflichtet auch für andere Firmen Platten zu besingen234; dies ist sachgerecht, da andernfalls der Wettbewerb, den § 61 UrhG hinsichtlich der künstlerischen Qualität der Werkinterpretation erst schaffen will, beschränkt würde. 235 Eine spezielle Schrankenbestimmung enthält § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG: Denn auch bei § 76 Abs. 2 UrhG handelt es sich um einen gesetzlich zugelassenen Fall mit der Folge des Tatbestandsausschlusses.236 227 Fromm/Nordemann-Hertin, § 87b UrhG Rn. 11 ff.; Raue/Bensinger , S. 509ff.; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.421; Schricker-Vogel, Urheberrecht, § 87 b UrhG Rn.9 ff. 228 Kann, S. 102f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 131 ff.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 11; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.73; Weber, FS-Stree/Wessels, S.615 u. Handwörterbuch, S.7. 229 Vgl. dort: Kap.2E. 230 E. Braun, Produktpiraterie, S. 150; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.24; Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm.2; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.255 u. FS-Stree/Wessels, S.615. 231 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.255 f. 232 E. Braun, Produktpiraterie, S. 150; Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm.2; Schüler, S.497; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.255. 233 Vgl. zur Zwangslizenz: Kap.2 E.VII. 234 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.259. 235 BT-Drucks.IV/270, S.95; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.259. 236 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 130ff.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 11.

L. Das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten"

225

Bei § 108 Abs. 1 Nr. 6 UrhG sind nach § 87 Abs. 3 UrhG die §§47 Abs. 2 S. 2, 54 Abs. 1 und 61 UrhG anzuwenden. Für §47 UrhG bedeutet dies, dass eine gemäß §47 Abs. 1 UrhG aufgenommene Schulfunksendung nicht am Ende des laufenden Schuljahres gelöscht werden muss, soweit es lediglich um Leistungsschutzrechte eines Sendeunternehmens nach § 87 Abs. 1 UrhG geht 237 Einen völlig anderen Weg dagegen geht § 108 Abs. 1 Nr. 8 UrhG. Denn die §§ 87 äff. UrhG verweisen nicht auf die Bestimmungen des 1. Teils, sondern enthalten eigene Schrankenbestimmungen. Soweit hier nach § 87 c Abs. 1 S. 2 UrhG eine Quellenangabe erforderlich ist, führt deren Unterlassen wie bei § 106 Abs. 1 UrhG 238 nicht zur Strafbarkeit des Verhaltens. Inwieweit auch bei § 108 Abs. 1 Nr. 8 UrhG Vorschriften des 1. Teils Anwendung finden müssen, obwohl ein entsprechender Verweis fehlt, wird die Rechtsprechung herausarbeiten müssen. Infolge eines Erstrecht-Schlusses soll jedenfalls § 55 a UrhG, eine Ausnahmevorschrift für Datenbankwerke, gelten.239 Hinsichtlich der Schutzfrist gilt bei § 108 Abs. 1 UrhG grundsätzlich dasselbe wie bei § 106 Abs. 1 UrhG. 240 Selbstverständlich wird der strafrechtliche Schutz nur vor Ablauf der Schutzfrist gewährt. 241 Zu beachten ist, dass die verschiedenen verwandten Schutzrechte jeweils unterschiedlich lange Fristen aufweisen. Auch gilt bei Leistungsschutzrechten hinsichtlich des strafrechtlichen Schutzes in den Fällen, in denen dem Berechtigten schuldrechtliche Vergütungsansprüche zustehen, dasselbe242 wie bei § 106 Abs. 1 UrhG. 243

L. Das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten" Nach der Klärung dogmatischer Grundfragen hinsichtlich des Merkmals „ohne Einwilligung des Berechtigten" (I) 2 4 4 möchte ich erörtern, wer in den verschiedenen Tatbeständen des § 108 Abs. 1 UrhG im Einzelnen als Berechtigter in Frage kommt (II) 245 . 237 Möhring/Nicolini-Spautz., § 108 UrhG Anm.2; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.255 u. S.260. 238 Vgl. zur Quellenangabe: Kap. 2 E. VI. 239 Im Ergebnis ebenso: A. Nordemann, u.a., S.426; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 10. 240 Kircher, S.220; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.256; zur Schutzfrist: Kap.2 E.V. 241 Weber, Handwörterbuch, S.7. 242 Dazu: Kap. 2 E. VIII. 243 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.255; entsprechend: Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 8 f. 244 Zu den dogmatischen Grundfragen: Kap. 4 L.I. 245 Zur Person des Berechtigten: Kap. 4 L. II.

15 Hildebrandt

226

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG

I. Dogmatische Grundfragen Das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten" hat dieselbe Bedeutung wie in § 106 Abs. 1 UrhG. 246 Auch bei § 108 Abs. 1 UrhG scheidet mithin der Berechtigte von vornherein aus dem Kreis möglicher Täter aus. Hinsichtlich der Art der Rechtseinräumung gehen die verschiedenen verwandten Schutzrechte unterschiedliche Wege. Den diesbezüglichen Ausführungen Webers 247 möchte ich mich anschließen: Bei der wissenschaftliche Ausgabe (§ 108 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) und dem Lichtbild (§ 108 Abs. 1 Nr. 3 UrhG) führt die Verweisung der §§ 70 Abs. 1 bzw. 72 UrhG auf die für Werke geltenden Vorschriften der §§ 31 ff. UrhG dazu, dass hier die Rechtslage derjenigen bei § 106 Abs. 1 UrhG völlig entspricht; die anderen Leistungsschutzrechte dagegen sind abtretbar. Während dies für das nachgelassene Werk (§ 108 Abs. 1 Nr. 2 UrhG), die Darbietung des ausübenden Künstlers (§ 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG) und den Schutz des Filmherstellers (§ 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG) ausdrücklich bestimmt ist (§§ 71 Abs. 2, 78 und 94 Abs. 2 UrhG), gilt für den Schutz des Tonträgerherstellers (§ 108 Abs. 1 Nr. 5 UrhG), des Sendeunternehmens (§ 108 Abs. 1 Nr. 6 UrhG) und der Datenbanken (§ 108 Abs. 1 Nr. 8 UrhG) 248 trotz des Schweigens des Gesetzes dasselbe, da diese Leistungsschutzrechte keine persönlichkeitsrechtlichen Elemente enthalten. Die Abtretung dieser Rechte erfolgt nach §§413, 398 BGB, also auf der Grundlage eines bürgerlichrechtlichen Vertrags 249. Hinsichtlich der dogmatischen Konstruktion ist die Rechtslage bei diesen verwandten Schutzrechten mithin sogar einfacher als bei § 106 Abs. 1 UrhG, wo die Vorschriften zur Abtretung nur analog angewendet werden können. Auch die „Einwilligung" in die Ausübung der verwandten Schutzrechte erfolgt somit regelmäßig im Wege eines Rechtsgeschäfts. 250 In jedem Fall sind die §§413, 398 BGB anwendbar; davon, dass die gesetzlichen Vorschriften der §§ 74 ff. UrhG durch einen Vertrag abbedungen würden, 251 kann angesichts der klaren gesetzlichen Regelung nicht die Rede sein. Aus diesen Gründen wird man dem Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten" auch bei § 108 Abs. 1 UrhG eine Doppelfunktion 252 zubilligen müssen. Während die Frage der Nichtberechtigung auf der Ebene des Tatbestands zu prüfen ist, besteht daneben in Ausnahmefällen die Möglichkeit, mit rechtfertigender Kraft einzuwilligen. 246

Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 3; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 11; vgl. zum Merkmal bei § 106 Abs. 1 UrhG: Kap. 2 F. 247 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.272 u. S.278 f.; ähnlich: Fromm/Nordemann-Hertin, vor § 28 UrhG Rn. 3; Kann, S. 33. 248 Erwähnung von Datenbanken nicht bei: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.278 f. 249 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.279. 250 Vgl.: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.278. 251 So aber: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 111. 252 Für den Ausschluss der Rechtswidrigkeit: Kann, S. 103; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 11; Weber, Handwörterbuch, S. 7; für den Ausschluss der Tatbestandsmäßigkeit: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 139.

L. Das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten"

227

Nur wenig anderes gilt, wenn man bei § 108 Abs. 1 Nr. 7 i. V. m. § 94 Abs. 1 UrhG den Schutz von Persönlichkeitsrechten 253 anerkennen will. Ähnlich wie bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG hat das Merkmal auch insofern eine Doppelfunktion. Hinsichtlich der Begründung möchte ich auf die Darstellung bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG verweisen254. Im Ergebnis liegt in den Fällen einer Überlassung von Urheberpersönlichkeitsrechten ein tatbestandsausschließendes Einverständnis vor. In Ausnahmefällen aber, etwa bei unwirksamen Verträgen Minderjähriger, wirkt das Merkmal in Form der klassischen Einwilligung als Rechtfertigungsgrund.

II. Person des Berechtigten Wer Berechtigter ist, ergibt die Auslegung der Vorschriften, auf die § 108 UrhG formell oder materiell hinweist.255 Sofern Haß aber meint, einwilligungsberechtigt sei, wer im Falle des Handelns ohne Einwilligung zum Verletzten und somit Strafantragsberechtigten 256 wird 257 , trifft dies nicht immer zu. Denn die Beteiligten können hinsichtlich der Möglichkeit der Rechtseinräumung und der Berechtigung zur Stellung eines Strafantrags unterschiedliche vertragliche Regelungen treffen. Berechtigter ist zunächst der Inhaber des verwandten Schutzrechts selbst.258 Da auch die verwandten Schutzrechte vererblich sind, 259 gilt entsprechendes für Alleinerben oder Personen, denen das Recht in Erfüllung einer Verfügung von Todes wegen oder im Wege einer Erbauseinandersetzung übertragen worden ist. 260 Auch juristische Personen261 oder Personenmehrheiten 262 können Berechtigte sein. Ob auch durch eine Person, der das Leistungsschutzrecht übertragen wurde, die Berechtigung Dritten eingeräumt werden kann 263 , richtet sich nach der Vertragsgestaltung mit dem vorherigen Rechtsinhaber. Denn zum einen bieten die §§ 31 ff. UrhG insofern Möglichkeiten der Beschränkung 264, zum anderen kann nach § 399 BGB die Abtretbarkeit durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen werden. 253

Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap.4 B. Vgl. zum Merkmal „ohne Einwilligung des Urhebers" bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG: Kap.3 B.III. 255 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 11. 256 Vgl. zur Antragsberechtigung: Kap. 7 Α. I. 257 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 11. 258 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.260; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 106; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.565; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 268. 259 Fromm/Nordemann-Hertin, §28 UrhG Rn.6; Kircher, S. 176. 260 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 260; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 140; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 11 ; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 565; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.268. 261 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 140. 262 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 11. 263 Ohne Begründung stets bejahend: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 140. 264 Vgl. ausführlich zur Problematik bei § 106 Abs. 1 UrhG: Kap.2 F. VI.3. 254

15*

228

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG

Ähnlich wie bei § 106 Abs. 1 UrhG 265 werfen bei § 108 Abs. 1 UrhG die Vorschriften der §§ 88, 89 UrhG Probleme auf. Doch wie bei §§31 Abs. 5, 37, 43, 44 Abs. 1 UrhG handelt es sich bei §§88, 89 UrhG nicht um Vermutungen, sondern um Auslegungsregeln. Der in-dubio-Grundsatz, der seine gesetzliche Regelung in Art. 6 Abs. 2 EMRK 2 6 6 gefunden hat, gilt hier nicht; denn §§ 88, 89 UrhG beziehen sich nicht auf Fragen im Bereich der Tatsachenermittlung, sondern betreffen als Konkretisierung der §§133, 157 BGB allein die richtige Gesetzesauslegung im Bereich der Vertragsauslegung. 267 Hier aber greift der Grundsatz nach allgemeiner Ansicht 268 nicht ein. Bei § 108 Abs. 1 Nr. 1 UrhG ist der Verfasser der wissenschaftlichen Ausgabe berechtigt. 269 Bei einer Bearbeitung üben Verfasser und Bearbeiter das Recht gemeinsam aus - §§ 70 Abs. 1, 23 UrhG. 270 Berechtigter bei § 108 Abs. 1 Nr. 2 UrhG ist der Herausgeber des nachgelassenen Werks (§71 UrhG). Wie im Fall der Nr. 1 sind bei einer Bearbeitung Herausgeber und Bearbeiter nur gemeinsam berechtigt - §§ 71 Abs. 1 S. 3, 23 UrhG. 271 Entsprechendes gilt bei § 108 Abs. 1 Nr. 3 UrhG. Während in der Regel der Lichtbildner berechtigt ist, liegt bei einer Bearbeitung gemeinsame Berechtigung von Lichtbildner und Bearbeiter vor - §§ 72 Abs. 1, 23 UrhG. 272 Sofern Spautz 273 meint, der Umgestalter habe kein Einwilligungsrecht, möchte ich auf die Darstellung der terminologischen Unstimmigkeiten der Begriffe „Bearbeitung oder Umgestaltung" bei § 106 Abs. 1 UrhG 274 verweisen. Im Ergebnis entsteht das Recht bei jedem, der die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 UrhG erfüllt. Berechtigter bei § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG ist der ausübende Künstler. 275 Bei Künstlergruppen ist § 80 Abs. 1 UrhG zu beachten.276 Danach kann hinsichtlich der Rechte aus §§ 74, 75, 76 Abs. 1 UrhG nur der Vorstand oder Leiter, nicht aber der einzelne Künstler einer Gruppe einwilligen. 277 265

Vgl. zur Geltung von Vermutungen: Kap. 2 G. Zustimmungsgesetz vom 7.8.1952 (BGBl. II S.685, 953). 267 Weber, Wesen, S. 56. 268 So: BGH bei Daliinger MDR 1972, 572; Löwe/Rosenberg-Gollwitzer, § 261 StPO Rn. 105; Weber, Wesen, S.56. 269 Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 5. 270 Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 5; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 11. 271 Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 6. 272 Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 7. 273 Möhring/Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 7. 274 Zur Terminologie der Begriffe „Bearbeitung oder Umgestaltung": Kap.2 C.II. 1. 275 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 139f. 276 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 140; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.269. 277 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 132. 266

L. Das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten"

229

Bei § 108 Abs. 1 Nr. 5 UrhG ist der Tonträgerhersteller 278 berechtigt. 279 Tonträgerhersteller ist derjenige, der die Aufnahme auf einen Tonträger bewirkt. 280 Dies ist derjenige, der einen Tonträger aufgrund seines organisatorischen, technischen und wirtschaftlichen Aufwandes herstellt 281 und der das wirtschaftliche Risiko trägt 282 . Maßgeblich ist stets die Erstfixierung, 283 da nach § 85 Abs. 1 S. 3 UrhG das Recht nicht durch bloße Vervielfältigung entsteht. Nach der Auslegungsregel des § 85 Abs. 1 S. 2 UrhG entsteht das Recht bei Herstellung innerhalb eines Unternehmens beim Inhaber des Unternehmens. Berechtigter bei § 108 Abs. 1 Nr. 6 UrhG ist das Sendeunternehmen.284 Sendeunternehmen ist das Unternehmen, welches einen organisatorischen, technischen und wirtschaftlichen Aufwand betreibt, um eine Funksendung zu veranstalten oder für eine Sendung das erforderliche Gesamtprogramm erstellt. 285 Bei § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG erwirbt der Filmhersteller die Rechte.286 Filmhersteller i. S. v. § 94 UrhG ist diejenige natürliche oder juristische 287 Person, welche das für die Filmherstellung erforderliche Kapital beschafft, die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen der Filmproduktion organisiert, die Filmherstellung überwacht und im eigenen Namen und für eigene Rechnung die erforderlichen Verträge schießt.288 Bei Auftragsproduktionen ist in der Regel der Auftragsproduzent und nicht das Sendeunternehmen Filmhersteller. 289 Bei § 108 Abs. 1 Nr. 8 UrhG schließlich ist der Datenbankhersteller der Berechtigte. Nach § 87 a Abs. 2 UrhG ist das derjenige, der die erforderlichen Investitionen vorgenommen hat. 278 Ausführlich zum Begriff: Hertin, Handbuch, S.509; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.56f.; vgl. auch: BGH NJW 1999, 1961. 279 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 139 f. 280 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S. 50; Brack, S. 547; Fromm/Nordemann-Hertin, §§85/86 UrhG Rn.4; Hertin, Handbuch, S.509; Kann, S. 14; Nick, Musikdiebstahl, S. 30; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 113; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.56. 281 Hertin, Handbuch, S.509; Kann, S. 14; Klein, S.583. 282 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 113. 283 Fromm/Nordemann-Hertin, §§ 85/86 UrhG Rn. 3; Kann, S. 14; Nick, Musikdiebstahl, S. 30; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 113. 284 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 139 f. 285 Kann, S. 14 f. u. S. 101 ; Fromm/Nordemann-Hertin, § 87 UrhG Rn. 2; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 123; Samson, Urheberrecht, S.204f. 286 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 139 f. 287 BGH UFITA 55 (1970), 313 („Triumph des Willens"); Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 135 f. 288 Fromm/Nordemann-Hertin, §94 UrhG Rn.4; Kann, S. 103; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 127; Schricker-Katzenberger, Urheberrecht, vor §§ 88ff. UrhG Rn. 31; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 134 u. Wesen, S.56. 289 Kann, S. 103 Fn.69; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 127f.; Fromm/NordemannHertin, § 94 UrhG Rn. 5 u. Rn. 7.

230

. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 108 UrhG

M. Verfassungsmäßigkeit der Tatbestände Rochlitz 290 hat die Verfassungsmäßigkeit der Verweisungstechnik des § 108 Abs. 1 UrhG thematisiert. Er kommt zu dem Schluss, dass sich aus der Technik der doppelten Verweisung keine Zweifel hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift ergäben. Bei Blankettgesetzen sei die Bestimmtheit des Tatbestands auch dann gewahrt, wenn der Tatbestand in der Verweisungsnorm bestimmt ist. Wenn in anderen Fällen sogar der Verweis in andere Gesetze oder Verordnungen als die, welche den Straftatbestand enthielten, als bestimmt genug angesehen würde, müsse dies erst recht für die Mehrfachverweisung innerhalb des UrhG gelten. Die Erläuterungen zu den einzelnen Tatbeständen ließen erkennen, dass der Tatbestandsaufbau durch die Mehrfachverweisungen zwar kompliziert werde, die Tatbestände aber klar umrissen seien. Auch Kircher 291 meint, dass die Vorschriften des § 108 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 UrhG trotz des unbestimmten Ausdrucks „Verwerten" dem Bestimmtheitsgebot genügten, da sie durch die Verweisungen auf bestimmte Vorschriften ausreichend konkretisiert würden. Hinsichtlich der Verweisungstechnik des § 108 Abs. 1 UrhG schließe ich mich dem grundsätzlich an. Lediglich beim Verbreitungsbegriff sehe ich Probleme im Hinblick auf das Anbieten an die Öffentlichkeit. Diesbezüglich möchte ich auf die Ausführungen zu § 106 Abs. 1 UrhG 292 verweisen. In anderer Hinsicht aber bedürfen die Tatbestände des § 108 Abs. 1 UrhG einer Untersuchung auf ihre Übereinstimmung mit dem Bestimmtheitsgrundsatz.293 Denn die Vorschriften, auf die durch § 108 Abs. 1 UrhG verwiesen wird, enthalten teilweise äußert unbestimmte Begriffe. Dies gilt zunächst für die Begriffe „wesentlich" in § 70 UrhG und für den persönlichkeitsrechtlichen Schutz in § 94 Abs. 1 UrhG, der auf die „berechtigten Interessen" abstellt. Beide Begriffe aber werden sich im Ergebnis auf einen bestimmbaren Kern reduzieren lassen. In Anwendung der oben294 aus der Rechtsprechung des BVerfG 295 entwickelten Grundsätze kann allerdings im Bereich weiter Auslegung der Begriffe solange nicht bestraft werden, bis die Rechtslage im betreffenden Bereich durch höchstrichterliche Entscheidung aus dem Urheberzivilrecht geklärt und eine Bestrafung im konkreten Fall vorhersehbar ist. Verblüffend ist dagegen der Grad der Unbestimmtheit der Normen, auf die § 108 Abs. 1 Nr. 8 UrhG verweist. So ist eine Datenbank gemäß § 87 a UrhG nur dann geschützt, wenn sie eine „nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert". 290 291 292 293 294 295

Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.93 i. V.m. S. 141. Kircher, S. 159. Zur Strafbarkeit des „Anbietens an die Öffentlichkeit": Kap. 2 D. III. 4. a. Ähnlich: Dähn, S. 134. Vgl. zur verfassungskonformen Auslegung des Werkbegriffs: Kap. 2 C. 1.8. b. BVerfGE 92, 1, 14ff.

Μ. Verfassungsmäßigkeit der Tatbestände

231

„Eine in ihrem Inhalt nach Art oder Umfang wesentlich geänderte Datenbank gilt als neue Datenbank, sofern die Änderung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert." Auch die Umschreibung der Rechte des Datenbankherstellers in § 87 b UrhG verwendet eine Reihe unbestimmter Begriffe. So wird auf „einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank" abgestellt. Der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines solchen Teils der Datenbank ist „die wiederholte und systematische Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank" gleichgestellt, „sofern diese Handlungen einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen." Schließlich kommt es im Rahmen des Rechts zur Einräumung von Nutzungsrechten gemäß § 87 e UrhG darauf an, ob Handlungen „weder einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufen noch die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen." Meines Erachtens lassen sich die Vorschriften der §§ 87äff. UrhG infolge der Vielzahl unbestimmter Begriffe 296 kaum auf einen bestimmbaren Kern reduzieren, zumal gegenwärtig höchstrichterliche Rechtsprechung fehlt. Eine Bestrafung nach § 108 Abs. 1 Nr. 8 UrhG ist zurzeit nicht im geringsten vorhersehbar. 297 In Anwendung der Grundsätze des BVerfG 298 kann deswegen gegenwärtig nicht aus § 108 Abs. 1 Nr. 8 UrhG bestraft werden. Ob die Vorschrift womöglich insgesamt verfassungswidrig ist 299 und ob der Gesetzgeber mit Verstand handelte, als er jeden Verstoß gegen §§ 87 äff. UrhG unter Strafe stellte, muss hier nicht erörtert werden. Jedenfalls bestätigt sich, dass es zweifelhaft ist, die Einführung eines neuen Verwertungsrechts ohne jede praktische Erfahrung durch strafrechtlichen Schutz zu begleiten300.

296

Vgl. auch: Berger, GRUR 1997, S. 173. Vgl. auch: Schricker-Vogel, Urheberrecht, § 87 a UrhG Rn. 14. 298 Vgl.: BVerfGE 92, 1, 14ff.; zur verfassungskonformen Auslegung des Werkbegriffs auch: Kap.2 C.1.8.b. 299 So: Fromm/Nordemann-Hertin, vor §§ 87a-e UrhG Rn.5; zum Zivilrecht: Ulimann, FSBrandner, S. 522. 300 So: Kann, S. 166. 297

Kapitel 5

Objektiver Tatbestand des § 108 a UrhG Beim Tatbestand des § 108 a UrhG handelt es sich um einen Qualifikationstatbestand der §§106 bis 108 UrhG. 1 Nach Aussage des Gesetzgebers2 soll die Vorschrift dazu dienen, auf „die organisierte und Bandenkriminalität" in den Bereichen der Videopiraterie und des Raubdrucks einzuwirken. Die Vorschrift wurde im Jahre 19853 eingeführt und im Jahre 19904 dahingehend erweitert, dass nunmehr jede gewerbsmäßige Verwertung entgegen §§ 106 ff. UrhG tatbestandsmäßig ist. Wenn Kann 5 also im Jahre 1995 feststellt, dass nur die gewerbsmäßige Vervielfältigung und das gewerbsmäßige Verbreiten unter den Tatbestand des § 108 a Abs. 1 UrhG fallen würden, so ist dies wohl eher auf einen veralteten Gesetzestext, denn auf eine abweichende Meinung zurückzuführen. Nach allgemeiner Ansicht ist der Begriff des „gewerbsmäßigen Handelns" in § 108 a UrhG auszulegen wie in anderen Strafvorschriften. 6 Demnach handelt gewerbsmäßig, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen möchte7, ohne dass er daraus ein „kriminelles Gewerbe" zu machen braucht8. Die Einnahmequelle muss dabei nicht 1 Eiding , S. 126; Erbs/Kohlhaas-Meurer , § 108a UrhG Rn. 1; Lührs , S.265; Schack , Urheber· und Urhebervertragsrecht, Rn.744; Schmitz/Schmitz , S.73; Schricker- Η aß, Urheberrecht, § 108 a UrhG Rn. 1; Schulze-Heiming, S. 155. 2 BT-Drucks. 10/3360, S. 20. 3 Gesetz vom 24.6.1985 (BGBl. I S. 1137). 4 Art. 2 des Gesetzes vom 7.3.1990 (BGB1.I S.422). 5 Kann, S. 105. 6 Eiding, S. 126; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 30f. u. BB 1985, S. 1568; Heinrich , Die Strafbarkeit, S.287; Hentschel , ZUM 1985, S.498; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 a UrhG Rn. 1; Stenger, Kriminalistik 1989, S.482; Tielke, Taschenbuch, S.32; ähnlich: Weber, Wesen, S.59; anders (zum gewerblichen Rechtsschutz) nur: Meister , S. 142f. 7 Soweit auch: E. Braun, CR 1994, S. 730; Cremer, S. 160; Mühlens, S.435; Schmitz / Schmitz, S.73; ähnlich: Kretschmer, S.581; Lührs, S.265. 8 BT-Drucks. 11/4792, S.24; BGHSt 1, 383, 383f.; BGH GA 1955, 212; AG Mainz NJW 1989, 2637; E. Braun, Produktpiraterie, S. 150; Eiding , S. 126; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 108a UrhG Rn. 2; Fromm/Nordemann-Vinck, § 108 a UrhG Rn. 1 ; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 105 u. BB 1985, S. 1568; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.288; Hentschel, ZUM 1985, S.499; Kann, S. 105; Kilian/Heussen-v Gravenreuth, Ziff. 100 Rn.27; Lackner/Kühl, vor §52 StGB Rn.20; LK-Ruß, § 260 StGB Rn. 2; Schönke/Schröder-Stree, § 260 StGB Rn. 2; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 a UrhG Rn. 1 f.; SK-Samson, §260 StGB Rn.2f.; Stenger, Kriminalistik 1989, S.482; Tielke, Taschenbuch, S.32; Tröndle/Fischer, vor §52 StGB Rn.43; missverständlich: Schulze-Heiming, S. 155.

5. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 108 a UrhG

233

die Haupteinnahmequelle sein.9 Vielmehr reicht ein bloßer nicht ganz geringfügiger Nebenerwerb aus.10 In aller Regel wird gewerbsmäßiges Handeln vorliegen, wenn der Beschuldigte seinen Lebensunterhalt aus der Tätigkeit bestreitet.11 Als Indizien für gewerbsmäßiges Handeln nennt Hentschel 12 eine große Anzahl von Vervielfältigungsstücken, den Einsatz beträchtlicher technischer oder finanzieller Mittel, einen großer Abnehmerkreis oder eine organisierte Arbeitsweise, die durch arbeitsteiliges Zusammenwirken einer größeren Anzahl von Personen gekennzeichnet ist. Nach Ansicht des AG-Tiergarten 13 soll es genügen, wenn ein Händler seinen Kunden systematisch Software auf Festplatten installiert und die Originaldisketten zurückbehält. Das AG Mainz hat beim Verkauf von 800 Disketten in einem Zeitraum von zwei Jahren bei relativ kleiner Gewinnspanne Gewerbsmäßigkeit bejaht.14 Die unerlaubte Verwertung im Rahmen eines Gewerbebetriebes ist nicht gleichbedeutend mit der gewerbsmäßigen Begehung der Straftat, so dass der bloße Missbrauch eines Gewerbebetriebes zur Begehung von Straftaten nicht genügt.15 Auch die gewerbliche Nutzung unterfällt nicht dem Begriff. 16 Andererseits ist nicht Voraussetzung, dass der Beschuldigte einen eigenen Gewerbebetrieb unterhält 17 oder dass es sich beim Beschuldigten nicht um einen Freiberufler handelt.18 Mithin legt Hentschel· 9 die falschen Kriterien an, wenn er feststellt, § 108 a UrhG sei dann einschlägig, wenn der Beschuldigte nach außen hin als Gewerbetreibender auftritt und dabei den Vertrieb legaler Ware vortäuscht, so dass etwa der Videothekar oder Videoproduzent der Vorschrift unterfalle. Soweit die Dauerhaftigkeit der Tätigkeit mit fortlaufender Einnahmequelle vom Beschuldigten angestrebt werde, so ist bereits in der Ausführung der ersten Tat ein 9

BGH GA 1955, 212; E. Braun, Produktpiraterie, S. 150; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 108 a UrhG Rn. 2; Fromm/Nordemann-Vinck, § 108 a UrhG Rn. 1 ; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 105; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.287; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn.27; LK-Ruß, § 260 StGB Rn. 2; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 744; Schönke/SchröderStree, §260 StGB Rn.2; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108a UrhG Rn.2; Tröndle/Fischer, vor §52 StGB Rn.43. 10 BGH bei Daliinger MDR 1975, 725; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 108a UrhG Rn.2; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 287; Lackner/Kühl, § 260 StGB Rn. 2; LK-Ruß, § 260 StGB Rn. 2; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 744; Schönke/Schröder-Stree, § 260 StGB Rn. 2; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 a UrhG Rn. 2; SK-Samson, § 260 StGB Rn. 3; Tröndle/Fischer, vor §52 StGB Rn.43. 11 Vgl. auch: Hentschel, ZUM 1985, S.499. 12 Hentschel, ZUM 1985, S.499. 13 AG Tiergarten CR 1993, 297; zustimmend: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 108a UrhG Rn.2. 14 AG Mainz NJW 1989, 2637; zustimmend: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 108a UrhG Rn.2; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.287. 15 Entsprechend: BT-Drucks. 11/4792, S.24; RGSt 53, 155, 155f.; BGH GA 1955, 212; E. Braun, Produktpiraterie, S. 150f.; Cremer, S. 160; Kretschmer, S.581; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 a UrhG Rn. 2. 16 BT-Drucks. 11/4792, S.24; Tilmann, S. 1565. 17 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 744. 18 Fromm/Nordemann-Vinck, § 108a UrhG Rn. 1. 19 Hentschel, ZUM 1985, S.499.

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5. Kap.: Objektiver Tatbestand des § 108 a UrhG

gewerbsmäßiges Handeln zu sehen.20 Auf dieser Linie genügt dem AG München21 der einmalige Verkauf von 400 Exemplaren eines Softwareproduktes im Rahmen eines Geschäftsbetriebes, sofern der Verkauf auf der Linie des Geschäftsgebarens liegt. Tröndle 22 stellt zutreffend fest, dass im Ergebnis Gewerbsmäßigkeit durch ein subjektives Moment begründet wird. Dabei muss sich die Wiederholungsabsicht auf das Delikt beziehen, dessen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit qualifiziert ist. 23 Der Beschuldigte muss also bezüglich der Tatbestände der §§ 106 ff. UrhG gewerbsmäßig handeln, um § 108 a UrhG zu verwirklichen. 24 Zudem muss sich das gewerbsmäßige Handeln auf den konkreten Fall beziehen.25 So genügt es zum Beispiel nicht, wenn der Beschuldigte erst- und einmalig eine unerlaubte Softwarevervielfältigung oder -Verbreitung vornimmt, aber ansonsten gewerbsmäßig

Urheberrechtsverletzungen an anderen urheberrechtlich geschützten Werken begeht.26 Bleibt die erste Handlung erfolglos, kommt ein Versuch27 gewerbsmäßigen Handelns in Betracht. 28 Hinsichtlich der Frage, ob im Fall des bloßen Eigenverbrauchs Gewerbsmäßigkeit ausscheidet29, ist die Rechtsprechung30 uneinheitlich. Jedenfalls ist weder Gewinnsucht31, noch Absicht zur Veräußerung 32 unbedingte Voraussetzung. Auf die Besonderheiten, die das Merkmal der „Gewerbsmäßigkeit" im Hinblick auf § 28 StGB aufwirft, komme ich unten33 zu sprechen.

20

RGSt 53, 59, 60; 54, 230; 58, 19, 20; Cremer, S. 160; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.288; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn.31; LK-Ruß, §260 StGB Rn.2; Müller/Wabnitz/ Janovsky , 8.K. Rn.45; Schönke/Schröder-Stree, vor §52 StGB Rn.95; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108a UrhG Rn.2; Tröndle/Fischer, vor §52 StGB Rn.43; a. Α.: SK-Samson, §260 StGB Rn.3. 21 AG München CR 1997, 749, 751 („MS-DOS 6.2 OEM"). 22 Tröndle/Fischer, vor § 52 StGB Rn. 43, m. w. N. 23 BGH NJW 1996, 1069; Lührs, S.265; Schönke/Schröder-Stree, vor §52 StGB Rn.95; Tröndle/Fischer, vor §52 StGB Rn.43. 24 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.287; Lührs, S.265. 25 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.288; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108a UrhG Rn. 1. 26 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.288. 27 Zur Versuchsstrafbarkeit: Kap. 6 E. 28 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.288; Schönke/Schröder-Stree, §260 StGB Rn.3. 29 Vgl. insofern auch: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 108a UrhG Rn.2; LK-Ruß, §260 StGB Rn. 2; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 a UrhG Rn. 2; Tröndle/Fischer, vor § 52 StGB Rn. 43, m. w. N. 30 RGSt 54, 184; Nachweise zu divergierenden unveröffentlichten Entscheidungen bei: Tröndle/Fischer, vor § 52 StGB Rn. 43. 31 RGSt 33, 237; OLG Braunschweig MDR 1947, 136; LK-Ruß, §260 StGB Rn.2; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 a UrhG Rn. 2. 32 RGSt 54, 184; E. Braun, Produktpiraterie, S. 150; LK-Ruß, §260 StGB Rn.2; SchrickerHaß, Urheberrecht, § 108 a UrhG Rn. 2; ebenso zu § 107 Abs. 1 Nr. 2: Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.567. 33 Vgl. zu Problemen im Zusammenhang mit §28 StGB: Kap. 6 F. IV.

Kapitel 6

Sonstige Umstände der Strafbarkeit Nach einer Darstellung der subjektiven Tatbestände der §§ 106 ff. UrhG (A) 1 werden Rechtswidrigkeit (B) 2 und Schuld (C)3 erörtert. Es folgt eine Untersuchung der Probleme bei Irrtümern (D) 4 , beim Versuch (E)5, bei Täterschaft und Teilnahme (F)6, beim Unterlassen (G)7 und im Zusammenhang mit internationalen Sachverhalten (H) 8 . Das Kapitel wird mit einer Erläuterung der konkurrenzrechtlichen Fragen (I) 9 und der Möglichkeiten einer Wahlfeststellung (J) 10 abgeschlossen.

A. Subjektive Tatbestände An dieser Stelle werden die Probleme des subjektiven Tatbestands nur teilweise behandelt. Zwar kommt Vorsatzfragen wegen der engen Verzahnung von Straf- und Zivilrecht im Urheberstrafrecht und der daraus resultierenden unvollständigen Umschreibung des strafbaren Unrechts in den Straftatbeständen eine erhebliche Bedeutung zu.11 Doch stellt Heinrich 12 zu Recht fest, dass unvorsätzliches Handeln in der Praxis fast nur im Irrtumsfall denkbar ist. Vieles wird deswegen unten im Zusammenhang der Irrtumslehre 13 geklärt. Hier soll dieser Hinweis genügen. Nach der Erörterung einiger allgemeiner Fragen (I) 14 soll an dieser Stelle auf die Abgrenzung zur Fahrlässigkeit (II) 15 eingegangen werden. Auch stellt sich insofern 1

Zu den subjektiven Tatbeständen: Kap. 6 A. Zur Rechtswidrigkeit: Kap. 6 B. 3 Zur Schuld: Kap.6C. 4 Zu Irrtümern: Kap. 6 D. 5 Zum Versuch: Kap. 6 E. 6 Zu Täterschaft und Teilnahme: Kap. 6 F. 7 Zum Unterlassen: Kap. 6 G. 8 Zu den Auslandsbezügen: Kap. 6 H. 9 Zu den Konkurrenzen: Kap. 6 I. 10 Zu den Möglichkeiten einer Wahlfeststellung: Kap. 6 J. 11 Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.280. 12 Heinrich , Die Strafbarkeit, S.262. 13 Vgl. zur Irrtumslehre: Kap. 6 D. 14 Zu den allgemeinen Fragen der subjektiven Tatbestände: Kap. 6 Α. I. 15 Zur Abgrenzung zur Fahrlässigkeit: Kap. 6 A. II. 2

236

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

das Spezialproblem, ob bei der Verwertung urheberrechtlich geschützter Gegenstände eine Prüfungspflicht in tatsächlicher Hinsicht besteht (III) 16 .

I. Allgemeines Im Urheberstrafrecht gilt der allgemeine strafrechtliche Vorsatzbegriff. 17 Bedingter Vorsatz18 genügt somit.19 Bei §§ 10620, 107 UrhG muss deswegen der Beschuldigte zumindest damit rechnen, ein taugliches Tatobjekt, also ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine geschützte Bearbeitung oder Umgestaltung, vor sich zu haben.21 Bei § 108 UrhG muss sich der Vorsatz auf eine Leistung beziehen, an der ein verwandtes Schutzrecht besteht.22 Ferner muss sich der Vorsatz auf die Vornahme der in §§ 106 ff. UrhG umschriebenen Verletzungshandlungen erstrecken; § 106 und im Wesentlichen auch §108 UrhG verlangen also eine bewusste und gewollte Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche 23 Wiedergabe.24 Bei der unbewussten Vervielfältigung handelt der Beschuldigte dagegen nicht vorsätzlich. 25 Heinrich 26 nennt als Beispiel für eine solche unbewusste Vervielfältigung das versehentliche Kopieren von Software durch Betätigen einer falschen Taste. § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG verlangt außer der bewussten und gewollten Signierung zusätzlich, dass der Beschuldigte zumindest damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass das Anbringen der Urheberbezeichnung dem Vervielfältigungsstück, der Bearbeitung oder Umgestaltung den An16

Zur Frage der Existenz einer Prüfungspflicht: Kap. 6 A. III. Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 10; Flechsig, FuR 1979, S.515; Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn.6; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.261; Letzgus, S.291; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 6 u. § 107 UrhG Anm. 6 u. § 108 UrhG Anm. 4; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.459; Samson, Urheberrecht, S.234 f.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.740; Schmitz/Schmitz, S.71 f.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 12 u. § 107 UrhG Rn. 13 u. § 108 UrhG Rn. 12; Weber, FS-Locher, S.433; Wenzel, Rn. 10.49. 18 Zur Abgrenzung von bedingtem und direkten Vorsatz im Urheberrecht: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 146ff. 19 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 13; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 110; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 146; Rupp, Computersoftware, S. 195; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 12 u. § 107 UrhG Rn. 13 u. § 108 UrhG Rn. 12 u. § 108a UrhG Rn.3; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.283. 20 Ebenso zur Rechtslage vor Inkrafttreten des UrhG: LG München I UFITA Bd. 46, 369, 369 f. („Tägl. Fernsehen"). 21 Ähnlich: Kircher, S.41f.; Letzgus, S.291; Schulze-Heiming, S. 153; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.283. 22 Kann, S. 103; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.284. 23 Zur Feststellung des Vorsatzes im Hinblick auf das Merkmal der Öffentlichkeit: Kircher, S. 152ff. 24 Kircher, S. 136ff.; Letzgus, S.291; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.284. 25 Kircher, S. 136f. 26 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 262. 17

Α. Subjektive Tatbestände

237

schein des Originals gibt. 27 Täuschungsabsicht ist dagegen bei § 107 UrhG ebenso wenig erforderlich 28 wie eine Bestimmung für den Verkehr in Nr. 2 29 . Bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG ist es entgegen der Ansicht Webers 30 nicht möglich, vom Tatvorsatz hinsichtlich der §§ 263 und 267 StGB auf den Vorsatz hinsichtlich des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG zu schließen; denn anders als bei den §§ 263, 267 StGB ist bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG zusätzlich Vorsatz bezüglich des Nichtablaufes der Schutzfrist zu fordern. Hinsichtlich des Merkmals der „gesetzlich zugelassenen Fälle"31 darf der Beschuldigte nicht annehmen, aufgrund einer der Bestimmungen der §§45 ff. UrhG zur fraglichen Verwertungshandlung befugt zu sein.32 Wer aber zum Beispiel mehr als die nach § 53 UrhG zulässige Zahl an Exemplaren von Videofilmen besitzt, wird sich regelmäßig nicht auf diese Vorschrift berufen können, da kein vernünftiger Grund ersichtlich ist, warum von einem Film mehrere Kopien vorhanden sind.33 Dass bestimmte Schrankenvorschriften ein subjektives Element erfordern, wurde bereits oben34 dargestellt. Schließlich verlangt das Vorsatzerfordernis außer der Kenntnis der Tatbestandsmerkmale auch, dass der Beschuldigte vom Fehlen einer Einwilligung 35 des Berechtigten ausgeht.36

II. Abgrenzung zur Fahrlässigkeit Nach der Rechtsprechung37 handelt der Täter dann mit bedingtem Vorsatz, wenn er die Tatbestandsverwirklichung für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat.38 Im Urheberrecht genügt es mithin, dass es der Beschuldigte für möglich hält, ein fremdes Urheberrecht zu verletzen.39 Dies ist etwa der Fall bei Anbietern von Bootlegs, die - laut einer Veröffentlichung - „keinen Bock" haben, auf rechtliche Probleme des Bootleggins einzugehen.40 Ähnliches wird man bei den 27

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.284. Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn. 11; Locher, S. 196; Löffler, S. 1429; SchrickerHaß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 13. 29 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 13; irreführend: Locher, S. 196. 30 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.289. 31 Vgl. zu diesem Merkmal: Kap. 2 D. V. 32 Letzgus, S.291; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.284. 33 Hentschel, FuR 1982, S. 246 u. Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 20. 34 Zur dogmatischen Sonderstellung der Schrankenbestimmungen: Kap. 2 E. III. 35 Vgl. zur Einwilligung Kap. 2 F. 36 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.284. 37 BGHSt 7, 363, 368ff.; 14, 240, 256; 19, 101, 105; 36, 1, 9. 38 Kircher, S.41 f. 39 Ebenso zur Rechtslage vor Inkrafttreten des UrhG: LG München I UFITA Bd. 46, 369, 375 f. („Tägl. Fernsehen"). 40 Beispiel bei: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 149. 28

238

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Raubdruckern der „klassischen" Raubdruckbewegung annehmen können, wo Rechtmäßigkeitserwägungen kaum eine Rolle gespielt haben und denen die Existenz von Verbots Vorschriften gleichgültig gewesen ist. 41 Auch ein Videothekar, der sich grundsätzlich im Filmangebot auskennt, aber vor dem Videostart hochaktuelle Videofilme oder schlechtgemachte Identfälschungen ankauft, handelt mit bedingtem Vorsatz.42 Entsprechendes gilt, sofern dem Vervielfältigenden gleichgültig ist, ob sein Auftraggeber die Vervielfältigungsrechte hat.43 Dagegen kommt es entgegen der Ansicht mancher Autoren 44 nicht darauf an, ob eine Vorlage mit Copyright-Zeichen kopiert wird. Denn dem Zeichen fehlt es an rechtlicher Bedeutung; auch handelt der Beschuldigte ohne Vorsatz, sofern er sich gar keine Gedanken macht.45 Dagegen liegt bedingter Vorsatz beim Inhaber eines Kopierladens vor, wenn Vervielfältigungsstücke mit seiner Kenntnis unerlaubt durch Angestellte hergestellt werden46; denn der Inhaber nimmt es dabei zumindest billigend in Kauf, dass Urheberrechtsverletzungen erfolgen. 47 Auch derjenige, der in dem Bestreben, billige Bücher zu verkaufen, bewusst hinnimmt, dass ein Teil seines Sortiments aus Raubdrucken besteht, handelt mit bedingtem Vorsatz.48 Nach Tielke 49 soll es eine Rolle spielen, ob vorher bereits gegen den Beschuldigten wegen eines Urheberrechtsdelikts ermittelt wurde. Auch Vertreter der GEMA 50 fordern, dass bestimmte Flohmärkte oder CD-Börsen razziaartig durchsucht werden und entdeckte urheberrechtliche Straftaten den Veranstaltern mitgeteilt werden müssten; denn dadurch könnten die Veranstalter in Zukunft als bösgläubig behandelt und Vorsatz unterstellt werden. Dies trifft nicht zu. Denn die Bösgläubigkeit wirkt nicht in die Zukunft, so dass der Nachweis von Täterschaft oder Beihilfe nicht erleichtert wird. 51 Erforderlich ist vielmehr stets der Nachweis vorsätzlichen Handelns bei der konkreten Tat. Rochlitz 52 meint, mit bedingtem Vorsatz handele, wer bewusst keine Kenntnis von strafrechtlichen Vorschriften nimmt. Ähnliches führt das AG Stuttgart 53 in einer Entscheidung aus, wonach der Beschuldigte mit bedingtem Vorsatz handele, wenn er wisse, dass auf dem Gebiet des Urheberrechts eine umfassende Regelung besteht 41

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.293. Tielke, Taschenbuch, S.31. 43 Müller-Gugenberger, §45 Rn. 110; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 156. 44 Müller-Gugenberger, §45 Rn. 110; Schüler, S.497. 45 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 163 u. S. 171. 46 Vgl.: BGH BB 1983, 2213 („Kopierladen"). 47 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.71. 48 AG Konstanz, zitiert bei Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.69 (Verfahren laut Burger, S. 798 in zweiter Instanz eingestellt). 49 Tielke, Taschenbuch, S. 31. 50 Wiedergegeben bei: Kann, S. 162. 51 Ebenso: Kann, S. 162. 52 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 154. 53 AG Stuttgart, Schulze, AGSt 3, 3 („Programmmitschnitt"). 42

Α. Subjektive Tatbestände

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und er gleichwohl keine Erkundigungen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit seines Tuns vornimmt. Auch diese Ansicht ist nicht ganz zutreffend: Vielmehr handelt der Beschuldigte in den genannten Fällen mit direktem Vorsatz und unterliegt allenfalls einem Verbotsirrtum. 54 Denn darauf, ob er Kenntnis von Strafvorschriften hat, kommt es bei der Prüfung vorsätzlichen Handelns ausweislich des Wortlauts des §17 StGB nicht an.55

I I I . Frage der Existenz einer Prüfungspflicht in tatsächlicher Hinsicht Manche Autoren 56 meinen, es liege auch dann bedingter Vorsatz vor, wenn der Beschuldigte ganz bewusst nicht darüber nachdenken will, ob er durch seine Handlungen Rechte Dritter verletzt, obwohl dies in der konkreten Situation nahe liegend wäre. Jedenfalls demjenigen, der berufsmäßig mit der Vervielfältigung oder Verbreitung beschäftigt ist, obliege eine Prüfungspflicht in tatsächlicher Hinsicht.57 Rochlitz 58 führt eine Reihe von Beispielen auf, bei denen nach seiner Ansicht eine derartige Prüfungspflicht eingreife: Sie treffe etwa den Lohnfertiger, der es trotz partieller Kenntnis der urheberrechtlichen Vorschriften unterlässt zu prüfen, ob sein Auftraggeber Rechtsinhaber ist, oder den Marktfahrer, der trotz Belehrung über eine Prüfungspflicht hinsichtlich der Rechtsinhaberschaft den Handel mit Piraterieprodukten fortsetzt. Insbesondere Branchentäter - etwa ein Tonträgerhersteller oder Presswerkinhaber - müssten eine besonders sorgfältige Prüfung der Sach- und Rechtslage vornehmen. Es genüge nicht vorzutragen, der Auftraggeber sei stets befragt worden, ob er Rechtsinhaber sei. Ein Tatbestandsirrtum derartiger Täter komme lediglich in Fällen von Täuschung vor. Ferner könnten ungewöhnliche Liefersowie Zahlungsmodalitäten eine Prüfungspflicht begründen. Schließlich treffe den Händler eine Prüfungspflicht, der seinen Vorlieferanten nicht kennt und dem die Ware zu einem unüblich billigen Preis angeboten wird. Die Einlassung, die Ware sei so billig, weil es sich um Restposten handele, genüge nicht. Der Händler müsse sich telefonisch erkundigen und Fachzeitschriften lesen. Diejenigen Autoren, die eine solche Prüfungspflicht in tatsächlicher Hinsicht postulieren, verkennen den strafrechtlichen Vorsatzbegriff. 59 So ist symptomatisch, 54

Movsessian , S.4. Vgl.: Tröndle/Fischer , § 17 StGB Rn.2, mit Nachweisen zur entgegenstehenden Vorsatztheorie. 56 Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S. 149; Tielke, Taschenbuch, S. 31 ; ähnlich: Letzgus , S. 296; Müller-Gugenberger , § 45 Rn. 110. 57 Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S. 153, m. Fn. 186; ähnlich: Müller-Gugenberger , §45 Rn. 110. 58 Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S. 149f. u. S. 158ff. u. S. 162f. u. S. 171, mit Fn.243. 59 So auch: Erbs/Kohlhaas-Meurer , § 106 UrhG Rn. 10. 55

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

dass Rochlitt 60 zur Begründung der Prüfungspflicht auf eine zivilgerichtliche Entscheidung verweist. Im Zivilrecht aber kommt es gerade nicht darauf an, dass der Täter vorsätzlich handelt; vielmehr genügt nach §97 Abs. 1 S. 1 UrhG zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen auch Fahrlässigkeit. Auch darf die Frage einer Prüfungspflicht in tatsächlicher Hinsicht nicht verwechselt werden mit der Problematik der Vermeidbarkeit eines Irrtums im Rahmen des § 17 StGB61. Denn dort geht es nicht um die Kenntnis des Täters von bestimmten Tatsachen, sondern im normativen Bereich um die Frage, ob der Täter das missachtete Verbot kennen musste. Sogar Rochlitz 62 schreibt an anderer Stelle, derjenige Täter, der sich gar keine Gedanken mache, handele ohne Vorsatz. Eine Erkundigungspflicht in tatsächlicher Hinsicht dagegen ist nicht mit § 16 StGB vereinbar. Denn nach dieser Vorschrift handelt derjenige nicht vorsätzlich, der bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört. Eine andere Frage ist die, ob das Gericht dem Beschuldigten in der Praxis einen behaupteten Irrtum glaubt.63 So hat das AG München64 im Falle einer verschlüsselten Lieferung und Bezahlung per Scheck Indizien für das Vorliegen von Vorsatz gesehen; auch handele nach Ansicht des Gerichts ein im Softwarehandel erfahrener Händler mit bedingtem Vorsatz, wenn er Produkte verkauft, die er selbst zu einem Preis eingekauft hat, der erheblich unter dem marktüblichen Preis liegt, und er sich gleichwohl nicht hinsichtlich der Lizenzierung der Produkte vergewissert. Im Ergebnis kommt eine derartige Rechtsprechung zwar einer Prüfungspflicht in tatsächlicher Hinsicht nahe; die dogmatische Grundlage ist jedoch nicht beim Vorsatzbegriff zu suchen, sondern beim Maßstab bezüglich der richterlichen Überzeugung gemäß § 261 StPO.

B. Rechtfertigungsgründe Die üblichen Rechtfertigungsgründe, etwa Notwehr (§ 32 StGB) und rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB), spielen im Urheberstrafrecht kaum eine Rolle.65 Nach einer Darstellung der Probleme bei der Einwilligung (I) 66 sollen die sonstigen Rechtfertigungsgründe (II) 67 kurz behandelt werden. 60

Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 162, unter Hinweis auf ein unveröffentlichtes Urteil des LG Hamburg vom 26.5.1978, Az.740 394/77. 61 Vgl. zum Begriff der Vermeidbarkeit: Kap. 6 D. II. 5. 62 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 163 u. S. 171. 63 Vgl. insofern auch: AG Velbert CR 1988, 680. 64 AG München CR 1997, 749, 750f. („MS-DOS 6.2 OEM"). 65 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.261; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 142; SchulzeHeiming, S. 154; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 113; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.261 ff. 66 Zur Einwilligung: Kap. 6 Β. I. 67 Zu den sonstigen Rechtfertigungsgründen: Kap.6 B.II.

Β. Rechtfertigungsgründe

241

I. Einwilligung Zunächst soll die Einwilligung von Einverständnis und Nichtberechtigung 68 abgegrenzt werden (l) 6 9 . Im Anschluss komme ich auf die Voraussetzungen der Einwilligung zu sprechen (2) 70 .

1. Abgrenzung zum Einverständnis und zur Nichtberechtigung Oben71 wurde ausführlich dargestellt, warum bei den §§106 Abs. 1, 108 Abs. 1 UrhG der Berechtigte aus dem Kreis möglicher Täter ausscheidet. Berechtigter 72 ist dabei der Inhaber des entsprechenden Nutzungsrechts. In wenigen Ausnahmefällen aber scheitert eine zivilrechtliche Rechtsübertragung oder Rechtseinräumung. Vor allem ist hier an Fallgestaltungen zu denken, bei denen eine Rechtseinräumung wegen der Beteiligung nicht voll geschäftsfähiger Personen nicht wirksam vollzogen wird. In diesen Fällen ist nach allgemeinen Grundsätzen zusätzlich zur zivilrechtlichen Berechtigung zu prüfen, ob eine strafrechtliche Einwilligung vorliegt. Da derartige Fälle Ausnahmecharakter haben, bin ich der Auffassung, dass es sich hierbei nicht um ein tatbestandsausschließendes Einverständnis, sondern um eine auf der Rechtswidrigkeitsebene zu prüfende Einwilligung handelt. Ähnlich verstehe ich Weber 73, wenn er - trotz seines abweichenden dogmatischen Ausgangspunktes - ausführt, es handele sich bei §§ 106 ff. UrhG um eine Einwilligung und nicht um ein tatbestandsausschließendes Einverständnis; zu der Gruppe von Tatbeständen, bei denen - wie bei der Nötigung (§ 240 StGB) oder beim Diebstahl (§ 242 StGB) - eine Verwirklichung des Tatbestands mit Willen des Opfers schon aus begrifflichen Gründen ausscheide, gehörten die §§ 106 ff. UrhG nicht; vielmehr sei die Verwertung mit Willen des Berechtigten im Urheberrecht die Regel.74 Nur wenig anders beurteile ich die Rechtslage bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG: Dort nehme ich für bestimmte Fälle, in denen der Beschuldigte als Mittler des Urhebers aufgrund eines zivilrechtlichen Vertrags tätig wird, an, dass ein tatbestandsausschließendes Einverständnis vorliegt. Aber auch bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG sind Ausnahmefälle denkbar, in denen die zivilrechtliche Konstruktion versagt. Hier ist nach allgemeinen Grundsätzen zu prüfen, ob eine strafrechtliche Einwilligung vorliegt. 68 Vgl. zum Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten" bei § 106 Abs. 1 UrhG: Kap. 2. F; bei § 108 Abs. 1 UrhG: Kap. 4. L; zum Merkmal „ohne Einwilligung des Urhebers" bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG: Kap.3 B.III. 69 Zur Abgrenzung: Kap. 6 Β. 1.1. 70 Zu den Voraussetzungen der Einwilligung: Kap. 6 B.I.2. 71 Zu den dogmatischen Grundfragen des Merkmals „ohne Einwilligung des Berechtigten": Kap. 2 F. I. 72 Zur Person des Berechtigten: Kap. 2 F. VI. 73 Weber,, Der strafrechtliche Schutz, S.265 f. 74 So auch: Schulze-Heiming, S. 154.

16 Hildebrandt

242

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG schließlich fehlt es völlig an einem entsprechenden Merkmal auf der Tatbestandsebene. Insofern ist zu prüfen, ob und inwieweit die Möglichkeit besteht, mit rechtfertigender Kraft einzuwilligen. 2. Voraussetzungen Ich werde zunächst die Einwilligungsfähigkeit der geschützten Rechtsgüter prüfen (a))75 und danach auf die Person des Verfügungsberechtigten zu sprechen kommen (b)) 76 . Im Übrigen gelten bei der Einwilligung dieselben Voraussetzungen wie bei anderen77 Straftatbeständen. a) Einwilligungsfähigkeit

der geschützten Rechtsgüter

Nach einhelliger Ansicht sind die §§106 und 108 UrhG einwilligungsfähig. 78 Weber 79 führt zur Begründung zutreffend aus, dass die Vorschriften in erster Linie die aus dem Urheberrecht fließenden vermögensrechtlichen Befugnisse schützen, während persönlichkeitsrechtliche Interessen lediglich mittelbar geschützt werden; Eingriffe in Vermögensrechte aber können stets durch Einwilligung gerechtfertigt werden; schließlich wird dieses Ergebnis durch den Wortlaut der Vorschriften gestützt, der von der „Einwilligung des Berechtigten" spricht. Anderes ergibt sich auch nicht, wenn man die Einwilligung in ein Plagiat80 aus Gründen des Urheberpersönlichkeitsrechts und wegen der Täuschung der Öffentlichkeit zivilrechtlich für nichtig halten will. 81 Denn Schutzgut82 des § 106 UrhG ist das Verwertungsrecht allein des Berechtigten 83, nicht aber die Rechte und Interessen, die in zivilrechtlicher Hinsicht die Nichtigkeit der Einwilligung bedingen, das Urheberpersönlichkeitsrecht und die Belange der Öffentlichkeit. 84 Da hinsichtlich der persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse bei § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG keine anderen Grundsätze gelten als bei der Preisgabe persönlichkeitsrechtlicher Interessen schlechthin85, ist auch dort eine Einwilligung möglich. Es kommt 75

Zur Einwilligungsfähigkeit der geschützten Rechtsgüter: Kap. 6 Β. 1.2. a. Zur Person des Verfügungsberechtigten: Kap. 6 B.I.2.b. 77 Vgl. dazu etwa: Wessels/Beulke, Rn. 370ff., m.w.N. 78 So ausdrücklich: Fischer, S. 147; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.264. 79 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.264. 80 Zu Geschichte und Bedeutung des Begriffs Engländer, S.20 ff.; Kastner, S. 1151 ff.; E. Schulze, u. a. \ Seifert, S. 343 ff.; R.-F Unger, S. 675. 81 Fischer, S.77ff. u. S.86ff. u. S. 147. 82 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap.2 B. 83 Fischer, S. 147; Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn. 1; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 1 ; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 565 f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.264. 84 Fischer, S. 147. 85 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.279. 76

Β. Rechtfertigungsgründe

243

nämlich insofern darauf an, ob durch eine Einwilligung öffentliche Interessen berührt werden. 86 Dies aber ist bei § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG nicht der Fall. 87 Auch eine Tat nach § 107 Abs. 1 Nr. 1 ist einwilligungsfähig, 88 wie sich aus dem Wortlaut ergibt. 89 Schwieriger dagegen ist die Beurteilung bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG. 90 Nach Ansicht der meisten Autoren soll eine Tat nach Nr. 2 nicht einwilligungsfähig sein.91 Denn die Vorschrift schütze92 in erster Linie Interessen der Allgemeinheit, nicht des Urhebers. 93 Da auch potentielle Nacherwerber geschützt würden, könne auch der getäuschte Erwerber nicht einwilligen.94 Überdies dürfe der Urheber jedenfalls dann nicht einwilligungsberechtigt sein, sofern der Ansicht gefolgt wird, dass der Urheber selbst Täter 95 sein kann.96 Dagegen halten andere97 § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG für einwilligungsfähig. Denn andernfalls gebe das Antragserfordernis keinen Sinn. Ich bin der Auffassung, dass in eine Verletzung des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG eingewilligt werden kann. Insofern muss nicht nur berücksichtigt werden, dass zur Verfolgung einer Tat nach § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG regelmäßig ein Strafantrag erforderlich ist, sondern auch, dass die Vorschrift im UrhG steht. Die Gegenauffassung verstößt gegen das Analogieverbot des § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG, weil das UrhG nach dem Wortlaut des § 1 UrhG allein die Rechte der Urheber schützt. Dass die Vorschrift nach Ansicht einiger Autoren 98 überwiegend den Interessen der Allgemeinheit dienen soll, steht der hier vertretenen Ansicht nicht entgegen, weil die Schutzrichtung der Vorschrift im Wortlaut nicht zum Ausdruck gebracht wird. 86

Göbel, S. 23 ff. Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap. 4 B. 88 Rehbinder, Urheberrecht, Rn.458 u. ZUM 1990, S.465; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 12; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.264 f. 89 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 12; Weber, Der strafrechtliche Schutz, 5.264. 90 Offengelassen bei: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 163. 91 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn. 10; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 18; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.458 u. ZUM 1990, S.465; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.745, Fn. 18; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 12; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.265. 92 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap. 3 A. 93 Lampe, UFITA 83 (1978), S. 18; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.458 u. ZUM 1990, S.465; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 12; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.265. 94 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 12; Weber, Der strafrechtliche Schutz, 5.265. 95 Vgl. zu dieser Frage: Kap. 3 C. II. 96 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn. 10; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.745, Fn. 18; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 163. 97 Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. 4 a; wohl auch: Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.567. 98 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap. 3 A. 87

16*

244

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

b) Verfügungsberechtigung Verfügungsberechtigt sind bei der Einwilligung stets diejenigen Personen, die im Rahmen des Tatbestands „Berechtigte" sind. Insofern kann verwiesen" werden. Bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG sind dieselben Personen verfügungsberechtigt wie bei Nr. I 1 0 0 . Zu beachten ist, dass entgegen der Ansicht Webers 101 auch Minderjährige ohne Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters einwilligen können102. Es kommt insofern nur auf die natürliche Einsichtsfähigkeit an. 103 Auf die entgegenstehende These Lenckners wurde bereits oben 104 eingegangen. Darüber hinaus sollen bei Persönlichkeitsrechten die Β GB-Regeln auch nach Ansicht Lenckners 105 keine Anwendung finden, da der Selbstbestimmungswille schon dann zu respektieren sei, wenn der Mensch im konkreten Fall nach seinen persönlichen Fähigkeiten in der Lage ist, diesen Willen sinnvoll zu betätigen. Was dies im Rahmen des § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG für Konsequenzen hat, führen Sieg 106 und Weber 107 zutreffend aus: Dort gilt der Grundsatz, dass der Minderjährige, der ein urheberrechtlich schutzfähiges Werk zu Stande bringt, auch die Bedeutung der Signierung ermessen könne. Sollte dies nicht der Fall sein, bestehen die beiden theoretischen Möglichkeiten, dass die Signierung dann völlig ausgeschlossen ist oder dass der gesetzliche Vertreter die Einwilligung erteilen kann. Da die Signierung eines Werks weniger Gefahren birgt als deren Unterlassung, ist der zweiten Lösung der Vorzug zu geben.

II. Sonstige Rechtfertigungsgründe Neben der Einwilligung ist auch eine mutmaßliche Einwilligung denkbar. Insofern gelten im Urheberstrafrecht gegenüber dem allgemeinen Strafrecht 108 keine Besonderheiten. 99

Vgl. zur Person des Berechtigten bei § 106 Abs. 1 UrhG: Kap.2 F. VI.; bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG: Kap.3 B.III.2; bei § 108 Abs. 1 UrhG: Kap.4 L.II. 100 Zur Person des Berechtigten bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG: Kap.3 B.III.2. 101 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 273 ff. 102 BGHSt 12,379,382; Blei, Strafrecht I, S. 135; Lesch, NJW 1989, S.2310; Maurach/Zipf § 17 Rn. 57; Roxin, Strafrecht, § 13 Rn. 61; Schmidhäuser, 8/143; differenzierend: Kothe, S. 105 ff. 103 BGHSt 12, 379, 382; Blei, Strafrecht I, S. 135; Lesch, NJW 1989, S.2310; Roxin, Strafrecht, § 13 Rn.61; Schmidhäuser, 8/134. 104 Vgl. zu den dogmatischen Grundfragen des Merkmals „ohne Einwilligung des Berechtigten": Kap. 2 F. I. 105 Lenckner, S.456 f. 106 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 117. 107 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.280. 108 Vgl.: Tröndle/Fischer, vor §32 StGB Rn.4, m.w.N.

Β. Rechtfertigungsgründe

245

Dass eine Verletzungshandlung im Urheberrecht durch Notwehr (§ 32 StGB) gerechtfertigt sein könnte, ist schwer vorstellbar. 109 Weber 110 konstruiert als Beispiel einen Fall: Dort veröffentlicht ein Schriftsteller, nachdem er vom Urheber immer wieder öffentlich verleumdet worden war, ein Werk des Urhebers unter seinem Namen veröffentlicht zu haben, zur Klarstellung dessen Werk. Anders als Weber kann ich mir kaum vorstellen, dass eine derartige Handlungsweise jemals erforderlich sein kann, um die Angriffe des Urhebers auf die Ehre abzuwehren, da die Abwehr des ehrverletzenden Angriffs regelmäßig durch die Anrufung eines Gerichtes ebenso schnell bewirkt würde. Nach Ansicht Gantners 111 kann eine Anstiftung zu einer Tat nach §§ 106 ff. UrhG durch einen Testbesteller nicht als Notwehr 112 gerechtfertigt werden, da es an der Gegenwärtigkeit eines rechtswidrigen Angriffs fehlt. Viel naheliegender als die Begründung Gantners ist jedoch insofern die Überlegung, dass durch Notwehr niemals ein Eingriff in Rechte Dritter gerechtfertigt werden kann; die Anstiftung zu einer Tat nach §§ 106 ff. UrhG aber richtet sich stets gegen Rechtsgüter Dritter. Auch zum rechtfertigen Notstand (§ 34 StGB) lassen sich im Urheberrecht lediglich ausgefallene Beispiele finden. 113 Weber 114 nennt insofern das Beispiel, dass ein Verleger gegen den Willen des Urhebers dessen Werk vervielfältigt und verbreitet, um einen für den Fall der NichtVeröffentlichung von einem Dritten angedrohten Selbstmord zu verhindern. Rochlitz 115 erwähnt Fälle, in denen jemand durch Nötigung (§ 240 StGB) oder Erpressung (§ 253 StGB) zur Herausgabe von Video- oder Tonträgerfälschungen gezwungen wird und diese damit verbreitet. Meist wird aber auch in derartigen Fällen die Gefahr in anderer Weise als durch die Verletzung der §§ 106ff. UrhG, etwa durch Einschaltung der Polizei, zu beseitigen sein. Jedenfalls in dem Fall, dass jemand illegale Videos verkauft, da er durch den Verkauf legaler Produkte keine positive Bilanz erzielen kann, darf sich der Beschuldigte nicht auf § 34 StGB berufen. 116 Auch ein Arbeitnehmer, dem für den Fall der Nichtausführung tatbestandsmäßiger Handlungen i.S. der §§ 106ff. UrhG die Kündigung angedroht wird, handelt nicht im rechtfertigenden Notstand, da die zu erwartende Vermögensverschlechterung des Arbeitnehmers nicht die schweren Eingriffe in das Vermögen des Berechtigten rechtfertigen. 117 109 Fromm/Nordemann-Nordemann , §97 UrhG Rn. 19; Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S. 142; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.261. 110 Beispiel von: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.261. 111 Gantner, S. 2854. 112 Vgl. insofern zu entsprechenden Äußerungen v. Gravenreuths : Gantner, S. 2752, mit Fn. 5, m. w. N. 113 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.261; ähnlich: Fromm/Nordemann-Nordemann, §97 UrhG Rn. 19. 114 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.261. 115 Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S. 143 u. S. 177. 116 Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S. 143. 117 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 177.

246

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Hinsichtlich des Defensivnotstandes (§228 BGB) stellt Weber dass Fälle hierzu selbst theoretisch undenkbar sind.

m

zu Recht fest,

Umstritten ist, ob im Urheberrecht der Rechtfertigungsgrund des übergesetzlichen Notstandes anzuerkennen ist. Vor allem Nordemann 119 hat sich für diesen Rechtfertigungsgrund in solchen Fällen ausgesprochen, in denen die Rechtsverletzung zum Schutz eines höherwertigen anderen Rechtsgutes erforderlich ist, was im Einzelfall durch eine Güter- und Pflichtenabwägung ermittelt werden müsse. Die Rechtsfigur sei erforderlich, um die Ausdehnung der Schrankenvorschriften zu verhindern. Dagegen lehnen die meisten Autoren 120 den Rechtfertigungsgrund des übergesetzlichen Notstandes im Urheberrecht ab. Weber 121 begründet dies damit, dass eine Korrektur, soweit höherrangiges Recht diese verlange, durch weite Auslegung der Schrankenbestimmungen der §§45 ff. UrhG möglich sei. Andernfalls würde die Tatsache unterlaufen, dass eben diese Schrankenbestimmungen einen Versuch des Ausgleichs zwischen verschiedenen Grundrechten - insbesondere Art. 5 GG auf der einen und Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG auf der anderen Seite122 - auf gesetzlicher Ebene darstellen. Rochlitz 123 fügt dem hinzu, auch eine Rechtfertigung durch Art. 3 GG sei im Urheberrecht nicht möglich. Weitere Rechtfertigungsgründe könnten lediglich durch den Gesetzgeber geschaffen werden. Ich sehe im Ergebnis zwischen beiden Ansichten keinen Unterschied. Letztlich stellt es eine rein begriffliche Frage dar, ob eine im Einzelfall notwendige verfassungskonforme Auslegung als „übergesetzlicher Notstand" oder als „weite Auslegung der Schrankenbestimmungen" bezeichnet wird. Am zutreffendsten wird man das Problem im Rahmen der Dogmatik der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte 124 einordnen können. Soweit die Schrankenbestimmungen generalklauselartige Wendungen enthalten, kann dort den Grundrechten Geltung verschafft werden. Soweit dies nicht möglich ist, müssen bereits die Verwertungsrechte eine Einschränkung im Lichte verfassungskonformer Auslegung erfahren. Weber 125 stellt zutreffend fest, dass Amtsbefugnisse keine Verletzungen der §§ 106 ff. UrhG rechtfertigen können. Denn die zur Rechtfertigung erforderlichen amtlichen Befugnisse sind bereits in § 45 UrhG abschließend geregelt.

118

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.263. Fromm/Nordemann-Nordemann, §97 UrhG Rn. 19, m. w.N.; auch: LG Berlin GRUR 1962, 207, 210 („Maifeiern"); wohl auch: W. Unger, FonoForum, H.4, S. 34f. 120 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 144; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.262f. 121 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.262f. 122 So auch: Eiding, S. 119. 123 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 144. 124 So wohl auch: LG München I NJW 1994, 2630, 2631 f.; dazu auch: Palandt-Heinrichs, §242 Rn.7 f., m. w.N. 125 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.263. 119

D. Irrtümer

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C. Schuld Die „klassischen" Schuldausschließungsgründe - entschuldigender Notstand (§ 35 StGB), Überschreitung der Notwehrgrenzen (§ 33 StGB) und entschuldigende Güter- oder Pflichtenkollision - sind im Urheberstrafrecht ohne praktische Bedeutung. 126 Insbesondere kann sich ein Arbeitnehmer, dem für den Fall der Nichtausführung tatbestandsmäßiger Handlungen i. S. der §§ 106 ff. UrhG die Kündigung angedroht wird, nicht auf einen entschuldigenden Notstand berufen. 127 Denn die in § 35 StGB vorgesehene Güterabwägung wird stets zu seinen Ungunsten ausfallen. Dagegen kommt der Schuld- und Strafunfähigkeit von Kindern 128 nach § 19 StGB insbesondere im Bereich der Vervielfältigung und Verbreitung von Computerspielen große praktische Relevanz zu. 129 Die Klarheit der gesetzlichen Regelung erübrigt aber eine Kommentierung.

D. Irrtümer Wegen der engen Verzahnung von Straf- und Zivilrecht im Urheberstrafrecht und der daraus resultierenden unvollständigen Umschreibung des strafbaren Unrechts in den Straftatbeständen sind Irrtumsfragen von erheblicher Bedeutung.130 Die Irrtumsproblematik besitzt auch praktische Relevanz.131 Die Gliederung des Abschnittes orientiert sich an folgenden Grundsätzen: Hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen können drei Arten von Irrtümern unterschieden werden: Zuerst ist ein Irrtum möglich, der dem Beschuldigten eindeutig deswegen unterläuft, weil er bestimmte Tatsachen nicht kannte; in diesem Fall entfällt nach allgemeiner Ansicht gemäß § 16 StGB der Vorsatz. 132 Zweitens kann der Beschuldigte über normative Tatbestandsmerkmale irren; hier entfällt möglicherweise nach den Grundsätzen der Parallelwertung in der Laiensphäre der Vorsatz; der Irrtum ist dann bei § 16 StGB einzuordnen. Drittens kann ein Verbotsirrtum vorliegen, bei dem nur ausnahmsweise bei Unvermeidbarkeit nach § 17 StGB die Schuld entfällt. Die Abgrenzung der verschiedenen Typen von Irrtümern soll danach vorzunehmen sein, dass der Beschuldigte in den ersten beiden Fällen wisse, was er tue, im 126 Ebenso: Hanser-Strecker, S. 167; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 145; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.280; ohne Begründung anders: Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn.7. 127 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 177. 128 Vgl. zu den Besonderheiten bei jugendlichen und heranwachsenden Tätern: Kap. 7 Β. IV. 129 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.77. 130 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.280. 131 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.262; Kircher, S. 12. 132 Lauer, S.61, m.w.N.

248

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

dritten Fall dagegen annehme, es sei erlaubt, was er tue. 133 Doch bereitet die Abgrenzung in verschiedener Hinsicht Probleme: Denn auch bei der zweiten Art von Irrtümern, also beim Irrtum über normative Tatbestandsmerkmale, kennt der Beschuldigte durchaus die zugrunde liegenden Tatsachen und vollzieht lediglich die rechtliche Wertung, die die Begriffe voraussetzen, nicht in zutreffender Weise nach. Dies führt in der Praxis zu der Schwierigkeit, dass die Einordnung eines Irrtums bei § 16 oder § 17 StGB nicht ohne weiteres möglich ist. Ferner werden auch die erste und zweite Variante von Irrtümern in der Literatur häufig vermischt, da das rechtliche Ergebnis, die Einordnung bei § 16 StGB, bei beiden gleich ist. Ich halte die Unterscheidung für sinnvoll, da hierdurch ein Vielzahl von Irrtümern problemlos § 16 StGB zugeordnet werden kann, ohne dass es auf die Frage ankommt, ob ein normatives Tatbestandsmerkmal vorliegt. Die Gliederung unterscheidet deswegen Irrtümer über Tatsachen (I) 1 3 4 und Irrtümer bei der Subsumtion unter Rechtsvorschriften (II) 135 . Im letzteren Abschnitt wird auch die Abgrenzung von Irrtümern über normative Tatbestandsmerkmale und Verbotsirrtümern vorgenommen. Rochlitz 136 folgt in seiner Darstellung in wesentlichen Punkten nicht der allgemeinen Strafrechtslehre und vermischt häufig Verbotsirrtum und den Irrtum über Rechtfertigungsgründe. Seine Auffassung zur Irrtumslehre lässt sich mithin kaum einordnen und wird hier nur unvollständig wiedergegeben.

I. Irrtümer über Tatsachen Zunächst sollen die bei § 106 ( l ) 1 3 7 , § 107 (2) 138 und § 108 UrhG (3) 139 denkbaren Irrtümer über Tatsachen nacheinander behandelt werden. 1. Irrtümer bei § 106 UrhG Irrtümer über den Schutz des Tatobjekts, die auf einer falschen Sachverhaltssicht beruhen, sind Tatbestandsirrtümer. 140 Dies ist etwa der Fall, wenn der Beschuldigte das verbreitete Werk nicht als Fälschung erkennt, was beispielsweise bei Identfälschungen im Bereich der Musikpiraterie denkbar ist. 141 Auch wenn der Beschuldigte glaubt, ein Werk sei ein ohne menschliches Zutun entstandenes Naturerzeugnis, das Erzeugnis eines dressierten Affen oder ein durch eine Maschine mit Hilfe eines Zu133 134 135 136 137 138 139 140 141

BGHSt 2, 194, 196f.; Kircher, S.2. Zum Irrtum über Tatsachen: Kap.6 D.I. Zum Irrtum bei der Subsumtion unter Rechtsvorschriften: Kap.6 D.II. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 150ff. Zu Irrtümern über Tatsachen bei § 106 UrhG: Kap. 6 D. 1.1. Zu Irrtümern über Tatsachen bei § 107 UrhG: Kap.6 D.I. 2. Zu Irrtümern über Tatsachen bei § 108 UrhG: Kap. 6 D. 1.3. Fischer, S. 145; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.288. Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S. 15; Kann, S.92.

D. Irrtümer

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fallsgenerators erzeugtes Zufallsprodukt, liegt ein Tatbestandsirrtum vor. 142 Ebenso ist im Zusammenhang mit Landkarten der Fall zu behandeln, dass der Beschuldigte überhaupt nicht weiß, dass die Herstellung von Landkarten eine eigene kartographische Leistung erfordert, sondern davon ausgeht, dass sich das fertige Produkt zwangsläufig aus dem zugrunde liegenden Material ergibt. 143 Auch wenn der Beschuldigte annimmt, das betreffende Gebilde habe sich mit sachlich zwingender Notwendigkeit aus dem Gebrauchszweck ergeben, liegt ein Tatbestandsirrtum vor. 144 Als Beispiele nennt Kircher insofern den Stahlrohrstuhl 145, einen Türdrücker 146 , eine Klavieretüde 147, ein Werbeplakat 148 oder ein Werk der Baukunst149. Dagegen liegt in dem Fall, dass der Beschuldigte mangels literarischer Bildung nicht erkennt, dass das von ihm verletzte Tatobjekt eine persönliche geistige Schöpfung darstellt, kein Irrtum über Tatsachen vor. 150 Denn hier kennt der Beschuldigte die zugrunde liegenden Tatsachen und bewertet sie lediglich falsch. Hier kommt es deswegen darauf an, ob dieser Irrtum als Irrtum über ein normatives Tatbestandsmerkmal eingeordnet 151 werden kann. Auf der Grenze liegt der Fall, dass der Beschuldigte überhaupt nicht erkannt hat, dass dem Werk - etwa einer Komposition aleatorischer Musik, der Aufzeichnung eines Computerprogramms oder einem Tanz - ein Gedankeninhalt zu entnehmen ist. Entgegen Kircher 152 möchte ich in diesem Fall annehmen, dass der Beschuldigte die zugrunde liegenden Tatsachen kennt und lediglich über deren rechtliche Bewertung irrt. Interessant ist die rechtliche Behandlung in dem Fall, dass der Beschuldigte aufgrund des Irrtums über Tatsachen zwar verneint, dass ein Werk vorliegt, aber die Voraussetzungen eines Schutzobjektes nach § 108 UrhG für gegeben hält. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Beschuldigte bei einem Lichtbildwerk zwar den Schutz als Lichtbild für gegeben hält, aber diejenigen Merkmale übersehen hat, aus denen sich der Schutz nach § 2 Abs. 2 UrhG ergibt. In diesem Fall liegt ein „error in objecto" vor. Nach Warda 153 kommt es hierbei darauf an, ob das vorgestellte und das tatsächlich getroffene Objekt gleichwertig sind und ob der Beschuldigte die gleichwertigkeitsbegründenden Umstände kennt. Wann aber Objekte gleichwertig sind, ist weitgehend ungeklärt. Ich halte es für sinnvoll, insofern keine anderen Grundsätze an142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153

Kircher, S.21 u.S.39. Kircher, S. 93 ff. Kircher, S.68 u. S.88 u. S.259. Vgl.: BGH GRUR 1961, 635 („Stahlrohrstuhl"); Kircher, S.67 ff. u. S.78 u. S.88. Kircher, S.69. Kircher, S.69. Dazu: RGZ 172, 29; Kircher, S.78. Kircher, S.88. Anders: Fischer, S. 145; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.288. Dazu: Kap.6 D.II.2.a. Anders: Kircher, S.60ff. u. S.66 u. S.86ff. Warda, FS-Blau, S. 162 u. S. 165; ebenso: Roxin, Strafrecht, § 12 Rn. 181, Fn. 333.

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

zuwenden als bei der Frage, ob im Einzelfall die Wahlfeststellung 154 zulässig ist. Im Ergebnis wird man deswegen die Gleichwertigkeit von § 106 und § 108 UrhG verneinen müssen. Da also eine Bestrafung nach § 106 UrhG ausgeschlossen ist, bleibt im Beispielsfall allenfalls der Versuch des § 108 Abs. 1 Nr. 3 UrhG. Becker/Horn 155 nehmen an, dass derjenige, der nicht wisse, dass beim Laden von Software in den Arbeitsspeicher eines Computers eine Kopie erstellt wird, ohne Schuld handele. Abgesehen davon, dass meines Erachtens das Laden eines Programms in den Arbeitsspeicher ohnehin straflos ist 156 , wird man dem nicht folgen können. Denn zunächst kommt es darauf an, ob der Beschuldigte den Ladevorgang in tatsächlicher Hinsicht zutreffend beurteilt. Ist das nicht der Fall, fehlt es nach § 16 StGB ohnehin am Vorsatz. Wenn aber der Beschuldigte lediglich bei der rechtlichen Bewertung zu dem Ergebnis kam, das Laden unterfalle nicht dem Vervielfältigungsbegriff, kommt es wieder darauf an, ob dieser Irrtum als Irrtum über ein normatives Tatbestandsmerkmal eingeordnet 157 werden kann. Sofern der Beschuldigte im Hinblick auf den Erschöpfungsgrundsatz 158 fälschlicherweise davon ausgeht, ein Werkexemplar sei nicht nur mietweise überlassen, sondern übereignet, irrt er über für § 17 Abs. 2 UrhG relevante Umstände.159 § 16 Abs. 1 StGB greift ein. Hinsichtlich der Schrankenbestimmungen nennt Weber 160 zutreffend zwei Beispiele von Irrtümern über Tatsachen: So liegt dann ein Tatbestandsirrtum vor, wenn der Beschuldigte annimmt, eine Anthologie diene ausschließlich dem Schulgebrauch i. S. v. § 46 UrhG, und er dabei über die Qualität der Sammlung und nicht über den Umfang des Gegenrechts irrt. Auch dann, wenn der Beschuldigte annimmt, eine Ausgabe sei bereits i. S. v. § 53 Abs. 2 Nr. 4b, Abs. 4 oder 6 UrhG vergriffen, liegt ein Tatbestandsirrtum vor. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Irrtum nicht lediglich eine Fehlvorstellung der Bedeutung des Begriffs „vergriffen" zu Grunde liegt. Kircher 161 weist mit Recht daraufhin, dass hinsichtlich des Merkmals der „durch den Zweck gebotenen" Werk Verwertung i. S. der §§ 50,51,53 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UrhG und des Merkmals der „Notwendigkeit" in § 56 UrhG ein Tatbestandsirrtum jedenfalls dann vorliegt, wenn der Beschuldigte in der irrigen Annahme handelt, den privilegierten Verwertungszweck nur durch die zu intensive Verwertung erreichen zu können.

|S4 155 156 157 158 159 160 161

Vgl. zur Zulässigkeit der Wahlfeststellung: Kap. 6 J. Becker/Horn, S. 1278. Zum Problem des Ladens in den Arbeitsspeicher: Kap.2 D.II.5.b. Dazu: Kap.6 D.II.2.a. Vgl. zum Erschöpfungsgrundsatz: Kap.2 D.III.5. Kircher, S.231. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.291 i. V.m. S.294. Kircher, S.251, mit Beispiel.

D. Irrtümer

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Der Irrtum über den Todestag des Urhebers ist ein Tatbestandsirrtum. 162 So handelt der Beschuldigte ohne Vorsatz, wenn er annimmt, der Urheber sei schon länger als siebzig Jahre tot 163 oder wenn er eine urheberrechtlich geschützte volksliedhafte Nachschöpfung für ein gemeinfreies Volkslied hält. 164 Entsprechendes gilt auch dann, wenn der Beschuldigte annimmt, ein Dritter sei Urheber, und deswegen die Frist falsch berechnet. Kircher 165 nennt insofern als Beispiel den Irrtum dahingehend, dass ein Arbeitgeber den Schaffensprozess bis ins Detail beherrscht hat und somit Urheber ist, obwohl dies in Wirklichkeit nicht der Fall ist. Auch in dem Fall, dass ein Verwertungsrecht von einem Nichtberechtigten erworben wurde und der Beschuldigte dies nicht weiß, greift § 16 Abs. 1 StGB ein. Rochlitz 166 erwähnt diesbezüglich als Beispiel den Fall, dass der Inhaber eines Tonstudios davon ausgeht, dass sein Auftraggeber durch Lizenzvertrag Rechtsinhaber geworden sei. Wenn aber der Beschuldigte später Kenntnis dieser Tatsache erlangt, scheidet ein Irrtum aus und er muss weitere Verwertungshandlungen unterlassen.167 Auch ein Irrtum darüber, dass der noch minderjährige Urheber bereits volljährig gewesen sei und damit ohne Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters ein Nutzungsrecht habe einräumen können, lässt den Vorsatz entfallen; Gleiches gilt für den Irrtum darüber, der gesetzliche Vertreter eines minderjährigen Urhebers habe eingewilligt. 168 Um einen Tatbestandsirrtum handelt es sich auch beim Irrtum darüber, ein Lizenzvertrag sei wirksam, weil der Beschuldigte annimmt, die Vergütung entspreche den - vom Beschuldigten falsch eingeschätzten - üblichen Gepflogenheiten, während tatsächlich die Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB vorliegen. 169

2. Irrtümer bei § 107 UrhG Bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG liegt dann ein Tatbestandsirrtum vor, wenn der Beschuldigte aufgrund eines Irrtums über Tatsachen das Original für ein Vervielfälti162 Kircher, S.268; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 6; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 108. 163 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 11; Fischer, S. 145; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 6; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.740; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 12; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.569; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.289 u. Handwörterbuch, S.9. 164 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 12. 165 Kircher, S. 225. 166 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 157. 167 Rupp, Computersoftware, S. 196 u. S.222. 168 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.292. 169 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.292.

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

gungsstiick hält. 170 Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Beschuldigte bei der Signierung von Abzügen eines Kupferstiches annimmt, der Künstler habe nur den Entwurf eines Kupferstichs erarbeitet, Druckplatte und Abzüge seien jedoch von fremder Hand hergestellt worden. 171 In diesem Fall ist jedoch an einen untauglichen Versuch des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG zu denken.172 Entsprechendes gilt bei Nr. 2, wenn der Beschuldigte dort das Vervielfältigungsstück für ein Original hält. In diesem Fall liegt ein error in objecto vor, der den Vorsatz ausschließt.173 Zugleich kommt auch in diesem Fall ein untauglicher Versuch des § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG in Betracht. 174 Wenn der Beschuldigte glaubt, dass das Vervielfältigungsstück - etwa im Falle der Signierung einer Hochglanzfolie von einem Ölgemälde - auch für den nicht mit Spezialkenntnissen ausgestatteten Durchschnittsbürger ohne weiteres als solches erkennbar ist, ist nach § 16 StGB der Vorsatz zu verneinen. 175 Auch bezüglich der Einwilligung bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG sind eine Reihe von Irrtümern im Tatsachenbereich denkbar. So handelt der Beschuldigte ohne Vorsatz, wenn er glaubt, dass die von ihm beim Künstler Max Maier eingeholte Einwilligung genüge, während das Gemälde in Wirklichkeit von Max Meier stammt.176 Auch wenn der Beschuldigte hinsichtlich des Gemäldes irrt, auf das sich die Einwilligung bezieht und das falsche Gemälde signiert, liegt ein Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen der Einwilligung vor 177 , der nach § 16 StGB zu beurteilen ist. 3. Irrtümer bei § 108 UrhG Bei § 108 UrhG liegt dann ein Irrtum nach § 16 StGB vor, wenn der Beschuldigte tatsächliche Umstände nicht kennt, welche die Voraussetzungen der §§ 70 ff. UrhG erfüllen. 178 Kircher 179 führt eine Reihe von Beispielen an: So liegt bei §§ 108 Abs. 1 Nr. 1, 70 UrhG dann ein Tatbestandsirrtum vor, wenn der Beschuldigte davon ausgeht, das Werk sei ohne textkritische Überprüfung, Text170 Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn.6; Kircher, S. 114ff.; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 107. 171 Kircher, S. 117; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 13. 172 Vgl.: Kircher, S. 115. 173 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 162; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.284 u. S.290; ähnlich: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 13. 174 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 162. 175 Kircher, S. 162; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 13; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 162. 176 Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn. 6; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 118, m.w.N. 177 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 118 f. 178 Kircher, S. 120. 179 Kircher, S. 121 ff. u. S. 135.

D. Irrtümer

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vergleiche und systematische Aufarbeitung herausgegeben worden oder wenn er die Abweichungen zu bisher bekannten Ausgaben nicht bemerkt hat. Wegen der unterschiedlichen Schutzrichtung von § 108 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 UrhG gilt dies auch dann, wenn der Beschuldigte fälschlicherweise die Voraussetzungen der Nr. 2 für gegeben hält oder wenn er davon ausgeht, dass der Verfasser den Text eigenschöpferisch ergänzt hat. In derartigen Fällen ist lediglich ein untauglicher Versuch von § 108 Abs. 1 Nr. 2 bzw. § 106 UrhG zu prüfen. § 16 StGB greift auch dann ein, wenn der Beschuldigte eine Aufnahme i. S. v. § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG ohne Einverständnis des Dirigenten in dem Glauben verwertet, die Aufnahme sei ohne Mitwirkung eines Dirigenten zu Stande gekommen. Dagegen ist die irrige Annahme, ein Tonträger i. S. v. § 108 Abs. 1 Nr. 5 UrhG sei nicht durch erstmalige Aufnahme, sondern durch Mitschnitt einer Schallplattensendung zu Stande gekommen, entgegen der Ansicht Kirchers m regelmäßig ohne Belang. Denn wegen der zugrunde liegenden Schallplattenaufnahme liegt auch in diesem Fall regelmäßig ein Tonträger vor; allenfalls Berechtigter und Schutzfrist können abweichen.

II. Irrtümer bei der Subsumtion unter Rechtsvorschriften Nachdem ich Grundsätzliches zur Abgrenzungsproblematik angemerkt habe ( l ) 1 8 1 , sollen nacheinander bei den §§106 bis 108 UrhG verschiedene Arten von Irrtümern den Rechtsfolgen der §§ 16, 17 StGB zugeordnet werden (2 bis 4) 182 . Im Anschluss möchte ich auf die Problematik der Parallelwertung in der Laiensphäre zu sprechen kommen (5) 183 . Schließlich sollen Besonderheiten des Urheberstrafrechts beim Begriff der Vermeidbarkeit des § 17 StGB untersucht werden (6) 184 . 1. Grundlegendes zur Abgrenzungsproblematik Das Grundproblem der Abgrenzung 185 der verschiedenen Arten von Irrtümern im Bereich des Urheberrechts besteht darin, dass die klassische Irrtumslehre im Ergebnis eine zu weit reichende Strafbarkeit mit sich bringen würde. Denn ein Großteil der Irrtümer müsste konsequenterweise bei § 17 StGB angesiedelt werden. Da andererseits aber die Kenntnis der äußerst komplexen urheberrechtlichen Vorschriften jedenfalls von Laien nicht erwartet werden kann, bedarf es einer Korrektur. Auch kann im Urheberrecht das in anderen Rechtsmaterien üblicherweise vorgetragene 180

Kircher, S. 121. Zu den Grundlagen der Abgrenzungsproblematik: Kap.6 D.II. 1. 182 Zur Einordnung von Irrtümern bei § 106 UrhG: Kap.6 D.II.2; bei § 107 UrhG: Kap.6 D.II.3; bei § 108 UrhG: Kap.6 D.II.4. 183 Zur Problematik der Parallelwertung in der Laiensphäre: Kap. 6 D. II. 5. 184 Zum Begriff der Vermeidbarkeit: Kap. 6 D. II. 6. 185 Hierzu auch: Endrulat, Rn. 15 ff. 181

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Argument, das Nebenstrafrecht richte sich in der Regel an einen beschränkten Personenkreis mit besonderer Fachkenntnis186, nicht überzeugen, weil sich die Vorschriften des Urheberrechts an jede Privatperson richten. 187 Die gewöhnliche Irrtumslehre verlangt dem Normadressaten mithin eine sehr weitgefächerte und praktisch unrealistische Gesetzeskenntnis ab.188 Da folglich die Kriminalisierung weiter Teile der Bevölkerung auf dem Spiel steht, genügt die fakultative Möglichkeit der Strafminderung nach § 17 S. 2 StGB nicht. Theoretisch sind zwei Lösungswege denkbar: Der erste Weg 189 führt über den Begriff des normativen Tatbestandsmerkmals. Normative Tatbestandsmerkmale sind Tatbestandsmerkmale wertender Art im Unterschied zu solchen tatsächlicher oder beschreibender Art (deskriptive Tatbestandsmerkmale). 190 Im Einzelnen ist die Unterscheidung normativer und deskriptiver Tatbestandsmerkmale umstritten. 191 Die Annahme normativer Tatbestandsmerkmale aber bringt für den Beschuldigten den Vorteil mit sich, dass die Grundsätze der unten 192 dargestellten Parallelwertung in der Laiensphäre eingreifen. Im Steuerrecht, in dem die Problematik aufgrund der Komplexität der dortigen Vorschriften ähnlich gelagert ist wie im Urheberstrafrecht, versucht die Rechtsprechung das Problem dadurch in den Griff zu bekommen, dass in großzügiger Weise angenommen wird, dass normative Tatbestandsmerkmale vorliegen würden oder deskriptive Merkmale jedenfalls wie normative Tatbestandsmerkmale zu behandeln seien.193 Dieser Weg des BGH birgt aber den Nachteil, dass im Rahmen des § 16 StGB kaum Möglichkeiten bestehen, hinsichtlich der Informationspflichten verschiedener Täterkreise zu differenzieren. Denn anders als § 17 StGB kennt § 16 StGB kein Tatbestandsmerkmal der Vermeidbarkeit; vielmehr handelt der irrende Beschuldigte stets ohne Vorsatz. Einem Vorschlag von Rochlitz m möchte ich mich nicht anschließen: Rochlitz will den Irrtum eines Laientäters im Gegensatz zu dem eines Branchentäters als Tatbestandsirrtum qualifizieren, wenn er die Auskunft eines nicht mit dem Urheberrecht befassten Anwalts eingeholt hat. 195 Denn die Grenzen zwischen Tatbestandsirrtum und Verbotsirrtum seien ohnehin verwischt. 196 Mir erscheint die zugrunde liegende Dogmatik willkürlich und mit dem klaren Wortlaut der §§ 16,17 StGB nicht vereinbar. 186 So: Bachmann, S.71; Endrulat, Rn. 120; Jescheck/Weigend, §41 II2c; LK-Schweder, § 16 StGB, Rn. 38; Puppe, GA 1990, S. 167f. 187 Lauer, S.73. 188 Burger, S. 800; Lauer, S. 70. 189 Ähnlich schon die bei Hesse, S. 229 f. dargestellten Ansichten. 190 BGHSt 3, 248, 255; 7, 261, 263; Kircher, S. 22; Wessels/Beulke, Rn. 242f., m. w. N. 191 Kircher, S.25; Lackner/Kühl, § 15 Rn.5, m. w.N.; Tröndle/Fischer, § 16 StGB Rn. 11. 192 Vgl. zur Parai lei wertung in der Laiensphäre: Kap. 6 D.II. 5. 193 Vgl. dazu: Lauer, S. 85; auch: Roxin, Strafrecht, § 12Rn.97; BGH NStZ 2000, 320, 321. 194 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 154ff., insbesondere S. 155 f. 195 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 156, m.Fn. 193. 196 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 156, Fn. 195, unter Berufung auf: Schönke/Schröder-Cramer, § 15 StGB Rn.46.

D. Irrtümer

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Den zweiten Lösungsweg sehe ich in der Aufgabe der strengen Rechtsprechung zum Begriff der „Unvermeidbarkeit" im Rahmen von § 17 StGB. 197 Denn jedenfalls bei der Auslegung des Begriffs der „Unvermeidbarkeit" könnte Rücksicht auf die Komplexität der urheberrechtlichen Regelung genommen werden. Zugleich wäre es möglich, hinsichtlich der Pflichten unterschiedlicher Täterkreise zu differenzieren; an Branchentäter könnten strengere Anforderungen gestellt werden als an Laien. Obwohl dieser Lösungsweg meines Erachtens ausschließlich Vorteile mit sich bringt, ist nicht zu erwarten, dass die Rechtsprechung bereit sein wird, ihre gefestigte Praxis aufzugeben. Da der vorgeschlagene Lösungsweg mithin wenig Aussicht auf Erfolg hat, lehne ich mich bei der Unterscheidung der verschiedenen Irrtümer an die Rechtsprechung zum Steuerrecht an. Abgesehen von den dargestellten Unterschieden weichen beide Lösungen nur in äußerst wenigen Fällen voneinander ab. Denn im Urheberstrafrecht erzielen § 16 und § 17 S. 1 StGB hinsichtlich der Rechtsfolge keine unterschiedlich Ergebnisse, sondern führen mangels Strafbarkeit fahrlässiger Tatbegehung beide zur Straflosigkeit. Lediglich in praktisch sehr seltenen Teilnahmefällen, bei denen sowohl der Täter als auch der Teilnehmer irren, sind Abweichungen denkbar.

2. Irrtümer bei § 106 UrhG Die Gliederung orientiert sich am Tatbestandsaufbau der Vorschrift. Nach der Behandlung von Irrtümern hinsichtlich Tatobjekt (a)) 198 , Tathandlung (b)) 199 , Schrankenbestimmungen (c)) 200 , Schutzfrist (d)) 201 , und des Merkmals „ohne Einwilligung des Berechtigten" (e)) 202 wird noch kurz auf Irrtümer auf der Rechtswidrigkeitsebene (f)) 203 eingegangen.

a) Einordnung von Irrtümern

im Hinblick auf das Tatobjekt

Es ist umstritten, ob Irrtümer hinsichtlich des Werkbegriffs als Irrtum über ein normatives Tatbestandsmerkmal bei § 16 StGB oder als Verbotsirrtum bei § 17 StGB einzuordnen ist. Entscheidend ist insofern die Frage, ob der Werkbegriff als normatives Tatbestandsmerkmal zu qualifizieren ist. 197

Entsprechend auch: Hesse, S.230. Zur Einordnung von Irrtümern im Hinblick auf das Tatobjekt: Kap. 6 D. II. 2. a. 199 Zur Einordnung von Irrtümern im Hinblick auf die Tathandlung: Kap. 6 D. II. 2. b. 200 Zur Einordnung von Irrtümern im Hinblick auf die Schrankenbestimmungen: Kap. 6 D.II. 2. c. 201 Zur Einordnung von Irrtümern im Hinblick auf die Schutzfrist: Kap. 6 D. II. 2. d. 202 Zur Einordnung von Irrtümern im Hinblick auf das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten": Kap. 6 D. II. 2. e. 203 Zur Einordnung von Irrtümern in der Rechts widrigkeitsebene: Kap. 6 D.II. 2. f. 198

256

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Nach Ansicht der meisten Autoren 204 soll es sich beim Werkbegriff um ein normatives Tatbestandsmerkmal handeln. In Konsequenz dieser Ansicht führten auch Fehlvorstellungen über die Reichweite des urheberrechtlichen Schutzes dazu, dass der Beschuldigte über das Tatbestandsmerkmal „Werk" in § 106 UrhG irrt und somit einem Irrtum nach § 16 Abs. 1 StGB erliegt. 205 Ob der Irrtum des Handelnden auf einer Sinnestäuschung oder einem Gedankenfehler beruhe, sei gleichgültig.206 Weber- 07 führt zur Begründung aus, die Sachlage sei dieselbe wie bei einem Irrtum über die Fremdheit der Sache im Rahmen der §§ 242, 246 StGB, der aus einer Verkennung sachenrechtlicher Vorschriften - etwa der Unkenntnis des Abstraktionsprinzips - resultiert. Auch hier genüge es nicht, dass der Beschuldigte die Tatsachen kennt, aus denen sich nach dem Gesetz das fremde Eigentum ergibt. 208 So liege ein Irrtum nach § 16 StGB vor, wenn der Beschuldigte davon ausgeht, dass an eine persönliche geistige Schöpfung strengere Anforderungen gestellt würden als dies in Wirklichkeit geschieht oder dass nur umfangreichere literarische Werke die Anforderungen einer persönlichen geistigen Schöpfung erfüllten. 209 Dagegen wollen andere den Irrtum über den Werkbegriff als Verbotsirrtum einordnen: So liege ein Verbotsirrtum vor, wenn der Beschuldigte über die Werkqualität eines Computerprogramms irrt. 210 Auch soweit der Beschuldigte glaube, dass vertrauliche, nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Schöpfungen keine Werke darstellten, liege ein Verbotsirrtum vor. 211 Eine Begründung dieser Auffassung findet sich nicht. Nach Ansicht v. Gravenreuths 212 soll die Einordnung eines Irrtums über die Klassifizierung als urheberrechtlich geschütztes Werk vom Einzelfall abhängen. Zumeist handele es sich dabei um einen vermeidbaren Verbotsirrtum i. S. v. § 17 StGB, da es für den Beschuldigten aus seiner Parallelwertung in der Laiensphäre erkennbar sein müsste, dass eine Unrechtshandlung vorliegt. Nach Ansicht Kirchers 213 schließlich soll es darauf ankommen, ob der Beschuldigte auf der Grundlage der Grundsätze der Parallelwertung in der Laiensphäre er204

Fischer, S. 145; Haß, Rechtsschutz, Rn.73; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.261 f.; Kircher, S.25 f.; Lauer, S.59 u. S. 137; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 147. 205 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.263 u. S.289; Katzenberger, GRU1 Int. 1992, S.514, mit Fn.9; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.288; ähnlich: Müller-Gugenberger, §45 Rn. 110. 206 BT-Drucks. IV/650, S. 133; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 263 u. S. 289; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.288. 207

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.288. BGHSt 3, 248, 255; Baumann/Weber/Mitsch, §21 Rn.4 ff.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.288. 209 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.288. 210 Gerichte im Bereich der StA Frankfurt, zitiert nach v. Gravenreuth, ZUM 1985, S.541. 211 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 12; auch: Kircher, S.70ff. 212 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.73. 213 Kircher, S.Iii, u. S.36f. u. S.258f.; ähnlich: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 12. 208

D. Irrtümer

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kannt hat, dass der Urheber in dem betreffenden Gebilde seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft offenbart und sich dabei über das Maß des Alltäglichen, rein Handwerksmäßigen oder Fachlichen erhebt. Obwohl aufgrund dessen angenommen werden könnte, dass Kircher den Irrtum hinsichtlich des Werkbegriffs als Irrtum über ein normatives Tatbestandsmerkmal qualifiziert, nennt Kircher 214 zahlreiche Beispiele für die Einordnung als Verbotsirrtum: So handele es sich beim Irrtum dahingehend, dass mit Hilfe von Maschinen hergestellte Erzeugnisse keine Werke seien, um einen Verbotsirrtum, soweit der Beschuldigte wisse, dass der Mensch die Steuerung der Maschine entscheidend beeinflusst. 215 Gleiches gelte, wenn der Beschuldigte davon ausgeht, es liege kein Werk vor, weil sich der Urheber beim Schaffensvorgang in einem Trancezustand befand oder minderjährig war. 216 Ebenso sei der Fall zu behandeln, dass der Beschuldigte der Ansicht ist, nur körperlich fixierte oder nur dauerhaft fixierte Schöpfungen seien Werke 217, oder dass er die urheberrechtliche Schutzfähigkeit sittenwidriger Werke 218 verneint 219. Schließlich liege ein Verbotsirrtum vor, soweit der Beschuldigte Werke der sogenannten „kleinen Münze" nicht für Werke hält, weil er die Schutzanforderungen überspannt oder weil er sie nicht unter die Begriffe „Literatur, Wissenschaft und Kunst" i. S. v. § 1 UrhG einordnen kann. 220 Ich bin der Auffassung, dass der Werkbegriff als normatives Tatbestandsmerkmal zu qualifizieren ist. Denn der Begriff des „Werks" hat nur wenig beschreibende Kraft. Selbst bei Berücksichtigung der Definition des § 2 Abs. 2 UrhG werden sich zahllose Streitfragen hinsichtlich des Werkbegriffs nur aufgrund wertender Betrachtung lösen lassen. Auch bei den von § 2 Abs. 2 UrhG verwendeten Begriffen handelt es sich um normative Tatbestandsmerkmale. Vom Anwender des UrhG kann nicht erwartet werden, die Einzelheiten dieser Wertungen zu kennen und sich danach zu richten. Selbst fachkundige Zivilgerichte haben in bestimmten Fällen Schwierigkeiten, den Werkbegriff zutreffend zu beurteilen. 221 Ich möchte Weber 222 darin zustimmen, dass die Sachlage keine andere ist als beim Begriff der Fremdheit in §§ 242, 246 StGB. Entgegen der Ansicht v. Gravenreuths 223 kommt es dabei nicht darauf an, ob der Beschuldigte seinen Irrtum hätte erkennen müssen, sondern allein darauf, ob er die dem Werkbegriff zugrunde liegende Wertung tatsächlich erkannt hat. Für eine Differenzierung lassen § 16 StGB und die Lehre normativer Tatbestandsmerkmale 2,4

Kircher, S.39f. u. S.46f. u. S.62 ff. u. S.73 f. u. S.79 u. S.85 u. S.89ff. u. S. 102 ff. u. S. 118f. u. S.211 f. 215 Kircher, S. 39f. 2,6 Kircher, S.85. 217 Kircher, S.46f. 218 Vgl. zum Schutz sittenwidriger Werke: Kap. 2 C. 1.3. 2,9 Kircher, S. 85. 220 Ausführlicher: Kircher, S.95 ff. 221 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 159f. 222 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.288. 223 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.73. 17 Hildebrandt

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

keinen Raum. Aus diesem Grund kann ich auch die Ansicht Kirchers 224 nicht nachvollziehen: Für die Zuordnung von Irrtümern hinsichtlich des Begriffs „Werk" zu §17 StGB bleibt kein Raum, wenn der Werkbegriff als normatives Tatbestandsmerkmal qualifiziert wird. Kurz sei die Frage angesprochen, ob der Werkbegriff in § 106 UrhG als Blankettmerkmal einzuordnen ist. Lauer 225 lehnt die Einordnung als Blankettmerkmal mit der Begründung ab, bei § 2 Abs. 2 UrhG handele es sich um eine Legaldefinition, so dass der Ausdruck „Werk" selbst dann nicht als Blankettmerkmal zu verstehen wäre, wenn die Definitions Vorschrift in § 106 Abs. 1 UrhG ausdrückliche Erwähnung fände. Dagegen bejaht Kircher 226 ohne weitere Begründung die Blanketteigenschaft, und Plassmann meint, der Werkbegriff ähnele zumindest einem Blankettmerkmal. 227 Ich bin der Auffassung, dass jedenfalls seit der Erweiterung des Werkbegriffs durch § 69 a UrhG einiges für die Einordnung des Merkmals als Blankett spricht. Letztlich kommt es aber im Hinblick auf irrtumsrechtliche Fragen auf die Unterscheidung nicht an. Denn die Eigenschaft als Blankett und normatives Tatbestandsmerkmal kann zugleich gegeben sein, wenn die Blankettbestimmung auf ein normatives Tatbestandsmerkmal verweist. Jedenfalls dies aber ist bei §§ 106,2 Abs. 2 UrhG der Fall. Denn auch die Merkmale der Definition des § 2 Abs. 2 UrhG sind wertender Art. Sofern man in § 106 Abs. 1 UrhG eine Blankettverweisung auf § 2 Abs. 2 UrhG sehen will, muss deswegen der Irrtum über den Begriff der „persönlichen geistigen Schöpfung" als Irrtum über ein normatives Tatbestandsmerkmal qualifiziert werden. Im Ergebnis sind mithin auch nach dieser Ansicht die Grundsätze der Parallelwertung in der Laiensphäre 228 anwendbar, so dass kein Unterschied besteht. Kein Irrtum über die Werkeigenschaft liegt hingegen vor, wenn der Beschuldigte überhaupt nicht weiß, dass das geistige Eigentum gegen die Verwertung durch Dritte geschützt ist. 229 Hierbei handelt es sich um einen Verbotsirrtum, der nach § 17 StGB zu behandeln ist. Hinsichtlich der Tatobjekte „Bearbeitung oder Umgestaltung" ergeben sich gegenüber dem Werkbegriff keine wesentlichen Unterschiede. Denn da eine „Bearbeitung oder Umgestaltung" nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 UrhG strafrechtlichen Schutz genießt, handelt es sich auch bei diesen Begriffen um normative Tatbestandsmerkmale. Ein Irrtum hinsichtlich der Begriffe ist deswegen nach § 16 StGB und den Grundsätzen der Parallelwertung in der Laiensphäre 230 zu behandeln. 224 Kircher, S.27 f. u. S.36f. u. S.258f.; ähnlich: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 12. 225 Lauer, S. 53 f. 226 Kircher, S. 16. 227 Plassmann, S.205. 228 Zur Parallelwertung in der Laiensphäre: Kap. 6 D. II. 5. 229 Fischer, S. 147 f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.293f. 230 Zur Parallelwertung in der Laiensphäre: Kap. 6 D. II. 5.

D. Irrtümer

b) Einordnung von Irrtümern

259

im Hinblick auf die Tathandlung

Nach einer dogmatischen Einordnung der Umschreibung der Tathandlung ((l)) 2 3 1 möchte ich den Grundsatz aufstellen und begründen, dass Irrtümer im Hinblick auf die Tathandlung als Verbotsirrtümer nach § 17 StGB zu behandeln sind ((2)) 232 . Schließlich weise ich auf Ausnahmefälle hin, in denen dieser Grundsatz nicht greift ((3)) 233 .

(1) Dogmatische Einordnung der Umschreibung der Tathandlung Ob es sich bei der Umschreibung der Tathandlung in § 106 Abs. 1 UrhG um ein Blankettmerkmal handelt, ist umstritten. Auf der einen Seiten steht Lauer 234, die der Ansicht ist, es liege kein Blankettmerkmal vor. Denn die §§ 15 Abs. 2 u. 3, 16, 17 UrhG dienten zur Definition von Tatbestandsmerkmalen, nicht aber zu deren Modifizierung und damit zur inhaltlichen Reduzierung oder Erweiterung des Straftatbestands des § 106 UrhG, so dass die Handlungsvarianten keine Blankettmerkmale darstellten.235 Auf der anderen Seite steht vor allem Weber 236, der der Auffassung ist, § 106 UrhG könne insofern als Blankettgesetz bezeichnet werden, als die Begehungsmodalitäten nicht unbedingt aus sich heraus verständlich seien, sondern erst durch die Umschreibung der den Verletzungshandlungen entsprechenden Befugnisse des Urhebers in §§ 16 bis 22 UrhG näher konkretisiert würden. Schließlich gibt es eine Reihe von Autoren 237 , die § 106 UrhG in seiner Gänze als Blankettnorm bezeichnen. Die Ansicht Lauers überzeugt mich nicht. Denn jedenfalls in dreierlei Hinsicht weist die Umschreibung der Tathandlung in § 106 Abs. 1 UrhG Blankettcharakter auf: So hält der überwiegende Teil von Rechtsprechung und Literatur wegen der Umschreibung in § 17 Abs. 1 UrhG auch das „Anbieten an die Öffentlichkeit" für strafbar 238, obwohl § 106 Abs. 1 UrhG insofern keinerlei Hinweis enthält. § 106 Abs. 1 UrhG soll nach dieser Ansicht also entgegen der Ansicht Lauers sehr wohl modifiziert und inhaltlich erweitert werden. Erst recht aber handelt es sich beim Merkmal des Verbreitens im Hinblick auf den Erschöpfungsgrundsatz 239 um ein Blankettmerkmal. Denn die Zulässigkeit der Weiterverbreitung und damit die Erschöpfung hängt von der Gestaltung des Lizenzvertrags ab. Drittens schließlich hat 231

Zur dogmatischen Einordnung der Umschreibung der Tathandlung: Kap. 6 D. II. 2. b ( 1 ). Zum Grundsatz der Behandlung von Irrtümern nach § 17 StGB: Kap. 6 D. II. 2. b(2). 233 Zu den Ausnahmefällen: Kap. 6 D. II. 2. b (3). 234 Lauer, S. 59 u. S.137. 235 Lauer, S.54. 236 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.229. 237 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 160; Lampe, UFITA 83 (1978), S. 16; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 151. 238 Zur Straflosigkeit des „Anbietens an die Öffentlichkeit": Kap. 2 D. III. 4. a. 239 Vgl. zum Erschöpfungsgrundsatz: Kap.2 D.III.5. 232

1*

260

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

auch der Vervielfältigungsbegriff hinsichtlich der Beschränkung durch §§ 23, 24 UrhG 240 Blankettcharakter, da sich diese Beschränkungen nicht aus dem Begriff der Vervielfältigung oder der Definition des § 16 UrhG ergeben. Für Lauer ist die Unterscheidung deswegen bedeutsam, weil sie den Irrtum über Blankettmerkmale ebenso behandeln will, wie den Irrtum über normative Tatbestandsmerkmale.241 Während nämlich die These Lauers, die Anwendung des § 17 StGB führe zu einer zu weiten Strafbarkeit, im Hinblick auf Irrtümer über die Schrankenbestimmungen242 bestens greift, ist dies im Hinblick auf Irrtümer hinsichtlich der Tathandlung weniger der Fall. So findet sich kein Autor, der diese Irrtümer regelmäßig nach § 17 StGB behandeln will. Denn die Umschreibung der Tathandlung in den §§ 106, 16 ff. UrhG ist weit weniger komplex als diejenige der Schrankenbestimmungen. Ferner haben die in § 106 Abs. 1 verwendeten Begriffe durchaus umschreibende Kraft, so dass der Rechtsanwender in den meisten Fällen allein durch die tatbestandsmäßige Umschreibung in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, welche Handlungen unter Strafe gestellt sind und welche nicht. Ich möchte auf die Problematik nicht weiter eingehen. Denn im Ergebnis bestehen zwischen den vertretenen Ansichten bei Berücksichtigung folgender Überlegungen keine Unterschiede: Das „Anbieten an die Öffentlichkeit" ist wegen des Verstoßes gegen § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG ohnehin nicht strafbar. 243 Aus diesem Grund scheue ich mich, zur Begründung des Blankettcharakters des Verbreitungsbegriffs entscheidend auf dieses Merkmal abzustellen. Aber auch soweit man die Blanketteigenschaft mit dem Erschöpfungsgrundsatz begründen will, ergeben sich keine Unterschiede. Denn bei den im Zusammenhang mit dem Erschöpfungsgrundsatz in § 17 Abs. 2 UrhG verwendeten Begriffen „in Verkehr gebracht", „im Wege der Veräußerung" und „zur Verbreitung im Geltungsbereich dieses Gesetzes Berechtigter" handelt es sich ohnehin um normative Tatbestandsmerkmale.244 Diese müssten bei der Ausfüllung des Blanketts mit dem Tatbestand des § 106 Abs. 1 UrhG zusammengelesen werden. 245 Im Ergebnis führt dies dazu, dass ein Irrtum hinsichtlich des Erschöpfungsgrundsatzes - ähnlich wie ein Irrtum hinsichtlich des Werkbegriffs - ohnehin als Irrtum über normative Tatbestandsmerkmale nach § 16 StGB zu behandeln ist. In entsprechender Weise greifen diese Überlegungen auch hinsichtlich der Beschränkungen des Vervielfältigungsbegriffs durch die §§23, 24 240

Vgl. dazu: Kap.2 D.II.4. Vgl.: Lauer, S. 86 u. S. 125 u. S. 139. 242 Zur Einordnung von Irrtümern hinsichtlich der Schrankenbestimmungen: Kap. 6 D.II. 2. c. 243 Zur Straflosigkeit des „Anbietens an die Öffentlichkeit": Kap.2 D.III.4.a. 244 Kircher, S. 230. 245 Vgl.: Bachmann, S.25; Fissenewert, S. 148ff.; Jescheck/Weigend, §29 V3 u. §41 II2c; Kircher, S. 16; Maurach/Zipf, § 8 Rn. 30 u. § 23 Rn. 9; SK-Rudolphi, § 16 StGB, Rn. 18f.; Schönke/Schröder-Cramer, §§ 15 StGB Rn. 100; Tröndle/Fischer, § 1 StGB Rn.5; Warda, Die Abgrenzung, S.36ff.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.291 u. S.294; Welzel, MDR 1952, S. 586 u. Das deutsche Strafrecht, S. 168. 241

D. Irrtümer

261

UrhG ein. Denn letztlich kommt es bei diesen Vorschriften darauf an, ob und inwieweit die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 UrhG erfüllt sind. Bei den Merkmalen des § 2 Abs. 2 UrhG aber handelt es sich um normative Tatbestandsmerkmale. (2) Grundsatz der Behandlung von Irrtümern als Verbotsirrtum Grundsätzlich wollen alle Autoren 246 Irrtümer hinsichtlich der Umschreibung der Tathandlung als Verbotsirrtum nach § 17 StGB behandeln. Zu den einzelnen Verwertungsformen wird in der Literatur jeweils eine Vielzahl von Beispielen aufgeführt. So wollen einige der Autoren 247 , die im Laden in den Arbeitsspeicher eines Computers eine Vervielfältigung sehen, einen Verbotsirrtum bejahen, wenn der Beschuldigte vom Gegenteil ausgeht; nach zutreffender Ansicht wird man in diesem Fall ohnehin zur Straflosigkeit der Handlung kommen müssen248. Kircher 249 nimmt zu Recht einen Verbotsirrtum an, wenn der Beschuldigte glaubt, das Herstellen von Vervielfältigungsvorprodukten oder die Herstellung nur eines Exemplars sei zulässig oder die Vervielfältigung sei nicht verboten, wenn sie nicht zur Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe vorgenommen werde. Hinsichtlich des Merkmals der Verbreitung liegt beim Irrtum darüber, dass die Weitergabe von Raubkopien durch den Hersteller an den Händler kein Inverkehrbringen sei, ein Subsumtionsirrtum vor. 250 Kircher 251 nennt weitere Beispiele: Soweit der Beschuldigte eine Verkaufsveranstaltung nicht als „Verbreiten", sondern als „Ausstellen" i. S. v. § 18 UrhG ansieht, liegt ein Verbotsirrtum vor. Gleiches gilt, wenn der Beschuldigte das Werk an einen Kunsthändler zum Verkauf gibt und gleichwohl ein Inverkehrbringen verneint oder wenn der Beschuldigte davon ausgeht, dass - wie nach altem Recht - nur gewerbsmäßiges Inverkehrbringen strafbar sei. Auch der Irrtum über die Zulässigkeit der öffentlichen Wiedergabe eines urheberrechtlich geschützten Werks ist im Regelfall ein Verbotsirrtum. 252 So liegt es in dem Fall, dass der Beschuldigte annimmt, dass er die Musik einer Kassette öffentlich vorspielen dürfe, weil er die Kassette gekauft hat, oder dass er ohne weiteres die Aufführung eines Musikwerks aus dem Konzertsaal mittels eines Lautsprechers in einen anderen Raum übertragen dürfe. 253 Ebenso sei es ein Verbotsirrtum, wenn der 246 Ausdrücklich: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.264; Schricker- Η aß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 12; auch: LG Wuppertal CR 1987, 599, 600; Fischer, S. 147f.; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.75; Haß, Rechtsschutz, Rn.73; Kircher, S. 138f. u. S. 141 ff. u. S. 150f. u. S. 156 u. S.231 f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.293f. 247 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.75; Haß, Rechtsschutz, Rn.73. 248 Vgl. zum Problem des Ladens in den Arbeitsspeicher: Kap. 2 D.II.5.b. 249 Kircher., S. 138f. 250 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 180. 251 Ausführlich: Kircher, S. 142f. u. S. 145. 252 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.76. 253 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.294.

262

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Beschuldigte eine geschlossene Veranstaltung als nicht öffentlich ansieht und das Erfordernis der Verbundenheit i. S. v. § 15 Abs. 3 UrhG missachtet254 oder wenn er nicht wisse, dass auch die öffentliche Wiedergabe von Funksendungen (§ 22 UrhG) oder die öffentliche Wiedergabe von Bild- oder Tonträgern (§ 21 UrhG) unzulässig ist 255 . Dagegen liegt im Falle der irrtümlichen Subsumtion unter eine falsche Vorschrift der §§ 19 ff. UrhG überhaupt kein rechtlich relevanter Irrtum vor; 256 denn auf korrekte Subsumtion kommt es bei den §§ 16,17 StGB nicht an.

(3) Ausnahmefälle einer Behandlung nach § 16 StGB Meiner Ansicht nach muss von dem oben erarbeiteten Grundsatz, dass Irrtümer über die Tathandlung des § 106 Abs. 1 UrhG nach § 17 StGB zu behandeln sind, in drei Fällen eine Ausnahme gemacht werden: Der erste Fall betrifft das „Anbieten an die Öffentlichkeit" im Rahmen des Verbreitungsbegriffs 257. Hier kann ich nicht der verbreiteten Ansicht folgen, der Irrtum dahingehend, dass das Anbieten zulässig sei, sei Verbotsirrtum. 258 Abgesehen davon, dass ich das „Anbieten an die Öffentlichkeit" derzeit ohnehin für straflos halte, müssten Irrtümer hinsichtlich des Anbietens selbst dann § 16 StGB zugeordnet werden, wenn der Gesetzgeber durch einen Klammerzusatz die Bedenken im Hinblick auf § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG beseitigen würde. Denn das „Anbieten an die Öffentlichkeit" wird vom Wortlaut des Verbreitungsbegriffs nicht erfasst. Sollte das Anbieten gleichwohl unter Strafe stehen, wäre dies nicht die Folge einer Beschreibung in § 106 Abs. 1 UrhG, sondern die Folge rechtlicher Wertung. Das Merkmal müsste folglich in dem Fall, dass ein Klammerzusatz auf die Strafbarkeit hindeutete, als normatives Tatbestandsmerkmal eingestuft werden. Im Falle eines Irrtums über das Merkmal kämen § 16 StGB und die Grundsätze der Parallelwertung in der Laiensphäre259 zur Anwendung. Der zweite Ausnahmefall betrifft den Erschöpfungsgrundsatz 260. Denn bei den im Zusammenhang mit dem Erschöpfungsgrundsatz in § 17 Abs. 2 UrhG verwendeten Begriffen „in Verkehr gebracht", „im Wege der Veräußerung" und „zur Verbreitung im Geltungsbereich dieses Gesetzes Berechtigter" handelt es sich um normative Tatbestandsmerkmale.261 Obwohl Kircher diese Einsicht teilt, will er 262 trotzdem bei 254

Kircher, S. 156. Kircher, S. 150f. 256 Kircher, S. 148, mit Beispielen. 257 Zur Straflosigkeit des „Anbietens an die Öffentlichkeit": Kap. 2 D. III. 4. a. 258 LG Wuppertal CR 1987, 599, 600; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 265; Kircher, S. 141 f.; vgl. auch: AG Stuttgart, Schulze, AGSt 3, 3 („Programmmitschnitt"). 259 Zur Problematik der Parallelwertung in der Laiensphäre: Kap. 6 D. II. 5. 260 Vgl. zum Erschöpfungsgrundsatz: Kap.2 D.III.5. 261 Kircher, S.230. 255

D. Irrtümer

263

Irrtümern hinsichtlich des Erschöpfungsgrundsatzes einen Verbotsirrtum annehmen: So sei § 17 StGB einschlägig, wenn der Beschuldigte davon ausgeht, eine leihweise Überlassung oder eine Übereignung der Werkexemplare zum Zwecke der Vernichtung erfülle das Merkmal „im Wege der Veräußerung in den Verkehr gebracht" des § 17 Abs. 2 UrhG. Gleiches gelte im Falle der Annahme, nach der Veräußerung einzelner Werkexemplare sei die Verbreitung der gesamten Auflage zulässig, oder wenn der Beschuldigte glaubt, der Erschöpfungsgrundsatz umfasse auch die Rechte der Vervielfältigung oder der öffentlichen Wiedergabe. Abgesehen davon, dass ich nicht in allen von Kircher genannten Fällen die Tatbestandsmäßigkeit des Handelns bejahen würde 263 , geht die Ansicht Kirchers fehl. Denn die in § 17 Abs. 2 UrhG verwendeten Begriffe sind, wie die rechtlichen Unsicherheiten im Bereich des Erschöpfungsgrundsatzes zeigen, in hohem Maße wertungsbedürftig. Dies aber darf nicht zu Lasten des Beschuldigten gehen. Vielmehr müssen auch hier zu seinen Gunsten die Grundsätze über die Parallelwertung in der Laiensphäre 264 eingreifen. Mithin ist Weber 265 zuzustimmen, wenn er den Beispielsfall, dass der Beschuldigte meint, der Verkauf unter Eigentumsvorbehalt sei kein Inverkehrbringen, nach § 16 StGB behandeln will. Die dritte Fallgruppe ergibt sich beim Vervielfältigungsbegriff hinsichtlich der Beschränkung durch die §§ 23, 24 UrhG 266 . Denn letztlich kommt es bei diesen Vorschriften darauf an, ob und inwieweit die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 UrhG erfüllt sind. Bei den Merkmalen des § 2 Abs. 2 UrhG aber handelt es sich um normative Tatbestandsmerkmale. Wenn v. Gravenreuth 267 also meint, der Irrtum darüber, dass eine Verfremdung eines Comics eine freie Parodie sei, wogegen nach der Rechtsprechung des BGH 2 6 8 die Grenzen der freien Parodie auch in diesem Bereich eng zu ziehen seien, sei Verbotsirrtum, kann ich dem nicht folgen. Vielmehr wird auch in diesem Fall zu prüfen sein, ob zu Gunsten des Beschuldigten die Grundsätze über die Parallelwertung in der Laiensphäre 269 eingreifen. Ich möchte anmerken, dass die Fälle der zweiten und dritten Gruppe in dogmatischer Hinsicht mit einiger Berechtigung bei den Schrankenbestimmungen eingeordnet werden können. Da ein Irrtum über die Schrankenbestimmungen - wie unten270 zu zeigen sein wird - ohnehin nach § 16 StGB zu behandeln ist, wird das soeben gewonnene Ergebnis bestätigt. 262 263 264 265 266 267 268 269 270

Kircher, S. 231 f. Vgl. zum Erschöpfungsgrundsatz: Kap.2 D.III.5. Zur Problematik der Parallelwertung in der Laiensphäre: Kap. 6 D. II. 5. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.290. Vgl. dazu: Kap.2 D.II.4. v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.75; auch: LG München I NJW 1994, 2630, 2631. BGH GRUR 1971, 588 („Disney-Parodie"). Zur Problematik der Parallelwertung in der Laiensphäre: Kap. 6 D. II. 5. Zum Irrtum über eine Schrankenbestimmung: Kap. 6 D. II. 2. c.

264

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Weitere Ausnahmen möchte ich nicht anerkennen: So ist mir hinsichtlich Ergebnis und Begründung unverständlich, wenn Weber 211 meint, der Irrtum darüber, dass das Abschreiben eines Werks keine Vervielfältigung sei, müsse als Tatbestandsirrtum behandelt werden; denn die falsche Vorstellung habe hier die Verkennung eines Tatbestandsmerkmals zur Folge, so dass der Vorsatz nach § 16 StGB ausgeschlossen sei. Meines Erachtens irrt der Beschuldigte in diesem Fall allein über die Ausgestaltung des gesetzlichen Vervielfältigungsbegriffs, also über eine Rechtsnorm. Ich kann auch nicht sehen, dass die Subsumtion des Abschreibens eines Werks unter den Vervielfältigungsbegriff eine rechtliche Wertung erfordert. Entsprechendes gilt, wenn Rochlitz 212 den Irrtum darüber, dass das Herstellen von Vervielfältigungsvorprodukten 273 zulässig sei, bei einem Inhaber eines Tonstudios als Tatbestandsirrtum einstufen will. Denn sofern in diesem Fall nicht letztlich ein Irrtum über den Werkbegriff vorliegt, bedarf es keiner besonderen rechtlichen Wertung, das Herstellen von Vervielfältigungsvorprodukten unter den Vervielfältigungsbegriff zu subsumieren. Vielmehr folgt meines Erachtens das rechtliche Ergebnis bereits unmittelbar aus der tatbestandsmäßigen Beschreibung. Nach Weber 274 soll auch der Irrtum über den urheberrechtlichen Öffentlichkeitsbegriff als Tatbestandsirrtum zu behandeln sein. So soll etwa in dem Fall, dass der Veranstalter einer von 2.000 Personen besuchten Jubiläumsfeier eines Großvereins annimmt, diese Veranstaltung sei als Vereinsveranstaltung nicht öffentlich, § 16 StGB eingreifen. Ich kann auch hier Weber nicht folgen. Denn der Begriff der Öffentlichkeit hat durchaus deskriptive Kraft und erfordert wie die vorstehend genannten Fälle keine besondere rechtliche Wertung. Völlig anders möchte ich hingegen den Fall einordnen, dass der Beschuldigte darüber irrt, dass nur die Vervielfältigung des gesamten Werks eine Vervielfältigung sei. Hier soll nach Ansicht einiger Autoren 275 ein Tatbestandsirrtum vorliegen. Zwar teile ich dieses Ergebnis; doch möchte ich den genannten Irrtum nicht als Irrtum über den Vervielfältigungsbegriff einordnen. Vielmehr liegt hier eigentlich ein Irrtum über den Werkbegriff vor, weil der Beschuldigte annimmt, „Werk" i. S. v. § 106 Abs. 1 UrhG sei nur das gesamte Werk. Ein derartiger Irrtum über den Werkbegriff aber ist - wie oben276 ausgeführt - stets nach § 16 StGB zu behandeln.

271

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.290; im Ergebnis auch: v. Gravenreuth, Das Plagiat,

S.75. 272 273 274 275 276

Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 156f. Vgl. zur Herstellung von Vervielfältigungsvorprodukten: Kap.2 D.II. 3. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.290. v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.75; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.290. Vgl. zur Einordnung von Irrtümern hinsichtlich des Tatobjekts: Kap. 6 D. II. 2. a.

D. Irrtümer

c) Einordnung von Irrtümern

265

im Hinblick auf die Schrankenbestimmungen

Nach der dogmatischen Einordnung des Merkmals „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen" als Blankettmerkmal ((l)) 2 7 7 wird die Frage geklärt, wie Irrtümer hinsichtlich dieses Blankettmerkmals einzuordnen sind ((2)) 278 . (1) Dogmatische Einordnung des Merkmals „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen" als Blankettmerkmal Lauer 279 hat sich ausführlich damit befasst, ob das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen" als Blankettbestimmung oder als normatives Tatbestandsmerkmal280 einzuordnen ist. Sie gelangt zu dem Ergebnis, dass es sich beim Merkmal um eine Blankettbestimmung handelt.281 Denn das Merkmal nehme Bezug auf anderweitige Vorschriften. 282 Es beschreibe normwidriges Verhalten nur unvollständig und sei somit ausfüllungsbedürftig. 283 Die vereinzelt geforderte Voraussetzung einer formalen Begrenzung dieser Bezugnahme dadurch, dass es sich bei der in Bezug genommenen Vorschrift um eine Rechtsquelle einer anderen Instanz handeln müsse284 oder dass nicht auf zu spezielle Vorschriften verwiesen werden dürfe 285, sei zu eng und führe zu willkürlichen Ergebnissen.286 Zudem könne auch bei Vorschriften ein Blankettmerkmal vorliegen, die keine Vollblankette darstellten, bei denen also nur ein einzelnes Merkmal von der Ausfüllungsnorm bestimmt werden muss.287 Auch sei die Auffassung 288 zu eng und auf Vollblankette zugeschnitten, dass die Ausfüllungsnorm Pflichtcharakter und nicht nur beschreibenden Charakter haben müsse.289 Insofern sei die Ausfüllungsnorm eines Blankettmerkmals lediglich von der Legaldefinition abzugrenzen; da das Merkmal „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen" ohne die Ausfüllungsnorm aber 277 Zur dogmatischen Einordnung des Merkmals „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen" als Blankettmerkmal: Kap.6 D.II.2.c(l). 278 Zur Einordnung von Irrtümern hinsichtlich dieses Blankettmerkmals: Kap. 6 D.II.2.c(2). 279 Ausführlich: Lauer, S.46ff. 280 Zur Gebotenheit und den Kriterien der Abgrenzung: Lauer, S.42ff. 281 Lauer, S.59 u. S.61 u. S.137. 282 Lauer, S.46 u. S.137. 283 Lauer, S.49ff. i. V.m. S.59 u. S. 137. 284 So: BGHSt 6, 30, 40f.; Beermann, S.610; Fissenewert, S. 189f.; Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 160; Roxin, Strafrecht, § 12, Rn.99. 285 So: Warda, Die Abgrenzung, S. 12f. 286 Ausführlicher: Lauer, S.47f.; i.E. entsprechend: Tröndle/Fischer, § 1 StGB Rn.5. 287 Ausführlicher: Lauer, S.52. 288 So aber: Bachmann, S. 28; v. d. Heide, S. 175; Lohberger, S. 17 f.; Warda, Die Abgrenzung, S.6f.; Weidenbach, S.22; Winkelbauer, Zur Verwaltungsakzessorietät, S. 15. 289 Ausführlicher: Lauer, S.52 ff. u. S. 137 f.; Puppe, NStZ 1993, S.595 f.; Tiedemann, S.694.

266

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

keinen eigenständigen Sinn habe, handele es sich bei den §§45 ff. UrhG nicht lediglich um Legaldefinitionen. 290 Auch das Erfordernis einer korrespondierenden Schutzrichtung 291 von ΒlankettVorschrift und Ausfüllungsnorm könne nicht überzeugen, da es den Blankettbegriff zu sehr einenge und nur auf bestimmte Formen strafrechtlicher Β lankett vor Schriften zutreffe. 292 Die These Lauers wird von anderen Autoren bestätigt. So hält Weber 293 die Vorschrift des § 106 Abs. 1 UrhG hinsichtlich des Merkmals „in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen" für eine negative Blankettnorm. Rochlitz meint, § 106 UrhG stelle ein unechtes Blankettgesetz dar. 294 Auch ich möchte mich Lauer anschließen. Ihrer gründlichen Untersuchung ist nichts hinzuzufügen.

(2) Einordnung von Irrtümern hinsichtlich des Blankettmerkmals Auch mit der Frage, wie Irrtümer hinsichtlich eines Blankettmerkmals einzuordnen sind, hat sich Lauer 295 ausführlich auseinandergesetzt. Ihre Darstellung orientiert sich an folgendem Beispielsfall aus dem Bereich des Irrtums über die Reichweite einer blankettausfüllenden Norm: Der Beschuldigte fotokopiert entgegen § 53 Abs. 2 Nr. 4 b UrhG vollständig ein seit einem Jahr vergriffenes Buch zum eigenen Gebrauch in dem Glauben, das Vervielfältigen vergriffener Werke zu nichtkommerziellem Gebrauch sei zulässig.296 Die Rechtsprechung zur Einordnung von Irrtümern hinsichtlich eines Blankettmerkmals ist uneinheitlich. So nimmt der BGH 2 9 7 bei Parteiverrat und Verstößen gegen das Weingesetz an, es handele sich um einen Verbotsirrtum; im Steuerrecht sowie in Fällen von Prostitution im Sperrbezirk dagegen soll es sich um einen Tatbestandsirrtum handeln.298 Nach Ansicht der überwiegenden Literatur 299 soll die ausfüllende Norm mit dem Blanketttatbestand zusammenzulesen sein. Das Blanketttatbestandsmerkmal sei 290

Lauer, S.53 f. So: Fissenewert, S. 210f.; v. d. Heide, S. 178f.; dazu: Bachmann, S. 31 f. 292 Ausführlicher: Lauer, S.55 ff. 293 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.228. 294 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 132. 295 Lauer, S.62 ff. 296 Lauer, S.62. 297 BGHSt 3, 400; 9, 164, 172. 298 BGHSt 5, 90, 91 f.; 23, 167; BGH NJW 1980, 1005, 1006; BGH wistra 1986, 174; wohl auch: BGH NStZ 2000, 320, 321. 299 Bachmann, S.25; Fissenewert, S. 148ff.; Jescheck/Weigend, §29V3 u. §41 II2c; Kircher, S. 16; Maurach/Zipf, §8 Rn.30 u. §23 Rn.9; SK-Rudolphi, § 16 StGB, Rn. 18f.; Schönke/Schröder-Cramer, §§ 15 StGB Rn. 100; Tröndle/Fischer, § 1 StGB Rn.5; Warda, Die Abgrenzung, S.36 ff.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.291 u. S.294; Welzel, Das deutsche Strafrecht, S. 168 u. MDR 1952, S.586. 291

D. Irrtümer

267

also durch die ausfüllende Norm zu ersetzen. Im Beispielsfall ist nach dieser Ansicht Vorsatz gegeben.300 Denn die Vorschrift des § 53 Abs. 2 Nr. 4 b UrhG, enthält in Beziehung auf den Irrtum des Beschuldigten keine normativen Tatbestandsmerkmale. In diesem Sinne will Weber m Irrtümer hinsichtlich des Umfangs des in § 46 UrhG normierten Gegenrechts als Verbotsirrtümer behandeln; dies treffe etwa den Verleger, der davon ausgeht, er dürfe Sammlungen von Werken herausgeben, die zwar auch, aber nicht nur für den Schulgebrauch bestimmt sind. Kircher 302 hält den Irrtum bei der Abgrenzung der Begriffe „Zeitung", „Zeitschrift" oder „andere lediglich Tagesinteressen dienenden Informationsblätter" i.S. der §§48 Abs. 1 Nr. 1, 49 Abs. 1 S. 1, 50, 53 Abs. 2 u. 3 UrhG regelmäßig für einen Verbotsirrtum. Entsprechendes gelte seiner Ansicht nach hinsichtlich des Merkmals der „durch den Zweck gebotenen" Werkverwertung in den §§ 50, 51, 53 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 56 UrhG, wenn der Beschuldigte den Begriff der „Gebotenheit" falsch versteht und eine für sich günstige Auslegung vornimmt. 303 Schack schließlich ist der Auffassung, derjenige handele mit Verbotsirrtum, der glaubt, er dürfe Noten oder Computerprogramme entgegen den §§ 53 Abs. 4, 69d UrhG zum eigenen Gebrauch frei vervielfältigen. 304 Einige Autoren aber wenden sich gegen die vorgenannte Ansicht. 305 Der Irrtum hinsichtlich eines Blankettmerkmals sei vielmehr zu behandeln wie ein Irrtum über normative Tatbestandsmerkmale306 und wirke vorsatzausschließend307. Lauer begründet diese Gegenansicht ausführlich: Die Ansicht der überwiegenden Literatur nämlich verlange dem Normadressaten eine sehr weitgefächerte und praktisch unrealistische Gesetzeskenntnis ab, da die Gesetzesmaterie des Urheberrechts einigermaßen detailliert und - insbesondere im Bereich von Computersoftware - von alltäglicher Bedeutung sei.308 Zudem müsse diese Ansicht zahlreiche Ausnahmen zulassen, um zu zuträglichen Ergebnissen zu führen. 309 Auch könne im Urheberrecht das Argument, das Nebenstrafrecht richte sich in der Regel an einen beschränkten Personenkreis mit besonderer Fachkenntnis310, nicht überzeugen, da sich die Vorschriften des Urheberrechts an jede Privatperson richten.311 Zudem werde im Bereich des Urheberrechts die Rechtsordnung erst durch die fehlende Bereitschaft be300

Lauer, S.69. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.294. 302 Kircher, S.242f., mit Beispielen. 303 Kircher, S. 251 f., mit Beispielen. 304 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 747. 305 Ausführlich zu den vertretenen Gegenansichten sowie zur Judikatur des Reichsgerichts: Lauer, S.87ff., m. w.N. 306 Lauer, S. 86 u. S. 125 u. S. 139. 307 Herzberg, S.459. 308 Lauer,, S.70 u. S.73 f.; ähnlich: Burger, S.800. 309 Ausführlich: Lauer, S. 82ff. 310 So: Bachmann, S.71; Endrulat, Rn. 120; Jescheck/Weigend, §41 II2c; LK-Schroeder, § 16 StGB, Rn. 38; Puppe, GA 1990, S. 167f. 3,1 Lauer, S.73. 301

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

rührt, erkanntes Recht zu befolgen. 312 Der Rechtsanwender dürfe nicht die Last für die Unmöglichkeit tragen, einen übersichtlichen Straftatbestand zu formulieren, 313 zumal die Methode des „Zusammenlesens4' eine andere als die gegebene Gesetzeslage fingiere. 314 Ferner sei die Gegenauffassung nicht vereinbar mit dem Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG, soweit er Klarheit über Reichweite und Grenzen der strafrechtlichen Sanktionsgewalt zur Bedingung von Strafbarkeit mache.315 Denn wegen Art. 103 Abs. 2 GG bilde die tatbestandliche Substanz, die sich beim sorgfältigen Lesen eines Gesetzes maximal eröffnet, die äußere Grenze für die Verantwortlichkeit. 316 Zudem würde auch dem Schuldprinzip nicht genügend Rechnung getragen, wenn blankettausfüllende Normen als Sanktionsgrundlage dienten, die weder als bekannt vorausgesetzt werden könnten, noch durch entsprechenden Hinweis im Blankettgesetz hervorgehoben seien.317 Etwas anderes dürfe allenfalls dann gelten, wenn im Blanketttatbestand ausdrücklich auf eine bestimmte Ausfüllungsvorschrift hingewiesen würde. 318 Schließlich sei nicht einzusehen, warum die Kenntnis der §§45 ff. UrhG vom Bürger zu erwarten sei, während dies etwa hinsichtlich der Vorschrift des § 973 BGB im Zusammenhang einer Unterschlagung wegen der Einstufung des Merkmals „fremd" als normatives Tatbestandsmerkmal nicht der Fall sei; näher als die Annahme vorsätzlichen Handelns liege in diesen Fällen der Fahrlässigkeitsvorwurf. 319 Ich habe oben320 bereits darauf hingewiesen, dass sich als Ausweg aus dem Problem zu weit reichender Strafbarkeit im Bereich der Irrtümer zwei Lösungswege anbieten. Für sinnvoller als den Weg Lauers halte ich es, den Begriff der Vermeidbarkeit in § 17 StGB weiter zu fassen, als die Rechtsprechung es tut. Denn mit einer Lösung im Rahmen des § 17 StGB könnte in weit besserem Maße der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die Irrtumslehre stets einen Pflichtbezug dahingehend aufweist, dass von Branchentätern eine intensivere Kenntnis der relevanten Gesetze erwartet wird als von Laien. Die Lösung Lauers lässt einen derartigen Pflichtbezug nicht zu. Zudem ist der Ansatz Lauers nicht in allen Fällen notwendig. Denn bei Blankettvorschriften ist im Wege zweistufiger Prüfung ohnehin festzustellen, ob es sich bei den Tatbestandsmerkmalen der Ausfüllungsvorschrift, hinsichtlich derer der Beschuldigte geirrt hat, um normative Tatbestandsmerkmale handelt; wenn dies nämlich der Fall ist, greift ohnehin § 16 StGB ein. So stellen mehrere Autoren 321 zu Recht 312 313 314 315 3,6 317 318 319 320 321

Lauer, S.75, unter Hinweis auf: AK-Neumann, § 17 StGB Rn. 86. Lauer, S. 80 u. S. 138f.; ähnlich: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.291. Herzberg, S.455. Ausführlicher: Lauer, S.75 ff. Lauer, S. 120. Lauer, S.U. Lauer, S. 100 u. S. 121 ff. Lauer, S.Iii. Zu den Grundlagen der Abgrenzungsproblematik: Kap.6 D.II. 1. Kuhlen, S.427f.; Lauer, S.99 u. S. 102; Puppe, GA 1990, S. 167.

D. Irrtümer

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fest, dass daraus, dass ein Irrtum in den Bereich des § 17 StGB fällt, noch nicht automatisch folgt, § 16 StGB könne nicht zusätzlich einschlägig sein. So handelt es sich etwa beim Merkmal „persönlicher Gebrauch" in § 53 UrhG 322 und beim Merkmal „einzelne" der §§45 Abs. 1, 47 Abs. 1, 53 Abs. 1 u. 2 UrhG 323 um normative Tatbestandsmerkmale. Vor allem Weber 324 nennt eine Reihe von Beispielsfällen, in denen er den Irrtum als Tatbestandsirrtum einordnen will und wo dies - ohne dass Weber dies ausdrücklich sagt - darauf zurückzuführen ist, dass es sich bei einzelnen Merkmalen der Schrankenbestimmungen um normative Tatbestandsmerkmale handelt: So sei der Irrtum darüber, eine Schiedskommission einer politischen Partei sei ein Schiedsgericht i. S. v. § 1025 ZPO und unterfalle damit § 45 UrhG, ein Tatbestandsirrtum. Gleiches gelte für den Irrtum dahingehend, eine Radiosendung sei immer dann Schulfunksendung i.S. v. §47 UrhG, wenn sie belehrenden Charakter habe, oder für den Irrtum über zahlreiche der „nicht ohne weiteres abgrenzbaren Merkmale der §§48 bis 50 UrhG", etwa über die Begriffe „Tagesfragen", ,,-ereignisse" oder ,,-interessen". Auch den Irrtum dahingehend, dass die Herstellung von Vervielfältigungsstücken zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch i.S. v. § 53 Abs. 2 Nr. 2 UrhG dann „geboten" sei, wenn die Kopie eines Buches billiger sei als der Kauf der Originalausgabe, will Weber als Tatbestandsirrtum einordnen. Erst wenn diese zweistufige Prüfung nicht mehr weiterhilft, wird man einen Blankettstraftatbestand daraufhin untersuchen müssen, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine Korrektur im Sinne Lauers erforderlich und das Blankettmerkmal wie ein normatives Tatbestandsmerkmal zu behandeln ist. Hierbei erscheinen mir folgende vier Gesichtspunkte ausschlaggebend: Zunächst ist entscheidend auf den Grad der Komplexität der Regelung abzustellen, auf die das Blankett verweist. Denn die Kenntnis einer besonders komplexen Gesetzesmaterie stellt an den Rechtsanwender äußerst hohe Ansprüche und ist unter Umständen nicht zumutbar. Bei den urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen handelt es sich um eine relativ komplexe Regelung; der oben zitierte Beispielsfall Lauers bezüglich § 53 Abs. 2 Nr. 4 b UrhG zeigt, dass sich dort teilweise eine Regelungstechnik mit mehreren ineinander verschachtelten Ausnahmen findet. Zudem scheint nicht einmal der Gesetzgeber selbst in der Lage zu sein, im UrhG die Reichweite des gesetzlichen Verbots zu erkennen, wenn er in der amtlichen Begründung 325 formuliert, dass die private Vervielfältigung dem Tatbestand des § 106 UrhG unterfalle. Als zweiter Gesichtspunkt ist von Bedeutung, ob sich das gesetzliche Verbot zumindest auch an Laien richtet. Denn von Branchentätern verlangt die Rechtsprechung in aller Regel die Kenntnis selbst kompliziertester gesetzlicher Regelungen. 322

Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 155; anders: Weber, Der strafrechtliche Schutz,

S. 294. 323 Kircher, S.239; im Ergebnis entsprechend: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 155; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.291. 324 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 291 i. V. m. S. 294; ähnlich: Letzgus, S. 291 f. 325 BT-Drucks. 10/3360, S.21.

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Meines Erachtens erfolgt dies zu Recht, da von dieser Erkundigungspflicht im Regelfall nur ein kleiner Teilausschnitt der insgesamt existierenden Normen betroffen wird. So kann einem Rechtsanwalt oder einem Weinbauern durchaus zugemutet werden, die Grundsätze des Standesrechts oder das Weingesetz in Einzelheiten zu kennen.326 Dagegen würde es zu weit führen, von jedem Steuerpflichtigen eine detaillierte Kenntnis des Steuerrechts zu erwarten. 327 Das Urheberrecht jedoch richtet sich ebenso wie das Steuerrecht in steigendem Maße auch an Laien. Drittens wird man darauf abstellen müssen, ob aufgrund berechtigter eigener Interessen des Beschuldigten eine alltägliche Gefahr der Verwirklichung des Tatbestands besteht. Denn sofern sich der Beschuldigte einem besonderen, außergewöhnlichen Risiko der Verwirklichung des Tatbestands aussetzt und das vorhergehende risikoerhöhende Verhalten nicht schutzwürdig ist, kann vom Beschuldigten in aller Regel erwartet werden, dass er sich vorab gründlich informiert und auf diese Weise Irrtümer vermeidet. Im Bereich des Urheberrechts aber kann sich der Beschuldigte in aller Regel auf berechtigte Interessen, etwa die Informationsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, stützen. Zudem ist die Gefahr der Verwirklichung des Tatbestands des § 106 Abs. 1 UrhG, insbesondere aufgrund eines Irrtums über eine Schrankenbestimmung, alltäglich. Viertens schließlich wird man auf die Schwere der Rechtsgutsverletzung abstellen müssen.328 So wird das Interesse des Beschuldigten, nicht bestraft zu werden, bei einem Verbrechenstatbestand sehr selten schutzwürdig sein; hier ist es vielmehr auch jedem Laien zuzumuten, sich ein Bild komplexer Regelungsmaterien zu machen. Wenn dagegen die Rechtsguts Verletzung weniger schwer oder gar reversibel ist, überwiegt in der Regel das „Recht" des Beschuldigten auf einen Irrtum. Da ein Verstoß gegen § 106 Abs. 1 UrhG kein Verbrechen, sondern lediglich ein Vergehen darstellt, wird die Rechtsgutsverletzung in aller Regel nicht besonders schwer wiegen. Zudem schützt die Vorschrift lediglich Vermögensrechte des Berechtigten; durch Erfüllung der Ansprüche aus §§ 97 ff. UrhG kann der entstandene Schaden regelmäßig wieder gut gemacht werden. Da hinsichtlich der urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen alle genannten Kriterien erfüllt sind, bedarf es - ebenso wie im Steuerrecht - einer Korrektur der irrtumsrechtlichen Grundsätze. Im Ergebnis ist deswegen Lauer 329 zu folgen und der Irrtum hinsichtlich eines Blankettmerkmals wie ein Irrtum über normative Tatbestandsmerkmale nach § 16 StGB zu behandeln.330 326

Vgl.: BGHSt 3, 400; 9, 164, 172. Vgl.: BGHSt 5, 90, 91 f.; BGH NJW 1980, 1005, 1006; wistra 1986, 174; vgl. auch: BGHSt 23, 167. 328 So zu einem Verbrechenstatbestand des Kriegswaffenkontrollgesetzes: BGH NJW 1994, 61. 329 Lauer, S.86 u. S. 125 u. S. 139. 330 Im Ergebnis ebenso: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.262; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 6. 327

D. Irrtümer

d) Einordnung von Irrtümern

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im Hinblick auf die Schutzfrist

Wie Irrtümer hinsichtlich der Schutzfrist einzuordnen sind, ist umstritten: Während die einen331 den Irrtum als Verbotsirrtum behandeln wollen, sind die anderen 332 der Auffassung, es handele sich um einen Tatbestandsirrtum. Diese Positionen schlagen sich auch in den behandelten Beispielsfällen nieder. Während Kircher 333 meint, der Irrtum über den Fristbeginn in Abweichung zu § 69 UrhG oder der Irrtum dahingehend, dass die Frist mit der Fertigstellung des Werks zu laufen beginne, sei Verbotsirrtum, ist Sieg 334 der Auffassung, bei diesen Irrtümern handele es sich um Tatbestandsirrtümer. Lediglich beim Irrtum infolge eines arithmetischen Rechenfehlers bejahen alle Autoren 335 nach den Grundsätzen der Parallel Wertung in der Laiensphäre 336 einen Tatbestandsirrtum. Während die Einordnung des Irrtums als Verbotsirrtum von den Vertretern dieser Ansicht nicht begründet wird, hat Weber 331 zur Begründung der Gegenansicht vorgetragen, die Sachlage entspreche derjenigen bei Eigentumsdelikten, wo auch derjenige über die Fremdheit einer Sache irre, der entgegen § 937 Abs. 1 BGB davon ausgeht, die Sache schon nach fünf Jahren ersessen zu haben; es komme nicht darauf an, aufgrund welcher Überlegung der Beschuldigte zum Irrtum gelangt. Um einen Tatbestandsirrtum handele es sich auch dann, wenn der Beschuldigte glaubt, dass die Schutzfrist wie bis zum Jahr 1965 nur fünfzig und nicht siebzig Jahre dauere.338 Sieg 339 begründet seine Ansicht damit, der Beschuldigte irre im Falle des Irrtums über die Schutzfrist nicht lediglich über das Verbotensein der Tat i. S. v. § 17 StGB. Ich möchte den Irrtum über die Schutzfrist in allen Fällen nach § 16 StGB und den Grundsätzen über die Parallelwertung in der Laiensphäre 340 behandeln.341 Sofern man die Schutzfrist in dogmatischer Hinsicht 342 bei den Schranken des Urheberrechts ansiedeln will, 3 4 3 folgt dieses Ergebnis schon daraus, dass auch Irrtümer hinsichtlich der Schrankenbestimmungen stets wie Tatbestandsirrtümer zu behandeln 331

Kircher, S.221 u. S.268; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm.6; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.459 u. ZUM 1990, S.465; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.569. 332 Fischer, S. 146; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 157; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 109; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.289 u. Handwörterbuch, S.9. 333 Kircher, S.223. 334 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 109. 335 Kircher, S. 224 u. S. 268; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 110. 336 Zur Problematik der Parallelwertung in der Laiensphäre: Kap. 6 D. II. 5. 337 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.289 f. 338 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.289 u. Handwörterbuch, S. 9; a. Α.: Kircher, S. 221 ; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 108. 339 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 109. 340 Zur Problematik der Parallelwertung in der Laiensphäre: Kap. 6 D. II. 5. 341 Ebenso: Fischer, S. 146. 342 Zur Einordnung der Schutzfrist: Kap.2 E.V. 343 So auch: Rehbinder, Urheberrecht, Rn.290; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.569.

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

sind 344 . Die dortigen Ausführungen greifen auch hinsichtlich der Schutzfrist. Insbesondere ist Sieg 345 zuzustimmen, wenn er meint, gerade von Nichtfachleu ten könne die Kenntnis einer Vorschrift wie § 69 UrhG nicht gefordert werden. Entsprechende Überlegungen greifen auch ein, sofern man annimmt, dass es sich bei der Schutzfrist um ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal handelt.346

e) Einordnung von Irrtümern im Hinblick auf das Merkmal „ ohne Einwilligung des Berechtigten " Franzheim 347 hat zu Recht festgestellt, dass es sich beim Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten" 348 um ein Blankettmerkmal handelt; dies gilt selbst unter der Voraussetzung, dass man annimmt349, ein echter Blankettstraftatbestand sei nur dann gegeben, wenn Tatbestand und Strafdrohung derart getrennt seien, dass die Ergänzung der Strafdrohung durch einen dazugehörigen Tatbestand von einer anderen Stelle zu einer anderen Zeit selbstständig vorgenommen wird; denn die Frage, ob der Rechtsinhaber des Urheberrechts der Vervielfältigung zugestimmt hat, hängt von der Ausgestaltung des Lizenzvertrags und damit letztlich von der Willensentscheidung des Lizenzgebers ab. Ob aber Irrtümer im Hinblick auf das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten" nach § 16 oder § 17 StGB zu behandeln sind, ist weitgehend ungeklärt und umstritten: Eine Reihe von Autoren 350 spricht sich dafür aus, den Irrtum über die Erteilung der Einwilligung als Tatbestandsirrtum zu behandeln. Ein Tatbestandsirrtum liege jedenfalls dann vor, wenn der Beschuldigte davon ausgeht, der Berechtigte habe ihm das entsprechende Nutzungsrecht eingeräumt. 351 So handele ein Theaterunternehmer, der irrtümlich davon ausgeht, das Aufführungsrecht sei einem Bühnenverleger übertragen, im Tatbestandsirrtum. 352 Nach Haß 353 soll auch der Urheber, der irrig da344

Vgl. insofern: Kap. 6 D.II.2.c(2). Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 109 f. 346 So: Kircher, S.220; ähnlich wohl Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.2; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.2. 347 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 160. 348 Vgl. zur Bedeutung des Merkmals „ohne Einwilligung des Berechtigten": Kap. 2 F.I. 349 So: BGHSt 6, 30, 40f.; Beermann, S.610; Roxin, Strafrecht, § 12, Rn.99. 350 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 11; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm.6; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.459 u. ZUM 1990, S.465; wohl auch: Weber, Handwörterbuch, S. 8; der Irrtum sei ein Erlaubnistatbestandsirrtum: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 263; Letzgus, S. 292; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 746; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 12. 351 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 11; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 6; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 12; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.295; ausführlicher: Kircher, S. 168 f. 352 Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 6. 345

D. Irrtümer

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von ausgeht, ein ausschließlicher Lizenzvertrag sei nichtig, und daraufhin das Werk selbst nutzt, ohne Vorsatz handeln. Andere Irrtümer im Bereich des Tatbestandsmerkmals sollen dagegen nach § 17 StGB zu behandeln sein: So hält Rehbinder 354 den Irrtum über die Reichweite der Einwilligung für einen Verbotsirrtum. Weber 355 sieht im Irrtum über das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten" einen Irrtum über Umfang und Wirkung eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes, der bei § 17 StGB einzuordnen sei. Weber nennt als Beispiel den Fall, dass ein Schallplattenhersteller davon ausgeht, zur Produktion einer Platte nur die Einwilligung des Komponisten und des Textdichters, nicht aber die des Sängers zu benötigen; ähnlich sei es, wenn der Beschuldigte glaubt, die Einwilligung des Urhebers in die Verbreitung und Vervielfältigung eines Dramas gebe ihm auch das Recht zur bühnenmäßigen Aufführung; denn hier schreibe der Beschuldigte der Einräumung eines Nutzungsrechts eine weiterreichende Bedeutung zu. 356 Im Hinblick auf derartige Irrtümer bei der Auslegung von Nutzungsverträgen ist Weber 357 der Auffassung, diese lägen auf der Grenze zwischen Tatbestands· und Verbotsirrtum. Zwar ließe sich zu Gunsten eines vorsatzausschließenden Irrtums argumentieren, der Beschuldigte habe die Willenserklärung falsch ausgelegt, wenn er in fehlerhafter Auslegung der §§ 15 ff. UrhG davon ausgeht, dass mit der Einräumung des Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechts stets auch das Aufführungsrecht übertragen werde. Doch spreche entscheidend für einen Verbotsirrtum, dass der Beschuldigte hinsichtlich der gesetzlich angeordneten Rechtsfolge der Rechtseinräumung irre. 358 Undurchsichtig bleibt mir der Standpunkt Kirchers 359: Seiner Ansicht nach soll es darauf ankommen, ob der Beschuldigte - mit der Folge eines Verbotsirrtums - über die Verbotsnorm irre oder - mit der Folge eines Tatbestandsirrtums - über einen Umstand, von dem die rechtliche Bewertung seiner Handlung abhängt.360 Sofern der Urheber selbst über Auslegung oder Wirksamkeit eines von ihm geschlossenen Lizenzvertrags irrt, unterliege er daher lediglich einem Verbotsirrtum, während ein Dritter im entsprechenden Fall einem Tatbestandsirrtum unterliege. 361 Auf der einen Seite handele der Urheber, der nicht weiß, dass er sein eigenes Werk nach Erteilung eines ausschließlichen Nutzungsrechts selbst nicht mehr nutzen darf, im Verbotsirrtum; auf der anderen Seite sei der Urheber, der sich aufgrund falscher Auslegung eines Nutzungsvertrags für befugt hält, sein eigenes Werk zu verwerten, oder der fälschlich die Wirksamkeit des Lizenzvertrags verneint, nach § 16 StGB zu beurtei353 354 355 356 357 358 359 360 361

Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 12. Rehbinder, Urheberrecht, Rn.459 u. ZUM 1990, S.465. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.295 u. Handwörterbuch, S.9. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.295. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.295; ausführlich: Kircher, S. 165ff. Entsprechend auch: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 12. Sehr ausführlich: Kircher, S. 176ff. Kircher, S. 216f. Kircher, S.214ff. u. S.208f.

18 Hildebrandt

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

len. 362 Ich halte das Merkmal der unmittelbaren Zugehörigkeit zur Verbotsnorm für ein derart formales Abgrenzungskriterium, dass es nicht überzeugen kann, davon die Strafbarkeit abhängig zu machen. Im Ergebnis erscheinen die Rechtsfolgen, die die Ansicht Kirchers hervorruft, willkürlich. 363 Ich möchte vorschlagen, Irrtümer hinsichtlich des Merkmals „ohne Einwilligung des Berechtigten" stets nach § 16 StGB und den Grundsätzen der Parallelwertung in der Laiensphäre 364 zu behandeln. Denn für diese Lösung sprechen drei Gesichtspunkte: Auch das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten" weist eine Ähnlichkeit zum Tatbestandsmerkmal „fremd" in § 242 StGB auf. Denn hier wie dort geht es letztlich um die Frage der Berechtigung des Beschuldigten365. Zudem wird die Frage der Berechtigung im Rahmen des § 106 Abs. 1 UrhG im Einzelnen durch eine Vielzahl normativer Tatbestandsmerkmale ausgefüllt. So kommt es nicht nur auf die Frage der Urheberschaft an einem Werk, und somit letztlich wieder auf das normative Tatbestandsmerkmal „Werk" an; vielmehr sind auch die Grundsätze der Rechtseinräumung nach §§ 31 ff. UrhG sowie die bürgerlichrechtlichen Regeln über Zustandekommen, Wirksamkeit und Auslegung von Verträgen voll von normativen Tatbestandsmerkmalen. Diese Tatsache aber ist bei der Einordnung von Irrtümern zu Gunsten des Beschuldigten zu berücksichtigen. Überdies greifen auch im Falle des Merkmals „ohne Einwilligung des Berechtigten" die Grundsätze bei der Einordnung von Irrtümern über Blankettvorschriften, wie sie oben366 entwickelt wurden: So liegt auch der Frage der urheberrechtlichen Berechtigung eine äußerst komplizierte Rechtsmaterie zu Grunde; die Regelung des § 106 Abs. 1 UrhG richtet sich nicht ausschließlich an Branchentäter; der Beschuldigte kann bei der Werkverwertung regelmäßig auf berechtigte eigene Interessen verweisen und setzt sich aufgrund dieser Interessen der alltäglichen Gefahr der Verwirklichung des Tatbestands aus; schließlich handelt es sich bei einem Verstoß gegen § 106 Abs. 1 UrhG nicht um eine ungewöhnlich schwer wiegende Rechtsverletzung. Da also insgesamt das Interesse des Irrenden an Straffreiheit das öffentliche Interesse an einer Bestrafung überwiegt, bedarf es - wie im Steuerrecht - in diesem Bereich einer Korrektur der gewöhnlichen Irrtumslehre. Schließlich stellt sich der Eingriff des Strafrechts ohnehin als besonders problematisch dar, wenn ein Vertrag zwischen den Beteiligten vorliegt oder jedenfalls angestrebt wurde. Denn in den Bereichen, in denen vorwiegend zivilrechtserhebliche Vorgänge in das Strafverfahren gelangen, ist eine besondere Zurückhaltung von Polizei, Staatsanwalt und Strafrichter geboten.367 362 363 364 365 366 367

Kircher, S.212f. Vgl. hierzu die Fallbeispiele bei: Kircher, S.218f. Zur Problematik der Parallelwertung in der Laiensphäre: Kap. 6 D. II. 5. Vgl. zur Bedeutung des Merkmals „ohne Einwilligung des Berechtigten": Kap. 2 F.I. Vgl. zur Einordnung von Irrtümern über Blankettvorschriften: Kap. 6 D. II. 2. c (2). So auch: Peters, S.502.

D. Irrtümer

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Zusammenfassend sprechen also die besseren Gründe dafür, Irrtümer hinsichtlich des Merkmals „ohne Einwilligung des Berechtigten" stets nach § 16 StGB und den Grundsätzen der Parallelwertung in der Laiensphäre 368 zu behandeln. Lediglich wenn der Beschuldigte überhaupt nicht weiß, zur Verwertung der Einwilligung zu bedürfen, liegt ein Verbotsirrtum i. S. v. § 17 StGB vor.

f) Einordnung von Irrtümern

im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit

Bei der Annahme eines nicht existierenden Rechtfertigungsgrundes - etwa einer aus Art. 5 Abs. 3 GG 369 oder der Pressefreiheit 370 abgeleiteten allgemeinen Dokumentationsfreiheit - handelt es sich um einen Verbotsirrtum. 371 Dies gilt grundsätzlich auch im Falle der irrigen Vorstellung, Schrankenbestimmungen aus älteren Gesetzen würden auch unter dem UrhG noch gelten.372 Im Einzelfall wird dann jedoch in tatsächlicher Hinsicht genau zu untersuchen sein, ob letztlich nicht doch ein Irrtum über die Reichweite einer existierenden Schrankenbestimmung vorliegt 373 .

3. Irrtümer bei § 107 UrhG Nach den Behandlung von Irrtümern über Tatobjekt und Tathandlung (a)) 374 sollen die Irrtümer über weitere Tatbestandsmerkmale (b)) 375 den §§ 16,17 StGB zugeordnet werden.

a) Einordnung von Irrtümern

im Hinblick auf Tatobjekt und Tathandlung

Bei einem Irrtum über die Werkeigenschaft gelten bei § 107 UrhG dieselben Grundsätze wie bei § 106 UrhG. 376 Der Irrtum ist also als Irrtum über ein normatives Tatbestandsmerkmal einzuordnen und nach § 16 StGB und den Grundsätzen über die Parallelwertung in der Laiensphäre 377 zu behandeln.378 Auf die Frage, ob der 368

Zur Problematnik der Parallelwertung in der Laiensphäre: Kap. 6 D. II. 5. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.295. 370 Kircher, S. 257. 371 Kircher, S.257 u. S.269; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.295. 372 Kircher, S.257. 373 Zur Einordnung derartiger Irrtümer: Kap. 6 D.II.2.C. 374 Zu den Irrtümern über Tatobjekt und Tathandlung: Kap. 6 D. II. 3. a. 375 Zu den Irrtümern über andere Tatbestandsmerkmale: Kap. 6 D. II. 3. b. 376 Kircher, S. 114; vgl. zur Einordnung von Irrtümern über den Werkbegriff bei § 106 UrhG: Kap. 6 D.II. 2. a. 377 Zur Problematik der Parallelwertung in der Laiensphäre: Kap. 6 D. II. 5. 378 Ebenso: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 261 f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 147. 369

18*

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Werkbegriff den Charakter eines Blankettstrafgesetzes hat, 379 kommt es ebenso wie bei § 106 UrhG nicht an. Den Irrtum hinsichtlich der Einordnung als Werk der bildenden Künste hält Kirche r 3 8 0 für einen Verbotsirrtum, Sieg m dagegen für einen Tatbestandsirrtum. Ich neige dazu, im Begriff der „bildenden Kunst" mit Sieg wegen des weiten Kunstbegriffs ein normatives Tatbestandsmerkmal zu sehen, möchte die Frage aber mit Blick auf die Verfassungswidrigkeit des § 107 UrhG 382 offen lassen. Dagegen halte ich den Begriff des Originals nicht für ein normatives, sondern für ein deskriptives Tatbestandsmerkmal. Ein Irrtum über den Begriff des Originals würde also § 17 StGB zuzuordnen sein. Zu beachten ist hierbei, dass § 17 StGB nicht das Bewusstsein der Strafbarkeit fordert. 383 Soweit also der Beschuldigte bei der Subsumtion unter den Begriff des „Originals" irrt, käme es darauf an, ob er weiß, dass auch das Anbringen der Urheberbezeichnung auf einer Bearbeitung oder Umgestaltung urheberrechtlich verboten ist (§ 13 S. 2 UrhG), und ihm somit gar nicht das Unrechtsbewusstsein fehlt. 384

b) Einordnung von Irrtümern

im Hinblick auf weitere Tatbestandsmerkmale

Falls der Beschuldigte die Bedeutung der Urheberbezeichnung nicht erfasst und etwa davon ausgeht, sie diene zur Kennzeichnung der Eigentumsverhältnisse, liegt ein Tatbestandsirrtum vor. 385 Insofern stellt der Begriff der Urheberbezeichnung also ein normatives Tatbestandsmerkmal dar. Dagegen soll es sich nach Ansicht 386 mancher Autoren in anderen Fällen beim Irrtum über die Urheberbezeichnung fast immer um einen unbeachtlichen Subsumtionsirrtum handeln, da der Beschuldigte im Allgemeinen die Bedeutung der Urheberbezeichnung kennt. Ich halte dies nicht für zutreffend. Denn einen Irrtum, der nicht darauf beruht, dass der Beschuldigte die Bedeutung der Urheberbezeichnung nicht kennt, halte ich für undenkbar. Ein Verbotsirrtum kommt jedenfalls nicht in Frage. Wenn der Beschuldigte glaubt, der Begriff der „Täuschung" bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG erfordere, dass nicht nur Laien, sondern auch Kunstsachverständige und Künstler getäuscht werden können, liegt ein Verbotsirrtum vor, der nach § 17 StGB zu behandeln ist. 387 379 380 381 382 383 384 385 386 387

So: Plassmann, S.210; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 10. Kircher, S.260 f. Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 107. Vgl. zur Verfassungswidrigkeit der Vorschrift: Kap. 3 E. Roxin, Strafrecht, §21 Rn. 13, m.w.N., auch zur Gegenansicht. Kircher, S. 116. Kircher, S. 160. So: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 107; ausführlicher: Kircher, S. 160. Kircher, S. 162; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 161 f.

D. Irrtümer

277

Hinsichtlich des Irrtums über die Schutzfrist gelten dieselben Grundsätze388 wie bei § 106 UrhG. 389 Auf die Frage, ob § 107 UrhG im Hinblick auf die Schutzfrist Blankettnorm ist, 390 kommt es hierbei wie bei § 106 UrhG nicht an. Hinsichtlich des Irrtums über die Einwilligung ist bei § 107 Abs. 1 UrhG zwischen Nr. 1 und Nr. 2 zu differenzieren, 391 da sich die beiden Tatbestände im Hinblick auf das Merkmal grundsätzlich unterscheiden. Bei Nr. 1 handelt derjenige nicht vorsätzlich, der vom Einverständnis des Urhebers ausgeht.392 Entgegen der Ansicht Siegs 393 gilt dies auch, soweit der Beschuldigte im Zusammenhang mit einer Tat nach § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG eine Einwilligung nicht für nötig hält, weil er meint, im Sinne des Künstlers zu handeln. Die Sachlage ist insofern keine andere als bei § 106 UrhG 394 . Bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG ergibt sich die Lösung irrtumsrechtlicher Fragen dagegen aus dem allgemeinen Strafrecht 395; Besonderheiten gegenüber der Einordnung des Irrtums über die Einwilligung bei anderen Delikten bestehen nicht.

4. Irrtümer bei § 108 UrhG Nach der Einordnung von Irrtümern über das Tatobjekt (a)) 396 sollen die Irrtümer über weitere Tatbestandsmerkmale (b)) 397 behandelt werden. a) Einordnung von Irrtümern

im Hinblick auf das Tatobjekt

Weber 398 führt zutreffend aus, bei § 108 UrhG sei zu bedenken, dass in den meisten Fällen die Angriffsobjekte schon in den einzelnen Tatbeständen so genau umschrieben sind, dass es eines Rückgriffs auf außerstrafrechtliche Normen nicht bedarf und damit auch die Irrtumsmöglichkeiten eingeschränkt sind; Irrtümer über das Vorliegen eines Lichtbildes (Nr. 3), eines Tonträgers (Nr. 5), einer Funksendung (Nr. 6) oder eines Filmstreifens (Nr. 7) sind deswegen kaum denkbar. 399 In diesem Sinne stellt Rochlitz 400 im Hinblick auf § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG fest, jedem Schuld388

Vgl. dazu: Kap.6 D.II.2.d. Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 13. 390 So: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 109. 391 Anders: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 164. 392 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn. 11; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 13. 393 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 119, m. w. N. 394 Vgl. dort: Kap.6 D.II.2.e. 395 Vgl. insofern: Tröndle/Fischer, vor § 32 StGB Rn. 3 b u. § 16 StGB Rn. 20ff., m. w. N. 396 Zu den Irrtümern über das Tatobjekt: Kap. 6 D. II. 4. a. 397 Zu den Irrtümern über andere Tatbestandsmerkmale: Kap. 6 D. II. 4. b. 398 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.290. 399 So auch: Kircher, S. 121. 400 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 148 f., mit Beispielen. 389

278

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

fähigen dürfe bekannt sein, dass Tonträger oder Videos und die darin verkörperten Leistungen fast ausnahmslos geschützt sind, da die Öffentlichkeit umfangreich über die entsprechenden Rechte aufgeklärt worden sei. In den verbleibenden Fällen liegt mangels normativer Tatbestandsmerkmale hinsichtlich der Beschreibungen der Tatobjekte regelmäßig ein Verbotsirrtum vor: Dies ist etwa der Fall, wenn der Beschuldigte einer Routineaufnahme - etwa einem Passbild - keinen Schutz zubilligt, weil der Fotograf keine besonderen Fähigkeiten eingesetzt hat, 401 oder wenn er annimmt, ein Tonträger oder eine Funksendung seien nicht geschützt, weil sie in rechtswidriger Weise hergestellt worden sind. 402 Kircher ist der Auffassung, derjenige, der ein Lichtbild irrig für ein Lichtbildwerk halte, könne gleichwohl nach § 108 Abs. 1 Nr. 3 UrhG bestraft werden, da sich die Tatbestände der §§106 Abs. 1 und 108 Abs. 1 Nr. 3 UrhG nahtlos ergänzten und ein Stufenverhältnis bildeten, wie etwa im Verhältnis von Rauschtat und Vollrausch (§ 323 a StGB), Mittäterschaft und Beihilfe oder Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikt. 403 Ich bin der Auffassung, dass die Ansicht Kirchers am Kern des Problems vorbei zielt. Vielmehr liegt im angesprochenen Fall ein „error in objecto" vor, da der Irrtum über den Werkbegriff als normatives Tatbestandsmerkmal nach § 16 StGB zu behandeln ist. Nach allgemeiner Ansicht kommt es deswegen darauf an, ob das vorgestellte und das tatsächlich getroffene Objekt gleichwertig sind. 404 Wann dies im Einzelnen der Fall ist, ist weitgehend ungeklärt. Ich habe keine Bedenken dagegen, im vorliegenden Fall die Gleichwertigkeit von Lichtbild und Lichtbildwerk zu bejahen. Mit Warda 405 wird man aber voraussetzen müssen, dass auch der Beschuldigte diese Gleichwertigkeit kennt. Im Ergebnis wird der Irrtum in der Regel zu verneinen sein. Hier werden wieder die Grundsätze der Parallelwertung in der Laiensphäre zur Anwendung kommen. Entgegen Kircher 406 wird man auch bei entsprechenden Fällen im Rahmen der § 108 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 4 UrhG zu diesem Ergebnis kommen müssen. Anders dagegen ist die Rechtslage bei § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG zu beurteilen. Wenn dort der Beschuldigte die Bildfolge eines Laufbildes irrig für schöpferisch hält, spielt das im Rahmen des § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG keine Rolle, da dieser unabhängig davon Schutz gewährt, ob der Verfilmung ein Werk zu Grunde liegt. 407 Denn sowohl Filmwerk als auch Laufbild unterfallen dem Schutz der Vorschrift, da es sich bei beiden Tatobjekten um Bildträger bzw. Bild- und Tonträger i. S. v. § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG handelt. Bei § 108 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4 oder Nr. 8 sind dagegen durchaus Irrtümer denkbar, so dass es dort darauf ankommt, inwieweit die Merkmale, die der Um401 402 403 404 405 406 407

Kircher, S. 121 f. Kircher, S. 122. Ausführlicher: Kircher, S. 129ff., m.w.N. VglRoxin, Strafrecht, § 12 Rn. 181. Warda, FS-Blau, S. 165; ebenso: Roxin, Strafrecht, § 12 Rn. 181, Fn.333. Kircher, S. 133 ff. Kircher, S. 131 ff.

D. Irrtümer

279

Schreibung des Tatobjektes zu Grunde liegen, als normative Tatbestandsmerkmale einzustufen sind:

Bei § 108 Abs. 1 Nr. 1 UrhG handelt es sich bei den Begriffen „Ergebnis wissenschaftlich sichtender Tätigkeit" und „wesentlich" in § 70 UrhG um normative Tatbestandsmerkmale.408 Da auch Kircher dieser Ansicht ist, bleibt es unverständlich, wenn er 409 den Irrtum über das Merkmal der „Wesentlichkeit der Abweichung von bisherigen Ausgaben" als Verbotsirrtum einstufen will. Auch soweit der Beschuldigte dahingehend irrt, dass das herausgegebene Werk - entgegen § 70 UrhG - noch Urheberrechtsschutz genießt, liegt wegen der Einordnung des Werkbegriffs als normatives Tatbestandsmerkmal410 ein Tatbestandsirrtum vor. 411 Bei § 108 Abs. 1 Nr. 2 UrhG handelt es sich beim Begriff des „nicht erschienenen Werkes" in §71 UrhG um ein normatives Tatbestandsmerkmal.412 Entgegen Kircher 413 möchte ich deswegen bei den §§ 108 Abs. 1 Nr. 2, 71 UrhG keinen Verbotsirrtum annehmen, wenn der Beschuldigte glaubt, ein Werk ohne Verwendung der Ausgabe vervielfältigen zu dürfen oder davon ausgeht, dass nicht nur das Erscheinen (§ 6 Abs. 2 UrhG) sondern auch die vorherige Veröffentlichung (§ 6 Abs. 1 UrhG) das Entstehen des Rechts aus § 71 UrhG verhindere. Ebenso liegt in Abweichung zu Kircher 414 auch dann ein Tatbestandsirrtum vor, wenn der Beschuldigte über die gesetzliche Länge der Schutzfrist und damit über den Schutzbereich der Vorschrift irrt; die Rechtslage entspricht insofern der bei § 106 Abs. 1 UrhG 415 . Auch in den §§108 Abs. 1 Nr. 4,73 UrhG ist ein Irrtum über den urheberrechtlichen Werkbegriff möglich, der nach § 16 StGB zu behandeln ist. So liegt ein Tatbestandsirrtum vor, wenn der Beschuldigte annimmt, um eine Darbietung eines ausübenden Künstlers i. S. v. § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG handele es sich nur beim Vortrag „hochstehender" Werke, nicht dagegen beim Gesang von Schlagern. 416 Auch beim Begriff „künstlerische Mitwirkung" i. S. der §§ 108 Abs. 1 Nr. 4,73 UrhG handelt es sich um ein normatives Tatbestandsmerkmal.417 Entgegen der Ansicht Kirchers 418 liegt deswegen dann ein Tatbestandsirrtum vor, wenn etwa ein Toningenieur nicht als ausübender Künstler eingestuft wird, obwohl er im Rahmen einer Komposition elektronischer Musik künstlerisch tätig wird. 408 409 410 4,1 412 413 414 415 416 417 418

Kircher, S.261. Kircher, S. 124. Vgl. dazu: Kap.6 D.II.2.a. Ausführlicher mit anderer Begründung: Kircher, S. 125 f. u. S. 262. Kircher, S.261. Ausführlicher: Kircher, S. 127 f. Kircher, S. 127. Vgl. zur Einordnung der Schutzfrist bei § 106 Abs. 1 UrhG: Kap. 6 D. II. 2. d. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.290. Kircher, S.261. Kircher, S. 121.

280

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Auch § 108 Abs. 1 Nr. 8 i. V. m. den §§ 87äff. UrhG enthält eine Fülle normativer Tatbestandsmerkmale. Denn fast alle Merkmale, die in den §§ 87 a und b zur Umschreibung von Tatobjekt und Tathandlung verwendet werden, setzen eine Wertung voraus und weisen nur wenig beschreibenden Charakter auf. Irrtümer bei § 108 Abs. 1 Nr. 8 UrhG wären also stets als Tatbestandsirrtümer zu behandeln. Wegen der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift 419 sei hierauf nicht weiter eingegangen. b) Einordnung von Irrtümern

im Hinblick auf weitere Tatbestandsmerkmale

Rochlitz 420 hält den Begriff der Verwertung, der sich in einigen Tatbeständen des § 108 Abs. 1 UrhG findet, für ein normatives Tatbestandsmerkmal. Ich möchte dem nicht folgen und wie bei § 106 Abs. 1 UrhG 421 Irrtümer hinsichtlich der Tathandlung des § 108 Abs. 1 UrhG in der Regel nach § 17 StGB behandeln. Denn allein die Tatsache, dass in den Tatbeständen des § 108 Abs. 1 UrhG teilweise eine doppelte Verweisungstechnik422 verwendet wird und die Tathandlung nicht unmittelbar in der Vorschrift konkret bezeichnet ist, begründet keinen sachlichen Unterschied, der eine andere Behandlung als bei § 106 Abs. 1 UrhG rechtfertigt. Ebenso wie § 106 Abs. 1 UrhG stellt auch § 108 Abs. 1 UrhG hinsichtlich des Merkmals der Schrankenbestimmungen ein unechtes Blankettgesetz dar. 423 Die irrtumsrechtliche Behandlung unterscheidet sich nicht von § 106 Abs. 1 UrhG. 424 Auch hinsichtlich der Schutzfrist gelten dieselben Grundsätze425 wie im Rahmen des § 106 UrhG. 426 Schließlich entspricht auch das Merkmal „ohne Einwilligung des Berechtigten" bei den Leistungsschutzrechten in irrtumsrechtlicher Hinsicht dem bei § 106 UrhG. 427 So liegt etwa in dem Fall ein Tatbestandsirrtum vor, dass der Beschuldigte Tonträger zwar mit Genehmigung der GEMA hinsichtlich der darauf enthaltenen Werke vervielfältigt, aber über keine Genehmigung der Inhaber der Leistungsschutzrechte verfügt, weil er annimmt, nur die GEMA müsse die Erlaubnis erteilen 428 Auch in dem Fall, dass der Beschuldigte meint, eine einstweilige Verfügung aufgrund einer Zwangslizenz nach § 61 Abs. 6 UrhG erstrecke sich auch auf Leistungs419

Vgl. zur Verfassungswidrigkeit von § 108 Abs. 1 Nr. 8 UrhG: Kap. 4 M. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.92. 421 Ebenso: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 13. 422 So auch: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.92 f. 423 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 132. 424 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 13; vgl. dort: Kap.6 D.II.2.c. 425 Vgl. zur Behandlung von Irrtümern im Hinblick auf die Schutzfrist bei § 106 Abs. 1 UrhG: Kap.6 D.II.2.d. 426 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 13; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.290. 427 Kircher, S.204 u. S.213; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn. 13. 428 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 149 u. S. 154f. 420

D. Irrtümer

281

schutzrechte, wird man entgegen Kircher 429 einen Tatbestandsirrtum annehmen müssen; denn in diesem Fall irrt der Beschuldigte über die Frage der Berechtigung.

5. Parallelwertung in der Laiensphäre Bei normativen Tatbestandsmerkmalen muss der Beschuldigte, um den sozialen Sinngehalt seines Verhaltens zu verstehen, die juristische Wertung mitvollzogen haben.430 Andernfalls handelt er nicht vorsätzlich. Hierbei ist aber keine exakte juristische Definition erforderlich. 431 Vielmehr reicht es aus, wenn der Beschuldigte aufgrund der sogenannten Parallelwertung in der Laiensphäre 432 zum Ergebnis gelangt, dass seine Handlung ein fremdes Recht verletzt. 433 Der Beschuldigte muss also den Bedeutungsinhalt des jeweiligen Tatbestandsmerkmals in vorjuristischer Weise erfasst haben.434 Im Hinblick auf den Werkbegriff des § 106 Abs. 1 UrhG handelt der Beschuldigte demnach nicht vorsätzlich, wenn er davon ausgeht, an eine persönliche geistige Schöpfung würden strengere Anforderungen gestellt, als dies in Wirklichkeit der Fall ist, so dass im konkreten Fall kein Schutz bestehe.435 Soweit der Beschuldigte nämlich von der völligen Schutzlosigkeit des Tatobjekts ausgeht, umfasst sein Vorsatz auch in laienhafter Vorstellung nicht die Verletzungshandlung des § 106 UrhG. 436 Hierbei ist jedoch stets zu prüfen, ob der Beschuldigte nicht doch mit bedingtem Vorsatz 437 handelte, also billigend in Kauf nahm, ein Werk i. S. des UrhG zu verwerten. 438 Der Beschuldigte muss im Rahmen der Parallelwertung in der Laiensphäre nicht wissen, dass die fremde Leistung gerade urheberrechtlich geschützt ist, wenn er nur im Bewusstsein handelt, dass überhaupt ein Schutz besteht 4 3 9 Andernfalls liegt 429

Spautz, FuR 1978, S. 99. Fischer, S. 145, Roxin, Strafrecht, § 12, Rn. 90, m.w.N.; Wessels/Beulke, Rn. 243, m.w.N.; ablehnend: Kindhäuser, GA 1990, S.417ff. 431 Fischer, S. 145; Fissenewert, S. 124; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.261 f.; Kircher, S.20f.; Roxin, Strafrecht, § 12, Rn. 90; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 12; Tröndle/Fischer, § 16 StGB Rn. 11; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.289; vgl. auch: Letzgus, S.292. 432 Mezger, S. 180. 433 BGHSt 3, 248, 255; 4, 347, 352; NJW 1957, 389; Fischer, S. 145; Fissenewert, S. 119f.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 12; Tröndle/Fischer, § 16 StGB Rn. 11, m.w.N.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.289; Wessels/Beulke, Rn.243. 434 Haß, Rechtsschutz, Rn.73; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.262; Kircher, S.21; Tröndle/ Fischer, § 16 StGB Rn. 11. 435 Fischer, S. 145f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.288. 436 Fischer, S. 146. 437 Vgl. zu den subjektiven Tatbeständen: S.O. 438 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 13; Kircher, S. 197. 439 Fischer, S. 145; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.289; a. Α.: Kircher, S.74 u. S. 105 ff. u. S.260. 430

282

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

überhaupt kein Irrtum vor. 440 Dies folgt daraus, dass es genügt, wenn der Beschuldigte den sozialen Sinngehalt seines Handelns versteht. 441 Der Beschuldigte muss also weder wissen, in welchem Gesetz der Schutz von Werken geregelt ist, 442 noch kommt es auf die Kenntnis der dogmatischen Ausgestaltung des Schutzes an 4 4 3 Weber 444 erläutert dies anhand einiger Beispiele: So genügt die Kenntnis, dass das geistige Eigentum oder die Tatobjekte bei den verwandten Schutzrechten einen ähnlichen Schutz genießen wie das Sacheigentum. Auch die Annahme, eine wettbewerbsrechtlich geschützte Leistung vor sich zu haben, reicht aus. Rochlitz 445 will bei der Parallelwertung in der Laiensphäre an verschiedene Personengruppen unterschiedliche Anforderungen stellen. So sei ein Inhaber eines Schallplattenpresswerks oder ein Tonträgerhersteller strenger zu behandeln als ein Händler. Nach Rochlitz 446 soll es - wie bei § 17 StGB - auch im Rahmen der Parallelwertung in der Laiensphäre auf die Vermeidbarkeit des Irrtums ankommen. So sei der Irrtum darüber, dass die Weitergabe von Raubkopien durch den Hersteller an den Händler kein Inverkehrbringen ist, bei Anwendung der Grundsätze der Parallelwertung in der Laiensphäre vermeidbar. Ich möchte mich dem Vorschlag von Rochlitz nicht anschließen. Denn anders als § 17 StGB kennt § 16 StGB kein Tatbestandsmerkmal der Vermeidbarkeit; vielmehr handelt der irrende Beschuldigte stets ohne Vorsatz. Die dem Ansatz von Rochlitz zugrunde liegende Dogmatik erscheint mir willkürlich und mit dem klaren Wortlaut der §§ 16,17 StGB nicht vereinbar.

6. Begriff der „Vermeidbarkeit" in § 17 StGB Nach einem Abriss der für das Urheberstrafrecht bedeutsamen dogmatischen Grundlagen des Begriffs der „Vermeidbarkeit" i. S. des § 17 StGB (a)) 447 soll im Einzelnen erörtert werden, welche der Verbotsirrtümer, die bei den §§ 106 ff. UrhG in Frage kommen, vermeidbar sind. Da die meisten Irrtümer - wie oben 448 gezeigt wurde - als Tatbestandsirrtümer einzuordnen sind, betrifft dies lediglich Irrtümer über das gesetzliche Verbot im Ganzen (b)) 449 und Irrtümer hinsichtlich der Tathandlung (c)) 450 . 440

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.293f. Vgl.: Geerds, S.422, m.w.N. 442 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.294. 443 Kircher, S.80ff.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.294. 444 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.289 u. S.293f. 445 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 162. 446 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 180. 447 Zu den dogmatischen Grundlagen: Kap. 6 D.II.6.a. 448 Vgl. zur Einordnung von Irrtümern: Kap. 6 D. II. 2. 449 Zum Begriff der Vermeidbarkeit bei Irrtümern über das Verbot im Ganzen: Kap. 6 D.II.6.b. 441

D. Irrtümer

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a) Dogmatische Grundlagen Ich habe bereits oben451 erwähnt, dass der sinnvollste Weg zur Lösung irrtumsrechtlicher Fragen im Urheberrecht in der großzügigen Bejahung unvermeidbarer Verbotsirrtümer liegen würde. Da ich diesen Ansatz in der Praxis nicht für durchsetzbar halte, möchte ich hier lediglich auf die urheberrechtlichen Konsequenzen der ständigen Rechtsprechung zum Begriff der Vermeidbarkeit hinweisen. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Verbotsirrtum dann unvermeidbar, wenn der Handelnde unter Berücksichtigung seiner Fähigkeiten und Kenntnisse bei gehöriger Anspannung seines Gewissens durch Einsatz seiner geistigen Erkenntniskräfte oder durch Einholung von Auskunft das Unrecht seiner Tat hätte einsehen können.452 Wie viel Sorgfalt der einzelne schuldet, ergibt sich insbesondere aus den konkreten Umständen des Falles und dem Lebens- und Berufskreis des einzelnen 4 5 3 Mit Ausnahme der Fälle, dass der Beschuldigte in völliger Unkenntnis handelt,454 ist es im Urheberrecht gleichgültig, ob man mit der Rechtsprechung455 von einer umfassenden Pflicht ausgeht, sich vor jeder Handlung über deren eventuelles Verbotensein zu erkundigen, oder ob man mit einer Schrifttumsmeinung 456 für eine solche Erkundigungspflicht einen konkreten Anlass fordert. 457 Denn dadurch, dass der Beschuldigte fremde Leistungen ausnutzt und eigene Bemühungen erspart, gibt er regelmäßig genügend Anlass dafür, sich zu erkundigen, ob er das darf 4 5 8 Jedenfalls dann, wenn gegen den Beschuldigten schon einmal ein Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das UrhG anhängig gewesen ist, treffen diesen erhöhte Sorgfaltsanforderungen, auch wenn das vorangegangene Verfahren eingestellt wurde. 459 An die Vermeidbarkeit sind jedenfalls bei Fachleuten, die sich berufsmäßig mit der Verwertung von Geisteswerken befassen, strenge Anforderungen zu stellen.460 450

Zum Begriff der Vermeidbarkeit bei Irrtümern hinsichtlich der Tathandlung: Kap. 6 D.II.6.C. 451 Vgl. insofern: Kap. 6 D. II. 1. 452 BGHSt 2, 194; 21, 18, 20; 40, 257, 264; OLG Köln NJW 1996, 472, 473; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 13; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 264; Kircher, S. 3 f. u. S. 269 f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 152f.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 13; Tröndle/Fischer, § 17 StGB Rn.7; ähnlich: Hanser-Strecker, S. 167; Möhring/Nicolini-Spautz, §106 UrhG Anm. 6. 453 BGHSt 2, 194, 201; Letzgus, S.292; Schönke/Schröder-Cramer, § 17 StGB Rn. 13ff.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 13; Tröndle/Fischer, § 17 StGB Rn. 8. 454 Vgl. etwa: OLG Oldenburg NJW 1992, 2438. 455 BGHSt 2, 194, 201. 456 Roxin, Strafrecht, §21, Rn.35f.; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. llOf.; dazu ausführlich: Kircher, S.47ff. 457 Vgl.: Fischer, S. 148. 458 Fischer, S. 148. 459 AG Nagold CR 1996, 240, 241 („Mailbox"). 460 LG Wuppertal CR 1987, 599, 600; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 6; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.459 u. ZUM 1990, S.465; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 108; Spautz, FuR 1978, S. 98f.

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Ein Verbotsirrtum eines solchen Branchentäters wird in aller Regel vermeidbar sein.461 Auch bei Personen, die sich bislang lediglich bemühen, gewerblich tätig zu sein oder die lediglich Werbemaßnahmen durchführen, sind erhöhte Anforderungen zu stellen.462 Derartige Branchentäter trifft vor einer Verwertungshandlung eine Erkundigungspflicht, 463 allein um zukünftige unbewusste Rechtsverletzungen zu vermeiden.464 Branchenangehörige müssen sich nicht nur über den neuesten Gesetzesstand,465 sondern auch hinsichtlich der einschlägigen Rechtsprechung informieren. 466 Mit Blick auf die verfügbaren reichhaltigen Informationsquellen, etwa die Heranziehung urheberrechtlicher Literatur oder Einholung von Auskünften bei Berufsverbänden, ist die Erkundigung regelmäßig zumutbar. 467 Allenfalls von Inhabern kleinerer Betriebe - etwa kleineren Plattenproduzenten - kann keine bis ins Detail gehende Fachkenntnis erwartet werden. 468 Gleiches mag in solchen Ausnahmefällen gelten, in denen sich die Strafbarkeit erst aufgrund entlegener Rechtsfragen ergibt. Denn auch von einem Branchentäter kann nicht verlangt werden, dass er sich ständig auch über abgelegene Urheber-, Verlags- oder verwertungsgesellschaftsrechtliche Rechtsfragen unterrichtet 4 6 9 Vielmehr kommt es hier darauf an, ob ein sorgfältiger Angehöriger des betreffenden Berufs die Verbotswidrigkeit hätte erkennen können.470 Gerade wenn die Rechtslage unklar ist und Gerichte nicht einheitlich entscheiden, wird ein Irrtum unvermeidbar sein.471 Die Erkundigungspflicht führt dazu, dass im Zweifel anwaltlicher Rat eingeholt werden muss.472 Derjenige dagegen, der sich zu einer Rechtsfrage die Auskunft eines fachkundigen Rechtsanwalts einholt und darauf vertraut, handelt im unvermeidbaren Verbotsirrtum, wenn sich die fragliche Handlung später doch als Verletzungshandlung erweist. 473 Sofern auch von Angehörigen anderer Berufskreise Kenntnis 461

Kircher, S. 57; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 747; Ulmer, Urheberund Verlagsrecht, S.569; ähnlich: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 13. 462 LG Wuppertal CR 1987, 599, 600. 463 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 265; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 153 f.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.747; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 108; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.292 f. u. Handwörterbuch, S.9. 464 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.747; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.293 u. Handwörterbuch, S.9. 465 Rehbinder, Urheberrecht, Rn.459; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.747; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 108; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.293 u. Handwörterbuch, S.9. 466 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.265; Rehbinder, ZUM 1990, S.465. 467 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.747; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.293. 468 Spautz, FuR 1978, S.99. 469 Kircher, S. 58. 470 BGHSt 9, 164, 172; Kircher, S.58. 471 LG München I NJW 1994, 2630, 2631. 472 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.747; vgl. auch: Tröndle/Fischer, § 17 StGB Rn.9. 473 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.76.

D. Irrtümer

285

der einschlägigen juristischen Fragestellungen erwartet werden kann, genügt es, wenn der Beschuldigte bei einer derartigen Person Rat einholt. 474 b) Vermeidbarkeit

von Irrtümern durch Unkenntnis des Verbots im Ganzen

Bei § 106 Abs. 1 UrhG ist ein Verbotsirrtum in der Regel vermeidbar. 475 Denn die Rechtsprechung stellt insofern erhebliche Anforderungen 4 7 6 Auch ein Jugendlicher von 15 Jahren wird regelmäßig erkennen können, dass es nicht rechtens ist, Kopien von Computerspielen anzufertigen und an beliebige Dritte weiterzugeben 4 7 7 Wer Werkträger tauscht, anstatt sie zu kaufen, weil er nur den Kauf für verboten hält, handelt im vermeidbarem Verbotsirrtum; denn er könnte ohne besondere Anstrengung erkennen, dass es unerheblich ist, ob man als Gegenwert Geld oder einen anderen Wert erhält. 478 Dagegen ist der Irrtum bei einem Sechzehnjährigen unvermeidbar, der seinen Lehrer und einen Rechtspfleger fragt, ob das Kopieren von Computerprogrammen zulässig ist, und in beiden Fällen eine bejahende Auskunft erhält 479 Auch derjenige, der weiß, dass auf dem Gebiet des Urheberrechts eine umfassende Regelung besteht, und der gleichwohl keine Erkundigungen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit seines Tuns vornimmt, handelt im vermeidbaren Verbotsirrtum, 480 sofern nicht sogar bedingter Vorsatz 481 zu bejahen ist. Der Grundsatz, dass ein Verbotsirrtum in der Regel vermeidbar ist, gilt nur eingeschränkt im Bereich des § 107 UrhG. 482 Ich möchte mich insofern den Ausführungen Siegs 483 anschließen: Bei § 107 UrhG kann sich nahezu jeder auf Unkenntnis berufen, da sogar Fachleuten die Vorschrift unbekannt ist und es eine Reihe fehlerhafter Kommentierungen in Urheberrechtslehrbüchern gibt. Zudem existiert im Bereich des § 107 UrhG beim Sacheigentum keine entsprechende Norm. Die Vermeidbarkeit muss deswegen bei § 107 UrhG in aller Regel verneint werden. Lediglich bei Kunstexperten kann im Einzelfall eine andere Bewertung geboten sein. Bei § 108 UrhG dagegen ist die Sachlage mit der bei § 106 UrhG vergleichbar. Verbotsirrtümer im Rahmen von § 108 UrhG sind deswegen in der Regel vermeidbar; denn der Beschuldigte kann sich vor seiner Tat ohne größere Schwierigkeiten informieren. 484 474

BGHSt 40, 257, 264. Fischer, S. 148; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.747. 476 Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn.6; ähnlich: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 265; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 110. 477 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.265 f., unter Hinweis auf eine unveröffentlichte Entscheidung des LG Hannover. 478 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.74. 479 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.74. 480 Movsessian, S.4. 481 Zum subjektiven Tatbestand: Kap. 6 A. 482 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 110 f. u. 119. 483 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 110. 484 Kircher, S. 122. 475

286

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

c) Vermeidbarkeit

von Irrtümern

über die Tathandlung

Im Bereich von Irrtümern über die Tathandlung sind Fälle eines unvermeidbaren Verbotsirrtums in denjenigen Bereichen denkbar, in denen eine streitige Gesetzesauslegung vorliegt. 485 Voraussetzung ist aber stets, dass sich der Beschuldigte vorab erkundigt und eine falsche Information erhalten hat. 486 Ferner muss er auf die Auskunft vertraut haben.487 Dagegen macht sich jedenfalls derjenige strafbar, dem bekannt ist, dass auf dem Gebiet des Urheberrechts eine umfassende Regelung besteht, und der dennoch ohne eigene Nachforschungen oder Lektüre oder ohne Einholung sach- und fachkundigen Rates Verwertungshandlungen vornimmt. 488 Hinsichtlich des Vervielfältigungsbegriffs wird von mehreren Autoren 489 als Beispiel für Unvermeidbarkeit eines Irrtums das Laden eines Programms in den Arbeitsspeicher eines Computers genannt. Dagegen hält v. Gravenreuth 490, den Irrtum über darüber, dass das Kopieren in den Arbeitsspeicher eines Computers ein Vervielfältigen sei, für vermeidbar, da der Beschuldigte regelmäßig über technisches Fachwissen verfüge und somit wisse, dass die Art der Speicherung für den Ablauf des Programms gleichgültig ist. Ich möchte mich zu dieser Frage nicht äußern, da ich das Laden in den Arbeitsspeicher überhaupt nicht für strafbar halte491. Um einen vermeidbaren Verbotsirrtum handelt es sich dagegen, wenn der Beschuldigte glaubt, die Herstellung nur eines Exemplars sei zulässig oder die Vervielfältigung sei nicht verboten, wenn sie nicht zur Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe vorgenommen wird; denn in diesem Fall hätte sich der Beschuldigte durch Einholung von Auskünften ohne weiteres informieren können.492 Auch beim Verbreitungsbegriff sind unvermeidbare Irrtümer vor allem im Bereich streitiger Gesetzesauslegung denkbar: Heinrich 493 nennt insofern das Anbieten noch nicht vervielfältigter Exemplare unter Berufung auf eine Entscheidung des Kammergerichts; 494 zutreffend aber wird man hier die Handlung gar nicht für strafbar halten495. In ähnlicher Weise möchte ich auch der Einschätzung496 widerspre485 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 265 u. S. 353; Möhring/Nicolini-Spautz, § 106 UrhG Anm. 6. 486 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.265. 487 Vgl.: Tröndle/Fischer, § 17 StGB Rn.9, m.w.N. 488 Vgl.: AG Stuttgart, Schulze, AGSt 3, 3 („Programmmitschnitt"), das nicht von Irrtum, sondern von bedingtem Vorsatz spricht. 489 Haß, Rechtsschutz, Rn.73; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.265. 490 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.75. 491 Vgl. zum Laden in den Arbeitsspeicher: Kap. 2 D. II. 5. b. 492 Kircher, S. 138. 493 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.265. 494 KG NStZ 1983, 561 („Videoraubkassetten"). 495 Vgl. zum Anbieten gegenständlich noch nicht vorhandener Exemplare: Kap.2 D.III.4.b(3). 496 So: LG Wuppertal CR 1987, 599, 600; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.265.

E. Versuch

287

chen, der Irrtum darüber, das Anbieten eines Werkträgers sei zulässig, sei vermeidbar; denn auch das „Anbieten an die Öffentlichkeit" steht mit Blick auf § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG gegenwärtig nicht unter Strafe 497. Dagegen werden andere Irrtümer im Zusammenhang mit dem Begriff des Inverkehrbringens im Regelfall vermeidbar sein.498 Dies gilt auch bei einem Irrtum über die Zulässigkeit der öffentlichen Wiedergabe eines urheberrechtlich geschützten Werks. 499 Etwa dann, wenn der Beschuldigte nicht weiß, dass auch die öffentliche Wiedergabe von Funksendungen (§22 UrhG) oder die öffentliche Wiedergabe von Bild- oder Tonträgern (§21 UrhG) unzulässig ist, liegt ein vermeidbarer Verbotsirrtum vor. 500

E. Versuch Die Versuchsstrafbarkeit wurde zunächst nur für gewerbliches Handeln durch die Urheberrechtsnovelle von 1985501 eingeführt. Im Jahre 1990502 erfolgte die Erweiterung auf alle Delikte der §§ 106 ff. UrhG. Die Vollendungsstrafbarkeit greift so früh ein, dass für strafwürdige Versuche kaum Raum bleibt. 503 Hier soll zunächst geklärt werden, welche Bedeutung der Begriff des unmittelbaren Ansetzens i. S. v. § 22 StGB im Zusammenhang des Urheberstrafrechts hat (I) 504 . Danach wird auf Probleme im Zusammenhang mit untauglichen oder fehlgeschlagenen Versuchen und des Wahndelikts eingegangen (II) 505 . Schließlich werden Rücktrittsfragen erörtert (III) 506 .

I. Begriff des unmittelbaren Ansetzens Unmittelbares Ansetzen liegt nach nahezu einhelliger Meinung 507 bei solchen Handlungen vor, die nach dem Tatvorsatz der Verwirklichung eines Tatbestands497

Vgl. zur Strafbarkeit des „Anbietens an die Öffentlichkeit": Kap. 2 D. III. 4. a. Kircher , S. 146. 499 v. Gravenreuth , Das Plagiat, S. 76. 500 Kircher , S. 151. 501 Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts vom 24.6.1985, BGB1.I, S. 1137. 502 Art. 2 des Gesetzes vom 7.3.1990, BGB1.I, S.422. 503 Heinrich , Die Strafbarkeit, S.266f.; noch weitergehend: Weber , Wesen, S.63. 504 Zum Begriff des unmittelbaren Ansetzens: Kap. 6 E.I. 505 Zu den Problemen im Zusammenhang mit untauglichen oder fehlgeschlagenen Versuchen und dem Wahndelikt: Kap. 6 E. II. 506 Zu den Rücktrittsproblemen: Kap. 6 E. III. 507 BGHSt 26,201,203; 30, 363,364; 31,10,12; 31,178,181 f.; 36,249,250; 37,294,297; NStZ 1997, 83; OLG Karlsruhe NJW 1982, 59; OLG Hamm NJW 1989, 3232, 3233; Berz , S. 51 Iff.; Kühl , JuS 1980, S. 508; Lackner/Kühl, §22 StGB Rn.4; Maurach/GösselfZipf, 498

288

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

merkmals unmittelbar vorgelagert sind und die im Falle ungestörten Fortgangs ohne Zwischenakte in die Tatbestandshandlung unmittelbar einmünden. Hierbei müssen Gefährdungshandlungen vorliegen, die nach der Vorstellung des Beschuldigten in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder in unmittelbar räumlichem und zeitlichem Zusammenhang stehen.508 Dies sind die Handlungen, mit denen der Beschuldigte subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los" überschreitet und objektiv oder subjektiv das geschützte Rechtsgut in eine konkrete nahe Gefahr bringt. 509 Diese Schwelle zum Versuch ist noch nicht überschritten, wenn es noch an einem letzten „Willensruck" fehlt. 510 Zur Vervielfältigung setzt also derjenige unmittelbar an, der nach seiner Vorstellung von der Tat alle Vorbereitungen getroffen hat, um mit dem Kopiervorgang zu beginnen.511 Hentschel 512 meint, dies sei bereits mit dem Einschalten des Kopiergerätes der Fall; nach Beginn des Kopiervorgangs liege dagegen regelmäßig ein vollendetes Delikt vor, da in den meisten Fällen bereits Teile des Werks 513 geschützt seien. Ich halte die Aussage Hentschels für zu allgemein. Im Einzelfall wird man feststellen müssen, ob zwischen dem Einschalten des Gerätes und dem Kopiervorgang noch weitere Akte notwendig sind; jedenfalls in den Fällen, in denen der Vervielfältigungsvorgang erst durch eine besondere Handlung ausgelöst werden muss, wird man im Einschalten des Gerätes noch kein unmittelbares Ansetzen sehen können. Ob der vom Gesetzgeber des Produktpirateriegesetzes angeblich514 beabsichtigte Zweck, die strafrechtlichen Einziehungsmöglichkeiten durch die Einführung der Versuchsstrafbarkeit zu verbessern, erreicht wurde, muss demnach bezweifelt werden. 515 Unmittelbares Ansetzen liegt dagegen vor, wenn der Beschuldigte einen Vervielfältigungsvorgang beginnen will, der Vorgang dann jedoch infolge einer Kopiersperre oder eines technischen Defekts nicht ordnungsgemäß verläuft. 516 Auch bei zeitlichem Auseinanderfallen von Handlung und Erfolg, etwa beim Druck aus der Warteschleife eines Computers, wird man in den meisten Fällen das unmittelbare Ansetzen schon zum Zeitpunkt der Handlung bejahen können. Ein unmittelbares Ansetzen zum Verbreitungstatbestand ohne Verwirklichung des gesamten Tatbestands wird nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Regelmäßig §40Rn.45ff.; Otto, JA 1980, S.642; Roxin, JuS 1979, S. Iff.; Tröndle/Fischer, §22 StGB Rn. 11, m.w.N.; Wessels/Beulke, Rn.598; kritisch: J. Meyer, S.605ff. 508 BGHSt 36, 249, 250; NStZ 1989, 473; Tröndle/Fischer, § 22 StGB Rn. 11. 509 BGHSt 28, 162, 163; 36, 249, 250; NStZ 1989, 473, 474; NStZ 1993, 133; NStZ 1996, 38; StV 1987, 528, 529; 1994, 240; Tröndle/Fischer, § 22 StGB Rn. 11. 510 BGH StV 1987, 529; LK-Vogler, §22 StGB Rn. 13; Tröndle/Fischer, §22 StGB Rn. 11. 511 Hentschel, ZUM 1985, S.499. 512 Hentschel, ZUM 1985, S.499. 513 Vgl. zum Problem des Schutzes von Werkteilen: Kap.2 C.I.4. 5,4 Vgl.: Jung, JuS 1990, S. 857; Lührs, S. 268. 515 Ebenso: E. Braun, Produktpiraterie, S. 192f. 516 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.267.

E. Versuch

289

wird dies nicht der Fall sein bei der Weitergabe eines Werkträgers an einen nicht der Öffentlichkeit 517 angehörigen Dritten, wobei der Beschuldigte billigend in Kauf nimmt, dass das Exemplar an die Öffentlichkeit gelangt. Lediglich bei besonders engem zeitlichen Zusammenhang ohne Dazwischentreten weitere Handlungsakte wird man das unmittelbare Ansetzen schon in diesem Zeitpunkt bejahen können. Weitere Beispiele in der Literatur betreffen das Ansetzen zum Merkmal des „Anbietens an die Öffentlichkeit". So halten manche518 das Anbieten eines gegenständlich noch nicht vorhandenen Vervielfältigungsstückes 519 zumindest für einen Versuch. Kann 520 will ein unmittelbares Ansetzen bereits im Aufbau eines Standes auf dem Flohmarkt zum Zwecke des Verkaufes nicht lizenzierter Tonträger erblicken. Heinrich 521 sieht ein unmittelbares Ansetzen darin, dass ein Angebot, das gegen §106 UrhG verstößt, in einer Zeitung aufgegeben, aber nicht veröffentlicht wird, oder dass Piraterieware während des Vertriebs verloren geht. Nach Ansicht mehrerer Autoren 522 soll beim Anbieten gegenständlich noch nicht vorhandener Exemplare 523 jedenfalls ein Versuch vorliegen. Abgesehen davon, dass ich das „Anbieten an die Öffentlichkeit" nicht für strafbar halte 524 und deswegen auch kein unmittelbares Ansetzen dazu möglich ist, würde ich mich im Falle einer Gesetzesänderung, die die Strafbarkeit des „Anbietens an die Öffentlichkeit" zur Folge hätte, den genannten Ansichten anschließen. Lediglich im Aufbau eines Standes auf dem Flohmarkt möchte ich kein unmittelbares Ansetzen sehen; denn zu einer Rechtsgutsgefährdung führt erst die Auslage von Werken auf dem Stand. Dass im Falle des Anbietens gegenständlich noch nicht vorhandener Exemplare hinsichtlich der Versuchsstrafbarkeit dieselben Einwände greifen sollen wie hinsichtlich der Vollendungsstrafbarkeit, so dass konsequenterweise auch dort gefordert werden müsste, dass die Vervielfältigungsstücke zum Zeitpunkt des Angebots bereits vorhanden sein müssten525, ist mir nicht einsichtig. Denn jedenfalls in den Fällen, in denen die Herstellung des Werkträgers besonders schnell möglich ist, wird man den Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens i. S. v. § 22 Abs. 1 StGB früher ansetzen können. Auch bei der öffentlichen Wiedergabe ist ein Versuch kaum denkbar. Man wird ein unmittelbares Anbieten etwa in dem Fall annehmen können, dass der Veranstal517 Vgl. zum Erfordernis der Öffentlichkeit beim Tatbestandsmerkmal des „Inverkehrbringens": Kap. 2 D. III.3.b(2). 5,8 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 31; Lührs, S. 268. 519 Vgl. dazu: KG NStZ 1983, 561 („Videoraubkassetten").

520

521

Kann, S. 145 f.

Heinrich, Die Strafbarkeit, S.267. 522 v. Gravenreuth, BB 1985, S. 1569; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 12; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.387. 523 Zur Frage der Strafbarkeit beim Anbieten gegenständlich noch nicht vorhandener Exemplare: Kap. 2 D.III.4.b(3). 524 Vgl. zur Straflosigkeit des „Anbietens an die Öffentlichkeit": Kap. 2 D.III.4.a. 525 So aber: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 226. 19 Hildebrandt

290

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

ter die Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke beginnen will, aber das Vorführgerät aufgrund eines technischen Defektes ausfällt.

II. Abgrenzung des untauglichen Versuchs vom Wahndelikt Die Abgrenzung des untauglichen Versuchs vom Wahndelikt i. S. v. § 23 StGB wirft im Urheberstrafrecht Probleme auf, da die Anwendung der allgemeinen Abgrenzungskriterien zu einer überaus weiten Versuchsstrafbarkeit führt. Denn für die Abgrenzung von Wahndelikt und untauglichem Versuch soll nach fast allgemeiner Ansicht seit reichsgerichtlicher 526 Zeit folgender Umkehrschluss gelten: Ein strafbarer untauglicher Versuch sei immer in den Fällen anzunehmen, in denen im Irrtumsbereich § 16 StGB einschlägig ist, während ein strafloses Wahndelikt in den Fällen des § 17 StGB gegeben sei. 527 Infolgedessen liege ein untauglicher Versuch gemäß § 106 Abs. 2 UrhG etwa dann vor, wenn der Beschuldigte irrtümlich annimmt, ein urheberrechtlich geschütztes Computerprogramm vor sich zu haben und er dieses Programm unerlaubt vervielfältigt, obwohl es sich in Wirklichkeit um ein einfaches, urheberrechtlich nicht geschütztes Programm handelt.528 Entsprechendes soll gelten, wenn der Vervielfältigende glaubt, eine antikisierende Neuschöpfung vor sich zu haben, während es sich in Wahrheit um ein gemeinfreies Märchen handelt. 529 Auch im Falle nachträglicher Genehmigung durch den Verletzten bleibe der betätigte Wille des Beschuldigten und damit die Grundlage für eine Versuchsstrafbarkeit. 530 Bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG soll dann ein untauglicher Versuch vorliegen, wenn der Beschuldigte ein Vervielfältigungsstück für ein Original hält. 531 Dagegen hält Lauer 532 den dargestellten Umkehrschluss jedenfalls hinsichtlich des Blankettmerkmals der „gesetzlich zugelassenen Fälle" nicht für überzeugend. Der Umkehrschluss sei in diesem Fall nicht zulässig, da es sich beim Irrtum lediglich um eine hinreichende Bedingung handele, § 16 StGB zu bejahen, dagegen nicht um eine notwendige Begründung, wie sie für die Zulässigkeit des Umkehrschlusses erforderlich wäre. Eine Irrtumslehre, die versucht, gestiegene Informationsrisiken nicht dem Individuum aufzubürden, würde andernfalls stets im Bereich der Abgrenzung zwischen untauglichem Versuch und Wahndelikt den entgegengesetzten Effekt haben und den Rechtsunterworfenen in unerwünschter Weise zusätzlich belas526

RGSt 42, 92, 94; ausführlich hierzu: Endrulat, Rn.213ff. Vgl.: Heidingsfelder, S. 108f.; JescheckAVeigend, §50111, mit Fn. 14; LK-Vogler, §22 StGB Rn. 143; Maiwald, Unrechtskenntnis, S. 29; Sax, JZ 1964, S.243; Schönke/SchröderEser, §22 StGB Rn.69; Tischler, S.31f.; Tröndle/Fischer, § 16 StGB Rn. 11 u. § 17 StGB Rn. 10; Welzel, Das deutsche Strafrecht, S. 194. 528 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.266. 529 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108a UrhG Rn.4. 530 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.71. 531 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 162. 532 Ausführlich: Lauer, S. 128ff. 527

E. Versuch

291

ten. In diesen Fällen sei deswegen ein strafloses Wahndelikt anzunehmen. Straflos sei deswegen zum Beispiel das private Kopieren von CDs auf Musikkassetten in der irrigen Annahme, dass dieses Kopieren nicht durch § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG gedeckt ist, oder das Kopieren eines bekannterweise seit zehn Jahren vergriffenen Buches zu nichtkommerziellen Zwecken in dem Glauben, dass dieses Kopieren verboten sei. Ich halte die Überlegungen Lauers nicht nur für zutreffend, sondern sogar für verallgemeinerungsfähig. Immer dann, wenn die Annahme normativer Tatbestandsmerkmale vor allem darauf beruht, den Bürger bei der Rechtsanwendung zu entlasten und ihm nicht das Risiko eines Irrtums hinsichtlich komplexer Regelungen aufzubürden, überzeugt der dargestellte Umkehrschluss nicht. Denn andernfalls würde die entlastende Wirkung im Bereich des Versuchs in ihr Gegenteil verkehrt. Zudem gilt es im Urheberstrafrecht zu beachten, dass in den Fällen des § 23 StGB regelmäßig kein besonderes öffentliches Interesse533 an der Strafverfolgung i. S. v. § 109 UrhG vorliegen wird. Infolgedessen aber kann die Tat nur dann verfolgt werden, wenn ein Strafantrag gestellt ist. Ein Antragsberechtigter existiert aber jedenfalls in den Fällen nicht, in denen überhaupt kein Werk i. S. v. § 2 Abs. 2 UrhG vorliegt. Auch in den Fällen, in denen der Beschuldigte durch rückwirkende Einräumung eines Nutzungsrechts nachträglich Berechtigter geworden ist, 534 gibt das Antragserfordernis keinen Sinn. Denn hier müsste der Beschuldigte selbst den Strafantrag stellen. Im Übrigen zeigt gerade die Konstellation, dass der Beschuldigte im Nachhinein zum Berechtigten werden kann, dass die Annahme eines untauglichen Versuches in derartigen Fällen zu absurden Ergebnissen führt. Denn dem Beschuldigten kann es wohl kaum angelastet werden, dass er nicht in die Zukunft schauen konnte und zum Zeitpunkt der Verwertung nicht wusste, dass er Berechtigter ist. Im Ergebnis scheidet deswegen ein untauglicher Versuch im Urheberrecht aus. Vielmehr handelt es sich stets um ein strafloses Wahndelikt.

I I I . Rücktrittsprobleme Neben den allgemeinen strafrechtlichen Fragen zum Rücktrittsrecht ist im Rahmen des § 24 StGB vor allem von Interesse, wann eine Tat nach §§ 106 ff. UrhG vollendet ist. Bereits oben habe ich ausgeführt, dass es sich bei den Tatbeständen der Vervielfältigung 535 und Verbreitung 536 um Erfolgsdelikte handelt. Hier ist ein Rücktritt nach Maßgabe des § 24 StGB möglich. Beim Tatbestand der „öffentlichen Wiedergabe" 537 handelt es sich dagegen um ein bloßes Tätigkeitsdelikt. Ein Rücktritt 533

Vgl. zum Begriff des „besonderen öffentlichen Interesses": Kap. 7 A.I. 1. Vgl. zum Sonderproblem des untauglichen Täters: Endrulat , Rn. 328. 535 Vgl. insofern: Kap. 2 D. II. 2, am Ende des Abschnitts. 536 Vgl. zum „Inverkehrbringen": Kap. 2 D.III.3.b(5); zum „Anbieten an die Öffentlichkeit": Kap. 2 D.III.4.b(l), am Ende des Abschnitts. 537 Vgl. zur „öffentlichen Wiedergabe": Kap. 2 D.IV, am Ende des Abschnitts. 534

19*

292

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

scheidet hier in der Regel aus. Allenfalls in konstruierten Fällen ist ein Rücktritt denkbar, etwa dann, wenn der Beschuldigte die Wiedergabe eines Tonbands mit Musikstücken zwar startet, sich aber besinnt, bevor die Musik anfängt.

F. Täterschaft und Teilnahme Weil Urheberrechtsdelikte in vielen Fällen Arbeitsteilung erfordern, kommt den Problemen im Zusammenhang mit Täterschaft und Teilnahme eine besondere Bedeutung zu. 538 Zunächst sollen kurz die dogmatischen Grundlagen hinsichtlich der Einordnung zu den verschiedenen Formen von Täterschaft und Teilnahme erörtert werden (I) 539 . Danach kommen die Probleme, die sich bei verschiedenen Personenkreisen ergeben (II) 5 4 0 , die Frage der Möglichkeit einer Teilnahme nach Tatvollendung (II. 11)541 sowie die Probleme im Zusammenhang mit § 28 StGB (IV) 5 4 2 zur Sprache.

I. Dogmatische Grundlagen Während die Frage, wann eine Handlung als Anstiftung oder Beihilfe strafbar ist, durch die Definitionen der §§ 26, 27 StGB weitgehend geklärt ist, bereitet die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme nach wie vor Probleme. 543 Der BGH nimmt in seiner jüngeren Rechtsprechung insofern eine zweistufige Prüfung vor: Zunächst ist festzustellen, ob der Beteiligte den Tatbestand eigenhändig verwirklicht hat; ist dies der Fall, so liegt stets Täterschaft vor. 544 Nach den Grundsätzen des ersten Mauerschützenurteils ist in diesen Fällen allenfalls noch zu prüfen, inwieweit der Beteiligte Handlungsspielraum hat, sich anders zu verhalten. 545 Darauf, dass der Täter kein Interesse an der Tat hat oder nur unter dem Einfluss und in Gegenwart des Mittäters in dessen Interesse handelt, kommt es in aller Regel nicht an. 546 In der zweiten Stufe der Prüfung untersucht der BGH anhand wertender Betrachtung eine Reihe weiterer Kriterien. 547 Hier kommt es an auf das eigene Interesse am Taterfolg, den Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder den Willen zur Tatherr538 So auch: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 164 u. UFITA 83 (1978), S. 80; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.296. 539 Zu den dogmatischen Grundlagen: Kap.6 F I . 540 Zu den Einzelproblemen: Kap.6 F.II. 341 Zur Frage der Möglichkeit einer Teilnahme nach Tatvollendung: Kap. 6 F. II. 11. 542 Zu Problemen im Zusammenhang mit §28 StGB: Kap. 6 F. IV. 543 Vgl. ausführlich: Roxin, Täterschaft; knapper: Tröndle/Fischer, vor § 25 StGB Rn. 2, m. w. N. 544 Vgl.: BGHSt 38, 315, 316; Wiegmann, S. 1006. 545 BGHSt 39, 1,32. 546 BGHSt 38, 315, 316; Tröndle/Fischer., vor §25 StGB Rn.2. 547 BGHSt 28,346,349; GA 1977,306; StV 1982,17; 1985,14; 1994,422,422f.; vgl. auch: StV 1997,411.

F. Täterschaft und Teilnahme

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schaft. 548 Es kann ein Beitrag genügen, der die Tatbestandsverwirklichung fördert, wenn die Tat ohne ihn zwar nicht unmöglich, aber wesentlich erschwert worden wäre. 549 Für Mittäterschaft genügt es dagegen nicht, dass der Beteiligte die durch andere verwirklichten Tatumstände kennt, sie billigt und durch eigenes Einschreiten verhindern könnte.550 Erforderlich ist vielmehr die Mitwirkung in der Rolle eines gleichberechtigten Partners. 551 Nach diesen Grundsätzen ist bei § 106 UrhG jedenfalls derjenige Täter, der eine unbefugte Vervielfältigung eigenhändig vornimmt, 552 eigenhändig verbreitet oder öffentlich wiedergibt. Täter bei § 107 UrhG ist, wer eigenhändig unzulässig signiert oder verbreitet. 553 Entsprechendes gilt bei § 108 UrhG. Im Übrigen lassen sich allgemeine Feststellungen kaum treffen.

II. Einzelfälle Nachfolgend soll die Einordnung folgender Personengruppen in die §§25 ff. StGB der Reihe nach vorgenommen werden: Setzer und Drucker ( l ) 5 5 4 , Verleger (2) 555 , Buchbinder (3) 556 , Hersteller von Vorprodukten und Verpackungen (4) 557 , Händler und Tauschpartner (5) 558 , Anbieter von und in Datennetzen (6) 559 , Bibliothekare (7) 560 , Geschäftsführer und Management eines Unternehmens (8) 561 , abhängige Arbeitnehmer (9) 562 und Endabnehmer (10) 563 . Abschließend werden verbleibende Fälle kurz behandelt ( I I ) 5 6 4 . 1. Setzer und Drucker Hinsichtlich des Tatbestands der Vervielfältigung ist ein Drucker in aller Regel Täter, da er die verbotswidrige Herstellung der Vervielfältigungsstücke selbst vor548 549 550 551

BGHSt 37, 289, 291; GA 1974, 370; dazu: Erb, S. 197ff.; Roxin, JR 1991, S.206. BGH NStZ 1991, 91; Tröndle/Fischer, vor §25 StGB Rn.2. BGHSt 36, 363, 367. Tröndle/Fischer, vor § 25 StGB Rn. 2, mit Nachweis zu unveröffentlichter Rechtspre-

chung. 552 553 554 555 556 557 558 559 560 561 562 563 564

Heinrich, Die Strafbarkeit, S.276 u. S.353. Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 14. Zu Setzern und Druckern: Kap.6 F.II. 1. Zu Verlegern: Kap. 6 F. II. 2. Zu Buchbindern: Kap. 6 F. II. 3. Zu Herstellern von Vorprodukten und Verpackungen: Kap. 6 F. II. 4. Zu Händlern: Kap. 6 F. II. 5. Zu Anbietern in Datennetzen: Kap. 6 F. II. 6. Zu Bibliothekaren: Kap. 6 F. II. 7. Zu Geschäftsführern und Management eines Unternehmens: Kap. 6 F. II. 8. Zu abhängigen Arbeitnehmern: Kap. 6 F. II. 9. Zur Strafbarkeit von Endabnehmern: Kap. 6 F. II. 10. Zu den verbleibenden Fällen: Kap.6 F.II. 11.

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

nimmt. 565 Dies gilt auch dann, wenn er den Druck nicht eigenhändig ausführt, sondern sich eines Gehilfen bedient, da er Herr in seinem Betrieb ist und somit mit Täterwillen Tatherrschaft ausübt.566 Gegebenenfalls liegt Mittäterschaft i. S. v. § 25 Abs. 2 StGB mit anderen Personen vor, wenn diese aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlusses an der Herstellung der Vervielfältigungsexemplare mitwirken. 567 Hinsichtlich des Tatbestands der Verbreitung will Flechsig 568 die Tätigkeit des Druckers als Täterschaft einordnen, da die Vervielfältigung auf die spätere Verbreitung abziele. Dagegen meint Fischer 569, der Drucker könne allenfalls Gehilfe sein. Weber 570 schließlich hält seine Tätigkeit insgesamt nicht für strafbar. Andernfalls würde die Wertung unterlaufen, dass der Drucker keine Verbreitung 571 vornehme, indem er die hergestellten Exemplare innerhalb der betriebsinternen Sphäre dem Verleger übergibt. 572 Ich möchte Fischer zustimmen. Denn Täterschaft scheidet aus, da der Drucker hinsichtlich der Verbreitung regelmäßig weder eigene Tatherrschaft noch ein eigenes Interesse am Taterfolg hat. Lediglich in extrem gelagerten Ausnahmefällen kann dies anders sein. Beihilfe ist dagegen theoretisch denkbar. Jedoch wird es zumeist am Vorsatz bezüglich der konkreten Tat fehlen. Auch den Setzer hält Flechsig 573 für einen Täter hinsichtlich Vervielfältigung und Verbreitung. Hier wird man differenzieren müssen. Bei der Verbreitung dürften dieselben Maßstäbe anzuwenden sein wie beim Drucker. Bei der Vervielfältigung wird man in erster Linie darauf abstellen müssen, ob die Tätigkeit des Setzers bereits den Tatbestand der Vervielfältigung erfüllt. Hierbei sind die Grundsätze über die Vervielfältigung von Werkteilen 574 und über die Herstellung von Vervielfältigungsvorrichtungen 575 zu beachten. Sollte dagegen die Tätigkeit des Setzers nicht den Vervielfältigungstatbestand erfüllen, wird man allenfalls Beihilfe annehmen können. Denn hinsichtlich der Vervielfältigung fehlt es dem Setzer an Tatherrschaft und Interesse am Taterfolg.

565 Flechsig, GRUR 1978, S.290; Fischer, S. 157; Lampe, UFITA 83 (1978), S.36; Mestmäcker/Schulze, § 106 UrhG Anm. 2; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 15; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 568; einschränkend auf den Leiter der Drucknerei: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.320. 566 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.327. 567 Fischer, S. 157; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.211. 568 Flechsig, GRUR 1978, S.290. 569 Fischer, S. 157. 57 0 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 336. 571 Vgl. zum Begriff des Verbreitens: Kap. 2 D. III. 57 2 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 336. 57 3 Flechsig, GRUR 1978, S.290. 574 Zum Schutz von Werkteilen: Kap.2 C. 1.4. 575 Zur Strafbarkeit der Herstellung von VervielfältigungsVorrichtungen: Kap.2 D.II.3.

F. Täterschaft und Teilnahme

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2. Verleger Hinsichtlich des Tatbestands der Vervielfältigung ist der Verleger als Täter anzusehen.576 Dies ist zwar nicht so eindeutig wie beim Drucker, da der Verleger nicht alle Tatbestandsmerkmale eigenhändig erfüllt. 577 Auch die Tatsache, dass der Verleger den Anstoß zur Vervielfältigung gibt, reicht allein zur Annahme von Täterschaft nicht aus, sondern ist als Anstiftung zu berücksichtigen. 578 Zum Täter wird der Verleger aber dadurch, dass er den Druck finanziert, das wirtschaftliche Risiko trägt und durch seine planerische Tätigkeit entscheidenden Einfluss auf die Art und Weise der Vervielfältigung nimmt. 579 An dieser Bewertung ändert sich auch dann nichts, wenn der Verleger einen Angestellten einschaltet, der die technische Herstellung vorbereitet. 580 Dagegen kann ein verantwortliche Redakteur nicht allein aufgrund eines Pressegesetzes als Täter angesehen werden, da nicht der Inhalt der Druckschrift, sondern die Tatsache des Druckes selbst den Tatbestand der strafbaren Handlung bildet. 581 Vielmehr ist insofern Kenntnis der gesamten Tatumstände zu fordern. 582 Gegebenenfalls liegt im Falle bewussten und gewollten Zusammenwirkens mit anderen Mittäterschaft i. S. v. § 25 Abs. 2 StGB vor. 583 Soweit lediglich der Verleger weiß, dass es sich um einen unerlaubten Nachdruck handelt, und er sich des Druckers als Tatwerkzeug bedient, ist der Verleger als Alleintäter in mittelbarer Täterschaft zu bestrafen. 584 Soweit dabei der Verleger im Hinblick auf die Vorsätzlichkeit des Handelns des Druckers irrt, ergeben sich hinsichtlich der dann auftretenden äußerst umstrittenen Fragen 585 im Urheberstrafrecht keine Besonderheiten.586 Regelmäßig wird der Verleger auch hinsichtlich der Verbreitung als Täter zu bestrafen sein.587 Soweit ein Verleger gutgläubige Händler zum Vertrieb veranlasst, handelt er zusätzlich in mittelbarer Täterschaft. 588 Dies kann in den Fällen relevant 57 6 Fischer, S. 157; Lampe, UFITA 83 (1978), S.36; Letzgus, S.297; Mestmäcker/Schulze, § 106 UrhG Anm. 2; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.568; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 321; ähnlich: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 15; ebenso zum Schriftleiter: Letzgus, S.297. 57 7 Lampe, UFITA 83 (1978), S.36; Weber,, Der strafrechtliche Schutz, S.321. 57 8 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.321. 57 9 Lampe, UFITA 83 (1978), S.36; Weber,, Der strafrechtliche Schutz, S.321. 580 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.325. 581 RGSt 20, 430, 433; Mestmäcker/Schulze, § 106 UrhG Anm. 2. 582 Mestmäcker/Schulze, § 106 UrhG Anm. 2, unter Hinweis auf: RGSt 48, 330. 583 Fischer,, S. 157; Lampe, UFITA 83 (1978), S.36; Mestmäcker/Schulze, § 106 UrhG Anm.2; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.568; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.321; ähnlich: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 15. 584 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 322ff. 585 v g l insofern: Wessels/Beulke, Rn.545ff., m.w.N. 586

Bei diesen Fragen in den Grundlagen abweichend mit ausführlicher Begründung: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.321 ff. 587 Lampe, UFITA 83 (1978), S.37; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.337; vgl. auch: Bühler, S. 195. 588 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.338.

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

werden, in denen der Verleger erst nach der Belieferung des Händlers bösgläubig wird. 589 Die Grenze zur Beihilfe wird erst in den Fällen überschritten, in denen Verbreitungshandlungen außerhalb der Organisationssphäre des Verlegers stattfinden.

3. Buchbinder In der Literatur ist umstritten, ob die Tätigkeit des Buchbinders als Täterschaft oder als Beihilfe zu bestrafen ist. Weber 590 möchte lediglich Beihilfe annehmen. Denn der Schwerpunkt der unerlaubten Vervielfältigung liege bei der die Herstellung initiierenden Tätigkeit des Verlegers und der technischen Ausführung durch den Drucker. Der Einband eines Buches werde in der Regel gegenüber seinem Inhalt als nebensächlich angesehen. Auch die Pressegesetze verlangten im Impressum nur die Angabe des Druckers und des Verlegers. Eine Ausnahme gelte nur, wenn der Einband zur Hauptsache des Buches werde. Dagegen sehen andere591 den Buchbinder als Täter an. Zwar gäben die strafrechtlichen Teilnahmetheorien für die Abgrenzung nichts her; der Tatbeitrag des Buchbinders sei aber für den Erfolg der konkreten Tat notwendig, da sich ein ungebundener Raubdruck kaum oder nur wesentlich schwieriger absetzen lasse.592 Ich halte beide Ansichten für falsch. Vielmehr unterfällt das Handeln des Buchbinders regelmäßig überhaupt nicht dem Vervielfältigungstatbestand. Der Tatbestand der Vervielfältigung ist nämlich schon in dem Augenblick, in dem der Buchbinder tätig wird, bereits vollendet. Denn nicht das Buch ist das geschützte Tatobjekt, sondern das darin verkörperte Werk i. S. v. § 2 Abs. 2 UrhG, also eine persönliche geistige Schöpfung. Da der Tatbestand der Vervielfältigung in aller Regel sogar schon beendet sein wird, scheidet auch Beihilfe aus.593 Lediglich wenn der Einband eine persönliche geistige Schöpfung darstellt, wird man die Tätigkeit des Buchbinders anders beurteilen müssen. Auch kann in Einzelfällen psychische Beihilfe 594 zu bejahen sein. Hinsichtlich des Verbreitungstatbestands kann auf die Ausführungen 595 zur Strafbarkeit des Druckers verwiesen werden. 596 Während Täterschaft insofern ausscheidet, wird in Ausnahmefällen Beihilfe in Betracht kommen. 589

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.338. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.336. 591 Fischer, S. 157; Flechsig, GRUR 1978, S.290; Lampe, UFITA 83 (1978), S.37; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 15. 592 Lampe, UFITA 83 (1978), S.37. 593 Vgl. zur Möglichkeit der Teilnahme nach Tatvollendung: Kap. 6 F. III. 594 Vgl. dazu: Tröndle/Fischer, §27 StGB Rn.7. 595 Vgl. insofern: Kap. 6 F. II. 1. 596 Vgl. auch: Fischer, S. 157; Flechsig, GRUR 1978, S.290; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.336. 590

F. Täterschaft und Teilnahme

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4. Hersteller von Vorprodukten und Verpackungen Zur Einordnung der Tatbeiträge der Hersteller von Vorprodukten hat Rochlitz 597 Stellung genommen. Er gelangt zu dem Ergebnis, der Hersteller von Vervielfältigungsvorprodukten leiste jedenfalls Beihilfe zur weiteren Vervielfältigung, da ohne seinen Tatbeitrag die Tat nicht möglich sei und er wisse, wofür seine Produkte verwendet würden. Soweit ein gemeinsamer Wille zu einer gemeinsam gewollten Tat vorhanden ist, sei darüber hinaus von Täterschaft auszugehen. Hierbei sei auf das objektive Element der gemeinschaftlichen Begehungsweise abzustellen. Da der Hersteller von Vorprodukten sich regelmäßig über den weiteren Handlungsablauf im klaren sei, liege ferner eine Beihilfe zur Verbreitung vor. Ich teile die Auffassung von Rochlitz nicht. Eine gemeinsame Begehungsweise liegt hinsichtlich des Herstellers von Vorprodukten regelmäßig nicht vor. Auch fehlt es dem Hersteller von Vorprodukten im Augenblick der Vervielfältigungshandlung an Tatherrschaft und am Willen zur Tatherrschaft. Im Ergebnis kommt deswegen allenfalls Beihilfe in Betracht. Den Hersteller von Verpackungen, etwa bei Identfälschungen von Schallplatten, hält Rochlitz 598 regelmäßig für einen Täter. Denn er erleichtere die Verbreitung der Produkte ganz erheblich oder ermögliche sie erst. Sein Beitrag gehe über den des Buchbinders hinaus. Der Hersteller von Verpackungen habe jedenfalls bei einer Erlösbeteiligung ein eigenes Interesse an der Tat. Auch insofern kann ich Rochlitz nicht folgen. Einen sachlichen Unterschied zum Buchbinder 599 sehe ich nicht, da die Beiträge beider zur späteren Verbreitung gleichermaßen erforderlich sind. Im Ergebnis kommt in aller Regel allenfalls Beihilfe zur Vervielfältigung und zur Verbreitung in Betracht.

5. Händler und Tauschpartner Hinsichtlich des Verbreitungstatbestands ist der Händler in aller Regel Täter. 600 Gegebenenfalls liegt Mittäterschaft vor. 601 Im Softwarebereich ist dies etwa der Fall, wenn mit einer Verkaufsliste mehrere Personen die widerrechtlich kopierten Programme anbieten.602 Bei § 107 UrhG liegt Mittäterschaft vor, wenn infolge einer Vereinbarung der eine signiert oder signieren lässt und der andere verbreitet. 603 Dagegen leistet auch derjenige Händler, der Raubkopien verbreitet, regelmäßig durch 597

Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 183 ff. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 187 ff. 599 Vgl. zum Buchbinder: Kap. 6 F. II. 3. 600 Fischer, S. 157; Lampe, UFITA 83 (1978), S.37; Mestmäcker/Schulze, § 106 UrhG Anm.2; Schricker- Η aß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 15; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 337. 601 Fischer, S. 157; unklar: Bühler, S. 195. 602 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 80. 603 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 14. 598

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

die Verbreitung allein zur Vervielfältigung keinen Beitrag. 604 Auch wird der Ankauf von Exemplaren mit der Absicht, diese weiterzuverbreiten, nicht von § 106 UrhG erfasst, sondern stellt eine bloße Vorbereitungshandlung dar. 605 Weber 606 stellt fest, dass das richtige Verständnis des Erschöpfungsgrundsatzes dazu führe, dass die Weiterveräußerung oder der Verleih 607 auch dann straflos bleiben müsse, wenn der Veräußerer oder Verleiher damit rechnet, dass der Erwerber oder Mieter von dem überlassenen Vervielfältigungsstück rechtswidrig Kopien herstellt. Denn in der bloßen Veräußerung oder im Verleih liege ein neutrales Handeln, das nicht den erforderlichen Zusammenhang mit der Haupttat aufweise und in dem sich keine Solidarisierung mit dem Haupttäter manifestiere. Diese Argumentation, die bei der Begünstigung und Strafvereitelung weitgehend anerkannt ist, 608 verdiene auch für die Beihilfe Beachtung. Im Ergebnis seien zum Beispiel Jugendliche und Heranwachsende auch dann straffrei, wenn sie Videospiele austauschen und damit rechnen, dass der Tauschpartner das überlassene Exemplar kopiert. Ich möchte Weber im Wesentlichen zustimmen. Allenfalls dann, wenn eine gemeinsame Absprache der Tauschpartner vorliegt oder die Tat schon in anderer Weise konkretisiert ist, kann eine andere Behandlung derartiger Fälle geboten sein.609 Am Rande sei darauf hingewiesen, dass ich die Vervielfältigung von Computersoftware im Rahmen des § 53 UrhG aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht für strafbar halte. 610

6. Anbieter von und in Datennetzen Derjenige, der selbst unberechtigt Daten in ein Datennetz einspeist, ist Täter hinsichtlich einer Vervielfältigung und einer Verbreitung. Auch das Bereithalten von Daten zum Überspielen durch einen Dritten kann im Moment der Vervielfältigung durch diesen als Mittäterschaft einzustufen sein, sofern ein gemeinsamer Tatplan vorliegt. Dagegen kann das bloße Einrichten sogenannter „Links" auf einer Seite des Internet, 611 also von Verweisungen auf andere Seiten, hinsichtlich der §§ 106 ff. UrhG allenfalls Beihilfe darstellen. 612 Denn Täterschaft scheidet aus, da durch den 604

Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 179. Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2122. 606 Weber, Wesen, S. 65 f. 607 Weber, Wesen, S. 65 spricht vor der Änderung des § 17 UrhG durch Gesetz vom 23.6.1995 (BGBl. I S. 842) von „Vermietung". 608 Vgl.\Arzt/Weber, Rn.376, m.Fn. 13; Schönke/Schröder-Stree, §258 StGB Rn.21 f.; Vogt, S. 165 ff.; Weber, Wesen, S.65 f. 609 Vgl.: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.276 u. S.354. 6,0 Dazu: Kap. 2 E. IX. 2. 611 Hierzu: AG Tiergarten MMR 1998, 49, 50; Flechsig/Gabel, S. 351 ff.; Löhnig, S.497 f. 612 Ähnlich: Flechsig/Gabel, S.355f. 605

F. Täterschaft und Teilnahme

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Link das Werk selbst weder vervielfältigt noch verbreitet wird, zumal das Anbieten an die Öffentlichkeit straflos ist 613 . Eine strafrechtliche Verantwortung arbeitsteilig tätiger Teilorganisationen von Telediensteanbietern scheidet dagegen regelmäßig aus.614 Denn sie können unter die Privilegierung des § 5 Abs. 3 TDG fallen, oder die Zurechenbarkeit kann aus Gründen der Weisungsgebundenheit gegenüber der Konzernspitze ausgeschlossen sein615. Außerdem sind ihnen mangels Beherrschbarkeit fremder Speichersysteme die dort gespeicherten Daten nicht zuzurechnen. Überdies kann die Verantwortung für fremde Inhalte nach § 5 Abs. 2 TDG ausgeschlossen sein, sofern dem Diensteanbieter die Sperrung nicht technisch möglich oder zumutbar ist. 7. Bibliothekare Der Bibliotheksdirektor und der verantwortliche Sachbearbeiter einer privaten oder öffentlichen Bibliothek sind im Falle der Ausleihe von Raubkopien nach § 106 UrhG als Täter einer Verbreitung zu bestrafen. 616 Heinrich 617 meint, bei der Entleihe zur unberechtigten Vervielfältigung komme allenfalls Teilnahme an einer späteren Vervielfältigung in Betracht, während die Verbreitung wegen des Erschöpfungsgrundsatzes 618 zulässig sein müsse. Meiner Ansicht nach wird man ähnlich wie oben619 bei den Tauschpartnern auch hinsichtlich der Vervielfältigung im Regelfall zur Straflosigkeit kommen müssen. Auf die dortigen Ausführungen kann verwiesen werden.

8. Geschäftsführer und Management eines Unternehmens Der Geschäftsführer des Unternehmens, in dem unerlaubt Vervielfältigungsstücke hergestellt werden, ist in aller Regel Täter. 620 So ist etwa die Tätigkeit des Drahtziehers einer Tätergruppe im Bereich der Schallplattenraubpressung § 25 StGB zuzuordnen, da er Herr in seinem Betrieb ist und den Herstellungsvorgang mit Täter613

Vgl. zur Straflosigkeit des Anbietens an die Öffentlichkeit: Kap.2 D.III.4.a. Conradi/Schlömer, S.366ff. u. S.472ff.; Berksen, S. 1885; Hoeren, S.2792f.; Sieber, JZ 1996 S.499 ff. u. MMR 1998, S. 438 ff.; Tröndle/Fischer, § 184 StGB Rn.39; Vassilaki, NStZ 1998, S.521 f.; Weitzel, S.428; a. Α.: AG München NJW 1998, 2836; Schaefer/Rasch, S.458; vgl. auch: Flechsig, AfP 1996, S. 340ff.; Pappi, S. 223 ff.; Pelz, StV 1999, S.53ff. u. ZUM 1998, S.532ff.; Sieber, DuD 1996 , S.550ff.; Wimmer, S.436ff.; auch: LG München I Κ & R 2000, 307. 615 Hoeren, S. 2792f. 616 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.212f. 617 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.244. 6,8 Vgl. zum Erschöpfungsgrundsatz: Kap.2 D.III.5. 619 Vgl. zu Tauschpartnern: Kap. 6 F. II. 5. 620 Vgl. dazu: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 170f. u. S. 191 ff. 614

300

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

willen und Tatherrschaft kontrolliert. 621 Mittelbare Täterschaft liegt vor, wenn ein Videothekar durch seine gutgläubigen Angestellten Raubkopien fertigen und verbreiten lässt.622 Bei Angehörigen des mittleren Managements hängt die Frage der Mittäterschaft von der Ausgestaltung des Arbeitsvertrags und der tatsächlichen Entscheidungsbefugnisse und Mitspracherechte beim Betriebsablauf ab.623 Auch der Geschäftsführer eines Unternehmens, der für mehrere Computer nur eine lizenzierte Software erwirbt, ist Täter einer Tat nach § 106 UrhG; denn er setzt mit Tatherrschaft und Täterwillen eine Ursache für die rechtswidrigen Vervielfältigungen seiner Angestellten bei der Benutzung der Software; soweit dagegen die Angestellten eines Betriebs Vervielfältigungshandlungen vornehmen, ohne dass der Unternehmer über den Kauf lizenzierter Produkte hinaus eine Ursache gesetzt hat, ist dieser auch nicht Täter. 624 Der Inhaber des Unternehmens, in dem die Werkträger unerlaubt hergestellt wurden, etwa eines Schallplattenpresswerks, handelt hinsichtlich weiterer Verbreitungshandlungen als mittelbarer Täter, wenn Händler keine Kenntnis der Unzulässigkeit der Vervielfältigungsstücke haben.625 Denn mittelbare Täterschaft ist beim Inverkehrbringen möglich, da es sich bei diesem Tatbestand wegen des Erfordernisses eigener Verfügungsgewalt zwar um ein echtes Sonderdelikt, nicht aber um ein eigenhändiges Delikt handelt.626 9. Abhängige Arbeitnehmer Einige Autoren 627 wollen den abhängigen Arbeitnehmer auch dann nur wegen Beihilfe bestrafen, wenn er den Tatbestand eigenhändig erfüllt. Insofern sei eine objektive Begrenzung durch arbeitsvertragliche oder faktische Gegebenheiten zu fordern. Dies betrifft etwa den Maschinisten an der Druckmaschine 628 oder den Lehrling in der Buchhandlung, der dem Kunden ein Nachdruckexemplar übergibt 629. Entsprechendes soll auch dann gelten, wenn ein Händler in ähnlicher Weise von einem Verleger abhängig ist. 630 Weber* 31 führt zur Begründung aus, der in § 27 StGB verwendete Begriff der „Beihilfe" habe denselben Wortstamm wie die Begriffe „Gehilfe", „Hilfsarbeiter" 621

Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 191. Tielke, Taschenbuch, S. 32. 623 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 162; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.333. 624 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 162. 625 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 171. 626 Horn, S. 2334 u. S.2336. 627 Lampe, UFITA 83 (1978), S. 37; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 174ff.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 325 ff. u. Handwörterbuch, S.9. 628 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.330 u. Handwörterbuch, S.9. 629 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.344. 630 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.343f. 631 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 328 ff. 622

F. Täterschaft und Teilnahme

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oder „Handlungsgehilfe" i. S. v. §§59ff. HGB. Vorbereitungshandlungen wiesen häufig einen höheren Unrechtsgehalt auf als die eigenhändige Verwirklichung des Tatbestands. Strafrechtliche Erwägungen müssten das Zivilrecht - insbesondere das Arbeitsrecht - berücksichtigen, soweit der strafrechtlich relevante Erfolg in denselben Bahnen herbeigeführt wird wie üblicherweise im legalen Arbeitsverhältnis. Regelmäßig habe der Arbeitnehmer hinsichtlich seiner Tätigkeit keinen Spielraum für eigene Entscheidungen, sondern unterliege dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. 632 Der Arbeitnehmer beherrsche somit nicht das Geschehen.633 Eine Pflicht des Arbeitnehmers, aktiv gegen die Vervielfältigung vorzugehen, sei nicht zu fordern. Der Gehilfe des Druckers dürfe nicht anders behandelt werden als der Gehilfe des Verlegers, der regelmäßig nicht Täter der Vervielfältigung sei. Rochlitt 534 fügt dem hinzu, die Vervielfältigung erfolge auf den Maschinen des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer werde lediglich deswegen vom Arbeitgeber eingesetzt, weil er über die Spezialkenntnisse zur Bedienung der Vervielfältigungsmaschinen verfügt. Besondere „kriminelle Energie" entfalte er nicht, sondern erledige die Arbeit, die zu seinem Alltag gehöre. Ob der Arbeitnehmer zusätzliches Geld erhalte, spiele keine Rolle, da es sich dabei lediglich um „Gehilfenlohn" handele. Ich bin der Auffassung, die Rechtsprechung des BGH lässt für eine derartige Einschränkung keinen Raum. Denn derjenige Beteiligte, der den Tatbestand eigenhändig verwirklicht, handelt in aller Regel als Täter. 635 Darauf, dass der Täter kein Interesse an der Tat hat oder nur unter dem Einfluss und in Gegenwart des Mittäters in dessen Interesse handelt, kommt es nicht an. 636 Und auch Handlungsspielraum imSinnedes ersten Mauerschützenurteils 637 wird der Arbeitnehmer regelmäßig haben. Zudem erscheint es mir nicht gerechtfertigt, Kapitaldelikte anders zu behandeln als Straftaten gegen das Urheberrecht. Eine Einschränkung des Rechtsgüterschutzes über die Rechtsfertigungs- und Entschuldigungsgründe der §§32 ff. StGB hinaus gebietet auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht. Dagegen begründet die bloße Tätigkeit in einem Betrieb, der Raubkopien herstellt, etwa als Buchhalter oder Lagerhalter, keine strafbare Beihilfe, sofern der Arbeitnehmer keinen aktiven Tatbeitrag leistet; dies gilt sogar dann, wenn ein Schweigegeld gezahlt wird. 638

632 633 634 635 636 637 638

So auch: Lampe, UFITA 83 (1978), S.37; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 176. Auch: Lampe, UFITA 83 (1978), S.37. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 176. Vgl.: BGHSt 38, 315, 316; Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 162; Wiegmann, S. 1006. BGHSt 38, 315, 317; Tröndle/Fischer, vor §25 StGB Rn.2. BGHSt 39, 1,32. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 178.

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit 10. Endabnehmer

Nachdem der Grundsatz der Straflosigkeit des notwendigen Teilnehmers dargestellt ist (a)) 6 3 9 , werden die Einzelfragen der Strafbarkeit des Bestellers (b)) 6 4 0 und bei der Lieferung von Materialien behandelt (c)) 6 4 1 . a) Grundsatz der Straflosigkeit

notwendiger Teilnahme

Die Entgegennahme widerrechtlich hergestellter und verbreiteter Vervielfältigungsstücke durch Abnehmer unterfällt nach ganz überwiegender Ansicht grundsätzlich nicht den §§ 106 ff. UrhG. 6 4 2 Denn es handelt sich um einen Fall notwendiger Teilnahme. 643 Diese kann vorliegen, wenn die Tatbestandsverwirklichung die Mitwirkung mehrerer begrifflich voraussetzt. 644 Insofern sind zwei Fallgruppen weitgehend anerkannt: Zum einen sind die i m Tatbestand nicht mit Strafe bedrohten Beteiligten straflos, sofern sie nicht über die notwendige Teilnahme hinaus tätig werden. 645 Zum anderen wird das durch die Vorschrift geschützte Opfer von der Strafe ausgenommen. 646 Die zweite Fallgruppe ist hinsichtlich der §§ 106 ff. UrhG ersichtlich nicht einschlägig, da durch die rechtswidrige Verbreitung der bösgläubige Abnehmer nicht beeinträchtigt wird und somit nicht Opfer ist. 6 4 7 639

Zum Grundsatz der Straflosigkeit notwendiger Teilnahme: Kap. 6 F. II. 10. a. Zur Frage der Strafbarkeit des Bestellers: Kap. 6 F. II. 10. b. 641 Zur Frage der Strafbarkeit bei der Lieferung von Materialien: Kap. 6 F. II. 10. c. 642 KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"); LG Koblenz vom 24.9.1984, Az. 102 Js 7989/83, in: Friedrich, S. 368; Beermann, S.612; E.Braun, Produktpiraterie, S. 189ff.; Bühler, S. 195,Burger, S. 800; Etter, CR 1989, S. 117f.; Friedrich, S. 368; Ganter, S. 1480; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.270f. u. JZ 1994, S.945; Hentschel, FuR 1982, S.239 u. Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 14 u. Videorecht, S. 111 f.; Lieben, S. 576; Lührs, S. 266; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 179; Rupp, Computersoftware, S.222 u. S.228; Schlüchter, NStZ 1988, S.57; Schmitz/Schmitz, S.70; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 15; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 104; Tielke, Taschenbuch, S. 29 u. S. 34; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.346; kritisch: Heibig, S.376. 643 E. Braun, Produktpiraterie, S. 189ff.; Bühler, S. 195; Etter, CR 1989, S. 118; Friedrich, S. 368; Ganter, S. 1480; Gropp, S. 208, mit Fn. 10; Heinrich, JZ 1994, S. 945; Hentschel, FuR 1982, S. 239 u. Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 14 u. Videorecht, S. 111 f.; Lührs, S. 266; Rupp, Computersoftware, S.228; Schlüchter, CR 1991, S. 106 u. NStZ 1988, S.57; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 15; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 104; Tielke, Taschenbuch, S.34; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.344 ff.; dazu: Lackner/Kühl, vor §25 StGB Rn. 12, m. w.N.; Neumann, S.230ff.; Stoffers, GA 1993, S.579. 644 Tröndle/Fischer, vor § 25 StGB Rn. 7. 645 RGSt 65, 416, 417; BGHSt 10, 386, 386f.; 19, 107, 108; BGH NJW 1993, 1279; KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"); Etter, CR 1989, S. 118; Ganter, S. 1480; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.271 ff. u. 276f. u. JZ 1994, S.945; Hentschel, FuR 1982, S.239f., mit weiteren Nachweisen zu abweichenden Ansichten in der Literatur; LK-Roxin, vor § 26 StGB Rn. 29; Schönke/Schröder-Cramer, §§ 25 ff. StGB Rn. 47 a; SK-Samson, vor § 26 StGB Rn. 62; Tröndle/Fischer, vor § 25 StGB Rn.7; vgl. auch: BGHSt 17, 369, 373; Magata, S. 250f. 646 Tröndle/Fischer, vor §25StGB Rn.7; vgl.: BGHSt 10, 386, 387; 15, 377. 647 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.345. 640

F. Täterschaft und Teilnahme

303

Aber regelmäßig unterfallen die Abnehmer widerrechtlich hergestellter und verbreiteter Vervielfältigungsstücke der ersten Fallgruppe. Denn in den Fällen, in denen der Gesetzgeber wie in §§ 173, 33Iff. StGB die Strafbarkeit aller Beteiligter will, ordnet er dies ausdrücklich an. 648 Ferner stellt Weber 649 fest, dass es vor Geltung des UrhG wegen des Erfordernisses gewerbsmäßigen Handelns nie Zweifel an der Straflosigkeit des Abnehmers gegeben habe und der Gesetzgeber650 dies nicht ändern wollte. Schließlich können auch im Urheberzivilrecht 651 die Ansprüche der §§98, 99 UrhG in der Regel nicht gegenüber dem Endabnehmer geltend gemacht werden. 652 Geht dagegen im Einzelfall der Beitrag des Abnehmers über das notwendige Maß hinaus, kommt sowohl Mittäterschaft 653 als auch Anstiftung 654 oder Beihilfe 655 in Betracht. Mit diesen Argumenten hat sich Sowada 656 auf der Grundlage seiner am einzelnen Delikt orientierten Theorie zur „notwendigen Teilnahme" kritisch auseinandergesetzt: Er hält den Vergleich mit den §§ 331 ff. StGB für wenig überzeugend, da es sich dabei lediglich um klarstellende Spezialvorschriften handele. Auch der Hinweis auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des UrhG mit dem Erfordernis gewerbsmäßigen Handelns überzeuge nicht; denn ein ausdrücklicher Hinweis in den Gesetzgebungsmaterialien fehle, so dass sich der Gesetzgeber am erzielten Ergebnis festhalten lassen müsse; zudem führe das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit als besonderes persönliches Merkmal i. S. v. § 28 StGB ohnehin nicht zur Straflosigkeit, sondern allenfalls zur Strafmilderung nach §§28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB; überdies berühre die Argumentation lediglich Fälle nichtgewerblich handelnder Abnehmer. Ferner sei keineswegs unbestritten 657, dass die Ansprüche der §§98, 99 UrhG nicht 648 E. Braun, Produktpiraterie, S. 189f.; Schönke/Schröder- Cramer, §§25ff. StGB Rn.47a; ähnlich: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.345. 649 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 345f.; ähnlich: E.Braun, Produktpiraterie, S. 189 f. 650 BT-Drucks. IV/270, S. 107. 651 v. Gamm, § 98 UrhG Rn. 8; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.462; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.552. 652 E. Braun, Produktpiraterie, S. 189; Friedrich, S.368; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 346; falsch insofern Ganter, S. 1480. 653 RGSt 52, 3; Heghmanns, S. 113; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 271. 654 Heghmanns, S. 113; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.271; Lührs, S.266; Rupp, Computersoftware, S.228 f.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 738; Wulff, BB 1985, S.428; entsprechend auch: RGSt 2, 439, 440; BGHSt 9, 71, 72f.; 10, 386, 387; 15, 377, 382; 19, 107, 107 f. 655 KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"); Heghmanns, S. 113; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.271; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.738; entsprechend auch: RGSt 52, 3; BGHSt 9, 71, 72f. 656 Sowada, Die „notwendige Teilnahme", S. 175 ff. 657 Nachweise bei: Sowada, Die „notwendige Teilnahme", S. 177, Fn.69.

304

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

gegenüber dem Endabnehmer geltend gemacht werden können; jedenfalls hinsichtlich des gewerblich handelnden Abnehmers seien die Ansprüche anwendbar. Sowada 658 führt weiter aus, dass die urheberrechtliche Privilegierung des Privatbereiches inzwischen durch die Kopierverbote der Abs. 4 bis 8 des § 53 UrhG und im Bereich der Computerprogramme 659 bedeutsame Einschränkungen erfahren habe. Zudem sei jedenfalls der Zwischenhändler Teil einer von § 17 UrhG erfassten Verwertungskette. 660 Andererseits deute das Produktpirateriegesetz samt Begründung darauf hin, dass jedenfalls im nichtgewerblichen Bereich ein Zugriff auf Abnehmer urheberrechtsverletzender Waren nicht gewollt ist, so dass eine Pönalisierung systemwidrig erscheine.661 In kriminalpolitischer Hinsicht bestehe infolge der Massenhaftigkeit von Urheberrechtsverletzungen zwar ein Schutzbedürfnis; doch bewirke beim Letzterwerber das minimale Entdeckungsrisiko und das praktische Fehlen der Gefahr strafgerichtlicher Verurteilung ohnehin eine äußerst geringe Abschreckungswirkung; ferner sei - anders als beim Ladendiebstahl - nicht zu besorgen, dass das Tun des Erwerbers für diesen den Anreiz zu einem die Bagatellgrenzen überschreitenden Verhalten schafft. 662 Im Ergebnis sei allein der Endabnehmer zu entkriminalisieren, nicht aber der Zwischenhändler. 663 Somit bestimme letztlich das Rollenbild des normalen Kunden den Straffreiraum. Obwohl ich die Argumente Sowadas für beachtlich halte, möchte ich ihm nicht folgen. 664 Letztlich nämlich führt seine Ansicht dazu, die Teilnahmestrafbarkeit durch ein subjektives Element, die Absicht zu gewerblicher Weiterverwertung der Vervielfältigungsstücke, zu begründen. Gegen die Begründung der Strafbarkeit durch ein subjektives Element spricht jedoch die Regelung der §§ 26, 27 StGB, bei denen es allein auf Anstiftung und Hilfeleistung ankommt. Dagegen spielt im Rahmen der §§ 26, 27 StGB der vom Teilnehmer beabsichtigte Zweck keinerlei Rolle. Darauf, in welcher Weise der Abnehmer im Falle der §§ 106 ff. UrhG die erlangten Exemplare verwenden will, kann es deswegen bei der Abgrenzung strafbarer und strafloser Handlungen nicht ankommen. Zudem besteht meines Erachtens kein sachliches Bedürfnis, die Nachfrageseite zu bestrafen. 665 Dies gilt infolge der Pönalisierung jeder weiteren Verbreitungshandlung selbst für den gewerblichen Abnehmer. Schließlich halte ich den von Sowada verwendeten Begriff des „normalen" 658 659 660 661 662 663 664 665

Sowada, Die „notwendige Teilnahme", S. 178ff. Zur Verfassungswidrigkeit der Ausnahmevorschrift: Kap. 2 E. IX. 2. Sowada, Die „notwendige Teilnahme", S. 182f. Ausführlicher: Sowada, Die „notwendige Teilnahme", S. 181 f., m. Nachweisen. Ausführlich: Sowada, Die „notwendige Teilnahme", S. 184 ff. Sowada, Die „notwendige Teilnahme", S. 192ff. Ebenso, mit wenig überzeugender Begründung: E. Braun, Produktpiraterie, S. 189 ff. Ebenso: Etter, CR 1989, S. 118; a. Α.: ν. Gravenreuth, CR 1988, S. 930; Lessing, S. 110.

F. Täterschaft und Teilnahme

305

Kunden nicht für zweckmäßig. Denn während dieser Begriff auf der einen Seite äußerst unpräzise ist, eröffnet er auf der anderen Seite weniger Spielraum für schuldangemessene Entscheidungen. Im Ergebnis bleibt es bei den oben dargestellten Regeln über die notwendige Teilnahme.

b) Frage der Strafbarkeit

des Bestellers

Einige unstreitige Fälle, in denen der Abnehmer die Grenzen notwendiger Teilnahme überschreitet, hat Weber* 66 herausgearbeitet: So kann derjenige Abnehmer, der einen grundsätzlich zur Tat entschlossenen Buchhändler auf dessen Anfrage auf mögliche Bezugsquellen von Raubdrucken hinweist oder der einen grundsätzlichen gesetzestreuen Buchhändler zur Beschaffung von Raubdrucken überredet, bestraft werden. Derjenige Endabnehmer, der einen gutgläubigen Händler veranlasst, rechtswidrige Vervielfältigungsstücke zu beschaffen, ist sogar als mittelbarer Täter einer unerlaubten Verbreitung nach § 106 UrhG strafbar. Dass der Täter denselben Erfolg, ohne bestraft zu werden, auch bei einem bösgläubigen Händler erreichen könnte, ist als hypothetischer Kausalverlauf ohne Bedeutung. Zutreffend hält Weber in diesen Fällen die Bestrafung für kriminalpolitisch wünschenswert. Dagegen kommt mangels Verbrechenstatbestands eine versuchte Anstiftung nach § 30 Abs. 1 StGB nicht in Betracht, wenn der Abnehmer den Händler irrtümlich für gutgläubig gehalten hat. 667 Dagegen ist umstritten, in welchen Fällen ein Abnehmer zu bestrafen ist, der einen Händler, der allgemein zur Beschaffung von Raubdrucken entschlossen ist, zur Herstellung oder Lieferung von Vervielfältigungsstücken auffordert. Nach der strengsten Ansicht 668 soll immer dann Anstiftung vorliegen, wenn der Weitergebende seine Tätigkeit nur allgemein anbietet aber die einzelnen kopierten Produkte erst durch den Wunsch des Abnehmers konkretisiert werden. Nach der Gegenansicht669 soll sogar derjenige Abnehmer, der sich gezielt an den Händler wendet, weder wegen Beihilfe noch wegen Anstiftung zu bestrafen sein. Denn das Verhalten des Abnehmers bewege sich so sehr in den Bahnen des üblichen Geschäftsablaufs, dass es im Hinblick auf den ohnehin zur Beschaffung illegaler Vervielfältigungsstücke entschlossenen Händler noch nicht über das Maß hinausgehe, in dem der Abnehmer bei jeder Verbreitung an der Tat teilnimmt. 666 667 668

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.347f. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 179. Ganter, S. 1480; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 80; Heibig, S. 376; Tielke, Taschenbuch,

S.32 f.

669 Lieben, S.576; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 179; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 346f.

20 Hildebrandt

306

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Eine vermittelnde Ansicht 670 schließlich will darauf abstellen, auf wessen Initiative die Urheberrechtsverletzung letztlich zurückzuführen ist. Im vorgenannten Beispiel liege deswegen eine straflose Teilnahme vor. 671 Anstiftung sowohl zur Vervielfältigung als auch zum Inverkehrbringen liege dagegen vor, wenn der Abnehmer nur mehr oder weniger zufällig von der gelegentlichen Kopiertätigkeit des Täters weiß und ihn daraufhin bittet, Raubkopien zu erstellen. 672 Denn hier sei der Täter vorher nicht zur Begehung einer konkreten Tat bereit gewesen.673 Ich möchte mich der vermittelnden Ansicht anschließen. Gegen die erste Ansicht spricht, dass jedenfalls dann, wenn das Angebot nicht vom Abnehmer ausgeht, die Tat bereits ausreichend konkretisiert ist. Anstiftung und Beihilfe sind deswegen nicht mehr möglich. Gegen die Gegenansicht spricht die Tatsache, dass jedenfalls in den Fällen, in denen die Initiative vom Abnehmer ausgeht, die Tat erst durch den Abnehmer konkretisiert wird. Da der Händler vorher nur allgemeine Bereitschaft zur Tat hatte (sogenannter omnimodo seu alias facturus), bleibt hier nach Ansicht der Rechtsprechung674 und des überwiegende Schrifttums 675 Raum für die Einordnung als Anstiftung. Im Ergebnis ist also etwa derjenige Abnehmer, der den Veräußerer mit der Einspeicherung des Programms auf die von ihm dafür zur Verfügung gestellte Computeranlage beauftragt, wegen Täterschaft oder Teilnahme an der Vervielfältigung zu bestrafen. 676 Heinrich 677 führt insofern zu Recht aus, dass es keine Rolle spielen darf, zu welchem Zeitpunkt die Kopien hergestellt werden. Dies gilt sogar, wenn die Kopien nur deswegen hergestellt werden, weil der Abnehmer die Bereitschaft geäußert hat, sie abzunehmen. Denn Anstiftung zur Vervielfältigung scheidet hier aus, da der spätere Abnehmer die Tat lediglich ausgelöst, den Täter aber nicht zur Tat „bestimmt" hat, weil die Tat bereits ausreichend konkretisiert ist. Überdies fehlt es auch am Tatbestandsmerkmal des „Hilfeleistens". Zwar mag eine psychische Beihilfe darin gesehen werden, dass der Entschluss des Täters zur Tatbegehung gestärkt wird. Die bloße Bereitschaft, ein angebotenes Vervielfältigungsstück anzunehmen, kann jedoch unabhängig von der Entgeltlichkeit der angestrebten Weitergabe nicht ausreichen. Insofern greift zu Gunsten des Abnehmers die Privilegierung des notwendigen Teilnehmers ein.

67 0 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.272 u. S.290 u. S.353f.; Hentschel, FuR 1982, S.240 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 15 u. Videorecht, S. 112; wohl auch: Rupp, Computersoftware, S.228 f. 67 1 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.272. 67 2 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.272 f. u. 276 f. 67 3 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.273. 674 Vgl.: BGH bei Daliinger, MDR 1957, 395. 67 5 Stratenwerth, Strafrecht, Rn.883, m.w.N. 676 Ebenso: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 15. 67 7 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.269f.

F. Täterschaft und Teilnahme

c) Frage der Strafbarkeit

307

bei der Lieferung von Materialien

Einige Autoren sind der Ansicht, bei der Lieferung von Materialien für die Tat, etwa Disketten oder Videokassetten, liege Beihilfe 678 oder gar Mittäterschaft 679 vor. Es sei unerheblich, dass der Erwerber an der eigentlichen Herstellung nicht beteiligt ist, da die Tat auf gemeinsamem Wollen basiere. 680 Es handele sich um einen Fall der Arbeitsteilung, wobei der Abnehmer ein eigen90es Interesse am Taterfolg habe.681 Dagegen haben Etter* 82 und Heinrich 683 eingewandt, auch die Lieferung von Materialien für die späteren Kopien ändere dies nichts an der Beurteilung. Denn es könne keinen Unterschied machen, ob mit Geld oder mit Naturalien bezahlt wird. Heinrich 6^ fügt dem hinzu, es müssten noch weitere Umstände hinzukommen. Etwas anderes gelte allenfalls in dem Ausnahmefall, dass der Täter ansonsten keine Leerdisketten zur Verfügung hätte und die Tat somit erst ermöglicht wird. Schließlich nehme allein der Vervielfältigende die Tathandlung vor. 685 Ich möchte mich der überzeugenden Argumentation Heinrichs anschließen. 11. Sonstige Bei der Aufführung urheberrechtlich geschützter Werke in einer Gaststätte handeln Gastwirt und Kapellmeister als Mittäter. 686 Denn da die Person des Verletzers im Wesentlichen nach denselben Merkmalen zu bestimmen ist wie bei zivilrechtlichen Ansprüchen, 687 können hier Parallelen zum Veranstalterbegriff gezogen werden.688 Veranstalter wiederum ist, wer eine Aufführung anordnet oder durch wessen ausschlaggebende Tätigkeit sie ins Werk gesetzt wird. 689 Hierbei genügt es, wenn der Verantwortliche damit rechnet, dass die öffentliche Wiedergabe geschützter Werke nicht verhindert wird. 690 678

AG Kronach CR 1988, 930; v. Gravenreuth, CR 1988, S.930; Heibig, S.375f. Ganter, S. 1480; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 80; Hentschel, FuR 1982, S. 240 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 14f. u. Videorecht, S. 112; Lieben, S.576. 680 Hentschel, FuR 1982, S.240 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 15 u. Videorecht, S. 112. 681 Ganter, S. 1480. 682 Etter, CR 1989, S. 117f. u. in: Dreiss, S.219. 683 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 274 u. 276 u. S. 290. 684 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.274ff. u. S.290. 685 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.275. 686 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.568. 687 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.568. 688 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 15. 689 BGH GRUR 1956, 515, 516 („Tanzkurse"); GRUR 1960, 606, 607 („Eisrevue II"); Schricker-Wild, Urheberrecht, §97 UrhG Rn.36. 690 Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des UrhG: LG Köln, Schulze, LGSt 1, 1 („Narrenzunft"). 67 9

20*

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Der Plagiator eines Werks der Literatur handelt auch dann als Täter, wenn ein Verleger bösgläubig oder gutgläubig bei den Verletzungshandlungen des § 106 UrhG mitwirkt, da er schon dadurch einen wesentlichen Tatbeitrag leistet, dass er dem Verleger das Plagiat anbietet.691 Überdies wird er regelmäßig bis zur Vollendung der Vervielfältigung Tatherrschaft haben, da er durch Aufdeckung der Plagiateigenschaft die Vervielfältigung stoppen kann. Dass der Autor keinen Einfluss auf Zeitpunkt sowie Art und Weise der Drucklegung und des Vertriebs hat, 692 kann deswegen keine Rolle spielen. Der Kinovorführer oder der den Transport vornehmende Fahrer des Kinofilmverleihs, der den Zugang zum Kinofilmmaterial ermöglicht, damit es abgetastet werden kann 693 , wird regelmäßig wegen Beihilfe zu bestrafen sein. Mittäterschaft liegt im Bereich der Kinofilmpiraterie dagegen vor, wenn aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlusses einer der Beteiligten ein Filmmasterband beschafft, ein anderer die Produktionsmittel zur Verfügung stellt und ein Dritter den Absatz organisiert. 694 Schließlich ist anzumerken, dass die Weitergabe von Hilfsmitteln zur Überwindung eines Kopierschutzes dann Beihilfe darstellen kann, wenn der Verkäufer weiß, dass die Käufer diese zu strafbaren Handlungen gebrauchen werden. 695

III. Möglichkeit Teilnahme nach Tatvollendung Nach überwiegender Auffassung ist Beihilfe zu einer Tat so lange möglich, wie die Tat noch nicht beendet ist. 696 Es stellt sich somit die Frage, wann Taten nach §§ 106 ff. UrhG beendet sind. Während die Einzelheiten insofern umstritten sind 697 , dürfte Einigkeit dahingehend bestehen, dass der Beendigungszeitpunkt normativ dem jeweiligen Delikt zu entnehmen ist. 698 Ein Auseinanderfallen von Vollendungsund Beendigungszeitpunkt hat die Rechtsprechung in zwei Fallgruppen anerkannt: bei Absichtsdelikten, die durch eine Vorverlagerung des Vollendungszeitpunktes gekennzeichnet sind, und bei Delikten mit iterativer Struktur, also beispielsweise bei Dauerdelikten oder im Falle einer Körperverletzung durch wiederholte Schläge.699 Die Frage, wann eine Tat nach §§ 106 ff. UrhG beendet ist, kann hinsichtlich der Tathandlungen nicht einheitlich beantwortet werden: 691

Fischer, S. 144; a. A: Letzgus, S.294 f. So: Letzgus, S.294. 693 Vgl. zu dieser Vorgehens weise: Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 15. 694 Tielke, Taschenbuch, S. 32. 695 Kuhlmann, S. 180; ähnlich: Hoppmann, S.58; offengelassen von: Wand, S.903. 696 BGHSt 3,41,44; 6,248,251 ; 19,323,325; NStZ 1996,563,564; Stratenwerth, JZ 1961, S.97; Tröndle/Fischer, § 27 StGB Rn.4; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.310; Wessels/ Beulke, Rn.583, m.w.N.; ausführlich: Lesch, Das Problem, S. 15 ff. 697 Vgl. die Nachweise bei: Tröndle/Fischer, §22StGB Rn.6. 698 Küper, JZ 1981, S. 252. 699 Vgl.: Jescheck, S.685ff., m.w.N.; einschränkend: Kühl, JuS 1982 , S. 114. 692

F. Täterschaft und Teilnahme

309

Beim Vervielfältigungstatbestand will Weber 700 erst in dem Augenblick Beendigung annehmen, wenn die gesamten Herstellungsarbeiten abgeschlossen sind, da sich unter den Begriff der Vervielfältigung der gesamte Vorgang der Herstellung von Exemplaren subsumieren lasse. Im Ergebnis könne deswegen auch der Buchbinder noch Beihilfe leisten. Meines Erachtens unterscheidet die Ansicht Webers in unzulässiger Weise zu wenig zwischen Werkträger und Werk. Denn obwohl der Vervielfältigungsbegriff nach § 16 UrhG die Herstellung eines körperlichen Gegenstandes fordert, kommt es auf Gestaltung, Aufmachung und Verbreitungsfähigkeit nicht an. Hierbei spielt auch eine Rolle, dass der Tatbestand der Vervielfältigung gerade keine Verbreitungsabsicht erfordert. Die Vervielfältigung ist also bereits dann beendet, wenn der Täter sein tatbestandsmäßiges Handeln beendet. Für eine Verlagerung des Beendigungszeitpunktes lässt die Vorschrift mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG keinen Raum. Während für den Tatbestand der Verbreitung Entsprechendes gelten wird, unterscheidet sich die Rechtslage im Falle der öffentlichen Wiedergabe. Denn nach § 15 Abs. 3 UrhG genügt bei der öffentlichen Wiedergabe auch die Bestimmung für die Öffentlichkeit. Dass die Wiedergabe dagegen tatsächlich öffentlich erfolgt, ist nicht erforderlich. Mithin handelt es sich um einen Fall der Vorverlagerung des Vollendungszeitpunktes. Beihilfe zur öffentlichen Wiedergabe ist deswegen auch nach Vollendung möglich. Beihilfe zu § 107 UrhG ist so lange möglich, wie die Anbringung der Urheberbezeichnung oder die Verbreitung noch nicht abgeschlossen ist. 701 Wegen der Tatbestände des § 108 UrhG kann auf die Ausführungen zu § 106 UrhG verwiesen werden.

IV. Probleme im Zusammenhang mit § 28 StGB Probleme im Zusammenhang mit § 28 StGB ergeben sich im Urheberstrafrecht nur wenige: Beim Begriff des „Inverkehrbringens" ist zu beachten, dass nur derjenige die Sache als Täter in Verkehr bringen kann, der die Verfügungsgewalt über sie besitzt; denn es handelt sich um ein echtes Sonderdelikt, wobei sich das Verbot nur an den jeweiligen Inhaber der Verfügungsgewalt richtet, so dass § 28 Abs. 1 StGB anwendbar ist; so bringen zum Beispiel Boten, Bevollmächtigte oder Makler die Ware auch dann nicht in Verkehr, wenn sie einen Kausalbeitrag zum Gewahrsamswechsel leisten.702 700 701 702

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 199. Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 14. Horn, S.2334.

310

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Das Merkmal der „Gewerbsmäßigkeit 4'703 in § 108 a UrhG stellt ein strafschärfendes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 2 StGB dar. 704 Die Gewerbsmäßigkeit muss deswegen gerade bei demjenigen Täter oder Teilnehmer vorliegen, der nach § 108 a UrhG bestraft werden soll. 705 Andernfalls bleibt es bei der Bestrafung aus den §§ 106, 108 UrhG. 706 Lampe707 erwägt, ob derjenige, der mehr als nur „einzelne" Vervielfältigungsstücke zum eigenen Gebrauch herstellt, in analoger Anwendung des §28 Abs. 1 StGB mit milderer Strafe (§49 Abs. 1 StGB) belegt werden kann. Ich halte diese Überlegung für überflüssig. Denn die Herstellung zum eigenen Gebrauch wird bei der Strafzumessung 708 ohnehin zu Gunsten des Täters zu berücksichtigen sein. Der Absenkung der Obergrenze des Strafrahmens nach § 49 Abs. 1 StGB kommt keine eigenständige Bedeutung zu.

G. Unterlassen Zunächst soll untersucht werden, in welchen Fällen Garantenstellung und Garantenpflicht vorliegen (I) 709 . Danach wird die Frage der Entsprechung von Tun und Unterlassen behandelt (II) 710 .

I. Garantenstellung und Garantenpflicht Zum Problem der Garantenstellung eines Verleger, der einen Händler mit unzulässig hergestellten Vervielfältigungsstücken beliefert, ohne selbst davon Kenntnis zu haben, hat sich Weber 111 geäußert: Er meint, die Lieferung begründe die Garantenstellung des Verlegers. Denn durch die Belieferung werde die nahe liegende Gefahr der Weiterverbreitung geschaffen. Zudem sei die Belieferung wegen des Verstoßes gegen § 17 Abs. 1 UrhG rechtswidrig. Aus der Garantenstellung folge eine Rechtspflicht, die Weiterverbreitung der Exemplare durch den Händler zu verhindern. Dies sei dem Verleger in aller Regel möglich, indem er den Händler auf die zivil- und strafrechtlichen Folgen der Weiterverbreitung hinweist oder notfalls den 703

Vgl. zum Merkmal der Gewerbsmäßigkeit: Kapitel 5. Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 108 a UrhG Rn. 1; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.288; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 744; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 a UrhG Rn. 1 ; ebenso zu §260 StGB: Schönke/Schröder-Stree, §260 StGB Rn.4; Tröndle/Fischer, §260 StGB Rn.2. 705 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.288; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108a UrhG Rn. 1. 706 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 a UrhG Rn. 1. 707 Lampe, UFITA 83 (1978), S.31. 708 Zur Strafzumessung: Kap. 7 B.I. 709 Zur Garantenstellung und Garantenpflicht: Kap. 6 G. I. 710 Zur Entsprechung von Tun und Unterlassen: Kap.6 G.II. 7,1 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.339. 704

G. Unterlassen

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Rechtsinhaber zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen auffordert. Durch derartige Maßnahme könne die Urheberrechtsverletzung durch den Händler mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden werden, so dass das Unterlassen des Verlegers für weitere Verwertungsakte ursächlich sei. Ich möchte Weber zustimmen. Denn nach ständiger Rechtsprechung712 genügt auch schuldloses pflichtwidriges Vorverhalten, um eine Garantenstellung zu begründen. Franzheim 113 meint, ein Unternehmer, der lediglich Kenntnis von rechtswidrigen Vervielfältigungsvorgängen seiner Angestellten hat, die zusätzliche, vom Unternehmer nicht beschaffte Programme auf dem Computer verwerten, sei nicht Garant. Denn für eine Garantenstellung sei erforderlich, dass das vorangegangene Tun pflichtwidrig war. 714 Dies aber sei beim Unternehmer nicht der Fall, da seine Beiträge, der Erwerb von Computern und entsprechender Software, nicht rechtswidrig sind. Die Lehre, die als weitere Garantenstellung die des Geschäftsherren anerkenne 715 , nach der eine generelle Garantenpflicht des Betriebsinhabers und leitender Angestellter im Betrieb zur Verhinderung betriebsbezogener Straftaten nachgeordneter Betriebsangehöriger bestehe, sei abzulehnen.716 Ich möchte Franzheim zustimmen. Denn die Anforderungen an den Betriebsinhaber würden überspannt, ließe man ihn auch ohne pflichtwidriges Vorverhalten als Garant haften. Aus diesem Grunde ist Weber 111 nicht zu folgen, wenn er meint, die Duldung der Herstellung und des Vertriebes von Raubdrucken in universitätseigenen Räumen sei als durch Unterlassen begangene Beihilfe zu Vergehen nach § 106 UrhG strafbar. Denn in der Bereitstellung von Räumen und Vervielfältigungsgeräten liegt kein pflichtwidriges Verhalten. Sofern dagegen pflichtwidriges Vorverhalten vorliegt, kommt es hinsichtlich der Garantenstellung des mittleren Managements auf die Ausgestaltung des Arbeitsvertrags und der tatsächlichen Entscheidungsbefugnisse und Mitspracherechte beim Betriebsablauf an. 718 Dagegen gegründet die bloße Tätigkeit in einem Betrieb, der unzulässig Vervielfältigungsstücke herstellt, etwa als Buchhalter oder Lagerhalter, keine strafbare Beihilfe durch Unterlassen; denn der Arbeitnehmer hat in aller Regel keine Garantenstellung inne. 719 Auch hinsichtlich einer Entscheidung des AG Nagold 720 , wonach den Betreiber einer Mailbox die Verpflichtung treffe, dafür Sorge zu tragen, dass auf seinen Computer eingespielte urheberrechtlich geschützte Werke nicht von Dritten abgerufen 712 BGHSt 11, 353, 355; 37,106,119; vgl. auch: BGHSt 2,279,283; Tröndle/Fischer, StGB Rn. 11, m.w.N. 713 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 162. 714 So auch: Lackner/Kühl, § 13 StGB Rn. 13, m. w. N. 715 So aber: Lackner/Kühl, § 13 StGB Rn. 14, m.w.N. 7,6 Auch: LK-Jescheck, § 13 StGB Rn.45. 717 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.66. 718 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 162. 7,9 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 178. 720 AG Nagold CR 1996, 240, 241 („Mailbox").

§ 260

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

werden können, ist Vorsicht geboten. Denn in derartigen Fällen sind inzwischen die Privilegien des § 5 TDG zu beachten.721 Hinsichtlich der in §§ 45, 47, 55 Abs. 1 S. 2, 56 Abs. 2 UrhG angeordneten Löschungspflichten meint Lampe121, es fehle an der Garantenpflicht. Dieser Auffassung möchte ich mich nicht anschließen, da die gesetzliche Anordnung der Löschungspflicht wohl eine Garantenstellung begründet. Es fehlt aber in diesem Fall an der Entsprechung von Tun und Unterlassen.723 Voraussetzung für eine Garantenstellung beim Inverkehrbringen ist, dass der Unterlassende noch die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Gegenstand innehat; denn es handelt sich um ein echtes Sonderdelikt, wobei sich das Verbot nur an den jeweiligen Inhaber der Verfügungsgewalt richtet, so dass § 28 Abs. 1 StGB anwendbar ist. 724 Bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG hält Sieg 725 eine Garantenstellung für fraglich, wenn ein nicht berühmter Sohn seinen Nachnamen und damit den Namen seines berühmten Vaters am Kunstwerk anbringt, aber den Vornamen weglässt. Ich bin der Ansicht, dieses Verhalten begründet keine Garantenstellung. Denn das Anbringen des eigenen Namens ist nicht pflichtwidrig, soweit nicht weitere Umstände hinzutreten.

II. Entsprechung von Tun und Unterlassen Nach einigen allgemeinen Überlegung zur Entsprechung von Tun und Unterlassen ( l ) 7 2 6 soll auf das spezielle Problem der gesetzlich angeordneten Löschungspflichten eingegangen werden (2) 727 . 1. Allgemeines Hinsichtlich des Vervielfältigungsbegriffs führt Weber 728 aus, die Vervielfältigung der §§ 106 ff. UrhG umschreibe einen tatbestandlichen Erfolg, der nur durch menschliches Handeln ausgelöst werden könne. Eine Begehung durch Unterlassen komme deswegen in erster Linie im Bereich der Teilnahme729 in Betracht. Dort seien 721 Entsprechend: Sieber, MMR 1998, S.444f., m.w.N.; vgl. insofern zur Strafbarkeit der Anbieter von und in Datennetzen: Kap. 6 F. II. 6. 722 Lampe, UFITA 83 (1978), S.33. 723 Vgl. hierzu: Kap.6 G.II.2. 724 Horn, S.2336. 725 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 101. 726 Zu den allgemeinen Überlegungen: Kap.6 G.II. 1. 727 Zum Problem der Löschungspflichten: Kap. 6 G. II. 2. 728 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 199f., mit Fn. 144. 729 Vgl. zur Problematik von Täterschaft und Teilnahme: Kap. 6 F.

G. Unterlassen

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dies die Fälle, in denen ein Beteiligter durch positives Tun ein Vervielfältigungsstück herstellt und ein anderer, der zur Erfolgsabwendung verpflichtet ist, dies duldet. Eine Tatbestandsverwirklichung mittels Unterlassung durch einen Einzeltäter sei nur in dem Fall denkbar, dass jemand bei der Vervielfältigung die zulässige Zahl von Vervielfältigungsstücken überschreitet, indem er nach Erreichen der zulässigen Zahl den Entschluss fasst, die Vervielfältigungseinrichtung weiterlaufen zu lassen. Diesen Überlegungen Webers ist kaum etwas hinzuzufügen. Mir fällt noch das Beispiel ein, wo jemand versehentlich einen Vervielfältigungsvorgang auslöst und daraufhin bewusst nicht anhält. Auch beim Verbreitungsbegriff der §§ 106 ff. UrhG spielen sich die praktisch bedeutsamen Fälle im Bereich der Teilnahme730 ab, obwohl hier theoretisch auch andere Fälle denkbar sind. 731 Unterlassen kommt beim Tatbestand des Inverkehrbringens dann in Frage, wenn der drohende Wechsel der Verfügungsmacht durch den Inhaber der Verfügungsmacht nicht verhindert wird; dagegen kann nicht erwartet werden, dass eine bereits im Verkehr befindliche Sache wieder aus dem Verkehr gezogen wird, wenn der ehemals Verfügungsberechtigte im Nachhinein Kenntnis strafbarkeitsbegründender Umstände erlangt, da andernfalls ein Hineinwirken in eine fremde Sphäre verlangt werden müsste.732 Nach Ansicht des AG Nagold 733 soll der Betreiber einer Mailbox Werke verbreiten, soweit Dritte urheberrechtlich geschützte Werke von seinem Computer abrufen können, die andere ohne seine Kenntnis auf den Computer aufgespielt haben. Dies trifft wegen § 5 Abs. 2 TDG heute nicht mehr zu. Denn danach sind Diensteanbieter für fremde Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, nur dann verantwortlich, wenn sie von diesen Inhalten Kenntnis haben und es ihnen technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern. Auch die öffentliche Wiedergabe wird in aller Regel durch menschliches Handeln ausgelöst, so dass das Unterlassen praktisch nur in der Teilnahmelehre 734 eine Rolle spielt.735 Sofern eine Garantenstellung vorliegt, genügt es für die Zurechenbarkeit, wenn der Verantwortliche damit gerechnet hat, dass die öffentliche Wiedergabe geschützter Werke nicht verhindert wird. 736 Hinsichtlich der Frage, ob ein Unterlassen als Täterschaft, Anstiftung oder Beihilfe einzuordnen ist, gelten die allgemeinen strafrechtlichen Regeln,737 so dass ich mir insofern Ausführungen sparen kann. 730

Vgl. zur Problematik von Täterschaft und Teilnahme: Kap. 6 F. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.210, mit Beispiel. 732 Horn, S. 2335 f. 733 AG Nagold CR 1996, 240, 241 („Mailbox"). 734 Vgl. zur Problematik von Täterschaft und Teilnahme: Kap. 6 F. 735 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.218. 736 Ebenso zur Rechtslage vor Inkrafttreten des UrhG: LG Köln, Schulze, LGSt 1, 1 („Narrenzunft"). 737 Ebenso: Wessels/Beulke, Rn. 522, m. w. N.; abweichend: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 339 ff. mit ausführlicher Begründung. 731

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

2. Frage der Vervielfältigung bei Pflicht zur Vernichtung rechtmäßig hergestellter Vervielfältigungsstücke Die Frage der Entsprechung von Tun und Unterlassen stellt sich vor allem bei den in den §§45,47,55 Abs. 1 S. 2,56 Abs. 2 UrhG gesetzlich angeordneten Löschungspflichten hinsichtlich rechtmäßig hergestellter Vervielfältigungsstücke. So stellt sich etwa die Frage, ob eine Vervielfältigung vorliegt, wenn Exemplare von Schulfunksendungen entgegen § 47 Abs. 2 S. 2 UrhG am Ende des laufenden Schuljahrs nicht gelöscht werden, ohne dass eine Vergütung gezahlt wird. 738 Nach allgemeiner Ansicht 739 soll beim Verstoß gegen eine Löschungspflicht keine Vervielfältigung erfolgen. Weber 740 begründet dies ausführlich: Es fehle nicht nur am Herbeiführen des tatbestandlichen Erfolgs, sondern der Vervielfältigungsbegriff würde zudem durch eine andere Auslegung überdehnt. Denn der Vervielfältigungsvorgang sei rechtmäßig erfolgt und könne nicht nachträglich rechtswidrig oder gar schuldhaft werden. Zudem sei der Berechtigte hinreichend durch das entsprechende Verbreitungsverbot geschützt. Auch in dem entsprechenden Fall beim Sacheigentum, dass der Täter eine Sache ohne Berechtigung behält, sei dieser nicht wegen Diebstahls (§ 242 StGB), sondern allenfalls wegen Unterschlagung (§ 246 StGB) zu bestrafen; eine dem § 246 StGB entsprechende Norm fehle jedoch im Bereich des Urheberrechts. Ich möchte mich den Ausführungen Webers anschließen.

H. Auslandsbezüge Bei Straftaten mit Auslandsbezügen wird die Frage der Strafbarkeit in erster Linie von den §§ 3 ff. StGB bestimmt (I) 741 . Über diese Vorschriften hinaus folgen bedeutsame Einschränkungen aus den §§ 120 ff. UrhG (II) 7 4 2 und dem urheberrechtlichen Territorialitätsprinzip (III) 7 4 3 .

I. Erweiterung und Begrenzung der Anwendbarkeit durch §§ 3 ff. StGB Bei der Begehung einer Tat im Inland ist das Urheberstrafrecht nach § 3 StGB unabhängig davon anwendbar, ob die Tat durch oder gegen einen Deutschen oder 738

Beispiel von: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.200f. Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn.9; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.200f. u. S.235 u.S. 245. 740 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.201. 741 Zu den §§ 3 ff. StGB: Kap. 6 Η. I. 742 Zu den §§ 120ff. UrhG: Kap.6 H.II. 743 Zum Territorialitätsprinzip: Kap.6 H.III. 739

Η. Auslandsbezüge

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Nichtdeutschen begangen ist. 744 Allenfalls durch die §§ 120 ff. UrhG, nicht aber durch das Territorialitätsprinzip 745 können insofern Begrenzungen erfolgen. So ist der Täter zum Beispiel im Falle der unzulässigen Herstellung von Vervielfältigungsstücken im Ausland und nachfolgender Verbreitung im Inland nach den §§3 StGB, 106 UrhG wegen einer Verbreitung zu bestrafen. 746 Wegen § 9 Abs. 1 StGB genügt es, dass der tatbestandsmäßige Erfolg nach der Vorstellung des Täters im Inland eintreten sollte. Bei der Ausstrahlung einer Sendung aus dem Ausland, so dass diese im Inland zu empfangen ist, handelt es sich deswegen um eine Inlandstat i. S. v. § 3 StGB. 747 Allerdings ist unter Erfolg i. S. v. § 9 Abs. 1 StGB nur der tatbestandsmäßige Erfolg zu verstehen.748 Da die Verbreitungsabsicht kein Tatbestandsmerkmal der §§ 106 ff. UrhG darstellt, reicht es nicht aus, dass der Beschuldigte die im Ausland hergestellten Vervielfältigungsstücke im Inland verbreiten will. 7 4 9 Von manchen Autoren 750 werden für den Fall der Verbreitung durch das Internet Einschränkungen gemacht; hier ist die Rechtslage noch weitgehend ungeklärt 751. Bei der Begehung der Tat im Ausland, etwa im Falle der unerlaubten Vervielfältigung eines Tonträgers durch einen Deutschen oder Ausländer im Ausland 752, kommen die §§ 5 ff. StGB zur Anwendung. Von den §§5 und 6 StGB werden im Ausland begangene Straftaten nicht erfasst. 753 Denn es gibt kein verbindliches zwischenstaatliches Abkommen i. S. v. § 6 Nr. 9 StGB, das den bundesdeutschen Gesetzgeber zu einer Strafverfolgung zwingt. 754 Dies gilt insbesondere mit Blick auf Art. 61 TRIPS-Abkommen, da dort keine ausdrückliche Verpflichtung zur Ahndung von Auslandsstraftaten vorgeschrieben ist. Auch § 7 StGB kommt in der Regel nicht zum Zuge. 755 Zwar können insofern ausländische urheberstrafrechtliche Regelungen756 für das deutsche Strafanwendungs744

Weber, FS-Stree/Wessels, S.616 u. S.618. Weber, FS-Stree/Wessels, S.619ff.; zum Territorialitätsprinzip: Kap.6 H.III. 746 Weber, FS-Stree/Wessels, S.616; vgl. auch: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.69. 747 Weber, FS-Stree/Wessels, S.618. 748 BGHSt 20, 45; BayObLG NJW 1957, 1327, 1328; Breuer, S. 144; Endemann, S.2382; Satzger, S. 113; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 108 u. NJW 1985, S.2123; Tröndle/Fischer, §9 StGB Rn.3. 749 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 108 u. NJW 1985, S.2123 f. 750 Vgl.: Breuer, S. 141 ff.; Cornils, S.394ff.; Sieber, NJW 1999, S.2065ff., m.w.N. 751 Ebenso: Pelz, S.531. 752 Beispiel bei: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 108. 75 3 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.215 u. FS-Stree/Wessels, S.617. 754 Ebenso: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 108 f. u. NJW 1985, S.2124; Weber, FSStree/Wessels, S.617. 75 5 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.215. 756 Überblick über ausländische urheberstrafrechtliche Regelungen bei: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 115 ff.; zu Italien: Zuccalà, S.42ff.; zu Österreich: Steinmetz, S.752; Walter, 745

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

recht von Bedeutung sein.757 Hierbei soll es für die Anwendung genügen, dass das konkrete Verhalten des Täters überhaupt einer Strafnorm des Tatortrechts unterfällt, ohne dass es sich um gleichbenannte oder korrespondierende Vorschriften zu handeln braucht, 758 so dass etwa § 108 UrhG auch dann anwendbar ist, wenn die fragliche Handlung vom Tatortrecht als Delikt des unlauteren Wettbewerbs erfasst ist. 759 Allerdings wird § 7 StGB durch die §§ 120 ff. UrhG 760 und durch das Territorialitätsprinzip begrenzt. 761 Einschlägige Fälle bleiben nicht. Auf die Darstellung ausländischer urheberstrafrechtlicher Regelungen kann mithin verzichtet werden.

II. Begrenzung der Anwendbarkeit durch §§ 120ff. UrhG Nach allgemeiner Ansicht 762 begrenzen die §§ 120 ff. UrhG 763 den Schutzbereich der §§ 106 ff. UrhG. Denn der Wortlaut spricht vom „urheberrechtlichen Schutz" schlechthin und umfasst somit auch den strafrechtlichen Schutz.764 Ein über den zivilrechtlichen Schutz hinausgehender strafrechtlicher Schutz verbiete sich zudem wegen der zivilrechtsakzessorischen Ausgestaltung der Strafvorschriften. 765 Lediglich wenn der Schutzbereich der Straf Vorschriften über den zivilrechtlichen Schutz

hinausgehen würde, wäre es denkbar, den strafrechtlichen Anwendungsbereich ohne Rücksicht auf die §§ 120ff. UrhG uneingeschränkt nach § 3 StGB zu bestimmen.766 Weber 767 ist der Ansicht, § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG sei wegen § 121 Abs. 6 UrhG ohne Rücksicht darauf anwendbar, ob ein Deutscher oder ein Nichtdeutscher verletzt wurde, da die Vorschrift Urheberpersönlichkeitsrechte 768 schütze. Ich bin der Auffassung, dies ist mit dem Wortlaut des § 121 Abs. 6 UrhG, wonach sich der FuR 1980, S. 360ff. u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 57 ff.; zur Schweiz: Hefti, S. 87 ff.; zu den ehemals sozialistischen Ländern Osteuropas: Knap, S. 374ff.; zu China: Liu, S.497; Überblick zu den methodischen Problemen der Rechtsvergleichung: Jung, JuS 1998, S.2ff. 75 7 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 114 u. NJW 1985, S.2124; Weber., FS-Stree/Wessels, S.617. 75 8 Jescheck/Weigend, § 18 III 5; LK-Tröndle, §7 StGB Rn.4b; Schönke/Schröder-Eser, §7 StGB Rn.8; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 109 u. NJW 1985, S.2124; Weber, FS-Stree/ Wessels, S.617; a. Α.: SK-Samson, §7 StGB Rn.2, wonach es auf eine übereinstimmende Schutzrichtung ankomme. 75 9 Weber, FS-Stree/Wessels, S.617 f. 76 0 Weber, FS-Stree/Wessels, S.617ff. 761 Dazu sogleich. 76 2 Katzenberger, GRU1 Int. 1992, S. 513 ff.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.9; Weber, FS-Stree/Wessels, S.621 u. JZ 1993, S. 107. 763 Zu den §§ 120ff. UrhG aus strafrechtlicher Sicht: Weber, FS-Stree/Wessels, S.620f. 76 4 Weber, FS-Stree/Wessels, S.621. 76 5 Weber, FS-Stree/Wessels, S.621 ff. u. JZ 1993, S. 107; ähnlich: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.9. 76 6 Weber, FS-Stree/Wessels, S.621. 76 7 Weber, FS-Stree/Wessels, S.621. 768 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap.3 A.

Η. Auslandsbezüge

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Schutz der §§ 12 bis 14 UrhG auf ausländische Staatsangehörige erstreckt, nicht vereinbar. Zwar bezieht sich § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG auf § 13 UrhG; doch weil der strafrechtliche Schutz weiter greift als § 13 UrhG, hätte die Vorschrift in § 121 Abs. 6 UrhG ausdrücklich erwähnt werden müssen. Das Problem der Anwendbarkeit der §§ 120 ff. UrhG stellt sich vor allem bei den verwandten Schutzrechten: In der Vergangenheit betraf dies vor allem die sogenannten Schutzlückenbootlegs769 im Tonträgerbereich. Diese waren dadurch möglich, dass Livemitschnitte solcher ausländischer Künstler vervielfältigt und verbreitet wurden, die keinem Staat angehörten, der entweder Mitglied des EWR oder des Rom-Abkommens war. 770 Die Verbreitung derartiger Tonträger war nach deutschem Recht zulässig.771 Das Problem der Schutzlückenbootlegs hat sich jedoch in jüngerer Zeit erheblich entschärft durch eine Entscheidung des EuGH 772 und die darauf folgende Änderung des § 120 Abs. 2 UrhG durch Gesetz vom 23.6.1995773. Gegenwärtig ist absehbar, dass die Lücke im Gefolge des Welthandelsabkommens GATT vollständige geschlossen wird. 774 Denn Art. 14 TRIPS-Abkommen775, bei dem allerdings noch Übergangsregelungen (Art. 65-67 TRIPS) gelten, wird in näherer Zukunft den Schutzlückenbootlegs weitgehend den Boden entziehen.776 Dagegen bleibt das Problem bei Laufbildern bestehen.777 Diese fallen nicht in den Schutzbereich des Rom-Abkommens noch des Genfer Tonträgerabkommens. 778 Auch die Artt. 10 oder 14 TRIPS-Abkommen sind nicht einschlägig. Wegen der Erweiterung des Werkbegriffs in § 69 a Abs. 3 UrhG 779 hat aber auch diese Frage kaum noch praktische Bedeutung. Bei Datenbanken stellt sich die Frage wegen der Verfassungswidrigkeit des § 108 Abs. 1 Nr. 8 UrhG 780 nicht. 769

Zum Phänomen der Schutzlückenbootlegs: Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S. 182ff.; Th. Braun, Schutzlücken-Piraterie, S. 13 ff.; Kann, S.63 ff. u. S. 147 ff.; Schaefer, Handbuch, S. 520f.; Schaefer/Körfer, S. 21 f. 77 0 Kann, S.63. 771 So: BVerfG GRUR 1990, 438, 440 („Bob Dylan"); BGH GRUR 1986, 454 („Bob Dylan"); ablehnend: Schaefer, GRUR 1992, S. 424ff.; weitere Nachweise zur damaligen kontroversen Diskussion bei Kann, S. 68 Fn. 179 u. Fn. 180 u. S. 150f. Fn. 104. 772 EuGH GRU1 Int. 1994, 53 („Collins/Imtrat"). 773 BGBl. I S. 842; hierzu: Th. Braun, GRU1 Int. 1996, S.790ff. 77 4 Schaefer/Körfer, S.22; vgl. auch: Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.229ff. 775 Zum Abkommen: Reinbothe, GRUR Int. 1992, S. 707 ff. 776 So auch: Fromm/Nordemann-Nordemann, § 125 UrhG Rn.4. 77 7 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 283ff.; vgl. auch: Haurand/Vahle, S. 131; Katzenberger, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 1437 u. GRUR Int. 1992, S.513ff.; Weber, JZ 1993, S. 107. 77 8 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.285. 779 Vgl. zum Schutz von Computerprogrammen: Kap.2 C.I.6. 780 Dazu: Kap.4M.

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

III. Begrenzung der Anwendbarkeit durch das Territorialitätsprinzip Obwohl die Geltung des urheberrechtlichen Territorialitätsprinzips im Strafrecht gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt ist, treten alle Autoren 781 für seine Anwendung ein. Doch auch gegen die Begrenzung durch das Territorialitätsprinzip spricht eine Reihe von Gründen: Im Gegensatz zu den Delikten, bei denen - wie etwa bei § 170 b 7 8 2 oder den §§ 153 ff. und 1 13 783 StGB - Besonderheiten dazu führen, dass diese trotz § 7 StGB auf Auslandstaten keine Anwendung finden können, ist es bei den §§ 106 ff. UrhG nicht möglich, den fehlenden Schutzzweck gegen die Anwendung auf Sachverhalte mit Auslandsberührung einzuwenden.784 Denn die Vorschriften schützen Individualrechtsgüter 785, hinsichtlich derer der Grundsatz gilt, dass sie ohne Rücksicht darauf geschützt sind, ob sie einem inländischen oder ausländischen Rechtsgutsträger zustehen.786 Zudem ist im In- und Ausland nur der äußerliche Schutz unterschiedlich ausgestaltet, während der Schutzgegenstand derselbe ist. 787 Wenn überdies § 7 StGB den Schutz von Deutschen gegen Auslandstaten grundsätzlich ausdehnt, so ist kein Grund dafür ersichtlich, gerade beim strafrechtlichen Schutz geistiger und wirtschaftlich-kultureller Leistungen davon abzugehen.788 Denn das Territorialitätsprinzip wird durch den in internationalen Konventionen vorgeschriebenen Grundsatz der Gleichbehandlung789 von Ausländern ausgeglichen.790 Überdies wird die durch das Territorialitätsprinzip bezweckte Einschränkung des Schutzes nichtdeutschen Rechtsverkehrs im Strafrecht ohnehin schon durch das Erfordernis des § 7 StGB abgedeckt, dass im Ausland - außer in den Fällen fehlender Strafgewalt - eine entsprechende Strafdrohung bestehen muss. Schließlich hat sich auf internationaler Ebene inzwischen eine Reihe von Mindestrechten durchgesetzt, die in allen Staaten gelten und somit einen gewissen Verkehrsschutz immaterieller Rechte gewähren. Auch für die Begrenzung der Strafbarkeit durch das Territorialitätsprinzip wird einiges vorgebracht: 781 HubmannJGötting, S.96; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 110 u. NJW 1985, S.2124 ff.; Weber, FS-Stree/Wessels, S.622f.; Weigel, S.96. 782 Dazu: Wessels/Beulke, Rn.66, m.w.N. 783 Dazu: Lüttger, S. 156ff. 784 Weber, FS-Stree/Wessels, S.619. 785 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap.2 B, Kap.3 A u. Kap.4 B. 786 Lüttger, S. 121, m.w.N.; Weber, FS-Stree/Wessels, S.619. 787 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 110; Weber, FS-Stree/Wessels, S.619. 788 Weber, FS-Stree/Wessels, S.619. 789 Für Urheber: Art. 5 Abs. 1 RBÜ, Art. 2 WUA; für Tonträgerhersteller: Art. 5 Rom-Abkommen. 790 Weber, FS-Stree/Wessels, S.622.

Η. Auslandsbezüge

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So könne eine ausländische Verletzungshandlung nach deutschem Recht keine tatbestandsmäßige Handlung darstellen, 791 da nach dem Territorialitätsprinzip die Wirkung urheberrechtlicher Regelungen auf das Inland beschränkt bleibe.792 Insofern wirke die Privilegientheorie noch nach.793 Da das Benutzungs- und das Verbietungsrecht auf den Bereich des inländischen Hoheitsgebietes begrenzt seien, unterlägen nur inländische Verletzungshandlungen dem inländischen Recht.794 Auch bei anderen Straftatbeständen führten deren Besonderheiten dazu, dass diese trotz § 7 StGB auf Auslandstaten keine Anwendung fänden. 795 Der Schutzbereich der urheberstrafrechtlichen Regelungen erstrecke sich ausschließlich auf die Sicherung inländischer Rechtsgüter, wogegen im Falle einer Auslandstat nur das ausländische Rechtsgut verletzt sei. 796 Ferner sei das Territorialitätsprinzip im Urheberzivilrecht 797 allgemein anerkannt. 798 Dort gelte stets das Recht des Tatorts. 799 Ein über den zivilrechtlichen Schutz hinausgehender strafrechtlicher Schutz verbiete sich schon wegen zivilrechtsakzessorischen Ausgestaltung der Strafvorschriften; diesem Grundsatz würde es zuwiderlaufen, wenn gerade einschneidende strafrechtliche Sanktionen für im Ausland gegen Deutsche verübte Rechtsverletzungen verhängt werden könnten.800 Auch auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes und damit im Bereich der verwandten Schutzrechte gelte das Territorialitätsprinzip. 801 Es sei die Folge des Territorialitätsprinzips, dass die in verschiedenen Staaten erworbenen Schutzrechte für ein- und dasselbe immaterielle Recht voneinander unabhängig seien und in ihrer Ausprägung im Belieben der jeweiligen nationalen Gesetzgeber stünden.802 Daraus ergebe sich, dass Urheberrechte und gewerbliche Schutzrechte zwar allerorten beeinträchtigt werden könnten, der jeweilige Staat aber nur die nach seiner Rechtsordnung gewährten Schutzrechte, nicht aber auslän791 Hubmann/Götting, S. 96; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 110 u. NJW 1985, S.2124ff.; Weber, FS-Stree/Wessels, S.622f.; Weigel, S.96. 792 BT-Drucks. 11/4792, S. 16; v. Gamm, UrhG, Einf. Rn. 29; Möhring/Nicolini-Nicolini, §97 UrhG Anm. 3 c; Schricker-Katzenberger, Urheberrecht, vor §§ 120ff. Rn. 120; SternbergLieben, Musikdiebstahl, S. 109 u. NJW 1985, S.2124; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 80ff.; Weber, FS-Stree/Wessels, S.622; Weigel, S.87ff.; vgl. auch: BGHZ 41, 84, 89ff.; 49, 331,334. 793 Weber, FS-Stree/Wessels, S.622. 794 v.Bar, S.41 u. S.48; v. Gamm, UrhG, Einf. Rn.29; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 109. 795 Weber, FS-Stree/Wessels, S.618. 796 Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2124 f. 797 Zum Territorialitätsprinzip im Zivilrecht: v. Bar, S. 39 ff. 798 v.Bar, S.39f., m.w.N.; Weber, FS-Stree/Wessels, S.622. 799 v.Bar, S.29; Weber, FS-Stree/Wessels, S.614 u. S.622; a. Α.: AG Hamburg ZUM 1990, 149 ff. 800 Weber, FS-Stree/Wessels, S.622 f. 801 Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2124 u. S.2126. 802 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 109f. u. NJW 1985, S.2124; Weigel, S. 90f., m. w. N.

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

dische Rechte anerkenne.803 Überdies ändere auch der in internationalen Konventionen aufgestellte Grundsatz der Inländerbehandlung804 hieran nichts, sondern setze im Gegenteil das Territorialitätsprinzip voraus. 805 Die Verwirklichung eines umfassenden nationalen Rechtsschutzes gegen Rechtsverstöße lasse das Bedürfnis dafür entfallen, die Anwendbarkeit der staatlichen Strafrechte auf außerhalb des Staatsgebiets spielende Sachverhalte auszudehnen.806 Die deutsche Strafgerichtsbarkeit dürfe nicht über das Zivilrecht hinausgreifen und dort Schutz gewähren, wo das Zivilrecht bewusst auf den Schutz durch die jeweiligen ausländischen Gerichte verweist. 807 Die deutsche Strafgerichtsbarkeit sei vielmehr auf die Anwendung deutschen materiellen Strafrechts beschränkt.808 Das Territorialitätsprinzip finde seinen Grund darin, dass es unbillig wäre, vom nichtdeutschen Rechtsverkehr Kenntnis des deutschen Urheberrechts zu erwarten. 809 Zu einer Diskriminierung inländischer Rechtsgutsinhaber führe das Territorialitätsprinzip nicht, da umgekehrt dasselbe gelte.810 Auch auf die Formel, dass ausländische Rechtsgüter dann unter dem Schutz des inländischen Strafrechts stünden, wenn es sich bei ihnen um Rechtsgüter handele, die allen zivilisierten Staaten gemein seien811, könne nicht zurückgegriffen werde, da sie wegen der zivilrechtsakzessorischen Konzeption des Urheberstrafrechts hier nicht passe.812 Schließlich sei auch im Bereich der EU das Territorialitätsprinzip noch nicht überwunden; zwar gebe es eine Tendenz zur Vereinheitlichung der geschützten Rechte, doch sei diese Vereinheitlichung noch nicht so weit fortgeschritten, dass von einheitlichen Rechten im Bereich des Urheberrechts gesprochen werden könne. 813 Vielmehr bilde das Territorialitätsprinzip die Basis für die europäische Rechts Vereinheitlichung . 8 1 4 Den vorgenannten Argumenten ist kaum etwas hinzuzufügen. Da im Zivilrecht die Geltung des Territorialitätsprinzips allgemein anerkannt ist 815 und die §§ 106ff. UrhG zivilrechtsakzessorisch ausgestaltet sind, stellt sich das Problem letztlich als 803

Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 109f. u. NJW 1985, S.2124. Für Urheber: Art. 5 Abs. 1 RBÜ, Art. 2 WUA; für Tonträgerhersteller: Art. 5 Rom-Abkommen. 805 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 110 u. NJW 1985, S.2124; a. Α.: Reschke, S. 134f. 806 Weber, FS-Stree/Wessels, S.619. 807 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 110 u. NJW 1985, S.2124. 808 Weber, FS-Stree/Wessels, S.614 u. S.622. 809 v. Bar, S. 41 f. 810 Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2125. 811 Dazu kritisch: Lüttger, S. 145ff., m.w.N. 812 Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2125. 813 Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2125 f. 814 Schricker-Katzenberger, Urheberrecht, vor §§ 120 ff. UrhG Rn. 120; zur Rechts Vereinheitlichung im Bereich der Leistungsschutzrechte: Reinbothe, ZUM 1998, S.429 ff. 815 v. Bar, S. 39f., m. w. N.; Weber., FS-Stree/Wessels, S. 622. 804

I. Konkurrenzen

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Frage der Konkurrenz des Territorialitätsprinzips und der §§ 3 ff. StGB dar. Auch ich möchte insofern dem Territorialitätsprinzip den Vorrang gewähren. Denn ein strafrechtlicher Schutz, der über den urheberzivilrechtlichen Schutz hinausgeht, widerspricht der Konzeption des UrhG. Dem Gesetzgeber des StGB kann nicht unterstellt werden, dass er hieran durch § 7 StGB etwas ändern wollte. Im Ergebnis scheidet strafrechtlicher Schutz nach deutschem Strafrecht für Taten, die im Ausland begangen wurden, aus.

I. Konkurrenzen Nachdem geklärt ist in welchen Fällen Handlungseinheit oder Handlungsmehrheit anzunehmen ist (I) 816 , sollen die Reichweite der Subsidiaritätsklausel des § 107 Abs. 1 UrhG (II) 8 1 7 , die Konkurrenzen innerhalb der Tatbestände des Urheberrechts (III) 8 1 8 und die Konkurrenzen zu anderen Delikten untersucht werden (IV) 8 1 9 .

I. Abgrenzung von Handlungseinheit und Handlungsmehrheit Handlungseinheit und Handlungsmehrheit werden zunächst beim Vervielfältigungstatbestand (l) 8 2 0 , beim Verbreitungstatbestand (2) 821 und bei sonstigen Tatbeständen (3) 822 voneinander abgegrenzt. Anschließend wird auf die Frage eingegangen, ob und inwieweit Handlungseinheit bei verschiedenen Trägern des Rechtsguts (4)823 u n ( j b e i verschiedenen Delikten zu bejahen ist (5) 824 . 1. Vervielfältigungstatbestand Fortsetzungszusammenhang825 ist nach der Rechtsprechung des Großen Senats des BGH 8 2 6 nur noch in solchen Ausnahmefällen denkbar, in denen die Annahme von Fortsetzungszusammenhang „zur sachgerechten Erfassung des verwirklichten 816 817 8,8 819 820 821 822 823

Zur Abgrenzung von Handlungseinheit und Handlungsmehrheit: Kap. 6 I.I. Zur Reichweite der Subsidiaritätsklausel: Kap.6 I.II. Zu Fragen der Konkurrenz innerhalb des Urheberrechts: Kap.6 I.III. Zur Konkurrenz zu Tatbeständen außerhalb des Urheberrechts: Kap. 6 I. IV. Zur Abgrenzung beim Vervielfältigungstatbestand: Kap.6 I.I. 1. Zur Abgrenzung beim Verbreitungstatbestand: Kap.6 I.I.2. Zur Abgrenzung bei anderen Tatbeständen: Kap. 6 1.1.3. Zur Möglichkeit der Handlungseinheit bei verschiedenen Trägern des Rechtsguts: Kap. 6

I.I. 4. 824

Zur Möglichkeit der Handlungseinheit bei verschiedenen Delikten: Kap. 6 1.1.5. Hierzu ausführlich: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 89; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 356 ff. 826 Vgl.: BGHSt 40, 138. 825

21 Hildebrandt

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Unrechts und der Schuld unumgänglich ist". Für die §§ 173, 174, 176 und 263 StGB hat der BGH dies ausdrücklich ausgeschlossen. Da nicht ersichtlich ist, dass sich die Delikte des Urheberrechts wesentlich von den genannten Tatbeständen unterscheiden, kann Fortsetzungszusammenhang bei den §§ 106 ff. UrhG nicht mehr angenommen werden. 827 Seit dem Wegfall des Rechtsinstituts des Fortsetzungszusammenhangs muss die Abgrenzung zwischen Handlungseinheit und Handlungsmehrheit im Wesentlichen mittels des Begriffs der „natürlichen Handlungseinheit" vorgenommen werden. Infolgedessen sind bei der Bestimmung des Tatbegriffs im Rahmen der natürlichen Handlungseinheit erhebliche Unsicherheiten entstanden.828 Von natürlicher Handlungseinheit ist dann auszugehen, wenn mehrere im Wesentlichen gleichartige strafrechtlich erhebliche Betätigungen von einem einheitlichen Willen getragen sind 829 und zwischen ihnen ein derart enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass sich das gesamte Handeln objektiv auch für einen Dritten als einheitliches, zusammengehöriges Tun darstellt. 830 Der Unterschied zur fortgesetzten Tat besteht darin, dass bei der natürlichen Handlungseinheit die einzelnen Teilakte zeitlich nahe beieinander liegen, während sich die fortgesetzte Tat über längere Zeiträume erstrecken kann. 831 Welche Maßstäbe hierbei im Einzelnen anzulegen sind, ist auch nach der jüngeren Rechtsprechung des BGH unklar. Dabei bereitet insbesondere das Merkmal des engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs Probleme. 832 So soll es nach einer Entscheidung833 darauf ankommen, ob der Täter von Beginn an sämtliche Taten konkret ins Auge gefasst hat. Andere Entscheidungen zeigen, dass insofern die Gegebenheiten des jeweils betroffenen Straftatbestands von entscheidender Bedeutung sind: 834 Auf der einen Seite haben mehrere höchstrichterliche Judikate835 natürliche Handlungseinheit für Tatgestaltungen bejaht, in denen sich die einzelnen Tätigkeitsakte auf einen Zeitraum von etwa 30 Minuten erstreckten, wobei sich in diesen Fällen die Aktivitäten des Täters gegen dasselbe Opfer richteten; auf der anderen Seite wird in Fallkonstellationen, die die Beeinträchtigung höchstpersönlicher Rechtsgüter unterschiedlicher Rechtsgutsinhaber betreffen, eine extreme zeitliche Komprimierung gefordert. 836 In der jüngsten Rechtsprechung nunmehr äußert der BGH, es seien bei 827

So im Ergebnis auch: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn. 13. Momsen, S. 987. 829 Zum subjektiven Erfordernis ausführlich: Sowada, Jura 1995, S.251, m.w.N. 830 BGHSt 41, 368, 369; BGH NJW 1995,1766, st.Rspr.; ähnlich: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 233; Rupp, Computersoftware, S. 234; vgl. auch: LG Wuppertal CR 1987,599, 600; ausführlich: Sowada, Jura 1995, S.248ff., m.w.N. u. NZV 1995, S.468. 831 Sowada, Jura 1995, S.249. 832 Ebenso: Sowada, Jura 1995, S.249. 833 BGH NJW 1995, 1766, 1767. 834 Vgl.: Sowada, Jura 1995, S.250. 835 BGH StV 1987, 389; NStZ 1990, 490. 836 So: Sowada, NZV 1995, S.469. 828

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der Abgrenzung dieselben Regeln wie beim Rücktritt vom Versuch anzuwenden.837 Diese Ansicht aber führt dazu, dass in sehr viel mehr Fällen natürliche Handlungseinheit angenommen werden kann. Ob also in Zukunft eine Beschränkung des Rechtsinstituts der natürlichen Handlungseinheit zu erwarten ist, bleibt offen. 838 Jedenfalls aber bei der Herstellung mehrerer Vervielfältigungsstücke ein und desselben Titels liegt natürliche Handlungseinheit vor. 839 Hierbei handelt es sich um tatbestandliche Handlungseinheit im weiteren Sinne mit der Folge, dass das Geschehen auf eine einzige Gesetzesverletzung reduziert wird. 840 Denn bereits aus dem Wortlaut des § 106 Abs. 1 UrhG ergibt sich, dass eine Vielzahl von Vervielfältigungsstücken erfasst wird, zumal in § 16 Abs. 1 UrhG von Vervielfältigungsstücken „gleichviel in [...] welcher Zahl" die Rede ist. 841 Die Sachlage entspricht der bei der Geldfälschung nach § 146 StGB. 842 Überdies bildet die Herstellung einer Vielzahl von Vervielfältigungsstücken einen einheitlichen Lebensvorgang, in dem alle anderen Einzelakte des Vervielfältigungsvorgangs aufgehen. 843 Infolgedessen werden von der natürlichen Handlungseinheit auch alle Einzelakte des Vervielfältigungsvorgangs erfasst wie die Vorbereitung des Satzes, der Satz selbst und der Druck. 844 Dagegen liegt bei neuem Entschluss regelmäßig Handlungsmehrheit vor. 845 Dies ist etwa der Fall, wenn ein Drucker sich auf Anfrage entscheidet, einen weiteren illegalen Druckauftrag anzunehmen.846

2. Verbreitungstatbestand Im Gegensatz zur Vervielfältigung erfolgt die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken meist über einen längeren Zeitraum hinweg, so dass natürliche Handlungseinheit nicht allein durch das Bestreben des Täters hergestellt werden kann, möglichst die ganze Auflage oder Lieferung zu vertreiben. 847 Dagegen ist natürliche Handlungseinheit bei zeitlich einheitlicher Versendung einer Vielzahl von Exemplaren, etwa an verschiedene Buchhändler oder Verteiler, anzunehmen,848 wogegen die 837

BGHSt 41, 368, 369; kritisch hierzu: Momsen, S.986. Sowada, NZV 1995, S.469. 839 BayObLG UFITA Bd.47 (1966), 326; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 14; Kann, S. 120f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 233; Rupp, Computersoftware, S. 234; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.353. 840 Dazu: Sowada, NZV 1995, S.466. 841 Rupp, Computersoftware, S.234; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.353 f. 842 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.233; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.354. 843 Kann, S. 121. 844 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.354. 845 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.236; Rupp, Computersoftware, S.234. 846 Kann,SA2l. 847 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.354f.; vgl.: RGSt 74,375,376; BGHSt 10,230,231. 848 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.233; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.355. 838

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Ausführung einer später eingehenden Bestellung nicht mehr von der natürlichen Handlungseinheit umfasst ist. 849 Auch wenn Programme zuerst im eigenen Computer kopiert und später angeboten werden, handelt es sich um mehrere Taten.850 Gerade bei der Weitergabe an verschiedene Personen, insbesondere mit größerem zeitlichen Abstand, ist die Einordnung fraglich. 851 Jedenfalls soweit ein Händler an einem Ort die mitgebrachten Exemplare in einem Zug veräußert, wird man Handlungseinheit annehmen müssen.852 Im Übrigen wird es nach der jüngeren Rechtsprechung des BGH 853 im Wesentlichen auf Vorstellung und Plan des Täters ankommen. Soweit dieser bestimmte Verkäufe von vornherein ins Auge gefasst hatte, ist Handlungseinheit anzunehmen. Beifliegenden Händlern fehlt es dagegen regelmäßig am räumlichen Zusammenhang.854

3. Weitere Tatbestände Bei der öffentlichen Wiedergabe fehlt es am zeitlichen Zusammenhang, wenn eine Bühne an verschiedenen Abenden immer wieder dasselbe Drama aufführt. 855 Auch ein vorausgefasster Entschluss, bei mehreren sich bietenden Gelegenheiten an verschiedenen Terminen geschützte Werke öffentlich wiederzugeben, reicht zur Annahme eines Gesamtvorsatzes nicht aus.856 In diesen Fällen ist Handlungsmehrheit anzunehmen. Auch werden verschiedene Urheberrechtsverletzungen nicht unter dem Gesichtspunkt der Sammelstraftat durch das Merkmal gewerbsmäßigen Handelns zu einer Tat im rechtlichen Sinn umklammert. 857

4. Handlungseinheit bei verschiedenen Trägern des Rechtsgutes Ob zwischen Taten, die gegen verschiedene Träger der Rechtsgutes gerichtet sind, Handlungseinheit bestehen kann, ist streitig. 858 Auch die Rechtsprechung zu dieser Frage ist uneinheitlich. Nach der Extremposition soll in diesen Fällen Handlungs849

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.355. AG Freising CR 1990, 55. 851 Ebenso: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.233. 852 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 14; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.355. 853 Insofern kritisch: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn. 14. 854 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.355. 855 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.356. 856 LG Berlin, Schulze, LGSt 4, 14 u. 17 („S.-Party"). 857 RGSt 72, 164; BGHSt 1, 41; OLG Braunschweig MDR 1947, 136; Schönke/SchröderStree, vor §52 StGB Rn.93f.; anders noch: RGSt 61, 147, 149; auch: AG Mainz NJW 1989, 2637. 858 Sowada, NZV 1995, S.467 u. ausführlich: Sowada, Jura 1995, S.252f. 850

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einheit immer abzulehnen sein.859 Eine vermittelnde Ansicht will natürliche Handlungseinheit dann annehmen, wenn sich das Täterverhalten nicht gegen höchstpersönliche Rechtsgüter richtet. 860 Bei Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter sei dagegen natürliche Handlungseinheit ausgeschlossen.861 Nach der weitesten Auffassung schließlich, zu der auch die jüngere Rechtsprechung neigt, soll die Tatsache, dass die Tat gegen verschiedene Träger der Rechtsguts gerichtet ist, nicht gegen die Annahme natürlicher Handlungseinheit sprechen. Diese sei vielmehr nach strenger Prüfung der obigen Voraussetzungen zu bejahen.862 Häufig lägen bei einem Angriff auf mehrere höchstpersönliche Rechtsgüter ohnehin getrennte Willensbetätigungen zu Grunde, so dass natürliche Handlungseinheit schon deswegen ausscheide.863 Allein dann, wenn der Täter angreift, um jeden Rechtsgutsträger in seiner Individualität zu vernichten, sei die Annahme natürlicher Handlungseinheit auch dann ausgeschlossen, wenn deren Voraussetzungen eigentlich vorliegen. 864 Ich selbst möchte in der jüngeren Rechtsprechung eine Tendenz sehen, die Figur der natürlichen Handlungseinheit weiter zu fassen als bisher. Es existieren eine Reihe von Gerichtsentscheidungen, in denen natürliche Handlungseinheit nicht nur dann bejaht wird, wenn sich die Tat gegen verschiedene Träger des Rechtsgutes richtet, sondern sogar dann, wenn es sich um höchstpersönliche Rechtsgüter handelt. Bedenken gegen diese Ausweitung der Rechtsfigur habe ich nicht. Bei der Herstellung von Vervielfältigungsstücken eines neuen Titels eines anderen Autors ist deswegen keineswegs zwangsläufig von Handlungsmehrheit auszugehen.865 Da auch die Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter nicht entgegensteht, kann auch nicht argumentiert werden, die Sachlage unterscheide sich von Rechtsverletzungen im vermögensrechtlichen Bereich, da sich die Tat auch gegen immaterielle Rechtsgüter richte. 866 Denn selbst wenn das Urheberrecht als ein ein859

SK-Samson, § 52 StGB Rn.25f.; vgl. auch: BGH bei Daliinger MDR 1970, 381 f. BGH NJW 1998, 619, 620; Eser, Fall 49 A 25; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 34; Kindhäuser, JuS 1985, S. 103; LK-Vogler, § 52 StGB Rn. 35; Maiwald, Die natürliche Handlungseinheit, S.80f. u. JR 1985, S.514 u. NJW 1978, S.301; Müsch, JuS 1993, S.388; Momsen, S. 985 ff.; Werle, S. 100. 861 BGH NJW 1998, 619, 620; StV 1981, 396; Eser, Fall 49 A25 f.; Kindhäuser, JuS 1985, S. 103; Maiwald, JR 1985, S.514 u. NJW 1978, S.301; Mitsch, JuS 1993, S.388; Momsen, S.985ff.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.356; Wolter, S.321; differenzierend: Wessels/ Beulke, Rn.766. 862 BGH JR 1985, 512; NJW 1977, 2321; 1991, 2975, 2976; NStZ 1985, 217; StV 1990, 544; Bringewat, Rn.35; v. Gravenreuth, ZUM 1985, S.489f.; Hellmer, S.68f.; Jescheck/Weigend, §661111; LK -Vogler, vor §52 StGB Rn.32f.; Sowada, Jura 1995, S.252f.; Tröndle/Fischer, vor §52 StGB Rn.2c; wohl auch: AG Mönchengladbach, in: v. Gravenreuth, ZUM 1985, S.489; einschränkend: Lackner/Kühl, vor §52 StGB Rn.7. 863 Sowada, Jura 1995, S.252 f., unter Hinweis auf: BGHSt 41, 368; JR 1985, 512, 513. 864 Vgl.: BGH NStZ 1996, 129; Wessels/Beulke, Rn.766. 865 Anders aber: BayObLG UFITA Bd. 47 (1966), 326, 327; Fromm/Nordemann-Vinck, §106 UrhG Rn.6; Kann, S. 121. 866 So aber: BayObLG UFITA Bd.47 (1966), 326; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.290 u. S.354. 860

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

heitliches, vermögensrechtliche und persönlichkeitsrechtliche Elemente unteilbar umfassendes Recht aufzufassen sein sollte,867 widerspricht dies der Annahme natürlicher Handlungseinheit nicht. Vielmehr wäre der Sachverhalt dann streng darauf zu untersuchen, ob ein zeitlich und räumlich enger Zusammenhang zwischen den Tatkomplexen besteht. Meines Erachtens aber müssen die Maßstäbe der Verletzung höchstpersönlicher Rechte gar nicht angewandt werden, wie v. Gravenreuth m überzeugend dargelegt hat: Denn zwar ist das Urheberrecht als ein einheitliches, vermögensrechtliche und persönlichkeitsrechtliche Elemente unteilbar umfassendes Recht aufzufassen. Doch können diese Rechte einzeln übertragen werden, ohne dass davon die anderen Urheberrechte berührt würden. Der Fall, dass jemand Urheberrechtsverletzungen an dreizehn verschiedenen Werken begeht, unterscheidet sich deswegen nicht von dem Fall, wo jemand dreizehn verschiedene Gegenstände, die im Eigentum verschiedener Personen stehen, entwendet. Ich möchte dem nur hinzufügen, dass nicht die Unteilbarkeit des Urheberrechts entscheidend sein kann, sondern dass es darauf ankommen muss, welche Rechtsgüter durch die §§ 106, 108 UrhG geschützt werden. Dies aber sind gerade keine Urheberpersönlichkeitsrechte. 869 Auch bei der Verbreitung kommt es nicht darauf an, ob Vervielfältigungsstücke eines oder mehrerer Werke verbreitet werden. 870 Dies hat etwa bei Angebotslisten insbesondere im Bereich der Softwarepiraterie praktische Bedeutung.871 Ebenso ist natürliche Handlungseinheit anzunehmen, wenn eine Musikkapelle im Verlaufe einer öffentlichen Veranstaltung geschützte Werke verschiedener Urheber spielt 872 oder ein Conférencier an einem Abend Gedichte verschiedener Verfasser vorträgt. 873 Bei Taten gegen § 107 UrhG kommt es nicht darauf an, ob Werke desselben Künstlers betroffen sind. 874 Die Tatsache, dass die Vorschrift ein höchstpersönliches Rechtsgut schützt, steht dem nicht entgegen. Auch ist Weber* 15 nicht zuzustimmen, dass die unerlaubte Signierung verschiedener Werkstücke durch ein willensgetragenes Verhalten nicht möglich sei. So ist durchaus denkbar, dass der Täter die Signatur mehrerer Werke von vornherein in seinen Tatplan aufnimmt.

867

So: BayObLG UFITA Bd. 47 (1966), 326; ablehnend: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 356 ff. 868 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 89. 869 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap.2 B. 870 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 89; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 355 f.; a. Α.: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 290 u. S. 354. 871 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 88. 872 LG Berlin, Schulze, LGSt 4, 14 („S.-Party"). 873 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.356. 874 Α. A. zum Fortsetzungszusammenhang: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 15; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.359. 875 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.359.

I. Konkurrenzen

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5. Handlungseinheit bei Verwirklichung verschiedener Tatbestände Die Rechtsprechung876 bejaht natürliche Handlungseinheit auch dann, wenn, wie etwa bei den sogenannten Polizeifluchtfällen, die Verwirklichung unterschiedlicher Delikte bei natürlicher Betrachtung Ausdruck eines in sich geschlossenen, zusammengehörenden Geschehens sind. Dagegen lehnt die Literatur 877 eine Ausdehnung des Instituts der natürlichen Handlungseinheit auf Fallgestaltungen, in denen verschiedene Delikte betroffen sind, überwiegend ab. Denn die Figur der natürlichen Handlungseinheit sei primär normgebunden und könne deswegen bei verschiedenen Delikten keine Anwendung finden. 878 Im Urheberstrafrecht stellt sich die Frage, ob Handlungseinheit zwischen verschiedenen Delikten möglich ist, vor allem bei den verschiedenen Tathandlungen des § 106 Abs. 1 UrhG, wenn diese nacheinander vom selben Täter verwirklicht werden. Doch selbst dann, wenn man mit der Literatur die dargestellte Ausdehnung des Instituts ablehnen will, wird man in diesen Fällen Handlungseinheit bejahen müssen, wenn von vornherein Verbreitungsabsicht bestand.879 Denn die natürliche Handlungseinheit in Form der sukzessiven Tatbegehung erfasst auch Fallgestaltungen, in denen sich der Täter über eigens vertypte Vorbereitungshandlungen dem tatbestandlichen Erfolg nach und nach annähert. 880 So aber liegt es bei den verschiedenen Tathandlungen innerhalb des § 106 Abs. 1 UrhG. Überdies folgt dem Vervielfältigen regelmäßig ein Verbreiten nach, so dass die Rechtslage der beim Herstellen und Gebrauchen einer unechten Urkunde nach §267 StGB ähnelt.881 Erst recht werden diese Überlegungen gelten, wenn ein Vervielfältigungsstück zunächst angeboten 882 und später in den Verkehr gebracht wird. 883 Wie bei § 106 Abs. 1 UrhG ist die Sachlage auch hinsichtlich der Tathandlungen „Anbringen" und „Verbreiten" innerhalb der beiden Tatbestände des § 107 Abs. 1 UrhG. 884 Bei den Vorschriften handelt es sich nämlich jeweils um zweiaktig begangene Delikte. 885 Dagegen steht die öffentliche Wiedergabe zu den anderen Tathandlungen in aller Regel in Realkonkurrenz; denn zwischen der Wiedergabe, die in unkörperlicher 876

BGHSt 22, 67,71. Sowada, Jura 1995, S.253, m.w.N.; wohl auch: BGH NJW 1995, 1766, 1767. 878 Sowada, Jura 1995, S.253. 879 Ebenso: BayObLG UFITA Bd. 47 (1966), 326; Bühler, S. 195; Fischer, S. 149; Ganter, S. 1480; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 88; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 290 u. S. 354; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 109; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 16; wohl auch: Schlüchter, NStZ 1988, S.55. 880 LK-Vogler, vor §52 StGB Rn.34f.; Sowada, Jura 1995, S.247; vgl. auch: LK-Tröndle, §267 StGB Rn.210ff. 881 Ganter, S. 1480. 882 Vgl. zur Straflosigkeit des „Anbietens an die Öffentlichkeit": Kap. 2 D. III. 4. a. 883 Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.6; Ganter, S. 1480. 884 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 131 f. 885 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 14f. 877

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6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Form erfolgt, und den anderen Verwertungshandlungen, die in körperlicher Form erfolgen, besteht kein Zusammenhang.886 Sofern durch eine Tat die Tatbestände der §§106 und 108 UrhG zugleich verwirklicht werden und dadurch mehrere Rechtsgutsträger betroffen sind, wird dies in der Regel ohnehin durch eine Handlung im natürlichen Sinn geschehen. Auf die Figur der natürlichen Handlungseinheit kommt es damit nicht an. So liegt etwa bei der Vervielfältigung eines Filmwerks nur eine Handlung vor, obwohl der Täter sowohl gegen § 106 Abs. 1 als auch gegen § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG verstößt.

II. Reichweite der Subsidiaritätsklausel des § 107 UrhG In § 107 Abs. 1 UrhG ist angeordnet, dass die Strafe nach der Vorschrift nur eintritt, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Die Auslegung entsprechender Klauseln im StGB ist umstritten. So soll die Subsidiaritätsklausel in § 248 b StGB nur bezüglich solcher Vorschriften eingreifen, die einen gleichen oder ähnlichen Schutzzweck aufweisen. 887 Dagegen hat der BGH 8 8 8 jüngst im Hinblick auf die Klausel des § 125 StGB entschieden, diese dürfe nicht eingeschränkt ausgelegt werden. Ebenso wenig sei es möglich, die Klausel allein aus „Klarstellungsgründen" zur Verdeutlichung des spezifischen tatbestandlichen Unrechts außer Betracht zu lassen.889 Ich bin der Auffassung, auch bei § 107 Abs. 1 UrhG wird man die Subsidiaritätsklausel weder übergehen, noch einschränkend auslegen können.890 Denn hierdurch würde gegen das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG verstoßen. Im Verhältnis zu § 263 StGB greift deswegen die Subsidiaritätsklausel ein. 891 Da mit den Fällen des Verbreitungstatbestands des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG in der Regel auch ein Betrug oder Betrugsversuch einhergehen wird und § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG hinter § 263 StGB zurücktritt, 892 hat § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG zwar keine praktische 886

Vgl.: Fischer, S. 149. Schönke/Schröder-Eser, §248b StGB Rn. 13; Tröndle/Fischer, §248b StGB Rn.9; a. Α.: Lackner/Kühl, § 248 b StGB Rn. 6. 888 BGHSt 43, 237; zustimmend: Rudolphi, S.471; Tröndle/Fischer, § 125 StGB Rn. 11. 889 A.A.: LK-v.Bubnoff, § 125 StGB Rn.73; Schönke/Schröder-Cramer, § 125 StGB Rn.31. 890 Ebenso: Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. 8; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 743; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 15 u. § 111 UrhG Rn. 3; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 148; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.567; ohne Begründung a. Α.: Gerstenberg, Vorbem. zu §§ 106ff. UrhG; Locher, S. 196, die beide Idealkonkurrenz annehmen. 891 Dähn, S. 134; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn. 13; Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. 8; Müller/Wabnitz/Janovsky, 8. K. Rn.44; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 117; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 743; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 15; Weber, FS-Locher, S.438 u. Handwörterbuch, S. 10; a. Α.: Gerstenberg, Vorbem. zu §§ 106ff. UrhG; Locher,, S. 196; wohl versehentlich: Tröndle/Fischer,, §263 StGB Rn.62. 892 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.253 u. S. 361; skeptisch: Löffler, S. 1426. 887

I. Konkurrenzen

329

Bedeutung. Da aber § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG lediglich Vorfelddelikt zu § 263 StGB ist, 8 9 3 ist insofern die Subsidiaritätsklausel sinnvoll. 8 9 4 Auch hinsichtlich § 267 StGB greift die Subsidiaritätsklausel ein. 8 9 5 Ob in entsprechenden Fällen der Tatbestand der Urkundenfälschung eingreift, ist umstritten 8 9 6 und soll hier nicht erörtert werden. Von der Beantwortung dieser Frage hängt auch ab, inwieweit § 107 UrhG in der Literatur als Vorfeldtatbestand des § 267 StGB eingeordnet wird. 8 9 7 Dagegen greift i m Verhältnis der §§107 Abs. 1 und 106 Abs. 1 UrhG zueinander, etwa wenn ein Täter ein entgegen § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG signiertes Original verbreitet, die Subsidiaritätsklausel nicht ein. 8 9 8 Vielmehr stehen die Tatbestände zueinander wegen der unterschiedlichen Schutzrichtung in Idealkonkurrenz. 899 § 106 Abs. 1 UrhG droht nämlich keine schwerere Strafe an als § 107 Abs. 1 UrhG, sondern eine gleich hohe. Entsprechendes gilt i m Verhältnis zu § 4 U W G , 9 0 0 der sogar eine geringere Strafdrohung aufweist.

III. Konkurrenzen innerhalb des Urheberrechts Zwischen § 106 UrhG und § 107 UrhG besteht wegen der unterschiedlichen Schutzrichtung Idealkonkurrenz. 901 893

Alternativentwurf, S. 119; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 743; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 9; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 254 u. S. 289 u. S.361 u. Handwörterbuch, S.8. 894 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 174; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.254 u. S.289 u. S.361. 895 Dahn, S. 134; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn. 13; Flechsig, GRUR 1978, S.289; Löffler, S. 1423 u. S. 1429; Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. 8; Müller/Wabnitz/Janovsky, 8. K. Rn. 44; Müller-Gugenberger, §45 Rn. 117; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 743; Schricker- Η aß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 15; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 170; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.253 u. FS-Locher, S.438 u. Handwörterbuch, S. 10; a. Α.: Gerstenberg, Vorbem. zu §§ 106ff. UrhG; Locher, S. 196. 896 Bejahend: Flechsig, GRUR 1978, S.289; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.253; verneinend: Lampe, UFITA 83 (1978), S.22; hierzu auch: Löffler, S. 1423ff.; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 132 ff. 897 Bejahend: Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.743; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 254 u. S. 289 u. S. 361 u. Handwörterbuch, S. 8; verneinend: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn.9. 898 A.A. ohne Begründung: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.278. 899 Im Ergebnis ebenso: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn. 13; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106UrhG Rn. 16 u. § 107 UrhG Rn. 15; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 132 u. S. 170; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.359. 900 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn. 13; W. Nordemann, NStZ 1982, S.374; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 15. 901 Im Ergebnis ebenso: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 16 u. § 107 UrhG Rn. 15; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 132 u. S. 170; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.359.

330

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Auch zwischen § 106 und § 108 UrhG besteht Idealkonkurrenz. 902 Denn die Vorschriften stehen nicht in einem Stufenverhältnis in dem Sinne, dass § 108 UrhG als Auffangvorschrift nur subsidiär zum Zuge kommt, wenn die Voraussetzungen des § 106 UrhG nicht vorliegen; vielmehr schützen beide Vorschriften verschiedene Rechtsgüter, deren tatbestandliche Voraussetzungen gesondert festzustellen sind.903 Überdies kann die Verletzung eines verwandten Schutzrechts ebenso gravierend sein wie die des Urheberrechts. 904 Eine Rolle spielt dies, soweit sich die §§106 und 108 UrhG überschneiden.905 Dies betrifft § 108 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, soweit dort auch Werke i. S. v. § 2 Abs. 2 UrhG geschützt werden. 906 Entgegen Kircher 907 ist nicht anzunehmen, dass § 106 UrhG in diesem Fall den § 108 Abs. 1 Nr. 3 UrhG konsumiert. Denn die Vorschriften weisen eine unterschiedliche Schutzrichtung auf, und es können verschiedene Rechtsgutsträger betroffen sein. Auch zwischen § 106 UrhG und § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG ist Idealkonkurrenz anzunehmen, etwa wenn der Täter ein Konzert auf Tonträger aufnimmt und verbreitet. 908 Entsprechendes gilt im Verhältnis von § 106 UrhG und § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG. 909 Soweit Gerichte 910 in der Vergangenheit nur § 106 UrhG anwandten, kann dies wegen der unterschiedlichen, nebeneinander stehenden Rechtsgüter911 keinen Bestand haben. Innerhalb des § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG liegt nur eine Tat vor, wenn der Täter die Urheberbezeichnung zunächst anbringt und dann das Werk verbreitet. 912 Gleiches gilt bei Nr. 2. 913 Denn bei den Vorschriften handelt es sich jeweils um zweiaktig begangene Delikte. 914 Zwischen den beiden Tatbeständen des § 107 UrhG, also zwischen Nr. 1 und Nr. 2, besteht Idealkonkurrenz. 915 Dies folgt aus den unterschiedlichen geschützten Rechtsgütern.916 Beide Tatbestände des § 107 UrhG schließen sich ohnehin in der Regel gegenseitig auf Tatbestandsebene gegenseitig aus.917 Et902 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 88; Kann, S. 93; Fromm/Nordemann-Vinck, § 108 UrhG; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.234 f.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 16 u. § 108 Rn. 14; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.75; Weber, Wesen, S.58. 903 Ganter, S. 1479f.; Weber, Wesen, S.58. 904 Kann, S. 134; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.568. 905 Vgl.: Ganter, S. 1479f.; Kann, S.93. 906 Vgl.: Kann, S.93. 907 Kircher, S. 110f. 908 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 359. 909 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.28, mit Rechtsprechungsnachweisen in Fn.71; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 290; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 16 u. § 108 UrhG Rn. 9; Weber, JZ 1993, S. 107; unklar: Hütig, S. 154. 910 Erwähnt bei: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.28. 911 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.9; Weber, JZ 1993, S. 107. 912 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 14f.; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 131. 913 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 14f. 914 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 14f. 915 Kohler, S. 146; Würtenberger, Der Kampf, S. 130. 916 Kohler, S. 146. 917 Vgl.: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 132 u. S. 169.

I. Konkurrenzen

331

was anderes kann nur dann gelten, wenn es sich beim Tatobjekt um ein Bearbeitungsoriginal handelt. Auch zwischen den Tatmodalitäten innerhalb des § 108 Abs. 1 UrhG besteht Idealkonkurrenz. 918 Denn sämtliche Tatbestände weisen eine unterschiedliche Schutzrichtung auf. 9 1 9 § 108 a UrhG schließlich verdrängt die §§ 106 bis 108 UrhG vollständig. 9 2 0

IV. Konkurrenzen zu anderen Delikten Außer den Fällen von Subsidiarität, die durch die Subsidiaritätsklausel 921 des § 107 Abs. 1 UrhG verursacht werden, spielen die traditionellen Kategorien der Gesetzeskonkurrenz i m Urheberrecht keine Rolle. 9 2 2 In allen anderen Fällen ist wegen der unterschiedlichen Schutzrichtung der Vorschriften des StGB und des übrigen Nebenstrafrechts von Idealkonkurrenz auszugehen. 923 Ähnlich wie i m Verhältnis zwischen § 106 und § 108 UrhG gilt dies auch i m Verhältnis zwischen diesen Delikten und § 14 GeschmMG. 918

Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.75. Zu § 108 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 UrhG: Kircher, S. 124. 920 Zu §§ 106, 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.291. 921 Zur Subsidiaritätsklausel: Kap.6 I.II. 922 Vgl.: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.360. 923 Ebenso zu § 130 StGB: Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S.21; zu § 131 StGB: Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S.21; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 174 u. S. 359; zu § 185 StGB: Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S. 21; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 16; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 359; zu §§ 186f. StGB: Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S.21; zu §§203f. StGB: Rupp, Computersoftware, S.235 u. wistra 1985, S. 139f.; zu §246 StGB: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.92; zu §259 StGB: v. Gravenreuth, FuR 1984, S. 132; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 235; zu § 263 StGB: Fischer, S. 151; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 88 u. FuR 1984, S. 132; Kilian/HeussenV. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 34; Rupp, Computersoftware, S.235; Tröndle/Fischer, §263 StGB Rn. 62; Weber, Handwörterbuch, S. 10; zu § 265 a StGB: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 109; zu § 266 StGB: Rupp, Computersoftware, S. 235; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 106 UrhG Rn. 16; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.359; zu §267 StGB: BGH BlfPMZ 1952, 479 („Faber-Casteir) [zum WZG]; zu §353b StGB: Rupp, Computersoftware, S.235 u. wistra 1985, S. 139; zu §404 AktG: Rupp, Computersoftware, S.235; zu §§372f. AO: ν. Gravenreuth, GRUR 1983, S.355; zu § 151 GenG u. §85 GmbHG: Rupp, Computersoftware, S.235; zum WZG [heute MarkenG]: AG München, CR 1997,749,751 („MS-DOS 6.2 OEM"); Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn. 13; v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.355; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn.34; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.235; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 15 (zu § 107 UrhG); Weber, Handwörterbuch, S. 10; zu §4 UWG: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 107 UrhG Rn. 13; W. Nordemann, NStZ 1982, S. 374; SchrickerHaß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 15; Weber, Handwörterbuch, S. 10; zu § 17 UWG: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 123; Rupp, Computersoftware, S.235; zu § 18 UWG: v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.355. 919

332

6. Kap.: Sonstige Umstände der Strafbarkeit

Zu einer Reihe von Vorschriften ist aus urheberstrafrechtlicher Sicht Literatur veröffentlicht worden: §§ 185 924 , 186f. 925 , 201 926 , 202a 927 , 240 928 , 242 929 , 253 930 , 257 931 ,263 932 ,263 a 933 , 265 a 934 , 266 935 , 267 936 , 268 937 ,269 938 , 303 a 939 , 303 b 9 4 0 StGB, §§372, 373 AO 941 , §33 KUG 9 4 2 , §§ 143, 144 MarkenG 943, §§4 944 , 15 945 , 17 946 , 18 947 , 20 UWG 94 8 , § 21 Nr. 33 LPG 949 . 924 Zur Verletzung der Künstlerehre durch eine Tat nach § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG: Würtenberger, Der Kampf, S. 130; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 175. 925 Zum Vertrieb mangelhafter Piraterieware: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.93. 926 Zu Studiobootlegs: Kann, S. 117. 927 Haß, Rechtsschutz, Rn. 19ff.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.300ff.; Meier, S.661 ff.; Weber, Wesen, S. 54. 928 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.224f. u. 237. 929 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.91 ; Rupp, Computersoftware, S. 173. 930 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.224f. u. 237. 931 Flechsig, ZRP 1980, S.315; Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.75. 932 Zur Weiterverwendung von Sicherungskopien eines Computerprogramms: LG Kleve CR 1987, 598 f.; zur Täuschung über die Eigenschaft von Vervielfältigungsstücken als Piraterieware: OLG Hamburg, Beschluss vom 28.3.1979, Az.2 Ss 32/79; LG Hamburg, Urteil vom 12.10.1978, Az. (85) 30/77 Ns, beide unveröffentlicht und zitiert nach Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 225 f.; AG Berlin-Tiergarten CR 1993, 297; AG Mannheim CR 1986, 661; Flechsig, ZRP 1980, S.315; Ganter, S. 1480; v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1745 CR 1993, S.297 u. Das Plagiat, S. 105 ff. u. Der Kriminalist 1985, S.29 u. FuR 1984, S. 132 u. GRUR 1983, S. 354 u. ZUM 1985, S. 542; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 311 ; Hentschel, FuR 1982, S. 239 u. S.246 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 14 u. S. 19f. u. Videorecht, S. 111 u. ZUM 1985, S.499; Kann, S. 57 u. S. 110f.; Nick, Musikdiebstahl, S.50; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.20 u. S. 225 ff. u. Rechtspolitische Überlegungen u. UFITA 83 (1978), S.72; Rupp, Computersoftware, S.217 u. wistra 1985, S. 139; Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2123; Tielke, Taschenbuch, S.34; Weber, Wesen, S.54; kritisch: Wulff, BB 1985, S.429; zum Verkauf von Piraterieware schlechter Qualität: Movsessian/Seifert, S. 306; Nick, Musikdiebstahl, S. 14 u. S. 50; Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2123; Weber, FS-Sarstedt, S.380f. u. FuR 1980, S.336; zur Verwendung des Dolby-Zeichens oder des GEMA-Vermerks: Rochlitz, Rechtspolitische Überlegungen, S. 33 u. S. 54f., mit Beispiel aus der Praxis; Nick, Musikdiebstahl, S. 50. 933 Haß, Rechtsschutz, Rn.5 ff.; Ranft, S. 2574 ff. 934 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 109. 935 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 316; Rupp, Computersoftware, S.217 u. wistra 1985, S. 139; Tielke, Taschenbuch, S.35; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.359. 936 Zur Verwendung von Firmennamen und Marken: v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.354; Hentschel, Gema-Nachrichten, H. 119, S. 21 ; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 190; Tielke, Taschenbuch, S.34f.; zur Verwendung des GEMA-Zeichens: Flechsig, ZRP 1980, S.315; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 190; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 107 u. NJW 1985, S. 2123; zur Übernahme von Prüfnummern: Tielke, Taschenbuch, S. 34; zur Täuschung über die Echtheit von Auftragsbestätigungen, Lieferscheinen und Rechnungen, um einen legalen Vertriebsweg vorzutäuschen: v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.354; Kann, S.57 u. S. 115. 937 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.317. 938 Haß, Rechtsschutz, Rn.41 ff. 939 Haß, Rechtsschutz, Rn.49ff. 940 Haß, Rechtsschutz, Rn.56ff. 941 Kann, S. 119; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 231 u. S. 237. 942 Kann, S. 120; Nick, Musikdiebstahl, S.50.

J. Möglichkeit einer Wahlfeststellung

333

J. Möglichkeit einer Wahlfeststellung Vinck 950 hält eine Wahlfeststellung zwischen den §§106 und 108 UrhG für möglich. Dem wird von anderen Autoren 951 mit Recht widersprochen. Denn in den Fällen, in denen nicht klar ist, ob § 106 oder 108 UrhG anwendbar ist, handelt es sich in aller Regel um die rechtliche Würdigung eines feststehenden Sachverhalts unter dem Aspekt des urheberrechtlich geschützten Werks oder des verwandten Schutzrechts und nicht um die Nichtaufklärbarkeit eines bestimmten Sachverhalts.952 In diesen Fällen ist keine Wahlfeststellung zulässig.953 Soweit die Strafverfolgung in der Praxis, gerade bei Computerspielen, häufig allein auf § 108 UrhG gestützt wird, um dem Antragsteller die Darlegung der Werkeigenschaft des Filmes und der Kette von Rechtseinräumungen bis zum Urheber zu ersparen, 954 ist dies jedenfalls mit dem Mittel der Wahlfeststellung regelmäßig nicht möglich. Dagegen erscheint mir gleichartige Wahlfeststellung möglich, wenn der Urheber nicht sicher zu ermitteln ist, aber zugleich feststeht, dass die Schutzfrist noch nicht abgelaufen ist. Dies kann etwa bei Computerprogrammen der Fall sein.

943 [zum WZG]: Flechsig, ZRP 1980, S. 315; Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 162; v. Gravenreuth,, Der Kriminalist 1985, S.27 u. GRUR 1983, S.354; Kann, S.57; Kober, S.5; Lieben, S. 573 u. S. 575; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 20 u. S. 73, Fn. 180 u. S. 229 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.33 u. S.54 f. u. UFITA 83 (1978), S.73, mit Beispiel aus der Praxis; Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2123; Weber, Wesen, S.54. 944 Etter, CR 1989, S. 118; v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1744 u. Der Kriminalist 1985, S.27; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.294f.; Nick, Musikdiebstahl, S.50f.; W Nordemann, NStZ 1982, S.374; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.20 u. S.230 u. UFITA 83 (1978), S.73; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.78 u. NJW 1985, S.2122f.; Weber, Wesen, S.54; Wulff, BB 1985, S. 429. 945 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.90f. u. NJW 1985, S.2123, mit Einschränkungen. 946 Etter, CR 1989, S. 119; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 123; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.295f.; Lampe, GA 1975, S. 19f.; Meier, S.663; Rupp, wistra 1985, S. 140f.; Sieber, BB 1981, S. 1553f.; Weber, Wesen, S.54. 947 v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1744 u. GRUR 1983, S.355; vgl. Sieber, BB 1981, S. 1554 u. BB 1982, S. 1441 f. 948 Sieber, BB 1981, S. 1553. 949 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 130. 950 Fromm/Nordemann-Vinck, § 108 UrhG. 951 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.290; Meier, S.661; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 108 UrhG Rn.9; Weber, JZ 1993, S. 107 u. Wesen, S.58. 952 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.290f.; Meier, S.661; Weber, JZ 1993, S. 107. 953 LK-Tröndle, § 1 StGB Rn.65; Schönke/Schröder-Eser, § 1 StGB Rn.64; Tröndle/Fischer, §1 StGB Rn. 13. 954 Weber, Wesen, S.57 f.

Kapitel 7

Strafverfolgung und Rechtsfolgen Nachdem Strafverfolgung (A) 1 und Rechtsfolgen im Urheberstrafrecht (B) 2 behandelt sind, soll kurz auf die Besonderheiten bei jugendlichen und heranwachsenden Tätern eingegangen werden (C)3.

A. Strafverfolgung Unter der Überschrift Strafverfolgung behandele ich das Strafantragserfordernis (I) 4 , das Privatklageverfahren (II) 5 , die Nebenklage (III) 6 , die Wechselwirkungen von Strafverfahren und Zivilverfahren (IV) 7 , die Zulässigkeit von Ermittlungsmaßnahmen (V) 8 , die Verjährung (VI) 9 , die Zuständigkeit der Strafgerichte (VII) 10 , die Strafverteidigung (VIII) 1 1 , die Hauptverhandlung (IX) 1 2 und zuletzt den Abschluss des Verfahrens (X) 13 .

I. Strafantragserfordernis Das Antragserfordernis des § 109 UrhG wurde im Jahr 198514 wesentlich geändert. 15 Seitdem kann die Staatsanwaltschaft bei „besonderem öffentlichen Interesse" die Strafverfolgung von Amts wegen einleiten.16 Zugleich wurden Fälle gewerbs1

Zur Strafverfolgung: Kap. 7 A. Zu den Rechtsfolgen: Kap. 7 B. 3 Zu den Besonderheiten bei jugendlichen und heranwachsenden Tätern: Kap. 7 C. 4 Zum Antragserfordernis: Kap. 7 A.I. 5 Zum Privatklageverfahren: Kap. 7 A. II. 6 Zur Nebenklage: Kap.7 A.III. 7 Zu den Wechselwirkungen von Strafverfahren und Zivilverfahren: Kap. 7 Α. IV. 8 Zur Zulässigkeit von Ermittlungsmaßnahmen: Kap. 7 Α. V. 9 Zur Verjährung: Kap. 7 A. VI. 10 Zur Zuständigkeit der Strafgerichte: Kap. 7 A. VII. 11 Zur Straf Verteidigung: Kap. 7 Α. VIII. 12 Zur Hauptverhandlung: Kap. 7 A.IX. 13 Zum Abschluss des Verfahrens: Kap. 7 A.X. 14 Gesetz vom 24.6.1985, BGBl. I S. 1137. 15 Zu den rechtlichen Konsequenzen der Änderung: KG JR 1986, 478. 16 Verwirrend insofern: Letzgus , S.301. 2

Α. Strafverfolgung

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mäßigen Handelns nach § 108 a UrhG vollständig vom Antragserfordernis ausgenommen. Nach der Klärung der Möglichkeiten der Verfolgung von Amts wegen bei Vorliegen des besonderen öffentlichen Interesses ( l ) 1 7 sollen Fragen der Antragsberechtigung (2) 18 behandelt werden. Danach werden Form, Inhalt und Auslegung (3) 19 sowie Bedingungen und Beschränkungen des Antrags (4) 20 untersucht. Schließlich finden sich Ausführungen zur Strafantragsfrist (5) 21 und zur Rücknahme des Antrags (6) 22 . 1. Zur Möglichkeit der Verfolgung von Amts wegen bei Vorliegen des besonderen öffentlichen Interesses Nach einigen allgemeinen Ausführungen zur Möglichkeit der Verfolgung von Amts wegen bei Vorliegen des besonderen öffentlichen Interesses (a))23 sollen die einschlägigen Bestimmungen der RiStBV ausgelegt werden (b)) 24 . a) Allgemeines Da die Vorschrift des § 109 UrhG hinsichtlich der Möglichkeit der Verfolgung von Amts wegen bei Vorliegen des besonderen öffentlichen Interesses den §§ 232, 248 a StGB nachgebildet ist, kann auf die Erläuterungswerke zu diesen Vorschriften verwiesen werden.25 Hier seien nur einige Details erwähnt: Zu beachten ist, dass beim Zusammentreffen mit Offizialdelikten in Handlungseinheit stets Klage auch hinsichtlich der Urheberrechtsdelikte zu erheben ist; auf das besondere öffentliche Interesse kommt es in diesem Fall nicht an.26 Auch ist es möglich, das öffentliche Interesse gegen den Willen des Verletzten zu bejahen.27 Hierbei erscheint es jedoch wenig sinnvoll, wenn die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse bejaht und dann darauf verzichtet, den Geschädigten zu infor17 Zu den Möglichkeiten der Verfolgung von Amts wegen bei Vorliegen des besonderen öffentlichen Interesses: Kap. 7 A.1.1. 18 Zur Antragsberechtigung: Kap. 7 A.I.2. 19 Zu Form, Inhalt und Auslegung des Antrags: Kap. 7 Α. 1.3. 20 Zu Bedingungen und Beschränkungen des Antrags: Kap. 7 A.I.4. 21 Zur Strafantragsfrist: Kap. 7 A.I.5. 22 Zur Rücknahme des Antrags: Kap. 7 A.I.6. 23 Zu den allgemeinen Ausführungen: Kap. 7 Α. 1.1. a. 24 Zur Auslegung der RiStBV: Kap. 7 Α. 1.1. b. 25 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn. 1. 26 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 152-,Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.87; vgl.: BGHSt 19,380. 27 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 109 UrhG Rn.2; Bork, S. 1667; Fromm/Nordemann-Vinck, § 109 UrhG Rn. 1; Heghmanns, S. 116; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.331; Schmitz/Schmitz, S.72; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn. 1.

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

mieren, da in diesem Fall die Gefahr besteht, dass dem Verletzten diejenigen zivilrechtlichen Ansprüche entgehen, deren Schutz die §§ 106 ff. UrhG bezwecken.28 Verneint die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse steht dem Verletzten hiergegen kein Klageerzwingungsverfahren offen 29, sondern er kann allenfalls zu den Mitteln der Gegenvorstellung oder Dienstaufsichtsbeschwerde greifen. 30 Zwar kann eine öffentliche Klage, bei der die Staatsanwaltschaft das öffentliche Interesse bejaht hat, im Nachhinein nicht mehr zurückgenommen werden.31 Jedoch ist es auch nach Klageerhebung möglich, das öffentliche Interesse zu verneinen32, so dass das Verfahren bei fehlendem Strafantrag damit eingestellt werden muss.33 Dies kann sogar in der Revisionsinstanz noch geschehen.34 Zu beachten sind ferner die Besonderheiten, die bei jugendlichen Tätern gelten.35 Die Auslegung des Begriffs des „besonderen öffentlichen Interesses" bleibt dem pflichtgemäßen Ermessen der Staatsanwaltschaft überlassen.36 Eine gerichtliche Klärung ist wegen des Fehlens von Rechtsmitteln nicht zu erwarten. 37 Umstritten ist vor allem das Verhältnis der Begriffe des „besonderen öffentlichen Interesses" in § 109 UrhG und des „öffentlichen Interesses" in § 376 StPO: Rochlitz 38 meint hierzu, der Begriff des „besonderen öffentlichen Interesses" unterscheide sich grundsätzlich nicht von dem des „öffentlichen Interesses". Denn entweder betreffe die Verletzungshandlung nur den Kreis des Opfers oder sie gehe darüber hinaus; weitergehende Differenzierungen seien kaum möglich. Der Begriff sei lediglich aus § 232 Abs. 1 StGB übernommen worden, ohne dass der Gesetzgeber damit einen sachlichen Unterschied bezweckt hätte, wie dies etwa im Verhältnis zur gewerblichen Verwertung nach § 108 a UrhG der Fall sei. Der Begriff schließe in erster Linie Bagatellfälle von der Verfolgung als Offizialdelikt aus39, was wiederum dem Willen des Gesetzgebers und der Differenzierung zwischen den §§106 bis 108 UrhG einerseits und § 108 a UrhG andererseits entspreche. 28

Vgl.: v. Gravenreuth, BB 1988, S. 1617 u. ZUM 1988, S. 19, jeweils mit Beispiel. v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1743. 30 Spautz, ZUM 1990, S. 169. 31 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 151 f. 32 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 152; Spautz, ZUM 1990, S. 168f. 33 BGHSt 19, 377, 380; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 152; Spautz, ZUM 1990, S. 168 f. 34 BGHSt 19, 377, 380; Spautz, ZUM 1990, S. 169. 35 Vgl. zu den Besonderheiten bei jugendlichen Tätern: Kap. 7 C. 36 Etter, CR 1989, S. 120; Fromm/Nordemann-Vinck, § 109 UrhG Rn. 1; Heghmanns, S. 114f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.335. 37 Heghmanns, S. 116; anders ohne Begründung: v. Gravenreuth, BB 1985, S. 1569 u. Das Plagiat, S. 152. 38 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 197, unter Hinweis auf BT-Drucks. 10/3360, S.20 f. 39 So auch: Fromm/Nordemann-Vinck, § 109 UrhG Rn.2. 29

Α. Strafverfolgung

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Nach der Gegenansicht40 soll das „besondere öffentliche Interesse" gemäß § 109 UrhG über das „öffentliche Interesse" des § 376 StPO41 hinausgehen. Allerdings bestehe kein prinzipieller, sondern allenfalls ein gradueller Unterschied.42 Vor allem blieben die Verfolgungsinteressen des Verletzten unberücksichtigt, weil es diesem ohnehin freisteht, Strafantrag zu stellen; im Übrigen seien die Kriterien ähnliche wie beim „öffentlichen Interesse".43 Jedenfalls sei stets auch das „öffentliche Interesse" des § 376 StPO gegeben, sofern das „besondere öffentliche Interesse" vorliegt. 44 Letztlich kommt es auf den Streit nicht an. Denn das besondere öffentliche Interesse ist ohnehin am Einzelfall zu beurteilen. 45 Nr. 261 a Abs. 1 RiStBV gibt insofern Anhaltspunkte zur Auslegung des Begriffs des „besonderen öffentlichen Interesses".46 Nr. 261 a Abs. 1 RiStBV aber unterscheidet sich von Nr. 261 RiStBV, die das „öffentliche Interesse" betrifft. Da die RiStBV als ministerielle Verfügungen zwar keinen Gesetzesrang haben,47 aber für die Staatsanwaltschaft bindend sind, lässt sich die These von der sachlichen Übereinstimmung der beiden Begriffe jedenfalls im Ergebnis nicht aufrechterhalten. Vielmehr stellt Nr. 261 a Abs. 1 RiStBV strengere Anforderungen als Nr. 261 RiStBV.

b) Zur Auslegung der RiStBV Die gegenwärtig geltende Fassung der RiStBV stammt aus dem Jahr 1991. Nr. 261 a Abs. 1 RiStBV lautet: Ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung ([...]§ 109 des Urheberrechtsgesetzes) wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Täter einschlägig vorbestraft ist, ein erheblicher Schaden droht oder eingetreten ist, die Tat den Verletzten in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht oder die öffentliche Sicherheit oder die Gesundheit der Verbraucher gefährdet.

Heghmanns 48 hat für den Bereich der unzulässigen Verwertung von Software eine Reihe von Kriterien aufgestellt, die für die Annahme eines besonderen öffentlichen Interesses sprechen sollen. Dies gelte - für die Tatbegehung durch einen Wiederholungstäter, 40

Heghmanns, S. 116; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.331 u. S.335; Kaufmann, S.211; Letzgus, S.301; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn. 1; Spautz, ZUM 1990, S. 168. 41 Vgl. zum Begriff des öffentlichen Interesses: Kap. 7 A.II. 2. 42 Kaujfmann, S.211; Letzgus, S.301; Spautz, ZUM 1990, S. 168. 43 Heghmanns, S. 116. 44 Heghmanns, S. 116; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 331 ; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 376 StPO Rn. 3; Löwe/Rosenberg-Wendisch, § 376 StPO Rn. 3. 45 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 152. 46 v. Gravenreuth, BB 1985, S. 1569; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 355. 47 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 148. 48 Heghmanns, S. 113 u. 116f. 22 Hildebrandt

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

- in Fällen organisierter Tätigkeit, etwa in Vereinen oder Clubs, - bei der Verbreitung mehrerer Werkträger gegen Entgelt, etwa durch Computerläden, - beim öffentlichen Anbieten ganzer Programmlisten, etwa in Zeitschriften, - beim privaten Tauschhandel in großem Stil, etwa bei Feststellung einer überdurchschnittlich großen Zahl von Raubkopien, wobei ein Bestand von 100 Programmen noch als „normal" zu gelten habe, - im Falle der Verbreitung besonders wertvoller Programme mit einem Verkaufspreis von 5.000,- bis 10.000,- DM und - beim aufwändigen und damit eine gesteigerte kriminelle Energie indizierenden „Knacken" kopiergeschützter Software mit Verbreitungsabsicht. Veröffentlichte Entscheidungen von Staatsanwaltschaften stehen dem Katalog nicht entgegen. Denn beim Tausch eines vierzehnjährigen mit über 45 Personen im ganzen Bundesgebiet49 oder beim Besitz von 400 Disketten mit Raubkopien50 liegt durchaus schon Tauschhandel in großem Stil vor. Unter Anwendung des Katalogs lässt sich in diesen Fällen das besondere öffentliche Interesse bejahen. Heinrich 51 dagegen hält diesen Katalog von Beispielsfällen zwar grundsätzlich für berechtigt, meint aber, das Vorliegen eines dieser Beispielsfälle allein genüge nicht für die Bejahung eines „besonderen öffentlichen Interesses". Bei Zusammentreffen mehrerer dieser Kriterien könne aber ein Ausnahmefall vorliegen, wie er für die Bejahung des „besonderen öffentlichen Interesses" notwendig sei. Ich stimme den von Heghmanns aufgestellten Kriterien im Wesentlichen zu und meine, dass sich der Katalog ohne größere Schwierigkeiten auch auf andere Bereiche übertragen lässt. Heinrichs Einschränkung, das gleichzeitige Vorliegen mehrerer Kriterien zu fordern, halte ich dagegen für wenig sinnvoll. Denn die meisten der aufgestellten Kriterien schließen sich praktisch aus. So wird etwa derjenige, der in Tauschclubs Programme tauscht, kaum darauf angewiesen sein, den Kopierschutz von Software zu entfernen. Auch die verschiedenen Verwertungsarten werden kaum bei einem Täter zusammentreffen. Gleichwohl halte ich einige Einschränkungen gegenüber dem Katalog Heghmanns für geboten: So ist in Nr. 261 a RiStBV vom einschlägig vorbestraften Täter die Rede. Das besondere öffentliche Interesse ist also nur zu bejahen, sofern ein Wiederholungstäter auch tatsächlich bestraft wurde. Insbesondere im Hinblick auf Maßnahmen im Jugendstrafrecht ist insofern Vorsicht geboten. Sofern organisierte Tätigkeit innerhalb von Vereinen oder Clubs genügen soll, wird man fordern müssen, dass der Verein oder Club speziell zu diesem Zweck be49 50 51

Bejahend: StA in: AG Neumark CR 1990, 406. Bejahend: StA in: AG Prüm CR 1990,406,407. Heinrich, Die Strafbarkeit, S.337.

Α. Strafverfolgung

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steht. Das gelegentliche Kopieren von Musiknoten in einem Gesangsverein wird deswegen das „besondere öffentliche Interesse" nicht begründen. In Fällen organisierter Kriminalität wird hingegen das „besondere öffentliche Interesse" zu bejahen sein.52 Bei der entgeltlichen Verbreitung mehrerer Werkträger wird in der Regel ohnehin gewerbsmäßiges Handeln vorliegen, so dass ohnehin kein Raum für die Prüfung des „besonderen öffentlichen Interesses" bleibt. Da ich das Anbieten an die Öffentlichkeit für straflos halte,53 kann folgerichtig auch ein Angebot im großen Stil nicht das „besondere öffentliche Interesse" begründen. Bei der Bestimmung der Erheblichkeit eines eingetretenen oder drohenden Schadens, wird man meines Erachtens auch die Opferperspektive berücksichtigen müssen.54 Denn Nr. 261 a RiStBV nennt den Fall der Existenzbedrohung des Opfers als Beispiel für das Vorliegen des „besonderen öffentlichen Interesses". Da hier die sinnvolle Überlegung zu Grunde liegt, dassfinanzstarke Opfer wegen der Möglichkeit der Selbsthilfe in geringerem Maße eines staatlichen Schutzes bedürfen, sollten die finanziellen Auswirkungen der einzelnen Tat auf das Opfer regelmäßig bei der Schadensermittlung berücksichtigt werden. Sofern sich die Tat gegen finanzstarke Unternehmen richtet, wird man deswegen zu wesentlich höheren Summen kommen als die von Heghmanns genannten 5.000,- bis 10.000,- DM. Im Ergebnis wird die Staatsanwaltschaft das „besondere öffentliche Interesse" nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen annehmen können.55 Heinrich 56 spricht gar von „krassen" Ausnahmefällen. Überdies entspricht diese enge Auslegung des Begriffs des „besonderen öffentlichen Interesses" dem Willen des Gesetzgebers57, der eine allgemeine Kriminalisierung ablehnt.58 Jedenfalls beim Tausch einzelner raubkopierter Softwareprogramme 59 oder bei Veröffentlichung einzelner Verkaufsinserate60 liegt also kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung vor. Da im Falle nachträglicher vertraglicher Einigung von Rechtsinhaber und Verletzer die Rechtsverletzung wiedergutgemacht wurde, wird man hier Gleiches annehmen müssen,61 sofern die Einigung nicht ohnehin Rückwirkung 62 entfaltet. 52

So auch: Müller/Wabnitz/Janovsky , 8.K. Rn.22. Vgl. insofern: Kap.2 D.III.4.a. 54 Auch: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 109 UrhG Rn.2. 55 So auch: Heghmanns, S. 116; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 335ff. u. S.355; ähnlich: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 109 UrhG Rn.2; Lange, S.212 f. 56 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 336 u. S. 355. 57 BT-Drucks. 10/3360, S.20f. 58 Heghmanns, S. 116. 59 Heghmanns, S. 116; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 336. 60 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.336. 61 Ebenso: Dierck/Lehmann, S.542. 62 Zur Rückwirkung der Einwilligung: Kap.2 F.III. 53

22*

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

Andererseits kann es nicht gewollt sein, dass die Schwelle gewerblicher Verwertung i. S. des § 108 a UrhG erreicht wird. 63 Denn bei Verletzungen nach § 108 a UrhG kommt es auf das „besondere öffentliche Interesse" ohnehin nicht an. Für die Bejahung des „besonderen öffentlichen Interesses" bleibt mithin nur wenig Raum.64 Einige Autoren 65 sind der Auffassung, bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG liege eine Verfolgung von Amts wegen sehr nahe, da die Vorschrift nicht in erster Linie Rechtsgüter66 des Urhebers, sondern der Allgemeinheit schütze. Denn die Allgemeinheit habe ein erhebliches Interesse daran, dass der Kunsthandel nicht mit Fälschungen überschwemmt und das QEuvre berühmter Künstler nicht durch Falsifikate verwässert wird. 67 Über die Tatsache hinaus, dass die Verfolgung einer verfassungswidrigen Vorschrift 68 ohnehin kaum im öffentlichen Interesse liegen wird, möchte ich mich dieser Ansicht auch aus anderen Gründen nicht anschließen. Denn infolge der Subsidiaritätsklausel 69 erfasst § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG ohnehin fast nur die Fälle, in denen der Beschuldigte ohne Verbreitungsabsicht handelt, da andernfalls jedenfalls § 263 StGB eingreift. Eine Beeinträchtigung des Kunsthandels liegt also eher fern. Mit der Frage, ob das besondere öffentliches Interesse an der strafrechtlichen Verfolgung bestehen kann, wenn sittenwidrige, verbotene oder im Vertrieb beschränkte Werke 70 verwertet wurden, hat sich v. Gravenreuth 11 ausführlich beschäftigt. Er meint, das öffentliche Interesse sei zu bejahen, solange nur eine Verbreitungsbeschränkung aber kein Verbreitungsverbot besteht. Denn weder die StPO noch die RiStBV träfen in dieser Hinsicht eine Differenzierung. Überdies wäre eine abweichende Behandlung derartiger Werke praxis- und sachfremd, da auch die Verletzer von Urheberrechten nicht zwischen verschiedenen Werken differenzierten, sondern kopierten, was Geld bringt. Bei Werken, die nicht nur mit einer Verbreitungsbeschränkung, sondern mit einem Verbreitungsverbot belegt sind, sei danach zu differenzieren, ob bereits der Vertrieb des ursprünglichen Werks verboten ist oder ob erst die unberechtigte Umgestaltung eines ursprünglich rechtmäßigen Werks eine Verbotsnorm erfüllt. Im ersten Fall bestehe kein öffentliches Interesse dahingehend, dass die Staatsanwaltschaft aus urheberrechtlichen Gründen gegen den Raubdruck vorgeht. Vielmehr genüge hier ein Vorgehen nach der jeweiligen Verbotsnorm. Im zweiten Fall dagegen sei es unbillig, wenn man dem Berechtigten den verbotenen 63

Heghmanns, S. 116. Heinrich, Die Strafbarkeit, S.335. 65 Löffler, S. 1429; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 165. 66 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap. 3 A. 67 Löffler, S. 1429. 68 Zur Verfassungswidrigkeit des § 107 UrhG: Kap. 3 E. 69 Zur Reichweite der Subsidiaritätsklausel: Kap.6 I.II. 70 Vgl. zum Werkbegriff bei sittenwidrigen oder mit einem Verbreitungsverbot belegten Werken: Kap.2 C.I.3. 71 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 150 f. 64

Α. Strafverfolgung

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Inhalt der Vervielfältigungsstücke entgegenhalten würde, obwohl er diesen nicht zu verantworten hat. Ich möchte mich der Differenzierung v. Gravenreuths anschließen. Denn bei der Prüfung des „besonderen öffentlichen Interesses" ist stets auf das Ausgangswerk des Verletzten abzustellen. Sofern eine Verwertung dieses Werks zulässig ist, kann zum Schutz dieser Verwertungsmöglichkeit das „besondere öffentliche Interesse" zu bejahen sein. Deswegen ist auch bei solchen Werken, hinsichtlich derer eine Verbreitungsbeschränkung besteht, das „besondere öffentliche Interesse" nicht von vornherein ausgeschlossen, sondern die Schwelle für dessen Bejahung allenfalls heraufgesetzt.

2. Antragsberechtigung Nach einigen allgemeinen Überlegungen (a))72 wird hinsichtlich der §§106 (b)) 73 , 107 (c)) 74 und 108 UrhG (d)) 75 nacheinander die Frage behandelt, wer jeweils antragsberechtigt ist. Im Anschluss untersuche ich diejenigen Probleme, die im Falle von Stellvertretung bei der Stellung des Antrags auftreten (e))76, sowie das Problem der Geltung von Vermutungen im Strafantragsrecht (f)) 77 .

a) Allgemeines Verletzter i. S. des § 77 Abs. 1 StGB ist der Inhaber des durch die Tat unmittelbar verletzten Rechtsgutes.78 Entscheidend hierbei ist der Zeitpunkt der Tat.79 Im Wesentlichen bemisst sich der strafrechtliche Schutz nach denselben Grundsätzen wie der zivilrechtliche. 80 Dadurch, dass der zur Tatzeit Verletzte später nicht mehr Träger des durch die jeweilige Strafrechtsnorm geschützten Rechtsguts ist, geht das 72

Zu den allgemeinen Überlegungen: Kap. 7 Α. 1.2. a. Zur Antragsberechtigung bei § 106 UrhG: Kap. 7 A.I.2.b. 74 Zur Antragsberechtigung bei § 107 UrhG: Kap. 7 A.I.2.C. 75 Zur Antragsberechtigung bei § 108 UrhG: Kap. 7 A.I.2.d. 76 Zum Problem der Stellvertretung: Kap. 7 Α. 1.2. e. 77 Zum Problem der Geltung von Vermutungen im Strafantragsrecht: Kap. 7 Α. 1.2. f. 78 RGSt 38,6,7; 68, 305; Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 109 UrhG Rn. 1 \ Fischer, S. 149; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 133 f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.332; Hentschel, FuR 1982, S.243 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 16 u. Videorecht, S. 114; Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn. 2 u. Rn. 4; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.569. 79 RGSt 46, 324, 325; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.332; Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b. 80 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 188; missverständlich: Möhring/Nicolini-Spautz, §109 UrhG Anm. 3 b. 73

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

Antragsrecht nicht verloren. 81 Auch im Falle eines Wechsels der Antragsberechtigung in der Zeit zwischen Strafantrag und mündlicher Verhandlung bleibt die ursprüngliche Antragsberechtigung bestehen.82 Zur Bedeutung der Schutzfristverlängerungen durch Gesetz von 1934 für die Antragsberechtigung hat sich Weber* 3 ausführlich geäußert. Zutreffend gelangt er zu dem Ergebnis, dass sich in dieser Hinsicht keine Probleme ergeben, da sich nach der Schutzfristverlängerung die Rechtsübertragung durch § 137 Abs. 2 UrhG „im Zweifel auch auf den Zeitraum, um den die Dauer des Urheberrechts nach den §§64 bis 66 UrhG verlängert worden ist" erstreckt. Im Zweifel ist auch der Lizenznehmer antragsberechtigt. Das Rückwirkungsverbot der § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG soll nach überwiegender Ansicht 84 im Strafantragsrecht nicht unbeschränkt gelten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei jeder Verschärfung der materiellen Strafbarkeit auch neue Antragsberechtigte hinzukommen können, sofern sie Inhaber der neu unter Strafe gestellten Rechte sind. Denn Voraussetzung der Strafantragsberechtigung ist stets, dass die Tat bei ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Dies ist zum Beispiel nicht der Fall, wenn der Beschuldigte Darbietungen ausübender Künstler zu einem Zeitpunkt verbreitet hat, als deren Verbreitung noch zulässig war. 85 Der ausübende Künstler wird durch die Verschärfung der Antragsberechtigung also nicht im Nachhinein zum Antragsberechtigten.

b) Probleme bei § 106 UrhG Bei § 106 UrhG ist zunächst der Urheber selbst antragsberechtigt. 86 Häufig aber wird eine Personenmehrheit gehandelt87 haben oder einem Dritten eine Lizenz zur Verwertung eingeräumt sein. Sofern Personenmehrheiten vorhanden sind, greift der Grundsatz des § 77 Abs. 4 StGB, wonach die Antragsbefugnis eines jeden selbstständig besteht.88 Ich möchte nacheinander das Antragsrecht von Erben und Testamentsvollstreckern ((l)) 8 9 , bei Bearbeitungen und Umgestaltungen, Sammelwerken, Miturheber81

Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn. 7; vgl. auch: RGSt 7, 133, 137. Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 108 Rn.4, m.w.N. 83 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 179ff. 84 RGSt 76, 328; BGHSt 20, 22, 27; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 67; vgl. aber: KG JZ 1986, 478, m.w.N. 85 Vgl. hierzu: Kap. 4 F. II. 86 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.3. 87 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 198 u. S.201. 88 Unklar: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.372; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 137. 89 Zum Antragsrecht von Erben und Testamentsvollstreckern: Kap. 7 A.I.2.b(l). 82

Α. Strafverfolgung

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schaft und Werkverbindung zu gemeinsamer Verwertung ((2)) 90 , der Inhaber von Nutzungsrechten ((3)) 91 und der Verwertungsgesellschaften ((4)) 92 behandeln. (1) Antragsrecht von Erben und Testamentsvollstreckern Beim Antragsrecht von Erben und Testamentsvollstreckern ist danach zu unterscheiden, ob der Erblasser zum Zeitpunkt der Tat noch lebte. Ist dies nicht der Fall, so ist wegen § 77 Abs. 4 StGB jeder einzelne der Erben allein antragsbefugt. 93 Dies gilt auch im Falle einer Verfügung von Todes wegen nach § 29 UrhG. 94 Der Testamentsvollstrecker ist kraft seines Amtes strafantragsberechtigt. 95 Da aber die Stellung des Strafantrags keine Verfügung über das von dem strafbaren Eingriff betroffene Recht enthält, also nicht von der dem Erben in § 2211 Abs. 1 BGB auferlegten Verfügungsbeschränkung erfasst wird, bleibt der Erbe neben dem Testamentsvollstrecker zur Stellung des Antrags berechtigt. 96 Ist dagegen der Verletzte erst nach der Tat verstorben, ist der Erbe nicht antragsbefugt. 97 Denn § 77 Abs. 2 StGB ist mangels gesetzlicher Bestimmung in § 109 UrhG nicht einschlägig.98 Überdies ist das Antragsrecht höchstpersönlich, erlischt also mit dem Tod, wenn es nicht bereits ausgeübt ist. 99 § 30 UrhG ist hier meines Erachtens nicht einschlägig, wie der Umkehrschluss aus § 77 Abs. 2 StGB ergibt. (2) Antragsrecht bei Bearbeitungen und Umgestaltungen, Sammelwerken, Miturheberschaft und Werkverbindung zu gemeinsamer Verwertung Bei Bearbeitungen oder Umgestaltungen, die die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 UrhG erfüllen, 100 haben sowohl der Bearbeiter oder Umgestalter als auch der Urhe90

Zum Antragsrecht bei Antragsrecht bei Bearbeitungen und Umgestaltungen, Sammelwerken, Miturheberschaft und Werkverbindung zu gemeinsamer Verwertung: Kap. 7 A.I.2.b(2). 91 Zum Antragsrecht der Inhaber von Nutzungsrechten: Kap. 7 A.I.2.b(3). 92 Zum Antragsrecht der Verwertungsgesellschaften: Kap. 7 A.I.2.b(4). 93 Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.460 u. ZUM 1990, S.465; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.373. 94 Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b. 95 Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.373. 96 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.373. 97 Rochlitz., Der strafrechtliche Schutz, S. 199; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn. 8. 98 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 130; insoweit ohne Begründung a. Α.: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.332; Kann, S. 108; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.569. 99 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn. 8. 100 Vgl. zur Terminologie: Kap.2 C.II. 1.

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

ber des bearbeiteten oder umgestalteten Werks ein eigenes Antragsrecht. 101 Da hier eine persönliche geistige Schöpfung vorliegt, ist der Bearbeiter oder Umgestalter sogar bei Rechtsverletzungen durch den Urheber des Originals Verletzter. 102 Der Urheber des Originals wiederum hat auch bei der Verwertung der Bearbeitung oder Umgestaltung ohne seine Einwilligung ein Strafantragsrecht, da darin auch eine Verwertung des Originals zu sehen ist; hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Verwertung durch den Bearbeiter oder einen Dritten erfolgt. 103 Auch die Ansicht, wonach die Vervielfältigung der Bearbeitung keine Vervielfältigung des Originals darstelle, stehe insofern nach Ansicht Webers 104, des Hauptvertreters dieser Ansicht, 105 nicht entgegen. Ob dagegen der Urheber des Originals wegen der Erstellung einer Bearbeitung oder Umgestaltung ein Antragsrecht hat, richtet sich nach der Antwort auf die Frage 106, ob im konkreten Fall bereits die Erstellung einer Bearbeitung oder Umgestaltung eine Vervielfältigung i. S. des §§ 106ff. UrhG darstellt. Denn andernfalls sind die Rechte des Urhebers des Originals nicht verletzt. Bei Sammelwerken kommt es darauf an, ob ein einzelnes Werk aus dem Sammelwerk Gegenstand der Tat ist oder ob das gesamte Sammelwerk oder zumindest Teile hieraus vervielfältigt wurden, so dass eine Verletzung der in der Auslese und Anordnung liegenden persönlichen geistigen Schöpfung des Herausgebers vorliegt; nur im zweiten Fall hat neben den Urhebern der betroffenen Einzelwerke auch der Herausgeber des Sammelwerks ein Antragsrecht. 107 Jeder Miturheber hat aufgrund seines Anteils ein eigenes Antragsrecht. 108 Auch der Grundsatz der gesamthänderischen Werkverwertung des § 8 Abs. 2 S. 1 UrhG wird hierdurch nicht unterlaufen. 109 Da nämlich der einzelne Urheber nach § 8 Abs. 2 S. 3 UrhG zivilrechtliche Ansprüche geltend machen kann und die gesamthänderische Bindung der Urheber nur dazu führt, keine Rechte ohne Anspruchscharakter, insbesondere also Verfügungen und Gestaltungsrechte, durchsetzen zu können, 101

v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 137; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 332f.; Rupp, Computersoftware, S. 133; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.75; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 566; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 373 f.; nur terminologisch anders: Möhring/ Nicolini-Spautz, § 108 UrhG Anm. 7 u. § 109 UrhG Anm. 3 b. 102 Rupp, Computersoftware, S. 133; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 190. 103 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 191 u. S. 374. 104 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 191. 105 Vgl.: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.202 f. 106 Vgl. zum Problem der Bearbeitung oder Umgestaltung als Vervielfältigung: Kap. 2 D. II.4.a. 107 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 137 f.; Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 191 u. S. 374. 108 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 137; Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b; Sontag, S.58; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.75; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 188f. u. S. 372. 109 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.373.

Α. Strafverfolgung

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muss es jedem einzelnen möglich sein, den Strafantrag zu stellen; denn der Strafantrag stellt keine Verfügung i. S. v. § 8 Abs. 2 S. 1 UrhG dar. 110 Die Antwort auf die Frage, ob einem der Miturheber im Falle einer Verwertung durch die anderen Miturheber ein Antragsrecht zusteht, hängt davon ab, ob man Urheberrechtsverletzung durch Miturheber für möglich hält. 111 Insofern möchte ich auf die Darstellung oben112 verweisen. Grundsätzlich halte ich einen Strafantrag für zulässig. Im Wesentlichen aber wird man in diesen Fällen auf die vertragliche Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen den Miturhebern abstellen müssen. Gegebenenfalls können die Grundsätze über den Missbrauch des Antragsrechts 113 eingreifen. Bei Urhebern verbundener Werke beurteilt sich die Verletzteneigenschaft ausschließlich danach, welches Werk Tatobjekt ist. 114 Hinsichtlich des mit dem Tatobjekt verbundenen Werks besteht kein strafrechtlicher Schutz, solange es nicht selbst zum Tatobjekt wird. 115 Hierfür genügt nicht die ausschließliche Verletzung von Urheberpersönlichkeitsrechten, da diese strafrechtlich nicht geschützt sind. Wird also der Musik einer Oper ein inadäquater, etwa lächerlich machender Text unterlegt, 116 so hat der Komponist hierdurch kein Antragsrecht. Vielmehr muss er sich mit zivilrechtlichem Schutz begnügen.

(3) Antragsrecht der Inhaber von Nutzungsrechten Nach allgemeiner Auffassung 117 sind die Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte antragsberechtigt. Auch hier ist der Zeitpunkt der Tat entscheidend, so dass das Antragsrecht nur für Verletzungen in der Zeit besteht, in welcher der Antragsteller Rechtsinhaber war; so hat ein nur zu einer Auflage berechtigter Verleger nur dann ein Antragsrecht, wenn die Rechtsverletzung begangen wurde, bevor die Ausgabe erschöpft ist. 118 1,0

Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.372f. Bejahend: Weber , Der strafrechtliche Schutz, S. 188 f. u. S. 373; verneinend: Fromm/Nordemann-Nordemann, § 97 UrhG Rn. 11. 112 Vgl. insofern: S.O. 113 Dazu: v. Gravenreuth , Das Plagiat, S. 140; Naucke , S. 565 ff.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.76f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.375; ausführlich: Artkämper, S. 275 ff. 114 Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 189 u. S.373. 1,5 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 189 u. S.373. 116 Beispiel von: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 104. 1,7 RGSt 11, 266, 268 [zum Patentrecht]; Heinrich , Die Strafbarkeit, S. 333; Kann, S. 107; Möhring/Nicolini-Spautz , § 109 UrhG Anm. 3 b; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.460 u. ZUM 1990, S.465; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.3; Spautz , FuR 1978, S.98; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.75; Tielke , Taschenbuch, S. 31; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 569; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 188 u. S. 374. 118 Möhring/Nicolini-Spautz , § 109 UrhG Anm. 3 b. 111

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

Da auch einer juristischen Person 119 oder einer nichtrechtsfähigen Personenvereinigung das ausschließliche Nutzungsrecht übertragen werden kann,120 kann im Einzelfall die juristische Person 121 oder Personenvereinigung 122 antragsbefugt sein. Zu beachten ist, dass die Übertragung des Antragsrechts eines Inhabers ausschließlicher Nutzungsrechte auch vertraglich ausgeschlossen werden kann.123 Wulff 24 weist darauf hin, dass hier im Hinblick auf den Nachweis der Lizenz Vorsicht angebracht sei. Bezeichnungen wie „Generalvertreter", „Alleinimporteur" bedürften bei aus dem Ausland stammenden Produkten im Softwarebereich einer näheren Überprüfung; es könne nicht davon ausgegangen werden, dass mit dem Vertriebsrecht auch die Antragsberechtigung übertragen worden ist. Neben der Berechtigung ist deswegen auch stets das Antragsrecht gesondert zu prüfen. 125 Dagegen hat der Inhaber des einfachen Nutzungsrechts kein Antragsrecht. 126 Zwar habe ich meine Bedenken, soweit dies damit begründet wird, der Inhaber des einfachen Nutzungsrechts sei nicht Träger des verletzten Rechtsguts127 und könne nicht in die Verwertung durch Dritte einwilligen. 128 Ich habe oben129 darauf hingewiesen, dass in Abhängigkeit von der vertraglichen Gestaltung durchaus das Gegenteil der Fall sein kann. Auch kommt es nicht darauf an, ob die einfache Lizenz dingliche Wirkung hat. 130 Vielmehr ist auf die Rechtsnatur der Rechtseinräumung abzustellen. Diese aber besteht darin, dass dem Inhaber des einfachen Nutzungsrechts zwar die Nutzung in begrenztem Umfang gestattet ist, er aber in aller Regel keinerlei Verbotsrechte gegenüber Dritten hat. Wenn aber der einfache Lizenznehmer sogar im Zivilrecht keine Verbotsansprüche gegen Dritte durchsetzen kann, ist es nicht sinnvoll, ihm das Recht zuzubilligen, einen Strafantrag stellen zu können.131 119

RGSt 41, 103. Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 333. 121 RGSt 15, 144; 47, 338; 58, 202, 203; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 333; Hentschel, FuR 1982, S. 243 u. Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 16 u. Videorecht, S. 114; Kann, S. 108; Möhring/ Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn. 2; Tröndle/Fischer,, § 77 StGB Rn. 2, m. w. N. 122 OLG Düsseldorf NJW 1979, 2525; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.2. 123 Spautz, FuR 1978, S. 98. 124 Wulff, BB 1985, S. 428. 125 Zu den praktischen Schwierigkeiten: Göller, S. 119f. 126 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 136; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.333; Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3b; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.460 u. ZUM 1990, S.465; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.3; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 175; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 188 u. S.374; a. Α.: RGSt 14, 217, 218f. 127 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.333; Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn. 3. 128 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 333; Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b. 129 Zur Berechtigung der Inhaber von Nutzungsrechten: Kap. 2 F. VI. 3. 130 Bejahend: v. Gamm, §31 UrhG Rn. 11; Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 306; verneinend: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 136; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 188 u. S. 374. 131 Ähnlich: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 136. 120

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Nach Ansicht einiger Autoren 132 soll neben dem Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts auch der Urheber antragsbefugt sein, da bei Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts der Urheber oder sein Rechtsnachfolger Inhaber des entsprechenden Urheberrechts bleibe. Rupp 133 meint, dies gelte nur dann nicht, wenn die Nutzungsrechte insgesamt und auf unbegrenzte Dauer eingeräumt wurden, da dann das Urheberrecht zur leeren Hülse geworden sei und dem Urheber somit das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Hier möchte ich widersprechen. Verletzter i. S. des § 77 Abs. 1 StGB ist der Inhaber des durch die Tat unmittelbar verletzten Rechts.134 Im Falle der Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts aber darf der Urheber nach § 31 Abs. 3 UrhG das Werk nicht mehr in der vereinbarten Weise nutzen. Insofern mag zwar anzunehmen sein, dass das Urheberrecht beim Urheber bleibt; Inhaber des von § 106 Abs. 1 UrhG geschützten Nutzungsrechts ist er jedenfalls nach der Rechtseinräumung nicht mehr. Entgegen Rupp kommt es insofern auch nicht auf Umfang und Dauer der Einräumung an; vielmehr ist allein darauf abzustellen, wer zum Zeitpunkt der Tat Inhaber des verletzten Verbotsrechts war. Ebenso wie bei der Frage der Berechtigung 135 ergeben sich im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegenüber dem Antragsrecht des Lizenznehmers keine Besonderheiten. 136Hier sind lediglich die §§43, 69b UrhG zu beachten.

(4) Antragsrecht der Verwertungsgesellschaften Die Antragsberechtigung der behördlich genehmigten Verwertungsgesellschaften kann sich in zweierlei Weise ergeben: zum einen aus Vertrag 137, zum anderen aus § 6 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 3 S. 2UrhWG 138 . Ob neben der Verwertungsgesellschaft auch der verletzte Urheber antragsberechtigt bleibt, 139 hängt meines Erachtens von der Vertragsgestaltung zwischen Verwertungsgesellschaft und Urheber ab. Jeden132

Rupp, Computersoftware, S. 122; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.3; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.569; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 191 u. S.374. 133 Rupp, Computersoftware, S. 122 u. ZUM 1986, S. 16. 134 RGSt 38, 6, 7; 68, 305; Fischer, S. 149; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 133 f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 332; Hentschel, FuR 1982, S. 243 u. Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 16 u. Videorecht, S. 114; Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.2 u. Rn.4; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.569. 135 Vgl. hierzu: Kap. 2 F. VI. 3. 136 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.375. 137 Vgl.: LG München I UFITA Bd.46, 369, 372 („Tägl. Fernsehen"); Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 460. 138 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 137; Kann, S. 107 f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 198, mit Fn.332; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.9; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.76; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.374. 139 Bejahend: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 198, Fn. 332; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.76.

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

falls dann, wenn dieser selbst nicht mehr zur Verwertung des verletzten Rechts berechtigt war, steht ihm auch kein Antragsrecht zu. Unklar ist, ob die sogenannte GEMA-Vermutung, wonach davon auszugehen sei, dass diese Verwertungsgesellschaft aufgrund umfassender ΒerechtigungsVerträge praktisch das gesamte Repertoire geschützter Unterhaltungsmusik vertritt, 140 zur Überzeugungsbildung im Bereich des Strafantragsrechts geeignet ist. 141 Haß 142 will dies verneinen. Auch ich bin der Auffassung, dass die GEMA-Vermutung den Grad an Wahrscheinlichkeit, der im Strafrecht erforderlich ist, nicht hergibt. Denn mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" lässt sich im Einzelfall keineswegs behaupten, ein konkretes Werk der Unterhaltungsmusik werde von der GEMA vertreten.

c) Probleme bei § 107 UrhG Ich möchte die Antragsberechtigung bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 ((l)) 1 4 3 und Nr. 2 UrhG ((2)) 144 nacheinander darlegen.

(1) Besonderheiten bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG Selbstverständlich hat bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG der Urheber selbst ein Antragsrecht. 145 Umstritten ist dagegen, ob auch unmittelbar von der Tat betroffene Dritte ein Antragsrecht haben. Dies wird zum Beispiel in dem Fall relevant, dass ein Dritter ein Kunstwerk kauft, das ein Schüler des Künstlers ohne den Willen des Künstlers mit einem Signum versehen hat und es ohne Signum nicht zum Kauf gekommen wäre. 146 Weber 141 will hier das Antragsrecht des Käufers bejahen, da die Vorschrift auch dem Schutz der Allgemeinheit diene148. Dagegen sind die meisten Autoren 149 der Auffassung, allein der Urheber habe das Antragsrecht. Sieg 150 meint hierzu, die 140

BGHZ 17, 376, 378 („Betriebsfeier"). Zweifelnd: KG NStZ 1983, 561 („Videoraubkassetten"). 142 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.7. 143 Zur Antragsberechtigung bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG: Kap.7 A.I.2.c(l). 144 Zur Antragsberechtigung bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG: Kap. 7 Α. 1.2. c (2). 145 Löffler, S. 1429; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.4; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 128, m.w.N.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.372. 146 Beispiel von: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 129. 147 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.372. 148 Zum Rechtsgüterschutz: Kap. 3 A. 149 Löffler, S. 1429; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.4; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 128, m.w.N. 150 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 126 u. S. 129f. 141

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Strafverfolgung dürfe nicht gegen den Willen des Urhebers stattfinden. Auch habe nicht die Signierung des Originals, sondern allenfalls eine spätere Verfügung, negative Auswirkungen auf das Vermögen Dritter. Mich überzeugen die Ausführungen, die Haß 151 zur Begründung des alleinigen Antragsrechts des Urhebers liefert: Zwar kann das Anbringen der Urheberbezeichnung in Einzelfällen mittelbar bereits Interessen der Allgemeinheit berühren. Verletzter i. S. des § 77 Abs. 1 StGB ist aber nur der Inhaber des durch die Tat unmittelbar verletzten Rechts oder Rechtsgutes.152 Da Individualrechtsgut des § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG lediglich das Urheberpersönlichkeitsrecht ist, kommt sogar im Fall der Verbreitung der Erwerber nicht als Verletzter i. S. v. § 77 Abs. 1 StGB in Betracht. Ob daneben auch Interessen der Allgemeinheit geschützt sind, spielt deswegen keine Rolle. Schließlich lassen sich auch aus dem Wortlaut „ohne Einwilligung des Urhebers" keine Rückschlüsse hinsichtlich des Antragsrechts ziehen. Hinsichtlich des Antragsrechts des Erben möchte ich auf die entsprechenden Ausführungen zu § 106 UrhG verweisen 153. Es ist deswegen zu unterscheiden, ob der Urheber zum Zeitpunkt der Tat noch lebte.154 Lebte der Urheber noch, so besteht keine Antragsberechtigung der Erben. War der Urheber hingegen schon tot, kommt es darauf an, ob das Urheberpersönlichkeitsrecht, die Urheberbezeichnung anzubringen, vererblich ist. 155 Ich habe die Frage oben156 bejaht. Der Erbe ist mithin antragsberechtigt.

(2) Besonderheiten bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG Auch bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG ist jedenfalls der Urheber des Originals antragsberechtigt. 157 Ähnlich wie bei Nr. 1 soll auch hier nach Ansicht mancher Autoren 158 ein geschädigter Dritter antragsberechtigt sein. Auch entfalte die Nichtsteilung des Strafantrags durch den Künstler keine Sperrwirkung gegenüber anderen geschädigten Drit151

Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.4. So auch: RGSt 38, 6, 7; 68, 305; Fischer, S. 149; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 133 f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.332; Hentschel, FuR 1982, S.243 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 16 u. Videorecht, S. 114; Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.2 u. Rn.4; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.569. 153 Vgl. zum Antragsrecht von Erben oder Testamentsvollstreckern: Kap. 7 A.I.2.b(l). 154 A.A. ohne Begründung: Löffler, S. 1429; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 130. 155 Bejahend: Fromm/Nordemann-Hertin, §30 UrhG Rn. 1; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.370f.; verneinend: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 130; Tölke, S.62. 156 Vgl. hierzu: S.O. 157 Löffler, S. 1429; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 165; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 370f. 158 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 166; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.372. 152

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

ten. Vielmehr könnten diese sowohl gegen den Willen des Künstlers als auch zusätzlich zu diesem einen Strafantrag stellen. Dies gelte erst recht, wenn der Urheber Täter ist, da in diesem Fall ein geschädigter Dritter antragsberechtigt sein müsse, da der Urheber nicht gegen sich selbst als Täter einen Strafantrag stellen würde. 159 Geschädigter Dritter sei hierbei, wer durch den Täter getäuscht wurde; hierbei müsse dagegen kein Vermögensschaden nachgewiesen werden, sondern es genüge, wenn der Erwerber die Kopie ohne die Täuschung nicht erstanden hätte.160 Nach der Gegenansicht161 soll sich aus der Stellung des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG im Urheberrechtsgesetz ergeben, dass lediglich Urheberrechte geschützt würden, weswegen nur der Urheber Verletzter i. S. v. § 77 StGB sei. Der Gesetzgeber habe zu erkennen gegeben, dass die Tat ohne den Antrag des Urhebers nicht verfolgt werden soll. 162 Haß 163 führt weiter aus, es sei ohne Belang, dass § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG Interessen der Allgemeinheit schützt, da insofern nicht ein bestimmter Dritter Träger eines Individualrechtsguts sei. Der Schutz der Lauterkeit des Verkehrs mit Werken der bildenden Künste sei ein überindividuelles Rechtsgut. Die Tatsache, dass § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG häufig im Vorfeld des Betruges verwirklicht werde, ändere an dieser Betrachtungsweise nichts, da dies im Verhältnis von § 267 StGB und § 263 StGB ähnlich sei. Ebenso wie bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG bin ich auch bei Nr. 2 der Ansicht, dass nur der Urheber selbst antragsberechtigt sein darf. Denn selbst dann, wenn man annehmen will, die Vorschrift gehöre eigentlich aus systematischen Gründen nicht ins UrhG, wird man diese gesetzgeberische Wertung nicht ignorieren können. Überdies schadet die alleinige Antragsberechtigung des Urhebers nicht, da es der Staatsanwaltschaft seit der Änderung des § 109 UrhG grundsätzlich möglich ist, das besondere öffentliche Interesse 164 an der Strafverfolgung zu bejahen.165 Hinsichtlich des Antragsrechts der Erben ergeben sich bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG keine Besonderheiten gegenüber Nr. 1 1 6 6 . Am Rande sei erwähnt, dass bei Nr. 2 auch Sieg 167 das Antragsrecht bejahen will, da die Vorschrift weniger das Urheberpersönlichkeitsrecht, sondern mehr materielle Interessen schütze.

159 Löffler, S. 1429; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 165; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.372. 160 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 165. 161 v. Gravenreuth, BB 1985, S. 1569 u. Das Plagiat, S.22 u. GRUR 1985, S. 113; SchrickerHaß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.5; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.567. 162 Möhring/Nicolini-Spautz, § 107 UrhG Anm. 4 a u. § 109 Anm. 1 a. 163 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.5. 164 Zum „besonderen öffentlichen Interesse": Kap.7 A.I. 1. 165 v. Gravenreuth, BB 1985, S. 1569 u. Das Plagiat, S.22 u. S. 153. 166 Hierzu: Kap.7 A.I.2.c(l) [am Ende des Abschnittes]. 167 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 166.

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d) Probleme bei § 108 UrhG Die Person des Antragsberechtigten in § 108 UrhG unterscheidet sich grundsätzlich nicht von der Person des Berechtigten 168 im Bereich der materiellen Rechtswidrigkeit.169 Lediglich durch unterschiedliche Vertragsgestaltung hinsichtlich Berechtigung und Antragsberechtigung können sich Verschiebungen ergeben. In Verhältnissen mit Beteiligung mehrerer Personen gelten die Ausführungen zur Antragsberechtigung bei § 106 UrhG entsprechend.170 Nur wenige Ausnahmen müssen insofern gemacht werden: Im Hinblick auf das Antragsrecht der Inhaber von Nutzungsrechten gilt es zu unterscheiden. Während die Sachlage bei § 108 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 UrhG infolge des Verweises auf den 1. Teil des UrhG vollständig entspricht, 171 können die übrigen Leistungsschutzrechte abgetreten172 werden. 173 Infolge der Abtretung verliert der Zedent seine Rechte - und damit auch die Strafantragsberechtigung - an den Zessionar. 174 Lediglich bei § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG kann wegen der Ausnahmevorschrift des § 78 Hs. 2 UrhG etwas anderes gelten.175 Bei Künstlergruppen sind nur die Vorstände antragsberechtigt. 176 Dies folgt daraus, dass wegen § 80 Abs. 2 UrhG für mitwirkende Künstlergruppen nur deren Vorstände einwilligungsberechtigt sind.177 Denn wenn nach § 80 Abs. 2 UrhG nur die Vorstände Ansprüche geltend machen dürfen, muss dies auch für den Strafantrag gelten; andernfalls nämlich könnte durch den einzelnen Künstler die Vorgabe der Vorschrift unterlaufen werden, indem er Strafantrag stellt; ebenso widerspricht es Sinn und Zweck des § 80 Abs. 2 UrhG, wenn der einzelne Künstler im Strafverfahren über § 110 UrhG die Ansprüche der §§ 98, 99 UrhG geltend machen könnte.178 168

Vgl. zur Person des Berechtigten bei § 108UrhG: Kap.4 L.II. Vgl.: Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b; Schricker-Haß, Urheberrecht, §109 UrhG Rn.6. 170 Zur Antragsberechtigung bei § 106 UrhG: Kap. 7 Α. 1.2. b; entsprechend: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.6. 171 Hier wie dort im Ergebnis teilweise anders: Schricker- Η aß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.6. 172 Hierzu ausführlicher: Kap. 4 L.I. 173 Ebenso: Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.6; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.376. 174 Wie hier: Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.6; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.376. 175 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.6; vgl. auch: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 199. 176 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 199; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.6; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.377. 177 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn. 6; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 132 u.S. 377. 178 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.377. 169

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

Bei § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG schließlich ist zu beachten, dass je nachdem, ob § 106 UrhG oder § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG angewandt wird, unterschiedliche Personen antragsberechtigt sein können.179 e) Probleme bei Vertretung Gesetzliche Stellvertretung ist im Rahmen von § 77 Abs. 3 StGB möglich. Bei der rechtsgeschäftlichen Stellvertretung hingegen ist zu differenzieren: Vertretung in der Erklärung ist insofern unbedenklich.180 Denn hier liegt im eigentlichen Sinne ohnehin Botenschaft vor. Vertretung im Willen ist dagegen nur bei Verletzung vermögenswerter, nicht bei Verletzung immaterieller höchstpersönlicher Güter möglich. 181 Keinerlei Probleme ergeben sich somit bei den §§106 und 108182 UrhG. Hier ist Vertretung im Willen und in der Erklärung möglich. 183 Doch auch hinsichtlich der Vorschriften, die urheberpersönlichkeitsrechtliche Interessen schützen, also § 107 und § 108 Abs. 1 Nr. 7 i. V. m. § 94 Abs. 1 S. 2 UrhG, ist keine andere Bewertung geboten. Denn Urheberpersönlichkeitsrechte können zur Wahrnehmung übertragen werden; soweit aber der Urheber einen Dritten mit der Wahrnehmung seiner Interessen betraut hat, muss auch Stellvertretung im Willen möglich sein.184 Überdies kann von Höchstpersönlichkeit beim Urheberpersönlichkeitsrecht nicht die Rede sein.185 Denn es wurzelt nicht in der Persönlichkeit des Urhebers, sondern im Werk, und lässt sich ohnehin nicht scharf von Verwertungsrechten trennen. 186 Zudem schützen die Vorschriften mittelbar auch materielle Interessen.187 In keinem Fall ist die Bevollmächtigung an Formvorschriften gebunden.188 Auch kann der Nachweis der Vertretungsmacht nachgereicht werden. 189 Im Hinblick auf das Antragsrecht bei juristischen Personen hat Rochlitz m vertreten, es genüge, wenn die antragstellende Person die tatsächliche Verantwortung für den Antrag übernimmt. Dies könne etwa beim Leiter der Rechtsabteilung der Fall 179

Ganter, S. 1479f. RGSt 68, 263, 264; Schönke/Schröder, §77 StGB Rn.26; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 128f.; Tielke, Taschenbuch, S.31; Tröndle/Fischer, §77 StGB Anm. 21; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.371. 181 RGSt 35, 267, 269; 68, 263, 265; Schönke/Schröder, §77 StGB Rn.27; Tröndle/Fischer, §77 StGB Anm. 22; vgl. auch: Kleinknecht/Meyer-Goßner, Einleitung Rn. 127. 182 Ausnahme: § 108 Abs. 1 Nr. 7 i. V. m. § 94 Abs. 1 S. 2 UrhG. 183 Hentschel, FuR 1982, S.243 u. Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 17. 184 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.371. 185 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 129; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.371. 186 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.371. 187 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 129 [bezüglich § 34 Abs. 1 KUG]. 188 RGSt 60, 281, 282; Hentschel, FuR 1982, S.243 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 17. 189 RGSt 60, 281, 282; Tröndle/Fischer, §77 StGB Anm.21; Wulff, BB 1985, S.428. 190 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.200. 180

Α. Strafverfolgung

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sein. Diese Personen hätten Kenntnis der Details und könnten allein die Gewähr übernehmen, dass keine falsche Verdächtigung i. S. v. § 164 StGB ausgesprochen wird. Die Rechtsprechung191 und die übrige Literatur 192 hingegen halten nur vertretungsberechtigte Personen für antragsbefugt. Ich möchte mich dieser Ansicht anschließen. Denn schon der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit gebietet die Einschränkung, zumal es einfache Möglichkeiten gibt, den in Frage kommenden Personen Vertretungsmacht einzuräumen. 193 Das Problem, keine falsche Verdächtigung auszusprechen, lässt sich mithin ohne weiteres lösen. Interessenverbände, also etwa die IFPI oder der Verband der Filmverleiher, haben grundsätzlich kein Antragsrecht. Dies ergibt sich nicht nur aus § 77 Abs. 1 u. 2 StGB 194 , sondern auch aus § 1 Abs. 3 UrhWG. Andererseits kann eine Vollmacht erteilt werden, die sich auch auf die Wahrnehmung strafprozessualer Maßnahmen erstreckt. 195 Soweit Rochlitz 196 aber meint, eine derartige Vollmacht dürfe nicht pauschal aus der Verbandssatzung hergeleitet werden, sondern müsse sich auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen, greift dies meines Erachtens zu weit. Zwar wird man aus der Verbandssatzung keine allgemeine Vollmacht herleiten können, da hier ein Widerruf durch den Verletzten nicht ohne weiteres möglich wäre. Andererseits halte ich es nicht für ausgeschlossen, eine pauschale Vollmacht auch für zukünftige Rechtsverletzungen zu erteilen. Denn der Verletzte behält es in der Hand, die Bevollmächtigung jederzeit zu widerrufen.

f) Problem der Geltung von Vermutungen im Strafantragsrecht Ob die Vermutung des § 10 UrhG im Strafantragsrecht gilt, ist umstritten: Anders als im Bereich des materiellen Rechts197 setzen sich im Strafantragsrecht mehrere Autoren 198 für die Geltung der Vermutung des § 10 UrhG ein. Während v. Gravenreuth 199 insofern keine anderen Argumente ins Feld führt als im Bereich 191

RGSt 15, 144; 47, 338, 339; 58, 202, 203; OLG Celle NStZ 1981, 223. Kann, S. 108; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 374 StPO Rn. 10; Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 b; Schönke/Schröder-Stree, § 77 StGB Anm. 14; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn. 10. 193 Kann, S. 108. 194 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.200. 195 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.200. 196 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.201. 197 Vgl. zur Geltung der Vermutung des § 10 UrhG beim strafrechtlichen Werkbegriff: Kap. 2 G. 198 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.9 u. S. 135 u. GRUR 1985, S. 113; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 334; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn.2; Schricker- Η aß, Urheberrecht, §109 UrhG Rn.7. 199 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.9 u. GRUR 1985, S. 113; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn.2. 192

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

des materiellen Rechts, ist für Haß 200 entscheidend, dass im Bereich des Strafantragsrechts kein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung vorliege, da der Gesetzgeber auf das Erfordernis des Strafantrags ganz hätte verzichten können, ohne dass die §§ 106 ff. UrhG rechtsstaatlichen Grundsätzen zuwiderliefen. Mehrere Autoren 201 weisen auf die Gefahr des Fristablaufs hin. So sei es gerade bei Fällen mit Auslandsbezug häufig sehr schwierig, den strafantragsberechtigten Rechtsinhaber zu ermitteln, zumal Sprachprobleme die Ermittlungen erschwerten. 202 Nicht immer könne der Antragsberechtigte ausfindig gemacht203 oder rechtzeitig eine Vollmacht erlangt werden, da insbesondere ausländische Rechtsinhaber regelmäßig zunächst zurückfragten, wer das Kostenrisiko zu tragen habe.204 Nach v. Gravenreuth 205 soll die Vermutung des § 10 UrhG auch zu Gunsten eines ausschließlichen Lizenznehmers gelten, sofern dieser nachweise, dass er die ausschließliche Lizenz von demjenigen erworben hat, der den Urheberrechtsvermerk angebracht hat. Heinrich 206 schließlich meint, die Vermutung des § 10 Abs. 2 UrhG gelte über den Bereich des Urheberrechtsschutzes hinaus auch für den Laufbildschutz. Andere Autoren 207 dagegen wollen die Vermutung des § 10 UrhG auch im Strafantragsrecht nicht anwenden, da sie vom Amtsermittlungsgrundsatz, dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung und dem in-dubio-Grundsatz überspielt werde. Vielmehr sei das Verfahren bei Zweifeln darüber, ob der wirkliche Rechtsinhaber oder ein von ihm dazu Ermächtigter den Strafantrag gestellt hat, gemäß § 260 Abs. 3 StPO einzustellen.208 Meines Erachtens wird man die Vermutung des § 10 UrhG im Strafantragsrecht nur dann anwenden können, wenn hier der Amtsermittlungsgrundsatz, der Grundsatz der freien Beweiswürdigung und der in-dubio-Grundsatz keine Geltung beanspruchen. Denn andernfalls unterscheidet sich die Rechtslage nicht vom materiellen Recht, wo die Unanwendbarkeit von Vermutungen fast unbestritten ist. Die Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes ergibt sich nicht zwingend aus § 244 Abs. 2 StPO. Zwar spricht der Wortlaut der Vorschrift, wonach das Gericht alle Tatsachen zu erforschen hat, „die für die Entscheidung von Bedeutung sind", dafür, den Amtsermittlungsgrundsatz auch auf den Bereich des Strafantragsrechts zu erstrecken. Gegenteiliges kann jedoch aus der Gesetzessystematik geschlossen 200

Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.7. v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 10; Kann, S. 109. 202 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.21; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.201, mit Fn. 341. 203 Flechsig, FuR 1980, S. 348 u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 19, jeweils mit Beispiel. 204 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.201. 205 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 136f. 206 OLG Hamm CR 1992,90; OLG Köln CR 1992,150,152 („Amiga-Club"); Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 334. 207 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.203; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.375. 208 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.376. 201

Α. Strafverfolgung

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werden. Denn da § 244 StPO die Beweisaufnahme regelt, setzt er bereits ein Verfahren voraus. Der Strafantrag hingegen ist Prozessvoraussetzung. 209 Gleichwohl halte ich den Amtsermittlungsgrundsatz für anwendbar. Denn dieser gilt auch schon für die Staatsanwaltschaft im Vorverfahren - § 160 StPO. Für die Annahme aber, dass zwischen Vorverfahren und Beweisaufnahme für einen begrenzten Zeitraum der Amtsermittlungsgrundsatz durchbrochen würde, gibt das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Auch wäre eine derartige Unterbrechung kaum sinnvoll. Vielmehr wird man annehmen müssen, dass die Herrschaft über das Verfahren und damit die Pflicht zur Ermittlung der entscheidungsrelevanten Tatsachen lückenlos und vollständig von der Staatsanwaltschaft auf das Gericht übergeht. Ebenso wie der Amtsermittlungsgrundsatz muss auch der Grundsatz der freien Beweiswürdigung im Strafverfahrensrecht gelten. Denn beide Grundsätze setzten sich letztlich gegenseitig voraus. Ob schließlich der in-dubio-Grundsatz für Prozessvoraussetzungen gilt, ist umstritten. Der BGH 2 1 0 hat diesbezüglich betont, dass die Geltung des Grundsatzes nicht für alle Verfahrensvoraussetzungen einheitlich angenommen, sondern dass über sie nur von Fall zu Fall entschieden werden könne. Die konkrete Frage der Geltung im Strafantragsrecht wurde bislang nicht entschieden. Roxin 211 meint, die Beantwortung der Frage hänge letztlich davon ab, ob der in-dubio-Satz im Anschluss an die historische Entwicklung als Kehrseite des Schuldprinzips oder als weitergehende Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips aufgefasst werde; im ersten Fall sei der Angeklagte zu verurteilen, da es sich bei den Strafprozessvoraussetzungen nicht um eine Schuldfrage handele, im zweiten Fall das Verfahren einzustellen, da danach niemand bestraft werden dürfe, wenn nicht sicher ist, dass seine Tat der staatlichen Strafgewalt unterliegt. Ich bin mit einer Reihe von Autoren 212 der Auffassung, dass die Differenzierung des BGH nicht überzeugt, da der rechtsstaatliche Gesichtspunkt eine unterschiedliche Behandlung der Prozess Voraussetzungen kaum zulässt.213 Jedenfalls aber im Strafantragsrecht wird man den in-dubio-Grundsatz anwenden müssen. Denn entgegen der Ansicht von Haß 214 ist der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Strafbarkeit nicht frei, sondern muss die Grundrechte, das Rechtsstaatsprinzip und insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Da das Antragserfordernis letztlich Ausfluss dieser Bindung des Gesetzgebers ist, muss der in-dubioGrundsatz angewandt werden. 209

Tröndle/Fischer, vor § 77 StGB Rn. 2. BGH NStZ 1984, 520, 521; vgl. auch: BGHSt 20, 22, 27; KG JZ 1986, 478. 211 Roxin, Strafverfahrensrecht, § 15 Rn.38. 212 Michael, S. 149ff.; Roxin, Strafverfahrensrecht, § 15 Rn. 39; Schlüchter, Das Strafverfahren, Rn.389; Sulanke, S.68ff. 213 Vgl. auch: BGHSt 18, 274, 277; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.376. 214 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.7. 210

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Vermutung des § 10 UrhG auch im Strafantragsrecht wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes, des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung und des in-dubio-Grundsatzes nicht anzuwenden ist.

3. Form, Inhalt und Auslegung des Antrags Die Form eines Strafantrages ergibt sich aus § 158 Abs. 2 StPO. Der Strafantrag kann auch durch Erhebung der Privatklage 215 gestellt werden. 216 Der Inhalt 217 ist grundsätzlich das Begehren strafrechtlicher Verfolgung wegen einer bestimmten Handlung; hierbei kann auch eine Strafanzeige genügen.218 Eine strafrechtliche Qualifizierung der Tat ist nicht erforderlich 219, eine fehlerhafte unschädlich.220 Der Antrag kann auf bestimmte Täter und bestimmte Taten beschränkt werden, so dass zum Beispiel der Antrag gegen den Nachdrucker nicht zwangsläufig auch den Verbreiter betrifft. 221 Die Auslegung des Willens des Geschädigten hat hierbei nach den allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Rechts zu erfolgen; im Zweifel wird davon auszugehen sein, dass sich der Antrag auf alle Sonderschutzrechte des Berechtigten bezieht.222 Wegen § 160 Abs. 1 StPO sind die Ermittlungsbehörden verpflichtet, bei dem Anzeigenerstattenden zu klären, welche Sonderschutzrechte er besitzt. 223 Dagegen folgt bei rechtskundigen Antragstellern aus der Benennung von bestimmten Sonderschutzrechten die Beschränkung auf diese.224 Meier/Böhm 225 meinen, dem Problem, dass jedenfalls eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür gegeben sein muss, dass ein Werk vorliegt, sei damit zu begegnen, dass bei der Stellung des Strafantrages erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast des Antragstellers gestellt werden. Ich halte diese Überlegung für vernünftig, soweit man vom Antragsteller fordert darzulegen, welche Tatobjekte verwertet werden, wogegen deren Werkqualität von der Staatsanwaltschaft selbst überprüft wer215

Zum Privatklageverfahren: Kap.7 A.II. Maurach/Gössel/Zipf, §74 Rn.6; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 131. 217 Empfehlungen zum Inhalt des Antrags: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.202 ff.; Westphal, S. 972ff., mit Formulierungsbeispiel auf S. 994ff.; vgl. auch das Beispiel einer Strafanzeige bei: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 231 ff. 218 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn. 8. 219 RGSt 31, 168, 169. 220 RGSt 65, 354, 358; BGHSt 6, 155, 156. 221 Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 3 c. 222 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 138. 223 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 139. 224 Entsprechend: OLG Köln NJW 1965, 408; Tröndle/Fischer, §77 StGB Rn.29. 225 Meier/Böhm, S. 167. 216

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den muss. Ein Widerspruch zu § 160 Abs. 1 StPO besteht nicht, da die Staatsanwaltschaft erst dann ermitteln muss, wenn sie vom Verdacht einer Straftat Kenntnis erhält. Ein Verdacht besteht aber nur, wenn jedenfalls eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür gegeben ist, dass überhaupt ein Werk vorliegt.

4. Bedingungen und Beschränkungen beim Antrag Auflösende Bedingungen beim Strafantrag sind unbeachtlich.226 Die spätere Anzeige einer auflösenden Bedingung ist jedoch als Rücknahme227 des Antrags zu werten. 228 Ein Antrag unter einer aufschiebende Bedingung stellt dagegen keinen wirksamen Strafantrag dar. 229 Allenfalls kann ein Antrag darin gesehen werden, dass innerhalb der Antragsfrist der Eintritt dieser Bedingung vom Antragsteller angezeigt ist und somit ein bedingungsloser Antrag vorliegt. 230 Eine Beschränkung auf Art und Höhe der Strafe ist unbeachtlich, da das Strafmaß nicht im Dispositionsbereich des Antragstellers, sondern des Gerichtes liegt. 231 Der Strafantrag kann wirksam auf bestimmte Schutzrechte oder auf bestimmte Verletzer beschränkt werden. 232 Jedoch muss die Beschränkung klar 233 zum Ausdruck kommen.234 Liegt eine Beschränkung nicht vor, so betrifft der Antrag die gesamte Tat i. S. v. § 264 StPO unter allen rechtlichen Gesichtspunkten.235 Die nachträgliche Beschränkung eines zuerst unbeschränkt gestellten Strafantrags ist als teilweise Rücknahme236 zu werten. 237

226

RGSt 14, 96, 97; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 139; einschränkend: SK-Rudolphe §77 StGB Rn. 19. 227 Vgl. zur Rücknahme des Antrags: Kap. 7 A.I.6. 228 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 139; Tröndle/Fischer, §77 StGB Rn.26; ähnlich: SK-Rudolphe ξ 77 StGB Rn. 19. 229 OLG Oldenburg MDR 1954, 55; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 139; LK-Jähnke, §77 StGB Rn. 14; SK-Rudolphi, §77 StGB Rn. 19, m.w.N.; Tröndle/Fischer, §77 StGB Rn.26. 230 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 139; Tröndle/Fischer, §77 StGB Rn.26. 231 RGSt 6,152,154; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 139; Tröndle/Fischer, §77 StGB Rn.26. 232 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 139; Schönke/Schröder, §77 StGB Rn.42; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn. 8. 233 Vgl. zur Auslegung und zum Inhalt von Strafanträgen: Kap. 7 Α. 1.3. 234 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 139. 235 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn. 8, m. w. N. 236 Vgl. zur Rücknahme des Antrags: Kap. 7 A.I.6. 237 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 139.

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

5. Strafantragsfrist Hinsichtlich der dreimonatigen Antragsfrist des § 77 b StGB ergeben sich im Urheberrecht keine Besonderheiten.238 Wulff 139 empfiehlt sinnvollerweise, im Strafantrag Angaben zur Fristberechnung zu machen, um Nachfragen zu vermeiden. Wenn die strafbare Handlung noch während der Dauer des Urheberrechts vorgenommen wurde, ist es für die Bestrafung des Täters ohne Einfluss, wann der Strafantrag gestellt wird und wann das Strafverfahren durchgeführt wird; der Ablauf der urheberrechtlichen Schutzfrist 240 ist ohne Einfluss auf den Lauf der Strafantragsfrist; diese beginnt bereits während der Schutzfrist zu laufen und wird andererseits durch das Ende des Urheberrechtsschutzes nicht abgekürzt. 241 Vor Fristablauf kann der Antrag jederzeit, selbst in der Revisionsinstanz, gestellt werden. 242 6. Rücknahme des Antrags Nach § 77 d Abs. 1 StGB ist die Rücknahme des Antrags bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens möglich. Den Sonderfall, dass der Verletzte inzwischen verstorben ist, regelt § 77d Abs. 2 StGB. Jedenfalls vor dem Tod des Verletzten ist die Rücknahme des Antrags nur durch den Antragsteller selbst möglich. 243 Sofern also etwa die GEMA einen Strafantrag gestellt hat, kann dieser nicht durch den Urheber zurückgenommen werden. 244 Die Rücknahme ist formlos möglich und muss gegenüber den Strafverfolgungsbehörden erfolgen. 245 Die spätere Anzeige einer aufschiebenden Bedingung, unter der ein Strafantrag gestellt worden ist, ist als Rücknahme des Antrags, die nachträgliche Beschränkung 246 eines zuerst unbeschränkt gestellten Strafantrags als teilweise Rücknahme zu werten. 247 Nach der Rücknahme ist das Verfahren einzustel238

Vgl. zur Antragsfrist: Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn. 3; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 140ff.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.334f.; Hentschel, FuR 1982, S.243 u. Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 17; Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 1 b u. 3 a; Rehbinder, ZUM 1990, S.465; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.9f.; Sieber, BB 1981, S. 1553 u. S. 1556. 239 Wulff, BB 1985, S.428. 240 Vgl. zur Bedeutung der Schutzfrist im Rahmen des Tatbestands: Kap. 2 C. 1.5. 241 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 184. 242 BGHSt 3, 73; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.7. 243 Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm.4; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.76; Tröndle/Fischer, § 77 d StGB Rn. 5. 244 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.76. 245 Fromm/Nordemann-Vinck, § 109 UrhG Rn.2; Tröndle/Fischer, §77d StGB Rn.2. 246 Vgl. zu Bedingungen und Beschränkungen beim Antrag: Kap. 7 A.I.4. 247 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 139; Tröndle/Fischer, §77d StGB Rn.3.

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len - §§ 206 a, 260 Abs. 3 StPO.248 Die Rücknahme des Antrags beendet auch ein eventuell anhängiges Adhäsionsverfahren. 249 Bei mehreren Antragstellern berührt die Rücknahme eines Antrags die anderen Anträge nicht. 250 Eine zivilrechtliche Einigung über die Rücknahme des Strafantrags ist möglich. 251 Im Falle einer derartigen Verpflichtung zur Rücknahme des Antrags können die Grundsätze über den Missbrauch des Antragsrechts 252 eingreifen. Nach Ansicht mehrerer Autoren 253 ist im Falle nachträglicher Genehmigung der Tathandlung die Rücknahme eines Strafantrags zu fingieren. Ich habe oben254 dargestellt, dass in diesem Fall regelmäßig überhaupt kein tatbestandsmäßiges Handeln vorliegt, da der Beschuldigte als Berechtigter handelte. Zudem ist der Antrag in derartigen Fällen, jedenfalls bei der Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte, von einer unzuständigen Person gestellt worden, da allein der Beschuldigte zur Zeit der Tat berechtigt und somit antragsberechtigt war. Dies gilt auch für den Fall, dass man entgegen den obigen Ausführungen 255 einen untauglichen Versuch bejahen will. Überdies ergibt sich hier das Problem, dass der Anzeigeerstatter in einem entscheidenden Punkt, nämlich bei der Frage der Berechtigung, von anderem Sachverhalt ausgegangen ist. Ich möchte eine wirksame Antragstellung hieran scheitern lassen. Im Falle der Rücknahme des Antrags hat nach § 470 StPO grundsätzlich der Antragsteller die Kosten des Verfahrens sowie die dem Beschuldigten oder einem Nebenbeteiligten erwachsenen Auslagen zu tragen. Nach erfolgter Durchsuchung können die Kosten im Hinblick auf die nach dem Strafverfolgungsentschädigungsgesetz zu gewährende Entschädigung recht hoch ausfallen. 256 Sie können dem Angeklagten oder einem Nebenbeteiligten auferlegt werden, soweit er sich zur Übernahme bereit erklärt, und der Staatskasse, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten.257 Die Rücknahme unter der Bedingung, dass den Antragsteller nicht die Kostenlast trifft, ist möglich; dagegen ist die Rücknahme im Übrigen bedingungsfeindlich. 258 248 Letzgus, S. 299; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn. 10; Tröndle/Fischer, § 77 d StGB Rn. 8. 249 Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 4. 250 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn.9. 251 BGH NJW 1974, 900; OLG München MDR 1967, 223; Artkämper, S. 293; D. Meyer, NJW 1974, S. 1325f.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.76. 252 Ebenso: D. Meyer, NJW 1974, S. 1325f.; zum Missbrauch des Antragsrechts auch: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 140; Naucke, S. 565 ff.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 76f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 375; lesenswert: Artkämper, S. 275 ff. 253 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 106 UrhG Rn.9; Fromm/Nordemann-Vinck, § 106 UrhG Rn.5; Kann, S. 93; Letzgus, S. 299; Müller-Gugenberger, § 45 Rn. 106. 254 Zur Rückwirkung der Einwilligung: Kap.2 F.III. 255 Zum untauglichen Versuch: Kap. 6 Ε. II. 256 Hierzu: Wulff, BB 1985, S.428. 257 Vgl.: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 142. 258 BGHSt 9, 149; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 109 UrhG Rn. 10.

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

II. Privatklageverfahren Nach allgemeinen Ausführungen ( l ) 2 5 9 soll der Begriff des „öffentlichen Interesses" untersucht werden (2) 260 . 1. Allgemeines Nach § 374 Abs. 1 Nr. 8 handelt es sich bei den §§106 bis 108 UrhG, nicht aber bei § 108 a UrhG 261 , um Privatklagedelikte 262. Das Urheberstrafrecht weist insofern gegenüber anderen Privatklagedelikten keine Besonderheiten auf. 263 Privatklageberechtigt ist der Verletzte. 264 Hinsichtlich der Person des Verletzten kann auf die Ausführungen zur Antragsberechtigung 265 und zur Berechtigung 266 verwiesen werden.267 Auch Verwertungsgesellschaften 268 oder juristische Personen269 können als Privatkläger auftreten. Wegen § 80 Abs. 1 JGG findet gegen jugendliche Täter keine Privatklage statt.270 Auf die Frage der Zulässigkeit von Ermittlungstätigkeit im Vorfeld eines Privatklagedeliktes möchte ich unten271 eingehen. Obwohl Privatklagedelikte den Vorteil haben, dass der Berechtigte als Nebenkläger zugelassen werden und somit aktiv in den Strafprozess eingreifen kann,272 hat die gesetzliche Regelung der Privatklage in der Literatur viel Kritik 273 geerntet: Der Klagende könne nicht mit einem aufgeschlossenen Richter rechnen 274, sondern werde in der Gerichtspraxis als störend empfunden. 275 Überdies könne der Privatkläger 259

Zu den allgemeinen Ausführungen: Kap.7 A.II. 1. Zum Begriff des „öffentlichen Interesses": Kap. 7 A.II. 2. 261 Schricker-Haß, Urheberrecht, vor §§ 106ff. UrhG. 262 Ausführlicher zum Privatklageverfahren: Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 108 Rn. 16ff.; Kleinknecht/Meyer-Goßner, vor § 374 StPO Rn. 1 ff.; Westphal, S. 964ff. 263 Weber^ Der strafrechtliche Schutz, S. 377; vgl. auch: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 166 ff. 260

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Kleinknecht/Meyer-Goßner, §374 StPO Rn.5. Zur Antragsberechtigung: Kap. 7 Α. 1.2. 266 Zur Person des Berechtigten: Kap. 2 F. VI. 267 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 131; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.569; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.377. 268 LG München I UFITA Bd. 46, 369, 371 f. („Tägl. Fernsehen"). 269 Kleinknecht/Meyer-Goßner, §374 StPO Rn. 10, m.w.N. 270 Vgl. zu Besonderheiten bei Jugendlichen und Heranwachsenden: Kap. 7 C. 271 Vgl. zur Zulässigkeit von Ermittlungstätigkeit im Vorfeld eines Privatklagedeliktes: Kap. 7 A.V.3. 272 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 171 u. GRUR 1985, S. 112; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.749; Westphal, S.969; ähnlich auch: Knap, S.376. 273 Nachweise hierzu bei: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.61; kritisch auch: SchrickerHaß, Urheberrecht, vor § 106 UrhG Rn. 3. 274 v. Gravenreuth, GRUR 1985, S. 112; W. Nordemann, NStZ 1982, S. 374. 275 Koewius, S. 157; Reichert, S.499; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.62. 265

Α. Strafverfolgung

361

im Regelfall die erforderlichen Ermittlungen nicht selbst durchsetzen.276 Das Privatklageerfordernis stünde deswegen einer wirkungsvollen Strafverfolgung entgegen 277 und sei regelmäßig infolge der Beweisnot des Geschädigten aussichtslos278. So erscheine es in den meisten Fällen wenig sinnvoll, den Privatklageweg zu beschreiten. 279 In der Praxis ziehe es der Verletzte angesichts der mit der Privatklage verbundenen Umstände und Kosten vor, den Zivilrechtsweg zu beschreiten. 280 Allein der Umstand, dass die gewerbsmäßige unerlaubte Verwertung gemäß § 108 a UrhG kein Privatklagedelikt ist, erleichtere eine effektive Strafverfolgung. 281 Trotz der praktischen Schwierigkeiten einer Privatklage empfehlen mehrere Autoren 282, selbst dann Strafanzeige im Hinblick auf Privatklagedelikte zu erheben, wenn auch Offizialdelikte betroffen sind 283 : Denn die Strafanzeige werde, selbst wenn das Privatklagedelikt nur noch eine unwesentliche Nebenstraftat i. S. v. §§ 154, 154 a StPO ist, größeres Gewicht erlangen. Andersherum kann die Geltendmachung eines Offizialdelikts neben den Urheberrechtsdelikten sinnvoll sein, um eine Verweisung auf den Privatklageweg zu vermeiden. 284 Nach § 376 StPO muss die Staatsanwaltschaft Anklage erheben, wenn sie das öffentliche Interesse bejaht.285 Verneint 286 sie hingegen das öffentliche Interesse, so muss sie das Ermittlungsverfahren einstellen und den Anzeigenden auf den Privatklageweg verweisen. 287 Ein Klageerzwingungsverfahren gegen die Verweisung auf den Privatklageweg ist unzulässig - § 172 Abs. 2 S. 3 StPO.288 Dies gilt auch, wenn das Verfahren zunächst durch die Staatsanwaltschaft betrieben wurde. 289 Auch ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§23 ff. EGGVG ist nicht zulässig.290 276

v. Gravenreuth, GRUR 1985, S. 112; ähnlich: Bork, S. 1667. Lampe, UFITA 87 (1980), S. 107. 278 v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1743. 279 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.204; ähnlich: Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 749. 280 Katzenberger., GRUR 1982, S.715f. 281 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.288; ähnlich Spautz, ZUM 1990, S. 167. 282 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.65; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.205. 283 Zum Zusammentreffen von Privatklage- und Offizialdelikt auch: Kleinknecht/MeyerGoßner, § 376 StPO Rn. 9 ff., m. w. N. 284 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 142 u. GRUR 1983, S.354; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 26. 285 Kleinknecht/Meyer-Goßner, §376 StPO Rn.7. 286 Zur Rechtsfolge einer Änderung der Ansicht der Staatsanwaltschaft: Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 376 StPO Rn. 8, m. w. N. 287 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 376 StPO Rn. 6. 288 So auch: Etter, CR 1989, S. 120; Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S.20 u. ZRP 1980, S.315; v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1743 u. Das Plagiat, S. 164 u. GRUR 1983, S.353; Heghmanns, S. 114; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 323; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 108 Rn. 11; Kleinknecht/Meyer-Goßner, §376 StPO Rn.6. 289 Flechsig, ZRP 1980, S.315. 290 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 376 StPO Rn. 6, m. w. N. 277

362

7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

Vielmehr besteht lediglich die Möglichkeit der - häufig wirkungslosen 291 - Gegenvorstellung 292 oder Dienstaufsichtsbeschwerde 293.

2. Begriff des „öffentlichen Interesses" i. S. v. § 376 StPO Nach allgemeinen Überlegungen zum Begriff des „öffentlichen Interesses" (a)) 294 möchte ich mich mit den einschlägigen Bestimmungen der Nr. 86 Abs. 2 (b)) 295 und Nr. 261 RiStBV (c)) 296 befassen. a) Allgemeines Das Spektrum allgemeiner Aussagen zur Frage des „öffentlichen Interesses" an der Verfolgung von Urheberrechtsstraftaten ist breit gefächert. So meint Νorde mann291, bei Straftaten gegen das Urheberrecht sei das öffentliche Interesse regelmäßig gegeben, und auch v. Gravenreuth 298 möchte wegen der Massenhaftigkeit des Auftretens der Rechtsverletzungen das öffentliche Interesse regelmäßig bejahen. Dagegen sind andere 299 der Auffassung, mit Blick auf den Sinn des Privatklageverfahrens liege das öffentliche Interesse nur dann vor, wenn das Delikt eine im Vergleich zur durchschnittlichen Begehungsform desselben Delikts erhöhte Bestrafung erwarten lasse. Spautz 300 kommt zu dem Ergebnis, das öffentliche Interesse könne nur in seltenen Fällen bejaht werden. Heghmanns 301 möchte insofern die Grundsätze zur Strafzumessung heranziehen. Von dieser Prämisse ausgehend stellt er folgerichtig fest, die Berücksichtigung der Massenhaftigkeit des Auftretens sei allenfalls bei einer - mangels Schadenshöhe nicht vorliegenden - gemeingefährlichen Zunahme von Urheberrechtsverletzungen möglich; lediglich generalpräventive Erwägungen des Einzelfalls dürften berücksichtigt werden, etwa wenn die Rechtstreue der Bevölkerung leiden könnte, bliebe der konkrete Fall ungesühnt; der nichtprofessionelle Handel zum Eigenbedarf sei somit grundsätzlich nicht staatlich zu verfolgen, da 291

v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 164f. Hentschel, Gema-Nachrichten, H. 119, S. 16 u. Videorecht, S. 114; Kleinknecht/MeyerGoßner, § 376 StPO Rn. 6. 293 Etter, CR 1989, S. 120; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 164f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 323; Hentschel Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 16 u. Videorecht, S. 114; Kleinknecht/MeyerGoßner, § 376 StPO Rn. 6. 294 Zu den allgemeinen Überlegungen: Kap. 7 Α. II. 2. a. 295 Zur Auslegung von Nr. 86 Abs. 2 RiStBV: Kap. 7 Α. II. 2. b. 296 Zur Auslegung von Nr. 261 RiStBV: Kap. 7 A.II.2.C. 297 W Nordemann, NStZ 1982, S.373 f. 298 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 147; so wohl auch: Sowada, Die „notwendige Teilnahme", S. 190 f. 299 Heghmanns, S. 115; Meier/Böhm, S. 168. 300 Möhring/Nicolini-Spautz, § 109 UrhG Anm. 1 b. 301 Heghmanns, S. 114f. 292

Α. Strafverfolgung

363

er den alltäglichen Normalfall darstelle; dagegen sei das öffentliche Interesse zu bejahen, wenn das Erscheinungsbild davon abweiche - etwa bei Gewinnsucht als Motiv oder überdurchschnittlichem Umfang der Tat. Meines Erachtens helfen allgemeine Überlegungen bei der Bestimmung des Begriffs des „öffentlichen Interesses" kaum weiter. Denn da die Entscheidung hinsichtlich der Verweisung auf die Privatklage gerichtlich nicht überprüfbar 302 ist und somit eine ausreichende Klärung des Begriffs des „öffentlichen Interesses" fehlt, muss - ähnlich wie beim Begriff des „besonderen öffentlichen Interesses" - auf die Auslegungskriterien der RiStBV abgestellt werden. 303 Während im Übrigen nämlich mangels Überprüfbarkeit ein gewisser Entscheidungsfreiraum der Staatsanwaltschaft besteht,304 sind die RiStBV für die Staatsanwaltschaft verbindlich. 305 Den ersten Anhaltspunkt liefert hier Nr. 86 Abs. 2 RiStBV; Nr. 261 RiStBV nennt konkrete Regelbeispiele für die Bejahung des öffentlichen Interesses.306

b) Zur Auslegung der Nr. 86 Abs. 2 RiStBV In der heute geltenden Fassung aus dem Jahre 1991 lautet Nr. 86 Abs. 2 RiStBV: Ein öffentliches Interesse wird in der Regel dann vorliegen, wenn der Rechtsfrieden über den Lebenskreis des Verletzten hinaus gestört und die Strafverfolgung ein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit ist, z.B. wegen des Ausmaßes der Rechtsverletzung, wegen der Rohheit oder Gefährlichkeit der Tat, der niederen Beweggründe des Täters oder der Stellung des Verletzten im öffentlichen Leben. Ist der Rechtsfrieden über den Lebenskreis des Verletzten hinaus nicht gestört worden, so kann ein öffentliches Interesse auch dann vorliegen, wenn dem Verletzten wegen seiner persönlichen Beziehung zum Täter nicht zugemutet werden kann, die Privatklage zu erheben, und die Strafverfolgung ein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit ist.

Mit der Auslegung von Nr. 86 Abs. 2 RiStBV hat sich vor allem Heinrich 307 beschäftigt. Er meint, eine Störung des Rechtsfriedens über den Lebenskreis des Verletzten hinaus sei nur in den wenigsten Fällen zu verzeichnen, da die Öffentlichkeit von der konkreten Rechtsverletzung in der Regel nichts erfahre. 308 Auch die Voraussetzung, dass die Strafverfolgung ein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit sein müsse, bereite Schwierigkeiten. Die in Nr. 86 Abs. 2 RiStBV beispielhaft genannten Begriffe „Ausmaß der Rechtsverletzung" und „niedere Beweggründe 302

So auch: Bork, S. 1667. Heghmanns, S. 114; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 324f. u. S. 355. 304 Heghmanns, S. 114f. 305 Etter, CR 1989, S. 120; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.325; Kleinknecht/Meyer-Goßner, §376 StPO Rn. 1. 306 Ähnlich: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 325 f. u. S. 355; Schricker-Haß, Urheberrecht, vor §106 UrhG Rn.2. 307 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 325 f. u. S. 330f. u. S. 335 u. S. 355. 308 So auch: Heghmanns, S. 114. 303

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

des Täters" könnten nämlich dann angenommen werden, wenn der Täter die Rechtsverletzung in großem Stil und gekennzeichnet durch besonderes Gewinnstreben durchführe. 309 In diesen Fällen liege jedoch ohnehin regelmäßig ein Fall nach § 108 a UrhG und somit ein Offizialdelikt vor. Entscheidend könne deswegen allein das Maß des Gewinnstrebens sein. So erfülle zum Beispiel die entgeltliche Verwertung von Softwareprodukten regelmäßig noch nicht die genannten Voraussetzungen, da der Verwertende stets nach finanziellem Gewinn strebe. 310 Die Voraussetzungen seien eher erfüllt, wenn der Täter aus Gewinnstreben Raubkopien zu einem besonders hohen Preis verkauft, wogegen das öffentliche Interesse regelmäßig abzulehnen sei, wenn die Rechtsverletzung im privaten Bereich bleibe. Im Ergebnis werde es kaum Fälle geben, in denen der Täter diese Voraussetzungen erfüllt, so dass die Vorschrift nur in wirklich krassen Fällen zur öffentlichen Strafverfolgung führe. Schließlich werde auch der in Satz 2 genannte Ausnahmefall bei der Vervielfältigung und Verbreitung von Softwareprodukten kaum einmal einschlägig sein, da der Urheber oder Nutzungsberechtigte und der spätere Anwender kaum einmal in persönlichen Kontakt treten würden. Ich möchte Heinrich zustimmen. In der Tat wird das öffentliche Interesse bei Anwendung der Grundsätze der Nr. 86 Abs. 2 RiStBV nur in wenigen Ausnahmefällen zu bejahen sein. Zu beachten ist hierbei, dass jeweils auf die konkrete Tat abzustellen ist. Die Berücksichtigung generalpräventiver Gesichtspunkte scheidet somit regelmäßig aus. Auch soweit Heghmanns 311 meint, der Verletzte dürfe in Fällen faktischer Hilflosigkeit nicht auf den Privatklageweg verwiesen werden, da sich der Verzicht auf staatliche Rechtsverfolgung nur soweit rechtfertigen lasse, wie die Sanktionierung im Wege der Privatklage zumindest theoretisch möglich bleibt, möchte ich ihm nicht folgen. Denn theoretisch bleibt die Sanktionierung ohnehin möglich, und ein Grundsatz, wonach eine Privatklage auch praktisch durchsetzbar sein müsse, existiert nicht. Auch möchte ich entgegen der Ansicht mancher Autoren 312 das öffentliche Interesse nicht schon dann bejahen, wenn der Rechtsverletzer einer gerichtlichen einstweiligen Verfügung keine Folge leistet. Denn in diesen Fällen muss sich der Verletzte darauf verweisen lassen, den Zivilrechtsweg weiter zu beschreiten. Aus der Missachtung gerichtlicher Verfügungen lässt sich die Strafbarkeit jedenfalls nicht herleiten. Denn die §§ 106 ff. UrhG bezwecken nicht den Schutz der öffentlichen Ordnung. c) Zur Auslegung der Nr. 261 RiStBV Nr. 261 RiStBV lautet: Das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung von Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums ([...] §§ 106 bis 108 des Urheberrechtsgesetzes [...]) wird in der Regel zu 309 310 311 312

Auch: Heghmanns, S. 114f. Ebenso: Heghmanns, S. 114f.; Meier/Böhm, S. 168. Heghmanns, S. 115. v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.353; Schramm, S.385.

Α. Strafverfolgung

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bejahen sein, wenn eine nicht nur geringfügige Schutzrechtsverletzung vorliegt. Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere das Ausmaß der Schutzrechtsverletzung, der eingetretene oder drohende wirtschaftliche Schaden und die vom Täter erstrebte Bereicherung.

Ein Vergleich von Nr. 261 RiStBV mit Nr. 86 Abs. 2 RiStBV ergibt, dass nur das Merkmal der „eingetretenen oder drohenden Schäden" über Nr. 86 Abs. 2 RiStBV hinaus führt. 313 Aufschlussreich ist dagegen die Zusammenschau mit den Kriterien, die Nr. 261 a RiStBV für die Bejahung des „besonderen öffentlichen Interesses" aufstellt. Hier zeigt sich, dass die anzuwendenden Kriterien im Wesentlichen den strafschärfenden Strafzumessungskriterien 314 entsprechen.315 Gleichwohl ist die Anwendung der Kriterien problematisch: Heinrich 316 stellt zu Recht fest, dass die Voraussetzungen im Bereich der Raubdrucke sowie der im großen Stil betriebenen Musik-, Video- und Softwarepiraterie häufig erfüllt sind; doch liegt in diesen Fällen regelmäßig ohnehin ein Offizialdelikt nach § 108 a UrhG vor; Rechtsverletzungen im privaten Bereich fallen dagegen praktisch aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift heraus. Im Ergebnis bleiben nur die Ausnahmefälle, die zwar den Bereich des Privaten übersteigen, den Bereich des Gewerblichen jedoch noch nicht erreichen. 317 Auch das Merkmal der „eingetretenen oder drohenden Schäden" wirft Schwierigkeiten auf. Eine feste Grenze wie bei § 248 a StGB, wann eine Tat überdurchschnittlich sei, lässt sich nämlich nicht angeben. Denn die Berechnung des zurechenbaren Schadens ist letztlich unmöglich,318 weil auf der Seite der Verletzten nur die ungewisse Möglichkeit einer Vermögensmehrung beeinträchtigt wird, da nicht sicher ist, dass der Täter das Vervielfältigungsstück auch rechtmäßig erworben hätte.319 So halten mit überzeugender Argumentation mehrere Autoren 320 den durch Raubkopierer verursachte Schaden in der Regel für gering, da im Hinblick auf den meist finanzschwachen Täterkreis nicht davon ausgegangen werden könne, dass die raubkopierte Software ansonsten im gleichen Umfang legal erworben würde. Zudem lässt die Zahl der aufgefundenen Vervielfältigungsstücke keine Rückschlüsse zu, da diese sehr unterschiedliche Preisgestaltungen aufweisen können und der Zeitraum, in dem die Tatobjekte angesammelt wurden, berücksichtigt werden muss.321 Wenn Etter 322 also im Bereich von Anwendersoftware das öffentliche Interesse regelmäßig 313

Heinrich, Die Strafbarkeit, S.327. Vgl. zur Strafzumessung: Kap.7 B.I. 315 Heghmanns, S. 115; Meier/Böhm, S. 168; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.378. 316 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.327 u. S.330f. u. S.355. 317 So auch: Heghmanns, S. 114f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.327 u. S.329; zur alten Rechtslage ähnlich: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.378. 318 Vgl. zu den Unsicherheiten bei der Schadenberechnung: Kap.9 B. 319 Heghmanns, S. 115; Meier/Böhm, S. 168. 320 Etter, CR 1989, S. 121; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 328 f. 321 Meier/Böhm, S. 168. 322 Etter, CR 1989, S. 120. 314

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

bejahen will, wird man dem nicht folgen können. Vielmehr ist nicht anzunehmen, dass der Einzelhandelspreis der Schadenssumme323 entspricht. 324 In Durchschnittsfällen ist der Verletzte auch hier auf den Privatklageweg zu verweisen. 325 Außer in den Fällen, die ohnehin unter § 108 a UrhG fallen, wird man das öffentliche Interesse fast nur bejahen können, wenn der Täter einschlägig vorbestraft ist. 326 Auch im Falle gewerbliche Verwendung eines Werks mag im Einzelfall die Tat von Amts wegen zu verfolgen sein, obwohl sie unterhalb der rein quantitativen Regelung von Nr. 261 RiStBV liegt. 327 Besonders im Bereich der unzulässigen Vervielfältigung und Verbreitung von Computerspielen ist die Frage diskutiert worden, wann das „öffentliche Interesse" vorliegt: Etter 328 kommt hier zu dem Ergebnis, das „öffentliche Interesse" sei häufig zu verneinen, da der unverhältnismäßig hohe Aufwand für die Ermittlungsbehörden zu einer Blockierung der sachlichen und personellen Mittel bei den schwerwiegenden Fällen führe. Überdies bekundeten die Programmautoren durch den Verzicht auf mögliche Schutzmaßnahmen durch Kopiersperren das fehlende Schutzinteresse. Dagegen weist Heinrich 329 zutreffend darauf hin, dass mangelnde sachliche und personelle Mittel der Strafverfolgungsbehörden nicht dazu führen können, Deliktsbereiche, die an sich strafwürdig sind, einer staatlichen Verfolgung zu entziehen; zudem hat der Verzicht auf Kopiersperren nicht nur finanzielle Gründe, sondern ermöglicht zugleich zulässiges Kopieren. Auch wird darauf hingewiesen, bei den meist noch jugendlichen Tätern handele es sich regelmäßig um nicht vorbestrafte, gut sozialisierte Personen, bei denen oft schon der erste Ermittlungsansatz heilsame Wirkung zeige.330 Insofern werden sich Rückschlüsse jedoch kaum ziehen lassen; denn nach § 80 Abs. 1 JGG wird bei jugendlichen Tätern ohnehin keine Privatklage durchgeführt. 331 Darauf, ob öffentliches Interesse i. S. v. § 376 StPO vorliegt, kommt es hier also nicht an. Im Ergebnis wird es bei den allgemeinen Maßstäben, vor allem bei der Untersuchung des Tatumfangs, bleiben müssen. Absolute Erfahrungswerte bezüglich der Zahl der kopierten Programme lassen sich insofern kaum angeben.332 Heghmanns 333 hält 50 festgestellte Kopien für eher unterdurchschnittlich; Meier/Böhm 334 halten 25 bis 30 Programme, bei Jugendlichen sogar 100 Computerspiele für durchschnittlich. 323 324 325 326 327 328 329 330 331 332 333 334

Vgl. zu Umfang und Schaden: Kap. 9 C. IV. 3. Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 327. Meier/Böhm, S. 170ff. Ebenso: Wulff, BB 1985, S.428. v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 152. Etter, CR 1989, S. 120f.; auch: Meier, S.664. Heinrich, Die Strafbarkeit, S.329. Etter, CR 1989, S. 121; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 328 f. Vgl. zu Besonderheiten bei Jugendlichen und Heranwachsenden: Kap. 7 C. So auch: Meier/Böhm, S. 168. Heghmanns, S. 115; vgl. Bschorr, S. 37. Meier/Böhm, S. 168; ähnlich: Steinke, Kriminalistik 1991, S.585.

Α. Strafverfolgung

367

I I I . Nebenklage Hinsichtlich der Voraussetzungen der Nebenklage335 sowie der Rechte des Nebenklägers ergeben sich im Urheberstrafrecht keine Besonderheiten.336 Die Berechtigung im Privatklageverfahren deckt sich mit der Berechtigung hinsichtlich der Privatklage337, letztlich also mit der Strafantragsberechtigung. 338 Insofern kann auf die Ausführungen oben339 verwiesen werden. Von Bedeutung ist, dass der Verletzte die durch die Nebenklage erlangten Informationen im Zivilprozess verwenden darf - § 406e Abs. 1 S. 2 StPO.340 Problematisch ist die Höhe der Anwaltsgebühren 341. V. Gravenreuth 342 will die Gebühren gemäß §§ 83, 84 BRAGO im Regelfall im obersten Bereich des Gebührenrahmens einstufen, da regelmäßig infolge der betroffenen rechtlichen Spezialgebiete überdurchschnittliche anwaltliche Tätigkeit erforderlich sei. Entsprechend hat das Amtsgericht München343 dem Nebenklagevertreter in einer Entscheidung über 80 %, bemessen am Gebührenrahmen, zugesprochen. In ähnlicher Weise meint Meier 344, es sei von 75 % auszugehen. Auch ich halte Gebühren im oberen Bereich für angemessen. Denn ein Verfahren im Urheberstrafrecht erfordert solide Kenntnis in zwei Rechtsgebieten - dem Strafrecht und dem Urheberrecht.

I V . Wechselwirkungen von Strafverfahren und Zivilverfahren Wechselwirkungen von Strafverfahren und Zivilverfahren sind im Urheberstrafrecht in zweierlei Hinsicht denkbar: Zunächst besteht die Verweisungsmöglichkeit an die Zivilgerichtsbarkeit nach §§ 154d, 262 Abs. 2 StPO (l) 3 4 5 , zweitens ist der Weg zum Adhäsionsverfahren eröffnet, wie § 110 S. 2 UrhG zeigt (2) 346 .

335

Zur Nebenklage: Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 108 Rn. 14f.; Westphal, S. 967ff. Vgl.: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 172f.; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 108 Rn. 14 f. 337 Vgl. zur Privatklage: Kap.7 A.II. 338 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.377. 339 Vgl. zur Antragsberechtigung: Kap. 7 A.I.2. 340 Bork, S. 1667; E. Braun, CR 1994, S.732 u. Produktpiraterie, S.288, m.w.N.; SchrickerHaß, Urheberrecht, vor § 106 UrhG Rn. 3. 341 Zur Kostenfolge nach Verfahrenseinstellung: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 156 u. S. 158, Fn. 12. 342 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 173. 343 AG München NStZ 1983, 464 („Basisexemplar"), zitiert nach: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 173. 344 Meier, S. 664. 345 Zur Verweisungsmöglichkeit: Kap. 7 Α. IV. 1. 346 Zum Adhäsionsverfahren: Kap. 7 Α. IV. 2. 336

368

7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

1. Verweisung an die Zivilgerichtsbarkeit nach §§ 154 d, 262 Abs. 2 StPO Mit den Vorschriften der §§ 154d, 262 Abs. 2 StPO hält das Strafprozessrecht zwei Bestimmungen bereit, durch die eine Verweisung des Anzeigeerstatters auf den Zivilrechtsweg ermöglicht wird. Während § 154d StPO für die Staatsanwaltschaft gilt, wendet sich § 262 Abs. 2 StPO an das Strafgericht. Der Zweck der Bestimmung des § 154d StPO besteht darin, die Staatsanwaltschaft vor Strafanzeigen zu schützen, die sie andernfalls dazu zwingen würden, über komplizierte Vorgänge, die in erster Linie zivil- oder verwaltungsrechtliche Bedeutung haben, schwierige Beweisverfahren durchzuführen; dies gilt vor allem dann, wenn es dem Anzeigenden allein darauf ankommt, das Strafverfahren als Druckmittel auf einen Gegner oder zur Vorbereitung eines anderen Verfahrens einzusetzen.347 Rein rechtliche Schwierigkeiten 348 oder Umfang und Unübersichtlichkeit eines zivilrechtlichen Streitstoffes 349 reichen insofern nicht aus. Nach Ansicht v. Gravenreuths 350 sei es jedoch im Urheberrecht schwierig, eine Abgrenzung zwischen rechtlicher Schwierigkeit und materiellrechtlicher Vorfrage zu finden, da die im Allgemeinen Strafrecht entwickelten Abgrenzungskriterien versagten. So sei die Frage nach der Urheberrechtsschutzfähigkeit von Computerspielen eine rechtliche Schwierigkeit 351 wogegen zivilrechtliche Probleme in der Praxis insbesondere vorlägen, wenn das Original in abgewandelter Form verwertet würde. Auch fachkundige Zivilgerichte hätten in solchen Fällen Schwierigkeiten. Überdies sei die problematische Folge der Differenzierung, dass Staatsanwaltschaften unter Umständen über neuartige Rechtsfragen entscheiden müssten. Ich sehe nicht dieselben Probleme wie v. Gravenreuth. Denn die Vorschrift ist mit Rücksicht auf ihren Zweck auszulegen, der darin besteht, Verschiebungen der Beweislast in einem Zivilverfahren zu vermeiden. Die „rechtliche Schwierigkeit" ist mithin von der „Beweisschwierigkeit" abzugrenzen. Zwar kann die Entscheidung nach § 154d StPO nicht auf rechtliche Schwierigkeiten, wohl aber auf Beweisschwierigkeiten gestützt werden. Auch die Tatsache, dass Staatsanwaltschaften unter Umständen über neuartige Rechtsfragen entscheiden müssen, stellt keine Besonderheit dar. Soweit ich deswegen § 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG berührt sehe, habe 347

AK-Schöch, § 154d StPO Rn. 1; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 160 u. GRUR 1983, S.353 f.; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 154d StPO Rn. 1; a. Α.: Groß, S. 152; Karlsruher Kommentar-Pfeiffer, § 154d StPO Rn. 3; einschränkend: Haas, S. 684. 348 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 160; Kleinknecht/Meyer, § 154d StPO Rn. 1; D. Meyer, Das juristische Büro 1990, S. 1403; vgl. auch: OLG Brandenburg, OLGSt § 154d StPO Nr. 1; Groß, S. 152. 349 Karlsruher Kommentar-Schoreit, § 154d StPO Rn.3. 350 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 159 f. 351 A.A.: Gericht im Bereich der StA Frankfurt, zitiert nach v. Gravenreuth, ZUM 1985, S.541.

Α. Strafverfolgung

369

ich an den entsprechenden Stellen darauf hingewiesen und eine verfassungskonforme Auslegung vorgeschlagen. Die Staatsanwaltschaft setzt nach § 154d StPO eine Frist und benachrichtigt den Anzeigeerstatter; nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen - § 154 dS. 3 StPO.352 Gegen die Fristsetzung der Staatsanwaltschaft besteht kein formelles Rechtsmittel, sondern nur die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde. 353 Ein Klageerzwingungsverfahren ist nicht schon gegen die Fristsetzung gemäß § 154d S. 1 StPO, sondern erst gegen die endgültige Einstellung gemäß § 154d S. 3 StPO möglich. 354 Die Staatsanwaltschaft kann ihre Entscheidung jederzeit ändern und ist an das Ergebnis des anderen Verfahrens nicht gebunden.355 Die Entscheidungen nach § 154d und § 376 StPO sind voneinander unabhängig, so dass die Staatsanwaltschaft auch dann nach § 154d StPO auf den Zivilrechtsweg verweisen kann, wenn sie das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung bejaht. 356 Zu beachten ist schließlich, dass die Verjährung der Tat während der vorläufigen Einstellung nicht ruht - § 78 b StGB. In gleicher Weise wie § 154d StPO bezweckt auch § 262 Abs. 2 StPO, der Gewinnung von Beweismitteln für den Zivilprozess oder der Grundlagen eines Urteils über die Aussichten eines Zivilprozesses durch den Strafprozess und damit einer Verschiebung des Beweisrechts vorzubeugen; das Strafrecht soll dadurch von Vorgängen befreit werden, die zwar das Strafrecht berühren, aber von der strafrechtlichen Wertung aus unerheblich sind.357 Wegen der Einzelheiten kann deswegen auf die vorstehenden Ausführungen zu § 154 d StPO verwiesen werden. 2. Adhäsionsverfahren Bei der Literatur zum Adhäsionsverfahren 358 ist zu berücksichtigen, dass § 110 UrhG im Jahr 1990359 und die Vorschriften über das Adhäsionsverfahrens, die §§403 ff. StPO, im Jahr 1986360 geändert wurden. 352

Letzgus, S. 300; Spautz, ZUM 1990, S. 168. KG JR 1959, 29; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 160; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 154d StPO Rn.4. 354 OLG Brandenburg, OLGSt § 154d StPO Nr. 1; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 160; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 154d StPO Rn.4, m.w.N. 355 v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.354; Tröndle/Fischer, §78b StGB Rn.4. 356 Spautz, ZUM 1990, S. 168 f. 357 Peters, S.503. 358 Zum Adhäsionsverfahren auch: Kleinknecht/Meyer-Goßner, §§403 ff. StPO; Möhring/ Nicolini-Spautz, §110 UrhG Anm.4; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn.2; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.570; Westphal, S.981. 359 Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie vom 7. März 1990, BGBl. 1990 I, S.422. 360 Opferschutzgesetz vom 18.12.1986 (BGBl.II S.2496). 353

24 Hildebrandt

370

7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

Nach § 110 S. 2 UrhG kann das Adhäsionsverfahren Einfluss auf die Einziehung haben. Die Vorschriften über die Einziehung sind danach nicht anzuwenden, soweit einem Antrag auf Vernichtung von Vervielfältigungsstücken im Adhäsionsverfahren stattgegeben wird. 361 In diesen Fällen wird ohnehin § 74 Abs. 2 StGB entgegenstehen. Im Übrigen tritt der zivilrechtliche Anspruch aus § 98 UrhG, der mittels des Adhäsionsverfahrens geltend gemacht werden kann, neben das Einziehungsverfahren nach §110 UrhG. 362 Das Urheberstrafrecht wirft hinsichtlich des Adhäsionsverfahrens keine Besonderheiten auf. 363 Verletzter i. S. v. § 403 StPO ist jeder, der geltend macht, aus einer Straftat des Beschuldigten einen Anspruch gemäß den §§98, 99 UrhG zu haben.364 Bei Jugendlichen und Heranwachsenden gelten Besonderheiten.365 Das Adhäsionsverfahren hat keine praktische Bedeutung erlangt. 366 Flechsig 367 hält es gar für überflüssig. Nach Ansicht v. Gravenreuths 368 sei es für den Geschädigten in Urheberrechtsverfahren nicht sinnvoll, den Weg des Adhäsionsverfahrens zu wählen. Denn die Strafrichter verfügten im Regelfall nicht über die erforderlichen Kenntnisse im Urheberrecht. Auch könne eine Auswirkung der zivilrechtlichen Seite des Prozesses auf die Strafentscheidung nicht ausgeschlossen werden. Schließlich erhalte der Rechtsanwalt im Adhäsionsverfahren immer weniger Gebühren, als wenn er die Rechtsverfolgung in den getrennten Straf- und Zivilverfahren vornehmen würde - §§ 95, 84, 83 BRAGO. 369 Dagegen meint Vinck™, letzteres treffe nicht zu; vielmehr könnten Strafrichter die Höhe urheberrechtlicher Ansprüche regelmäßig nur schwer beurteilen. Ich will hoffen, dass die Ansicht Vincks zutrifft. Denn wenn die Entscheidung des Anwalts gegen das Adhäsionsverfahren allein auf der Gebührenfolge beruht, wird in aller Regel ein Anwaltshaftungsfall vorliegen. Westphal empfiehlt, die Möglichkeit des § 406 Abs. 1 StPO zu nutzen, über den Antrag dem Grunde nach zu entscheiden oder die Entscheidung auf einen Teil des Anspruchs zu beschränken, da dadurch möglicherweise in verstärktem Maße die 361

Lührs, S.268; Schaefer/Körfer, S.88; ungenau: Westphal, S.991. Schaefer/Körfer, S.87. 363 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.379; ähnlich Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.209; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn.2; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.569 f. 364 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn. 2. 365 Vgl. zu Besonderheiten bei Jugendlichen und Heranwachsenden: Kap. 7 C. 366 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 110 UrhG Rn. 1 ; Flechsig, GRUR 1978, S. 292; v. Gravenreuth, GRUR 1983, S. 356; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 108 Rn. 26; Schaefer/Körfer, S. 88. 367 Etwa: Flechsig, AfP 1978, S.21. 368 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 179 f. 369 Auch: v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.356; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.460 u. ZUM 1990, S.465; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.749. 370 Fromm/Nordemann-Vinck, § 110 UrhG Rn. 2. 362

Α. Strafverfolgung

371

Sachverhaltsfeststellungen des Strafgerichts genutzt würden. 371 Auch ich halte dies für sinnvoll. Häufig aber wird das Adhäsionsverfahren mangels Bereitschaft des Gerichts an der Vorschrift des § 405 StPO scheitern. V . Zulässigkeit von Ermittlungsmaßnahmen Die Frage, wann und in welchem Umfang Ermittlungsmaßnahmen zulässig sind, lässt sich hier nicht vollständig beantworten. Unzulässig sind Ermittlungsmaßnahmen zunächst in den Fällen, in denen eine verfassungskonforme Auslegung geboten ist, also beim Werkbegriff, bei der Verbreitung in Form des „Anbietens an die Öffentlichkeit", beim Erschöpfungsgrundsatz und beim Kopieren von Computerprogrammen zum privaten Gebrauch. Hinsichtlich der Zulässigkeit des Zugriffs der Ermittlungsbehörden auf Mailboxen kann auf die vorhandene Literatur 372 verwiesen werden. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass sich größere Abweichungen - insbesondere in den §§ 100 a ff. StPO - ergeben, sofern eine kriminelle Vereinigung (§ 129 StGB) 373 vorliegt. Im Übrigen möchte ich auf einige spezielle Probleme eingehen: Zunächst wird die Zulässigkeit der Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen untersucht (l) 3 7 4 . Anschließend erläutere ich die Möglichkeiten einer Beschlagnahme (2) 375 . Schließlich werden die Fragen beleuchtet, inwieweit Ermittlungsmaßnahmen bei fehlendem Strafantrag (3) 376 und im Vorfeld eines Privatklagedeliktes (4) 377 zulässig sind. 1. Durchsuchung von Wohn- oder Geschäftsräumen

Bei einer Durchsuchung von Wohn- oder Geschäftsräumen muss aufgrund des grundrechtlichen Schutzes nach Artt. 2, 13 GG der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein.378 Mehrere 379 halten eine Durchsuchung nur dann für verhältnismäßig, wenn bereits im Voraus die Urheberrechtsfähigkeit der betroffenen Tatobjekte feststeht. Nach 371

Westphal, S.983. BGH NJW 1997, 1934; Bär, CR 1995, S. 489ff.; Kudlich, S. 209ff.; Meier/Böhm, S. 169f.; insbesondere unter presserechtlichen Gesichtspunkten: Stenger, CR 1990, S. 786ff. 373 Vgl. zur Urheberstraftat als Zweck oder Tätigkeit im Rahmen einer kriminellen Vereinigung: Kap. 8 D. 374 Zur Durchsuchung von Wohn- oder Geschäftsräumen: Kap. 7 Α. V. 1. 375 Zur Beschlagnahme: Kap. 7 A.V.2. 376 Zu Ermittlungen bei fehlendem Strafantrag: Kap. 7 Α. V. 3. 377 Zu Ermittlungen im Vorfeld eines Privatklagedeliktes: Kap. 7 A. V.4. 378 BVerfG NJW 1997, 2165; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 338ff. u. S. 356; Karlsruher Kommentar-Afac/:, vor § 94 StPO Rn. 6; Karlsruher Kommentar-P/e/jffer, Einleitung Rn. 30; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 105 StPO Rn.5; Meier/Böhm, S. 168f. 379 AG Bad Hersfeld NStZ 1992,40,41 ; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 339; kritisch: Schüler, S.497. 372

2*

372

7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

der Gegenansicht380 handele es sich indessen lediglich um die Prüfung eines Anfangsverdachts, wobei die urheberrechtliche Werkqualität noch nicht feststehen müsse. Meier/Böhm m schlagen insofern einen Kompromiss vor: Sie wollen dem Problem, dass jedenfalls eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür gegeben sein muss, dass ein Werk vorliegt, damit begegnen, dass bei der Stellung des Strafantrages erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast des Antragstellers gestellt werden. Ermittlungen zur Klärung des öffentlichen Interesses kämen nur dort in Betracht, wo das Ausmaß der Rechtsverletzungen, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Gewerbsmäßigkeit, ermittlungsbedürftig ist, nicht aber dort, wo Umstände auf dessen Fehlen hindeuteten. Meines Erachtens ergeben sich im Hinblick auf das Vorliegen eines urheberrechtlichen Werks bei genauer Betrachtung kaum Probleme. Denn regelmäßig wird feststehen, welche Tatobjekte betroffen sind. Hier wird man von der Staatsanwaltschaft die eigenständige Prüfung und gegebenenfalls Darlegung der Werkqualität verlangen müssen. Steht dagegen nicht fest, welche Tatobjekte betroffen sind, wird eine Durchsuchung regelmäßig nicht in Betracht kommen. Allenfalls in extrem gelagerten Ausnahmefällen kann eine Durchsuchung zur Prüfung des Anfangsverdachts verhältnismäßig sein. Auch die Frage, ob eine Durchsuchung im Falle der Verwertung im privaten Bereich verhältnismäßig ist, ist umstritten. Einige 382 halten Durchsuchungsmaßnahmen nur selten für zulässig. Nach Ansicht anderer soll dagegen eine Durchsuchung im Regelfall erforderlich und damit verhältnismäßig sein.383 Meines Erachtens bleiben mit Blick darauf, dass der Ausnahmetatbestand, wonach das private Kopieren von Computerprogrammen strafbewehrt sein soll, ohnehin verfassungswidrig ist, 384 nur wenige Fallgruppen. Auch in diesen Fallgruppen wird ein Anfangsverdacht meist auf Zufallsfunden oder darauf beruhen, dass der Beschuldigte denunziert wurde. Überdies wird regelmäßig auf der Rechtsfolgenseite allein die Einstellung des Verfahrens in Betracht kommen. Eine Durchsuchung halte ich deswegen allenfalls dann für zulässig, wenn der Beschuldigte bereits mehrfach begründet in Verdacht geraten ist. 385 Doch auch in Fällen gewerblicher Tatbegehung sind Durchsuchungsmaßnahmen keineswegs immer zulässig. Vielmehr ist auch hier eine gründliche Prüfung des Einzelfalles notwendig, da hier wegen der regelmäßig öffentlichen Tatbegehung auch andere Kontrollmethoden bestehen, etwa durch Testkäufe oder Tauschangebote386. 380

LG Bückeburg CR 1991, 178; v. Gravenreuth, CR 1991, S. 179. Meier/Böhm, S. 167 f. 382 AG Nordenhamm CR 1991, 232; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.339f.; ähnlich: Katzenberger, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 1436 f. 383 v. Gravenreuth, Der Kriminalist 1985, S.29 [im Zusammenhang der Softwarepiraterie]; ähnlich: Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 163. 384 Zur Verfassungswidrigkeit der Ausnahmebestimmungen: Kap. 2 E.IX.2. 385 Ähnlich: Meier/Böhm, S. 169. 386 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 339f.; Meier/Böhm, S. 169. 381

Α. Strafverfolgung

373

Umstritten ist, ob bei jugendlichen Tätern andere Beurteilungsmaßstäbe angelegt werden müssen: So halten manche387 bei Jugendlichen eine Durchsuchung für unzulässig, sofern es sich nicht um einen Ausnahmefall handelt. Bei den betroffenen Delikten handele es sich um Bagatelldelikte, die zudem noch auf dem Weg der Privatklage verfolgbar sind.388 Allein eine verantwortliche Vernehmung des Jugendlichen sei verhältnismäßig; denn die zumeist betroffene Softwareindustrie könne sich auch durch Kopierschutzmechanismen schützen; überdies sei der verursachte Schaden nicht so hoch zu veranschlagen, weil ein Großteil der betroffenen Tatobjekte wegen hoher Preise ohnehin nicht käuflich erworben würde. 389 Die Vertreter der Gegenansicht390 halten eine Durchsuchung jedenfalls bei Verdacht auf gewerbsmäßiges Handeln auch bei Jugendlichen für verhältnismäßig. Allein der Erfahrung, dass derartige Verfahren häufig eingestellt würden, dürfe keine Bedeutung für das konkrete Verfahren beigemessen werden, zumal bei einem Strafrahmen von bis zu fünf Jahren von einem Bagatelldelikt nicht die Rede sein könne. 391 Ferner würden auch bei einem Diebstahl Argumente für eine Sonderbehandlung von Jugendlichen zu Recht nicht geltend gemacht.392 Überdies sei bei Urheberrechtsverletzungen ohne Durchsuchung und Beschlagnahme regelmäßig keine Aufklärung der Tat möglich. 393 Die Durchsuchung sei deswegen auch dann verhältnismäßig, wenn der Tatverdächtige erst durch einen „Agent Provocateur" zum Handeln veranlasst wurde, dessen Identität vom Anzeigeerstatter nicht aufgedeckt wird, oder wenn er noch bei seinen Eltern lebt und an Wohnung und Einrichtungsgegenständen allenfalls Mitbesitz hat. 394 Schließlich könne auch unter Jugendschutzgesichtspunkten eine Durchsuchung und Beschlagnahme angebracht sein, wenn indizierte Computerspiele durch Jugendliche verbreitet werden. 395 Ich halte eine Durchsuchung bei jugendlichen Tätern für unverhältnismäßig, wenn nicht mit einer späteren Bestrafung, sondern allenfalls mit Maßnahmen nach § 5 Abs. 1 JGG zu rechnen ist. 396 Denn das strafprozessuale Instrumentarium ist auf derartige Fallgestaltungen nicht zugeschnitten, da der erzieherische Charakter des 387 LG Münster CR 1989, 928; AG Nordenhamm CR 1991, 232; AG Rheine CR 1989, 927; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.339; ähnlich: Glauben, S.73; Heischel/Benner, S.258; Katzenberger, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 1436 f. 388 AG Nordenhamm CR 1991, 232; ähnlich: Meier/Böhm, S. 169. 389 LG Münster CR 1989, 928; AG Rheine CR 1989, 927. 390 LG Nürnberg-Fürth CR 1991, 232, 233; LG Oldenburg CR 1991, 232; Etter, CR 1989, S.928; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 108 Rn. 10a; einschränkend: LG Bückeburg CR 1991, 178. 391 LG Nürnberg-Fürth CR 1991, 232, 233. 392 Etter, CR 1989, S.928. 393 Etter, CR 1989, S.928; differenzierend: Meier/Böhm, S. 169. 394 LG Nürnberg-Fürth CR 1991, 108, 109. 395 v. Gravenreuth, CR 1991, S.233. 396 Ähnlich: AG Nordenhamm CR 1991, 232.

7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

374

Jugendstrafrechts zu wenig berücksichtigt wird. Zum Zwecke der Erziehung des Jugendlichen aber wird kaum einmal die Durchsuchung der Wohnung erforderlich sein. Schließlich können entgegen v. Gravenreuth auch Jugendschutzaspekte nicht berücksichtigt werden; denn insofern wird die Polizei schwerpunktmäßig zur Gefahrenabwehr tätig, so dass sich die Befugnisse nicht nach der StPO, sondern nach den Polizeigesetzen der Länder richten. Bei Zufallsfunden wird man die Grundsätze des BVerfG 397 hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an Durchsuchungsbeschlüsse beachten müssen. Ich bin der Auffassung, dass § 108 StPO infolge dieser Rechtsprechung dahingehend verfassungskonform auszulegen ist, dass die Vorschrift nur bei Durchsuchungen außerhalb von Wohn- und Geschäftsräumen gilt. 398 Denn andernfalls würden die Anforderungen des BVerfG leer laufen.

2. Beschlagnahme Die Beschlagnahme von Gegenständen kann zum einen zwecks Beweissicherung nach § 94 Abs. 1 StPO erfolgen, zum anderen nach § 111 b StPO, um eine drohende Einziehung abzusichern. Zur Beweissicherung hält v. Gravenreuthi 399 die Sicherstellung aller Programmträger, Unterlagen und Geräte für erforderlich, da eine Überprüfung vor Ort nicht möglich sei und dort die Gefahr der Täuschung bestehe. Hiergegen wenden mehrere Autoren ein, dass die Beschlagnahme von ganzen Computeranlagen regelmäßig nicht verhältnismäßig sei, da auch die Möglichkeit bestehe, in kurzer Zeit den gesamten Datenbestand zu kopieren und diese Kopien auszuwerten oder zu überlassen.400 Etter 401 fügt dem hinzu, Beschlagnahmeaktionen bei Unternehmen hätten oft existenzgefährdende Auswirkungen und könnten von Konkurrenten instrumentalisiert werden, um das Unternehmen gezielt zu schädigen. Auch ich möchte v. Gravenreuth widersprechen. In der Tat besteht regelmäßig die Möglichkeit der Sicherung des Datenbestands einer Computeranlage. Auch die Gefahr der Täuschung lässt sich meist ausschließen, wenn die Ermittlungsbehörden Fachleute einschalten. Im Regelfall ist deswegen allenfalls die Beschlagnahme von Disketten zulässig.402 Im Hinblick auf die Beschlagnahme zur Absicherung einer drohenden Einziehung bemerkt Rochlitz 403, in Fällen gewerbsmäßigen Handelns könnten die Strafver397

Vgl. nur: BVerfG NJW 1997, 2165. Weitergehend: Labe, S.258; vgl. auch: Welp, S.285. v. Gravenreuth, Der Kriminalist 1985, S. 29; vgl. auch: Franzheim, NJW-CoR 1994,

398 399

S. 163. 400

Etter,, CR 1986, S. 168f.; Meier/Böhm, S. 169; Schäfer, S. 12.

401

Etter, CR 1986, S. 167.

402

AG Mannheim CR 1986, 661. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.210.

403

Α. Strafverfolgung

375

folgungsbehörden Vervielfältigungsgeräte sicherstellen und damit rechnen, dass auch deren Einziehung von den Gerichten angeordnet und als verhältnismäßig angesehen wird. Auch Helbig m will Videorecorder und Kassetten sicherstellen lassen, um die Ansprüche des oft nicht bekannten Geschädigten zu sichern. Hier möchte ich Bedenken anmelden. In vielen Fällen werden Vervielfältigungsgeräte wie Videorecorder oder Computer nicht allein zum Zwecke der Tatbegehung dienen. In diesen Fällen ist deswegen die Möglichkeit der Einziehung dieser Gegenstände sorgfältig zu prüfen. Ich möchte insofern auf die Ausführungen zur Einziehung 405 verweisen.

3. Ermittlungen bei fehlendem Strafantrag Fehlt es an einem Strafantrag, so sind Ermittlungsmaßnahmen jedenfalls dann zulässig, wenn die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse i. S. v. § 109 UrhG bejaht.406 Ist das besondere öffentliche Interesse dagegen zu verneinen, so ist die Ermittlungstätigkeit regelmäßig ausgeschlossen.407 Heghmanns 408 führt diesbezüglich zur Begründung aus, das Fehlen eines Strafantrages hindere, wie sich aus § 130 StPO ergibt, zwar weder Verfolgung noch Zwangsmaßnahmen, sofern mit der Behebung des Verfahrenshindernisses zu rechnen ist. Doch sei die Möglichkeit der Einholung eines Strafantrags im Bereich des Urheberstrafrechts wegen der Probleme bei der Ermittlung des Berechtigten mit solcher Ungewissheit behaftet, dass Ermittlungsmaßnahmen als Grundrechtseingriffe beim Beschuldigten kaum verhältnismäßig sein dürften. Überdies sei Nr. 6 Abs. 1 S. 2 RiStBV, wonach Ermittlungen nur dann geboten sind, wenn zu befürchten ist, dass wichtige Beweismittel verloren gehen, jedenfalls im Softwarebereich kaum einmal einschlägig, da Beweisverluste selten drohten und in der Regel Erkenntnisse über die im Einzelnen kopierten Programme und damit die Verletzten zunächst nicht vorlägen. Ich möchte mich der Begründung Heghmanns anschließen. Zudem halte ich es für möglich, seine Ausführungen über den Softwarebereich hinaus zu verallgemeinern. Beweisverluste sind in aller Regel nur in Fällen organisierter Vorgehensweise der Täter zu befürchten. In diesen Fällen aber wird meist ohnehin gewerbsmäßiges Handeln und damit ein Offizialdelikt vorliegen.

404 405 406 407 408

Heibig, S.315. Zur Einziehung: S.O. v. Gravenreuth, BB 1985, S. 1569. Heghmanns, S. 117; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 355. Heghmanns, S.117.

376

7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

4. Ermittlungen im Vorfeld eines Privatklagedeliktes Bei der Frage, ob Ermittlungen im Vorfeld eines Privatklageverfahrens 409 zulässig sind, ist danach zu unterscheiden, ob bereits ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, das öffentliche Interesse i. S. v. § 376 StPO zu bejahen oder zu verneinen. Liegen noch keine ausreichenden Anhaltspunkte vor, dürfen unter Umständen Vorermittlungen durchgeführt werden, um die Entscheidung darüber vorzubereiten, ob das öffentliche Interesse vorliegt. 410 Hierbei ist jedoch zu beachten, dass ein Anfangsverdacht bezüglich des öffentlichen Interesses bestehen muss,411 wobei zu prüfen ist, ob ein überdurchschnittlicher Verstoß nahe liegt. 412 Dass deswegen eventuell verfolgungswürdige Taten nicht verfolgt werden, muss hingenommen werden 413 Eine Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume gemäß § 102 StPO mit anschließender Beschlagnahme der Werkträger wird regelmäßig unverhältnismäßig und damit unzulässig sein, da Eingriffe in die Freiheitssphäre des Bürgers in diesem Bereich nur dann zulässig sind, wenn konkrete Verdachtsmomente vorliegen, die eine spätere Strafverfolgung möglich erscheinen lassen.414 Zeichnet sich dagegen bereits im Vorfeld der Ermittlungen ab, dass das öffentliche Interesse zu verneinen sein wird, so dürfen grundsätzlich keine strafprozessualen Ermittlungen durchgeführt werden - Nr. 87 Abs. 1 RiStBV.415 Die Ausnahme zu dieser Regel findet sich in Nr. 87 Abs. 2 RiStBV 416 : Kann dem Verletzten nicht zugemutet werden, die Privatklage zu erheben, weil er die Straftat nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten aufklären könnte, so soll der Staatsanwalt die erforderlichen Ermittlungen anstellen, bevor er den Verletzten auf die Privatklage verweist, z.B. bei Beleidigung durch namenlose Schriftstücke. Dies gilt aber nicht für unbedeutende Verfehlungen.

Über die Frage, in welchen Fällen Nr. 87 Abs. 2 RiStBV im Urheberrecht einschlägig ist, wird gestritten: V. Gravenreuth 417 hält die Voraussetzungen bei Urheberrechtsdelikten im Regelfall für erfüllt, da die Vorschrift weit auszulegen sei. Zudem würden Urheberrechtsdelikte meist im Bereich der Händler und nicht der Hersteller aufgedeckt; eine Verweisung auf den Privatklageweg müsse auch dann unzulässig sein, wenn Tat und Täter im Hinblick auf den Vertreiber, nicht jedoch im Hinblick auf den Hersteller der Vervielfältigungsstücke bekannt sind, da andernfalls der Staatsanwaltschaft der 409 410 411 412 413 414 415 416 417

Vgl. zum Privatklageverfahren Kap.7 A.II. Kleinknecht/Meyer-Goßner, §376 StPO Rn.5, m.w.N. Heghmanns, S. 113f. u. S. 116f. Heghmanns, S. 116f.; Meier/Böhm, S. 169. Ebenso: Heghmanns, S. 116. Heghmanns, S. 114; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 329 u. S. 355. Heghmanns, S. 113 f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 329f. u. S. 355; Meier/Böhm, S. 169. Heghmanns, S. 114; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.330. v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 165 f.

Α. Strafverfolgung

377

Vorwurf gemacht werden könne, dass sie die Augen vor den Herstellern, also den Hintermännern, denen wesentlich höhere kriminelle Energie anzulasten sei, verschließt. Aus diesem Grund sei es für den Verletzten sinnvoll, wenn dieser bereits bei der Erstattung der Anzeige darauf hinweist, dass er in erster Linie an der Verfolgung der Hersteller von Vervielfältigungsstücken interessiert ist. Schließlich dürfe Satz 2 der Nr. 87 Abs. 2 RiStBV bei Urheberrechtsdelikten nicht angewandt werden. Denn Urheberrechtsdelikte würden regelmäßig schwerer wiegen als der dort erwähnte Fall der Beleidigung durch ein namenloses Schriftstück. Dieser Fall aber werde als Beispiel für eine „nicht unbedeutende Verfehlung" genannt und habe gleichwohl ein relativ geringes kriminelles Gewicht. Andere Autoren 418 halten dagegen die Ausnahme der Nr. 87 Abs. 2 RiStBV kaum einmal für einschlägig. Zwar stelle die Durchsuchung der Wohnung oder der Geschäftsräume eine effektive Methode der Beweissicherung dar, die vom Verletzten zur Beweissicherung und Aufklärung der Straftat nicht selbst durchgeführt werden könne. Es sei jedoch sorgfältig abzuwägen, ob sich der Verletzte nicht auf anderem Wege die erforderlichen Beweise beschaffen kann, zumal regelmäßig durch Testkäufe oder Tauschangebote ausreichende Möglichkeiten des Verletzten bestünden, sofern der Vervielfältigende über den privaten Bereich hinausgeht.419 Im privaten Bereich dagegen seien Ermittlungstätigkeiten kaum einmal verhältnismäßig, sofern sie lediglich der Beweissicherung für den Verletzten zur späteren Durchführung einer Privatklage dienen.420 Auch ich möchte v. Gravenreuth widersprechen. Denn in den Fällen, auf die er anspielt und in denen organisiertes Handeln mehrerer Personen vorliegt, ist ohnehin der Verdacht des besonderen öffentlichen Interesses zu bejahen, ohne dass es auf Nr. 87 Abs. 2 RiStBV ankommt.421 Zumeist wird hier sogar § 108 a UrhG einschlägig sein und deswegen kein Privatklagedelikt vorliegen. Entgegen der Ansicht v. Gravenreuths wird im Regelfall Nr. 87 Abs. 2 S. 2 RiStBV einschlägig sein. Denn die Frage, ob eine Beleidigung durch namenloses Schriftstück geringes kriminelles Gewicht hat, lässt sich keineswegs pauschal beantworten; vielmehr hängt dies von der konkreten Tat ab. Überdies nennen die RiStBV dieses Fallbeispiel wohl vor allem deswegen, weil dort die Aufklärung der Tat spezieller kriminalistischer Techniken bedarf. 422 Derartiger Techniken aber bedarf es bei Urheberrechtsdelikten nur in den seltensten Fällen.

418 419 420 421 422

Heghmanns, S. 114; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 330 u. S. 339. So auch: Meier/Böhm, S. 168. Heghmanns, S. 114; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 330 u. S. 339. Heghmanns, S. 114, Fn.21. Ebenso: Heghmanns, S. 114.

378

7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

VI. Verjährung Im Hinblick auf die VerfolgungsVerjährung ergeben sich im Urheberrecht keine Besonderheiten.423Taten nach den §§ 106ff. UrhG verjähren also gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB nach fünf Jahren. Der Ablauf der urheberrechtlichen Schutzfrist 424 ist ohne Einfluss auf den Lauf der Verfolgungsverjährung; diese beginnt bereits während der Schutzfrist zu laufen und wird andererseits durch das Ende des Urheberrechtsschutzes nicht abgekürzt 4 2 5 Auch in den Fällen, in denen das Delikt mittels eines Presseerzeugnisses begangen wurde, findet nicht die kurze Verjährung nach dem Presserecht, sondern § 78 StGB Anwendung.426 Auch hinsichtlich der VollstreckungsVerjährung bestehen keine Besonderheiten, 427 so dass es hier bei der Geltung der §§ 79 ff. StGB bleibt.

VII. Zuständigkeit der Strafgerichte Im Regelfall wird bei Straftaten nach den §§ 106 ff. UrhG der Strafrichter beim Amtsgericht zuständig sein, da die Tat im Wege der Privatklage zu verfolgen ist oder eine höhere Strafe als Freiheitsstrafe von zwei Jahren nicht zu erwarten ist - § 25 GVG. In den verbleibenden Fällen wird zumeist das Amtsgericht als Schöffengericht zuständig sein, da keiner der Ausnahmetatbestände des § 24 Abs. 1 GVG einschlägig ist, insbesondere selbst in den Fällen des § 108 a UrhG keine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe zu erwarten ist. Die Einsetzung eines zweiten Richters nach § 29 Abs. 2 GVG wird hierbei allenfalls in Ausnahmefällen notwendig sein.428 Die Zuständigkeit des Landgerichts in erster Instanz nach §§24 Abs. 1, 74 Abs. 1 GVG ist somit kaum denkbar, so dass sich dessen Zuständigkeit vor allem aus § 74 Abs. 3 GVG als Berufungsgericht ergeben wird. Ist das Landgericht zuständig, so führt dies zur Sonderzuständigkeit der landgerichtlichen Wirtschaftsstrafkammern nach § 74 c Abs. 1 Nr. 1 GVG. Diese Sonderzuständigkeit findet ihren Grund in der schwierigen Sach- und Rechtslage und soll eine einheitlichere Rechtsanwendung herbeiführen. 429 Die Tatsache der Zuständigkeit der Amtsgerichte ist in der Vergangenheit häufig Ausgangspunkt von Kritik gewesen. Hierauf wird unten430 - ebenso wie auf das Problem der Überforderung der Ermittlungsbehörden 431 - zurückzukommen sein. 423

Ebenso: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.381. Vgl. zur Bedeutung der Schutzfrist im Rahmen des Tatbestands: Kap. 2 E.V. 425 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 184. 426 RGSt 20, 181, 182; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.90 u. S.260; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 342; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn. 6. 427 Ebenso: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.381. 428 Ebenso: Hütig, S. 154. 429 BT-Drucks. 11/4792, S.26. 430 Zu den rechtspolitischen Vorschlägen im Hinblick auf das Verfahren: Kap. 10 E.V. 431 Zur Praxis des Ermittlungsverfahrens: Kap.9 E.III. 424

Α. Strafverfolgung

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V I I I . Strafverteidigung Auf Probleme im Zusammenhang der Strafverteidigung kann hier nur teilweise eingegangen werden. Zum Recht des Strafverteidigers auf Einsicht in Computerdateien der Staatsanwaltschaft 432 oder des Gerichts 433 sind in jüngerer Zeit Veröffentlichungen erschienen. Die Besonderheiten bei der Einschaltung von Patentanwälten hat v. Gravenreuth 434 behandelt. Ich möchte mich auf die Frage beschränken, in welchen Fällen eine Verteidigung notwendig ist und was bei der Bestellung eines Pflichtverteidigers zu beachten ist. Wann die Bestellung eines Verteidigers notwendig ist, regelt § 140 StPO. Aus dem Katalog des Abs. 1 können in Ausnahmefällen Nr. 1 (Zuständigkeit des Landgerichts in erster Instanz)435 oder Nr. 3 (Berufsverbot) 436 in Betracht kommen. Aber auch im Übrigen dürfte bei einem Strafverfahren wegen der Verletzung eines Urheberrechts stets ein Fall der notwendigen Verteidigung gegeben sein, soweit der objektive Verletzungstatbestand nicht zweifelsfrei vorliegt; denn infolge der Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage erscheint die Mitwirkung eines Verteidigers regelmäßig i. S. v. § 140 Abs. 2 StPO geboten.437 Die Vielzahl gerichtlicher Fehlentscheidungen der Vergangenheit belegt dies eindrucksvoll. 438 Zu den Kriterien bei der Auswahl des Verteidigers hat sich v. Gravenreuth 439 ausführlich geäußert: Bei einem Strafverfahren wegen der Verletzung eines Urheberrechts lägen die Probleme im Regelfall im Bereich des Urheberrechts und nicht im Prozessrecht. Da Rechtsanwälte, die sich als Strafverteidiger spezialisiert haben, in der Regel keine Kenntnisse auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes hätten, sei es sinnvoll, wenn bei der Bestellung durch den Richter darauf geachtet wird, dass nicht irgendein Strafverteidiger, sondern ein Rechtsanwalt bestellt wird, der auf dem Gebiet des Urheberrechts über fundierte Kenntnisse verfügt. Hierbei sei insbesondere an Rechtsanwälte zu denken, die auch ansonsten überwiegend auf dem Gebiet des Urheberrechts tätig sind. Zudem sei es entgegen § 142 Abs. 1 StPO wünschenswert, dass auch Anwälte ausgewählt werden, die nicht bei einem Gericht des Gerichtsbezirks zugelassen sind, wenn in diesem Bezirk kein fachkundiger Anwalt vertreten ist. Soweit das betreffende Bundesland von den Ermächtigungen des § 105 UrhG Gebrauch gemacht hat, könne bei der Auswahl eines Strafverteidigers auf die diesbezüglichen Grenzen zurückgegriffen und in § 142 Abs. 1 StPO dieses Gebiet zu Grunde gelegt werden. 432 433 434 435 436 437 438 439

Etter, CR 1986, S. 170f.; Meier/Böhm,, S. 170; Schäfer, S. 8ff. Fetzer, S. 142. v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 170 u. S. 173 u. S. 182f. u. GRUR 1983, S. 355. Zur Zuständigkeit der Strafgerichte: Kap. 7 A. VII. Zum Berufsverbot: Kap.7 B.II. So auch: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 181 f. u. GRUR 1983, S. 355. Vgl. hierzu die Einleitung: Kapitel 1. v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 182 u. GRUR 1983, S. 355.

380

7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

Im Wesentlichen möchte ich mich v. Gravenreuth anschließen. In der Tat liegen die Schwerpunkte eines urheberstrafrechtlichen Verfahrens zumeist im Bereich des materiellen Urheberrechts. V. Gravenreuth irrt hingegen, wenn er meint, § 142 Abs. 1 StPO schreibe die Bestellung eines zugelassenen Verteidigers zwingend vor. Vielmehr soll der zu bestellende Verteidiger „möglichst" aus der Gruppe dieser Rechtsanwälte ausgewählt werden. Im Bereich des Urheberstrafrechts aber wird der Vorteil der Gerichtsnähe440 eines Verteidigers durch die zusätzliche Sachkunde eines Spezialisten mehr als aufgewogen. Denn nur ein Spezialist ist in der Lage, den Schwierigkeiten der Sach- oder Rechtslage i. S. v. § 140 Abs. 2 StPO gerecht zu werden.

IX. Hauptverhandlung In jüngerer Zeit ist einiges zum Einsatz elektronischer Datenverarbeitung in der Hauptverhandlung veröffentlicht worden: Der Urkundenbeweis durch Wiedergabe von Bildschirminhalten eines Computers ist mangels Verkörperung nicht zulässig. 441 Auch leidet der Beweiswert von gespeicherten Daten in Computerstrafverfahren darunter, dass diese nicht gegen Fälschung und Verlust geschützt sind und nicht ihren Urheber erkennen lassen; regelmäßig muss deswegen nicht nur über den Inhalt, sondern auch über die Urheberschaft der Daten Beweis erhoben werden. 442 Wichtig ist, dass in Strafverfahren das Beweisverwertungsverbot des § 101 a Abs. 4 UrhG eingreifen kann.443 Der Großteil der beweisrechtlichen Probleme in Urheberrechtsstrafsachen betrifft Sachverständige: Die Frage, ob ein Sachverständiger ausgewählt werden darf, der bereits von den Ermittlungsbehörden eingeschaltet worden war, ist von mehreren Autoren 444 behandelt worden. Die Zulässigkeit von Befangenheitsanträgen gegen einen solchen Sachverständigen hat Etter 445 untersucht. Die Praxis kriminalpolizeilicher EDVSachverständiger hat Paul 446 beschrieben. Die Einschaltung von Sachverständigen ist in zahlreichen Fällen notwendig: So lassen sich Identfälschungen im Bereich der Musikindustrie oft nur durch den Fachmann vom Original unterscheiden.447 Gerade beim Digital Sampling ist die 440

Vgl. hierzu: Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 142 StPO Rn.5 f., m.w.N. Meier/Böhm, S. 170; dazu auch: Schäfer, S. lOff. 442 Meier/Böhm, S. 172. 443 Vgl. zu strafrechtlichen Geheimhaltungsinteressen im Zusammenhang mit Auskunftsansprüchen auch: Oppermann, S. 133ff.; ferner: Lührs, S.269. 444 Etter, CR 1986, S. 172f.; Meier/Böhm, S. 172. 445 Etter, CR 1986, S. 173. 446 Paul, CR 1986, S. 173 ff. 447 Nick, Musikdiebstahl, S. 13 u. S.36; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.21; Weber, FSSarstedt, S.380. 441

Α. Strafverfolgung

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Beweisführung 448 technisch schwierig. Auch bei Aufnahmen von Konzerten ist es in jedem Einzelfall notwendig, die Tonträger durch Fachleute vergleichen zu lassen, da es sich auch um Mitschnitte des Konzerts handeln kann und dann der Tonträgerhersteller nicht antragsberechtigt ist. 449 In Verfahren mit Computerbezug schließlich sind Sachverständige häufig notwendig, um dem Gericht die nötige Sachkenntnis zu vermitteln. 450 Ein Sachverständiger muss nach § 244 Abs. 4 S. 1 StPO immer dann eingeschaltet werden, wenn dem Gericht die Sachkunde für die verständige Ermittlung und Beurteilung der entscheidungserheblichen Tatsachen fehlt. 451 Problematisch ist der Fall, dass das Gericht oder zumindest eines seiner Mitglieder die erforderliche Sachkunde besitzt. Hier muss abgewogen werden: 452 Einerseits können die Kosten eines Sachverständigengutachtens bisweilen die Höhe einer zu zahlenden Geldstrafe übersteigen und sind unter Umständen geeignet, wirtschaftlich schwache Täter zu ruinieren. 453 Mit Etter 454 halte ich diese Sanktion für unangemessen und damit unverhältnismäßig. Auf der anderen Seite ist es nicht zweckmäßig, wenn Staatsanwaltschaft oder Strafverteidiger mangels Sachkunde den Ausführungen des Gerichts nicht folgen können; denn Fragerecht (§ 240 Abs. 2 StPO) und Recht zur Abgabe von Erklärungen (§ 257 StPO) sind dann wertlos, zumal das Gericht nicht verpflichtet ist 455 , den übrigen Verfahrensbeteiligten die eigene Sachkunde zu vermitteln. 456

X. Abschluss des Verfahrens In der Praxis 457 werden Verfahren im Bereich des Urheberstrafrechts häufig nicht durch Strafbefehl 458 oder Urteil abgeschlossen. Vielmehr besteht eine großzügige Einstellungspraxis 459. Während die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO vor allem in Fällen erfolgt, in denen der Tätervorsatz nicht nachgewiesen werden kann, 460 werfen die Einstellung nach § 154 StPO und die Beschränkung der Strafverfolgung nach 448

Hierzu: Klein, S.578 ff. Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.76. 450 Etter, CR 1986, S. 171 ff.; Meier/Böhm, S. 171 f. 451 Meier/Böhm, S. 171. 452 Meier/Böhm, S. 171, unter Hinweis auf: Löwe/Rosenberg-Gollwitzer, § 244 StPO Rn. 301. 453 Etter, CR 1989, S. 117; ähnlich Meier/Böhm, S. 171. 454 Etter, CR 1989, S. 117. 455 Löwe/Rosenberg-Gollwitzer, §244 StPO Rn.302. 456 Meier/Böhm, S.171 f. 457 Zum Abschluss des Verfahrens in der Praxis: Kap. 9 E.V. 458 Vgl. aber auch: v. Gravenreuth, CR 1987, S. 165, mit Nachweisen. 459 v. Gravenreuth, ZUM 1985, S.540; Schulze-Heiming, S. 154; Weber, Wesen, S.62; zu Rechtsmitteln gegen die Einstellung: Westphal, S.978. 460 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.26. 449

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

§ 154 a StPO ( l ) 4 6 1 , die Einstellung nach § 153 StPO oder §§ 383 Abs. 2, 390 Abs. 5 StPO (2) 462 und die Einstellung nach § 153 a StPO (3) 463 eine Reihe rechtlicher Probleme auf.

1. Einstellung nach § 154 StPO und Beschränkung der Strafverfolgung nach § 154 a StPO Die Einstellung nach § 154 StPO und die Beschränkung der Strafverfolgung nach § 154 a StPO unterscheiden sich vor allem dadurch, dass § 154 StPO die gesamte Tat im prozessualen Sinn zum Gegenstand hat, während § 154 a StPO nur Teile einer Tat betrifft. Im Übrigen haben beide Vorschriften im Wesentlichen gleiche Voraussetzungen. Problematisch ist hierbei vor allem, unter welchen Voraussetzungen die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, die wegen der Urheberrechtsverletzung zu erwarten ist, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn die Beschränkung zum Wegfall einer zur Einwirkung auf den Täter erforderlichen Maßregel der Besserung und Sicherung führen würde oder wenn nur die Berücksichtigung der Urheberrechts Verletzungen zu einer Freiheitsstrafe führen würde. 464 Dagegen können die §§154, 154a StPO angewandt werden, wenn die nicht verfolgten Bestandteile deutlich hinter den wegen des verfolgten Restes zu erwartenden Rechtsfolgen zurückbleiben. 465 Die Grenze wird hierbei etwa bei einem Rechtsfolgenminus von etwa mehr als einem Viertel anzusetzen sein.466 Zu beachten ist jedoch, dass ohnehin regelmäßig eine Gesamtstrafe zu erwarten ist. Dann aber ist bei der Abwägung nur das Rechtsfolgenminus relevant, das durch den Wegfall der auszuscheidenden Tat entsteht.467 Daher können die §§154, 154 a StPO sogar angewendet werden, wenn für die Bestandteile, deren Ausscheidung erwogen wird, ein schwererer Strafrahmen besteht als für die andere Tat.468 Zu Recht hält v. Gravenreuth 469 im Ergebnis eine Verfügung nach § 154 StPO für angebracht, wenn die Verbreitung 470 urheberrechtlich geschützter Werke zugleich gegen Strafvorschriften mit wesentlich höheren Strafmaßen verstößt. Auch wird die 461 Zur Einstellung nach § 154 StPO und Beschränkung der Strafverfolgung nach § 154 a StPO: Kap. 7 A . X . l . 462 Zur Einstellung nach § 153 StPO oder §§ 383 Abs. 2, 390 Abs. 5 StPO: Kap. 7 A.X.2. 463 Zur Einstellung nach § 153 a StPO: Kap. 7 Α. X. 3. 464 Kleinknecht/Meyer-Goßner., § 154 StPO Rn.7. 465 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 154 StPO Rn.7; Kurth, S.2482. 466 Kleinknecht/Meyer-Goßner., § 154 StPO Rn.7; KMR-Müller, § 154 StPO Rn.3; Kurth, S.2482. 467 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 154 StPO Rn. 8; Löwe/Rosenberg-Rieß, § 154 StPO Rn. 18. 468 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 154 StPO Rn. 8. 469 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 8. 470 Vgl. zu mit Verbreitungsverbot belegten Werken: Kap.2 C.I.3.

Α. Strafverfolgung

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Urheberrechts Verletzung im Regelfall im Verhältnis zu den §§ 146 ff. StGB unwesentliche Nebenstraftat i. S. v. § 154 StPO sein.471 Selbst beim Zusammentreffen von Urheberrechtsverletzungen mit Widerstand gegenüber Vollstreckungsbeamten nach § 113 StGB kann hinsichtlich des Urheberrechtsdelikts nach §§154,154a StPO verfahren werden. 472 Gleiches gilt in dem Fall, dass eine Tat nach § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG unter Verzicht auf § 106 UrhG verfolgt wird, um Gutachterkosten zu sparen. 473 Dass die unerlaubte Werkverwertung nach § 106 UrhG wegen der Hochrangigkeit der persönlichen geistigen Schöpfung eine besonders schwerwiegende Rechtsgutsverletzung enthält, steht nach dem Wortlaut der §§154, 154a StPO nicht entgegen.474 Sofern hingegen Meier/Böhm 415 meinen, im Bereich der Softwarepiraterie solle in Durchschnittsfällen § 154 a StPO angewandt werden und die Strafverfolgung um die Urheberrechtsstraftaten beschränkt werden, wird man dem in dieser Allgemeinheit nicht folgen können, da nach §§154,154a StPO das Gewicht der übrigen Straftaten stets die ausschlaggebende Rolle spielt. Kommt es zur Beschränkung der Strafverfolgung nach § 154 a StPO, so ist wegen der Auswirkungen auf eine eventuelle Nebenklage476 § 397 Abs. 2 StPO zu beachten.

2. Einstellung nach § 153 StPO oder §§ 383 Abs. 2, 390 Abs. 5 StPO Die Einstellung nach § 153 StPO bzw. §§383 Abs. 2, 390 Abs. 5 StPO unterscheidet sich auf der Tatbestandsseite neben dem Grad der Schwere der Schuld des Täter dadurch von der Einstellung nach § 153 a StPO, dass bei § 153 a StPO zusätzlich ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen ist. Der Begriff des „öffentlichen Interesses'4 stimmt dabei mit § 376 StPO477 überein. 478 Bei fehlendem öffentlichen Interesse sind regelmäßig die Vorschriften im Rahmen des Privatklageverfahrens, die §§ 383 Abs. 2, 390 Abs. 5 StPO anwendbar. § 153 StPO wird deswegen nur in den Fällen gewerblicher Verwertung nach § 108 a UrhG oder bei Tateinheit mit Offizialdelikten in Betracht kommen. Die Einstellung nach § 153 StPO bzw. §§ 383 Abs. 2, 390 Abs. 5 StPO setzt voraus, dass die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre. Dies ist der Fall, wenn sie bei Vergleich mit Vergehen gleicher Art nicht unerheblich unter dem Durchschnitt liegt. 479 Voraussetzung ist, dass der Tat eine Strafe im untersten Bereich des 471

v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.90. StA in: v. Gravenreuth, CR 1991, S. 36. 473 BayObLG JZ 1993, 104, 106 („Verwertung von Computerspielen"). 474 A.A.: Weber, JZ 1993, S. 107. 475 Meier/Böhm, S. 172. 476 Vgl. zur Nebenklage: Kap.7 A.III. 477 Zum Begriff des öffentlichen Interesses: Kap. 7 A. II. 2. 478 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 376 StPO Rn. 1. 479 Eckl, S. 100; Hobe, S.633; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 153 StPO Rn.4; Löwe/Rosenberg-Rieß, § 153 StPO Rn.21; M.-KMeyer, S.409f.; kritisch: Boxdorfer, S.317ff. 472

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

in Betracht kommenden Strafrahmens angemessen ist. 480 Hierbei sind die allgemeinen Strafzumessungsgründe 481 des §46 Abs. 2 StGB zu berücksichtigen. 482 Roxin 4* 3 will insbesondere die nachträgliche Zustimmung484 des Verletzten zur Rechtsverletzung bei der Entscheidung über die Einstellung beachten. Im Urheberstrafrecht stellt sich vor allem die Frage, ob die Praxis 485 Zustimmung verdient, die in denjenigen Fallgruppen, die von der Literatur nahezu einhellig als nicht strafwürdig bezeichnet werden, § 153 StPO oder §§ 383 Abs. 2, 390 Abs. 5 StPO anwendet. So will Weber 486 die wichtigsten Fallgruppen von Bagatellkriminalität, nämlich fehlende Schöpfungshöhe des Tatobjekts und geringer Schaden des Verletzten, durch Einstellung des Verfahrens nach den §§ 153 ff. StPO bewältigen, da keine hinreichend präzisen Abgrenzungskriterien gefunden werden könnten, sie aus dem Tatbestand auszunehmen487. Auch Lampem und Sternberg-Lieben 4* 9 wollen in solchen Fällen, die nicht strafwürdig 490 seien, wie etwa Fälle des Vorsatzwechsels im Bereich von § 53 UrhG, die §§ 153 Abs. 1 S. 2, 153 a StPO anwenden. Meier/Böhm 49] schließlich halten die großzügige Einstellungspraxis 492 in den Fällen der Vervielfältigung von Software im privaten Bereich für richtig. Dagegen kritisiert Heinrich 493 die Einstellungspraxis und zieht eine Korrektur des Tatbestands auf materiellrechtlicher Ebene vor. Auch Weber 494 weist an anderer Stelle darauf hin, die Einstellung des Verfahrens dürfe nicht zur Korrektur eines zu weit gefassten Tatbestands dienen, sondern müsse die Ausnahme bleiben. Meines Erachtens verbietet sich eine pauschale Antwort auf die Frage, wann die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre. Vielmehr wird man hierbei auf den Einzelfall abstellen müssen.495 Ich halte es dabei nicht für unzulässig, wenn dies 480

Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 153 StPO Rn.4; Rieß, S.8. Zur Strafzumessung: Kap.7B.I. 482 Vgl.: Boxdorfer, S.318; Hobe, S.634; Kleinknecht/Meyer-Goßner., § 153 StPO Rn.4. 483 Roxin, Strafrecht, § 13 Rn.50. 484 Vgl. aber zur Rückwirkung der Einwilligung im Urheberrecht: Kap. 2 F. III. 485 Weber, Wesen, S.69. 486 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.436f. u. FuR 1980, S. 341 ; auch: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.252. 487 Vgl. aber zur entsprechenden materiellrechtlichen Lösung im österreichischen Recht: Walter, FuR 1980, S.372 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.78f. 488 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 119f. u. S. 138. 489 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.66. 490 Zur Strafwürdigkeit als Voraussetzung für den Einsatz des Strafrechts: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 124f., m.w.N. 491 Meier/Böhm, S. 172. 492 Hierzu auch: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.346. 493 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 346; kritisch zur Einstellungspraxis auch: v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1743 u. Das Plagiat, S. 156; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.240. 494 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.432; ebenso: Sowada, Die „notwendige Teilnahme", S. 190. 495 Ebenso: BVerfGE 90, 145, 189. 481

Α. Strafverfolgung

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letztlich einer materiellrechtlichen Korrektur der Tatbestände der §§ 106 ff. UrhG gleichkommt. Da nämlich eine vollständige Umschreibung des strafwürdigen Unrechts aus praktischen Gründen ausgeschlossen ist, muss der Gesetzgeber den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Übermaß Verbotes in anderer Weise gerecht werden. Insofern stellen die Möglichkeiten der Einstellung des Verfahrens ein wichtiges Korrektiv dar. 496 Mit der Frage, wie im Urheberstrafrecht der „geringe Schaden" i. S. v. § 153 Abs. 1 S. 2 StPO zu ermitteln ist, hat sich v. Gravenreuth 497 auseinandergesetzt: Er kommt zu dem Ergebnis, ein geringer Schaden sei nur in Ausnahmefällen gegeben, so dass bei der Einstellung von Urheberrechtsverfahren regelmäßig die Zustimmung des für die Eröffnung des Haupt Verfahrens zuständigen Gerichts erforderlich sei. Denn der geringe Schaden in § 153 StPO sei genauso zu beurteilen wie die Geringwertigkeit einer Sache in § 248 a StGB. Die Grenze liege gegenwärtig bei etwa 50,- DM. Bei Urheberrechten sei von ihrem Wert auszugehen, wobei als erster Anhaltspunkt der Streitwert eines vorausgegangenen Zivilprozesses dienen könne. Im Übrigen seien die gleichen Kriterien zu Grunde zu legen, wie bei der Streitwertberechnung im Zivilprozess, so dass es auf die Bedeutung des Schutzrechts für den Rechtsinhaber sowie auf den Umfang, die Dauer und die Intensität der Verletzungshandlung ankomme und die Umsätze der Verletzen mit den durch das Urheberrecht geschützten Waren an Bedeutung gewönnen.498 Als Beispiel für eine Ausnahme, bei der ein lediglich geringer Schaden vorliegt, könne der Fall dienen, dass ein Urheberrecht umfangmäßig gering verletzt wurde, das ohnehin kurz vor Ende seiner Schutzdauer steht. Im Gegensatz zu v. Gravenreuth wollen manche Staatsanwaltschaften 499 die Ermittlung nach dem konkret entstandenen Schaden vornehmen. Soweit ein Verletzergewinn ausbleibe, sei deswegen kein Schaden entstanden. Dies sei etwa der Fall, wenn der Beschuldigte auf eine Gegenleistung verzichtet, um später einmal vom Erwerber der Kopien selbst Kopien erwerben zu können. Ich möchte v. Gravenreuth im Wesentlichen zustimmen. Es bestehen keine gewichtigen Gründe im Urheberstrafrecht vom Prinzip der sogenannten dreifachen Schadensberechnung abzurücken, dass im Zivilrecht für alle Bereiche des gewerblichen Rechtsschutzes anerkannt ist 500 . Denn ein Betrag in dieser Höhe wäre dem Berechtigten entgangen, wenn die Tat nicht entdeckt worden wäre. Die Staatsanwaltschaft wird deswegen prüfen müssen, welche der in Betracht kommenden Schadensersatzmöglichkeiten den höchsten Betrag ergibt: die Vermögenseinbuße des 496

Vgl. hierzu auch: BVerfGE 90, 145, 186f. v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 155. 498 Vgl.: KG GRUR 1952, 262; OLG Düsseldorf GRUR 1952, 54; OLG Frankfurt GRUR 1954, 227; OLG Karlsruhe GRUR 1953, 143; OLG München GRUR 1957, 148; OLG Nürnberg WRP 1958, 256. 499 So die bei v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 154f. erwähnten Staatsanwaltschaften. 500 Vgl. zum Prinzip der dreifachen Schadensberechnung: Rehbinder, Urheberrecht, Rn.451 f. 497

25 Hildebrandt

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

Verletzten einschließlich des entgangenen Gewinns (1), eine der Verletzungshandlung angemessene Vergütung (2) oder der Reingewinn, den der Verletzer durch die Benutzung des fremden Rechts erzielt hat (3). Andererseits halte ich den von v. Gravenreuth veranschlagten Betrag von 50,- DM für zu gering. Ein unmittelbarer Rückgriff auf § 248 a StGB verbietet sich schon wegen der unterschiedlichen Regelungszwecke.501 Vielmehr wird man die Grenze etwa beim doppelten Betrag, also 100,- DM, ansetzen müssen.502 Zu beachten ist schließlich, dass die Verfahrenseinstellung nicht das sogenannte objektive Verfahren umfasst, das die Einziehung, den Verfall oder die Unbrauchbarmachung betrifft - § 76 a Abs. 1 u. 3 StGB, §§440, 442 Abs. 1 StPO.

3. Einstellung nach § 153 a StPO Da der Begriff des „öffentlichen Interesses" in § 153 a StPO mit dem Begriff in § 376 StPO503 übereinstimmt, 504 scheidet die Einstellung nach § 153 a StPO im Privatklageverfahren aus. An die Stelle der Einstellung nach § 153 a StPO tritt im Privatklageverfahren der gerichtliche Vergleich. 505 Voraussetzung für die Einstellung des Verfahrens nach § 153 a StPO ist unter anderem, dass die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Verglichen mit § 153 StPO oder den §§ 383 Abs. 2, 390 Abs. 5 StPO kommen bei § 153 a StPO deswegen auch gewichtigere Fälle in Betracht. 506 Im Wesentlichen wird man das Maß der Schuld aber nach denselben Maßstäben feststellen müssen.507 Problematisch 508 sind bei § 153 a StPO vor allem Art und Höhe der Auflage. Aus dem Katalog des § 153 a Abs. 1 StPO kommen nur die Nr. 1 (Wiedergutmachung des Schadens), Nr. 2 (Geldbetrag zu Gunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse) und ausnahmsweise Nr. 3 (sonstige gemeinnützige Leistungen) in Betracht. 509 Bei der Wiedergutmachung des Schadens nach Nr. 1 ist zu beachten, dass diese nicht nur den materiellen, sondern auch den immateriellen Schaden umfasst. 510 501

A.A.: Böttcher/Mayer, S. 154. So auch: KarlsruherKommentar-Sc/zore/f, § 153 StPO Rn.43; ähnlich [75,-DM]: Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 153 StPO Rn. 17. 503 Zum Begriff des öffentlichen Interesses: Kap. 7 A.II. 2. 504 Kleinknecht/Meyer-Goßner, §376 StPO Rn. 1. 505 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 383 StPO Rn. 11; zum gerichtlichen Vergleich: Kleinknecht/Meyer-Goßner, vor § 374 StPO Rn. 9, m. w. N. 506 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 153a StPO Rn.7. 507 Vgl. insofern: Kap. 7 A.X.2. 508 Vgl.: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.85 u. S. 157. 509 So auch: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 157. 510 LG Bremen NJW 1971, 153; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 157; Kleinknecht/MeyerGoßner, § 153 a StPO Rn. 17. 502

Α. Strafverfolgung

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§ 254 BGB ist zu berücksichtigen. 511 Die Auflage darf den zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch nicht übersteigen. 512 Denn § 153 a StPO dient nicht dem Zweck, den Verletzten besser zu stellen. Dagegen ist die Wiedergutmachung des Schadens auch bei zivilrechtlicher Verjährung zulässig.513 Für die Auflage nach § 153 a Nr. 2 StPO gibt es keinen gesetzlichen Höchstbetrag, da der Beschuldigte der Einstellung nach § 153 a Abs. 1 StPO ohnehin zustimmen muss.514 Die Grenze bildet allein die Unzumutbarkeit bei offensichtlichem Missverhältnis zur Tatschuld oder zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten.515 Einige Autoren 516 sind der Ansicht, der zu zahlende Geldbetrag falle in der Praxis häufig zu gering aus. Dies sei etwa der Fall, wenn bei 149 sichergestellten Videofalsifikaten eine Einstellung gegen Zahlung von 100,- DM, bei 707 Exemplaren gegen 2.000,- DM, bei 2.400 Exemplaren gegen 2.400,- unter Einziehung von 9 Videorecordern erfolge. 517 In vielen Fällen sehe die Auflage so aus, dass der Täter sich gegenüber der Staatsanwaltschaft schriftlich mit der Einziehung der sichergestellten Werkträger einverstanden erklärt. 518 Damit sei der Täter zwar wirtschaftlich getroffen, doch könne von einer Wiedergutmachung des Schadens keine Rede sein, zumal die Verletzten häufig auf die zivilrechtliche Verfolgung ihrer Ansprüche verzichteten 519 und eine Benachrichtigung der Geschädigten oft nicht erfolge. 520 Zwar halte auch ich die Praxis der Nichtbenachrichtigung des Verletzten durch die Staatsanwaltschaft für bedenklich, da hierdurch der Schutzzweck der §§ 106 ff. UrhG unterlaufen wird. Im Übrigen aber möchte ich der staatsanwaltschaftlichen Praxis zustimmen. Denn mit Wulff 521 bin ich der Ansicht, dass bei nicht vorbestraften Tätern härtere Sanktionen regelmäßig nicht erforderlich sind, zumal der Täter zusätzlich dem Schadensersatzanspruch des Verletzten ausgesetzt ist. Die Wiedergutmachung des Schadens aber wird durch § 153 aNr. 2StPO gerade nicht bezweckt, 5,1

Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 153 a StPO Rn. 17. OLG Stuttgart MDR 1971,1025 u. NJW 1980,1114; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 153 a StPO Rn. 16; Lackner/Kühl, §56b StGB, Rn. 3a; Tröndle/Fischer, § 56b StGB Rn.6, m. w. N.; einschränkend: Brandenburgisches OLG NStZ 1998,196; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 157; vgl. auch: OLG Hamburg MDR 1980, 246. 513 OLG Hamm, NJW 1976,527; OLG Stuttgart MDR 1971,1025; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 157; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 153a StPO Rn. 16; Tröndle/Fischer, §56b StGB Rn.6. 514 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 157; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 153 a StPO Rn. 19. 515 Kleinknecht/Meyer-Goßner., § 153 a StPO Rn. 19. 5,6 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.239f.; wohl auch: v. Gravenreuth, ZUM 1985, S.540. 517 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.239, mit Nachweisen. 5,8 Vgl.: Etter, CR 1989, S. 118; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 84 u. S. 240. 519 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.84f. u. S.240. 520 Etter, CR1989, S. 118. 521 Wulff, BB 1985, S.428. 512

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

so dass es bedeutungslos ist, ob der Verletzte auf die Durchsetzung seiner Ansprüche verzichtet. V. Gravenreuth 522 ist der Ansicht, eine unzulässige Umgehung der §§98, 99 UrhG liege darin, dem Täter im Rahmen des § 153 a StPO eine Auflage der Art zu erteilen, dass sein Vermögensvorteil - also der Verletzergewinn - der Staatskasse zufließen soll. Dies trifft nicht zu. Denn der Verletzte kann durch seine Einwilligung nachträglich erreichen, dass der Beschuldigte mit Rückwirkung als Berechtigter handelte.523 Da die Einwilligung von der Erfüllung der Ansprüche der §§ 98, 99 UrhG abhängig gemacht werden kann, muss der Verletzte nicht fürchten, durch eine Auflage im Rahmen des § 153 a StPO schlechter gestellt zu werden.

B. Rechtsfolgen Auf der Rechtsfolgenseite stehen im Urheberstrafrecht neben der klassischen Strafe (I) 5 2 4 auch das Berufsverbot als Maßregel der Besserung und Sicherung (II) 5 2 5 , die Einziehung von Gegenständen nach §§ 74, 74a StGB, § 110 UrhG (III) 5 2 6 und die Bekanntgabe der Verurteilung (IV) 5 2 7 bereit. Dagegen scheidet der Verfall des Vermögensvorteils i. S. v. § 73 StGB regelmäßig aus, da dem Geschädigten entsprechende Ansprüche, etwa gemäß den §§ 98, 99 UrhG, zustehen - § 73 Abs. 1 S. 2 StGB. 528

I. Strafe Bei den Ausführungen 529 zu Strafe und Strafzumessung ist zu beachten, dass in den Jahren 1985530 und 1990531 das Strafmaß durch Gesetzesänderungen jeweils verschärft wurde. Dass dies aber zu einer Änderung der Sanktionspraxis geführt hätte, lässt sich nicht feststellen. 532 Weber 533 stellt diesbezüglich wohl zu Recht fest, dass 522

v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 84. Vgl. zur Rückwirkung der Einwilligung: Kap.2 E III. 524 Zur Strafe: Kap.7B.I. 525 Zu den Maßregeln der Besserung und Sicherung: Kap.7 B.II. 526 Zur Einziehung: Kap.7 B.III. 527 Zur Bekanntgabe der Verurteilung: Kap. 7 B.IV. 528 So auch: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.84; Lührs, S.266f.; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn. 8; ähnlich: Weber, Gedächtnisschrift-Meyer, S. 636; a. A. ohne Begründung: Kuhlmann, S. 181. 529 Vgl. auch die Statistik bei: Göller, S. 122f. 530 Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts vom 24.6.1985, BGB1.I,S. 1137. 531 Art.2 des Gesetzes vom 7.3.1990 (BGBl.I S.422). 532 Weber, Wesen, S.62. 533 Weber, Wesen, S.62. 523

Β. Rechtsfolgen

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sich die Gerichte in aller Regel nur durch die Anhebung der Mindeststrafdrohungen zu einer spürbaren Verschärfung der verhängten Sanktionen bewegen lassen. Die Einführung einer derartigen Mindeststrafdrohung wäre bei den §§ 106 ff. UrhG jedoch abwegig. Nach Ausführungen zur Strafzumessung im Bereich des Urheberstrafrechts ( l ) 5 3 4 möchte ich Fragen der Freiheitsstrafe (2) 535 , Geldstrafe (3) 536 , des Nebeneinanders von Freiheitsstrafe und Geldstrafe (4) 537 sowie der Strafaussetzung zur Bewährung (5) 538 behandeln.

1. Strafzumessung Nach den Grundsätzen der Strafzumessung (a)) 539 untersuche ich die Bedeutung der einzelnen Strafzumessungstatsachen des §46 Abs. 2 StGB (b)) 540 . a) Grundsätze der Strafzumessung Im Strafzumessungsrecht ist anerkannt, dass es keine starren Strafzumessungsregeln 541 geben kann und weniger auf die Rechtsgleichheit mit anderen Gerichten oder Fällen, sondern auf die Besonderheiten der konkreten Tat ankommt.542 Dass höhere Strafen schuldangemessener seien543, wird sich deswegen kaum pauschal sagen lassen.544 Gleichwohl stellt sich der Eindruck ein, dass die einzelnen Gerichte im Bereich des Urheberrechts unterschiedliche Maßstäbe hinsichtlich der Strafzumessung anlegen.545 So legt v. Gravenreuth 546 dar, dass für den Verteidiger eine auch nur annähernde Vorhersage der Rechtsfolge fast unmöglich ist. Er führt einige Taten aus dem Bereich des Vertriebs von Raubdrucke an, die weitgehend vergleichbar sind und sich im Ausmaß der verletzten Rechtsgüter Dritter und in der Art der Begehung im Wesentlichen entsprechen. Die verhängte Sanktion dagegen reicht von der Verwei534

Zur Strafzumessung: Kap. 7 B.1.1. Zur Freiheitsstrafe: Kap. 7 B.I.2. 536 Zur Geldstrafe: Kap. 7 B.I.3. 537 Zur Geldstrafe neben Freiheitsstrafe: Kap. 7 B.I.4. 538 Zur Strafaussetzung zur Bewährung: Kap. 7 B.I.5. 539 Zu den Grundsätzen der Strafzumessung: Kap.7 B.I. l.a. 540 Zu den einzelnen Strafzumessungstatsachen des §46 Abs.2 StGB: Kap.7 B.I. l.b. 541 Ausführlich zu den dogmatischen Grundlagen: Tröndle/Fischer, §46 StGB Rn.3 ff. 542 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.87; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.363f. 543 So aber: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 86; Hubmann, Rechtsprechung, S. 20. 544 Ähnlich: Weber,, Wesen, S.62. 545 Vgl.: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.85 u. GRUR 1983, S.356, mit Beispielen; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 238 ff., mit Beispielen; ähnlich zum allgemeinen Strafrecht: Streng, S.919f. 546 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.85 ff. 535

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

sung auf den Privatklageweg über die Einstellung wegen Geringfügigkeit nach § 153 Abs. 2 StPO und die Einstellung unter Erteilung einer Geldbuße in Höhe von 300- DM bis 1.000 - DM als Auflage nach § 153 a StPO bis hinauf zu Geldstrafen von 5 bzw. 100547 Tagessätzen. V. Gravenreuth 548 meint, Entsprechendes lasse sich nicht nur im Bereich des Vertriebs von Raubdrucken, sondern auch bei Verfahren gegen deren Hersteller feststellen. Es bleibt zu hoffen, dass der nachfolgende Überblick über einzelne Strafzumessungstatsachen 549 sowie die Beispiele zu verhängten Strafen 550 den befassten Gerichten die Einschätzung erleichtern. Weber 551 stellt zu Recht fest, dass zwischen den verschiedenen Begehungsmodalitäten prinzipiell Gleichgewichtigkeit besteht, so dass bestimmte Modalitäten im Strafmaß nicht generell strenger oder milder zu bewerten sind als andere. Entgegen der Ansicht Webers wird dies auch hinsichtlich der öffentlichen Wiedergabe gelten müssen. Dass nicht verkörperte Verwertungshandlungen im Allgemeinen milder zu bewerten seien als solche, durch die das Werk auf Dauer festgelegt wird, wird man nicht behaupten können. Vielmehr muss stets auf die konkrete Verletzungshandlung abgestellt werden, wobei die Höhe eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches als Richtschnur dienen kann. Zustimmen möchte ich Weber dagegen darin, dass kein Grund besteht, die Persönlichkeitsrechtsverletzung nach § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG strenger zu ahnden als Verstöße gegen Verwertungsrechte; denn die Signierung eines Werks stellt einen vergleichsweise harmlosen Eingriff in das Urheberpersönlichkeitsrecht dar. b) Einzelne Strafzumessungstatsachen

(§46 Abs. 2 StGB)

Von den Strafzumessungstatsachen des § 46 Abs. 2 StGB sollen behandelt werden: „die Beweggründe und Ziele des Täters" ((l)) 5 5 2 , „die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille" ((2)) 553 , „die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat" ((3)) 554 , „das Vorleben des Täters sowie seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" ((4)) 555 und das „Verhalten nach der Tat" ((5)) 556 . Auf die Zumessungstatsache „das Maß der Pflicht547

Auch erwähnt bei: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.68f. v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 86f. 549 Zu den einzelnen Strafzumessungstatsachen des §46 Abs.2 StGB: Kap.7 B.I. l.b. 550 Zur Freiheitsstrafe: Kap.7 B.I.2; zur Geldstrafe: Kap.7 B.I.3; zur Geldstrafe neben Freiheitsstrafe: Kap.7 B.I.4. 551 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 364. 552 Zum Merkmal „Beweggründe und Ziele des Täters": Kap.7 B.I. l.b(1). 553 Zum Merkmal „Gesinnung, die aus der Tat spricht, und bei der Tat aufgewendeter Wille": Kap.7 B.I. l.b(2). 554 Zum Merkmal „Art der Ausführung und verschuldete Auswirkungen der Tat": Kap. 7 B.I. l.b(3). 555 Zum Merkmal „Vorleben des Täters sowie seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse": Kap.7 B.I. l.b(4). 556 Zum Merkmal „Verhalten nach der Tat": Kap. 7 Β. 1.1. b (5). 548

Β. Rechtsfolgen

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Widrigkeit" möchte ich dagegen nicht eingehen, da dieses Merkmal vor allem bei Fahrlässigkeitstaten eine Rolle spielt 557 . Auch die ungeschriebenen Zumessungstatsachen558 bleiben unerwähnt, weil sich insofern im Urheberrecht keine Besonderheiten ergeben.

(1) Beweggründe und Ziele des Täters Für den Täter spricht, wenn er ohne Bereicherungsabsicht handelte.559 Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn er sich in einer wirtschaftlichen Notlage befunden hat. 560 Auch wenn der Täter durch Nachdruck oder Verbreitung eines vergriffenen Werks ohne Gewinnstreben eine vorhandene Nachfrage befriedigen will, ist dies zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. 561 Gleiches gilt beim Handeln aus Idealismus 562 , aus politischer Überzeugung ohne Gewinnstreben 563, aus Sammlerleidenschaft 564 oder bei suchtähnlichem Verhalten 565. Wurde der Täter erst durch einen Testbesteller zur Tat bewegt, spricht dies für ihn. 566 Ebenso ist mangelnde Kooperationsbereitschaft einer Verwertungsgesellschaft, hier der GEMA, die nicht bereit ist, für eine Musikveranstaltung maßgebliche Tarife auszuhändigen, sondern auf ein bei ihr befindliches Exemplar sowie die Veröffentlichung im Bundesanzeiger verweist, zu Gunsten des Täters zu berücksichtigen. 567 Schließlich kann auch Berufsfremdheit eines Täters, der von den Vorschriften zum Schutz geistigen Eigentums nur ungenaue Vorstellungen hat, für ihn sprechen.568 Gegen den Täter ist dagegen zu berücksichtigen, wenn er aus Gewinnstreben 569 oder Schädigungsabsicht gegenüber dem Berechtigten 570 handelt. In derartigen Fällen kann auch eine politische Motivation nicht entlasten.571 Desgleichen ist We557

Tröndle/Fischer , §46StGB Rn.21. Hierzu: Tröndle/Fischer , §46 StGB Rn.30ff. 559 LG Berlin, Schulze, LGSt 4, 18 („S.-Party"); AG Köln, zitiert bei Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.68 f.; Streng , S.926. 560 AG Köln, zitiert bei Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.68 f.; Streng , S.926. 561 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.364. 562 AG Konstanz, zitiert bei Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.69 (Verfahren laut Burger, S. 798 in zweiter Instanz eingestellt). 563 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.365. 564 AG Mainz CR 1989, 626, 627 [insofern nicht abgedruckt in: AG Mainz NJW 1989, 2637]. 565 Vgl.: Vassilaki , MMR 1998, S.250. 566 Vgl. auch: BGH NStZ 1986, 162; Tröndle/Fischer, §46StGB Rn.35c, m.w.N. 567 LG Berlin, Schulze, LGSt 4, 17 f. („S.-Party"); kritisch: Hubmann, Rechtsprechung, S.21. 568 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.366. 569 AG München CR 1997, 749, 751 („MS-DOS 6.2 OEM"). 57 0 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.365. 57 1 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.365; vgl. auch: Tröndle/Fischer, §46StGB Rn. 19a. 558

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

ber 572 zuzustimmen, wenn er meint, das Argument, es gehe bei Raubdrucken um die Versorgung von Studenten mit preiswerter Literatur, sei kurzschlüssig und dürfe bei der Strafzumessung nicht zu Gunsten des Täters berücksichtigt werden. Denn mit der Schaffung strafrechtlich geschützter Urheberrechte zeigt der Gesetzgeber, dass er andere Rechtsgüter als die Versorgung mit preiswerter Literatur für bedeutsamer hält. (2) Gesinnung, die aus der Tat spricht, und bei der Tat aufgewendeter Wille Für den Täter spricht die nur geringfügige Überschreitung einer Schrankenbestimmung. So ist bei einer Überschreitung der Schrankenbestimmung des § 53 UrhG zu Gunsten des Täters zu berücksichtigen, wenn er einen eigenen Bedarf befriedigen wollte. 573 Gleiches gilt für die Überschreitung des nach § 51 UrhG Zulässigen durch Zitate verschiedener Werke im Rahmen eines eigenen wissenschaftlichen Werks. 574 Auch die Tatsache, dass eine bestimmte Tat in größeren Bevölkerungskreisen als üblich und als Kavaliersdelikt angesehen wird, spricht für den Täter. 575 Gegen ihn ist hingegen die Absicht zur fortlaufenden Begehung von Urheberrechtsstraftaten, um eine zusätzliche Einnahmequelle zu schaffen 576, professionelles Vorgehen in großem Stil 577 oder geschickte und aufwändige Vorbereitungen zur Tatausführung, etwa durch Mieten gut getarnter Räume und den Erwerb teurer Geräte für den Nachdruck 578, zu berücksichtigen. Ebenso spricht es gegen den Täter, wenn es zur Tatbegehung kommt, obwohl sich der Verletzte mehrfach um den Abschluss eines Lizenzvertrags bemüht hat; denn hieraus spricht die Gesinnung, dem Verletzten nicht seinen Lohn für die Verwertung zukommen lassen zu wollen. 579 (3) Art der Ausführung und verschuldete Auswirkungen der Tat Für den Täter spricht es, wenn der Verletzte schuldrechtlich, etwa wegen § 9 UrhG oder weil ein Fall der Zwangslizenz580 nach § 61 UrhG vorliegt, zur Erteilung 57 2

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.69. AG Prüm CR 1990,406,407; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.364; ähnlich: Lampe, UFITA 83 (1978), S.31. 57 4 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.364. 575 AG München CR 1997, 749, 751 („MS-DOS 6.2 OEM"); vgl.: Vassilaki, MMR 1998, S.250. 576 AG München CR 1997, 749, 751 („MS-DOS 6.2 OEM"); Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 365. 57 7 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.365. 578 AG Mönchengladbach, in: v. Gravenreuth, ZUM 1985, S.488; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.365. 579 AG Berlin, Schulze, AGSt 4, 7 („S.-Party"). 580 Vgl. zur Zwangslizenz: S.O. 573

Β. Rechtsfolgen

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einer Einwilligung verpflichtet war. 581 Auch im Falle des Handelns als Arbeitnehmer bei Ausübung der üblichen Arbeit liegt regelmäßig keine besondere kriminelle Energie vor. 582 Ebenso ist mindere schöpferische Höhe, geringerer Umfang des nachgedruckten Werks oder eine kleine Zahl der vervielfältigten oder verbreiteten Exemplare zu Gunsten des Täters zu berücksichtigen. 583 Gleiches gilt, wenn die Lizenzgebühr, die der Täter hätte zahlen müssen, gering ausgefallen wäre, 584 wenn das Werk lediglich in kleinem Rahmen öffentlich wiedergeben wird 585 oder über einen Testkauf hinaus keine Verbreitung illegaler Exemplare erfolgt. 586 Manche587 wollen beim bloßen Angebot an die Öffentlichkeit, ohne dass bereits ein Inverkehrbringen erfolgt ist, den Täter günstiger stellen; meiner Ansicht nach liegt in diesem Fall ohnehin kein strafbares Verhalten vor. 588 Gegen den Täter spricht die lange Dauer von zwei Jahren bei gewerbsmäßiger Tatbegehung,589 besondere schöpferische Höhe und großer Umfang des nachgedruckten Werks und eine hohe Zahl der vervielfältigten oder verbreiteten Exemplare 590 oder das Ausnutzen eines Vertrauensverhältnisses, etwa durch Täuschung eines Verlegers. 591 Ebenso wie die Heimlichkeit der Tat 592 wirkt sich auch die Herstellung von Identfälschungen strafschärfend aus593, da in beiden Fällen das Rechtsgut stärker gefährdet wird. Ferner ist zu Ungunsten des Täters zu berücksichtigen, wenn materielle Schäden verursacht und nicht ausgeglichen werden; dies gilt insbesondere, wenn der Verletzte hierdurch in wirtschaftliche Not gebracht wird. 594 Zuzustimmen ist auch Weber 595, der meint, Eingriffe ins Urheberpersönlichkeitsrecht seien zu berücksichtigen, weil auch sie Komponenten eines letztlich einheitlichen Urheberrechts seien, so dass etwa eine Veröffentlichung entgegen § 12 UrhG oder Beeinträchtigung des Werks durch fehlerhaften Druck gegen den Täter spreche; denn darauf, dass die § § 106 ff. UrhG Urheberpersönlichkeitsrechte nicht unmittelbar schützen, kommt es bei der Strafzumessung nicht an, sofern ein Verschulden des Täters 581

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 189 u. S.246 f. u. S.366. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 176 f. 583 LG Köln, Schulze, LGSt 1, 4 („Narrenzunft"). 584 LG Berlin, Schulze, LGSt 4, 18 („S.-Party"). 585 LG Köln, Schulze, LGSt 1, 4 („Narrenzunft"). 586 AG München CR 1997, 749, 751 („MS-DOS 6.2 OEM"). 587 AG Konstanz, zitiert bei Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.69 (Verfahren laut Burger, S.798 in zweiter Instanz eingestellt); Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.365. 588 Zur Straflosigkeit des „Anbietens an die Öffentlichkeit": Kap.2 D.III.4.a. 589 AG Mainz CR 1989, 626, 627 [insofern nicht abgedruckt in: AG Mainz NJW 1989, 2637]. 590 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.365. 591 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 366. 592 AG Berlin, Schulze, AGSt 4, 8 („S.-Party"). 593 Hentschel, FuR 1982, S.246 u. Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 19f. 594 Vgl.: §291 Abs.2 Nr. 1 StGB; Tröndle/Fischer, §46StGB Rn.23. 595 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.366. 582

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

vorliegt. Unberücksichtigt müssen dagegen generalpräventive Erwägungen des Einzelfalls bleiben, etwa wenn die Rechtstreue, der Bevölkerung leiden könnte, bliebe der konkrete Fall ungesühnt.596 Denn eine gemeingefährliche Zunahme von Urheberrechts Verletzungen, die nach der Rechtsprechung597 allein eine höhere Bestrafung rechtfertigen kann, liegt im Urheberrecht nicht vor, zumal die entstehenden Schäden von den Betroffenen regelmäßig ausgeglichen werden können.598

(4) Vorleben des Täters sowie seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Für den Täter spricht es vor allem, wenn er ohne Vorstrafen ist, 599 insbesondere wenn die erste Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen das UrhG vorliegt 600 . Strafschärfend ist hingegen zu berücksichtigen, wenn es sich beim Täter um einen Branchentäter handelt, der erhöhte Pflichten für das verletzte Rechtsgut trägt, 601 beispielsweise bei gehobener beruflicher Stellung des Verletzers kraft derer bei einem Vergehen das Ansehen einer gesamten Branche Schaden leiden kann, wie es etwa beim Verleger, Unternehmer oder Mitglied in berufsständischen Gremien der Fall ist. 602 Bei Vorstrafen ist zu unterscheiden: Während einschlägige Vorstrafen stets zu berücksichtigen sind,603 gilt dies für nicht einschlägige Vorstrafen nur dann, wenn die erneute Straffälligkeit trotz der Vorstrafen erkennen lässt, dass der Täter sich über derartige Warnungen hinwegsetzt.604 Welche Vorstrafen im Hinblick auf Urheberrechtsvergehen einschlägig605 sind, ist umstritten. Während manche606 meinen, es komme dabei nicht auf die Gleichheit der geschützten Rechtsgüter an, so dass auch Delikte wie Betrug, Urkundenfälschung, Beitragshinterziehung, Vergehen gegen die Gewerbeordnung, Steuerhinterziehung, Bankrott, Untreue, Unterschlagung oder Verstrickungsbruch unter dem Gesichtspunkt Wirtschaftsstrafsachen als einschlägig anzusehen seien, soll es sich hierbei 596

Heghmanns, S. 115; zweifelnd: Streng, S. 921 f., m. w. N. BGH NStE Nr.42, 47, 62 zu §46 StGB; auch: Vassilaki, MMR 1998, S.250. 598 Heghmanns, S. 115; vgl. auch: Vassilaki, MMR 1998, S.250. 599 AG Neumark CR 1990, 406. 600 AG Berlin, Schulze, AGSt 4, 8 („S.-Party"). 601 Tröndle/Fischer, § 46 StGB Rn. 25 b, m. w. N. 602 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.366. 603 LG Berlin, Schulze, LGSt 4, 18 („S.-Party"); AG Berlin, Schulze, AGSt 4, 7 („S.-Party"); AG Prüm CR 1990, 406, 407; AG Stuttgart, Schulze, AGSt 2, 2; Hubmann, Rechtsprechung, S.21. 604 BGHSt 24,198,199f.; Tröndle/Fischer, §46StGB Rn.24a, m.w.N.; ähnlich: LG Berlin, Schulze, LGSt 4, 18 („S.-Party"). 605 Hierzu: Maurach, S. 130f. 606 AG Berlin, Schulze, AGSt 4, 7 („S.-Party"); Hubmann, Rechtsprechung, S. 21. 597

Β. Rechtsfolgen

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nach Ansicht des LG Berlin 607 nicht um einschlägige Straftaten handeln. Zwar möchte ich mich der Auffassung des LG Berlin anschließen, da die von §§ 106 ff. UrhG geschützten Rechtsgüter insofern nicht nur unerheblich abweichen und auch die Handlung des Täters kaum vergleichbar ist; zugleich wird man jedoch in derartigen Fällen regelmäßig davon ausgehen müssen, dass die Vorstrafe dem Täter hätte zur Warnung gereichen müssen.608

(5) Verhalten nach der Tat Für den Täter spricht regelmäßig ein umfassendes Geständnis, das eine Beweisaufnahme erspart. 609 Auch das Bemühen, den entstandenen Schaden wiedergutzumachen, ist zu berücksichtigen; dies gilt unter Umständen auch im Falle der Wiedergutmachung durch Dritte. 610 Eine Aussageverweigerung des Täters ist hingegen nicht beachtlich.611 Zu Ungunsten des Täters wirkt sich indes die Verhinderung einer Schadenswiedergutmachung aus.612 Dies kann vor allem durch Verheimlichen 613 oder sinnloses Verprassen 614 der aus der Tat gezogenen Vorteile geschehen. Dagegen stellt der Versuch, sich selbst durch Spurenbeseitigung der Strafverfolgung zu entziehen, keinen zulässigen Strafschärfungsgrund dar. 615

2. Freiheitsstrafe Schon im Jahr 1976 hat Weber* 16 prognostiziert, der Anwendungsbereich der Freiheitsstrafe dürfe auf wenige Extremfälle beschränkt sein. Dies trifft immer noch zu. 617 Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe bilden im Urheberstrafrecht eine seltene Ausnahme. So hat es im Bereich der Musikpiraterie nach Angaben der GEMA im Jahr 1993 etwa 60 größere Strafverfahren gegeben, wobei es zu keiner Verurteilung zu Freiheitsstrafe gekommen sei.618 607

LG Berlin, Schulze, LGSt 4, 18 („S.-Party"). Vgl.: Maurach, S. 131. 609 AG Freising CR 1990, 55; AG Mainz CR 1989, 626, 627 [insofern nicht abgedruckt in: AG Mainz NJW 1989, 2637]; AG Neumark CR 1990,406; AG Prüm CR 1990,406, 407; AG Velbert CR 1998, 271. 610 Tröndle/Fischer , §46StGB Rn.27, m.w.N. 6.1 BGHSt 32, 144; Detter , S. 121, m.w.N.; Tröndle/Fischer , §46StGB Rn.29b. 6.2 Tröndle/Fischer , §46 StGB Rn.28; einschränkend: BGH bei Daliinger MDR 1966,559 f. 613 BGH GA 1975, 84; Tröndle/Fischer , §46StGB Rn.28. 614 Tröndle/Fischer , §46StGB Rn.28; a. Α.: BGH bei Dallinger MDR 1973, 899. 615 Detter, S. 121, mit Nachweis unveröffentlichter Rspr. 616 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.363. 617 Einschränkend: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 82. 618 So: Kann, S. 80. 608

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

Soweit in der Vergangenheit auf Freiheitsstrafe erkannt wurde, bestehen hiergegen teilweise Bedenken: Wenn etwa das AG Mainz 619 wegen des starken Umsichgreifens der Herstellung von Raubkopien im Softwarebereich im Jahr 1989 bei längerem gewerbsmäßigen Handeln die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung nach §47 StGB für unerlässlich hält, trägt jedenfalls die Begründung nicht. Denn zur Verteidigung der Rechtsordnung ist eine kurze Freiheitsstrafe allenfalls dann erforderlich, wenn Wiederholungs- oder Ansteckungsgefahr bestehen.620 Hierbei ist nicht auf das allgemeine „Umsichgreifen" bestimmter Verhaltensweisen abzustellen, sondern allein auf Umstände der Tat - § 47 Abs. 1 StGB. Auch zwei weitere Faktoren mindern die Verallgemeinerungsfähigkeit veröffentlichter Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe: So wurde der Täter in den meisten Fällen tateinheitlich mit anderen Delikten, vor allem mit Betrug, verurteilt. Rochlitz 621 erwähnt, bis 1987 habe die höchste ausschließlich wegen Urheberrechtsverletzungen verhängte Freiheitsstrafe 622 9 Monate auf Bewährung betragen; dort seien beim einschlägig vorbestraften Täter zum wiederholten Male insgesamt 218 Videofälschungen beschlagnahmt worden. Eine Verurteilung aus jüngerer Zeit betraf die Verurteilung zu 15 Monaten Freiheitsstrafe zur Bewährung wegen unerlaubter gewerbsmäßiger Verwertung von Software mit einem Marktwert von mehreren Hunderttausend DM über eine Mailbox, wobei der Täter sein Handeln trotz zweier Durchsuchungen fortsetzte. 623 Zum anderen ist vor allem bei der Lektüre von Beispielen vor dem Jahr 1985 zu beachten, dass der gesetzliche Strafrahmen vor der Änderung 624 der urheberrechtlichen Strafvorschriften noch erheblich niedriger war als heute. So lautete zum damaligen Zeitpunkt die Strafandrohung auf Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe (§§ 106 bis 108 UrhG a. f.). V. Gravenreuth 625 hat eine Reihe von Beispielen aus der Praxis aufgeführt und die ausgesprochenen Strafen mitgeteilt. Bei den genannten 11 Fällen, in denen eine Freiheitsstrafe verhängt wurde, betrug diese in einem Fall 4 Monate, in je vier Fällen 6 bzw. 9 Monate, in einem Fall 10 Monate 626 , wobei im letzten Fall auch eine vorangegangene Beschlagnahme den Täter nicht von seinem Tun abgehalten 619

AG Mainz CR 1989, 626, 627 [insofern nicht abgedruckt in: AG Mainz NJW 1989,

2637]. 620

Tröndle/Fischer, § 47 StGB Rn. 5, m. w. N. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.206, mit Fn.351. 622 AG Lübeck vom 27.1.1983, Az.27 Ls (392/82), unveröffentlicht. 623 AG Velbert CR 1998, 271. 624 Durch Gesetz vom 7.3.1990 (BGBl.I S.422). 625 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 81 ff. 626 Vgl. zu diesen Fällen auch: Göller, S. 122f.; Nick, FuR 1980, S. 387ff.; Rochlitz, FuR 1980, S. 359; zum letzten Fall vgl. auch: v. Gravenreuth, Der Kriminalist 1985, S.30f. u. FuR 1984, S. 132 u. ausführlich: GRUR 1983, S.356. 621

Β. Rechtsfolgen

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habe.627 In einem Fall 628 schließlich, in dem mehrere Taten in Tatmehrheit abgeurteilt worden seien, wurde gegen einen Videopiraten auf 20 Monate ohne Bewährung erkannt. 629 Die Strafmaße in den verschiedenen Deliktsbereichen 630 unterscheiden sich kaum: So führt v. Gravenreuth 631 im Bereich der Musikpiraterie drei Fälle auf, in denen Freiheitsstrafen von einmal zwei Monaten und zweimal neun Monaten632 auf Bewährung verhängt wurden. Ein unautorisierter Tonträgerhersteller, der bei einer nicht ermittelbaren Zahl hergestellter Tonträger 20.000 Stück Einlegekarten für Musikkassetten hatte drucken lassen, erhielt neun Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung zuzüglich Geldstrafe. 633 Im Softwarebereich reichen die erkannten Freiheitsstrafen von 3 Monaten zur Bewährung für geständigen Täter, der unter Bewährung stand und mindestens 373 Programme kopiert hatte634, bis zu den oben erwähnten 15 Monaten. Ein vorbestrafter Täter erhielt für das mehrfache Anbieten von Software in Computerzeitschriften Haft von 4 Monaten ohne Bewährung 635, ein anderer bei zweijähriger gewerbsmäßiger Tätigkeit 4 Monate mit Bewährung. 636 Veröffentlicht sind ferner zwei Fälle, die durch außergewöhnliche Täter aus dem Rahmen des Üblichen fallen: So gab es 7 Monate zur Bewährung für einen Täter, bei dem 30 Kopien eines Computerprogramms sichergestellt wurden, der bis zur Entdeckung Ingenieur des geschädigten Unternehmens war und der einen Veräußerungsgewinn von 180,- DM für jede Diskette erwartete. 637 Im anderen Fall hatte ein Rechtspfleger 700 Disketten mit über 13.000 Programmen im Wert von insgesamt ca. 10Mio. DM durch Tausch erworben, wobei nur wegen 58 Titeln angeklagt war; der Täter wurde mit 6 Monaten Freiheitsstrafe bestraft, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. 638 Im Juni 1999 soll das Landgericht Aachen einen US-Amerikaner, der mehr als 250.000 CD-ROM illegal kopiert hatte, zu vier Jahren Haft verurteilt haben.639

627

So: v. Gravenreuth , GRUR 1983, S.356f. Zum Zeitpunkt der Untersuchung v. Gravenreuths noch nicht rechtskräftig; vgl. auch: v. Gravenreuth , Der Kriminalist 1985, S.30f. u. FuR 1984, S. 132 u. GRUR 1983, S.356. 629 v. Gravenreuth , Das Plagiat, S. 83 u. ZUM 1985, S. 488 ff. 630 Zu den verschiedenen Tatbereichen: Kap. 9 B. 631 v. Gravenreuth , Das Plagiat, S.217. 632 Sachverhalte beider Fälle wiedergegeben bei: Nick, Musikdiebstahl, S.63 ff. 633 AG Hamburg-Mitte, zitiert bei: Rochlitz , UFITA 83 (1978), S.78f. 634 AG Amberg CR 1990, 658. 635 AG Hamburg CR 1987, 601. 636 AG Mainz NJW 1989, 2637. 637 AG München CR 1986, 223. 638 v. Gravenreuth , CR 1986, S.777. 639 Finanztest 12/99, S.72. 628

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

3. Geldstrafe Untersuchungen zur verhängten Geldstrafe werden dadurch erschwert, dass häufig nur die Höhe der gesamten Strafe veröffentlicht, die Anzahl der verhängten Tagessätze aber nicht bekanntgegeben wird. Ohne Kenntnis der wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters lassen sich hieraus keine Rückschlüsse ziehen. In einigen Fällen wurde aber auch die Zahl der Tagessätze mitgeteilt: So führt v. Gravenreuth 640 aus dem Bereich der Musikpiraterie drei Fälle auf, in denen Geldstrafen von dreißig bzw. zehn Tagessätzen641 gegen zwei Täter und in Höhe von 2.500,- DM und 5.850,- DM verhängt wurden. Ein Täter, der durch den Verkauf von jährlich bis zu 30.000 Musikkassetten in sechs Jahren einen geschätzten Umsatz von 600.000,- DM erzielte, wurde zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen verurteilt. 642 Eine außerordentlich hohe Verurteilung zu 140 Tagessätzen aus dem Jahr 1984043 aus dem Musikbereich betraf einen Veranstalter, der bei sogenannten „Single-Partys" urheberrechtlich geschützte Musikwerke spielen ließ. Die Entscheidung wurde jedoch vom LG 6 4 4 aufgehoben und die Strafe auf 50 Tagessätze reduziert. 645 Bis zum Jahr 1983 wurden gegen Videopiraten Geldstrafen mit 10 bis 120 Tagessätzen verhängt. 646 Insgesamt war die Praxis der Gerichte sehr unterschiedlich. 647 So wurde in annähernd vergleichbaren Fällen, in denen beim Täter 149, 130 bzw. 172 Videofalsifikate sichergestellt worden waren, einmal das Verfahren nach § 153 a Abs. 1 StPO gegen Zahlung von 100,- DM eingestellt, im zweiten Fall dagegen der Täter zu 60, im dritten zu 80 Tagessätzen verurteilt. 648 Im Softwarebereich habe ich vier Veröffentlichungen der Anzahl der verhängten Tagessätze gefunden: Gegen den Inhaber eines Computerladens, der in professioneller Weise Identfälschungen gefertigt und verkauft hat, wurden 30 Tagessätze verhängt.649 Für das mehrfache Anbieten von Software in Computerzeitschriften erhielt ein anderer 60 Tagessätze.650 Gegen einen vorbestraften Täter, der 400 Disketten mit illegal kopierten Computerprogrammen zum privaten Bedarf hergestellt hatte, wur640

v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.217. AG Stuttgart, Schulze, AGSt 2; AG Stuttgart, Schulze, AGSt 3, 3 f. („Programmmitschnitt"). 642 Urteil zweiter Instanz, wiedergegeben bei: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.24. 643 AG Berlin, Schulze, AGSt 4, 1 ff. („S.-Party"). 644 LG Berlin, Schulze, LGSt 4,1 ff. („S.-Party"). 645 Dazu auch: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.54. 646 Hentschel, Gema-Nachrichten, H. 119, S. 19. 647 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 238ff., mit Beispielen. 648 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.239f. 649 AG Paderborn Az.20 Js 189/83, zitiert nach: v. Gravenreuth, CR 1986, S. 111 (anders dargestellt in: v. Gravenreuth, GRUR 1985, S.417). 650 LG Wuppertal CR 1987, 599. 641

Β. Rechtsfolgen

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de auf 90 Tagessätze erkannt 651, und ein Täter, der 8.500 Raubkopien von Programmen durch Tausch erworben hatte, erhielt 100 Tagessätze.652

4. Geldstrafe neben Freiheitsstrafe In Fällen, in denen der Täter durch die Tat bereichert ist oder sich zu bereichern versucht hat, ist §41 StGB zu beachten.653 Dies ist bei Delikten nach §§ 106 ff. UrhG regelmäßig der Fall. 654 Gleichwohl wird von der Möglichkeit der Vorschrift selten Gebrauch gemacht.655 Den Grund hierfür wird man darin suchen müssen, dass die Vorschrift einen gewissen Ausnahmecharakter hat 656 und dass die zusätzlich verhängte Geldstrafe die Wiedereingliederung des Täters in der Regel erschwert. 657 Wenigstens zwei Ausnahmen sind insofern veröffentlicht: Zum einen wurde in einer bei v. Gravenreuth 658 aufgeführten Entscheidung ein Videopirat neben einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung auch zu einer Geldstrafe von dreißig Tagessätzen verurteilt. Der zweite Fall betraf den oben schon erwähnten unautorisierten Tonträgerhersteller, der bei einer nicht ermittelbaren Zahl hergestellter Tonträger 20.000 Stück Einlegekarten für Musikkassetten hatte drucken lassen und der neben einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung zusätzlich eine Geldstrafe zu zahlen hatte.659

5. Strafaussetzung zur Bewährung Ob eine Strafe zur Bewährung auszusetzen ist, richtet sich nach § 56 StGB. Danach ist vor allem zu berücksichtigen, ob der Täter die Verurteilung sich zur Warnung dienen lässt und ohne Vollstreckung zukünftig keine Straftaten mehr begehen wird, ob einschlägige Vorbestrafungen 660 vorliegen und ob die strafbare Tätigkeit inzwischen aufgegeben ist. 661 651

AG Prüm CR 1990, 406, 407. v. Gravenreuth , CR 1986, S.612. 653 v. Gravenreuth , Das Plagiat, S. 83; Hentschel , Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 20. 654 v. Gravenreuth , Das Plagiat, S.83; Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S.206. 655 Hentschel , Gema-Nachrichten, Η. 119, S.20; Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S.206 u. S.240. 656 So: BGHSt 26, 325, 330. 657 Vgl.: Tröndle/Fischer , §41 StGB Rn.2. 658 v. Gravenreuth , Das Plagiat, S.83 f. u. Der Kriminalist 1985, S.30f. u. FuR 1984, S. 132 u. GRUR 1983, S. 356. 659 AG Hamburg-Mitte, zitiert nach: Rochlitz , UFITA 83 (1978), S.78f.; vgl. auch: Spautz , FuR 1978, S. 747. 660 Vgl. zur Frage der Einschlägigkeit von Vorstrafen: S.O. 661 AG Mainz CR 1989, 626, 627 [insofern nicht abgedruckt in: AG Mainz NJW 1989, 2637]; AG Tiergarten vom 19.8.1982, Az.213 1 Wi Ls 67/82 (164/81), in: v. Gravenreuth , GRUR 1983, S. 357. 652

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

Soweit im Bereich des Urheberstrafrechts überhaupt Freiheitsstrafen verhängt wurden, sind diese in aller Regel zur Bewährung ausgesetzt worden. 662 Die wenigen Ausnahmen lassen sich leicht erklären: Die Verurteilung eines Videopiraten zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten ohne Bewährung wird darauf zurückzuführen sein, dass dort mehrere Taten in Tatmehrheit abgeurteilt wurden 663. Der Fall 664 der Verurteilung zu 4 Monaten Haft ohne Bewährung für das mehrfache Anbieten von Software in Computerzeitschriften betraf einen vorbestraften Täter.

II. Maßregeln der Besserung und Sicherung Berufsverbot nach § 70 StGB Als Maßregel der Besserung und Sicherung kommt nur das Berufsverbot nach § 70 StGB in Betracht. An ein Berufsverbot kann beim Vertrieb von illegalen Videokopien über Videotheken, von illegalen Softwarekopien über Computerläden oder von Raubdrucken über Buchhandlungen zu denken sein.665 Gleiches gilt, wenn ein Verleger Beruf und Ansehen missbraucht, um unerlaubt Werke zu vervielfältigen oder zu verbreiten, 666 oder wenn der Täter gewerbsmäßig handelt667. Stets aber ist neben § 70 StGB auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des § 62 StGB sorgfältig zu prüfen. Zutreffend stellt Weber* 6* fest, dass bei kleineren Verteilern von Raubdrucken die Verhängung des Berufsverbot hieran scheitert. Gegen branchenfremde Täter kann ein Berufsverbot in aller Regel nicht verhängt werden. 669 Denn die Verhängung des Berufsverbotes setzt nach der Rechtsprechung des BGH 6 7 0 voraus, dass der Täter gerade seinen eigenen Beruf zur Begehung der Tat ausnutzt. Auch im Falle der Verwendung unzulässiger Kopien im Betrieb des Täters wird ein Berufsverbot regelmäßig nicht in Frage kommen; denn der Täter muss die durch den Beruf gegebene Möglichkeit bei seiner Berufstätigkeit bewusst und planmäßig zu Straftaten ausnutzen.671 Die Möglichkeit der Begehung der Tat anlässlich der Berufsausübung genügt nicht. 672 662

Vgl.: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 82; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 238; Spautz, FuR 1978, S.747; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.26, Fn.84; aber auch: Göller, S. 122 f. 663 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.83 u. Der Kriminalist 1985, S.30f. u. FuR 1984, S. 132 u. GRUR 1983, S.356 u. ZUM 1985, S. 488 ff. 664 AG Hamburg CR 1987, 601. 665 Ebenso: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.84; Weber, Gedächtnisschrift-Meyer, S.636. 666 So auch: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.369. 667 Weber, Gedächtnisschrift-Meyer, S.636. 668 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.369. 669 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.369. 670 BGHSt 22, 144. 671 BGHSt 22, 144, 146; NJW 1968, 1730; 1989, 3232; Tröndle/Fischer, §70StGB Rn.3. 672 BGH NJW 1983, 2099; BayObLG NJW 1957, 958; Tröndle/Fischer, §70StGB Rn.3.

Β. Rechtsfolgen

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Auch eine präventive Verhängung im Hinblick auf eine erst beabsichtigte Berufsausübung ist ausgeschlossen.673 So kann beispielsweise einem Studenten, der Raubdrucke verkauft, nicht versagt werden, den Beruf des Buchhändlers zu ergreifen. 674

III. Einziehung von Gegenständen nach §§ 74, 74a StGB, § 110 UrhG Nach allgemeinen Vorbemerkungen ( l ) 6 7 5 möchte ich auf die Fragen eingehen, welche Objekte eingezogen werden können (2) 676 und wann eine Einziehung gegenüber Dritten zulässig ist (3) 677 . 1. Allgemeines Die §§ 74,74 a StGB werden durch § 110 UrhG modifiziert. Nach § 110 S. 2 UrhG kann das Adhäsionsverfahren 678 Einfluss auf die Einziehung haben. Die Vorschrift des § 110 UrhG wurde in den Jahren 1985679 und 1990680 geändert. Hierdurch wurde die Möglichkeit der Einziehung auf sogenannte Beziehungsgegenstände der Straftat, vor allem auf solche schutzrechtsverletzende Ware, die lediglich als Handelsobjekt dienen soll, erstreckt. 681 Ferner wurde §74a StGB für anwendbar erklärt, so dass die Einziehung nunmehr grundsätzlich auch bei Dritten zulässig ist. § 110 UrhG klammert den § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG aus, da dieser nur Originale betrifft. 682 Deren Vernichtung oder Überlassung ist jedoch auch in §§98, 99 UrhG nicht vorgesehen.683 Denn da Originale von Kunstwerken unter dem Schutz des Art. 5 Abs. 3 GG stehen, dürfen bei diesen die Vorschriften über die Einziehung nicht unmittelbar angewandt werden. 684 673

BGHSt 22,144,146; OLG Karlsruhe NStZ 1995,291 \ Tröndle/Fischer, §70StGB Rn.3, m. w. N.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 369. 67 4 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 369. 675 Zu den allgemeinen Anmerkungen: Kap.7 B.III. 1. 676 Zu den Einziehungsobjekten: Kap.7 B.III.2. 677 Zur Einziehung gegenüber Dritten: Kap.7 B. III. 3. 678 Zum Adhäsionsverfahren: Kap. 7 A.IV.2. 679 Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts vom 24.6.1985, BGB1.I,S. 1137. 680 Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie vom 7. März 1990, BGBl. 1990 I, S.422. 681 BT-Drucks. 11/4792, S.29\Lührs, S.261, Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn.4. 682 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 110 UrhG Rn. 2; Fromm/Nordemann-Vinck, § 110 UrhG Rn. 3; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 340, Fn. 12; Schricker-Haß, Urheberrecht, 1. Aufl., § 110 UrhG Rn. 3; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 379; ungenau: Kann, S. 107. 683 Erbs/Kohlhaas-Meurer , § 110 UrhG Rn.2; Fromm/Nordemann-Vinck, § 110 UrhG Rn. 3; Heinrich , Die Strafbarkeit, S. 340, Fn. 12; Kann, S. 107; Schricker-Haß, Urheberrecht, 1. Aufl., § 110 UrhG Rn.3; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.379 u. GedächtnisschriftMeyer, S. 637, Fn. 17. 684 BGH, Schulze, BGHSt 5; Katzenberger, GRUR 1982, S.720. 26 Hildebrandt

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

Zur Rechtsnatur der Einziehung stellt Haß 685 zutreffend fest, es handele es sich um eine Sicherungsmaßnahme, sofern die Einziehung ihren Grund in der Gefährlichkeit des Gegenstandes findet (§ 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB), wogegen der strafähnliche Charakter im Vordergrund stehen dürfe, sofern sich die Anordnung auf die Beziehung des von ihr Betroffenen zur Tathandlung stützt (§§ 74 Abs. 2 Nr. 1, 74a StGB). Vinck* 86 ist der Ansicht, die zivilrechtlichen Vernichtungs- und Überlassungsansprüche hätten Vorrang gegenüber der strafrechtlichen Einziehung. Hiergegen wendet Haß 687 ein, der Wortlaut der Vorschrift lasse eine solche Deutung fernliegend erscheinen. Ich möchte grundsätzlich Haß zustimmen. Denn nach dem Wortlaut des § 110 UrhG sind die Vorschriften über die Einziehung nur dann nicht anzuwenden, soweit einem Antrag auf Vernichtung von Vervielfältigungsstücken im Adhäsionsverfahren stattgegeben wird. 688 Um gleichwohl den Schutz des Verletzten nicht zu verkürzen, schlage ich vor, hinsichtlich des Überlassungsanspruchs der §§ 98,99 UrhG die Vorschrift des § 74e Abs. 2 S. 1 StGB anzuwenden. Denn der Überlassungsanspruch ähnelt denjenigen beschränkt dinglichen Rechten, die der Vorschrift unterfallen 689. Folge der Anwendung des § 74e Abs. 2 S. 1 StGB ist, dass die Rechte des Verletzten bestehen bleiben und dieser seine Ansprüche gegenüber dem Staat geltend machen kann. In der Praxis wird es am sinnvollsten sein, dass der Geschädigte den Ermittlungsbehörden rechtzeitig mitteilt, ob er entsprechende Ansprüche geltend machen will. 6 9 0 Voraussetzung der Einziehung ist wenigstens ein Versuch einer Tat nach den §§ 106, 107 Abs. 1 Nr. 2, 108 oder 108 a UrhG, da § 74 Abs. 1 StGB nach seinem Wortlaut eine vorsätzliche Straftat voraussetzt.691 Die Versuchsstrafbarkeit trägt mithin dazu bei, vereinfachte Möglichkeiten der Einziehung zu schaffen. 692 Außer in den Fällen des § 74 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 StGB ist zudem schuldhaftes Handeln erforderlich. Zu beachten ist, dass die Einziehung nach § 110 UrhG nur fakultativ erfolgt. 693 Eine Pflicht zur Einziehung besteht nicht. Auch gilt im strafrechtlichen Einziehungsverfahren der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, 694 der in § 74 b StGB konkretisiert wird. 685 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn.6; Tröndle/Fischer, §74StGB Rn.2; abwegig: Kann, S. 109 [„zivilrechtlicher Anspruch"]. 686 Fromm/Nordemann-Vinck, § 110 UrhG Rn.2, unter Hinweis auf BT-Drucks. 11/4792, S.29. 687 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn. 1. 688 So auch: Lührs, S.268; Schaefer/Körfer, S.88; ungenau: Westphal, S.991. 689 Vgl.: Tröndle/Fischer, §74eStGB Rn.4. 690 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 85. 691 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn.6. 692 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn.7. 693 So auch: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn.7. 694 Rehbinder, ZUM 1990, S.466.

Β. Rechtsfolgen

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Folge der Einziehung wird regelmäßig die Zerstörung eingezogener Werkträger sein.695 Allerdings können die eingezogenen Produkte nach § 67 a Strafvollstreckungsordnung, einer Verwaltungsanordnung, unentgeltlich an karitative oder humanitäre Verbände oder Einrichtungen abgegeben werden, wenn der rechtswidrige Zustand beseitigt ist und der Empfänger die Kosten der Abgabe übernimmt. 696 In der Praxis sind die Beschuldigten häufig freiwillig dazu bereit, die illegalen Produkte zur Vernichtung freizugeben. 697 Das Einziehungsverfahren kann nach § 76 a StGB auch im sogenannten objektiven Verfahren (§§440 bis 442 StPO) durchgeführt werden, das nicht gegen einen Tatbeteiligten gerichtet ist. 698

2. Einziehungsobjekt Die Einziehung erstreckt sich nicht nur auf die Tatwerkzeuge699, sondern auch auf die Gegenstände, die durch die Tat hervorgebracht werden, also auch auf die Vervielfältigungsstücke. 700 So können etwa Tonträger 701, Videoraubkopien 702 oder Disketten703 eingezogen werden. Fraglich ist, inwieweit auch die Einziehung von Vervielfältigungsgeräten zulässig ist. Die Einziehung wird sicherlich dann möglich sein, wenn sich die Geräte nur zum Zwecke illegaler Vervielfältigung verwenden lassen, wie es etwa bei Formen, Platten, Druckstöcken, Matrizen oder Negativen704 sowie bei Hilfsmitteln zur Überwindung eines Kopierschutzes bei Computerprogrammen 705 der Fall ist. Dagegen können Geräte, die auch zu anderen Zwecken verwendet werden können, wie Setzmaschinen, Fotokopiergeräte, Videorecorder oder Computer 706 regelmäßig nicht eingezogen werden. 707 Denn in diesen Fällen wird die Einziehung meist gegen § 74 b Abs. 1 StGB verstoßen und unverhältnismäßig sein, zumal der Wert der eingezogenen Gegenstände in vielen Fällen die Höhe einer verhängten Geldstrafe übersteigen würde. Zudem wird in diesen Fällen selbst der Verletzte in der Regel 695 696 697 698 699 700

Schaefer/Körfer , S.87. Zu den Einzelheiten: Lührs , S.267. Schaefer/Körfer, , S.88. Schaefer/Körfer , S. 87; Schricker-Haß , Urheberrecht, § 110 UrhG Rn. 5. v. Gravenreuth , Das Plagiat, S.85; Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S.209f. AG Prüm CR 1990,406,407; v. Gravenreuth , Das Plagiat, S. 85; Rehbinder , ZUM 1990,

S.466. 701

Schaefer/Körfer, S. 87. Tielke, Taschenbuch, S. 32. 703 AG Prüm CR 1990,406, 407. 704 Rehbinder, ZUM 1990, S.466. 705 Kuhlmann, S. 181; vgl. auch: §69f Abs.2 UrhG. 706 Hierzu auch: OLG Düsseldorf JR 1993, 516; Dierck/Lehmann , S.543; v. Gravenreuth, ZUM 1985, S. 540. 707 Vgl.: Rehbinder, ZUM 1990, S.466; so wohl auch: Weber, Gedächtnisschrift-Meyer, S.637. 702

26*

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

nur die Vernichtung der Werkexemplare, nicht aber der Vervielfältigungsgeräte verlangen können.708 In Fällen gewerbsmäßigen Handelns kann dagegen auch die Einziehung von Vervielfältigungsgeräten verhältnismäßig sein, 709 so dass Geräte zur Vervielfältigung von Musikkassetten,710 Überspiel Vorrichtungen, 711 Videorecorder 712 oder für Raubkopien eingesetzte Kopierstraßen 713 eingezogen werden können. Auch Art. 61 S. 2 TRIPS-Abkommen legt bei gewerbsmäßigem Handeln eine großzügigere Anwendung der Einziehungsvorschriften nahe.

3. Einziehung gegenüber Dritten Gegenstände, die nicht dem Täter gehören, können außer im Fall des § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB 714 , der im Urheberrecht kaum Bedeutung erlangen wird, 715 unter den Voraussetzungen des § 74 a eingezogen werden 716. Die Durchführung des Einziehungsverfahren gegenüber Dritten nach den §§ 110 S. 2 UrhG, 74a StGB setzt voraus, dass diesen ebenfalls ein Vorwurf im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Verwendung der Gegenstände gemacht werden kann. 717 Bei § 74 a Nr. 2 StGB ist zu beachten, dass einerseits für die erforderliche Kenntnis bedingter Vorsatz genügt,718 dass aber andererseits Erwerb nach der Tat erforderlich ist, der zudem in verwerflicher Weise erfolgen muss. In verwerflicher Weise erwirbt nur derjenige, dem es auf die Vereitelung der Einziehung ankommt oder dessen Handeln in einem erhöhten Grade sittliche Missbilligung verdient. 719 Besondere Probleme wirft die Frage auf, ob eine Einziehung beim Endabnehmer zulässig ist. Vor allem Haß 720 meint hierzu, Voraussetzung sei lediglich ein „quasischuldhaftes Verhalten" des Eigentümers; dieses sei beim bösgläubigen Erwerber urheberrechtsverletzender Vervielfältigungsstücke vorhanden. Weber 721 ist zwar der 708

So im Hinblick auf §98 Abs. 3 UrhG: BT-Drucks. 12/4022, S. 14. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.210; wohl auch: Lührs, S.268. 710 AG Pirmasens, zitiert bei Rochlitz, UFITA 83 (1978), S. 80. 711 Urteil zweiter Instanz, wiedergegeben bei Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.24. 712 Tielke, Taschenbuch, S.32. 7,3 BT-Drucks. 10/3360, S.21; K. Günther, S.24; Hillig, UFITA Bd. 102 (1986), S.24; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.209. 714 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn.4; ungenau: BT-Drucks. 11/4792, S.29. 715 Vgl. aber: E. Braun, Produktpiraterie, S.227f. 716 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 340; Rehbinder, ZUM 1990, S.466; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn.4. 717 Kann, S. 107; Rehbinder, ZUM 1990, S.466. 718 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn.4. 719 Tröndle/Fischer, §74 a StGB Rn.8, m.w.N. 720 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn.4. 721 Weber, Wesen, S.65. 709

Β. Rechtsfolgen

405

Auffassung, bei rigoroser Anwendung des § 74 a StGB könne die Einziehung nach § 110 S.2 UrhG als sogenannte strafähnliche Dritteinziehung grundsätzlich auch den Endabnehmer treffen; im Ergebnis hält er aber die Einziehung ebenso wie Rehbinder 122 beim Endabnehmer nicht für zulässig. Weber führt zur Begründung aus, entsprechend § 110 S. 3 UrhG sei vom Vorrang des Anspruches nach § 98 UrhG auszugehen. Überdies sei die Einziehung beim Endabnehmer mit Blick auf das in § 74 b StGB zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht angemessen. Schließlich würde in den Materialien 723 zum Produktpirateriegesetz die Einziehung als Instrument gegen Händler, nicht aber gegen Endabnehmer, angesehen.724 Ich halte die Einziehung beim Endabnehmer regelmäßig für ausgeschlossen. Soweit die Einziehung nicht bereits daran scheitert, dass dem Erwerber kein Vorwurf der Leichtfertigkeit gemacht werden kann, greift in der Tat der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ein. Hierbei aber ist ein strenger Maßstab anzulegen.725 Insbesondere ist zu beachten, dass die einzelne durch den Erwerb ermöglichte Tat regelmäßig kein großes Gewicht haben wird. Da der Besitz rechtswidrig hergestellter Vervielfältigungsstücke grundsätzlich nicht strafbar ist, 726 fällt somit die Schuld des Endabnehmer in aller Regel äußerst gering aus.

IV. Bekanntgabe der Verurteilung nach § 111 UrhG Nach allgemeinen Ausführungen zur Bekanntgabe der Verurteilung ( l ) 7 2 7 möchte ich auf die Voraussetzungen der Bekanntgabe zu sprechen kommen (2) 728 . Schließlich behandele ich die Frage, in welcher Art die Bekanntmachung zu erfolgen hat (3)729,

1. Allgemeines Die Bekanntmachung des strafrechtlichen Urteils ist in § 111 UrhG geregelt. Daneben besteht nach § 103 UrhG die Möglichkeit zur Bekanntmachung einer zivilrechtlichen Verurteilung. Die Wirkung der Bekanntgabe eines Strafurteils wird sich für den Täter regelmäßig einschneidender darstellen als die Bekanntgabe eines Zivilurteils. 730 In der Praxis wird Anträgen auf Bekanntgabe selten stattgegeben.731 722

Rehbinder, Urheberrecht, Rn.462. BT-Drucks. 11/4792, S.29. 724 Ähnlich auch: Kober, S.7. 725 Tröndle/Fischer, §74bStGB Rn.2; vgl. auch: Dierck/Lehmann, S.543. 726 Heghmanns, S. 113; Heinrich, JZ 1994, S.940; Wulff, BB 1985, S.428f. 727 Zu den allgemeinen Ausführungen: Kap. 7 B.IV. 1. 728 Zu den Voraussetzungen der Bekanntmachung: Kap.7 B.IV.2. 729 Zur Art der Bekanntmachung: Kap.7 Β. IV. 3. 730 Möhring/Nicolini-Spautz, § 111 UrhG Anm. 8; Spautz, FuR 1978, S. 96. 731 Kann, S. 110; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.211; zur großzügigeren Praxis in Österreich: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.211 ff. 723

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

Zur Rechtsnatur der Bekanntmachung wird Verschiedenes ausgeführt: Die meisten Autoren sind der Ansicht, die Urteilsbekanntmachung habe für den Verurteilten Strafcharakter 732 und für den Verletzten Genugtuungsfunktion 733. Andere 734 meinen, es handele sich um eine Maßnahme der Störungsbeseitigung, die sich vor allem gegen Störungen immaterieller Art und gegen persönlichkeitsrechtliche Beeinträchtigungen richte. 735 Rochlitz 736 führt aus, bei formaler Betrachtung habe die Bekanntmachung Schadensersatzcharakter. Es handele sich um einen zivilrechtlichen Anspruch, nicht um eine strafrechtliche Sanktion737 Denn eine Störung könne nur durch Unterlassen nach § 97 UrhG oder durch die Maßnahmen der §§98,99 UrhG beseitigt werden. Überdies könne die Urteilsveröffentlichung auch generalpräventiven Charakter haben. Es sei zu vermuten, dass die zahlreichen Urteilsveröffentlichungen in Österreich zur Eindämmung der Tonträger- und Videopiraterie beigetragen hätten. Mich überzeugen die Ausführungen von Haß 738, wonach es sich bei der Bekanntmachung der strafrechtlichen Verurteilung um eine Nebenfolge zivilrechtlichen Charakters handele, nicht aber um eine Nebenstrafe. Denn der Gesetzgeber739 hat die strafrechtliche Bekanntmachungsbefugnis aus den gleichen Gründen vorgesehen wie die zivilrechtliche nach § 103 UrhG. Eine strafrechtliche Übelszufügung gegenüber dem Täter war nicht bezweckt. Vielmehr stand die Rehabilitierung des Verletzten und die Beseitigung einer Marktverwirrung im Vordergrund. Aus diesem Grund greift es auch zu weit, von der Bekanntmachung generalpräventive Wirkung zu erwarten. Die Staatsanwaltschaft hat Nr. 261b RiStBV zu beachten, sofern der Verletzte die Bekanntmachung verlangt. Nach § 407 Abs. 2 Nr. 1 StPO ist die Verurteilung zur Bekanntmachung auch im Strafbefehlsverfahren möglich. Die Vollziehung richtet sich nach § 463 c StPO. 740 Weigert sich der Verletzer, die strafrechtliche Verurteilung bekanntzumachen, so sind strafprozessuale Zwangsmaßnahmen möglich. 741 Die Anordnung wird auf Verlangen (§ 463 c Abs. 2 StPO) von der Vollstreckungsbehörde vollzogen. 742 Insofern gilt eine Frist von einem Monat, die mit der 732 BGHSt 10, 306, 310; Flechsig, AfP 1978, S.21 u. GRUR 1978, S.292; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 211 f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 367. 733 BGHSt 10, 306, 311; Flechsig, AfP 1978, S.21 u. GRUR 1978, S.292; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.211f.; SK-Rudolphe § 165 StGB Rn. 1 u. §200 StGB Rn. 1; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 367; ähnlich: Möhring/Nicolini-Spautz, § 111 UrhG Anm. 1 b. 734 Flechsig, GRUR 1978, S.292; v. Gamm, § 111 UrhG Rn.2; einschränkend: SchrickerHaß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 1. 735 Flechsig, AfP 1978, S.21 u. GRUR 1978, S.292. 736 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.207f. u. S.212f., mit Fn.366. 737 So auch: Kann, S. 109; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 1. 738 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 1 u. Rn. 5, unter Hinweis auf: Je scheck/ Weigend, §7511; SK-Rudolphi, § 165 StGB Rn. 1; anders: SK-Rudolphi, §200 StGB Rn. 1. 739 BT-Drucks. IV/270, S. 109. 740 Hierzu auch: Schomburg, S.66. 741 Spautz, FuR 1978, S.97. 742 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 9.

Β. Rechtsfolgen

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Zustellung des rechtskräftigen Strafurteils zu laufen beginnt - § 463 c Abs. 2 StPO.743 Die Kosten der Bekanntgabe hat der Angeklagte zu tragen. 744 Bei den Kosten handelt es sich um Vollstreckungskosten (§ 464a Abs. 1 S. 2 StPO).745 Im Falle der Nichtbeachtung des Antrags besteht die Möglichkeit der Revision.746 Im Jugendstrafrecht gelten Besonderheiten.747

2. Voraussetzungen Die Anordnung der öffentlichen Bekanntgabe steht unter drei Voraussetzungen,748 nämlich der Verurteilung wegen einer Tat gemäß §§ 106 bis 108 a UrhG (a)) 749 , des Vorliegens eines Antrags (b)) 750 und des berechtigten Interesses an der öffentlichen Bekanntgabe (c)) 751 . a) Verurteilung Voraussetzung ist die Verurteilung wegen einer Tat nach den §§ 106 ff. UrhG. Hinsichtlich der Einzelheiten hat sich Haß 752 in zutreffender Weise geäußert: § 111 UrhG greift auch bei der Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe. Eine Verwarnung mit Strafvorbehalt gemäß § 59 StGB genügt dagegen nicht 753 , da der Grundgedanke dieses Instituts darin besteht, den Täter vor jedem Strafmakel zu bewahren; es kann also nicht die Rede davon sein, im Falle der Anwendung des § 59 StGB sei i. S. v. § 111 UrhG auf Strafe erkannt. Auch die tateinheitliche Verurteilung mit schwereren Delikten als den §§ 106 ff. UrhG steht der Bekanntgabe nicht entgegen.754 Allerdings ist die Vorschrift lediglich bei Realkonkurrenz anwendbar. In Fällen der Subsidiarität, in denen die §§ 106 ff. UrhG hinter ein anderes Delikt zurücktreten, ist für die Anwendung des § 111 UrhG kein Raum. Da es schließlich im Strafverfahren keine vorläufige Vollstreckbarkeit gibt, darf die Verurteilung erst nach Rechtskraft bekanntgemacht werden. 755 743

Spautz , FuR 1978, S.97; unzutreffend [„keine Frist"]: Fromm/Nordemann-Vinck , § 111 UrhG Rn. 1; Kann, S. 110. 744 AG Lüneburg, zitiert bei Rochlitz , UFITA 83 (1978), S.78. 745 Schricker-Haß , Urheberrecht, § 111 UrhG Rn.9. 746 SK-Rudolphi, § 165 StGB Rn.9. 747 Vgl. zu Besonderheiten bei jugendlichen und heranwachsenden Tätern: Kap. 7 C. 748 Ebenso: Schricker-Haß , Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 2; Ulmer , Urheber- und Verlagsrecht, S. 570. 749 Zur Voraussetzung der Verurteilung: Kap. 7 Β. IV. 2. a. 750 Zum Antragserfordernis: Kap.7 B.IV.2.b. 751 Zum berechtigten Interesse: Kap. 7 B.IV.2.C. 75 2 Schricker-Haß , Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 3. 753 So auch: Schomburg , S.65; SK-Rudolphi, §200 StGB Rn.4. 754 So auch: Möhring/Nicolini-Spautz , § 111 UrhG Anm. 2. 75 5 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 1.

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

b) Antrag Nach § 111 UrhG muss der Verletzte einen Antrag stellen. Entgegen der Ansicht v. Gravenreuths 756, wonach es möglich sein soll, den Antrag bis zur Rechtskraft des Urteils zu stellen, da gegebenenfalls ein zweites Urteil möglich sei, wird man fordern müssen, dass der Antrag im laufenden Strafverfahren, also vor Abschluss der mündlichen Verhandlung, gestellt wird. 757 Denn dies folgt aus dem Wortlaut des § 111 S. 2 UrhG, wonach die Art der Bekanntgabe im Urteil bestimmt wird; dies ist bei einem später gestellten Antrag nicht mehr möglich. 758 Dass insofern ein zweites Urteil gemeint sein könnte, erscheint mir abwegig und führt zu einen unnötigen Doppelbelastung der befassten Gerichte. Andererseits kann der Antrag noch im Rechtsmittelverfahren gestellt werden, wobei das Verschlechterungsverbot zu beachten ist. 759 Verletzter i. S. v. § 111 UrhG und damit Antragsberechtigter ist der durch die §§ 106 ff. UrhG geschützte Rechtsinhaber.760 Ein sachlicher Unterschied zur Strafantragsberechtigung 761 besteht nicht. 762 Über die Antragstellung hinaus muss sich der Antragsteller nicht am Verfahren beteiligen.763 Der Antrag kann nach dem Wortlaut nur vom Verletzten, ohne weiteres dagegen nicht von den Erben 764 oder vom Dienstvorgesetzten gestellt werden. 765 Eine Bevollmächtigung ist jedoch möglich. 766 Sofern man annehmen will, dass eine Einwilligung in eine Tat nach § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG keine rechtfertigende Wirkung hat, 767 ist der Urheber, der eingewilligt hat, gleichwohl nicht Verletzter i. S. v. § 111 UrhG. 768 Gibt es mehrere Verletzte oder Angeklagte, so ist die Bekanntgabe der Verurteilung nach Art und Umfang für jeden Beteiligten gesondert festzulegen. 769 Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens kann der Antrag analog § 77 d Abs. 1 S. 2 StGB zurückgenommen werden. 770 Umstritten ist, ob das berechtigte Interesse an der öffentlichen Bekanntmachung vom Verletzten dargelegt werden muss. Die meisten Autoren 771 bejahen diese Frage. 75 6

Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 33, m. w. N. So auch: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 111 UrhG Rn.2; Fromm/Nordemann-Vinck, § 111 UrhG Rn. 1 u. 3; Kann, S. 109f.; Möhring/Nicolini-Spautz, § 111 UrhG Anm.4. 75 8 Fromm/Nordemann-Vinck, § 111 UrhG Rn. 1 u. 3; Kann, S. 109f. 75 9 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 4. 76 0 Möhring/Nicolini-Spautz, § 111 UrhG Anm. 5. 761 Zur Strafantragsberechtigung: Kap. 7 Α. 1.2. 762 Entsprechend: Schomburg, S.65; Tröndle/Fischer, §200StGB Rn.4. 76 3 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn.4. 764 So auch: RGSt 16, 73,74. 76 5 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn.4. 76 6 Möhring/Nicolini-Spautz, § 111 UrhG Anm. 4. 767 Vgl. aber zur Einwilligungsfähigkeit: Kap. 6 Β. 1.2. a. 76 8 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn.4, unter Hinweis auf: BGHSt 5, 66, 69. 769 OLG Hamm NJW 1974,466; SK-Rudolphi, § 165 StGB Rn.7; Schricker-Haß, Urheberrecht, §111 UrhG Rn.4. 77 0 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn.4. 77 1 Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 111 UrhG Rn. 1; Fromm/Nordemann-Vinck, § 111 UrhG Rn. 1; Möhring/Nicolini-Spautz, § 111 UrhG Anm. 5; ebenso zur entsprechenden Vorschrift des § 30 757

Β. Rechtsfolgen

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Dagegen ist Haß 772 der Ansicht, für diese Auffassung spreche zwar der Wortlaut der Vorschrift mit dem Begriff „dargetan". Gleichwohl überzeuge diese Auffassung nicht für den von der Instruktionsmaxime beherrschten Strafprozess. Denn dort würden ohnehin regelmäßig alle für die Interessenabwägung bedeutungsvollen Umstände schon im Rahmen der Strafzumessung von Amts wegen ermittelt, so dass sie gerichtsbekannt seien. Die Glaubhaftmachung dieser Tatsachen habe deswegen wenig Sinn. Man müsse lediglich feststellen, ob ein berechtigtes Interesse objektiv vorliegt, wobei die relevanten Interessen von Amts wegen zu prüfen seien. Überdies entspreche diesem Ergebnis die Entstehungsgeschichte der Vorschrift, die auf die Regelung des § 49 PatG a. f. zurückgehe, deren legislatorischer Zweck 773 darin bestanden habe, Missbräuche und Schikanen zu verhindern. Dieser Zweck würde nicht erreicht, wenn nur auf Substantiierung, Glaubhaftmachung oder Darlegung abgestellt würde, eine Überprüfung von Amts wegen dagegen unterbliebe. Meines Erachtens normiert § 111 UrhG nur eine Mindestanforderung gegenüber dem Verletzten. Denn trotz des zivilrechtlichen Charakters des Anspruchs auf Bekanntmachung ist zu beachten, dass der Anspruch in einem Strafprozess zuerkannt wird, in dem der Untersuchungsgrundsatz gilt. Der Verletzte muss also in der Weise im Prozess mitwirken, dass er ein berechtigtes Interesse von sich aus dartut. Ist der Verletzte hierzu nicht bereit oder in der Lage, ist das Gericht nicht zu eigenen Ermittlungen verpflichtet. Darüber hinaus gehende Anforderungen bestehen jedoch wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht.

c) Berechtigtes Interesse Bei der Feststellung des berechtigten Interesses handelt es sich um einen Fall der Interessenabwägung.774 Das berechtigte Interesse liegt dann vor, wenn das Interesse des Verletzten überwiegt. 775 Zum Begriff des „berechtigten Interesses" in § 103 UrhG besteht kein sachlicher Unterschied. 776 Daraus, dass eine Bestrafung in der Öffentlichkeit schwerer wiegt als eine Verurteilung im Zivilprozess, darf jedoch nicht geschlossen werden, die Bekanntmachung des Strafurteils könne nur unter strengeren Voraussetzungen angeordnet werden 777 als die des Zivilurteils; denn die strafgerichtliche Verurteilung ist WZG: Baumbach/Hefermehl, Warenzeichenrecht, § 30 WZG Rn. 6; „Glaubhaftmachung": Dürwanger/Dempewolf, S.445; ähnlich: Burhenne, S.89. 77 2 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 6. 773 Vgl. die: Amtliche Begründung, BlfPMZ 1936, 103, 114. 774 OLG Frankfurt a.M. ZUM 1996, 697, 702 [zu § 103 UrhG]; Schricker-Haß, Urheberrecht, §111 UrhG Rn.5. 77 5 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 6. 77 6 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 5. 777 So aber: Möhring/Nicolini-Spautz, § 111 UrhG Anm. 8.

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

von vornherein nur bei gravierenden Eingriffen in das Urheberrecht möglich, die stets Vorsatz erfordern. 778 Manche779 meinen, eine Anordnung nach § 111 UrhG werde in der Regel nicht in Frage kommen, wenn dem Täter bereits die Befugnis zur Urteilsbekanntmachung nach § 103 UrhG zugesprochen ist. Ich halte dies nicht für zutreffend. Denn ansonsten würde die weitgehend zufällige Reihenfolge der Urteile über die Zulässigkeit der Bekanntgabe entscheiden. Da das UrhG beide Ansprüche bereitstellt, wird der Verletzte im Regelfall auch die zweifache Bekanntmachung verlangen können. Auf diejenigen Tatsachen, die gegen eine Bekanntmachung sprechen können, hat HaßP m hingewiesen. Hier fällt vor allem das Resozialisierungsinteresse des Täters in die Waagschale.781 Zutreffend stellt Haß fest, dass demgegenüber das bloße Genugtuungsinteresse des Verletzten nur im Ausnahmefall den Vorrang verdienen wird. Denn die Resozialisierung des Täters steht im öffentlichen Interesse. Von vornherein scheidet eine öffentliche Bekanntmachung auch dann aus, wenn sie zur Wahrung der Interessen des Verletzten nicht geeignet oder erforderlich ist. 782 Denn da es sich bei der Urteilsbekanntmachung um eine staatliche Sanktion handelt, müssen die Grundrechte und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Beachtung finden. Für die Bekanntmachung spricht jedes berechtigte Interesse des Verletzten. Berechtigt ist jedes von der Rechtsordnung geschützte Interesse, so dass rechtlich oder sittlich nicht billigenswerte Interessen ausscheiden.783 Ob ein berechtigtes Interesse gegeben ist, hängt wesentlich von der Art, dem Umfang und der Dauerwirkung der Urheberrechtsverletzung ab, wegen der die Verurteilung erfolgt. 784 Auch der seit der Tat verstrichene Zeitraum spielt eine Rolle. 785 Mit Blick auf den gesetzgeberischen Zweck 786 des § 111 UrhG wird man ein berechtigtes Interesse annehmen müssen, wenn eine eingetretene Verwirrung der Öffentlichkeit darüber vorliegt, wer der Urheber des betreffenden Werks ist, die anders nicht wirksam beendet werden kann.787 Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Öffentlichkeit durch den Täter hinsichtlich der Urheberschaft von Software ge77 8 77 9 780 781 782 783 784

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.368. Samson, Urheberrecht, S. 235; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 5. Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 5. So auch: Schomburg, S.66. Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 5. Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 5. Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn.5; Weber, Der strafrechtliche Schutz,

S. 367. 785

v. Gamm, § 111 UrhG Rn. 3; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 5. Vgl.: BT-Drucks. IV/270, S. 109. 787 OLG Frankfurt a.M. ZUM 1996, 697, 702 [zu § 103 UrhG]; Erbs/Kohlhaas-Meurer, §111 UrhG Rn. 1; Fromm/Nordemann-Nordemann, § 103 UrhG Rn.2; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 342; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 31 ; Schomburg, S. 66; ähnlich: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 1. 786

Β. Rechtsfolgen

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täuscht wurde 788 oder wenn der Eindruck entstanden ist, bei Vervielfältigungsstücken handele es sich um Originale. 789 Weber 790 stellt zutreffend fest, dass auch die Verletzung persönlichkeitsrechtlicher Interessen, etwa durch schlechte oder entstellende Werkausgaben, ein verstärktes Interesse des Verletzten an der Bekanntmachung begründet. Entgegen Weber wird man hierbei nicht darauf abstellen müssen, dass die Bekanntgabe nach § 111 UrhG die einzige strafrechtliche Möglichkeit bietet, der Verletzung von Persönlichkeitsrechten entgegenzutreten. Vielmehr ergibt sich das Bekanntmachungsinteresse schon daraus, dass es sich bei persönlichkeitsrechtlichen Interessen um rechtlich geschützte Interessen handelt und regelmäßig eine Klarstellung erforderlich sein wird. Im Übrigen wird man sagen können, dass bei der Interessenabwägung im Wesentlichen dieselben Umstände eine Rolle spielen werden, die auch bei der Strafzumessung von Bedeutung sind. In diesem Sinne nennt Weber 191 einige Beispiele: So werde bei der einmaligen öffentlichen Wiedergabe vor einem kleinen Kreis, anders als bei einer unerlaubten Funksendung, in der Regel kein Bedürfnis für die Bekanntmachung bestehen. Ferner komme es darauf an, ob Vervielfältigungsstücke bereits in den Verkehr gebracht oder nur angeboten wurden und wie viele Exemplare vervielfältigt oder verbreitet wurden. Auch seien die Werknutzungsmöglichkeiten des Rechtsinhabers nachhaltiger und dauerhafter geschmälert, je mehr Exemplare ins Publikum gelangt sind. Häufig sei das Interesse an der Urteilsbekanntmachung größer als im Rahmen des § 23 Abs. 1 UWG, zumal Vervielfältigung und Verbreitung regelmäßig eine größere Dauerwirkung entfalteten als Wettbewerbsverletzungen, die von den beteiligten Kreisen in der Regel schneller vergessen würden. 792 Zustimmen möchte ich auch Rochlitz 793, wenn er meint, bei Wiederholungstätern sei das öffentliche Interesse auch dann zu bejahen, wenn der Verletzte in den vorausgegangenen Fällen nicht der Geschädigte war. Zwar wird man entgegen Rochlitz kaum darauf abstellen können, dass es insofern um ein solidarisches Interesse der Kulturschaffenden gehe; doch besteht an der Einwirkung auf Wiederholungstäter ein rechtlich geschütztes Interesse. Nach Ansicht Webers 794 soll es ferner darauf ankommen, ob schon alle hergestellten Vervielfältigungsstücke an Endabnehmer gelangt sind; denn dann sei die Urteilsbekanntmachung, die einzige Möglichkeit für den Verletzten, Genugtuung zu erlangen, da die Sicherungsansprüche nach §§ 98, 99 UrhG ausschieden. Insofern 788 789 790

Heinrich, Die Strafbarkeit, S.342; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn.31. Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 100 Rn. 31. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 368; ähnlich auch: Heinrich, Die Strafbarkeit,

S.342. 791 792 793 794

S.212.

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.367f.; ähnlich: Schomburg, S.66. So auch: Möhring/Nicolini-Nicolini, § 103 UrhG Anm. 7. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.212. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.368; ähnlich: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz,

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7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

möchte ich einschränken: Denn nach dem Willen des Gesetzgebers795 kommt es bei § 111 UrhG auf Genugtuung des Verletzten allenfalls in zweiter Linie an. Überdies können im Einzelfall wegen § 69 f UrhG oder § 74 a StGB durchaus Zugriffsmöglichkeiten gegenüber dem Endabnehmer bestehen.

3. Art der Bekanntmachung Hinsichtlich der Art der Bekanntmachung entspricht die Sachlage der bei anderen Vorschriften, nach denen die Veröffentlichung einer strafrechtlichen Verurteilung möglich ist, insbesondere derjenigen bei § 200 StGB. 796 Das Gericht muss den zur Veröffentlichung Berechtigten, den Gegenstand der Veröffentlichung, ihre Form und das Medium 797 , in dem die Veröffentlichung geschehen soll, bezeichnen.798 Hierbei ist eine genaue Bestimmung erforderlich, da andernfalls keine Vollstreckung möglich ist. 799 Da im Einzelfall auch die Veröffentlichung der Urteilsgründe geboten sein kann 800 , insbesondere der Begriff „Verurteilung" in § 111 UrhG einer Veröffentlichung der Gründe nicht entgegensteht801, muss deutlich werden, inwieweit Urteilsformel und gegebenenfalls auch Urteilsgründe betroffen sind. 802 Im Fall der Veröffentlichung in einer Zeitung muss das Gericht bestimmen, in welchem Teil des Blattes die Bekanntgabe in welcher Aufmachung zu erfolgen hat. 803 Form und Schrifttype müssen bestimmt werden. 804 Entsprechendes gilt bei der Bekanntmachung im Rundfunk. 805 Keinesfalls darf dem Verletzten die Auswahl unter mehreren Tageszeitungen überlassen bleiben.806 Bei der Bestimmung der Art der Bekanntmachung sind die gleichen Gesichtspunkte maßgebend, die schon bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen sind. 807 Auch hier kommt es auf Art und Umfang der Urheberrechtsverletzung 808, das Bedürfnis des Verletzten an einer Klarstellung, sowie auf die Schwere der Tat 795

Vgl.: BT-Drucks. IV/270, S. 109. Vgl.: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 7. 797 Letzteres auch: Kleinknecht/Meyer-Goßner, §260 StPO Rn.40. 798 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 7; SK-Rudolphi, § 200 StGB Rn. 7 f.; vgl. auch: Rehbinder, Urheberrecht, Rn. 460. 799 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn.7; Tröndle/Fischer, §200 StGB Rn.6. 800 RGSt 20, 1, 2; Möhring/Nicolini-Spautz, § 111 UrhG Anm. 6; dagegen: v. Gamm, § 111 UrhG Rn.4. 801 Möhring/Nicolini-Spautz, § 111 UrhG Anm. 6. 802 Im Ergebnis ebenso: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn.7. 803 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 7; SK-Rudolphi, § 200 StGB Rn. 8; Tröndle/Fischer, § 200 StGB Rn. 6. 804 Tröndle/Fischer, §200 StGB Rn.6. 805 SK-Rudolphi, § 200 StGB Rn. 8. 806 BGH GA 1968, 84; BayObLGSt 54,71 ; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 7. 807 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn.7. 808 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn.7; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 368. 796

Β. Rechtsfolgen

413

und ihre Folgen an. 809 Bedeutsam ist vor allem, in welchen Kreisen sich die Verletzung ausgewirkt hat. 810 Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu berücksichtigen.811 In idealer Weise wird deswegen dem Zweck der Bekanntmachung entsprochen, wenn sie in demselben Medium erfolgt, in dem die Urheberrechtsverletzung vorgenommen wurde, etwa in der Zeitung, die unerlaubt einen Artikel gedruckt, oder bei der Rundfunkanstalt, die rechtswidrig ein Werk gesendet hat. 812 Soweit diese Möglichkeit nicht besteht, ist die Form zu wählen, die am ehesten diejenigen Personen anspricht, die von der Verletzung Kenntnis genommen haben.813 So kann die Veröffentlichung in den Hausmitteilungen der Firma, in der die Urheberrechtsverletzung begangen worden ist 814 , die Bekanntmachung des Urteils in der einschlägigen Fachpresse815, bei Schriftwerken also etwa im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, das sich vor allem an Buchhändler und Verleger wendet816, geboten sein. Mit Blick auf das Resozialisierungsinteresse des Täters ist zu vermeiden, dass die Bekanntmachung einen größeren Personenkreis erreicht als die Tat. 817 Eine Veröffentlichung in Zeitschriften und Zeitungen, die sich an die Endverbraucher richten, ist deswegen zur Bekanntmachung regelmäßig nicht geeignet, da diese nicht zu den Verkehrskreisen gehörten, die geeignete Adressaten der Veröffentlichung sind.818 Etwas anderes mag gelten im Falle der Veröffentlichung in einer Computerzeitschrift, in der vorab die Angebote an die Öffentlichkeit 819 erfolgten. 820 Da Art und Umfang der Veröffentlichung zur Wahrung der Interessen des Verletzten erforderlich und geeignet sein müssen, wird auch die Veröffentlichung der Urteilsbegründung in einer überregionalen Zeitung nicht zulässig sein, wenn die Verletzung des Urheberrechts nur wenigen Personen gegenüber erfolgt ist. 821 Probleme werfen bei der Bekanntmachung vor allem diejenigen Fälle auf, in denen der Täter auch wegen anderer Delikte verurteilt wird. Zwar ist sicher, dass wegen § 52 Abs. 4 S. 2 StGB die Bekanntmachung der Verurteilung auch dann angeordnet werden kann, wenn Urheberrechtsdelikte hinter anderen Delikten im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurücktreten. 822 Auch darf das andere verletzte Strafgesetz 809

Möhring/Nicolini-Spautz , § 111 UrhG Anm. 3. Heinrich , Die Strafbarkeit, S.342; Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.368. 811 Schomburg, S. 66f. 812 Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.368. 813 Erbs/Kohlhaas-Meurer , § 111 UrhG Rn.2; Fromm/Nordemann-Vinck , § 111 UrhG Rn. 3; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth , Ziff. 100 Rn. 32; Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.368 f. 814 Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.369. 8,5 Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S.213; Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.369. 816 Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.369. 817 Im Ergebnis ebenso: Schomburg , S.66; SK-Rudolphe §200 StGB Rn.7. 818 Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S.213. 819 Vgl. zur Straflosigkeit des „Anbietens an die Öffentlichkeit": Kap. 2 D.III.4.a. 820 LG Wuppertal CR 1987, 599; vgl. auch: SK -Rudolphe § 200 StGB Rn. 8. 821 Schricker-Haß , Urheberrecht, § 111 UrhG Rn.7. 822 Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.360. 810

414

7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

nicht mitveröffentlicht werden. 823 Ferner ist im Falle der Verurteilung in Tatmehrheit mit anderen Delikten anerkannt, dass die Veröffentlichung auf die Delikte der §§ 106 ff. UrhG zu beschränken ist. 824 Fraglich ist jedoch, ob im Fall der Tateinheit mit einem anderen Delikt die erkannte Strafe mitveröffentlicht werden darf. Während einige825 dies bejahen, wollen andere die erkannte Strafe nicht veröffentlichen.826 Denn die Veröffentlichung erscheine im Hinblick auf den Wortlaut von § 111 UrhG und die mit der Vorschrift verfolgten Zwecke zweifelhaft, da sich bei Verurteilung mit einem schwereren Delikt die ausgesprochene Strafe in erster Linie auf die Verurteilung wegen des schwereren Delikts beziehe und die Bekanntgabe der Strafe die Resozialisierung des Täters unnötig gefährde, ohne dem Verletzten Genugtuung zu bieten.827 Mich überzeugt diese Begründung. Im Ergebnis wird man die Formulierung des BGH 828 übernehmen können, die dieser in einer Verurteilung verwendete, die unter anderem wegen gewerbsmäßiger Hehlerei erfolgte: „Der Angeklagte ist durch Urteil des Landgerichts Krefeld vom 12. Januar 1988 wegen Vergehens gegen das Warenzeichengesetz zu Strafe verurteilt worden, weil er in den Jahren 1985 und 1986 eine Vielzahl von gefälschten Markenuhren der Firma Carrier, Paris, in den Niederlanden erworben und diese in Krefeld und Umgebung feilgehalten und in Verkehr gebracht hat."

C. Besonderheiten bei jugendlichen und heranwachsenden Tätern Gemäß § 80 Abs. 1 JGG ist eine Privatklage gegen Jugendliche unzulässig.829 Die Staatsanwaltschaft hat aber bereits dann einzuschreiten, wenn Gründe der Erziehung oder ein berechtigtes Interesse des Verletzten, das dem Erziehungszweck nicht entgegenstehen darf, es erfordern. Dies folgt daraus, dass im Jugendstrafrecht der erzieherische Zweck im Vordergrund steht.830 Berechtigte Interessen des Verletzten sind nur solche, die dem ideellen und materiellen Ausgleich sowie der Sicherung 823 BGHSt 10, 306, 311 f.; Lackner/Kühl, §200 Rn.4; Schönke/Schröder-Lenckner, § 165 StGB Rn. 7; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 8; SK-Rudolphi, § 165 StGB Rn. 5; Tröndle/Fischer, §200 StGB Rn.5. 824 BayObLGSt 60, 192; 61, 141; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 8; vgl. auch: Schönke/Schröder-Lenckner, § 165 StGB Rn.7; SK-Rudolphi, § 165 StGB Rn.4f. 825 BGHSt 10, 306, 312; Lackner/Kühl, §200 Rn.4; Schönke/Schröder-Lenckner, §200 StGB Rn.7; Tröndle/Fischer, §200 StGB Rn.5. 826 RG JW 1937,3301 ; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 8; SK-Rudolphi, § 165 StGB Rn.4 f. 827 Schricker-Haß, Urheberrecht, § 111 UrhG Rn. 8. 828 BGH, Beschluss vom 29.7.1988-3 StR 213/88, unveröffentlicht. 829 Hierzu auch: Schal/Eisenberg, S. 50. 830 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 149; Heghmanns, S. 115; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 324; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 376 StPO Rn. 2; Schricker-Haß, Urheberrecht, vor § 106 UrhG Rn.2.

C. Besonderheiten bei jugendlichen und heranwachsenden Tätern

415

vor einer Wiederholung dienen.831 Voraussetzungen für das Einschreiten ist zum einen schwere oder wiederholte Begehung832, zum anderen ein, je nach Täterpersönlichkeit im konkreten Einzelfall festzustellendes, Ahndungsbedürfnis. 833 Im Falle der erstmaligen Verfehlung, bei welcher der jugendliche Täter nicht bereits über längere Zeit hinweg erhebliche Einnahmen aus der Verwertungshandlung erzielt hat, sind die Voraussetzungen von § 80 Abs. 1 S. 2 JGG regelmäßig abzulehnen, da hier zivilrechtliche Ansprüche ausreichen dürften 834. Zu berücksichtigen ist stets, dass im Regelfall eine Kriminalisierung von Jugendlichen nicht beabsichtigt sein kann.835 Die Staatsanwaltschaft ist bei ihrer Entscheidung durch eine Richtlinie zu § 80 JGG 836 gebunden. Gegen einen jugendlichen Privatkläger ist nach § 80 Abs. 2 JGG Widerklage zulässig. Auf Jugendstrafe darf hierbei nicht erkannt werden. Eine Nebenklage gegen Jugendliche ist wegen § 80 Abs. 3 JGG, das Adhäsionsverfahren wegen § 81 JGG unzulässig.837 Gegen Heranwachsende kann ein Adhäsionsverfahren nur dann durchgeführt werden, wenn das allgemeine Strafrecht angewandt wird (§§ 109 Abs. 2, 105, 81 JGG). 838 Nach § 6 Abs. 1 S. 2 JGG darf eine Bekanntmachung des Urteils gegen Jugendliche, wegen § 105 Abs. 1 JGG unter Umständen auch gegen Heranwachsende, nicht angeordnet werden. Gleiches gilt für die Verhängung eines Berufsverbotes - § 7 JGG. Hinsichtlich der Rechtsfolgen von Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende möchte ich mangels veröffentlichter Entscheidungen auf eine Untersuchung unveröffentlichter Entscheidung durch v. Gravenreuth 839 hinweisen. Die einzige mit Rechtsfolge veröffentlichte Entscheidung840 fügt sich in das Bild der Untersuchung: Nach Ansicht des Gerichtes genügte gegen einen nicht vorbestraften, geständigen Jugendlichen, der in größerem Umfang Kopien von Computerprogrammen getauscht hatte, die Verhängung einer Erziehungsmaßregel, wonach fünfzig Stunden gemeinnützige Arbeit zu erbringen waren (§§ 9 Ziff. 1, 10 Abs. 1 Ziff. 4 JGG). Soweit es sich bei den durch v. Gravenreuth untersuchten Verfahren um solche gegen Jugendliche und nicht gegen Heranwachsende handelte, seien alle spätestens in der Hauptverhandlung gemäß §45 JGG eingestellt worden. In keinem der 125 untersuchten Fälle sei Jugendstrafe verhängt worden. Der Regelfall sei vielmehr sowohl 831 832 833 834 835 836 837 838 839 840

Heghmanns, S. 115; Ostendorf, § 80 Rn.7 f., mit Nachweisen zur Gegenansicht. Heghmanns, S. 115. Eisenberg, JGG, § 80 Rn.7; Heghmanns, S. 115. Heghmanns, S. 115 f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 337. Spautz, ZUM 1990, S. 164f. Abgedruckt bei: Brunner/Dölling, § 80 JGG. Hierzu auch: Schal/Eisenberg, S.50ff. Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 342; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn. 2. v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.78 u. S.87f.; auch: v. Gravenreuth, ZUM 1985, S.540. AG Neumark CR 1990, 406.

416

7. Kap.: Strafverfolgung und Rechtsfolgen

bei Staatsanwaltschaften (§45 Abs. 2 JGG) als auch bei Gerichten (§§45 Abs. 1 bzw. 47 JGG) allein die Ermahnung gewesen. Nur in einem Fall sei ein Schuldspruch, in nur 13 Fällen neben der Ermahnung eine Auflage erfolgt. Dabei seien allerdings teilweise hohe Auflagen erteilt worden, mit denen in erster Linie der Erlös aus dem Vertrieb von Raubkopien abgeschöpft wurde. In einem Einzelfall sei der Jugendliche zu einer Zahlung von 2.500,- DM an verschiedene soziale Organisationen verurteilt worden. Soweit man die bei v. Gravenreuth aufgeführten Entscheidungen gegen Heranwachsende in die Betrachtung mit einbezieht, ergibt sich, dass regelmäßig eine Verwarnung erteilt und der Täter zu etwa 30 bis 40 Stunden sozialer Arbeit verurteilt wurde. In einem Fall sei die zur Erstellung der Raubkopien benutzte Hardware eingezogen, in einem anderen Fall 841 der Angeklagte - bei 1.360 DM Reingewinn durch die Tat und einer Tagessatzhöhe von 5,- DM - zu 30 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt worden. Gegen einen Händler, bei dem lediglich Programmhandbücher, aber keine kopierten Programme gefunden wurden, habe die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl in Höhe von 30 Tagessätzen erlassen.842

841

AG Kaufbeuren NStZ 1985, 180 („Choplifter u.a."). AG Paderborn, Az.20 Js 189/83, in: v. Gravenreuth, GRUR 1985, S.417 (anders dargestellt in: v. Gravenreuth, CR 1986, S. 111). 842

Kapitel 8

Urheberrechtsdelikte im Hinblick auf andere Vorschriften Im Hinblick auf andere Vorschriften sind die Urheberrechtsdelikte daraufhin zu untersuchen, ob sie als Vortat zur Begünstigung nach § 257 StGB (A) 1 , zur Strafvereitelung nach § 258 StGB (B) 2 oder zur Hehlerei nach § 259 StGB (C)3, als Zweck oder Gegenstand der Tätigkeit im Rahmen einer kriminellen Vereinigung i. S. v. § 129 StGB (D) 4 oder als Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB (E)5 in Betracht kommen. Schließlich soll auch die disziplinarrechtliche Relevanz geprüft werden (F)6.

A. Vortat zu § 257 StGB (Begünstigung) Unbestritten können die §§ 106 ff. UrhG in Einzelfällen Vortat einer Begünstigung sein.7 So kann etwa das Vorlegen gefälschter Rechnungen, Lieferscheine und ähnlicher Dokumente8, die Aufbewahrung illegal angefertigter Kopien oder das Irreführen von Ermittlungsbeamten9 Indizien einer Begünstigung sein. So ist denkbar, dass etwa eine Person aus dem Kreis der Mitwisser, beispielsweise ein Arbeiter oder Angestellter des Inhabers eines Schallplattenpresswerks, das Aufdecken von Straftaten vereitelt, um dem Betriebsinhaber die Vorteile zu sichern. 10 Ist der Tatbestand der Begünstigung zu bejahen, so greift im Hinblick auf § 257 StGB mittelbar das Antragserfordernis des § 109 UrhG ein - § 257 Abs. 4 StGB.11 1

Zur Begünstigung nach §257 StGB: Kap. 8 A. Zur Strafvereitelung nach § 258 StGB: Kap. 8 B. 3 Zur Hehlerei nach §§ 259, 260, 260a StGB: Kap. 8 C. 4 Zum Zweck oder Gegenstand der Tätigkeit im Rahmen einer kriminellen Vereinigung i.S.v. §129 StGB: Kap.8D. 5 Zum Eignung als Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB: Kap. 8 E. 6 Zur disziplinarrechtlichen Relevanz: Kap. 8 F. 7 v. Gravenreuth , GRUR 1983, S.355; Kann , S. 115; Lieben, S.575f.; Movsessian/Seifert , S. 306; Schack , Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.738; Sternberg-Lieben , NJW 1985, S.2123. 8 Kann, S. 114; Nick. , Musikdiebstahl, S.51 \ Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.76. 9 v. Gravenreuth , Das Plagiat, S.94. 10 Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S.224. 11 Ebenso: Lieben, S.576. 2

27 Hildebrandt

418

8. Kap.: Urheberrechtsdelikte im Hinblick auf andere Vorschriften

Stets ist für § 257 StGB jedoch die Absicht im Sinne einfachen Vorsatzes erforderlich, die Vorteile der Vortat zu sichern. 12 Wann dies im Einzelnen der Fall ist, ist umstritten: Zunächst stellt sich das Problem beim bösgläubigen Händler, der vom Produzenten oder Händler Vervielfältigungsstücke ankauft. Eine Reihe von Autoren will hier im Regelfall eine Begünstigung durch den Händler ablehnen.13 Denn der Händler erwerbe in erster Linie zum eigenen Vorteil und nicht, um dem Täter die Vorteile der Tat zu sichern.14 In der Regel sei der Händler in keiner Weise mit Produzenten und Vorlieferanten verbunden.15 Vielmehr kaufe er lediglich die günstigste Ware ein, um profitabel weiterzuverkaufen. 16 Er nehme dabei regelmäßig keinerlei Tathandlungen vor, die auf eine Sicherung der Vorteile des Produzenten abzielen.17 Jedenfalls durch den bloßen Kauf erfolge eine solche Sicherung nicht.18 Andererseits wird darauf verwiesen, die Sicherungsabsicht brauche nicht der alleinige Zweck oder Endzweck zu sein.19 Vielmehr genüge es, wenn der bösgläubige Händler über die Sicherung der Vortat hinaus eigene Ziele verfolgt. 20 In den Fällen, in denen es zu dauerhafter und planmäßiger Zusammenarbeit zwischen Zulieferer und Händler gekommen ist 21 oder wenn der Händler ein Interesse hat, den Produzenten zu schützen, um sich eine billige Bezugsquelle zu erhalten,22 könne deswegen ein Fall von Begünstigung vorliegen. Noch einen Schritt weiter geht Lieben 23, wenn er meint, regelmäßig genüge der bloße Kauf, da durch die Zahlung des Kaufpreises der in den Werkträgern verkör12

BGHSt 4, 221, 224; LK-Ruß, §257 StGB, Rn. 18; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.223; Schönke/Schröder-Stree, §257 StGB Rn.22; vgl. auch: Lieben, S.575f., m.w.N. 13 v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.355; Kann, S. 115; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.223; Rupp, Computersoftware, S.216 u. wistra 1985, S. 139; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.352f.. 14 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.94. 15 Kann, S. 115. 16 Kann, S. 115; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.223; Rupp, Computersoftware, S.216 u. wistra 1985, S. 139; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.352f. 17 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.223; Rupp, Computersoftware, S.216 u. wistra 1985, S. 139. 18 v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.355; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.223. 19 BGHSt 4, 107; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.94; Kann, S. 115; Lieben, S.576; LK-Ruß, §257 StGB, Rn. 18; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.223 u. UFITA 83 (1978), S.76; Schlüchter, NStZ 1988, S.57 f.; Schönke/Schröder-Stree, §257 StGB Rn.22; Tröndle/Fischer, §257 StGB Rn.9. 20 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 94; Lieben, S. 576; vgl. auch: BGHSt 4, 107. 21 Kann, S.U5. 22 Lieben, S.575f.; Nick, Musikdiebstahl, S.51; Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.76; ebenso für den tauschenden Endabnehmer: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.95. 23 Lieben, S. 575 ff.

Α. Vortat zu § 257 StGB (Begünstigung)

419

perte Wert dem Vortäter zukomme.24 Es könne keinen Unterschied machen, ob der Händler die Kopien selbst ankauft oder lediglich zum Kauf durch Dritte verhilft. Ohne die Zug um Zug erfolgende Zahlung des Kaufpreises könne sich der Händler die Kopien nicht verschaffen, so dass er die Wertrealisierung beim Vortäter als notwendiges Zwischenziel zur Erreichung seines Endziels beabsichtige.25 Schließlich spreche für die Anwendung des § 257 StGB auch der mit der Vorschrift verfolgte Zweck, den Täter durch Bekämpfung von Beihilfe nach der Tat zu isolieren; durch die Anwendung des Begünstigungstatbestands könne insofern eine Lücke im strafrechtlichen Schutz geschlossen werden, als die Vorschrift bereits eingreife, bevor der Händler die Kopien seinerseits verbreitet. Ich bin der Auffassung, der Tatbestand der Begünstigung wird gegenüber dem bösgläubigen Händler kaum einmal eingreifen. Denn nach der Rechtsprechung des BGH muss der Täter in der Absicht handeln, eine dem Vortäter drohende Entziehung des Vorteils zu verhindern. 26 Eine derartige Entziehung aber wird in der Praxis nur selten drohen. Denn in aller Regel wird der Verkauf im Rahmen einer Handelsbeziehung erfolgen, deren Illegalität bislang unentdeckt ist und in der kein Zugriff des Berechtigten oder der Ermittlungsbehörden droht. Allenfalls in den Ausnahmefällen, in denen der Händler von einem drohenden Zugriff Kenntnis hat und in denen er die Sicherung vor der Entziehung billigend in Kauf nimmt, kann der Tatbestand des § 257 StGB eingreifen. Hinsichtlich des Endabnehmers ist die überwiegende Literatur 27 der Ansicht, dieser könne nicht Begünstiger sein. Zwar erschwere die Weiterveräußerung den Zugriff auf das Werk. 28 Doch werde dem Händler durch den Ankauf die Raubkopie gerade entzogen, wobei der Kaufpreis nicht als ausreichendes Äquivalent anzusehen sei.29 Ferner komme es dem Käufer nur darauf an, ein anderweitig nicht aufzutreibendes oder besonders preisgünstiges Vervielfältigungsstück zu erwerben. 30 Er handele somit ausschließlich im eigenen und auch nicht teilweise im Interesse des Herstellers.31 Ihm komme es nicht darauf an, die Wiederherstellung des gesetzmäßigen 24 Vgl. auch: Maurach/Schroeder/Maiwald , § 101 Rn.8; a. Α.: Wulff,i NJW 1986, S. 1236; offengelassen von: Schlüchter , NStZ 1988, S.57. 25 So auch: Schlüchter , NStZ 1988, S.58. 26 RGSt 39,236,237; BGHSt 2,362,363; 4,122,124; so auch: Otto , Grundkurs, § 57 Rn. 2; Schönke/Schröder-Stree,§251 StGB Rn.24; vgl. auch: LK-Ruß, §257 StGB, Rn.8; ablehnend: Lieben, S. 575 f. 27 LG Koblenz vom 24.9.1984, Az. 102 Js 7989/83, in: Friedrich, S.368; Friedrich , S.368; v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.355; Lieben, S.576; Rupp, Computersoftware, S.216 u. wistra 1985, S. 139 u. S. 142; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.352f. u. Handwörterbuch, S. 10; Wulff, NJW 1986, S. 1236. 28 Schlüchter, NStZ 1988, S.57. 29 Schlüchter, NStZ 1988, S.57; Wulff, NJW 1986, S. 1236. 30 Friedrich, S. 368; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 352f. 31 Friedrich, S. 368; v. Gravenreuth , GRUR 1983, S. 355; Lieben, S. 575; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.352f.; Wulff, NJW 1986, S. 1236.

27*

420

8. Kap.: Urheberrechtsdelikte im Hinblick auf andere Vorschriften

Zustandes zu verhindern oder zu erschweren. 32 Schließlich solle die nach dem UrhG geltende Straflosigkeit des bloßen Erwerbs nicht durch einen Rückgriff auf Vorschriften des allgemeinen Strafrechts ausgehöhlt werden.33 Meines Erachtens kann hinsichtlich des Endabnehmers nichts anderes gelten als hinsichtlich des Händlers. Zwar kommt somit der Endabnehmer in Ausnahmefällen als Begünstiger in Betracht. 34 Voraussetzung ist jedoch auch hier, dass der Abnehmer billigend in Kauf nimmt, den Vorteil gegen den drohende Zugriff des Berechtigten oder der Ermittlungsbehörden zu sichern.35 Ein derartiger Zugriff aber wird nur in seltenen Ausnahmefällen drohen.

B. Vortat zu § 258 StGB (Strafvereitelung) Da § 258 StGB die Rechtspflege schützt und damit die Schutzrichtung der Vortat in den Hintergrund rückt, wirft die Strafvereitelung hinsichtlich des Urheberstrafrechts keine besonderen Fragen auf. 36 § 258 StGB kann zwar in Ausnahmefällen einschlägig sein.37 Die Anwendung des § 258 StGB wird jedoch im Regelfall daran scheitern, dass der Täter selbst Beteiligter der anderen Tat war oder seine Bestrafung wegen der Tat vereiteln will - § 258 Abs. 5 StGB; so wird ein Händler, der den Ermittlungsbehörden falsche Lieferscheine über den Bezug von Raubkopien vorlegt, die Ermittlungsbehörden nicht nur von der Spur seines Lieferanten abbringen wollen, sondern auch seine eigene Straftat, die Verbreitung von Raubkopien, zu vertuschen suchen.38 Gleiches gilt im Falle wahrheitswidriger Angaben39, nichts zu wissen.40 Zu beachten ist hierbei, dass § 258 Abs. 5 StGB auch dann einschlägig ist, wenn die Strafvereitelung zu Gunsten der eigenen Person wegen einer anderen Straftat erfolgt, derentwegen der andere begünstigt wird. 41 Überdies ist Abs. 5 auch dann anzuwenden, wenn der Beschuldigte irrig annimmt, sich strafbar gemacht zu haben.42 Hinsichtlich des Endverbrauchers greift § 258 Abs. 5 StGB deswegen auch dann ein, wenn dieser irrtümlich davon ausgeht, der Erwerb der Kopien sei straf32

Friedrich, S. 368. Lieben, S. 576. 34 So auch: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 95; Movsessian/Seifert, S. 306; Rupp, Computersoftware, S.216 u. wistra 1985, S. 139. 35 Vgl.: Rupp, Computersoftware, S.216 u. wistra 1985, S. 139. 36 Vgl. insofern: Weber, Gedächtnisschrift-Meyer, S. 634ff. 37 Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 738. 38 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.96; Lieben, S.577; Rupp, Computersoftware, S.216f. u. wistra 1985, S. 139. 39 Zur Eignung als Tathandlung vgl.: Tröndle/Fischer, § 258 StGB Rn. 6. 40 Lieben, S.577. 41 BGH bei Holtz MDR 1981, 99; NJW 1984, 135, 136; Lieben, S.577; Tröndle/Fischer, §258 StGB Rn. 13, m.w.N. 42 BGHSt 2, 375; Tröndle/Fischer, §258 StGB Rn. 13. 33

C. Vortat zu § 259 StGB (Hehlerei)

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bar. 43 Andererseits ist § 258 Abs. 5 StGB nach rechtskräftiger Verurteilung zu Gunsten des Vereitelnden nicht mehr einschlägig, da dann die Zwangslage entfallen ist. 4 4

C. Vortat zu § 259 StGB (Hehlerei) Ob die Tatbestände der §§ 106 ff. UrhG als Vortaten zur Hehlerei in Betracht kommen, gehört zu den umstrittensten 45 Fragen i m Bereich des Urheberstrafrechts. Teilweise wurde in diesem Bereich der Meinungskampf mit „unsauberen" Methoden geführt. So disqualifiziert sich v. Gravenreuth dadurch als Autor, dass er mehrfach falsch zitiert 4 6 und gelegentlich eine äußerst zweifelhafte „h. M . " bildet 4 7 . Da die Ausführungen bisweilen zugleich recht detailliert sind, scheint es fast so, als stelle v. Gravenreuth fremde Ansichten bewusst falsch dar. Auch Sachverhalte historischer Fälle verändern sich in der Darstellung durch v. Gravenreuth teilweise grundlegend, wie das Beispiel einer Entscheidung des A G Paderborn zeigt. 48 Strafbegründend kann die Anwendung der §§ 259 ff. StGB lediglich für den Endabnehmer wirken, da andere vorsätzlich handelnde Personen ohnehin den Vor43

Lieben, S. 577, Fn.91. BayObLG NStZ 1996, 497, 498; Tröndle/Fischer, §258 StGB Rn. 13. 45 Bejahend: AG Duisburg Urteil vom 7. Juli 1982 Az. 10 Ds 1024/81 u. AG Duisburg Urteil vom 1. Oktober 1982 Az. 18 II Ls 217/82 u. AG Paderborn, Strafbefehl vom 12. November 1983 Az. Cs 20 Js 320/83, alle in: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 221, Fn. 394; AG Höxter 4 Cs 20 Js 381/86, in: Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn. 28; Flechsig, NStZ 1983, S.563 u. ZRP 1980, S.315; Ganter, S. 1480; v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1744u. Das Plagiat, S.97 ff. u. Der Kriminalist 1985, S.29 u. FuR 1984, S. 132 u. GRUR 1983, S.354 u. ZUM 1985, S.542; Hentschel, FuR 1982, S.240 f. u. FuR 1983, S.392 u. Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 15 u. Videorecht, S. 113; Hoppmann, S.58; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn. 28 ff.; Movsessian/Seifert, S. 306; Nick, Musikdiebstahl, S. 51 ; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.214ff. u. UFITA 83 (1978), S.75; Tielke, Taschenbuch, S.34; Wahl, Wirtschaftskriminalität, S. 271; verneinend: KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"); LG Koblenz vom 24.9.1984, Az. 102Js7989/83, in: Friedrich, S.368; LG Würzburg NStZ 2000, 374; AG Brakel, Az. 64 Cs/20 Js 320/8, in: v. Gravenreuth, FuR 1984, S. 133; Generalstaatsanwalt beim OLG Celle, Az. Zs 924/84, in: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.97; Beermann, S.612; Friedrich, S.368; Hefendehl, S. 350; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 306 ff. u. JZ 1994, S.944f.; Kann, S. 114; Lackner/Kühl, §259 StGB Rn. 5; Lessing, S. 110; Lieben, S.574ff.; Lührs, S.266; Rupp, Computersoftware, S.215 u. wistra 1985, S. 139 u. S. 142; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.738; Schönke/Schröder-Stree, §259 StGB Rn.9; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 102 ff. u. NJW 1985, S.2123; Tröndle/Fischer, §259 StGB Rn.5 f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 350ff. u. FS-Locher, S.432ff.; Wulff.i BB 1985, S. 428; wohl auch: BayObLG JZ 1993, 104ff. („Verwertung von Computerspielen"). 46 Beispiel, das gleich in mehrfacher Hinsicht falsch (Inhalt; Verweisung; Fundstelle; hinsichtlich Weber) ist: v. Gravenreuth, FuR 1984, S. 132, Fn.5 u. GRUR 1983, S.354, Fn.54. 47 v. Gravenreuth, Der Kriminalist 1985, S.27 u. FuR 1984, S. 132, Fn.5, unter Berufung auf Weber, der jedoch das genaue Gegenteil schreibt: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.352. 48 AG Paderborn Az. 20 Js 189/83, einmal in: v. Gravenreuth, CR 1986, S. 111, einmal in: v. Gravenreuth, GRUR 1985, S.417. 44

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8. Kap.: Urheberrechtsdelikte im Hinblick auf andere Vorschriften

Schriften des UrhG unterfallen. 49 Bei Händlern dagegen führt die Anwendung des Hehlereitatbestands allenfalls zu einer Vorverlagerung der Strafbarkeit, da für die Hehlerei das subjektive Moment genügt, die Raubkopien zum Zwecke der Weiterveräußerung zu erwerben. 50 Im Übrigen bewirkt die Anwendung der Vorschriften bei Händlern eine Strafschärfung und die Beseitigung des Strafantragserfordernisses.51 Insbesondere dann, wenn man - etwa beim Vertrieb von Vervielfältigungsstücken durch Videotheken oder Computerläden in größerem Umfang 52 - auch gewerbsmäßiges Handeln53 bejahen will, resultiert hieraus eine empfindliche Anhebung des Strafrahmens. Ich möchte zunächst die Tatbestandsmerkmale des § 259 StGB untersuchen. Der Tatbestand der Hehlerei erfordert als Vortat ein Vermögensdelikt (I) 54 . Aus diesem Delikt muss eine Sache (II) 55 erlangt (III) 5 6 sein. Dies muss zur Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Vermögenslage führen (IV) 57 . Nach der Untersuchung dieser Tatbestandsmerkmale sollen sonstige Überlegungen, insbesondere kriminalpolitischer Art, zur Sprache kommen (V) 58 . Schließlich stelle ich das Ergebnis der Überlegungen vor (VI) 59 .

I. Vermögensdelikt Nach fast einhelliger Ansicht 60 handelt es sich bei den §§106 und 108 UrhG um Vermögensdelikte i. S. des Hehlereitatbestands. Denn dieser erfordert kein Vermögens- oder Eigentumsdelikt im engeren Sinn.61 Es kommt mithin nicht darauf an, ob 49

Heinrich, JZ 1994, S.943; Weber,, FS-Locher, S.433. Tielke, Taschenbuch, S. 34. 51 Weber, FS-Locher, S.433. 52 So: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 104f. 53 Zum Tatbestandsmerkmal „gewerbsmäßigen Handelns": Kapitel 5. 54 Zur Eigenschaft als Vermögensdelikt: Kap. 8 C. I. 55 Zur Sacheigenschaft: Kap.8 C.II. 56 Zum Merkmal „erlangt": Kap. 8 C. III. 57 Zur Frage des „Aufrechterhaltens einer rechtswidrigen Vermögenslage": Kap. 8 C. IV. 58 Zu den sonstigen Überlegungen: Kap. 8 C. V. 59 Zum Ergebnis: Kap. 8 C. VI. 60 Friedrich, S.366; Ganter, S. 1480; v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1744 u. Das Plagiat, S.97 u. S. 101 u. GRUR 1983, S.354; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.307 u. JZ 1994, S.941; Hentschel, FuR 1983, S. 390; Kann, S. 113; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn. 30; Lackner/Kühl, §259 StGB Rn.5; Lieben, S.573; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.216; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 102; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.350 u. FS-Locher, S.434. 61 RGSt 37, 230. 231; Friedrich, S. 366; Ganter, S. 1480; v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1744 u. Das Plagiat, S.97 u. S. 101 u. GRUR 1983, S.354; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.307 u. JZ 1994, S.941; Hentschel, FuR 1983, S. 390; Kann, S. 113; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn. 30; Lackner/Kühl, §259 StGB Rn.5; Lieben, S.573; Schönke/Schröder-Stree, 50

C. Vortat zu § 259 StGB (Hehlerei)

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fremdes Eigentum oder fremder Besitz verletzt werden. 62 Zugleich stellen die urheberrechtlichen Verwertungsrechte 63 ebenso wie die verwandten Schutzrechte64 Vermögenswerte dar. Die Herstellung des Werkträgers erfolgt unter Verletzung dieser Rechtsgüter.65 Zudem stehen die verletzten Urheberrechte unter der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG. 66 Allein Hefendehl 67 meint, der Charakter der Hehlerei als Vermögensdelikt würde gesprengt, wenn gegen den Schutzzweck des Urheberrechts gerichtete Maßnahmen erfasst wären. Denn das Urheberrecht sichere nur die Chancen, eine Wertschöpfung zu Geld zu machen, und stelle damit keine Vermögenswerte Expektanz dar, zumal den Hersteller rechtswidriger Vervielfältigungsstücke keine Pflicht treffe, diese Produkte zu erwerben. Dies überzeugt indes nicht. Denn zum einen stellt auch der urheberrechtliche Abwehranspruch ein vermögenswertes Gut dar. Darüber hinaus hat das BVerfG 68 die Urheberrechte sogar dem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff subsummiert. Schließlich erwächst dem Rechtsinhaber aufgrund der Verletzungshandlung ein Schadensersatzanspruch; im Rahmen des dreifachen Wahlrechts 69 kann er dabei auch eine angemessene Lizenzgebühr verlangen. Die Ansicht Hefendehls, die auf den Kauf des Werkträgers und nicht auf das Werk selbst abstellt, verkennt die Eigenart des Urheberrechts. Schwieriger ist die Lage bei § 107 UrhG. Weber 70 hat insofern bemerkenswerte Ausführungen gemacht: Bei § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG handele es sich mit Blick auf das geschützte Rechtsgut71 nicht um eine gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat. Bei Nr. 2 komme es dagegen auf den Einzelfall an, da eine Tat nur dann Vortat sein könne, wenn sie im konkreten Fall gegen das Vermögen gerichtet ist. Bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG handele es sich um ein der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) § 259 StGB Rn. 7; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 102; Tröndle/Fischer, § 259 StGB Rn.5; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.350 u. FS-Locher, S.434. 62 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.216. 63 Friedrich, S.366; v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1744 u. Das Plagiat, S.97 u. ZUM 1985, S.542; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.307; Hentschel, FuR 1982, S.240 u. FuR 1983, S.390 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 15 u. Videorecht, S. 113; Kann, S. 113; Lieben, S.573; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.350 u. FS-Locher, S.434. 64 Vgl.: Friedrich, S.366; Lieben, S.573. 65 v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1744 u. Das Plagiat, S.97 u. GRUR 1983, S.354; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.307; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.350 f. u. FS-Locher, S.434. 66 BT-Drucks. 11/4792, S.23 u. S.28; BVerfGE 31, 229; 31, 248, 251; 31, 275; Alternativentwurf, S. 115; Ganter, S. 1480; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 101; Haß, FS-Klaka, S. 133; Heinrich, JZ 1994, S.941; Hentschel, FuR 1983, S.390; Hubmann, Rechtsprechung, S.20; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn. 30; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 362 u. S. 424 u. FS-Sarstedt, S.382 u. S.387 u. FS-Stree/Wessels, S.615 u. FuR 1980, S.336 f. u. Handwörterbuch, S.6; einschränkend: v. Gamm, Einl. Rn.25. 67 Hefendehl, S.350. 68 BVerfGE 31, 229; 31, 248, 251. 69 Rehbinder, Urheberrecht, Rn.451 f. 70 Weber, FS-Locher, S.434 u. S.437f. 71 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap. 3 A.

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8. Kap.: Urheberrechtsdelikte im Hinblick auf andere Vorschriften

verwandtes Delikt. Für die Urkundenfälschung aber sei anerkannt72, dass sie in Einzelfällen geeignete Vortat i. S. des § 259 Abs. 1 StGB sein kann. Gleichwohl könne jedenfalls beim Tatbestand der Signierung nicht von einer gegen fremdes Vermögen gerichteten Tat gesprochen werden, da durch die unzulässige Signierung i. S. des § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG - ebenso wenig wie durch die Herstellung einer unechten Urkunde (§ 267 Abs. 1 Fall 1 StGB) - konkret in fremdes Vermögen eingegriffen werde, sondern es sich nur um eine vage Gefährdung handele. Gerichtliche Entscheidungen73, welche die Urkundenfälschung als geeignete Vortat der Hehlerei genügen lassen, bezögen sich nicht auf die falsche Urkunde als Tatobjekt des § 259 Abs. 1 StGB, sondern auf Vermögensvorteile, die durch den täuschenden Gebrauch des Falsifikats erzielt wurden. Geeignete Vortat könne deswegen allenfalls die täuschende Verbreitung eines irreführend signierten Vervielfältigungsstücks (§ 107 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 UrhG) sein. In diesem Fall sei aber nicht das Vervielfältigungsstück, sondern der aus der täuschenden Veräußerung erlangte Erlös Hehlereiobjekt. Meines Erachtens ist den sorgfältigen Ausführungen Webers nichts hinzuzufügen. Im Regelfall wird § 107 UrhG als Vermögensdelikt, und damit als geeignete Vortat ausscheiden. Doch auch in den verbleibenden Fällen einer Verbreitung muss nicht auf § 107 UrhG abgestellt werden, da hier regelmäßig andere Delikte einschlägig sein werden und die Vorschrift infolge der Subsidiaritätsklausel74 verdrängt wird.

II. Sache Soweit der Hehlereitatbestand eine „Sache" erfordert, ergeben sich Probleme. Die Befürworter einer Subsumtion unter den Hehlereitatbestand verweisen insofern darauf, bei den Werkträgern handele es sich um Sachen i. S. v. §§ 259ff. StGB.75 Dies wird von den Vertretern 76 der Gegenansicht gar nicht bestritten. Vielmehr übersähen die Befürworter - vor allem v. Gravenreuth 77 - den Unterschied von Werkträger und Werk. 78 Auf den Werkträger dürfe nämlich nicht abgestellt werden.79 Denn die Verletzung des Urheberrechts oder der verwandten Schutzrechte be72

Schönke/Schröder-Stree, §259 StGB Rn.7, m.w.N.; kritisch: Otto, Jura 1985, S. 150; a.A.: Sippel, S.349. 73 Vgl.: RGSt 52, 96; 55, 281; BGH NJW 1969, 1260. 74 Vgl. zur Subsidiaritätsklausel: Kap.6 I.II. 75 v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1744 u. Das Plagiat, S.97 u. S.99 u. Der Kriminalist 1985, S.29 u. GRUR 1983, S.354 u. ZUM 1985, S.542; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.221. 76 Etwa: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.308 u. JZ 1994, S.941; Rupp, Computersoftware, S.211 f. u. wistra 1985, S. 137f.; auch: Junker, JZ 1993, S.448. 77 v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1744. 78 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.309, Fn.99 u.u. JZ 1994, S.942, Fn.45. 79 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.309 u. JZ 1994, S.941 f.; Rupp, Computersoftware, S.212ff. u. wistra 1985, S. 138; Wulff, BB 1985, S.428; ausführlicher: Weber, FS-Locher, S.435 f.

C. Vortat zu § 259 StGB (Hehlerei)

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ziehe sich nicht auf die Werkträger, sondern auf die persönliche geistige Schöpfung, die darin verkörpert und für die der Werkträger lediglich Mittler sei.80 Auch sei nur die geistige Leistung das von §§ 106ff. UrhG geschützte Rechtsgut.81 § 259 StGB stelle ein Delikt gegen die sachenrechtlich gestörte Zuordnung von Gegenständen dar. 82 Zudem sei die Hehlerei nicht ein umfassendes Delikt der Restitutionsvereitelung, sondern diene lediglich der Restitution des Sachbesitzes.83 Wenn das Erfordernis des § 259 Abs. 1 StGB, dass sich die Vortat auf eine körperliche Sache beziehen muss, einen Sinn haben soll, so könne es nur der sein, dass sich der Angriff des Vortäters gegen den gerade in dieser Sache verkörperten Vermögenswert gerichtet haben muss, es also nicht genügt, dass die Vortat irgendwie fremdes Vermögen beeinträchtigt hat.84 Ferner stehe dem Veräußerer das dingliche Eigentum am Werkträger ohnehin zu.85 Die unerlaubte Vervielfältigung i. S. der §§ 106 und 108 UrhG ließen die sachenrechtliche Lage unberührt. 86 Das geistige Eigentum hingegen stelle keine Sache im Sinne des § 259 StGB dar. 87 Heinrich 88 weist darauf hin, dass insofern die Unterscheidung zwischen den §§ 242ff. StGB einerseits und den §§ 106ff. UrhG andererseits zu beachten sei: Die Vorschrift des § 259 StGB erfasse nur diejenigen Sachen, die bereits durch die §§ 242, 246 StGB strafrechtlichen Schutz genießen. Im Urheberrecht finde sich hingegen keine dem § 259 StGB entsprechende Norm. Diese sei auch nicht notwendig, da ohnehin jede Weiterverbreitung eines Vervielfältigungsstückes erneut eine Verbreitung darstelle und somit von den §§ 106 ff. UrhG erfasst werde. Selbst wenn vorübergehend der Besitz eines Programmträgers entzogen werde, um ein Programm zu kopieren, liege kein Diebstahl vor. Ein weiteres Argument liefert Weber* 9: Da der Sachenbegriff an denjenigen des bürgerlichen Rechts anknüpfe, wo nach § 90 BGB unter Sachen nur körperliche Gegenstände zu verstehen sind,90 scheide der Tatbestand der öffentliche Wiedergabe91 von vornherein als Vortat einer Hehlerei aus. Weil aber das durch die Strafvorschrif80 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.308 u. JZ 1994, S.941 ff.; Weber, FS-Locher, S.435; Wulff,; BB 1985, S.428. 81 Heinrich, JZ 1994, S.942 u. S.944; Rupp, Computersoftware, S.212ff. u. wistra 1985, S. 138. 82 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.307; Weber, FS-Locher, S.435 f. u. Wesen, S.64. 83 Friedrich, S.361 f. 84 Friedrich, S.367f.; Weber, FS-Locher, S.435. 85 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.308 f.; Kann, S. 114; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.738; Weber, Wesen, S.64. 86 Heinrich, JZ 1994, S.942; Weber, FS-Locher, S.436. 87 BGHZ 44, 288, 294; BGH NJW 1988, 406, 407; Beermann, S.612; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.309 u. JZ 1994, S.941 f.; Rupp, Computersoftware, S.38 u. S.212ff. u. wistra 1985, S. 138; Weber, FS-Locher, S.435; Wulff, BB 1985, S.428. 88 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.309 f. u. JZ 1994, S.941 ff. 89 Weber, FS-Locher, S.433 u. S.436. 90 So auch: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.307 u. JZ 1994, S.941; Wulff, BB 1985, S.428. 91 Zur Tathandlung der öffentlichen Wiedergabe: Kap.2 D.IV.

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8. Kap.: Urheberrechtsdelikte im Hinblick auf andere Vorschriften

ten des Urheberrechts geschützte Rechtsgut bei körperlicher und bei unkörperlicher Wiedergabe das gleiche sei, sei es geboten, auch die körperliche Werkverwertung aus dem Anwendungsbereich des Hehlereitatbestands auszunehmen. Auch ich bin der Auffassung, dass beim Hehlereitatbestand auf den Werkträger nicht abgestellt werden kann. Den obigen Argumenten ist nichts hinzuzufügen. Die weitergehende Ansicht Hentschels 92, wonach es mit Blick auf die §§ 106 ff. UrhG eines wirtschaftlichen und praxisbezogenen Sachenbegriffs bedürfe, der einen körperlichen Gegenstand nicht erfordert, ist mit Analogieverbot und Wortlautschranke nicht vereinbar. Auch den Vergleich Webers 93 mit dem Tatbestand der öffentlichen Wiedergabe halte ich für zutreffend. Ein Ergebnis, wonach zwar die körperliche Verwertung, nicht aber die unkörperliche Wiedergabe dem Hehlereitatbestand unterfällt, wäre mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG kaum zu vereinbaren. Wie Weber 94 zutreffend feststellt, kommt auch der Erlös aus der unerlaubten Verbreitung als Hehlereiobjekt nicht in Frage, da das Veräußerungsgeschäft sachenrechtlich nicht zu beanstanden ist. Der urheberrechtlich Befugte hat, anders als der Eigentümer einer unterschlagenen Sache gemäß § 816 Abs. 1 S. 1 BGB nach Genehmigung, keinerlei Möglichkeit des unmittelbaren Zugriffs auf den Verkaufserlös. Der Anspruch gemäß § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG auf Herausgabe des Gewinnes bezieht sich nicht auf das konkret eingenommene Geld; andere zivilrechtliche Ansprüche kommen nicht in Betracht.

III. Tatbestandsmerkmal „erlangt" § 259 StGB erfordert, dass das Tatobjekt durch eine rechtswidrige Tat erlangt ist. Auch hier ist zu unterscheiden zwischen Werkträger und verkörperter geistiger Schöpfung. Der Werkträger selbst wird in der Regel nicht durch eine rechtswidrige Tat erlangt sein.95 Allenfalls dann, wenn der Täter vor dem Vervielfältigungsvorgang nicht Eigentümer des Werkträgers war und diesen mittels des Vervielfältigungsvorgangs durch Verarbeitung nach § 950 BGB das Eigentum am Werkträger erlangt hat, muss genauer geprüft werden. 96 V. Gravenreuth 97 meint, der Werkträger sei in diesem Fall durch die Tat nach § § 106 ff. UrhG erlangt. Meines Erachtens trifft 92

Hentschel, FuR 1983, S.391. Weber, FS-Locher, S.433 u. S.436. 94 Weber, FS-Locher, S.437. 95 KG NStZ 1983,561,562 („Videoraubkassetten"); Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 310 u. JZ 1994, S.941 f.; Lackner/Kühl, §259 StGB Rn.5; Rupp, Computersoftware, S.212 u. wistra 1985, S. 137f.; Schönke/Schröder-Stree, §259 StGB Rn.9; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 102 ff.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.350 ff. u. FS-Locher, S.435. 96 Vgl. auch: RGSt 55, 49. 97 v. Gravenreuth, Der Kriminalist 1985, S.29. 93

C. Vortat zu § 259 StGB (Hehlerei)

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dies nicht zu. Denn erlangt wird das Eigentum am Werkträger allein durch die Verarbeitung nach § 950 BGB, nicht aber durch die Tat nach §§ 106ff. UrhG. Diese trifft allein zufällig mit der Bearbeitung zusammen. Schwieriger stellt sich die Lage im Hinblick auf die im Werkträger verkörperte persönliche geistige Schöpfung dar: Einige Autoren sind insofern der Ansicht, von einem „Erlangtsein" mittels einer strafbaren Handlung könne nicht gesprochen werden, wenn das Tatobjekt wie bei den Urheberrechtsdelikten durch die strafbare Handlung erst „hervorgebracht" wurde.98 Auch Art. 103 Abs. 2 GG gebiete dieses Ergebnis.99 Andere 100 dagegen meinen, dieses Argument könne nicht überzeugen. Mit Blick auf den wenig präzise gefassten Tatbestand des § 259 StGB gehe die Gegenansicht zu weit. 101 Die wegen Art. 103 Abs. 2 GG zu beachtende Wortlautgrenze werde nicht überschritten. 102 Zudem sei es nicht erforderlich, dass das Hehlereiobjekt bereits vor Begehung der Vortat vorhanden war. 103 Ein Verweis 104 auf Fälle der Geld-, Münzoder Aktienfälschung überzeuge nicht, da es sich bei diesen Delikten nicht um Vermögensdelikte handele.105 Im Gegensatz zu diesen Delikten würden bei Urheberrechtsdelikten die im Werkträger verkörperten Vermögensinteressen des Berechtigten direkt verletzt. 106 Ferner bejahten Rechtsprechung107 und Literatur 108 auch die Möglichkeit der Hehlerei an unterschlagenen Sachen, obwohl auch dort die Sache schon vor der Unterschlagung im Besitz des Täters und somit im engeren Sinne nicht durch die Tat erlangt sei. 109 Ähnliches gelte für den Betrugstatbestand als Vortat. 110 Schließlich könne das Wortlautargument in den Fällen nicht überzeugen, in denen der Täter das Werk nicht durch eigene Vervielfältigung, sondern durch fremde Verbreitungshandlung „erlangt" habe.111 98 RGSt 70, 377, 385; Blei, Strafrecht II, S.281; Lackner/Kühl, §259 StGB Rn.5; LK-Ruß, §259 StGB Rn.9; Rupp, Computersoftware, S.214 u. wistra 1985, S. 138; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 102f.; Tröndle/Fischer, §259 StGB Rn. 10. 99 Rupp, Computersoftware, S.214 u. wistra 1985, S. 138. 100 Friedrich, S.366 f.; Lieben, S.574; Nick, Musikdiebstahl, S.51; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 215 f. ; Wahl, Wirtschaftskriminalität, S. 271 ; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 350f. u. FS-Locher, S. 435. 101 Friedrich, S.366 f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.215 f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.350 f. 102 Lieben, S.574; Weber, FS-Locher, S.435. 103 Weber, FS-Locher, S.435. 104 So: Blei, Strafrecht II, S.281; Tröndle/Fischer, §259 StGB Rn. 10. 105 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.215. 106 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.216. 107 RGSt 58, 230; OLG Braunschweig NJW 1949, 477. 108 Tröndle/Fischer, § 259 StGB Rn. 10, m. w. N. 109 Lieben, S.574; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.216. 1,0 Hentschel, FuR 1983, S.391. 111 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.216.

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8. Kap.: Urheberrechtsdelikte im Hinblick auf andere Vorschriften

Dies wiederum überzeugt die Gegner der Hehlerei strafbarkeit nicht. Denn die Sache müsse sehr wohl bereits zur Zeit der Vortat vorhanden gewesen sein.112 Dies sei bei der Unterschlagung der Fall 113 , weshalb die Fälle nicht vergleichbar seien.114 Bei Urheberrechtsdelikten entstehe dagegen das Produkt, das gegen das UrhG verstößt, erst durch den Vervielfältigungsvorgang. 115 Auch bei der Verbreitung könne nicht davon die Rede sein, dass der Vortäter das Tatobjekt durch die Tat „erlangt" hat, da die Verbreitung nicht die Begründung oder Aufrechterhaltung der Sachherrschaft über die Piraterieprodukte, sondern als Entäußerung ihr genaues Gegenteil darstelle. 116 Hiergegen wenden die Befürworter ein, das Tatobjekt sei aus der Verletzung eines fremden Urheberrechts erlangt 117, da es durch den Vervielfältigungsvorgang physikalisch verändert wurde. 118 Der Sachenbegriff müsse ähnlich gefasst werden wie bei § 303 StGB, wo jede physikalische Änderung der Sache genügen müsse.119 Wenn insoweit in den Standardkommentaren zwar das Löschen von Magnetbändern als Sachbeschädigung i. S. v. § 303 StGB angesehen werde, das Überspielen jedoch nicht, sei das wegen der sich physikalisch entsprechenden Vorgänge nicht einzusehen.120 Doch auch dieser Ansatz kann die Gegner nicht überzeugen. Vielmehr deute auch die zu § 303 StGB vertretene Auffassung, wonach die Vernichtung einer Tonbandaufzeichnung trotz Fortbestehens des Magnettonbandes als Sachbeschädigung erfasst werde, allein daraufhin, dass auf den Werkträger als Tatobjekt nicht abgestellt werden dürfe. 121 Denn wie der Spezialtatbestand des § 303 a StGB zeige, sei der Bezugspunkt bei § 303 StGB ohnehin nicht das urheberrechtlich geschützte Werk, sondern die Beschädigung des Werkträger. 122 Ich bin der Auffassung, man wird nicht davon sprechen können, das Werk oder der Werkträger seien aus der Vortat erlangt. Denn mit Blick auf den Begriff der „Sache" in § 259 StGB kommt ohnehin nur der Werkträger als Sache in Betracht. Diese aber ist nicht aus einer Tat nach §§ 106 ff. UrhG „erlangt". Darüber hinaus wird man dies nach dem gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung auch für die im Werkträger verkörperte persönliche geistige Schöpfung annehmen müssen. Denn die Parallele 112

RGSt 70, 377, 385; LK-Ruß, §259 StGB Rn.9; Tröndle/Fischer, §259 StGB Rn. 10. So auch: Tröndle/Fischer, §259 StGB Rn. 10, m.w.N. 1.4 Lieben, S.573f. 115 Lieben, S.574. 116 Lieben, S.573; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 104. 117 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.99; Hentschel, FuR 1983, S.391; Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.75. 118 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.99. 119 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.99 u. Der Kriminalist 1985, S.29 u. ZUM 1985, S.542; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn.29. 120 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.98 f. u. Der Kriminalist 1985, S.29 u. ZUM 1985, S.542; Hentschel, FuR 1983, S.392; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn.29. 121 Lieben, S.574. 122 Heinrich, JZ 1994, S. 943. 1.3

C. Vortat zu § 259 StGB (Hehlerei)

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der Befürworter zum Tatbestand der Unterschlagung trägt nicht, da dort das Tatobjekt jedenfalls bereits vor der Tat vorhanden ist und es sich der Täter durch die Tat erst zueignet. Dagegen ist der Täter einer Straftat nach §§ 106 ff. UrhG regelmäßig bereits vor der Tat im „Besitz" des Werks. Durch die Tat kommt es allenfalls zur Vervielfältigung oder Verbreitung.

IV. Aufrechterhalten der rechtswidrigen Vermögenslage Nach einhelliger Ansicht besteht das Wesen der Hehlerei in der Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Vermögenslage.123 Ob aber im Falle der §§ 106 ff. UrhG eine derartige rechtswidrige Vermögenslage vorliegt, ist fraglich, da jedenfalls die bei den gewöhnlichen Fällen des § 259 StGB einschlägigen Ansprüche des Verletzten nicht durchgreifen: So erwirbt der Abnehmer eines rechtswidrig hergestellten Vervielfältigungsstücks rechtmäßig Eigentum und Besitz am Werkstück. 124 Zwar lässt sich einwenden, auch insofern müsse auf die geistige Schöpfung und nicht auf den Werkträger abgestellt werden. 125 Doch kann das Werk nicht ohne den Werkträger herausgegeben werden, so dass auch hinsichtlich des Werkträgers ein Herausgabeanspruch bestehen muss.126 Auch sind bei urheberrechtlichen Delikten keine Restitutions- und Vindikationsansprüche gegen den Rechtsbrecher aus §§985 oder 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB gegeben.127 Insbesondere Vindikationsansprüche scheitern regelmäßig am Eigentum des Herstellers und Verbreiters. 128 Ferner können die widerrechtlich verbreiteten Exemplare aufgrund des Schadensersatzanspruchs nach § 97 Abs. 1 UrhG nicht herausverlangt werden, da im Falle des Unterbleibens der unerlaubten Vervielfältigung und Verbreitung, auf das nach §249 S. 1 BGB abzustellen ist, überhaupt keine Verviel123

BT-Drucks. 7/550, S.252; RGSt 70, 377, 385; KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"); LG Würzburg NStZ 2000, 374; Hefendehl, S. 350; Heinrich, JZ 1994, S. 943; Hentschel FuR 1983, S. 391 ; Kann, S. 113; Lieben, S. 574; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.215 ff.; Rupp, Computersoftware, S.212 u. wistra 1985, S. 137; Schlüchter, NStZ 1988, S.57; Schönke/Schröder-Stree, §259 StGB Rn.8; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.350; Wulff, BB 1985, S.428. 124 RGSt 70, 377, 384f.; KG NStZ 1983, 561, 562 („Videoraubkassetten"); Friedrich, S. 367; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 101; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 310 u. JZ 1994, S. 943ff.; Kann, S. 113f.; Lackner/Kühl, §259 StGB Rn.5; Schlüchter, NStZ 1988, S.57; Tröndle/Fischer, § 259 StGB Rn. 6; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 351 f. u. FS-Locher, S.435 f.; Wulff, BB 1985, S.428. 125 Heinrich, JZ 1994, S.943f.; Lackner/Kühl, §259 StGB Rn.5; in diesem Sinne auch: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 101 ff. 126 Heinrich, JZ 1994, S.944; vgl. auch: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.221. 127 Friedrich, S.367; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.310 u. JZ 1994, S.944; Kann, S. 113f.; Lieben, S.574 f.; Rupp, Computersoftware, S.212f. u. wistra 1985, S. 138; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.351 u. FS-Locher, S.436 f. 128 Friedrich, S. 367; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.216f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.351.

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8. Kap.: Urheberrechtsdelikte im Hinblick auf andere Vorschriften

fältigungsstücke vorhanden wären 129 und da andernfalls § 98 UrhG umgangen würde. 130 Schließlich werden auch eventuell einschlägige Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 687 Abs. 2, 681, 667 BGB durch die spezielleren Vorschriften der §§ 98,99 UrhG verdrängt, da § 97 Abs. 3 UrhG insofern nicht eingreift; außerdem handelt es sich bei diesem Anspruch wegen des Ausgleichsanspruchs nach § 684 S. 1 BGB nicht um einen echten Restitutionsanspruch.131 Doch ist letztlich nicht maßgeblich, ob der Erwerber Eigentum erwirbt, sondern ob dem Berechtigten gegenüber dem Vortäter ein Herausgabeanspruch zusteht.132 Nur soweit der Handelnde unentziehbares Eigentum an der Sache erlangt hat, kann diesbezüglich mangels einer rechtswidrigen Vermögenslage keine Hehlerei mehr begangen werden. 133 Die Befürworter der Hehlereistrafbarkeit verweisen deswegen auf die Ansprüche aus den §§ 98,99 UrhG auf Vernichtung oder Überlassung der Vervielfältigungsstücke. Auch das Vereiteln dieser Ansprüche genüge für die Hehlerei, da der bösgläubige Käufer regelmäßig diese Ansprüche vereiteln wolle, um im Besitz der Vervielfältigungsstücke zu bleiben.134 Der Herausgabeanspruch des § 98 UrhG gleiche dem bei der klassischen Hehlerei. 135 Jedenfalls die Durchsetzung des Anspruchs nach § 98 Abs. 2 UrhG werde durch die Verbreitungshandlung erschwert oder vereitelt. 136 Somit werde die Beendigung der rechtswidrigen Vermögenslage vereitelt. 137 Rochlitz 138 weist daraufhin, die §§98, 99 UrhG stellten ein ganzes Bündel von Maßnahmen zur Verfügung, deren Wirkung zum Teil dem Vindikationsanspruch gleichkomme: von besonderer Bedeutung seien dabei der Anspruch auf Herausgabe sowie der Vernichtungsanspruch, der in der Praxis ohnehin die Regel bilde. Auch der Herausgabeanspruch mit Eigentumsübertragung nach § 99 UrhG sei von erheblicher Be129

Friedrich, S.367; Lieben, S.574; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.351. Friedrich, S.367; Lieben, S.574; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 103. 131 Friedrich, S. 367. 132 Friedrich, S. 367; Lieben, S. 574; LK-Ruß, § 259 StGB Rn. 2; Rupp, Computersoftware, S.212f. u. wistra 1985, S. 138; Schlüchter, NStZ 1988, S.57; Schönke/Schröder-Stree, §259 StGB Rn.8; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.351; vgl. auch: Heinrich, JZ 1994, S.941; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.217. 133 RGSt 53, 167; 55,49; BGH NJW 1958,1244; BayObLG NJW 1979, 2218,2219; Friedrich, S.367; Ganter, S. 1480; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.308ff. u. JZ 1994, S.942; Lieben, S.574; LK-Ruß, §259 StGB Rn.2 u. Rn.7; Rupp, Computersoftware, S.212 u. S.214 u. wistra 1985, S. 138; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 738; Schönke/Schröder-Stree, §259 StGB Rn.8; Wulff, BB 1985, S.428. 134 Flechsig, NStZ 1983, S.563; ähnlich: Ganter, S. 1480; Hentschel, FuR 1983, S.39Ì; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn. 30. 135 Flechsig, NStZ 1983, S. 563; Friedrich, S. 367; Ganter, S. 1480; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 103; Hentschel, FuR 1983, S. 391; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn. 30; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.218f. 136 Friedrich, S.367; Ganter, S. 1480. 137 Ganter, S. 1480; Hentschel, FuR 1983, S.392. 138 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.217 ff. 130

C. Vortat zu § 259 StGB (Hehlerei)

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deutung. Da die zu zahlende Vergütung im Vergleich zum Wert des herauszugebenden Gegenstands häufig gering sei, gleiche dieser einem Vindikationsanspruch. V. Gravenreuth 139ergänzt, es sei verfehlt, die Hehlerei nur dann zu bejahen, wenn der Geschädigte diese Ansprüche geltend macht; denn bei der Hehlerei sei es nicht Tatbestandsvoraussetzung, dass der Geschädigte seine Sache zurückverlangt. Die Gegner der Hehlereistrafbarkeit halten dagegen die Ansprüche der §§ 98, 99 UrhG nicht für ausreichend. Es handele sich um spezielle Störungsbeseitigungsansprüche, welche vor allem die Gefahr weiterer Urheberrechtsverletzungen unterbinden sollen.140 Der Vernichtungsanspruch des §98 UrhG komme insofern ohnehin nicht in Betracht, da er nicht auf Restitution gerichtet ist. 141 Doch auch der Anspruch aus § 98 UrhG sei kein echter Restitutionsanspruch, da die Überlassung an eine angemessene Vergütung geknüpft - also kaufähnlich ausgestaltet - ist. 142 Die Zunichtemachung der von § 98 UrhG gewährten Chance, in den Besitz der Sache zu kommen, werde aber vom Hehlereitatbestand nicht erfasst. 143 Überdies betreffe § 98 UrhG in erster Linie nur das Werk selbst, während das Eigentum am Werkträger unangetastet bleibe.144 Der Überlassungsanspruch diene in erster Linie dazu, sinnlose Vernichtungsmaßnahmen zu verhindern. 145 Zudem richte sich der Anspruch nach § 98 UrhG auf Vernichtung oder Überlassung rechtswidrig hergestellter, verbreiteter oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmter Verbreitungsstücke im Regelfall nur gegen den Verletzer, also nicht gegen den von den §§ 106 ff. UrhG nicht erfassten Endabnehmer.146 Schließlich werde der Überlassungsanspruch in vielen Fällen am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach §§ 69f Abs. 1, 98 Abs. 2 UrhG scheitern. 147 Dies gelte regelmäßig dann, wenn mehrere verschiedene Werke auf einem Werkträger enthalten sind. 148 Auch sei etwa bei der Löschung von Computerprogrammen in den allermeisten Fällen eine sinnlose Vernichtungsmaßnahme nicht erkennbar, da der Werkträger durch die Löschung nicht unbrauchbar wird. 149 Beim Anspruch aus § 69 f UrhG handele es sich deswegen um einen bloßen Störungsanspruch, der nicht auf die Änderung der sachenrechtlichen Besitzlage am Programmträger abzielt.150 139

v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 103. Hefendehl, S.350; Weber, FS-Locher, S.436. 141 Lieben, S.514. 142 Friedrich, S.368; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.310 u. JZ 1994, S.944; Kann, S. 114; Lieben, S.574; Rupp, Computersoftware, S.213 u. wistra 1985, S. 138; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 103; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 351 f. u. FS-Locher, S. 436f. 143 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.352. 144 Schlüchter, NStZ 1988, S.57. 145 Heinrich, JZ 1994, S.944; ähnlich: Hefendehl, S.350. 146 Friedrich, S. 368; v. Gamm, § 98 UrhG Rn. 8; Heibig, S. 375; Lieben, S. 575; Rehbinder, Urheberrecht, Rn.462; Rupp, Computersoftware, S.213 f. u. wistra 1985, S. 138; Schlüchter, NStZ 1988, S.57; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.552; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.346 u. FS-Locher, S.438 u. Wesen, S.64; falsch insofern: Ganter, S. 1480. 147 Heinrich, JZ 1994, S.944. 148 Heinrich, JZ 1994, S.944. 149 Heinrich, JZ 1994, S.944; ähnlich: Rupp, Computersoftware, S.213 u. wistra 1985, S. 138; Schlüchter, NStZ 1988, S.57. 140

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8. Kap.: Urheberrechtsdelikte im Hinblick auf andere Vorschriften

Ich halte auch im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal des „Aufrechterhaltens der rechtswidrigen Vermögenslage" die Argumentation der Gegner der Hehlereistrafbarkeit für überzeugender. Denn die §§ 98, 99 UrhG dienen nicht der Restitution des Verletzten. Die weitergehende Literaturansicht, wonach der Hehlereitatbestand allgemein Maßnahmen unter Strafe stelle, durch die nach einer strafbaren Handlung die Wiederherstellung des Rechts erschwert wird, 151 wird von Rechtsprechung und überwiegender Literatur mit Recht abgelehnt.152 Darauf, dass der Wiederverkauf von rechtswidrig hergestellten Vervielfältigungsstücken Maßnahmen verhindere, die allgemein zur Wiederherstellung des Rechts erforderlich seien,153 kann mithin nicht abgestellt werden.

V. Sonstige Erwägungen Eine Reihe von Autoren stellen bei der Frage, ob die §§ 106 ff. UrhG für die Hehlerei geeignete Vortaten sind, nicht nur auf die Tatbestandsmerkmale des § 259 StGB ab, sondern führen auch weitere Gesichtspunkte an. Auf der Seite der Befürworter der Hehlereistrafbarkeit verweist Rochlitz 154 auf die Gefährlichkeit der Straftaten nach § 106 ff. UrhG: Hehlerei sei zu bejahen, da Urheberrechts Verletzungen häufig in großem Umfang betrieben würden und gerade die starke Nachfrage die Produktion von Raubkopien immer wieder anrege. Weit mehr Argumente tragen indes die Gegner der Hehlereistrafbarkeit vor: So bestehe kein kriminalpolitisches Bedürfnis, die Abnehmerseite zu bestrafen 155 da jede Weiterverbreitung ohnehin strafbar sei. 156 Jedenfalls wenn der Erwerber Endabnehmer157 ist, komme Hehlerei nicht in Betracht. 158 Eine Bestrafung des Endabnehmers sei kriminalpolitisch nicht wünschenswert.159 Die Ablehnung des Hehle150

Heinrich, JZ 1994, S. 944. So: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 104; Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.75 f.; Schröder, S. 167 ff. 152 V g l : Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.76; zu dieser Lehre von der Restitutionsvereitelung auch: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 103 f. 153 So für das Urheberrecht: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 104; Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.75 f. 154 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.220; ähnlich: v. Gravenreuth, CR 1988, S.930. 155 Friedrich, S.368; Heinrich, JZ 1994, S.943; Weber, FS-Locher, S.438f.; a. Α.: Lessing, S. 110. 156 Heinrich, JZ 1994, S.943. 157 Zur Strafbarkeit des Endabnehmers: Kap. 6 F. II. 10. 158 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 104 u. Der Kriminalist 1985, S.29; Heinrich, JZ 1994, S. 945; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn. 30; Lieben, S. 575; Nick, Musikdiebstahl, S.51', Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.220; Rupp, Computersoftware, S.213 f. u. wistra 1985, S. 138; Tielke, Taschenbuch, S. 34; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 352 u. Handwörterbuch, S. 10 u. Wesen, S.64. 159 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 104 u. Der Kriminalist 1985, S.29; Lieben, S.575; Nick, Musikdiebstahl, S.51; Tielke, Taschenbuch, S.34; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.352 u. 151

C. Vortat zu § 259 StGB (Hehlerei)

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reitatbestands müsse auch unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Teilnahme erfolgen. 160 Ferner sei das gegenteilige Ergebnis auch praktisch untragbar, da es andernfalls zu jedem Werk eine Vielzahl von hehlereifähigen Werkträgern gebe.161 Im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB und im Interesse der Ausräumung von Beweisschwierigkeiten erscheine es sachgerecht, die Strafbarkeit der Ausbeutung geistiger Leistungen auf die in den §§ 106 ff. UrhG umschriebenen Tathandlungen zu begrenzen.162 Auch sei das gegenteilige Ergebnis, dass der Erwerb von rechtswidrig hergestellten Vervielfältigungstücken nach dem UrhG zulässig, nach dem Hehlereitatbestand des StGB dagegen verboten sei, systematisch unbefriedigend. 163 Überdies habe der Gesetzgeber durch die Schrankenvorschrift des § 53 UrhG zu erkennen gegeben, dass ein Handeln zum eigenen Gebrauch regelmäßig zulässig sein soll. 164 Weiterhin würde die Anwendung des Hehlereitatbestands zu einer Diskrepanz der Strafrahmen der §§ 106ff. UrhG einerseits und der §§ 259ff. StGB andererseits führen; 165 diese Diskrepanz würde noch dadurch verstärkt, dass es sich bei der Hehlerei um ein Offizialdelikt handelt.166 Der Abnehmer würde durch die Anwendung somit schlechter gestellt als derjenige, der eine Raubkopie herstellt und weitergibt. 167 Ich möchte mich diesen Einwänden anschließen. In der Tat ist eine Bestrafung des Endabnehmers kriminalpolitisch nicht wünschenswert. Denn eine derartige Kriminalisierung würde die Möglichkeit versperren, über den Endabnehmer auf Händler und Hersteller zuzugreifen. Dass diese kriminalpolitischen Argumente nicht durchgriffen, da der Endabnehmer in den meisten Fällen gutgläubig sei und somit nicht vorsätzlich handele,168 trifft häufig schon aus praktischen Gründen nicht zu. Auch aus systematischen Gründen überzeugt die Anwendung kaum: So lässt sich die Diskrepanz der Strafrahmen nicht mittels eines Umkehrschlusses aus § 257 Abs. 2 StGB rechtfertigen. Vielmehr wird man annehmen müssen, dass der Gesetzgeber beim Hehlereitatbestand davon ausging, dass ohnehin nur solche Taten als Vortat in Frage kommen, die einen entsprechend hohen Strafrahmen aufweisen. Wesen, S.64; einschränkend beim Tausch: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.220f.; a. Α.: Rupp, wistra 1985, S. 142. 160 Friedrich, S. 368; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 311 u. JZ 1994, S. 945. 161 Rupp, Computersoftware, S.214 u. wistra 1985, S. 138. 162 Weber,, FS-Locher, S.438f. 163 Friedrich, S.368; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 104 u. Der Kriminalist 1985, S.29; Heinrich, JZ 1994, S.945; Kilian/Heussen-v. Gravenreuth, Ziff. 106 Rn. 30; Lieben, S.575; Nick, Musikdiebstahl, S.51; Rupp, Computersoftware, S.213f. u. wistra 1985, S. 138; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 104; Weber, FS-Locher, S.437f. u. Wesen, S.64. 164 Nick, Musikdiebstahl, S.51; a. A. [„keine Vergleichbarkeit des Ankaufs"]: Hentschel, FuR 1982, S.241 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 15 u. Videorecht, S. 113. 165 So auch: Lührs, S. 266. 166 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.211 u. JZ 1994, S.945. 167 Heinrich, JZ 1994, S.945. 168 So: Flechsig, NStZ 1983, S.563. 28 Hildebrandt

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8. Kap.: Urheberrechtsdelikte im Hinblick auf andere Vorschriften

Schließlich lässt sich das Problem auch auf der konkurrenzrechtlichen Ebene lösen: Denn beim Verbreitungsverbot handelt es sich um ein lex specialis gegenüber dem Hehlereitatbestand. Der Vergleich zu den §§ 242,246 StGB zeigt, dass dort ein Äquivalent zum Verbreitungsverbot nicht existiert, weswegen dort der Hehlereitatbestand erforderlich wird. Im Hinblick auf die §§ 106 ff. UrhG hingegen wird der Hehlereitatbestand durch das Verbreitungsverbot verdrängt.

VI. Ergebnis Die §§ 106 ff. UrhG scheiden aus einer Reihe von Gründen als geeignete Vortat der Hehlerei aus. Im Falle des § 107 UrhG fehlt es regelmäßig schon an einem Vermögensdelikt. Im Übrigen ist eine Reihe von Tatbestandsmerkmalen des § 259 StGB nicht erfüllt. So handelt es sich bei der geistigen Schöpfung nicht um eine „Sache", das Tatobjekt ist nicht aus der Vortat „erlangt" und durch die Verbreitung wird keine rechtswidrige Vermögenslage aufrechterhalten. Schließlich sprechen auch systematische und kriminalpolitische Erwägungen gegen die Anwendung der §§259ff. StGB.

D. Zweck oder Gegenstand der Tätigkeit im Rahmen des § 129 StGB (Bildung krimineller Vereinigungen) Die §§ 106 ff. UrhG kommen als Zweck oder Gegenstand der Tätigkeit im Rahmen des § 129 StGB (Bildung krimineller Vereinigungen) 169 in Betracht. Eine kriminelle Vereinigung ist ein auf gewisse Dauer berechneter organisatorischer Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, die bei Unterordnung des Willens des einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich als einheitlicher Verband fühlen. 170 Von den verfolgten Straftaten muss hierbei eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen.171 Um Straftaten aus dem Besonderen Teil des Strafgesetzbuches muss es sich nicht handeln.172 Diese Voraussetzungen können etwa im Falle der Zusammenarbeit von Musikpiraten über einen längeren Zeitraum 173, bei organisiert arbeitenden Kinofilmpiraten 169

Hierzu ausführlich: Scheiff, S. 1 ff. BGHSt 20, 45, 60; 31, 202, 204f.; 31, 239, 239f.; Kann, S. 116; Lackner/Kühl, § 129 StGB Rn.2, m.w.N.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.227; SK-Rudolphi, § 129 StGB Rn. 6; Tielke, Taschenbuch, S. 35. 171 BGHSt 41, 47; im Wesentlichen zustimmend: SK-Rudolphi, § 129 StGB Rn. 6. 172 Schönke/Schröder-Lenckner, § 129 StGB Rn.6; SK-Rudolphi, § 129 StGB Rn.7; ausführlicher: Kann, S. 116 f. 173 Kann, S. 116; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 227. 170

F. Disziplinarrechtliche Relevanz

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oder Fälscherringen 174, bei der organisierten Softwarepiraterie 175 oder der Zusammenarbeit mehrerer Täter über längere Zeit, etwa mit Hilfe von Schein- oder Briefkastenfirmen im Ausland,176 vorliegen. Bei Tauschklubs ist § 129 StGB dagegen nicht einschlägig, da es dort an der Festigkeit des Zusammenschlusses und an der Unterordnung des Willens des einzelnen unter den Willen der Gesamtheit fehlt. Bei nichtgewerblichem Handeln wird stets die erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit fehlen. Auch in der Praxis hat § 129 StGB im Hinblick auf Urheberrechtsstraftaten schon eine Rolle gespielt. Im Jahr 1983 wurde ein Ermittlungsverfahren gegen Kinofilmpiraten wegen Verstoßes gegen das UrhG und wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 StGB eingeleitet.177 Von Bedeutung ist, dass im Falle des Eingreifens des § 129 StGB mittelbar auch der Tatbestand des § 261 StGB (Geldwäsche, Verschleierung unrechtmäßiger Vermögenswerte) Bedeutung erlangen kann. In diesem Fall kann die Strafdrohung auch den bösgläubigen Endabnehmer treffen.

E. Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB Ob die §§ 106 UrhG Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB darstellen, ist eine Frage untergeordneter Bedeutung. Denn § 97 UrhG ist ohnehin als Schutzgesetz anerkannt. 178 Zudem ist diese Vorschrift als Generalklausel weiter als die §§ 106 ff. UrhG und erfasst insbesondere auch fahrlässiges Handeln.179 Gleichwohl ist - soweit ersichtlich - in der Literatur 180 die Eigenschaft der §§ 106 ff. UrhG als Schutzgesetze i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB unbestritten. Ich möchte dem zustimmen, da die Vorschriften in abgrenzbarer Weise Rechtsgüter einzelner schützen.

F. Disziplinarrechtliche Relevanz Zur disziplinarrechtlichen Relevanz der §§ 106 ff. UrhG ist lediglich eine Entscheidung veröffentlicht: Das VG München181 hat die Auffassung vertreten, die Achtung und das Vertrauen der Öffentlichkeit würden in einer disziplinarrechtlich 174

v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.354; Tielke, Taschenbuch, S.35; Weber, Wesen, S.54; zu möglichen Indizien: Tielke, Der Kriminalist 1989, S.334 u. Taschenbuch, S.40. 175 v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1745. 176 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 164f. 177 Tielke, Die Ermittlung, S. 30 u. Der Kriminalist 1989, S. 332 u. Taschenbuch, S. 39f., jeweils mit weiteren Beispielen. 178 Palandt-Thomas, § 823 BGB, Rn. 151. 179 Falsch insofern: Stegemann-Boehl, S. 149, Fn.44. 180 Haß, Rechtsschutz, Rn.78; Lührs, S.266; Rehbinder, ZUM 1990, S.462. 181 VG München CR 1990, 54. 28'

436

8. Kap.: Urheberrechtsdelikte im Hinblick auf andere Vorschriften

relevanten Weise beeinträchtigt, wenn ein Beamter 58 Computerprogramme als Raubkopien vertreibt; dies gelte auch, wenn zum Zeitpunkt der Tat die Anwendbarkeit des UrhG auf Computerprogramme überwiegend noch nicht zur Kenntnis genommen wurde. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird es sich hierbei um eine Fehlentscheidung handeln, da die vertriebenen Programme zum damaligen Zeitpunkt nicht urheberrechtlich geschützt waren. Gleichwohl möchte ich die grundsätzliche disziplinarrechtliche Relevanz der §§ 106 ff. UrhG nicht infrage stellen.

Kapitel 9

Rechtstatsachen Nach der Klärung begrifflicher Vorfragen (A) 1 und einer Erläuterungen der Unsicherheiten bei der Ermittlung des Umfangs kriminellen Handelns und bei der Schadensermittlung (B) 2 möchte ich die Tatbereiche darstellen, in denen sich bislang Taten gegen die §§ 106 ff. UrhG ereigneten (C)3. Im Anschluss werde ich auf Anhangskriminalität (D) 4 und die Rechtswirklichkeit der Urheberstrafverfahren (E)5 eingehen. Schließlich sollen die Parallelität zur technischen Entwicklung (F)6, der Einfluss von Marktstörungen (G)7 und die Funktionalisierung des strafrechtlichen Schutzes (H) 8 kritisch beleuchtet werden.

A. Begriffliche Vorfragen Die verschiedenen Bereiche, in denen sich Taten gegen die §§ 106 ff. UrhG abspielten, sind mit klangvollen Bezeichnungen versehen worden: „Raubdruck" oder „Raubkopie", „Tonträgerpiraterie" oder „Musikdiebstahl", „Videopiraterie", „Softwarepiraterie" 9 oder „Produktpiraterie". Unter den sachlich gleichbedeutenden10 Begriffen „Tonträgerpiraterie", „Musikpiraterie" und „Musikdiebstahl" werden verschiedene Phänomene zusammengefasst: das Vervielfältigen von Tonträgern, der Mitschnitt von Konzerten und Rundfunksendungen sowie die Verbreitung der hergestellten Tonträger. 11 Während Nick die Bezeichnung „Musikdiebstahl" für sachlich begründet hält, da der Tonträgerpirat geistiges Eigentum raube, 12 hat Rochlitz 13 in zutreffender Weise Bedenken ange1

Zu den begrifflichen Vorfragen: Kap. 9 A. Zu den Unsicherheiten: Kap.9 B. 3 Zu den Tatbereichen: Kap. 9 C. 4 Zur Anhangskriminalität: Kap. 9 D. 5 Zur Rechtswirklichkeit der Urheberstrafverfahren: Kap. 9 E. 6 Zur Frage der Parallelität zur technischen Entwicklung: Kap. 9 F. 7 Zum Einfluss der Marktstörungen: Kap. 9 G. 8 Zur Funktionalisierung des strafrechtlichen Schutzes: Kap.9 H. 9 Zum Begriff: Dierck/Lehmann , S.539. 10 Kann , S. 1; Schaefer/Körfer , S. 10. 11 Sternberg-Lieben , Musikdiebstahl, S. 1; Weber , FS-Sarstedt, S.379. 12 Nick, Musikdiebstahl, S.35. 13 Rochlitz , Rechtspolitische Überlegungen, S.29, Fn. 1. 2

438

9. Kap.: Rechtstatsachen

meldet; denn der Begriff „Musikdiebstahl" ist insofern unpassend, als es bei den §§ 106 ff. UrhG am Bruch fremden und der Begründung neuen Gewahrsams fehlt. Ich möchte dem hinzufügen, dass erst recht nicht vom „Raub" geistigen Eigentums die Rede sein kann. Denn das insofern erforderliche Merkmal der Gewalt fehlt in aller Regel bei Taten gegen die §§ 106 ff. UrhG. Ähnliches wird man im Hinblick auf die Bezeichnung „Tonträgerpiraterie" behaupten können: Rochlitz 14 nennt den Begriff der Tonträgerpiraterie „ebenso phantasievoll wie unzutreffend". Jedenfalls auf Kleintäter, die lediglich die Kopierfreiheit geringfügig überschreiten, passt der Begriff gar nicht.15 Die sachlich gleichbedeutenden Begriffe „Tonträgerpiraterie", „Musikpiraterie" und „Musikdiebstahl" werden von verschiedenen Autoren unterschiedlich definiert 16 : Während zum einen auf die Illegalität der Verhaltensweise abgestellt wird, 17 wollen andere jede unautorisierte Aufnahme von Klangdarbietungen oder unautorisierte Vervielfältigung bzw. Verbreitung von auf Tonträgern festgelegten musikalischen Darbietungen erfassen. 18 Dies gelte jedenfalls, solange keine urheberrechtliche Schrankenbestimmung eingreift. 19 An der Illegalität des Handelns könne nicht angeknüpft werden, da es in zahlreichen schutzwürdigen Fällen am gesetzlichen Schutz mangele.20 Zudem verbiete es sich, auf die nationale Rechtslage abzustellen, da Musikpiraterie ein internationales Phänomen sei.21 Zwar würden in den meisten Fällen beide Begriffe übereinstimmen 22; doch erfasse der zweite, weitere Begriff auch die sogenannten Schutzlückenbootlegs23 unter dem Terminus „Musikpiraterie". 24 Trotz dieser Argumente möchte ich auf die Illegalität der Verhaltensweise abstellen. Legales Verhalten als „Piraterie" oder „Diebstahl" zu bezeichnen, erscheint mir unerträglich. Das internationale Gepräge der Musikpiraterie steht einer engen Begriffsfassung nicht im Wege, da das ausschlaggebende Element stets der Verstoß gegen entsprechende nationale Gesetze ist. Zudem hat die von vielen Autoren kriti14 Rochlitz, Rechtspolitische Überlegungen, S. 29; a. Α.: Wahl, Wirtschaftskriminalität, S.267. 15 Weber, Wesen, S. 53. 16 Ebenso: Schaefer, Handbuch, S. 516; Schaefer/Körfer, S. 14; zur Geschichte der Begriffe: Nick, FuR 1980, S.378. 17 Flechsig, Vorwort, S. 7; Weber, FS-Sarstedt, S. 379; entsprechend zu Raubdrucken von Büchern: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.47. 18 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.28 f.; Nick, FuR 1980, S.378; Schaefer, Handbuch, S.516f.; Schaefer/Körfer, S. 14; vgl. auch: Weber, Handwörterbuch, S.2; entsprechend zum Begriff „Raubkopie": Meier, S. 657. 19 So sind wohl die konkretisierenden Beispiele von Kann, S. 38 zu verstehen. 20 Burger, S.796f.; Kann, S.37 Fn.4; Schaefer, Handbuch, S.516f.; Schaefer/Körfer, S. 14. 21 Schaefer, Handbuch, S.517; Schaefer/Körfer, S. 14f. 22 Kann, S.38. 23 Vgl. hierzu: Kap.6 H.II. 24 Kann, S. 38; Schaefer, Handbuch, S. 517; Schaefer/Körfer, S. 14.

Β. Unsicherheiten bei Ermittlung des Umfangs kriminellen Handelns

439

sierte gesetzliche Regelung der §§ 120ff. UrhG einen Sinn. Denn durch die Begrenzung der Anwendbarkeit soll Druck auf ausländische Staaten ausgeübt werden, um eine Benachteiligung inländischer Künstler im dortigen Ausland zu vermeiden. Den Begriff der „Videopiraterie" hat Eisenberg 25 mit Recht kritisiert: Der Vergleich mit dem allgemeinen Verständnis des Begriffs „Pirat" zeigt, dass eine Übertreibung vorliegt. Im Gegensatz zum „Piraten" geht der Videopirat nämlich in aller Regel nicht gewaltsam vor. Innerhalb polizeilich registrierter Gesamtkriminalität habe die Urheberdeliquenz einschließlich des überragenden Anteils der Softwarepiraterie im Jahr 1992 nur ca. 0,2% betragen.26 Eisenberg schlussfolgert daraus, die Verwendung des Begriffs „Videopiraterie" könne als Teilstrategie einer Dramatisierung des Phänomens verstanden werden. Ich sehe hierin einen wichtigen Ansatzpunkt zum Verständnis der verwendeten Begriffe. Denn unter den Opfern der Urheberrechtskriminalität finden sich nicht selten finanzkräftige Industriezweige, die versuchen, im Wege der Meinungs- und Begriffsbildung ihre Interessen durchzusetzen. Wenn hier dennoch diese Begriffe verwendet werden, so hat dies mehr praktische Gründe: Es ist noch nicht gelungen, treffendere, kurze Begriffe als die Begriffe „Piraterie" und „Diebstahl" zu finden. 27 Zudem sind die Begriffe inzwischen weltweit eingeführt. 28 Schließlich hat selbst der Gesetzgeber29 den Begriff der Produktpiraterie 30, mit dem Angriffe auf wirtschaftlich verwertbare geistige Leistungen der verschiedensten Art zusammengefasst werden, inzwischen übernommen.31

B. Unsicherheiten bei Ermittlung des Umfangs kriminellen Handelns und beider Schadensberechnung Die Ermittlung des Umfangs der verschiedenen Piraterieformen begegnet einer Reihe von Schwierigkeiten. Vor allem ist es nahezu unmöglich, den entstandenen Schaden anzugeben. Diese Schwierigkeit beruht auf mehreren Faktoren: Sofern in der Literatur versucht wird, den entstandenen Schaden zu schätzen, wird zumeist nicht zwischen juristischem Schadensbegriff und wirtschaftlichem Schadensbegriff unterschieden. Doch der wirtschaftliche Schaden unterscheidet 25 26 27 28

Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 13. Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 24; falsch wiedergegeben bei: Kann, S. 124. Ebenso zum Musikbereich: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 1. Vgl. auch: Bortloff\ Tonträgerpiraterieschutz, S.28; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz,

S.l. 29

Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie vom 7.3.1990, BGBl. I S. 422. 30 Der Begriffsschöpfung schuldig bekennt sich: Meister, S. 138. 31 Weber, Wesen, S.51.

440

9. Kap.: Rechtstatsachen

sich erheblich von der Schadensberechnung der §§97 UrhG bzw. 823 ff. BGB. 32 Beim juristischen Schadensbegriff hat gerade die Unmöglichkeit, den wirklichen Schaden zu ermitteln, zur Herausarbeitung einfacher und pauschaler Berechnungsmethoden geführt. 33 Diese dreifache Schadensberechnung34 soll im Zivilrecht den Verletzten begünstigen, darf aber nicht mit dem wirtschaftlichen Schaden verwechselt werden, der den Piraterieopfern tatsächlich entsteht und der regelmäßig erheblich geringer ausfallen wird. 35 Andererseits kann eine Reihe zusätzlicher Schäden kaum berücksichtigt werden. So kommen zu den materiellen Beeinträchtigungen häufig noch ideelle Integritätsverletzungen,36 insbesondere immaterieller Schaden durch minderwertige oder vom Autor nicht autorisierte Ausgaben.37 In Extremfällen kann illegales Kopieren Arbeitsplätze gefährden. 38 Auch macht die nicht bekannte Dunkelziffer präzise Angaben über den Verlust von Steuern unmöglich.39 Im Bereich der Musikpiraterie beruhen die Angaben auf Schätzungen aufgrund einzelner Anhaltspunkte und sind nur in einigen Bereichen aufgestellt worden. 40 Rochlitz 41 weist darauf hin, die komplexe Handelsstruktur mache Schätzungen zunehmend schwerer. Von Bedeutung ist, dass die Schätzungen auf Angaben der Tonträgerhersteller beruhen,42 häufig nicht näher begründet43 und teilweise spekulativ sind.44 Sternberg-Lieben 45 hält selbst vorbehaltlich einer Dunkelziffer die Schadensschätzungen der Geschädigten im Hinblick auf die geringe Zahl abgeschlossener Verfahren für zu großzügig. Schwierig wird die Schätzung auch dadurch, dass etwa 80 bis 90 % der im Handel erhältlichen Tonträger nicht einmal die Kosten der Her32

Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.78. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.59. 34 Vgl. zum Prinzip der dreifachen Schadensberechnung: Rehbinder, Urheberrecht, Rn.451 f. 35 Ähnlich: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.58. 36 Flechsig, FuR 1980, S.347; Spautz, ZUM 1990, S. 166f.; Wahl, Kriminalistik 1982, S.68. 37 Flechsig, ZRP 1980, S.314f.; Rehbinder, ZUM 1990, S.462; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.21 u. NJW 1985, S.2121; Wahl, Kriminalistik 1982, S.68; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 60. 38 BT-Drucks. 11/4792, S. 16 u. S.22; Rehbinder, ZUM 1990, S.462, unter Hinweis auf den Ausschuss für Außenwirtschaftsbeziehungen des Europäischen Parlaments; vgl. auch: Lührs, S. 264; Movsessian/Seifert, S. 303. 39 Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S. 15 u. ZRP 1980, S.314; Schmitz/Schmitz, S.61 f. 40 Flechsig, FuR 1980, S.347; Kann, S.2 u. S.41 u. S.75; Nick, Musikdiebstahl, S.48; Weber, Handwörterbuch, S. 1. 41 Ausführlicher: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.22 f. i. V. m. S. 16 f.; vgl. auch: Kann,S.15. 42 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 17. 43 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 18. 44 Weber, Handwörterbuch, S. 1. 45 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.30. 33

Β. Unsicherheiten bei Ermittlung des Umfangs kriminellen Handelns

441

Stellung wieder einbrächten.46 Dagegen nutzen Musikpiraten in der Regel nur die erfolgreichen Titel. 47 Zudem ist nicht davon auszugehen, dass anstelle jedes zumeist billigen illegalen Tonträgers ein teurer legaler Tonträger abgesetzt worden wäre. 48 Bei Bootlegs fehlt ein legales Parallelangebot meist völlig. 49 Hier kann allenfalls auf den Gesichtspunkt der Markverstopfung verwiesen werden. Dagegen ist SternbergLieben 50 im Hinblick auf Identfälschungen der Ansicht, wegen der Ähnlichkeiten in äußerer Aufmachung, Qualität und Preis könne hier der Gewinn der Musikpiraten mit dem Verlust der Tonträgerhersteller annähernd gleichgesetzt werden. Ähnliche Probleme ergeben sich im Bereich der Videopiraterie 51: Der Schaden wird auch in diesem Bereich aufgrund des auf dem Markt befindlichen Anteils unzulässiger Vervielfältigungsstücke mit Hilfe der Fallzahl hochgerechnet; beide Faktoren können hierbei nur geschätzt werden. 52 Überdies kann auch hier von der Anzahl der auf dem Markt befindlichen Vervielfältigungsstücke nur bedingt auf den Schaden geschlossen werden, da ein nicht bestimmbarer 53 Teil der Geschäfte nur deshalb zu Stande kommt, weil es sich um unzulässige Vervielfältigungsstücke handelt, für die ein geringerer Preis verlangt wird. 54 Soweit Tielke 55 meint, im Bereich der Kinofilmpiraterie Aussagen über den Schaden machen zu können, möchte ich Bedenken anmelden. Allein aus der Tatsache, dass zu Hochzeiten der Kinofilmpiraterie nur drei- bis viertausend Stück eines Titels absetzbar gewesen seien, sich die Zahl dagegen im Jahr 1992 bei vergleichbaren Titeln bei fünfzehn- bis zwanzigtausend Kassetten stabilisiert habe56, lassen sich kaum Rückschlüsse ziehen. Insofern wird man nämlich die allgemeine Marktentwicklung, insbesondere den ansteigenden Verkauf von Videorecordern, die Zunahme von Videotheken und die Preisentwicklung auf dem Videomarkt berücksichtigen müssen. Auch das Phänomen der Softwarepiraterie ist statistisch nicht soweit erfasst, dass sich klare Aussagen über Umfang und Schadenshöhe machen lassen.57 Wie groß hier der Anteil der Geschäfte ist, die zu Stande kommen, weil die Raubkopie zu ei46 Nick, Musikdiebstahl, S.41; Rochlitz, FuR 1980, S.352; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 19 u. NJW 1985, S.2121; „etwa 80%": Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.58; Kann, S.75; Movsessian/Seifert, S.302f.; Schaefer, Handbuch, S.517; Schaefer/Körfer, S. 10 u. S. 15. 47 Kann, S.75; Movsessian/Seifert, S.303; Nick, Musikdiebstahl, S. 15; Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2121. 48 Kann, S.U. 49 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 18 f. 50 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 19. 51 Ähnlich: Tielke, Die Ermittlung, S.30. 52 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.26. 53 So: Eisenberg, Die Videopiraterie, S.26. 54 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.26; Heghmanns, S. 115; Meier/Böhm, S. 168; SternbergLieben, Musikdiebstahl, S. 18f.; Weber, Handwörterbuch, S.2. 55 Tielke, Die Ermittlung, S.30. 56 Tielke, Die Ermittlung, S.32. 57 Schmitz/Schmitz, S.61.

442

9. Kap.: Rechtstatsachen

nem niedrigen Preis abgegeben wird, ist auch im Softwarebereich unklar; insbesondere wird im Bereich der Computerspiele zu berücksichtigen sein, dass die meist jugendlichen undfinanzschwachen Anwender regelmäßig nur einen Bruchteil der von ihnen raubkopierten Software auch als Originalsoftware hätten erwerben können.58 Schätzungen erweisen sich zumeist als rein fiktiv. 59 Die ungeprüfte Übernahme fremder Schätzungen erweist sich auch aus anderen Gründen als gefährlich. So werden teilweise auch solche Vorgänge eingerechnet, die nach geltendem Recht legal, nach der Ansicht des jeweiligen Verfassers jedoch unerwünscht sind. Dies betrifft insbesondere die unlizenzierte, gleichwohl aber zulässige Verwertung in Fällen mit Auslandsberührung. Auch ist zu beachten, dass die Zunahme legalen Kopierens für die betroffenen Wirtschaftszweige weit schädlicher ist als Piraterieformen. 60 Eine Manipulation statistischen Materials ist insofern nicht ausgeschlossen.61 Schließlich gibt auch die polizeiliche Kriminalstatistik kaum Aufschluss über Straftaten gegen die §§ 106 ff. UrhG. Denn zum einen handelt es sich lediglich um eine Bilanz des Geschäftsanfalls der jeweiligen Behörden, da nur über den strafrechtlich registrierten Ausschnitt eines vermuteten Gesamtbereichs von Straftatbegehungen Auskunft gegeben wird. 62 Zum anderen findet sich in der Statistik nur eine Rubrik „Straftaten gegen Urheberrechtsbestimmungen" unter der Straftaten nach dem UrhG, dem WZG, § 17 UWG, dem GebrMG, dem GeschmMG, dem KUG und dem PatG zusammengefasst sind.63 Eine Differenzierung nach verletzten Gesetzen ist somit ebenso wenig möglich wie jede weitere ins Detail gehende Differenzierung. 64 Erst seit dem Jahr 1991 werden Fälle aus dem Bereich der Softwarepiraterie gesondert ausgewiesen65 und seit 1994 zwischen Grunddelikt und gewerbsmäßigem Handeln66 unterschieden. Allerdings sollen nach einer Untersuchung Eisenbergs 67 Aussagen von Polizeibediensteten, die im Bereich des Urheberstrafrechts tätig sind, darauf hindeuten, dass Urheberrechtsverletzungen nach den Vorschriften des UrhG den größte Posten innerhalb der registrierten Fälle bildeten,68 während der Anteil der Fälle von Verletzungen anderer Gesetze vernachlässigbar gering sei. Doch 58 Etter, CR 1989, S. 121; Heghmanns, S. 115; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 321; Meier, S.657; Meier/Böhm, S. 168; vgl. auch: E. Braun, Produktpiraterie, S.24. 59 Meier/Böhm, S. 168. 60 Weber, Handwörterbuch, S.3. 61 Vgl. das negative Beispiel bei: Kann, S. 3 unter Hinweis auf die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2.6.1995; kritisch auch: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 10, mit Nachweisen. 62 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 21 f.; Neubacher, S. 122. 63 Vgl.: Schlüsselzahl 7150. 64 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.22; Weber, Handwörterbuch, S. 1. 65 Schlüsselzahl 7151. 66 Schlüsselzahl 7152. 67 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.22. 68 Ebenso: BT-Drucks. 12/8387, S. 10.

C. Tatbereiche

443

selbst, wenn man annehmen will, diese Aussage werde erhärtet durch den Befund, dass der rasche Anstieg der registrierten Fälle zu Beginn der 80er Jahre zeitgleich erfolgte mit der raschen Ausbreitung von Videogeräten und dem Aufkommen des Videobooms,69 bleibt erhebliche Unsicherheit. Hier ist insbesondere von Bedeutung, dass die polizeiliche Kriminalstatistik, gerade bei Antragsdelikten, äußerst abhängig ist vom schwankenden Anzeigeverhalten der Verletzten.70

C. Tatbereiche Seit dem Ende des 2. Weltkrieges bis in die 70er Jahre haben die urheberstrafrechtlichen Regelungen kaum praktische Bedeutung gehabt.71 Seitdem ist eine Häufung von Straftaten gegen die §§ 106 ff. UrhG in vier Bereichen aufgetreten. Das anfängliche Auftreten der Raubdrucke von Büchern (I) 72 wurde von Musikpiraterie (II) 73 und Videopiraterie (III) 7 4 abgelöst. Noch heute spielt vor allem die Softwarepiraterie eine Rolle (IV) 75 .

I. Raubdrucke von Büchern Hinsichtlich des Beginns der Raubdruckbewegung gehen die Angaben auseinander. 76 Erste Fälle werden schon aus der ersten Hälfte der 60er Jahre berichtet. 77 Mitverursacht durch die Studentenbewegung 1967/6878 stand jedenfalls im Jahr 1975 hinsichtlich des Urheberstrafrechts die Raubdruckbewegung im Vordergrund. 79 Der Umfang der Bewegung ist nach wie vor nur in groben Umrissen bekannt.80 So hält Weber 81 eine Zahl von 900 Titeln im Jahr 1969 für weit übertrieben. Desgleichen dürfe es überzogen sein, wenn Sieg 82 behauptet, die Raubdruckbewegung habe sich 69

So: Eisenberg, Die Videopiraterie, S.22; Heibig, S.374. Ebenso: Paul, NJW-CoR 1996, S.234. 71 Vgl.: Dähn, S. 132; Hanser-Strecker, S. 164. 72 Zu Raubdrucken von Büchern: Kap.9 C.I. 73 Zur Musikpiraterie: Kap.9 C.II. 74 Zur Videopiraterie: Kap.9 C.III. 75 Zur Softwarepiraterie: Kap. 9 C. IV. 76 „Höhepunkt Mitte der 60er Jahre": Kann, S. 1 u. S. 39; „Beginn Mitte der 60er Jahre": Flechsig, FuR 1980, S. 345 f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 11, mit Beispielen; „Beginn 1967/68": Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 3 u. S. 48 u. Handwörterbuch, S. 1 ; Schack, Urheber· und Urhebervertragsrecht, Rn.737; „Höhepunkt Anfang der 70er Jahre": Weber, Handwörterbuch, S. 1. 77 Deutsche Vereinigung, GRUR 1965, S.22. 78 E. Braun, Produktpiraterie, S. 14; Movsessian/Seifert, S.297; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.48; Weber, FuR 1980, S.335. 79 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.230; ähnlich: Heghmanns, S. 112. 80 Weber, Handwörterbuch, S. 1. 81 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.48. 82 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.48. 70

444

9. Kap.: Rechtstatsachen

zwischenzeitlich für einige betroffene Opfer, Verleger wie Autoren zu einer existenzbedrohenden Krise entwickelt. V. Olenhusen 83 schätzt die Zahl der Raubdruckausgaben im Jahr 1970 auf 250 und die der nachgedruckten Einzeltitel auf 400. Im Jahr 1980 soll die Raubdruckbewegung ihre Bedeutung verloren haben.84 Zugleich sei die technische Qualität der Raubdrucke mit der Zeit besser geworden, so dass im Jahr 1980 mit dem Original identische Fälschungen angeboten worden seien.85 Im Jahr 1985 soll die Deutsche Bibliothek in Frankfurt a. M. über insgesamt 600 Raubdrucke verfügt haben.86 Für die Abnahme der Zahlen werden unterschiedliche Gründe vermutet: So nimmt Lampe87 an, dies hänge mit der allgemeinen politischen Entwicklung zusammen, die zu fehlender Unterstützung für die Raubdrucker geführt habe. Dagegen bezweifelt Rochlitz 88 die geringe Zahl. Ich selbst halte die Zahlen durchaus für zutreffend. Denn es ist anzunehmen, dass inzwischen potentielle Abnehmer mit Blick auf die vereinfachten Möglichkeiten, in legaler Weise selbst Kopien herzustellen, zum eigenen Kopieren übergegangen sind. Die Raubdruckbewegung ist zusammen mit ihrem Absatzmarkt verschwunden. Auch das entsprechende Sonderdezernat des Börsenvereins des deutschen Buchhandels wurde inzwischen aufgelöst. 89 Genaue Informationen zur Auflagenhöhe sind nicht zu erhalten. 90 V. Olenhusen 91 gibt sie zwischen 100 und 6.000 Exemplaren an. V. Gravenreuth 92 weist darauf hin, dass viele Raubdrucke ohnehin nur eine kurze Zeit verbreitet worden seien. Angaben zur Kalkulation der Täter finden sich bei Weber 93: Raubdrucke seien 40 bis 60 % billiger verkauft worden als die Originalausgaben.94 Bei den Originalausgaben habe der Verlegergewinn im Durchschnitt etwa 6%, bei Raubdrucken dagegen 33,2% betragen.95 Soweit Raubdrucke auf universitär finanzierten Kopiergeräten hergestellt wurden und somit fast die gesamten Herstellungskosten entfielen, habe sich der Gewinn sogar auf rund 50% belaufen. Während der Gewinn eines Buchhändlers höchstens 1 % des Ladenverkaufspreises betragen habe, seien dies beim Handel mit Raubdrucken über 30% gewesen. Vor allem weil der Nachdrucker 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93

v. Olenhusen, KJ 1970, S.37; vgl. aber auch: Wahl, Wirtschaftskriminalität, S.272. Lampe, UFITA 87 (1980), S. 108; Roeber, S. 390. Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S. 11 f. u. ZRP 1980, S. 314f. v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.205. Lampe, UFITA 87 (1980), S. 109. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.89. Müller/Wabnitz/Janovsky, 8.K. Rn.42. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.49. v. Olenhusen, KJ 1970, S.37. v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.205. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.54ff., mit Rechenbeispiel, sowie Handwörterbuch,

S.lf. 94 So auch: v. Olenhusen, KJ 1970, S.37; noch weitergehend: Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S. 16 u. ZRP 1980, S.314. 95 Ähnlich: Lampe, UFITA 87 (1980), S. 110.

C. Tatbereiche

445

wisse, wie sich die Originalausgabe verkaufe, habe er von vornherein einen relativ sicheren Überblick über die Absatzchancen und sei im Gegensatz zum Verleger nicht mit dem Absatzrisiko belastet.96 Der durch die Raubdruckbewegung zugefügte Schaden lasse sich mangels präziser Zahlen über das Ausmaß der Nachdrucke nicht annähernd beziffern. 97 Überdies lasse sich kaum abschätzen, welche Umsatzeinbuße die rechtmäßige Ausgabe durch den Nachdruck erlitten hat.98 Bisweilen hätten die Autoren wegen der Einnahmen aus laufenden Verträgen keinen unmittelbaren finanziellen Nachteil erlitten 99 Auch eine Analyse des Täterkreises findet sich bei Weber 100: Da es nicht gelungen ist, einschlägige Strafverfahren durchzuführen, herrsche Ungewissheit über den Täterkreis. Die Vermutungen zum Täterkreis beruhten auf Informationen der betroffenen Verlage. Bei den Tätern habe es sich nicht um grundsätzlich gesetzestreue Verleger oder Drucker gehandelt, sondern um Personen, die sich planmäßig aus verschiedenen Motiven über das geltende Recht hinwegsetzten. Es wird vermutet, ein nicht unbeträchtlicher Teil der Raubdrucke sei im Ausland, insbesondere in Ländern, die nicht den internationalen Urheberrechtsabkommen angehörten, hergestellt worden. Ein weiterer Großteil habe aus studentischen Kreisen oder von Gelegenheitstätern gestammt, die kurzfristig eine lohnende Einnahmequelle witterten. Schließlich sollen auch manche etablierten Verlage Raubdrucke hergestellt haben. Als Verteiler der Raubdrucke hätten vor allem Studenten gedient, von denen die Exemplare innerhalb weniger Stunden als fliegende Händler verkauft worden seien 101 und die über das Schwarze Brett einer Universität oder durch Flüsterpropaganda geworben hätten.102 Zudem seien „linke Buchläden" beteiligt gewesen.103 Ferner hätten bisweilen auch seriöse Buchhandlungen Raubdrucke verkauft, um Gewinne zu machen und das Wohlwollen der Abnehmer zu erhalten. 104 V. Gravenreuth weist darauf hin, es habe auch den Vertriebsweg des Postversands aus dem Ausland in Verbindung mit Angeboten über Zeitungsannoncen gegeben.105 96 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 110; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.50; vgl. auch: BT-Drucks. 11/4792, S. 16; Rehbinder., ZUM 1990, S.462. 97 Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S. 16; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.59 u. Handwörterbuch, S.2. 98 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 59 u. Handwörterbuch, S. 2; vgl. auch: Flechsig, ZRP 1980, S. 314. 99 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.62. 100 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.3 u. S.50f. u. FuR 1980, S.335. 101 Flechsig, ZRP 1980, S.314; v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.352; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.53. 102 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.53. 103 Flechsig, ZRP 1980, S.314; v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.352; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.53. 104 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 111; v. Olenhusen, Schriftsteller, S.58; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.53 u. S.63. 105 v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.352; auch: Wahl, Wirtschaftskriminalität, S.273.

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9. Kap.: Rechtstatsachen

Den Großteil des Abnehmerkreises hätten Schüler und Studenten ausgemacht, was sich daran zeige, dass Raubdrucke fast ausschließlich in Universitätsstädten vertrieben worden seien.106 Im Vordergrund hätten soziologisch-politische Werke gestanden, vor allem solche mit sozialistisch-gesellschaftskritischer Tendenz.107 Gleichwohl seien sämtliche Sparten betroffen gewesen.108 Zwar seien häufig 109, aber nicht nur 110 vergriffene Werke nachgedruckt worden. Nie sei den Autoren ein Autorenhonorar gezahlt worden. 111 Die Raubdruckbewegung sei ein nationales Phänomen geblieben, da sie an Sprachgrenzen scheiterte. 112 Unterschiedliches wird hinsichtlich der Motive der Raubdruckbewegung angeführt: Während Burger 113 meint, die Raubdruckbewegung habe eine gewisse Schrittmacherfunktion gehabt, indem sie bestimmte Werke der Öffentlichkeit schnell zugänglich machte, bezweifeln andere 114 dies. Zwar habe es bei den Verteilern eine beträchtliche Anzahl von unentgeltlich handelnden Idealisten gegeben; doch sei dies bei den Herstellern anders.115 Gewinnstreben sei ein wesentlicher Antrieb der Raubdruckbewegung gewesen.116 Soweit zur Rechtfertigung angegeben wurde, dass preiswerte Nachdrucke auch weniger Begüterten den Erwerb eigener Bücher ermöglichten, handele es sich um einen Vorwand. 117 Entsprechendes gelte für die Argumentation, dass die Raubdrucke den Autoren nützten, indem sie den Verlagen schadeten und so deren wirtschaftliche Überlegenheit beeinträchtigten. 118 V. Gravenreuth meint, die Täter hätten zum einen aus politischen, zum anderen aus wirtschaftlichen Motiven gehandelt.119 Manche Autoren wollen gar Verbindungen zur damaligen Terrorszene ziehen.120 Angaben über Hintermänner seien allenfalls zögerlich gemacht worden; Geschäftspapiere soll es regelmäßig keine gegeben haben.121

106

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.49 u. S. 53. Flechsig, ZRP 1980, S. 314; Movsessian/Seifert, S. 297; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.49. 108 Weber, Handwörterbuch, S. 1. 109 Weber, Handwörterbuch, S.2. 110 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.49. 111 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 111; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.59. 112 Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2122. 113 Burger, S.797f., m.w.N. 114 Ausdrücklich: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.59. 115 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.53f. 116 Lampe, UFITA 87 (1980), S. llOf.; Movsessian/Seifert, S.297; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.53 u. FuR 1980, S.335f.; kritisch Burger, S.798. 117 Lampe, UFITA 87 (1980), S. llOf.; ausführlich: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.51 f. u. S.67 f. u. FuR 1980, S.335f. 118 Ausführlich: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.60. 119 v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.351. 120 v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.352, Fn. 32; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.52. 121 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.68. 107

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II. Musikdiebstahl Es wird vermutet, dass die Musikpiraterie als Teil der Wirtschaftskriminalität 122 mit Einführung des Magnettonbandes Ende der 60er Jahre entstand123 und dass die ersten Fälle in Deutschland bis ins Jahr 1970 zurückreichen. 124 Vor allem in der zweiten Hälfte der 70er 125 und zu Beginn der 80er Jahre 126 gab es eine erhebliche Zunahme, so dass die Musikpiraterie zur typischen Erscheinungsform bis in die Mitte der 80er Jahre avancierte.127 Dabei wurden die Methoden immer perfekter und wegen der hohen Gewinne immer professioneller. 128 Erst für das Jahr 1994 werden rückläufige Pirateriezahlen in Deutschland angegeben.129 Während Plagiate durch Musikwerke 130 jedenfalls auf strafrechtlichem Gebiet nicht feststellbar sind, 131 existieren verschiedene Formen von Raubkopien.132 Nachdem ich die drei Hauptvarianten 133 - klassische Raubkopien ( l ) 1 3 4 , Identfälschungen (2) 135 und Bootlegs (3) 136 - vorgestellt habe, möchte ich die Bereiche Herstellung und Vertrieb (4) 137 , Täter und Opfer (5) 138 sowie Umfang und Schaden (6) 139 beleuchten.

122 Kann, S. 75 u. S. 123; Nick,, FuR 1980, S. 388 f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 5 u. S.48 u. S. 164 u. FuR 1980, S.355 u. S.359 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.41; Steinmetz, in: Roeber, S.393; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.2 u. NJW 1985, S.2121; Weber, FS-Sarstedt, S.381 u. S.388 u. S.392 u. FuR 1980, S.336; vgl. auch: Paschel, S. 142. 123 Kann, S. 1 u. S. 39; Nick, FuR 1980, S. 378; Spautz, FuR 1978, S. 747; zur Geschichte vor Inkrafttreten des UrhG: Nick, FuR 1980, S.386 u. Rochlitz, FuR 1980, S.352. 124 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.34; Nick, FuR 1980, S.386. 125 Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.77. 126 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.49. 127 Heghmanns, S. 112. 128 Kann, SA. 129 Fest, S.7. 130 Zum Phänomen: Engländer, S.20ff.; Fuchs, S. 1 ff.; R.-F. Unger, S. 675ff. 131 Vgl.: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.217. 132 Ausführlich: Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S. 29ff.; Kann, S. 49ff.; Rochlitz, Rechtspolitische Überlegungen, S.32 ff. 133 E. Braun, Produktpiraterie, S. 15f.; Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn.2; Miiller/Wabnitz/Janovsky, 8. K. Rn. 39; Nick, Musikdiebstahl, S. 35; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 18 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.32 u. UFITA 83 (1978), S.71 ff.; Schaefer, Handbuch, S.518; Schaefer/Körfer, S. 17; Spautz, ZUM 1990, S. 165 u. S. 169; Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2121; Weber, Handwörterbuch, S.2; anders: W. Unger, FonoForum, H.4, S.32. 134 Zur klassischen Raubkopie: Kap.9 C.II. 1. 135 Zur Identfälschung: Kap. 9 C. II. 2. 136 Zu Bootlegs: Kap.9 C.II.3. 137 Zu Herstellung und Vertrieb: Kap.9 C.II.4. 138 Zu Tätern und Opfern: Kap. 9 C. II. 5. 139 Zu Umfang und Schaden: Kap.9 C.II.6.

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9. Kap.: Rechtstatsachen

1. Klassische Raubkopien Bei der „klassischen" Raubkopie, auch „piracy" genannt140, wird der Originaltonträger mit einfachen Mitteln kopiert, 141 so dass diese Form einfach zu identifizieren ist. 142 Die Aufnahmen sollen häufig von schlechter technischer Qualität gewesen sein,143 die Hüllen und Einlegekarten regelmäßig unprofessionell gefertigt. 144 Der End Verkaufspreis habe sehr niedrig gelegen.145 Bedeutung sollen „klassische" Raubkopien in Deutschland nur als Importe gehabt haben.146 Lediglich in einem kürzeren Zeitraum nach der Wiedervereinigung hätte das Geschäft mit derartigen Raubkopien wegen des Nachholbedarfs in den neuen Ländern floriert. 147 Neben der einfachen Raubkopie existieren einige Sonderformen: So wird bei den verschiedenen Formen der Raubkopplung nicht ein Originaltonträger insgesamt vollständig vervielfältigt, sondern aus verschiedenen Originaltonträgern einzelne Teile, meist ganz Stücke, entnommen und zusammengesetzt.148 Mit dieser Form der Piraterie sei vor allem der Bedarf nach Zusammenstellungen mit den jeweiligen Hits verschiedener Interpreten gedeckt worden, 149 den die legalen Tonträgerhersteller nicht selbst bedienen könnten, weil die Lizenzierung an Dritte frühestens nach einigen Monaten einsetze, wenn die erste Phase der Auswertung vorbei sei, und weil Tonträgerhersteller oft durch Verträge mit den Interpreten gebunden seien.150 Der Raubkopplung ähnlich sind die sogenannten Raub-Mixe und der Sounddiebstahl.151 140 E. Braun, Produktpiraterie, S. 15; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 18; Schaefer/ Körfer, S. 101; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 14 u. NJW 1985, S.2121; Weber, Handwörterbuch, S.2. 141 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S. 33; Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn.2; Kann, S.49; Movsessian/Seifert, S.299; Müller/Wabnitz/Janovsky, 8. K. Rn.39; Nick, FuR 1980, S.378 f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 18 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.33 u. UFITA 83 (1978), S.71; Roeber, S.391; Schaefer, Handbuch, S.522 u. S.531; Schaefer/Körfer, S. 22ff. u. S. 101 ; Spautz, ZUM 1990, S. 165 f.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 14 u. NJW 1985, S.2121; Weber, Handwörterbuch, S.2. 142 Kann, S.49; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 19. 143 Nick, Musikdiebstahl, S. 14; Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.72f.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.21. 144 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 19. 145 Schaefer, Handbuch, S.532; Schaefer/Körfer, S. 101. 146 Kann, S.50; Nick, Musikdiebstahl, S.35; Schaefer, Handbuch, S.522; Schaefer/Körfer, S. 23; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 19f. 147 Kann, S. 50; Schaefer, Handbuch, S. 522; Schaefer/Körfer, S. 23. 148 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.35; Kann, S.50f.; Nick, Musikdiebstahl, S.35; Schaefer, Handbuch, S.523ff. u. S.530f.; Schaefer/Körfer, S.23f. u. S. 103; Weber, Handwörterbuch, S. 2. 149 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.35; Kann, S. 51; Schaefer, Handbuch, S. 523 f.; Schaefer/Körfer, S.24; Weber, FuR 1980, S.336. 150 Schaefer, Handbuch, S.523f.; Schaefer/Körfer, S.24. 151 Bortloff.i Tonträgerpiraterieschutz, S.36; Kann, S.52; Schaefer, Handbuch, S.524f. u. S.530f.; Schaefer/Körfer, S.25f. u. S. 105; auch: Mülle r/Wabnitz/Janovsky, 8.K. Rn.39.

C. Tatbereiche

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Hierbei werden einzelne Teile anderer Musikdarbietungen oder nur einzelne Sounds daraus entnommen, zu neuen Musikstücken zusammengestellt und verändert. 152 Bei den Raub-Mixen soll die Gewinnspanne der illegalen Hersteller besonders hoch sein und teilweise 90% des Endverkaufspreises ausmachen.153 Eine weitere Sonderform ist das Tonträgersampling, 154 dessen rechtliche Beurteilung umstritten ist. 155 Schließlich hat das unzulässige Kopieren von Tonträgern über das Internet in Form sogenannter „mp3-Dateien" in jüngerer Zeit an Bedeutung gewonnen;156 die für die Täter riskante Herstellung körperlicher Vervielfältigungsstücke entfällt hierbei. 157 Der Schaden durch diese Art der Online-Piraterie wird von der Musikindustrie mit 140 Millionen DM beziffert. 158

2. Identfälschungen Identfälschungen, auch „Counterfeits" genannt159, gehen über diese Formen der Raubkopie dadurch hinaus, dass nicht nur der Tonträger gefälscht wird, sondern dass versucht wird, durch identische Erscheinungsform den Eindruck zu erwecken, dass es sich um einen Originaltonträger handelt.160 Klangqualität, Einlegeblatt, Cover und Etikett werden dem Originaltonträger so exakt wie möglich nachgebildet,161 so dass diese Art der Raubkopie in der Regel nur durch einen Fachmann vom Original zu un152

Bortloff.; Tonträgerpiraterieschutz, S.36; Kann, S.52; Schaefer, Handbuch, S. 524 f.; Schaefer/Körfer, S. 25 f. 153 Kann, S.52; Schaefer, Handbuch, S.531; Schaefer/Körfer, S. 105. 154 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.36. 155 Vgl.: Kann, S. 53; zur Zulässigkeit des Sampling: Kap. 4 F. II. u. Kap. 4 G. II. 156 Hierzu: Mönkemöller, S. 663 ff. 157 Vgl.: Schaefer/Rasch, S.457. 158 Der Tagesspiegel, 5. Mai 2000, S. 20. 159 Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn.2; Movsessian/Seifert, S.300; Nick, Musikdiebstahl, S.36; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 18 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.33 u. UFITA 83 (1978), S.72; Schaefer, Handbuch, S.525 u. S.532; Schaefer/Körfer, S.28 u. S. 106; Spautz, ZUM 1990, S. 165; Steinmetz, S.751; Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2121; Weber, FS-Sarstedt, S. 380 u. Handwörterbuch, S. 2; zum Begriff auch: E. Braun, Produktpiraterie, S.4 u. S. 15. 160 Bortloff.; Tonträgerpiraterieschutz, S.37 f.; Flechsig, FuR 1980, S. 347 u. ZRP 1980, S. 314f.; Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn.2; Gentz, UFITA 70 (1974), S.26; Kann, S. 55; Movsessian/Seifert, S. 300; Mülle r/Wabnitz/Janov sky , 8. Κ. Rn. 39; Nick, FuR 1980, S. 379 u. Musikdiebstahl, S. 13 u. S. 36; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 18; Roeber, S. 391; Schaefer, Handbuch, S.525 u. S.532; Schaefer/Körfer, S.28 u. S. 106; Spautz, ZUM 1990, S. 165; Steinmetz, S.751; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 14f. u. NJW 1985, S.2121; Wahl, Wirtschaftskriminalität, S.274f.; Weber, FS-Sarstedt, S. 380 u. Handwörterbuch, S.2. 161 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.38; Gentz, UFITA 70 (1974), S.26; Kann, S.55; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 20; Schaefer, Handbuch, S. 525 u. S. 532; Schaefer/Körfer, S.28 u. S. 106; Spautz, ZUM 1990, S. 165; Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2121. Hildebrandt

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9. Kap.: Rechtstatsachen

terscheiden ist. 1 6 2 Die Ursache für die Verbesserung der Qualität ist i m Bestreben der Fälscher zu suchen, die Aufdeckung von Fälschungen zu erschweren. 163 Auch hier existieren Sonderformen: So werden teilweise Originalvorlagen der berechtigten Tonträgerhersteller verwendet. 164 Auch gibt es sogenannte „Überpressungen", bei denen ein Lizenznehmer eine höhere Stückzahl von Vervielfältigungsstücken herstellt, als vertraglich vereinbart wurde. 1 6 5 Beide Formen der Piraterie sind praktisch nicht nachzuweisen. 166 Über das Ausmaß der Piraterie durch Überpressungen ist man auf reine Spekulation angewiesen. 167 3. Bootlegs Bootlegs 1 6 8 sind unautorisierte Livemitschnitte musikalischer Darbietungen. 169 Der Begriff soll aus den USA der Prohibitionszeit stammen, wo in den Stiefelschäften, den „Bootlegs", Flaschen mit alkoholischen Getränken geschmuggelt worden seien. 170 Später sei der Begriff i m Hinblick auf Mikrofone, die in Konzerte geschmuggelt wurden, und damit auf den Bereich der Musikpiraterie übertragen worden. 1 7 1 Wegen unzureichender Aufnahmemöglichkeiten sind Bootlegs regelmäßig von schlechter technischer Qualität und einfacher Aufmachung. 1 7 2 Sie sind deswe162 Nick, Musikdiebstahl, S. 13 u. S. 36; Spautz, ZUM 1990, S. 165; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.21; Wahl, Wirtschaftskriminalität, S.275; ähnlich: Mestmäcker/Schulze, vor § 106 UrhG. 163 Kann, S.56; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.22. 164 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.38; Schaefer, Handbuch, S.532; Schaefer/Körfer, S. 106; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.23. 165 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.39; E. Braun, Produktpiraterie, S.25; Kann, S.72f.; Schaefer, Handbuch, S.532; Schaefer/Körfer, S. 107. 166 Vgl.: Kann, S. 72 u. S. 80; Nick, Musikdiebstahl, S. 38. 167 Kann, S. 80. 168 Ausführlich zum Phänomen der Bootlegs: Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.29 ff.; Kann, S.58 ff. 169 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S. 30; E. Braun, Produktpiraterie, S. 5 u. S. 16; Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn.2; Kann, S.58; Movsessian/Seifert, S.300; Müller/Wabnitz/Janov sky, 8. Κ. Rn. 39; Nick, FuR 1980, S. 379; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 18 f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 33 f.; Roeber, S. 391 ; Schaefer, Handbuch, S.518 u. S.528; Schaefer/Körfer, S. 17 u. S.93; Spautz, ZUM 1990, S. 165; Steinmetz, S.750f.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 15 u. NJW 1985, S.2121; W. Unger, FonoForum, H.4, S.32f.; Weber, FS-Sarstedt, S.379 u. FuR 1980, S.336 u. Handwörterbuch, S.2. 170 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.30Fn. 16; Kann, S.58;Movsessian/Seifert, S.300f.; Nick, Musikdiebstahl, S. 36; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 18, Fn. 35 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.34, Fn. 17; Schaefer, Handbuch, S.518; Schaefer/Körfer, S. 17; Spautz, FuR 1978, S.749 u. ZUM 1990, S. 165; Steinmetz, S.750; Weber, FS-Sarstedt, S.379, Fn.5. 171 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S. 30, Fn. 16; Kann, S. 58; Movsessian/Seifert, S. 300f.; Nick, Musikdiebstahl, S. 36; Rochlitz, Rechtspolitische Überlegungen, S. 34, Fn. 17; Schaefer, Handbuch, S.518 u. S.528; Schaefer/Körfer, S. 17 u. S.93; Spautz, ZUM 1990, S. 165; Steinmetz, S.750. 172 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S. 32; Kann, S. 59; Nick, Musikdiebstahl, S. 36 u. S.42; Rochlitz, Rechtspolitische Überlegungen, S.39.

C. Tatbereiche

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gen regelmäßig leicht zu erkennen. 173 Gegenstand der Aufnahmen bildet die gesamte Palette musikalischer Darbietungen. 174 Nicht nur Konzerte 1 7 5 , sondern auch Studioproben und Radiosendungen 176 werden mitgeschnitten. Dabei sind Studioeinspielungen regelmäßig technisch und künstlerisch perfekter als Mitschnitte von Live-Auftritten. 1 7 7 Teilweise soll modernste Aufnahmetechnik in Konzerte geschmuggelt oder ein hausinternes Mischpult angezapft werden. 178 Die klassische Form des Bootlegs ist das sogenannte Sammler-Bootleg, das von den Fans eines bestimmten Künstlers mitgeschnitten wird, um die eigene Sammlung zu vervollständigen. 179 Während dieses Verhalten von einigen 1 8 0 als Selbsthilfe gegenüber der Musikindustrie gerechtfertigt wird, die der Fangemeinde bestimmte Aufnahmen vorenthalte, 181 nehmen andere an, dass in der Regel Gewinnstreben das Hauptmotiv bilde, 1 8 2 zumal es keine Bemühungen gebe, Lizenzen einzuholen, und das Veröffentlichungsrecht des Interpreten missachtet werde. 1 8 3 Die Stückzahlen der Bootlegs sollen sich i m Gegensatz zu anderen Formen der Musikpiraterie, wo sie auf einige tausend Exemplare geschätzt w i r d , 1 8 4 in engen Grenzen halten. 1 8 5 Teilwei-

173

Nick, Musikdiebstahl, S.36; Schaefer/Körfer, S.93 ff.; Spautz, ZUM 1990, S. 165. Bortloff\ Tonträgerpiraterieschutz, S. 30; Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn. 2; Kann, S. 59; Nick, FuR 1980, S. 379 u. Musikdiebstahl, S. 36; Schaefer, Handbuch, S.518; Schaefer/Körfer, S. 18; Spautz, ZUM 1990, S. 165; Weber, FS-Sarstedt, S.380 u. FuR 1980, S.336. 175 Beispiele bei: Spautz, ZUM 1990, S. 165. 176 Bortloff,; Tonträgerpiraterieschutz, S.30; Kann, S.58; Nick, FuR 1980, S.379; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.22; Schaefer, Handbuch, S.518 u. S.528; Schaefer/Körfer, S. 18 u. S.94 ff.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.23 u. NJW 1985, S.2121; Weber, FuR 1980, S. 336 u. Handwörterbuch, S. 2. 177 Kann, S.62; Schaefer, Handbuch, S.519; Schaefer/Körfer, S. 19; Weber, FuR 1980, S.336. 178 Ausführlicher: Schaefer/Körfer, S. 18; vgl. auch: Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.30; Spautz, FuR 1978, S.747f. 179 Bortloff,; Tonträgerpiraterieschutz, S.31; Kann, S.62; Schaefer, Handbuch, S.518 f. u. S.528 ff.; Schaefer/Körfer, S. 18 u. S.93 ff. 180 So: W. Unger , FonoForum, H.4, S.34f., mit Erwiderung von Rochlitz, FonoForum, H.7, S. 6 und anschließendem Schlagabtausch beider in FonoForum, H. 8, 10 u. 11. 181 Hierzu auch: Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.31 f.; Kann, S.62; Nick, Musikdiebstahl, S.42; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.39 ff., mit mehreren Beispielen, u. FuR 1980, S.354 u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 38 u. UFITA 83 (1978), S.74; Schaefer, Handbuch, S.519; Schaefer/Körfer, S. 18. 182 Nick, Musikdiebstahl, S.42; Schaefer, Handbuch, S.519; Schaefer/Körfer, S. 18ff. 183 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.32; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.74 f.; vgl. auch: Kann, S. 62; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.42 ff., mit Beispielen, u. ausführlich: Rechtspolitische Überlegungen, S.38ff. u. UFITA 83 (1978), S.74 f.; ausführlicher: Schaefer, Handbuch, S.519ff. u. Schaefer/Körfer, S. 19f. 184 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.25. 185 Schaeferw, Handbuch, S.520 u. S.529; Schaefer/Körfer, S. 20 u. S.95; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.23. 174

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9. Kap.: Rechtstatsachen

se würden extrem hohe Preise verlangt. 186 Die Gewinnspanne der Bootlegger liege bei bis zu 1.000%.187 Es wird geschätzt, dass im Jahr 1987 als Bootleg 20.000 Titel im Umlauf gewesen seien.188 Neben den „klassischen Formen" werden auch zulässige Formen unlizenzierter Tonträger als Bootlegs bezeichnet, die Schutzlückenbootlegs189 und die Altrepertoire-Bootlegs 190. Hierbei wird entweder die Begrenzung des urheberrechtlichen Anwendungsbereichs durch die §§ 120ff. UrhG 191 oder ein Unterschied zwischen deutschen und ausländischen Schutzfristen ausgenutzt. Dabei wird regelmäßig die Vergütung für die Urheber der verbreiteten Werke an die GEMA gezahlt, die wegen des Kontrahierungszwangs des § 11 UrhWG sowie wegen § 61 UrhG zum Abschluss des Vertrags verpflichtet ist. 192 Infolge einer Reihe von Rechtsänderungen haben diese legalen Formen inzwischen weitgehend an Bedeutung verloren. 193 4. Herstellung und Vertrieb Da die Musikpiraterie nicht an Sprachbarrieren scheitert, handelt es sich um ein internationales Phänomen.194 Zwar ist der genaue Anteil an Importware nicht erkennbar; 195 doch wird geschätzt, dass 40% der in Deutschland abgesetzten illegalen Tonträger aus dem Ausland stammen.196 Als Ursprungsländer werden verschiedene Nationen angegeben: Ursprünglich sollen dies Asien und Italien gewesen sein.197 186

BortloffTonträgerpiraterieschutz,

S.32; Schaefer, Handbuch, S.520; Schaefer/Körfer,

S.20. 187 188

Schaefer, Handbuch, S.520; Schaefer/Körfer, S.20. BortloffTonträgerpiraterieschutz, S.31; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.21 u.

S.34.

189

Bortloff\ Tonträgerpiraterieschutz, S.32; Kann, S.63; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.737 u. Rn. 821 ff.; Schaefer, Handbuch, S.520 f. u. S. 528; Schaefer/Körfer, S. 18 u. S.21 f. u. S.93. 190 Bortloff.i Tonträgerpiraterieschutz, S.37; Kann, S. 72; Schaefer, Handbuch, S.520f.; Schaefer/Körfer., S.26 f. 191 Vgl. zum internationalen Urheberstrafrecht: Kap. 6 H. 192 Kann, S.72 u. S.160ff. 193 Vgl.: Bortloff.\ Tonträgerpiraterieschutz, S.37; Kann, S.72 u. S. 150; Schaefer, Handbuch, S.520 f.; Schaefer/Körfer, S.26 f. 194 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.39; Flechsig, FuR 1980, S.347 u. ZRP 1980,S.314; Gentz, UFITA 70 (1974), S. 25f.; Kann, S. 39; Kober, S. 5; Movsessian/Seifert, S. 312; Nick, Musikdiebstahl, S. 14 u. S.43 u. S.53; Rochlitz, FuR 1980, S.352 u. UFITA 83 (1978), S.69; Roeber, S.391; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 15 u. NJW 1985, S.2122; Weber, FS-Sarstedt, S. 380 u. FS-Stree/Wessels, S.613 u. Handwörterbuch, S. 2f.; zu den Erfahrungen in den USA Nick, FuR 1980, S. 379ff. 195 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.27; ähnlich: Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S. 12, mit Beispielen u. ZRP 1980, S.314. 196 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.22; ähnlich: Kann, S. 156; Mestmäcker/Schulze, §111 a UrhG Anm.I. 197 Kann, S. 1 u. S.56; vgl. auch: Nick, FuR 1980, S.387.

C. Tatbereiche

453

Ein beträchtlicher Anteil stamme aus EG-Ländern, im Jahr 1985 vor allem aus den Benelux-Staaten.198 Später soll Piraten ware nicht nur aus Südostasien, sondern vor allem aus den ehemaligen RGW-Staaten199, besonders aus Polen200 importiert worden sein. So seien an den Ostgrenzen in den Jahren 1991/92 vom deutschen Zoll etwa 300.000 illegal hergestellte Musikkassetten beschlagnahmt worden. 201 Im Jahr 1994 schließlich habe sich China 202 zu einem weltweiten Zentrum zur Herstellung von Fälschungen entwickelt.203 Insbesondere bei Fällen mit Auslandsberührung seien Kontakte zum organisierten Verbrechen festgestellt worden. 204 Da Musikkassetten mit geringerem Aufwand herzustellen sind, soll die Ware in diesem Bereich nicht nur aus Großkopieranlangen stammen, sondern auch von kleineren Herstellern, von Einzelhändlern im Hifi-Bereich, die sich damit eine zusätzliche Einnahmequelle verschaffen, und aus Diskotheken, wo Aufnahmen individueller Zusammenstellungen von Titeln durch die Diskjockeys verkauft würden. 205 Es wird angenommen, dass Fälschungen auf Musikkassette vor allem in den neuen Bundesländern eine Rolle spielen.206 Bis 1989 wird der Anteil der Identfälschungen mit 90% des gesamten Pirateriemarktes angegeben207, der Anteil der Bootlegs und „klassischen" Raubkopien mit lediglich jeweils 5 %. 208 Seit 1989 soll es dagegen eine gleichmäßige Verteilung von Raubkopien, Identfälschungen und Bootlegs geben.209 Sternberg-Lieben geht davon aus, dass auf internationales Poprepertoire 60 % aller Piraterietonträger, auf Deutsches Repertoire 30%, auf Klassik 3 % und auf für Gastarbeiter bestimmtes Repertoire 210 7% entfallen. 211 Die Musikpiraterie sei besonders lukrativ 212 und im Vergleich zu anderen Delikten, etwa der Geldfälschung, relativ risikolos. 213 198

Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.22. Kann, S. 1 u. S.40; Kober, S.5. 200 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.34u. S.38; Kann, S.78; Kober, S.5; Schaefer, Handbuch, S.522 u. S.532; Schaefer/Körfer, S.23 u. S. 101; Weber, FS-Stree/Wessels, S.613, Fn.2. 201 Kann, S. 1 u. S.40f. u. S.45, m. Nachweis. 202 Ausführlicher zum Phänomen China: Kann, S.40. 203 Kann, S. 1 u. S.40, mit Nachweis. 204 Kann, S.49; Nick, Musikdiebstahl, S.40; ähnlich: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.5 u. UFITA 83 (1978), S.83. 205 Ausführlich: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.29 ff.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.23; vgl. auch: Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.35; E. Braun, Produktpiraterie, S.24f. 206 Schaefer, Handbuch, S.526; Schaefer/Körfer, S.28. 207 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.42 ff., mit Grafiken; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 19 u. S.22 u. NJW 1985, S.2121; Weber, Handwörterbuch, S.2. 208 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.42 ff., mit Grafiken; Davies, S.26; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.22 u. NJW 1985, S.2121; ähnlich: Nick, Musikdiebstahl, S. 14. 209 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.42 ff., mit Grafiken. 210 Hierzu auch: Flechsig, FuR 1980, S.347f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 15. 211 Davies, S.29; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.22. 212 Kann, S.75; Rochlitz, FuR 1980, S.353 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.36 u. UFITA 83 (1978), S.69f. 199

454

9. Kap.: Rechtstatsachen

Im Bereich der Musikpiraterie bestehen nebeneinander grundsätzlich zwei Vertriebswege: Zum einen, insbesondere bei Bootlegs214, erfolgt der Vertrieb heimlich über Chiffreanzeigen, fliegende Händler oder den Verkauf durch autorisierte Händler unter dem Ladentisch.215 Sternberg-Lieben 216 nimmt an, dieser Vertriebsweg falle insgesamt nicht ins Gewicht. Zum anderen werden die offiziellen Vertriebswege 217 ausgenutzt.218 Diese Art der Verbreitung hat das größere Volumen.219 Vor allem Identfälschungen werden auf diese Weise vertrieben. 220 Rochlitz geht davon aus, dass die Großverteiler teilweise gleichzeitig Auftraggeber sind oder jedenfalls die zur Herstellung benötigten Unterlagen liefern. 221 Dem Einzelhandel sollen hierbei die Fälschungen zu einem Preis angeboten werden, der nur geringfügig unter dem Großhandelspreis für die Originaltonträger liegt, so dass kein Verdacht erregt wird. 222 Zudem sollen ausgeklügelte Formen der Spurenbeseitigung und der Vortäuschung von Legalität vorkommen. 223 Alle Piraterieformen sollen auch in der Form des sogenannten Lizenzbetruges auftreten, bei dem die Hersteller die Problematik international verflochtener Lizenzvergaben nutzten, um eine Lizenz vortäuschen und dadurch auf den legalen Vertriebswegen tätig werden zu können.224 Teilweise werde hierbei, um die Vertriebswege zu verschleiern, lediglich der Eindruck erweckt, dass es sich um Importware handele.225

213

Rochlitz·, Der strafrechtliche Schutz, S.48 u. FuR 1980, S.353 u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 36. 214 Bortloff; Tonträgerpiraterieschutz, S.32; Kann, S.62; Nick, Musikdiebstahl, S.36; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.25 u. S.35; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.22. 215 Flechsig, FuR 1980, S.347 f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 18 u. ZRP 1980, S.314; Kann, S.47f.; Nick, Musikdiebstahl, S.40. 216 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.23. 217 Vgl. zum Überblick über den legalen Tonträgermarkt: Nick, Musikdiebstahl, S.25 ff.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 8 ff. 218 Kann, S.48; ähnlich: Cremer, S. 154. 219 Kann, S.48; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.23. 220 Kann, S. 56; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 33. 221 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.34. 222 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S. 39; Kann, S. 56; Nick, Musikdiebstahl, S. 39; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.33f.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.23 f.; vgl. auch: Schaefer, Handbuch, S.532; Schaefer/Körfer, S. 106. 223 Schaefer/Körfer, S. 28; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 24; ausführlicher: Kann, S.48 f. u. S.56 f.; Nick, Musikdiebstahl, S.39f. 224 Kann, S. 58; Movsessian/Seifert, S. 301 f.; Schaefer/Körfer, S. 28. 225 Flechsig, FuR 1980, S.347 u. ZRP 1980, S.314f.; Kann, S.74; Nick, FuR 1980, S.387 u. Musikdiebstahl, S. 14 u. S.53; Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2122.

C. Tatbereiche

455

5. Täter und Opfer Das Täterbild im Bereich der Musikpiraterie ist nicht homogen: Die Bandbreite der Erscheinungsformen soll von der organisierten Bandenkriminalität 226 bis zum unerlaubten Mitschnitt durch Fans reichen. 227 Teilweise handele es sich um gut informierte, durchsetzungsfähige und intelligente Täter, die in der Lage seien, das arbeitsteilige Zusammenwirken mehrerer zu koordinieren und die beträchtliche kriminelle Energie entfalteten. 228 Ferner wird angenommen, dass es viele Kleintäter gibt, die über die östliche Grenze kämen und ihre Ware aus der Tasche verkaufen. 229 Dies betrifft vor allem den Bereich der Musikkassetten.230 Teilweise sollen die Täter aus der legalen Branche stammen.231 Nick 232 vermutet, Musikpiraten erweiterten ihre Aktivitäten auf den Bereich der Film- und Videopiraterie. Belege hierfür fehlen allerdings bis heute. Während die Großverteiler illegaler Produkte, teilweise auch die Großhändler, in der Regel Kenntnis von der Herkunft der Ware hätten,233 wird angenommen, die Einzelhändler, Kaufhäuser und Supermärkte seien bezüglich der nötigen Sachkenntnis überfordert und könnten einen echten Importtonträger 234 in der Regel nicht von einer Fälschung unterscheiden.235 Häufig werde der Einzelhändler über die Echtheit der Ware getäuscht.236 Auch der Endabnehmer von illegalen Tonträgern wisse meist nicht, dass er illegal importierte Produkte kauft. 237 Opfer der Musikpiraterie werden hauptsächlich bekannte Künstler. 238 Allenfalls mittelbar sind über eine Schädigung der Musikwirtschaft auch andere, insbesondere Nachwuchskünstler betroffen. 239 Mittelbar werden alle beeinträchtigt, die mit oder 226 BT-Drucks. 10/3360, S.20f.; BortloffTonträgerpiraterieschutz, S.34; Beispiel bei: Nick, FuR 1980, S.388 f. u. bei: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.24. 227 Nick, Musikdiebstahl, S. 13. 228 Ausführlicher: Rochlitz, FuR 1980, S.354 f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S.40f. u. S.55. 229 Kann, S. 130, mit Nachweis. 230 Ausführlich: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.29 ff.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.23; vgl. auch: Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.35. 231 Rochlitz, FuR 1980, S.354 f.; Roeber, S.391; Weber, FS-Sarstedt, S.381 u. FuR 1980, S.336. 232 Nick, FuR 1980, S.389. 233 Kann, S. 48; Nick, Musikdiebstahl, S. 39; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 33. 234 Zur Frage der Zulässigkeit von Parallelimporten bei Tonträgern: Reiners, S. 543 ff. 235 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.39; Flechsig, FuR 1980, S.347f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 15; Kann, S.48; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.24 u. S.33; ähnlich: Mestmäcker/Schulze, vor § 106 UrhG. 236 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.39; Schaefer, Handbuch, S.525; Schaefer/Körfer, S.28. 237 Schaefer, Handbuch, S.530 u. S.532; Schaefer/Körfer, S.98 u. S. 101. 238 Schaefer/Körfer, S. 15. 239 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.58; Schaefer, Handbuch, S.517f.; Schaefer/Körfer, S. 15.

456

9. Kap.: Rechtstatsachen

von Tonträgern leben. 2 4 0 Dies sind neben Tonträgerherstellern 241 auch Komponisten 2 4 2 , Textdichter 243 , ausübende Künstler 2 4 4 , Arrangeure 245 , ausführende Produzenten 2 4 6 , Musikverlage 2 4 7 , Veranstalter von Musikaufführungen 248 , Sendeunternehmen 2 4 9 , Verwertungsgesellschaften 250 , Hersteller der Beiprodukte wie Fotografen, Maler, Grafiker, Lithographen 2 5 1 und unter Umständen auch Tonmeister und Toningenieure. 252 Mitunter werden auch Einzelhändler geschädigt, die kostenlosen Ersatz mangelhafter Ware zu leisten hätten 253 oder bei denen das Vertrauen der Kunden beeinträchtigt w i r d . 2 5 4 Andererseits profitieren Händler bisweilen vom niedrigen Einkaufspreis. 255 Neben Kunden, die Ware von minderwertiger Qualität erhalten, 256 ent240

Bortloff\ Tonträgerpiraterieschutz, S.59; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.57. Bortloff.i Tonträgerpiraterieschutz, S. 50 u. S. 55 u. S. 59; Kann, S. 50 u. S. 52f. u. S. 57 u. S. 60; Nick, Musikdiebstahl, S.41; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.57 f. u. UFITA 83 (1978), S.70; Schaefer., Handbuch, S.522 u. S. 529ff.; Schaefer/Körfer., S.22 u. S.95 ff.; Weber., FS-Sarstedt, S.380; zum Sonderfall „Bootlegs" einerseits: Bortloff\ Tonträgerpiraterieschutz, S.55f.; Rochlitz, Rechtspolitische Überlegungen, S.34; andererseits: Nick, Musikdiebstahl, S.42. 242 Bortloff.; Tonträgerpiraterieschutz, S.44 u. S.55 u. S.57 f.; Kann, S.50 u. S.52 u. S.57 u. S. 60ff.; Nick, Musikdiebstahl, S.41 f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.57 u. UFITA 83 (1978), S.70; Schaefer, Handbuch, S. 522 u. S.528ff.; Schaefer/Körfer, S.22 u. S.93 ff.; Weber, FS-Sarstedt, S.380. 243 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.44 u. S. 55 u. S. 57f.; Kann, S. 50 u. S. 52 u. S. 57 u. S. 60ff.; Nick, Musikdiebstahl, S.41 f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 57 u. UFITA 83 ( 1978), S.70; Schaefer, Handbuch, S.522 u. S. 528 ff.; Schaefer/Körfer, S.22 u. S. 93 ff.; Weber, FS-Sarstedt, S.380. 244 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.46 u. S.55 u. S.57 f.; Kann, S.50 ff. u. S.55 u. S.57 u. S.60ff.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.57 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.34 u. UFITA 83 (1978), S.70; Schaefer, Handbuch, S.522 u. S.528 ff.; Schaefer/Körfer, S.22 u. S.93 ff.; Weber, FS-Sarstedt, S.380. 245 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.45 f. u. S. 55 u. S. 57 f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.57 u. UFITA 83 (1978), S.70; Weber, FS-Sarstedt, S.380. 246 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.49 f. u. S.55 u. S.57 f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.57 u. UFITA 83 (1978), S.70; Weber, FS-Sarstedt, S.380. 247 Nick, Musikdiebstahl, S.41; Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.70. 248 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.50; Kann, S. 60 ff.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.22 u. S.57; Schaefer, Handbuch, S.528 ff.; Schaefer/Körfer, S.93 ff. 249 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.50; Kann, S. 61; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.22 u. S.57; Schaefer, Handbuch, S.528; Schaefer/Körfer, S.94. 250 Roeber, S.390. 251 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.51; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.58; Weber, FS-Sarstedt, S.380; ausführlicher: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.54ff. 252 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.46 ff. u. S.57 f. 233 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.56; Kann, S.57 u. S.77; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.58f. u. UFITA 83 (1978), S.72f.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.21; Weber, FuR 1980, S.336. 254 Bortloff.; Tonträgerpiraterieschutz, S.56 u. S.59; Nick, Musikdiebstahl, S. 14; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.59; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.21 ; Weber, FS-Sarstedt, S.381 u. FuR 1980, S.336. 255 Schaefer, Handbuch, S.530 u. S.532; Schaefer/Körfer, S.98 u. S. 106. 241

C. Tatbereiche

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steht auch dem Fiskus durch entgangene Steuereinnahmen ein erheblicher Schaden.257 Schließlich kann der Vertrieb mangelhafter Ware auch die ideellen Interessen der Berechtigten beeinträchtigen, sofern eine Verfälschung des Werks vorliegt. 258

6. Umfang und Schaden Lange Zeit wurden der Musikpiraterie existenzbedrohende Ausmaße bescheinigt. 259 Durch Bootlegs im Bereich der klassischen Musik habe eine ernste Gefahr für das Medium „Tonträger mit ernster Musik" bestanden.260 Die Vielfältigkeit des Angebots qualitativ hochwertiger Tonträger sei in Frage gestellt worden. 261 Nick 262 prognostizierte bei Fortdauer der Entwicklung sogar das Ende der phonographischen Wirtschaft. Aus heutiger Sicht wird man diese Aussagen relativieren müssen. Sie sind unter anderem vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Leerkassettenabgabe263 des § 54 UrhG damals nicht existierte und dass es umfangreiche Lücken im internationalen Urheberrecht gab. So soll im Jahr 1978 allein der durch legales Kopieren aufgrund von § 53 UrhG entstandene Verlust der Tonträgerindustrie etwa 528,3 Millionen DM, der Verlust durch Musikdiebstahl dagegen „nur" 6,12 Millionen DM betragen haben.264 Unzulässigerweise wurde das private Kopieren zugleich häufig mit dem Phänomen der Musikpiraterie vermischt dargestellt. 265 Ähnliches gilt auch im Hinblick auf die Bereiche, die durch Gesetzeslücken eröffnet wurden. 266 Unbestritten bleibt jedoch, dass sich der Bereich des Musikdiebstahls bei ökonomischer Betrachtungsweise weitaus relevanter darstellt als der des unerlaubten Kopierens von 256

Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.56 u. S. 59; Kann, S. 77; Movsessian/Seifert, S. 304; Nick, Musikdiebstahl, S. 14 u. S.42 f.; Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.72f.; Weber, FS-Sarstedt, S.380f. u. FuR 1980, S.336. 257 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.56 u. S. 59; Kann, S.44; Nick, Musikdiebstahl, S. 14 u. S.41 u. S.43; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.48 u. S.59 u. UFITA 83 (1978), S.70f.; Spautz, ZUM 1990, S. 166 u. S. 169; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.21 u. NJW 1985, S.2121; Weber, FS-Sarstedt, S.380 u. FuR 1980, S.336. 258 Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S. 17. 259 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.57; Flechsig, Vorwort, S.7; ähnlich: E. Braun, Produktpiraterie, S. 33 f., mit Fn. 143; Kann, S. 1 u. S.39 u. S.77; Nick, Musikdiebstahl, S.42; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.241; Weber, FS-Sarstedt, S.371 u. FuR 1980, S.336; heute noch: Müller/Wabnitz/Janovsky, 8. K. Rn. 38; erheblich vorsichtiger: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.20 u. S.30. 260 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 14 u. S. 39. 261 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.58; Nick, Musikdiebstahl, S.43; ähnlich: SternbergLieben, NJW 1985, S.2121. 262 Nick, Musikdiebstahl, S.42. 263 Dazu: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 11 f. 264 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.20 mit Kalkulationsbeispiel. 265 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 10, m. Nachweisen. 266 Vgl. das negative Beispiel von: Kann, S. 3 u. S.45, unter Hinweis auf die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2.6.1995.

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9. Kap.: Rechtstatsachen

Büchern. 267 Zudem soll die unerlaubte Verwertung von Tonträgern wesentlich lukrativer 268 sein als der unerlaubte Nachdruck von Büchern, da in Form eines Hit-Repertoires ein breiterer Abnehmermarkt bedient werden kann und wegen fehlender Sprachbarrieren die Möglichkeit grenzüberschreitenden Handelns besteht.269 Die Schätzungen zu Markanteil und Schaden beruhten im Wesentlichen auf Angaben der Tonträgerhersteller. 270 Leider sind die meisten Daten nur wenig aufschlussreich, weil regelmäßig Schutzlückenbootlegs zu den illegalen Formen gerechnet wurden. Ende der 70er Jahre wurde der Anteil der illegalen Tonträger am Gesamtmarkt auf drei bis fünf Prozent geschätzt.271 Der Bundesverband der phonographischen Industrie ging hierbei von einem Anteil von 2 bis 3 % bei Langspielplatten und 8 bis 10 % bei Musikkassetten aus.272 Der Umsatz soll dabei 50 bis 100Mio. DM betragen haben,273 was im Höchstfall 7,2 Mio. Tonträgern, davon 3,2 Mio. LPs und 4 Mio. Musikkassetten entspricht. 274 Die Einnahmeverluste der Tonträgerhersteller werden mit mindestens 6 Mio. DM angegeben.275 Die meisten Angaben für die Mitte der 80er Jahre unterscheiden sich hiervon kaum. 276 Bortloff 277 aber schätzt den Schaden für diese Zeit erheblich höher mit 20, 9 Mio. DM. Während Rochlitz 278 den Jahresumsatz für 1985 mit etwa 60 Mio. DM angibt, geht die GEMA im Jahresbericht von 1984 von einer Zunahme der Tonträgerpiraterie aus. Der Umsatz auf dem gesamten deutschen Musikmarkt habe in der ersten Hälfte der 80er Jahre zwischen 2 und 2,5 Milliarden DM betragen. 279 267

So schon: Burger, S.797; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.25. Auch: Nick, FuR 1980, S. 389 u. Musikdiebstahl, S. 14; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.48 u. FuR 1980, S.352f. 269 Rochlitz, FuR 1980, S.352f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S.34 ff. u. UFITA 83 (1978), S.69; Weber, FS-Sarstedt, S.380u. Handwörterbuch, S.2f. 270 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 17. 271 Kann, S. 57; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 22; Spautz, FuR 1978, S. 747. 272 Flechsig, FuR 1980, S. 347 u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 16 u. ZRP 1980, S. 314; Kann, S.43; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 17 u. NJW 1985, S.2121; vgl. auch: v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.352. 273 Spautz, FuR 1978, S. 747; ähnlich: Nick, Musikdiebstahl, S.48; Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.69; „100Mio.": Davies, S.24; Kann, S.43 u. S.57; Nick, FuR 1980, S.389 u. Musikdiebstahl, S. 48; Rochlitz, FuR 1980, S. 354; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 17; „105 Mio.": Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S. 16 u. ZRP 1980, S.314; v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.352. 274 Davies, S.22; Kann, S.43; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 17 u. NJW 1985, S.2121, mit Fn. 13. 275 Kann, S.44; Sternberg-Lieben, NJW 1985, S.2121. 276 Vgl.: Davies, S.23; Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S. 16; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.22, mit Nachweis. 277 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.56 f., mit differenzierender Grafik. 278 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 22, mit Nachweis. 279 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 13, mit Nachweis. 268

C. Tatbereiche

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Dagegen wird für das Jahr 1992 ein stark erhöhter Gesamtumsatz von 5 Milliarden DM angenommen.280 Nach Berichten der Phonoindustrie und der GEMA soll von einer überproportionalen Zunahme an Piraterieware in Deutschland auszugehen und die Umsatzsteigerung auf die deutsche Wiedervereinigung zurückzuführen sein.281 Innerhalb der ersten sechs Monate nach der Wirtschafts- und Währungsunion im Jahr 1990 seien in Deutschland 4,5 Mio. illegal importierte Musikkassetten mit einem Umsatzvolumen von 45 Mio. DM verkauft worden. 282 Für das Jahr 1991 seien die Zahlen nur wenig verändert; im Jahr 1992 hingegen sei der gesamte Umsatz mit unlizenzierten Tonträgern auf 200 Mio. DM geschätzt worden und damit der Absatz solcher Tonträger seit dem Ende der 80er Jahre um weitere 33 % gestiegen.283 Im Jahr 1993 werden von der IFPI gar 222 Mio. DM angegeben.284 Unterdessen sollen im Jahr 1994 die Pirateriezahlen in Deutschland erstmals seit langem wieder rückläufig sein und durch Musikpiraten nunmehr etwa 140 Mio. DM Umsatz erzielt werden. 285 Schaef e r/Rasch 286 schätzen den Umsatz für das Jahr 1997 auf 110 Mio. DM. Auch die Schätzungen der Gewinne der Täter sind mit einer Reihe von Unsicherheiten behaftet. So wird die Lizenzgebühr, die an Urheber und ausübende Künstler zu zahlen ist, mit wenigstens einem Drittel des Abgabepreises an den Handel,287 im Durchschnitt zwischen 4,50 und 6,- DM - bei sehr erfolgreichen Künstlern auch mehr - angegeben288. Somit sei anzunehmen, dass der Musikpirat dadurch, dass Lizenzgebühren an Komponisten, Texter, Interpreten und Produzenten nicht gezahlt würden, etwa 22 bis 23 % vom Ladenpreis des Tonträgers einspare, was etwa 40 % des Abgabepreises des Tonträgers an die erste Handelsstufe entspreche.289 Ferner sind die Materialkosten für die Herstellung eines Tonträgers zu beachten. Diese sollen je nach Qualität und Aufmachung zwischen 1,- und 3,- DM liegen.290 Schaefer gibt an, im Jahr 1993 seien für eine LP etwa 2,50DM und für eine CD etwa 3,50DM in Ansatz zu bringen. 291 Auch die übrigen Kosten des unautorisierten Tonträgerherstellers sind wesentlich geringer, zumal er auf ein umfangreiches Sortiment sowie auf Werbung verzichten kann. 292 Überdies können Musikpiraten in minderwertiger 280

Kann, S.2 u. S.41, mit Nachweis. Kann, S.2 u. S.42. 282 Bortloff.; Tonträgerpiraterieschutz, S.34; Kann, S.2 u. S.45. 283 Kann, S. 3 u. S.46, mit Nachweis. 284 Kann, S.3 u. S.46. 285 Fest, S.7. 286 Schaefer/Rasch, S.457. 287 Schaefer/Körfer, S. 16. 288 Kann, S.76. 289 Nick, Musikdiebstahl, S. 14 u. S.40f.; Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.70; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 18ff.; ähnlich: E. Braun, Produktpiraterie, S.22; Movsessian/Seifert, S. 302. 290 Movsessian/Seifert, S. 302; vgl. auch: Kann, S.44; Schaefer/Körfer, S. 16f. u. S. 20. 291 Schaefer, Handbuch, S.520. 292 E.Braun, Produktpiraterie, S.22; Nick, Musikdiebstahl, S.41; Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.70. 281

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9. Kap.: Rechtstatsachen

Qualität produzieren. 293 Im Ergebnis wird der Reingewinn eines legalen Tonträgerherstellers nach Abzug aller Unkosten pro Tonträger auf nur 0,85 DM, 2 9 4 der Gewinn des Musikdiebs dagegen auf 8,- DM geschätzt.295 Wie hoch die Steuermindereinnahmen des Fiskus durch das Phänomen Musikdiebstahl sind, lässt sich kaum schätzen, zumal es keinen Erfahrungssatz gibt, dass in diesem Bereich nie Steuern gezahlt würden. 296 Schätzungen, wonach die Mindereinnahmen mit 9,83 Mio. DM anzugeben seien,297 halte ich für spekulativ.

I I I . Videopiraterie Wie der Musikdiebstahl ist auch die Videopiraterie 298 der Wirtschaftskriminalität zuzurechnen.299 Erste Fälle reichen bis in die 70er Jahre zurück. 300 Zusammen mit dem Musikdiebstahl war die Videopiraterie die typische Erscheinungsform der Urheberrechtskriminalität bis in die Mitte der 80er Jahre. 301 Seitdem ist ein Rückgang zu verzeichnen. 302 Eisenberg 303 bescheinigt der Kinofilmpiraterie im Jahr 1992 „geradezu historische" Bedeutung. Der Begriff der Videopiraterie vereinigt aus kriminologischer Sicht zwei phänomenologisch und zum Teil auch vom Tätertypus her voneinander abweichende Unterformen, die Kinofilmpiraterie und die Videopiraterie im engeren Sinne.304 Als Kinofilmpiraterie wird die illegale Beschaffung, Kopierung und Verbreitung eines Films, für den noch keine Videorechte vergeben sind, auf Videokassette bezeichnet. 305 Die Videopiraterie im engeren Sinne dagegen ist die Urheberrechtsverletzung 293

Nick, Musikdiebstahl, S.41. Kann, S.76; Nick, Musikdiebstahl, S.41; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 19; ähnlich: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.44ff., mit Rechenbeispiel. 295 Kann, S.76; Rochlitz, FuR 1980, S.352 f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S.35 f., jeweils mit Rechenbeispiel; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 18, mit Rechenbeispiel; vgl. auch: E. Braun, Produktpiraterie, S.22; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.44ff., jeweils mit Rechenbeispiel. 296 So zutreffend: Wulff, NJW 1986, S. 1236; anders wohl: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.230 u. FuR 1980, S.353; Schaefer/Körfer, S. 17; Weber, FS-Sarstedt, S.380. 297 Bortloff, Tonträgerpiraterieschutz, S.56, mit Fn. 153; Kann, S.44; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.21 u. NJW 1985, S.2121. 298 Einzelbeispiele bei: Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S. 13 f. 299 Göller, S. 119; Kann, S. 39; Steinmetz, in: Roeber, S. 393; Wahl, Kriminalistik 1982, S. 68 u. Wirtschaftskriminalität, S.269 u. S.276; Weber, Wesen, S.51; vgl. auch: Püschel, S. 142. 300 FuR 1977, S. 839; anders [„Beginn der 80er Jahre"]: Heibig, S. 374; Schack, Urheberund Urhebervertragsrecht, Rn.737; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.49. 301 Heghmanns, S. 112; auch: Eisenberg, Die Videopiraterie, S.26; Weber, Wesen, S.53f. 302 Vgl.: Kober, S. 8; Tielke, Die Ermittlung, S. 30f. 303 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.27. 304 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 14. 305 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 14; Tielke, Die Ermittlung, S.29. 294

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durch Herstellung von Videoraubkopien nach Lizenzvergabe an einen legalen Videoprogrammanbieter. 3 0 6 Ich möchte zunächst die Phänomene der Kinofilmpiraterie ( l ) 3 0 7 sowie der Videopiraterie im engeren Sinne (2) 308 darstellen und danach die Themenkreise Täter und Opfer (3) 309 sowie Umfang und Schaden (4) 310 untersuchen.

1. Kinofilmpiraterie In den 80er Jahren wurden die Videorechte regelmäßig erst dann erteilt, wenn die durch die Werbekampagne für einen bestimmten Kinofilm hervorgerufene Nachfragewelle bereits abgeebbt war. 311 Diesen Umstand machten sich Kinofilmpiraten zu Nutze, indem sie auf illegalem Weg dafür sorgten, dass die Nachfrage frühzeitig befriedigt werden konnte.312 Daneben wurde teilweise ein Repertoire abgedeckt, dessen Verwertung wegen zu geringer Nachfrage unwirtschaftlich erschien. 313 Die dabei entwickelten Methoden314, an eine geeignete Kopiervorlage zu gelangen, schwankten zwischen hoher Professionalität 315 und amateurhaft anmutenden Formen. 316 Teilweise sollen Filme bereits vor 317 oder unmittelbar nach318 der Kinopremiere im Handel gewesen sein. Wegen des Erfordernisses aufwändiger Produktionsmethoden war die Kinofilmpiraterie nur dann ein lohnendes Geschäft, wenn sie sich auf ein gut funktionierendes, flächendeckendes Abnehmernetz stützen konnte.319 Am Ende einer Verbrei306 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 17; Tielke, Der Kriminalist 1989, S.334 u. Taschenbuch, S.40. 307 Zur Kinofilmpiraterie: Kap.9 C.III. 1. 308 Zur Videopiraterie im engeren Sinne: Kap.9 C.III.2. 309 Zu Tätern und Opfern: Kap. 9 C. III. 3. 310 Zu Umfang und Schaden: Kap.9 C.III.4. 3,1 Cremer, S. 173; Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 15; Heibig, S. 376; Hentschel, FuR 1982, S.237f. u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 12; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.88; Tielke, Der Kriminalist 1989, S.329f. u. S.334 u. Taschenbuch, S.25 u. S.41 f.; vgl. auch: Wahl, Kriminalistik 1982, S.69. 312 Cremer, S. 173; Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 15; Hentschel, FuR 1982, S.237f. u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 12; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.74 u. S.88; Tielke, Der Kriminalist 1989, S.330; Wahl, Kriminalistik 1982, S.69. 313 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.88. 314 Ausführlich: Tielke, Der Kriminalist 1989, S.330ff. u. Taschenbuch, S.36ff. 3,5 Vgl. auch: Hentschel, FuR 1982, S.238 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 12 u. Videorecht, S. 109. 316 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 15; Tielke, Der Kriminalist 1989, S.330ff. u. Taschenbuch, S.36 ff. 3,7 Lieben, S.572. 318 Flechsig, ZRP 1980, S.314; vgl. auch: Wahl, Wirtschaftskriminalität, S.278. 319 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 16; vgl. Tielke, Der Kriminalist 1989, S.332 u. Taschenbuch, S.38.

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tungskette sollen sich nicht selten mehr als 20.000 Kopien beim Endverbraucher befunden haben.320 In den meisten Fällen ließen sich Stückzahlen und Profit nicht ermitteln. 321 In den Hochzeiten der Kinofilmpiraterie seien etwa 150 bis 200 Filme jährlich betroffen gewesen.322 Die Einsparung durch eine nicht eingeholte Videolizenz wird zwischen 20.000- und 100.000- DM angegeben.323 Gegen Ende der 80er Jahre verschwand das Phänomen der Kinofilmpiraterie. 324 Eisenberg 325 beschreibt die Gründe des Verschwindens: Seit den 80er Jahren veränderte sich die Marktsituation im Videobereich dahingehend, dass selbst Top-Filme fast gleichzeitig auf den Kino- und Videomarkt gebracht wurden. Die für die Kinofilmpiraten notwendige Marktlücke, der Nachfrageüberhang zwischen dem Zeitpunkt des Beginns der Kinoauswertung und dem der Videoauswertung, entstand somit nicht mehr. Hinsichtlich der Herstellung der Vervielfältigungsstücke lassen sich drei Methoden unterscheiden: Für das in qualitativer Hinsicht beste Verfahren, an hochwertiges Ausgangsmaterial für das Kopieren zu gelangen, das Abtasten eines Kinofilms, war ein gewisses Maß an Vorbereitung und Organisation erforderlich. 326 So soll der Zugang zum Kinofilmmaterial in den meisten Fällen durch eine enge Zusammenarbeit mit dem Kinovorführer oder mit dem den Transport vornehmenden Fahrer des Kinofilmverleihs ermöglicht worden sein.327 Die Zusammenarbeit sei durch Zahlung eines Geldbetrags oder durch Androhung von Gewalt zu Stande gekommen sein.328 Auch habe es Einbrüche in Lichtspielhäuser gegeben.329 Die Anschaffungskosten eines neuen, qualitativ eher geringwertigen Abtastgerätes hätten ca. 250.000,- DM betragen; ein gebrauchtes Gerät habe zwischen 12.000,-330 und 50.000,- DM gekostet.331 Auch mittels der zweiten Methode, dem Abfilmen eines Kinofilms, 332 seien qualitativ gute Ergebnisse nur zu erzielen gewesen, wenn mit einem Kinobesitzer zu320

Tielke, Die Ermittlung, S.30. Heibig, S.374. 322 Tielke, Die Ermittlung, S. 30. 323 Flechsig, FuR 1980, S.347 u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 17 u. ZRP 1980, S.314; v. Gravenreuth, GRUR 1983, S. 352. 324 Ähnlich: Tielke, Die Ermittlung, S.29. 325 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 17. 326 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 15; Heibig, S. 372f.; Kober, S.4; Tielke, Der Kriminalist 1989, S. 330ff. u. Taschenbuch, S. 36ff. 327 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 15; Heibig, S. 375; Tielke, Der Kriminalist 1989, S. 330 u. Taschenbuch, S.36; Beispiel bei Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.74; Beispiele bei Wahl, Kriminalistik 1982, S.69. 328 Tielke, Die Ermittlung, S.29 f. 329 Heibig, S. 375; Tielke, Die Ermittlung, S. 30. 330 Heibig, S.373. 331 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 16. 332 Dazu\ Heibig, S.372f. 321

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sammengearbeitet wurde. 333 Indessen spreche gegen das Abfilmen aus dem Zuschauerraum hingegen nicht nur die schlechte Qualität des so erlangten Produktes 334 , sondern auch das hohe Entdeckungsrisiko. 335 Die letzte Methode bestand im Synchronisieren eines fremdsprachigen Originalvideos; dieses Verfahren soll den Nachteil haben, dass es erhebliche technische Kenntnisse erfordert, weil häufig die Schnitte in der deutschen und ausländischen Fassung nicht übereinstimmen und somit ein Kinomitschnitt des Tones nicht einfach einem fremdsprachigen Video unterlegt werden konnte.336

2. Videopiraterie im engeren Sinne Die Videopiraterie im engeren Sinne tritt wie der Musikdiebstahl in drei Erscheinungsformen auf: klassische Raubkopien, Identfälschungen und Bootlegs.337 Ähnlich wie im Tonträgerbereich fand auch im Videobereich eine Entwicklung statt, die von der anfänglichen schlichten Kopie eines Videofilms auf Handelsvideokassetten mit hand- oder maschinengeschriebenen Etiketten338, sogenannten Piracy-Videos339, bis zu perfekten Fälschungen - sogenannten Counterfeits 340 - reichte, die ohne weiteres nicht mehr von Originalkassetten zu unterscheiden waren. 341 Auch hier sind Identfälschungen als Reaktion der Fälscherszene auf die abnehmende Bereitschaft des legalen Handels zu verstehen, offensichtlich rechtsverletzende Produkte in ihre Geschäfte zu stellen.342 Da es nicht möglich ist, derartige Fälschungen im kleinen Rahmen herzustellen, und die erforderliche Fälschungstechnik größere Investitionen erfordert, sollen Organisationsformen im Schatten legaler Unternehmen entstanden sein, deren Beteiligte sich mitunter gegenseitig über neue Ermittlungsmethoden der Strafverfolgungsbehörden und die jüngste Rechtsprechung informier333 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 16; Tielke, Der Kriminalist 1989, S.332 u. Taschenbuch, S.37. 334 Dazu: Heibig, S. 373. 335 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 16; Beispiel bei Tielke, Der Kriminalist 1989, S.332 u. Taschenbuch, S.37. 336 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 16; vgl. Tielke, Der Kriminalist 1989, S.332 u. Taschenbuch, S.37 f. 337 E. Braun, Produktpiraterie, S. 16; Weber, Handwörterbuch, S. 3; entsprechend: Kann, S.74. 338 Dazu: Heibig, S.376. 339 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.71 f.; Weber, Handwörterbuch, S.3 u. Wesen, S.53. 340 Flechsig, FuR 1980, S. 347; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.72; ^ ^ H a n d w ö r terbuch, S. 3 u. Wesen, S. 53. 341 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 17f.; Tielke, Der Kriminalist 1989, S.334 u. Taschenbuch, S.41; ähnlich: Wahl, Kriminalistik 1982, S.69 f. u. Wirtschaftskriminalität, S.282. 342 Tielke, Der Kriminalist 1989, S.334 u. Die Ermittlung, S.32 u. Taschenbuch, S.41.

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ten. 343 Im Vergleich zu diesen Formen spielten Videobootlegs344 als Mitschnitte von Fernsehsendungen345 eher eine Randrolle. Hinsichtlich der Absatzarten können verschiedene Formen unterschieden werden: Zunächst werden Raubkopien der legalen Handelsware beigemischt.346 Weiterhin soll es eine Vermarktung über Scheinfirmen oder unter dem Nachweis von Scheinrechten geben,347 wobei häufig größere Anstrengungen gemacht würden, den Käufer durch Rechnungen und Unbedenklichkeitsbescheinigungen hinsichtlich des Rechtserwerbs gutgläubig erscheinen zu lassen.348 Bei der dritten Art wird der Videothekar selbst nach dem Erwerb von ein oder zwei Originalen als Raubkopierer aktiv, um dem Nachfragedruck nach bestimmten Filmen gewachsen zu sein.349 Überdies soll auch heimlicher Verkauf unter dem Ladentisch oder in gesonderten Räumen350 sowie Versand über Angebotslisten per Postfach oder Postlagerkarte 351 bei einer Bezahlung mittels Nachnahme existieren. 352 Schließlich findet sich noch das Phänomen der sogenannten Wohnzimmervideothekare, die gegen geringes Entgelt Filme der eigenen Sammlung vermieten. 353 Neben diesen Formen der Videopiraterie gibt es noch zwei besondere Formen: Zum einen werden in - wie Beschlagnahmezahlen vermuten lassen - zahlenmäßig geringem Umfang Filme 354 verbreitet, die aufgrund von jugendgefährdenden, gewaltverherrlichenden oder bestimmten pornographischen Szenen in der Bundesrepublik Deutschland nicht oder nur unter Vorbehalten verbreitet werden dürfen. 355 Die zweite Sonderform betrifft ausländische Filme, die kopiert werden, um dem nichtdeutschen Publikum in der jeweiligen Muttersprache verkauft zu werden. 356 343

Tielke, Der Kriminalist 1989, S.334 u. S.336 u. Die Ermittlung, S.33 u. Taschenbuch,

S.40 ff. 344

Vgl. zum Begriff „Bootleg": Kap.9 C.II.3. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.72 f.; Weber, Handwörterbuch, S.3. 346 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 18f.; Kober, S.5; Tielke, Der Kriminalist 1989, S.336 u. Die Ermittlung, S.32 f. u. Taschenbuch, S.42 f. 347 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 19; Tielke, Der Kriminalist 1989, S.336, u. Taschenbuch, S.43 f. jeweils mit Beispiel u. Die Ermittlung, S.33. 348 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 19. 349 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 19f.; Lessing, S. 110; Tielke, Der Kriminalist 1989, S.336 u. Taschenbuch, S.44f.; vgl. auch: Schöffengericht Tiergarten FuR 1981, 104. 350 Wahl, Kriminalistik 1982, S.70f. 351 Wahl, Kriminalistik 1982, S.70 u. Wirtschaftskriminalität, S.284f. 352 Flechsig, FuR 1980, S.347 u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 15; ähnlich Wahl, Kriminalistik 1982, S.70. 353 - Eisenberg, Die Videopiraterie, S.20; Kober, S.4f; Tielke, Der Kriminalist 1989, S.336 f. u. Die Ermittlung, S.34ff. u. Taschenbuch, S.45; Wahl, Kriminalistik 1982, S.69f. u. Wirtschaftskriminalität, S.278 ff. 354 Hierzu: Tielke, Der Kriminalist 1989, S.337 u. Die Ermittlung, S.37 u. Taschenbuch, S.45. 355 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.20 f. 356 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.21; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.74 f. 345

C. Tatbereiche

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3. Täter und Opfer Das sehr breite Täterspektrum im Bereich der Videopiraterie reichte von unprofessionellen bis hochprofessionellen Tatbegehungsformen. 357 Als durchschnittlicher Täter der Videopiraterie habe ein Erwachsener gegolten, der mehr oder weniger geschäftsmäßig Raubkopien herstellte und sie vertrieb oder vermietete. 358 Es gab viele Kleintäter, die mit der legalen Weitergabe von Videos an Freunde oder als legale Händler angefangen hätten und dann gleitend in die Piraterie eingestiegen seien.359 Auch jugendliche Täter sollen aufgrund technischer Fertigkeiten eine besondere Bedeutung gehabt haben.360 So habe es einen Gymnasiasten gegeben, der durch Videopiraterie 3.000,-DM monatlich netto verdiente. 361 Manche Autoren 362 sprachen gar von einer Massendeliquenz, ähnlich dem Ladendiebstahl. Die überwiegende Zahl der eingeleiteten Verfahren soll sich gegen Einzeltäter oder zwei Personen gerichtet haben; nur in wenigen Einzelfällen seien mehr als zwei Personen betroffen, so je einmal 17 bzw. 22 Tatverdächtige.363 Die erzielten Gewinne364 sind durch den Verzicht auf den Erwerb von Lizenzen beträchtlich. 365 So soll die Videokassette eines Top-Films im Jahr 1991 den Videothekar zwischen 250,- und 300,- DM gekostet haben.366 Überdies habe der Täter erhebliche Wettbewerbsvorteile, da seine Kunden die Neuheiten immer in ausreichender Stückzahl vorfänden und er oft nur wenig Rücksicht auf Jugendschutzbestimmungen nimmt. 367 Bei den Videothekaren, die Identfälschungen erwerben, soll davon auszugehen sein, dass sie gutgläubig sind, da sie die Raubkopie äußerlich nicht als solche erkennen könnten und auch kein preislicher Vorteil zu legalen Videokassetten erkennbar sei.368 Dies soll nach Eisenberg 369 auch beim Ankauf unter dem Nachweis von Scheinrechten gelten, da für den Käufer schwer zu erkennen sei, dass er nicht die Rechte erwirbt; dagegen könne der ankaufende Videothekar beim Ankauf von 357

Kober, S.5; Tielke, Der Kriminalist 1989, S.334 u. Die Ermittlung, S.29 u. Taschenbuch, S.40ff.; ähnlich: Cremer, S. 154. 358 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.23. 359 Vgl.: Flechsig, FuR 1980, S.346f.; Kober, S.4f.; Wahl, Kriminalistik 1982, S.68 u. Wirtschaftskriminalität, S.285. 360 Eisenberg, in: Gummig, S.416; Flechsig, in: Gummig, S.416. 361 Kober, S.5. 362 v. Gravenreuth, GRUR 1985, S. 111; Lessing, S. 110; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.85; Tielke, Taschenbuch, S.28. 363 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.83 f. 364 Zum Gewinn ausführlich: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.78 ff. 365 Weber, Wesen, S. 54. 366 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 19. 367 Vgl.: Tielke, Die Ermittlung, S.37. 368 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 19; Flechsig, FuR 1980, S.347 f. 369 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 19. 30 Hildebrandt

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9. Kap.: Rechtstatsachen

Raubkopien über Scheinfirmen meist anhand des Geschäftsgebarens, der Unbekanntheit des Firmennamens und des fast immer unter dem Originalpreis liegenden Preises erkennen, dass es sich nicht um ein legales Geschäft handelt. Eisenberg nimmt an, bei der Videopiraterie habe es sich ganz überwiegend nicht um organisierte Kriminalität gehandelt, da zum einen häufig Einzeltäter am Werk waren, zum anderen zwar eine organisierte Tatbegehung in bestimmten Bereichen notwendig war, um eine profitable Durchführung der Einzelschritte zu ermöglichen, ohne dass diese Strukturen jedoch im Sinne von organisierter Kriminalität verdichtet seien.370 Lediglich im Bereich der Kinofilmpiraterie ließen sich Phänomene organisierter Kriminalität wiederfinden. 371 Kein einheitliches Bild lässt sich im Hinblick auf die internationale Verflechtung der Videopiraterie herstellen. Während Kober 372 annimmt, es handele sich aufgrund von Sprachbarrieren um ein nationales Phänomen, meinen andere 373, dass ein Großteil der Raubkopien aus den Nachbarländern oder aus Übersee komme. Zentrales Opfer des Delikts ist die Film- und Videoindustrie, deren Urheberrechte und Geschäftsaussichten durch die Videopiraterie verletzt werden. 374 Betroffen sind Filmurheber und -hersteller, Musikschaffende, Schauspieler, Filmarchitekten, Dekorateure, Kostüm- und Maskenbildner. 375 Wie im Bereich des Musikdiebstahls kann der Vertrieb mangelhafter Ware auch die ideellen Interessen der Berechtigten beeinträchtigen, wenn eine Verfälschung des Werks vorliegt. 376 Auch der legale Händler, der Kundschaft verliert, kann geschädigt werden. 377 Schließlich wird der Staat geschädigt, da Gewinne oftmals nicht versteuert werden. 378 Dem Videopiraten geht es nicht um die Schädigung des Opfers, sondern um Profit. 379 Zwischen Täter und Opfer, das regelmäßig nur als abstrakte Größe wahrgenommen wird, herrscht weitgehende Anonymität. 380 370

Eisenberg, Die Videopiraterie, S.27. Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 27; Heibig, S. 372; Kober, S. 4; Tielke, Die Ermittlung, S.29; ähnlich: Wahl, Kriminalistik 1982, S.68. 372 Kober, S.5. 373 Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S. 17 u. in: Gummig, S.416; v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.349; Weber, FS-Stree/Wessels, S.613. 374 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.27. 375 Weber, Wesen, S. 54. 376 Vgl.: Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S. 17; Wahl, Kriminalistik 1982, S.68. 377 Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S. 17; Tielke, Die Ermittlung, S.37; Wahl, Kriminalistik 1982, S.68. 378 Ganter, S. 1479, Fn. 1; Hentschel, FuR 1982, S.237f. u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 12; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.230; Spautz, ZUM 1990, S. 166 u. S. 169; Wahl, Kriminalistik 1982, S.68. 379 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.27; ausführlicher: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.75ff. 380 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.27. 371

C. Tatbereiche

467

4. Umfang und Schaden Auch der Videopiraterie wurden existenzbedrohende Ausmaße beschieden.381 Tielke 382 meint gar, das Kulturgut Film werde gefährdet, da weniger publikumswirksame Filme nicht mehr finanzierbar seien. Doch selbst wenn man von einer sehr hohen Dunkelziffer ausgehen will, 3 8 3 sind diese Befürchtungen weit überzogen. Vielmehr hat Eisenberg 384 überzeugend darauf hingewiesen, dass mit Blick auf den geringen Anteil von nur ca. 0,2 % der Urheberdeliquenz einschließlich des überragenden Anteils der Softwarepiraterie 385 innerhalb polizeilich registrierter Gesamtkriminalität kein Anlass besteht, die Videopiraterie als kriminelles Phänomen überzubewerten. Zwar reichen die Anfänge der Videopiraterie in die 70er Jahre; doch stammen die ersten Schätzungen aus den 80er Jahren. So wird der Umsatz an Piraterieprodukten für das Jahr 1982 mit 400 Mio. DM angegeben.386 Für das Jahr 1984 werden Beträge von 200 Mio. DM 3 8 7 bis 500 Mio. DM 3 8 8 geschätzt. Weit übertrieben dürfte dagegen die auf Angaben der Videoindustrie beruhende These v. Gravenreuths m sein, wonach der illegale Markt etwa gleich groß wie der legale sei. Im Jahr 1990 ging die Videobranche 390 von einem Anteil gefälschter Produkte in einer Größenordnung von nicht viel mehr als 10% des Marktes aus. Kemper 391 schätzt insofern 8%. Der daraus resultierende Verlust der betroffenen Hersteller soll 200 Mio. DM betragen haben.392 Die Schätzungen werden durch die Zahl der Strafverfahren gegen Videopiraten bestätigt: Die Statistiken der Jahre 1985 bis 1990 der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) für Strafverfahren, die im Bereich der Videopiraterie eingeleitet wurden, ergeben ein ständiges Sinken.393 Den Anstieg der absoluten Zahlen zu Beginn der 90er Jahre will Eisenberg 394 mit dem Dazukommen der neuen Bundesländer erklären. Parallel zur Zahl der eingeleiteten Strafverfahren soll auch die Zahl der beschlagnahmten Videokassetten gesunken sein. Allein Kem381 Flechsig, Vorwort, S.7; Wahl, Kriminalistik 1982, S.68; ähnlich: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.241; heute noch: Müller/Wabnitz/Janov sky, 8. Κ. Rn.38. 382 Tielke, Der Kriminalist 1989, S. 329 u. Taschenbuch, S. 25. 383 So: Kann, S. 124; Müller/Wabnitz/Janovsky, 8.K. Rn.40; Tielke, Die Ermittlung, S.38; vgl. auch: Flechsig, ZRP 1980, S.314. 384 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.24. 385 Vgl.: Polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 1992; auch: Sielaff, S.436. 386 Hentschel, Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 12. 387 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 218. 388 Heibig, S. 375. 389 v. Gravenreuth, GRUR 1985, S. 111, mit Nachweisen. 390 Kober, S. 8, Fn. 8 nennt als Quelle die International Video Federation, Paris: 8 % im Jahr 1990. 391 Kemper, in: Gummig, S.417. 392 Kober, S.8; ähnlich: Oehler, S.2. 393 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.24. 394 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.24.

30*

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9. Kap.: Rechtstatsachen

per 395 traut den Zahlen nicht, sondern beklagt, dass die „private Piraterie" zugenommen habe. Unklar bleibt, was Kemper hiermit meint. Nachweise für seine These feh396 len. Auch Müller/Wabnitz/Janovsky erwähnen 1.000 Ermittlungsverfahren wegen Videopiraterie in den Jahren 1992 bis 1995. Der Rückgang der Videopiraterie seit 1985 soll nach Ansicht mehrerer Autoren 397 zum einen durch die Selbstorganisation der Videobranche in der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) zu erklären sein, zum anderen durch die einschneidende Strafrechtsverschärfung der Urheberrechtsnovelle von 1985. Ich bin insofern skeptisch und vermute die Ursache eher in einer Veränderung der betroffenen Märkte. 398

IV. Softwarepiraterie Seit Mitte der 80er Jahre ist die Softwarepiraterie die charakteristische Erscheinungsform der Urheberrechtskriminalität. 399 Infolge des verfassungswidrigen 400 Verbots privaten Kopierens werden in diesem Bereich auch heute noch in erheblichem Umfang „Taten" verfolgt. Ich möchte auf Herstellung und Vertrieb ( l ) 4 0 1 , Tätertypen (2) 402 sowie auf Umfang und Schaden eingehen (3) 403 .

1. Herstellung und Verbreitung In der Frühzeit der Vervielfältigung von Software erfolgte diese meist durch Mitarbeiter, die aus einem Betrieb ausgeschieden waren, oder durch sogenannte Ha-

cker, die per Datenfernübertragung auf Daten fremder Computer Zugriffen. 404 Wenig später folgte der Handel von Raubkopien durch Computerfreaks. 405 Zumeist wurden hierbei die Programme getauscht 4 0 6 Dies führte zu einer lawinenarti395 396 397

Kemper, in: Gummig, S.417. Müller/Wabnitz/Janovsky , 8.K. Rn.40. Kober, S.8; Tielke, Die Ermittlung, S.30f.; vgl. auch: Müller/Wabnitz/Janovsky,

8. K.

Rn.40.

398 Ähnlich: Eisenberg, Die Videopiraterie, S.26; Heghmanns, S. 112; Lieben, S.572f.; vgl. ausführlicher: Kap. 9 F u. Kap. 9 G. 399 Heghmanns, S. 112; ähnlich: Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.737. 400 y g i z u r Verfassungsmäßigkeit der Ausnahmebestimmungen: Kap.2 E.IX.2. 401

Zu Herstellung und Vertrieb: Kap. 9 C. IV. 1. Zu den Tätern: Kap. 9 C. IV. 2. 403 Zu Umfang und Schaden: Kap. 9 C. IV. 3. 404 v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1742; dazu ausführlich: Schulze-Heiming, S.28 ff.; auch: Sieber, BB 1982, S. 1436. 405 v. Gravenreuth, ZUM 1985, S.539f. 406 Bschorr, S. 17f. u. S.36ff.; v. Gravenreuth, CR 1986, S.612; Heghmanns, S. 113; Heinrich, JZ 1994, S.939. 402

C. Tatbereiche

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gen Verbreitung von Raubkopien.407 So soll sich ein Sammler innerhalb von zweieinhalb Jahren 8.500 Programme als Raubkopien zugelegt haben.408 Neben dem Tauschhandel existierte der Vertrieb über Angebotslisten.409 So erfolgte der Vertrieb anfangs über Postlagerkarte, 410 es gab Abonnements für Raubkopien gegen monatliche Beiträge oder „Kopierpartys" zum Zwecke der Vervielfältigung. 411 Bis ins Jahr 1993 sollen Programme vor allem über Kleinanzeigen vertrieben worden sein, wobei sich die Texte der Inserate verändert hätten.412 V. Gravenreuth 413 nimmt an, ein neues Computerspiel sei innerhalb einer Woche nach Markteinführung in ganz Deutschland verbreitet. Ein „Agent Provocateur" habe auf eine Anzeige Angebote aus der ganzen Welt erhalten. 414 Im Jahr 1990 soll eine Firma existiert haben, die Bestellungen über Scheinfirmen im Ausland, in Saudi-Arabien und Polen, entgegengenommen habe, aber die Ware aus dem Inland versendete.415 Neben diesen Formen gab es auch den Verkauf in Computerläden, teilweise in Verbindung mit dem Verkauf von Hardware. 416 Zwar dürfte es sich bei der großen Masse der Fälle aus dem Bereich der Softwarepiraterie um Bagatellfälle handeln.417 Daneben gab es aber Formen professioneller Tatbegehung, etwa die Verbreitung durch Computerläden oder Versandhandel im großen Stil. 418 In der zweiten Hälfte der 80er Jahre soll die Professionalisierung der Täter zugenommen haben.419 Es seien vermehrt teure Anwenderprogramme kopiert worden 420 und habe vermehrt Identfälschungen 421 mit exakt nachgedruckten Etiketten und Verpackungen gegeben.422 Zunehmend seien auch Handbücher und Sicherungshologramme vertrieben worden. 423 Seit Beginn der 90er Jahre sollen neue Verbreitungsformen vorkommen: So berichtet v. Gravenreuth von der Verbreitung von Software auf Flohmärkten, wobei die 407

v. Gravenreuth, CR 1986, S.612 u. GRUR 1985, S.417. v. Gravenreuth, CR 1986, S.612; Beispiele auch bei: Steinke, Kriminalistik 1991,S.585. 409 AG Freising CR 1990, 55; dazu auch: Stenger, Kriminalistik 1989, S.483f. 410 Ausführlicher: v. Gravenreuth, CR 1986, S.587 u. ZUM 1985, S.543. 411 v. Gravenreuth, CR 1989, S.627f. 412 v. Gravenreuth, CR 1995, S.309, mit Beispielen in Fn. 1; anders noch: v. Gravenreuth, ZUM 1985, S. 540. 413 v. Gravenreuth, CR 1989, S.628 u. auch CR 1992, S.722; ähnlich: Cremer, S. 173. 414 v. Gravenreuth, CR 1989, S.628; vgl. auch: Weber, FS-Stree/Wessels, S.613. 415 Steinke, Kriminalistik 1991, S.585. 416 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 163; vgl. auch: v. Gravenreuth, GRUR 1985, S.417 u. ZUM 1985, S.540; Sieber, CR 1995, S. 105. 417 Heghmanns, S. 113; Meier/Böhm, S. 169. 4,8 Heghmanns, S. 113. 419 v. Gravenreuth, CR 1986, S.586 u. CR 1995, S.310 u. ZUM 1985, S.540. 420 v. Gravenreuth, GRUR 1985, S.417 u. ZUM 1985, S.540. 421 Dazu auch: v. Gravenreuth, Der Kriminalist 1985, S.29. 422 v. Gravenreuth, CR 1986, S.586f. u. CR 1995, S.310. 423 v. Gravenreuth, CR 1995, S.310. 408

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9. Kap.: Rechtstatsachen

Datenträger zwar beschriftet seien, der Verkäufer jedoch auf Nachfrage behaupte, nicht zu wissen, ob sich das entsprechende Programm auf dem Datenträger befindet. 424 Da diese Art des Vertriebs entlang der Autobahn A2 zu finden sei, liege die Annahme nahe, dass die Programme von einem Großhändler stammten, der Kopien in großem Stil verbreite. Ferner soll in jüngster Zeit der Vertrieb über Mailboxen 425 stark zugenommen haben, wobei Dritte nur dann Zugang zu Mailboxen mit nicht lizenzierter Software bekämen, wenn sie entweder für den Zugang zahlten oder selbst derartige Software aufspielten. 426 Die Bezahlung erfolge regelmäßig per Kreditkarte. 427 Teilweise würden Programme veräußert, die in Deutschland noch gar nicht offiziell erhältlich seien. 428 In mehreren Fällen seien Mailboxen bereits kurze Zeit, nachdem die Polizei die gesamte vorgefundene Hardware und Software beschlagnahmt hatte, wieder in Betrieb gewesen.429 Auch der Vertrieb über das Internet sei häufig. 430 Vassilaki 431 nimmt an, dass hier die Leichtigkeit der Tatbegehung und die Gewähr von Anonymität zur Tatbegehung und zur Tatwiederholung verleite. Schließlich gab es spezielle Programme, mit denen die Sicherheitsmechanismen bestimmter preiswert verbreiteter CD-ROMs überwunden und dadurch Programme im Gesamtwert von über 100.000,- DM genutzt werden konnten; auch diese Programme sollen über Mailboxen verbreitet worden sein.432

2. Täter Die typischen Täter der Frühzeit der Softwarepiraterie waren Computerfreaks, die überwiegend aus eigenem Interesse, aus Neugier oder Begeisterung für die Computertechnik Kopiersperren 433 beseitigten, Programme vervielfältigten und verbreiteten. 434 V. Gravenreuth 435 nennt als Anzeichen für den geradezu sportiven Cha424

v. Gravenreuth, CR 1995, S. 309. Zum Phänomen „Mailbox" vgl.: Bär, CR 1995, S.489ff. 426 v. Gravenreuth, CR 1995, S.309 f.; Vassilaki, CR 1997, S.298f.; vgl. auch: Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 163. 427 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 163. 428 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 163. 429 v. Gravenreuth, CR 1995, S.310. 430 Collardin, S.619; Fiehl, S.3; Gallist, S.569f.; Vassilaki, CR 1997, S.299; vgl. auch: Kilian, S.272 u.S. 282 f. 431 Vassilaki, CR 1997, S.299; vgl. zum Anreiz auch: Heghmanns, S. 113, mit Beispielen. 432 Ausführlicher: v. Gravenreuth, CR 1995, S.310; auch: Sieber, CR 1995, S. 105. 433 Zum zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen Programme, die Kopiersperren überwinden: v. Gravenreuth, GRUR 1985, S. 504ff. 434 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 191 u. Der Kriminalist 1985, S.23 u. GRUR 1985, S.417 u. NStZ 1985, S. 180, teilweise mit Beispiel. 435 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 191 Fn. 14. 425

C. Tatbereiche

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rakter dieser Tätigkeit die speziell in die Programme eingefügten Cracker-Vermerke, die auf die Person hinweisen, die die Kopiersperre beseitigt hat. Seit dieser Zeit dominieren jugendliche und heranwachsende Täter. 436 Diese Tendenz soll sich in den Jahren seit 1987 durch die zunehmende Verbreitung von Homecomputern noch verstärkt haben.437 Im Wesentlichen werden Computerspiele kopiert. 438 So weist für das Jahr 1988 die polizeiliche Kriminalstatistik für den Bereich der Straftaten gegen Urheberrechtsbestimmungen 45% Jugendliche und Heranwachsende aus.439 Im Jahr 1991440 werden allein 45,3 % Kinder und Jugendliche sowie zusätzlich 17,8% Heranwachsende ausgewiesen.441 Gelegentlich wurden strafunmündige Kinder beschuldigt.442 Hierbei sollen sogar Fälle gewerblicher Softwarepiraterie vorgekommen sein.443 Bei den Tätern handelt es sich regelmäßig um nicht vorbestrafte, gut sozialisierte Personen.444 Der Anteil der Beschuldigten, die bereits zuvor polizeilich aufgefallen sind, soll im Vergleich zu anderen Delikten relativ gering sein.445 Während insofern bei anderen Delikten 42 % angegeben werden, seien es im Bereich der Straftaten gegen Urheberrechtsbestimmungen nur 28,5 %. 446 Der Anteil der Frauen soll sich auf nur etwa 2 % belaufen. 447 Bei den meisten Tätern handelt es sich um finanzschwache Schüler, Studenten448 oder Lehrlinge. 449 Gleichwohl sollen teilweise beträchtliche Summen umgesetzt werden. So habe ein einzelner 19jähriger Oberschüler einen rechnerischen Schaden in Höhe von 23 Mio. DM verursacht und monatliche Einnahmen in Höhe von vielen Tausend Mark gehabt.450 Ein 16jähriger Schüler habe mit Raubkopien von Computerspielen monatlich 700,- DM verdient. 451 436 BT-Drucks. 12/8387, S. 10; E. Braun, Produktpiraterie, S.30; Cremer, S. 159; Etter, CR 1989, S. 115f. u. CR 1990, S.407; Glauben, S.73; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.77 u. ZUM 1985, S.540; Haurand/Vahle, S. 129; Heghmanns, S. 112f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.320; Meier, S.663; Steinke, Kriminalistik 1991, S.585; zu den Besonderheiten bei jugendlichen und heranwachsenden Tätern: Kap. 7 C. 437 Vgl.: Eisenberg, Die Videopiraterie, S.23. 438 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.77; Haurand/Vahle, S. 129. 439 Polizeiliche Kriminalstatistik 1988, S. 147, sowie Tabelle 20, Ziff. 7150. 440 Polizeiliche Kriminalstatistik 1991, S. 198, Tabelle 20, Ziff. 7151 „Computer-Softwarepiraterie". 441 Nach: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.320f. 442 Etter., CR 1990, S.407; v. Gravenreuth, ZUM 1985, S.540. 443 v. Gravenreuth, CR 1991, S.233, mit Beispiel. 444 Etter, CR 1989, S. 121 u. CR 1990, S.407; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.321 u. 328f. 445 Etter, CR 1990, S.407; Heghmanns, S. 112f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.321. 446 Polizeiliche Kriminalstatistik 1988, S.71; Heghmanns, S. 112f. 447 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.321; etwa 6%: Polizeiliche Kriminalstatistik 1997, Tabelle 20, Ziff. 7151 u. 7152. 448 Vgl. etwa: AG Kaufbeuren NStZ 1985, 180. 449 Etter, CR 1989, S. 121. 450 AG Hannover, Az. 56 Ls 28 Js 562/84, zitiert nach: v. Gravenreuth, CR 1986, S. 587, Fn. 4; v. Gravenreuth, CR 1986, S. 587, Fn. 4 u. CR 1986, S. 111 u. Das Plagiat, S. 192 u. Der

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9. Kap.: Rechtstatsachen

Wenig glaubwürdig ist dagegen die Angabe Hentschels 452, bei den Tätern handele es sich überwiegend um Arbeitslose, Umschüler oder Personen, die an der Ausübung einer legalen Tätigkeit nicht interessiert seien. Als Beispiel dieser These führt Hentschel absurderweise den Fall 453 eines vierzehnjährigen Schülers an. Neben den genannten Tätern sind auch Professionelle tätig. 454 Hierunter fallen auch professionell arbeitende Inhaber von Computerläden, die bewusst illegale Software vertreiben. 455 Im Jahr 1984 sollen mehrere Personen ermittelt worden sein, die mit Raubkopien von Computerprogrammen einen Umsatz in Höhe von 2 Mio. DM erzielten. 456 V. Gravenreuth 457 erwähnt in diesem Zusammenhang, dass gelegentlich sogar von erwachsenen Tätern Kinder und Jugendliche als Täter vorgeschoben oder deren Namen und Adressen benutzt würden, um die Ermittlungsbehörden zu täuschen.

3. Umfang und Schaden Angaben über Umfang und Schaden lassen sich auch in diesem Bereich kaum machen. Es wird eine besonders hohe Dunkelziffer vermutet. 458 Paul 459 nimmt an, diese liege bei 1.000%. Nach Burger 460 soll das Ausmaß der Softwarepiraterie bereits im Jahr 1978 dasjenige im Bereich der unerlaubten Vervielfältigung von Büchern überstiegen haben. Gleichwohl war in den Jahren 1980 bis 1983 die Anzahl der verfolgten Straftaten noch gering. 461 Bundesweit gab es lediglich 4 Ermittlungsverfahren. 462 Im Jahr 1983 war ein Anstieg der Verbreitung von Raubkopien festzustellen. 463 Ab 1984 nahm die Kriminalist 1985, S.23 u. GRUR 1985, S. I l l u. S.418 u. NStZ 1985, S. 180 u. ZUM 1985, S.540. 451 v. Gravenreuth, CR 1986, S. 111 u. Der Kriminalist 1985, S.23. 452 Hentschel, FuR 1982, S.245 u. Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 18. 453 AG Neumarkt CR 1990, S.406. 454 Vgl. auch: E. Braun, Produktpiraterie, S.31; Cremer, S. 154; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 192f.; Sieg, Jura 1986, S. 358. 455 E. Braun, Produktpiraterie, S.31; v. Gravenreuth, Der Kriminalist 1985, S.23 u. NStZ 1985, S. 180, jeweils mit Beispiel. 456 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 192. 457 v. Gravenreuth, CR 1991, S.233, mit Beispielen. 458 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 199; Schmitz/Schmitz, S.61 f.; Steinke, CR 1992, S.699; Winkelbauer, CR 1985, S.41; ähnlich: E. Braun, Produktpiraterie, S. 17f.; ausführlich mit Schätzungen: v. Gravenreuth, CR 1986, S. 112f. 459 Paul, CR 1993, S.234. 460 Burger, S.797. 461 v. Gravenreuth, GRUR 1985, S.416 u. ZUM 1985, S.539; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 319. 462 v. Gravenreuth, GRUR 1985, S.416 u. ZUM 1985, S.539. 463 Wulff, BB 1985, S. 427.

C. Tatbereiche

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Zahl der Strafanzeigen drastisch zu. 464 Parallel hierzu verläuft die sprunghafte Steigerung der Verbreitung von Homecomputern seit 1984.465 Für die Monate Januar bis Oktober 1984 geht v. Gravenreuth von 800 Strafanzeigen, 466 für den Zeitraum von Anfang 1984 bis Juli 1985 von etwa 2.000 Fällen467 aus. Schätzungen für diese Zeit schwanken zwischen zehn und zwanzig unerlaubt kopierten Programmen auf ein Originalprogramm. 468 Während manche Autoren annehmen, der Schaden gehe in die Millionen 469 oder gar in die Milliarden, 470 weist Heinrich 411 darauf hin, eine Schadenssumme in Millionenhöhe dürfte im Hinblick auf die Daten der polizeilichen Kriminalstatistik 472 eher die Ausnahme sein. Im Jahr 1988 kam es zu einem erheblichen Anstieg registrierter Fälle in der polizeilichen Kriminalstatistik von 2.529 im Jahr 1987473 auf 7.780 Fälle im Jahr 1988474. Es wird vermutet, dass dieser Anstieg nicht allein mit größeren Ermittlungserfolgen bei gleichbleibender Gesamtzahl der Fälle zu erklären sei, sondern seine Ursache im sprunghaften Anstieg im Bereich der Softwarepiraterie und in der rasanten Entwicklung auf dem Technikmarkt hat, die sich unter anderem in der Verbreitung von Homecomputern bei fallenden Preisen äußerte.475 Berechnungen der Schadenssummen für den gleichen Zeitraum zeigen ein entgegengesetztes Bild und belegen die Unsicherheiten der Schadensschätzungen. Diese Unsicherheiten werden noch dadurch verstärkt, dass die Berechnungsmethoden regelmäßig nicht mitgeteilt werden: Während Spautz 476 für das Jahr 1987 als Umsatzeinbuße 500 Mio. DM angibt, kommt Heghmanns im Jahr 1988 auf einen Gesamtschaden 33 Mio. DM. 4 7 7 Sicher dürfte dagegen sein, dass ein Großteil der in Benutzung befindlichen Programme dieser Zeit unerlaubt kopiert wurde. 478 So soll die Zahl der verkauften Programme nicht einmal die Zahl der verkauften Heimcomputer erreicht haben.479 V Gravenreuth 480 schätzt den Anteil der Original software bei Spielen auf 464

v. Gravenreuth, GRUR 1985, S.417 u. ZUM 1985, S.539; Heinrich, Die Strafbarkeit,

S. 319. 465

v. Gravenreuth, GRUR 1985, S.416f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.319. v. Gravenreuth, GRUR 1985, S.417. 467 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. V u. S. 199 u. ZUM 1985, S.539. 468 Beermann, S.610, mit Fn.3; v. Gravenreuth, CR 1986, S. 112f. u. Das Plagiat, S. 192; Heinrich, JZ 1994, S.939, m.w.N.; weitergehend: Sieg, Jura 1986, S.358. 469 Sieg, Jura 1986, S.358. 470 v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1742 u. CR 1986, S. 111 ff. u. Das Plagiat, S. 192. 471 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 321, Fn. 19. 472 Polizeiliche Kriminalstatistik 1991, Tabelle 7, Ziff. 7151 „Computer-Softwarepiraterie". 473 Polizeiliche Kriminalstatistik 1988, S. 144. 474 Polizeiliche Kriminalstatistik 1988, S. 147. 475 Eisenberg, Die Videopiraterie, S.22 f.; Heghmanns, S. 112. 476 Spautz, ZUM 1990, S. 164, m.w.N. 477 Heghmanns, S. 113, unter Hinweis auf: Polizeiliche Kriminalstatistik 1988, Tab. 7. 478 v. Gravenreuth, CR 1986, S. 112f.; Heinrich, JZ 1994, S.939. 479 Heinrich, JZ 1994, S.939, m.w.N. 480 v. Gravenreuth, CR 1986, S. 112f.; ähnlich: Stenger, Kriminalistik 1989, S.479. 466

474

9. Kap.: Rechtstatsachen

unter 2%, bei Anwenderprogrammen auf etwa 20 bis 50%. Auch die meisten Verfahren dieser Zeit hatten Computerspiele zum Gegenstand.481 Gleichwohl geht Weber davon aus, dass nach dem Schadensumfang die teureren Anwenderprogramme, etwa für Textverarbeitung, Buchhaltung oder Kalkulation, dominierten 4 8 2 Die polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 1988 weist allerdings in nur etwa 15% der Fälle einen Schaden von mehr als 1.000,- DM aus.483 Im Jahr 1990 gibt Steinke m die Zahl der Fälle mit 681 Fälle an, wobei 100 und mehr Raubkopien je Täter keine Seltenheit seien. Während für das Jahr 1991485 von der polizeilichen Kriminalstatistik 1.046 Fälle von Softwarepiraterie aufgeführt werden, sollen es im Jahr 1992486 nur 572 Fälle gewesen sein, wovon 542 die alten Länder der Bundesrepublik betrafen. Man wird diesen Zahlen kaum Bedeutung zumessen können. Denn Franzheim m weist darauf hin, es habe sich vor allem um Verfahren wegen Piraterie an Computerspielen gehandelt, die zum großen Teil auf Anzeigen einer einzigen Münchener Anwaltskanzlei zurückzuführen seien und kriminalstatistisch keinen großen Stellenwert hätten. Für den gleichen Zeitraum wird vermutet, bei 90% der existierenden Programme handele es sich um Raubkopien. 488 Die Schadenssummen bei den einzelnen Delikten sollen zumeist gering ausfallen. 489 Ausweislich der polizeilichen Kriminalstatistik für 1991490 sollen 55,1 % der Fälle im Bereich eines Schadens von 1,- bis 25,- DM, 17,7% im Bereich von 25,- bis 500,- DM und 27,1 % im Bereich über 500,- DM gelegen haben.491 Die immer wieder zitierten spektakulären Fälle stellen mithin die große Ausnahme dar. 492 In lediglich zwei Fällen soll ein Schaden von mehr als 50.000 DM ermittelt worden sein.493 In einem Einzelfall habe der Schaden mehr als eine Million DM betragen. 494 Für das Jahr 1991 gaben die Verbände der deutschen Softwareindustrie einen Schadensumfang von mehr als drei Milliarden DM an. 495 Nach 481

Etter, CR 1989, S. 115; auch: Steinke, Kriminalistik 1991, S.585; Weber, Handwörterbuch, S. 4. 482 Weber, Handwörterbuch, S.4; ähnlich: Haurand/Vahle, S. 129. 483 Polizeiliche Kriminalstatistik 1988, Tab. 7; vgl. auch: Heghmanns, S. 113. 484 Steinke, Kriminalistik 1991, S.585. 485 Polizeiliche Kriminalstatistik 1991, Seite 198, Tabelle 1, Ziff. 7151 „Computer-Softwarepiraterie". 486 Polizeiliche Kriminalstatistik 1992, Seite 221, Tabelle 1, Ziff. 7151 „Computer-Softwarepiraterie". 487 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 163. 488 Junker, BB 1988, S. 1334; Meier, S.657. 489 Heghmanns, S. 113; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 321. 490 Polizeiliche Kriminalstatistik 1991, Tabelle 7, Ziff. 7151 „Computer-Softwarepiraterie". 491 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 321. 492 Etter, CR 1989, S. 121. 493 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.321. 494 Steinke, Kriminalistik 1991, S.585. 495 Vgl.: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.321, Fn. 20; Steinke, CR 1992, S. 699; ähnlich: Schmitz/Schmitz, S. 61 f.

D. Anhangskriminalität

475

anderen Angaben soll der Schaden 500 Mio. bis 1 Mrd. DM betragen haben.496 Ähnlich ist das Bild für das Jahr 1992: Nach Angaben des Verbandes der Softwareindustrie 497 sollen Verluste von 1,8 Milliarden DM angefallen sein; Paul A9% vermutet einen Schaden von mindestens 1,3 Milliarden DM. In den letzten Jahren ist im Bereich der Softwarepiraterie kein einheitlicher Trend erkennbar. 499 Im Jahr 1994500 soll es laut polizeilicher Kriminalstatistik 267 einfache und 89 gewerbliche Fälle von Softwarepiraterie gegeben haben; im Jahr 1995501 sollen es 363 bzw. 120 Fälle, im Jahr 1996502 192 bzw. 187 und im Jahr 1997503 546 bzw. 772 Fälle gewesen sein. Eine entscheidende Rolle wird insofern sicherlich die Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen durch die Verabschiedung der §§ 69 a ff. UrhG gespielt haben. Die Gefahr von Rechtsverletzungen im Softwarebereich besteht nicht zuletzt darin, dass sich mit den üblicherweise teueren Programmen hohe Gewinne erzielen lassen.504 Die Gewinnspanne der Täter soll noch höher liegen als bei der Videopiraterie. 505 Teilweise wird davon ausgegangen, dass der Gewinn von Raubkopierern fast deren Umsatz entspricht, da erfahrungsgemäß die Erlöse nicht versteuert 506 würden und die Betriebsausgaben im Vergleich zu den Verkaufssummen nicht ins Gewicht fielen. 507 Dagegen muss die Softwareindustrie erhebliche Kosten tragen. So sollen Herstellungskosten eines Computerprogramms etwa 1 Mio. DM, 5 0 8 teilweise sogar 3 Mio. DM betragen. 509

D. Anhangskriminalität Mit den §§ 106 ff. UrhG treten regelmäßig einige Delikte in Tateinheit510 auf - vor allem Betrug an gutgläubigen Käufern, mitunter auch Urkundenfälschung. Auf die496

BT-Drucks. 11/4929, S. 42; Meier, S. 657; vgl. auch: Müller/Wabnitz/Janov sky, 8. Κ. Rn. 38. 497 Verband der Softwareindustrie, S.6. 498 Paul, CR 1993, S.234. 499 Ebenso: Paul, NJW-CoR 1996, S.234. 500 Polizeiliche Kriminalstatistik 1994, S.243, Ziff.7151 u. 7152. 501 Polizeiliche Kriminalstatistik 1995, S.251, Ziff.7151 u. 7152. 502 Polizeiliche Kriminalstatistik 1996, S.250, Ziff.7151 u. 7152. 503 Polizeiliche Kriminalstatistik 1997, S.231, Ziff.7151 u. 7152. 504 Lauer, S. 73, Fn. 171 ; Schmitz/Schmitz, S. 61 f.; ähnlich: Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 175. 505 v. Gravenreuth, CR 1986, S. 111; Weber, Handwörterbuch, S.4. 506 So auch: Ganter, S. 1479, Fn. 1; v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1744 u. CR 1995, S. 309 u. CR 1986, S. 111; Spautz, ZUM 1990, S. 166 u. S. 169. 507 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 192. 508 Ganter, S. 1479, Fn. 1; Seisler, S. 1292, Fn.4. 509 Steinke, Kriminalistik 1991, S.585. 510 Zu den Konkurrenzen: Kap. 6 I.

476

9. Kap.: Rechtstatsachen

se Taten möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen. Hier sollen vielmehr diejenigen Delikte angesprochen werden, die grundsätzlich keine sachliche Nähe zu den §§ 106ff. UrhG aufweisen. So berichtet Rochlitz 511, Händler gäben im Bereich der Musikpiraterie ihre Vorlieferanten bisweilen nicht bekannt,512 weil sie um ihre körperliche Unversehrtheit und materielle Existenz fürchteten. V. Gravenreuth 513 führt aus, aussagewillige Händler hätten im Zusammenhang der Videopiraterie mit Drohanrufen, beschädigtem Auto oder ausgebranntem Geschäft rechnen müssen; nach Pressemitteilungen soll es in Frankreich bereits den ersten Toten, in Deutschland schon Morddrohungen gegeben haben. Auch Kober 514 teilt mit, dass aussteigewillige Einzelhändler erpresst und genötigt worden seien; es seien Fensterscheiben eingeschlagen, Brände gelegt 515 , Autoreifen zerstochen und sogar Morddrohungen ausgesprochen worden. Tielke 516 schließlich erwähnt, es habe Androhung von Gewalt gegeben, um Kinobetreiber zur Zusammenarbeit zu bewegen; auch habe es Einbrüche in Lichtspielhäuser gegeben, weil die Täter an Filme gelangen wollten. Aus dem Bereich der Softwarepiraterie schildert v. Gravenreuth 517 Fälle, in denen es Abmahnungen durch Schwindelunternehmen gegeben habe; auch Sozialversicherungsbetrug und Betrugsversuche beim Versuch, die Abmahnkosten nicht zahlen zu müssen, sollen vorgekommen sein. Schließlich soll bisweilen im Zuge der Festnahme Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geleistet worden sein.518

E. Urheberstrafverfahren in der Rechtswirklichkeit Beim Versuch der Beschreibung von Urheberstrafverfahren in der Rechtswirklichkeit ist man im Wesentlichen auf das veröffentlichte Material angewiesen. Eine Nachprüfung ist kaum möglich, zumal von den Interessenverbänden keine Statistiken geführt werden und es sich annähernd unmöglich gestaltet, bei Gerichten und Staatsanwaltschaften Auskünfte zu erhalten, die zu einer auch nur annähernd aussagekräftigen Statistik führen könnten.519 Gleichwohl möchte ich versuchen, ein Bild der Urheberstrafverfahren in der Praxis von der Entdeckung (I) 5 2 0 , über Anzeigever511 512 513 514 515 516 517 518 519 520

Rochlitz, Rechtspolitische Überlegungen, S.44. Gentz, UFITA 70 (1974), S.27. v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.219, mit Nachweis; vgl. auch: Maruhn, S.273, Fn.39. Kober, S.5. Vgl. insofern: BGHSt 36, 167. Tielke, Die Ermittlung, S.29 f. v. Gravenreuth, CR 1986, S.741 f., mit Beispielen. v. Gravenreuth, CR 1991, S.36. Vgl.: Kann, S.78. Zur Entdeckung: Kap. 9 E.I.

E. Urheberstrafverfahren in der Rechtswirklichkeit

All

halten (II) 5 2 1 , Ermittlungsverfahren (III) 5 2 2 und Hauptverfahren (IV) 5 2 3 bis zum Abschluss des Verfahrens (V) 5 2 4 zu zeichnen.

I. Entdeckung Im Bereich der Urheberrechtskriminalität ist eine eigene Ermittlungstätigkeit der Strafverfolgungsbehörden kaum oder nur unter sehr großem Aufwand möglich. Vor allem im Bereich des Vertriebs von Software über Mailboxen sind eigene Ermittlungen denkbar. 525 Auch im Bereich der Tonträger- und Videopiraterie werden die Strafverfolgungsbehörden bisweilen von sich aus tätig. 526 Sofern Straftaten aufgedeckt werden, handelt es sich häufig um Zufallsfunde. Im privaten Bereich dürfte die Quote planmäßiger Entdeckung gegen Null gehen, da hier eine Aufklärung lediglich durch Zufall oder Denunziation möglich ist. 527 Franzheim 528 vermutet, dass Urheberrechts Verletzungen außerdem allenfalls noch bei Reparaturen von Computern aufgedeckt werden könnten. In der Praxis sollen gewerblich handelnde Identfälscher nicht selten dadurch entdeckt worden sein, dass Endabnehmer beim Einzelhändler die schlechte Qualität der Ware reklamierten. 529 Im Bereich der Videopiraterie habe es sogar Beschwerden von Endabnehmern bei Fernsehsendern über die mangelhafte Qualität der Piraterieware gegeben.530 Verfahren gegen Softwarepiraten werden zumeist auf die Anzeige der Geschädigten531 oder aufgrund von Erkenntnissen aus anderen Verfahren hin eingeleitet.532 Die Softwarehäuser setzten Testkäufer ein. 533 Doch soll die Zahl geeigneter Personen sehr begrenzt sein.534 Insbesondere eine Münchner Anwaltskanzlei ist insofern mit zweifelhaften Lockschreiben in Erscheinung getreten. 535

521

Zum Anzeigeverhalten: Kap.9 E.II. Zum Ermittlungsverfahren: Kap.9 E.III. 523 Zum Hauptverfahren: Kap. 9 E.IV. 524 Zum Abschluss des Verfahrens: Kap. 9 E. V. 525 Franzheim., NJW-CoR 1994, S. 163. 526 Cremer,S. 160. 527 Ähnlich: Bornmüller, S. 17 f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.257 f. u. S.347; Müller-Gugenberger, §45 Rn.95; Sowada, Die „notwendige Teilnahme", S. 191; vgl. auch: Platho, S. 395; Schaefer, Handbuch, S.516; Schaefer/Körfer, S. 10. 528 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 164. 529 Kann, S.57; Movsessian/Seifert, S. 304, mit Beispiel; Tielke, Die Ermittlung, S.34f. 530 Tielke, Die Ermittlung, S.34f. 531 So: Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 163; Paul, NJW-CoR 1996, S.234. 532 Meier, S. 663. 533 Bschorr, S.37 f.; Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 163. 534 v. Gravenreuth, CR 1991, S. 109. 535 Ausführlicher: Maruhn, S.272f. 522

478

9. Kap.: Rechtstatsachen

II. Anzeigeverhalten Im Bereich der Raubdrucke von Büchern wird von mehreren Autoren die Scheu der Betroffenen beschrieben, gegen die Täter vorzugehen. So seien viele Verlage von den Autoren gebremst worden und hätten Kundenproteste befürchtet. 536 Einige Verlage hätten wegen der schlechten Erfahrungen mit den Strafverfolgungsbehörden resigniert. 537 Die Autoren seien nicht gegen Raubdrucker vorgegangen.538 Weber führt dies darauf zurück, dass den Autoren wegen der Einnahmen aus laufenden Verträgen manchmal kein spürbarer finanzieller Nachteil entstanden sei. Auch der Buchhandel soll das Vorgehen gegen Raubdrucke, wohl weil er Käuferreaktionen aus Studentenkreisen fürchtete, nur zögerlich unterstützt haben.539 Schließlich sollen die Täter in weiten Kreisen Sympathie erfahren haben. So berichtet Weber 540 von Überlegungen, den Vertrieb von Raubdrucken zu fördern, und von der Zustimmung der Studentenschaft. Nur wenig anders stellt sich die Situation zu Beginn der 80er Jahre im Bereich der Musikpiraterie dar. Zwar berichtet Spautz 541 von einem Fall der Verbreitung von Bootlegs aus dem Jahr 1978, bei dem drei Musiker eines Orchester Strafanzeige 542 erstattet hätten. Insgesamt stellte die GEMA bis zum Jahr 1980 aber nur 68 Strafanträge. 543 Im Jahr 1982 sollen nach Angaben Flechsigs 544 lediglich 50 Ermittlungsoder Strafverfahren anhängig gewesen sein. In den Jahren danach veränderte sich das Bild: Der Strafantrag wurde hierbei regelmäßig nicht vom Urheber, sondern von Tonträgerherstellern oder der GEMA gestellt.545 Rochlitz 546 führt dies darauf zurück, dass der Tonträgerhersteller über bessere personelle und finanzielle Ausstattung verfüge und deswegen eher als der Komponist oder der ausübende Künstler in der Lage sei, den Rechtsschutz durchzusetzen und das Prozessrisiko zu tragen. In den fünf Jahren vor 1987 sollen die Tonträgerhersteller und die GEMA etwa jeweils 200 Strafanträge gestellt haben.547 Spautz 548 berichtet von positiven Erfahrungen in der 536

Lampe, UFITA 87 (1980), S. 111; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.62. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.62. 538 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 111; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.62; vgl. auch: Spautz, FuR 1978, S.745. 539 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 111; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.63. 540 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.63. 541 Spautz, FuR 1978, S. 748. 542 Zu den Besonderheiten bei der Antragsberechtigung vgl. aber: Kap. 7 A.I.2.d. 543 v. Gravenreuth, GRUR 1985, S. 111; Nick, FuR 1980, S.388; Roeber, S.391. 544 Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S.20. 545 Rochlitz, FuR 1980, S.355 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.42 u. S.62 u. UFITA 83 (1978), S.71 f.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.76. 546 Rochlitz, FuR 1980, S.355 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.42 u. UFITA 83 (1978), S.71 f. 547 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.5 f. 548 Spautz, ZUM 1990, S. 169. 537

E. Urheberstrafverfahren in der Rechtswirklichkeit

Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden. Sternberg-Lieben teilt mit, dass die GEMA in einigen Fällen von Bagatellkriminalität den Strafantrag zurückgezogen hätte; im Falle eines Oberschülers, der den Kauf von Musikkassetten per Chiffreanzeigen anbot, hätte die GEMA auf Strafverfolgung verzichtet. 549 Wesentlich planvoller stellt sich das Vorgehen bei der Verfolgung der Videopiraterie dar. Bereits im Jahr 1977 kam es zur Gründung einer „Anti-Piraterie-Kommission" der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO).550 Seit 1980 gab es eine große Zahl von Strafverfahren. 551 Bis Anfang 1982 sollen etwa 200 552 , bis Juni 1983 über 850 Strafanträge 553 gestellt worden sein. Rochlitz 554 spricht von Tausenden von Strafanträgen bis zum Jahr 1987. Wahl erwähnt, dass mit der Antragstellung in der Regel auch die Einziehung und Vernichtung der hergestellten Videokassetten sowie die Bekanntgabe der Verurteilung verlangt würden. 555 Wie im Bereich des Musikdiebstahls wurde hierbei die Pirateriebekämpfung nicht von den Urhebern, sondern in erster Linie von den Inhabern der Produzentenrechte in die Hand genommen.556 Die stark betroffenen Sendeanstalten seien untätig geblieben.557 Anfangs soll die Verfolgung im Wesentlichen von der GEMA, von der International Federation of Producers of Phonograms and Videograms (IFPI) und vom Verband der Filmverleiher (VdF) ausgegangen sein.558 Rochlitz teilt mit, dass bis 1984 die IFPI 2.240, die GEMA 2.471 Strafanträge gegen Videopiraten gestellt habe, die teilweise gleiche Fälle beträfen. 559 Im Jahr 1984 kam es zur Gründung der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen, e.V. (GVU). 560 Tielke 561 berichtet, die Zusammenarbeit der GVU mit den Sonderkommissionen der Kriminalpolizei habe zu beachtlichen Fahndungserfolgen geführt; die Mitarbeiter der GVU ständen den Strafverfolgungsbehörden als sachverständige Zeugen zur Unterscheidung von Original und Fälschung zur Verfügung; ferner führe die GVU jährlich Seminare für sachbearbeitende Kriminalbeamte durch. Mängel der Strafverfolgung sollen zudem auf 549 550 551

552

Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.24 u. S.76. FuR 1977, S. 839. Wulff,

BB 1985, S. 427.

Wahl, Kriminalistik 1982, S.69. 553 Lieben, S.573. 554 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.6; vgl. auch: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. V u. GRUR 1985, S. 111. 555 Wahl, Kriminalistik 1982, S.69. 556 Kober, S. 9. 557 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.85 f. 558 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 6; Tielke, Die Ermittlung, S. 30; Wahl, Wirtschaftskriminalität, S.270f.; vgl. zur IFPI auch: Movsessian/Seifert, S.312f.; Nick, FuR 1980, S. 388; Platho, S. 394f.; Roeber, S. 390. 559 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 81 f. 560 Tielke, Der Kriminalist 1989, S.337 u. Taschenbuch, S.46; vgl. auch: Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen, S. 124 f. 561 Tielke, Der Kriminalist 1989, S.332f. u. S.337 u. Taschenbuch, S.38ff. u. S.46 f., jeweils mit Beispielen; vgl. auch: Heibig, S. 374.

480

9. Kap.: Rechtstatsachen

privatermittlerischem Weg über Informantenführung und Vertrauensleute ausgeglichen worden sein.562 Über Codierung des Filmmaterials habe man im Bereich der Kinofilmpiraterie die Absatzwege und die beteiligten Kinos ermitteln können.563 Im Bereich der Softwarepiraterie versuchen sämtliche Softwarehäuser, gegen die Softwarepiraterie vorzugehen. 564 Zur Verfolgung von Rechtsverletzungen wurde in diesem Bereich die Software Business Alliance (BSA) gegründet; auch die GVU ist in diesem Bereich tätig. 565 Im Jahr 1980 soll es erst eine, im Jahr 1983 zwei, 1984 aber schon zweitausend Strafanzeigen gegeben haben.566 Nach v. Gravenreuth 567 soll ein massives Vorgehen gegen verdächtig erscheinende Kleinanzeigen im Bereich der Softwarepiraterie Erfolge gebracht haben. Im Jahr 1985 wurde zur Bekämpfung der Softwarepiraterie der Bundesverband Computer-Software gegründet. 568 Zu beachten ist, dass die polizeiliche Kriminalstatistik im Bereich der Softwarepiraterie nur wenig aufschlussreich ist. So geht beispielsweise ein Großteil der Verfahren im Jahr 1992 wegen Piraterie an Computerspielen auf Lockanzeigen einer Münchener Anwaltskanzlei zurück. 569 Vermutlich ist auch der statistische Anstieg im Jahr 1995 auf dieses Phänomen zurückzuführen, zumal ein beträchtlicher Teil der Anzeigen auf Bayern entfällt. 570

I I I . Ermittlungsverfahren Die Ermittlungsbehörden haben im Bereich des Urheberstrafrechts massive Kritik erfahren. So sollen die Ermittlungen nicht mit dem wünschenswerten Interesse geführt worden sein.571 Die Delikte des UrhG seien von den Staatsanwaltschaften und Gerichten häufig nicht ernst genommen572 oder ihnen sogar ganz oder teilweise unbekannt573. Ähnliche Erfahrungen habe es mit der Kriminalpolizei gegeben.574 562 563

Tielke, Die Ermittlung, S.30.

Tielke, Die Ermittlung, S.31. 564 v. Gravenreuth., Der Kriminalist 1985, S.23 u. RDV 1991, S.25. 565 Finanztest 12/99, S.71 ff. 566 v. Gravenreuth, ZUM 1985, S.539; ähnlich: Wulff.i BB 1985, S.427. 567 v. Gravenreuth, CR 1995, S.309. 568 v. Gravenreuth, Der Kriminalist 1985, S.30. 569 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 163. 570 Vgl. auch: Paul, NJW-CoR 1996, S.234 u. S.236. 57 1 Flechsig, Vorwort, S.7; Rochlitz, FuR 1980, S.356 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.45; Wahl, Wirtschaftskriminalität, S.267f.; ähnlich: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.67. 57 2 v. Gravenreuth, CR 1991, S.36 u. GRUR 1985, S. 112; Samson, Urheberrecht, S.235; ähnlich: W Nordemann, NStZ 1982, S.373. 57 3 Dähn, S. 133; v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1743 u. GRUR 1983, S.349 u. GRUR 1985, S. 112; Kircher, S. 12; Rochlitz., UFITA 83 (1978), S.77; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 60; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.564f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.2 u. S.66; ähnlich: Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn.2; Ganter, S. 1479; Gerstenberg, Vorbem. zu §§ 106ff. UrhG; Movsessian/Seifert, S.294; W. Nordemann, NStZ 1982, S.373; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.565.

E. Urheberstrafverfahren in der Rechtswirklichkeit

481

Aus der Frühzeit wird nur in wenigen Ausnahmefällen von Erfolgen berichtet: So sollen im Jahr 1976 erstmalig Hausdurchsuchungen durchgeführt worden sein.575 Die Einschaltung des Bundeskriminalamtes gegen eine Gruppe von Personen aus dem Bereich der Tonträgerpiraterie wird dagegen lobend erwähnt. 576 In der Praxis verneine die Staatsanwaltschaft regelmäßig das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung und verweise den Antragsteller auf den Privatklageweg. 577 Teilweise geschehe dies ohne Prüfung, ob nicht doch ein öffentliches Interesse vorliegt. 578 Etter 579 meint gar, in der Regel werde der direktere Weg über die §§ 153 ff. StPO oder über § 45 JGG gewählt. Das Privatklageerfordernis verhindere weitgehend eine wirkungsvolle Strafverfolgung. 580 V. Gravenreuth 5^ kann im Jahr 1985 kein einziges Privatklageverfahren im Bereich des Urheberrechts ausfindig machen. Die Strafverfolgungsbehörden seien allenfalls in besonders schweren Fällen an einer Verurteilung interessiert. 582 Eine Reihe von Autoren 583 erklären die Zurückhaltung der Strafverfolgungsbehörden damit, dass diese die Rücknahme eines Antrags in dem Fall befürchteten, dass sich der Verletzte mit dem Schädiger über die Zahlung einer Entschädigung einigt. Wenn v. Gravenreuth meint, dieses Problem werde durch die Neufassung des § 109 UrhG erheblich gemildert, 584 kann ich nur teilweise zustimmen. Denn der Verletzte kann dem Strafverfahren durch rückwirkende 585 Lizenzierung den Boden entziehen. Teilweise wird von dilettantischer Ermittlungstätigkeit berichtet: So erwähnt v. Gravenreuth 586 einen Fall, in dem die Staatsanwaltschaft vor der Durchsuchung 57 4 57 5 57 6

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.67; vgl. auch: Wahl, Kriminalistik 1982, S.70. Nick, FuR 1980, S. 387. Nick, FuR 1980, S.387f. u. Musikdiebstahl, S.67; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz,

S.21. 57 7 Flechsig, ZRP 1980, S.316f.; Gerstenberg, Vorbem. zu §§ 106ff. UrhG; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 164 u. mit Beispiel GRUR 1983, S.353; Kilian/Heussen-v Gravenreuth, Ziff. 108 Rn.9, mit Beispielen; W Nordemann, NStZ 1982, S.373; Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.77; Samson, Urheberrecht, S.235; Sieber, Computerkriminalität, 2. Aufl., S.70; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 131; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.66 u. Wesen, S.62 Fn.37; Wenzel, Rn. 10.49; ebenso schon: Locher, S. 104.; abweichend: Dierck/Lehmann, S.543. 57 8 v. Gravenreuth, FuR 1984, S. 132; Hentschel, Gema-Nachrichten, H. 119, S. 17; W. Nordemann, NStZ 1982, S.373; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 131; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.66. 57 9 Etter, CR 1990, S.407; vgl. auch: v. Gravenreuth, FuR 1984, S. 132. 580 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 107; Nick, FuR 1980, S.386 f. u. Musikdiebstahl, S.63; ähnlich: Lampe, GA 1975, S.21; Movsessian/Seifert, S.307 f.; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.564f. 581 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 164. 582 Meier, S. 664. 583 Bachmaier, in: Roeber, S.393; W Nordemann, NStZ 1982, S.373; Rochlitz, FuR 1980, S. 356 u. S. 359 u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 51 f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.67 u. FS-Sarstedt, S.386 u. FuR 1980, S.342. 584 Fromm/Nordemann-Vinck, § 109 UrhG Rn. 1 ; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 198. 585 Zur Rückwirkung der Einwilligung: Kap. 2 F. III. 586 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 194 f.

31 Hildebrandt

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9. Kap.: Rechtstatsachen

telefonisch zu einer Vernehmung vorgeladen habe; dies habe zur Folge gehabt, dass die darauf folgende Durchsuchung ergebnislos blieb. Ähnliche Fälle trägt Weber 587 vor: Einmal habe die Polizei vor der Durchsuchung einer Buchhandlung telefonisch dort angefragt, so dass die anschließende Durchsuchung ergebnislos blieb. In einem anderen Fall sei der Durchsuchungsbeschluss von dem Gericht dem Beschuldigten sogar formell zugestellt worden; als die Polizei die Durchsuchung durchführte, seien keine Raubkopien mehr gefunden worden. Teilweise sollen diese Hindernisse durch die Einrichtung von Spezialabteilungen für Wirtschaftskriminalität beseitigt sein.588 So will v. Gravenreuth 589 etwa seit 1982 bei fast allen Staatsanwaltschaften eine größere Bereitschaft bemerken, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu bejahen und sich mit Fällen aus dem Bereich des Urheberrechts zu beschäftigen. Einige Strafverfahren seien zügig und erfolgreich durchgeführt worden. 590 Die Zahl der aufgeklärten Fälle lag gleichmäßig oberhalb von 85% der registrierten Fälle. 591 Auch soll das Interesse der Steuerfahndung 592 zugenommen haben, seit professionell arbeitende Täter hohe Umsätze erzielten. 593 Andererseits wird bereits Übereifer der Ermittlungsbehörden beklagt: So sollen häufig Durchsuchungen durchgefühlt oder Vervielfältigungsstücke beschlagnahmt werden, auch wenn später das Verfahren eingestellt oder der Geschädigte auf den Privatklageweg verwiesen wird. 594 In der Regel sei es aber so, dass sich die Ermittlungsbehörden wegen der Entschädigungspflicht für unberechtigte Zwangsmaßnahmen nur bei einem klaren Sachverhalt zu einer Durchsuchungsaktion entschlössen.595 Teilweise begegnet die Ermittlungsarbeit auch tatsächlichen Schwierigkeiten: Einige der Schwierigkeiten sind allen Deliktsbereichen gemein. So kann nicht immer der Strafantragsberechtigte ausfindig gemacht werden. 596 Vor allem aber können Identfälschungen nur sehr schwer identifiziert werden. 597 Wegen der schweren Erkennbarkeit berufen sich auch die Beschuldigten häufig auf einen Irrtum, so 587

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.67. Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.77; Spautz, ZUM 1990, S. 166. 589 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 146 u. FuR 1984, S. 132; vgl. auch: Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.565. 590 Rochlitz, FuR 1980, S.357 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.46. 591 Polizeiliche Kriminalstatistik, Jg. 1987 bis 1997 Tab. 12, Schlüsselzahl 7150. 592 Vgl. zu den Schutzmöglichkeiten durch das Steuerrecht: Kap. 10 Β. V. 593 v. Gravenreuth, FuR 1984, S. 133. 594 Meier, S.663; zur Unzulässigkeit dieses Vorgehens: Kap. 7 Α. V. 595 Sieber, BB 1981, S. 1556. 596 Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S. 19, mit Beispiel, u. ZRP 1980, S.315; v. Gravenreuth, ZUM 1988, S. 19. 597 Zur Musikpiraterie: Kann, S. 79; zur Videopiraterie: Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S. 18; Hentschel, FuR 1982, S. 246 u. Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 20. 588

E. Urheberstrafverfahren in der Rechtswirklichkeit

483

dass der Vorsatz nur schwer nachzuweisen ist. 598 Für die Ermittlungsbehörden stellt es sich regelmäßig als schwierig dar, die schnell arbeitenden mobilen Verteiler illegaler Vervielfältigungsstücke zu fassen. 599 Kann 600 vermutet wohl zu Recht, dass in diesem Bereich der Kleinverteiler der materielle Aufwand, Strafverfahren einzuleiten, den volkswirtschaftlichen Schaden übersteigt, der durch die Piraterie entsteht. Mit Problemen ist regelmäßig auch der Zugriff auf die Hersteller und Hintermänner verbunden. 601 Dies soll seine Ursache vor allem darin haben, dass Angaben über die Lieferanten von den Beschuldigten meist nur zögerlich gemacht würden 6 0 2 Häufig bleibe im Dunkeln, wer der Haupttäter einer Tätergruppe ist. 603 Weber 604 beschreibt, wie die Betroffenen im Raubdruckbereich anfangs gegen den Unwillen der Ermittlungsbehörden ankämpfen mussten. So soll es den Ermittlungsbehörden in Fällen, in denen Anzeige gegen unbekannt gestellt wurde, nie gelungen sein, den Täter ausfindig zu machen. Häufig seien Verfahren postwendend eingestellt worden. Lediglich die Beschlagnahme eines Vervielfältigungsgeräts und von Nachdruckbögen sei erfolgreich gewesen. Erst aus der Mitte der 70er Jahre berichtet Ulmer 605 von Ermittlungserfolgen, die durch Zusammenarbeit des Börsenvereins mit der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei erzielt worden seien. Eine derartige Zusammenarbeit von Ermittlungsbehörden und interessierten Verbänden war auch im Tonträger-, Video- und Softwarebereich erforderlich, 606 zumal den Ermittlungsbehörden mit Blick auf den hohen Professionalisierungsgrad der Rechtsverletzer häufig das notwendige Fachwissen, teilweise auch die technische Ausstattung fehlte 607. Im Softwarebereich 608 gab es wegen der Schwierigkeit, die Urheberrechtsfähigkeit festzustellen, bis zum Jahr 1994 keine großen Ermittlungsverfahren. 609 Meist sei gemäß § 153 a StPO610 oder mangels Tatverdachts, Strafmündigkeit des Täters 598 Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S.20; Kann, S.91 f.; Nick, Musikdiebstahl, S.52; Rochlitz, FuR 1980, S.356 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.45; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.72. 599 Kann, S.79 u. S. 130; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.65. 600 Kann, S.79; ähnlich auch: Etter, CR 1989, S. 121. 601 Gentz, UFITA 70 (1974), S.27; Nick, Musikdiebstahl, S.39; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.66 u.S.68. 602 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.68. 603 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 165, mit Beispiel. 604 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.65 ff. 605 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 565, m. w. N. 606 Vgl. oben: Kap.9 E.II.; auch: Wahl, Kriminalistik 1982, S.69f. 607 v. Gravenreuth, CR 1986, S.588 u. Das Plagiat, S.200f.; Sieber, BB 1981, S. 1549f. u. S. 1555; Tielke, Die Ermittlung, S.35; vgl. auch: Stenger, Kriminalistik 1989, S.484ff. 608 Zu den lokalen Besonderheiten bei der Verfolgung der Softwarepiraterie: v. Gravenreuth, CR 1986, S.587 ff. 609 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 163; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.322. 610 So: E. Braun, Produktpiraterie, S.36, Fn. 153; Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 163.

31*

484

9. Kap.: Rechtstatsachen

oder öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung nach § 170 Abs. 2 StPO611 eingestellt worden. Von den bekannt gewordenen Fällen aus dem Bereich der Softwarepiraterie würden infolge der Verweisung auf den Privatklageweg und des Strafantragserfordernisses kaum mehr als 5% tatsächlich vor die Gerichte gebracht. 612 Nach Angaben von Spautz 613 soll im Jahr 1987 nur eines von 1.200 Ermittlungsverfahren in München durch rechtskräftige Verurteilung beendet worden sein. In den überwiegenden Fällen begnüge sich das verletzte Softwareunternehmen mit einer Abmahnung614 sowie einer daraufhin abgegebenen Unterlassungserklärung. 615 Meier 616 berichtet, die Täter kämen oft mit einer Zahlung von 1.000,- DM Schadensersatz zuzüglich Kostenersatz davon; nur die schwierigen Fälle, in denen der Täter den Unterlassungsanspruch des Rechtsinhabers nicht anerkennt, würden von den Strafverfolgungsorganen erfasst.

IV. Hauptverfahren Zum Hauptverfahren gibt es nur wenig zu berichten. Gemessen an der Gesamtzahl der Verfahren bei den Strafverfolgungsbehörden und den Gerichten ist der Anteil der Schutzrechtsverletzungsverfahren gering. 617 V. Gravenreuth 618 kann im Jahr 1985 kein einziges Privatklageverfahren im Bereich des Urheberrechts ausfindig machen. Bei den durchgeführten Offizialverfahren gab es dagegen eine signifikante Steigerung. So konnte Sternberg-Lieben 619 im Bereich der Musikpiraterie für die Jahre 1971 bis 1981 insgesamt 48 abgeschlossene Verfahren ermitteln; in den Jahren 1980 bis 1982 gibt er 54 Verfahren gegen Videopiraten, aber nur eins wegen Musikdiebstahls an. Dagegen hält im Jahr 1987 Rochlitz 620 die Zahl der abgewickelten Strafverfahren im Bereich der Videopiraterie bereits für unüberschaubar. Dieses Bild wird heute bestätigt durch die Vielzahl von Verfahren aus dem Bereich des Softwarepiraterie. Tielke 621 berichtet, dass im Jahr 1985 mehrere führende Personen aus dem Bereich der Kinofilmpiraterie fast ein halbes Jahr in Untersuchungshaft verbracht hätten. Rochlitz 622 schließlich weist darauf hin, dass in einschlägigen Ge611

So: Etter, CR 1989, S. 115. Heinrich, Die Strafbarkeit, S.320; Meier, S.664. 6,3 Spautz, ZUM 1990, S. 164 u. S. 169; Auch: E. Braun, Produktpiraterie, S.36, Fn. 153. 614 Zum Gebührenanspruch im Falle einer Abmahnung gegenüber einem Jugendlichen vgl.: AG Meldorf, CR 1990, 329; Brandi-Dohrn, CR 1990, S. 330. 6,5 v. Gravenreuth, RDV 1991, S. 25; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 320; Meier, S. 664. 616 Meier, S.664. 617 BT-Drucks. 11/4792, S.22. 618 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 164. 619 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.25 u. S.27. 620 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.6. 621 Tielke, Die Ermittlung, S.31. 622 Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.80. 612

E. Urheberstrafverfahren in der Rechtswirklichkeit

richtsverfahren häufig nicht alle in Betracht kommenden Tatbestände berücksichtigt worden seien; insbesondere Steuertatbestände seien außer Betracht geblieben.

V. Abschluss des Verfahrens Hinsichtlich der Beendigung des Verfahrens ist zwischen Einstellungsverfügungen einerseits ( l ) 6 2 3 sowie Strafbefehl und Urteil andererseits (2) 624 zu unterscheiden.

1. Einstellungsverfügungen Das häufigste Mittel der Verfahrensbeendigung im Bereich des Urheberstrafrechts sind Einstellungsverfügungen nach den §§ 153, 153 a StPO, 45 JGG. 625 Zumeist wird die Einstellung von der Bereitschaft der Beschuldigten abhängig gemacht, sich mit der Einziehung der Vervielfältigungsexemplare einverstanden zu erklären. 626 Einen der Gründe für die großzügige Einstellungspraxis vermutet Weber 627 in der materiellrechtlichen Überdehnung 628 des Urheberstrafrechts. V. Gravenreuth 629 hat darauf hingewiesen, dass die Einstellungsquote in diesem Bereich erheblich höher liegt als bei Diebstahlsfällen, die er für vergleichbar hält. Im Bereich der Tonträgerpiraterie schätzt Sternberg-Lieben 630 für die Zeit bis 1985 eine Einstellungsquote von etwa 70 bis 80%, davon etwa 35% nach § 170 Abs. 2 StPO. V. Gravenreuth 631 hat bis zum Jahr 1983 Verfahren gegen Videopiraterie untersucht: Hierbei sei das Verfahren in 237 von 345 Fällen, die er bis zum Jahr 1983 untersuchte und die nicht bereits gemäß § 153 StPO ohne Sanktion eingestellt wurden, gemäß § 153 a StPO nach Zahlung einer Geldbuße eingestellt worden (68,7%). Ähnliche Untersuchungen hat Rochlitz 632 durchgeführt: In 163 von insgesamt 1.113 Verfahren, die bis September 1984 durch die IFPI eingeleitet oder geführt wurden, sei das Verfahren durch Einstellung nach § 153 StPO abgeschlossen 623

Zu Einstellungsverfügungen: Kap. 9 E. V. 1. Zu Strafbefehl und Urteil: Kap. 9 E. V. 2. 625 Etter, CR 1989, S. 115 u. CR 1990, S.407; v. Gravenreuth, ZUM 1985, S.540; Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 337; Meier, S. 663f.; Paul, CR 1993, S. 234; Weber, Handwörterbuch, S. 3 u. Wesen, S.62; auch: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.65, mit Beispiel; zur Videopiraterie: Tielke, Die Ermittlung, S.36; zur Softwarepiraterie: Meier, S.663. 626 Etter, CR 1990, S.407; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.337; Meier, S.663 f.; Spautz, ZUM 1990, S. 164. 627 Weber, Wesen, S.69. 628 Vgl. zur Berechtigung des strafrechtlichen Schutzes: Kapitel 10. 629 Ausführlich: v. Gravenreuth, CR 1991, S. 36f. u. Das Plagiat, S. 81 f. 630 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.26 ff., mit genauen vergleichenden Zahlenangaben; vgl. auch: Roeber, S.391. 631 v. Gravenreuth, CR 1991, S. 36 u. Das Plagiat, S. 81 u. GRUR 1985, S. 112. 632 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 81 ff. 624

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9. Kap.: Rechtstatsachen

worden, in 408 Fällen durch Einstellung nach § 153 a StPO, in 68 Fällen durch Einstellung nach § 154 StPO und in 284 Fällen durch Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO oder § 376 StPO. In 39 von insgesamt 202 Verfahren, die im Jahr 1984 durch die GEMA eingeleitet oder geführt wurden, sei das Verfahren durch Einstellung nach § 153 StPO abgeschlossen worden, in 3 Fällen durch Einstellung nach §45 JGG, in 62 Fällen durch Einstellung nach § 153 a StPO, in 10 Fällen durch Einstellung nach § 154 StPO, in 72 Fällen durch Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO und in 5 Fällen durch Einstellung nach § 376 StPO. Im Softwarebereich sollen nach Angaben v. Gravenreuths 633 von 224 Fällen, in denen der Täter ermittelt werden konnte, 43 Fälle nach § 153 StPO und 80 Fälle nach § 153 a StPO eingestellt worden sein. In 56 Fällen sei lediglich eine Ermahnung nach §45 Abs. 1 JGG erfolgt; 4 Fälle hätten strafunmündige Kinder betroffen; nur 40 Fälle seien durch den Richter entschieden worden, wobei in 36 dieser Fälle Jugendstrafrecht angewandt wurde. Bei Jugendlichen und Heranwachsenden werde zumeist ein Verfahrensabschluss ohne Anklageerhebung angestrebt.634

2. Strafbefehl und Urteil Neben der Einstellungsverfügung ist der Strafbefehl ein häufiges Mittel der Verfahrensbeendigung: So soll in 46 von 345 Verfahren (13,3 %) aus dem Bereich der Videopiraterie, die v. Gravenreuth bis zum Jahr 1983 untersuchte und die nicht bereits gemäß § 153 StPO ohne Sanktion eingestellt wurden, ein Strafbefehl erlassen worden sein.635 Rochlitz? 36 berichtet von 95 Strafbefehlen bei 1.113 von der IFPI eingeleiteten Verfahren aus dem Zeitraum bis September 1984 und von 14 Strafbefehlen oder Urteilen 637 bei 202 Verfahren der GEMA im Jahr 1984. Urteile stellen im Bereich des Urheberstrafrechts die Ausnahme dar. So erwähnt Sternberg-Lieben 638, im Bereich der Musikpiraterie bis 1985 seien nach Auskunft der Staatsanwaltschaft etwa 20 % mit der Verurteilung, davon etwa 2 bis 3 % durch Freispruch beendet worden. Die oben erwähnte Untersuchung v. Gravenreuths geht von einer Verfahrensbeendigung durch Urteil in 62 von 345 Verfahren (18,0%) aus.639 Von Rochlitz M0 werden 95 Urteile bei den 1.113 Verfahren der IFPI angegeben. 633

v. Gravenreuth, ZUM 1985, S.540. BT-Drucks. 12/8387, S. 10. 635 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 81 u. GRUR 1985, S. 112. 636 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 81 u. S. 83; vgl. auch: Roeber, S. 391. 637 Die Statistik der GEMA habe keine Differenzierung zwischen Strafbefehl und Urteil zugelassen. 638 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.26 ff., mit genauen vergleichenden Zahlenangaben; ähnlich: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.6. 639 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.81 u. GRUR 1985, S. 112. 640 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 81 u. S. 83; vgl. auch: Roeber, S. 391. 634

F. Parallelität zur technischen Entwicklung

487

Auf der Rechtsfolgenseite wurde zumeist auf Geldstrafe erkannt. 641 Rochlitz 642 berichtet bei einer Gesamtzahl von zwölf Verurteilungen von zwei Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe und zehn zu einer Geldstrafe. V. Gravenreuth 643 vermutet, dass Gerichte und Staatsanwaltschaften, die bereits mehrfach mit Delikten aus dem Bereich des Urheberrechts befasst waren, eher bereit gewesen seien, höhere Strafen auszusprechen als Gerichte, bei denen es seit Jahrzehnten kein vergleichbares Verfahren mehr gegeben hatte. Besonderheiten ergaben sich bis 1993 im Softwarebereich. Hier führte die Rechtsprechung des BGH zu Unsicherheiten, so dass nicht selten sich widersprechende Urteile anzutreffen waren. 644 Meier* 45 erwähnt, in diesem Bereich seien meist Weisungen oder Geldstrafen verhängt worden, soweit es überhaupt zu Urteilen kam; allenfalls bei gewerbsmäßigem Handeln hätte es Freiheitsstrafen gegeben, die jedoch zur Bewährung ausgesetzt worden seien.

F. Parallelität zur technischen Entwicklung Schon der erste Fall eines Musikdiebstahls, den das Reichsgericht 646 im Jahr 1886 zu entscheiden hatte, hatte seine Wurzeln in einer technischen Neuentwicklung647: Eine Lochkartenscheibe mit dem Walzer „So wie Du" für ein Abspielgerät der Aktiengesellschaft Ariston war von den Tätern ohne Lizenz vervielfältigt worden. Eisenberg 648 stellt explizit die These auf, dass der Anstieg der Urheberrechtskriminalität in einem bestimmten Bereich regelmäßig parallel zur technischen Entwicklung verläuft. Auch Äußerungen anderer Autoren gehen mehr oder weniger in diese Richtung: Während teilweise nur auf vereinfachte und verbilligte Möglichkeiten der Herstellung von Vervielfältigungsstücken verwiesen wird, 649 stellen andere Autoren 650 die technische Entwicklung eines neuen Mediums in den Vordergrund. 641

Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.206; Weber, FuR 1980, S.342 u. Wesen, S.62. Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.26. 643 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.85 f. 644 Ausführlicher: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.322, m.w.N. 645 Meier, S. 664, mit Beispielen. 646 RGSt 13, 324. 647 Zur technischen Entwicklung der Tonträger und ihrer AbspielVorrichtungen: Nick, Musikdiebstahl, S. 36ff.; zur wirtschaftlichen Entwicklung der zugehörigen Industrie: SternbergLieben, Musikdiebstahl, S.5 ff. u. S. 22ff.; zum technischen Vorgang der Herstellung von Tonträgern: Nick, Musikdiebstahl, S. 15 ff.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.50ff. 648 Eisenberg, Die Videopiraterie, S. 25; ähnlich: BT-Drucks. 11/4792, S. 16; Burger, S. 797; Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn.2; Heinrich, JZ 1994, S.938; Knap, S.374; W Nordemann, NStZ 1982, S.373; Weber, Wesen, S.52. 649 BT-Drucks. 11/4792, S. 16; E. Braun, Produktpiraterie, S.23; Flechsig, GRUR 1978, S. 293; Rehbinder, ZUM 1990, S.462; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. lf.; Tielke, Taschenbuch, S.28; Weber, Wesen, S.52. 650 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 175; Kann, S. 124; Lauer, S. 15 i.V.m. S. 19; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 1 ; Spautz, ZUM 1990, S. 169; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 1. 642

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9. Kap.: Rechtstatsachen

Das Phänomen durchzieht sämtliche Deliktsbereiche: So begannen die Raubdrucke von Büchern zeitgleich mit den Möglichkeiten zur verhältnismäßig leichten Herstellung von Vervielfältigungsstücken. 651 Doch auch das Ende der Raubdruckbewegung hat meines Erachtens mit dieser technischen Entwicklung zu tun: In den 80er Jahren hatten sich Kopiergeräte soweit durchgesetzt, dass bei Bedarf jeder in legaler Weise selbst Kopien herstellen konnte. Ein ähnliches Geschehen ist im Bereich der Musikpiraterie zu beobachten: Nachdem Piraterieformen mit Einführung des Magnettonbandes Ende der 60er Jahre entstanden waren, 652 sind auch in diesem Bereich zeitgleich mit der Abnahme der Kriminalität seit der Mitte der 90er Jahre technische Geräte zum verlustfreien Kopieren von Tonträgern für jeden erschwinglich geworden. 653 Etwas anders verläuft die Entwicklung im Videobereich: Zwar ist auch die Videopiraterie mit der Möglichkeit, Spielfilme zu kopieren, 654 und der Verbreitung verschiedener Videosysteme655 entstanden. Doch obwohl im Videobereich die Möglichkeit verlustfreien Kopierens zu erschwinglichen Preisen noch aussteht, ist hier die Kriminalitätswelle schon früher abgeebbt. Ich sehe die Ursache hierfür in der Tatsache, dass dem Endabnehmer die Möglichkeit genügt, von 28 oder mehr Fernsehkanälen mit dem eigenen Videorecorder zum privaten Gebrauch zu kopieren. Abweichend stellt sich das Phänomen im Softwarebereich dar. Zwar wird auch die Softwarepiraterie auf die technischen Leichtigkeit eines verlustfreien Kopierens von Computersoftware zurückgeführt. 656 Anders als in anderen Bereichen war im Softwarebereich ein verlustfreies Kopieren aber bereits in der Frühphase möglich. Der Gesetzgeber versuchte, dieser Möglichkeit durch das Verbot 657 des Kopierens zum privaten Gebrauch entgegenzuwirken. Wohl aufgrund dieser Rahmenbedingungen verläuft die Kriminalitätsentwicklung im Softwarebereich weitgehend parallel mit der Zahl der verkauften Computer. 658

651 So auch: Deutsche Vereinigung, GRUR 1965, S.23; Eisenberg, Die Videopiraterie, S.25; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 1 f. 652 Fest, S.6; Kann, S. 1 u. S.39 u. S.46; Nick, FuR 1980, S.378 u. Musikdiebstahl, S. 13; Spautz, FuR 1978, S.747.; ähnlich: Eisenberg, Die Videopiraterie, S.25; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 1 f. 653 Vgl. auch: Lessing, S. 109 f. 654 FuR 1977, S.838f.; Flechsig, ZRP 1980, S.314; Tielke, Taschenbuch, S.28; Wahl, Kriminalistik 1982, S.68. 655 Ganter, S. 1479; Hentschel, FuR 1982, S. 237 u. Gema-Nachrichten, Η. 119, S. 11 u. Videorecht, S. 109; Wahl, Kriminalistik 1982, S.68; vgl. auch: Lieben, S.573; zu den verschiedenen Videosystemen: Tielke, Der Kriminalist 1989, S.334 u. Taschenbuch, S.24 f. 656 Lauer, S.73 f.; ähnlich: Burger, S.797; Haurand, S.271. 657 Zur Verfassungswidrigkeit des Verbots im Strafrecht: Kap. 2 E. IX. 2. 658 Vgl. hierzu: v. Gravenreuth, Der Kriminalist 1985, S.23 u. GRUR 1985, S.416f. u. NStZ 1985, S.180.

G. Marktstörungen

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G. Marktstörungen Das gehäufte Auftreten urheberrechtlicher Strafverfahren korreliert meines Erachtens auch mit einem anderen Aspekt, der eine gewisse Nähe zum Kartellrecht aufweist. Während nämlich in fast allen urheberrechtlichen Bereichen das Zivilrecht seine Funktion in ausreichender Weise erfüllt 659 , wird in bestimmten Bereichen und zu bestimmten Zeiten der Ruf nach dem Strafrecht laut. Wie zuvor dargestellt, existieren in den betroffenen Bereichen technische Neuentwicklungen. Insofern liegt die Annahme nahe, dass aufgrund der technischen Entwicklung eine Neuorientierung des Marktes erfolgt, der Markt also wenig eingespielt, das Preisniveau kaum gefestigt ist. Hentschel weist diesbezüglich darauf hin, dass sich der Markt nicht nach kaum bekannten Rechtsvorschriften, sondern nach Angebot und Nachfrage richtet. 660 Daneben fällt jedoch auf, dass in allen Bereichen zusätzliche Marktstörungen 661 beobachtet werden können: So besteht im Raubdruckbereich die Preisbindung für Verlagserzeugnisse des § 15 GWB, mit deren Hilfe der Gesetzgeber in zweifelhafter Weise versucht, in den Buchmarkt einzugreifen. Im Bereich der Musikpiraterie greift die Tonträgerindustrie selbst in der Weise in den Markt ein, dass Hits erst nach Abschluss der Erstauswertungsphase zum Zusammenschnitt von Hits auf einem Tonträger freigegeben werden. 662 Bis dahin ist der Konsument, der mehrere Hits auf Tonträger besitzen will, gezwungen, auch mehrere Tonträger zu erwerben. 663 Dabei muss er regelmäßig eine Vielzahl von Musikstücken erwerben, an denen er gar nicht interessiert ist. Mich erinnert diese Marktstrategie an das kartellrechtliche Koppelungsverbot des § 16 Nr. 4 GWB, das freilich nicht einschlägig ist. Burger 664 schlägt für derartige Fälle der Monopolisierung und Zurückhaltung von Rechten die Einführung einer gesetzlichen Zwangslizenz vor. Ich halte dies zwar nicht für abwegig, möchte das gleiche Ergebnis aber lieber durch ein Weniger staatlichen Eingreifens erreichen. 665 Für den Bereich der Kinofilmpiraterie wurde oben bereits dargestellt, wie die verzögerte Vergabe der Videorechte in den 80er Jahren das Entstehen der Kriminalität erheblich förderte. 666 Vor allem Hentschel 667 hat damals kritisch darauf hingewiesen, dass diese bedenkliche Praxis nur eingeschränkt durch strafrechtlichen Schutz ge659 660 661 662 663 664 665 666 667

Vgl. etwa: Lampe, UFITA 83 (1978), S. 16. Hentschel, FuR 1982, S.238 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 12. Vgl. auch: Cremer, S. 173 [„Lieferengpässe"]. Kann, S.51. Kann, S.51. Burger, S.798, m.w.N. Vgl. zur Berechtigung des strafrechtlichen Schutzes: Kap. 10 F. Zur Kinofilmpiraterie: Kap.9 C.III. 1. Hentschel, FuR 1982, S.238 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 12.

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9. Kap.: Rechtstatsachen

fördert werden dürfe. Außerhalb des Bereichs der Kinofilmpiraterie bemerkt Flechsig 668 im Jahr 1980 ein gewisses Angebotsdefizit auf dem Videomarkt, das dem Rechtsbruch Vorschub leiste. Für den Bereich der Softwarepiraterie werden als Ursache der Kriminalität teilweise überzogene Preise genannt.669 Meines Erachtens steht in diesem Bereich vor allem das - kaum durchsetzbare - Verbot privaten Kopierens einer Normalisierung der Entwicklung entgegen. Zu begrüßen ist insofern, dass inzwischen eine Reihe hochqualitativer Softwareprodukte für den Endabnehmer kostenlos als Freeware bereitstehen. Das Verbot privaten Kopierens wird eine Anpassung der Preise an ein vertretbares Niveau also allenfalls verzögern können.

H. Funktionalisierung des strafrechtlichen Schutzes Von einer Funktionalisierung des strafrechtlichen Schutzes kann in dreierlei Hinsicht gesprochen werden: erstens als Funktionalisierung zur Auskunftserlangung (I) 670 , zweitens als Funktionalisierung zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche (II) 6 7 1 und drittens als Funktionalisierung zur Gefahrenabwehr (III) 672 . Vorab sei auf die Verweisungsmöglichkeit nach § 154 d StPO673 hingewiesen, die den Zweck hat, einer Instrumentalisierung der Staatsanwaltschaft entgegenzuwirken.674

I. Funktionalisierung zur Auskunftserlangung Der Verletzte darf die im Strafverfahren mittels Akteneinsicht nach § 406 e StPO erlangten Informationen in einem Zivilprozess verwenden. 675 Dies führt in Deutschland 676 dazu, dass sich der Verletzte des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsapparates bedienen kann, um zivilrechtliche Ansprüche vorzubereiten. 677 Die Staatsanwalt übernimmt dann kostenlos die Arbeit des Anzeigenden.678 Aus Scheu vor dem Kostenrisiko wird bisweilen auf die Durchsetzung der Ansprüche in einem Zivilpro668

Flechsig, ZRP 1980, S.314. Haurand/Vahle, S. 129. 670 Zur Funktionalisierung zur Auskunftserlangung: Kap. 9 H.I. 671 Zur Funktionalisierung zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche: Kap.9 H.II. 672 Zur Funktionalisierung zur Gefahrenabwehr: Kap. 9 H. III. 673 Vgl. zur Verweisung nach § 154d StPO: Kap. 7 A.IV. 1. 67 4 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 160; Heischel/Benner, S.258; Kleinknecht/Meyer-Goßner,, § 154d StPO Rn. 1 \ Letzgus, S. 300. 67 5 Bork, S. 1667; E. Braun, Produktpiraterie, S.288, m.w.N.; Schricker-Haß, Urheberrecht, vor § 106 UrhG Rn. 3 u. § 110 UrhG Rn. 2; Sieber, FS-Spendel, S. 764f. 676 Zur Rechtslage im Ausland: Lang, S. 1 ff.; Schlosser, S. 599ff. 67 7 Dierck/Lehmann, S.543; Heischel/Benner, S.258; Lehmann, CR 1992, S.328; Meier/ Böhm, S. 167; Peters, S.501; Schlosser, S.604; Sieber, FS-Spendel, S. 760ff. 67 8 Schlosser, S.604; ähnlich: Meier/Böhm, S. 167. 669

Η. Funktionalisierung des strafrechtlichen Schutzes

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zess verzichtet. 679 Auch die äußerst geringe Zahl veröffentlichter Entscheidungen zu § 101 a Abs. 3 UrhG 680 zeigt meines Erachtens, dass die Verletzten eine strafrechtliche Vorgehensweise einer einstweiligen Verfügung vorziehen. So geht es dem Verletzten zumeist auch in Urheberrechtsstrafverfahren in erster Linie gar nicht um eine Bestrafung des Täters als vielmehr darum, auf Staatskosten den Sachverhalt feststellen zu lassen, um Unterlagen für einen Zivilprozess zu gewinnen; nicht selten wird der Strafantrag nach Aufklärung des Sachverhalts zurückgezogen.681 Aufgrund dieser Tatsache hat Haß 682 das Urheberstrafrecht gar als „Magd" des Zivilrechts bezeichnet. Die Beurteilung dieser Praxis in Deutschland ist unterschiedlich: Sie wird teilweise abgelehnt683, teilweise begrüßt. 684 Teilweise wird die Sicherstellung durch die Polizei völlig unproblematisch als „wirkungsvoller" 685 , eine überraschende Durchsuchungsaktion der Ermittlungsbehörden als „das beste Mittel zur Überwindung von Beweisschwierigkeiten" bezeichnet.686 Ich möchte auf die Frage unten687 zurückkommen. Abgesehen von dieser systematischen Ausnutzung des Strafrechts zur Auskunftserlangung, kann die Akteneinsicht nach §406 e StPO auch zur Aufdeckung von Missbrauchsfällen dienen: So berichtet v. Gravenreuth m, die Geschäftsführerin einer GmbH habe im zivilrechtlichen Abmahnungsverfahren versucht, sich durch die Behauptung vom Tatbestandsvorwurf zu befreien, die Auslieferung des Raubdrucks sei durch eine „nichtautorisierte Aushilfskraft" erfolgt; dagegen sei bei der Akteneinsicht im Zuge des Strafverfahrens eine notariell beglaubigte Unterschrift der Geschäftsführerin entdeckt worden, die das Gegenteil belegte.

II. Funktionalisierung zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche Außer zur Auskunftserlangung wird das Strafrecht auch benutzt, um den Beschuldigten durch Drohung mit Strafverfahren und Strafantrag 689 oder mittels des 679

Vgl.: Spautz, FuR 1978, S.748. Vgl.: KG GRUR 1997, 129; Schricker-Wild, Urheberrecht, § 101 a UrhG Rn. 1 ff. 681 Koewius S.51, m.w.N.; ähnlich: Meier/Böhm, S. 167; Schulze-Heiming, S. 154. 682 Haß, Rechtsschutz, Rn.66. 683 Meier/Böhm, S. 167. 684 Lehmann, CR 1992, S.328; wohl auch: Sieber, FS-Spendel, S.760ff. 685 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.V. 686 Sieber, BB 1981, S. 1550 u. S. 1556. 687 Zu funktionalen Strafzwecken: Kap. 10 D.III. 688 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 108. 689 Flechsig, AfP 1978, S.20u. GRUR 1978, S.291 f.; zur Zulässigkeit der Drohung mit dem Antrag: Tröndle/Fischer, §253 StGB Rn. 14, m.w.N. 680

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9. Kap.: Rechtstatsachen

Angebots der Rücknahme des Antrags dazu zu bewegen, zivilrechtlich Schadensersatz zu leisten.690 Vor dieser Praxis wird fast einhellig gewarnt: So meint Weber- 691, die strafprozessualen Ermittlungsorgane fühlten sich - mit der Folge des schrittweisen Nachlassens der Verfolgungsintensität - missbraucht, wenn nach staatlicher Ermittlung der Täter und des Schadensumfangs der Strafantrag zurückgenommen und nur noch ein privater Ausgleich mit dem Verletzer gesucht wird. Lampe fürchtet eine Belastung der Strafrechtspflege und eine Beeinträchtigung des allgemeinen Rechtsgehorsams, wenn das Verfahren allein in der Absicht eingeleitet wird, es alsbald nach der Leistung eines Schadensersatzes wieder einzustellen.692 Naucke m ist der Ansicht, Strafanträge könnten rechtsmissbräuchlich 694 eingesetzt werden, um ein neben dem Strafrecht bereitstehendes zivilrechtliches Instrumentarium zu umgehen und das Strafrecht somit zu instrumentalisieren. Auch Rochlitz 695 bemerkt, das Urheberstrafrecht werde zu Unrecht als Druckmittel zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche angesehen. Ich halte strafrechtlichen Druck zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche für weniger verwerflich als die zuvor zitierten Autoren. Immerhin hat der Gesetzgeber das strafrechtliche Instrumentarium bereitgestellt. Zudem besteht, anders als im Falle der Funktionalisierung zur Auskunftserlangung, nicht das Problem der Konkurrenz zu zivilprozessualen Regelungen. Bork 696 weist darauf hin, der Verletzte habe wegen der Ausgestaltung der §§106 bis 108 UrhG als relatives Antragsdelikt unter Umständen keine Möglichkeit, das Verfahren nach erfolgreichen Vergleichs Verhandlungen zu stoppen. Ich halte eine Beendigung des Verfahrens durch eine rückwirkende 697 Lizenzerteilung stets für möglich.

I I I . Funktionalisierung zur Gefahrenabwehr Einer Formulierung v. Gravenreuths m, wonach das Strafrecht der Vermeidung größeren Schadens durch schnellen Zugriff der Polizei diene, möchte ich entneh690 Ähnlich: Flechsig, AfP 1978, S.20 u. GRUR 1978, S.291 f.; Haß, Rechtsschutz, Rn.66; Koewius S. 51, m. w. N.; Meier/Böhm, S. 167. 691 Weber, Wesen, S. 59. 692 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 119. 693 Naucke, S. 565 f. 694 Zum Rechtsmissbrauch bei Strafanträgen: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 140; Naucke, S. 565 ff.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 76f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 375; ausführlich: Artkämper, S. 275 ff. 695 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 138. 696 Bork, S. 1667. 697 Zur Rückwirkung der Einwilligung: Kap. 2 F. III. 698 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.V.

Η. Funktionalisierung des strafrechtlichen Schutzes

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men, dass ν. Gravenreuth das Strafrecht auch zur Gefahrenabwehr einsetzen will. Ich halte dies sachlich für verfehlt. Denn die Polizei greift bei Eilbedürftigkeit auch zum Schutz zivilrechtlicher Rechtsgüter ein. Ein besonderer strafrechtlicher Schutz ist nicht erforderlich.

Kapitel 10

Rechtspolitische Überlegungen Ich werde zunächst untersuchen, ob eine Verpflichtung zum strafrechtlichen Schutz besteht (A) 1 , danach die Alternativen zum strafrechtlichen Schutz (B) 2 und die Nachteile des Strafrechts in der Praxis (C) 3 darstellen. I m Anschluss möchte ich Aspekte der Strafzwecklehre auf das Urheberrecht anwenden (D) 4 und auf Reformvorschläge anderer Autoren eingehen (E) 5 . M i t einem Ausblick schließe ich die Arbeit (F) 6 .

A. Verpflichtungen zum strafrechtlichen Schutz Eine Verpflichtung zu strafrechtlichem Schutz kann zum einen aus internationalen Abkommen (I) 7 , zum andern aus der Verfassung (II) 8 folgen.

I. Verpflichtungen in internationalen Abkommen Die einzige Verpflichtung durch internationale Abkommen zu strafrechtlichem Schutz geistigen Eigentums findet sich in Art. 61 TRIPS-Abkommen 9 : Die Mitglieder sehen Strafverfahren und Strafen vor, die zumindest bei vorsätzlicher Nachahmung von Markenwaren oder vorsätzlicher unerlaubter Herstellung urheberrechtlich geschützter Waren in gewerbsmäßigem Umfang Anwendung finden. Die vorgesehenen Sanktionen umfassen zur Abschreckung ausreichende Haft- und/oder Geldstrafen entsprechend dem Strafmaß, das auf entsprechend schwere Straftaten anwendbar ist. In geeigneten Fällen umfassen die vorzusehenden Sanktionen auch die Beschlagnahme, die Einziehung und die Vernichtung der rechtsverletzenden Waren und allen Materials und aller Werkzeuge, die überwiegend dazu verwendet wurden, die Straftat zu begehen. Die Mitglieder können Strafverfahren und Strafen für andere Fälle der Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Zur Verpflichtung zum strafrechtlichen Schutz: Kap. 10 A. Zu den Alternativen: Kap. 10 Β. Zu den Nachteilen des Strafrechts: Kap. IOC. Zur Strafzwecklehre: Kap. 10 D. Zu den Reform Vorschlägen: Kap. 10 E. Zum Ausblick: Kap. 10 F. Zur Frage der Verpflichtung in internationalen Abkommen: Kap. 10 Α. I. Zur Frage der verfassungsrechtlichen Beschränkung: Kap. 10 A.II. Zum Abkommen: Kober , S. 11; Reinbothe, GRUR Int. 1992, S. 707 ff.

Α. Verpflichtungen zum strafrechtlichen Schutz

495

vorsehen, insbesondere wenn die Handlungen vorsätzlich und in gewerbsmäßigem Umfang begangen werden.

Der englische Originaltext spricht von einer Verpflichtung zu strafrechtlichem Schutz bei „Copyright piracy on a commercial scale Ein sachlicher Unterschied zur gewerbsmäßigen Begehung i. S. v. § 108 a UrhG dürfte insofern kaum bestehen. Von Bedeutung ist ferner, dass Art. 61 TRIPS-Abkommen nur die Herstellung von Waren erfasst. Eine Verpflichtung zum strafrechtlichen Schutz im Falle anderer Verwertungshandlungen besteht nicht.

II. Verfassungsrechtliche Verpflichtung Manche Autoren 10 wollen der verfassungsrechtlichen Garantie des geistigen Eigentums in Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG eine verfassungsrechtliche Verpflichtung zum strafrechtlichen Schutz entnehmen. Das Grundrecht gebiete es, Verletzungen des Rechtsguts mit der gleichen Strafe zu bedrohen wie den Sachdiebstahl nach § 242 StGB, also mit einer bis zu 5 Jahren reichenden Freiheitsstrafe. Andere Autoren hingegen lehnen eine solche Verpflichtung völlig ab11 oder melden wegen der Wesensunterschiede von Sacheigentum und geistigem Eigentum Bedenken an12. So hält Weber 13 den Gedanken der Gleichstufigkeit des Strafrechtsschutzes mit dessen Ultima-Ratio-Funktion für unvereinbar. Sternberg-Lieben 14 weist darauf hin, dass bereits zweifelhaft sei, ob aus dem Grundrechtsteil des Grundgesetzes überhaupt Pönalisierungsgebote herzuleiten seien15. Jedenfalls könne aus den vom BVerfG 16 teilweise geforderten Pönalisierungsgeboten im Falle einer Bedrohung des Rechtsguts „Leben" wegen der besonderen Qualität dieses Rechtsguts nicht auf andere Bereiche geschlossen werden. Auch habe das BVerfG selbst dem Gesetzgeber einen Entscheidungsspielraum eingeräumt und lediglich wirksamen Schutz gefordert. Weber 17 schließlich weist darauf hin, dass dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Strafrahmen ein noch weiterreichendes Ermessen eingeräumt sei als bei der Entscheidung der Frage 18, ob er hochrangige Rechtsgüter überhaupt mit den Mitteln des Strafrechts schützen soll. 10 Flechsig , AfP 1978, S. 19 u. FuR 1980, S.349 u. GRUR 1978, S.290 [zu Leistungsschutzrechten] u. Rechtspolitische Überlegungen, S.23 u. ZRP 1980, S.316 u. in: Roeber , S.394; Hubmann, Rechtsprechung, S.20; Sieg , Das unzulässige Anbringen, S. 124; Wahl, Wirtschaftskriminalität, S.286. 11 Weber, , FS-Sarstedt, S.382ff. u. FuR 1980, S.336 u. Wesen, S.60. 12 BT-Drucks. 11/4792, S.23; Roellecke, in: Roeber , S.394. 13 Weber, FuR 1980, S.339. 14 Sternberg-Lieben , Musikdiebstahl, S. 137f.; lehrreich: Leutheusser-Schnarrenberger, S. 89 f. 15 Ablehnend insofern: Roellecke, in: Roeber, S.394. 16 BVerfGE 39,1. 17 Weber, Wesen, S. 60. 18 Dazu: BVerfGE 27,18,30; 37,201,212; 39,1; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 125.

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

Meines Erachtens wird von allen Autoren bei der Diskussion um die Verpflichtung zu strafrechtlichem Schutz die einschlägige Vorschrift des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG übersehen. Danach kann der Schutzbereich der Eigentumsgarantie durch Gesetz bestimmt werden. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung zu strafrechtlichem Schutz ist somit von vornherein ausgeschlossen. Dass das BVerfG beim Rechtsgut „Leben" anders entschieden hat, wird man darauf zurückführen müssen, dass dort die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG tangiert wird, deren Schutz S. 2 der Vorschrift gebietet. Beim geistigen Eigentum ist die Sachlage sicherlich nicht vergleichbar. Zu Recht stellt Sternberg-Lieben 19 fest, dass die Forderung nach strafrechtlichem Schutz auch nicht aus dem Gleichheitssatz abgeleitet werden kann. Denn abgesehen davon, dass das Strafrecht ohnehin fragmentarisch ist 20 , greift Art. 3 GG nur dann, wenn kein sachlicher Differenzierungsgrund vorliegt. Die betroffenen Rechtsgüter aber weisen erhebliche Unterschiede auf.

B. Alternativen zum strafrechtlichen Schutz Als Alternative zum urheberstrafrechtlichen Schutz kommen Selbsthilfe der Betroffenen (I) 21 , Aufklärungskampagnen (II) 22 , das Zivilrecht (III) 23 , das Verwaltungsrecht (IV) 24 , das Steuerrecht (V) 25 und das Ordnungswidrigkeitenrecht (VI) 2 6 in Betracht.

I. Möglichkeiten der Selbsthilfe der Betroffenen Die Möglichkeiten der Selbsthilfe gegen Verletzungen ihrer Urheberrechte durch die Betroffenen halten sich in engen Grenzen. Zum Bereich des Musikdiebstahls sind insofern eine Reihe von Vorschlägen gemacht worden: So hält Rochlitz 27 einen Rahmenvertrags der GEMA mit den Inhabern der Fertigungsstätten von Tonträgern für denkbar, wodurch ein Kontrollrecht eingeräumt und der jederzeitige Zutritt gesichert werden könnte. Roellecke 28 hofft, Nachweise könnten dadurch erleichtert werden, dass Werkträger von der Branche 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28

Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 138f.; im Ergebnis auch: Weber, Wesen, S.60. Hierzu ausführlich: Weber, FuR 1980, S.339f. u. FS-Sarstedt, S.387. Zur Möglichkeit der Selbsthilfe: Kap. 10 Β. I. Zu Aufklärungskampagnen: Kap. 10 B.II. Zum Zivilrecht: Kap. 10 B.III. Zum Verwaltungsrecht: Kap. 10 B.IV. Zum Steuerrecht: Kap. 10 Β. V. Zum Ordnungswidrigkeitenrecht: Kap. 10 B. VI. Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.28. Roellecke, in: Roeber, S.394.

Β. Alternativen zum strafrechtlichen Schutz

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mit bestimmten Erkennungsmerkmalen versehen werden. Schaefer/Körfer 29 schließlich berichten von Anstrengungen der Industrie, durch Codierung Herkunftsangaben auf Tonträgern zu speichern, um dadurch den Vertriebsweg zurückverfolgen zu können. Sternberg-Lieben 30 hat sich ausführlicher mit den Möglichkeiten von Selbsthilfe beschäftigt: Er gelangt zum Ergebnis, dass zumindest die hochwertig ausgerüsteten Täter in der Lage sein dürften, die Schutzvorrichtungen durch Fälschung zu umgehen. Zudem könnte allenfalls die letzte Handelsstufe überwacht werden, während ein Vordringen zu den Hinterleuten kaum möglich sei. Außerdem bestehe keine Klarheit darüber, ob Schutzmaßnahmen ohne wesentliche Verteuerung der Produkte einführbar wären und ob der Einsatz entsprechender Prüfapparaturen beim Einzelhandel rechtlich und tatsächlich erzwingbar wäre. Sternberg-Lieben hält eine Preiskalkulation oder eine Warenqualität, die die Fälschung der Produkte zu einem weniger einträglichen Geschäft macht, für die einzig effektive Selbstschutzmaßnahme. Ferner meldet er grundsätzliche Bedenken an, allein wegen möglicher Selbstschutzmaßnahmen der Geschädigten auf den Einsatz des Strafrechts zu verzichten. Denn auch im Kernstrafrecht würden Rechtsgüter strafrechtlich geschützt, obwohl die Betroffenen sich durch Selbsthilfe wehren könnten. Ähnlich wie im Musikbereich stellt sich die Sachlage bei der Softwarepiraterie dar. Mit Blick auf die praktischen Erfahrungen der vergangenen Jahre muss auch hier davon ausgegangen werden, dass Kopiersperren 31 nur eine geringe Sperrwirkung besitzen.32 Ich halte Selbsthilfe durch Kopiersperren, Erkennungsmerkmale oder Codierung nicht für ein probates Mittel zur Verhinderung von Produktpiraterie. In den wirklich gravierenden Fällen nämlich wird den Tätern auch die Überwindung der Mechanismen oder Fälschung der Kennzeichen möglich sein. Zwar bleibt der Vorteil, dass hiermit eine Verteuerung für die Fälscher und damit eine geringere Attraktivität der kriminellen Tätigkeit verbunden ist. Doch müssen auch rechtmäßige Hersteller der Produkte und deren Verbraucher zusätzliche Kosten tragen.

II. Möglichkeiten der Bekämpfung durch Aufklärungskampagnen Mehrere Autoren 33 schlagen zur Bekämpfung von Produktpiraterie Aufklärungskampagnen vor. Hierdurch könne über die negativen Auswirkungen der Piraterie 29

Dazu: Schaefer/Körfer , S.28. Sternberg-Lieben , Musikdiebstahl, S. 140 f. 31 Zum zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen Programme, die Kopiersperren überwinden: v. Gravenreuth , GRUR 1985, S. 504ff. 32 Ebenso schon: v. Gravenreuth , BB 1983, S. 1742; Maruhn , S.261 ff.; a. A. aber: LG Münster CR 1989, 928; AG Rheine CR 1989, 927. 33 Flechsig , FuR 1980, S. 349 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.22 u. Vorwort, S.7; Hentschel , FuR 1982, S.238 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 13; Movsessian/Seifert , S.312; 30

32 Hildebrandt

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

aufgeklärt 34 und Problembewusstsein geweckt werden 35. Hentschel 36 erhofft sich eine spezialpräventive Wirkung. Weber 37 fordert zur Bekämpfung der Softwarepiraterie Aufklärungskampagnen in den Schulen. Auch ich halte Aufklärungskampagnen grundsätzlich für einen sinnvollen Weg, Piraterieformen zu begegnen. Eine Vielzahl von Taten wird sich hierdurch verhindern lassen. Andererseits stoßen derartige Kampagnen auch auf Grenzen: So werden sich weder gewerblich arbeitende Täter kaum abschrecken lassen, noch wird es möglich sein, übermäßigen strafrechtlichen Schutz oder überzogene Preise durchzusetzen.

III. Schutzmöglichkeiten durch das Zivilrecht Mit Blick auf den Ultima-Ratio-Grundsatz, wonach das Strafrecht nur letztes Mittel sein darf, 38 besteht grundsätzlich Einigkeit, dass strafrechtlicher Schutz nur dann notwendig ist, wenn die Mittel des Zivilrechts nicht ausreichen.39 Dagegen ist, wie die Parallele beim Sacheigentum zeigt, allein die Existenz eines detaillierten zivilrechtlichen Schutzes wegen der unterschiedlichen Schutzrichtung beider Rechtsgebiete kein Grund für den Verzicht auf strafrechtlichen Schutz.40 Nicht zuletzt bietet das Zivilrecht dem Verletzten auch wesentliche Vorteile: So muss kein Vorsatz nachgewiesen werden und es dürfen Analogien gebildet werden 41 Nachdem ich die Lücken beschrieben habe, die im zivilrechtlichen Schutz beklagt werden (l) 4 2 , erörtere ich die Möglichkeit eines Ausgleichs dieser Lücken durch Auskunftsansprüche (2) 43 , durch Schadensersatzansprüche in abschreckender Höhe {2>) u und mittels einer Formalisierung des urheberrechtlichen Schutzes durch Einführung eines Registers (4) 45 . Nick, FuR 1980, S. 388 u. Musikdiebstahl, S.67; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.65 u. JZ 1993, S.107. 34 Movsessian/Seifert, S.312; ähnlich: Nick, FuR 1980, S.388. 35 Nick, Musikdiebstahl, S.67. 36 Hentschel, FuR 1982, S.238 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 13. 37 Weber, JZ 1993, S. 107. 38 Franzheim, CR 1993, S. 102 u. NJW-CoR 1994, S. 161; v. Gravenreuth, GRUR 1983, S. 353; Kann, S. 129; Kreile, Tonträgerpiraterie, S.9; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 118; Letzgus, S.289;Meier, S.664;Movsessian/Seifert, S.310f.; Roxin, Strafrecht, §2, Rn.38ff. u. JuS 1966, S. 382; Spautz, ZUM 1990, S. 167; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 125 u. S. 140; Weber, FS-Sarstedt, S.384 u. FuR 1980, S.339 u. S.344 u. Handwörterbuch, S.7; einschränkend: Jakobs, 2. Abschn. Rn.26. 39 So ausdrücklich: Kann, S. 128f.; Peters, S.502f. 40 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.424. 41 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 565. 42 Zu den Lücken im zivilrechtlichen Schutz: Kap. 10 B.III. 1. 43 Zum Ausgleich durch Auskunftsansprüche: Kap. 10 B.III.2. 44 Zum Ausgleich durch punitive damages : Kap. 10 Β. III. 3. 45 Zur Einführung eines Registers: Kap. 10 B.III.4.

Β. Alternativen zum strafrechtlichen Schutz

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1. Lücken im zivilrechtlichen Schutz Fast alle Autoren 46 sind der Auffassung, der zivilrechtliche Schutz genüge im Urheberrecht nicht. Verschiedene Defizite werden aufgeführt: Zunächst fehlen dem Verletzten in vielen Fällen die notwendigen Informationen zur Durchführung eines Zivilprozesses.47 So sei es dem Verletzten häufig aus eigener Kraft unmöglich, den Täter zu ermitteln. 48 Ein Prozess aber kann ohne hinreichende Sicherheit, den richtigen Beklagten zu benennen, nicht angestrengt werden.49 Auch der Umfang der Verletzungshandlung ist häufig unklar. 50 Der zivilrechtliche Anspruch aber bezieht sich auf ganz bestimmte, vom Verletzten gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu benennende Vervielfältigungsstücke. 51 Häufig aber ist der gesamte Umfang der Verletzungshandlung nicht ohne weiteres feststellbar. 52 Dies gilt auch dann, wenn der Verdacht besteht, dass noch weit höhere Stückzahlen gefälscht wurden. 53 Inwieweit Auskunftsansprüche hier Abhilfe verschaffen können, wird unten54 zu erörtern sein. Weiterhin wird gerügt, dem zivilrechtlichen Schutz fehle das abschreckende Element. Insbesondere professionelle Täter ließen sich mit den Mitteln des Zivilrechts nicht von ihrem Tun abhalten.55 Auf die Frage, ob hier in Anlehnung an punitive damages des amerikanischen Rechts eine Korrektur durch Schadensersatzansprüche möglich ist, werde ich unten56 eingehen. 46 Flechsig , UFITA 84 (1979), S.357 u. Vorwort, S.7; Kann , S. 130; Katzenberger , GRUR 1982, S.716; Rochlitz , FuR 1980, S.356 u. S.359 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.55; Sternberg-Lieben , Musikdiebstahl, S. 141 f. u. S. 159; Tielke , Taschenbuch, S.28 u. S.37; Weber , Handwörterbuch, S. 1; a. Α.: Burger , S. 801; einschränkend: Dähn, S. 134. 47 Brandi-Dohrn , CR 1987, S. 837; Gentz , UFITA 70 (1974), S.27; v. Gravenreuth , FuR 1984, S. 134; Rochlitz , FuR 1980, S.355 f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S.44. 48 Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S. 86; Sieber , BB 1981, S. 1550; Spautz , FuR 1978, S.97; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.3 u. S.426 u. FS-Sarstedt, S.384u. FuR 1980, S.340 u. JZ 1993, S. 107. 49 Movsessian/Seifert , S. 298; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 3; vgl. dazu: BGH GRUR 1990, 353 („Raubkopien"). 50 Sieber, BB 1981, S. 1550. 51 Kann, S. 129; Nick, Musikdiebstahl, S.52f.; Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S.59 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.42 ff. u. FuR 1980, S.355 f., mit Nachweis zu unveröffentlichter Rspr.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 141 f.; Tielke, Die Ermittlung, S. 34 u. S. 37. 52 Tielke, Die Ermittlung, S. 34 u. S. 37. 53 Ausführlich: Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S.59 u. FuR 1980, S.355 f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 42ff.; auch: Kann, S. 129; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 142. 54 Zur Möglichkeit des Ausgleichs durch Auskunftsansprüche: Kap. 10 B.III.2. 55 Kann, S. 129; Kreile, FS-Roeber, S.253; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 119; Müller-Gugenberger, § 45 Rn. 113, Fn. 110; Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S. 3 u. S. 59 u. S. 61 f. u. FuR 1980, S. 356 u. S. 359; ähnlich: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. V; vgl. auch die Beispiele bei: Nick, FuR 1980, S.388f. u. Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.24. 56 Zum Ausgleich durch punitive damages : Kap. 10 Β. III. 3.

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

Ferner erweist sich das Zivilrecht in den Fällen als untauglich, in denen kein Vermögen vorhanden ist, in das vollstreckt werden kann.57 So wird berichtet, die Täter seien häufig zahlungsunfähig 58 oder hätten ihr Vermögen im Ausland in Sicherheit gebracht59. Sternberg-Lieben 60 führt aus, gerade der verschuldensunabhängige Vernichtungsanspruch aus § 98 UrhG sei häufig nicht vollstreckbar, da die Ware bereits an den Lieferanten zurückgeführt wurde. Sieber 61 weist darauf hin, dass manche Ansprüche wegen fehlender Sachkenntnis der Gerichtsvollzieher in Spezialbereichen kaum vollstreckbar seien. Zusätzlich wird beklagt, dass zivilrechtliche Ansprüche oft aus praktischen Gründen nicht durchsetzbar seien. So könne gegenüber Markthändlern, die häufig den Standort wechselten, kaum ein erfolgreicher Prozess durchgeführt werden. 62 Auch könne sich der Täter zivilrechtlichen Ansprüchen durch Umzug, Änderung der Firmenbezeichnung, Einschaltung von Strohmännern oder Verlegung in andere europäische Länder entziehen.63 Besonders schwer sei es, zivilrechtliche Ansprüche gegen Täter, die im Ausland agieren, durchzusetzen.64 Selbst ein erwirkter persönlicher Arrest nach § 918 ZPO helfe nicht viel, da er in die an den deutschen Grenzen befindlichen Fahndungsbücher nicht eingetragen werde. 65 Außerdem gelinge mit den Mitteln des Zivilrechts nur selten der Durchgriff zu den Hintermännern. 66 Denn häufig sind die Vertriebswege recht unübersichtlich 67 oder es können beim Beschuldigten keine entsprechenden Unterlagen gefunden werden 68. Die Händler gäben häufig ihre Vorlieferanten nicht bekannt69, um nicht ihre Belieferungsquelle zu verlieren oder weil sie um ihre körperliche Unversehrtheit und materielle Existenz fürchteten. 70 Im Strafverfahren dagegen seien sie eher bereit, durch Preisgabe ihrer Lieferanten ihre eigene Gutgläubigkeit unter Beweis zu stellen.71 57 Kann, S.129; Movsessian/Seifert, S.298; W. Nordemann, NStZ 1982, S.373; Spautz, FuR 1978, S.97; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.3 u. Handwörterbuch, S. 1. 58 Movsessian/Seifert, S. 298; W Nordemann, NStZ 1982, S. 373; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.3 u. Handwörterbuch, S. 1. 59 Kann, S. 129. 60 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 141. 61 Sieber, BB 1981, S. 1550. 62 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.34; ähnlich: Kann, S. 129. 63 W. Nordemann, NStZ 1982, S.373. 64 v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.349; Kann, S. 129; W Nordemann, NStZ 1982, S.373. 65 v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1743 u. GRUR 1983, S.349; W Nordemann, NStZ 1982, S.373. 66 BT-Drucks. 11/4792, S. 17; Kann, S. 129; ausführlich: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.60ff. u. FuR 1980, S.355 f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S.44; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 141 f. 67 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 142, Fn. 13. 68 Lesenswert: Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 163 f. 69 Gentz, UFITA 70 (1974), S.27. 70 Rochlitz, FuR 1980, S.355 f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S.44. 71 Rochlitz, FuR 1980, S.356 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.45.

Β. Alternativen zum strafrechtlichen Schutz

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Ferner wird bemängelt, dass die Kosten der zivilrechtlichen Rechtsverfolgung für die Verletzten oft nicht zu tragen seien.72 Gerade ein Vorgehen gegen Kleintäter im Bereich der Massendelikte sei relativ umständlich und teuer.73 Teilweise seien Laboruntersuchungen erforderlich, um die Fälschungen als solche zu identifizieren. 74 Schließlich fehle es meist an den erforderlichen Kontrollmöglichkeiten. 75 Ich halte diese Argumentation nur bedingt für zutreffend: Denn zum einen können sich die Verletzten durch Verwertungsgesellschaften oder Interessenverbände vertreten lassen, zum anderen steht das Institut der Prozesskostenhilfe bereit. Viele Autoren ziehen den Schutz durch das Strafrecht dem zivilrechtlichen Schutz vor, weil sie den Zugriff der Polizei für effektiver halten.76 Denn trotz der Möglichkeiten, die eine Sicherung des Anspruchs aus § 98 UrhG durch einstweilige Verfügung bietet,77 sei eine Sicherstellung durch die Polizei wirkungsvoller als zivilrechtliche Maßnahmen78. Der Staatsanwaltschaft sei es möglich, die Ermittlungen rascher und mit größerem Nachdruck durchführen als dem Zivilrichter. 79 Nur den Strafverfolgungsbehörden stünden die strafprozessualen Maßnahmen der Durchsuchung von Wohnungen und Geschäftsräumen, die Beschlagnahme80 und der Haftbefehl 81 zur Verfügung. Ohne eine Beschlagnahme aber sei häufig nicht feststellbar, dass es sich bei Vervielfältigungsstücken um Raubkopien handelt.82 Schließlich erfolge im Falle einer zivilrechtlichen Verurteilung, anders als bei bestimmten strafrechtlichen Verurteilungen 83, keine Mitteilungen an die Zollbehörden, so dass das Strafrecht einen besseren Informationsfluss und bessere Kontrollen betroffener Unternehmen ermögliche. 84

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Spautz , FuR 1978, S. 748. Kober, S.6. 74 Sternberg-Lieben , Musikdiebstahl, S. 141, Fn. 10. 75 Spautz , FuR 1978, S. 748. 76 So: v. Gravenreuth , Das Plagiat, S. V; Kann , S. 131; Kober , S.6; W Nordemann, NStZ 1982, S.373; Sieber, BB 1981, S. 1550 u. S. 1556; Sternberg-Lieben , Musikdiebstahl, S. 141 f. u. S. 159f.; Tielke , Die Ermittlung, S.37; Walter , FuR 1980, S.363 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.63; Weber, Handwörterbuch, S. 1 u. JZ 1993, S. 107 u. Wesen, S.59; vgl. auch: Schlosser, S.604 ff. 77 Hierzu: v. Gravenreuth, FuR 1984, S. 134. 78 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. V; Tielke, Die Ermittlung, S.37. 79 W Nordemann, NStZ 1982, S.373. 80 Kann, S. 131; Kober, S.6; W Nordemann, NStZ 1982, S.373; Sieber , BB 1981, S. 1550 u. S. 1556; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 141 f. u. S. 159f.; Walter, FuR 1980, S.363 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.63; Weber, Handwörterbuch, S. 1 u. JZ 1993, S. 107 u. Wesen, S. 59; auch: Rochlitz , FuR 1980, S. 356. 81 W. Nordemann, NStZ 1982, S.373. 82 Tielke, Die Ermittlung, S.37; Weber, Wesen, S.59. 83 Vgl.: RiStBV Nr. 266. 84 Kann, S. 130. 73

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

2. Ausgleich durch Auskunftsansprüche Zweierlei Arten von Auskunftsansprüchen 85 möchte ich hier ausklammern: zum einen Auskunftsansprüche in Form der sogenannten sekundären Behauptungslast, bei denen es sich nicht um materiellrechtliche Ansprüche handelt;86 zum anderen Ansprüche aus § 809 BGB, der allenfalls in Ausnahmefällen einschlägig ist 87 . Als Anspruchsgrundlagen für Auskunftsansprüche kommen im Bereich des Urheberrechts hingegen vor allem § 242 BGB und § 101 a UrhG in Betracht. Beim Anspruch aus § 242 BGB besteht die Besonderheit, dass dieser nur in den Fällen gegeben ist, in denen zugleich ein Schadensersatzverfahren gegen den zur Auskunft Verpflichteten betrieben wird. 88 Die Ansprüche auf Besichtigung89 und der Auskunftsanspruch 90 können grundsätzlich auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden. Der Auskunftsanspruch ist an vier Voraussetzungen geknüpft 91: Erstens muss der Berechtigte in entschuldbarer Weise über den Umfang seiner Rechte im Ungewissen sein; zweitens muss er sich die Informationen nicht in zumutbarer Weise selbst beschaffen können; drittens muss der Verpflichtete sie unschwer geben können; viertens schließlich muss feststehen, dass eine rechtliche Sonderbeziehung zwischen Anspruchsteller und Anspruchsgegner besteht. Besteht eine derartige rechtliche Sonderbeziehung, darf sogar über dieses Verhältnis hinaus Auskunft verlangt werden. 92 Auch genügt es, wenn zwischen den Beteiligten vorher einmal ein derartiges Sonderverhältnis bestanden hat oder wenn es unabhängig vom begehrten Auskunftsanspruch besteht.93 Die Vorschrift des § 101 a UrhG 94 , die zu einer wesentlichen Erweiterung der bestehenden Auskunftsansprüche führte, wurde im Jahr 1990 durch das Produktpirateriegesetz95 eingefügt. Sinn der Bestimmung ist es vor allem, Aufschluss über Herkunft und Vertriebs weg schutzrechts verletzender Produkte zu ermöglichen. 96 85

Umfassend zu Auskunftsansprüchen: Oppermann, S.5 ff. Schlosser, S. 604 f. 87 Brandi-Dohrn, CR 1987, S. 835 ff.; vgl. auch: Palandt-Thomas, § 809 BGB, Rn. 1 ; zum patentrechtlichen Bereich vgl.: BGHZ 93, 191 („Druckbalken"); ausführlicher: Cremer, S. 163f. 88 RG GRUR 1942, 79, 88; Baumbach/Hefermehl, UWG, Einl. Rn. 398 ff., m. w. N.; v. Gravenreuth, FuR 1984, S. 134; vgl. auch: Winter, GRUR 1981, S.786f. u. Markenartikel, S.395f. 89 BGH GRUR 1983, 745 („Geheimhaltungsinteresse und Besichtigungsanspruch II"); OLG Stuttgart NJW-RR 1986, 1448; Schlosser, S.607. 90 Schlosser, S.607; einschränkend: KG GRUR 1988, 404 („Auskunftserteilung"); skeptisch auch: Fromm/Nordemann-Nordemann, § 101 a UrhG Rn. 1, m. w. N. 91 BGH NJW-RR 1987, 1296; Schlosser, S.606. 92 BGH NJW 1986, 1244; Schlosser, S.606. 93 BGH NJW 1989, 389; Schlosser, S.606. 94 Dazu: BVerfG AfP 1999, 261; Cremer, S. 156; Eichmann, S. 575 ff.; Fromm/NordemannNordemann, § 101 a UrhG Rn. 1 ff.; Nordemann/Nordemann/Czychowski, S. 629f.; SchrickerWild, Urheberrecht, § 101 a UrhG Rn. 1 ff. 95 Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie vom 7.5.1990, BGB1.I, S.422. 96 Eichmann, S. 576. 86

Β. Alternativen zum strafrechtlichen Schutz

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Als Alternative zur strafrechtlichen Vorgehens weise ist insbesondere die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung nach § 101 a Abs. 3 UrhG von Interesse. Nach dieser Vorschrift kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft im Wege der einstweiligen Verfügung in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzungen angeordnet werden. Der Begriff der offensichtlichen Rechtsverletzung lässt sich kaum in einer bündigen Definition zusammenfassen. 97 Vielmehr soll dem Charakter der im Eilverfahren angeordneten Maßnahmen dadurch Rechnung getragen werden, dass die Möglichkeiten für eine Aufhebung der anordnenden Entscheidung möglichst gering gehalten werden.98 Eichmann 99 meint hierzu, das Gericht müsse keine Sicherheit für das Vorliegen einer Rechtsverletzung feststellen, sondern nur einen so hohen Grad an Wahrscheinlichkeit, wie das in der jeweils konkreten Situation vertretbar sei; hierbei sei die Schutzfähigkeit des Rechts, dessen Verletzung, Einwendungen und die Dringlichkeit zu prüfen. Nordemann , hält eine Rechtsverletzung dann für offensichtlich, wenn es sich um Raubdrucke oder Raubpressungen, Imitationen im Sinne der aus dem UWG bekannten sklavischen, bis ins Detail gehenden Nachahmungen oder solche Fälschungen handelt, die behaupten oder den Eindruck erwecken, das Original zu sein.100 Auch wenn die nach einer Abmahnung vorprozessual erteilte Auskunft nicht ernst gemeint, von vornherein unglaubhaft oder unvollständig ist, sei die Offensichtlichkeit zu bejahen.101 Grundsätzlich ist vor Erlass einer einstweiligen Verfügung eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Denn gewichtige Gründe gegen die Anberaumung eines Verhandlungstermins gibt es in der Regel nicht, da bei einer Auskunftsverfügung der Überraschungseffekt keine Rolle spielt und die Zustellung der Auskunftsverfügung keinerlei Beschlagnahmewirkung hat. 102 Eichmann 103 befürchtet, dass Auskunftsverpflichtete versuchen werden, die Durchsetzung des Anspruchs zu erschweren, zumal unbestimmte Rechtsbegriffe - wie „offensichtlich", „unverhältnismäßig" oder „unverzüglich" - und Unschärfen in den Gesetzgebungsmaterialien Anlass für unterschiedliche Auslegungen sein würden; erst die Zukunft könne zeigen, ob durch das Instrument der Drittauskunft der damit verfolgte Zweck im wünschenswerten Umfang erreicht wird. Schon vor der Einführung der Auskunftsansprüche nach § 101 a UrhG wurden von mehreren Autoren Möglichkeiten und Grenzen erweiterter zivilprozessualer Befugnisse erörtert. Als Vorbilder dienten insofern zivilprozessuale Regelungen im europäischen Ausland - vor allem die sogenannte Anton-Pillar-Order in Großbri97

Eichmann , S.585; zum Begriff auch: Tilmann , S. 1566. BT-Drucks. 11/4792, S.32; KG GRUR 1997, 129 („Verhüllter Reichstag II"); Cremer, S. 156; Eichmann, S.585. 99 Eichmann, S.585 ff. 100 Fromm/Nordemann-Nordemann, § 101 a UrhG Rn.4. 101 Fromm/Nordemann-Nordemann, § 101a UrhG Rn.4, unter Hinweis auf: BGHZ 125, 322, 326 („Cartier-Armreif ')· 102 Eichmann, S. 587. 103 Eichmann, S.591. 98

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tannien104 und die saisie-contrefa^on des französischen Patentrechts105. Wie derartige Befugnisse zu bewerten sind, ist bis heute umstritten. So meint Sternberg-Lieben106 zwar, ein besseres Vorgehen gegen Fälschungen würde ermöglicht; doch beeinträchtigten derartige Maßnahmen nicht nur potentielle Täter, sondern darüber hinaus alle Marktteilnehmer, so dass sich das Strafrecht als milderes Mittel erweise. Während Rochlitz 107 meint, auch nach Einführung derartiger Befugnisse könne auf das Strafrecht nicht verzichtet werden, sind andere 108 der Auffassung, das englische Beispiel zeige, dass der deutsche Strafrechtsschutz zu weit greift.

3. Ausgleich durch sogenannte Schadensersatzansprüche in abschreckender Höhe Zur Intensivierung einer abschreckenden Wirkung des Zivilrechts mag man an punitive damages nach amerikanischem Vorbild denken. Eine solche Forderung nach Einführung einer Schadensersatzhöhe, die abschreckende Wirkung entfaltet, ist gerade im Urheberrecht nicht abwegig. So tritt etwa Wild 109 für die Ausdehnung des Instituts des Verletzerzuschlags ein, der es bestimmten Verwertungsgesellschaften ermöglicht, ihre Verfolgungskosten auf Rechtsverletzer abzuwälzen.110 Auch eine Reihe von Gerichtsentscheidungen aus jüngerer Zeit versuchen, präventive Aspekte mit den Mitteln des Zivilrechts durchzusetzen. So fordert der EuGH 111 im Arbeitsrecht im Zusammenhang mit § 611 a Abs. 2 BGB eine abschreckende Wirkung von Geldstrafen. Auch soll es nach Ansicht des BGH 1 1 2 der Gedanke der Prävention gebieten, die Gewinnerzielung als Bemessensfaktor in die Entscheidung über die Höhe einer Geldentschädigung einzubeziehen, wenn ein Einbruch in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vorsätzlich mit dem Ziel der Auflagensteigerung eines Printmediums und der Gewinnerzielung erfolgt. Gleichwohl halte ich die Verfolgung präventiver Zwecke mit den Mitteln des Zivilrechts für problematisch." 3 Mit Blick auf die §§ 249ff. BGB könnte derzeit eine Ausdehnung derartiger Institute über den Bereich des Verletzerzuschlags und des Schmerzensgelds hinaus nur contra legem erfolgen. Überdies besteht die Gefahr, dass verfassungsrechtlich abgesicherte strafrechtliche und strafprozessuale Maxi104

Dazu: Davies/v. Rauscher, S. 84f. u. S. 190; Schlosser, S. 601 f. Dazu: Stauder, S.231 ff. 106 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 142. 107 Rochlitz, in: Roeber, S. 394. 108 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 161; ähnlich: Schlosser, S.604. 109 Schricker-Wild, Urheberrecht, §97 UrhG Rn.67ff., m.w.N. 110 Vgl. hierzu auch: Staudinger-Schäfer, §823 BGB Rn.560ff. 111 EuGH NJW 1997, S. 1840 Tz. 25. 112 BGHZ 128, 1 („Caroline von Monaco I"); zum Phänomen des Strafschadens: Stürner, S. 1201 ff. 113 Ebenso: Adomeit, NJW 1997, S.2295. 105

Β. Alternativen zum strafrechtlichen Schutz

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men unterlaufen werden. 114 Ferner stellen bereits die in den §§98, 99 UrhG geregelten Ansprüche auf Vernichtung oder Überlassung rechtswidrig hergestellter und zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmter Vervielfältigungsstücke und Vervielfältigungsvorrichtungen für den Täter zumeist ein recht spürbares strafähnliches Übel dar. 115 Bei Bagatellfällen genügt in der Regel das zivilrechtliche Verfahren ohnehin, da der Verletzer auch durch die anfallenden Kosten des Rechtsstreits empfindlich getroffen wird. 116

4. Formalisierung des Rechtsschutzes durch Einführung eines Registers Kann ul schlägt für den Bereich des Musikdiebstahls eine Formalisierung des Rechtsschutzes durch Einführung eines Registers auf internationaler Ebene vor. So könnten nicht nur die Schwierigkeiten vermieden werden, die Rechtsinhaberschaft festzustellen. Vor allem entfiele der Anreiz des Rechtsverletzers, sich mittels behaupteter Rechtsinhaberschaft herausreden zu wollen. Ferner könnten mit dem Katalog ein Index autorisierter Vertreiber von Tonträgern verbunden und die Händler verpflichtet werden, bei Geschäften den Index zu befragen. Ich halte einen derartigen Katalog nicht für sinnvoll, zumal die internationale Tendenz in die entgegengesetzte Richtung geht und bestehende Formvoraussetzungen des urheberrechtlichen Schutzes abgeschafft werden 118. Ein derartiges Register ist mit erheblichen Kosten verbunden. Auch zeigen sich die Schwierigkeiten, auf internationaler Ebene zu einheitlichen Regelungen zu kommen, schon beim Rom-Abkommen und den Versuchen, auf materiellrechtlicher Ebene eine einheitliche Sicherung der verwandten Schutzrechte zu erreichen. Schließlich wird durch eine Formalisierung die Gefahr von Handelsbeschränkungen und von wettbewerbsbeschränkenden Vertriebssystemen gefördert.

IV. Schutzmöglichkeiten durch das Verwaltungsrecht Verwaltungsrechtlicher Schutz kommt vor allem im Wege einer Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO in Betracht. 119 Hiermit hat sich Sternberg-Lieben m ausführlicher beschäftigt und kommt dabei zu dem zutreffenden Ergebnis, dass eine Anwendung des § 35 GewO allein keine hinreichende Bekämpfung des Musikdiebstahls ermöglicht, da eine Gewerbeuntersagung infolge strenger Voraussetzungen 114 115 116 1.7 1.8 119 120

Hirsch , S. 324ff.; Weber , Der strafrechtliche Schutz, S.399. Weber, Wesen, S.60. Rochlitz , Der strafrechtliche Schutz, S.205. Kann, S. 152ff. Vgl.: Rehbinder , Urheberrecht, Rn.481. Vgl.: Tielke, Taschenbuch, S.35. Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 142f.

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

nur in seltenen Ausnahmefällen statthaft ist. Nach § 35 GewO nämlich kann die weitere Ausübung eines Gewerbes untersagt werden, wenn der Gewerbetreibende keine Gewähr dafür bietet, sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß auszuüben121 und die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit erforderlich ist. Da das Verbot nach § 35 GewO eine Präventivmaßnahme darstellt, ist selbst bei Vorliegen einer Straftat eine Prognose der Verwaltungsbehörde erforderlich, inwieweit zukünftig ein unzuverlässiges Verhalten des Täters zu erwarten ist. Eine einzelne Straftat genügt insofern nur bei einiger Erheblichkeit, während bei kleineren Gesetzesverfehlungen eine Vielzahl von Verstößen erforderlich ist, aus denen auf einen Hang zur Nichtbeachtung geltender Vorschriften geschlossen werden kann.122 Dabei ist aufgrund des Gedankens der Spezialprävention eine Verurteilung nicht ausschließlich zu Lasten des Gewerbetreibenden zu berücksichtigen. 123 Schließlich setzt die Gewerbeuntersagung als äußerstes gewerberechtliches Mittel voraus, dass ein milderer Eingriff, etwa durch Auflagen, Kontrollen oder Abmahnungen, nicht ausreicht. 124 Die Möglichkeiten eines Vorgehens gegen Flohmärkte, auf denen illegale Vervielfältigungsstücke gehandelt werden, nach § 68 Abs. 1 i. V. m. § 69 a GewO hat Kann n5 untersucht. Im Ergebnis hält sie im Bereich des Musikdiebstahls ein Einschreiten sowohl gegen den Veranstalter von Flohmärkten als auch gegen den einzelnen Händler für sinnvoll und möglich. Dem Veranstalter könne über § 68 Abs. 1 i. V. m. § 69 a Abs. 2 GewO mittels einer Auflage verboten werden, Anbieter von Tonträgern auf ihren Märkten zum Verkauf zuzulassen. In Ausnahmefällen könne sogar die Untersagung eines solchen Marktes nach § 68 Abs. 1 i. V. m. § 69 a Abs. 1 Nr. 2 GewO möglich sein. Dem einzelnen Anbieter von Tonträgern könne nach § 70 a GewO die Teilnahme verboten werden, wenn davon ausgegangen werden kann, dass er die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Obwohl durch verwaltungsrechtliche Verbote der Überblick über die Umschlagplätze von Piraterieware und damit eine wesentliche Kontrollmöglichkeit verloren ginge, sei ein Verbot sinnvoll, weil es zu einer Verkleinerung des Absatzmarktes führe. Ich halte die Ausführungen Kanns in rechtlicher Hinsicht für unzutreffend. Denn allein die abstrakte Möglichkeit, dass auf einem Flohmarkt illegale Vervielfältigungsstücke vertrieben werden, indiziert weder die nach § 69 a Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 GewO erforderliche „erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung" noch die Unzuverlässigkeit des Veranstalters. Hierbei wird man vielmehr die gleichen strengen Maßstäbe anlegen müssen wie bei der Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO. Schließlich wird auch bei der Untersagung der Teilnahme nach § 70 a GewO Entsprechendes zu gelten haben. 121 122 123 124 125

Hierzu: BVerwGE 24, 38, 41. So auch: Tettinger/Wank-Tettinger, § 35 GewO, Rn. 36, m. w. N. BVerwG GewA 1967, 166, 167. Tettinger/Wank-Tettinger, §35 GewO, Rn. 114, m.w.N. Kann, S. 162f.

Β. Alternativen zum strafrechtlichen Schutz

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V. Schutzmöglichkeiten durch das Steuerrecht Da bei der Verwertung schutzrechtsverletzender Ware häufig auch die steuerstrafrechtlichen Tatbestände der §§ 372 bzw. 370, 373, 374 AO erfüllt sind, kann ein mittelbarer Schutz des Urheberrechts in begrenztem Umfang über das Steuerrecht erreicht werden. 126 Tielke ni hat dies in die theatralischen Worte gefasst, „schon so mancher Pirat, der vor Gericht mit einer kleinen Geldbuße weggekommen ist, hat sich anschließend gewaltig umgeschaut, als das Finanzamt ihm plötzlich im Nacken saß". Andererseits sind die Möglichkeiten eines Schutzes durch das Steuerrecht eng begrenzt. Denn häufig wird es an einem hinreichenden Anfangsverdacht i. S. v. § 152 Abs. 2 StPO fehlen, zumal es einen Erfahrungssatz, dass Hersteller oder Vertreiber von Raubkopien die Abgabe der gebotenen Steuererklärung stets unterlassen, nicht gibt. 128 Überdies ist aufgrund steuerrechtlicher Grundsätze und aus datenschutzrechtlichen Gründen ein Informationsfluss von der Steuerbehörde zu den Verletzten nicht möglich. 129 Ob es also sinnvoll ist, im Falle einer Urheberrechtsverletzung die Steuerfahndung einzuschalten,130 kann bezweifelt werden.

VI. Möglichkeiten einer Zuordnung zum Ordnungswidrigkeitenrecht Für eine Verbindung zivilrechtlichen Schutzes mit einem Schutz durch das Ordnungswidrigkeitenrecht ist Dähnm eingetreten. Ich halte die Verlagerung des Urheberstrafrecht ins Ordnungswidrigkeitenrecht aus mehreren Gründen nicht für überzeugend. Zunächst kann die Verlagerung aus dogmatischen Gründen 132 kaum überzeugen, da das Ordnungswidrigkeitenrecht in der Praxis vorrangig vor der Beeinträchtigung der Interessen der Allgemeinheit schützt, wogegen vermögensrechtliche Belange durch das Strafrecht geschützt werden.133 Auch ist fraglich, ob das Ordnungswidrigkeitenrecht gegenüber dem Strafrecht überhaupt eine mildere Sanktion darstellt. 134 Mit Blick darauf, dass die Vermö126

Ähnlich: Kann, S. 163. Tielke , Taschenbuch, S. 35. 128 Wulff, ; NJW 1986, S. 1236. 129 Kann , S. 163. 130 So: v. Gravenreuth , FuR 1984, S. 133; Hentschel , FuR 1982, S.238 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 12; Wahl, Wirtschaftskriminalität, S.271. 131 Dahn, S.134. 132 Zur Abgrenzung: Mitsch, Recht, § 3, m. w. N. 133 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 143, mit Beispielen. 134 Bejahend: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 143; verneinend: Weber, ZStW Bd. 92 (1980), S.317f. 127

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

gens Verhältnisse des Täters im Ordnungs widrigkeitenrecht nach § 17 Abs. 3 OWiG eine geringere Rolle spielen, möchte ich die Frage lieber verneinen.

C. Nachteile des Strafrechts in der Praxis Neben einigen Vorteilen bringt das Strafrecht in der Praxis auch Nachteile mit sich: So weisen Kann 135 und Weber m darauf hin, dass die strafrechtliche Verurteilung die wirtschaftlichen Interessen der Verletzten gefährden kann. Denn im Falle einer Verurteilung zu einer Geldstrafe ist fraglich, ob der Täter daneben auch noch in der Lage ist, Schadensersatz an den Verletzten zu leisten. Bei der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe hingegen wird dem Täter in der Regel die Möglichkeit der Erzielung eines Einkommens entzogen, aus dem er zivilrechtlich erstrittene Geldansprüche des Verletzten begleichen kann. Einige Anwälte betrachteten daher den strafrechtlichen Weg als kontraproduktiv zur Erreichung wirtschaftlicher Interessen.137 Insbesondere bei Schäden, deren Beseitigung zivilrechtlich entsprechend leicht vonstatten geht, wird staatliches Eingreifen eher als hinderlich für eine angemessene Konfliktsbereinigung empfunden. 138 Einen völlig anderen Gesichtspunkt spricht Burger 139 an: Er befürchtet, dass im Bereich der Bearbeitung strafrechtliche Sanktionen die Kreativität der möglicherweise Betroffenen von vornherein ersticken oder erheblich behindern könnten. Ich halte dies für zutreffend und habe bereits bei der Auslegung der entsprechenden Vorschriften Rücksicht auf dieses Phänomen genommen.

D. Strafzwecke Ich werde die Bedeutung der Ultima-Ratio-Funktion des Strafrechts (I) 1 4 0 und der „klassischen" Strafzwecke (II) 1 4 1 für das Urheberstrafrecht darstellen. Anschließend möchte ich das Phänomen der „funktionalen" Strafzwecke erläutern (III) 1 4 2 .

135 136 137 138 139 140 141 142

Kann, S. 131 f. Weber, FuR 1980, S. 338 f. So auch: Kann, S. 132. Lampe, UFITA 87 (1980), S. 134. Burger, S. 801. Zur Ultima-Ratio-Funktion: Kap. 10 D.I. Zu den „klassischen" Strafzwecken: Kap. 10 D.II. Zu den „funktionalen" Strafzwecken: Kap. 10 D.III.

D. Strafzwecke

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I. Ultima-Ratio-Funktion des Strafrechts Viele Autoren 143 weisen hinsichtlich des Urheberstrafrechts auf die Ultima-RatioFunktion des Strafrechts hin, wonach das Strafrecht nur letztes Mittel sein darf. Denn in einem Rechtsstaat ist das Strafrecht das einschneidendste Mittel zur Wahrung und Wiederherstellung des Rechtsfriedens. 144 In keinem anderen Rechtsgebiet werden ebenso erhebliche Grundrechtseingriffe gegenüber dem einzelnen ermöglicht und vollzogen. 145 Zwar bewirkt ein Verstoß gegen den Ultima-Ratio-Grundsatz nicht von vornherein die Unwirksamkeit eines Straftatbestands. 146 Einschränkungen können sich aber durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben. Als Folge des Ultima-Ratio-Grundsatzes ist zu prüfen, ob ein Rechtsgut überhaupt schutzwürdig und schutzbedürftig ist 147 und gegen Angriffe welcher Art und welcher Intensität Strafrechtsschutz gewährt werden soll. 148 Ob neben dem Zivilrecht strafrechtlicher Schutz angebracht ist, wird sich wesentlich nach dem Wert des auf dem Spiele stehenden Rechtsguts bestimmen.149 Der strafrechtliche Schutz beschränkt sich hierbei auf besonders gravierende Rechtsverletzungen, durch welche die elementaren und eindeutig substantiierbaren Lebensinteressen anderer oder der Gesellschaft beeinträchtigt werden. 150 Im Urheberstrafrecht wirft der Ultima-Ratio-Grundsatz die Frage auf, ob nicht das Urheberstrafrecht bereits im objektiven Tatbestand gegenüber dem Zivilrecht zurückgenommen werden sollte. 151 Dass das geistige Eigentum der Garantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG unterfällt, wird man dieser Frage kaum entgegenhalten können; denn der Eigentumsbegriff des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG ist überaus weit gefasst, wobei längst nicht alle Schutzgüter des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG, etwa Gebrauchs- und Nutzungsrechte, auch strafrechtlich geschützt sind. 152 Franzheim hält den Ultima143 Franzheim, CR 1993, S. 102 u. NJW-CoR 1994, S. 161; v. Gravenreuth, GRUR 1983, S. 353; Kann, S. 129; Kreile, Tonträgerpiraterie, S.9; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 118; Meier, S. 664; Movsessian/Seifert, S.310f.; Roxin, Strafrecht, §2, Rn. 38ff. u. JuS 1966, S. 382; Spautz, ZUM 1990, S. 167; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 125 u. S. 140; Weber, FS-Sarstedt, S. 384 u. FuR 1980, S. 339 u. S. 344 u. Handwörterbuch, S. 7; einschränkend: Jakobs, 2. Abschn. Rn. 26. 144 Baumann/Weber/Mitsch, § 3 Rn. 19; Jescheck/Weigend, § 111 ; Kann, S. 125; Roxin, JuS 1966, S. 382; Weber, FS-Baur, S. 133 u. Der strafrechtliche Schutz, S. 174. 145 Kann, S. 125; Weber, FuR 1980, S.338. 146 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 162. 147 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 108; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 174. 148 Franzheim, CR 1993, S. 102f. u. NJW-CoR 1994, S. 161; Roxin, Strafrecht, §2, Rn.38ff. u. JuS 1966, S. 382; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 174. 149 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.424. 150 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 176; Kann, S. 90; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.95; ähnlich: SK-Rudolphi, vor § 1 StGB Anm.5ff. 151 Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 161 f.; Meier, S.664f.; Weber, Wesen, S.66. 152 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 113; Weber, FuR 1980, S.339; a. A. noch: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.424.

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

Ratio-Grundsatz im Falle einer Kriminalisierung zivilrechtlicher Vertragsverletzungen für verletzt, da dort die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche genügten.153 Ich möchte auf die hiermit verbundenen Fragen unten154 zurückkommen.

II. „Klassische" Strafzwecke Von den klassischen Strafzwecken 155 wird im Urheberstrafrecht der Schuldausgleich am wenigsten bemüht. Allein Flechsig 156 meint, es gehe vorrangig darum, den Angriff auf den Rechtsfrieden zu sühnen. Von anderen Autoren werden dagegen die verschiedenen Arten der Prävention in den Vordergrund gestellt: Über die Frage, ob dem Strafrecht im Bereich des Urheberrechts spezialpräventive Wirkung zufällt, besteht keine Einigkeit. Manche Autoren 157 meinen, die Durchführung des Strafverfahrens habe eine abschreckende Wirkung auf den Täter. Rochlitz 158 erwähnt in diesem Zusammenhang, im Bereich des Musikdiebstahls sei bis zum Jahr 1982 keiner der Angeklagten wieder als Musikdieb in Erscheinung getreten, so dass von einer Abschreckungswirkung ausgegangen werden könne.159 Andere 160 hingegen halten die spezialpräventive Wirkung des Urheberstrafrechts für gering. Dies gelte insbesondere, wenn die Täter in der Regel ohnehin sozial gut integriert sind und der Schadensersatzanspruch des Verletzten abschreckend wirkt. 161 Insbesondere Lampe162 ist der Ansicht, in Fällen, in denen der Täter dem Geschädigten bekannt und zum Schadensersatz bereit ist, in denen sich der Geschädigte zivilrechtlich jederzeit befriedigen kann und in denen die Verletzung weder heimlich noch gewaltsam erfolgt, erscheine der Einsatz des Strafrechts weder generalpräventiv noch spezialpräventiv sinnvoll. Auch die Wirkung der negativen Generalprävention lässt sich durch die kriminologische Forschung nicht exakt belegen.163 Sofern - insbesondere im Bereich der 153

Franzheim, CR 1993, S. 102 u. NJW-CoR 1994, S. 161. Zum Ausblick: Kap. 10 F. 155 Zur Strafzwecklehre auch: E. Braun, Produktpiraterie, S.220f. 156 Flechsig, AfP 1978, S. 19; vgl. auch: Kreile, Tonträgerpiraterie, S.9. 157 W. Nordemann, NStZ 1982, S.373; Rochlitz, FuR 1980, S.357 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.46; ebenso zu Jugendlichen: Etter, CR 1990, S.407. 158 Rochlitz, Rechtspolitische Überlegungen, S.46. 159 Vgl. aber auch das Beispiel bei: Nick, FuR 1980, S.388f. u. Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S.24. 160 Göller, S. 119; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 119; Meier, S.664 f.; Weber, FuR 1980, S.338f. 161 Meier, S.664 f. 162 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 119 u. S. 136f.. 163 Eisenberg, Kriminologie, §41, Rn.6 ff.; Meier, S.665; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 126. 154

D. Strafzwecke

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Wirtschaftskriminalität 164 - überhaupt eine Abschreckungsfunktion angenommen werden kann 165 , ist diese äußerst gering. 166 Sternberg-Lieben 167 führt diesbezüglich in eindrucksvoller Weise aus, im internationalen Vergleich zeige sich im Bereich der Musikpiraterie, dass Art und Höhe urheberstrafrechtlicher Sanktionen keinen sichtbaren Einfluss auf den Umfang des Musikdiebstahls haben. Auch gäbe es für den Bereich der EG keine eindeutigen Anzeichen dafür, dass ein eigenständiger strafrechtlicher Schutz der Tonträgerhersteller oder verschärfte Sanktionen zu einer Verminderung des Musikdiebstahls führen. Ostendorf u. a. weisen daraufhin, dass gerade im Bereich der Jugendkriminalität Erfahrungen aus den Vereinigten Staaten darauf hindeuteten, dass besonders harte Sanktionen sogar einen Anstieg der Kriminalität verursachen könnten.168 Auf der anderen Seite wollen manche Autoren 169 den Rückgang der Videopiraterie auf die abschreckende Wirkung des Strafrechts zurückführen. Nur die generalpräventive Wirkung des Strafrechts könne die „tatsächliche Schutzlosigkeit" geistiger Schöpfungen gegen Rechtsverletzungen beheben. 170 Sofern in der Vergangenheit keine ausreichende Abschreckung erreicht wurde, sei dies auf die geringe Strafdrohung der §§ 106 ff. UrhG in ihrer früheren Fassung zurückzuführen. 171 Eine Reihe von Autoren 172 erhofft sich vom Urheberstrafrecht positive Generalprävention 173. Zumeist wird im Zusammenhang hiermit das fehlende Unrechtsbewusstsein in der Bevölkerung beklagt,174 gegen das etwas getan werden müsse175. Zugleich wird gesehen, dass ein solches Unrechtsbewusstsein nur durch eine Redu164

So: Eisenberg, Kriminologie, §41, Rn.22 ff.; Maiwald, GA 1983, S.71. So: Curti, S.234 ff.; Flechsig, AfP 1978, S. 19 u. FuR 1980, S.349; Kappes, S.663; Knap, S. 376; W Nordemann, NStZ 1982, S. 373; Spautz, FuR 1978, S. 99; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.426; skeptisch: Lampe, UFITA 87 (1980), S. 119. 166 Burger, S.801; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 161; Streng, S.921; ähnlich: Movsessian/Seifert, S. 311. 167 Ausführlicher: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 119f. u. S. 161. 168 Ostendorf u.a., S.447. 169 Oehler, in: Gummig, S.417; Weber, in: Gummig, S.417. 170 Flechsig, UFITA 84 (1979), S.357; Spautz, FuR 1978, S.748. 171 BT-Drucks. 11/4792, S. 17 u. S.22; Deutsche Vereinigung, GRUR 1984, S.423; Flechsig, FuR 1980, S. 349 u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 9 u. ZRP 1980, S. 316; Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn.2; Hubmann, Rechtsprechung, S.20 f.; Schack, Urheberund Urhebervertragsrecht, Rn.737. 172 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 127; Rochlitz, Rechtspolitische Überlegungen, S.53; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 193; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 126; Weber, Wesen, S. 69; zum Strafrecht im allgemeinen: Peters, S. 488. 173 Zur positiven Generalprävention als Strafzweck: Hassemer, Einführung, §301112; Herzog, S.48ff. u. S. 140. 174 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 193; Tielke, Die Ermittlung, S. 38; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.66; vgl. auch: E. Braun, Produktpiraterie, S.24; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 82. 175 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.65. 165

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

zierung des Urheberstrafrechts auf einen Kernbereich geschaffen werden kann.176 Es sei eine Begrenzung auf fundamentale und unverzichtbare Gebote erforderlich. 177 Gerade im Bereich der Wirtschaftskriminalität bestehe die Gefahr, diese Grenze zwischen einer sittenerhaltenden und einer sittenbildenden Kraft des Strafrechts zu überschreiten. 178 Ein zu viel strafrechtlicher Normen aber mindere die spezialpräventive Wirkungskraft des Strafrechts. 179 So weist Sternberg-Lieben m darauf hin, es müsse berücksichtigt werden, dass für die Strafverfolgung nur eine begrenzte Kapazität an Ressourcen verfügbar ist und diese mit Bedacht einzusetzen sei. Denn andernfalls nähme mangels Sanktionswahrscheinlichkeit die erzieherische Weisungsfunktion der Straftatbestände Schaden. Meier m führt kritisch das Beispiel des Verbots des privaten Kopierens von Computerprogrammen 182 an: Hier seien kaum Erfolge zu erwarten, da es schwer vermittelbar sei, warum in fast allen anderen Bereichen Werke zum privaten Gebrauch verwertet werden dürfen.

III. „Funktionale" Strafzwecke Bereits oben183 wurde ausführlicher dargestellt, dass es dem Verletzten in vielen Fällen bei der Durchführung eines Strafverfahrens gar nicht um eine Bestrafung des Täters geht als vielmehr darum, auf Staatskosten den Sachverhalt feststellen zu lassen, um Unterlagen für einen Zivilprozess zu gewinnen, oder vom Schuldigen eine Abfindung zu erhalten. Ich möchte für dieses Phänomen den Begriff der „funktionalen Strafzwecke" einführen. Die Formulierung Schlossers 184, der das Phänomen die „empirische" Funktionen des Strafrechts nennt, möchte ich nicht übernehmen. Denn er erfasst nur den Teilbereich der Auskunftserlangung, nicht dagegen den zweiten Aspekt, dass nämlich Verletzte durch Drohung mit Strafantrag oder Strafverfahren versuchen, den Beschuldigten zur Zahlung zu bewegen. Das Phänomen der funktionalen Strafzwecke betrifft nicht nur das Urheberstrafrecht. So beschreibt Peters 185, dass es den Interessenten auch bei Verfahren wegen 176 Kann, S.99; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 127; Rochlitz, Rechtspolitische Überlegungen, S.53; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 193; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 127; Weber., Wesen, S.69; zum Strafrecht im allgemeinen: H.-L. Günther, S. 11; Peters, S.488; Roos, S.48 f.; Sax, Die Grundrechte, S.928; Zipf.; Kriminalpolitik, S.52 f. u. S. 109; ähnlich: Hassemer, ZRP 1997, S. 316ff. 177 Hassemer, ZRP 1997, S.319; kritisch hierzu: Curii , S.237. 178 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 127, Fn.28; Volk, S.58 f. 179 H.-L Günther, S. 13, m.w.N.; Roos, S.50f.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 127, m.w.N.; Vogler, SA5\ f. 180 Ausführlicher: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 127 f. 181 Meier, S.665. 182 Zur Verfassungswidrigkeit des Verbotes: Kap. 2 E. IX. 2. 183 Zur Funktionalisierung strafrechtlichen Schutzes: Kap. 9 H. 184 Schlosser, S.604. 185 Peters, S.491, m.w.N.

D. Strafzwecke

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Unterschlagung, Betrug, Untreue oder fahrlässiger Körperverletzung häufig gar nicht auf die verhängte Strafe, sondern auf Sachverhaltsklärung und Schuldspruch ankommt. Die Strafen bei diesen Delikten bewegten sich regelmäßig an der unteren Grenze des Strafrahmens. Insbesondere bei Körperverletzungen aus Anlass von Verkehrsunfällen finde auch bei verhältnismäßig harmlosen Vorgängen eine Aufklärung durch die Strafverfolgungsbehörden statt.186 Schlosser™ 1 vermutet, ein gutes Stück der Hypertrophie des deutschen Strafrechts habe seine Ursache darin, dass auf dem Weg über strafprozessuale Ermittlungsbefugnisse dem deutschen Recht fehlende Auskunftsbefugnisse ausgeglichen würden. Denn schließlich erhalte der Anwalt seine Gebühr - die Prozessgebühr einschließlich der Gebühr für Information nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO - auch dann, wenn der Staatsanwalt die Ermittlungen für ihn durchführt. Schlosser meint, auf diese Bereiche des Strafrechts könne verzichtet werden, wenn den möglichen Opfern die Waffen für eine effiziente Verfolgung ihrer Schadensersatzansprüche auf zivilrechtlichem Weg in die Hand gegeben würden. Die Frage, ob funktionale Strafzwecke eine Umgehung geltenden Rechts darstellen, stellt sich in zweierlei Hinsicht, einerseits mit Blick auf das Strafrecht, andererseits auf das Zivilrecht: Sieber m hält den Einsatz des Strafverfahrens zu zivilrechtlichen Zwecken aus der Sicht der Strafrechtswissenschaft nicht für unbedenklich. Gleichwohl sei das Vorgehen unter generalpräventiven Aspekten zu begrüßen. Weber m ist zwar der Auffassung, der prozessuale Gesichtspunkt könne für die Frage nach Gewährung von Strafrechtsschutz nicht ausschlaggebend sein; doch könne er bei der Frage, wie die materiellrechtliche Strafdrohung auszugestalten ist, berücksichtigt werden. Westphal 190 meldet Bedenken an, die Staatsanwaltschaft könne in ihrer Verpflichtung zur Objektivität dadurch gestört werden, dass der Verletzte zu weitgehend seine Individualinteressen geltend macht. Burger 191 schließlich hält es für fraglich, ob dem Steuerzahler die Kosten einer Strafrechtspflege auferlegt werden dürften, die lediglich dazu dient, die wirtschaftlichen Interessen einer bestimmten Gruppe zu schützen, die in der Lage sei, sich durch zivilrechtliche Mittel selbst zu schützen. Im Hinblick auf die Umgehung zivilrechtlicher Grundsätze bemerkt Peters 192, im Strafprozess werde die zivilprozessuale Waffengleichheit der Parteien aufgehoben, indem der eine zum Beschuldigten, der andere zum Zeugen werde und diesem der Strafverfolgungsapparat zur Seite stehe; der Verletzte habe eine weit günstigere Si186 187 188 189 190 191 192

Peters, S. 500. Schlosser, S.604. Sieber, BB 1981, S. 1550. Weber, FS-Sarstedt, S.384 u. FuR 1980, S.340. Westphal, S. 976. Burger, S. 801. Peters, S. 501 f.

33 Hildebrandt

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

tuation, wenn es ihm gelinge, die Sache in den Strafprozess zu überführen. Nach Auffassung Franzheims 193 seien fehlende zivilprozessuale Möglichkeiten194 im deutschen Recht beabsichtigt und dürften deswegen nicht durch den Einsatz des Strafrechts ersetzt werden; vielmehr wäre es die in rechtspolitischer Hinsicht richtige Lösung, die zivilprozessualen Befugnisse zu erweitern. Sieber 195 hingegen meint, ein Wertungswiderspruch zwischen Zivil- und Strafprozessrecht bestehe nicht. Denn der Anspruch auf Akteneinsicht ermögliche dem Opfer lediglich die Wahrnehmung seiner strafprozessualen Teilnahmerechte. Dies zeige sich daran, dass die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche kein Motiv für die Schaffung der Rechte des Nebenklägers war. Überdies ziele das Strafverfahren auf Rechtsfrieden; hierbei gehe es darum, die durch den Tatverdacht geschaffene Beunruhigung zu beseitigen. Ferner sei derjenige, der durch eine Straftat geschädigt ist, in erhöhtem Maße schutzwürdig, so dass die Erweiterung zivilprozessualer Befugnisse zu begrüßen sei. Schließlich zeige auch die Existenz der Vorschriften über das Adhäsionsverfahren, dass dem Gesetzgeber die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche auf der Grundlage strafprozessualen Beweisrechts nicht fremd sei. Meines Erachtens ist das Phänomen der funktionalen Strafzwecke aus strafrechtlicher Sicht weder zu billigen noch zu missbilligen. Denn die Ausnutzung strafprozessualer Mittel zur Vorbereitung oder Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche stellt aus Sicht des Strafrechts nicht mehr als einen zufälligen Nebeneffekt dar. Da das Phänomen der funktionalen Strafzwecke aber als verlängerter Arm des Zivilrechts benutzt wird, wird man derartige Strafzwecke nur aus zivilrechtlicher Sicht zutreffend beurteilen können. Aus dieser Perspektive aber liegt auf der Hand, dass die Funktionalisierung strafrechtlichen Schutzes dazu dient, geltendes Zivilprozessrecht zu umgehen. Insofern ist bezeichnend, wie sich der Gesetzgeber196 bei Einführung der eng umgrenzten Auskunftsansprüche nach § 101 a UrhG geäußert hat: Ein weit reichender Einsichtsanspruch widerspreche der deutschen Rechtsordnung und bewirke eine unvertretbare Bevorzugung der Interessen des Schutzrechtsinhabers gegenüber den Interessen des Verletzers an der Wahrung seiner Betriebsund Geschäftsgeheimnisse. Ein solcher Anspruch komme in die Nähe der Ausforschung. Auch nach § 101 a Abs. 3 UrhG sei deswegen die Auskunft im Wege einstweiliger Verfügung nur bei offensichtlicher Rechtsverletzung möglich. Aus den Äußerungen des Gesetzgebers ergibt sich dessen klare Absicht, im Zivilprozessrecht keine umfassenden Möglichkeiten der Ausforschung bereitzuhalten. Auch ein schneller und intensiver Zugriff, wie ihn der Einsatz der Strafverfolgungsbehörden bietet, ist nicht gewollt. Zwar lässt sich für die deutsche Variante der Umgehung geltenden Zivilrechts durch das Strafrecht vorbringen, es führe dazu, 193 194 195 196

Franzheim., NJW-CoR 1994, S. 161 f. Dazu am Beispiel des Patentrechts: Stauder, S. 234ff. Sieber., FS-Spendel, S. 763 ff. BT-Drucks. 11/4792, S. 33.

E. Reformvorschläge

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dass geschulte Ermittler der Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft die Ermittlungen durchführen; anders als in England oder Frankreich könnten auf diese Weise besonders intensive Eingriffe vermieden werden. Doch abgesehen davon, dass bereits fraglich ist, ob der Eingriff der Ermittlungsbehörden gegenüber der Untersuchung durch einen Sachverständigen tatsächlich das mildere Mittel darstellt, würde jedenfalls die Umgehungsproblematik bestehen bleiben. Auch die Begründung Siebers 197 überzeugt mich nicht: So ist das Argument, dass der Anspruch auf Akteneinsicht dem Opfer lediglich die Wahrnehmung seiner strafprozessualen Teilnahmerechte ermöglichen solle und die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche kein Motiv für die Schaffung der Rechte des Nebenklägers war, umkehrbar; ebenso wenig nämlich lässt sich behaupten, der Gesetzgeber habe die Verwendung der erlangten Informationen in einem Zivilprozess gewollt. Ähnliches gilt mit Blick darauf, dass das Strafverfahren auf Rechtsfrieden ziele; gerade deswegen nämlich wird man annehmen müssen, dass die Anstrengung eines weiteren bürgerlich-rechtlichen Prozesses vom Gesetzgeber nicht gewollt ist. Auch die These Siebers von der erhöhten Schutzwürdigkeit desjenigen, der durch eine Straftat geschädigt ist, überzeugt in diesem Zusammenhang nicht. Denn zum einen deutet die großzügige Einstellungspraxis der Gerichte auf den bagatellartigen Charakter der meisten Rechtsverletzungen im Bereich des Urheberstrafrechts hin; zum anderen setzt die Verwendung von Informationen über §406 e StPO gerade keine Straftat, sondern lediglich Tatverdacht voraus; dass aber schon aufgrund bloßen Tatverdachts eine erhöhte Schutzwürdigkeit besteht, wird man nicht behaupten können. Schließlich kann die Ansicht Siebers auch nicht auf die Existenz der Vorschriften über das Adhäsionsverfahren gestützt werden; denn auch im Adhäsionsverfahren wird ein Anspruch nur dann zuerkannt, wenn das Verfahren nicht zwischenzeitlich eingestellt wurde; überdies wird das Element der Funktionalisierung zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche durch Ausübung von Druck im Adhäsionsverfahren von vornherein vermieden. Interessant ist, dass das deutsche Strafprozessrecht mit der Verweisungsmöglichkeit an die Zivilgerichtsbarkeit nach den §§ 154d, 262 Abs. 2 StPO einen Weg bereithält, die Umgehung des Zivilprozessrechts zu vermeiden. Diesen Vorschriften wird in Zukunft seitens der Ermittlungsbehörden und der Gerichte mehr Aufmerksamkeit zu schenken sein.198

E. Reformvorschläge Haß 199 stellt zutreffend fest, die wissenschaftliche Diskussion im Urheberstrafrecht habe von Anfang an eine starke reformerische Komponente gehabt. Sogar die 197 198 199

3*

Sieber, FS-Spendel, S. 763 ff. Ähnlich: Letzgus , S.300. Schricker-Haß, Urheberrecht, vor §§ 106 ff. UrhG.

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

komplette Streichung der Vorschriften wurde vorgeschlagen, da angesichts des ausreichenden Zivilrechtsschutzes das Strafrecht ein unangemessener Ort zur Lösung urheberrechtlicher Konflikte sei. 200 Ich werde im folgenden in der gebotenen Kürze die wesentlichen Reformvorschläge vorstellen. Nach den Vorschlägen, die alle Tatbestände betreffen (I) 201 , werden diejenigen zu § 106 (II) 2 0 2 , zu § 107 (II. 5) 203 und zu § 108 UrhG (IV) 2 0 4 nacheinander behandelt. Schließlich sollen die Vorschläge zur Sprache kommen, die die Ausgestaltung des Verfahrens betreffen (V) 2 0 5 .

I. Allgemeine Reformvorschläge Von mehreren Autoren 206 wurde vorgeschlagen, die urheberrechtlichen Vorschriften in das Kernstrafrecht des StGB aufzunehmen. Denn die Bedeutung des Urheberstrafrechts würde hierdurch gehoben.207 Der Umstand, dass die Urheberrechtsdelikte lediglich eine bestimmte Gruppe schützten, könne nicht als maßgebliches Kriterium gewertet werden. 208 Außerdem sei die Befreiung des strafrechtlichen Schutzes von seiner Anbindung an zivilrechtliche Regelungen ein Fortschritt. 209 Insbesondere bei § 107 Abs. 1 Nr. 2 UrhG griffen diese Überlegungen ein, da die Vorschrift in erster Linie den Schutz der Allgemeinheit bezwecke.210 Andere Autoren 211 hingegen haben der Aufnahme ins StGB widersprochen: Zwar erscheine die Aufnahme des Nebenstrafrechts in das StGB dort sinnvoll, wo - wie im Umweltrecht - kein die Materie abschließend regelndes Gesetzeswerk besteht.212 Beim Urheberrecht aber handele es sich um ein in sich abgeschlossenes Gesetzes200 Burger, S. 800 f.; Dähn, S. 132 ff.; zweifelnd am Sinn der Vorschriften auch: Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn.2; Schulze-Heiming, S. 155; kritisch zu diesen Vorschlägen: Weher, FuR 1980, S. 340. 201 Zu den allgemeinen Reform Vorschlägen: Kap. 10 E.I. 202 Zu § 106UrhG: Kap. 10 E.II. 203 Zu § 107UrhG: Kap. 10 E.II.5. 204 Zu § 108 UrhG: Kap. 10 E. IV. 205 Zu den verfahrensrechtlichen Vorschlägen: Kap. 10 E.V. 206 Alternativentwurf, S. 115; Flechsig, GRUR 1978, S.290 u. S.292; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 127 u. S. 133 f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.253 f.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.737; ausführlicher: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.442 u. FuR 1980, S. 343. 207 Alternativentwurf, S. 115; Flechsig, GRUR 1978, S.290 u. S.292; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 127; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.253f.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.737; ausführlicher: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.442 u. FuR 1980, S. 343. 208 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.441. 209 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 127. 210 Alternativentwurf, S. 119; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.90, Fn. 8; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.249 u. S.421. 211 Flechsig, GRUR 1978, S.292; Kann, S. 140; Spautz, FuR 1978, S.749. 212 Kann, S. 140.

E. Reformvorschläge

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werk, das nicht nur das Recht des Urhebers, sondern auch das der verwandten Schutzrechte regelt. 213 Ohne die zu Grunde liegenden urheberrechtlichen Regelungen wären die Straftatbestände nicht verständlich. 214 Bei einer Aufnahme ins StGB wäre eine ausführlichere Tatbestandsumschreibung unausweichlich.215 Mir ist der Standort der urheberstrafrechtlichen Vorschriften schlichtweg gleichgültig. Dass mit einer Aufnahme ins StGB eine Steigerung der Bedeutung verbunden wäre, halte ich für reine Spekulation. Von Rochlitz 216 wurde vorgeschlagen, zur inhaltlichen Straffung in einem einzigen Straftatbestand eine Reihe von Rechtsverletzungen des Urheberrechts und des gewerblichen Rechtsschutzes zusammenzufassen und dabei überflüssige Bestimmungen zu streichen. Dem wird von anderen mit Recht entgegengehalten, dass ein derartiger Tatbestand zu unübersichtlich geraten würde. 217 Es ist schwer vorstellbar, wie eine solche Vorschrift dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2, § 1 StGB genügen soll. 218 Meines Erachtens würde vor allem das schon jetzt bestehende Blankettproblem durch eine Zusammenfassung noch verschärft. Mehrere Autoren 219 halten den Schutz vor Verstößen gegen das Urheberpersönlichkeitsrecht in bestimmten Fällen für geboten. Vor allem vor der Zerstörung des Werks müsse geschützt werden, soweit dem zerstörten Werkträger der Charakter der Einmaligkeit zukomme und der Eigentümer Kenntnis eines Erhaltungsinteresses des Urhebers hat. 220 Ähnliches gelte für den Schutz vor unerlaubter Werkveröffentlichung. 221 Lampe222 hält darüber hinaus auch strafrechtlichen Schutz von Geisteswerken vor Vorenthaltung für notwendig. Denn die Fälle der Unterdrückung, Ver213

Flechsig, GRUR 1978, S.292; Kann, S. 140. Flechsig, GRUR 1978, S.292; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.6; kritisch zu diesem Argument aber: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.442. 215 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.93. 216 Alternativentwurf, §204, S. 114; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.259ff. u. FuR 1980, S.359 f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S.53ff. 217 Kann, S. 141; Weber, FS-Sarstedt, S.391 f. 218 Weber, FS-Sarstedt, S.391 f. 2,9 Kann, S. 142; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 140; Letzgus, S. 298; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 739; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 180; Walter, FuR 1980, S. 362 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.60f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.393 ff. 220 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.408 ff.; ähnlich: Kann, S. 142; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn. 739; Walter, FuR 1980, S.362 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.60f.; differenzierend: Lampe, UFITA 87 (1980), S. 140; kritisch: Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.566. 221 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 123 u. S. 141; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 180; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.566; ausführlich mit Formulierungsbeispiel einer entsprechenden Strafvorschrift: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.402ff.; wohl auch: Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn.739; kritisch: Kann, S. 141. 222 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 125 u. S. 135 u. S. 140. 214

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

schleppung oder bewussten Verheimlichung einer Information würden für den Urheber ebenso schwer wiegen wie die Zerstörung des Werks; nicht das Persönlichkeitsrecht verlange Schutz, sondern die Information. Hingegen wollen auch die Befürworter persönlichkeitsrechtlichen Strafrechtsschutzes die Verletzungen weiterer Rechte, etwa im Falle grober Entstellung, der Verwendung des Werks unter falscher Urheberbezeichnung oder beim Unterlassen der Quellenangabe, nicht unter Strafe stellen.223 Ähnliches soll im Hinblick auf strafrechtlichen Persönlichkeitsschutz von Inhabern verwandter Schutzrechte gelten.224 Auch ein Schutz der sonstigen Rechte der §§25 bis 27 UrhG sei nicht sinnvoll.225 Andere Autoren 226 indessen wenden sich gegen verstärkten Schutz des Urheberpersönlichkeitsrechts. Denn der zivilrechtliche Schutz reiche insofern aus.227 Auch könne der Schutz der Urheberpersönlichkeitsrechte nicht durch strafrechtliche Mittel erreicht werden. 228 Überdies gehe die Verletzung eines Urheberpersönlichkeitsrechts regelmäßig mit einer Verletzung eines Verwertungsrechts einher, so dass es mittelbar durch die §§ 106 ff. UrhG geschützt würde. 229 Vor allem eigneten sich wichtige Tatbestände wegen der in Betracht kommenden Ermessensfragen nicht für eine strafrechtliche Regelung.230 Weiterhin sei der sozialethische Unwertgehalt einer Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts durch einen Straftatbestand schwer zu erfassen. 231 Auch könne ein zu weitgehender Schutz von Urheberpersönlichkeitsrechten eine sinnvolle Verwertung über Gebühr behindern. 232 Heinrich schließlich weist daraufhin, dass Schutz gegen Zerstörung oder Beschädigung nicht erforderlich sei, da nicht die geschützte geistige Leistung, sondern allenfalls der Werkträger vernichtet werden könne.233 Ich halte einen verstärkten Schutz von Urheberpersönlichkeitsrechten nicht für geboten. Meines Erachtens würden verstärkte Anstrengungen in diesem Bereich nur dazu führen, eine Reihe von Tatbeständen in die Welt zu setzen, die allenfalls in extremen Ausnahmefällen eingreifen würden. Solange das Fehlen eines derartigen Schutzes von den Betroffenen nicht beklagt wird, sollte insofern Zurückhaltung geübt werden. 223

Ausführlich hierzu: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.416ff. Ausführlich: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.422f.; vgl. auch: Kann, S. 142. 225 Lampe, UFITA 83 (1978), S.35. 226 Burger, S.801; Flechsig, GRUR 1978, S.288; wohl auch: Heinrich, JZ 1994, S.943, Fn.46; Rupp, Computersoftware, S. 120. 227 BT-Drucks. IV/270, S. 107; Flechsig, GRUR 1978, S.288. 228 Burger, S.801. 229 Hanser-Strecker, S. 165 f. 230 BT-Drucks.IV/270,S. 107;Flechsig,GRUR 1978,S.288u.UFITA84(1979),S.358;ähnlich auch: Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.566; einschränkend: Hanser-Strecker, S. 165. 231 Rupp, Computersoftware, S. 120. 232 Burger, S. 801; kritisch: Hanser-Strecker, S. 165; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 122; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.398. 233 Heinrich, JZ 1994, S.943, Fn.46. 224

E. Reformvorschläge

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Rochlitz 234 hat vorgeschlagen, das Strafrechts um diejenigen Fälle zu beschränken, in denen eine vertragliche Beziehung zwischen den Beteiligten besteht. Dies müsse umso mehr gelten, als die §§ 106 ff. UrhG jetzt teilweise Offizialdelikte seien und ein Verwerter bei Bestehen vertraglicher Beziehungen häufig gewerblich tätig werde. Außerdem könne durch eine entsprechende Gesetzesänderung eine Entlastung des Urheberstrafrechts erreicht werden. Ich werde unten235 auf diesen Vorschlag zurückkommen. Andere überlegen, den bösgläubigen Erwerber, in Parallele zur Hehlerei, unter Strafe zu stellen.236 Rupp 237 meint, hiermit könnten Strafbarkeitslücken hinsichtlich des Abnehmers geschlossen werden; nicht strafwürdige Fälle könnten nach § 53 UrhG ausscheiden. Meines Erachtens besteht für eine Bestrafung der Nachfrageseite kein Bedürfnis. Denn jede weitere Verwertungshandlung unterfällt ohnehin den urheberrechtlichen Vorschriften. Ein Aufrechterhalten einer rechtswidrigen Besitzlage ist mit der Entgegennahme von Vervielfältigungsstücken nicht verbunden. 238 Manche Autoren 239 schließlich schlagen vor, auch grob fahrlässig begangene Rechtsverletzungen unter Strafe zu stellen, um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden. Weil es sich bei den Urheberrechtsdelikten um schwerwiegende Eingriffe in die Rechte von Künstlern handele, sei eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit auch rechtssystematisch angezeigt.240 Dagegen wollen andere241 in zutreffender Weise das Vorsatzerfordernis beibehalten. Denn den Vermögensdelikten ist eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit fremd. Zwar ist auch beim Subventionsbetrug fahrlässiges Handeln strafbar, doch handelt es sich dort um die unzulässige Aneignung öffentlicher Mittel. 242 Auch aus Sicht der Irrtumslehre erscheint die Fahrlässigkeitsstrafbarkeit nicht sinnvoll 243 und würde zu einer unvertretbaren Ausdehnung der Strafbarkeit führen.

II. Vorschläge bezüglich § 106 UrhG Im Hinblick auf § 106 UrhG wurde eine Vielzahl von rechtspolitischen Vorschlägen unterbreitet. Zunächst möchte ich die Vorschläge zur Tathandlung (l) 2 4 4 , zur 234

Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.261 f. Zum Ausblick: Kap. 10 F. 236 Hentschel, FuR 1982, S. 245 f. u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 19 u. Videorecht, S. 117; Rupp, wistra 1985, S. 142. 237 Rupp, wistra 1985, S. 142. 238 Vgl. hierzu: Kap. 8 C. IV. 239 Knap, S. 377 u. in: Roeber, S. 393; Lessing, S. 111; Walter, FuR 1980, S. 367 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.70. 240 Knap, S.377. 241 Steinmetz, in: Roeber, S.393; Weber, in: Roeber, S.393. 242 Weber, in: Roeber, S.393. 243 Weber, in: Roeber, S.393. 244 Zur Tathandlung: Kap. 10 E.II. 1. 235

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

Versuchsstrafbarkeit (2) 245 , zur Strafbarkeit allein gewerbsmäßigen Handelns (3) 246 und zum Strafmaß (4) 247 vorstellen. Anschließend sollen die Vorschläge behandelt werden, die durch die bestehenden Besonderheiten bei Computerprogrammen hervorgerufen wurden (5) 248 .

1. Tathandlung Mehrere Autoren 249 haben die Einschränkung der Strafbarkeit der unerlaubten Vervielfältigung auf Handeln in Verbreitungsabsicht gefordert. Denn der strafrechtliche Schutz durch § 106 UrhG greife zu weit. 250 In dem Bereich, der durch die urheberrechtlichen Schranken gerade nicht mehr abgedeckt ist, könne es zu Eingriffen in die urheberrechtlichen Verwertungsrechte kommen, deren strafrechtliche Verfolgung niemand wünsche und bei denen das zivilrechtliche Instrumentarium völlig ausreiche.251 Dies sei etwa der Fall, wenn jemand bei der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch lediglich geringfügig über das nach § 53 UrhG zulässige Maß hinausgeht.252 Diesen Bereich aus der Strafbarkeit auszunehmen, sei Aufgabe des Gesetzgebers; es dürfe nicht dem Verletzten oder der Staatsanwaltschaft überlassen werden, durch Verzicht auf den Strafantrag oder Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO eine Korrektur zu erreichen. 253 Das Absichtsmerkmal sei - vergleichbar der Formulierung in § 146 Abs. 1 Nr. 1 StGB für die Geldfälschung - so zu fassen, dass auch der Vervielfältigungstäter erfasst wird, der nicht selbst verbreitet, sondern die Verbreitung anderen überlassen möchte.254 Denn auf diese Weise könnten auch die praktisch besonders wichtigen Fallgruppen arbeitsteiligen Vorgehens erfasst werden. 255 Beweisschwierigkeiten seien durch die Beschränkung kaum zu erwarten, da sich die Verbreitungsabsicht in aller Regel aus den äußeren Umständen erschlie245 246 247 248

Zur Versuchsstrafbarkeit: Kap. 10 E.II.2. Zu Strafbarkeit allein gewerbsmäßigen Handelns: Kap. 10 E. II. 3. Zum Strafmaß: Kap. 10 E.II.4. Zu den Vorschlägen wegen der Besonderheiten bei Computerprogrammen: Kap. 10

E.II. 5. 249 Alternativentwurf, S. 115; Flechsig, AfP 1978, S.20 u. GRUR 1978, S.289 f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S.24; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 126; Letzgus, S.287; ausführlich mit Formulierungsbeispiel: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.434 ff. u. knapper: FS-Sarstedt, S. 384f. u. FuR 1980, S.341 u. Handwörterbuch, S.7. 250 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.431 u. FS-Sarstedt, S.385 u. FuR 1980, S.341. 251 Flechsig, GRUR 1978, S.289; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.431 u. FS-Sarstedt, S.385 u. FuR 1980, S.341 u. Handwörterbuch, S.7. 252 Alternativentwurf, S. 115; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.431 u. FS-Sarstedt, S.385 u. FuR 1980, S.341 u. Wesen, S.68. 253 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.432 u. Handwörterbuch, S.7. 254 Alternativentwurf, S. 115; Flechsig, AfP 1978, S.20 u. GRUR 1978, S.290; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.435 u. FS-Sarstedt, S.384 u. FuR 1980, S.341 u. Wesen, S.68. 255 Alternativentwurf, S. 115; Weber, FS-Sarstedt, S.384 u. FuR 1980, S.341 u. Wesen, S.68.

E. Reformvorschläge

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ßen lasse, etwa aus der großen Zahl der vorhandenen Exemplare. 256 Schließlich finde sich das Erfordernis der Verbreitungsabsicht auch in § 14 GeschmMG, so dass ein einheitlicher Rechtsschutz erreicht werden könnte.257 Die Vertreter der Gegenansicht258 lassen sich von diesen Erwägungen nicht überzeugen. Vor allem Rochlitz 259 hält die Einfügung eines subjektiven Tatbestandsmerkmals für problematisch, zumal ein ähnliches Ergebnis durch ein Erfordernis des gewerbsmäßigen Handelns erreicht werden könne. Meines Erachtens würde die Einschränkung des Vervielfältigungstatbestands auf Handeln in Verbreitungsabsicht eine sinnvolle Einschränkung der Strafbarkeit darstellen. Es ist Rochlitz zu widersprechen, wenn er meint, subjektive Merkmale seien den §§ 106 ff. UrhG fremd. Nicht nur bei den Schrankenbestimmungen260, sondern auch beim Begriff der „Öffentlichkeit" 261 existieren subjektive Merkmale. Gleichwohl halte ich im Ergebnis eine Einschränkung des Tatbestands für sinnvoller, die die Strafbarkeit auf Handeln in Erwerbsabsicht beschränkt. Weber 262 meint, die Verbreitung einzelner Vervielfältigungsstücke, die legal hergestellt sind, erreiche nicht die Schwelle strafwürdigen 263 Unrechts. Wegen der Notwendigkeit des zivilrechtlichen Instrumentariums komme aber eine Streichung des § 53 Abs. 5 S. 1 UrhG nicht in Betracht. Vielmehr sei es notwendig, den §§ 106ff. UrhG eine spezielle Ausnahmevorschrift hinzuzufügen. Ich halte auch insofern das Erfordernis eines Handelns in Erwerbsabsicht für die einfachere und bessere Lösung. Mehrere Autoren 264 halten die Pönalisierung der öffentlichen Wiedergabe nicht für sinnvoll. Unbefugte unkörperliche Nutzungen seien Ausnahmen und nicht besonders schadensträchtig.265 Insgesamt sei fraglich, ob das geschützte Rechtsgut als 256

Alternativentwurf, S. 115; Flechsig, AfP 1978, S.20 u. GRUR 1978, S.289; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 131; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.435 u. FS-Sarstedt, S.385 u. FuR 1980, S.341; a. Α.: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.257; ähnlich: Müller-Gugenberger, §45 Rn. 109, Fn. 103. 257 Alternativentwurf, S. 115; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 131; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.436. 258 Müller-Gugenberger, §45 Rn. 109, Fn. 103; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.256. 259 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.256 f. 260 Zu den subjektiven Merkmalen der Schrankenbestimmungen: Kap. 2 E. III. 261 Zum Begriff der „Öffentlichkeit": Kap. 2 D. III. 2. b. 262 Weber, Wesen, S.68. 263 Zur Strafwürdigkeit als Voraussetzung für den Einsatz des Strafrechts: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 124f., m.w.N. 264 Kann, S. 139; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.250 ff. u. S.255 u. S.260; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.387f. u. S.426ff. u. FuR 1980, S.342 u. Wesen, S.69; a. A. nur: Walter, FuR 1980, S.361 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.58 f. 265 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.252; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.427 u. Wesen, S.69.

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

tragend angesehen werden kann. 266 Zudem sei regelmäßig problematisch, ob die Wiedergabe öffentlich 267 geschehe.268 Schließlich könne die Wiedergabe wegen des Erfordernisses der Öffentlichkeit von den Rechtsinhabern und den Überwachungsorganisationen ohne weiteres festgestellt werden, so dass die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche sichergestellt sei. 269 Auch ich bin der Auffassung, dass auf das strafbewehrte Verbot der öffentlichen Wiedergabe verzichtet werden kann. Die wenigen bekannten Fälle 270 zur öffentlichen Wiedergabe weisen sämtlich die Besonderheiten auf, dass sie wohl ohne Einbuße hätten zivilrechtlich entschieden werden können. Es verwundert, wenn teilweise dieselben Autoren 271 , die gegen die Pönalisierung der öffentlichen Wiedergabe eintreten, das Ausstellungsrecht strafrechtlich schützen wollen. Lampe272 stellt zu Recht fest, dass ein derartiger Tatbestand ohne praktische Bedeutung bleiben wird.

2. Versuchsstrafbarkeit Ob die Versuchsstrafbarkeit sinnvoll ist, ist umstritten: Einen Teil der Literatur überzeugt die Versuchsstrafbarkeit nicht, weil sie unnötig sei.273 Die Vollendungsstrafbarkeit greife nämlich so früh ein, dass für strafwürdige Versuche kein Raum bliebe.274 Sogar die Herstellung von Vorrichtungen, die ihrerseits erst die technischen Mittel zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken sind, etwa von Druckstöcken, Offsetfolien oder Masterbändern, sei Vervielfältigung. 275 Auch das Anbieten stelle nach Auffassung der meisten Autoren 276 nicht lediglich einen Versuch dar, sondern sei selbst tatbestandsmäßig.277 Überdies liege beim Ver266

Kann, S. 139; Weber, Der strafrenchtliche Schutz, S.388. Vgl. zum Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Wiedergabe: Kap. 2 D. IV. 268 Weber, Wesen, S. 69. 269 Kann, S. 139; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.250; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.387f. u. S.426ff. u. Wesen, S.69. 270 LG Köln, Schulze, LGSt 1,1 („Narrenzunft"); LG München I UFITA Bd. 46, 369, 369 f. („Tägl. Fernsehen"); AG Düsseldorf, Schulze, AGSt 1, 1 („Gastwirt"). 271 Alternativentwurf, S. 117; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 126; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.428f. u. FuR 1980, S.342 u. Handwörterbuch, S.6. 272 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 131. 273 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.251 f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.430f. u. FS-Stree/Wessels, S.614, Fn.6 u. Handwörterbuch, S.9 u. Wesen, S.63; differenzierend zwischen Vervielfältigung und Verbreitung: Kann, S. 145 f.; skeptisch auch: Jung, JuS 1990, S. 857. 274 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.251; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.430f. u. FS-Stree/Wessels, S.614, Fn.6 u. Handwörterbuch, S.9 u. Wesen, S.63. 275 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 13; Weber, Wesen, S. 63; vgl. zum Streitstand bei der Herstellung von VervielfältigungsVorprodukten: Kap.2 D.II.3. 276 Zur zutreffenden gegenteiligen Auffassung: Kap. 2 D. III. 4. a. 277 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.79; Weber, Wesen, S.63. 267

E. Reformvorschläge

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such ein greifbarer Schaden noch nicht vor. 278 Bereits die unerlaubte Vervielfältigung könne als Gefährdungsdelikt hinsichtlich der unerlaubten Verbreitung aufgefasst werden. 279 Schließlich könne gegen Tätigkeiten im Vorfeldbereich, etwa gegen Vorrichtungen zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken, wirksam mit dem Vernichtungsanspruch nach § 98 Abs. 2 UrhG vorgegangen werden. 280 Andere Autoren 281 halten dagegen mit dem Gesetzgeber282 die Versuchsstrafbarkeit für sinnvoll. Denn es dürfe nicht darauf ankommen, ob der Täter kurz vor, während oder nach der Tat ertappt wird. 283 Oft könne die fertige Piraterieware nicht gefunden werden. 284 Die Versuchsstrafbarkeit helfe hier, Beweisschwierigkeiten zu vermeiden. 285 Schließlich vereinfache die Versuchsstrafbarkeit die Möglichkeiten von Einziehung und Sicherstellung. 286 Meines Erachtens schafft die Versuchsstrafbarkeit mehr Probleme als sie beseitigt. Viel zu wenig wurde insofern das Ausmaß der Probleme gewürdigt, das die Versuchsstrafbarkeit im Bereich des untauglichen Versuchs verursacht. Auch die Argumentation, die Versuchsstrafbarkeit würde Beweis Schwierigkeiten vermeiden, greift im Urheberrecht kaum. Denn da Beweisschwierigkeiten zumeist die Frage des Vorsatznachweises betreffen, ändert die Versuchsstrafbarkeit hier nichts.287 Im Übrigen fehlt es an strafwürdigen Fällen. Auch im Bereich der Einziehung ist die Versuchsstrafbarkeit der Urheberrechtsdelikte nicht notwendig, da auch die Herstellung von Werkteilen strafbar ist. 288 3. Strafbarkeit allein gewerbsmäßigen Handelns Ein Teil der Literatur hält die Beschränkung der Strafbarkeit auf gewerbsmäßiges Handeln289 für sinnvoll. 290 Eine derartige Beschränkung würde zu einer Entlastung 278

Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.430. Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.430. 280 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.430 u. FS-Stree/Wessels, S.614, Fn.6 u. in: Gummig, S.417; insofern kritisch: Kann, S. 145. 281 Rupp, Computersoftware, S. 240; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn. 7. 282 BT-Drucks. 11/4792, S.24. 283 Rupp, Computersoftware, S.240. 284 BT-Drucks. 11/4792, S.24. 285 v. Gravenreuth, in: Gummig, S.417; Westphal, S.990. 286 Jung, JuS 1990 , S. 857; Lührs, S.265 u. S.268; Schricker-Haß, Urheberrecht, § 110 UrhG Rn.7. 287 Weber, in: Gummig, S.417. 288 Vgl. hierzu: Kap. 2 C. 1.4. 289 Zur Strafbarkeit allein gewerbsmäßigen Handelns in KUG und LUG vgl.: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.208. 290 Kreile, FS-Roeber, S. 254; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 260; wohl auch: Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 161; zum Softwarebereich: Martin, S.252; kritisch hierzu: Weber, Wesen, S.66, Fn.53. 279

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

der Strafverfolgungsorgane führen. 291 Auch zeige der Vergleich mit dem englischen Recht, dass das deutsche Recht zu weit greife und letztlich die Verletzung von Lizenzverträgen pönalisiert. 292 Ferner seien Urheberrechtsverletzungen nur dann strafwürdig, wenn sie professionell und zur großangelegten Schädigung des Urhebers praktiziert werden. 293 Andere 294 halten dagegen das zusätzliche Tatbestandsmerkmal nicht für wünschenswert. Denn gewerbsmäßiges Handeln könne häufig nicht nachgewiesen werden.295 Dies folge daraus, dass in der Praxis erst demjenigen Täter gewerbsmäßiges Handeln296 nachgewiesen werden könne, der wiederholt überführt wird. 297 Ferner sei es im vermögensdeliktischen Bereich systemfremd, gewerbsmäßiges Handeln bereits zur Strafbegründung und nicht erst zur Strafschärfung heranzuziehen.298 Auch gäbe es strafwürdige Fälle von Schutzrechtsverletzungen, die nicht gewerbsmäßig erfolgen oder in denen gewerbsmäßiges Handeln jedenfalls nicht mit hinreichender Sicherheit nachzuweisen ist. 299 Dies sei etwa der Fall, wenn ein Spediteur als Gelegenheitstäter in einer einmaligen Aktion eine ganze Ladung von Piraterieprodukten vom Hersteller an den Händler liefert. 300 Schließlich bestehe die Gefahr, dass sichergestellte Ware im Einzelfall wieder freigegeben werden muss, da zu Beginn der Ermittlungen der Umfang der Verletzungshandlung häufig nicht absehbar ist. 301 Als Teillösung schlägt Meier 302 vor, bei der Verbreitung sei das Merkmal „zu Erwerbszwecken" zu fordern. Dem hat Weber 303 mit der Begründung widersprochen, es sei nicht einsehbar, warum zwischen Vervielfältigung und Verbreitung zu differenzieren sei, zumal das Vervielfältigen nur eine Vorbereitungshandlung des Verbreitens darstelle. Auch ich habe Bedenken gegenüber der Beschränkung der Strafbarkeit auf gewerbsmäßiges Handeln. Denn weil für gewerbsmäßiges Handeln die Absicht erforderlich ist, eine Einnahmequelle von einiger Dauer anzustreben, würde das Tatbestandsmerkmal in der Tat zu Beweisschwierigkeiten führen. Diesen Schwierigkeiten aber könnte durch eine Begrenzung der Strafbarkeit auf Verwertungshandlungen „zu Erwerbszwecken" wirkungsvoll begegnet werden. Hierauf wird unten304 zurückzukommen sein. 291

Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.260; so auch: Kann, S. 143. Franzheim, NJW-CoR 1994, S. 161. 293 Kreile, FS-Roeber, S.254. 294 Kann, S. 143; Weber, Wesen, S.66 f. 295 BT-Drucks. 11/4792, S.24; Kann, S. 143; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.433. 296 Vgl. zum Begriff der Gewerbsmäßigkeit: Kapitel 5. 297 Kann, S. 143. 298 Weber, Wesen, S.66. 299 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.433 u. Wesen, S.67. 300 Webery Wesen, S.67. 292

301 302 303

BT-Drucks. 11/4792, S.24. Meier, S. 665. Weber, Wesen, S.66, mit Fn.53; vgl. auch: Letzgus, S.287.

E. Reformvorschläge

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4. Strafmaß Als das Strafmaß der §§ 106 ff. UrhG noch wesentlich niedriger war, wurde von einer Vielzahl von Autoren die Anhebung vorgeschlagen. Als durch das Produktpirateriegesetz von 1990305 die Anhebung der Strafdrohung für Urheberrechtsverletzungen nach § 106 UrhG auf drei Jahre Freiheitsstrafe im Höchstmaß erfolgte 306, wurde dies begrüßt. 307 Zur Rechtfertigung des höheren Strafmaßes wurde von einem Teil der Literatur auf die Parallele zum Diebstahl verwiesen. 308 Außerdem werde eine geringe Strafdrohung dem Gedanken der Generalprävention nicht gerecht. 309

5. Besonderheiten bei Computerprogrammen Ein großer Teil der Literatur schlägt vor, im Rahmen des § 53 UrhG auch das Kopieren von Computerprogrammen zu erlauben und statt dessen eine Leerspeicherabgabe einzuführen. 310 Die Einschränkung durch die Vorschriften der §§ 69 a Abs. 4 Hs. 2, 69 c Nr. 1, 69 d UrhG sei zu streichen. 311 Denn insgesamt drohe im Computerbereich die Gefahr einer Überkriminalisierung. 312 Die allgemeine Regelung des § 53 UrhG habe sich bewährt. 313 Auch seien die Entwicklungskosten für Computerprogramme bei weitem nicht mehr so hoch wie in der Anfangsphase. 314 Computerprogramme unterschieden sich deswegen nicht von zahlreichen anderen urheberrechtlich geschützten Werken. 315 Überdies sei eine Kontrolle vor allem im privaten Bereich nicht möglich, so dass eine Aufklärung lediglich durch Zufall oder Denunzia304

Vgl. zum Ausblick: Kap. 10 F. Dazu: BT-Drucks. 11/4792. 306 Zur Parallelentwicklung im Ausland: Sieber, CR 1995, S. 109, m. w. N. 307 Schricker-Haß, Urheberrecht, vor §§ 106ff. UrhG; Weber, Wesen, S.59; vgl. auch: Hentschel, Videorecht, S. 118; Weber, FuR 1980, S. 342. 308 Ausführlicher: Flechsig, AfP 1978, S. 19f. u. GRUR 1978, S.291 u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 23 f.; Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn. 2; Hentschel, FuR 1982, S.245 u. Gema-Nachrichten, H. 119, S. 18 u. Videorecht, S. 117; Hubmann, Rechtsprechung, S. 20; Rochlitz, Rechtspolitische Überlegungen, S. 55; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 124; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 162; kritisch hierzu: Weber, Wesen, S.60; vgl. auch: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 59 u. S. 66f. 309 BT-Drucks. 11/4792, S. 17; Flechsig, FuR 1980, S. 349; W. Nordemann, NStZ 1982, S.374. 3,0 Burger, S. 801 f.; Heinrich, S. 254ff. u. S. 330 u. S. 344ff.; Meier, S. 665; Weber, FuR 1980, S. 341 u. Handwörterbuch, S.6f. u. Wesen, S.67 f. u. in: Gummig, S.417; wohl auch: Bauer, S.9; Beermann, S.613; Bornmüller, S. 17f.; Enquete Kommission, S.30; Müller-Gugenberger, §45 Rn.95; Spautz, ZUM 1990, S. 165. 311 Ausführlich: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.254 u. S.330 u. S.344 ff. 312 Beermann, S.613; Franzheim, CR 1993, S. 101; Martin, S.252. 313 Heinrich, Die Strafbarkeit, S.250f. 3,4 Heinrich, S.258; Weber, Wesen, S.68. 315 Bornmüller, S. 17f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.254 ff. u. S.346f. 305

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

tion möglich sei. 316 Durchsuchungen seien im privaten Bereich ohnehin regelmäßig unverhältnismäßig.317 Es könne nicht richtig sein, wenn sich die Praxis in diesen Fällen mit der Einstellung des Verfahrens oder der Verweisung auf den Privatklageweg behilft. 318 Schließlich bestehe in der Bevölkerung im Bereich privaten Kopierens kein Unrechtsbewusstsein.319 Die Gegenansicht wird allein durch v. Gravenreuth 320 vertreten. Er verweist auf den hohen Entwicklungsaufwand für Computerprogramme und die Tatsache, dass Leerdisketten anders als leere Ton- und Bildträger überwiegend nicht zur Kopie fremder Programme, sondern zur Speicherung eigener Daten verwendet würden. Ich halte die Einwände v. Gravenreuths nicht für überzeugend. Ein sachlicher Unterschied von Computerprogrammen zu anderen Werkgattungen besteht nicht. Jedenfalls im Strafrecht sind deswegen die Ausnahmevorschriften ohnehin verfassungswidrig. 321 Anders als im Zivilrecht, wo die Aufhebung der Sondervorschrift im Widerspruch zu Verpflichtungen in mehreren internationalen Abkommen steht,322 existiert im Strafrecht keine derartige Verpflichtung. 323 Der sinnvollste Weg, nämlich die Ausnahmevorschrift zu Gunsten einer Leerspeicherabgabe zu beseitigen, wird deswegen im Zivilrecht aus praktischen Gründen leider kaum gangbar sein. Franzheim 324 schlägt vor, es solle ein eigenständiger strafrechtlicher Vervielfältigungsbegriff geschaffen werden, der das bloße Laden von Computerprogrammen in den Arbeitsspeicher von der Strafbarkeit ausnimmt. Wie ich oben325 dargestellt habe, würde eine derartige Änderung ohnehin nur das geltende Recht fixieren und allenfalls zur Klärung einer literarischen Streitfrage beitragen.

I I I . Vorschläge bezüglich § 107 UrhG Ein Großteil der Literatur 326 tritt dafür ein, § 107 UrhG abzuschaffen. Vor allem fehle es der Vorschrift an praktischer Bedeutung.327 Das materielle Kernstrafrecht 316 Bornmüller, S. 17 f.; Heinrich, Die Strafbarkeit, S.257 f. u. S.347; Müller-Gugenberger, §45 Rn.95; vgl. auch: Platho, S. 395; Schaefer, Handbuch, S.516; Schaefer/Körfer, S. 10. 317 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 330 u. S. 338 ff. 318 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 346. 3,9 Müller-Gugenberger, §45 Rn.95. 320 Gravenreuth, in: Ulrich/Wagner, S.74. 321 Vgl. insofern: Kap. 2 E. IX. 2. 322 Ausführlicher: Heinrich, Die Strafbarkeit, S.259f. 323 Franzheim,, CR 1993, S. 103. 324 Franzheim, CR 1993, S. 103 u. NJW-CoR 1994, S. 161 f.. 325 Vgl. zum Laden in den Arbeitsspeicher: Kap.2 D.II.5.b. 326 Burger, S. 801 ; Flechsig, AfP 1978, S. 20 u. GRUR 1978, S. 289; Kann, S. 144; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.259; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 176 u. S. 192; Weber, Handwörterbuch, S. 8 (zu § 107 Abs. 1 Nr. 1 UrhG). 327 Dahn, S. 132 u. S. 134; Flechsig, AfP 1978, S.20 u. GRUR 1978, S.289; Kann, S. 144; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 176.

E. Reformvorschläge

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sei ausreichend.328Außerdem bestünden Zweifel, ob das von § 107 UrhG pönalisierte Verhalten strafwürdig ist. 329 Ferner führe die Streichung der Vorschrift nicht zu einer Schwächung des Schutzes geistigen Eigentums, sondern durch die Konzentration auf das Wesentliche zu dessen Stärkung. 330 Die Vorschrift täusche einen intensiven Urheberschutz allenfalls vor. 331 Andere, nicht pönalisierte Verstöße gegen das Urheberpersönlichkeitsrecht wögen schwerer oder mindestens ebenso schwer. 332 Auch die Rechtsvergleichung im übrigen deutschsprachigen Raum, wo überall eine entsprechende Vorschrift fehle, bestätige die Forderung nach Streichung. 333 Weber 334 hält gar Tradition für den einzigen, nicht gerade überzeugenden Grund für die Beibehaltung der Vorschrift. Dagegen möchte Löffler 335 die Vorschrift beibehalten, da sie sich in den Fällen, in denen dem Täter bestimmte Merkmale des Vorsatzes nicht nachgewiesen werden könnten, als wichtiger Vorfeldtatbestand zu den §§ 267, 263 StGB erweise. Meines Erachtens gibt es für die Beibehaltung des ohnehin verfassungswidrigen 336 § 107 UrhG keine gewichtigen Gründe. Die Argumentation Löfflers wird schon durch die fehlende praktische Bedeutung der Vorschrift widerlegt. Für den Fall der Beibehaltung des § 107 UrhG wurden mehrere Vorschläge zur Verbesserung der Vorschrift unterbreitet: So sei die Subsidiaritätsklausel im Hinblick auf Nr. 1 zu streichen. 337 Denn der in der Verletzung von § 107 UrhG liegende Unrechtsgehalt 338 werde von § 267 und § 263 StGB nicht erfasst. 339 In der Subsidia328

Flechsig, AfP 1978, S.20 u. GRUR 1978, S.289. Alternativentwurf, S. 119; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S.62 ff. 330 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 176 u. S. 192 f. 331 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 176ff.; ähnlich: Kann, S. 144f. 332 Für die Zerstörung des Werks: Alternativentwurf, S. 119; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 179ff.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.252 u. 254 u. Handwörterbuch, S. 8; für die Entstellung des Werks: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 179 u. S. 181; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.252 u. 254 u. Handwörterbuch, S. 8; für die unbefugte Veröffentlichung: Alternativentwurf, S. 119; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 180f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.406 u. S.408 u. Handwörterbuch, S.8; für das Bestreiten der Urheberschaft durch Verwendung des Werks unter falscher Urheberbezeichnung: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 180f.; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.419; für das Unterlassen der Quellenangabe: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 181. 333 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 190; vgl. aber kritisch zum Fehlen eines entsprechenden Tatbestands im österreichischen Recht: Walter, FuR 1980, S.361 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.59 f. 334 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.422. 335 Löffler, S. 1429. 336 Vgl. zur Verfassungswidrigkeit: Kap. 3 E. 337 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 148 u. S. 195; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.361 u. S.422; ähnlich: Schricker-Haß, Urheberrecht, § 107 UrhG Rn. 15. 338 Vgl. zum Rechtsgüterschutz: Kap. 3 A. 339 Löffler, S. 1429; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 150; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.361 u. S.422. 329

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

ritätsklausel komme lediglich zum Ausdruck, dass der Schutz des Urheberpersönlichkeitsrechts niederrangig sei. 340 Über die Frage, ob bei Nr. 2 die Klausel vertretbar ist, besteht in der Literatur keine Einigkeit. 341 Schließlich ist das Antragserfordernis kritisiert worden. 342

IV. Vorschläge bezüglich § 108 UrhG Nachdem ich die Vorschläge und Argumente vorgestellt habe, die zur Vorschrift des § 108 UrhG im Ganzen vorgetragen werden (l) 3 4 3 , sollen die Einzelheiten bei den verschiedenen Tatbeständen erörtert werden (2) 344 . 1. Vorschläge zur Vorschrift insgesamt Ein Teil der Literatur ist der Auffassung, die Vorschrift des § 108 UrhG solle ganz345 oder jedenfalls teilweise346 gestrichen werden. Die Vorschrift schütze im Gegensatz zu § 106 UrhG kein einheitliches Rechtsgut.347 Da den verwandten Schutzrechten des § 108 UrhG das Merkmal der persönlichen geistigen Schöpfung fehle, sei ihr Strafrechtsschutz nicht in der Weise unanfechtbar wie bei § 106 UrhG. 348 Die betroffenen Rechtsgüter ständen im Rang unter dem Urheberrecht. 349 Vielmehr sei das Wettbewerbsrecht der richtige Standort. 350 Dort aber sei ein Verwerten fremder Leistung in § 18 UWG nur unter der zusätzlichen Voraussetzung mit Strafe bedroht, dass die Sache dem Täter anvertraut wurde. 351 Soweit in anderen Gesetzen auch 340 Lampe, UFITA 83 (1978), S.21; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 148; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.361. 341 Bejahend: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 174 u. S. 195; Löffler, S. 1429. 342 Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 130; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.265 u. S. 370. 343 Zur gesamten Vorschrift: Kap. 10 E.IV. 1. 344 Zu den Einzeltatbeständen: Kap. 10 E.IV.2. 345 Alternativentwurf, S. 119 u. S. 121; Burger, S. 800; Dahn, S. 134; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 121; Fromm/Nordemann-Vinck, § 108 UrhG; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 382ff.; ähnlich auch: Erbs/Kohlhaas-Meurer, § 108 UrhG Rn. 1. 346 Knap, S.376; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 193; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.568; Weber, FS-Sarstedt, S.388 ff. u. FuR 1980, S.343f. 347 Alternativentwurf, S. 119 u. S. 121; Knap, S.376; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 121; ausführlicher: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.383f. u. FS-Sarstedt, S.388 u. FuR 1980, S.343. 348 Weber, Handwörterbuch, S.7 u. Wesen, S.61. 349 Alternativentwurf, S. 119 u. 121; Knap, S.376; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 121; ausführlicher: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.384f. u. FS-Sarstedt, S.388 u. FuR 1980, S.343 f. u. in: Roeber, S.393f. 350 Burger, S.800; Knap, S.376; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.389f. u. Wesen, S.61. 351 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.389; hierzu kritisch: Rochlitz, UFITA 83 (1978), S. 82 f.

E. Reformvorschläge

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wettbewerbliche Interessen geschützt werden, rechtfertige sich dies dadurch, dass neben den Interessen der Gewerbetreibenden auch weitere Rechtsgüter geschützt würden. 352 Schließlich entlaste eine Streichung die Strafverfolgungsbehörden 353 und könne zu einer Rückbesinnung des Strafrechts auf einen Kernbereich führen 354. Andere hingegen halten die Streichung des § 108 UrhG nicht für wünschenswert. 355 Denn die Leistungsschutzrechte unterfielen ebenso wie das Urheberrecht dem Vermögen 356 und genössen den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG 357 . Eine Hierarchie zwischen den verschiedenen Rechten bestehe nicht, 358 zumal es sich in beiden Fällen letztlich um menschliche geistige Leistung handele359. Auch in anderen Bereichen, etwa im Wettbewerbs- oder Patentrecht, gebe es strafrechtlichen Schutz unternehmerischer Leistungen.360 Im Falle der Streichung bestehe keine wirksame Abschreckung vor Rechtsverletzungen,361 da das zivilrechtliche Instrumentarium nicht ausreiche362. Auch handele es sich bei der Verletzung von Leistungsschutzrechten nicht um eine bloße Störung des Betriebsablaufs wie beim Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, sondern um ein Ausnutzen fremder Leistung mit Gewinnstreben.363 Der Schutz vor dieser Ausbeutung fremder Leistung liege im öffentlichen Interesse und sei strafwürdig. 364 Überdies hätten die verwandten Schutzrechte im Rahmen der EU Anerkennung gefunden. 365 Auch könne die Verletzung eines verwandten Schutzrechts ebenso gravierend sein wie die des Urheberrechts. 366 Schließlich könnten wegen der schnellen technischen Entwicklung scheinbar bedeutungslose Vorschriften plötzlich Bedeutung erlangen. 367 352

Sehr ausführlich: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 147 ff. Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 193. 354 Knap, S.376; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 160f. 355 Flechsig, AfP 1978, S. 19 u. GRUR 1978, S.290 u. S.292 f. u. UFITA 84 (1979), S.358; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 23 Fn. 63 u. S. 24; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 243 ff. u. S.257 u. FuR 1980, S.357ff. u. UFITA 83 (1978), S.81. 356 Flechsig, AfP 1978, S. 19 u. GRUR 1978, S.290; ausführlicher: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.248f. u. S.258 u. FuR 1980, S.358 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.51 f. 357 Flechsig, AfP 1978, S. 19 u. GRUR 1978, S.290 u. UFITA 84 (1979), S.357; Hubmann, Rechtsprechung, S.20. 358 Ausführlicher: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S. 244ff.; Walter, FuR 1980, S.363 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.62; ähnlich: Flechsig, AfP 1978, S. 19; Kann, S. 134. 359 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.243. 360 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.246 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.50; kritisch hierzu: Kann, S. 134. 361 F/ec/w/g, GRUR 1978, S.290 f.\Spautz, FuR 1978,S.748; Weber, Handwörterbuch, S. 1. 362 Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.247f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S.46; Spautz, FuR 1978, S.748. 363 Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.82ff. 364 Rochlitz, UFITA 83 (1978), S. 84 u. S. 87. 365 Flechsig, AfP 1978, S. 19, unter Hinweis auf: EuGH GRUR Int. 1971, 450 („Polydor"). 366 Kann, S. 134; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.568. 367 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.24. 353

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

Weber 368 weist daraufhin, es sei dafür zu sorgen, dass Verletzungshandlungen nach § 108 UrhG mit einem geringeren Strafmaß wie die nach § 106 UrhG bedroht werden, solange die Abschaffung der Tatbestände des § 108 UrhG nicht durchsetzbar ist. Denn die Sachlage mit einem Vollrecht und einem beschränkten Recht sei vergleichbar der bei § 242 StGB und § 289 StGB, wo auch im Strafmaß differenziert wird. 369 Wie bei § 106 UrhG schlägt Weber 370 vor, auch bei den Verletzungstatbeständen nach § 108 UrhG die Vervielfältigung nur bei einem Handeln in Verbreitungsabsicht unter Strafe zu stellen. Insofern sei auf die Ausführungen oben371 verwiesen. Kann 372 möchte die Vermutung des § 10 UrhG, jedenfalls bezüglich des Schutzes ausübender Künstler, in der Weise erweitern, dass davon auszugehen sei, dass Aufnahmen von öffentlichen Konzerten und sonstigen Darbietungen grundsätzlich so zu betrachten seien, als seien sie ohne Zustimmung des Künstlers entstanden. Denn die Vermutung könne dann ein wirksames Instrument zur Bekämpfung von Bootlegs darstellen. Ich halte diesen Vorschlag nicht für ausreichend durchdacht. Denn im Ergebnis würde in diesem Bereich durch eine derartige Ausweitung der Vermutung praktisch jedes Handeln ohne schriftlichen Lizenzvertrag unter Strafe gestellt. Dies aber widerspricht dem Grundsatz der Formfreiheit von Lizenzverträgen in §§ 31 ff. UrhG und würde zu einer unvertretbaren Ausdehnung der Strafbarkeit führen.

2. Vorschläge zu den einzelnen Tatbeständen Im Einzelnen wurde im Hinblick auf die verschiedenen Tatbestände des § 108 UrhG Unterschiedliches vorgetragen. Hierbei fällt auf, dass sich bislang kein Autor ausdrücklich für die Beibehaltung der Nummern 1,2 oder 8 3 7 3 eingesetzt hat. Der Schutz von Lichtbildern nach § 108 Abs. 1 Nr. 3 UrhG wird fast allgemein für überzogen gehalten.374 In vielen Fällen, etwa bei Amateuraufnahmen, fehle der Anreiz für Rechtsverletzungen.375 Auch könne das Strafrecht seine Glaubwürdigkeit als Instrument zur Bekämpfung sozialschädlichen Verhaltens verlieren, wenn jedes Bild eines Hobbyfotografen geschützt wird. 376 Insofern genüge der zivilrechtliche Schutz.377 368

Weber, FS-Sarstedt, S. 390 u. FuR 1980, S. 344 u. JZ 1993, S. 107 u. Wesen, S. 62. Weber, Wesen, S.62. 370 Weber, Wesen, S.68. 371 Vgl. zu den Vorschlägen hinsichtlich der Tathandlung: Kap. 10 E.II. 1. 372 Kann, S. 156. 373 Vgl. zur Verfassungswidrigkeit des § 108 Abs. 1 Nr. 8 UrhG: Kap. 4 M. 374 Vgl.: Alternativentwurf, S. 121; Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S.22; Rochlitz, Rechtspolitische Überlegungen, S.53; Weber, FS-Sarstedt, S.388 u. FuR 1980, S.343. 375 Ausführlicher: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.385 f. 376 Kann, S. 138; Weber, FS-Sarstedt, S.388 u. FuR 1980, S.343. 377 Kann,S. 138 f. 369

E. Reformvorschläge

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Den Schutz des professionellen Lichtbildners wollen manche378 dagegen beibehalten. Kann 379 schlägt diesbezüglich vor, eine Beschränkung des Schutzes auf solche Tatobjekte durch Einfügung des Tatbestandsmerkmals „gewerblich" zu erreichen. Der Schutz von Darbietungen ausübender Künstler nach § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG wird grundsätzlich fast allgemein befürwortet, da der ausübende Künstler als Nachschöpfer schutzwürdig sei und seine Leistung der des Urhebers sehr nahe stehe.380 Überdies seien insbesondere ausübende Künstler immer stärkeren Verletzungsmöglichkeiten ausgesetzt und müssten in arbeits- und wirtschaftsrechtlicher Hinsicht abgesichert werden. 381 Wegen der damit verbundenen Kosten seien die Betroffenen nicht in der Lage, ihre Rechte zivilrechtlich durchzusetzen.382 Dagegen fehle es bei der öffentlichen Wahrnehmbarmachung der Darbietung eines ausübenden Künstlers mittels Lautsprecher nach § 108 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 74 UrhG an einer für eine Pönalisierung ausreichenden Verletzungsintensität.383 Auch gebe es diesbezüglich kein praktisches Bedürfnis für Strafrechtsschutz. 384 Kann 385 meint außerdem, der durch die Vorschrift gewährte Schutz entspreche regelmäßig nicht den Interessen des Künstlers, da diesem in den Fällen, in denen eine Übertragung erfolgte, ohnehin kein Eintrittsgeld entgangen sei, weil keine Zuschauerplätze mehr verfügbar waren. Auch der strafrechtliche Schutz des Vermietrechts gemäß § 108 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 75 UrhG wird von Kann abgelehnt.386 Soweit sie dies aber mit mangelnder Praktikabilität begründet, weil das Vermietrecht als Verbotsrecht ausgestaltet sei und sich der Vermieter mit Unkenntnis eines vom Berechtigten ausgesprochenen Verbotes herausreden könne, irrt Kann. Denn die Rechtslage entspricht der bei §§ 106,17 UrhG. Dies hat zur Folge, dass die Verwertung solange unzulässig erfolgt, wie sie nicht ausdrücklich gestattet wurde. Äußerst umstritten ist die Berechtigung des Schutzes der Tonträgerhersteller nach §108 Abs. 1 Nr. 5 UrhG: 378

Kann, S. 138; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.260. Kann, S. 139. 380 Kann, S. 134ff.; Knap, S. 376; Rochlitz, FuR 1980, S. 358 u. Rechtspolitische Überlegungen, S. 49 u. UFITA 83 (1978), S. 82 u. S. 85, m. w. N.; Weber, FS-Sarstedt, S. 390 u. S. 392 u. FuR 1980, S.344; ähnlich: Spautz, FuR 1978, S.748f.; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.568. 381 Flechsig, GRUR 1978, S.290. 382 Spautz, FuR 1978, S. 748. 383 Kann, S. 138; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.252 u. S.260; ausführlicher: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.387f. 384 Alternativentwurf, S. 121; Kann, S. 137; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.252 u. S.255; ausführlicher: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.387f.; ähnlich: Ulmer, Urheberund Verlagsrecht, S.568. 385 Kann, S. 138. 386 Kann, S. 165 f. 379

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

Ein Teil der Literatur schlägt die Streichung des Tatbestands vor, da es sich um einen systemwidrigen Sonderschutz eines einzelnen Wirtschaftsbereichs handele.387 Die wirtschaftlich organisierten Leistungen der Tonträgerhersteller stünden dem Urheberrecht nicht nahe.388 Zudem hätten die Inhaber von Leistungsschutzrechten im Bereich der Musik meist den gesamten Apparat der GEMA hinter sich.389 Andere hingegen wollen den Schutz beibehalten.390 Denn das Recht der Tonträgerhersteller sei in erheblichem Maße verletzungsanfällig. 391 Im Falle der Streichung des § 108 Abs. 1 Nr. 5 UrhG blieben die schutzwürdigen wettbewerblichen Vermögensinteressen ohne ausreichende strafrechtliche Sicherung, 392 zumal das zivilrechtliche Vorgehen gegen Rechtsverletzungen erhebliche Schwierigkeiten mit sich bringe 393. Werkurheber, ausübende Künstler und Tonträgerhersteller seien insofern gemeinsam betroffen. 394 Schließlich würde eine Streichung des Leistungsschutzrechts der Tonträgerhersteller im Bereich der Musikpiraterie dazu führen, dass diese zwar als einzige praktisch zur Rechtsverfolgung in der Lage seien, aber nicht mehr berechtigt zur Durchführung eines Strafverfahrens. 395 Auch gegen den Schutz von Sendeunternehmen nach § 108 Abs. 1 Nr. 6 UrhG wird vorgebracht, es handele sich um den Schutz eines bestimmten Gewerbezweiges ohne hinreichende Legitimation.396 Überdies gebe es kaum praktisch relevante Verletzungsmöglichkeiten. 397 Schließlich seien die Täter wegen des Aufwands und Genehmigungserfordernisses zur Errichtung einer Sendeanlage relativ leicht ausfindig zu machen.398 Nach der Gegenansicht indes soll es durchaus bedeutsame Verletzungsmöglichkeiten durch Piratensender geben.399 Burger gibt insofern zu bedenken, dass es auch 387

Alternativentwurf, S. 121; Burger, S.800; Knap, S.376; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 144ff. u. insbesondere S. 152 u. S. 158; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.390 u. FSSarstedt, S. 390 u. FuR 1980, S. 344. 388 Weber, FS-Sarstedt, S.390; ähnlich: Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 158. 389 Rochlitz., Der strafrechtliche Schutz, S.247. 390 Flechsig, AfP 1978, S. 19 u. FuR 1980, S.349 u. GRUR 1978, S.290 f. u. S.293; Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.82ff. u. FuR 1980, S.358 f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S.55; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.568. 391 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 159; Walter, FuR 1980, S.363 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.63; ähnlich: Rochlitz, Rechtspolitische Überlegungen, S.46 u. S.55; Spautz, FuR 1978, S. 748. 392 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 157. 393 Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.83 u. S.85 u. FuR 1980, S.355 f.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 141 f. 394 Rochlitz, in: Roeber, S.394. 395 Ausführlicher: Rochlitz, FuR 1980, S. 357 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.47f. 396 Burger, S.800; Knap, S.376; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.390 u. FuR 1980, S.344 u. FS-Sarstedt, S.390. 397 Alternativentwurf, S. 121; Kann, S. 136f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.251; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 386f.; vgl. auch: Burger, S. 800; Dähn, S. 134. 398 Kann, S. 136f.; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.251; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.386 f.

E. Reformvorschläge

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im Bereich des staatlichen Rundfunks und Fernsehens einen großzügigen Umgang mit geistigen Rechten gebe.400 Ich möchte insofern anmerken, dass in jüngerer Zeit das Internet vielfältige Verletzungsmöglichkeiten des Senderechts eröffnet. Ähnliche Züge weist die Diskussion für den Bereich des Schutzes der Hersteller von Laufbildern und Filmwerken nach § 108 Abs. 1 Nr. 7 UrhG. Während auch hier die Gegner 401 des Tatbestands auf den wettbewerbsrechtlichen Charakter der Vorschrift hinweisen, meinen die Befürworter, der Schutz sei wegen der hohen Zahl der Berechtigten 402 und der erheblichen Schäden durch Video- und Softwarepiraterie 403 unverzichtbar. Mit Ausnahme von § 108 Abs. 1 Nr. 4 UrhG halte auch ich den strafrechtlichen Schutz der verwandten Schutzrechte nicht für sinnvoll. Gerade bei komplizierten Sachverhalten mit Auslandsbezug provozieren die Tatbestände dazu, überforderte Strafrichter zu Fehlentscheidungen zu veranlassen.404 Zudem wird der Schutz der übrigen verwandten Schutzrechte mittelbar über den Schutz des ausübenden Künstlers 405 oder des Urhebers 406 gewährleistet, da auch diese regelmäßig in ihren Rechten verletzt sein werden. Insbesondere besteht hier die Möglichkeit einer vertraglichen Einräumung des Antragsrechts an den Nutzungsberechtigten für den Fall der Verletzung der entsprechenden Rechte.407 Das Argument, dieser Schutz genüge wegen des durch die Schutzfrist fragmentarischen Schutzes nicht, 408 greift meines Erachtens nicht durch. Denn in diesen Fällen müssen auch keine Lizenzgebühren an Dritte bezahlt werden, so dass die Herstellungskosten sehr viel niedriger liegen. Piraterie wird sich in diesen Fällen nur lohnen, wenn die Verletzten mit überzogenen Preisen kalkulieren. Schließlich dürfte heute die überwiegende Zahl relevanter Fälle von Schutzrechtsverletzungen, sofern sie nicht bereits von § 106 UrhG oder den Vorschriften des StGB erfasst werden, unter die §§ 143, 144 MarkenG fallen.

399

Burger, S.797 u. S.799; v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.23 f.; Walter, FuR 1980, S.363 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.62 f. 400 Burger, S.799. 401 Alternativentwurf, S. 121; Burger, S. 800; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.390 u. FuR 1980, S.344 u. FS-Sarstedt, S.390. 402 Rochlitz, FuR 1980, S.359. 403 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S.23 Fn.63 u. S.24. 404 Vgl. diesbezüglich: Katzenberger, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 1437 u. GRUR Int. 1992, S.513ff. 405 Ebenso: Kann, S. 135 ff. 406 So auch: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.388f. u. FS-Sarstedt, S.389. 407 Vgl. zum Antragsrecht der Inhaber von Nutzungsrechten: Kap. 7 A.I.2.b(3). 408 So aber: Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.244f. u. FuR 1980, S.357 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.48; Walter, FuR 1980, S.363 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.63.

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

V. Vorschläge bezüglich des Verfahrens Vor der Änderung des § 109 UrhG betraf ein erheblicher Teil der rechtspolitischen Vorschläge das Antragserfordernis, dessen Streichung meist vorgeschlagen wurde. 409 Die Gesetzesänderung mit der Möglichkeit einer Strafverfolgung ohne Antrag bei besonderem öffentlichen Interesse stößt zumeist auf Zustimmung.410 Nur wenige Autoren 411 wollen am allgemeinen Antragserfordernis festhalten. Burger 412 meint, die Verfolgung von Amts wegen könne im Einzelfall zu grotesken Ergebnissen führen. Teilweise wird im Strafantrag auch ein Mittel gesehen, den Verletzten dazu zu bewegen, zivilrechtlich Schadensersatz zu leisten413 oder einen Vertrag zu schließen.414 Gegenstand erheblicher Kritik ist nach wie vor das Privatklageerfordernis nach § 374 StPO. Nach Ansicht des überwiegenden Teils der Literatur solle die Vorschrift aus dem Katalog des § 374 StPO herausgenommen werden. 415 Denn durch die Herausnahme würde die Bedeutung der Urheberrechtsdelikte gehoben 416 Vor allem Lampe417 bringt eine Reihe von Argumenten vor: So fehle der lediglich historisch legitimierten Privatklage im vermögensrechtlichen Bereich jede Berechtigung. Das Privatklageerfordernis stehe einer wirkungsvollen Strafverfolgung entgegen. Gleichwohl sei nicht zu befürchten, dass die Strafgerichte mit Bagatelldelikten aus dem Bereich des Urheberstrafrechts überschwemmt würden. Flechsig ergänzt, das 409

Vgl. etwa: Deutsche Vereinigung, GRUR 1984, S.423; Flechsig, AfP 1978, S.20f. u. FuR 1980, S.350 u. GRUR 1978, S.291 ff. u. NStZ 1983, S.562f. u. ZRP 1980, S.316f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S.24 ff. u. in: Roeber, S.393; Göller, Videorecht, S. 119f. u. in: Roeber, S.393; v. Gravenreuth, GRUR 1985, S. 113f.; Hentschel, Videorecht, S. 117f.; Lampe, GA 1975, S.21 u. UFITA 87 (1980), S. 138f.; Lessing, S. 110; Nick, FuR 1980, S.390; W Nordemann, NStZ 1982, S.374; Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.86 u. FuR 1980, S.359f. u. Rechtspolitische Überlegungen, S.53 ff.; Schricker-Haß, Urheberrecht, vor §§ 106 ff. UrhG; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 167; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 438 ff. u. einschränkend: FS-Sarstedt, S.385 f. u. S.392 sowie FuR 1980, S.342 f. 410 Flechsig, Rechtspolitische Überlegungen, S.26; v. Gravenreuth, BB 1985, S. 1569; Katzenberger, GRUR 1982, S.716, Fn. 19; Schricker-Haß, Urheberrecht, vor §§ 106ff. UrhG; Weber, Wesen, S.59; ähnlich: Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 167. 411 Alternativentwurf, S. 119; Burger, S.801; Hillig, in: Gummig, S.416; v. Olenhusen, KJ 1970, S.37. 412 Burger, S.801. 413 Flechsig, AfP 1978, S.20 u. GRUR 1978, S.291f. 414 Alternativentwurf, S. 119; ähnlich: Bork, S. 1667. 415 Alternativentwurf, S. 119; Deutsche Vereinigung, GRUR 1984, S.423; Flechsig, GRUR 1978, S. 291 u. Rechtspolitische Überlegungen, S.26 f. u. ZRP 1980, S.316f,; Lampe, GA 1975, S.21 u. UFITA 87 (1980), S. 132 u. S. 137; Nick, FuR 1980, S.390; W. Nordemann, NStZ 1982, S.374; Schricker-Haß, Urheberrecht, vor §§ 106ff. UrhG; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 168; Westphal, S.966; ausführlich: Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.438ff., insbesondere S.441, auch: Weber, FS-Sarstedt, S.386 u. FuR 1980, S.342. 416 Alternativentwurf, S. 119; Flechsig, FuR 1980, S. 350 u. GRUR 1978, S. 292; Weber, FSSarstedt, S. 386 u. FuR 1980, S. 342. 417 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 107 u. S. 132ff. u. S. 137f.

E. Reformvorschläge

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Urheberrecht diene nicht nur dem Schutz des einzelnen, sondern auch dem Schutz kultureller Güter im Allgemeinen.418 Deswegen müsse geistiges Eigentum ebenso behandelt werden wie Sacheigentum419 Einige Autoren 420 halten dagegen die Privatklage für sinnvoll. Denn ihrer Ansicht nach habe die Streichung aus dem Katalog der Privatklagedelikte zwangsweise die Folge, dass bei den fraglichen Delikten auch keine Nebenklage mehr möglich sei - § 395 Abs. 1 StPO.421 Der Nebenkläger aber könne Einfluss auf das Verfahren nehmen und die übrigen Verfahrensbeteiligten mit Sachkenntnis unterstützen. 422 Überdies diene die Privatklage der Entlastung der Strafverfolgungsbehörden. 423 Ich halte das Argument, die Aufhebung des Privatklageerfordernis führe dazu, dass keine Nebenklage mehr möglich ist, nicht für überzeugend. Denn schon im Fall des § 108 a UrhG hat der Gesetzgeber gezeigt, dass durch einen einfachen gesetzlichen Eingriff die Möglichkeit der Nebenklage beibehalten werden kann - § 395 Abs. 2 Nr. 3 StPO. Mehrere Autoren stellen eine Überforderung der Strafgerichte fest und schlagen in Anlehnung an § 105 UrhG eine Konzentration von Urheberrechts verfahren an einzelnen Gerichten vor. 424 Denn die Amtsgerichte könnten mit der abseits liegenden Materie des Urheberrechts nicht vertraut sein.425 Wenn nämlich selbst fachkundige Zivilgerichte in bestimmten urheberrechtlichen Fällen Beurteilungsschwierigkeiten hätten, sei das Problem für Staatsanwälte und Strafrichter, die sich sonst nicht mit den §§ 106 ff. UrhG befassten, noch größer. 426 Auch überrasche, mit welcher Leichtigkeit Strafgerichte die Werkeigenschaft bejahten und dadurch falsche Urteile fällten. 427 Insbesondere Katzenberger hat darauf hingewiesen, dass Straf- und Zivilgerichte häufig unter Missachtung der §§ 120 ff. UrhG den Schutz ausländischer Computerspiele als Laufbilder bejahten und Fehlurteile fällten. 428 418

Flechsig, GRUR 1978, S.291. Flechsig, AfP 1978, S. 19 u. GRUR 1978, S.291 f. 420 v. Gravenreuth, GRUR 1985, S. 112; Knap, in: Roeber, S. 393. 421 v. Gravenreuth, GRUR 1985, S. 112; ähnlich auch: Knap, S. 376. 422 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 171 u. GRUR 1985, S. 112; Westphal, S. 969; ähnlich auch: Knap, S. 376. 423 Peters, S.501; Reichert, S.496. 424 Dähn, S. 133; Gerstenberg, Vorbem. zu §§ 106ff. UrhG; Sieg, Das unzulässige Anbringen, S. 55; ähnlich: Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn. 2; Letzgus, S. 300. 425 Dähn, S. 133; Fromm/Nordemann-Vinck, vor § 106 UrhG Rn.2; v. Gravenreuth, GRUR 1983, S.349 u. GRUR 1985, S. 112; Kircher, S. 12; ähnlich: Gerstenberg, Vorbem. zu §§ 106ff. UrhG; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S.565. 426 v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 160. 427 Heinrich, Die Strafbarkeit, S. 264 unter Hinweis auf die Diskrepanz von LG Wuppertal CR 1987, 599, 600 und BGHZ 94, 276 („Inkassoprogramm"); ähnlich: Etter, CR 1990, S.407; v. Gravenreuth, CR 1991, S.37 u. CR 1993, S.297, unter Hinweis auf AG Berlin-Tiergarten CR 1993, 297. 428 Katzenberger, GRURInt. 1992, S.513ff. 419

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

Andere Autoren hingegen sehen in der Aufeinanderfolge der §§105 und 106 UrhG keinen Widerspruch. Denn das Wirtschafts strafrecht einschließlich des Urheberstrafrechts sei im Vergleich zum Zivilrecht ein relativ begrenztes Rechtsgebiet, so dass dem Strafrichter am Amtsgericht die Einarbeitung ebenso zugemutet werden könne wie den Spezialkammern der Landgerichte. 429 Auch könne den Strafverfolgungsbehörden und dem befassten Amtsrichter durch eine sorgfältig begründete Strafanzeige ausreichende Hilfe bei der Durchdringung der Rechtsmaterie gewährt werden. 430 Auch ich halte die Zuständigkeit der Amtsgerichte für Urheberstrafverfahren für problematisch. Denn in der Tat handelt es sich beim Urheberstrafrecht um eine äußerst komplexe Rechtsmaterie. Andererseits wird sich an diesem Zustand in absehbarer Zukunft kaum etwas ändern lassen, zumal dem deutschen Recht strafgerichtliche Sonderzuständigkeiten fremd sind. Zur Lösung dieses Dilemmas schlage ich vor, dem Problem durch entsprechende Geschäftsverteilungspläne bei den größeren Gerichten zu begegnen und im Übrigen einen großzügigen Gebrauch von der Verweisungsmöglichkeit nach § 262 Abs. 2 StPO zu machen.

F. Ausblick Der strafrechtliche Schutz des Urheberrechts stößt ganz überwiegend auf Akzeptanz.431 Denn - so Weber 432 - ob neben dem Zivilrecht strafrechtlicher Schutz angebracht ist, beurteile sich allein nach dem Wert des auf dem Spiele stehenden Rechtsguts, über den beim Urheberrecht angesichts des Verfassungsrangs nicht gestritten werden könne. Auch Lampe433 und Sternberg-Lieben 434 meinen, das Urheberrecht sei des Strafschutzes würdig und bedürftig. Lampe435 führt für die Strafwürdigkeit der vorsätzlichen Verletzung von Urheberrechten geschichtliche, soziologische und anthropologische Gründe an: Geschichtlich zeige sich, dass die Menschen seit jeher es als unerträglich empfunden hätten, wenn das Recht auf die vorsätzliche Verletzung wirtschaftlicher Positionen, deren Wichtigkeit ihnen imponierte, nicht mit Strafe reagierte. In soziologischer Hinsicht sei zu beachten, dass die wirtschaftliche Verwertung der Arbeitskraft heute die des Sachvermögens in den Hintergrund ge429

Rochlitz, UFITA 83 (1978), S.81. Rochlitz, UFITA 83 (1978), S. 87; in diesem Sinne auch das Beispiel einer Strafanzeige bei: v. Gravenreuth, Das Plagiat, S. 231 ff. 431 Alternativentwurf, S. 115; Flechsig, GRUR 1978, S.290f.; v. Gravenreuth, BB 1983, S. 1742; Katzenberger, Gewerblicher Rechtsschutz, S. 1436; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 114; Rochlitz, FuR 1980, S. 357; Spautz, FuR 1978, S.747f.; Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 162; Weber, FS-Sarstedt, S.383 u. FuR 1980, S.340 u. Handwörterbuch, S.5 u. Wesen, S.58. 432 Weber, Der strafrechtliche Schutz, S.424. 433 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 114. 434 Sternberg-Lieben, Musikdiebstahl, S. 162. 435 Ausführlich: Lampe, UFITA 87 (1980), S. 115 ff. 430

F. Ausblick

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drängt habe. Anthropologisch betrachtet spreche das seit Beginn der Neuzeit sich ständig verstärkende Selbstbewusstsein der Künstler und Erfinder, die ihre geistigen Schöpfungen als Ausdruck ihrer selbst betrachteten, für strafrechtlichen Schutz. Eine großer Teil der Literatur 436 begründet die Schutzbedürftigkeit des geistigen Eigentums mit der Parallele zum Sacheigentum. Der Urheber wird von diesen Autoren sogar für schutzbedürftiger gehalten als der Sacheigentümer, da er faktisch nach der Veröffentlichung kaum noch Möglichkeiten habe, die Ausbeutung seines geistigen Eigentums zu verhindern. Auch werde der geistig Schaffende durch unbefugte Verwertungshandlungen häufig empfindlicher getroffen als der Sacheigentümer durch den Diebstahl437 und verliere bisweilen seine Existenzgrundlage 4 3 8 Im Gegensatz zum überwiegenden Teil der Literatur kann ich dem strafrechtlichen Schutz des Urheberrechts nicht viel abgewinnen. Vielmehr bin ich mit Burger 439 der Ansicht, dass das Strafrecht nicht als adäquater Ort für die Lösung urheberrechtlicher oder urheberpersönlichkeitsrechtlicher Streitigkeiten angesehen werden kann. Die Parallele zum Sacheigentum, die durch den ungenauen Begriff des „geistigen Eigentums" nahegelegt wird, 440 kann nicht überzeugen. Zu bedenken ist vor allem, dass der Rechtsschein des Besitzes im Urheberrecht nicht existiert. Das geistige Eigentum ist andersartig als das Sacheigentum und bedarf deswegen eines andersartigen Schutzes.441 Wie ich oben dargestellt habe, entwickelt sich Urheberstrafbarkeit parallel zur technischen Entwicklung 442 und spielt ohnehin nur in gestörten Märkten eine besondere Rolle. 443 Dort wird es weitgehend funktionalisiert, 444 um das deutsche Zivilprozessrecht zu umgehen.445 Eine präventive Wirkung des Strafrechts lässt sich kaum nachweisen; allenfalls im Bereich gewerblichen Handelns wird man sie vermuten können.446 Überdies hat das Strafrecht mit Blick auf den kürzlich durch § 101a UrhG erweiterten zivilrechtlichen Schutz erheblich an praktischer Bedeutung verloren. 447 Auch im Übrigen bestehen beachtliche alternative Schutzmöglichkeiten.448 436 Alternativentwurf, S. 115; Weber, Der strafrechtliche Schutz, S. 426 u. FS-Sarstedt, S.384 u. FuR 1980, S.340 u. Wesen, S.58; ähnlich: Schmitz/Schmitz, S.61; kritisch: Lampe, UFITA 87 (1980), S. 114; vgl. auch: Sowada, Die „notwendige Teilnahme", S. 186. 437 Weber, Wesen, S.59. 438 Kann, S.77; Weber, Wesen, S.59. 439 Burger, S. 801 ; ähnlich: Meier, S.664f.. 440 Lampe, UFITA 87 (1980), S. 114; kritisch auch: Rehbinder, Urheberrecht, Rn.28. 441 Kann, S. 129; Lampe, UFITA 87 (1980), S. 114. 442 Vgl. zur Parallelität: Kap. 9 F. 443 Vgl. zu den Marktstörungen: Kap. 9 G. 444 Zur Funktionalisierung des strafrechtlichen Schutzes: Kap. 9 H. 445 Zu den funktionalen Strafzwecken: Kap. 10 D.III. 446 Zu den klassischen Strafzwecken: Kap. 10 D.II. 447 Vgl. zu den Auskunftsansprüchen: Kap. 10 B.III.2. 448 Zu diesen Möglichkeiten: Kap. 10 B.

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10. Kap.: Rechtspolitische Überlegungen

Eine Verpflichtung zum strafrechtlichen Schutz in internationalen Abkommen besteht nur, sofern die Tat in gewerbsmäßigem Umfang begangen wird; 449 eine verfassungsrechtliche Verpflichtung besteht nicht. 450 Schließlich bringt das Strafrecht auch eine Reihe von Nachteilen mit sich.451 Jedenfalls das Verbot nichtgewerbsmäßigen Handelns erschwert Zugriff auf die Hintermänner, da Kleintäter die eigene Bestrafung fürchten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass insofern ein Weniger an Fällen ein Mehr hinsichtlich der Qualität der Rechtsverfolgung mit sich bringt, 452 zumal Strafrechtspflege mit erheblichen Kosten für die Allgemeinheit verbunden ist. Die Beibehaltung des strafbewehrten Verbots gewerblichen Handelns mag sinnvoll sein. Um den vielberufenen Beweisschwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, sollte im Tatbestand nicht von „gewerbsmäßigem Handeln", sondern von Verwertung „in Erwerbsabsicht" die Rede sein; denn die Dauerhaftigkeit wäre dann nicht mehr erforderlich. Durch die Einführung eines derartigen Merkmals würde sich zugleich die Notwendigkeit der Beschränkung des Vervielfältigungstatbestands auf Handeln in Verbreitungsabsicht erübrigen. Ein besonderes Problem ergibt sich im Falle zahlungsunfähiger Täter, da diese durch zivilrechtliche Tatbestände nicht abgeschreckt werden. Insofern mag eine besondere Klausel vonnöten sein. Auch den Schutz ausübender Künstler halte ich für vertretbar. Dass deren Leistung nicht regelmäßig als persönliche geistige Schöpfung i. S. v. § 2 Abs. 2 UrhG anzusehen sein soll, überzeugt mich ohnehin nicht. Denn der ausübende Künstler hat weit mehr schöpferischen Gestaltungsspielraum als gemeinhin angenommen. Im Übrigen gibt es meines Erachtens keine Patentlösung: Dies bedeutet für die Betroffenen, das phasenweise Auftreten von Rechtsverletzungen auszusitzen und die eigene Preisgestaltung zu überdenken. Unter Berücksichtigung dieser und weiterer Vorgaben könnten die §§106 bis 109 UrhG auf eine Vorschrift reduziert werden: „(1) Wer als Nichtberechtigter in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen eine urheberrechtlich geschützte Schöpfung (§§ 1 bis 5, 69a UrhG) oder die Darbietung eines ausübenden Künstlers (§73 UrhG) mit Erwerbsabsicht vervielfältigt (§ 16 UrhG) oder in den Verkehr bringt (§ 17 UrhG), wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Die gleiche Strafe trifft denjenigen, der, ohne in Erwerbsabsicht zu handeln, eine Handlung nach Abs. 1 in dem Wissen vornimmt, dass der Berechtigte hierdurch dauerhaft geschädigt wird. (3) Nach Abs. 1 und 2 wird nicht bestraft, wer wegen der verletzten Rechte in vertraglicher Beziehung zum Verletzten steht." 449 450 451 452

Zur Verpflichtung zum Schutz in internationalen Abkommen: Kap. 10 Α. I. Zur verfassungsrechtlichen Verpflichtung: Kap. 10 A.II. Zu den Nachteilen des Strafrechts in der Praxis: Kap. 10 C. Peters, S.488; Rochlitz, Der strafrechtliche Schutz, S.262.

Schrifttumsverzeichnis Adomeit, Klaus, Arbeitsrecht auf Abwegen, NJW 1997, S.2295 - 2296 Ahlberg, Hartwig, Die Erschöpfung und das freie Recht der Vermietung und des Verleihs von Vervielfältigungsstücken nach § 27 UrhG, GRUR 1985, S. 362 - 366 AK, Kommentar zum Strafgesetzbuch in Lieferungen, Bd. 1, Reihe Alternativkommentare, hrsg. v. Rudolf Wassermann, 1990 AK, Kommentar zur Strafprozeßordnung in drei Bänden, Bd. 2 Teilband 1, Reihe Alternativkommentare, hrsg. v. Rudolf Wassermann, 1992 Allfeld, Philipp, Kommentar zu dem Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie vom 9. Januar 1907, 1908 Alternativentwurf eines Strafgesetzbuches · Besonderer Teil · Straftaten gegen die Wirtschaft, vorgelegt von Ernst-Joachim Lampe, Theodor Lenckner, Walter Stree, Klaus Tiedemann, Ulrich Weber, 1977, S. 114 - 126 Arloth, Frank, Leerspielen von Geldspielautomaten - ein Beitrag zur Struktur des Computerbetrugs, CR 1996, S. 359 - 365 Artkämper, Heiko, Hausbesetzer · Hausbesitzer · Hausfriedensbruch, 1995 Arzt, Gunther Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre, vom zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutz aus betrachtet, 1970 Arzt, Gunther u. Weber, Ulrich, Strafrecht, besonderer Teil: ein Lehrbuch in 5 Heften, Lehrheft 4: Wirtschaftsstraftaten, Vermögensdelikte (Randbereich), Fälschungsdelikte, 2. Aufl. 1989 Bachmann, Jochen, Vorsatz und Rechtsirrtum im Allgemeinen Strafrecht und im Steuerstrafrecht, 1993 Bappert, Walter u. Maunz, Theodor u. Schricker, 1984

Gerhard, Verlagsrecht · Kommentar, 2. Aufl.

Bar, Christian von, Kollisionsrecht, Fremdenrecht und Sachrecht für internationale Sachverhalte im Internationalen Urheberrecht, UFITA 108 (1988), S. 27 - 49 Bär, Wolfgang, Polizeilicher Zugriff auf kriminelle Mailboxen, CR 1995, S. 489 - 500 — Strafprozessuale Fragen der EDV-Beweissicherung, MMR 1998, S. 577 - 584 Bartsch, Michael, Weitergabeverbote in AGB-Verträgen zur Überlassung von Standardsoftware, CR 1987, S . 8 - 1 3 — Anmerkung zu LG Mannheim CR 1999, 360; in: CR 1999, S.361 - 362 Bauer, Klaus-Albert, Rechtsschutz von Computerprogrammen in der Bundesrepublik Deutschland - eine Bestandsaufnahme nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Mai 1985, CR 1985, S. 5-12

540

Schrifttumserzeichnis

Baumann, Jürgen, Die natürliche Wortbedeutung als Auslegungsgrenze im Strafrecht, MDR 1958, S. 394-396 Baumann, Jürgen u. Weber, Ulrich u. Mitsch, Wolfgang, Strafrecht Allgemeiner Teil, Lehrbuch, 10. Aufl. 1995 Baumbach, Adolf u. Hefermehl, Wolfgang, Warenzeichenrecht und Internationales Wettbewerbs- und Zeichenrecht, 12. Aufl. 1985 — Wettbewerbsrecht · Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Zugabeverordnung, Rabattgesetz und Nebengesetze, 19. Aufl. 1996 Bechtold, Stefan, Der Schutz des Anbieters von Information - Urheberrecht und Gewerblicher Rechtsschutz im Internet, ZUM 1997, S. 427-450 Becker, Helmut u. Horn, Wolfgang, Der Schutz von Computersoftware in der Rechtspraxis, DB 1985, S. 1274-1278 Beermann, Volker, Strafbarkeit von Raubkopien, Jura 1995, S. 610-613 Berger, Christian, Der Schutz elektronischer Datenbanken nach der EG-Richtlinie vom 11.3.1996, GRUR 1997, S. 169-179 — Zum Erschöpfungsgrundsatz beim Vertrieb sog. „OEM"-Software, NJW 1997, S. 300-302 Berz, Ulrich, Grundlagen des Versuchsbeginns, Jura 1984, S.511-519 Betten, Jürgen, Anmerkung zu BGH GRUR 1991, 449, in: GRUR 1991, S.453-455 — Zum Rechtsschutz von Computerprogrammen, Mitt. 1983, S. 62-70 — Urheberrechtsschutz von Computerprogrammen?, Mitt. 1984, S. 201-210 Blei, Hermann, Strafrecht I · Allgemeiner Teil, 18. Aufl. 1983 — Strafrecht II · Besonderer Teil, 12. Aufl. 1983 Bork, Reinhard, Effiziente Beweissicherung für den Urheberrechtsverletzungsprozeß - dargestellt am Beispiel raubkopierter Computerprogramme, NJW 1997, S. 1665-1672 Bornmüller, Gerd, Rechtsschutz für DV-Programme, 1986 — Tonträgerpiraterieschutz im Immaterialgüterrecht, UFITA Schriftenreihe Bd. 132, Diss. 1995 Bortloff,

Nils, Tonträgersampling als Vervielfältigung, ZUM 1993, S. 476-481

Böttcher, Reinhard u. Mayer, Elmar, Änderungen des Strafverfahrensrechts durch das Entlastungsgesetz, NStZ 1993, S. 153-158 Boxdorfer, Dietrich, Das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung trotz geringer Schuld des Täters, NJW 1976, S.317-320 Brack, Hans, Die Rechte der ausübenden Künstler und der Hersteller von Tonträgern bei der Verwertung von Schallplatten im Rundfunk, UFITA 50 (1967), S. 544-561 Brandi-Dohrn, Matthias, Softwareschutz nach dem neuen deutschen Urheberrechtsgesetz, BB 1994, S.658-662 — Probleme der Rechtsverwirklichung beim Schutz von Software, CR 1987, S. 835-838 — Anmerkung zu AG Meldorf, CR 1990, 329, in: CR 1990, S.330 — Zur Reichweite und Durchsetzung des urheberrechtlichen Softwareschutzes, GRUR 1985, S.179-188

Schrifttumserzeichnis Braun, Bernd, Rechtsschutz für Rechenprogramme, BB 1971, S. 1343-1347 Braun, Edwin, Produktpiraterie · Überblick über die rechtliche Erfassung durch Zivil-, Strafund Verwaltungsrecht, CR 1994, S. 726-733 — Produktpiraterie · Rechtsschutz durch Zivil-, Straf- und Verwaltungsrecht sowie ausgewählte Probleme der Rechtsdurchsetzung, 1993 Braun, Johann, Subjektive Rechtfertigungselemente im Zivilrecht?, NJW 1998, S. 941-944 Braun, Thorsten, Die Schutzlücken-Piraterie nach dem Urheberrechtsänderungsgesetz vom 23. Juni 1995, GRU1 Int. 1996, S. 790-798 — Schutzlücken-Piraterie · Der Schutz ausländischer ausübender Künstler in Deutschland vor einem Vertrieb von bootlegs, Diss. 1995 Breuer, Barbara, Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts auf exterritorial handelnde Internet-Benutzer, MMR 1998, S. 141-145 Bringewat, Peter, Die Bildung der Gesamtstrafe, 1987 Brinkmann, Werner, Zivil- und presserechtliche Fragen bei der Nutzung von Bildschirmtext, ZUM 1985, S. 337-345 Brugger, Gustav, Der Begriff der Bearbeitung und Verfilmung im neuen Urheberrechtsgesetz · Unter Berücksichtigung der Verwendung von Musikwerken im Film und Fernsehen, UFITA Bd. 51 (1968), S. 89-125 Brunner, Rudolf u. Dölling, Dieter, Jugendgerichtsgesetz · Kommentar, 10. Aufl. 1996 Brutschke, Paul-Gerhard, Urheberrechtsverletzungen bei der Benutzung von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen, NJW 1970, S. 889-891 — Urheberrecht und EDV, 1972 Bschorr, Christian K , Computer-Kriminalität · Gefahr und Abwehr, 1987 Buchmüller, Hans-Jürgen, Urheberrecht und Computersoftware · Zugleich ein Beitrag zum Werkbegriff der Werke der Wissenschaft und zur Stellung des Urhebers im Arbeitsrecht, Diss. 1986 Bühler, Christoph, Die strafrechtliche Erfassung des Mißbrauchs von Geldspielautomaten, Diss. 1995 Burger, Thomas, Besprechung von „Weber, Der strafrechtliche Schutz des Urheberrechts", FuR 1978, S. 796-802 Burhenne, Lothar, Der Anspruch auf Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen im Lichte wettbewerblicher Betrachtung, GRUR 1952, S. 84-91 Busse, Rudolf u. Starck, Joachim, Warenzeichengesetz, 6. Auflage 1990 Cichon, Caroline, Urheberrechte an Webseiten, ZUM 1998, S. 897-902 Collardin, Marcus, Straftaten im Internet · Fragen zum internationalen Strafrecht, CR 1995, S.618-622 Conradi, Ulrich u. Schlömer, S. 366-369 u.S. 472-477

Uwe, Die Strafbarkeit der Internet-Provider, NStZ 1996,

Cornils, Karin, Der Begehungsort von Äußerungsdelikten im Internet, JZ 1999, S. 394-398 Cremer, Richard, Die Bekämpfung der Produktpiraterie in der Praxis · Zur Handhabung des Produktpirateriegesetzes, Mitt. 1992, S. 153-180

542

Schrifttumserzeichnis

Curii, Henning, Strafe und Generalprävention · Ein empirischer Nachweis für die Bundesrepublik Deutschland, ZRP 1999, S. 234-237 Dähn, Gerd, Wirtschaftsstrafrechtliche Normen im Handels-, Urheber- und Erfinderrecht, in: Jürgen Baumann u. Gerd Dähn, Studien zum Wirtschaftsstrafrecht, 1972, S. 120-137 Davies, Gillian, Piracy of Phonograms, 2. Aufl. 1986 Davies, Gillian u. Rauscher auf Weeg, Hans Hugo von, Das Recht der Hersteller von Tonträgern - Zum Urheber- und Leistungsschutzrecht in der Europäischen Gemeinschaft, 1983 Deckert, Martina R., Zur Einführung: Die folgenorientierte Auslegung, JuS 1995, S. 480-484 Denkschrift über den Rechtsschutz der Computersoftware: Mitteilungen aus der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, GRUR 1979, S. 300-306 Derksen, Roland, Strafrechtliche Verantwortung für in internationalen Computernetzen verbreitete Daten mit strafbarem Inhalt, NJW 1997, S. 1878-1885 Detter, Klaus, Zum Strafzumessungs- und Maßregelrecht, NStZ 1999, S. 120-124 Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, Mitteilungen, GRUR 1965, S.22-23 Deutsche Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, Mitteilungen, GRUR 1984, S. 419-423 Dierck, Ralf u. Lehmann, Michael, Die Bekämpfung der Produktpiraterie nach der Urheberrechtsnovelle · Neue Strategien, CR 1993, S. 537-544 Dietz, Adolf, Das Urheberrecht in der Europäischen Gemeinschaft, 1978 Doepner, Ulf u. Reese, Ulrich, Auswirkungen von EG-Richtlinien auf die innerstaatliche Anwendung wettbewerbsregelnden Nebenstrafrechts · dargestellt an Beispielen des Heilmittelwerberechts, GRUR 1998, S. 761-778 Dreier, Thomas, Rechtsschutz von Computerprogrammen · Die Richtlinie des Rates der EG vom 14. Mai 1991, CR 1991, S. 577-584 — Verletzung urheberrechtlich geschützter Software nach der Umsetzung der EG-Richtlinie, GRUR 1993, S. 781-792 Dreiss, Uwe, Programmdiebstahl und Urheberrecht, GRU1 Int. 1989, S. 219-220 Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in sechs Bänden, 1981 Dünnwald, Rolf, Zum Begriff des ausübenden Künstlers, UFITA Bd. 52 (1969), S. 49-88 — Zum Leistungsschutz an Tonträgern und Bildtonträgern, UFITA Bd. 76 (1976), S. 165-194 Dürwanger, Karl u. Dempewolf Günter, Handbuch des Privatklagerechts, 3. Aufl. 1971 Eckl, Peter, Neue Verfahrensweisen zur Behandlung der Kleinkriminalität · Bemerkungen zu § 248 a StGB, §§ 153,153 a StPO in der Fassung des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch, JR 1975, S.99-102 Eichmann, Helmut, Die Durchsetzung des Anspruchs auf Drittauskunft, GRUR 1990, S.575-591 Eiding, Lutz, Strafrechtlicher Schutz elektronischer Datenbanken, 1997 Eisenberg, Ulrich, Jugendgerichtsgesetz, 7. Aufl. 1997 — Kriminologie, 4. Aufl. 1995

Schrifttumserzeichnis — Die Videopiraterie aus kriminologischer Sicht, in: Wesen und Bekämpfung der Videopiraterie, Schriftenreihe des Instituts für Rundfunkrecht an der Universität Köln, hrsg. v. Hans Brack, Heinz Hübner, Dietrich Oehler, Klaus Stern, Bd. 59, 1993, S. 13-28 Elster, Alexander, Gewerblicher Rechtsschutz, 1921 Emmerich, Torsten, Rechtsschutz für Standardsoftware, Diss. 1990 Emmerich, Volker, Kartellrecht, 8. Aufl. 1999 Endemann, Jutta, Interlokalrechtliche Probleme im Bereich des Staatsschutzstrafrechts unter besonderer Berücksichtigung des Tatortbegriffs (§ 3 Abs. 3 StGB), NJW 1966, S. 2381-2386 Endrulat, Bastian, Der „Umgekehrte Rechtsirrtum": Untauglicher Versuch oder Wahndelikt?, 1994 Engel-Flechsig, Stefan u. Maennel, Frithjof A. u. Tettenborn, Alexander, Das neue Informations· und Kommunikationsdienste-Gesetz, NJW 1997, S. 2981-2992 Engeln, Wilbert, Das Hausrecht und die Berechtigung zu seiner Ausübung, 1989 Engisch, Irmgard, Zur Relativität des Werkbegriffs, in: Festschrift für Otto Friedrich Frhr. v.Gamm, 1990, S.369-387 Engländer, Konrad, Gedanken über den Begriff und Erscheinungsformen des musikalischen Plagiats, UFITA Bd. 3 (1930), S. 20-32 Enquete Kommission · Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft · Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft · Deutscher Bundestag, Neue Medien und Urheberrecht, 1998 Ensthaler, Jürgen u. Möllenkamp, Heinz T., Reichweite des urheberrechtlichen Softwareschutzes nach der Umsetzung der EG-Richtlinie zum Rechtsschutz der Computerprogramme, GRUR 1994, S. 151-158 Erb, Volker, Mord in Mittäterschaft - BGH NJW 1991, 1068, in: JuS 1992, S. 197-201 Erbs, Georg u. Kohlhaas, Max, Strafrechtliche Nebengesetze, Loseblattsammlung: Stand: 131. Ergänzungslieferung 1998 Erdmann, Willi, Möglichkeiten und Grenzen des Urheberrechts, CR 1986, S. 249-259 — Der wettbewerbsrechtliche Schutz von Computerprogrammen, in: Festschrift 175 Jahre Oberlandesgericht Oldenburg, 1989, S. 641-658 — Schutz der Kunst im Urheberrecht, in: Festschrift für Otto Friedrich Frhr. v. Gamm, 1990, S. 389-404 Erdmann, Willi u. Bornkamm, Joachim, Schutz von Computerprogrammen · Rechtslage nach der EG-Richtlinie, GRUR 1991, S. 877-880 Ernestus, Justus, Nutzung und Vervielfältigung eines Computerprogrammes, CR 1989, S. 784-789 Eser, Albin, Strafrecht II, Schwerpunkte: Fahrlässigkeit · Unterlassung · Versuch · Tatbeteiligung · Konkurrenzen, 3. Aufl. 1980 Etter, Eberhard, Anmerkung zum Urteil des AG Velbert CR 1988, 680, in: CR 1980, S.680 — Der polizeiliche EDV-Sachverständige im Strafverfahren, CR 1986, S. 166-173

544 — Noch einmal: S. 1021-1026

Schrifttumserzeichnis Systematisches

Entleeren

von Glücksspielautomaten,

CR

1988,

— Softwareschutz durch Strafanzeige?, CR 1989, S. 115-121 — Anmerkung zu den Urteilen des AG Rheine CR 1989, 927 und LG Münster CR 1989, 928, in: CR 1989, S.928 — Anmerkung zu den Urteilen des AG Neumark CR 1990, 406 und AG Prüm CR 1990, 406, in: CR 1990, S.407 Fausten, Jürgen u. Rümpel, Helmut, Aktenzeichen Computer · Was passieren kann und wie man sich davor schützt · Möglichkeiten, Maßnahmen und Gesetze, 1990 Fest, Helmut, Geleitwort des Vorstands Vorsitzenden der Deutschen Landesgruppe der IFPI, in: Schaefer, Martin u. Körfer, Manfred, Tonträgerpiraterie · Ein Leitfaden für die Praxis, 1996, S. 6-7 Fetzer, Helmut, Einsichtsrecht des Strafverteidigers in gerichtliche Dateien, StV 1991, S.142-143 Fiehl, Heinz, Erfahrungen bei der Recherche in den Datennetzen, Der Kriminalist 1999, S.2-6 Fischer, Florian, Das Literaturplagiat: Tatbestand und Rechtsfolgen, Diss. 1996 Fissenewert, Peter, Der Irrtum bei der Steuerhinterziehung, 1993 Flechsig, Norbert P., Reform der strafbewehrten Eingriffe in das Urheberrecht?, AfP 1978, S. 18-21 — Haftung von Online-Diensteanbietern im Internet, AfP 1996, S. 333-346 — Die Grenze des persönlichen Gebraus im Hinblick auf das Urheberstrafrecht · Zur Strafbarkeit der Verbreitung und öffentlichen Wiedergabe von zum persönlichen Gebrauch hergestellten Rundfunkmitschnitten, FuR 1979, S.513-515 — Zum Bedürfnis einer Verschärfung des Urheberstrafrechts, FuR 1980, S. 345-351 — Neuüberlegungen zum Urheberrecht, GRUR 1978, S. 287-293 — Die Novelle zur Änderung und Ergänzung des Urheberrechts, NJW 1985, S. 1991-1998 — Anmerkung zum Urteil des KG vom 1. Dezember 1982, NStZ 1983, S. 562-563 — Vorwort, in: Rechtspolitische Überlegungen zum Urheberstrafrecht, hrsg. v. Norbert P. Flechsig, 1982, S. 7-8 — Bedürfen die Urheber- und Leistungsschutzrechte eines verstärkten Strafrechtsschutzes?, in: Rechtspolitische Überlegungen zum Urheberstrafrecht, hrsg. v. Norbert P. Flechsig, 1982, S. 9-27 — Schutz der Rundfunkanstalt gegen Einfuhr und Verbreitung unautorisierter Sendekopien, UFITA Bd. 81 (1978), S. 97-131 — Besprechung von „Ulrich Weber, Der strafrechtliche Schutz des Urheberrechts", UFITA Bd. 84 (1979), S. 356-358 — Urheberrechtskriminalität und Urheberstrafrecht · Für verschärfte Reaktionen gegen unerlaubte Mitschnitte und Raubpressungen, ZRP 1980, S.313-317 Flechsig, Norbert P. u. Gabel, Detlev, Strafrechtliche Verantwortlichkeit im Netz durch Einrichten und Vorhalten von Hyperlinks, CR 1998, S.351-358 Franke, Ulrich u. Wienroeder,

Karl, Betäubungsmittelgesetz · Kommentar, 1996

Schrifttumsverzeichnis

545

Franzheim, Horst, Überkriminalisierung durch Urheberrechtsnovelle, CR 1993, S. 101-103 — Strafrechtliche Konsequenzen der Urheberrechtsnovelle, NJW-CoR 1994, S. 160-164 Friedrich,

Matthias, Strafbarkeit des Endabnehmers von Raubkopien?, MDR 1985, S. 366-368

Fritzsche, Jörg, Rechtsfragen der Herstellung und Überlassung von Software, JuS 1995, S. 497-504 Fromm, Friedrich Karl u. Nordemann, Wilhelm, Urheberrecht · Kommentar zum Urheberrechtsgesetz und zum Urheberrechtswahrnehmungsgesetz, 9. Aufl. 1998 Fuchs, Eberhard, Urheberrechtsgedanke und -Verletzung in der Geschichte des Plagiats unter besonderer Berücksichtigung der Musik, Diss. 1983 Fuld, Ludwig, Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie, l.Aufl. 1907 Gallist, Rudolf, Das Internet - neuer Markt für Raubkopierer?, MMR 1998, S. 569-570 Gamm, Otto Friedrich von, Urheberrechtsgesetz, Kommentar, 1968 Ganter, Alexander, Strafrechtliche Probleme im Urheberrecht, NJW 1986, S. 1479-1480 Gantner, Felix, „Laden eines Computerprogramms als Vervielfältigung" - Eine wesentliche Frage falsch gestellt, jur-PC 1994, S. 2752-2755 u. S. 2793-2799 u. S. 2853-2856 Geerds, Detlev, Der vorsatzausschließende Irrtum, Jura 1990, S.421-431 Geier, Urteilsanmerkung zu BGHSt 17, 359, in: L M Nr. 8 zu § 226 a StGB Gentz, Günther, Der künstlerische Leistungsschutz, GRUR 1974, S. 328-331 — Musikpiraterie und Leistungsschutzrecht, UFITA Bd. 70 (1974), S. 25-39 Gerstenberg, Ekkehard, Die Urheberrechte an Werken der Kunst, der Architektur und der Photographie· Erläutert für Urheber und Juristen, 1968 Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen, GVU contra Film- und Videopiraterie, in: Günther Poll, Videorecht· Videowirtschaft, 1986, S. 124-125 Glauben, Paul J., Kopieren von Computerprogrammen · Ein Gutachten der Universität München, DRiZ 1991, S.73 Göbel, Alfred Α., Die Einwilligung im Strafrecht als Ausprägung des Selbstbestimmungsrechts, 1992 Göller, Manfred, Praxiserkenntnisse zur Novellierung des Urheberstrafrechts, in: Günther Poll, Videorecht· Videowirtschaft, 1986, S. 119-123 Gotting, Horst-Peter, Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, 1995 Gounalakis, Georgios, Der Mediendienste-Staatsvertrag der Länder, NJW 1997, S. 2993-3000 Gravenreuth, Günter von, Strafrechtliche Beurteilung des unrechtmäßigen Kopierens von Computersoftware, BB 1983, S. 1742-1745 — Änderung des Urheberstrafrechts, BB 1985, S. 1568-1569 — Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Produktpiraterie, BB 1988, S. 1614-1617 — Schadenshöhe und Dunkelziffer im Bereich der Softwarepiraterie, CR 1986, S. 111-113 — Lokale Besonderheiten bei der strafrechtlichen Verfolgung der Softwarepiraterie, CR 1986, S.586-590 — 8500 Computerprogramme als Raubkopien, CR 1986, S.612 3

Hildebrandt

5

Schrifttumsverzeichnis

Folgekriminalität im Bereich der Softwarepiraterie und ähnliche Delikte, CR 1986, S. 741-743 Hohe Freiheitsstrafen für Softwarepiraten, CR 1986, S.777 Computerspiele und Urheberrecht· Eine Rechtsprechungsübersicht, CR 1987, S. 161-166 Anmerkung zum Urteil des AG Kronach CR 1988, 930, CR 1988, S. 930-931 Anmerkung zum Urteil des AG Mainz CR 1989, 626, in: CR 1989, S. 627-628 Anmerkung zum Urteil des AG Freising CR 1990, 55, in: CR 1990, S. 55-56 Anmerkung zum Urteil des AG Amberg CR 1990, 658, in: CR 1990, S. 658-659 Anmerkung zum Beschluss des LG Nürnberg-Fürth CR 1991, 108, in: CR 1991, S. 109 Anmerkung zum Beschluss des LG Bückeburg CR 1991, 178, in: CR 1991, S. 178-179 Anmerkung zu den Beschlüssen des AG Nordenhamm CR 1991, 232, des LG Oldenburg CR 1991, 232 und des LG Nürnberg-Fürth CR 1991, 232, in: CR 1991, S.233 Typische und untypische Raubkopien · Eine Erwiderung, CR 1991, S. 36-37 Anmerkung zum Beschluss des OLG Celle CR 1992, 720, in: CR 1992, S. 721-722 Anmerkung zum Urteil des AG Berlin-Tiergarten CR 1993, 297, in: CR 1993, S.297 Neue Formen der Softwarepiraterie, CR 1995, S. 309-310 Das Plagiat aus strafrechtlicher Sicht, 1986 Urheberrechtsschutz für Computerspiele unter Berücksichtigung der BGH-Rechtsprechung, DB 1986, S. 1005-1007 Software-Piraterie ein neues Problem für die Ermittlungsbehörden, Der Kriminalist 1985, S. 23-31 Neue juristische Tendenzen bei der Verfolgung von Video-Piraterie, FuR 1984, S. 132-134 Strafverfahren wegen Verletzung von Patenten, Gebrauchsmustern, Warenzeichen oder Urheberrechten, GRUR 1983, S. 349-357 Kritische Anmerkungen zur Novelle des Urheberstrafrechts, GRUR 1985, S. 111-114 Erste Strafentscheidung zur Software-Piraterie, GRUR 1985, S. 416-418 Unterlassungsanspruch gegen Software-Kopierprogramme?, GRUR 1985, S. 504-506 Juristisch relevante technische Fragen zur Beurteilung von Computer-Programmen, GRUR 1986, S. 720-727 Anmerkung zu BGH GRUR 1991, 449, in: GRUR 1991GUR, S.455-456 Anmerkung zum Urteil des AG Kaufbeuren NStZ 1985,180, in: NStZ 1985, S. 180 Computerviren, Hacker, Datenspione, Crasher und Cracker, NStZ 1989, S. 201-207 Anmerkung zum Urteil des AG Bad Hersfeld NStZ 1992,40, in: NStZ 1992, S.41-42 Computerspiele - Prüfungskriterien für die Schutzfähigkeit gem. § 2 II UrhG - Kritik und Ergänzung zu Lehmann/Schneider RDV 2/1990 S.68 ff., in: RDV 1991, S.24-30 20 Monate Freiheitsstrafe für Video-Piraten, ZUM 1985, S. 488-490 Die Praxis der strafrechtlichen Verfolgung der Software-Piraterie, ZUM 1985, S. 539-544 Wird die Novelle des Urheberstrafrechts teilweise unterlaufen?, ZUM 1988, S. 19

Schrifttumsverzeichnis

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Gropp, Walter, Deliktstypen mit Sonderbeteiligung · Untersuchung zur Lehre von der „notwendigen Teilnahme", 1992 Groß, Karl-Heinz, Gegen den Mißbrauch strafrechtlicher Ermittlungen zur Vorbereitung eines Zivilverfahrens · Abgebrochene gesetzgeberische Vorüberlegungen, GA 1996, S. 151-159 Gummig, Christian, Wesen und Bekämpfung der Videopiraterie, Tagungsbericht von der Vortragsveranstaltung des Instituts für Rundfunkrecht der Universität Köln am 15. und 16. Mai 1992, ZUM 1992, S. 415-417 Günther, Hans-Ludwig, Die Genese eines Straftatbestandes · Eine Einführung in Fragen der Strafgesetzgebungslehre, JuS 1978, S.8-14 Günther, Klaus, Die Urheberrechtsnovelle 1985, AfP 1986, S. 19-25 Haas, Günter, Ein Beitrag zur Auslegung des § 154d StPO, MDR 1990, S.684 Haberstumpf, Helmut, Der Ablauf eines Computerprogrammes im System der urheberrechtlichen Verwertungsrechte, CR 1987, S. 409-416 — Zur urheberrechtlichen Beurteilung von Programmen für Datenverarbeitungsanlagen, GRUR 1982, S. 142-151 — Grundsätzliches zum Urheberrechtsschutz von Computerprogrammen nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Mai 1985, GRUR 1986, S. 222-235 — Das Software-Urhebervertragsrecht im Lichte der bevorstehenden Umsetzung der EGRichtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, GRU1 Int. 1992, S.715-724 — Handbuch des Urheberrechts, 1996 — Der urheberrechtliche Schutz von Computerprogrammen, in: Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, hrsg. v. Michael Lehmann, 2. Aufl. 1993, S. 69-167 Hackemann, Martin, Information und Dokumentation aus urheberrechtlicher Sicht - Einige Anmerkungen zur gegenwärtigen und künftigen Rechtslage, GRUR 1982, S. 262-273 — Urheberrechtlicher Schutz von Datenbanken - rechtsvergleichend und nach internationalem Recht, ZUM 1987, S. 269-276 Hamann, Wolfram, Der urheberrechtliche Originalbegriff der bildenden Kunst · Unter besonderer Berücksichtigung grafischer Vervielfältigungsarten, 1980 Hanser-Strecker, Carl Peter, Das Plagiat in der Musik · Ein Beitrag zur Frage des urheberrechtlichen Schutzes von Werken der Musik, Diss. 1968 Haß, Gerhard, Zur Bedeutung der §§45 ff. UrhG für das Urheberstrafrecht, in: Festschrift für Rainer Klaka, SGRUM Bd. 16, S. 127-138 — Der strafrechtliche Schutz von Computerprogrammen, in: Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, hrsg. v. Michael Lehmann, 2. Aufl. 1993, S. 467-512 Hassemer, Winfried, Einführung in die Grundlagen des Strafrechts, 2. Aufl. 1990 — Warum und zu welchem Ende strafen wir?, ZRP 1997, S.316-321 Hauffe, Hans Günter, Der Künstler und sein Recht · Hundert kurzweilige Kapitel nicht nur für Urheber und Juristen, 1955 Hauptmann, Peter H., Juristische Datenbanken und Urheberrecht, jur-PC 1989, S. 49-54 Haurand, Günter, Der rechtliche Schutz von Computerprogrammen · Ein Überblick über die zivilrechtlichen und strafrechtlichen Schutzmechanismen, Kriminalistik 1995, S.271-279 3*

548

Schrifttumserzeichnis

Haurand, Günter u. Vahle, Jürgen, Computerkriminalität, RDV 1990, S. 128-134 Hefendehl, Roland, Strafrechtliche Probleme beim Herstellen, beim Vertrieb und bei der Verwendung von wiederaufladbaren Telefonkartensimulatoren, NStZ 2000, S. 348-350 Hefti, Ernst, Der strafrechtliche Urheberschutz in der Schweiz · Gedanken zu einer Verschärfung des schweizerischen Urheberstrafrechts, in: Rechtspolitische Überlegungen zum Urheberstrafrecht, hrsg. v. Flechsig, 1982, S. 87-98 Heghmanns, Michael, Öffentliches und besonderes öffentliches Interesse an der Verfolgung von Softwarepiraterie, NStZ 1991, S. 112-117 Heide, Isabella Maria v. d., Tatbestands- und Vorsatzprobleme bei der Steuerhinterziehung nach § 370 AO · zugleich ein Beitrag zur Abgrenzung der Blankettstrafgesetze von Strafgesetzen mit normativen Tatbestandsmerkmalen, 1986 Heidingsfelder,

Thomas, Der umgekehrte Subsumtionsirrtum, 1991

Heinbuch, Holger, Kunsthandel und Kundenschutz, NJW 1984, S. 15-22 Heinrich, Bernd, Die Strafbarkeit der unbefugten Vervielfältigung und Verbreitung von Standardsoftware, Diss. 1993 — Die Entgegennahme von raubkopierter Software als Hehlerei?, JZ 1994, S. 938-945 Heischel, Olaf u. Benner, Günter, Anmerkung zu OLG Celle StV 1988, 257, in: StV 1988, S.258 Heibig, Klaus, Immer wieder Beweisschwierigkeiten · Videopiraterie - aktuelle Erscheinungsform der organisierten Kriminalität, Kriminalistik 1986, S. 372-377 Hellmer, Joachim, Das Zusammentreffen von natürlicher Handlungs- und rechtlicher Tateinheit bei Verletzung höchstpersönlicher Interessen, GA 1956, S. 65-74 Henssler, Martin, Die zivil- und urheberrechtliche Behandlung von Software, MDR 1993, S. 489-497 Hentig, Hans von, Der strafrechtliche Schutz des literarischen Eigentums nach deutschem und österreichischem Rechte in rechtsvergleichender Darstellung, 1912 Hentschel, Udo, Die rechtswidrige Vervielfältigung aktueller Kinospielfilme, FuR 1982, S. 237-247 — Rechtswidrige Vervielfältigung oder Verbreitung von Video-Kassetten als Vortat im Sinne von § 259 StGB · Anwendbarkeit des Tatbestandes der Hehlerei im Bereich der Video-Piraterie, FuR 1983, S. 389-392 — Die rechtswidrige Vervielfältigung aktueller Kino-Spielfilme · Ihre Erscheinungsformen und die Möglichkeit ihrer Bekämpfung, Gema-Nachrichten, Heft 119 (1983), S. 11-21 — Die rechtswidrige Vervielfältigung aktueller Kino-Spielfilme, in: Günther Poll, Videorecht· Videowirtschaft, 1986, S. 109-118 — Die Verschärfung des Urheberstrafrechts und ihre Auswirkung in der Film- und Videopraxis, ZUM 1985, S. 498-500 Hertin, Paul W., Sounds von der Datenbank - Eine Erwiderung auf Hoeren, GRUR 1989,11 ff., in: GRUR 1989, S. 578-579

Schrifttumserzeichnis — Die Vermarktung nicht lizenzierter Live-Mitschnitte von Darbietungen ausländischer Künstler nach den höchstrichterlichen Entscheidungen „Bob Dylan" und „Die Zauberflöte", GRUR 1991, S. 722-731 — Grundlagen des Musikurheberrechts, in: Handbuch der Musikwirtschaft, hrsg. v. Rolf Moser u. Andreas Scheuermann, 3. Aufl. 1992, S. 491-515 Herzberg, Rolf Dietrich, Tatbestands- oder Verbotsirrtum?, GA 1993, S. 439-459 Herzog, Felix, Prävention des Unrechts oder Manifestation des Rechts, 1987 Hesse, Hans Gerd, Strafbare Patentverletzung und Irrtum · Zugleich ein Beitrag zur Frage der Normqualität des Verwaltungshandelns, GA 1968, S. 225-236 Hillig, Hans-Peter, Zur urheberrechtlichen Einordnung von Videotext und Bildschirmtext, in: Festschrift für Georg Roeber zum 10. Dezember 1981, 1982, S. 165-173 — Die Urheberrechtsnovelle 1985, UFITA Bd. 102 (1986), S. 11-31 — Der Schutz von Datenbanken aus der Sicht des deutschen Rechts, ZUM 1992, S. 325-331 Hirsch, Hans Joachim, Zur Abgrenzung von Strafrecht und Zivilrecht, in: Festschrift für Karl Engisch zum 70. Geburtstag, 1969, S. 304-327 Hobe, Konrad, „Geringe Schuld" und „öffentliches Interesse" in den §§153 und 153 a StPO, in: Festschrift für Heinz Leferenz zum 70. Geburtstag, 1983, S. 629-646 Hochstein, Reiner, Teledienste, Mediendienste und Rundfunkbegriff - Anmerkungen zur praktischen Abgrenzung multimedialer Erscheinungsformen, NJW 1997, S.2977-2981 Hoebbel, Christoph, Der Schutz von Datenbanken nach deutschem und europäischem Recht, in: Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, hrsg. v. Michael Lehmann, 2. Aufl. 1993, S. 1015-1043 Hoeren, Thomas, Softwareüberlassung an der Schnittstelle von Urheber- und Verlagsrecht · Zugleich eine kritische Auseinandersetzung mit Heussen, GRUR 1987, 779ff., in: GRUR 1988,S.340-349 — Sounds von der Datenbank - Zur Urheber- und wettbewerbsrechtlichen Beurteilung des Samplings in der Popmusik, GRUR 1989, S. 11-16 — Nochmals: Sounds von der Datenbank - zum Schutz des Tonträgerherstellers gegen Sampling, GRUR 1989, S. 580-581 — Ist Felix Somm ein Krimineller?, NJW 1998, S. 2792-2793 — Softwareüberlassung als Sachkauf · Ausgewählte Rechtsprobleme des Erwerbs von Standardsoftware, 1989 Hofer, Thomas, Computer-Viren - Herkunft, Begriff, Eigenschaften, Deliktsformen, jur-PC 1991, S.1367-1374 Hofstetter, Christoph, Anmerkung zum Urteil des Bayrischen Obersten Landesgerichts vom 12.05.1992, Az.: 4 St RR 64/92, ZUM 1992, S.541 — Anmerkung zu dem Beschluss des OLG Hamm vom 14.5.1991, Az.: 4 U 281/90, ZUM 1992, S.88-89 Holländer, Günther, Ist der Lauf eines Computerprogrammes eine Vervielfältigung im Sinne von § 16 UrhG trotz §20 UrhG, GRUR 1991, S.421-422

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Schrifttumserzeichnis

Holzinger, Ernst, Können Objektprogramme urheberrechtlich geschützt sein? - Kritische Anmerkung zu Schulz, GRUR 1990, 103 und König, GRUR 1989, 559, in: GRUR 1991, S.366-367 Hoppmann, Hans-Dieter, Urheberrechtsschutz für Computerprogramme - Eine Rechtsprechungsübersicht, RDV 1992, S. 53-62 Horn, Eckhard, Das „Inverkehrbringen" als Zentralbegriff des Nebenstrafrechts, NJW 1977, S.2329-2336 Hubmann, Heinrich, Der Erschöpfungsgrundsatz und das Recht der öffentlichen Wiedergabe, in: Festschrift für Georg Roeber zum 10. Dezember 1981, 1982, S. 181-192 — Anmerkung zum Urteil des LG Berlin, Schulze, LGSt 4, in: Rechtsprechung zum Urheberrecht, hrsg. v. Erich Schulze, LGSt 4, S. 19-21 — Urheber-und Verlagsrecht, 5. Aufl. 1984 Hubmann, Heinrich u. Gotting, Horst-Peter, Gewerblicher Rechtsschutz · (Patent-, Gebrauchsmuster-, Geschmacksmuster-, Marken- und Wettbewerbsrecht) · Ein Studienbuch, 6. Aufl. 1998 Hufen, Friedhelm, Anmerkung zu BVerfG ZLR 1988, 631, in: ZLR 1988, S. 632-635 Hütig, Stefan, Anmerkung zu AG Velbert MMR 1998, 153, in: MMR 1998, S. 154-155 Jakobs, Günther, Strafrecht · Allgemeiner Teil · Die Grundlagen und die Zurechnungslehre · Lehrbuch, 2. Aufl. 1991 Jarass, Hans D. u. Pieroth, Bodo, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland · Kommentar, 4. Aufl. 1997 Jescheck, Hans-Heinrich, Wesen und rechtliche Bedeutung der Beendigung der Straftat, Festschrift für Hans Welzel zum 70. Geburtstag am 25. März 1974, 1974, S. 683-699 Jescheck, Hans-Heinrich u. Weigend, Thomas, Lehrbuch des Strafrechts, Allgemeiner Teil, 5. Auflage 1996 Jung, Heike, Gesetzgebungsübersicht, JuS 1990, S. 856-858 — Grundfragen der Strafrechtsvergleichung, JuS 1998, S. 1-7 Junker, Abbo, Wettbewerbsrechtlicher S. 1334-1342

Schutz für

Computerprogramme,

BB

1988,

— Computerrecht, 1988 — Anmerkung zu BGH, JZ 1988, 460, in: JZ 1988, S.464-466 — Die Praxis des Bundesgerichtshofs zum Computerrecht 1989-1992, JZ 1993, S. 344-350 u. S. 447-453 — Die Entwicklung des Rechtsschutzes für EDV-Leistungen in den Jahren 1988 und 1989, NJW 1991, S.2117-2124 — Die Entwicklung des Computerrechts in den Jahren 1991 und 1992, NJW 1993, S.824-832 — Die Entwicklung des Computerrechts in den Jahren 1994-1997, NJW 1998, S. 947-953 — Die Entwicklung des Computerrechts im Jahre 1998, NJW 1999, S. 1294-1299 Kann, Berit, Musikpiraterie: Ansätze zur Lösung der praktischen und juristischen Probleme unter besonderer Berücksichtigung des Urheberstrafrechts, Diss. 1995

Schrifttumserzeichnis Kappes, Florian, Der zivilrechtliche Schutz von Computerprogrammen nach der Urheberrechtsnovelle, JuS 1994, S. 659-667 Karlsruher Kommentar zur Strafprozeßordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz mit Einführungsgesetz, hrsg. v. Gerd Pfeiffer, 4. Aufl. 1999 Kastner, Klaus, Das Plagiat - literarische und rechtliche Aspekte, NJW 1983, S. 1151-1158 Katzenberger, Paul, Vom Kinofilm zum Videogramm, in: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht in Deutschland · Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht und ihrer Zeitschrift, Bd. II 1991, S. 1401-1443 — Urheberrecht und Dokumentation · Abstracts - Fotokopien - elektronische Datenbanken, GRUR 1973, S. 629-640 — Der Schutz von Werken der bildenden Künste durch das Urheberstrafrecht und die Praxis der Strafverfolgung in der Bundesrepublik Deutschland, GRUR 1982, S.715-721 — Urheberrecht und Datenbanken, GRUR 1990, S. 94-100 — Urheberrechtsfragen der elektronischen Textkommunikation, GRU1 Int. 1983, S. 895-919 — Kein Laufbildschutz für ausländische Videospiele in Deutschland, GRU1 Int. 1992, S.513-519 — Urheberrechtsfragen der elektronischen Textkommunikation (Vergleichender Bericht über Urheberrechtsfragen), in: Rechtsfragen der elektronischen Textkommunikation, SGRUM Bd. 11, hrsg. v.Martin Bullinger, 1984, S. 99-124 Kaujfmann, Hans, Einige Gedanken zum öffentlichen Interesse an der Verfolgung von Körperverletzungen im Sport, in: Festschrift für Theodor Kleinknecht zum 75. Geburtstag am 18. August 1985, 1985, S. 203-214 Kilian, Wolfgang, Verkehrsregeln für Datenautobahnen? · Zur Verrechtlichung des INTERNET, in: Festschrift für Helmut Pieper, 1999, S. 263-286 Kilian, Wolfgang u. Heussen, Benno, Computerrechtshandbuch · Computertechnologie in der Rechts- und Wirtschaftspraxis, Loseblattsammlung, Stand: 12. Ergänzungslieferung Oktober 1998 Kindermann, Manfred, Vertrieb und Nutzung von Computersoftware aus urheberrechtlicher Sicht, GRUR 1983, S. 150-161 — Was ist Computer-Software?, ZUM 1985, S.2-10 Kindhäuser, Urs, Normverstoß und natürliche Handlungseinheit-BGH, NJW 1984, 1568, in: JuS 1985, S. 100-105 — Zur Unterscheidung von Tat- und Rechtsirrtum, GA 1990, S. 407-423 Kircher,

Karl Heinz, Tatbestandsirrtum und Verbotsirrtum im Urheberrecht, Dissertation 1973

Klein, Christian, Digital Sampling, in: Handbuch der Musikwirtschaft, hrsg. v. Rolf Moser u. Andreas Scheuermann, 3. Aufl. 1992, S. 575-585 Kleinknecht, Theodor u. Meyer-Goßner, Lutz, Strafprozeßordnung · Gerichtsverfassungsgesetz, Nebengesetze und ergänzende Bestimmungen, 44. Aufl. 1999 KMR, Kommentar zur Strafprozeßordnung und zum Gerichtsverfassungs- und Ordnungswidrigkeitengesetz, hrsg. v. Hermann Müller u. Walter Sax, Loseblattsammlung, Stand: 18. Lieferung Januar 1999

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Schrifttums Verzeichnis

Knap, Karel, Urheberstrafrecht in den sozialistischen Ländern Europas · Ein rechts vergleichender Überblick, FuR 1980, S. 374-377 Kober, Ingo, Bekämpfung der Videopiraterie aus gesetzgeberischer Sicht, in: Wesen und Bekämpfung der Videopiraterie, Schriftenreihe des Instituts für Rundfunkrecht an der Universität Köln, hrsg. v. Hans Brack, Heinz Hübner, Dietrich Oehler, Klaus Stern, Bd. 59, 1993, S.3-11 Koch, Frank Α., Grundlagen des Urheberrechtsschutz im Internet und in Online-Diensten, GRUR 1997, S.417-430 Koch, Frank A. u. Schnupp, Peter, Software-Recht Band 1, 1991 Koewius, Rüdiger, Die Rechts Wirklichkeit der Privatklage, 1975 Kohler, Josef, Kunstwerkrecht, 1908 Köhler, Reimar, Der urheberrechtliche Schutz der Rechenprogramme, 1968 Kolle, Gert, Der Rechtsschutz von Computerprogrammen aus nationaler und internationaler Sicht, GRUR 1973, S.611-620 — Der Rechtsschutz der Computersoftware in der Bundesrepublik Deutschland, GRUR 1982, S. 443-461 — Schutz der Computerprogramme, GRU1 Int. 1974, S. 129-134 u. S.448-451 — Schutz der Computerprogramme, GRU1 Int. 1985, S. 29-33 König, Mark Michael, Urheberrechtsschutz von Computerprogrammen, CR 1991, S.584-592 — Können Objektprogramme urheberrechtliche geschützt sein?, GRUR 1989, S. 559-577 Kortsik, Roland, Der urheberrechtliche Schutz von Computersoftware · Zugleich ein Beitrag zum urheberrechtlichen Inhaltsschutz wissenschaftlicher Werke, Diss. 1993 Kothe, Wolfhard, Die rechtfertigende Einwilligung, AcP Bd. 185 (1985), S. 105-161 Kotthoff, Jost, Zum Schutz von Datenbanken beim Einsatz von CD-ROMs in Netzwerken, GRUR 1997, S. 597-603 Krahl, Matthias, Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs zum Bestimmtheitsgrundsatz im Strafrecht (Art. 103 Abs. 2 GG), Frankfurter kriminalwissenschaftliche Studien Bd. 16, 1986 Kreile, Reinhold, Technischer Fortschritt und Urheberrecht, in: Festschrift für Georg Roeber, 1982 zum 10. Dezember 1981, 1982, S.245-255 — Geleitwort des Vorstands und Generaldirektors der GEMA, in: Schaefer, Martin u. Körfer, Manfred, Tonträgerpiraterie · Ein Leitfaden für die Praxis, 1996, S.8-9 Kreppel, Thomas, Computertechnik im Spiegel der Rechtsprechung, DSWR 1991, S. 153-157 Kretschmer, Friedrich, Gesetz gegen Produktpiraterie: Regierungsentwurf, GRUR 1989, S. 581-582 Krümpelmann, Justus, Die Bagatelldelikte · Untersuchungen zum Verbrechen als Steigerungsbegriff, 1966 Kudlich, Hans, Der heimlich Zugriff auf Daten in einer Mailbox: ein Fall der Überwachung des Fernmeldeverkehrs?-BGH, NJW 1997, 1934, in: JuS 1998, S.209-214 Kühl, Kristian, Grundfälle zu Vorbereitung, Versuch, Vollendung und Beendigung, JuS 1980, S. 506-510 u. JuS 1982, S. 110-114

Schrifttumserzeichnis Kuhlen, Lothar, Die Unterscheidung von vorsatzausschließendem und nichtvorsatzausschließendem Irrtum, 1987 Kuhlmann, Jan, Kein Rechtsschutz für den Kopierschutz · Standardsoftware in rechtlicher Hinsicht, CR 1989, S. 177-185 Küper, Wilfried, Das BVerfG, das Analogieverbot und der Bedrohungstatbestand - BVerfG, NJW 1995, 2776, in: JuS 1996, S. 783-790 — Grenzfragen der Unfallflucht · Zugleich ein Betrag zur Deliktsbeendigung, JZ 1981, S. 209-216 u.S. 251-257 Kurth, Hans-J., Beschränkung des Prozeßstoffs und Einführung des Tonbandprotokolls durch das Strafverfahrensänderungsgesetz 1979, NJW 1978, S. 2481-2484 Labe, Michael, Zufallsfund und Restitutionsprinzip im Strafverfahren, 1990 Lackner, Karl u. Kühl, Kristian, Strafgesetzbuch mit Erläuterungen, 23. Aufl. 1999 Lampe, Ernst-Joachim, Die strafrechtliche Beurteilung der sog. Computer-Kriminalität, GA 1975, S. 1-23 — Unvollkommen zweiaktige Rechtfertigungsgründe, GA 1978, S.7-12 — Der strafrechtliche Schutz der Geisteswerke (II), UFITA Bd. 83 (1978), S. 15-62 — Der strafrechtliche Schutz der Geisteswerke (III), UFITA Bd. 87 (1980), S. 107-143 Lampe, Ernst-Joachim u. Wölker, Bd. 76 (1976), S. 141-163

Ulrich, Der strafrechtliche Schutz der Geisteswerke, UFITA

Lang, Johannes, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses vor dem Hintergrund der europäischen Rechtsvereinheitlichung - eine vergleichende Betrachtung des deutschen, englischen und französischen Zivilprozeßrechts sowie des „Storme-Entwurfes", Diss. 1999 Lange, Andreas, Die juristische Bibliothek - Ein Ort voller Straftäter? · Wissenschaftliches Arbeiten im Lichte des Urheber(straf)rechts, in: Freiheit und Verantwortung in schwieriger Zeit · Kritische Studien aus vorwiegend straf(prozeß)rechtlicher Sicht zum 60. Geburtstag von Prof. Dr. Ellen Schlüchter, 1998, S. 203-214 Larenz, Karl u. Canaris, Claus-Wilhelm, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, Studienausgabe, 3. Aufl., 1995 Larenz, Karl u. Wolf, Manfred, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 8. Aufl., 1997 Lauer, Eva, Der Irrtum über Blankettstrafgesetze am Beispiel des § 106 UrhG, Diss. 1996/97 Lehmann, Michael, Portierung und Migration von Anwendersoftware · Urheberrechtliche Probleme, CR 1990, S. 625-631 — Anmerkung zu BGHZ 112, 264 („Nixdorf-Betriebssystem"), in: CR 1991, S. 150-151 — Das neue deutsche Softwarerecht· NovellierungsVorschlag zum Urheberrecht, CR 1992, S. 324-328 — Anmerkung I zu BGHZ 123, 208 („Buchhaltungsprogramm"), in: CR 1993, S. 755-756 — Die Europäische Richtlinie über den Schutz von Computerprogrammen, GRU1 Int. 1991, S.327-337 — Der Rechtsschutz von Computerprogrammen in Deutschland, NJW 1988, S. 2419-2423 — Der neue Europäische Rechtsschutz von Computerprogrammen, NJW 1991, S. 2112-2117

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Schrifttumserzeichnis

— Das neue Software-Vertragsrecht - Verkauf und Lizenzierung von Computerprogrammen, NJW 1993, S. 1822-1826 Lehmann, Michael u. Schneider, Jochen, Kriterien der Werksqualität von Computerspielen gem. §2 UrhG, NJW 1990, S. 3181-3184 — Prüfungskriterien für die Schutzfähigkeit von Computerspielen · eine Erwiderung, RDV 1991, S. 30-31 — Computerspiele - Prüfungskriterien für die Schutzfähigkeit gem. § 2 UrhG, RDV 1990, S.68-77 Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch · Großkommentar, 17. Lieferung: §§77 bis 79b, hrsg. v. Burkhard Jähnke, Heinrich Wilhelm Laufhütte, Walter Odersky, 11. Aufl. 1994 — Großkommentar, 20. Lieferung: §§ 125 bis 141, hrsg. v.Burkhard Jähnke, Heinrich Wilhelm Laufhütte, Walter Odersky, 11. Aufl. 1996 — Großkommentar, Erster Bd. (§§ 1 bis 31), hrsg. v. Hans-Heinrich Jescheck, Wolfgang Ruß, Günther Willms, 10. Aufl. 1985 — Großkommentar, Fünfter Bd. (§§ 185 bis 262), hrsg. v. Hans-Heinrich Jescheck, Wolfgang Ruß, Günther Willms, 10. Aufl. 1989 — Großkommentar, Sechster Bd. (§§263 bis 302 a), hrsg. v.Hans-Heinrich Jescheck, Wolfgang Ruß, Günther Willms, 10. Aufl. 1988 Lenckner, Theodor, Die Einwilligung Minderjähriger und deren gesetzlicher Vertreter, ZStW Bd. 72 (1960), S. 446-463 Lesch, Heiko Hartmut, Das Problem der sukzessiven Beihilfe, Diss. 1992 — Die strafrechtliche Einwilligung beim HIV-Antikörpertest an Minderjährigen, NJW 1989, S. 2309-2313 Lessing, Wilhelm, Anregungen zur Reform des Urheberrechtsgesetzes, ZRP 1985, S. 109-111 Letzgus, Klaus, Umfang und Grenzen des strafrechtlichen Schutzes von unveröffentlichten wissenschaftlichen Gutachten nach § 106 UrhG, in: Festschrift für Kurt Rebmann zum 65. Geburtstag, 1989, S. 277-301 Leutheusser-Schnarrenberger, ZRP 1998, S. 87-91

Sabine, Der „große Lauschangriff" - Sicherheit statt Freiheit,

Lieben, Detlev, Strafrechtliche Bekämpfung der Videopiraterie durch die §§257 ff. StGB, GRUR 1984, S. 572-577 Liu, Xiaohai, Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums in der Volksrepublik China, GRUlInt. 1999, S. 488-497 Locher, Horst, Das Recht der bildenden Kunst, 1970 Loewenheim, Ulrich, Zum Begriff des Anbietens in der Öffentlichkeit nach § 17 UrhG, in: Festschrift für Fritz Traub zum 65. Geburtstag, 1994, S. 251-258 — Urheberrechtlicher Schutz von Videospielen, in: Beiträge zum Schutz der Persönlichkeit und ihrer schöpferischen Leistungen, Festschrift für Heinrich Hubmann zum 70. Geburtstag, 1985,S.307-324 — Benutzung von Computerprogrammen und Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG, in: Festschrift für Otto Friedrich Frhr. v.Gamm, 1990, S. 423-436

Schrifttums Verzeichnis — Urheberrecht, in: Praxis des Online-Rechts, hrsg. v. Ulrich Loewenheim u. Frank A. Koch, 1998 — Schutzfähigkeit der audio-visuellen Darstellung von Videospielen, in: Günther Poll, Videorecht· Videowirtschaft, 1986, S. 102-103 — Der urheberrechtliche Schutz der Computer-Software · Die neue Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland unter Berücksichtigung der Rechtsentwicklung bei Videospielen, ZUM 1985, S. 26-33 Löffler, Joachim, Künstlersignatur und Kunstfälschung · Zugleich ein Beitrag zur Funktion des § 107 UrhG, NJW 1993, S. 1421-1429 Lohberger, Ingram Karl, Blankettstrafgesetz und Grundgesetz, Diss. 1968 Löhnig, Martin, „Verbotene Schriften" im Internet, JR 1997, S.496-498 Löwe/Rosenberg, Die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz · Großkommentar, hrsg. v. Peter Rieß, 24. Aufl. 1985 ff. Lührs, Wolfgang, Verfolgungsmöglichkeiten im Fall der „Produktpiraterie" unter besonderer Betrachtung der Einziehungs- und Gewinnabschöpfungsmöglichkeiten (bei Ton-, Bildund Computerprogrammträgern), GRUR 1994, S. 264-269 Lüttger, Hans, Bemerkungen zu Methodik und Dogmatik des Strafschutzes für nichtdeutsche öffentliche Rechtsgüter, in: Festschrift für Hans-Heinrich Jescheck zum 70. Geburtstag, 1985, S. 121-178 Maaßen, Wolfgang, Urheberrechtliche Probleme der elektronischen Bildverarbeitung, ZUM 1992, S.338-352 Magata, Osamu, Die Entwicklung der Lehre von der notwendigen Teilnahme · unter besonderer Berücksichtigung der sog. Begegnungsdelikte, Jura 1999, S. 246-253 Maiwald, Manfred, Die natürliche Handlungseinheit, 1964 — Die Verteidigung der Rechtsordnung - Analyse eines Begriffes, GA 1983, S. 49-72 — Anmerkung zu BGH JR 1985, 512, in: JR 1985, S.513-515 — Die Feststellung tatmehrheitlicher Deliktsbegehung, NJW 1978, S. 300-303 — Unrechtskenntnis und Vorsatz im Steuerstrafrecht, 1984 Marly, Jochen, Das Recht des Anwenders zur Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Computersoftware, jur-PC 1989, S. 18-23 u. S. 54-58 — Bonn: Schallende Ohrfeige für den Bundesgerichtshof, jur-PC 1992, S. 1567 — Stellungnahme zum Diskussionsentwurf des Bundesjustizministeriums zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes, jur-PC 1992, S. 1620-1626 u. S. 1652-1675 — BGH-Rechtsprechung aktuell: Urheberrecht · Entscheidungen und LM-Anmerkungen 1992-1993, NJW 1994, S. 2005-2007 — Der neue Urheberrechtsschutz für Computerprogramme, NJW-CoR 1993, Heft 4, S. 21-24 — Softwareüberlassungsverträge, 2. Aufl. 1997 Martin, Sigmund P, Besprechung von „Ulrich Sieber (Hrsg.), Information Technology Crime National Legislations and International Initiatives, 1994", CR 1995, S. 252-253 Maruhn, Jürgen, Der Schutz der Computersoftware in der Praxis, in: Festschrift für Fritz Traub zum 65. Geburtstag, 1994, S. 259-273

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Schrifttumserzeichnis

Maurach, Reinhard, Anmerkung zu BGH JZ 1972, 130, in: JZ 1972, S. 130-132 Maurach, Reinhart u. Gössel, Karl Heinz u. Zipf, Heinz, Strafrecht, Allgemeiner Teil, Teilband 2, 7. Aufl. 1989 Maurach, Reinhart u. Schroeder, Friedrich-Christian u. Maiwald, Manfred, Strafrecht, Besonderer Teil, Teilband 2, 7. Aufl., 1991 Maurach, Reinhart u. Zipf, Heinz, Strafrecht, Allgemeiner Teil, Teilband 1, 8. Aufl. 1992 Medicus, Dieter, Allgemeiner Teil des BGB · Ein Lehrbuch, 7. Aufl., 1997 Meier, Bernd-Dieter, Softwarepiraterie - eine Straftat? · Überlegungen zum Strafrechtsschutz für Computerprogramme, JZ 1992, S. 657-665 Meier, Bernd-Dieter u. Böhm, Bernhard, Strafprozessuale Probleme der Computerkriminalität, wistra 1992, S. 166-172 Meister, Herbert E., Aspekte der Produktpiraterie, WRP 1991, S. 137-143 Mestmäcker, Ernst-Joachim u. Schulze, Erich, Kommentar zum deutschen Urheberrecht unter Berücksichtigung des internationalen Rechts und des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten der EG, Loseblattsammlung, Stand: 25. Lieferung, Juli 1998 Meurer, Dieter, Die Bekämpfung der Computerkriminalität in der Bundesrepublik Deutschland, in: Wege zum japanischen Recht, Festschrift für Zentaro Kitagawa zum 60. Geburtstag, 1992, S. 971-986 Meyer, Dieter Gedanken zur Nachrangigkeit strafrechtlicher Ermittlungen, wenn wegen des gleichen Sachverhalts ein Zivilrechtsstreit geführt wird, Das juristische Büro 1990, S. 1403-1406 — Urteilsanmerkung zu BGH NJW 1974, 900, in: NJW 1974, S. 1325-1326 Meyer, Hans-Burkard, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Bibliothekars, 1972 Meyer, Jürgen, Kritik an der Neuregelung der Versuchsstrafbarkeit, ZStW Bd. 87 (1975), S.598-622 Meyer, Maria-Katharina, Das „Fehlen des öffentlichen Interesses" in § 153 Abs. 1 StPO - eine überflüssige und überdies gefährliche Leerformel?, GA 1997, S. 404-417 Mezger, Edmund, Anmerkung zu BGH JZ 1951, 177, in: JZ 1951, S. 179-180 Michael, Andreas, Der Grundsatz in dubio pro reo im Strafverfahrensrecht, 1981 Microsoft Encarta, Enzyklopädie, Lexikon auf CD-ROM, 1999 Mitsch, Wolfgang, Konkurrenzen im Strafrecht, JuS 1993, S. 385-390 — Recht der Ordnungswidrigkeiten, 1995 Moewes, Karlheinz u. Koch, Frank Α., Rechtsprobleme bei Computerspielen · Eine Stellungnahme, Kriminalistik 1990, S. 39-40 Möhrenschlager, Manfred, Computerstraftaten und ihre Bekämpfung in der Bundesrepublik Deutschland, wistra 1991, S. 321-331 Möhring, Philip, Die Schutzfähigkeit von Programmen für Datenverarbeitungsmaschinen, GRUR 1967, S. 269-278 Möhring, Philipp u. Nicolini, Käte, Urheberrechtsgesetz · Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 9. September 1965, 1970

Schrifttumserzeichnis Momsen, Carsten, Die konkurrenzrechtliche „Tat" bei sukzessiver Tatausführung unter Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter, NJW 1999, S. 982-987 Mönkemöller, Lutz, Moderne Freibeuter unter uns? - Internet, MP3 und CD-R als GAU der Musikbranche!, GRUR 2000, S. 663-669 Moritz, Hans Werner u. Tybusseck, Barbara, Computersoftware · Rechtsschutz und Vertragsgestaltung, 2. Aufl. 1992 Movsessian, Vera, Anmerkung zum Urteil des AG Stuttgart, Schulze, LGSt 3, in: Rechtsprechung zum Urheberrecht, hrsg. v. Erich Schulze, AGSt 4, S.4-5 Movsessian, Vera u. Seifert,

Fedor, Einführung in das Urheberrecht der Musik, 1982

Mühlens, Peter, Neue Waffe gegen Produktpiraterie · Das Gesetz zur Stärkung des Schutzes des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie, CR 1990, S.433-438 Müller, Rudolf u. Wabnitz, Heinz-Bernd u. Janovsky, Thomas, Wirtschaftskriminalität · Eine Darstellung der typischen Erscheinungsformen mit praktischen Hinweisen zur Bekämpfung, 4. Aufl. 1997 Müller-Gugenberger, Christian, Wirtschaftsstrafrecht - Eine Gesamtdarstellung des deutschen Wirtschaftsstraf- und -ordnungsWidrigkeitenrechts, 2. Aufl. 1992 Münchener Kommentar, Bürgerliches Gesetzbuch, hrsg. von: Kurt Rebmann, Franz-Jürgen Säcker, 3. Aufl. 1997 Münker, Reiner, Urheberrechtliche Zustimmungserfordernisse beim Digital Sampling, 1995 Naucke, Wolfgang, Mißbrauch des Strafantrags, in: Beiträge zur gesamten Strafrechtswissenschaft, Festschrift für Hellmuth Mayer, 1965, S. 565-585 Neubacher, Frank, Kinderdeliquenz, ZRP 1998, S. 121-123 Neumann, Ulfried, Schrifttum: Walter Gropp, Deliktstypen mit Sonderbeteiligung, GA 1997, S.230-232 Nick, Wolfgang, Die Verfolgung der Tonträgerpiraterie in den USA und in der Bundesrepublik · Pirateriegeschäfte und Abwehrreaktionen, FuR 1980, S. 377-390 — Musikdiebstahl · Technische, wirtschaftliche und rechtliche Aspekte der illegalen Herstellung und Verbreitung von Tonträgern, 1979 Nordemann, Axel u. Nordemann, Jan Bernd u. Czychowski, Christian, Die Entwicklung der Gesetzgebung und Rechtsprechung zum Urheberrecht in den Jahren 1998 und 1999, NJW 2000, S.620-634 Nordemann, Axel u. Schierholz, Anke u. Nordemann, Jan Bernd u. Czychowski, Christian, Die Entwicklung der Gesetzgebung und Rechtsprechung zum Urheberrecht in den Jahren 1996 und 1997, NJW 1998, S. 422-434 Nordemann, Wilhelm, Das Computerprogramm als urheberrechtlich geschütztes Werk, in: Festschrift für Georg Roeber zum 10. Dezember 1981, 1982, S. 297-305 — Bildschirmspiele - eine neue Werkart im Urheberrecht, GRUR 1981, S. 891-894 — Umwandlung der Straftaten gegen das Urheberrecht in Offizialdelikte?, NStZ 1982, 372-374 Oehler, Dietrich, Eröffnung und Begrüßung, in: Wesen und Bekämpfung der Videopiraterie, Schriftenreihe des Instituts für Rundfunkrecht an der Universität Köln, hrsg. v. Hans Brack, Heinz Hübner, Dietrich Oehler, Klaus Stern, Bd. 59, 1993, S. 1-2

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Schrifttumserzeichnis

Oetker, Friedrich, Zur Urkundenlehre im Strafrecht, in: Festschrift für Karl Binding zum 4. Juni 1911, l.Bd., 1911, S. 1-139 Olenhusen, Albrecht Götz von, Recht auf geistiges Eigentum und Raubdrucke, KJ 1970, 5. 36-47 — Schriftsteller, Recht und Gesellschaft · Beiträge und Materialien zum Urheber-, Verlagsund Presserecht, 1972 Oppermann, Klaus, Der Auskunftsanspruch im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht · Dargestellt unter besonderer Berücksichtigung der Produktpiraterie, 1997 Ostendorf, Heribert u. a., Gegenreform im Jugendstrafrecht?, ZRP 1998, S.446-448 — Jugendgerichtsgesetz · Kommentar, 4 Aufl. 1997 Osterrieth, Albert u. Marwitz, Bruno, Das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie · Gesetz vom 9. Januar 1907 mit den Abänderungen vom 22. Mai 1910, 2. Aufl. 1929 Otto, Harro, Grundkurs Strafrecht · Die einzelnen Delikte, 5. Aufl. 1998 — Versuch und Rücktritt bei mehreren Tatbeteiligten (1. Teil), JA 1980, S. 641-647 — Hehlerei, § 259 StGB, Jura 1985, S. 148-155 Palandt, Otto, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 59. Aufl., 2000 Pappi, Urban, Verantwortlichkeit im Internet, ZUM 1999, S. 223-225 Paul, Werner, Die Bedeutung des kriminalpolizeilichen EDV-Sachverständigen aus polizeilicher Sicht, CR 1986, S. 173-175 — Eine andere Betrachtungsweise der Computerkriminalität 1991, CR 1993, S.233-235 — Achterbahnfahrt bei der Softwarepiraterie, NJW-CoR 1996, S. 234-241 Pelz, Christian, Die Strafbarkeit von Online-Anbietern, StV 1999, S. 53-59 — Die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Internet-Providern, ZUM 1998, S. 530-534 Peters, Karl, Die Begrenzung des Strafrechts bei zivilrechtlichen Verhältnissen als materiellrechtliches und prozessuales Problem, in: Festschrift für Eberhard Schmidt zum 70. Geburtstag, 1961,S.488-510 Plassmann, Clemens, Bearbeitungen und andere Umgestaltungen in §23 Urheberrechtsgesetz, Diss. 1996 Platho, Rolf, Aktivitäten der Tonträgerindustrie gegen Piraterie und private Kassettenüberspielung · Möglichkeiten einer weltweiten Zusammenarbeit, in: FuR 1980, S. 394-396 Preuß, Inge Nora, Der Rechtsschutz von Computerprogrammen - unter besonderer Berücksichtigung der Systematik des Immaterialgüterrechts, Diss. 1987 Puppe, Ingeborg, Tatirrtum, Rechtsirrtum, Subsumtionsirrtum, GA 1990, S. 145-182 — Anmerkung zu BGH NStZ 1993, S.594f., in: NStZ 1993, S. 595-597 Püschel, Heinz, Urheberrecht · Eine Einführung in das Urheberrecht mit dem TRIPS-Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, 1997 Ranft, Otfried, Zur „betrugsnahen" Auslegung des §263 a StGB, NJW 1994, S. 2574-2580 Raubenheimer, Andreas, Softwareschutz nach dem neuem Urheberrecht, CR 1994, S. 69-77

Schrifttumserzeichnis Raue, Peter u. Bensinger, Viola, Umsetzung des sui-generis-Rechts an Datenbanken in den §§87 äff. UrhG, MMR 1998, S. 507-512 Rehbinder, Manfred, Urheberrechtsschutz und strafrechtliche Inhaltskontrolle · Zur rechtshistorischen Entwicklung einer Grundsatzfrage, in: Internationale Perspektiven in Kriminologie und Strafrecht · Festschrift für Günther Kaiser zum 70. Geburtstag, 1998, S. 1575-1592 — Urheberrecht, 10. Aufl. 1998 — Die rechtlichen Sanktionen bei Urheberrechts Verletzungen nach ihrer Neuordnung durch das Produktpirateriegesetz, ZUM 1990, S. 462-466 Rehbinder, Manfred u. Pahud, Eric, Urheberrechtsschutz und strafrechtliche Inhaltskontrolle · Zur rechtshistorischen Entwicklung einer Grundsatzfrage, UFITA Bd. 136 (1998), S. 277-298 Reichert, Christoph, Der Diebstahl geringwertiger Sachen als Privatklagedelikt· Ein Vorschlag zur Entlastung der Rechtspflege, ZRP 1997, S. 492-499 Reimer, Dietrich, Der Erschöpfungsgrundsatz im Urheberrecht und im gewerblichen Rechtsschutz unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, GRUlInt. 1972, S.221-234 Reinbothe, Jörg, Der Schutz des Urheberrechts und der Leistungsschutzrechte im Abkommensentwurf GATT/TRIPs, GRU1 Int. 1992, S. 707-715 — Der EU-Richtlinienentwurf zum Urheberrecht und zu den Leistungsschutzrechten in der Informationsgesellschaft, ZUM 1998, S. 429-437 Reiners, Bernd, Differenzlizenzen und Parallelimporte, in: Handbuch der Musikwirtschaft, hrsg. v. Rolf Moser u. Andreas Scheuermann, 3. Aufl. 1992, S. 543-561 Reschke, Eike, Der Schutz ausländischer Rechtsgüter durch das deutsche Strafrecht, Diss. 1962 Rieß, Peter, Die Zukunft des Legalitätsprinzips, NStZ 1981, S. 2-10 Rochlitz, Burkhard, Der strafrechtliche Schutz des ausübenden Künstlers, des Tonträger- und Filmherstellers und des Sendeunternehmens, Diss., 1987 — Interesse von Künstlern und Plattenfirmen identisch, FonoForum, H. 10, 1984, S.6 — „in dubio pro arte" - mit dem geltenden Recht nicht in Einklang, FonoForum, H. 7, 1984, S.6 — Der strafrechtliche Schutz des Urhebers und Leistungsschutzrechtsinhabers · Vorschlag zur Einführung eines neuen Tatbestandes im allgemeinen Strafrecht mit einheitlicher Geltung für Berechtigte aus den Gebieten des Urheberrechts und des gewerblichen Rechtsschutzes, FuR 1980, S.351-360 — Vermietung von Tonträgern, in: Handbuch der Musikwirtschaft, hrsg. v. Rolf Moser u. Andreas Scheuermann, 3. Aufl. 1992, S. 535-542 — Der strafrechtliche Schutz des ausübenden Künstlers und des Tonträgerherstellers, in: Rechtspolitische Überlegungen zum Urheberstrafrecht, hrsg. v. Flechsig, 1982, S. 29-55 — Die Strafbarkeit der vorsätzlichen unerlaubten Vervielfältigung und Verbreitung von Tonträgern, UFITA, Bd. 83 (1978), S. 69-89 Roeber, Georg, Piraterie an geschützten Werken und Leistungen · Vorgänge und Probleme in Diskussion beim Institut für Urheber- und Medienrecht, FuR 1980, S. 390-394

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Schrifttums Verzeichnis

Rombach, Wolfgang, Killer-Viren als Kopierschutz für Computerprogramme · Haftungsbegrenzung, Rechtfertigung und Kausalität, CR 1990, S. 184-187 Roos, Gerhard, Entkriminalisierungstendenzen im Besonderen Teil des Strafrechts, 1981 Röttinger, Moritz, Abkehr vom Urheberrechtsschutz für Computerprogramme, IuR 1986, S. 12-17 — Rechtsschutz von Computerprogrammen · Die Diskussion zum Rechtsschutz von Computerprogrammen in der BRD, in Österreich und in der Schweiz in den vergangenen 20 Jahren, IuR 1986, S. 293-300, IuR 1987, S. 93-102 u. S. 139-149 — Finden beim Lauf eines Computerprogramms Vervielfältigungsvorgänge im Sinne des Urheberrechts statt?, IuR 1987, S. 267-274 Roxin, Claus, Anmerkung zu BGH NJW 1991, 1068, in: JR 1991, S.206-208 — Sinn und Grenzen staatlicher Strafe, JuS 1966, S. 377-387 — Tatentschluß und Anfang der Ausführung beim Versuch, JuS 1979, S. 1-13 — Strafrecht, Allgemeiner Teil, Bd. 1, 3. Aufl. 1997 — Strafverfahrensrecht, 25. Aufl. 1998 — Täterschaft und Tatherrschaft, 6. Aufl. 1994 Rudolphi, Hans-Joachim, Anmerkung zu BGHSt 43, 237, JZ 1998, S.471-472 Rupp, Wolfgang, Computersoftware und Strafrecht · Ein Beitrag unter besonderer Berücksichtigung des strafrechtlichen Vermögensschutzes, Diss. 1985 — Verstößt die unbefugte Benutzung eines urheberrechtlich geschützten Computerprogramms gegen §§97ff., 106 UrhG?, GRUR 1986, S. 147-150 — Zur strafrechtlichen Verantwortung des „bösgläubigen" Softwareerwerbers, wistra 1985, S. 137-142 — Zivilrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen beim Auseinanderfallen von Urheberund Nutzungsrecht, ZUM 1986, S. 12-21 Rüthers, Bernd, Anleitung zum fortgesetzten methodischen Blindflug? · Ein Kommentar zu Karl Larenz/Claus-Wilhelm Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, Studienausgabe, 3. Aufl., 1995, in: NJW 1996, S. 1249-1253 Sachs, Michael, Grundgesetz - Kommentar, 2. Aufl. 1999 Samson, Benvenuto, Urheberrecht· Ein kommentierendes Lehrbuch, 1973 — Bemerkungen zu einigen Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes, UFITA 50 Teil Β (1967), S. 491-501 Satzger, Helmut, Die Anwendung des deutschen Strafrechts auf grenzüberschreitende Gefährdungsdelikte, NStZ 1998, S. 112-117 Sax, Walter, Grundsätze der Strafrechtspflege, in: Die Grundrechte · Handbuch der Theorie und Praxis der Grundrechte, hrsg. v. Karl August Bettermann u. Hans Carl Nipperdey u. Ulrich Scheuner, 3. Bd. 2.Halbbd., 1959, S. 909-1014 — Zum logischen und sachlichen Gehalt des sogenannten „Umkehrschlusses aus § 59 StGB", JZ 1964, S.241-245 Schack, Haimo, Neue Techniken und Geistiges Eigentum, JZ 1998, S. 753-763 — Urheber- und Urhebervertragsrecht, 1997

Schrifttumsverzeichnis

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Schaefer, Martin, Für EG-Bürger führen viele Wege nach Rom, GRUR 1992, S. 424-426 — Tonträgerpiraterie, in: Handbuch der Musikwirtschaft, hrsg. v. Rolf Moser u. Andreas Scheuermann, 3. Aufl. 1992, S. 516-533 Schaefer, Martin u. Körfer,

Manfred, Tonträgerpiraterie · Ein Leitfaden für die Praxis, 1996

Schaefer, Martin u. Rasch, Clemens, Zur Verantwortlichkeit von Online-Diensten und Zugangsvermittlern für fremde urheberrechtsverletzende Inhalte, ZUM 1998, S.451-458 Schäfer, Helmut, Der Computer im Strafverfahren, wistra 1989, S. 8-13 Schal, Hans Jürgen u. Eisenberg, Ulrich, Rechte und Befugnisse von Verletzten im Strafverfahren gegen Jugendliche, NStZ 1988, S. 49-53 Schatz, Wolfgang, Anmerkung zum Urteil des LG Berlin vom 29. März 1967, Schulze, LGZ 98,1,5 („Schallplatten-Espresso"), in: Schulze, Erich, Rechtsprechung zum Urheberrecht, Entscheidungssammlung, Band 8, LGZ 98, Loseblattsammlung, S.9-12 Scheijf, Bernd, Wann beginnt der Strafrechtsschutz gegen kriminelle Vereinigungen (§ 129 StGB)?, Diss. 1996 Schlatter, Sibylle, Der Rechtsschutz von Computerspielen und Computerkunst, in: Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, hrsg. v. Michael Lehmann, 2. Aufl. 1993, S.169-220 Schlosser, Peter, Die lange deutsche Reise in die prozessuale Moderne, JZ 1991, S. 599-608 Schlüchter, Ellen, Entschlüsselte Spielprogramme · Schutz für elektronisch gespeicherte geistige Inhalte, CR 1991, S. 105-108 — Das Strafverfahren, 2. Aufl. 1983 — Zweckentfremdung von Geldspielgeräten durch Computermanipulationen, NStZ 1988, S. 53-60 Schmidhäuser, Eberhard, Strafrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. 1975 Schmidt, Rainer, Urheberrecht und Vertragspraxis des Grafik-Designers · Ein Handbuch für Rechts- und Honorarfragen im Bereich der visuellen Kommunikation, 1983 Schmidt-Aßmann, Eberhard, Fehl verhalten in der Forschung - Reaktion des Rechts, NVwZ 1998, S.1225-1234 Schmitz, Herbert u. Schmitz, Detlef, Computerkriminalität - ein Leitfaden für die Praxis, 1990 Schneider, Jochen, Praxis des EDV-Rechts - Recht der Beschaffung, des Betriebs, der Wartung und Pflege von Computeranlagen und -programmen · insbesondere EDV-Vertragsrecht, 1990 Schneider, Jörg, Vervielfältigungsvorgänge beim Einsatz von Computerprogrammen · Vorrang urheberrechtlicher Grundwertungen gegenüber technischen Zufälligkeiten, CR 1990, S. 503-508 Schomburg, Wolfgang, Die öffentliche Bekanntmachung einer strafrechtlichen Verurteilung · Rechtslage und Rechtstatsachen unter besonderer Berücksichtigung von § 200 StGB, ZRP 1986, S.65-68 Schönke, Adolf und Schröder, Horst, Strafgesetzbuch · Kommentar, 25. Auflage 1997 Schorn, Franz, Sounds von der Datenbank - Eine notwendige Ergänzung zum Beitrag von Thomas Hoeren in GRUR 1989, 11 ff., in: GRUR 1989, S. 579-580 36 Hildebrandt

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Schrifttumserzeichnis

Schramm, Carl, Privatklage und öffentliches Interesse, GRUR 1954, S. 384-385 Schricker, Gerhard, Grundfragen der künftigen Medienordnung· Thema der Arbeitssitzung des Institutes für Urheber- und Medienrecht am 21. Oktober 1983 in München, FuR 1984, S.63-74 — Urheberrecht, Kommentar, 1. Aufl. 1987 — Urheberrecht, Kommentar, 2. Aufl. 1999 — Neue Technologie - Neues Urheberrecht?, in: Internationales Urheberrechtssymposium, SGRUM Bd. 15, 1986, S. 216-227 Schröder, Horst, Begünstigung und Hehlerei, in: Festschrift für Ernst Heinrich Rosenfeld zu seinem 80. Geburtstag am 14. August 1949, 1949, S. 161-191 Schroeder, Friedrich-Christian, Der Täter hinter dem Täter· Ein Beitrag zur Lehre von der mittelbaren Täterschaft, 1965 Schroth, Ulrich, Vorsatz und Irrtum, 1998 Schüler, Johannes, Anmerkung zum Urteil des BayObLG vom 12. Mai 1992, in: NStZ 1993, S.496-497 Schulte, Dieter, Der Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes · Ausgewählte Auslegungsfragen der EG-Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, CR 1992, S. 648-658 Schulze, Erich, Rechtsprechung zum Urheberrecht, Entscheidungssammlung, Loseblattsammlung, Stand: 44. Ergänzungslieferung, Oktober 1998 Schulze, Erich, u. a., Plagiat, Schriftenreihe der Internationalen Gesellschaft für Urheberrecht e.V., Bd. 14, 1959 Schulze, Gernot, Urheberrecht und neue Musiktechnologien, ZUM 1994, S. 15-24 Schulze-Heiming, Ingeborg, Der strafrechtliche Schutz der Computerdaten gegen die Angriffsformen der Spionage, Sabotage und des Zeitdiebstahls, Diss. 1995 Schweyer, Stefan, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 13. Dezember 1990 („Einzelangebot"), CR 1991, S. 405-407 Seifert, Fedor, Plagiatsgeschichte(n) · Betrachtungen zu einem populären Begriff, in: Festschrift für Fritz Traub zum 65. Geburtstag, 1994, S. 343-366 Seisler, Harald, Zum Schutz von Bildschirm-Computerspielen gegen „Raubkopien", DB 1983, S.1292-1294 Seitz, Walter, Alles starrt auf Monica - Outing alla americaine und Personenmerchandising, NJW 1999, S. 1940-1941 Sieber, Ulrich, Urheberrechtliche und wettbewerbsrechtliche Erfassung der unbefugten Softwarenutzung, BB 1981, S. 1547-1556 — Gefahr und Abwehr der Computerkriminalität, BB 1982, S. 1433-1442 — Der urheberrechtliche Schutz von Computerprogrammen, BB 1983, S. 977-986 — Computerkriminalität und Strafrecht · Neue Entwicklungen in Technik und Recht, Nachtrag 1980 zur 1. Aufl., 2. Aufl. 1980 — Computerkriminalität und Strafrecht, l.Aufl. 1977

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— Computerkriminalität und Informationsstrafrecht · Entwicklungen in der internationalen Informations- und Risikogesellschaft, CR 1995, S. 100-113 — Strafrechtliche Verantwortung für den Datenverkehr in internationalen Computernetzen, DuD 1996, S. 550-553 — Zivilrechtliche Beweisinteressen im Strafprozeß, Festschrift für Günter Spendel zum 70. Geburtstag am 11. Juli 1992, 1992, S. 757-776 — Strafrechtliche Verantwortlichkeit für den Datenverkehr in internationalen Computernetzen · Neue Herausforderungen des Internet, JZ 1996, S.429-442 u. S. 494-507 — Anmerkung zu AG München NJW 1998, 2836, in: MMR 1998, S.438-448 — Internationales Strafrecht im Internet · Das Territorialitätsprinzip der §§ 3,9 StGB im globalen Cyberspace, NJW 1999, S. 2065-2073 Sieg, Rainer, Das unzulässige Anbringen der richtigen Urheberbezeichnung (§ 107 UrhG), Berliner Hochschulschriften zum gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, Bd. 5, 1985 — Strafrechtlicher Schutz gegen Computerkriminalität, Jura 1986, S. 352-363 Sieger, Ferdinand, Urheber-Schwindel im Kunstbereich, FuR 1984, S. 119-132 Sielaff, Wolfgang, Produktpiraterie · Gedanken über ein Delikt mit Zukunft, Kriminalistik 1991, S. 434-438 Sinogowitz, Bernhard, Wiedergabe und Benützung audiovisueller Medien in Bibliotheken, FuR 1984, S. 563-569 Sippel, Kurt, Hehlerei an durch Scheckeinreichung erlangtem Bargeld?, NStZ 1985, S.348-349 Sontag, Peter, Das Miturheberrecht, 1972 Sowada, Christoph, Die „notwendige Teilnahme" als funktionales Privilegierungsmodell im Strafrecht, 1992 — Probleme der natürlichen Handlungseinheit, Jura 1995, S. 245-253 — Die natürliche Handlungseinheit - eine Rechtsfigur mit ungewisser Zukunft, NVZ 1995, S. 465-469 Spautz, Wolfgang, Tonträgerpiraterie, Bootlegs und strafrechtlicher Schutz im Urheberrechtsgesetz · Wachsende Bedeutung des Urheberstrafrechts, FuR 1978, S.743-749 — Warum nicht zum Strafrichter?, FuR 1978, S. 96-99 — Urheberstrafrecht - Wohin geht die Entwicklung?, ZUM 1990, S. 164-169 Stauder, Dieter, Überlegungen zur Schaffung eines besonderen Beweisverfahrens im europäischen Patentverletzungsrecht - Saisie-contrefa9on oder actio ad exhibendum als Beispiele?, GRU1 Int. 1978, S. 230-238 Staudinger, J. v., Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, §§832-832, 12. Aufl. 1986 Stegemann-Boehl, Stefanie, Fehlverhalten von Forschern und das deutsche Recht, WissR 1996, S. 139-160 Steinke, Wolfgang, Computerkriminalität 1991 · Ein kurzer Überblick, CR 1992, S. 698-700 — Rückgang: Computerkriminalität 1990, Kriminalistik 1990, S. 585-586 36*

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Schrifttumserzeichnis

Steinmetz, Helmut, Zum Thema der Tonträgerpiraterie: Piraten entdecken Österreich, FuR 1978, S. 750-752 Stenger, Hans-Jürgen, Mailboxen · Probleme der Beweissicherung in Strafsachen, CR 1990, S. 787-794 — Ein Delikt mit Zukunft?, Kriminalistik 1989, S.479-487 Sternberg-Lieben, Detlev, Musikdiebstahl, Diss. 1985 — Internationaler Musikdiebstahl und deutsches Strafanwendungsrecht, S.2121-2126

NJW

1985,

Stoffers, KristianF., Schrifttum: Christoph Sowada, Die „notwendige Teilnahme" als funktionales Privilegierungsmodell im Strafrecht, GA 1993, S. 579-583 Stratenwerth,

Günter, Anmerkung zu OLG Hamm, JZ 1961, 94, in: JZ 1961, S.95-97

— Strafrecht Allgemeiner Teil I, Die Straftat, 3. Aufl. 1981 Streng, Franz, Grundfälle zum Strafzumessungsrecht, JuS 1993, S. 919-927 Stroh, Heinz, Der Rechtsschutz von Musiknoten vor unerlaubter Vervielfältigung, Diss. 1995 Stürner, Rolf, Der Strafschaden im deutschen Medienpersönlichkeitsrecht, in: Festschrift für Bernhard Großfeld zum 65. Geburtstag, 1999, S. 1201-1217 Sulanke, Hans-Erhard, Die Entscheidung bei Zweifeln über das Vorhandensein von Prozeßvoraussetzungen und Prozeßhindernissen im Strafverfahren, 1974 Syndicus, Bernhard, Computerspiele und Urheberrecht, CR 1988, S. 819-823 — Computerspiele· Eine Rechtsprechungsübersicht, CR 1991, S.529-534 — Anmerkung zu BayObLG CR 1992, 479, in: CR 1992, S.481-482 Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, hrsg. v.: Hans-Joachim Rudolphi u. Eckhard Horn, Loseblatt, Stand: Februar 1999 Tettinger,

Peter J. u. Wank, Rolf, Gewerbeordnung, 6. Aufl. 1999

Tiedemann, Klaus, Wirtschaftsstrafrecht - Einführung und Übersicht, JuS 1989, S. 689-698 Tielke, Joachim, Video- und Filmpiraterie, Der Kriminalist 1989, S. 329-337 — Urheberrechts Verletzungen durch Kino- und Videopiraterie, in: Taschenbuch für Kriminalisten, Bd. 39, 1989, hrsg. v.Manfred Teufel, 1989, S. 24-47 — Die Ermittlung im Bereich der Videopiraterie, in: Wesen und Bekämpfung der Videopiraterie, Schriftenreihe des Instituts für Rundfunkrecht an der Universität Köln, hrsg. v. Hans Brack, Heinz Hübner, Dietrich Oehler, Klaus Stern, Bd. 59, 1993, S. 29-39 Tillmann, Winfried, Der Schutz gegen Produktpiraterie nach dem Gesetz von 1990, BB 1990, S.1565-1569 Tischler, Werner Georg, Verbotsirrtum und Irrtum über normative Tatbestandsmerkmale · Dogmengeschichte eines Abgrenzungsproblems, 1984 Tölke, Günter, Das Urheberpersönlichkeitsrecht an Werken der bildenden Künste, Diss., 1967 Troller, Alois, Der urheberrechtliche Schutz von Inhalt und Form der Computerprogramme, CR 1987, S. 213-218, S. 278-284 u. S. 352-358 Tröndle, Herbert u. Fischer, Thomas, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 49. Aufl. 1999

Schrifttumserzeichnis Ulimann, Eike, Urheberrechtlicher und patentrechtlicher Schutz von Computerprogrammen, CR 1992, S.641-648 — Die Einbindung der elektronischen Datenbanken in den Immaterialgüterschutz, in: Festschrift für Hans Erich Brandner zum 70. Geburtstag, 1996, S. 507-524 Ulmer, Eugen, Elektronische Datenbanken und Urheberrecht, 1971 — Einspeicherung und Wiedergewinnung urheberrechtlich geschützter Werke durch Computer-Anlagen, GRUR 1971, S. 297-303 — Urheber-und Verlagsrecht, 3. Aufl. 1980 — Hundert Jahre Berner Konvention, in: Internationales Urheberrechtssymposium, SGRUM Bd. 15, 1986, S. 33-45 Ulmer, Eugen u. Kolle, Gert, Der Urheberrechtsschutz von Computerprogrammen, GRU1 Int. 1982,S.489-500 Ulrich, Jeanette u. Wagner, Patricia, Diskussionsbericht, in: Wesen und Bekämpfung der Videopiraterie, Schriftenreihe des Instituts für Rundfunkrecht an der Universität Köln, hrsg. v.Hans Brack, Heinz Hübner, Dietrich Oehler, Klaus Stern, Bd. 59, 1993, S. 71-75 Unger, R.-Fidelio, Plagiate, in: Handbuch der Musikwirtschaft, hrsg. v.Rolf Moser u. Andreas Scheuermann, 3. Aufl. 1992, S. 675-682 Unger, Werner, Legale Publikation angestrebt, FonoForum, H. 11, 1984, S.6 — Musikpiraten - kriminelle Elemente oder Freiheitskämpfer?, FonoForum, H. 4, 1984, S. 32-35 — Es geht um die persönlichen Rechte der Interpreten, FonoForum, H. 8, 1984, S. 6 Vassilaki, Irini E., Multimediale Kriminalität · Entstehung, Formen und rechtspolitische Fragen der „Post-Computerkriminalität", CR 1997, S. 297-301 — Computer- und internetspezifische Entscheidungen der Strafgerichte, MMR 1998, S.247-250 — Anmerkung zu AG München, NStZ 1998, 518, in: NStZ 1998, S.521-522 Vogel, Martin, Die Umsetzung der Richtlinie 96/9/EG über den rechtlichen Schutz von Datenbanken in Art. 7 des Regierungsentwurfs eines Informations- und Kommunikationsdienstegesetzes, ZUM 1997, S. 592-606 Vogler, Theo, Möglichkeiten und Wege einer Entkriminalisierung, ZStW Bd. 90 (1978), S.132-172 Vogt, Sabine, Beruftypisches Verhalten und Grenzen der Strafbarkeit im Rahmen der Strafvereitelung, Diss. 1992 Volk, Klaus, Kriminalpolitik und Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, in: Polizei und Kriminalpolitik, BKA-Vortragsreihe, Bd. 26, 1981, S. 57-64 Wahl, Adolf, Video-Piraterie · Eine neue Erscheinungsform der Verletzung von Urheberrechten, Kriminalistik 1982, S. 68-71 — Urheberrechtsverletzungen - Musik- und Video-Piraterie, Raubdrucke und Raubkopien, in: Wirtschaftskriminalität, Teil 1, hrsg. v.Peter Poerting, BKA Schriftenreihe, Bd. 52, 1983, S. 267-286 Waldenberger, Arthur, Teledienste, Mediendienste und die „Verantwortlichkeit" ihrer Anbieter, MMR 1998, S. 124-129

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Schrifttumserzeichnis

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Peter, Die verfassungsrechtliche Problematik der Blankettstrafgesetze, Diss.

Schrifttumserzeichnis Weigel, Arnulf, Gerichtsbarkeit, internationale Zuständigkeit und Territorialitäts-Prinzip im deutschen gewerblichen Rechtsschutz· Zur Abgrenzung der Begriffe, 1973 Weitzel, Petra, Kinder- und Jugendschutz bei Internet-Angeboten, DRiZ 1997, S.424-430 Welp, Jürgen, Schrifttum: Michael Labe, Zufallsfund und Restitutionsprinzip im Strafverfahren, GA 1992, S. 284-285 Welzel, Hans, Das deutsche Strafrecht, 11. Aufl. 1969 — Zur Abgrenzung des Tatbestandsirrtums vom Verbotsirrtum, MDR 1952, S. 584-590 Wenzel, Karl Egbert, Urheberrechtsschutz für die Praxis, 3. Aufl. 1996 Werle, Gerhard, Die Konkurrenz bei Dauerdelikt, Fortsetzungstat und zeitlich gestreckter Gesetzesverletzung, 1981 Wessels, Johannes u. Beulke, Werner, Strafrecht Allgemeiner Teil, 28. Aufl. 1998 Wessels, Johannes u. Hillenkamp, Thomas, Strafrecht Besonderer Teil/2, 21. Aufl. 1999 Westphal, Marion, Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und seine Bezüge zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche, in: Michael Lehmann, Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, 2. Aufl. 1993, S. 961-998 Wiehe, Andreas, Rechtsschutz für Software in den neunziger Jahren, BB 1993, S. 1094-1103 — Urheberrecht als Kommunikationsrecht · Herausforderungen durch das digitale Format, in: Festschrift für Helmut Pieper, 1999, S. 645-662 Wiehe, Andreas u. Funkat, Dörte, Multimedia-Anwendungen als urheberrechtlicher Schutzgegenstand, MMR 1998, S. 69-75 Wiegmann, Barbara, Abgrenzung von (Mit-)Täterschaft und Beihilfe - BGHSt 38,315, in: JuS 1993, S.1003-1006 Wille, Heiner, Strafbares Kopieren von Computerprogrammen?, wistra 1985, S. 213-216 Wimmer, Norbert, Die Verantwortlichkeit des Online-Providers nach dem neuen Multimediarecht - zugleich ein Überblick über die Entwicklung der Rechtsprechung seit dem 1.8.1997, ZUM 1999, S.436-443 Windisch, Ernst, Allgemeine Erschöpfungslehre und Waren- und Dienstleistungsverkehr in der Europäischen Gemeinschaft, in: Festschrift für Georg Roeber zum 10. Dezember 1981, 1982, S.481-494 Winkelbauer,

Wolfgang, Computerkriminalität und Strafrecht, CR 1985, S. 40-44

— Zur Verwaltungsakzessorietät des Umweltstrafrechts, 1985 Winter, Franz, Die internationale Markenpiraterie - Ein Prüfstein unseres Rechts gegen den Mißbrauch des freien Warenverkehrs, GRUR 1981, S. 782-788 — Internationale Markenpiraterie - Möglichkeiten der Bekämpfung, in: Markenartikel, 1983, S.392-398 Wittmer, Hans Rudolf, Der urheberrechtliche Schutz von Computersoftware - Urheberrecht oder Sonderrecht, 1981 Wolter, Jürgen, Natürliche Handlungseinheit, normative Sinneinheit und Gesamtgeschehen, StV 1986, S.315-321 Wulff, Claus-Peter, Computerprogramme und Videoaufzeichnung als Gegenstand einer Straftat, BB 1985, S. 427-429

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Schrifttumserzeichnis

— Nochmals: Internationaler Musikdiebstahl und deutsches Strafanwendungsrecht, NJW 1986, S.1236 Würtenberger, Thomas, Das Kunstfälschertum · Entstehung und Bekämpfung eines Verbrechens vom Anfang des 15. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, 1940 — Der Kampf gegen das Kunstfälschertum in der deutschen und schweizerischen Strafrechtspflege, 1951 Zahrnt, Christoph, Überlassung von Softwareprodukten nach neuem Urheberrecht, CR 1994, S. 455-459 Zipf, Heinz, Einwilligung und Risikoübernahme im Strafrecht, 1970 — Kriminalpolitik · Ein Lehrbuch, 2. Aufl. 1980 Zscherpe, Kerstin, Urheberrechtsschutz digitalisierter Werke im Internet, MMR 1998, S. 404-411 Zuccalà, Giuseppe, Die Videopiraterie und ihre Bekämpfung in Italien, in: Wesen und Bekämpfung der Videopiraterie, Schriftenreihe des Instituts für Rundfunkrecht an der Universität Köln, hrsg. v. Hans Brack, Heinz Hübner, Dietrich Oehler, Klaus Stern, Bd. 59, 1993, S. 41-50

Sachwortverzeichnis Abänderung 53 ff., 68, 70f., 74f., 182 Abänderungsurheber 56 Abbildung 110 Abgabe - Leerkassetten- 457 - Leerspeicher- 525 f. Abgabenordnung 332, 507 Abgüsse 181 Abmahnung 476,491,506 Abnehmer 233, 302ff., 420,429,432f., 444ff., 458, 461,519 Abonnement 469 Abrufdienst 119f., 313 Absatz 217,445,464 - -markt 444,480,506 Abschlusszwang Siehe Kontrahierungszwang Abschreckung 304,494, 498 f., 504, 510f., 529 Absicht 308,520 Abstraktionsprinzip 159, 202, 256 Abtretung 154, 226f., 351 Adäquanz 131 Adhäsionsverfahren 359, 369 ff., 401 f., 415, 514f. Agent provocateur 109, 111, 373, 469 Akteneinsicht 490f., 514f. Aktiengesetz 156 Akustik 211 Akzessorität 32,203 Aleatorik 249 Alleintäter 313, 465 f. Allgemeine Geschäftsbedingungen 117, 168 Allgemeinheit 131, 175 ff., 195, 197, 200f., 204, 243, 340, 348ff., 363, 383, 506f., 516, 538 Alternativentwurf 34, 50 Amt 347 Amtsbefugnis 246

Amtsermittlungsgrundsatz 83,170f., 197, 354ff., 409 Amtsgericht 378, 535 f. Analogie 103, 147, 155, 209, 310, 498 - -fähigkeit 127 - -verbot 45, 50, 72, 82, 109, 116, 121 f., 126, 180, 184, 190, 200, 207, 211, 221, 243, 328, 426 Anbieten 85, 95 f, 98 ff., 112, 121, 196, 206,230,259 f., 262,286,289,299,305, 308, 338 f., 371, 397f., 400, 522 Anbieter 95,237 Anbringen 173,175 f., 183 ff., 194 ff., 198, 236, 276, 309, 312, 327, 330, 346, 349, 354, 373 Änderung 71, 127, 186, 192, 193, 195, 198, 231,350, 396 - - der Urheberbezeichnung 186 Änderungsverbot 137 ff., 223 Andy Warhol 199 Anfangsverdacht Siehe Verdacht Anfechtung 150f., 158f. Anfertigung 106 Angebot 87f., 100, 103ff., 109ff., 119, 239, 289, 306, 324, 327, 339, 393,411, 413, 444, 454, 457, 469, 489, 492 Angebots - -defizit 490 - -liste 88, 103, 108, 110, 326, 464, 469 Angehöriger 284,300 Angeklagter 170, 359, 407 f., 414 Ankauf 238,418f. Anklage 361 Annonce Siehe Inserat Ansetzen 287 - unmittelbares- 109, 287ff. Anspruch 93, 113, 127, 138 f., 152, 164, 166, 169, 216, 225, 270, 303, 336, 344, 370, 375, 387f., 402, 409f., 415, 426, 429ff., 491 f., 500ff., 505, 514f., 522

570

Sachwort Verzeichnis

- obligatorischer- 139,162 Anstiftung 245, 292, 295, 303 ff., 313 Anton Pillar Order 503 Antrag - - auf Bekanntgabe der Verurteilung 408,409 Antragsbefugnis 171, 291, 335, 341 ff., 359f., 381, 408, 533 Antragsdelikt 157,443,492 Antragserfordernis 173, 175, 195, 243, 291,334, 355,417, 528, 534 Antragsteller 333, 345, 352, 356ff., 372, 408, 481 Anwalt Siehe Rechtsanwalt Anwalts - -haftung 370 Anzeige - -erstatter 170, 356, 359, 361, 368f., 373,490 - -verhalten 443,478 ff. Aquarell 186 Arbeitgeber 165, 167, 191, 251, 301, 347 Arbeitnehmer 165, 191, 238f., 245, 247, 295, 300f., 311, 347, 393,417 Arbeitsloser 472 Arbeitsrecht 301,504 Arbeitsteilung 66, 233, 292, 307,455,520 Arbeitsspeicher 61, 77 ff., 182, 250, 261, 286, 526 Architektur 75, 179f.,249 Arglist 158 Argumentum ad absurdum 92, 155 Argumentum e contrario 40 Arrangeur 456 Arrest 500 Asien 452 Ästhetik 178,179 Aufführung 74 f., 142, 208 f„ 211, 261, 272f., 307, 324 Aufklärungskampagne 497 f. Auflage 263, 323, 345, 386ff., 390, 416, 506 Auflagenhöhe 444, 504 Aufnahme 67,86,126f., 136,196,211 ff., 229, 253, 381, 438, 448, 450f., 453, 530 - -technik 451 Auftraggeber 89, 128, 238f., 251,454

Auftragsproduktion 229 Auftritt 206,451 Ausbeutung 215 Ausforschung 514 Ausfüllungsnorm 140, 201, 265 f. Ausgabe 206 f., 226, 228, 250, 253, 279, 345, 445 - wissenschaftliche - 205 - Betriebs- 475 Auskunfts - -anspruch 499, 502f., 514 - -erlangung 490ff.,512 - -Verfügung 503 - -verpflichteter 503 Ausland 28, 113, 218, 314ff., 346, 354, 435, 439,442, 445,452, 463, 466, 469, 500, 503, 533, 535 Ausländer 315f., 318 Auslandstat 315, 318f. Auslegung - - des Strafantrags 356 Auslegungsregel 172 Ausleihe Siehe Leihe Aussageverweigerung 395 Ausstellung 104, 196, 198, 261 Ausstellungsrecht 60, 104, 207, 522 Backwerk 64,80 Bagatellkriminalität 135, 304, 336, 373, 384, 469, 479, 505,515, 534 Bandenkriminalität 232,455 Basisexemplar 128 Beamter 436 Bearbeiter 73, 87, 121, 182, 200, 228, 343 Bearbeitung 40,53ff.,68ff.,87,161,182, 190,192 f., 196,199 ff., 205 ff., 219,228, 236, 258, 276, 343, 427, 508 Bearbeitungsrecht 70, 75 Bedingung - aufschiebende - 357 f. Beendigung 308 f. Begäbe - -befugnis 406 Begehungsform 259,390 Begünstigung 298, 417 ff., 440 Behauptungslast Siehe Darlegungslast Beherrschungswille 95 Beihilfe 113, 238, 278, 292ff., 419

Sachworterzeichnis - psychische 296, 306 Bekanntenkreis 88 Bekanntgabe 405 ff., 415,479 - Art der- 412 f. Bekanntgabe - -interesse 411 Bekanntmachung Siehe Bekanntgabe Beleidigung 93, 177, 376f. Belieferung 296,310 Benachrichtigung 387 Benachrichtigungspflicht 126 Benutzer 80,83,119 Benutzeroberfläche 220 Benutzung 59, 64, 69, 74, 78 f., 82, 214, 222, 300, 386, 473 - freie- 53, 57ff., 193 Berechnung 440,473 Berechtigter 32, 112, 136, 138f., 145ff., 189ff., 204, 225ff., 241 f., 272ff., 280 - Nicht- 87, 145 ff., 226, 241, 251, 538 Berechtigung 126 f., 148 ff., 188 ff., 190, 192, 227 ff., 241, 263, 274, 281, 314, 343, 346ff., 351, 359, 360, 367 Bereicherung 365, 399 Bereicherungsabsicht 391 Bereithalten 106, 298, 514f. Bereitstellung 120, 311, 410 Beruf 394,400 Berufs - -ausübung 400 f. - -fremdheit 391 - -kreis 284 - -verband 284,394 - -verbot 379, 400f., 415 Berufung 286,378 Beschädigung 428,476,518 Beschaffenheit 197 Beschlagnahme 92, 371, 373 f., 376, 396, 453, 464, 467, 470, 482f., 494, 501, 503 Beschränkung - - des Strafantrags 357 Besichtigungsanspruch 514 Besitz 103 f., 373,431, 519, 537 Besitzverbot 38 Besteller 302,305 Bestellung 106, 324, 379f., 469

Bestimmtheitsgrundsatz 45,48, 51, 118, 122, 138, 179, 186, 202, 223, 230, 268, 433,517 Betäubungsmittel 91, 100 Beteiligter 89, 153, 163, 190, 227, 302f., 308,313,408,420 Betrieb 89 f., 294,299,301,311,400,468, 470 Betriebs - -ablauf 311,529 - -angehöriger 89,311 - -bezogenheit 311 - -feier 90 - -inhaber 311,417 Betrug 158,181,199,237, 328, 350, 394, 396, 427,454, 475 f., 513, 519 Bevölkerung 123, 144, 511 Bewährung 396f., 399f., 407, 487 Beweggrund Siehe Motiv Beweis - -aufnähme 111,170,355,374,377,395 - -führung 111,381 - -last 119, 170f.,368 - -mittel 176,369 - -not 72,78,83,361,368,433,491, 519f., 523 f., 538 - -praxis 109 - -recht 369,514 - -regel 170 - -verfahren 368 - -verlust 375 - -verwertungsverbot Siehe Verwertungsverbot - -Würdigung 170ff., 197, 354ff. Bezahlung 307,464,470 Beziehung 89,267,363 - persönliche - 87 Beziehungsgegenstand 401 Bezugsquelle 305,500 Bibliothekar 94,299 Bild 37,45,183,194f., 199,201,214,217 Bildbearbeitung 207 Bildhauer 180, 184 Bildrahmen 176, 184 Bildschirm 77, 81, 119, 211, 380 Bildschirmtext 119 Blankett

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Sachworterzeichnis

- -Charakter 258 ff. - -gesetz 44, 132, 169, 201, 230, 258ff., 265 f., 268 f., 272, 274, 276f., 280 - -merkmal 140, 169, 258 f., 265 ff., 269 f., 272, 290 Bootleg 106, 207f., 212, 216f., 237, 441, 450ff., 457, 463,478, 530 Bootlegger 452 Bösgläubigkeit 114, 238, 296, 302, 305, 308, 404, 418 f., 430, 435,519 Botenschaft 189,352 Branchenfremdheit 400 Branchentäter 100,239,254 f., 268 f., 274, 284, 394 Brandstiftung 476 Buch 65 ff., 115, 269, 291, 296, 443, 458, 472, 478, 488 Buchbinder 65, 89, 296f., 309 Buchhaltung 301,311,474 Buchhandel 300,400,413,444f., 478, 482, 489 Buchhändler 167, 305, 323,401,413,444 Bühne 273 Bühnenverleger 272 Bundesrepublik Deutschland 447 f., 452, 464, 469 f., 472, 474, 476 Bürgerliches Recht Siehe Zivilrecht Caching 80 Cartier 414 CD Siehe Compact Disk CD-ROM 143,214,470 Chagall 194 Chiffreanzeige 454, 479 China 453 Chor 142 Collage 209 Comic 36,263 Compact Disk 44, 63, 76, 83, 143, 214, 238, 291,397, 459, 470 Computer 81, 306, 374, 381, 470f., 473, 488, 525 - -freak 468,470 - -kunst 180 - -laden 338,398,400,422,469,472 - -Zeitschrift 397f., 400 Computerspiel Siehe Spiel Computervirus Siehe Virus

Conférencier 326 Copyright-Vermerk 34,170,238,354,495 Corot 194 Counterfeit Siehe Identfälschung Cover 207 f., 449 Cracker 471 Cracker-Vermerk 185 Darbietung 208 ff., 215 f., 226, 279, 342, 438, 450, 530f., 538 Darlegungslast 356, 372, 502 Datei Siehe Software - Musik- 214 Daten 374 - -träger 76, 82 - -Verarbeitung 42,45,380 Datenbank 44, 46f., 77, 106, 142, 223, 226, 230,317 - -hersteller 229,231 - -inhalt 86 - -recht 47 - -Verwaltungssystem 45,47 Datenbankwerk 39, 46f., 52, 75, 141 ff., 223, 225 Datenfernübertragung 77, 82, 105, 468 Datenschutz 99,507 Datenverarbeitung 119f., 143, 380 Dauerdelikt 308 Dauerhaftigkeit 63, 80, 94, 233, 538 DDR 137 Deckname 183 Dekompilierung 77 Dekorateur 466 Denunziation 477, 525 Diebstahl 37,94, 114,135,148, 151,159, 162, 170f., 241, 314, 373, 425, 438f., 485,495, 525, 537 Dienstaufsichtsbeschwerde 336, 362, 369 Digital Sampling Siehe Sampling Digitalisierung 69, 83, 144 Direktionsrecht Siehe Weisungsrecht Dirigent 253 Diskette 76, 82, 97, 184, 198, 233, 307, 338, 397, 526 Diskjockey 453 Diskothek 219,453 Disziplinarrecht 435 f. Dokumentationsfreiheit 275

Sachworterzeichnis Dolus subsequens 136 Doppel - -funktion 131, 149f., 226f. - -Schöpfung 59,64,204 Download 105 Drahtzieher Siehe Hintermann Drama 273 Drittauskunft 503 Drittwirkung 246 Drohung 476 Druckauftrag 323 Drucker 89, 293 ff., 301, 323, 445 Druckerpresse 68, 181, 252, 300 Drucklegung 308 Druckstock 66, 68, 403, 522 Dunkelziffer 440,467,472 Durchsuchung 238, 359, 371 ff., 376f., 396, 481 f., 491, 501, 526 Durchsuchungsbeschluss 374, 482 DVD 83 Ehre Siehe Beleidigung Eigengebrauch 61,234,362 Eigenhändigkeit 181,188, 200, 292ff., 300 f. Eigentum 37, 104, 276, 282, 285, 314, 364, 423, 494, 498, 509, 535, 537 Eigentümer 114,151,183,426 Eigentums - -delikt 271 - -garantie 37,423,496 - -Übertragung 93, 155, 430 - -vorbehält 93, 114f., 263 Eilbedürftigkeit 493 Eilverfahren 503 Einband 296 Einigungsvertrag 137 Einlegeblatt 397, 399, 448 f. Einnahmequelle 232f., 392,445,453, 524 - Haupt- 233 Einsichtsanspruch Siehe Besichtigungsanspruch Einsichtsfähigkeit 146f., 189, 244 Einstellung 65, 127, 135, 141, 361, 369, 372, 381 ff., 390, 485, 515, 520, 526 einstweilige Verfügung 280, 501 ff., 514 Eintrittsgeld 89, 218 f.

Einverständnis 150, 176, 188f., 227, 241, 253, 277 Einwilligung 27, 32, 57, 87, 124, 136, 138, 145 ff., 175, 178, 187 ff., 194 f., 225 ff., 237, 241 ff., 252, 272ff., 277, 280, 344, 346, 349, 388, 393, 408 Einwilligungsberechtigung Siehe Berechtigung Einwilligungsfähigkeit 242 Einzelangebot 105 Einzelhändler Siehe Händler Einzelstück 97, 173 Einzeltäter Siehe Alleintäter Einzeltitel 444 Einzelwerk 161,344 Einziehung 370,374f., 386f., 401 ff., 479, 485,494, 523 - Dritt- 404 f. Einziehungs - -objekt 403 - -verfahren 370, 402 ff. Eis 64 Eltern 373 Empfänger 90, 96, 98, 104, 403 EMRK Siehe Menschenrechte Endabnehmer 302 ff., 404 f., 411, 413, 419ff., 431 ff., 435, 455, 462, 477, 488, 490 Endlosband 66 Energie 338,377,393 - kriminelle - 455 England 495,503,515,524 Ensemble 142 Entäußerung 428 Enteignung 82 Entgeltlichkeit 93, 306, 339 Entkriminalisierung 123, 304 Entschädigung 504 Entschädigungspflicht 482 Entscheidungsspielraum 52,117,141,363 Entstellung 204,222,411,518 Entwicklung 461 - technische - 487 f. Entwurf 43, 45, 75, 181 f., 252 Entziehung 153,317,419,425 Erbauseinandersetzung 160, 227 Erbe 160, 191, 343, 349f., 408

574

Sachworterzeichnis

- Allein- 160,227 Erblasser 343 Erfolgsdelikt 65,98,104,121 Erinnerung 194 Erkundigungspflicht Siehe Pflicht Erlangung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils 426 ff. Erlaubnistatbestandsirrtum 129 Ermahnung 416, 486 Ermessen 138,518 Ermittlung 354, 366, 371 f., 375 ff., 409, 477, 480ff., 501,513,515,524 Ermittlungs - -befugnisse 513 - -behörden 109,111,356,366,371, 374, 378, 380, 402, 417, 419, 420, 472, 480, 482 f., 490 ff., 515 - -erfolg 473,483 - -methode 463 Erpressung 245,476 Error in objecto 278 Erschöpfungsgrundsatz 79, 98, 111, 113 ff., 121, 125, 136, 168, 250, 259, 260, 262f., 298 f., 371 Erstauswertungsphase 489 Erwachsener 465, 472 Erwerb 65,92,154,197 f., 229, 300, 311, 385,404 f., 419f., 422 f., 429f., 433,442, 446 Erwerber 82,92, 113,147, 198, 243, 298, 304, 307, 349f., 385, 404f., 430, 432, 519 Erwerbsabsicht 521,538 Erwerbszweck 144, 524 Erzeugnis 220 Erziehung 373,414,512 Erziehungszweck 414 Etikett 449,463,469 Europäische Gemeinschaft Siehe Gemeinschaftsrecht Europäischer Wirtschaftsraum 317 Europarecht Siehe Gemeinschaftsrecht Eventualvorsatz 136 Existenzbedrohung 339, 374 Existenzgrundlage 537

Fahndungsbücher 500 Fahrlässigkeit 237, 240, 255, 268, 278, 391,435,513,519 Fälscher 196, 198, 450 - -ring 435 - -szene 463 Falschgeld 67,91 Fälschung 196,198, 207 f., 340,414,417, 424, 444, 450, 453 f., 463, 467, 501, 503 f. Fan 451 FDJ 36 Fehlentscheidung 27 f., 379, 533, 535 Feilhalten 102,105,414 Fernsehen 136, 533 Fernsehprogramm 118, 218 f., 464,488 Festnahme 476 Festplatte 76,233 Fiktion 40,115,155,157 Film 36f., 67, 73, 75, 86, 136, 144, 205, 219ff., 229,277f., 308, 333,461 f., 464, 467, 476, 480 - -hersteiler 205,219,222,226,229 - Herstellung 219,229 - -Verleiher 353,479 - -werk 45, 164, 185, 219, 278, 533 - -Wirtschaft 479 Finanzamt Siehe Steuer Flohmarkt 238, 289,469, 506 Flucht 395 Form - - des Strafantrags 356 Formenzwang 155 Formvorschrift 126 f., 352 Fortsetzungszusammenhang 321 f. Foto 207 f., 218, 277 f., 530 - Amateur- 530 Fotograf 228,456, 530f. Fotokopie 63,77,195,266 Frankreich 476,504,515 Freeware 490 Freiberufler 233 Freiheitsstrafe 378,382,395 ff., 487,495, 525, 538 Freispruch 179,486 Freund 88,95,183 Frist 225

Sachworterzeichnis - -ablauf 174,354 - -beginn 271 - -berechnung 358 - -setzung 369 - Strafantrags- 171,335,358 - Verjährungs- 137 Funktionalisierung 27,490ff., 512ff., 537 Garantenpflicht 310 ff. Garantenstellung 310 ff. GATT 317 Gebrauchs - -gegenständ 44 - -kunst 35, 52 - -zweck 249 Gebrauchsmustergesetz 100 f., 442 Gebühr - Lizenz- 66,393,423,459,533 - Prozess- 513 - Anwalts- 367,370,513 Gedicht 39,64,326 Gefahr 88, 142, 198 f., 244f., 288, 354, 363, 374, 434f., 457, 504, 506 Gefährdungs - -delikt 66, 88, 90, 199, 523 - -handlung 288 Gefahrenabwehr 374, 492 f. Gegenvorstellung 336, 362 Gehilfe 294 Gehilfenlohn 301 Geldfälschung 66f., 91, 323,453, 520 Geldstrafe 381, 390, 396ff., 403, 416, 485, 487, 494, 504, 538 - - neben Freiheitsstrafe 399 Geldwäsche 435 Geltungsbereich 260, 262 Gemälde 181,184,252 Gemeinschaftsrecht 42f., 46f., 80, 112, 142, 144, 166,317,415,504 Genehmigung 110,153 ff., 189, 280,290, 347, 359, 426 Generalprävention 95,362,364,394,406, 510f., 513, 525 Genugtuung 406, 410 f., 414 Geräusch 213 Gerichts - -bezirk 379 - -Vollzieher 500

Geringwertigkeit 385 Gesamthandsgemeinschaft 161 ff., 344 Gesang 224 Geschädigter 335, 349, 356, 361, 370, 375, 387, 402, 411, 431, 440, 477, 482 Geschäftsfähigkeit 147 Geschäftsmäßigkeit 465 Geschäftsraum 371 f., 377 Geschäftsverteilungsplan 536 Geschmacksmustergesetz 331, 442, 521 Gesellschaft 491 Gesetzeskonkurrenz 321, 329, 331,413, 434 Gestaltungshöhe 36 Gestaltungskraft 257 Gestaltungsrechte 344 Geständnis 395,397,415 Gewahrsam 91 f., 94 Gewahrsams - -inhaber 95 - -Wechsel 92,309 Gewaltenteilungsprinzip 49 Gewaltverherrlichung 36,464 Gewerbe - -betrieb 233 - -recht 394,506 - -treibender 233,506,529 - -untersagung 505 f. Gewerblichkeit 167, 303 f., 435 Gewerbsmäßigkeit 232ff., 261, 303, 310, 324, 334, 339, 361, 372ff., 393, 396f., 400,404,414,422,442,487,494f., 521, 523 f., 538 Gewinn 386, 416,426, 444 f., 447, 459, 465 f., 475, 504 - -beteiligung 297 - -spanne 233,449,452,475 - -streben 364,391,446,451,529 - -sucht 234,363 GG Siehe Verfassungsrecht Glaubhaftmachung 409 Gleichheitsgrundsatz 76,129, 140f.,202, 426, 496 Gleichzeitigkeit 119 f. Goethe 199 Grafiker 456 GÜFA 37

576

S ach wort Verzeichnis

Gutgläubigkeit 82, 295, 300, 305, 475, 500 GVU 467 f., 479 f. Hacker 468 Haftbefehl 501 Hakenkreuzfahne 36 Handel 100 Handelsrecht 301 Händler 93, llOf., 116, 194, 233, 239, 240,261,282,295,297, 300, 305f., 310, 324, 376, 405, 416, 418ff., 422, 433, 445,453 ff., 465 f., 476 f., 500,505 f., 524 - Groß- 93,455,470 Handlungseinheit 321 ff., 335 Handlungsgehilfe 301 Handlungsmehrheit 321 ff. Handwerk 35,181,257 Hardware 78,416,469f. Hauptverfahren 484 Hauptverhandlung 380,385,415 Hausfriedensbruch 148 Hehlerei 118, 414, 421 ff., 519 Heranwachsende 414 Heranwachsender 298, 415 f., 471 Herrschaftsbereich 91 Hersteller 209,282,300,417 Herstellung 47, 57, 61 ff., 78, 87, 89, 107, 109, 113, 128, 131, 134f., 142f., 181, 195, 198, 200, 206ff., 218, 221, 229, 249, 261, 269, 286, 289, 293 ff., 299, 305, 307, 309ff., 315, 323, 393, 396, 423,440f., 449, 452ff., 459, 461 f., 468, 495 Hifi 453 Hintermann 299, 377,446,483,497, 500, 538 Hinweisschild 176, 184 Hit 448,489 Hitler-Tagebücher 198 Hoheitsgebiet 319 Holzschnitt 179 Honorar 446 Hyperlink Siehe Link Idealkonkurrenz 329 ff. Identfälschung 207, 238, 248, 297, 380, 393 f., 441, 449, 453 f., 463, 465, 469, 477, 482

IFPI 353,479,485 Import - -tonträger 455 - -ware 452,454 Importeur - Allein- 346 Improvisation 64, 72, 74 f. In dubio pro reo 125, 170ff., 179, 197, 200, 228, 354 ff. Indizien 233,240,417 Inhalt - - des Strafantrags 356 Inland 113, 218, 314f., 318 ff., 439, 469 Inländerbehandlung 320 Inlandstat 315 Inserat 88, 106, 110f., 196,445,469, 480 Installation 233 Instrumentalisierung 490 Interesse - berechtigtes - 409 ff. - besonderes öffentliches - 336 ff., 350 - öffentliches- 38, 336f., 362ff., 383 Interessenabwägung 409, 411 f. Interessenausgleich 131, 201 Interessenverband 353, 501 Interpret 224,448,451,459 Inverkehrbringen 85, 87, 89ff., 108, 112, 114, 144, 261, 263, 282, 287, 300, 306, 309, 312f., 393 Invitatio ad offerendum 103 Irrtum 59,129,168,179,247 ff., 290,305, 420 Irrtumslehre 28, 44, 130, 235, 248, 253, 268, 274, 290, 519 Italien 452 IuKDG 46,223 Jugendkriminalität 511 Jugendlicher 285, 336, 360, 366, 373, 414f., 442, 465,471 Jugendschutz 36, 373 f., 464f. Jugendstrafe 415 Jugendstrafrecht 338, 360, 366, 373,407, 414f., 481, 485f. Kalkulation 143,365, 392,419,465,489, 497 Kapellmeister 307 Kartellrecht 116, 143, 168, 489, 505

Sachwortverzeichnis Kassette Siehe Musikkassette Kassettenrecorder 213 Katalog 103, 176, 184, 196 Käufer 109, 198, 308,419, 430,464f., 475,478 Kausalität 90, 92, 196, 199, 309 Kavaliersdelikt 392 Kenntnis 64, 177, 188, 197, 237ff., 251, 253, 268f., 272, 283f., 295, 300, 310f., 313, 320, 353, 357, 370, 379, 404, 413, 419,455 Kernstrafrecht 497,516,526 Kinder 247 Kino 308,462,476,480 Kinofilmpiraterie Siehe Videopiraterie Kirche 126 Klageerzwingungsverfahren 336,361,369 Klang 209f., 214f., 438, 449 Kleinanzeige Siehe Inserat Kollege 96, 194 Kommissionsgeschäft 115 Kommunikationsdienst 46, 223 Komponist 163, 273, 345, 456, 459, 478 Komposition 249,279 Konkretisierung 110 Konkurrenten 374 Konsum Siehe Verbrauch Konsumtion 330 Kontrahierungszwang 146, 165, 452 Kontrolle 300, 372, 496, 501, 506, 525 Konzern 299 Konzert 212,218,261,381,437,530 Konzession 118 Kopie 63, 69, 71 f., 78ff., 82, 112f., 128, 142,144,181,194,197 f., 214,216,234, 236f., 250, 269, 285 f., 288, 291, 297f., 305 ff., 324, 339f., 350, 366, 371 f., 374f., 385, 397f., 400, 415ff., 419f., 440, 442, 444, 448f., 457, 460, 462ff., 468 ff., 473, 488, 490, 526 Kopier - -freiheit 438 - -gerät 288, 403 f., 444 - -partys 469 - -schütz 288,308,338,366,373,403, 469f., 497 Koppelungsverbot 489 37 Hildebrandt

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Körperverletzung 308,500,513 Korrekturabzug 67 Kosten 142, 354, 359, 456, 490 - Anschaffungs- 462 - Herstellungs- 444,475,533 Kostenersatz 484 Krächzen 213 Kreativität 59,72,210,215,508 Kreditkarte 470 Kriegswaffenkontrollgesetz 100 Kriminalisierung 82f., 117,144,168,254, 339,415,433,510 Kriminalistik 377 Kriminalität 27,232,338f., 377,393,437, 439, 460, 467 f., 477, 487 ff., 511 - Anhangs- 475 f. - organisierte- 338f.,375,377,435,453, 455,466, 532 - Schwerst- 100 Kriminalpolitik 29, 83, 108 f., 117, 126, 168, 174, 304f., 432ff., 494, 514, 534 Kriminologie 442, 460, 471, 473 ff., 480, 488 KUG 41, 56, 138, 185, 191, 193 f., 332, 442 Kulturgut 467 Kündigung 245,247 Kunst 29, 39 f., 75, 174, 177 ff., 186, 193, 195, 197f., 200, 208 ff., 215, 224, 276, 279,312, 348, 350, 401,451 - -fälschung 173, 186 f., 194 - -freiheit 210,215 - -handel 194,261,340 - -handwerk 180 - -kenntnis 193, 197 - -sachverständiger 96,285 Künste - bildende - 29, 39f., 58, 72, 75, 174, 177 ff., 182 ff., 202, 276, 350 Kunstfälschung 198 Künstler 40, 72, 173 ff., 181, 183 f., 186, 190f., 194, 198, 200f., 207 ff., 216, 226, 228,252,276f., 279,317,326,340, 342, 348 f., 351,439,451,455,459,478,519, 530ff., 537 f. - ausübender- 72, 208, 210ff., 216, 226, 279, 342, 530f., 533, 538

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Sachworterzeichnis

Kupferstich 179 ff., 252 Kürzung 205 Laboruntersuchung 501 Ladendiebstahl 304,465 Laiensphäre 51, 247, 253 f., 256, 258, 262f., 271, 274f., 278, 281 f. Landgericht 378 Landkarte 249 Langspielplatten Siehe Schallplatten Laufbild 28, 185, 219ff., 278, 317, 354, 533,535 Lautsprecher 211 f., 5 31 Lehrer 285 Lehrling 300,471 Leichtfertigkeit 405 Leierkasten 213 Leihe 81, 94, 102, 110, 221, 263, 298 f., 308, 462 Leinwand 184 Leistungsschutzrecht 44, 148, 203, 210, 214f., 225f., 280, 351, 529, 532 Letzterwerber Siehe Endabnehmer Lichtbild Siehe Foto Lichtspielhaus Siehe Kino Lieferant 418,420,483,500 Lieferscheine 417,420 Lieferung 107, 187, 240, 302, 305, 307, 310, 323, 349, 363, 425, 454, 491, 524 Link 298 Linksradikalität 36 Literatur 249 Lithographie 456 Livemitschnitt 212,216,317,450 Lizenz 156, 169,198, 240, 289,448, 451, 465,470, 481,492 Lizenzgeber 154ff., 272, 454 Lizenzgebühr Siehe Gebühr Lizenznehmer 155, 159, 342, 346f., 354, 450 Lizenzvertrag Siehe Vertrag LMBG 100 Lochkarte 487 Lochstreifen 213 Löschung 80,428,431 Löschungspflicht 87, 125, 312, 314 Lyrik 39

Magnetbänder 213,428 Mailbox 311,313,371, 396,470, 477 Management 299f., 311 Manuskript 74 Märchen 290 Markanteil 458 Markenrecht 332, 414, 442, 533 Markenwaren 414, 494 Markt 458 Markteinführung 469 Markthändler 239,500 Marktlücke 462 Marktstörung 489 f. Marktverwirrung Siehe Zuordnungsverwirrung Maskenbildner 466 Massendeliquenz 304, 362,465, 501 Maßregel 382,400 - Erziehungs- 415 Masterbänder 66, 216, 522 Materialkosten 459 Matrize 403 Mauerschützenurteil 292, 301 Medien 221, 412f., 457 Mehrfachnutzungen 82 Melodienschutz 210 Menschenrechte 170, 172, 179, 228 Menschenwürde 496 Messe 103 Miete 86, 94, 102, 111 f., 218, 250, 298, 464f., 531 Mikrofilm 63 Minderjähriger 147, 156, 189, 227, 251, 257, 285, 338, 472 Missbrauch 126, 233, 359, 491 f. - des Strafantragsrechts 345 Mitarbeiter 468 Mitschnitt 212, 218, 253, 381, 437, 451, 455, 464 Mitschrift 64 Mittäter 89, 278, 293 ff., 297f., 300, 303, 307 f. Miturheberschaft 161 ff., 189f., 343ff. Mitwisserschaft 417 Monopolisierung 489 Morddrohung 476 Motiv 363, 390ff., 418 f., 451

Sachwortverzeichnis MP3 83 Münze - kleine 36, 43 f., 47, 51 f., 257 Musik 29, 36, 63, 72, 106, 140, 142, 144, 180,202,208 f., 217,249,261,279,292, 345, 348, 365, 380, 391, 398, 438, 449 ff., 489, 532 Musikdatei Siehe Datei Musikdiebstahl 248, 395, 397 f., 434, 437 f., 440, 443, 447ff., 463, 466, 476, 478 f., 481,484 ff., 496,505 f., 510 f., 532 Musiker 74,142,326,466 Musikkassette 63,66,213,216,261,291, 397ff., 404, 453, 455, 458f., 479 Nachbau 75 Nachbildung 449 Nachdruck 106, 170, 295, 300, 356, 391 ff., 444f., 458, 469, 483 Nachfrage 106, 110, 304, 358, 391, 432, 461 f., 464, 470, 489,519 Nachschöpfung 56, 251, 531 Naturalien 307 Naturerzeugnis 248 Nebenerwerb 233 Nebenklage 360, 367, 383,415, 514f., 535 Nebenstrafe 406 Nebenstrafrecht 31,91,254,267,331,516 Nebentat 38,361,383 Netzwerk 65,298 Neugier 470 Neuheit 465 Neuschöpfung 290 Nichtberechtigung Siehe Berechtigung Noten 141 f., 267, 339 Nötigung 241,245 Notlage 391 Notstand 240, 245 ff. - übergesetzlicher - 246 Notwehr 59, 134, 240, 245, 247 Nutzung 119 Nutzungsarten 121 f. Nutzungsrecht 94,113, 127, 138, 145 ff., 150, 152, 154f., 157 ff., 170, 192, 231, 241, 251, 272f., 291, 345 ff., 351, 359, 509 37*

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OEM-Software 115 f. Offenkundigkeitsprinzip 155 Öffentlichkeit 85, 87 ff., 95 f., 98, 100 f., 103 ff., 112, 119 ff., 143, 196, 206, 209, 217ff., 230, 242, 256, 259f., 262, 264, 278, 287, 289, 299, 309, 339, 363, 371, 393, 409 f., 413, 435, 446, 521 f. Offizialdelikt 335, 361, 383,484 Offsetfolie 66,522 Ölgemälde 58, 194, 252 Omnimodo seu alias facturus 306 Online 97 Oper 212 Opfer 241, 336, 339, 439f., 466, 513 Orchester 478 Ordnungswidrigkeit 507 Organisation 229, 416, 434 Organisationssphäre 296 Organisierte Kriminalität Siehe Kriminalität Original 53ff., 64, 69, 72ff., 79, 86,91 f., 161, 177 f., 181 ff., 190, 193 f., 196 ff., 215 f., 237, 251 f., 269, 276, 290, 329, 331, 341, 344, 349, 368, 380, 401,411, 442, 444, 448 f., 454, 463 f., 473, 479, 495, 503 Pantomime 180 Parallelangebot 441 Parallelimport 166 Parallelwertung 51, 247, 253 f., 256, 258, 262 f., 271, 274f., 278, 281 f. Parodie 263 Parteiverrat 266 Party 398,469 Passbild 278 Patentanwalt 379 Patentrecht lOOf., 105,108,409,442,504 Persönlichkeitsrecht 104, 189, 205, 210, 226,230,242,322,325 f., 352,390,411, 518 Pflicht - Erkundigungs- 240, 270, 283 f. Pflichtenkollision 247 Pflichtverteidiger 379 Pflichtwidrigkeit 131, 311 f., 390 Photo Siehe Foto Picasso 58

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Sachworterzeichnis

Piracy Siehe Piraterie Piraterie 439,442,448, 453 f., 479,488, 495,498 Piraterieware Siehe Raubkopie Plagiat 53,242,308 Plagiator 308 Planmäßigkeit 400,418,445,477,479 Plastik 181, 184 Polizei 245, 374, 470, 473 f., 482, 491 f., 501 - Kriminal- 380,479 Polizeiflucht 327 Pönalisierung 126, 304, 527 Popmusik 453 Pornografie 36ff., 93, 220, 464 Postfach 464 Postlagerkarte 464, 469 Prävention 401,504,506,510,537 Preis 167, 366, 418, 448 f. - End- 444,459 - Großhandels- 454 Preisbindung 143 Preisgestaltung Siehe Kalkulation Presse 413 Presseerzeugnis 378 Pressefreiheit 275 Pressegesetz 295 Pressemitteilung 476 Presserecht 378 Privatautonomie 15 5 Privatermittler 480 Privatklage 356, 360ff., 371, 373, 376ff., 383, 386,390,414f., 481,482,484,526, 534 f. Privatklageberechtigung 360 Privatsphäre 96, 104 Privilegientheorie 319 Probeexemplar 67 Produktion 308,461 Produktpirateriegesetz 304, 405, 502, 525 Produzent 233,418,456,459,479 Professionalisierung 392, 398, 447, 461, 469, 472, 483 Profit 418,456,466 Prognose 506 Programmablauf 78, 80 Programmbeschreibung 71 Programmbibliothek 77

Programmierer 42f., 221,366 Programmierung 220 Programmträger 374,425,431 Prohibitionszeit 450 Projektion 219 Prospekt 103 Prostitution 266 Prozesskostenhilfe 501 Prozessrisiko 478 Prüfungspflicht 239 f. Pseudonym 185 f. Publikum 195 Punitive damages 499, 504 Qualifikationstatbestand 232, 356 Quellenangabe 137, 139, 225, 518 Radierung 180 Radiosendung 269, 451 Raubdruck 96f., 232, 238, 305, 311, 390, 392, 400, 444, 478, 483, 489, 491 Raubdruckbewegung 238, 443 ff., 488 Raubkopie 63, 89, 143, 208, 217, 239, 261, 282, 289, 297, 299ff., 306, 338f., 364,396, 399,403 f., 416,420,422,428, 432, 436, 442, 447 f., 453,459, 461, 463 ff., 471 f., 474, 477, 482, 501, 503, 506, 523 f. Raubkopierer 365, 464, 475 Raubkopplung 448 Rauschtat 278 Razzia 238 Realkonkurrenz 327,407 Rechenfehler 271 Rechtmäßigkeit 113, 128, 157, 238, 314, 365 Rechtsabteilung 352 Rechtsanwalt 270, 284, 370, 379 f. Rechtsfolge 202, 372, 382, 388, 487 Rechtsfrieden 153, 363, 510, 514f. Rechtsfriedens 363,509 Rechtsgeschäft 103, 156 f., 159, 226, 352 Rechtsgeschichte 29 Rechtsgut 32, 98, 109, 135, 148, 150f., 155, 174f., 204f., 242, 245 f., 270, 288, 319f., 322, 324ff., 330, 340f., 349f., 383, 389, 392ff., 423, 425 f., 435, 493, 496f., 509, 521,528

S ach wort Verzeichnis Rechtsgutsgefährdung 109, 289 Rechtsgutsträger 147, 318, 320, 322, 325, 328,330 Rechtskraft 358, 407 f., 421 Rechtsmitteln 336,408 Rechtsnachfolger 191, 347 Rechtspfleger 285,397 Rechtspolitik Siehe Kriminalpolitik Rechtswidrigkeit 112, 118, 124, 129 ff., 138, 149ff., 158, 188f., 226f., 240ff., 248, 273, 275, 278, 300, 302, 305, 403, 426, 429 f., 432, 434, 505 Redakteur 295 Redaktionsversehen 104, 205, 223 Reform Vorschläge 515 Regelbeispiel 48,363 Register 442, 467, 473, 505 Rehabilitierung 406 Reklamation 477 Remission 115 Repertoire 348,453,458,461 - Alt- 452 Reproduktion Siehe Kopie Resozialisierungsinteresse 410,413 Restitution 425, 430 ff. Reue - tätige - 154 Revision 336,358,407 Richtlinie Siehe Gemeinschaftsrecht Risiko - Entdeckungs- 304, 463 Risikoerhöhung 270 RiStBV 28, 335, 337 ff., 362ff., 375 ff., 406 Roman 39,73 Routing 83 f. Rubens 201 Rücknahme - Antrags- 153, 335, 357ff., 481, 492 Rücktritt 109,115,291 Rückwirkung 82, 114, 152, 154 ff., 189, 211,339,388, 481,492 Rückwirkungsverbot 46 Ruin 381 Rundfunk 120, 218, 412 f. Sachbeschädigung 428, 476 Sachbesitz 425

Sache 424 ff. Sacheigentum Siehe Eigentum Sachenbegriff 425,428 Sachenrecht 157, 256, 425 f., 431 Sachherrschaft 428 Sachverständiger 380f., 515 Saisie contrefa9on 504 Sammelwerk 39 ff., 46,47, 57, 161, 343 f. Sammlerleidenschaft 391 Sammlung 86, 126f., 250, 267, 451, 464 Sampling 58, 209 f., 214f., 380, 449 Sänger 206,224,273 Satellit 218 Satzspiegel 66 Schaden 339, 350, 365, 386f., 393, 440, 467 f., 472 ff., 492, 533 Schadens - -begriff 439 - -berechnung 385, 439 f. - -ermittlung 339 - -ersatz 156, 189, 240, 385, 387, 390, 406, 423, 429, 492, 499, 502, 504, 510, 513 - -höhe 362, 366, 441, 473 f. Schädigungsabsicht 391 Schaffensvorgang 72,75,87,251,257 Schallplatte 214,253,284,299,458 Schaufenster 88 Schauspiel 180,466 Scheck 240 Scheinfirma 464, 466, 469 Schenkung 94, 102, 104 Schiedsgericht 269 Schmuggel 450 Schnee 64 Schöffengericht 378 Schöpfung - persönliche geistige - 34ff., 54f., 57 f., 65,70ff., 76, 86,94,97,100,181 f., 204, 249, 253, 256 ff., 281 ff., 296, 318, 344, 364, 383, 391, 425 ff., 433 f., 437, 439, 494f., 509, 511,518, 527ff., 535, 537 f. Schöpfungshöhe 179,384 Schrankenbestimmung 70, 112, 122ff., 166,201,224 f., 237,246,250,260,263, 265, 269 ff., 275, 280, 521 Schrift 295

582

Sachworterzeichnis

Schriftsteller 245 Schriftwerk Siehe Werk Schuld 247, 268, 301, 311, 314, 355, 402, 404 Schuldfähigkeit 277 Schüler 183, 194, 348, 446,465, 471 f., 479,498 Schulgebrauch 250,267 Schutzbereich 31, 55, 173, 182, 279, 316ff., 328, 387, 423 Schutzfrist 108 f., 133, 136f., 169, 171, 175, 195, 200, 225, 237, 253, 271, 277, 279f., 333, 342, 358, 378, 385, 452, 533 Schutzgesetz 435 Schutzlückenbootlegs 317, 438, 452, 458 Selbsthilfe 339,451, 468,496 f. Sender 87, 212, 217ff., 225f., 229, 456, 479,532 - Fernseh- 477 Senderecht 121, 212f., 533 Sendung 119, 212, 217f., 229, 315, 413 - Funk- 217 ff., 222, 229, 262, 277 f., 287,411,437 - Schulfunk- 86,225,269,314 Setzer 293,294 Setzmaschinen 403 Shareware 167 Sicherstellung 88, 104, 198, 374f., 387, 397 f., 491, 501, 523 Sicherungskopie 61 Siebdrucke 194 Signatur 173f., 176, 182ff., 193 f., 197, 199, 201, 236, 244, 252, 297, 326, 329, 348, 390, 424 Sinfonie 39 Sittenwidrigkeit 36 f., 147, 178, 257 Sockel 184 Software 32, 36, 39,42ff., 51 f., 61, 63, 69, 71, 75ff., 85, 97, 105, 112f., 115, 125, 129, 141, 143f., 147, 167, 180, 182, 198, 214, 220f., 234, 240, 249f., 256, 261, 267, 285f., 288, 297f., 304, 311, 333, 339, 346, 364f., 371 f., 375, 379 f., 396ff., 403, 415, 431,436, 442, 472, 474f., 477, 480, 483, 487f., 512, 525 f. Softwareindustrie 82, 144, 373, 474, 475

Softwarepiraterie 203,326,365,383,435, 437, 439, 441 ff., 467 ff., 480, 484, 486, 488, 490, 497 f., 533 Sonate 39 Sonderdelikt 92,300,309,312 Sound 45 Sounddiebstahl 448 Spediteur 524 Spezialität 434 Spezialprävention 498, 506, 510, 512 Spiel 28, 31, 36, 42, 69, 185, 220f., 247, 285, 333, 366, 368, 373,442, 471, 474, 480, 535 Spielautomat 77 Sprache - Alltags- 180 Sprachgrenzen 354, 446, 452, 458, 466 Sprachwerk 140 Spurenbeseitigung 395,454 Staatsanwaltschaft 123, 170, 334ff., 350, 355f., 361, 363, 368f., 372, 375f., 379, 381, 385, 387, 406, 414,416, 480ff., 486f., 490, 501, 513, 515, 520, 535 Staatsgebiet 320 Staatskasse 359,386,388,491,512 Standesrecht 270 Statue 180 Stellvertretung 147, 189, 346, 352 f. Steuer 266, 394, 457,460, 482, 485, 513 Steuerrecht 254f., 270, 274, 507 Strafantragsberechtigung 227, 342, 351, 367,408 Strafantragsfrist Siehe Frist Strafanwendungsrecht 315 Strafanzeige 356,361,368,473,478,480, 536 Strafaussetzung 399 Strafbefehl 381,406,416, 485 f. Strafe - Gesamt- 382 Strafmaß 357, 382, 388, 390, 494, 525, 530 - -anhebung 389,422,525 Strafminderung 254,303 Strafmündigkeit 483 Strafrahmens 310,384,422,513 Strafunfähigkeit 247, 471,486

Sachworterzeichnis Strafvereitelung 298,420,421 Strafverfahren 141, 355,491, 534ff. Strafverfolgung 52, 152f., 291, 315, 333f., 337, 339, 349f., 361, 363f., 369, 376, 381 ff., 395, 479, 481 f., 484, 512, 534 Strafverfolgungsbehörden 52,90, 110, 141, 358, 366, 374, 463, 477ff., 481, 484, 501, 513f., 524, 529, 535f. Strafverfolgungsentschädigungsgesetz 359 Strafverteidiger 379 Strafvollstreckungsordnung 403 Strafvorbehalt 407 Strafzumessung 49, 101, 127f., 139, 166, 310, 362, 365, 384, 388ff., 409, 411 Strafzweck 27, 508 ff. Streitwert 385 Strohmann 500 Student 194, 392, 401, 445 f., 471, 478 Studentenbewegung 443 Studiomusiker 208f., 451 Stufenverhältnis 31,278,330 Subsidiarität 330 Subsidiaritätsklausel 173, 175ff., 328f., 331,340, 424, 527 Subskription 106 Substantiierung 409 Sucht 391 Tagesfragen 267,269 Tagessatz 390, 398f., 416 Tanz 180,249 Tatbestandsebene 34, 130, 133, 149ff., 188, 242, 330 Tatbestandsirrtum 239, 248, 250ff., 254, 264, 266, 269, 271 ff., 276, 279f., 282 Tatbestandsmerkmal 129 ff., 148 ff., 224 - normatives- 254, 278 ff. - ungeschriebenes - 200 Tatentschluss 294,308 Täter 465,470 - Allein- 295 - Gelegenheits- 524 - Klein- 438,455,465,501,538 - Laien- 254 - mittelbarer 246,295,300,305 Täterschaft 66, 238, 292 ff.

Tathandlung 31,60, 121 f., 139,150, 178, 183,194,206,211,213,216,219,222f., 259ff., 275, 280, 282, 286, 307f., 327, 359, 402,418,433,520 Tätigkeitsdelikt 121 Tatobjekt 31,33f.,38,48,50,53,65,173, 177 f., 182, 190, 192 f., 196, 198 ff., 205 ff., 213, 219, 236, 248f., 255, 258, 275, 277 ff., 296, 331, 345, 356, 371 ff., 384, 424, 426ff., 434 Tatort 316,319 Tatplan 298,326 Tatverdacht 373, 465, 483, 515 Tatwerkzeug 295,403 Tausch 88,94,102,104,285,297ff., 338, 372, 377,415,435,468 Täuschung 243 Täuschungsabsicht 237 Teil - Programm- 83 - Werk- 38 ff., 65, 192,294,523 Teilnahme 59, 66, 92, 98, 255, 292ff., 312f., 514 - notwendige- 302f., 305,433 Teilnehmer 90,255,304,306,310 Teilvervielfältigung - sukzessive- 83 f. Telediensteanbieter 299 Teledienstegesetz 299, 312 f. Territorialitätsprinzip 315f., 318ff. Terrorismus 446 Testament 160,343 Testamentsvollstrecker 192, 343 Testkauf 245,372,377,391,393,477 Theater 272 Tier 248 Tierstimmen 213 Todestag 227,251 Ton - -band 428 - -ingenieur 279 - -meister 456 Tonband 212,428,447,488 Töne 58, 210, 213, 215, 217 Tonträger 31, 63, 65f., 167, 204f., 207f., 212 ff., 222, 245, 262, 277, 287, 315,

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Sachworterzeichnis

317, 437f., 441, 449, 455 f., 458 f., 463, 488,496, 505 f. - -abkommen 317 - -hersteller 210, 214f., 217, 226, 229, 239, 282, 381, 397, 399, 440, 448, 450, 456 ff., 478, 489, 511, 531 f. - -piraterie Siehe Musikdiebstahl TRIPS 315, 317, 404, 494f. Übergangsregelung 317 Überlassungsanspruch 430 Überpressung 167, 450 Überwachung 173, 229, 497, 522 Ultima ratio 52, 495, 498, 508 f. Umgestaltung 40, 53 ff., 68 ff., 87, 161, 182, 190, 192f., 196, 199, 205 ff., 228, 236, 258, 276, 340, 343 Umkehrschluss 68, 211, 290f., 343, 433 Umsatz 142, 144, 385, 398, 445, 458f., 467, 472f., 475, 482 Umweltrecht 516 Universität 311,446 Unrechtsbewusstsein 144, 276, 511, 526 Unschuldsvermutung 354 Unterlassen 310 ff. Unterlassungsanspruch 82, 127, 311, 484 Unterlassungserklärung 484 Unterricht 126 Unterschlagung 114, 157, 162, 268, 314, 394, 426ff., 513 Untersuchungsgrundsatz 409 Untersuchungshaft 484 Untreue 394,513 Urheber 56, 190 - Film- 466 Urheberbezeichnung 170, 175 f., 183ff., 191 f., 194ff., 236, 276, 309, 330, 349, 518 Urheberpersönlichkeitsrecht 32,138,167, 177, 185, 189, 204, 227, 242, 316, 326, 345, 349f., 352, 390, 393, 517f., 527f., 537 Urheberrechtsvermerk Siehe CopyrightVermerk UrhWG 146, 165, 347, 353, 452 Urkunden - -beweis 380

- -fälschung 174, 176, 181, 188, 237, 329, 394, 423 f., 475 Urteil 486 f. Urteilsbekanntmachung Siehe Bekanntmachung USA 504 UWG 329,332,411,503,528 Vase 180 Veräußerung Siehe Verkauf Verband 353, 403, 434, 474, 479 Verbindung 161,163,190,343 Verbotsirrtum 239, 247 f., 254ff., 261 ff., 266f., 271, 273, 275 f., 278 f., 282ff. Verbraucher 337 Verbrechen 270,453 Verbreitung 34, 36ff., 60, 66ff., 73, 84ff., 118,125,128,136,138 f., 150,152,157, 166ff., 187, 206, 211, 215 ff., 222f., 231 f., 236, 239, 245 f., 259ff., 273, 286, 288,291,293 f., 296 f., 299 f., 302 f., 305, 309 f., 314f., 317, 321, 323, 326, 329f., 338ff., 349, 356, 364, 366, 371, 373, 382, 391, 393,411,419f., 424ff., 428f., 431 f., 434, 437f., 444, 452, 454, 460f., 464, 468 ff., 478, 488, 505, 520f., 523 f. Verbreitungsabsicht 64, 109, 196, 309, 315, 327, 338, 340, 520,f., 530, 538 Verbreitungsverbot 36 ff. Verdacht 110f., 353, 357, 372f., 376f., 454, 507 Verein 118,264 Vereinbarung Siehe Vertrag Vereinigung 346 - kriminelle- 434f. Vereinigung - kriminelle 371 Verfahren 370,385,535 - Ermittlungs- 111,361,435,468,472, 480f., 483 - Gerichts- 484 - objektives - 403 Verfahrenseinstellung Siehe Einstellung Verfahrenshindernis 375 Verfall 386,388 Verfassungsrecht 28, 34, 37, 39, 41, 45 f., 48, 50f., 58 f., 61, 65, 72, 76, 98 ff, 109, 115, 117, 121 f., 129, 137 f., 140f., 144, 168 f., 179, 183 f., 186, 190, 200, 202,

Sachworterzeichnis 207, 210f., 215, 221, 223, 230f., 243, 246,260,262,268,270,275 f., 280,287, 298,309, 317,328, 340, 342,368,371 f., 375,385,401,423,426 f., 433,442,468, 495 f., 504, 509, 526f., 529, 536, 538 Verfilmung Siehe Film Verfügung - einstweilige - 364, 491 Verfügungsbeschränkung - dingliche - 93 Verfügungsgewalt 88 ff., 98, 300, 309, 312f. Vergehen 270, 311, 383, 394, 414 Vergleichsverhandlungen 492 Vergütung 94, 113, 125, 139, 156, 212, 225,251,314, 386, 431,452 Verhältnismäßigkeit 61, 141, 269, 301, 355, 366, 371, 373, 376, 381, 385, 400, 402f., 405, 410, 413, 431, 503, 509, 526 Verjährung 78,369,378,387 Verjährungsfrist Siehe Frist Verkauf 64,93,96,102f., 114f., 134,136, 173,183,194,196,198,208,217,233f., 238,240,245,261,263,289,297 f., 306, 308, 324, 338f., 364, 397f., 401, 418f., 422, 425f., 441, 444f., 453ff., 459,464, 469f., 473, 475, 506 Verkörperung 62, 64f., 68, 77 f., 83 f., 86, 97, 105 ff., 109f., 180, 192, 212, 214, 278, 296, 309, 328, 380, 390, 418, 425 ff., 449, 476 Verlag 143,165,456 Verleger 89, 165, 167, 245, 267, 294ff., 300f., 308, 310, 345, 393 f., 400, 413, 444 f. Verletzergewinn 385,388 Verletzerzuschlag 504 Verletzter 152f., 157f., 227, 335ff., 341, 343ff., 347, 349f., 358, 360f., 363ff., 367, 370, 376f., 384, 386ff., 392f., 402, 406, 408ff., 414, 429, 432, 440, 443, 481, 490f., 501,513, 520, 534 Verleumdung 245 Verlust 385,458,460 Vermeidbarkeit 240, 247, 253 ff., 268, 282 ff.

Vermögensdelikt 154, 422ff, 427, 434, 519 Vermögenslage - rechtswidrige- 429 ff. VermutungsVorschriften 169ff., 353 ff. Vernichtung 66, 68, 183, 263, 314, 370, 401ff., 428, 479, 494, 500, 505, 523 Vernichtungsanspruch 430, 431 Veröffentlichung 64,517 Verpackung 184,297,469 Versand 90, 103, 128, 323, 464, 469 Verschlechterungsverbot 408 Verstrickungsbruch 394 Versuch 66, 96, 101, 108f., 154, 156, 287 ff., 402, 522f. - untauglicher - 290 f. Vertrag 116f., 129,146 ff., 156ff., 161 ff., 168f., 172, 189ff., 227f., 273f., 297, 339, 345ff., 351, 426, 445, 450, 478, 510,519, 533, 538 - Lizenz- 81 ff., 113, 117, 146f., 150f., 158, 168 f., 251, 273, 524, 530 Vertretung siehe Stellvertretung Vertrieb 67,116, 233, 295, 311, 346,400, 416, 422, 436, 445, 452, 454, 457, 466, 469 f., 478, 497, 500, 502, 505 Vervielfältigung 38ff., 56ff., 82ff., 96,98, 106, 108, 110, 113, 117, 123, 126 ff., 131, 133, 135 f., 138f., 141 ff., 150, 157, 163, 192f., 195ff., 201, 206, 211 f., 214 ff., 218, 222f., 229, 231 f., 236, 238f., 245, 247, 250, 260f., 263f., 269, 272f., 280, 286, 288, 290f., 293ff., 306ff., 311 f., 314f., 317, 321, 323, 328, 344, 364,366, 377,384,393,403 f., 411, 425ff., 438, 448, 468ff., 472, 487, 520, 522, 524, 526, 530, 538 Vervielfältigungsgerät 301,311,313,375, 403 f. Vervielfältigungsrecht- 113,167,215,238 Vervielfältigungsstück 63, 66f., 77,79, 86f., 89, 91 f., 96ff., 104, 106f., llOff., 118, 121, 125, 128 f., 131, 133ff., 140, 167, 181, 192ff., 196f., 200, 206, 233, 236, 238, 251 f., 269, 289 f., 293, 298 ff., 302ff., 310f., 313ff., 323, 325ff., 341, 365,370,376,402 ff., 411,418 f., 422 ff.,

586

Sachworterzeichnis

429f., 432, 441, 449f., 462, 482f., 485, 488,499, 501, 505 f., 521 Vervielfältigungsvorprodukt 261, 264, 297 VervielfältigungsVorrichtungen 66 ff., 294, 505, 522 Verwaltungsrecht 153, 368, 403, 505 f. Verwarnung 407, 416 Verwässerung 198, 340 Verweisung 206,224,258 Verwertungsgesellschaft 37,146, 156, 165, 284, 347f., 360, 391, 456, 501, 504 Verwertungsrecht 32, 56, 60f., 69 f., 85, 99, 115, 126, 132f., 148, 150, 152, 155, 161, 163, 165, 191,204,211,216, 222, 231, 242, 246, 251, 352, 390, 423, 520 Verwertungsverbot 380 Verzicht 129, 147 f., 189, 383, 465 Video 36,66,69,88,106,136,203,237f., 245, 278, 307, 365, 387, 396, 398, 400, 441, 443, 460ff., 479, 483, 488, 533 Videokassetten 463 Videopiraterie 232, 308, 397 f., 400,406, 434f., 437, 439, 441, 443, 455, 460ff., 475 ff., 479, 484ff., 488f., 511 Videorecorder 375, 387, 403 f., 441, 488 Videothek 233,238,300,400,422,441, 464 f. Vindikation 429 f. Virus 36,71 Vollendung 65, 67, 96, 98, 101, 108ff., 135,287, 289, 292, 308f., 522 Vollmacht 92, 309, 352ff., 408 Vollstreckung 378, 406f., 500 Vorbereitungshandlung 66,100,107,111, 298, 301,327, 524 Vorgesetzter 408 Vorhersehbarkeit 51 Vorlage 53, 58f., 64, 182, 450 Vorlieferant 239,418,476,500 Vorprodukt 297 Vorrat 128 Vorsatz 34, 179, 235 ff., 267, 273, 287, 295, 324, 402, 418, 494, 519, 523, 527 Vorsatzwechsel 135, 384 Vorstand 228,351 Vorstrafe 337f., 366,387,394,396ff., 415

Vortat 417 ff., 423 ff., 427f., 430, 432ff. Vorverfahren 355 WaffenG 99 Wahlfeststellung 171, 250, 333 Wahndelikt 290 f. Wahrnehmbarmachung - öffentliche- 218 Warhol 199 Wartezimmer 95 Weingesetz 266,270 Weisungsrecht 301 Welthandelsabkommen 317 Werbung 39,249,284,459,461 Werk 283 - -begriff 27, 33 ff., 55, 72, 109, 178f., 193, 215, 220, 255 ff., 260, 264, 275, 278 f., 281, 317, 333, 356, 371 f., 535 - -exemplar 87f., 97, 105 f., 110, 181, 207, 250, 263, 404,429 - -gattungen 35, 45, 47, 50ff., 76, 143, 180, 526 - Lichtbild- 180 - nachgelassenes - 206, 228 - Schrift- 413 - sittenwidriges - 340 - Sprach- 180 - -teil Siehe Teil - -träger 86, 90ff., 96f., 109, 111, 113, 115 f., 196,219,222,278,285,287,289, 300, 309, 338f., 376, 387, 403, 418, 423 f., 426 ff., 431, 433, 518, 526 - vergriffenes- 250,266,291,391,446 Wert 470 Wettbewerbsrecht 167, 282, 411, 442, 528, 533 Widerklage 415 Wiedergabe 286f., 289, 293, 307, 309, 327, 380, 390, 393, 411, 425 f. - öffentliche - 37, 60, 68, 117ff., 206f., 209, 213, 219, 221, 223, 231, 236, 261, 263, 286 ff., 313, 324, 327, 390, 393, 425 f., 521 f. Wiedergutmachung 149, 339, 386f., 395 Wiederholungstäter 234, 337 f., 411 Willkür 51,117,141 Wirtschaftskriminalität 447, 460, 482, 511 f.

Sachworterzeichnis Wirtschaftsstrafkammer 378 Wirtschaftsstrafsachen 394, 536 Wohnung 371 ff., 377 Wohnzimmervideothekar 86, 106, 464 Wortlautgrenze 45 Wortsinngrenze 82 Zedent 351 Zeichentrickfilm 221 Zeichnung 179 Zeitung 103,412 Zerstörung 517 Zitierwille 133 Zivilgericht 27, 257, 367 f., 515, 535 Zivilprozess 27, 170f., 269, 361, 364, 367 ff., 385, 405,409, 492, 499 f., 503, 514f., 537 Zivilrecht 28,32 ff., 36,46,50,52 f., 60f., 68, 76, 78, 81 f., 84, 103, 106ff., 112, 114, 117, 119, 124 f., 134, 138, 141, 144 ff., 149, 152 f., 155ff., 168 ff., 172,

178, 187, 189, 202 f., 205 f., 213, 217, 221, 226, 230, 235, 240ff., 247, 274, 301, 303, 307, 316, 319ff., 336, 341, 344ff., 359, 368, 370, 385, 387, 390, 402, 405f., 409, 415, 426, 440, 489ff., 498ff., 504, 509, 513ff., 518, 520ff., 526, 529 f., 532, 536 ff. Zivilrechtsakzessorietät 31, 126,316, 319 f. Zollbehörde 92,501 Zufallsfund 372,374,477 Zufallsgenerator 220f., 248 Zuordnungsverwirrung 406 Zurechenbarkeit 299,313 Zusammenschnitt 489 Zuständigkeit 378 f., 536 Zwangslizenz 138,166,224,280,392,489 Zweck Siehe Motiv Zweckübertragungslehre 70, 87 Zwischenhändler 89, 304 Zwischenspeicherung 80, 83 f.